Lexikon des Rechnungswesens: Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung 9783486709681, 9783486590920

Das Rechnungswesen als Kerngebiet der Betriebswirtschaftslehre hat sich durch die fortlaufende Weiterentwicklung der IFR

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Lexikon des Rechnungswesens: Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung
 9783486709681, 9783486590920

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Lexikon des Rechnungswesens

Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechung herausgegeben von

Prof. Dr. Walther Busse von Colbe Prof. Dr. Nils Crasselt Prof. Dr. Bernhard Pellens 5., überarbeitete und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Thomas Ammon Herstellung: Constanze Müller Titelbild: iStockphoto Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer“ GmbH, Bad Langensalza Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-59092-0 eISBN 978-3-486-70968-1

Inhalt Vorwort .................................................................................................................................. VII Verzeichnis der Autoren ......................................................................................................... IX Sachgliederung der Stichwortaufsätze ................................................................................. XIV Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................XVIII Lexikon A-Z A ........................................................................................................................................... 1 B ......................................................................................................................................... 67 C ....................................................................................................................................... 167 D ....................................................................................................................................... 193 E ....................................................................................................................................... 216 F ...................................................................................................................................... 263 G ....................................................................................................................................... 295 H ....................................................................................................................................... 352 I ....................................................................................................................................... 360 J ........................................................................................................................................ 406 K ...................................................................................................................................... 427 L ....................................................................................................................................... 527 M ...................................................................................................................................... 545 N ....................................................................................................................................... 565 O ...................................................................................................................................... 572 P ....................................................................................................................................... 581 Q ....................................................................................................................................... 643 R ....................................................................................................................................... 645 S ....................................................................................................................................... 692 T ....................................................................................................................................... 762 U ....................................................................................................................................... 777 V ....................................................................................................................................... 804 W ...................................................................................................................................... 843 X ....................................................................................................................................... 870 Z ....................................................................................................................................... 872

V

Vorwort Das Lexikon des Rechnungswesens informiert seit über zwanzig Jahren knapp und präzise über Themen des externen und internen Rechnungswesens und angrenzende Fachgebiete. Zielgruppe sind dabei vor allem Studierende der Wirtschaftswissenschaften und Unternehmenspraktiker, die einen schnellen und einfachen Zugang zu diesem vielfältigen Kernbereich der Betriebswirtschaftslehre suchen. Eine wesentliche Besonderheit des Lexikons ist die Mischung aus Kurzstichworten und fast 200 Stichwortaufsätzen, die von namhaften Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaftspraxis sowie hochrangigen Vertretern verschiedener Rechnungslegungsgremien verfasst sind. Diese Aufsätze geben dem Leser über das Nachschlagen einzelner Begriffe hinaus einen vertiefenden Einblick in die behandelten Themen, der durch weiterführende Literaturangaben unterstützt wird. Für die vorliegende fünfte Auflage wurde das Lexikon grundlegend überarbeitet und aktualisiert, um der Weiterentwicklung des Fachgebiets Rechnung zu tragen. Dies betrifft insbesondere das externe Rechnungswesen, das seit der Vorauflage durch die ständige Fortentwicklung der International Financial Reporting Standards, die deutliche Zunahme der Publizitätspflichten (z.B. Nachhaltigkeitsbericht, Risikobericht) und die Überarbeitung des Handelsgesetzbuchs durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) deutliche Veränderungen erfahren hat. Diese Entwicklungen sind eingebettet in grundlegende Veränderungen der Corporate Governance, die durch die Aufnahme neuer Stichwortaufsätze genauso berücksichtigt wurden wie Veränderungen in den Bereichen der Wirtschaftsprüfung und der Unternehmensbesteuerung. Auch das interne Rechnungswesen hat sich weiterentwickelt, wenn auch nicht mit der gleichen Geschwindigkeit. Hervorzuheben sind hier die anhaltende Diskussion über die Konvergenz des internen und externen Berichtswesens, die stärkere Beachtung angelsächsischer Ansätze des Management Accounting, der Realoptionsansatz zur Bewertung unternehmerischer Handlungsspielräume mit Methoden der Optionspreistheorie sowie Vorschläge zur Weiterentwicklung (oder Abschaffung) traditioneller Budgetierungstechniken. Auch diese Entwicklungen sind durch neue Stichwortaufsätze berücksichtigt worden. Gleichzeitig wurden einige etablierte Bereiche durch weitere Beiträge ergänzt. Wie jedes Lexikon ist auch dieses in erster Linie als Nachschlagewerk gedacht. Eine Sachgliederung der Stichwortaufsätze zu Beginn des Textteils soll es jedoch dem Benutzer erleichtern, das Lexikon auch zur systematischen Einarbeitung in das Rechnungswesen insgesamt oder in eines seiner Teilgebiete sowie zur Aktualisierung des Wissens zu benutzen; die Abbildung im Stichwort „Rechnungswesen“ soll das unterstützen. Der Reiz einer solchen Nutzung des Buchs liegt darin, das Rechnungswesen nicht aus der Sicht eines einzigen Autors, sondern aus zum Teil unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedener führender Vertreter des Fachs kennenzulernen oder sich ins Gedächtnis zu rufen. Die umfassende Überarbeitung des Lexikons des Rechnungswesens ist nur durch die Mithilfe einer Vielzahl an Personen möglich geworden. Wie die Autorenliste zeigt, haben über 150 verschiedene Autoren an den namentlich gekennzeichneten Stichwortaufsätzen mitgewirkt. Darunter sind rund 90 Professoren (inkl. Juniorprofessoren) an deutschen und ausländischen Universitäten und anderen Hochschulen, rund 15 Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie weitere rund 15 Vertreter aus Unternehmen und Unternehmensberater. Diese hochkarätige Autorenschaft bürgt im Zeitalter des Internets mit von jedermann bearbeitbaren Enzyklopädien für höchste Qualität und Zuverlässigkeit der Inhalte. Die nicht namentlich gekennzeichneten Kurzstichworte haben wir mit der Unterstützung von Herrn Juniorprofessor Dr. ChrisVII

Vorwort tian Lohmann und unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Bochum und Wuppertal, Frau Dipl.-Ök. Nina Kalhöfer, Frau Dipl.-Ök. Sarah Schalwat, Herrn Dipl.-Ök. Holger Amshoff, Herrn Dipl.-Ök. Henric P. Fründ, Herrn Dipl.-Ök. Stefan Jannett, Herrn Dipl.-Ök. Tom Jungius, Herrn Dipl.-Ök. Thomas Kemper, Herrn Dipl.-Ök. Kai Lehmann, Herrn Dipl.-Ök. Philipp Obermüller, Herrn Dipl.-Ök. Thorsten Ohliger, Herrn Dipl.-Ök. Torben Rüthers, Herrn Dipl.-Ök. André Schmidt, Herrn Dipl.-Ök. Adam Strzyz und Herrn Dipl.-Kfm. Simon Werker, verfasst. Die redaktionelle Bearbeitung des Manuskripts wurde weitgehend von Frau Astrid Dönch und Herrn Mathias Turowski übernommen. Allen Autoren von Stichwortaufsätzen sowie allen anderen, die an der Fertigstellung des Lexikons mitgewirkt haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Bochum und Wuppertal, im März 2011

VIII

Walther Busse von Colbe Nils Crasselt und Bernhard Pellens

Verzeichnis der Autoren

WP/StB Peter Albrecht, PricewaterhouseCoopers AG, Essen.

Prof. Dr. Volker Breithecker, Universität Duisburg-Essen.

Prof. Dr. Otto A. Altenburger, Universität Wien.

WP/StB Dr. Norbert Breker, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., Düsseldorf.

Dipl.-Ök. Holger Amshoff, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser, Ludwig-Maximilians-Universität, München.

Dr. Jörg Brotte, E.ON Ruhrgas AG, Essen. Prof. Dr. Rolf Brühl, ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Walther Busse von Colbe, Ruhr-Universität Bochum.

Prof. Dr. Wolfgang Berens, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.

Prof. Dr. Dres. h.c. Adolf G. Coenenberg, Universität Augsburg.

Dipl.-Ök. Ole Berger, Ruhr-Universität Bochum.

Prof. Dr. Nils Crasselt, Bergische Universität Wuppertal.

Sascha Bibert, E.ON AG, Düsseldorf.

Prof. Dr. Anne d’Arcy, Wirtschaftsuniversität Wien.

Prof. Dr. Hartmut Bieg, Universität des Saarlandes, Saarbrücken.

Prof. Dr. Stefan Dierkes, Georg-August-Universität Göttingen.

Dr. Marcus Bieker, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Jochen Bigus, Freie Universität Berlin.

Prof. Dr. Hans Dirrigl, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Michael Dobler, Technische Universität Dresden.

Dipl.-WiWi. Daniel Blab, Universität Regensburg.

Prof. Dr. Dr. h.c. Jochen Drukarczyk, Universität Regensburg.

Dipl.-Kfm. Roland Bockmann, Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung, Berlin.

Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf M. Ebeling, Martin-Luther-Universität HalleWittenberg.

Dr. Andreas Bonse, Ruhr-Universität Bochum.

Prof. Dr. Brigitte Eierle, Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Dr. Eva Brandt, Bayer AG, Leverkusen.

Prof. Dr. Rainer Elschen, Universität Duisburg-Essen.

Prof. Dr. Karin Breidenbach, Fachhochschule Dortmund.

Prof. Dr. Jürgen Ernstberger, Ruhr-Universität Bochum. IX

Verzeichnis der Autoren Prof. Dr. Ralf Ewert, Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich. Prof. Dr. Thomas M. Fischer, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Prof. Dr. Klaus-Peter Franz, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Prof. Dr. Gunther Friedl, Technische Universität München. Dipl.-Ök. Henric P. Fründ, Bergische Universität Wuppertal. StB Prof. Dr. Rolf Uwe Fülbier, Universität Bayreuth. Prof. Dr. Joachim Gassen, Humboldt-Universität zu Berlin. WP Dipl.-Kfm. Michael Gewehr, KPMG AG, Düsseldorf. Juniorprofessor Dr. Ulfert Gronewold, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Thomas Günther, Technische Universität Dresden.

Prof. Dr. Jörg-Markus Hitz, Georg-August-Universität Göttingen. Prof. Dr. Andreas Hoffjan, Technische Universität Dortmund. Prof. Dr. Jochen Hundsdoerfer, Freie Universität Berlin. Dr. Christoph Hütten, SAP AG, Walldorf. Dipl.-Kfm. Peter Ising, Universität Zürich, Schweiz. Dipl.-Ök. Stefan Jannett, Ruhr-Universität Bochum. Dipl.-Ök. Tom Jungius, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Peter Kajüter, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Dipl.-Ök. Nina Kalhöfer, Bergische Universität Wuppertal. Prof. Dr. Isabel von Keitz, Fachhochschule Münster.

Prof. Dr. Dirk Hachmeister, Universität Hohenheim, Stuttgart.

Dipl.-Ök. Thomas Kemper, Ruhr-Universität Bochum.

Dr. Peter Hager, Köln.

Prof. Dr. Alexander Kempf, Universität zu Köln.

Prof. Dr. Axel Haller, Universität Regensburg.

Prof. Dr. Axel Kihm, Fachhochschule Trier.

RA Manfred Hamannt, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., Düsseldorf.

Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.

Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Universität zu Köln.

WP/StB Liesel Knorr, Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee, Berlin.

Dipl.-Kfm. André Hater, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.

Prof. Dr. Annette Köhler, Universität Duisburg-Essen.

Dr. Frank Hechtner, Freie Universität Berlin.

Dr. Harald Köster, Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf.

Prof. Dr. Norbert Herzig, Universität zu Köln.

Prof. Dr. Norbert Krawitz, Universität Siegen.

X

Verzeichnis der Autoren Prof. Dr. Dr. h.c. Lutz Kruschwitz, Freie Universität Berlin.

Prof. Dr. Kai-Uwe Marten, Universität Ulm.

Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper, Ludwig-Maximilians-Universität München.

Prof. Dr. Hanno Merkt, Albert Ludwigs-Universität Freiburg.

WP/StB Prof. Dr. Peter Kupsch, Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Prof. Dr. Masatoshi Kuroda, Kobe University, Japan. Prof. Dr. Heinz Kußmaul, Universität des Saarlandes, Saarbrücken. Prof. Dr. Karlheinz Küting, Universität des Saarlandes, Saarbrücken. Dr. Julia Lackmann, E.ON Ruhrgas AG, Essen.

Dr. Herbert Meyer, Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung, Berlin. Dipl.-Kfm. Matthias Moeschler, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Prof. Dr. Hans Peter Möller, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen. Prof. Dr. Sascha Mölls, Philipps-Universität Marburg. Prof. Dr. Heiko Müller, Ruhr-Universität Bochum.

WP/StB Dipl.-Kfm. Georg Lanfermann, KPMG AG, Berlin.

WP/StB Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., Düsseldorf.

Dipl.-Ök. Maximilian Lauerbach, ILG-Fond GmbH, München.

Dipl.-Kffr. Simone Neumann, Universität Mannheim.

Dipl.-Ök. Kai Lehmann, Ruhr-Universität Bochum.

Dipl.-Ök. Philipp Obermüller, Ruhr-Universität Bochum.

Prof. Dr. Hansrudi Lenz, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Dipl.-Ök. Thorsten Ohliger, Bergische Universität Wuppertal.

Dipl.-Kffr. Julia Lerchenmüller, WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar. Dr. Yangchun Lin, Tongji Universität, Shanghai, China. Dipl.-Ök. Ulrich Linnhoff, ESMT European School of Management and Technology, Erftstadt. Dr. Clemens Löffler, Universität Wien. Juniorprofessor Dr. Christian Lohmann, Bergische Universität Wuppertal. StB Prof. Dr. Edgar Löw, Ernst & Young GmbH, Eschborn.

Dipl. iur. oec. Tobias Oswald, Universität Augsburg. Prof. Dr. Stephan Paul, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Burkhard Pedell, Universität Stuttgart. Prof. Dr. Bernhard Pellens, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Dieter Pfaff, Universität Zürich, Schweiz. Prof. Dr. Thomas Pfeiffer, Universität Wien. Prof. Dr. Andreas Pfingsten, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. XI

Verzeichnis der Autoren Dr. Rolf Pohlig, RWE AG, Essen.

Dr. Frank Schiemann, Technische Universität Dresden.

Prof. Dr. Markus Pütz, Wissenschaftliche Hochschule Lahr.

Prof. Dr. Thomas Schildbach, Universität Passau.

Dr. Michael Rademacher, ThyssenKrupp Nirosta GmbH, Krefeld.

Dipl.-Betriebsw. (FH) Marco Schlep, PricewaterhouseCoopers AG, Münster.

WP/StB Josef Rakel, PricewaterhouseCoopers AG, Essen.

Dr. Martin Schloemer, Bayer AG, Leverkusen.

Prof. Dr. Heinz Rehkugler, Center für Real Estate Studies CRES, Freiburg.

Dipl.-Ök. André Schmidt, Ruhr-Universität Bochum.

WP/StB Rüdiger Reinke, Rölfs WP Partner AG, Düsseldorf. Prof. Dr. Mario Rese, Ruhr-Universität Bochum und ESMT European School of Management and Technology, Berlin. Dr. Marc Richard, KPMG AG, Düsseldorf. Dipl.-Ök. Sebastian Riemenschneider, Ruhr-Universität Bochum. Dr. Petra Ritzer-Angerer, Universität Regensburg. Prof. Dr. Klaus Ruhnke, Freie Universität Berlin. Prof. Dr. Franca Ruhwedel, Hochschule für Oekonomie und Management, Essen. Dr. Peter Ruhwedel, Hochschule für Oekonomie und Management, Duisburg. Dipl.-Ök. Torben Rüthers, Ruhr-Universität Bochum. Dipl.-Ök. Sarah Schalwat, Bergische Universität Wuppertal. Prof. Dr. Wolfram Scheffler, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Dr. Marcus Schenck, E.ON AG, Düsseldorf. XII

WP Prof. Dr. Wienand Schruff, KPMG AG, Berlin. WP/StB Prof. Dr. Jörn Schulte, IVC Independent Valuation & Consulting AG, Essen. Prof. Dr. Wolfgang Schultze, Universität Augsburg. WP/StB Dr. Norbert Schwieters, PricewaterhouseCoopers AG, Düsseldorf. Prof. Dr. Gerhard Seicht, Wirtschaftsuniversität Wien. Prof. Dr. Thorsten Sellhorn, WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar. Dr. Christopher Sessar, SAP AG, Walldorf. Prof. Dr. Theodor Siegel, Humboldt-Universität zu Berlin. Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Oliver Smeets, ThyssenKrupp Steel Europe AG, Duisburg. Dipl.-Ök. Jan Henning Sohlmann, Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Manfred Steiner, Universität Augsburg. Prof. Dr. Marion Steven, Ruhr-Universität Bochum. WP/StB Prof. Dr. Bernd Stibi, KPMG AG, Düsseldorf.

Verzeichnis der Autoren Dipl.-Ök. Adam Strzyz, Ruhr-Universität Bochum.

Dipl.-Kffr. Theresa Weiß, Universität Bayreuth.

Prof. Dr. Carsten Theile, Hochschule Bochum.

Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger, Justus-Liebig-Universität Gießen.

Prof. Dr. Stefan Thiele, Bergische Universität Wuppertal. Dr. Claude Tomaszewski, Coventry, Großbritannien. Juniorprofessorin Dr. Monika Trapp, Universität zu Köln. Dipl.-Kfm. Thomas Treß, Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Prof. Dr. Ernst Troßmann, Universität Hohenheim, Stuttgart. Prof. Dr. Martin Wallmeier, Universität Fribourg, Schweiz. Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar.

Prof. Dr. Axel v. Werder, Technische Universität Berlin. Dipl.-Kfm. Simon Werker, Bergische Universität Wuppertal. WP/StB Prof. Dr. Norbert Winkeljohann, PricewaterhouseCoopers AG, Frankfurt/Main. Dr. Barbara Wischermann, Ruhr-Universität Bochum. Dipl.-Kfm. Marco Wittmann, Universität Regensburg. Prof. Dr. Andreas Wömpener, Universität Duisburg-Essen. Prof. Dr. Matthias Wolz, Technische Universität Dortmund. Dr. Benedikt Wünsche, Baetge Analyse GmbH & Co. KG, Münster.

Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Weber, Universität Mannheim.

Prof. Dr. Inge Wulf, Technische Universität Clausthal.

Dipl.-Kfm. Martin Wehrfritz, Universität Regensburg.

Prof. Dr. Jens Wüstemann, Universität Mannheim.

XIII

Sachgliederung der Stichwortaufsätze

I.

Grundlagen des betrieblichen Rechnungswesens

A. Allgemein Rechnungswesen Konvergenz des Rechnungswesens

E. EDV-Einsatz Buchführungstechnik Rechnungswesen, EDV-gestütztes XBRL II. Rechnungslegung

B. Theoretische Fundierung Bilanztheorien Substanz- und Kapitalerhaltung Bewertungsprinzipien Kostenbewertung

A. Funktionen Anlegerschutz Jahresabschluss (Funktionen) B. Rechtsgrundlagen

Theorien des Rechnungswesens Principal-Agent Signalling-Ansätze

Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Jahresabschluss (Regelung) Größenklassen

Jahresabschlussforschung, empirische

International Financial Reporting Standards (IFRS) IFRS für SME

C. Grundbegriffe Grundgrößen des Rechnungswesens Gewinn Cashflow Abschreibungen Residualgewinn Rentabilität Wirtschaftlichkeit Einzel- und Gemeinkosten Kosten und Erlöse Kosten, fixe und variable Kosten, kalkulatorische D. Buchführung/-haltung Buchführungspflichten Buchhaltung, kaufmännische Buchhaltung, kameralistische Betriebsbuchhaltung Inventar und Inventur Kontenrahmen und Kontenplan

XIV

C. Institutionen Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) International Accounting Standards Board (IASB) Financial Accounting Standards Board (FASB) Securities and Exchange Commission (SEC) D. Europäische und internationale Entwicklungen Harmonisierung der Rechnungslegung Richtlinien der EU

Sachgliederung der Stichwortaufsätze China Japan Schweiz USA E. Grundsätze Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage Framework Bewertungsstetigkeit Einheitlichkeit der Bewertung Realisationsprinzip F. Bewertungsmaßstäbe Anschaffungs-/Herstellungskosten Fair Value G. Berichtselemente Gewinn- und Verlustrechnung Kapitalflussrechnung Eigenkapitalveränderungsrechnung Segmentberichterstattung Anhang Anlagespiegel Lagebericht Nachhaltigkeitsbericht Prognosebericht Risikobericht H. Sonstige Publizitätsinstrumente Publizität Investor Relations Ad-hoc-Publizität Börsenzulassungsprospekt Zwischenbericht Pro-forma-Kennzahlen Umweltbilanzen Value Reporting Wertschöpfungsrechnung

I. Einzelne Bilanzierungsprobleme Aufwandsrückstellungen Anlagevermögen Anteile in Fremdbesitz Beteiligung Eigenkapital Finanzinstrumente Forschung und Entwicklung Genussrecht Geschäftswert Immobilien Impairment Test Langfristfertigung Leasing Optionsschuldverschreibungen Pensionsrückstellungen Rücklagen Rückstellungen Sicherungsbilanzierung Steuern, latente Stock Options Umlaufvermögen Umsatzrealisation Verbindlichkeiten Vermögenswert Vermögenswerte, immaterielle Währungsumrechnung J. Konzernrechnungslegung Konzernabschluss Konzernbuchführung Kapitalkonsolidierung Kaufpreisallokation Quotenkonsolidierung Equity-Bewertung Entkonsolidierung K. Gestaltung des Jahresabschlusses Bilanzierungswahlrechte Bilanzpolitik

XV

Sachgliederung der Stichwortaufsätze L. Auswertung Bilanzanalyse, empirisch-statistisch Bilanzanalyse, kennzahlenbasiert Gewinn je Aktie Value at Risk Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen Diskriminanzanalyse Rating Solvenztest Überschuldung M. Besonderheiten bestimmter Wirtschaftszweige Kreditinstitute, Rechnungswesen der Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der N. Besonderheiten bestimmter Rechtsformen Genossenschaften Personenunternehmen

C. Kostenmanagement Gemeinkostenmanagement Kostenmanagement Target Costing D. Einfluss von Regulierung Entgeltregulierung Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) IV. Investitionsrechnung und Unternehmensbewertung Investitionsrechnung, dynamische Investitionsrechnung, statische Investition, immaterielle Mehrfachziele in der Investitionsrechnung Capital Asset Pricing Model (CAPM) Kapitalkosten Marktzinsmethode Optionspreistheorie Realoptionen Shareholder Value-Konzept Unternehmensbewertung

III. Kosten- und Erlösrechnung V. Controlling A. Systeme der Kosten- und Erlösrechnung Deckungsbeitragsrechnung Einzelkostenrechnung Erfolgsrechnung, kurzfristige Erlösrechnung Grenzkostenrechnung Kostenrechnungssysteme Management Accounting Plankostenrechnung Prozesskostenrechnung B. Kostenverrechnung Kalkulation Betriebsabrechnungsbogen Stückkostenrechnung, dynamische

XVI

A. Überblick und Teilbereiche Controlling Konzern-Controlling Kundencontrolling Prozesscontrolling B. Instrumente Abweichungsanalyse Bonusbanken Break-Even-Analyse Budgetierung Finanzplanung Groves-Schema Kosten-/Nutzen-Analyse Projektstandsrechnung Sensitivitätsanalyse

Sachgliederung der Stichwortaufsätze Verrechnungspreise Weitzman-Schema

Prüfungstechnik Prüfungstheorie Wirtschaftsprüfer

VI. Angrenzende Gebiete A. Prüfungs- und Revisionswesen Due Diligence Revision, interne Prüfung des Jahresabschlusses Prüfung des Konzernabschlusses Sonderprüfungen Bestätigungsvermerk Prüfungsbericht Grundsätze ordnungsgemäßer Abschlussprüfung (GoA) Prüfungsnormen, internationale

B. Steuern Betriebsvermögensermittlung Ertragsteuern Maßgeblichkeitsprinzip Steuerbilanz Steuern Teilwert C. Corporate Governance Aufsichtsrat Corporate Governance Gewinnverwendung Risikomanagement

XVII

Abkürzungsverzeichnis

Gesetze AktG

Aktiengesetz

AO

Abgabenordnung

BewG

Bewertungsgesetz

BilMoG

Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts – Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

EStG

Einkommensteuergesetz

EStR

Einkommensteuer-Richtlinien

GenG

Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften – Genossenschaftsgesetz

GewStG

Gewerbesteuergesetz

GG

Grundgesetz

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbH-Gesetz

HGB

Handelsgesetzbuch

OR

Schweizer Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht)

PublG

Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen – Publizitätsgesetz

UGB

Österreichisches Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen – Unternehmensgesetzbuch (bis zum 01.01.2007 öHGB – österreichisches Handelsgesetzbuch)

UmwG

Umwandlungsgesetz

UStG

Umsatzsteuergesetz

WpHG

Gesetz über den Wertpapierhandel – Wertpapierhandelsgesetz

WPO

Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer – Wirtschaftsprüferordnung

Handbücher und Kommentare ADS

Adler, H./Düring, W./Schmaltz, K.: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen. Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtliniengesetzes

BeckBilKomm.

Beck'scher Bilanz-Kommentar

HdJ

Handbuch des Jahresabschlusses

XVIII

Abkürzungsverzeichnis HdR

Handbuch der Rechnungslegung

HdWW

Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft

HIR

Handbuch der Internen Revision

HuRB

Handwörterbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB

HWA

Handwörterbuch der Absatzwirtschaft

HWB

Handwörterbuch der Betriebswirtschaft

HWM

Handwörterbuch des Marketing

HWO

Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation (ehemals: Handwörterbuch der Organisation)

HWR

Handwörterbuch des Rechnungswesens

HWRev

Handwörterbuch der Revision

HWRP

Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung

HWU

Handwörterbuch für Unternehmensrechnung und Controlling

Zeitschriften AER

American Economic Review

AG

Die Aktiengesellschaft

AiE

Accounting in Europe

AJP

Aktuelle juristische Praxis

AOS

Accounting, Organizations and Society

BAR

British Accounting Review

BB

Betriebs-Berater

BBK

Zeitschrift für Buchführung, Bilanzierung, Kostenrechnung

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

BSR

Business Strategy Review

BuW

Betrieb und Wirtschaft

CAR

Contemporary Accounting Research

CJAS

Canadian Journal of Administrative Sciences

CF biz

Corporate Finance biz

DB

Der Betrieb

DBW

Die Betriebswirtschaft

DStR

Deutsches Steuerrecht

EAR

European Accounting Review

FB

Finanz-Betrieb

HBR

Harvard Business Review

XIX

Abkürzungsverzeichnis IDW-FN

IDW Fachnachrichten

IJRM

International Journal of Research in Marketing

IRZ

Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung

JAL

Journal of Accounting Literature

JAR

Journal of Accounting Research

JBFA

Journal of Business Finance and Accounting

JCM

Journal of Cost Management

JET

Journal of Economic Theory

JFE

The Journal of Financial Economics

JMAR

Journal of Management Accounting Research

JoB

Journal of Business

JoF

Journal of Finance

JPE

Journal of Political Economy

JURA

JURA: Juristische Ausbildung

KoR

KoR – Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung

krp

Kostenrechnungspraxis – Zeitschrift für Controlling

MAR

Management Accounting Research

Marketing ZFP

Marketing Zeitschrift für Forschung und Praxis

N.A.C.A. Bulletin

National Association of Cost Accountants Bulletin

NZR

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

PiR

NWB Internationale Rechnungslegung (ehemals: Praxis der internationalen Rechnungslegung)

RAST

Review of Accounting Studies

RC&A

Risk, Compliance & Audit

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

StuB

Zeitschrift NWB Unternehmensteuern und Bilanzen (ehemals: Steuern und Bilanzen)

StuW

Steuer und Wirtschaft

TAR

The Accounting Review

TIJA

The International Journal of Accounting

Ubg

Die Unternehmensbesteuerung

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium – Zeitschrift für Ausbildung und Hochschulkontakt

WISU

Das Wirtschaftsstudium

WM

Wertpapier-Mitteilungen – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

XX

Abkürzungsverzeichnis WPg

Die Wirtschaftsprüfung

WPK-Mitt.

Wirtschaftsprüferkammer-Mitteilungen

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfCM

Zeitschrift für Controlling & Management

ZfhF

Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

ZfP

Zeitschrift für Planung und Unternehmenssteuerung

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Sonstige AKEIÜ

Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.

Aufl.

Auflage

Bd.

Band

BFH

Bundesfinanzhof

BGH

Bundesgerichtshof

BilKomm.

Bilanzkommentar

BT-Drs.

Bundestagdrucksache

COSO

Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission

e.V.

eingetragener Verein

EG

Europäische Gemeinschaft

Ergh.

Ergänzungsheft

EU

Europäische Union

f. / ff.

folgende Seite(n)

FS

Festschrift

Hrsg.

Herausgeber

Komm.

Kommentar

Loseblatt

Loseblattsammlung

No.

Number

Nr.

Nummer

p.a.

per annum (dt.: pro Jahr)

Rn.

Randnummer

Rz.

Randziffer

S.

Seite

Sonderh.

Sonderheft

XXI

Abkürzungsverzeichnis Sp.

Spalte(n)

Tz.

Textziffer(n)

Univ.

Universität

Vol.

Volume

Ziff.

Ziffer

XXII

A AAA = o American Accounting Association ABC-Analyse Instrument zur Einteilung von Gütern oder Geschäftspartnern (Kunden, Lieferanten) entsprechend ihrer Bedeutung. Dabei drückt die Zuordnung zur Klasse A eine hohe, zur Klasse B eine mittlere und zur Klasse C eine niedrige Bedeutung aus. Typische Anwendungsgebiete liegen im o Beschaffungscontrolling (Klassifizierung der Beschaffungsgüter oder der Lieferanten nach dem Anteil am Gesamtbeschaffungsvolumen) und im Marketing- bzw. o Kundencontrolling (Klassifizierung der Absatzgüter oder der Kunden nach dem Anteil am Gesamtumsatz). Betriebliche Verbesserungsmaßnahmen konzentrieren sich typischerweise auf die der Klasse A zugeordneten Güter oder Geschäftspartner. Lit.: Arnolds, H. et al.: Materialwirtschaft und Einkauf, 11. Aufl., 2010, S. 20-25; Wannenwetsch, H.: Integrierte Materialwirtschaft und Logistik, 4. Aufl., 2010, S. 81-87. Abgrenzungsposten o Periodisierung o Rechnungsabgrenzungsposten Abhängiges Unternehmen o Unternehmen, abhängiges Abhängigkeitsbericht In einem A. berichtet der Vorstand einer abhängigen Aktiengesellschaft ohne Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag über die Beziehungen zum herrschenden und zu anderen verbundenen Unternehmen. Nach § 312 Abs. 1 AktG ist der A. innerhalb der ersten drei Monate eines Geschäftsjahres aufzustellen und bezieht sich auf alle Rechtsgeschäfte mit den einbezogenen Unternehmen im vorausgegangenen Jahr sowie Maßnahmen, die auf Veranlassung oder im Interesse der einbezogenen Unternehmen vorgenommenen oder unterlassen wurden.

Der A. dient dem Schutz von Minderheitsaktionären und Gläubigern der abhängigen Gesellschaft. Diese sollen erkennen können, ob Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen zum Vorteil verbundener Unternehmen vorgenommen wurden. Um dies zu gewährleisten, muss der Vorstand für jeden berichtsflichtigen Sachverhalt Leistung und Gegenleistung bzw. Vor- und Nachteile benennen. Der A. selbst ist nicht zu veröffentlichen, jedoch ist die Schlusserklärung gem. § 312 Abs. 3 AktG in den Lagebericht aufzunehmen. Der A. ist durch den Abschlussprüfer (§ 313 AktG) und den Aufsichtsrat (§ 314 AktG) zu prüfen. Nach IFRS bestehen ähnliche Berichtspflichten gemäß IAS 24 „Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen (related party disclosures)“. Diese Angaben sind jedoch sowohl vom abhängigen Unternehmen als auch vom herrschenden Unternehmen zu machen. Darüber hinaus ist auch über eine Abhängigkeit von natürlichen Personen zu berichten. Lit.: Altmeppen, H., § 312 AktG in: Goette, W./Habersack, M. (Hrsg.): Münchener Komm. zum AktG, 3. Aufl., 2010; Rauch, K.: Betriebswirtschaftliche Beurteilungsmaßstäbe im Abhängigkeitsbericht gemäß §§ 311 ff. AktG, 2004. Abnormal Earnings = o Residualgewinn Abnormal Earnings Growth Model Modell zur Bewertung von Anteilen an Unternehmen (insb. Aktien), auch zur Bewertung einzelner Investitionsprojekte geeignet. Ausgangspunkt der Bewertung ist die Kapitalisierung des geplanten Gewinns im ersten Prognosejahr in Form einer ewigen o Rente (G1/i, mit G1 = Gewinn im ersten Jahr und i = Eigenkapitalkostensatz). Hinzu kommt ein Term, welcher zukünftig erwartete Gewinnzuwächse erfasst. Hierbei wird allerdings 1

Absatzcontrolling nur das Wachstum des sog. abnormalen Gewinns berücksichtigt, der bei Einhaltung des o Kongruenzprinzips dem o Residualgewinn entspricht. Dahinter steht der Gedanke, dass Gewinnzuwächse durch Investitionen, die nur die Kapitalkosten ausgleichen, nicht zu einer Wertsteigerung führen. Lit.: Crasselt, N./Nölte, U.: Aktienbewertung mit dem Abnormal Earnings Growth Model, in: FB 2007, S. 523-531; Ohlson, J.A.: On accounting-based valuation formulae, in: RAST 2005, S. 323347; Ohlson, J.A.: Accounting data and value: The basic results, in: CAR 2009, S. 231-259; Ohlson, J.A./Juettner-Nauroth, B.: Expected EPS and EPS growth as determinants of value, in: RAST 2005, S. 349-365. Absatzcontrolling Teilgebiet des o Controllings, in dem die Planung, Kontrolle und Steuerung von Absatzaktivitäten im Vordergrund steht. Absatzerfolgsrechnung Nach dem o Umsatzkostenverfahren aufgestellte kurzfristige o Erfolgsrechnung, in der o Kosten und Erlöse der abgesetzten Leistungen erfasst werden. Durch die Beschränkung auf die Kosten der Absatzmenge ist es – anders als bei einer o Produktionserfolgsrechnung – nicht notwendig, Veränderungen der Lagerbestände auszuweisen. Absatzerlösmodell Bestandteil eines Betriebsmodells, in dem Entstehung und Verwertung der betrieblichen Leistungen strukturgleich (bzw. -ähnlich) abgebildet werden. Absatzkosten o Vertriebskosten. Abschlussadressaten = o Jahresabschlussadressaten Abschlussprüfer Person oder Gesellschaft, welche die Prüfung des Jahres- oder Konzernab2

schlusses vornimmt (o Wirtschaftsprüfer; o Prüfung des Jahresabschlusses; o Prüfung des Konzernabschlusses). Abschlussprüferverband e.V. o Bundesverband der vereidigten Buchprüfer e.V. Abschlussprüfung o Prüfung des Jahresabschlusses o Prüfung des Konzernabschlusses Abschreibung, arithmetisch-degressive o Abschreibung, degressive Abschreibung, arithmethischprogressive o Abschreibung, progressive Abschreibung, degressive Verfahren zur Ermittlung der o Abschreibungen, die durch einen im Zeitablauf sinkenden periodischen Abschreibungsbetrag gekennzeichnet sind. Grundsätzlich sind die geometrisch-d. und die arithmetisch-d. A. zu unterscheiden. Bei der geometrisch-d. A. sinkt der Abschreibungsbetrag von einer Periode zur nächsten um den gleichen Prozentsatz (Degressionssatz). Der Abschreibungsbetrag wird jeweils als Prozentsatz vom Restbuchwert am Ende der Vorperiode berechnet, weshalb das Verfahren auch als Buchwertabschreibung bezeichnet wird. Soll auf einen bestimmten Restwert (RW) am Ende der Nutzungsdauer (n) abgeschrieben werden, ist der jährliche Abschreibungssatz (a) wie folgt zu bestimmen (mit AHK = o Anschaffungsoder Herstellungskosten): § RW ·¸ a (in %) = ¨¨1  n u 100 ¸ AHK © ¹

Eine Abschreibung auf null ist indes nicht möglich. Deshalb wird meist schon während der Nutzungsdauer zur linearen o Abschreibung übergegangen, sobald sich hierdurch höhere Abschreibungsbeträge ergeben. In der o Steuerbilanz ist die Methode nach § 7 Abs. 2 EStG für

Abschreibungen bewegliche Anlagegegenstände zugelassen, wobei der Abschreibungssatz aktuell (2010) maximal 25 % und der Abschreibungsbetrag das 2,5-fache der linearen Abschreibung nicht überschreiten dürfen. Bei der arithmetisch-d. A. sinkt der Abschreibungsbetrag von einer Periode zur nächsten um den gleichen absoluten Betrag. Im Spezialfalll der digitalen Abschreibung (sum-of-the-years‘-digits method) ist der Differenzbetrag (d) jeweils so hoch wie der Abschreibungsbetrag im letzten der n Nutzungsjahre. Er wird ermittelt, indem der abzuschreibende Betrag, d.h. die Anschafungs- oder Herstellungskosten (AHK) abzüglich eines Restwerts (RW), durch die Summe der Periodenziffern (t = 1, …, n) dividiert wird: † ൌ

ሺ  െ ሻ ሺ  െ ሻ ൌ σ୬୲ୀଵ – ൗʹ ൈ ሺ ൅ ͳሻ

Für den Abschreibungsbetrag (At) einer Periode t gilt dann: At = (n + 1 – t) u d. Für die Steuerbilanz ist die arithmetischd. A. unzulässig. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 82-83; Friedl, G./Hofmann, C./Pedell, B.: Kostenrechnung, 2010, S. 183-185. Abschreibung, digitale o Abschreibung, degressive Abschreibung, geometrisch-degressive o Abschreibung, degressive Abschreibung, geometrisch-progressive o Abschreibung, progressive Abschreibung, leistungsabhänige = nutzungsabhängige Abschreibung Verfahren zur Ermittlung der o Abschreibungen, bei dem der abzuschreibende Betrag pro Periode proportional zu der in der Periode erbrachten Leistung in Prozent der erwarteten Gesamtleistung

während der Nutzungsdauer bestimmt wird. Abschreibung, lineare Verfahren zur Ermittlung der o Abschreibungen, bei dem der abzuschreibende Betrag, d.h. die o Anschaffungs-/ Herstellungskosten abzüglich des Restwerts, in gleich hohen Beträgen auf die Perioden der Nutzung verteilt wird. Hierzu ist der abzuschreibende Betrag durch die Anzahl der Perioden zu dividieren. Dieses Verfahren wird im handelsrechtlichen o Jahresabschluss und in der o Steuerbilanz anerkannt und ist international das gebräuchlichste Abschreibungsverfahren. Abschreibung, nutzungsabhängige = o Abschreibung, leistungsabhängige Abschreibung, progressive Verfahren zur Ermittlung der o Abschreibungen, die durch einen im Zeitablauf steigenden periodischen Abschreibungsbetrag gekennzeichnet sind. Grundsätzlich sind die geometrisch-p. und die arithmetisch-p. A. zu unterscheiden. Die Abschreibungsbeträge ergeben sich in jeweils umgekehrter Reihenfolge wie bei den korrespondierenden Verfahren der o degressiven Abschreibung. Die Verfahren sind in der Praxis wenig verbreitet und steuerlich nicht anerkannt. Bei der theoretischen Analyse von Abschreibungsverfahren hat die geometrisch-p. A. in der speziellen Variante der o Annuitätenabschreibung eine hohe Bedeutung. Abschreibungen 1. Begriff und Systematik A. erfassen Wertminderungen des Vermögens. Je nach Zweck der Vermögensrechnung und davon abhängigem Vermögens- und Gewinnbegriff (o Gewinn ist Vermögensänderung) werden verschiedene A. unterschieden. Bekannteste Formen sind die bilanztheoretischen, die handels- und steuerrechtlichen und die 3

Abschreibungen kostenrechnerischen (= kalkulatorischen) A. 2. Bilanztheoretische Abschreibungen Aufgabe von o Bilanztheorien kann die Erklärung empirisch beobachtbarer Sachverhalte (empirische oder positive Bilanztheorie), die Ableitung zweckgerechter Bilanzierungsregeln (deduktive Bilanztheorie) oder die widerspruchsfreie Auslegung gesetzlich verankerter Bilanzierungsregeln (Bilanzrechtstheorie) sein. Die Erörterung bilanztheoretischer A. erfolgt im Zusammenhang mit der deduktiven Bilanztheorie. Gesucht werden die einem vorgegebenen Bilanzierungszweck entsprechenden A. Folgt man der Grobeinteilung der Bilanztheorien in statische und dynamische, so dienen A. im Rahmen der Zerschlagungsstatik der Erfassung der Veränderung des Zerschlagungswerts einzelner o Vermögensgegenstände oder o Vermögenswerte. Im Rahmen der Fortführungsstatik erfassen sie die Veränderung des o Ertragswerts der ganzen Unternehmung. Im Rahmen der dynamischen Bilanztheorie dienen A. der Berechnung eines in die Zukunft extrapolierbaren Einkommens. Die daraus folgenden A.-Methoden und -Beträge sind nur zufällig gleich. 3. Abschreibungen im Handelsrecht a) Planmäßige und außerplanmäßige A. Handelsrechtlich werden planmäßige und außerplanmäßige A. unterschieden. Planmäßige A. sind auf das Anlagevermögen mit zeitlich begrenzter Nutzungsdauer (= abnutzbares Anlagevermögen) vorzunehmen (o Anlagevermögen). Der A.-Plan muss die (historischen) o Anschaffungs- oder o Herstellungskosten entsprechend der Zeit oder Nutzung auf die Jahre der voraussichtlichen Verwendung verteilen (§ 253 Abs. 3 Satz 2 HGB). Die außerplanmäßigen A. sorgen beim (abnutzbaren und nicht abnutzbaren) Anlagevermögen dafür, dass die Vermögensgegenstände mit dem niedri4

geren Wert angesetzt werden können, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB). Ein Abwertungszwang auf diesen Wert besteht – mit Ausnahme von Finanzanlagen – nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung. Beim o Umlaufvermögen sind A. zur Abwertung auf den Wert nötig, der sich aus einem gegenüber den Anschaffungsoder Herstellungskosten niedrigeren Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Sind diese Preise nicht feststellbar, muss auf den niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden (§ 253 Abs. 4 HGB). Der Abwertungszwang besteht beim Umlaufvermögen unabhängig von der erwarteten Dauer der Wertminderung. Weitere Abschreibungsmöglichkeiten, (1) um zu verhindern, dass in der nächsten Zukunft der Wertansatz aufgrund von Wertschwankungen geändert werden muss, (2) im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung oder (3) zur Anpassung an nur steuerrechtlich zulässige A. wurden mit der durch das o BilMoG hervorgerufenen Novellierung des HGB aufgehoben. Die handelsrechtlichen A. sind sämtlich aktivisch vorzunehmen. b) Methoden planmäßiger A. Als A.Methoden kommen für die planmäßige A. zeit- und nutzungsabhängige A. in Betracht. Der bei Erstellung des Plans vorgesehene Methodenwechsel im Zeitablauf ist zulässig; ein im Vorhinein nicht eingeplanter Methodenwechsel hat das Gebot der o Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) und die Möglichkeiten, davon aus besonderen Gründen abzuweichen, zu beachten (§ 252 Abs. 2 HGB). Zu den zeitabhängigen A.-Methoden zählen die lineare, die arithmetisch-, geometrisch- oder in Form von Staffelsätzen degressive und die progressive A. Bei der linearen A. werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitablauf um einen konstanten A.-Betrag

Abschreibungen auf den erwarteten Resterlös vermindert. Bei der arithmetisch-degressiven A. (= digitalen A.) sinkt die A. jährlich um einen kontanten Betrag. Bei der geometrisch-degressiven A. wird ein konstanter Prozentsatz von den (fortgeschriebenen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten (= Restbuchwert) abgeschrieben. Die A. sinken, weil der Restbuchwert im Zeitablauf sinkt. Bei der degressiven A. mit Staffelsätzen sinkt der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzuwendende A.-Prozentsatz im Zeitablauf. Progressive A. entsprechen den degressiven A. mit umgekehrter zeitlicher Reihenfolge. Bei der nutzungsabhängigen A. (= leistungsabhängige A.) ist eine Maßgröße für die Nutzungseinheiten (z.B. gefahrene Kilometer) vorzugeben und ein Nutzungspotential zu schätzen. Die jährlichen A. entsprechen der Verringerung des Nutzungspotentials. c) Weitgehende Freiheit der Methodenwahl. Das Handelsrecht folgt keiner der oben skizzierten Bilanztheorien vollständig, sondern enthält A.-Regeln, die sich nur als Mischung aus den – teilweise widersprüchlichen – Bilanztheorien deuten lassen. Es erscheint strittig, ob man handelsrechtlich mit dem Verweis auf die o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§ 243 Abs. 1 HGB) eine A. nach der „tatsächlichen Abnutzung“ eines Vermögensgegenstands fordern kann. Eine solche Forderung erscheint im Hinblick auf eine objektivierte Rechnungslegung zweckmäßig. Da die Maßeinheit für die Nutzung eines einzelnen Vermögensgegenstands aber nur mit mehr oder weniger Willkür festzulegen ist, kann man diese Objektivierung kaum erreichen. Auch im Hinblick auf ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (§ 264 Abs. 2 Satz 1 HGB) gelangt man kaum weiter, denn für Bilanzadressaten ist in erster Linie nicht die technische, sondern die ökonomische Ab-

nutzung eines Vermögensgegenstands interessant. Dies legt eine Ertragswert-A. nahe, die handelsrechtlich unzulässig ist. Im Übrigen wird die Vermittlung des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds für Nichtkapitalgesellschaften nicht explizit gefordert. Der Versuch, A. am Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB; o Bewertungsprinzipien) auszurichten, hat zu berücksichtigen, dass das Vorsichtsprinzip bei planmäßigen A. eingeschränkt wird. Eine starke Betonung des Vorsichtsprinzips müsste zur A. von abnutzbarem Anlagevermögen auf die Einzelzerschlagungswerte führen, die man bei Festlegung des A.-Plans im Zeitablauf erwartet. Dem steht die Betonung des Fortführungsprinzips in § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB explizit entgegen. Konsequenz dieser Überlegungen ist, dass der Gesetzgeber handelsrechtlich für die planmäßigen A. einen Spielraum gelassen hat. Im Allgemeinen wird deshalb auch nur gefordert, dass der A.-Verlauf und der Nutzungsverlauf nicht in offenkundigem Widerspruch zueinander stehen sollen. d) Wertaufholung. Sind die Gründe für eine außerplanmäßige A. entfallen, besteht – mit Ausnahme vom entgeltlich erworbenen o Geschäftswert – der Zwang zur o Wertaufholung (§ 253 Abs. 5 HGB). 4. Abschreibungen im Steuerrecht a) Handelsrechtliche Entsprechungen. Den planmäßigen A. beim abnutzbaren Anlagevermögen entsprechen steuerrechtlich die Absetzungen für Abnutzung (AfA) oder Substanzverringerung (AfS) gem. § 7 EStG. Den außerplanmäßigen A. entsprechen die Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA; § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) und die Teilwert-A. (§ 6 Abs. 1 EStG). b) Planmäßige A. Das Steuerrecht geht bei planmäßigen A. vom Normalfall 5

Abschreibungen der linearen AfA aus (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG), erlaubt aber auch degressive und leistungsabhängige A. Anders als für das Handelsrecht gibt es für die o Steuerbilanz vom BMF herausgegebene AfA-Tabellen zur Schätzung der erwarteten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Obwohl ihnen keine gesetzliche Verbindlichkeit zukommt, prägen sie die Nutzungsdauerschätzung in praxi. Für den Geschäftswert gilt eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). Bei Gebäuden und selbständigen Gebäudeteilen sind die Sätze für eine lineare AfA genormt. Sie betragen für Wirtschaftsgebäude, für die der Bauantrag nach dem 31.03.1985 gestellt worden ist, jährlich 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG), für übrige Gebäude, die nach dem 31.12.1924 fertig gestellt worden sind, jährlich 2 %, bei denen mit älterer Fertigstellung 2,5 % (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 EStG). Bei geringerer als 33-, 40- bzw. 50jähriger Nutzung für die einzelnen vorher genannten Kategorien erfolgt die lineare AfA entsprechend der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Degressive AfA sind nur in geometrischdegressiver Form oder durch Anwendung von Staffelsätzen erlaubt. Die geometrisch-degressive AfA ist allein für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit Anschaffung oder Herstellung in den Jahren 2009 und 2010 zulässig. Der A.-Satz darf höchstens das Zweieinhalbfache des Hundertsatzes bei linearer AfA betragen und 25 % nicht übersteigen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG). Für Gebäude und selbständige Gebäudeteile darf degressiv mit gesetzlich festgelegten Staffelsätzen abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 5 EStG). Die leistungsabhängige AfA ist wie die geometrisch-degressive auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beschränkt. Sie muss „wirtschaftlich begründet“ sein (§ 7 Abs. 1 Satz 6 EStG). 6

Die Absetzung für Substanzverringerung (AfS) nach § 7 Abs. 6 EStG ist ebenfalls eine leistungsabhängige A. Ein Wechsel der A.-Methode ist nur als Übergang von der degressiven zur linearen A. erlaubt (§ 7 Abs. 3 EStG). Um einen Sonderfall der planmäßigen A. handelt es sich bei den auch handelsrechtlich zulässigen Sofort-A. von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind und deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 410 Euro ohne Einbezug von Vorsteuer (= geringwertige Wirtschaftsgüter) nicht übersteigen (§ 6 Abs. 2 EStG). Alternativ zu Sofort-A. können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von mehr als 150 Euro bis zu 1.000 Euro in einen jahresbezogenen Sammelposten eingestellt werden, der über fünf Jahre gleichmäßig gewinnmindernd aufzulösen ist. c) Außerplanmäßige A. Neben der AfaA (s.o. a)) zählt hierzu die TeilwertA. Der o Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne o Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist von einer Unternehmensfortführung auszugehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, § 10 BewG). Er ist ein anteiliger Unternehmensgesamtwert (o Unternehmensbewertung), der aber nicht begründet bestimmt werden kann. Für die Bilanzierung gelten deshalb Teilwertvermutungen, die in bestimmten Fällen entkräftet werden können. d) A. ohne handelsrechtliche Entsprechung. Ohne handelsrechtliche Entsprechung sind die Sonder-A. Zu ihnen zählen die neben oder anstatt der normalen AfA in Anspruch zu nehmenden A. Sie haben (besondere) politische Motive und sollen z.B. die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter fördern (z.B. Wohngebäude, Flugzeuge, Schiffe, Anlagen, die dem Umweltschutz oder der Forschung und Entwicklung dienen) oder

Abschreibungen die Unterhaltung von schon vorhandenen Wirtschaftsgütern erleichtern (Baudenkmäler). Sie sollen weiterhin bestimmte Betriebe (z.B. kleine und mittlere Betriebe, private Krankenhäuser) oder Personenkreise (z.B. Land- und Forstwirte, Vertriebene und Verfolgte) unterstützen und die Standortwahl beeinflussen (neue Bundesländer, Berlin). Kommen für einzelne Wirtschaftsgüter mehrere SonderA. in Betracht, so darf nur eine der Vorschriften angewendet werden (Kumulierungsverbot). Zu den Einzelheiten vergleiche insb. §§ 7a-7d, 7f-7k EStG, §§ 81, 82a, 82g, 82i EStDV, § 4 FördergebietsG, § 14, 14 a - 14 d, 15 BerlinFG.

ordentliche A. sind Zuschreibungen nötig (IAS 36.109-123). Immaterielle Vermögenswerte regelt IAS 38. Ein immaterieller Vermögenswert mit begrenzter Nutzungsdauer ist planmäßig gemäß IAS 38.97-106 abzuschreiben. Der bei einem Unternehmenserwerb entgeltlich erworbene Geschäftswert darf nicht planmäßig über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden, sondern ist spätestens am Ende eines Geschäftsjahrs auf Werthaltigkeit zu testen und ggf. außerplanmäßig abzuschreiben. Details regelt IAS 36.88-90 und 104-108. Eine Wertaufholung für den abgeschriebenen Geschäftswert ist unzulässig (IAS 36.124).

e) Zuschreibungsmöglichkeiten. Sind die Gründe für eine außerplanmäßige A. entfallen, so sind Zuschreibungen in der Steuerbilanz für Wirtschaftsgüter nötig (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG). Zuschreibungen beim abnutzbaren Anlagevermögen setzen eine vorhergehende außerplanmäßige A. voraus.

Für finanzielle Vermögenswerte gelten vier Kategorien (IAS 39.45), für die für die Folgebewertung entweder der beizulegende Zeitwert oder fortgeführte Anschaffungskosten unter Anwendung der Effektivzinsmethode relevant sind. Bei letzterer werden Wertänderungen erfasst, die aus dem Voranschreiten der Zeit resultieren (Zeiteffekte). A. auf den niedrigeren beizulegenden Zeitwert entsprechen außerplanmäßigen A.

5. Abschreibungen nach IFRS Objektbezogen gelten für die A. mehrere o IFRS: Sachanlagevermögen regelt IAS 16. Er verlangt für abnutzbare Vermögenswerte planmäßige A. (IAS 16.50) entweder auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder auf den im Rahmen der Neubewertungsmethode ermittelten beizulegenden Zeitwert (IAS 16.29). Die A.-Methode soll dem erwarteten Verlauf des Verbrauchs des künftigen wirtschaftlichen Nutzens entsprechen (IAS 16.60) und ist bei erheblichen Änderungen in dem erwarteten Nutzenverlauf anzupassen (IAS 16.61). Wegen der oben unter Punkt 3.c) beschriebenen Schwierigkeiten der Messung des Nutzungsverlaufs resultiert daraus keine harte Einschränkung bei der Wahl des A.Verfahrens. IAS 36 regelt außerplanmäßige Abschreibungen für zahlreiche Vermögenswerte, auch für Sachanlagen. Bei Wegfall der Gründe für eine außer-

Für Vorräte gilt der niedrigere Wert aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Nettoveräußerungswert (IAS 2.9), insoweit ein strenges Niederstwertprinzip, das außerplanmäßige Abschreibungen hervorrufen kann. Letzteres gilt auch für Fertigungsaufträge (IAS 11.36). 6. Abschreibungen in der Kostenrechnung Für kostenrechnerische (= kalkulatorische) A. gibt es, anders als für bilanzielle A., keine gesetzlichen Vorschriften. Handels- und steuerrechtliche Vorschriften dienen dem Schutz der Interessen Dritter und erlauben deshalb nur A. in Höhe der historischen Anschaffungsoder Herstellungskosten. Kalkulatorische A. dienen der Unternehmenssteuerung durch zweckmäßige Ermittlung und Kontrolle von Produkt- und Betriebserfolgen, 7

Abschreibungsgesellschaft

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Absatzpreis- und Sortimentsgestaltungen und anderem mehr. Sie beziehen sich deshalb i.d.R. aus Gründen der besseren Kalkulation und der besseren Extrapolierbarkeit vergangener Erfolge auf Wiederbeschaffungskosten statt auf historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten und legen A.-Zeiträume oder Methoden zugrunde, die von den handelsoder steuerrechtlich zulässigen abweichen. Zum Beispiel will man im Rahmen der Vollkostenkalkulation (o Kalkulation) die anteiligen Wiederbeschaffungskosten von Anlagen, die zur Produktion eines Produkts notwendig sind, als Erlöskomponente wiedergewinnen, um den Einsatz der Produktionsanlage finanzieren zu können (o Kosten, kalkulatorische). Die Verbindung von Kostenrechnung und Finanzierungsrechnung muss freilich sowohl die Reaktion der Kunden auf die Preisgestaltung als auch die Tatsache berücksichtigen, dass die A.Gegenwerte i.d.R. nicht in der Wiedergewinnungsperiode bis zur Ersatzbeschaffung angelegt, sondern unmittelbar verbraucht werden und dass die identische Ersatzbeschaffung nicht sinnvoll sein muss. Legt man einer Betriebserfolgsrechnung die A. auf Wiederbeschaffungskosten zugrunde, so lässt sich, unter der Annahme, die Bedingungen für Produktion und Absatz würden einige Zeit konstant bleiben, der zukünftige Betriebserfolg besser prognostizieren, als wenn A. auf die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde gelegt würden. Wie weit dies zutreffende Unterstellungen sind, lässt sich nur im Einzelfall prüfen.

Abschreibungsmethode o Abschreibungen

Kalkulatorische A. können unter bestimmten Umständen der Ermittlung von Selbstkostenpreisen für die Vergabe und Abrechnung von öffentlichen Aufträgen (gem. den o Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) und LSP-Bau) oder der Begründung von Preiserhöhungen in Genehmi-

Absetzung für Abnutzung (AfA) Steuerrechtliche Bezeichnung (§ 7 EStG) für die planmäßige Verringerung der o Anschaffungs-/Herstellungskosten eines über mehrere Jahre genutzten Wirtschaftsguts (o Anlagevermögen) während seiner Nutzungszeit. Die A. entspricht weitgehend dem Begriff der planmäßigen o Abschreibungen gem.

gungsverfahren (wie bei Energieversorgungsunternehmen, die unter der Preisaufsicht nach § 12 der Bundestarifordnung Elektrizität stehen; o Entgeltregulierung) zugrunde gelegt werden. Lit.: Hüchtebrock, M.: Begründungungen von Abschreibungsverfahren und ihre kapitaltheoretischen Unterstellungen, 1983; IASCF: International Financial Reporting Standards required for annual reporting periods beginning on 1 January 2010, 2010; Küpper, H.-U.: Abschreibungen, in: HWR, 3. Aufl., 1993, S. 1529; Moxter, A.: Bilanzlehre, Bd. 1: Einführung in die Bilanztheorie, 3. Aufl., 1984 (Nachdruck 1991), S. 5-56, 159176. Wolfgang Ballwieser Abschreibungsgesellschaft Meist in Form einer o GmbH & Co. KG geführtes Unternehmen, das durch Ausgabe von Kommandit-Anteilen an private Kapitalanleger vor allem Wohnungs- und Gewerbebauten oder z.B. Schiffe und Ölund Erdgasbohrungen finanziert. Der Anreiz der Finanzierungsform ergibt sich daraus, dass Anlaufverluste den Kapitalanlegern zugerechnet werden und ihr steuerpflichtiges Einkommen aus anderen Einkünften so stark mindern, dass die Kapitaleinlage weitgehend aus Steuerersparnissen finanziert werden kann. Nach § 15a EStG sind die anrechenbaren Verluste auf die Höhe der Einlage eines Gesellschafters bzw. des Betrags, für den er gegenüber Gläubigern haftet, beschränkt.

Abweichungsanalyse § 253 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB. Die A. kann nach Maßgabe des § 7 EStG in gleichen oder fallenden Jahresbeträgen oder nach der Leistung vorgenommen werden. Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) o Absetzung für Abnutzung aus außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Gründen (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG); entspricht handelsrechtlich einer außerplanmäßigen o Abschreibung. Absetzung für Substanzverringerung o Abschreibungen Abstimmungsprüfung o Prüfungshandlungen o Prüfungstechnik Abwärtskonsolidierung o Entkonsolidierung Abweichungsanalyse 1. Abweichungsanalyse als Bestandteil des Controlling Die Kontrolle entspricht einem beurteilenden Vergleich zwischen einer Normgröße und einer zu prüfenden Größe. Der Kontrollprozess schließt die Beurteilung einer ermittelten Abweichung zwischen beiden Größen im Rahmen der A. sowie die Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen ein. Als Bestandteil des o Controlling verfolgt die A. primär den Zweck, Ursachen für festgestellte Unterschiede zwischen den Vergleichsgrößen aufzuzeigen. Zwar kann der kontrollierte Prozess nicht mehr revidiert werden, jedoch ermöglichen die A. sowie die daraus entwickelten Maßnahmen, dass in Zukunft Abweichungen bei vergleichbaren Prozessen vermieden werden. Im Rahmen des internen o Rechnungswesens sowie der Gewinnermittlung (o Gewinn) werden insb. Kosten- und Erlösabweichungen (o Kosten und Erlöse) eingehend analysiert.

2. Abweichungsursachen und chungsinterdependenzen

Abwei-

Die ermittelten Abweichungen zwischen einer Normgröße und einer zu prüfenden Größe sind auf drei Ursachenkategorien zurückzuführen. Die erste Abweichungsursache kennzeichnet die fehlerhafte Festlegung der Normgröße. Sofern die Normgröße über die Planung bestimmt wird, kann ein unzureichend fundiertes Planungs- oder Prognosemodell die Abweichung begründen. Die zweite Abweichungsursache besteht in der fehlerhaften Erfassung der zu prüfenden Größe. Die dritte Abweichungsursache ergibt sich aus der Ausführung des zu kontrollierenden Prozesses. Die Ausführung bzw. das Ergebnis des Prozesses ist dabei einerseits zufälligen sowie andererseits systematischen und damit steuerbaren Einflussfaktoren unterworfen. Um die Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen anzustoßen, ist die A. auf die systematischen Ausführungs- bzw. Ergebnisabweichungen des Prozesses gerichtet. Eine exakte Bestimmung der Abweichungsursachen erfordert die genaue Kenntnis der Handlungsvariablen xi und der Einflussfaktoren ej, welche für die Ausführung des zu kontrollierenden Prozesses maßgebend sind, sowie deren Wirkungen auf die Normgröße N(xi,ej). Die Normgröße N(xi,ej) kann beispielsweise eine Kostenfunktion K(·) oder eine Erlösfunktion E(·) darstellen. Die Güte der A. steigt mit zunehmender Validität der Normgröße. Die Genauigkeit der Normgröße bleibt aber aufgrund von Kosten-/Nutzen-Überlegungen sowie aufgrund von betrieblichen Gegebenheiten begrenzt, so dass nur wenige Abweichungsursachen isoliert analysiert werden können. Zusätzlich sind zufällige Abweichungen unvermeidbar, da viele Einflussgrößen eine stochastische Natur aufweisen. Dementsprechend lassen sich die verbleibenden Abweichungsursachen auf die Handlungsvariablen und Einfluss9

Abweichungsanalyse faktoren in aggregierter Form zurückführen, die in der Normgröße N(xi,ej) nicht enthalten oder unzureichend spezifiziert sind. Die Auswirkung einer Veränderung einer Handlungsvariablen Δxi oder eines Einflussfaktors Δej kann im Rahmen der A. isoliert analysiert und quantifiziert werden, wenn diese Veränderungen in der Normgröße N(xi,ej) von anderen Veränderungen vollständig mathematisch separierbar sind. Hierzu müssen die veränderten Handlungsvariablen xi und die veränderten Einflussfaktoren ej additiv miteinander verknüpft sein. Sofern zwei oder mehr veränderte Handlungsvariablen oder Einflussfaktoren multiplikativ miteinander verknüpft sind, entstehen Abweichungen höheren Grades. Neben zwei Einzelabweichungen (Abweichung ersten Grades) ergibt sich eine Abweichung zweiten Grades, wenn zwei veränderte Größen, bspw. xi und ej, multiplikativ miteinander verknüpft sind. In diesem Fall kann die Abweichung Δxi · Δej, welche sich aus beiden Veränderungen ergibt, nicht eindeutig der Veränderung der Handlungsvariablen xi oder der Veränderung des Einflussfaktors ej zugerechnet werden. Wenn drei veränderte Variablen oder Parameter miteinander multiplikativ verknüpft sind, entstehen drei Einzelabweichungen, drei Abweichungen zweiten Grades sowie eine Abweichung dritten Grades. Zur Zurechnung der Abweichungen höheren Grades werden im Wesentlichen drei Verfahren vorgeschlagen. Die alternative A. weist jeder Einzelabweichung die Gesamtheit aller Abweichungen höheren Grades zu. Die Summe der Teilabweichungen übersteigt dadurch die Gesamtabweichung. Bei der kumulativen A. werden die Abweichungen höheren Grades der zuerst ermittelten Einzelabweichung zugeschlagen. Folglich ist hierbei die Reihenfolge der Einflussgrößen maßgeblich. Die differenziert kumulative A. weist die Einzelabweichungen sowie 10

die Abweichungen höheren Grades separat aus. Bei der kumulativen als auch bei der differenziert kumulativen A. stimmt die Gesamtabweichung mit der Summe der Teilabweichungen überein. 3. Kostenabweichungen Aus der Grenzplankostenrechnung (o Grenzkostenrechnung, o Plankostenrechnung) wird die lineare Kostenfunktion K(x,e) = kf + kv·x + ke · e herangezogen. Die Gesamtkosten K ergeben sich durch die Addition der Fixkosten kf, der beschäftigungsvariablen Kosten kv · x sowie der auftragsanzahlabhängigen Kosten ke · e. Die Beschäftigung x stellt eine Handlungsvariable und die Auftragsanzahl e einen Einflussfaktor dar. Als Normgröße werden die Plankosten KP(xP,eP) verwendet, welche durch das Einsetzen der Planbeschäftigung xP sowie der geplanten Auftragsanzahl eP ermittelt werden. Die zu prüfende Größe sind die Istkosten KI(xI,eI). Die Differenz zwischen den Istkosten KI und den Plankosten KP kennzeichnet die Gesamtabweichung, welche durch die A. detailliert untersucht wird. Unter der Annahme, dass die Fixkosten kf sowie die Kostensätze kv und ke sich nicht gegenüber der Planung verändert haben, können die Budgetabweichungen ΔBx und ΔBe sowie die Verbrauchsabweichung ΔV bestimmt werden. Die Budgetabweichung ΔBx erfasst die Wirkung der Beschäftigungsänderung Δx = xP - xI und entspricht der Differenz zwischen den geplanten Kosten der Planbeschäftigung (Plankosten KP) und den geplanten Kosten der Istbeschäftigung (Sollkosten KSx). Es ergibt sich eine Budgetabweichung ΔBx mit ΔBx = KP - KSx = kv · Δx. Die Budgetabweichung ΔBe zeigt die Wirkung der Auftragsanzahländerung Δe = eP - eI an und wird als Differenz zwischen den geplanten Kosten der Planauftragsanzahl (Plankosten KP) und den geplanten Kosten der Istauftragsanzahl (Sollkosten KSe) be-

Abweichungsanalyse rechnet. Es ergibt sich eine Budgetabweichung ΔBe mit ΔBe = KP -KSe = ke · Δe. Die Budgetabweichungen ΔBx und ΔBe sind auf die Änderungen der Beschäftigung x sowie der Auftragsanzahl e zurückzuführen. Demgegenüber resultiert die Verbrauchsabweichung ΔV aus der Prozessausführung; sie ist demzufolge dem Prozessverantwortlichen zuzurechnen. Die Verbrauchsabweichung berechnet sich bei einer Budgetabweichung aus der Differenz zwischen den Istkosten und den Sollkosten. Bei mehreren Budgetabweichungen sind zu dieser Differenz die anderen Budgetabweichungen hinzuzurechnen. In diesem Beispiel berechnet sich die Verbrauchsabweichung mit ΔV =KI - KSe + ΔBx = KI - KSx + ΔBe. In der Verbrauchsabweichung sind alle Wirkung der Handlungsvariablen und Einflussfaktoren enthalten, welche nicht in der Kostenfunktion näher spezifiziert sind. Es wird daher vereinfachend unterstellt, dass der Prozessverantwortliche die Verfügungsgewalt über alle weiteren Handlungsvariablen und Einflussfaktoren besitzt. Die Verbrauchsabweichung spiegelt somit die allgemeine Unwirtschaftlichkeit wider. Um einzelne Abweichungsursachen im Rahmen der A. quantitativ zu bestimmen, müssen die herangezogenen Kostenfunktionen diese Ursachen als Handlungsvariablen oder Einflussfaktoren beinhalten. 4. Erlösabweichungen Erlöse bezeichnen das Wertäquivalent zu den abgesetzten Leistungen und entsprechen in ihrer Gesamtheit dem Umsatz. In der Erlösfunktion E(x,e) = x · e kennzeichnet die Handlungsvariable x die Absatzmenge und der Einflussfaktor e den Absatzpreis. Durch das Einsetzen der Planabsatzmenge xP sowie des Planabsatzpreises eP werden als Normgröße die Planerlöse EP(xP,eP) ermittelt. Die Isterlöse EI(xI,eI) sind die zu prüfende Größe. Die Gesamtabweichung ent-

spricht der Differenz zwischen den Planerlösen EP und den Isterlösen EI und wird durch die A. in Einzelabweichungen zerlegt. Die multiplikative Beziehung zwischen Absatzmenge und Absatzpreis führt zu der Mengenabweichung ΔM, der Preisabweichung ΔP sowie zu einer Abweichung zweiten Grades ΔPΔM. Die Mengenabweichung zeigt die Wirkung der Mengenänderung Δx = xI - xP bezogen auf den Planabsatzpreis an und entspricht ΔP = Δx · eP. Die Preisabweichung erfasst die Wirkung der Absatzpreisänderung Δe = eI - eP bezogen auf die Planabsatzmenge und wird mit ΔP = xP · Δe berechnet. Die Abweichung zweiten Grades ΔPΔM = Δx · Δe kann beispielsweise unter Verwendung der differenziert kumulativen A. separat ermittelt und ausgewiesen werden. Das Instrumentarium der A. ist für die Erlösrechnung mit ihren vielzahligen Handlungsvariablen und Einflussfaktoren weiter verfeinert worden. Die kumulative Erlös-A. als traditionelle Methode sowie die differenziert kumulative Erlös-A. nach Albers (1989) sind als Ansätze hervorzuheben. Die kumulative Erlös-A. ist ein hierarchisches Verfahren, bei dem den Einzelabweichungen unterschiedlicher Hierarchiestufen bestimmte Abweichungen höherer Ordnung entsprechend dem Verfahren der kumulativen A. zugeteilt werden (1. Stufe: gesamte Erlösabweichung, 2. Stufe: Absatzpreis- und Absatzmengenabweichung, 3. Stufe: Absatzmix- und die Absatzvolumenabweichung, 4. Stufe: Marktgrößen- und die Marktanteilsabweichung). Die differenziert kumulative Erlös-A. bezieht hingegen die funktionale Beziehung zwischen der Absatzmenge x und dem Absatzpreis e in Form einer Preis-Absatz-Funktion e(x) mit ein. Es werden interne Handlungsvariablen sowie externe Einflussflaktoren separat herausgearbeitet, indem die wertmäßige Marktanteils- sowie die 11

Abweichungsanalyse wertmäßige Marktvolumenabweichung bestimmt werden. 5. Kosten- und Nutzenüberlegungen Die A. ist auf die Aufdeckung von systematischen und damit steuerbaren Ausführungs- bzw. Ergebnisabweichungen sowie deren zukünftiger Vermeidung gerichtet. Während die Analyse zufälliger Abweichungsursachen ausschließlich Kosten verursacht, stiftet die Auswertung einer systematischen Abweichung einen Nutzen, indem durch entsprechende Maßnahmen zukünftige Abweichungen reduziert oder vermieden werden. In einem ersten Schritt müssen somit die steuerbaren Abweichungsursachen identifiziert werden, bevor in einem zweiten Schritt über die Durchführung der Analyse der steuerbaren Abweichungsursachen mit Hilfe einer o Kosten-/Nutzen-Analyse entschieden wird. Zur Trennung zwischen zufälligen und steuerbaren Abweichungsursachen wurde eine Vielzahl an statistischen Verfahren wie das Kontrollkarten-Verfahren oder das Winkelschablonen-Verfahren entwickelt (Waldmann, 1992; Brühl/Pohlen, 1995). Deren zweckmäßige Anwendung erfordert aber zutreffende Verteilungsannahmen für die berücksichtigten Einflussfaktoren sowie die Ableitung von Grenzwerten, bei deren Unter- oder Überschreitung eine auftretende Abweichung analysiert wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass A. für zufällig auftretende Abweichungsursachen durchgeführt werden, oder dass A. für steuerbare Abweichungsursachen unterbleiben und diese auch zukünftig nicht vermieden werden. Das Vorliegen einer als steuerbar angesehenen Abweichungsursache rechtfertigt eine eingehende A. (Ewert/Wagenhofer, 2008, S. 360-365). Die A. zeigt, ob tatsächlich steuerbare Abweichungsursachen vorliegen oder nicht. Dabei verursacht die A. die Analysekosten ka. Vor der Durchführung der A. besteht ty12

pischer Weise Unsicherheit hinsichtlich der Steuerbarkeit der Abweichungsursachen; die Wahrscheinlichkeit φ, dass eine steuerbare Abweichungsursache vorliegt, ist aber bekannt. Der erwartete Nutzen E[N] sowie die erwarteten Kosten der Anpassungsmaßnahmen E[km] ergeben sich mit E[N] = φ · N sowie E[km] = φ · km. Die A. sowie gegebenenfalls die Anpassungsmaßnahmen sollten unter der Bedingung φ · N ≥ ka + φ · km bzw. φ ≥ ka / (N - km) durchgeführt werden (Fall 1). Die A. sowie die Anpassungsmaßnahmen sollten hingen bei der Bebzw. dingung φ · N ≤ ka + φ · km φ ≤ ka / (N - km) unterbleiben (Fall 2). Des Weiteren besteht die Möglichkeit, die A. stets zu unterlassen, aber die Anpassungsmaßnahmen immer umzusetzen (Fall 3). Fall 3 ist unter der Bedingung φ ≥ (km - ka) / km im Vergleich zu Fall 1 sowie unter der Bedingung φ ≥ km / N im Vergleich zu Fall 2 vorteilhaft. Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass eine steuerbare Abweichungsursache vorliegt, gering ist (φ ≤ ka / (N - km), sollte nichts unternommen werden (Fall 2). Bei einer mittleren Wahrscheinlichkeit (ka / (N - km) ≤ φ ≤ (km - ka) / km) sind die A. sowie gegebenenfalls die Anpassungsmaßnahmen durchzuführen (Fall 1). Hingegen werden bei einer hohen Wahrscheinlichkeit (φ ≥ (km - ka) / km) die Anpassungsmaßnahmen stets ohne A. umgesetzt (Fall 3). Als Ergebnis wird ersichtlich, dass die exakte Erfassung der steuerbaren Abweichungsursachen bei der Bestimmung der Normgröße den Nutzen der A. maßgeblich bestimmt. Lit.: Albers, S.: A Framework for Analysis of Sources of Profit Contribution Variance Between Actual and Plan, in: IJRM 1998, S. 109-122; Albers, S.: Ein System zur IST-SOLL-AbweichungsUrsachenanalyse von Erlösen, in: ZfB 1989, S. 637-654; Brühl, R./Pohlen, K.: Kostenkontrollrechnungen mit Hilfe von stochastischen Modellen, in: BFuP 1995, S. 667-681; Brühl, R.: Controlling.

Accounting Principles Board (APB) Grundlagen des Erfolgscontrolling, 2. Aufl., 2009, S. 283-328; Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 441-479; Ewert, R./ Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008, S. 305-390; Horngren, C. T./Datar, S.M./Foster, G./Rajan, M./Ittner, C.: Cost Accounting. A Managerial Emphasis, 13. Aufl., 2009, S. 250-323, 526-565; Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007, S. 143-190, 348-380; Kloock, J.: Erfolgskontrolle mit der differenziertkumulativen Abweichungsanalyse, in: ZfB 1988, S. 423-434; Küpper, H.-U.: Controlling. Konzeption, Aufgaben, Instrumente, 5. Aufl., 2008, S. 211-236; Lause, B.: Methoden der Abweichungsanalyse in der Kosten- und Erfolgskontrolle, 1992; Schulz, E.: Kostenabweichungsanalyse unter dem Verantwortlichkeitsaspekt. Der Informationswert von Abweichungen in der mehrfachflexiblen Plankostenrechnung als Führungs- und Steuerungsinstrument, 1991; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 393-396, 675-700; Streitferdt, L.: Entscheidungsregeln zur Abweichungsauswertung, 1983; Waldmann, K.-H.: Qualitätsregelkarten mit Gedächtnis, in: ZfbF 1999, S. 867-883. Christian Lohmann Abzinsung = Diskontierung Finanzmathematische Rechenoperation, durch die der Wert einer zukünftigen Zahlung zu einem früheren Zeitpunkt berechnet wird. Technisch erfolgt die A. durch Multiplikation der Zahlung mit dem Abzinsungs- bzw. Diskontierungsfaktor (1+i)-t mit i = Zinsfuß und t = Anzahl der Perioden zwischen Zahlungsund Bewertungszeitpunkt. Die A. ist Grundlage der o dynamischen Investitionsrechnung. Lit.: Kruschwitz, L.: Finanzmathematik, 5. Aufl., 2010.

Abzinsungsfaktor = Diskontierungsfaktor o Abzinsung Abzugskapital Teile des o Fremdkapitals, die der Unternehmung ohne (explizite) Berechnung von Zinsen zur Verfügung gestellt werden. Hierzu zählen insb. erhaltene Anzahlungen, Vorauszahlungen von Kunden und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen wird das betriebsnotwendige Vermögen um das A. vermindert. Das A. verursacht jedoch andere Kosten, wie z.B. nicht wahrgenommene Skontoabzüge. Accounting o Rechnungswesen Accounting Advisory Forum Von der EU-Kommission 1990 gegründeter Ausschuss mit der Aufgabe, sie in Rechnungslegungsfragen zu beraten bzw. gemeinsame Standpunkte der EU für Verhandlungen mit dem o International Accounting Standards Committee (IASC) vorzubereiten. Das A. ist 2001 in der o European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) aufgegangen. Lit.: Ordelheide, D.: Entwicklung und Arbeit des Accounting Advisory Forums der EU-Kommission, in: Förschle, G./ Kaiser, K./Moxter, A. (Hrsg.): Rechenschaftslegung im Wandel, FS Budde, 1995, S. 483-504. Accounting Principles Board (APB) 1959 vom American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) gegründet zur Festlegung von Rechnungslegungsgrundsätzen für Unternehmen, deren Anteilspapiere am amerikanischen Wertpapiermarkt gehandelt werden. Das APB gab „Opinions“ zu einzelnen Rechnungslegungsproblemen heraus, die z.T. noch gelten. Die Aufgaben des APB hat ab 1973 der o Financial Accounting Standards Board (FASB) übernommen. 13

Accounting Regulatory Committee (ARC) Accounting Regulatory Committee (ARC) Das ARC (Regelungsausschuss für Rechnungslegung) ist für die europaweite Anerkennung der einzelnen o IFRS zuständig (o Anerkennungsverfahren) und setzt sich aus Vertretern der EUMitgliedstaaten zusammen. Die EUKommission, die den Vorsitz im ARC innehat, schlägt dem ARC einzelne IFRS zur Annahme vor. Stimmt das ARC per qualifizierter Mehrheit dem Vorschlag zu, gibt die EU-Kommission den IFRS frei, sofern EU-Rat und EU-Parlament keinen Einspruch erheben (verkürztes Komitologieverfahren). Bei Ablehnung unterrichtet die EU-Komission das EUParlament und leitet einen Vorschlag an den EU-Rat. Accounting Research Bulletins Bis 1959 veröffentlichte Verlautbarungen des o Committee on Accounting Procedure des o American Institute of Certified Public Accountants (AICPA). Accounting Standards Bezeichnung für Rechnungslegungsregeln im anglo-amerikanischen Raum. A. werden typischerweise nicht vom Gesetzgeber verabschiedet, sondern von privaten Rechnungslegungsgremien, denen die Regelungskompetenz übertragen wurde. Für deutsche Unternehmen sind insb. die vom o International Accounting Standards Board (IASB) erlassenen o International Financial Reporting Standards (IFRS) von großer Bedeutung, da diese entsprechend der EU-Verordnung 1606/2002 („IAS-Verordnung“) von europäischen kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen im Konzernabschluss anzuwenden sind (o Harmonisierung der Rechnungslegung, o Financial Accounting Standards Board, o USA). Accounting Standards Board (ASB) Seit 01.08.1990 Nachfolgeorganisation des britischen o Accounting Standards 14

Committee (ASC) zur Entwicklung von Rechnungslegungsstandards. Darüber hinaus arbeitet das ASB auch mit anderen nationalen Standard-Settern und insb. dem o International Accounting Standards Board (IASB) zusammen, um eine abgestimmte Entwicklung neuer Regelungen sicherzustellen. Die vom ASB verabschiedeten Standards werden als Financial Reporting Standards (FRP) bezeichnet. Die von der Vorgängerorganisation ASC veröffentlichten Statements of Standard Accounting Practice (SSAP) wurden vom ASB übernommen und sind, soweit nicht durch neue FRP abgelöst, weiterhin gültig. Das ASB besteht aus zwei Vollzeitmitgliedern (chairman, technical director) und bis zu acht Teilzeitmitgliedern aus verschiedenen Interessensgruppen. Zur Lösung drängender Einzelprobleme wird das ASB durch die Urgent Issues Task Force (UITF) unterstützt. Accounting Standards Committee (ASC) Vormals Accounting Standards Steering Committee. Vom o Institute of Chartered Accountants in England and Wales (ICAEW) 1970 gegründetes Organ zur Entwicklung von Rechnungslegungsstandards und unverbindlichen Empfehlungen (Statement of Recommended Practice). Die Mitglieder des ASC vertraten Wirtschaftsprüfung, Industrie und Handel, Banken, Verwaltung sowie akademische Meinung. Das ASC wurde am 01.08.1990 vom o Accounting Standards Board (ASB) abgelöst. Accounting Standards Executive Committee (AcSEC) Gremium des o American Institute of Certified Public Accountants (AICPA); 2010 umbenannt in o Financial Reporting Executive Committee (FinREC). Accrual Accounting Anglo-amerikanische Bezeichnung für ein Rechnungswesen, das auf periodisier-

Ad-hoc-Publizität ten Ein- und Auszahlungen, also Erträgen bzw. Erlösen und Aufwendungen bzw. Kosten, basiert (o Periodisierung; o Grundgrößen des Rechnungswesens). Die Erfassung von Geschäftsvorfällen auf accrual basis ist von der Erfassung auf cash basis, also der direkten Erfassung von Zahlungsstömen ohne Periodisierung zu unterscheiden (o Cashflow; o Kapitalflussrechnung). Accruals Im weitesten Sinne Periodenabgrenzungen, die sich aufgrund der Zuordnung von Ein- und Auszahlungen zu anderen Abrechnungsperioden ergeben (o Accrual Accounting; o Periodisierung). A., deren Höhe vom Ermessen des Managements abhängt (discretionary a.), gelten in dero empirschen Jahresabschlussforschung als ein Maß für o Bilanzpolitik und die Qualität der Rechnungslegung. In IAS 37.11 „Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen“ wird die Bezeichnung A. für Geschäftsvorfälle verwendet, bei dene Güter oder Leistungen bereits empfangen, jedoch noch nicht bezahlt wurden. A. in diesem Sinne werden üblicherweise unter den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und ähnlichen Abgrenzungsposten (z.B. Lohnverbindlichkeiten) ausgewiesen. AcSEC = o Accounting Standards Executive Committee Activity Accounting = o Activity-based Costing Activity-based Costing Kostenrechnungssystem, in dem die Gemeinkosten einzelnen Aktivitäten und anschließend über die Häufigkeit der Inanspruchnahme der Aktivitäten den Kalkulationsobjekten zugerechnet werden. Stimmt im Grundprinzip mit der o Prozesskostenrechnung überein, wobei dort

verwendete Prozesse sich typischerweise aus mehreren Aktivitäten i.S.d. A. zusammensetzen. Ad-hoc-Publizität 1. Norm und Normentstehung Die Ad-hoc-Publizität beschreibt eine unregelmäßige Publizitätspflicht, der bestimmte kapitalmarktorientierte Unternehmen in Deutschland unterliegen. Voraussetzungen und Verfahrensweise sind in § 15 WpHG festgelegt. Hiernach müssen Inlandsemittenten zusätzlich zum o Jahresabschluss und o Zwischenoder Quartalsbericht unverzüglich jede Insiderinformation veröffentlichen, sofern sie von diesen unmittelbar betroffen sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Unter bestimmten Voraussetzungen, insb. wenn es der Schutz ihrer berechtigten Interessen erfordert, können sie sich allerdings von dieser Veröffentlichungspflicht befreien lassen (Abs. 3). § 15 WpHG reguliert auch das Veröffentlichungsprozedere (Abs. 1, 4, 5) und sieht Sanktionen bei Verstößen einschließlich Regeln zum Schadenersatz vor (Abs. 6, §§ 37b, 37c, 38 ff WpHG). Als zuständige Verwaltungsbehörde (§ 40 WpHG) überwacht die o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Einhaltung der A. Eine erste Vorgängerregel ist bereits 1987 in § 44a BörsG kodifiziert worden (Pellens, 1991). Praktische Bedeutung hat diese Publizitätspflicht aber erst durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz 1994 und der damit einhergehenden Aufnahme in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) erfahren. So wurden 2008 auf der Grundlage von § 15 WpHG insgesamt 3.037 Ad-hoc-Meldungen veröffentlicht, bei 218 Befreiungen. Seit Anfang 2000 liegen die Zahlen der Ad-hoc-Meldungen regelmäßig bei mehr als 3.000 pro Jahr. Insofern gilt die A. heute in Deutschland als etabliertes Teilelement in der Pflicht-Berichterstattung kapitalmarktorientierter Unterneh15

Ad-hoc-Publizität men. Angesichts entsprechender EUVorgaben entspricht dieses Bild der Situation anderer EU-Staaten und auch der USA, wo ähnliche Publizitätspflichten existieren (im Überblick z.B. Fülbier, 1998). Die A. gem. § 15 WpHG ist seit ihrer Kodifizierung 1994 häufig modifiziert worden, ohne dass sich die grundsätzliche Idee dieser unregelmäßigen Berichterstattungspflicht verändert hätte. Von größerer Relevanz für den heutigen Wortlaut des § 15 WpHG sind insbesondere das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG vom 28.10.2004) und die Umsetzung der Transparenzrichtlinie durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG vom 5.1.2007). Hierdurch haben sich verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen verändert (vgl. Abschnitt 3). Zudem ist die Insidergesetzgebung besser mit der A. abgestimmt und der Publizitätsbereich auf die neu in § 15 WpHG eingeführte Insiderinformation ausgedehnt worden. 2. Zielsetzung Mit der A. wird eine zweifache Zielsetzung verfolgt. Einerseits geht es darum, die Regelpublizität zu ergänzen. Da die Kapitalmarktteilnehmer auf regelmäßiger Basis allenfalls Quartalsberichte der Unternehmen erhalten, dient die A. zur ergänzenden Information zwischen den jeweiligen Veröffentlichungszeitpunkten. Dies geschieht zeitnah bei Vorliegen materieller Informationen, die die Kapitalmarktteilnehmer bei ihren Entscheidungen interessieren (könnten). Informationsdefiziten und der Bildung unangemessener Preise soll damit auch innerperiodisch vorgebeugt werden. Letztlich steht hinter dieser Zielsetzung die bekannte kapitalmarkttheoretische Annahme halbstrenger Informationseffizienz. Hiernach reflektieren Preise am Kapitalmarkt alle Informationen, sofern sie nur öffentlich verfügbar gemacht werden. Der Regulierer sieht seine Aufgabe somit 16

darin, über Publizitätspflichten (o Publizität) wie der A. die Menge und Zeitnähe offengelegter Informationen zu erhöhen, um damit den Preismechanismus zu stärken. Über die zeitnahe Transformation dieser Informationen in Preisänderungen soll die Lenkungsfunktion des Kapitalmarktes (Funktionenschutz) verbessert werden. Aus einer eher juristischen Perspektive wird zugleich der individuelle o Anlegerschutz gestärkt, weil sich Fehlentscheidungen und informationsinduzierte Vermögensverluste der Anleger reduzieren. Die A. hat aber auch eine insiderrechtliche Präventionsfunktion. Indem Insiderinformationen unverzüglich veröffentlicht werden, wird ihnen möglichst schnell der Charakter einer Insiderinformation genommen. Dies reduziert die Gefahr des Insiderhandels und wirkt somit zusätzlich zu dem grundsätzlichen Insiderhandelsverbot in § 14 WpHG. Interessant erscheint auch das Zusammenspiel beider Funktionen, d.h. der Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und der Prävention gegen Insiderhandelsverstöße. Da der Insiderhandel aus ökonomischer Perspektive eine Informationsfunktion ausüben könnte, weil Informationen über Markthandlungen der Insider in den Markt gelangen und im Preis reflektiert werden, wirkt das Insiderhandelsverbot erst einmal kontraproduktiv (Schneider, 1993). Aus gerechtigkeitsgetriebener juristischer Perspektive gibt es aber gute Gründe für das gesetzliche Insiderhandelsverbot. Deshalb steht die Frage im Raum, wie die Insiderinformation ohne Insidergeschäfte in den Preismechanismus fließen kann. Als Antwort kann die A. gelten. Schließlich soll sie die unverzügliche Offenlegung dieser Insiderinformationen sicherstellen (Pellens/Fülbier, 1994). Durch die schwierige Gewichtung effizienz- und gerechtigkeitsgetriebener Argumente sowie durch die weitgehende Ausblendung

Ad-hoc-Publizität von Kostenerwägungen und prozessualer Aspekte, wie z.B. der Frage, wie und über welchen Zeitraum Informationen tatsächlich in Preisänderungen transformiert werden, scheint ein abschließendes Urteil über die Notwendigkeit und Effizienz derartiger gesetzlicher Publizitätspflichten schwer möglich (Fülbier, 1998). Allerdings zeigen empirische Ereignisstudien zur A. auf, dass der Kapitalmarkt tatsächlich auf diese Meldungen reagiert, wobei Unterschiede zwischen den inhaltlichen Kategorien existieren (z.B. Röder, 2000; vgl. Abschnitt 3).

Die funktionale Ausrichtung der A. und der Zusammenhang der beiden genannten Funktionen wird in Abb. 1 noch einmal graphisch veranschaulicht. Hiernach hat die A. bei Eintritt einer Insiderinformation in t1 – bei Annahme eines halbstreng informationseffizienten Marktes – die sofortige Preisanpassung (p1 auf p2) der Aktie des betreffenden Unternehmens zur Folge. Dies scheint vorziehenswürdig gegenüber der Nicht-Publizität bei existierendem Insiderhandelsverbot, aber auch gegenüber dem wohl langsamer wirkenden Informationseffekt des Insiderhandels.

Aktienkurs (P) Kursverlauf bei sofortiger Publizität

P2 Kursverlauf bei Insiderhandel

Kursverlauf bei Nicht-Publizität

P1

Zeit (t) t1

Abb. 1: Wirkungsweise der Ad-hoc-Publizität (Pellens et al., 2011)

3. Ausgestaltungsdetails Die in § 15 WpHG kodifizierte Regulierung der A. beinhaltet einige unbestimmte Rechtsbegriffe, die es dem Management börsennotierter Unternehmen erschweren, publizitätspflichtige Sachverhalte zu erkennen. Allerdings hat sich seit der Kodifizierung dieser Norm durch Literatur und Rechtsprechung in gewissem Rahmen eine einheitliche Ausle-

gungspraxis etabliert. Auch der sog. Emittentenleitfaden der BaFin mit weiteren Hinweisen und Erklärungen dient diesem Zweck.Die Auslegungsbedürftigkeit beginnt bereits bei der Kategorie der Inlandsemittenten, die durch das TUG in das WpHG eingeflossen ist. Inlandsemittenten sind einerseits diejenigen Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist (bezogen auf den Sitz) und deren emittierte Wertpapie17

Ad-hoc-Publizität re im Inland (Deutschland) zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Inlandsemittenten sind aber auch solche mit Herkunftsstaat in der EU oder des EWR, deren Wertpapiere ausschließlich in Deutschland zum organisierten Handel zugelassen sind. Das Hauptproblem lastet allerdings weniger auf dem persönlichen, sondern eher auf dem sachlichen Anwendungsbereich, also auf der Frage, welche Informationen genau veröffentlicht werden müssen. Publizitätspflichtig sind Insiderinformationen, die den Inlandsemittenten unmittelbar betreffen. Letzteres soll sicherstellen, dass nicht jede allgemeine (Markt-)Information veröffentlicht wird. Bei der Frage, wie weit das Kriterium der Unmittelbarkeit reicht, scheint eine Orientierung an dem Konsolidierungskreis der Konzernrechnungslegung sinnvoll. Schließlich ist nicht einzusehen, warum für Ad-hocMeldungen nicht dasselbe gelten sollte, wie für die Rechnungslegung wirtschaftlicher Einheiten (Spindler/Speier, 2005). Von besonderer Bedeutung ist die Konkretisierung der Insiderinformation, die in § 13 WpHG näher definiert wird. Hiernach handelt es sich um „eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen“. Während das Insiderpapier in § 12 WpHG definiert und konkretisiert wird, bleibt die Frage, wie die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung zu konkretisieren ist, offen. Diese seit jeher offene Frage hat einer jahrelangen Diskussion Vorschub geleistet, in der auch vorgeschlagen wurde, auf diese Ex-ante Prüfung der Kurserheblichkeit gänzlich zu verzichten und statt dessen auf materielle Auswirkungen auf den Jahres- bzw. Konzernabschluss abzustellen (Pellens/Fülbier, 1994; Fülbier, 18

1998). Allerdings ist in der Zwischenzeit in § 15 Abs. 1 WpHG ein Tatbestandsmerkmal entfallen, auf das man sich hierbei berufen konnte: Die über das Kursbeeinflussungpotenzial hinausgehende Notwendigkeit einer Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf. Die heute gültige Normfassung kennt dieses Merkmal nicht mehr und so spielt der mechanistische Rückgriff auf die Rechnungslegungsebene keine Rolle (mehr). Statt dessen verweist § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG in Anlehnung an anglo-amerikanische Vorbilder auf einen „verständigen Anleger“, der eine erheblich kursbeeinflussende Information „bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde“. Obwohl auch dieser Hinweis letztlich keine Konkretisierung herbeiführt, dürfte sich die Unsicherheit für die Unternehmen inzwischen schon dadurch reduziert haben, dass die jahrelange Auslegungspraxis und auch die Rechtsprechung eine gewisse Rechtssicherheit bieten (m.w.N. Assmann, 2009; Eufinger/Teigelack, 2008). Diese praktischen Erfahrungen dokumentieren sich auch im Emittentenleitfaden der BaFin, der einen beispielhaften Katalog veröffentlichungspflichtiger Insiderinformationen enthält. Darunter fallen im Wesentlichen: – Aufnahme neuer oder Veräußerung von Kerngeschäftsfeldern, Erwerb oder Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen, – Verschmelzungsverträge, Ein- und Ausgliederungen, Umwandlungen sowie andere wesentliche Strukturmaßnahmen, auch Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge, – Übernahme- und Abfindungs-/Kaufangebote sowie Kapitalmaßnahmen, – wesentliche Änderung der Ergebnisse der Jahresabschlüsse oder Zwischenberichte gegenüber früheren Ergebnissen

Ad-hoc-Publizität oder Marktprognosen, auch wesentliche Änderung des Dividendensatzes, – bevorstehende Zahlungseinstellung/ Überschuldung, Verlust nach § 92 AktG/kurzfristige Kündigung wesentlicher Kreditlinien, auch Ausfall wesentlicher Schuldner, – Verdacht auf Bilanzmanipulation, Ankündigung der Verweigerung des Jahresabschlusstestats durch den Wirtschaftsprüfer, auch überraschender Wechsel des Wirtschaftsprüfers, – erhebliche außerordentliche Erträge oder Aufwendungen (z.B. nach Großschäden oder Aufdeckung krimineller Machenschaften), – Veränderungen bei besonders bedeutenden Vertragsverhältnissen sowie bedeutende Erfindungen, Erteilung bedeutender Patente und Gewährung wichtiger Lizenzen, – Restrukturierungsmaßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf die künftige Geschäftstätigkeit, – maßgebliche Produkthaftungs- oder Umweltschadensfälle sowie Rechtsstreitigkeiten von besonderer Bedeutung, – überraschende Veränderungen in Schlüsselpositionen des Unternehmens (z.B. Vorstandsvorsitzender, Aufsichtsratsvorsitzender, überraschender Ausstieg des Unternehmensgründers), – Beschlussfassung des Vorstandes, von der Ermächtigung der Hauptversammlung zur Durchführung eines Rückkaufprogramms Gebrauch zu machen. Die BaFin betont, dass diese Beispiele nicht abschließend seien. Es können also „aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls“ auch andere Sachverhalte veröffentlichungspflichtig werden. Aus gleichem Grund sind die aufgeführten Beispiele auch nicht zwingend publizitätspflichtig, so dass der Katalog lediglich empfehlenden Charakter hat. In der empirischen Forschung zeigt sich zudem,

dass die gemessenen Kursreaktionen auf derartige Meldungsinhalte durchaus unterschiedlich ist. So ist z.B. nachgewiesen worden, dass Meldungen, die sich mit Dividendenzahlungen beschäftigen nur eine unterdurchschnittliche Kursreaktion auslösen, während bei Meldungen zum Jahresergebnis eine überdurchschnittliche Reaktion zu verzeichnen ist (Röder, 2000). Letztlich hilft diese Expost-Betrachtung den Unternehmen aber nur bedingt weiter. Innerhalb des Unternehmens muss sich letztlich eine wie auch immer organisatorisch eingebundene Institution mit der Identifikation publizitätspflichtiger Tatsachen auseinandersetzen. Jedes möglicherweise in Frage kommende Ereignis ist unabhängig davon, ob es Bestandteil des Beispielkatalogs ist, auf seine Publizitätseignung hin zu prüfen und im Sinne der späteren Exkulpation auch zu dokumentieren. Unsicherheit gibt es auch bei der Frage, was genau inhaltlich zu veröffentlichen ist. Gerade in den ersten Jahren sind Adhoc-Meldungen, selbst wenn sie im Kern publizitätspflichtige Informationen enthielten, wegen Überlänge, Informationsüberfrachtung und auch Verstecken von wirklich relevanten Informationen kritisiert worden. Die Ad-hoc-Meldung wurde gar als PR-Instrument missbraucht. Der Regulierer hat hier inzwischen gegengesteuert und verlangt, dass sonstige Angaben, die nicht publizitätspflichtig sind, auch nicht in der Ad-hoc-Meldung enthalten sein dürfen. Zudem erzwingt er die unverzügliche Richtigstellung vorheriger unwahrer Ad-hoc-Meldungen über das Instrument der A. (§ 15 Abs. 2 WpHG). Aus Rechnungslegungsperspektive erscheint interessant, dass § 15 Abs. 1 Satz 6 WpHG auch Regelungen zur Verwendung typischer Performancemaße vorsieht. Wahrscheinlich im Nachklang zur US-amerikanischen Enron-Regulierung über den Sarbanes-Oxley Act 2002 19

Ad-hoc-Publizität und die daraus reultierende SEC-Regulation G (o Securities Exchange Commission) hat der Gesetzgeber dabei auch die freie Verwendung sog. o Pro-forma-Ergebnisgrößen eingeschränkt. Hierbei handelt es sich um modifizierte Ergebnisgrößen der Rechnungslegung, die meist unternehmensindividuell und nicht immer extern ersichtlich um bestimmte Einflüsse und Ergebnispositionen bereinigt worden sind. Nur die Kennzahlen, die „im Geschäftsverkehr üblich“ seien und die „einen Vergleich mit den zuletzt genutzten Kennzahlen“ ermöglichten, dürfen Bestandteil der Ad-hoc-Meldung sein. Der Emittentenleitfaden der BaFin (2009) enthält wiederum eine nicht abschließende und beispielhafte Liste von den als „üblich“ anzusehenen Kennzahlen, die im Folgenden aufgeführt sind: – absolute Größen der Ergebnis- oder Kapitalflussrechnung wie Jahresüberschuss, Cashflow oder auch Umsatz, – relative Größen wie Ergebnismarge (Ergebnis in % der Umsätze), Eigenkapitalquote, – Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), Ergebnis vor Steuern (EBT) oder Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA), – Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, betriebliches Ergebnis, operatives Ergebnis vor Sondereinflüssen, – Ergebnis pro Aktie (EPS), Dividende pro Aktie. 4. Veröffentlichungsablauf und Befreiung Die Regulierung der Art und Weise der Veröffentlichung entspringt der Zielsetzung, die relevante Information möglichst schnell einem möglichst großen Kreis von Kapitalmarktteilnehmern zugänglich zu machen. Die Ad-hoc-Meldung ist deshalb unverzüglich, nach § 121 Abs. 1 BGB also ohne schuldhaftes Zögern, in einem festgelegten Prozedere zu veröffentlichen. Die Möglichkeit einer 20

Befreiung darf allerdings – auch unter Hinzuziehung externen Sachverstands – geprüft werden. Ähnliches müsste für die Prüfung der Publizitätspflicht an sich gelten. Die Art der Veröffentlichung unterliegt sowohl allgemeinen Vorschriften zur Kapitalmarktinformation (§§ 3a, b, c WpAIV) als auch speziellen Vorschriften zur A. (§ 5 WpAIV). Erstere zielen im Wesentlichen auf die Weiterleitung der Meldung an bestimmte Medien bzw. an ein bestimmtes Medienbündel (Nachrichtenagenturen, Internetseiten, Printmedien, elektronische Systeme etc.). Letztere schreiben konkret vor, dass Insiderinformationen über ein elektronisches Informationsverbreitungssystem und über die Homepage des Unternehmens zu veröffentlichen sind. In der Praxis hat die DGAP (Deutsche Gesellschaft für Adhoc-Publizität mbH) eine führende Rolle am Markt für elektronische Informationsverbreitungssysteme. Sie stellt erhaltene Ad-hoc-Meldungen zeitnah und kostenlos ins Internet. Zudem hat das publizitätspflichtige Unternehmen vor- und nachgelagerte Berichtspflichten begleitend zu erfüllen. Um festzustellen, ob eine Aussetzung oder Einstellung des Börsenhandels notwendig wird, sind vorab die betreffenden Börsen, aber auch, zu Überwachungszwecken, die BaFin zu informieren (§ 15 Abs. 4 WpHG). Zudem ist die Ad-hocMeldung nachträglich an das elektronische Unternehmensregister im Sinne des § 8b HGB weiterzuleiten (§ 15 Abs. 1 WpHG). Um die berechtigten Interessen des publizitätspflichtigen Unternehmens, z.B. hinsichtlich wettbewerbsinduzierter Konkurrenzeffekte, zu schützen, sieht § 15 Abs. 3 WpHG eine Befreiungsregel vor. Vor Umsetzung des AnSVG bedurfte es hierfür eines Verwaltungsaktes der BaFin. Seither handelt es sich um eine Selbstbefreiungsmöglichkeit, weil sich der Emittent nach Prüfung der Voraus-

AG setzungen und entsprechender Mitteilung der BaFin selbst von der A. befreit. Im Grunde hat diese Regel „nur“ aufschiebende Wirkung, da eine Nachholung unverzüglich vorzunehmen ist, wenn die Voraussetzungen wegfallen. Letztere zielen auf den schwer konkretisierbaren Schutz berechtigter Interessen (§ 6 WpAIV) und auf die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit ohne Meldung nicht irre zu führen und die Vertraulichkeit der Meldung zu gewährleisten. Auch hierzu hat sich in den letzten Jahren eine Auslegungspraxis ergeben (m.w.N. Assmann, 2009; Eufinger/Teigelack, 2008). Lit.: Assmann, H.-D.: § 15 WpHG, in: Assmann, H.-D./Schneider, U.H. (Hrsg.), Komm. zum Wertpapierhandelsgesetz, 5. Aufl., 2009; BaFin: Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Ad-hoc-Publizität, Stand 28. April 2009; Eufínger, T./ Teigelack, L.: Praxis und Entwicklung der Ad-hoc-Publizität, in: Hopt, K.J. (Hrsg.): Kapitalmarktgesetzgebung im europäischen Binnenmarkt, 2008, S. 6379; Fülbier, R.U.: Regulierung der Adhoc-Publizität, 1998; Pellens, B./Gassen, J./Fülbier, R.U./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011; Pellens, B./Fülbier, R.U.: Publizitätspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz, in: DB 1994, S. 1381-1388; Pellens, B.: Ad-hoc-Publizitätspflicht des Managements börsennotierter Unternehmen nach § 44 a BörsG, in: AG 1991, S. 62-69; Röder, K.: Die Informationswirkung bei Ad-hoc-Meldungen, in: ZfB 2000, S. 1357-1359; Schneider, D.: Wider Insiderhandelsverbot und die Informationseffizienz des Kapitalmarkts, in: DB 1993, S. 1429-1435; Spindler, G./ Speier, T.: Die neue Ad-hoc-Publizität im Konzern, in: BB 2005, S. 2031-2035. Rolf Uwe Fülbier Added Value Spitzenkennzahl eines an der London Business School entwickelten Konzepts zur

finanziellen Performancemessung von Unternehmen und deren Teileinheiten. Der A. wird als Differenz aus dem operativen Gewinn und den Kapitalkosten ermittelt und stellt damit einen o Residualgewinn dar. Praktisch hat das Konzept, anders als das inhaltlich verwandte Konzept des o Economic Value Added (EVA™) keine nennenswerte Verbreitung erfahren. Lit.: Davis, E./Kay, J.: Assessing corporate performance, in: BSR 2/1990, S. 1-16; Röttger, B.: Das Konzept des Added Value als Maßstab für finanzielle Performance, 1994. Adjusted Present Value-Ansatz Den Gesamtbewertungsverfahren zuzuordnende Methode der o Unternehmensbewertung, bei der zunächst Cashflows und Eigenkapitalkosten unter der Annahme vollständiger Eigenfinanzierung ermittelt werden. Zu dem sich hieraus ergebenden Barwert wird anschließend der Barwert der aus der Fremdfinanzierung resultierenden Steuervorteile (tax shield) addiert. Lit.: Ballwieser, W.: Unternehmensbewertung: Prozeß, Methoden und Probleme, 2. Aufl., 2007, S. 118-145; Drukarczyk, J.: Unternehmensbewertung, 6. Aufl., 2009, S. 148-178; Myers, S.C.: Interactions of corporate financing and investment decisions-implications for capital budgeting, in: JoF 1974, S. 1-25. AEG-Modell = o Abnormal Earnings Growth Model AfA = o Absetzung für Abnutzung AfaA = o Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung AfA-Tabelle o Abschreibungen AG = o Aktiengesellschaft 21

Agency-Theorie Agency-Theorie o Principal-Agent Agio Überschuss des Ausgabe- oder Rückzahlungsbetrags über den Nennwert eines Wertpapiers oder Darlehens. Bei der Emission von Aktien und anderen Kapitalanteilen sowie von o Wandel- und o Optionsschuldverschreibungen als Entgelt für Wandlungs- und Optionsrechte ist das A. gem. § 272 Abs. 2 HGB der o Kapitalrücklage zuzuführen. Das A. von reinen Schuldtiteln dient der Feinregulierung des Zinses. Es ist daher über die Laufzeit beim Emittenten als Ertrag, beim Schuldner als Aufwand zu verteilen (o Disagio). AICPA = o American Institute of Certified Public Accountants Akquisition = Erwerb eines Unternehmens = Gewinnung von Aufträgen Im o Rechnungswesen üblicherweise als Unternehmenserwerb verstanden. Die finanzielle Beurteilung eines geplanten Unternehmenserwerbs erfolgt nach Durchführung einer o Due DiligencePrüfung mit Methoden der o Unternehmensbewertung. Durch den erstmaligen Erwerb von Tochterunternehmen wird die Pflicht zur Aufstellung eines o Konzernabschlusses begründet. Spätere Akquisitionen führen zu Veränderungen des o Konsolidierungskreises. Die Steuerung und Kontrolle akquirierter Unternehmen sind Aufgabe des o Konzerncontrollings. Akkordlohn o Arbeitskosten Aktie Anteil am Grundkapital einer o Aktiengesellschaft, das als Gezeichnetes o Kapital auf der Passivseite der o Bilanz auszuweisen ist. Die A. in Form einer Nennbetragsaktie lautet nach § 8 Abs. 2 22

AktG auf einen Nennbetrag von mindestens einem Euro. Die A. in Form einer Stückaktie lautet nach § 8 Abs. 3 AktG auf keinen Nennbetrag. Der Anteil am Grundkapital bestimmt sich bei Stückaktien nach der ungewichteten Zahl der Aktien, bei Nennbetragsaktien nach dem Verhältnis ihres Nennbetrags. Aktienbuch o Aktienregister Aktiengesellschaft (AG) Unternehmensform einer o Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Haftungsmasse auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist; geregelt durch das o Aktiengesetz vom 06.09.1965. Organe der A. sind die o Hauptversammlung, der o Aufsichtsrat und der o Vorstand. A. müssen für jedes o Wirtschaftsjahr einen o Jahresabschluss nach §§ 242-289a HGB und ggf. einen o Konzernabschluss nach §§ 290-315a HGB aufstellen, die in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens vom o Wirtschaftsprüfer zu prüfen und im Bundesanzeiger zu publizieren sind (o Publizität). Lit.: Ek, R./v. Hoyenberg, P.: Aktiengesellschaften: Gründung, Leitung, Börsengang, 2. Aufl., 2006; Jäger, A.: Aktiengesellschaft, Unter besonderer Berücksichtigung der KGaA, 2004. Aktiengesetz (AktG) Gesetz für o Aktiengesellschaften (AG) und o Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA). Die ursprüngliche Fassung aus dem Jahr 1937 wurde durch die Neufassung vom 06.09.1965 (BGBl. I 1089) abgelöst, welche mittlerweile selbst vielfach ergänzt und geändert wurde. Das AktG besteht heute aus vier Büchern: Erstes Buch: Aktiengesellschaft (§§ 1-277) Zweites Buch: Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 278-290)

Aktivtausch Drittes Buch: Verbundene Unternehmen (§§ 291-328) Viertes Buch: Sonder-, Straf- und Schlussvorschriften (§§ 394-410) Neben den allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften im HGB sind im AktG ergänzende Regelungen für AG und KGaA (§§ 150-178, 286) über den o Jahresabschluss, den o Konzernabschluss und den o Lagebericht sowie deren Vorlage beim und Prüfung durch den Aufsichtsrat, deren Feststellung und Bekanntmachung sowie die o Gewinnverwendung enthalten. Lit.: Goette, W./Habersack, M. (Hrsg.): Münchener Komm. zum AktG, 3. Aufl., 2008. Aktienoptionen Derivative o Finanzinstrumente, die zum Erwerb (Kaufoption) bzw. zum Verkauf (Verkaufoption) von Aktien berechtigen. A. können sowohl zur Spekulation als auch zur Absicherung dienen. Kaufoptionen auf Aktien kommen auch im Rahmen der Managementvergütung zum Einsatz (o Stock Options). Die Bewertung von A. erfolgt nach den Prinzipien der o Optionspreistheorie. Aktienoptionsplan o Stock Options Aktienregister Gemäß § 67 AktG von einer AG zu führendes Register, in das die auf Namen lautenden Aktien (Namensaktien) mit Angabe des Inhabers einzutragen sind. Die Übertragung von Namensaktien ist im A. zu vermerken. Bis 2001 als Aktienbuch bezeichnet. Aktienrückkauf o Anteile, eigene Aktiva Die auf der Soll-Seite der o Bilanz (Aktivseite) ausgewiesenen Positionen. Diese umfassen neben o Vermögensgegenständen (nach HGB) bzw. o Vermögenswerten (nach IFRS) auch o Rech-

nungsabgrenzungsposten und o Bilanzierungshilfen. Die als A. ausgewiesenen Positionen werden nach der voraussichtlichen Dauer der Unternehmenszugehörigkeit in o Anlagevermögen und o Umlaufvermögen untergliedert. Aktiver Markt o Markt, aktiver Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten o Rechnungsabgrenzungsposten Aktivierte Eigenleistungen o Eigenleistungen, aktivierte Aktivierung In bilanziellem Sinne der Ansatz von o Vermögensgegenständen bzw. o Vermögenswerten, o Rechnungsabgrenzungsposten und o Bilanzierungshilfen auf der Soll-Seite der o Bilanz. Gemäß § 253 HGB und entsprechender Regelungen der o IFRS erfolgt die erstmalige A. mit den o Anschaffungs-/Herstellungskosten. Aktivierungshilfe o Bilanzierungshilfe Aktivierungsverbot Konkrete Regelung, die die o Aktivierung eines abstrakt aktivierungsfähigen Vermögenswerts untersagt. Aktivierungswahlrecht o Bilanzierungswahlrechte Aktivitätskostenrechnung o Activity-based Costing o Prozesskostenrechnung Aktivtausch Buchhalterisches Ergebnis eines Geschäftsvorfalls, bei dem zwei Positionen der Aktivseite der o Bilanz gegeneinander getauscht werden. Beispielsweise führt die Begleichung einer Forderung durch einen Kunden zur Reduktion der Aktivposition „Forderungen“ und zu einer betragsgleichen Erhöhung der Aktivposition „Kassenbestand“. 23

Allgemeine Kostenstellen Allgemeine Kostenstellen o Hilfskostenstellen, deren Leistungen der gesamten Unternehmung zur Verfügung stehen (o Betriebsabrechnungsbogen). Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch (ADHGB) Vorgänger des o HGB von 1897, auf Empfehlung der Bundesversammlung des Deutschen Bundes vom 31.05.1861 von den meisten deutschen Staaten (jeder für sich) erlassen, durch Gesetz 1869 zum Gesetz des Norddeutschen Bundes und 1871 zum Reichsgesetz geworden. Das HGB enthielt vor Kodifizierung des o Aktiengesetzes (AktG) 1937 die Vorschriften über die Rechnungslegung. Allgemeines Preußisches Landrecht 1794 erlassen, erstes deutsches Gesetz, das der Bilanz von Handelsgesellschaften den Zweck gibt, den Gewinn als Einkommensteil zu ermitteln. Verlangt die Aufstellung der Bilanz als Voraussetzung für Gewinnausschüttungen, formuliert das Niederstwertprinzip als Bewertungsgrundsatz und sieht o Abschreibungen für abnutzbare Anlagengegenstände vor. Lit.: Schneider, D.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., 1987, S. 443 f. Allokationseffekt o Prozesskostenrechnung. Allowable Costs Im Rahmen des o Target Costing ermittelte Differenz zwischen dem erwarteten Absatzpreis und dem geplanten Stückgewinn (o Kosten-Minus-System). Alternativkosten = o Opportunitätskosten. American Accounting Association Zusammenschluss amerikanischer Hochschullehrer des Rechnungswesens mit Sitz in Sarasota, Florida. Gegründet 1916, heute ca. 8.000 Mitglieder. Herausgeber der auf dem Gebiet des Rechnungswesens international führende Zeit24

schrift „The Accounting Review“ sowie weiterer Fachzeitschriften. Lit.: Flesher, D.L.: The Third-Quarter Century of the American Accounting Association (1966-1991), 1991; Zeff, S.: American Accounting Association, Its First 50 Years (1916-1966), 1966. American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) 1887 gegründete Dachorganisation des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer in den USA. Das AICPA (bis 1957 American Institute of Accountants) hat erheblichen Einfluss auf die US-amerikanische Rechnungslegung genommen. Von 1938 bis 1973 waren vom AICPA eingesetzte Gremien (o Committee on Accounting Procedure, o Accounting Principles Board) für die Herausgabe von Rechnungslegungsnormen verantwortlich. Nachdem 1973 die o Securities and Exchange Commission (SEC) die Erstellung von Rechnungslegungsnormen an das o Financial Accounting Standards Board (FASB) delegiert hat, bestehen dahingegen nur noch indirekte Einflussmöglichkeiten über die Mitwirkung im FASB. Dem AICPA obliegt weiterhin die Entwicklung von Richtlinien für Jahresabschlussprüfungen („Generally Accepted Auditing Standards“), die Erarbeitung von Berufsgrundsätzen für Wirtschaftsprüfer und die Abwicklung der Berufsexamina. Lit.: Chenok, P.B.: Foundations for the future: the AICPA from 1980 to 1995, 2000; KPMG (Hrsg.): Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen, Grundlagen der US-GAAP und SECVorschriften, 3. Aufl., 2003, S. 6-8; Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschaftsprüfung, Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens nach internationalen und internationalen Normen, 3. Aufl., 2007, S. 69-71. Amortisationsdauer = Amortisationszeit

Anerkennungsverfahren = Kapitalrückflusszeit = Payback-Periode Diejenige Zeitspanne, innerhalb der die Einzahlungsüberschüsse einer o Investition den Anschaffungsbetrag (statische A.) bzw. den Anschaffungsbetrag zuzüglich einer Verzinsung in Höhe des o Kalkulationszinsfußes (dynamische A.) decken. Als Vorteilhaftigkeitskriterium für Investitionen ist die A. allein nicht geeignet. Sie kann jedoch als Indikator für das Risiko einer Investition dienen (oInvestitionsrechnung, statische). Lit.: Blohm, H./Lüder, K./Schaefer, C.: Investition, 9. Aufl., 2006, S. 72-76, 150153. Amortisationsrechnung Verfahren der statischen o Investitionsrechnung; Berechnung der o Amortisationsdauer. Amortisationszeit = o Amortisationsdauer Amortization Im Englischen Bezeichnung für o Abschreibungen auf immaterielle o Vermögenswerte. Abschreibungen auf materielle Vermögenswerte werden demgegenüber als depreciation bezeichnet. Anbauverfahren = Blockverfahren Verfahren zur innerbetrieblichen Kostenumlage. Dabei wird unterstellt, dass die Vorkostenstellen lediglich Endkostenstellen mit innerbetrieblichen Leistungen beliefern. Deshalb werden die Kosten der Vorkostenstelle ohne Rückverrechnung im Block auf die Endkostenstelle verteilt (o Leistungsverrechnung, innerbetriebliche). Anderskosten Kosten, denen Aufwand in anderer Höhe gegenübersteht. A. bilden zusammen mit den o Zusatzkosten die kalkulatorischen o Kosten.

Anderserlöse Erlöse, denen ein Ertrag in anderer Höhe gegenübersteht. A. bilden zusammen mit den o Zusatzerlösen die kalkulatorischen Erlöse (o Kosten und Erlöse; o Grundgrößen des Rechnungswesens). Anerkennungsverfahren = Endorsement mechanism Da das o International Accounting Standards Board (IASB) eine privatwirtschaftliche Organisation ist, entfalten die einzelnen o International Financial Reporting Standards (IFRS) in manchen Rechtskreisen (Jurisdiktionen) ihre verbindliche Wirkung erst im Zuge eines A. (endorsement). In der EU beginnt das A. mit einer Begutachtung der entsprechenden IASB-Verlautbarung durch die o European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG). Diese gibt einen Vorschlag zur Annahme oder Ablehnung der Anerkennung an die EU-Komission ab, der durch die o Standards Advice Review Group (SARG) kommentiert wird. Basierend auf diesen Empfehlungen gibt die EU-Komission einen Übernahmevorschlag an das o Accounting Regulatory Committee (ARC). Bei Zustimmung durch das ARC wird die betreffende IASB-Verlautbarung zu geltendem Recht in der EU, sofern EUParlament und EU-Rat keinen Einspruch erheben (verkürztes Komitologieverfahren). Lehnt das ARC den Vorschlag der EU-Komission ab, muss Letztere das EU-Parlament unterrichten und dem EURat einen Vorschlag vorlegen, über den dieser innerhalb von zwei Monaten befinden muss. Trifft der Rat innerhalb dieses Zeitraums keine Entscheidung, geht diese auf das EU-Parlament über. Falls sich der Rat gegen den Vorschlag ausspricht, kann die EU-Kommission den Vorschlag ändern oder denselben Vorschlag noch einmal vorlegen. Lit.: Pellens, B./Fülbier. R.U./Gassen, J./ Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 104-113. 25

Anfangsinvestition Anfangsinvestition Summe der Investitionsausgaben, die dem Aufbau eines Betriebs oder einer Produktionsanlage bis zur Bereitstellung der ersten absatzreifen Leistungseinheit dienen. Anhang 1. Anhang als gesetzlicher Bestandteil des Jahresabschlusses Der A. ist gem. § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB neben o Bilanz und o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als gleichwertiger Pflichtbestandteil des o Jahresabschlusses von den gesetzlichen Vertretern einer Kapitalgesellschaft (AG, KGaA, GmbH) und eines o Personenunternehmens i.S.d. § 264a HGB, sog. haftungsbeschränkte Personengesellschaft (GmbH & Co. KG, GmbH & Co. OHG), aufzustellen, vom Abschlussprüfer zu prüfen (§ 316 ff. HGB) und offenzulegen (§ 325 HGB). Genossenschaften (§ 336 HGB), Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 340a HGB) sowie Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (§ 341a HGB) haben ebenso einen A. aufzustellen wie die in § 5 Abs. 2 und 2a PublG genannten publizitätspflichtigen Unternehmen. Für den o Konzernabschluss ist gem. § 297 Abs. 1 HGB analog ein A. zu erstellen. Gesellschaften, die als Tochterunternehmen in den Konzernabschluss ihres Mutterunternehmens einbezogen werden, können unter bestimmten Voraussetzungen von der Aufstellung eines A. befreit werden (§ 264 Abs. 3 und 4, § 264b HGB). Einzelkaufleute und reine Personenunternehmen brauchen keinen A. aufzustellen. Wenn freiwillig ein A. aufgestellt wird, sind die Vorschriften zum Mindestinhalt (§§ 284 und 285 HGB) zu beachten. Sofern große Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Personenunternehmen das in § 325 Abs. 2a Satz 1 HGB gewährte Wahlrecht nutzen und einen IFRS-Einzelabschluss offen legen, muss 26

dieser neben den Angaben nach IFRS auch die in § 325 Abs. 2a Satz 2 HGB geforderten handelsrechtlichen Anhangangaben enthalten. Eine analoge Regelung gilt für den Konzernabschluss (§ 315a HGB). Nach IFRS resultieren Art und Umfang der Angaben im Anhang (notes) aus IAS 1.112 ff. sowie insb. aus den weiteren Einzelstandards. 2. Funktion des Anhangs Der A. als integraler Bestandteil des Jahresabschlusses dient der Erfüllung der zentralen Informationsfunktion. Bilanz und GuV weisen systembedingte und systemimmanente Informationsschwächen auf, so dass der Jahresabschluss erst zusammen mit den Informationen im A. – unter Beachtung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) – ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermitteln kann (Generalnorm des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB). Zum Zwecke der Informationsvermittlung werden dem A. verschiedene Funktionen zugewiesen, nämlich Erläuterungs-, Entlastungs-, Korrektur- sowie Ergänzungsfunktion. Die Erläuterungsfunktion trägt dazu bei, Inhalt, Entstehen und Charakter der Bilanz- und GuVBeträge zu interpretieren bzw. zu kommentieren (z.B. Angabe der Bewertungsmethoden). Mit der Ergänzungsfunktion werden weitere Informationen im A. insb. qualitativer und in manchen Fällen quantitativer Art geboten, die aus den Rechenwerken nicht ersichtlich sind, die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Unternehmenslage aber von Bedeutung sind (z.B. außerbilanzielle Geschäfte). Darüber hinaus entlastet der A. Bilanz und GuV von Angaben. So können aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit wahlweise bestimmte Informationen – ohne Informationsverlust – in Bilanz, GuV, o Lagebericht oder A. ausgewiesen werden (Wahlpflichtangaben).

Anhang Eine Korrekturfunktion kommt dem A. nur in Ausnahmefällen zur Erfüllung der Generalnorm zu (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB), um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Hieraus lässt sich aber keine allgemeine Korrekturfunktion ableiten. 3. Formale Anforderungen an den Anhang a) Grundsätze der Berichterstattung. Die Berichterstattung im A. hat folgende wichtige Grundsätze zu erfüllen, um die von der Generalnorm geforderte tatsachengemäße Unternehmensabbildung zu erreichen: Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit, Grundsatz der Wesentlichkeit, Grundsatz der Wahrheit bzw. Richtigkeit, Grundsatz der Stetigkeit und – mit Ausnahme der Schutzklausel des § 286 Abs. 1 HGB – Grundsatz der Vollständigkeit. Das Vollständigkeitsgebot wird durch den Grundsatz der Wesentlichkeit eingeschränkt. Gleichwohl trägt die Beschränkung auf wesentliche Informationen dazu bei, ein übersichtliches und klares Abbildung zu erreichen. Der A. muss zusammenhängend aufgestellt sein. Wenn aufgrund besonderer Umstände die mit der Generalnorm geforderte tatsachengemäße Unternehmensabbildung nicht durch Einzelregelungen erreicht werden kann, sind entsprechende Angaben im A. notwendig (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB). b) Struktur des Anhangs. Im HGB ist keine bestimmte Form oder Struktur für den A. vorgeschrieben. Dennoch besteht keine vollständige Gestaltungsfreiheit. Vielmehr ist der A. entsprechend dem Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit zweckmäßigerweise nach sachlichen Gesichtspunkten zu gliedern. Zur Gliederung des A. finden sich in der Literatur zahlreiche Vorschläge, woraus die folgende allgemeine Struktur abgeleitet werden kann:

– Allgemeine Informationen zu den angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie Grundlagen der Währungsumrechnung – Erläuterung zu Posten der Bilanz – Erläuterung zu Posten der GuV – Erläuterung zu weiteren Rechenwerken bei einer kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB) – Sonstige Angaben (zur VermögensFinanz- und Ertragslage, wie z.B. Haftungsverhältnisse und sonstige finanzielle Verpflichtungen) Die Angaben zu den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Bilanz- und GuV-Posten sollten systematisch in der Reihenfolge der Gliederungsschemata nach §§ 266 bzw. 275 HGB erfolgen. 4. Inhalt des Anhangs a) Grundlagen für die Erstellung des Anhangs und Erleichterungen. Der A. muss die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben umfassen. Gesetzliche Regelungen zum Mindestinhalt finden sich in §§ 284 bis 288 HGB für den Einzelabschluss und §§ 313 und 314 HGB für den Konzernabschluss sowie in verschiedenen Vorschriften des HGB (§§ 264 ff.) und im EGHGB. §§ 284 und 285 HGB bzw. §§ 313 und 314 HGB enthalten die allgemeinen Anhangangaben. Während § 286 HGB bestimmte Ausnahmen von der Berichterstattung im A. enthält, sieht § 288 HGB verschiedene größenabhängige Erleichterungen vor. § 287 HGB wurde mit dem o BilMoG vom 25.5.2009 gestrichen (Art. 66 Abs. 5 EGHGB). Neben den allgemeinen Regelungen sind rechtsformspezifische Vorschriften für AG und KGaA (z.B. § 160 AktG) und die GmbH (z.B. § 42 Abs. 3 GmbHG) zu beachten. Ferner sind die Verlautbarun27

Anhang gen von Fachgremien von Bedeutung, z.B. o IDW oder o DRSC. Die geforderten Mindestangaben umfassen zum einen Angaben, die zwingend im A. gemacht werden müssen (Pflichtangaben), wie z.B. § 265 Abs. l Satz 2 HGB. Zum anderen stellt der Gesetzgeber dem Bilanzierenden für verschiedene Angabepflichten frei, diese entweder im A. oder in Bilanz, GuV bzw. Lagebericht zu machen (Wahlpflichtangaben), wie z.B. § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB, § 285 Nr. 23 HGB. Hinsichtlich des Umfangs der Berichterstattung greifen für kleine und mittelgroße Gesellschaften i. S. v. § 267 HGB (o Größenklassen) gem. § 274a, § 276 Satz 2, § 288 HGB gewisse Erleichterungen bei Aufstellung und Offenlegung. Darüber hinaus gelten für den A. bestimmte Schutzklauseln (§ 286 HGB). Die Berichterstattung hat insoweit zu unterbleiben, als es für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. Zudem können Angaben zur Umsatzaufgliederung (§ 285 Nr. 3) und zu Beteiligungen (§ 285 Nr. 11 und 11a) unterbleiben, wenn für das Unternehmen erhebliche Nachteile drohen. Der A. kann durch freiwillige Angaben erweitert werden, die bspw. auf Empfehlungen privater Gremien (DSR) für den Einzelabschluss basieren (z B. Erläuterungen zu freiwillig erstellter o Segmentberichterstattung, o Kapitalflussrechnung und/oder freiwillig erstelltem Eigenkapitalspiegel) oder andere freiwillige Angaben, z.B. Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG oder Angaben zu unrealisierten Gewinnen. Eine aktive Publizität kann Teil der Abschlusspolitik von Unternehmen sein, die ihre Grenzen in den Grundsätzen der Wesentlichkeit sowie Klarheit und Übersichtlichkeit findet. Demgegenüber können Unternehmen auch bestrebt sein, die Angaben – 28

im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten – auf ein Minimum zu reduzieren (passive Publizität). b) Angabepflichten. Wichtige Informationen im A. betreffen die Angaben zu den angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (§ 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB), Angaben zu den Grundlagen der Fremdwährungsumrechnung (Abs. 2 Nr. 2) und zur Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in die Herstellungskosten (Abs. 2 Nr. 5). Außerdem besteht eine Angabe- und Begründungspflicht, wenn der Grundsatz der Stetigkeit durchbrochen und von den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden abgewichen wird (Abs. 2 Nr. 3). Damit soll der Einfluss von Methodenänderungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage für Externe erkennbar gemacht werden. Ebenso soll der Ausweis von Unterschiedsbeträgen, die aus der Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren resultieren (Abs. 2 Nr. 4), den Einblick in die Unternehmenslage verbessern. Weitere wichtige Angaben erstrecken sich auf verschiedene Bilanzposten, die insb. Informationen über die Aufschlüsselung von Bilanzposten, über spezielle Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder über den beizulegenden Zeitwert liefern. Dazu zählen z.B. Angaben zu Restlaufzeiten und Sicherheiten bei o Verbindlichkeiten (§ 285 Nr. 1 und 2 HGB), Erläuterungen zu sonstigen o Rückstellungen mit nicht unerheblichem Umfang (§ 285 Nr. 12 HGB), Angaben zu derivativen Finanzinstrumenten (§ 285 Nr. 19 HGB), zu Bewertungseinheiten (§ 285 Nr. 23 HGB), zu o Pensionsrückstellungen (§ 285 Nr. 24 HGB), zu latenten o Steuern (§ 285 Nr. 29 HGB), zu Zeitwerten (o Fair Value) (§ 285 Nr. 18 bis 20 HGB) und – im Falle der Aktivierung – Angaben zu Forschungs- und Entwicklungskosten (§ 285 Nr. 22 HGB). Angaben zur GuV sollen vor allem den Einblick in die Erfolgs-

Anhang struktur verbessern, wie z.B. Angaben zu außerordentlichen und periodenfremden Erträgen und Aufwendungen (§ 277 Abs. 4 Satz 3 HGB), Angaben zur Aufgliederung der Umsatzerlöse (§ 285 Nr. 4 HGB) und Angabe von Material- und Personalaufwand bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens (§ 285 Nr. 8 HGB). Darüber hinaus sind Angaben zu weiteren Sachverhalten verpflichtend, die dem Gesetzgeber für eine tatsachengemäße Abbildung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens im Jahresabschluss wichtig erschienen, um u.a. die Transparenz zu erhöhen. So sind bspw. Angaben zu außerbilanziellen Geschäften (§ 285 Nr. 3 HGB) und zu sonstigen finanziellen Verpflichtungen (§ 285 Nr. 3a HGB) sowie Angabe der Mitarbeiterzahl (§ 285 Nr. 7 HGB), Angaben zur Zusammensetzung der Geschäftsführungsorgane und die damit verbunden finanziellen Verpflichtungen (§ 285 Nr. 9 HGB), zur Zusammensetzung des Aufsichtsrates (§ 285 Nr. 10 HGB), zu Besitzverhältnissen (§ 285 Nr. 11 HGB), zu nahe stehenden Personen (§ 285 Nr. 21 HGB) und zu Wirtschaftsprüferhonoraren (§ 285 Nr. 17 HGB) gefordert.

in der Informationsbereitstellung, wobei der Gesetzgeber in zwei Fällen Wahlpflichtangaben vorsieht. Angaben zu Bewertungseinheiten (§ 285 Nr. 23 HGB) und zu Gesamtbezügen (§ 285 Nr. 9 Buchst. a Satz 5 HGB [nur für börsennotierte Aktiengesellschaften]) dürfen im Anhang unterbleiben, sofern diese im Lagebericht gem. § 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB bzw. § 289 Abs. 2 Nr. 5 HGB enthalten sind. Eine nicht eindeutige Abgrenzung besteht dagegen bei Angaben zu o Forschung und Entwicklung, die im Falle der Aktivierung gefordert sind (§ 285 Nr. 22 HGB), weil auch im Lagebericht auf den Bereich der Forschung und Entwicklung eingegangen werden soll (§ 289 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Die Angabepflichten offenbaren in manchen Fällen die vom bilanzierenden Unternehmen genutzten bilanzpolitischen Strategien. In einigen Fällen erfolgt eine Informationsverlagerung von der Bilanz oder GuV in den Anhang. Teils werden nicht unmittelbar erkennbare Sachverhalte aus Bilanz und GuV durch Anhangangaben transparenter.

Der Umfang Anhangangaben ist seit dem Jahre 2000 sukzessive ausgeweitet worden. Zunächst erfolgten kleine Ergänzungen durch das KapCoRiLiG vom 24.2.2000 (§ 285 Nr. 11a und 15 HGB), TransPuG v. 19.7.2002 (§ 285 Nr. 16 HGB) und schließlich durch das BilReG v. 4.12.2004 (§ 285 Nr. 17 bis 19 HGB). Mit der Einfügung der neuen Nrn. 20 bis 29 im § 285 HGB durch das BilMoG und der damit verbundenen deutlichen Ausweitung der Anhangangaben, ist die Informationsfunktion des A. deutlich gestärkt worden.

Aus externer Sicht rücken die Anhangangaben vermehrt in den Mittelpunkt bilanzanalytischer Möglichkeiten (o Bilanzanalyse). Unternehmensexterne werden damit besser in die Lage versetzt, sich ein abgerundetes Bild von der Vermögen-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu machen. Gleichwohl sind aus Sicht der bilanzierenden Unternehmen mit den zahlreichen Angabepflichten vereinzelt Risiken verbunden, wenn im Einzelfall unternehmensinterne (sensible) Daten zu veröffentlichen sind. Zudem ist die Ausweitung der Anhangangaben in bestimmten Fällen mit umfangreichen Dokumentationspflichten verbunden, z.B. für die Angaben gem. § 285 Nr. 3, Nr. 22 oder Nr. 23 HGB.

Zwischen dem A. und dem Lagebericht existieren zunehmend Überschneidungen

Im Gesetz sind bestimmte Vorschriften zum Anhang nicht konkret geregelt, die

5. Beurteilung des Anhangs

29

Anlageninvestition der Auslegung und Klärung bedürfen, wie z.B. Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, fehlende Konkretisierung betreffend Erläuterungen in qualitativer und/oder quantitativer Form, Abwägung zwischen Informationsversorgung der Abschlussadressaten und Veröffentlichung unternehmensinterner (sensibler) Daten. Quantität und Qualität der Anhangangaben werden nicht zuletzt als Instrument im Sinne der unternehmensindividuellen o Bilanzpolitik genutzt, entscheiden über das Ausmaß der asymmetrischen Informationsverteilung (o Principal-Agent) zwischen Unternehmen und externen Adressaten und somit über das Spannungsverhältnis zwischen Bilanzpolitik und Bilanzanalyse. Lit.: Armeloh, K.-H.: Die Berichterstattung im Anhang, 1998; Baetge, J./ Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 691-722; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 855-869; Ellrott, H.: §§ 284-288 HGB, in: BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010; Hoffmann W.-D./Lüdenbach, N.: NWB Komm. Bilanzierung, 2009; IDW (Hrsg.): WP-Handbuch 2006, Band I, 13. Aufl., Abschnitt F; Wobbe, C.: §§ 284-288 HGB, in: Bertram, K. et al. (Hrsg.): Haufe HGB BilKomm., 2009; Wulf, I.: §§ 284-288 HGB, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Hrsg.): Bilanzrecht Komm., Loseblatt, Nov. 2009/Jan. 2010; Zwirner, C.: Herausforderungen und Risiken der neuen Anhangberichterstattung nach dem BilMoG, in: BB 2009, S. 2302-2306. Inge Wulf Anlageninvestition = o Investition in Gegenstände des Sach-, Finanz- oder immateriellen Vermögens, die dazu bestimmt sind, dem Investor auf Dauer zu dienen (o Anlagevermögen). 30

Anlage zur Bilanz Eine Ergänzung zur o Bilanz im Sinne des PublG. o Personenunternehmen und Einzelkaufleute dürfen gem. § 9 Abs. 2 PublG auf die Offenlegung der o Gewinn- und Verlustrechnung verzichten. Bei Ausübung dieses Wahlrechts ist die Offenlegung einer A. verpflichtend. Die A. muss gem. § 5 Abs. 5 PublG folgende Angaben enthalten: (1) Umsatzerlöse i.S. des § 277 Abs. 1 HGB, (2) Erträge aus o Beteiligungen, (3) Löhne, Gehälter, soziale Abgaben, Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung, (4) Bewertungs- und Abschreibungsmethoden einschließlich wesentlicher Änderungen, (5) Zahl der Beschäftigten. Anlagegitter = o Anlagespiegel Anlagenbuchhaltung o Anlagenrechnung Anlagendeckungsgrad Kennzahl zur Analyse der horizontalen Bilanzstruktur (o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte). Der A. existiert in verschiedenen Varianten, denen gemeinsam ist, dass sie als Quotient aus langfristig zur Verfügung stehenden Bestandteilen des Kapitals und dem Buchwert des o Anlagevermögens ermittelt werden. Unterschiede ergeben sich insb. bei der Abgrenzung der Kapitalgröße (o Eigenkapital oder Eigenkapital zuzüglich des langfristigen o Fremdkapitals). Anlagenintensität = Anlagenquote Kennzahl zur Analyse der vertikalen Bilanzstruktur auf der Aktivseite (o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte). Die A. wird als Quotient aus dem o Anlagevermögen und dem Gesamtvermögen ermittelt. Eine niedrige A. gilt insb. bei produzierenden Unternehmen als Indiz für eine geringe Fixkostenbelastung und eine hohe Flexibilität bei Schwankungen der Auslastung.

Anlagespiegel Anlagenkartei Kartei, bei der für jeden Gegenstand des o Anlagevermögens eine Karte geführt wird, auf der u.a. Angaben über den Anlagengegenstand, die Kontonummer, den Standort, technische Daten, Anschaffungs- bzw. Herstelldatum und -kosten sowie die Abschreibungen verzeichnet sind (o Anlagenplanung; o Anlagenrechnung). Anlagenkostenrechnung o Anlagenrechnung. Anlagenplanung Die A. ist Teil der Anlagenwirtschaft und beinhaltet die systematische, technischwirtschaftliche Entscheidungsvorbereitung über Art, Menge und Anordnung von Produktionsanlagen sowie über deren Beschaffung, Installation, Instandhaltung, Modernisierung, Veräußerung und Entsorgung in Industrieunternehmen. Lit.: Voigt, K.-I.: Industrielles Management, 2008, S. 473 ff. Anlagenquote = o Anlagenintensität Anlagenrechnung Die A. umfasst die Anlagenbuchhaltung, die Anlagenkostenrechnung, die Anlagenstatistik sowie die Investitions- bzw. Wirtschaftlichkeitsrechnung. Sie erfasst art-, mengen- und wertmäßig die Veränderungen des Anlagenbestands. Als spezifisches Informationssystem der Anlagenwirtschaft dient sie primär der Anlagenplanung, -dokumentation und -kontrolle. Lit.: Voigt, K.-I.: Industrielles Management, 2008, S. 473 ff. Anlagenstatistik o Anlagenrechnung Anlagespiegel 1. Rechtliche Grundlagen und Grundkonzeption Nach § 268 Abs. 2 Satz 1 HGB (§ 226 Abs. 1 UGB) ist bei Kapitalgesellschaf-

ten – nach § 5 Abs. 1 Satz 2 PublG analog bei publizitätspflichtigen Nichtkapitalgesellschaften – in der Bilanz oder im o Anhang „die Entwicklung der einzelnen Posten des o Anlagevermögens darzustellen“. Das derzeitige Recht sieht die direkte Bruttomethode, die ihren Ursprung im angelsächsischen Rechtsbereich hat, als allein zulässige Methode vor. Bei dieser direkten Bruttomethode bleiben die ursprünglichen o Anschaffungs-/ Herstellungskosten ungemindert ausgewiesen, solange ein Vermögensgegenstand im Unternehmen verbleibt. Allerdings geht in die Bilanz der – um die bis zum Abschlussstichtag vorgenommenen Wertkorrekturen – berichtigte Wert ein, so dass in der Bilanz Nettobuchwerte zum Ausdruck kommen. Da im A. nach § 268 Abs. 2 Satz 2 HGB, ausgehend von den gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Zugänge, Abgänge, Umbuchungen und Zuschreibungen des Geschäftsjahrs sowie die Abschreibungen in ihrer gesamten Höhe gesondert aufzuführen sind, werden auch die Veränderungen für jeden Posten dargestellt. Die Abschreibungen des Geschäftsjahrs sind nach § 268 Abs. 2 Satz 3 HGB „entweder in der Bilanz bei dem betreffenden Posten zu vermerken oder im Anhang in einer der Gliederung des Anlagevermögens entsprechenden Aufgliederung anzugeben“. Diese Angabe kann auch in einer gesonderten Spalte des A. erfolgen. Ausgehend von dieser Darstellungsform der Jahresabschreibung im A. und unter Berücksichtigung der Regelung des § 265 Abs. 2 HGB, wonach zu jedem Posten der Bilanz „der entsprechende Betrag des vorhergehenden Geschäftsjahrs anzugeben“ ist, hat der A. für jeden Posten des Anlagevermögens folgende Angaben zu enthalten: a) Ursprüngliche (historische) Anschaffungs- und Herstellungskosten der am 31

Anlagespiegel Anfang des jeweiligen Geschäftsjahrs vorhandenen Anlagegegenstände, b) Zugänge im Geschäftsjahr, bewertet mit den gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten, c) Abgänge im Geschäftsjahr, bewertet mit den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, d) Umbuchungen (Umgruppierungen) im Geschäftsjahr, bewertet zu den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, e) Zuschreibungen im Geschäftsjahr i.S. von Wertaufholungen des betrachteten Geschäftsjahrs, f) kumulierte Abschreibungen seit Zugang des Gegenstandes mit den Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahrs und der vergangenen Jahre, g) Abschreibungen des Geschäftsjahrs, nachrichtlich, da in (f) enthalten, h) Restbuchwert am Bilanzstichtag, i) Restbuchwert am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahrs. 2. Struktur und Inhalt des A. Auf der Grundlage der obigen Überlegungen ergibt sich – ohne dass die Reihenfolge gesetzlich vorgeschrieben wäre – die in der Abbildung 1 dargestellte Struktur des A. (aufbauend auf obiger Aufzählung). Zu den einzelnen Spalten des A. sind folgende Erläuterungen anzubringen: a) Ursprüngliche Anschaffungs- und Herstellungskosten. Die ursprünglichen und damit gesamten Anschaffungs- und/ oder Herstellungskosten (AK/HK) aller noch im Unternehmen aktivierten, d.h. der in den vorangegangenen Perioden angeschafften oder hergestellten und zu Beginn des Jahres noch vorhandenen Anlagegegenstände, sind hier aufzuführen. 32

Die Ermittlung der ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu Beginn des betrachteten Geschäftsjahrs erfolgt durch Addition der Zugänge des vorangegangenen Geschäftsjahrs (zu AK/HK) und nach vorherrschender Meinung auch des Teils der auf sog. „Nachaktivierungen“ entfallenden vorjährigen Zuschreibungen, durch Subtraktion der Abgänge des vorangegangenen Geschäftsjahrs (zu AK/HK) sowie durch Addition oder Subtraktion des Saldos der Umbuchungen (zu AK/HK) zu oder von den Anschaffungs- und Herstellungskosten zu Beginn des vorangegangenen Geschäftsjahrs. Anstatt der tatsächlichen Anschaffungsund Herstellungskosten sind dann, wenn der Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung vor der o DM-Eröffnungsbilanz liegt, die entsprechenden DM-Eröffnungsbilanzwerte heranzuziehen; außerdem sieht Art. 24 Abs. 6 EGHGB bei der erstmaligen Anwendung des § 268 Abs. 2 HGB die Möglichkeit vor, die Buchwerte aus dem o Jahresabschluss des vorangegangenen Geschäftsjahrs als ursprüngliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu übernehmen und fortzuführen, sofern für einzelne Anlagegegenstände die Anschaffungs- oder Herstellungskosten „nicht ohne unverhältnismäßige Kosten oder Verzögerungen feststellbar“ sind. Die unbestimmten Rechtsbegriffe (unverhältnismäßige Kosten oder Verzögerungen) eröffnen dem Unternehmen einen beträchtlichen Ermessensspielraum, der nur unwesentlich dadurch beeinträchtigt wird, dass die Anwendung der zuletzt genannten Vereinfachungsregel im Anhang anzugeben ist. b) Zugänge. Darunter sind sämtliche im Geschäftsjahr erfolgten mengenmäßigen Erhöhungen des Bestands des Anlagevermögens zu ihren Anschaffungsund Herstellungskosten zu fassen. Neben den mengenmäßigen Zugängen im eigent-

Anlagespiegel Horizontale Gliederung des Anlagevermögens

Vertikale Gliederung des Anlagevermögens

(a) Ursprüngliche Anschaffungs-/ Herstellungskosten

(b) (+) Zugänge (zu AK/HK)

(c) (-) Abgänge (zu AK/HK)

Einzelne Posten des Anlagevermögens (entsprechend der Bilanzgliederung)

(d) (+/-) Umbuchungen (zu AK/HK)

(e) (+) Zuschreibungen des Geschäftsjahrs

(f) (-) Abschreibungen (kumuliert)

(g) Abschreibungen (des Geschäftsjahrs)

(h) (=) Restbuchwert am 31.12.

(i) Restbuchwert am Ende des Vorjahrs

Gesonderte Angabe für jeden Posten

. . .

Abb. 1

lichen Sinn sind dabei auch als Zugang der Erwerb immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und die Vornahme derartiger Erhöhungen – im Sinne des steuerlichen Herstellungsaufwands – zu erfassen, bei denen durch nachträgliche Maßnahmen das Gut substanziell wesentlich vermehrt wurde (z.B. Ausbau), funktionell verändert wurde (z.B. Umbau einer Produktionshalle zu einem Verwaltungsgebäude) oder zeitlich – bezüglich seiner Nutzungsfähigkeit – nicht unerheblich verbessert wurde (z.B. Generalüberholung). Für die Umgliederung vom Umlaufvermögen in das Anlagevermögen steht neben einer Umbuchung auch die Erfassung als Zugang zur Verfügung. c) Abgänge: Hierbei werden sämtliche im Geschäftsjahr erfolgten mengenmäßigen Verminderungen des Bestandes des Anlagevermögens zu ihren historischen und damit gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten berücksichtigt. Neben den mengenmäßigen Abgängen im eigentlichen Sinne (wie durch Veräußerung, Tausch, Verschrottung, Entnahme oder aus sonstigen Anlässen, z.B. Untergang infolge einer Katastro-

phe) kommen – körperlich fiktive – Abgänge durch Zeitablauf immaterieller Anlagegegenstände (z.B. bei Patenten), durch Beendigung der Abschreibung (beim Geschäfts- oder Firmenwert) und durch den fingierten Abgang geringwertiger Anlagegüter zustande. Nach den Regelungen des EStG hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen drei verschiedenen Abschreibungsmethoden (§ 6 Abs. 2 und 2a EStG): – Abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, und deren Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten den Nettobetrag von 150 EUR nicht übersteigen, können im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung sofort als Betriebsausgabe erfasst werden. Alternativ ist auch eine planmäßige Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer möglich. Das Wahlrecht kann individuell für jedes Wirtschaftsgut in Anspruch genommen werden. – Abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind und deren Anschaffungs- bzw. Herstel33

Anlagespiegel lungskosten den Nettobetrag von 150 EUR, jedoch nicht den Nettobetrag von 410 EUR übersteigen, können entweder planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden oder im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung als Betriebsausgabe erfasst werden. Alternativ ist auch die Bildung eines sog. Sammelpostens möglich, der im Jahr der Bildung sowie den darauf folgenden vier Jahren gleichmäßig, d.h. zu jeweils 20 % gewinnmindernd aufzulösen ist. Wirtschaftsgüter, deren Nettowert den Betrag von 150 EUR übersteigt, sind in eine besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen. Diese Wahlrechte können allerdings nur einheitlich in einem Wirtschaftsjahr für alle Wirtschaftsgüter mit einem Nettowert von größer 150 EUR und kleiner 1.000 EUR ausgeübt werden. – Abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind und deren Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten den Nettobetrag von 410 EUR, jedoch nicht den Nettobetrag von 1.000 EUR übersteigen, können entweder planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden oder im Sammelposten erfasst werden. Auch dieses Wahlrecht kann nur einheitlich in einem Wirtschaftsjahr für alle Wirtschaftsgüter, die einen Nettowert von größer 150 EUR und kleiner 1.000 EUR aufweisen, ausgeübt werden. Ein in der Steuerbilanz angesetzter Sammelposten kann auch in die Handelsbilanz übernommen werden, sofern er nicht wesentlich ist. Ist die Höhe des Sammelpostens als wesentlich anzusehen, so ist zur Vermeidung einer Überbewertung die Nutzungsdauer in der Handelsbilanz entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen, d.h. zu verkürzen, oder der Abgang von einzelnen Wirt34

schaftsgütern zu erfassen. Ist der Sammelposten insgesamt von untergeordneter Bedeutung, so ist auch die Sofortabschreibung bzw. die sofortige Erfassung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Aufwand möglich, so dass es in diesem Fall nicht zu einer Aktivierung und auch nicht zu einer Erfassung im A. kommt. Wird ein Sammelposten in der Handelsbilanz gebildet, so sind die Wirtschaftsgüter dieses Sammelpostens erst in dem Jahr der vollständigen Abschreibung des Sammelpostens als Abgang im A. zu erfassen. Bei Wahrnehmung des Wahlrechts zur Sofortabschreibung müsste korrekterweise eine betragsgleiche Berücksichtigung in den kumulierten Abschreibungen und im Jahr des tatsächlichen Abgangs in den Abgängen erfolgen. Angesichts des Erfordernisses der Überwachung jedes geringwertigen Anlagegutes auf sein tatsächliches Vorhandensein wird darin vielfach ein Widerspruch zur Vereinfachungsfunktion dieser Regelung gesehen, so dass als Alternativen vor allem verschiedene Zeitpunkte des fingierten Abgangs diskutiert werden: – fingierter Abgang nach einer planmäßigen oder durchschnittlichen Nutzungsdauer (mit der Folge einer Eliminierung aus den kumulierten Abschreibungen und einer Einbeziehung in die Abgänge); – fingierter Abgang im Jahr nach dem Zugang, womit im Zugangsjahr die Abschreibungen im A. genauso wie die in der GuV die Abschreibungen auf geringwertige Anlagegüter beinhalten; – fingierter Abgang im Jahr des Zugangs und damit Berücksichtigung der geringwertigen Anlagegüter im A. unter Zu- und Abgängen; dann können allerdings im Zugangsjahr die Abschreibungen nur nachrichtlich (in der Abb. 1 Spalte (g)) im A. zum Ausdruck kommen.

Anlagespiegel Da alle Regelungsarten nach herrschender Auffassung als zulässig angesehen werden, dürfte sich in der Praxis die zuletzt genannte Art als einfachste Handhabungsform durchsetzen. Wurde von dem Wahlrecht zur Bildung eines Sammelpostens Gebrauch gemacht, so ist der Abgang der geringwertigen Wirtschaftsgüter am Ende der Abschreibung des Sammelpostens, d.h. nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Zugang, zu fingieren. Wegen des Prinzips des direkten Bruttoausweises müssen beim Abgang von Anlagegegenständen neben den Restbuchwerten auch die kumulierten Abschreibungen – bei ihrem gesonderten Ausweis auch die kumulierten Zuschreibungen – und die gesamten – also einschließlich der nachträglichen Aktivierungen – Anschaffungs- und Herstellungskosten, die auf den betreffenden Gegenstand entfallen, aus dem A. „eliminiert“ werden. Indirekt kann der Abgangswert durch Addition der kumulierten Ab- und Zuschreibungen zum Restbuchwert des ausgewiesenen Anlagegegenstandes ermittelt werden. d) Umbuchungen. Hierbei werden weder Mengen- noch Wertänderungen, sondern nur Umschreibungen von einem Posten auf einen anderen Posten erfasst, wobei neben dem Wechsel innerhalb des Anlagevermögens (und damit des A.) auch der Wechsel vom Umlaufvermögen in das Anlagevermögen in Betracht kommt. Die Umbuchung ist zu den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten vorzunehmen, so dass bei den (dem) betreffenden Posten neben dem Restbuchwert wiederum die darauf entfallenden kumulierten Abschreibungen – bei ihrem gesonderten Ausweis auch die kumulierten Zuschreibungen – und die gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten zu korrigieren sind, wobei der Umbuchungswert indirekt durch Addition der kumulierten Ab- und Zu-

schreibungen zum Restbuchwert des ausgewiesenen Anlagegegenstandes ermittelt werden kann. e)Zuschreibungen. Als Zuschreibungen werden werterhöhende Korrekturen bereits bilanzierter Anlagegegenstände erfasst, die das jeweilige Geschäftsjahr betreffen, d.h., der Ausweis kumulierter Zuschreibungen ist nicht vorgeschrieben. Als Ursachen für Zuschreibungen kommen sog. „Nachaktivierungen“ in Betracht. Sie sind i. d. R. von einer steuerlichen Betriebsprüfung veranlasst, bei der eine Aufwandsverrechnung in der Steuerbilanz nicht anerkannt und statt dessen eine Aktivierung verlangt wird, die in der Handelsbilanz mit- bzw. nachvollzogen wird. Obwohl die Nachaktivierung eigentlich einen Zugang darstellt, wird allgemein eine Erfassung unter den Zuschreibungen anerkannt, wobei in den Folgejahren eine Zurechnung zu den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten erfolgt. Dagegen werden die Zuschreibungen auf Grund von → Wertaufholungen im jeweiligen Folgejahr von den kumulierten Abschreibungen gekürzt, so dass insofern eine – in der Gesetzesbegründung ausdrücklich vorgesehene (vgl. BT-Drucksache 10/4268, S. 105) – Saldierung durchgeführt wird. Trotz des Verzichts auf den obligatorischen Ausweis der kumulierten Zuschreibungen wird bei den hier dargestellten Verrechnungen – nicht aber dann, wenn z.B. die Zuschreibungen in den Folgejahren nicht mit den kumulierten Abschreibungen verrechnet oder den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zugerechnet werden und gleichzeitig nicht kumuliert dargestellt werden – eine rechnerische Ableitung des Restbuchwerts des Geschäftsjahrs genauso ermöglicht, wie wenn ein freiwilliger, zusätzlicher Ausweis der kumulierten Zuschreibungen im A. (oder anhand eines Zuschreibungsspiegels) vorgenommen würde. 35

Anlagespiegel f) Kumulierte Abschreibungen. Dieser Bestandteil des A. beinhaltet die insgesamt in den vorangegangenen Geschäftsjahren und im laufenden Geschäftsjahr angefallenen Abschreibungen auf am Ende des betrachteten Geschäftsjahrs noch im Unternehmen befindliche Anlagegegenstände, so dass Abschreibungen auf Abgänge im Geschäftsjahr nicht in den kumulierten Abschreibungen enthalten sind. In den kumulierten Abschreibungen sind planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen berücksichtigt, die vermindert sind um die Zuschreibungen – außer bezüglich sog. „Nachaktivierungen“ – aus vorangegangenen Geschäftsjahren; sie können folgendermaßen ermittelt werden: Kumulierte Abschreibungen laut A. des Vorjahrs –

Zuschreibungen (außer bezüglich sog. „Nachaktivierungen“) des vorjährigen A.

+

Abschreibungen des Geschäftsjahrs



Kumulierte Abschreibungen, die auf die Abgänge des Geschäftsjahrs entfallen

=

Kumulierte Abschreibungen des diesjährigen A.

g) Abschreibungen des Geschäftsjahrs. Wird dieser Posten – auch wenn dies, wie oben erwähnt, nicht zwingend ist – in den A. eingefügt, dann sind darin alle Abschreibungen, die das laufende Geschäftsjahr betreffen, enthalten. Der Posten Abschreibungen des Geschäftsjahrs kann einerseits in der Weise ausgelegt werden, dass eine Übereinstimmung mit den in der GuV ausgewiesenen Abschreibungen besteht – mit der Folge, dass nur in den Abschreibungen des Geschäftsjahrs, nicht aber in den kumulierten Abschreibungen die auf die im laufenden Geschäftsjahr abgehenden Anlagegegenstände entfallenden Abschreibungsbeträge und die Abschreibungen auf geringwertige Anlagegüter (für den Fall ihres unterstellten fiktiven Abgangs im Jahr des Zugangs) enthalten sind –, 36

und andererseits in der Weise, dass eine Orientierung an den in den kumulierten Abschreibungen enthaltenen Beträgen erfolgt. Bei Heranziehung der ersten Auslegung wäre es wünschenswert, eine Verbindung zwischen den kumulierten und jährlichen Abschreibungen durch eine entsprechende zusätzliche Untergliederung des A. oder durch eine gesonderte Darstellung eines „Abschreibungsspiegels“ herzustellen. h) Restbuchwert am Bilanzstichtag. Auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen ergibt sich der Restbuchwert am Ende des Geschäftsjahrs als Summe der Spaltenbeträge der ursprünglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten (a) zuzüglich der Zugänge (b) und Zuschreibungen (e), abzüglich der Abgänge (c) und kumulierten Abschreibungen (f) sowie zu- oder abzüglich der Umbuchungen (d). Die Angabe des Restbuchwerts am Ende des Vorjahres in Spalte (i) hat genauso lediglich eine informative Funktion wie die der Abschreibungen des Geschäftsjahrs in Spalte (g). 3. Alternative Formen Von anderen Darstellungsformen seien einige wichtige skizziert: – Gesonderte Darstellung der Abschreibungen aus Vorjahren und der Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahrs und anschließend Angabe der Abschreibungen in ihrer Summe; dabei werden bei den Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahrs (Spalte (7)) die Abschreibungen ohne diejenigen auf die Abgänge und die geringwertigen Wirtschaftsgüter dargestellt und in Form eines Klammerzusatzes die Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahrs auf die Abgänge und die geringwertigen Wirtschaftsgüter ausgewiesen (Abb. 2).

Anlagespiegel Horizontale Gliederung des Anlagevermögens

Vertikale Gliederung des Anlagevermögens

Einzelne Posten des Anlagevermögens (entsprechend der Bilanzgliederung)

Abschreibungen (1) Ursprüngliche Anschaffungs-/ Herstellungskosten

(2) (+) Zugänge (zu AK/HK)

(3) (-) Abgänge (zu AK/HK)

(4) (+/-) Umbuchungen (zu AK/HK)

(5) (9) (10) (6) (7) (8) (+) (=) (-) Zuschrei- Abschrei- Abschrei- Abschrei- Restbuch- Restbuchbungen wert am wert am bungen bungen bungen des Ge31.12. Ende des des Geaus insgesamt schäftsVorjahrs schäftsVorjahren jahrs jahrs (Klammerzusatz: auf Abgänge)

Gesonderte Angabe für jeden Posten

. . . Abb. 2

– Darstellung lediglich der kumulierten Abschreibungen und gesonderte Aufführung der Entwicklung der kumulierten Abschreibungen vom Beginn bis zum Ende des Geschäftsjahrs in einem gesonderten Abschreibungsspiegel (Abb. 3a und 3b); dabei werden in Spalte (1) des Abschreibungsspiegels die bis zum Jahresbeginn aufgelaufenen Abschreibungen einschließlich derjenigen auf Abgänge des laufenden Geschäftsjahrs dargestellt, während in Spalte (2) die gesamten Jahresabschreibungen und in Spalte (3) die Abschreibungen auf Abgänge (Jahresabschreibungen und Abschreibungen auf Vorjahre) wiedergegeben werden. – Gesonderte Darstellung der Bruttoanlagewerte und derjenigen der kumulierten Abschreibungen (Abb. 4); dabei werden die Bruttoanschaffungsund -herstellungskosten im linken Teil des A. (Spalten (1) bis (5)) und die kumulierten Abschreibungen – mit gesonderter Wiedergabe der Zugänge als Abschreibungen des Geschäftsjahrs, der Abgänge als Abschreibungen auf Abgänge (Jahresab-

schreibungen und Abschreibungen auf Vorjahre), der Zuschreibungen und der Umbuchungen – sowie die jeweiligen Restbuchwerte am 31.12. und am Ende des Vorjahrs im rechten Teil des A. (Spalten (6) bis (13)) dargestellt. Da auf den o Konzernabschluss nach § 298 Abs. 1 HGB grundsätzlich auch die Vorschrift des § 268 Abs. 2 HGB anzuwenden ist, haben die bisherigen Ausführungen prinzipiell ebenfalls Gültigkeit für die Konzernbilanz. Besonderheiten entstehen insbesondere – bei der Zuordnung von Vermögensgegenständen zum Anlage- bzw. Umlaufvermögen, wenn aus Konzernsicht eine andere Bearbeitung als aus Sicht des Konzernunternehmens geboten ist, – bei Abweichungen nationaler Abschreibungsverfahren und Nutzungsdauerschätzungen von denjenigen, die vom inländischen Mutterunternehmen bei Anwendung der einheitlichen Bewertungsgrundsätze des § 308 HGB für den Konzernabschluss zugrunde gelegt werden, 37

Anlagespiegel Horizontale Gliederung des Anlagevermögens

Vertikale Gliederung des Anlagevermögens

(1)

(2) (+) Zugänge (zu AK/HK)

Ursprüngliche Anschaffungs-/ Herstellungskosten

(3) (-) Abgänge (zu AK/HK)

Einzelne Posten des Anlagevermögens (entsprechend der Bilanzgliederung)

(4) (+/-) Umbuchungen (zu AK/HK)

(5) (+) Zuschreibungen des Geschäftsjahrs

(6) (-) Abschreibungen (kumuliert)

(7) (=) Restbuchwert am 31.12.

(8) Restbuchwert am Ende des Vorjahrs

Gesonderte Angabe für jeden Posten

. . .

Abb. 3a: Anlagespiegel Entwicklung der Abschreibungen

(1) Abschreibungen kumuliert 1.1.

Vertikale Gliederung des Anlagevermögens

(2) (+) Zugänge (Abschreibungen des Geschäftsjahrs)

Einzelne Posten des Anlagevermögens (entsprechend der Bilanzgliederung)

. . .

(3) (-) Abgänge (Abschreibungen auf Abgänge)

(4) (+/-) Umbuchungen

(5) (=) Abschreibungen (kumuliert) 31.12.

Gesonderte Angabe für jeden Posten

Abb. 3b: Abschreibungsspiegel

– bei der Entstehung aktivischer Unterschiedsbeträge im Rahmen der o Kapitalkonsolidierung oder der o Equity-Bewertung assoziierter Unternehmen und der dabei erforderlichen Zurechnung aktivischer Unterschiedsbeträge zu Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bzw. zum Geschäfts- oder Firmenwert, – bei der Eliminierung von Zwischenergebnissen im Anlagevermögen, die durch Vermögensübertragungen zwi38

schen Konzernunternehmen zustande kommen, – bei der Einbeziehung ausländischer Unternehmen in den Konzernabschluss hinsichtlich des Verfahrens für die o Währungsumrechnung und – bei der Veränderung des Kreises der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen, die in der Bilanzierungspraxis häufig durch den Ausweis zusätzlicher Spalten berücksichtigt wird.

Abb. 4

Einzelne Posten des Anlagevermögens (entsprechend der Bilanzgliederung) . . .

Vertikale Gliederung des Anlagevermögens

Horizontale Gliederung des Anlagevermögens

(1)

Ursprüngliche Anschaffungs-/Herstellungskosten (AH/HK) 1.1.

(5) (=) Ursprüngliche Anschaffungs-/Herstellungskosten (AH/HK) 31.12.

(6)

(7) (+) Zugänge (Abschreibungen des Geschäftsjahrs)

Gesonderte Angabe für jeden Posten

Abschreibungen (kumuliert)

(9) (-) Zuschreibungen (des Geschäftsjahrs)

(8) (-) Abschreibungen auf Abgänge

(4) (+/-) Umbuchungen (zu AK/HK)

(2) (+) Zugänge (zu AK/HK)

(3) (-) Abgänge (zu AK/HK)

Kumulierte Abschreibungen

Anschaffungs- und Herstellungskosten (10) (+/-) Umbuchungen (zu kumulierten Abschreibungen)

(11) (=) Abschreibungen (kumuliert)

(12) [(5)-(11)] Restbuchwert am 31.12.

Restbuchwert am Ende des Vorjahrs

(13)

Buchwerte

Anlagespiegel

39

Anlagevermögen Lit.: Berndt, H., in: Küting/Weber (Hrsg.): HdK, 2. Aufl., 1998, Band II, S. 1113-1115; Coenenberg, A. G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 164-167; Federmann, R.: Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, 12. Aufl., 2010, S. 610-613; IDW-Fachnachrichten 2007, S. 506; Küting, K./Haeger, B./ Zündorf, H.: Die Erstellung des Anlagengitters nach künftigem Bilanzrecht, in: BB 1985, S. 1948-1957; Lemmen, S./Niemann, W./Wohlgemuth, M.: Die Posten des Jahres- und Konzernabschlusses, in: Beck’sches Steuerberater-Handbuch 2010/2011, 13. Aufl., 2010, Rz. 5993; Lorson, P.C., in: Küting/Weber (Hrsg.): HdR, 5. Aufl., 2006, Band 2, § 268 HGB, Rz. 52-186; Schildbach, T.: Der handelsrechtliche Jahresabschluss, 9. Aufl., 2009, S. 170-175; Wöhe, G.: Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. Aufl., 1997, S. 201 f.; Zündorf, H.: Der Anlagenspiegel im Konzernabschluß, 1990; Zündorf, H.: Offene Probleme bei der Erstellung des Anlagespiegels in der Praxis, in: Küting, K./Weber, C.-P. (Hrsg.): Das Konzernrechnungswesen des Jahres 2000, 1991, S. 41-86. Heinz Kußmaul Anlagevermögen 1. Grundlagen Das A. umfasst gem. § 247 Abs. 2 HGB diejenigen o Vermögensgegenstände, die dem Geschäftsbetrieb dauerhaft dienen sollen. Im Gegensatz zu Vermögensgegenständen des o Umlaufvermögens sind diese also weder zur Be- oder Verarbeitung noch zum o Umsatz bestimmt. Zu den Vermögensgegenständen des A. zählen nach § 266 Abs. 1 S. 3 HGB immaterielle Vermögensgegenstände, o Sachanlagen sowie o Finanzanlagen (vertikale Gliederung). Für große und mittelgroße o Kapitalgesellschaften ist eine weitere Untergliederung in die in § 266 Abs. 2 HGB genannten Positionen 40

zwingend. Die Entwicklung einzelner Bilanzposten des A. muss von o Kapitalgesellschaften gem. § 268 Abs. 2 HGB in Form eines o Anlagespiegels in o Bilanz oder o Anhang dargestellt werden (horizontale Gliederung). Zusammen mit dem Umlaufvermögen und den aktivischen o Rechnungsabgrenzungsposten bildet das A. die Aktivseite der Bilanz. 2. Bilanzierung nach HGB Für Vermögensgegenstände des A. besteht eine grundsätzliche Aktivierungspflicht. Mit der Einführung des o BilMoG hat sich die bilanzielle Behandlung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände, für die nun gem. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht gilt, den o IFRS angenähert. Die o Anschaffungs-/Herstellungskosten bilden den relevanten Wert für den Erstansatz und stellen gleichzeitig die Wertobergrenze für die Bewertung von Vermögensgegenständen des A. in den Folgeperioden dar. Das Vorgehen bei der o Folgebewertung ist abhängig davon, ob es sich um einen abnutzbaren oder einen nicht abnutzbaren Vermögensgegenstand handelt. Während nicht abnutzbares A. über keine Nutzungsbegrenzung verfügt, kommt es bei abnutzbarem A. entweder durch Nutzung oder reinen Zeitablauf zu einer Aufzehrung des Nutzenpotentials, die über planmäßige Abschreibungen abzubilden ist (§ 253 Abs. 3 S.1 HGB). Hierzu sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich eines ggf. verbleibenden Rest- oder Veräußerungswertes über die voraussichtliche wirtschaftliche Nutzungsdauer zu verteilen. Zusätzlich sind gem. dem gemilderten o Niederstwertprinzip sowohl abnutzbare als auch nicht abnutzbare Vermögensgegenstände des A. außerplanmäßig wertzumindern, falls ihr beizulegender o Wert voraussichtlich dau-

Anlegerschutz erhaft unter die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten fällt. Entfällt der Grund für die außerplanmäßige Wertminderung, so ist zwingend eine Wertaufholung bis zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen. 3. Bilanzierung nach IFRS Die Bilanzierung des Anlagevermögens wird in den IFRS im Wesentlichen durch die Einzelstandards IAS 16 (Sachanlagen), IAS 36 (Wertminderung von Vermögenswerten), IAS 38 (Immaterielle o Vermögenswerte) sowie IAS 39 (o Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung) geregelt. Grundvoraussetzung für die Aktivierungsfähigkeit eines in der Verfügungsmacht des Unternehmens stehenden o Vermögenswerts nach den IFRS ist die Annahme, dass von diesem ein künftiger Nutzenzufluss ausgeht. Einen wesentlichen Unterschied zu den handelsrechtlichen Regelungen stellt die alternative Bewertung einzelner Vermögenswerte zum o Fair Value dar. So werden immaterielle Vermögenswerte sowie Vermögenswerte des Sachanlagevermögens im Rahmen des unter bestimmten Voraussetzungen fakultativ anwendbaren Neubewertungsmodells, welches in der Praxis jedoch nur selten Anwendung findet, stets zum Marktwert bewertet, unabhängig davon, ob dieser ober- oder unterhalb der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt. Ebenso ergibt sich der Bilanzansatz bei bestimmten Finanzinstrumenten des Anlagevermögens regelmäßig aus Börsen- oder Marktwerten, auch wenn diese den Wert beim erstmaligen Bilanzansatz überschreiten. Lit.: Baetge, J./ Kirsch, H.-J./ Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl, 2009, S. 229-311; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss- und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 149205; Coenenberg, A.G./Haller, A./Mattner, G./Schultze, W.: Einführung in das

Rechnungswesen, 3. Aufl., 2009, S. 355378. Kai Lehmann Anlagezins = Habenzinssatz o Zins Anlegerschutz 1. Begriff und Bedeutung a) Bedeutung. Der A. und das damit verbundene gesetzliche Regelungswerk ist eine noch sehr junge Materie, die zudem Gegenstand fortlaufender Reformbemühungen ist. Dass gleichwohl die Bedeutung des A. nicht unterschätzt werden darf, hat die weltweite Finanzmarktkrise 2008 gezeigt, um nur das jüngste Beispiel zu nennen, das deutlich gezeigt hat, zu welchen Auswirkungen fehlende Transparenz und Information am Kapitalmarkt führen können. Das Bedürfnis effektiven A. resultiert besonders aus der bestehenden Angebotsvielfalt im Bereich der Kapitalanlagen und der damit verbundenen Unübersichtlichkeit, sowie der zunehmenden Bedeutung verschiedenster Anlageprodukte für die private Altersvorsorge. b) Definition, Zusammenhang mit dem Begriff „Kapitalmarkt“. Es fehlt an einer umfassenden wissenschaftlichen Definition des Begriffs „A.-Recht“. Stattdessen kursieren verschiedene Ansätze, denen ihr enger Bezug zum Begriff des Kapitalmarkts gemeinsam ist. So versteht etwa Assmann den A. als Sammelbezeichnung all jener gesetzlichen Bestimmungen und rechtlichen Grundsätze, die das marktvermittelte Zustandekommen, die Durchführung und Beendigung von Vertragsbeziehungen zwischen den Anbietern und Nachfragern betreffen, sowie die sich daraus für die Beteiligten jeweils ergebenden Rechte, Pflichten und Ansprüche (Assmann/Schütze, 2007). Auch der Begriff des Kapitalmarkts ist seinerseits Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Er lässt 41

Anlegerschutz sich entweder akteurs- oder produktbezogen definieren, je nachdem ob man den Blick verstärkt auf die Marktteilnehmer oder die angebotenen Produkte richtet. Legt man exemplarisch die Definition Hopts in ihren Kernaussagen zugrunde, nach der das Rechtsgebiet „Kapitalmarktrecht“ die Gesamtheit der Grundsätze und Normen erfasst, die sich mit dem öffentlichen Vertrieb und Umlauf von Unternehmensbeteiligungen und fungiblen Kapitalmarktpapieren befassen, um den Funktionsschutz von Kapitalmarkt und Wirtschaft und den Individualschutz der Kapitalanleger sicherzustellen, so wird deutlich, dass das A.Recht als Teilbereich des Kapitalmarktrechts zu sehen ist (Hopt, 1977). 2. A.-Recht als Teilgebiet des Kapitalmarktrechts a) Weißer und grauer Kapitalmarkt. Traditionell wird mit diesem Begriffspaar zwischen den Marktsegmenten, die gesetzlichen Regelungen unterworfen sind (weißer Kapitalmarkt), und den im Wesentlichen unreglementierten Handelsorten (grauer Kapitalmarkt) unterschieden. Diese Einteilung ist zwar nicht gänzlich überholt, verschleiert aber, dass es daneben noch weitere Handelssysteme gibt, die sich nicht ohne weiteres zuordnen lassen. Als Beispiel seien nur die echten alternativen Handelssysteme (ATS) genannt, die selbstständig neben den öffentlich-rechtlich organisierten Börsen stehen. Aber auch der klassische Börsenhandel ist Gegenstand von Veränderungen. So wird das eigentliche Handeln immer mehr von elektronischen Handelsplattformen abgelöst, sowie den Emittenten neue Segmente angeboten, die einem geringeren Grad an Organisation und Reglementierung unterworfen sind (Merkt/Binder, 2006). Mit Blick auf den A. ist diese Unterscheidung in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen bei der Frage, worauf der Anleger seine Ansprüche stützen kann und zum ande42

ren bei der Frage nach den jeweils bestehenden Rechten und Pflichten. In beiden Fällen kann nur bei Anlagen im Bereich des weißen Kapitalmarkts das gesetzliche Regelungswerk herangezogen werden. Dagegen ist im unreglementierten Bereich die Rechtsprechung der obersten Gerichte von überragender Bedeutung, deren entwickelte Grundsätze aber auch über den Bereich des grauen Kapitalmarkts hinaus Geltung beanspruchen (Bultmann/Hoepner/Lischke, 2009). b) Rechtsbeziehungen. Als Teilbereich, der den Endverbraucher (Anleger) im Fokus hat, interessieren beim A. regelmäßig nur die Rechtsbeziehungen zwischen dem Anleger und dem emittierenden Unternehmen einerseits, sowie dem Anleger und den Marktintermediären, typischerweise den Banken und Wertpapierdienstleistern, andererseits. Dagegen ist das Rechtsverhältnis zwischen Emittent und Intermediär regelmäßig nicht von Interesse. c) Rechtsgebiete. Ebenso wie das Kapitalmarktrecht allgemein kann auch das A.-Recht als Querschnittsmaterie bezeichnet werden. Es gehört nicht nur zum Bereich des Zivilrechts und dort zu einem nicht geringen Teil dem Verbraucherschutzrecht, sondern ebenfalls dem Strafrecht und ebenso dem Öffentlichen Recht. d) Rechtsquellen. Die vielfältigen gesetzlichen Vorschriften des A. verteilen sich unter anderem auf das Börsengesetz (BörsG), das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Investmentgesetz (InvestmentG), das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). 3. Regelungsziele. a) Ziele des Kapitalmarktrechts. Hier lässt sich zwischen dem Individualschutz, also dem Schutz der Interessen des individuellen Anlegers, und dem Schutz der Funktionsfähigkeit des ge-

Anlegerschutz samten Kapitalmarkts (Funktionsschutz) unterscheiden. Beim Funktionsschutz lassen sich weiter als Unterziele die Sicherung der allokativen, operationalen und institutionellen Funktionsfähigkeit unterscheiden. Während die institutionelle Funktionsfähigkeit auf die Erhaltung der Stabilität und Integrität der Marktintermediäre, mithin der Banken und Wertpapierdienstleister, abzielt, möchte der allokative Schutz sicherstellen, dass das gesamtwirtschaftlich verfügbare Investitionskapital unter Ausnutzung der Marktmechanismen in einer gewinnbringenden und möglichst gesamtwirtschaftlich förderlichen Weise genutzt wird (Merkt/Binder, 2006). Letztlich sollen mit dem Schutz der operationalen Funktionsfähigkeit die Transaktionskosten möglichst gering gehalten werden, um so einen Anreiz für Investitionen am Markt zu schaffen. b) Ziele des A.-Rechts. Im Gegensatz zum Kapitalmarktrecht, das primär den Schutz der Institution und Funktion der Kapitalmärkte selbst verfolgt, dient das A.-Recht in erster Linie dem Individualschutz der einzelnen Anleger. Daher wird im Wege der Prävention durch gesetzliche Publizitätspflichten versucht, die Transparenz und Fairness auf dem Anlagemarkt sicherzustellen und so den Anleger vor Fehlinvestitionen zu bewahren. Dazu muss vor allem das Informationsgefälle, das zulasten des Anlegers besteht, ausgeglichen werden und eine rationale, unbeeinflusste Anlageentscheidung gewährleistet werden. Auf der nachgelagerten Ebene der Sanktionen stehen vor allem Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung, Ad-hocPublizitätspflichtverletzung (o Ad-hoc Publizität), sowie Ansprüche gegen den Anlageberater bzw. -vermittler im Vordergrund. 4. Gesetzliche Instrumentarien des A. a) Überblick. Neben den Beratungsbzw. Aufklärungspflichten, die den Bera-

ter oder Vermittler von Kapitalanlagen treffen, bestehen verschiedene Informationspflichten. Sie treffen überwiegend den Emittenten selbst, teilweise aber auch weitere Beteiligte. Einteilen lassen sich die Informationspflichten in die Publikationspflichten, die für das emittierende Unternehmen bestehen, und die Prospektpflicht. Kommt es zum Haftungsfall, so können die Folgen nicht nur das emittierende Unternehmen bzw. das die Emission begleitende Konsortium treffen, sondern auch Wirtschaftsprüfer und beratende Rechtsanwälte. Insbesondere mit der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gehen die Verbote des Insiderhandels und der Marktmanipulation einher, welche die Instrumentarien des A. ergänzen. Auch die Ratingagenturen sollen zur gezielten Information des Anlegers beitragen (Habersack, 2005). b) Beratungspflichten. Bei der Beratung des Anlegers ist insb. auf dessen individuellen Kenntnisstand und seine Risikobereitschaft Rücksicht zu nehmen. Neben der zutreffenden Einordnung des Anlegers in eine der fünf Gruppen (sicherheitsorientiert, konservativ, risikobewusst, dynamisch, spekulativ) ist bei Beratungsdienstleistungen darauf zu achten, dass Interessenkonflikte vermieden bzw. bestehende Konflikte gegenüber dem Anleger aufgedeckt werden. Er soll weder irreführende noch mehrdeutige Informationen erhalten. Zudem besteht nach der Rechtsprechung die Pflicht für den Anlageberater, auf das Rating der empfohlenen Anlage hinzuweisen. c) Informationspflichten. Sie sollen das Informationsgefälle zwischen Emittent und Anleger abbauen. Dabei ist einerseits zwischen dem Zeitpunkt der Platzierung der Anlage auf dem Markt und andererseits nach bestehenden bzw. laufenden Pflichten zu unterscheiden. – Prospektpflicht. Der Prospekt sollte im Idealfall dem interessierten Anleger alle wesentlichen Informationen 43

Anlegerschutz vermitteln, die er für seine Anlageentscheidung braucht. Dabei hat der Emittent bzw. das Emissionskonsortium auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Prospekts zu achten. Insbesondere soll der Prospekt ausführlich über die Finanzlage des Emittenten, über Zukunftsaussichten sowie über die mit der Anlage verbundenen Risiken aufklären. Die Angaben im Prospekt sollen möglichst aktuell sein. Bezugspunkt hierfür ist der Zeitpunkt kurz vor bzw. bei Emission der Anlage. – Publikationspflichten. Es gibt regelmäßig anfallende und Ad-hoc-Publizitätspflichten. Die Regelpublizität gliedert sich zum einen in die Pflicht zur bilanzrechtlichen Rechnungslegung, durch die der Markt in regelmäßigen zeitlichen Abständen Informationen über die laufende finanzielle Situation des Emittenten erhalten soll. Wichtigstes Instrument hierfür ist der o Jahresabschluss. Daneben besteht die Regelung zur kapitalmarktrechtlichen Finanzberichterstattung, die für Teilnehmer des geregelten Marktes verschiedene Veröffentlichungspflichten statuiert, so etwa die Verpflichtung zur Erstellung von Zwischenmitteilungen über die Geschäftstätigkeit der letzten drei Monate, die aber entfällt, wenn die Aktiengesellschaft Quartalsberichte erstellt. Die Ad-hoc-Publizität soll dagegen sicherstellen, dass der Markt kursrelevante Informationen unverzüglich erhält. Dies soll zum einen die Funktionsfähigkeit des Marktes sichern, da solche Informationen wichtig für die Preisbildung sind, und zum anderen dem Insiderhandel vorbeugen, dem im Idealfall (bei unverzüglicher Veröffentlichung) kein Zeitfenster mehr verbleibt. Dabei können die zu veröffentlichenden Informationen unternehmensinterne oder -externe Umstände betreffen, sofern nur der Emit44

tent von der Information unmittelbar betroffen wird. – Bewertungen durch Ratingagenturen. Auch die Ratingagenturen sollen das Informationsgefälle abbauen und dem Investor die nötigen Informationen über mögliche Ausfallrisiken verschaffen. Allerdings wird die Unabhängigkeit von Ratings wegen möglicher Interessenkonflikte bisweilen in Frage gestellt (Schön/Cortez, 2009; Deipenbrock, 2009). 5. Ansprüche der Anleger und Haftungsgrundlagen a) Allgemeine Haftungsvoraussetzungen. Ansprüche setzen neben der Verletzung einer der genannten Pflichten den Eintritt eines Schadens, ferner Kausalität zwischen Verletzungshandlung und Schaden sowie schließlich Verschulden des Anspruchsgegners voraus. Bei Ansprüchen gegen den Anlageberater oder vermittler ist hinsichtlich des Haftungsumfangs zu beachten, dass dem Anleger grundsätzlich ein echtes Wahlrecht zusteht. Damit kann er entscheiden, ob er Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Kapitalanlage seine Einlage zurückgezahlt oder den Differenzbetrag erstattet haben möchte. Allerdings ergibt sich für den Anleger in der Rechtspraxis häufig die Schwierigkeit, dass ihm im Rahmen seiner Prospekthaftungsansprüche nicht der Nachweis der Kausalität, also des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Fehlerhaftigkeit des Prospekts und dem Erwerb der Anlagen gelingen wird. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für die ersten 6 Monate nach Börseneinführung eine widerlegbare Kausalitätsvermutung zugunsten des Anlegers normiert. b) Weitere Anspruchsgrundlagen. Neben den spezialgesetzlichen, unter 2.d) beispielhaft aufgeführten Gesetzen kommen ferner Anspruchsgrundlagen aus dem Bereich des Produkthaftungs- und des Deliktsrechts sowie wettbewerbs-

Annuitätenabschreibung rechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht. c) Prozessuale Durchsetzung. Für Ersatzansprüche, die darauf gestützt werden, dass aufgrund einer falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformation ein Schaden eingetreten ist, gilt ein besonderer Gerichtsstand, sodass stets das Gericht am Ort des Emittenten oder des sonstigen Anbieters zuständig ist. Hiervon werden allerdings keine vertraglichen Ansprüche gegen den Berater oder Vermittler der Kapitalanlage erfasst, soweit er in Anspruch genommen wird, weil er dem Kunden eine Anlage empfohlen hat, über die öffentlich fehlerhaft informiert wurde. Ergänzend wurde durch das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) erstmals die Möglichkeit eröffnet, im Wege des Musterprozesses eine Frage klären zu lassen, die für eine Vielzahl anhängiger Verfahren von entscheidender Bedeutung ist, während die anhängigen Prozesse bis zur Entscheidung im Musterprozess ausgesetzt werden. Lit.: Assmann, H.-D./Schütze, R.: Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., 2007; Bultmann, F./Hoepner, O./Lischke, P.: Anlegerschutzrecht, 2009; Habersack, M.: Rechtsfragen des EmittentenRatings, in: ZHR 2005, S. 185 ff.; Hopt, K. , in: ZHR 1977, S. 389 (431); Langenbucher, K.: Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2008; Merkt, H./Binder, J.H.: Kapitalmarktrecht als Gegenstand des Studiums im Schwerpunktbereich – Grundlagen, Inhalte, Perspektiven, in: JURA 2006, S. 683-692; Schön, S./Cortez, B.: Finanzmarktkrise als Vertrauenskrise, in: IRZ 2009, S. 11-17; Schweinitz, O. v.: Die Haftung von Ratingagenturen, in: WM 2008, S. 953-959; Wildmoser, G./Schiffer, J./Langoth, B.: Haftung von Ratingagenturen gegenüber Anlegern?, in: RIW 2009, S. 657-668. Hanno Merkt

Anleihe Wertpapier, das einen schuldrechtlichen Anspruch auf Tilgung des zur Verfügung gestellten Kapitalbetrags zuzüglich einer vereinbarten Verzinsung verbrieft. Vom Unternehmen gehaltene Anleihen sind als o Finanzinstrument zu bilanzieren. Beim Anleiheemittenten gehören A. zum o Fremdkapital. Annual Accounts o Jahresabschluss Annuität In der o Finanzmathematik auch als Rente bezeichnet. Eine in gleichen Zeitabständen (gewöhnlich ein Jahr) regelmäßig wiederkehrende, gleichhohe Zahlung. Im Falle einer Kredit-A. bestehend aus im Zeitablauf sinkenden Zins- und steigendem Tilgungsanteil; auch in anderem Kontext in eine Zins- (return on capital) und eine Tilgungskomponente (return of capital; o Annuitätenabschreibung) aufteilbar. Kann rechnerisch durch Multiplikation eines aktuellen Kapitalbestands mit dem o Kapitalwiedergewinnungsfaktor ermittelt werden. Lit.: Kruschwitz, L.: Finanzmathematik, 5. Aufl., 2010; Tietze, J.: Einführung in die Finanzmathematik, 10. Aufl., 2010. Annuitätenabschreibung Im Englischen: Annuity depreciation, sinking-fund depreciation, gelegentlich, aber nur unter bestimmten Bedingungen zutreffend auch economic depreciation. Abschreibungsmethode, bei der die Summe aus o Abschreibung und kalkulatorischen o Zinsen auf den o Restbuchwert (o Kapitaldienst) in allen Perioden identisch ist. Zur Ermittlung des Abschreibungsbetrags ist der abschreibbare Teil der o Investitionsauszahlung zunächst mit dem o Kapitalwiedergewinnungsfaktor zu multiplizieren. Die so ermittelte o Annuität ist anschließend in eine Zins- und eine Abschreibungskomponente aufzuteilen. Der resultierende 45

Annuitätenfaktor Abschreibungsverlauf ist progressiv, d.h. der Abschreibungsbetrag steigt im Zeitablauf an. Die A. stellt einen Spezialfall der Abschreibung nach dem relativen o Beitragsverfahren für den Fall konstanter o Cashflows dar. Wird bei konstanten Cashflows anstelle des Kalkulationszinsfußes der interne o Zinsfuß zur Ermittlung des Kapitaldienstes und der kalkulatorischen Zinsen verwendet, ist die A. auch ein Spezialfall der o Internen-Zinsfuß-Abschreibung. Entspricht der interne Zinsfuß zusätzlich genau dem o Kalkulationszinsfuß bzw. ist der Kapitalwert gleich null, ist die A. auch ein Spezialfall der aus dem Konzept des ökonomischen o Gewinns resultierenden o Ertragswertabschreibung. Lit.: Bodie, Z.: Compound Interest Depreciation in Capital Investments, in: HBR 3/1982, S. 58-60; Dearden, J.: The case against ROI control, in: HBR 3/1969, S. 124-135. Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008, S. 546-547. Annuitätenfaktor o Kapitalwiedergewinnungsfaktor Annuitätenmethode o Kapitalwertannuität o Investitionsrechnung, dynamische Anpassungform = Variationsform Möglichkeiten des Unternehmens, sich auf Änderungen der Auftragslage durch Variation einer (oder mehrerer) o Kosteneinflussgröße(n) einzustellen. Als A. unterscheidet man zeitliche, intensitätsmäßige und quantitative Anpassung. Anrechnungsverfahren o Ertragsteuern Anreizkompatibilität Kriterium zur Beurteilung von (rechnungswesenbasierten) Anreizsystemen (o Principal-Agent) ein System ist 46

anreizkompatibel, wenn der Barwert der finanziellen Vorteile des Agenten eine streng monotone Funktion des Barwerts der finanziellen Vorteile des Prinzipals ist. Die A. ist abzugrenzen vom Kriterium der o Zielkongruenz, welches besagt, dass eine Entscheidung des Agenten auf Basis der Zielvorstellung des Prinzipals den Agenten finanziell nicht schlechter stellen darf. Lit.: Crasselt, N.: Wertorientierte Managemententlohnung, Unternehmensrechnung und Investitionssteuerung, 2003, S. 86-90; Laux, H.: Entscheidungstheorie, 7. Aufl., 2007, S. 493-519. Ansatzwahlrechte o Bilanzierungswahlrechte Anschaffungsausgabe Ausgabe für ein Investitionsobjekt zum Anschaffungszeitpunkt; bei gleich hohem Liquidationsabfluss entspricht die A. der Anschaffungs- bzw. o Investitionsauszahlung. Die A. bildet die Grundlage für die Ermittlung der bilanziellen o Anschaffungskosten. Anschaffungsauszahlung = o Investitionsauszahlung Anschaffungs-/Herstellungskosten 1. Einführung Neben der Bilanzierung dem Grunde nach stellt sich auch die Frage nach der Höhe des Wertansatzes. Zwei zentrale Ausgangswerte sind sowohl nach HGB als auch nach IFRS die Anschaffungsund Herstellungskosten. 2. Anschaffungskosten nach HGB Das HGB nennt in § 253 Abs. 1 S. 1 HGB die A. als Bewertungsobergrenze für von Dritten bezogene Güter des Anlage- und Umlaufvermögens und definiert diese in § 255 Abs. 1 HGB. Trotz der Verwendung des Begriffs der „Kosten“ handelt es sich dabei um einen pagatorischen Wertansatz, wonach nur tatsächlich angefallene Aufwendungen einbezogen werden dürfen, die geleistet

Anschaffungs-/Herstellungskosten wurden, um den Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. a) Zusammensetzung der A. Aus dem Gesetzeswortlaut werden die zwei Grundsätze der Bestimmung der A. deutlich. Zum einen ist das Prinzip der Maßgeblichkeit der Gegenleistung von Bedeutung. Demnach gehört all das, was der Käufer aufgewendet hat, zu den A., d. h. die Aufwendungen des Käufers sind bestimmend für den Wertansatz. Daneben ist das Prinzip der Erfolgsneutralität zu beachten, d.h. durch den Kauf kommt es lediglich zu einer Umschichtung von Vermögen. Die A. setzen sich aus folgenden Komponenten zusammen: Anschaffungspreis – Anschaffungspreisminderungen + Anschaffungsnebenkosten + Nachträgliche Anschaffungskosten = Anschaffungskosten Vor dem Hintergrund des Einzelbewertungsgrundsatzes des HGBs ist das Erfordernis der Einzelzuordenbarkeit in § 255 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz HGB zu sehen. Demnach sind nur die Einzelkosten einzubeziehen. b) Anschaffungspreis. Der Anschaffungspreis ergibt sich typischerweise aus der Rechnung oder aus dem Kaufvertrag. Sofern die Voraussetzungen für einen Mehrwertsteuerabzug (o Steuern) gegeben sind, ist der Nettobetrag anzusetzen. Die Angemessenheit des Kaufpreises ist nicht von Bedeutung, da der Kaufvorgang als solcher erfolgsneutral ist. Beim Erwerb eines zusammengesetzten Gegenstandes, wie etwa einem Grundstück mit aufstehendem Gebäude inklusive Einrichtung oder einer PC-Anlage mit Software ist auf Grund des Einzelbewertungsgrundsatzes des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB eine Aufteilung des Kaufpreises vorzunehmen. Die Aufteilung des Gesamtkaufpreises kann an Hand der Zeit-

werte der Vermögensgegenstände, ggf. mit Kürzungen des übersteigenden Teils, geschehen. Wenn beim Erwerb eines Unternehmens die Summe der Zeitwerte den Gesamtkaufpreis übersteigt, ist der überschießende Teil als entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert gem. § 246 Abs. 1 S. 3 HGB als eigener Vermögensgegenstand in der Bilanz anzusetzen. c) Anschaffungspreisminderungen. § 255 Abs. 1 S. 3 HGB schreibt vor, dass Anschaffungspreisminderungen, wie etwa Rabatte, Boni und Skonti sowie Subventionen und sonstige Zuschüsse Dritter, zu berücksichtigen sind. Ebenfalls zu berücksichtigen sind nachträgliche Nachlässe auf Grund von Nachverhandlungen, Prozessen oder ähnlichem. d) Anschaffungsnebenkosten. Was zu den Anschaffungsnebenkosten gehört, ist im Gesetz nicht geregelt. Grundsätzlich versteht man unter diesen weitere, einzeln zurechenbare Kosten, die mit der Anschaffung in Verbindung stehen, wie etwa Versicherungs- oder Transportkosten. Dazu gehört alles, was bis zum Erreichen der Betriebsbereitschaft des Anlagevermögens, bzw. bis zum Übergang des wirtschaftlichen Risikos anfällt und somit Teil der Anschaffungsnebenkosten ist. Fremdkapitalzinsen dürfen nicht als Anschaffungsnebenkosten aktiviert werden. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Anzahlungen bei langfristigen Fertigungen gewährt werden und diese beim Ersteller Betriebskapital ersetzen und somit zu einem geringeren Anschaffungspreis führen. In diesem Fall dürfen die Kreditzinsen bei den Anschaffungsnebenkosten berücksichtigt werden. e) Nachträgliche Anschaffungskosten. Gemäß § 255 Abs. 1 S. 2 HGB gehören zu den A. auch die nachträglich anfallenden A. Nachträgliche A. sind beispielweise ein nachträglich erhöhter Kaufpreis oder Kosten für den Neuaufbau einer Maschine an einem anderen Standort. 47

Anschaffungs-/Herstellungskosten Nach gängiger Bilanzierungspraxis gehören hierzu auch Aufwendungen, die zu einer Umwidmung oder Erweiterung führen, welche dann nachträglichen Herstellungsaufwand darstellen. Die nachträglichen A./H. sind vom reinen Erhaltungsaufwand abzugrenzen. Dieser führt zu keiner Erweiterung oder Umwidmung des Vermögensgegenstands, sondern erhält den Gegenstand im gebrauchsfähigen Zustand und stellt somit Aufwand der Periode dar. f) Sonderfälle. Nicht geregelt ist, welche A. bei einem Tausch anzusetzen sind. Handelsrechtlich ist hier sowohl ein Ansatz des Buchwerts oder des Zeitwerts als auch der Ansatz eines steuerneutralen Zwischenwerts zulässig. Bei einem unentgeltlichen Erwerb durch Schenkung, Vererbung oder ähnlichem spricht das Prinzip der Maßgeblichkeit gegen einen Ansatz. Für einen Ansatz spricht das Vollständigkeitsgebot aus § 246 Abs. 1 HGB. Letzterem ist nach herrschender Meinung mehr Gewicht einzuräumen, sodass ein Ansatz zum vorsichtig geschätzten Betrag, der gewöhnlich für die Anschaffung hätte aufgewendet werden müssen, zulässig ist. 3. Herstellungskosten nach HGB H. fallen im Gegensatz zu den A. bei selbst erstellen Vermögensgegenständen an. Die Problematik der Bewertung ergibt sich, wenn am Bilanzstichtag noch fertige oder unfertige Erzeugnisse auf Lager liegen, sowie wenn das Unternehmen Gegenstände des Anlagevermögens für den eigenen Gebrauch erstellt. a) Begriff der handelsrechtlichen H. Die H. sind in den Absätzen 2, 2a und 3 des § 255 HGB geregelt. In Abs. 2 S. 1 ist zunächst geregelt, dass es sich trotz des Begriffs der „Kosten“ um Aufwand handelt (pagatorischer Wertansatz). Bei der Bemessung der H. gibt es zwingend 48

oder wahlweise anzusetzende Bestandteile, sowie Aktivierungsverbote. b) Pflichtbestandteile. Bei den Einzelkosten nennt der Gesetzgeber die Material- und Fertigungskosten sowie die Sondereinzelkosten der Fertigung, welche zwingend anzusetzen sind. Diese können direkt, d.h. ohne Umlage oder ähnlichem, zugeordnet werden. Materialeinzelkosten bestehen aus den Roh- und Hilfsstoffen, wobei erste als Hauptbestandteil eingehen, letztere nur als untergeordneter Bestandteil. Zu den Fertigungseinzelkosten gehören die Lohnund Lohnnebenkosten, wenn diese direkt zurechenbar sind, wie etwa bei Projekten oder Akkordlöhnen. Sondereinzelkosten der Fertigung fallen typischerweise für einen bestimmten Auftrag an, wie etwa für ein Spezialwerkzeug. Zu den ebenfalls aktivierungspflichtigen Gemeinkosten zählen die Material- und Fertigungsgemeinkosten. Materialgemeinkosten sind primär Personal- oder Raumkosten, wie z.B. Lagerungskosten. Fertigungsgemeinkosten sind die im Fertigungsbereich anfallenden Kosten, die nicht zu den Einzelkosten gezählt werden und nicht zur Verwaltung oder zum Vertrieb gehören, wie etwa Reinigungskosten oder Grundsteuer. Ebenfalls zu den Gemeinkosten gehört der technische oder wirtschaftliche Wertverzehr des Anlagevermögens. Der verpflichtende Ansatz der Gemeinkosten wurde durch das o BilMoG neu eingeführt, davor bestand ein Wahlrecht. Durch die Abschaffung des Wahlrechts gleicht sich die handelsrechtliche Definition der H. der steuerrechtlichen an. c) Wahlbestandteile. Wahlweise können die herstellungsbezogenen und nicht herstellungsbezogenen allgemeinen Verwaltungskosten sowie die Zinsen für Fremdkapital zur Finanzierung der Her-

Anschaffungs-/Herstellungskosten stellung, die auf den Herstellungszeitraum entfallen, einbezogen werden. Aufwendungen für freiwillige soziale Einrichtungen und Leistungen sowie für die betriebliche Altersvorsorge können ebenfalls aktiviert werden, sofern sie auf den Zeitpunkt der Herstellung entfallen. Bei der Wahlrechtsausübung ist das Stetigkeitsgebot des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB zu beachten, wonach ein Abweichen von einer gewählten Bewertungsmethode nur in sachlich begründeten Ausnahmefällen (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) möglich ist. d) Einbeziehungsverbot. Ein Einbeziehungsverbot besteht für die Vertriebsund Forschungskosten. Zu den Vertriebskosten gehören die Aufwendungen für das Personal in den entsprechenden Abteilungen, Transportkosten oder Kosten für Werbung. Unter Forschung versteht man die Suche nach neuen Erkenntnissen. Abzugrenzen sind diese von Entwicklungskosten, bei welchen die Ergebnisse der Forschung verwendet werden, um ein konkretes Produkt zu schaffen. 4. Anschaffungs-/Herstellungskosten nach IFRS Die IFRS unterscheiden begrifflich nicht zwischen A. und H., sondern verwenden den Begriff Cost, unter dem alles zu erfassen ist, was aufgewendet wurde, um den Gegenstand zu beschaffen. Der Begriff ist nicht zentral definiert, sondern findet sich fallbezogen an verschiedenen Stellen (IFRS 6.9, IAS 2.10 f., IAS 16.16 ff., IAS 39.43 und IAS 40.20 ff.), mit einer jeweils eigenen Definitionen. Die IFRS verfolgen hierbei einen Vollkostenkostenansatz, welcher keinen Raum für wahlweise anzusetzende Bestandteile lässt. Demnach besteht auch für Fremdkapitalkosten eine Ansatzpflicht, sofern es sich um ein sog. Qualifying Asset handelt, dessen Herstellung einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nimmt (vgl. IAS 2.17 i.V.m. IAS 23.5).

a) Anschaffungskosten nach IFRS. Bezogen auf die A. bedeutet dies, das Anschaffungspreis zzgl. Anschaffungsnebenkosten und Kosten für das Erreichen des betriebsbereiten Zustands, reduziert um Anschaffungskostenminderungen, anzusetzen sind. Anders als im HGB geregelt sind die Aufwendungen für Entsorgungen oder Rückbau. Nach IFRS gehören diese zu den A., was im Zeitablauf zu höheren o Abschreibungen im Vergleich zum HGB führt. Gleichzeitig kommt es zu einer GuV-neutralen Rückstellungsbildung im Zeitpunkt der Anschaffung. Das HGB hingegen sieht den Aufbau einer Rückstellung während der Nutzungsdauer vor. Ebenfalls ist zu beachten, dass diejenigen Teile eines Vermögensgegenstandes, die in einem signifikanten Verhältnis zu den Gesamtkosten stehen, separat zu erfassen sind, mit der Folge, dass diese Teile ggf. auch unterschiedlich abzuschreiben sind (sog. Komponentenansatz). Einen Wert für dieses Signifikanzniveau wird nicht festgelegt. Ein Beispiel ist etwa ein Flugzeug und dessen Inneneinrichtung. Folge dieses Ansatzes ist eine gesonderte interne Erfassung der Komponenten, welche jedoch nicht im Jahresabschluss angegeben werden muss. Ein ähnlicher Gedanke greift auch in Bezug auf nachträglich anfallende A. So sind nach IAS 16.13 nachträglich anfallende A. zu aktivieren, wenn diese die Ansatzkriterien für Sachanlagen aus IAS 16.7 erfüllen. Als Beispiel wird die neue Ausfütterung eines Hochofens genannt, die in regelmäßigen Abständen fällig wird. Kosten für kleinere Reparaturen oder Serviceleistungen, welche die Ansatzkriterien nicht erfüllen, werden im Zeitpunkt ihres Anfalls als Aufwand erfasst. b) Herstellungskosten nach IFRS. Ausgehend vom accrual principle finden sich die entsprechenden Bestandteile der Herstellungskosten in den IAS 2.12 ff. 49

Anschaffungskosten Auf Grund des Vollkostenansatzes sind demnach die Einzelkosten und die Gemeinkosten anzusetzen. Im Unterschied zum HGB sind nur die produktionsbezogenen Verwaltungskosten zu aktivieren, für allgemeine Verwaltungskosten besteht dagegen ein Ansatzverbot. Lit.: Ballwieser, W.: IAS 16, 8. Ergänzungslieferung Juli 2009; in: Baetge, J. et al. (Hrsg.): Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., 2002; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 93 ff.; Ellrott, H./ Brendt, P.: § 255 HGB, in: BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010; Hayn, S./Waldersee, G.: IRFS/HGB/ HGB-BilMoG im Vergleich, 7. Aufl., 2008; Knop, W./ Küting, K.: § 255; in: Küting, K./Weber, C.-P.: HdR, 5. Aufl., 2009; Küting, K.: Herstellungskosten; in: Küting, K./Pfitzer, N./Weber, C.-P. (Hrsg.): Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl., 2009, S. 159 ff.; Scherrer, G.: Rechnungslegung nach dem neuen HGB, 2. Aufl., 2009, S. 17 ff.; Wohlgemuth, M.: Die Anschaffungskosten in der Handels- und Steuerbilanz, 3. Nachbearb., 1999; in: Wysocki, K. v. et al. (Hrsg.): HdJ, 1984. Wolfgang Schultze/ Tobias Oswald Anschaffungskosten o Anschaffungs-/Herstellungskosten Anschaffungsnebenkosten o Anschaffungs-/Herstellungskosten Anschaffungspreisminderung o Anschaffungs-/Herstellungskosten Anschaffungswert o Anschaffungs-/Herstellungskosten Anschaffungswertprinzip Grundsatz für o Jahresabschluss und o Steuerbilanz, nach dem die o Vermögensgegenstände und die o Verbindlichkeiten mit den Zahlungen anzusetzen sind, die das Unternehmen für ihre Anschaffung oder Herstellung geleistet bzw. 50

erhalten hat (historischer Wert; o Anschaffungs-/Herstellungskosten); dabei sind bei abnutzbaren Gegenständen planmäßige Abschreibungen zu berücksichtigen. Das A. wird gem. § 253 HGB für Vermögensgegenstände durch das o Niederstwertprinzip, wonach der niedrigere Marktpreis oder beizulegende o Wert angesetzt werden muss oder darf, und für Verbindlichkeiten durch das o Höchstwertprinzip, wonach der höhere Rückzahlungsbetrag anzusetzen ist, modifiziert. Ein Gegensatz zum A. ist der Ansatz zum o Tageswert, der z.T. für die o Kostenbewertung angewendet und von manchen o Bilanztheorien gefordert wird (o Bewertungsprinzipien). Anteile anderer Gesellschafter o Anteile in Fremdbesitz Anteile in Fremdbesitz 1. Grundlagen A. sind in einem nach den Grundsätzen der o Vollkonsolidierung aufgestellten o Konzernabschluss zu berücksichtigen, wenn an den o Tochterunternehmen (TU) auch konzernfremde Gesellschafter beteiligt sind. Gemäß § 307 Abs. 1 HGB ist in der Konzernbilanz innerhalb des Eigenkapitals ein Ausgleichsposten für A. gesondert auszuweisen. Gemäß § 307 Abs. 2 HGB sind die Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter in der Konzern-GuV nach dem o Konzernergebnis gesondert auszuweisen. In der nächsten Konzernbilanz sind die Ergebnisanteile im Ausgleichsposten für A. enthalten, soweit sie nicht ausgeschüttet wurden. Wird die Konzernbilanz für das Abschlussjahr gem. § 298 Abs. 1 i.V.m. § 268 Abs. 1 HGB nach vollständiger oder teilweiser Gewinnverwendung aufgestellt, so sind die Ergebnisanteile bereits in dieser Konzernbilanz in den Ausgleichsposten einzubeziehen, soweit sie nicht als auf konzernfremde Gesellschaf-

Anteile in Fremdbesitz ter entfallender gewiesen werden.

Bilanzgewinn

aus-

Aufgrund des gesonderten Ausweises der Kapital- und Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter kann der Konzernabschluss nicht nur als Abschluss des Konzerns, sondern auch als besonderer Abschluss des Mutterunternehmens (MU) interpretiert werden (Ebeling, 1995). Dann ist das Eigenkapital ohne die A. zu betrachten. Das Konzernergebnis wäre um die Gewinn- bzw. Verlustanteile der Fremdgesellschafter zu vermindern bzw. zu erhöhen. Dieser Sichtweise folgen u.a. die o US-GAAP. 2. Bewertung Die in der Konzernbilanz auszuweisenden A. sollten den Saldo der den Fremdgesellschaftern zuzurechnenden Anteile an den Aktiva und Passiva (ohne Eigenkapital) widerspiegeln. Deshalb können die Kapital- und Ergebnisanteile nicht auf der Grundlage der Einzelabschlüsse der TU ermittelt werden. Vielmehr sind folgende Umbewertungen zu berücksichtigen (Ebeling, 1995): – Ist vor der Konsolidierung eines TU eine o Handelsbilanz II (HB II) bzw. III (HB III) (o Kapitalkonsolidierung) aufzustellen, so sind die dadurch bedingten Bestände- und Ergebnisdifferenzen bei der Ermittlung der Kapital- und Ergebnisanteile zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Differenzen aus der Währungsumrechnung gem. § 308a HGB (o Währungsumrechnung). – Wird die Kapitalkonsolidierung nach der Neubewertungsmethode durchgeführt (Pflicht für TU, die in nach dem 31.12.09 beginnenden Geschäftsjahren erstmals zu konsolidieren sind), so entfallen die aufgedeckten stillen Reserven und ggf. stillen Lasten sowie die Anpassung der latenten Steuern gem. § 306 HGB anteilsmäßig auf die Fremdgesellschafter. Die dadurch

erhöhten oder verminderten Aufwendungen sind anteilsmäßig den Ergebnisanteilen der Fremdgesellschafter zuzurechnen. Außerdem ist der Ausgleichsposten für A. anteilsmäßig um die bei der Erstellung der HB III vorzutragenden kumulierten erhöhten bzw. verminderten Aufwendungen aus Vorjahren zu vermindern bzw. zu erhöhen. Ob, und wenn ja, wie Änderungen des Konzernergebnisses aufgrund weiterer Konsolidierungsmaßnahmen den Erfolgs- und Kapitalanteilen der Fremdgesellschafter zuzurechnen sind, wird in der Literatur kaum diskutiert. Wenn die Anteile der Fremdgesellschafter deren Anteile am Reinvermögen der TU widerspiegeln sollen (Ebeling, 1995), ist wie folgt zu verfahren: – Veränderungen des Konzernergebnisses durch die o Zwischenergebniselinimierung sind anteilsmäßig zu Lasten bzw. zugunsten der Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter zu berücksichtigen, wenn sich die abbzw. aufzuwertenden Vermögensgegenstände im Besitz von TU befinden, an denen Fremdgesellschafter beteiligt sind. – Stimmt eine konzerninterne Forderung nicht mit der Verbindlichkeit überein, so ist die Abweichung durch Umbewertung der Forderung bzw. der Verbindlichkeit zu eliminieren, bevor im nächsten Schritt die Verrechnung erfolgen kann (o Schuldenkonsolidierung). Wird eine Forderung oder Verbindlichkeit umbewertet, die in der Bilanz eines TU ausgewiesen ist, an dem Fremdgesellschafter beteiligt sind, so beeinflusst die dadurch bedingte Veränderung des Konzernergebnisses anteilig die Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter. – Nach HGB sind Fremdgesellschafter nicht am o Geschäftswert aus der 51

Anteile in Fremdbesitz Kapitalkonsolidierung beteiligt, weil dieser als aktivischer Unterschiedsbetrag aus der Verrechnung des Anschaffungswerts der Beteiligung des MU mit dem auf diese Beteiligung entfallenden anteiligen neubewerteten Eigenkapital des TU verbleibt. Dies gilt jedoch nur für den Geschäftswert aus der Beteiligung an TU, an denen das MU direkt beteiligt ist. Ist ein TU, an dem Fremdgesellschafter beteiligt sind, an einem anderen TU beteiligt, so sind indirekte Fremdanteile am Geschäftswert aus der Kapitalkonsolidierung des nachgeordneten TU zu berücksichtigen. Ebenso können indirekte Fremdanteile am Geschäftswert aus der anteilmäßigen Konsolidierung (o Quotenkonsolidierung) eines o Gemeinschaftsunternehmens (GMU) zu berücksichtigen sein, wenn die Beteiligung an dem GMU nicht vom MU, sondern von einem TU gehalten wird. – Wird von einem TU, an dem Fremdgesellschafter beteiligt sind, eine at equity bewertete Beteiligung an einem assoziierten o Unternehmen (o Equity-Bewertung) gehalten, so ist das Periodenergebnis aus dieser Beteiligung anteilsmäßig zugunsten bzw. zu Lasten der Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter zu berücksichtigen. – Gemäß § 306 HGB sind im Konzernabschluss latente o Steuern anzusetzen, wenn die Konsolidierungsmaßnahmen zu (weiteren) Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und den steuerrechtlichen Wertansätzen der Vermögensgegenstände und Schulden geführt haben und diese Differenzen zeitlich begrenzt sind. Das trifft auf die Differenzen aus der Zwischenergebniseliminierung und aus der Schuldenkonsolidierung zu. Soweit die der Ermittlung der latenten Steuern zugrunde liegenden Be52

stände- und Ergebnisdifferenzen anteilig bei der Ermittlung der Kapitalund Ergebnisanteile fremder Gesellschafter zu berücksichtigen sind, gilt das auch für die darauf bezogenen latenten Steuern. Für alle genannten Fälle gilt, dass die im Berichtsjahr auftretenden Ergebnisdifferenzen anteilig im Ergebnisanteil der Fremdgesellschafter und die vorzutragenden kumulierten Ergebnisdifferenzen früherer Geschäftsjahre anteilig im Kapitalanteil der Fremdgesellschafter zu berücksichtigen sind. 3. Ermittlung Die Kapital- und Ergebnisanteile der an einem TU beteiligten Fremdgesellschafter werden im ersten Schritt in der Weise ermittelt, dass ausgehend vom Summenabschluss zunächst die Anteile der Fremdgesellschafter an sämtlichen Eigenkapitalpositionen des betreffenden TU auf den Ausgleichposten für Anteile fremder Gesellschafter umgebucht werden. In der Ergebnisverwendungsrechnung werden dabei die Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter gebucht. Berechnungsgrundlage sind die in der HB II bzw. III des betreffenden TU ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen, so dass auch die evtl. aufgedeckten stillen Reserven und Lasten sowie die darauf zurückzuführenden Ergebniswirkungen in Folgejahren berücksichtigt werden. Zusätzlich sind die erst auf der Konsolidierungsebene auftretenden Bestände- und Ergebnisdifferenzen anteilig den Fremdgesellschaftern zuzurechnen (a.A. u.a. ADS, 1996; IDW, 2006). a) Ermittlung in einem einstufigen Konzern. Zur Ermittlung der Kapital- wie der Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter sind in einem einstufigen Konzern die in der HB II bzw. III des betreffenden TU ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen inkl. des Ergebnisses sowie die auf der Konsolidierungsebene einzubuchenden Kapital- und Ergebnisdiffe-

Anteile in Fremdbesitz renzen mit dem direkten Anteil des MU an diesem TU zu multiplizieren. Dabei betreffen die Kapitaldifferenzen die vorzutragenden kumulierten Ergebnisdifferenzen früherer Geschäftsjahre. b) Ermittlung in einem mehrstufigen Konzern. In einem mehrstufigen Konzern können Fremdgesellschafter auch indirekt an einem TU beteiligt sein. Hält das MU z.B. 80 % der Anteile an einem TU und dieses 60 % der Anteile an einem weiteren TU, so sind Fremdgesellschafter mit einem Anteil von 40 % direkt und mit einem Anteil von 12 % indirekt an dem zweiten TU beteiligt. Die Verteilung des in der HB II bzw. III des nachgeordneten TU ausgewiesenen Eigenkapitals inkl. des Ergebnisses auf die A. muss folglich bei einer sog. o Simultankonsolidierung mit einer Quote von 52 % erfolgen. Abweichend von dieser Regel ist allerdings das zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung des nachgeordneten TU in der HB III ausgewiesene Eigenkapital nur mit der direkten Beteiligungsquote von 40 % auf die Fremdgesellschafter zu verteilen. Die Erklärung dafür ist, dass die indirekten Fremdanteile über den Buchwert der Beteiligung schon in den direkten Fremdanteilen am Kapital des übergeordneten TU enthalten sind. Mit dem durchgerechneten Fremdanteil ist folglich nur das nach dem Stichtag der Erstkonsolidierung (Kapitalkonsolidierung) von dem nachgeordneten TU erwirtschaftete Eigenkapital auf die Fremdgesellschafter zu verteilen. Wird diese Regel beachtet, so werden im Konzernabschluss auch indirekte Fremdanteile an den Geschäftswerten nachgeordneter TU ausgewiesen. Abschreibungen darauf mindern in den Folgejahren anteilig die Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter. Der Konzernabschluss stimmt mit dem Konzernabschluss überein, der sich ergibt, wenn die Konsolidierung des mehrstufigen Konzerns nach der Methode der o Kettenkonsolidierung erstellt

wird. Das ist richtig, weil die Konsolidierungstechnik keinen Einfluss auf die Höhe der Kapital- und Ergebnisanteile der Fremdgesellschafter haben darf. 4. Besonderheiten nach IFRS Ausweis und Ermittlung der A. unterscheiden sich nach IFRS nicht grundlegend von der Vorgehensweise nach HGB. Nach IAS 1 sind Kapitalanteile fremder Gesellschafter ebenfalls innerhalb des Eigenkapitals gesondert auszuweisen. Ergebnisanteile fremder Gesellschafter sind wie nach HGB als Ergebnisverwendung zu zeigen. Da in einem Konzernabschluss nach IFRS jedoch größtenteils andere Ansatz- und Bewertungsvorschriften als nach HGB zu beachten sind, unterscheiden sich die A. in der Höhe. Eine methodische Besonderheit besteht darin, dass nach IFRS 3 (rev. 2008) wahlweise auch die sog. FullGoodwill-Methode angewendet werden kann (o Kapitalkonsolidierung). Bei Anwendung dieser Methode werden im Konzernabschluss auch direkte Fremdanteile am Geschäftswert ausgewiesen. Lit.: ADS, 6. Aufl., Bd. 3, 1996, § 307 HGB, S. 641-668; Baumann, K.F.: Konsolidierung mehrstufiger Konzerne, 2000, S. 73-135; Ebeling, R.M.: Die Einheitsfiktion als Grundlage der Konzernrechnungslegung, 1995, S. 312-321, 354372; Ebeling, R.M.: Die zweckmäßige Abbildung der Anteile fremder Gesellschafter im Konzernabschluß nach deutschem HGB, in: DBW 1995, S. 323-346; Ewert, R./Schenk, G.: Offene Probleme bei der Kapitalkonsolidierung im mehrstufigen Konzern, in: BB 1993, Beilage 14; Fröhlich, C.: Zwischengewinne bei Geschäften mit Tochterunternehmen mit Minderheitsgesellschaftern, in: IRZ 2007, S. 357-360; Hachmeister, D.: Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode, in: Beck HdR, 1987 ff., C 401, S. 27-31, 36, 49; IDW: WP-Handbuch 2006, Bd. I, M, S. 1220-1222, 12281229, 1271; Küting, K./Göth, P.: Min53

Anteile, eigene derheitenanteile im Konzernabschluß eines mehrstufigen Konzerns, in: WPg 1997, S. 305-320; Küting, K./Weber, C.-P./Dusemond, M.: Kapitalkonsolidierung im mehrstufigen Konzern, in: BB 1991, S. 1082-1090; Wohlgemuth, M.: Die Kapitalkonsolidierung nach Handelsrecht, in: v. Wysocki, K. et al. (Hrsg.): HdJ, 1984 ff., Abt. V/2, S. 109-169. Ralf M. Ebeling Anteile, eigene Aktien oder Gesellschafteranteile, die eine o Aktiengesellschaft (AG),o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) an sich selbst hält. Der Erwerb e. A. unterliegt strengen gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 71 ff. AktG und § 33 GmbHG). Im Zuge des o KonTraG wurden die Möglichkeiten zum Erwerb e. A. durch die Einführung von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG deutlich erweitert. Seit Inkrafttreten des o BilMoG sind e. A. gem. § 272 Abs. 1a HGB als Korrekturposten zum o Eigenkapital auszuweisen. Der o Nennbetrag der Aktien wird hierzu offen vom Gezeichneten o Kapital abgesetzt, während der restliche Betrag mit den frei verfügbaren o Rücklagen verrechnet wird. Hierzu zählen alle Beträge der Kapital- und der Gewinnrücklage, die nicht nach gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschriften für eine Ausschüttung gesperrt sind. Diese bilanzielle Abbildung ist gem. IAS 32.33 auch nach o IFRS zulässig. Anteilsbesitz o Kapitalgesellschaften haben gem. § 285 Nr. 11 HGB im o Anhang Name und Sitz von Unternehmen, an denen sie mindestens 20 % der Anteile besitzen, sowie die Höhe des Kapitalanteils, das Eigenkapital und das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres dieser Unternehmen anzugeben. Zu entsprechenden Angaben sind Kapitalgesellschaften als o Mutterunternehmen gem. § 313 Abs. 2 HGB im 54

Konzernanhang für in den o Konzernabschluss einbezogene und für nicht einbezogene o Tochterunternehmen, für assoziierte o Unternehmen und für o Gemeinschaftsunternehmen sowie für andere Unternehmen verpflichtet, an denen ein Konzernunternehmen oder eine auf Rechnung eines Konzernunternehmens handelnde Person zu mindestens 20 % beteiligt ist. Anteilskonsolidierung = o Quotenkonsolidierung Antizipative Rechnungsabgrenzungsposten o Rechnungsabgrenzungsposten Anwartschaftsbarwertverfahren o Pensionsrückstellungen Anwartschaftsdeckungsverfahren o Pensionsrückstellungen APB = o Accounting Principles Board Aperiodische Aufwendungen und Erträge o Aufwendungen und Erträge, aperiodische APFRAG = Asia-Pacific Financial Reporting Advisory Group APV-Ansatz = o Adjusted Present Value-Ansatz Äquivalenzprinzip Ein aus der o Fiktion der rechtlichen Einheit abgeleiteter Konsolidierungsgrundsatz, nach dem bei Erstellung des o Konzernabschlusses in Zweifelsfragen so zu verfahren ist wie bei der Aufstellung des Einzelabschlusses (o Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung). Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 52 f. Äquivalenzziffernkalkulation o Kalkulation

Assoziiertes Unternehmens ARAP = aktiver o Rechnungsabgrenzungsposten ARB o Accounting Research Bulletins Arbeitskosten A. entstehen aufgrund der Bereitstellung von Arbeitskraft durch die Arbeitnehmer eines Unternehmens für die Realisation des unternehmerischen Sachziels. Zu den A. zählen die Löhne für Arbeiter und die Gehälter für Angestellte einschließlich gezahlter Urlaubs- und Feiertagslöhne sowie die zu leistenden gesetzlichen und freiwilligen Sozialabgaben. Für die Erfassung der A. sind zwei Entstehungsarten zu unterscheiden: (1) Zeitlöhne und Gehälter (Entlohnung proportional zur Arbeitszeit), (2) Akkordlöhne (Entlohnung proportional zur erbrachten Arbeitsmenge), ggf. ergänzt durch Zusatzlöhne für unverschuldete Wartezeiten oder gesetzliche Mindestlöhne. Daneben ist der Unternehmerlohn zu berücksichtigen. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften führt dieser zu kalkulatorischen o Kosten, die nur im Rahmen der o Kostenrechnung zu berücksichtigen sind. Arbeitspapiere (des Abschlussprüfers) Unter den A. sind sämtliche Unterlagen zu verstehen, die der o Abschlussprüfer im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung der Prüfung sowie zur Herleitung des Prüfungsergebnisses selbst erstellt bzw. vom geprüften Unternehmen oder Dritten zur Ergänzung seiner Unterlagen erhält. Die A. haben eine Nachweisfunktion über die durchgeführten Prüfungshandlungen, eine Kontrollfunktion gegenüber dem Prüfungsleiter, dem Prüfungsorgan bzw. Dritten und eine Informationsfunktion gegenüber den am Prüfungsauftrag bzw. an der Ausfüh-

rung von Folgeprüfungen beteiligten Personen. Arbitriumwert Ergebnis der o Unternehmensbewertung im Sinne der o Vermittlungsfunktion; siehe auch o Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung). ARC = o Accounting Regulatory Committee Argumentationsfunktion (der Unternehmensbewertung) o Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung) Argumentationswert Ergebnis der o Unternehmensbewertung im Sinne der Argumentationsfunktion; siehe auch o Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung). Arithmetisch-degressive Abschreibung o Abschreibung, degressive ASB = o Acounting Standards Board ASC = o Acounting Standards Committee Asset o Vermögenswert Asset deal Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensteilen durch Übernahme der einzelnen Vermögensgegenstände und von Schulden. Asset-backed Securities Unter A. sind mit o Vermögensgegenständen unterlegte o Wertpapiere zu verstehen. Die Vermögensgegenstände werden in eine ausschließlich dem Zweck dieser Transaktion dienenden o Zweckgesellschaft übertragen. Die Wertpapiere verbriefen Zahlungsansprüche gegenüber der Zeckgesellschaft, welche durch die Vermögensgegenstände gedeckt werden. Assoziiertes Unternehmens o Unternehmen, assoziiertes 55

Audit Committee Audit Committee Ein A. (Prüfungsausschuss) bezeichnet in Deutschland einen ständigen Ausschuss innerhalb des o Aufsichtsrats. Das A., dem i.d.R. ein Aufsichtsratsmitglied mit Erfahrung in den Bereichen o Rechnungslegung und o Kontrollsysteme vorsitzt, wird vom Aufsichtsrat mit bestimmten Aufgaben betraut. Hierzu zählt oftmals insb. die Überwachung der Rechnungslegungsprozesse und der o Abschlussprüfung, so dass das A. häufig als Gesprächspartner für den externen o Abschlussprüfer fungiert. Daneben wird ein A. regelmäßig auch mit der Überwachung der Wirksamkeit des internen Kontroll-, Risikomanagement- und Revisionssystems betraut. Das Konzept des A. stammt ursprünglich aus den USA und Kanada. Mittlerweile sind A. auch bei größeren deutschen o Aktiengesellschaften verbreitet, obwohl keine gesetzliche Pflicht dazu besteht. Eine entsprechende Empfehlung findet sich jedoch in § 5 Tz. 3.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK; o Corporate Governance). Zudem wurden im Zuge des o BilMoG mit § 107 Abs. 3 S. 2 AktG die Möglichkeit zur Einrichtung eines A. sowie dessen möglichen Aufgabengebiete explizit im Gesetz kodifiziert. Aufsichtsrat 1. Begriff Der A. ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Kontrollorgan einer o Aktiengesellschaft (AG), einer o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und einer o Genossenschaft. Bei Erfüllung besonderer Voraussetzungen gilt dieses auch für eine o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine o Societas Europea (SE). Die Rahmenbedingungen für den A. und dessen Tätigkeiten sind in den entsprechenden Verordnungen und Gesetzen, vor allem den §§ 95 bis 116 AktG, sowie in den unternehmensspezifischen Satzungen, Geschäftsordnungen 56

und dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK; o Corporate Governance) festgelegt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Gesellschaftsform einer AG und können, in Abhängigkeit der spezifischen Verlautbarungen, bei den anderen Gesellschaftsformen abweichen. 2. Aufgaben, Rechte und Pflichten Eine zentrale Aufgabe des A. besteht darin, den o Vorstand bei der Leitung des Unternehmens zu beraten und zu überwachen. Grundlage dafür sind u.a. Berichte und Abschlüsse, die der Vorstand dem A. vorlegen muss. Bei Entscheidungen, die für das Unternehmen von grundlegender wirtschaftlicher Bedeutung sind, besitzt der A. üblicherweise Zustimmungsvorbehalte. Außerdem bestellt und entlässt der A. die Mitglieder des Vorstandes und entscheidet über die konkrete Festsetzung der Vorstandsverträge inklusive der Vergütung. Eine weitere Aufgabe des A. besteht darin, den o Jahres- und ggf. o Konzernabschluss einschließlich der jeweiligen o Lageberichte zu prüfen, nachdem im Vorfeld der Prüfungsauftrag für die o Abschlussprüfer erteilt worden ist und diese die Abschlüsse testiert haben. Ist nichts zu beanstanden, werden sie im Regelfall gebilligt, was in Bezug auf den Jahresabschluss gleichzeitig die Feststellung bedeutet, sofern diese nicht der Hauptversammlung überlassen wird. Vorstand und A. gemeinsam besitzen die Gewinnverwendungskompetenz (o Gewinnverwendung) für max. 50 % des Jahresüberschusses, der entweder thesauriert oder den Anteilseignern auf der o Hauptversammlung zur o Ausschüttung angeboten werden kann. 3. Innere Struktur und Organisation Der A. setzt sich aus mind. 3 Mitgliedern zusammen, die grundsätzlich von den Anteilseignern auf der Hauptversamm-

Aufwandsrückstellungen lung gewählt werden. Satzungsgemäß ist eine höhere Anzahl möglich, jedoch sind in Abhängigkeit vom → Grundkapital Höchstgrenzen zu beachten. Für Unternehmen, bei denen die Bestimmungen des DrittelbG (500-2.000 Mitarbeiter) bzw. des MitbestG (> 2.000 Mitarbeiter) greifen, gelten weitere Vorschriften. In diesem Fall besteht der A. zu einem Drittel bzw. zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern. In einem paritätisch besetzten A. sind dieses Arbeiter, Angestellte, leitende Angestellte und Gewerkschaftsvertreter. Der A. wählt einen Aufsichtsratsvorsitzenden und einen Stellvertreter, wobei Ersterer faktisch von den Vertretern der Anteilseigner und Letzterer von den Vertretern der Arbeitnehmer bestimmt wird. Die Aufgabe des Vorsitzenden besteht u.a. in der Koordination der Arbeit innerhalb des A. und dessen Vertretung nach außen. Zusätzlich ist er Informationsmittler zwischen dem Vorstand und den anderen Aufsichtsratsmitgliedern. Bei Abstimmungen im A. hat der Vorsitzende bei Stimmengleichheit ein Doppelstimmrecht. Der A. kann fachlich qualifizierte Ausschüsse wie einen Prüfungs- oder Nominierungsausschuss bilden, um effizienter handeln zu können und die sachgerechte Analyse komplexer Themenstellungen zu gewährleisten. 4. Problemfelder Einige den A. direkt betreffende Themen werden aktuell in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur diskutiert: Dazu gehört die, nur auf formaler Ebene überprüfbare, fachliche Kompetenz von Aufsichtsratsmitgliedern, den komplexen Aufgaben und Sachverhalten gewachsen zu sein. Zusätzlich wird die geforderte Unabhängigkeit des A., z.B. durch mögliche Mehrfachmandate der Mitglieder oder durch die Beziehungen zum Vorstand in Frage gestellt. Darüber hinaus

werden anreizkompatible, erfolgsabhängige Vergütungsstrukturen für die Mitglieder des A. untersucht. Lit.: Hüffer, U.: Aktiengesetz, 9. Aufl., 2010; Theisen, M.: Information und Berichterstattung des Aufsichtsrates, 4. Aufl., 2007; Bellavite-Hövermann, Y./Lindner, G./Lüthje, B.: Leitfaden für den Aufsichtsrat: Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen für die Aufsichtsratsarbeit, 2005. Jan Henning Sohlmann Aufwand = periodisierte Ausgaben o Grundgrößen des Rechnungswesens Aufwandsrückstellungen 1. Abgrenzung gegenüber anderer Rückstellungen Die (ungenaue, aber übliche) Bezeichnung A. kennzeichnet zu Aufwand einer Abrechnungsperiode transformierte zukünftige Aufwendungen (Ausgaben), die ohne eine bestehende rechtliche oder faktische Verpflichtung nach dem Realisationsprinzip erst späteren Abrechnungszeiträumen zuzuordnen sind. A. dienen der Zurechnung betriebsintern verursachten Wertverzehrs zu derjenigen Periode, in der das verursachende Ereignis eingetreten ist, ohne dass eine Drittverpflichtung entstanden ist. Sie sind Ausfluss des aus der dynamischen Bilanztheorie stammenden Prinzips der verursachungsgerechten Erfolgsermittlung. Die Bildung von langfristigen A. mit mehrperiodischer Aufwandsverrechnung ermöglicht bilanzielle Vorsorge für andernfalls geballt auftretende künftige Aufwandsbelastungen und führt insoweit zu einer Ergebnisnivellierung über mehrere Abrechnungsperioden. 2. Voraussetzungen für Verwirklichung der periodengerechten Erfolgsermittlung durch A. Die Bildung von A. beruht auf einer erweiterten Fassung des Realisationsprin57

Aufwandsrückstellungen zips, welche die Verrechnung von Aufwendungen nicht an eingetretene Vermögensminderungen knüpft, sondern an wirtschaftlich verursachten Wertverzehr, der erst in der Zukunft einen Mittelabfluss durch Güterverbrauch oder Entstehung einer Drittverpflichtung auslöst. Die Umsetzung des Grundsatzes periodengerechter Erfolgsermittlung durch die Passivierung von A. ist an mehrere Voraussetzungen gebunden, die nach früherem Bilanzrecht als gesetzlich geregelte Ansatzkriterien (§ 249 Abs. 2 HGB a.F.) in Erscheinung traten. Notwendig war, dass die durch A. zu erfassenden zukünftigen Aufwendungen – ihrer Eigenart nach genau umschrieben werden können (Aufwandsumschreibung), – dem abgelaufenen oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnen sind (Aufwandszuordnung), – wahrscheinlich oder sicher später anfallen (Aufwandserwartung), – hinsichtlich Höhe oder Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind (Aufwandsunbestimmtheit). Eine hinreichend genaue Aufwandsumschreibung soll sicherstellen, dass A. für das allgemeine Unternehmensrisiko nicht gebildet werden und dass eine zuverlässige Schätzung des Rückstellungsbetrages gewährleistet ist. Die Aufwandszuordnung muss sich an einem erweiterten Realisationsprinzip orientieren, wonach Aufwendungen derjenigen Abrechnungsperiode zugeordnet werden, in der die durch Aufwandsentstehung bewirkten Erträge entstanden sind. Die konkrete inhaltliche Ausfüllung des Zuordnungskriteriums „wirtschaftliche Zugehörigkeit" von Aufwendungen zu den sie verursachenden Erträgen ist schwierig. Insbesondere ist umstritten, ob in einer Periode geplante, aber unterlassene Aufwendungen dem Periodenertrag zugeordnet werden können. Die Einbe58

ziehung des Merkmals der Planmäßigkeit von Aufwendungen in das Verursachungsprinzip für die Aufwandsverrechnung eröffnet erhebliche Ermessenspielräume und beeinträchtigt das Objektivierungsprinzip in der Rechnungslegung. Die Bedingung der Aufwandserwartung fordert hinreichende Sicherheit für den Eintritt der zukünftigen Vermögensminderung. Sie entspricht der auch bei o Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu beachtenden Voraussetzung, dass nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags mehr Gründe für den späteren Anfall der Aufwendungen als dagegen sprechen müssen. Das Kriterium der Aufwandsunbestimmtheit hat für A. nur klarstellende Bedeutung, wonach Gewissheit über Zeitpunkt und/oder Höhe der künftigen Aufwendungen nicht erforderlich ist. Soweit eine gesetzliche Umschreibung der durch A. zu verrechnenden Aufwandskategorie nicht erfolgt, eröffnet sich ein weites Feld für die Bilanzierung von A. Hierzu können Aufwendungen für freiwillige Maßnahmen gehören, die in einem mehrjährigen Zeitintervall durchgeführt werden (z.B. freiwillige Entsorgungsmaßnahmen, geplante freiwillige Sozialleistungen anlässlich Jubiläen), Aufwendungen für die Beendigung von Dauerrechtsverhältnissen sowie Aufwendungen für sonstige regelmäßige Aktivitäten mit mehrjährigem Abstand (z.B. Messen, Ausstellungen). 3. Gesetzlich geregelte A. Da A. lediglich Aufwendungen für Innenverpflichtungen und keine Schulden im Rechtssinne repräsentieren, unterliegen die möglichen Ausprägungen von A. nicht unmittelbar dem Vollständigkeitsgebot für die Bilanz nach § 246 Abs. 1 HGB. Der Umfang der im HGBJahresabschluss passivierungspflichtigen A. wird vielmehr durch eine Abgrenzung der rückstellungsfähigen Aufwendungen

Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Nr. 1 HGB in art- und zeitmäßiger Hinsicht bestimmt. In artmäßiger Hinsicht muss es sich um im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung handeln. Nach dem zeitlichen Bezug ist eine Nachholung der Aufwendungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums notwendig, dessen Dauer sich nach der jeweiligen Art der unterlassenen Aufwendung richtet. a) A. für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung. Instandhaltungsmaßnahmen kommen grundsätzlich nur bei abnutzbarem Sachanlagevermögen, ggf. auch bei (originärem oder derivativem) immateriellem Anlagevermögen in Betracht. Die Instandhaltung als Oberbegriff für die Beseitigung (Reparatur), Hemmung (Wartung) und Beobachtung (Inspektion) von technischem und/oder wirtschaftlichem Verschleiß darf nicht zu aktivierungspflichtigen Herstellungskosten führen, da insoweit die Unterlassung der Instandhaltung durch außerplanmäßige Abschreibung zu berücksichtigen ist. Die Instandhaltungsmaßnahme muss bis zum Bilanzstichtag notwendig sein und nicht erst durch weiteren Gebrauch (bzw. Zeitablauf) objektiv erforderlich werden. Sind die art- und sonstigen zeitmäßigen Voraussetzungen erfüllt, besteht bei Nachholung der Instandhaltungsmaßnahme innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres Passivierungspflicht nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB. Bei Nachholung nach Ablauf von drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres kann eine A. nicht gebildet werden. Soweit unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung auf einer Verpflichtung gegenüber Dritten beruhen (z.B. als Mieter gegenüber einer Mietsache), handelt es sich um einen Sachverhalt, der eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten begründet (Kozikowski/Schubert, 2010, Tz. 101).

Eine unterlassene Instandhaltung könnte grundsätzlich zu einer außerplanmäßigen Abschreibung des VG auf den niedrigeren beizulegenden Wert nach § 253 Abs. 3 S. 4 HGB bzw. Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG berechtigen, so dass der Ansatz einer A. entfallen würde. Allerdings besteht kein Konkurrenzverhältnis, da die Nachholung der Instandhaltung innerhalb von drei Monaten keine dauerhafte Wertminderung indiziert, die Voraussetzung für eine außerplanmäßige Abschreibung ist. b) A. für unterlassene Aufwendungen für Abraumbeseitigung. Nach § 249 Abs. 1 Nr. 2 HGB sind Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Abraumbeseitigung mit Nachholung im Folgejahr zu bilden. Abraumrückstände treten bei Unternehmen auf, die Bodenschätze in der Weise fördern, dass die darüber liegenden Erd- und Gesteinsmassen (Deckgebirge) wegen angespannter Förderkapazitäten nicht in normaler Relation zur Fördermenge beseitigt werden und dadurch ein ungehinderter Zugang zum Vorkommen erschwert und/oder die Sicherheit der Gewinnung beeinträchtigt wird. Bei Vorliegen einer (öffentlich-)rechtlichen Verpflichtung zur Abraumbeseitigung handelt es sich um eine bilanzielle Schuld, die unabhängig vom Zeitpunkt der Nachholung durch eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten erfasst wird. 4. Passivierungsvoraussetzungen für A. Für die Bildung der A. müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: – Unterlassung von Instandhaltungsoder Abraumaufwand, – Unterlassung im Geschäftsjahr, – Fristgemäße Nachholung. Der als Instandhaltungs- oder Abraumbeseitigungsaufwand klassifizierte erfolgswirksame Güterverzehr, dessen Entstehung antizipiert wird, muss unterlassen worden sein. Unterlassung bedeutet, dass 59

Aufwandsrückstellungen aus betrieblichen Gründen vor dem Bilanzstichtag durchzuführende Maßnahmen bei Reparaturen oder für Abraumbeseitigung in die Zukunft verlagert wurden. Die zeitliche Verschiebung muss sich auf technische oder betriebswirtschaftlich notwendige Aktivitäten beziehen, deren zeitlicher Bezug nicht lediglich durch Planungsüberlegungen, sondern durch technische und/oder wirtschaftliche Gegebenheiten determiniert ist. Die Unterlassung muss sich auf notwendige Aufwendungen erstrecken, die hinsichtlich ihres Anfalls zeitlich festgelegt sind und bei Überlassung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Innenverpflichtung des Unternehmens begründen. Zukünftige Aufwendungen sowie lediglich geplante zeitlich disponible Maßnahmen führen bei zeitlicher Verschiebung nicht zu einer Aufwandsunterlassung, wobei die Abgrenzung der als A. zu erfassenden Aufwendungen im Einzelfall schwierig sein kann. Die Unterlassung muss im abgelaufenen Geschäftsjahr erfolgt sein. Der Gesetzeswortlaut schließt die Bildung einer A. aus, wenn die Aufwendungen bereits im Vorjahr unterlassen und innerhalb der jeweiligen Fristen nach dem folgenden Bilanzstichtag nachgeholt werden. Für eine extensive Abgrenzung des zeitlichen Rahmens der unterlassenen Aufwendungen besteht kein Anlass, denn dadurch würden mangels Einhaltung der Nachholungsfristen nicht passivierungsfähige Aufwendungen im Folgejahr durch Zeitablauf eine A. begründen. Die Nachholung der unterlassenen Aufwendungen muss in Abhängigkeit von der Aufwandsart innerhalb von drei bzw. zwölf Monaten erfolgen. Sie kann durch das Unternehmen selbst oder durch Dritte durchgeführt werden. Eine fristgerechte Nachholung ist auf jeden Fall gegeben, wenn die unterlassenen Maßnahmen in der vorgeschriebenen Zeit abgeschlossen wurden. Bei umfangreichen Reparaturen 60

oder größerer Abraumbeseitigung kommt auch eine Erfassung der innerhalb der Nachholungsfristen angefallenen Aufwendungen in Betracht, ohne dass die Maßnahme abgeschlossen ist, da A. die erfolgswirksame Antizipation eines unterlassenen Güterverbrauchs bezwecken und nicht auf Aufwendungen beschränkt sind, die in bestimmten Maßnahmen gebündelt sind. Für A. ist ein gesonderter Bilanzausweis nicht vorgesehen. Sie sind gliederungstechnisch der Position sonstige Rückstellungen zuzuordnen. Nach § 285 Nr. 12 HGB sind A. im Anhang zu erläutern, wenn sie einen nicht unerheblichen Umfang haben. Dies dürfte jedoch nur selten der Fall sein. 5. Bewertung von A. Rückstellungen sind nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Der Erfüllungsbetrag ist der Betrag, der vom Unternehmen für die Durchführung der durch Aufwandsunterlassung begründeten Innenverpflichtung voraussichtlich aufgebracht werden muss. Bei Nachholung der unterlassenen Maßnahmen innerhalb des Bilanzaufstellungszeitraums stimmt der Erfüllungsbetrag mit den tatsächlich angefallenen Aufwendungen überein. Andernfalls hat sich die Schätzung des Erfüllungsbetrages entsprechend dem Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung unter Beachtung des Vorsichtsprinzips nach Auswertung der verfügbaren Informationen an dem voraussichtlichen Aufwandsanfall für die Beseitigung der Innenverpflichtung zu orientieren. Werden mit der Durchführung der unterlassenen Maßnahmen Dritte beauftragt (Fremdreparaturen), entspricht der Erfüllungsbetrag der Höhe der zukünftig entstehenden Verbindlichkeit. Vor der Auftragsvergabe sind deshalb künftige Preisund Kostensteigerungen zu berücksichti-

Aufwandsrückstellungen gen. Soweit die innerbetrieblichen Verpflichtungen von Unternehmen selbst erfüllt werden (Eigenreparatur), ist der Geldwert der notwendigen Aufwendungen anzusetzen. Die bestehende Sachleistungsverpflichtung ist mit den Einzelkosten und angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten (Vollkosten) zu bewerten (Kozikowski/Schubert, 2010, Tz. 159). Nach § 253 Abs. 2 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr abzuzinsen. Da die Nachholfristen für die unterlassenen Aufwendungen diesen Zeitraum unterschreiten, kommt eine Abzinsung der A. nicht in Betracht. 6. Übergangsregelung für A. nach altem Recht Das seit Inkrafttreten des o BilMoG maßgebliche Handelsbilanzrecht hat den Ansatz vor A. stark eingeschränkt. Nach früherer Rechtslage war der Kreis der in der Bilanz passivierungsfähigen A. wesentlich weiter gezogen. Neben den wie bisher bilanzierungspflichtigen Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung und Abraumbeseitigung mit unveränderter zeitlicher Befristung, bestanden Passivierungswahlrechte für unterlassenen Instandhaltungsaufwand mit Nachholung innerhalb des Geschäftsjahres (§ 249 Abs. 1 S. 3 a.F.) sowie für A. ohne konkrete Aufwandskennzeichnung (§ 249 Abs. 2 a.F.). Diese allgemeinen A. mussten lediglich den allgemeinen Passivierungskriterien der Aufwandsumschreibung und Aufwandszuordnung zu vergangenen Perioden genügen und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft anfallen. Im Gegensatz zu den bilanzierungspflichtigen A. können sich die allgemeinen A. über mehrere Perioden erstrecken (z.B. Aufwendungen für freiwillige Entsorgungsmaßnahmen, geplante Umstrukturierungen, Aufwand für in mehrjährigem Abstand anfallende Maßnahmen wie

Beteiligung an Messen, Großreparaturen), so dass sie zum Zeitpunkt der Einschränkung zulässiger A. noch nicht abgewickelt sind. Die nach § 249 Abs. 2 HGB a.F. gebildeten allgemeinen A. können nach Art. 67 Abs. 3 EGHGB (auch teilweise) beibehalten werden. In diesem Fall findet eine Auflösung der Rückstellungen entsprechend der späteren Regulierung der ihnen jeweils zugrunde liegenden Innenverpflichtung statt. Die Beibehaltung der bisher gebildeten A. schließt eine weitere Zuführung zum ausgewiesenen Bilanzwert aus. Eine zwingende Fortführung ist für diejenigen A. vorgesehen, die im letzten Geschäftsjahr vor 2010 gebildet wurden. Wird das Beibehaltungswahlrecht nicht beansprucht, sind die entsprechenden Rückstellungen nach Art. 67 Abs. 3 S. 2 EGHGB aufzulösen. Der Betrag ist unmittelbar in die Gewinnrücklagen einzustellen, so dass eine Ertragsrealisation entfällt. 7. A. in der Steuerbilanz Die Bilanzierungspflicht der in § 249 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HGB aufgeführten A. bedeutet im Hinblick auf das o Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 Abs. 1 EStG) auch ein Ansatzgebot in der Steuerbilanz. Die Einschränkung der früher zulässigen A. in der Handelsbilanz berührt die Steuerbilanz nicht, da für die entfallenen A. lediglich ein Passivierungswahlrecht bestand. Handelsrechtliche Passivierungswahlrechte führen gemäß Maßgeblichkeitsprinzip jedoch zu einem Ansatzverbot in der Steuerbilanz. Nach H. 5.7 Abs. 11 EStR soll bei Erhaltungsarbeiten, die erfahrungsgemäß in ungefähr gleichem Umfang und in gleichen Zeitabständen anfallen und turnusgemäß durchgeführt werden, i.d.R. keine unterlassene Instandhaltung vorliegen. Soweit die regelmäßige Aufwandsentstehung in betragsmäßiger und zeitlicher 61

Aufwandsrückstellungen Hinsicht als Indikator für eine nicht hinreichende Konkretisierung des Unterlassens von Maßnahmen gewertet wird, ist der Auffassung der Finanzverwaltung nicht zu folgen. Auch in der Vergangenheit regelmäßig durchgeführte Instandhaltungsaktivitäten können in einem Geschäftsjahr unterlassen worden sein. Eine Abweichung der Bilanzierungsvoraussetzungen für A. in Handels- und Steuerbilanz besteht somit nicht. In der Steuerbilanz sind die auf interne Sachleistungsverpflichtungen beruhenden A. nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG mit den Einzelkosten und angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten. Wie in der Handelsbilanz gilt das Vollkostenprinzip. Bei Erledigung der rückständigen Maßnahmen durch Dritte ist der voraussichtliche Erfüllungsbetrag anzusetzen. Maßgebend sind in beiden Fällen die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag, da künftige Preis- und Kostensteigerungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG nicht einbezogen werden dürfen. 8. A. in der internationalen Rechnungslegung Der IFRS-Abschluss (o IFRS) verfolgt primär die Zielsetzung, den Abschlussadressaten Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu vermitteln, die für deren Entscheidungen nützlich sind (Framework § 12). Zur Erfüllung der Informationsfunktion ist das Konzept der Periodenabgrenzung zu beachten, das die Erfassung der Auswirkungen von Geschäftsvorfällen in der Rechnungsperiode fordert, der sie zuzurechnen sind (Framework § 22). Grundsätzlich bedeutet eine Erfolgsermittlung auf der Grundlage des Abgrenzungsprinzips, dass Rückstellungen im Jahresabschluss anzusetzen sind, die der Verrechnung von Aufwendungen in der Periode dienen, in der die durch sie bewirkten Erträge entstanden sind. 62

Die Maßgeblichkeit der Aufwandsverrechnung nach der wirtschaftlichen Verursachung führt zur Bildung von Rückstellungen, die sich nicht ausschließlich am Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung von Vermögensminderungen orientieren, sondern auch Innenverpflichtungen als Auswirkungen der realisierten Erträge einschließen. Im IFRS-Abschluss wird die periodengerechte Erfolgsmitteilung durch die angestrebte Abbildung der Vermögenslage eines Unternehmens beschränkt, wobei die Vermögenslage durch die verfügbaren Ressourcen des Unternehmens gekennzeichnet wird. Diese vermögensorientierte Sicht kommt in der inhaltlichen Konkretisierung des Bilanzinhalts zum Ausdruck. Schulden werden als gegenwärtige Verpflichtungen des Unternehmens definiert, die in der Vergangenheit entstanden sind und deren Erfüllung mit einem Abfluss der Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen verbunden ist (Framework § 49(b)). Bilanzierungsfähige Verpflichtungen umfassen somit ausschließlich Außenverpflichtungen. Deshalb ist für den Ansatz von A. im IFRSAbschluss kein Raum. Im US-Abschluss (o US-GAAP) bilden Rückstellungen keine eigenständige Bilanzposition. Sie stellen eine Ausprägung von Verbindlichkeiten dar, da das den Rückstellungen anhaftende Element der Unsicherheit in die Definition der Verbindlichkeit einbezogen ist. Ähnlich wie in der IFRS-Rechnungslegung werden nach SFAC 6.35 Schulden als gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens definiert, der ein vergangenes Ereignis zugrunde liegt, und deren Erfüllung voraussichtlich zum Abfluss von Ressourcen führt. Grundsätzlich erlauben die US-Bilanzierungsregeln deshalb nur die Bildung von Rückstellungen für eine bestehende Drittverpflichtung. Ebenso wie im IFRSAbschluss schließt somit die Definition

Aufwendungen für Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs der bilanziellen Schulden den Ansatz von A. aus. Durch die Eliminierung der allgemeinen A. im HGB-Jahresabschluss findet eine Annäherung an die IFRS-Rechnungslegung statt. Die Abschaffung der A. wird in der Begründung zum BilMoG mit der irreführenden Darstellung der Vermögenslage und einer Verfälschung der Ertragslage gerechtfertigt. Ob die Begrenzung der A. eine Verbesserung des an die IFRS-Rechnungslegung angepassten Informationsniveaus im HGBAbschluss bedeutet, hängt davon ab, welches Gewicht dem Periodenabgrenzungsprinzip bei der Erfolgsermittlung gegenüber einem Reinvermögensausweis beigelegt wird, bei dem der Erfolg eines Unternehmens als Veränderung der Verfügbarkeit von Ressourcen interpretiert wird. Bei Betonung des Prinzips periodengerechter Erfolgsermittlung ist die Bildung von A. gerechtfertigt, während eine vorrangige Abbildung des stichtagsbezogenen Ressourcenpotenzials des Unternehmens ohne A. auskommt. Lit.: Borstell, T.: Aufwandsrückstellungen nach neuem Bilanzrecht, 1988; Dörner, D.: Aufwandsrückstellungen – Möglichkeiten und Grenzen der Bilanzpolitik, in: WPg 1991, S. 225-229, 264-271; Eder, D.: Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB, 1988; Herzig, N./ Köster, T.: Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung und Abraumbeseitigung sowie für Kulanzleistungen, HdJ Köln Abt. 111/5 (2. Neubearb. 1999); Kozikowski, M./ Schubert, W.J.: § 249, in: BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010; Kupsch, P.: Bilanzierung und Bewertung von Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB, in: Bilanzrichtliniengesetz, ZfBErgh. 1987, S. 67-81; Siegel, T.: Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen, in: BFuP

1987, S. 301-321; Wehrheim, M./Rupp, D.: Die Passivierung von Rückstellung für Innenverpflichtungen nach Inkrafttreten des BilMoG, in: DStR 2010, S. 821825. Peter Kupsch Aufwands- und Ertragskonsolidierung Aufrechnung sämtlicher o Erträge aus konzerninternen Lieferungen und Leistungen sowie Gewinn- oder Verlustübernahmen gegen die korrespondierenden o Aufwendungen im Rahmen der Erstellung eines o Konzernabschlusses. Hierunter fallen sowohl o Umsatzerlöse als auch andere Erträge (z.B. Miet-, Zins-, Konzernumlagenerträge). Erfolgen die konzerninternen Lieferungs- und Leistungsgeschäfte mit einem o Zwischengewinn oder o Zwischenverlust, so ist zusätzlich eine o Zwischenergebniskonsolidierung vorzunehmen. Die Pflicht zur A. ist für HGB-Konzernabschlüsse in § 304 HGB und für IFRS-Konzernabschlüsse in IAS 27.20-21 kodifiziert. In § 305 Abs. 2 HGB wird explizit die Möglichkeit eingeräumt, auf die A. zu verzichten, wenn sie für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns von untergeordneter Bedeutung ist. Nach o IFRS lässt sich ein solches Vorgehen ggf. mit dem allgemeinen Grundsatz der o Wesentlichkeit begründen. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 425-441. Aufwendungen = Aufwand, periodisierte Ausgaben o Grundgrößen des Rechnungswesens Aufwendungen für Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs Grundsätzlich nicht aktivierungsfähige Aufwendungen, die mit der Ingangsetzung (z.B. Marktstudien, Werbung, Personalsuche und -schulung) und Erweiterung (z.B. Kosten der Kapazitätserweite63

Aufwendungen und Erträge, aperiodische rung, Produkteinführung, Unternehmensübernahme) des Geschäftsbetriebs verbunden sind. Ehemals bestand im o HGB ein o Aktivierungswahlrecht im Sinne einer o Bilanzierungshilfe, bei dessen Ausübung jedoch eine o Ausschüttungssperre auf die aktivierten Beträge griff. Im Zuge des o BilMoG wurde dieses Wahlrecht mittlerweile abgeschafft. Aufwendungen und Erträge, aperiodische Einer früheren, bereits abgeschlossenen Abrechnungsperiode zuzurechnende o Aufwendungen und o Erträge, die insb. wegen mangelnder Voraussicht der Periode, in der sie verursacht wurden, nicht zugerechnet wurden. Die a. A. und E. sind Bestandteile des neutralen o Ergebnisses, z.B. nachgezahlte Abgaben, Löhne oder Provisionen und Gewährleistungen, für die entsprechende o Rückstellungen nicht gebildet wurden, E. aus aufgelösten Aufstellungen oder dem Abgang abnutzbarer Anlagen. Zukünftigen Perioden zuzurechnende A., z.B. nicht aktivierte Ausgaben für Forschung und Entwicklung, werden gewöhnlich nicht darunter verstanden. Aufwendungen und Erträge, außerordentliche Nach § 277 Abs. 4 HGB Vermögensmehrungen und -minderungen, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstanden sind. Hierbei handelt es sich um o Aufwendungen und o Erträge, die selten und in ungewöhnlicher Höhe auftreten, z.B. hohe A. für die Stillegung oder Umstrukturierung bedeutender Betriebsteile oder erhebliche E. aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen. Nach IFRS ist der Ausweis von a. A. und E. nicht erlaubt. Aufwendungen und Erträge, betriebsfremde Außerhalb des engeren Betriebszwecks anfallende o Aufwendungen und o Er64

träge, z.B. Spenden für gemeinnützige Zwecke oder politische Parteien und Mieterträge aus Wohnungen für nicht dem Betrieb angehörige Personen. In der GuV nach der Mindestgliederung des § 275 HGB werden sie unter sonstigen betrieblichen A. und E. erfasst. Aufwendungen und Erträge, sonstige betriebliche In der o Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB gesondert auszuweisende Positionen, die alle diejenigen o Aufwendungen und o Erträge der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit aufnehmen, die nicht bereits in anderen A.- und E.-Positionen enthalten sind. Hierzu zählen z.B. Beratungshonorare, Provisionen, Steuererstattungen, Gewinne bzw. Verluste aus dem Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens, Währungsgewinne und -verluste. Aufzeichnungspflichten Zu den außersteuerlichen A. zählen die o Buchführungspflichten und die außersteuerlichen sonstigen A., welche sich aus den spezifischen Aufgaben einzelner Betriebs- und Berufsgruppen ergeben. Aus der Steuergesetzgebung folgen A. auch für nicht zur Buchführung verpflichtete Steuerpflichtige. Aufzinsung Finanzmathematische Rechenoperation, durch die der Wert einer Zahlung zu einem späteren Zeitpunkt berechnet wird. Technisch erfolgt die A. durch Multiplikation der Zahlung mit dem Aufzinsungsfaktor (1+i)t mit i = Zinsfuß und t = Anzahl der Perioden zwischen Zahlungs- und Bewertungszeitpunkt. Lit.: Kruschwitz, L., Finanzmathematik, 5. Aufl., 2010. Aufzinsungsfaktor o Aufzinsung Ausbringungserfolgsrechnung o Produktionserfolgsrechnung

Ausschüttungssperre Auseinandersetzungsbilanz Bilanz zur Feststellung des Zeitwerts der vorhandenen materiellen und immateriellen o Vermögensgegenstände und o Schulden; dient der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens eines aus der o Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafters. Sie ist eine für diesen Zweck erstellte Sonderrechnung oder wird aus dem auf den letzten Jahresabschlussstichtag erstellten o Jahresabschluss bzw. aus der o Steuerbilanz unter zusätzlichem Ansatz der stillen o Rücklagen abgeleitet. Die A. ist eine interne Bilanz der Gesellschafter. Da keine gesetzlichen Aufstellungs-, Ansatz- und Bewertungsregeln existieren, werden Grundsätze für ihre Erstellung meist im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Ausgaben Verminderungen des Geldvermögens verstanden als Summe aus den liquiden Mitteln und den Forderungen abzüglich der Verbindlichkeiten; monetäres Äquivalent von Güterzugängen, insb. infolge von Beschaffungsvorgängen (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Ausgleichskalkulation = Mischkalkulation = Kompensationskalkulation Verfahren der o Preiskalkulation. Danach werden den o Einzelkosten von Produktgruppen, Produkten oder Artikeln nach dem o Tragfähigkeitsprinzip statt nach Maßgabe der Verursachung mit unterschiedlich hohen Auf- bzw. Abschlägen o Gemeinkosten zugeordnet. Insgesamt sollte dabei ein kalkulatorischer Ausgleich zustandekommen, der die Gewinnziele der Unternehmung befriedigt. Der Ausgleich kann artikelintern (z.B. zwischen Verkaufs- und Kreditierungspreis), zwischen den Produktarten des Sortiments oder sukzessiv über Perioden erfolgen. Ausgliederungsstelle = Projektspezifische Kostenstelle.

Rechnungsmäßige Stelle im o Betriebsabrechnungsbogen zur Erfassung von Kosten für (größere) innerbetriebliche Leistungen, die über einen längeren Zeitraum anfallen, wie Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Großreparaturen, Eigenbau von Anlagen. Auslandsinvestitionen o Investitionen von im Inland ansässigen Wirtschaftssubjekten im Ausland (und umgekehrt). Bei A. sind die Verfahren der o Investitionsrechnung insb. dahingehend zu modifizieren, dass -

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Zahlungen in unterschiedlichen Währungen, die unterschiedlichen Steuersysteme im In- und Ausland (unterschiedliche Besteuerung von Investitionsobjekt und Alternativanlage), die unterschiedlichen Geldentwertungsraten im In- und Ausland und die Segmentierung der Kapitalmärkte (unterschiedliche Kapitalkosten)

berücksichtigt werden. Lit.: Mrotzek, R.: Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher Investitionskalküle, 1989. Ausleihungen Schuldrechtlicher Vertrag, bei dem der Gläubiger dem Schuldner Kapital überlässt, wodurch sich der Schuldner zur Rückgabe des Kapitalbetrags zu einem vereinbarten Zeitpunkt verpflichtet. Die A. wird beim Gläubiger als o Finanzinstrument, beim Schuldner als o Verbindlichkeit bilanziert. Ausschüttung o Gewinnverwendung Ausschüttungssperre Teilweise dürfen im handelsrechtlichen o Einzelabschluss ausgewiesene Gewinne nicht ausgeschüttet werden (o Gewinnverwendung). Hierdurch wird ein informativerer Vermögensausweis bei gleichzeitiger Wahrung des Gläubigerschutzgedankens möglich, da als nicht 65

Ausschusskosten hinreichend konkretisiert angesehene Gewinne nur gezeigt, nicht jedoch ausgeschüttet werden dürfen. Gem. § 285 Nr. 28 HGB sind die ausschüttungsgesperrten Beträge sowohl in Summe als auch getrennt nach Sachverhalt im o Anhang anzugeben. Seit Inkrafttreten des o BilMoG greift eine A. gem. § 268 Abs. 8 HGB in drei Fällen:

Außerordentliche Aufwendungen o Aufwendungen und Erträge, außerordentliche

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Außerplanmäßige Abschreibungen o Abschreibungen o Anlagevermögen

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Bei Ausübung des Wahlrechts zur Aktivierung von o Entwicklungskosten (§§ 248 Abs. 2, 255 Abs. 2a HGB); Bei Ausübung des Wahlrechts zur Bilanzierung aktiver latenter o Steuern, sofern der Saldo aus aktiven und passiven latenten Steuern zugunsten der aktiven latenten Steuern ausfällt (§ 274 Abs. 1 S. 2 HGB); Im Zusammenhang mit der o Zeitwertbewertung von altersversorgungsbezogenem Vermögen, in dem Maße, wie das Vermögen die korrespondierenden Schulden nach Berücksichtigung passiver latenter Steuern übersteigt (§ 253 Abs. 1 S. 4 HGB).

Ausschusskosten o Kosten, die für den Ersatz oder die Nacharbeit mangelhafter Zwischen- oder Endprodukte anfallen. Außenprüfung Regelmäßige durch Mitarbeiter von Finanzbehörden im Außendienst durchzuführende Prüfung der Angaben der Steuererklärung. Der enge Begriff „Betriebsprüfung “ umfasst die Durchführung allgemeiner A. gegenüber besonderen A. (z.B. der Lohnsteuer-A.). Außenumsatzerlöse Summe der o Umsatzerlöse, die alle in den o Konzernabschluss einbezogenen Gesellschaften mit nicht konsolidierten Unternehmen getätigt haben. In der Konzern-GuV werden nur die A. ausgewiesen, die sich aus dem o Summenabschluss nach der o Aufwands- und Ertragskonsolidierung ergeben. 66

Außerordentliches Ergebnis o Ergebnis, außerordentliches Außerordentliche Erträge o Aufwendungen und Erträge, außerordentliche

Auswahlprüfung Bei einer A. werden nicht alle Elemente des Prüfungsfeldes geprüft, sondern es wird nach bestimmten Kriterien eine Auswahl (Gegensatz zur o Vollprüfung) getroffen. Auswertungsrechnung Im Rahmen einer A. werden die in der zweckneutralen o Grundrechnung erfassten o Kosten und Erlöse für einen bestimmten Zweck, z.B. die Ermittlung eines kostenbasierten Angebotspreises in der o Kalkulation, zusammengefasst und ausgewertet. Auszahlungen Abgang an Bar- und Buchgeld o Grundgrößen des Rechnungswesens Automatisierte Prüfung o Prüfungsmethoden Available-for-Sale-Wertpapiere o Finanzinstrumente

B Badwill Als B. wird ein negativer Geschäftsoder Firmenwert (Goodwill, o Geschäftswert) bezeichnet, der sich als negativer Unterschiedsbetrag aus der o Kapitalkonsolidierung ergibt. Ein solcher Unterschiedsbetrag entsteht, wenn der im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses für die Beteiligung gezahlte Kaufpreis unterhalb des auf Einzelbewertungsbasis neubewerteten anteiligen bilanziellen Eigenkapitals des erworbenen Unternehmens liegt. Ein B. lässt sich ökonomisch einerseits auf künftige negative Ertragsaussichten zurückführen und andererseits als sog. Lucky Buy (günstiger Kauf) interpretieren. Nach § 301 Abs. 3 HGB ist ein B. auf der Passivseite der Konzernbilanz als „Unterschiedbetrag aus der Kapitalkonsolidierung“ unterhalb des Eigenkapitals auszuweisen. Eine ergebniswirksame Auflösung des Unterschiedbetrags ist für den Fall vorgeschrieben (§ 309 Abs. 2 HGB), dass (1) sich die zum Kaufzeitpunkt erwarteten ungünstigen Ertragsentwicklungen realisiert haben oder (2) am Abschlussstichtag sicher ist, dass der Unterschiedbetrag einem realisierten Gewinn entspricht. Im Unterschied hierzu sieht IFRS 3.3436 vor, dass ein aus der Kapitalkonsolidierung entstehender negativer Geschäfts- oder Firmenwert zunächst erneut hinsichtlich seiner Entstehung zu überprüfen ist (Reassessment). Sofern sich der negative Unterschiedbetrag hierbei bestätigt, ist der volle Betrag ergebniswirksam als Ertrag zu vereinnahmen. BaFin = o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Balanced Scorecard Von David P. Norton und Robert S. Kaplan eingeführtes Konzept der Unternehmenssteuerung, bei dem die Leistung ei-

nes Unternehmens anhand verschiedener Dimensionen bzw. Perspektiven beurteilt wird. Typischerweise werden neben der Finanzperspektive die Kundenperspektive, die interne Prozessperspektive und die Potenzialperspektive (Mitarbeiter, Wachstum) betrachtet. Letztlich werden aber alle Perspektiven der finanziellen Sichtweise untergeordnet. Jeder Perspektive werden verschiedene Kennzahlen zugeordnet, wobei die Gesamtzahl der Kennzahlen überschaubar bleiben soll. In der Finanzperspektive kommen o Kennzahlen aus dem Rechnungswesen zum Einsatz wie z.B. der Return on Capital Employed (o Rentabilität), o Stückkosten oder Umsatzwachstum. Lit.: Kaplan, R.S./Norton, D.P.: The Balanced Scorecard - Measures that Drive Performance, in: HBR 1/1992, S. 71-79; Kaplan, R.S./Norton, D.P.: Putting the Balanced Scorecard to Work, in: HBR 5/1993, S. 134-147. Baldwin-Zins = Modifizierter interner Zinsfuß = Kapitalwertzins Verfahren der dynamischen o Investitionsrechnung, bei dem der an der Methode des internen o Zinsfußes geäußerten Kritik einer unrealistischen Wiederanlageprämisse für das wieder frei gesetzte Kapital dadurch begegnet wird, dass eine Wiederanlage zum o Kalkulationszinsfuß (i) unterstellt wird. Der nach R.H. Baldwin benannte B. (rB) wird wie folgt ermittelt: n

rB

¦c

n t 1

t

u (1  i) n  t a0

1

Die Berechnung kann in folgende Schritte unterteilt werden: Zunächst wird durch Aufzinsung aller erwarteten Einzahlungsüberschüsse (ct)auf das Ende der Nutzungsdauer (n) der o Endwert ermit67

Barvermögen telt. Anschließend wird aus dem Verhältnis von Endwert und Investitionsauszahlung (a0) auf die über die Nutzungsdauer insgesamt erwartete Verzinsung geschlossen. Schließlich wird die erwartete Verzinsung pro Jahr durch Wurzelbildung (n-te Wurzel entsprechend der Länge der Nutzungsdauer in Jahren) ermittelt. Lit.: Baldwin, R.H.: How to assess investment proposals, in: HBR 3/1959, S. 98-104; Busse von Colbe, W./Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 3, 3. Aufl., 1990, S. 118-121; Währisch, M.: Zur Beurteilung der einfachen internen Zinsfuß-Methode und der BaldwinMethode aus Sicht der Praxis. Zugleich ein Beitrag zur Beziehung zwischen einfachem und modifiziertem internen Zinsfuß, in: FB 1999, S. 295-299. Barvermögen = o Mittel, liquide Barwert Der B. einer o Zahlungsreihe wird durch o Abzinsung der einzelnen Zahlungen mit dem o Kalkulationszinsfuß auf den Betrachtungszeitpunkt t = 0 ermittelt. Die B.-Ermittlung ist wesentliches Merkmal der dynamischen o Investitionsrechnung und der investitionstheoretischen Bewertungsmethoden in der o Unternehmensbewertung. Als Differenz aus dem B. der aus einem Investitionsobjekt erwarteten Einzahlungsüberschüsse und der o Investitionsauszahlung ergibt sich der o Kapitalwert. Dieser dient als Beurteilungskriterium für die Vorteilhaftigkeit im Vergleich zu einer alternativen Geldanlage. Nach dem Konzept der kapitaltheoretischen Bilanz (o Bilanztheorien) wird der B. von Ein- und Auszahlungen durchgehend als Bewertungsgrundsatz für die Bilanz gefordert. Der bei einer solchen Bilanzbewertung erwartete Gewinn entspricht genau einer Verzinsung 68

des Ertragswerts mit dem Kalkulationszinsfuß (o Gewinn, ökonomischer). Auch nach Rechnungslegungsvorschriften des o HGB und nach o IFRS ist teilweise eine Bewertung zum B. vorgesehen. So sind z.B. langfristige o Rückstellungen, u.a. o Pensionsrückstellungen, mit dem B. der erwarteten Auszahlungen zu bewerten. Auch der insb. im System der IFRS vorzufindende Bewertungsmaßstab des beizulegenden Zeitwerts (o Fair Value) ist bei fehlenden Marktpreisen als B. zu ermitteln. Lit.: Böcking, H.-J.: Bilanzrechtstheorie und Verzinslichkeit, 1988; Kruschwitz, L./Husmann, S.: Finanzierung und Investition, 6. Aufl., 2010, S. 1-82; Pellens, B./Gassen, J./Fülbier, R.U./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 135. Basel II Vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht erarbeitete Eigenkapitalvereinbarung für Banken, die mit Wirkung zum 01.01.2007 in Kraft getreten ist und das bis dahin geltende Regelwerk „Basel I“ ablöste. B. besteht aus drei sich wechselseitig verstärkenden Regelungssäulen, die gemeinsam die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Finanzsystems stärken sollen. Säule 1 betrifft die Mindestkapitalanforderungen und beinhaltet Vorschriften zur Eigenkapitalunterlegung von Kreditausfall-, Marktpreis- und operationellen Risiken und Regelungen für die Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen. Säule 2 umreißt die der Bankenaufsicht zur Verfügung stehenden Überprüfungsverfahren und ergänzt Säule 1 somit um ein qualitatives Element. Säule 3 regelt schließlich die Offenlegungspflichten von Kreditinstituten, um durch Verbesserung der Transparenz eine Stärkung der Marktdisziplin zu erreichen. BAV-Kennzahlen Vom Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen (BAV) für die o Bonitäts-

Beitragsverfahren, relatives prüfung bei Schuldscheindarlehen vorgegebene Kennzahlen. Nachdem das BAV in der o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aufgegangen ist, werden entsprechende Kennzahlen von dieser veröffentlicht.

Befreiender Konzernabschluss o Konzernabschluss, befreiender

auf eine andere Gesellschaft beliebiger Rechtsform und Nationalität überträgt (§ 291 AktG). Der B. begründet einen o Vertragskonzern und bedarf nach §§ 293-294 AktG der Zustimmung einer ¾-Mehrheit der o Hauptversammlung sowie der Eintragung in das o Handelsregister. Regelungen zu den wichtigsten mit dem Abschluss eines B. verbundenen Rechtsfolgen befinden sich in den §§ 300-310 AktG.

Beglaubigungsfunktion der Jahresabschlussprüfung o Prüfung des Jahresabschlusses

Lit.: Emmerich, V./Habersack, M.: Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., 2010, § 291.

Bedingtes Kapital o Kapitalerhöhung

Behavioral Accounting Verhaltenswissenschaftlich orientierter interdisziplinärer Forschungsansatz des betrieblichen Rechnungswesens, der über die Gewinnung und Bereitstellung von Informationen hinaus auch deren Auswirkungen auf das Verhalten der Informationsempfänger im Unternehmen (z.B. Führungskräfte) in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Wesentliches Ziel ist es, Gestaltungsempfehlungen für das Rechnungswesen zu geben, um die in einem Unternehmen tätigen Personen auf das übergeordnete Unternehmensziel auszurichten. Lit.: Haller, A.: Behavioral Accounting, in: DBW 1989, S. 383-385; Gillenkirch, R.M./Arnold, M.C.: State of the Art des Behavioral Accounting, in: WiSt 2008, S. 128-134; Hofmann, Y.E.: Behavioral Accounting, in: HWB, 6. Aufl., 2007, S. 77-86. Beherrschungsmöglichkeit Die Möglichkeit eines Mutterunternehmens, die Geschäfts- und Finanztätigkeit eines Tochterunternehmens in der Weise zu bestimmen, dass es aus dessen Tätigkeiten einen Nutzen ziehen kann. Beherrschungsvertrag Bezeichnung aus dem Konzernrecht für eine Form des o Unternehmensvertrages, durch den eine AG bzw. KGaA mit Sitz im Inland die Unternehmensleitung

Beibehaltungswahlrecht o Wertaufholung Beitragsverfahren, relatives Bei einer o Abschreibung nach dem r. B., teils auch als Tragfähigkeitsabschreibung bezeichnet, sind jeder Periode Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen (o Kosten, kalkulatorische) in einer Art und Weise zuzuordnen, dass der o Kapitaldienst (= Abschreibung + Zinsen) sich proportional zum erwarteten operativen o Cashflow verhält. Auf diese Weise ist für Projekte mit positivem o Kapitalwert in jeder Periode ein positiver o Residualgewinn zu erwarten. Als Spezialfall des r. B. für konstante Cashflows ergibt sich die o Annuitätenabschreibung. Eine Allokation der Investitionskosten nach dem r. B. ist bereits seit langem in der Literatur bekannt, hat aber erst in den 1980er Jahren durch Arbeiten von Grinyer (siehe auch: o Earned Economic Income) und in den 1990er Jahren durch Arbeiten von Rogerson und Reichelstein größere Bekanntheit erlangt. Lit.: Brief, R.P.: A late nineteenth century contribution to the theory of depreciation, in: JAR 1967, S. 27-38; Grinyer, J.R.: Earned economic income – a theory of matching, in: Abacus 1985, S. 130148; Reichelstein, S.: Investment incen69

Beizulegender Wert tives and managerial performance evaluation, in: RAST 1997, S. 157-180; Rogerson, W.P.: Intertemporal cost allocation and managerial investment incentives: a theory explaining the use of economic value added as a performance measure, in: JPE 1997, S. 770-795. Beizulegender Wert = o Wert, beizulegender Beizulegender Zeitwert = o Fair Value Belegbuchhaltung o Buchhaltung, kaufmännische Belegprüfung o Prüfungshandlungen

Berichtswährung Währung, in der ein o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss aufgestellt wird. Berliner Verfahren Bis 1952 von der Finanzverwaltung angewendetes Verfahren zur Ermittlung des o gemeinen Werts nicht notierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften nach dem o Mittelwertverfahren, abgelöst durch das o Stuttgarter Verfahren. Beschaffungscontrolling Teilgebiet des o Controllings, in dem die Planung, Steuerung und Kontrolle von Beschaffungsaktivitäten im Vordergrund steht.

Benchmarking Instrument zur Bestimmung der eigenen Wettbewerbsposition durch einen kennzahlenbasierten o Unternehmensvergleich. Durch das B. sollen Verbesserungspotenziale für die eigenen Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Methoden identifiziert werden. Ein B. kann sowohl unternehmensintern (Vergleich mehrerer Geschäftsbereiche) als auch unternehmensextern (Vergleich mit Wettbewerbern) erfolgen.

Beschaffungskalkulation Kalkulation zur (wertmäßigen) Analyse von Lieferantenangeboten zum Zwecke des Vergleichs und der Auslotung von Verhandlungsspielräumen (o Kostenträgerstückrechnung).

Beratungsfunktion (der Unternehmensbewertung) o Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung)

Beschäftigungsabweichung Spezielle Form von Kostenabweichungen, die im Rahmen der o Abweichungsanalyse innerhalb des Systems der flexiblen o Plankostenrechnung ermittelt wird. Die B. zeigt auf, in welchem Umfang die Änderung der Beschäftigung ursächlich für die Abweichung der o Istkosten von den o Plankosten ist. Rechnerisch ergibt sich die B. aus der Differenz zwischen den Plankosten und den verrechneten Plankosten bei IstBeschäftigung.

Bereichs-Fixkosten Fixkosten für eine Gruppe von o Kostenstellen bzw. einen Bereich, z.B. Gehälter der technischen Bereichsleitung (o Kosten, fixe und variable). Bereitschaftskosten o Kosten (bzw. o Ausgaben), die im Gegensatz zu den o Leistungskosten unabhängig von der Ausbringung sind. Sie ändern sich nur mit Auf- oder Abbau der Betriebsbereitschaft oder der Kapazität und sind kurzfristig nicht veränderbar (o Kosten, fixe und variable). 70

Beschäftigung In der o Kostenrechnung übliche Bezeichnung für die Auslastung der Kapazität von Anlagen, o Kostenstellen, Unternehmensbereichen oder des gesamten Unternehmens.

Beschäftigungsgrad Relation zwischen tatsächlicher o Beschäftigung bzw. Auslastung und der maximal möglichen Beschäftigung eines Betriebs.

Bestätigungsvermerk Beschreibungsmodell Im Gegensatz zu Entscheidungs- oder Optimierungsmodellen dient ein B. der Abbildung von Zuständen oder Abläufen z.B. in einem Unternehmen, etwa durch die o Buchhaltung. Beständedifferenzenbilanz o Bewegungs- und Veränderungsbilanz Bestätigungsvermerk 1. Funktion und Bedeutung Es gehört zu den beruflichen Aufgaben des o Wirtschaftsprüfers, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insb. solche von o Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und einen B. über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen. Dabei richtet sich der B. insb. an externe Adressaten, wie (potenzielle) Aktionäre und Gläubiger, andere Marktteilnehmer sowie die übrige interessierte Öffentlichkeit, welche kein Recht zur unmittelbaren Einsichtnahme in den o Prüfungsbericht haben. Der B. ist ein abschließendes Gesamturteil über die Rechnungslegung, das sich nicht lediglich als Summe der Beurteilungen von Teilgebieten des Prüfungsgegenstands ergibt, sondern eine Gewichtung der Einzelergebnisse erfordert. Verantwortlich beurteilt wird die Übereinstimmung des Jahresabschlusses, der Buchführung und des o Lageberichts mit den gesetzlichen und satzungs- bzw. gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen. Über gesetzliche oder vertragliche Erweiterungen des Prüfungsgegenstands, für die gesetzlich keine Beurteilung im B. vorgesehen ist, berichtet der Abschlussprüfer ausschließlich im Prüfungsbericht. Dies gilt bspw. für die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems gemäß § 317 Abs. 4 HGB. Der B. beinhaltet keine unmittelbare Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der Geschäftsführung des geprüften Un-

ternehmens. Auch wenn sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, ist der Abschlussprüfer zur Erteilung eines uneingeschränkten B. verpflichtet, soweit die gesetzlichen Vertreter die (wirtschaftliche) Lage des Unternehmens unter Beachtung der handelsrechtlichen Vorschriften und der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Jahresabschluss und Lagebericht angemessen darstellen. Ein uneingeschränkter B. stellt folglich kein „Gütesiegel“ oder „Gesundheitstestat“ für die wirtschaftliche Situation des Unternehmens dar, wie dies von der Öffentlichkeit teilweise erwartet wird. Die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Öffentlichkeit und der Aussagekraft des B. als einem zusammenfassenden „Positivbefund“ der Rechnungslegung wird als Erwartungslücke bezeichnet. Die rechtliche Bedeutung des B. liegt darin begründet, dass der Jahres- bzw. o Konzernabschluss bei prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaften erst festgestellt bzw. gebilligt werden kann, wenn die Abschlussprüfung stattgefunden hat und der Prüfungsbericht vorliegt, in den der B. oder der Vermerk über seine Versagung aufzunehmen ist (§§ 316 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 322 Abs. 7 HGB). Hat keine Prüfung stattgefunden und wurde folglich kein B. bzw. kein Vermerk über seine Versagung erteilt, ist ein dennoch festgestellter bzw. gebilligter Jahres- bzw. Konzernabschluss nichtig (§ 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Dagegen folgt aus einer Einschränkung oder Versagung des B., welche sich auf einen Mangel in der Rechnungslegung bezieht, nicht unmittelbar die Nichtigkeit des Jahresabschlusses als gesellschaftsrechtliche Folge von Unrichtigkeiten und Verstößen. Allerdings kann sich ein eingeschränkter B. nachteilig bei der Entlastung der Gesellschaftsorgane auswirken. Insoweit soll der B. einen indirekten Zwang zu einer ordnungsmäßigen Rechnungslegung bewirken. 71

Bestätigungsvermerk Der B. ist bei der Offenlegung des Jahresabschlusses von den gesetzlichen Vertretern der Kapitalgesellschaft beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen (§ 325 HGB). 2. Inhalt § 322 HGB konstituiert inhaltlich einen Bestätigungsbericht, dessen Bestandteile und Formulierungen lediglich inhaltlich, nicht jedoch in ihrem Wortlaut vorgegeben sind. Der Bestätigungsbericht ersetzt das sog. Formeltestat, welches bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) im Jahr 1998 erteilt und wegen seiner begrenzten Aussagefähigkeit stark kritisiert wurde. Die einzelnen Bestandteile des B. sind die Überschrift, der einleitende sowie der beschreibende Abschnitt, die Beurteilung durch den Abschlussprüfer sowie ggf. Hinweise zur Beurteilung des Prüfungsergebnisses und ggf. Hinweise auf Bestandsgefährdungen. a) Überschrift. Der B. ist aufgrund des weiten Adressatenkreises bei gesetzlichen Jahresabschlussprüfungen – abweichend von der internationalen Praxis – nach noch h.M. nicht zu adressieren, obwohl sich dies aus § 322 HGB weder ergibt noch die Vorschrift einer solchen Handhabung entgegensteht. Vermerke mit einer positiven Gesamtaussage sind als B., Vermerke mit einer negativen Gesamtaussage als Versagungsvermerk zu bezeichnen. b) Einleitender Abschnitt. Im einleitenden Abschnitt ist der Prüfungsgegenstand zu beschreiben. Dieser umfasst den Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung sowie den Lagebericht (§§ 322 Abs. 1, 317 HGB), wobei die angewandten Rechnungslegungsgrundsätze anzugeben sind. Darüber hinaus ist in diesen Abschnitt der Hinweis aufzunehmen, dass die gesetzlichen Vertreter den Abschluss zu verantworten haben (§ 322 Abs. 2 S. 2 HGB). 72

c) Beschreibender Abschnitt. Nach § 322 Abs. 1 S. 2 HGB hat der B. Art und Umfang der Prüfung zu beschreiben. Hierzu gehört zunächst der Hinweis, dass es sich um eine Abschlussprüfung handelt. Zudem hat der Abschlussprüfer darauf hinzuweisen, dass er die Prüfung so geplant und durchgeführt hat, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf die Darstellung des durch den Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und durch den Lagebericht vermittelten Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wesentlich auswirken, mit hinreichender Sicherheit erkannt werden. Die angewandten Prüfungsgrundsätze sind gemäß § 322 Abs. 1 S. 2 HGB anzugeben. Hierzu ist auf § 317 HGB und daneben auf die vom Institut der Wirtschafsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) festgestellten deutschen o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) Bezug zu nehmen. Bei einem nach § 315a HGB aufgestellten Konzernabschluss und Konzernlagebericht ist auf die ergänzende Beachtung der International Standards on Auditing (ISA) Bezug zu nehmen. Die Beschreibung des Umfangs der Prüfung hat außerdem u.a. Hinweise zu enthalten über die Berücksichtigung der Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit, das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld der Gesellschaft, die Erwartungen über mögliche Fehler bei der Festlegung der einzelnen Prüfungshandlungen sowie die Würdigung der Gesamtdarstellung des Jahresabschlusses. Verweise auf Prüfungsergebnisse anderer Prüfer, auf die sich der Abschlussprüfer bei der Prüfung gestützt hat, sind nicht zulässig, da die Gesamtverantwortung beim Abschlussprüfer des geprüften Unternehmens verbleibt. d) Beurteilung durch den Abschlussprüfer. Das Prüfungsurteil umfasst das Prüfungsergebnis. Es hat die Auffassung des Abschlussprüfers klar und zweifelsfrei zum Ausdruck zu bringen und kann

Bestätigungsvermerk gemäß § 322 Abs. 2 S. 1 HGB in den Formen uneingeschränkter oder eingeschränkter B. oder Versagungsvermerk erteilt werden (s. Abschnitt 3). e) Hinweise zur Beurteilung des Prüfungsergebnisses. Der Abschlussprüfer kann zusätzliche Hinweise zur Beurteilung des Prüfungsergebnisses aufnehmen, ohne den B. einzuschränken (§ 322 Abs. 3 S. 2 HGB). Hierbei kann er auf Sachverhalte hinweisen, die zwar ordnungsgemäß durch die gesetzlichen Vertreter dargestellt sind, deren Klärung aber von künftigen, durch das Unternehmen nicht beeinflussbaren Ereignissen abhängig ist, bspw. schwebende Prozesse. Ein ergänzender Hinweis hat keine Auswirkungen auf das Urteil des Abschlussprüfers, da es sich nicht um wesentliche Beanstandungen des Jahresabschlusses, des Lageberichts oder der Buchführung handelt (handeln darf!). Eine Einwendung (= wesentliche Beanstandung) darf nicht als „abgeschwächte Einschränkung“ in der Form eines zusätzlichen Hinweises formuliert werden. f) Hinweise zur Bestandsgefährdung. Gemäß § 322 Abs. 2 S. 3 HGB ist im B. auf Risiken, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden, gesondert einzugehen. Diese Risiken sind durch die gesetzlichen Vertreter im Lagebericht ausführlich darzustellen. Daher genügt der Abschlussprüfer seiner Redepflicht für den Fall bestandsgefährdender Risiken, wenn er in einem gesonderten Abschnitt des B. im Anschluss an das Prüfungsurteil auf die Art des bestehenden Risikos und dessen Darstellung im Lagebericht hinweist. Ist die Darstellung und Beurteilung dieser Risiken durch die gesetzlichen Vertreter nach Auffassung des Abschlussprüfers unzutreffend oder unzureichend, hat er den B. insoweit mit einer Einschränkung zu versehen. 3. Formen des Prüfungsergebnisses Gemäß § 322 Abs. 2 S. 1 HGB kann das Prüfungsurteil als uneingeschränkter oder

eingeschränkter B. oder als Versagungsvermerk erteilt werden. a) Uneingeschränkter B. Hat der Abschlussprüfer keine wesentlichen Beanstandungen („Einwendungen“) gegen die Buchführung, den Jahresabschluss und den Lagebericht zu erheben und liegen keine Prüfungshemmnisse vor, so ist der B. in uneingeschränkter Form zu erteilen. Hierbei erklärt der Abschlussprüfer gemäß § 322 Abs. 3 S. 1 HGB, dass die von ihm nach § 317 HGB durchgeführte Prüfung zu keinen Einwendungen geführt hat und dass der von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft aufgestellte Jahresabschluss aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse des Abschlussprüfers nach seiner Beurteilung den gesetzlichen Vorschriften entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt. Sofern ein Lagebericht aufgestellt wird, ist zudem zu erklären, dass dieser mit dem Jahresabschluss in Einklang steht und insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage der Gesellschaft vermittelt sowie die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend darstellt (§ 322 Abs. 6 HGB). Das Prüfungsurteil umfasst ggf. auch die Feststellung, dass die für die Rechnungslegung geltenden Vorschriften des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung eingehalten sind. Das Prüfungsurteil bringt die Einhaltung der Generalklausel nach § 264 Abs. 2 S. 1 HGB zum Ausdruck. Bei Gesellschaften, die aufgrund ihrer Rechtsform nicht verpflichtet sind, diese Anforderung zu erfüllen, kann nur dann eine Bestätigung hierüber erteilt werden, wenn deren Jahresabschluss insgesamt dieser Anforderung entspricht. 73

Bestätigungsvermerk Ein uneingeschränkter B. wird auch dann erteilt, wenn der Jahresabschluss unter Abkehr von der Unternehmensfortführungsprämisse (Going Concern-Annahme) aufgestellt wurde, sofern die gesetzlichen Vertreter diese Tatsache im o Anhang und im Lagebericht angemessen dargestellt haben. Der Abschlussprüfer hat in diesem Fall in dem gesonderten Hinweis auf bestandsgefährdende Risiken gemäß § 322 Abs. 2 S. 3 HGB unter Bezug auf die Darstellung im Anhang und im Lagebericht auch auf die Abkehr vom Grundsatz der Unternehmensfortführung hinzuweisen. Wurde der Vorjahresabschluss nicht geprüft oder mit einem Versagungsvermerk versehen, schließt dies die Erteilung eines uneingeschränkten B. nicht aus, sofern der geprüfte Abschluss materiell richtig ist. b) Eingeschränkter B. Hat der Abschlussprüfer wesentliche Beanstandungen gegen abgrenzbare Teile des Jahresabschlusses, des Lageberichts oder der Buchführung, oder kann der Abschlussprüfer abgrenzbare Teile der Rechnungslegung aufgrund besonderer Umstände nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen (Prüfungshemmnisse), dann hat er den B. einzuschränken, sofern insgesamt zu den wesentlichen Teilen der Rechnungslegung noch ein Positivbefund möglich ist. Ein eingeschränkter B. darf gemäß § 322 Abs. 4 S. 4 HGB nur erteilt werden, wenn der geprüfte Abschluss unter Beachtung der vom Abschlussprüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkung ein den tatsächlichen Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt. Solche Beanstandungen können sich aus wesentlichen Verstößen gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung oder Gesellschafterbeschlüsse ergeben, soweit diese sich auf die Rechnungslegung beziehen. Sie betreffen z.B. 74

– Mängel bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, – Verstöße gegen Ansatz-, Bewertungsund Ausweisvorschriften für den Jahresabschluss, – Nichtbeachtung von Angabepflichten im Anhang sowie – Mängel des Lageberichts. Prüfungshemmnisse können bspw. vorliegen, wenn das zu prüfende Unternehmen eine direkte Kontaktaufnahme mit seinem Anwalt verweigert, Geschäftsvorfälle mit nahestehenden Personen und Unternehmen nur mangelhaft nachprüfbar sind oder die Auskunfts- und Nachweispflichten des § 320 HGB nur unzureichend erfüllt werden und der Abschlussprüfer nicht auf andere Weise zu einer hinreichend sicheren Beurteilung gelangen kann. Einschränkungen sind zu begründen und so darzustellen, dass ihre Tragweite erkennbar wird (§ 322 Abs. 4 S. 3 und 4 HGB). Die Einschränkung ist im B. mit folgender Formulierung einzuleiten: „Meine/unsere Prüfung hat mit Ausnahme der folgenden Einschränkung zu keinen Einwendungen geführt.“ c) Versagungsvermerk. Der Abschlussprüfer hat eine negative Gesamtaussage im Rahmen eines Versagungsvermerks zu treffen, wenn er zu dem Prüfungsurteil gelangt, dass wesentliche Beanstandungen gegen den Jahresabschluss zu erheben sind, die sich auf diesen als Ganzen auswirken und so bedeutend oder zahlreich sind, dass nach der Beurteilung des Abschlussprüfers eine Einschränkung des B. nicht mehr angemessen ist, um die missverständliche oder unvollständige Darstellung im Jahresabschluss zu verdeutlichen. Eine derartige Beanstandung kann bspw. vorliegen, wenn der Jahresabschluss unter der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufgestellt wurde, obwohl hiervon nicht ausgegangen werden kann.

Bestätigungsvermerk Ein Versagungsvermerk ist außerdem zu erteilen, wenn die Auswirkungen von Prüfungshemmnissen so wesentlich sind, dass der Abschlussprüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten zur Klärung eines Sachverhalts nicht in der Lage ist (§ 322 Abs. 5 HGB). Die Abgrenzung zwischen Versagung und Einschränkung hat sich daran zu orientieren, ob insgesamt noch ein Positivbefund zur Rechnungslegung möglich ist. Ein Vermerk über die Versagung ist nicht mehr als B., sondern als Versagungsvermerk zu kennzeichnen. Die Gründe für die Versagung sind zu erläutern. 4. Besonderheiten bei der Konzernabschlussprüfung Die Grundsätze für die Erteilung des B. bei Jahresabschlussprüfungen gelten auch für die Prüfung von Konzernabschlüssen. Die Angaben zum Prüfungsumfang sind um den Hinweis auf die Prüfung der Abgrenzung des Konsolidierungskreises, der angewandten Konsolidierungsgrundsätze und der in den Konzernabschluss einbezogenen Jahresabschlüsse zu ergänzen. Nach § 322 Abs. 2 S. 4 HGB braucht im B. zum Konzernabschluss auf die den Fortbestand eines Tochterunternehmens gefährdenden Risiken nicht eingegangen zu werden, wenn das Tochterunternehmen für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns von untergeordneter Bedeutung ist. 5. Widerruf und Nachtragsprüfung Der B. ist zu widerrufen, wenn der Abschlussprüfer nach dessen Erteilung erkennt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des B. nicht vorgelegen haben und der betreffende Abschluss nicht geändert wird. Der Zulässigkeit des Widerrufs sind enge Grenzen gesetzt, etwa die gesicherte Erkenntnis neuer Tatsachen

oder die Täuschung des Abschlussprüfers durch das Unternehmen, aber auch die unrichtige Wertung oder das Übersehen von Tatsachen durch den Abschlussprüfer. Die Rechtswirkung des Widerrufs besteht darin, dass das geprüfte Unternehmen den bisher erteilten B. sowie den Prüfungsbericht ab dem Zeitpunkt des Widerrufs nicht mehr verwenden darf. Werden nach Erteilung des B. der geprüfte Jahresabschluss oder Lagebericht geändert, so sind diese Unterlagen gemäß § 316 Abs. 3 Satz 1 HGB erneut zu prüfen, "soweit es die Änderung erfordert". Der Abschlussprüfer hat über diese Nachtragsprüfung zu berichten und nach dem Ergebnis dieser Prüfung den B. entsprechend zu ergänzen. Werden durch die Änderung bisherige Einwendungen des Abschlussprüfers nicht beseitigt, ist dies anzugeben. Treten solche als Ergebnis der Nachtragsprüfung auf, gelten die Grundsätze zur Einschränkung von Bestätigungsvermerken bzw. Erteilung von Versagungsvermerken. Lassen die Änderungen bisherige Einwendungen entfallen, ist das Prüfungsurteil neu zu formulieren und auf die Änderung hinzuweisen. Der ursprünglich erteilte B. ist mit einem Doppeldatum, dem Datum der Beendigung der ursprünglichen Abschlussprüfung und dem der Beendigung der Nachtragsprüfung, zu unterzeichnen. Von der Nachtragsprüfung zu unterscheiden sind die Fälle, in denen innerhalb der Aufstellungsfrist und Weiterleitungsfrist an die gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebenen Organe der bereits testierte Jahres-/Konzernabschluss und/oder der Lage-/Konzernlagebericht neu aufgestellt wird. Dies kann sich beispielsweise aus der Neueinschätzung eines bedeutenden Risikos oder der voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken durch die gesetzlichen Vertreter ergeben, wie dies insb. in der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 der Fall gewe75

Bestandskonten sen ist. In solchen Fällen der Neuaufstellung i.V.m. fehlender Außenwirkung des bisher erteilten Bestätigungsvermerks wird letzter durch den Abschlussprüfer eingezogen und ist nicht erteilt worden. Allein der nach Neuaufstellung erteilte B. entfaltet Rechtswirkung. Lit.: Förschle, G./Küster, T.: § 322 HGB, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.), BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010, S. 2131-2168; IDW (Hrsg.): WP-Handbuch 2006, Band I, 13. Aufl., 2006, S. 1734-1811; IDW Prüfungsstandard: Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 270), in: WPg 2003, S. 775-780; IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die ordnungsgemäße Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen (IDW PS 400), in: WPg 2005, S. 13821402 (mit redaktionellen Änderungen durch den HFA am 02.09.2008 in Tzn. 103, 104 und 109, am 09.09.2009 in Tzn. 34, 47, 49, 60, 93 und Anhang 8 sowie am 24.11.2010 in Tz. 24, 30, 30a, 97a sowie Anhang 4a; letztgenannte Änderungen gelten für die Prüfung von Abschlüssen für am oder nach dem 15.12.2010 beginnende Geschäftsjahre, sie können freiwillig auf frühere Geschäftsjahre angewandt werden. Erfolgt die Abschlussprüfung auftragsgemäß unter unmittelbarer Anwendung der ISA sind bei der Erteilung des Bestätigungsvermerks ISA 700, ISA 705 und ISA 706 zu beachten. Diese gelten für die Prüfung von Abschlüssen für Zeiträume, die am oder nach dem 15.12.2009 beginnen. ISA 700, ISA 705 und ISA 706 können auf der Homepage der IFAC (www.ifac.org) abgerufen werden). Michael Gewehr Bestandskonten Im Gegensatz zu den o Erfolgskonten, zeigen B. die in die Bilanz einbezogenen Aktiv- und Passivposten des o Anlagevermögens, des o Umlaufvermögens und der o Verbindlichkeiten. 76

Bestandsteuer = o Substanzsteuer Bestandsveränderung Veränderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen; wird in einer nach dem o Gesamtkostenverfahren aufgestellten o Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen, um Unterschiede zwischen den Kosten, die den abgesetzten und den hergestellten Produkten zuzurechnen sind, auszugleichen. Bei einer Anwendung des o Umsatzkostenverfahrens werden die B. in einer Nebenrechnung erfasst. Bestellfixe Kosten o Kosten, bestellfixe Beta-Faktor o Capital Asset Pricing Model (CAPM) o Kapitalkosten Beteiligung 1. Begriff B. sind gem. § 271 Abs. 1 HGB als „Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen zu dienen“ definiert. Anteile an anderen Unternehmen sind mitgliedschaftliche, nicht zwingend in Wertpapieren verbriefte Vermögens- und Verwaltungsrechte in zur Buchführung verpflichteten Gesellschaften oder sonstigen nach außen in Erscheinung tretenden Organisationsformen, die dauerhaft eigene ökonomische Interessen verfolgen (z.B. BGBGesellschaften). Es handelt sich jedoch nur dann um eine B., wenn die Absicht in einer dauerhaften Anlage zur Förderung des eigenen Geschäftsbetriebs besteht und über eine kapitalmarktadäquate Verzinsung des investierten Kapitals hinausreicht. Es müssen weitere Vorteile durch eine wirtschaftliche Beziehung zu dem B.-Unternehmen angestrebt werden, die z.B. in Kooperationsabsprachen oder personellen Verflechtungen bestehen

Beteiligung können. Gem. § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB wird eine B. im Zweifel beim Halten von Anteilen in Höhe von mindestens 20 % des Nennkapitals einer o Kapitalgesellschaft widerlegbar vermutet. Bei einer o Personengesellschaft wird hingegen grundsätzlich unabhängig von der B.Quote widerlegbar vermutet, dass eine B. vorliegt. Den o IFRS fehlt ein mit dem HGB vergleichbarer expliziter B.-Begriff. Der Systematik der IAS 27, 28, 31 und 39 folgend lassen sich jedoch in Abhängigkeit von der möglichen Einflussnahme auf die Geschäftsführung verschiedene B.-Formen differenzieren: Ein o Tochterunternehmen (subsidiary) liegt vor, wenn es unter Beherrschung eines Mutterunternehmens steht (IAS 27). Beherrschung bedeutet, dass das Mutterunternehmen die Möglichkeit hat, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens zu bestimmen, um aus dessen Tätigkeit einen Nutzen zu ziehen (IAS 27.4). Assoziierte Unternehmen (associates) sind B., auf die ein maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann (IAS 28). Ein solcher besteht i.d.R., wenn an finanz- und geschäftspolitischen Entscheidungen mitgewirkt werden kann, die Entscheidungsprozesse jedoch weder gemeinsam geführt noch beherrscht werden können (IAS 28.2). Ein Gemeinschaftsunternehmen (joint venture) ist nach IAS 31.3 definiert als vertragliche Vereinbarung, in der zwei oder mehr Parteien eine wirtschaftliche Tätigkeit durchführen, die einer gemeinschaftlichen Führung unterliegt. Wenn kein maßgeblicher Einfluss auf die B. ausgeübt werden kann, handelt es sich nach IAS 39 um einfache B. (investments). Auch die IFRS enthalten B.-Vermutungen, die mit § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB vergleichbar sind. So wird ein maßgeblicher Einfluss des Anteilseigners bei einem Stimmrechtsanteil von mehr als

20 % widerlegbar vermutet. Unterschreitet der Stimmrechtsanteil jedoch 20 %, wird zunächst lediglich von einer einfachen B. ausgegangen (IAS 28.6). Eine Beteiligung an einem Gemeinschaftsunternehmen wird grundsätzlich bei einem Anteil von 50 % vermutet und eine Beherrschung wird nach IAS 27.13 i.d.R. angenommen, wenn das Mutterunternehmen über mindestens 50 % der Stimmrechte des Tochterunternehmens verfügt. Während hinsichtlich des Haltens von Anteilen an anderen Unternehmen Übereinstimmung zwischen den IFRS und den Regelungen des § 271 Abs. 1 HGB besteht, unterscheiden sie sich begrifflich vor allem im Hinblick auf das Kriterium der Daueranlageabsicht. 2. Bilanzansatz und Bewertung a) HGB. B. stellen o Anlagevermögen (§§ 271 Abs. 1, 247 Abs. 2 HGB) dar und sind gemäß § 266 Abs. 2 HGB als Finanzanlagen auszuweisen. Bei (mittel-)großen Kapitalgesellschaften ist für B. ein gesonderter Gliederungsposten der Finanzanlagen A.III.3. vorgesehen. Sofern das B.-Unternehmen zugleich auch ein verbundenes o Unternehmen gemäß § 271 Abs. 2 HGB ist, sind die entsprechenden Anteile unter der Position A.III.1. „Anteile an verbundenen Unternehmen“ auszuweisen. § 271 Abs. 2 HGB ist insofern als lex specialis gegenüber § 271 Abs.1 HGB anzuwenden. Beim Erwerb von Anteilen an bestehenden Unternehmen (derivativer Erwerb) hat die Bewertung nach § 253 Abs. 1 HGB grundsätzlich zu o Anschaffungskosten (§ 255 HGB) zu erfolgen Neben dem reinen Kaufpreis zählen auch Nebenkosten wie z.B. Beurkundungs- und Eintragungsgebühren (Notar, Handelsregister) und ggf. Zahlungen für einen Gewinnanspruch zu den Anschaffungskosten. Im Zeitpunkt der Gründung oder bei einer o Kapitalerhöhung erlangte Anteile (originärer Erwerb) sind ebenfalls zu 77

Beteiligungscontrolling Anschaffungskosten zu aktivieren. Anteile können durch unterschiedliche Formen von Einlagen in das Gesellschaftsvermögen erworben werden, z.B. durch Bar-, Sach- oder Dienstleistungen. Zur Erlangung von B.-Rechten führende Sacheinlagen sind als tauschähnlicher Vorgang zu behandeln. Nach HGB besteht für solche Anteile das grundsätzliche Bewertungswahlrecht, als Anschaffungskosten den o Zeitwert des eingelegten Gegenstandes anzusetzen oder den Buchwert fortzuführen. B. unterliegen den für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens geltenden Regeln bezüglich o Abschreibungen (§ 253 Abs. 3 HGB) und Entwicklungsdarstellung in der Bilanz oder im Anhang (§ 268 Abs. 2 HGB).

b) IFRS. In der IFRS-Rechnungslegung stellen alle Unternehmensanteile finanzielle Vermögenswerte i.S.v. IAS 39.8 i.V. m IAS 32.11 dar. Ausschlaggebend für die Bewertung einer B. sind stets die B.-Art und die Höhe des Anteils. Bei erstmaliger Bewertung ist eine einfache B. nach IAS 39 als finanzieller Vermögensgegenstand zu bilanzieren und gem. IAS 39.43 mit dem o Fair Value zu bewerten, der i.d.R. gleich dem Kaufpreis ist. Die Folgebewertung erfolgt jeweils unter bestimmten Bedingungen „at cost“ oder zum Fair Value (mit erfolgsneutraler Eigenkapitalbuchung, Available-for-Sale Securities). Für Anteile an Tochterunternehmen, an assoziierten Unternehmen sowie an Gemeinschaftsunternehmen bestehen eigenständige Regelungen für die Bilanzierung und Bewertung in IAS 27, 28 und 31, die sowohl Vorschriften zum o Konzernabschluss als auch Regelungen für den o Jahresabschluss enthalten. Analog zu den handelsrechtlichen Vorschriften ist auch nach IFRS im Rahmen der Folgebewertung an jedem Bilanzstichtag die Werthaltigkeit der Anteile zu prüfen. 78

Lit.: Heß, I., in: Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Ed. 2/10 2010, Anm. 1-4; Kozikowski, M./Gutike, H.-J.: § 271 HGB, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010, Anm. 5-8, 24-27 und 45-46; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011. Nina Kalhöfer Beteiligungscontrolling o Konzern-Controlling Betriebsabrechnungsbogen 1. Definition und Zwecke Der B. ist ein Instrument der Kostenstellenrechnung zur Zurechnung der Kostenträgergemeinkosten von den Vorkostenauf die Endkostenstellen (o Leistungsverrechnung, innerbetriebliche). Endkostenstellen sind Kostenstellen, die direkt an der Erstellung der am Markt abgesetzten Leistung beteiligt sind. Vorkostenstellen sind nicht an der Erbringung von Marktleistungen beteiligt, sondern erstellen Leistungen für andere betriebliche Abteilungen, wie z.B. die Raumkostenstelle. Abb. 1 verdeutlicht die zentrale Stellung der Kostenstellenrechnung im Abrechnungsfluss der Kostenrechnung. Die den Kostenstellen direkt oder mit Hilfe eines Verteilungsschlüssels zugerechneten Kostenträgergemeinkosten bzw. Kostenstellenkosten werden als primäre Kostenstellenkosten bezeichnet. Sie besitzen einen direkten Bezug zu den Beschaffungsmärkten des Unternehmens und werden aus der Kostenartenrechnung übernommen (s. Abb. 1). Kosten, die im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung von einer Kostenstelle einer anderen Kostenstelle zugerechnet werden, führen bei der belasteten Kostenstelle zu sekundären Gemeinkosten. Die Ergebnisse des B. werden für die Ermittlung von Kalkulationssätzen und für die Kostenkontrolle genutzt.

Betriebsabrechnungsbogen Kostenartenrechnung

Kostenstellenrechnung

Kostenträgereinzelkosten

Kostenträgergemeinkosten = Kostenstellenkosten

Vorkostenstellen

Endkostenstellen

Innerbetriebliche Leistungsverrechnung

Kostenträgerstückrechnung

Kurzfristige Erfolgsrechnung

Abb. 1: Kostenstellenrechnung und B. im Abrechnungsschema der Kostenrechnung

2. Aufbau Ein B. besitzt den Aufbau einer Matrix: die Zeilen enthalten die Kostenstellenkosten, aufgegliedert nach Kostenarten, in den Spalten sind die Kostenstellen aufgeführt, in denen die Kostenstellenkosten angefallen sind (vgl. Abb. 2). Die Endkostenstellen werden i.d.R. nach den vier wesentlichen Funktionsbereichen eines Betriebes, Einkauf (inkl. Logistik), Fertigung, Verwaltung und Vertrieb, gegliedert. Inwieweit diese Bereiche in einzelne Kostenstellen aufgegliedert werden, hängt von dem Bedürfnis des Betriebes nach Informationen über die Entstehung von Kosten ab und davon, wie verursachungsgerecht die Kostenstellenkosten den Kostenträgern zugerechnet werden sollen (s. hierzu auch 4.). Im Extremfall kann eine einzelne Maschine eine Kostenstelle bilden (o Maschinenstundensatzrechnung). Folgende Kriterien sollten bei der Bildung von Kostenstellen beachtet werden: – Verantwortung: die Kostenstellenleitung ist für die Höhe der Kosten verantwortlich. Nur so ist eine wirksame Kostenkontrolle möglich. Grundlage

hierfür ist, dass die Kostenstelle eine räumliche Einheit ist. – Homogene Kostenverursachung: innerhalb einer Kostenstelle sollte möglichst eine Größe festgelegt werden, die für die Entstehung der Kostenstellenkosten (in erster Linie) ursächlich ist. Dies ist Voraussetzung sowohl für eine effiziente Kostenkontrolle als auch für die Kalkulation. – Eindeutige Verbuchbarkeit von Kosten: die Buchungsbelege sollten sich verursachungsgerecht auf die Kostenstellen verbuchen lassen. – Wirtschaftlichkeit: die durch eine größere Anzahl von Kostenstellen entstehenden Kosten sollten in angemessenem Verhältnis zu dem daraus resultierenden Nutzen (in Form einer möglichst verursachungsgerechten Kostenzurechnung) stehen. 3. Durchführung der Betriebsabrechnung mit Hilfe des B. a) Zurechnung der primären Kostenstellenkosten auf die Kostenstellen. Kostenstellenkosten sind Kosten, die den Kostenträgern (z.B. einer Einheit des Endprodukts) nicht direkt zugerechnet werden können. Hierbei handelt es sich

79

Betriebsabrechnungsbogen z.B. um Gehälter für Mitarbeiter, die in der Produktion mehrerer Produktarten eingesetzt sind, oder um Abschreibungen auf Maschinen, auf denen mehrere Pro-

duktarten gefertigt werden. Die Kostenstellenkosten können in Kostenstelleneinzelkosten und in Kostenstellengemeinkosten unterschieden werden.

Vorkostenstellen

Kostenart

Summe der Kostenarten

Reparatur

Energie

1

Gehälter

72.500

4.500

2

Betriebsstoffe

18.800

3

Mieten

4

Abschreibungen

5

Endkostenstellen Einkauf

Fertigung I

Fertigung II

Verwaltung

Vertrieb

3.000

7.000

13.000

17.000

8.000

20.000

500

1.000

200

5.000

10.600

1.000

500

11.000

500

1.000

1.000

3.000

4.000

1.000

500

204.500

3.500

19.000

7.000

50.000

100.000

20.000

5.000

Sonstiges

92.500

1.000

16.000

14.500

20.000

30.000

5.000

6.000

6

Summe primärer GK

399.300

10.000

40.000

29.700

91.000

161.600

35.000

32.000

7

Umlage Reparatur

-10.811

541

1.622

2.162

4.324

1.081

1.081

8

Umlage Energie

811

-40.541

4.054

8.108

16.216

6.486

4.865

9

Summe primärer & sekundärer GK

0

0

35.376

101.270

182.141

65.568

37.946

399.300

Empfangende Stelle Leistende Stelle (Bezugsgröße)

Reparatur

Energie

Material

Fertigung I

Fertigung II

Verwaltung

Vertrieb

Summe

Reparatur (Std.)

-

5

15

20

40

10

10

100

10.000

-

50.000

100.000

200.000

80.000

60.000

500.000

Energie (kWh)

Abb. 2: Beispiel für einen stark vereinfachten B.

Kostenstelleneinzelkosten können einzelnen Kostenstellen unmittelbar zugerechnet und direkt auf die betroffene Kostenstelle kontiert werden (z.B. das Gehalt des Kostenstellenleiters). Kostenstellengemeinkosten, die für mehrere Kostenstellen anfallen, sind möglichst verursachungsgerecht auf die betroffenen Kostenstellen zu verteilen. Die Zurechnung kann auf Basis von Mengen- (z.B. qm für Miete) oder Wertschlüsseln (z.B. Löhne

80

und Gehälter für freiwillige Sozialkosten) durchgeführt werden. Die Verteilungsschlüssel sollten nach Möglichkeit so ausgewählt werden, dass eine Beziehung zwischen dem jeweiligen Schlüssel und der Entstehung der damit verteilten Kosten besteht. Die Schlüsselung kann auf dieser Stufe des B. vermieden werden, indem für Kosten, die für mehrere Kostenstellen anfallen, eigene Kostenstellen gebildet werden (z.B. eine Kos-

Betriebsabrechnungsbogen tenstelle Raummanagement, für die Mieten des Unternehmens Kostenstelleneinzelkosten darstellen). Die Kosten dieser Kostenstellen werden dann im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung auf die Kostenstellen verteilt, in denen die Leistung, die die Kosten verursacht, verbraucht wird. b) Innerbetriebliche Leistungsverrechnung. Zur Ermittlung der in den Endkostenstellen insgesamt angefallenen Gemeinkosten müssen die Kosten der Vorkostenstellen im Rahmen der sog. innerbetrieblichen Leistungsverrechnung von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen weiterbelastet werden. Zu diesem Zweck ist die Leistung, die eine Vorkostenstelle erbringt, festzustellen und zu bewerten. Beispiel 1: Von der Reparaturkostenstelle wurden in der abgeschlossenen Periode 100 Std. Reparaturarbeiten, davon 20 Std. für die Fertigungskostenstelle I, geleistet. Insgesamt sind in dem Zeitraum in der Reparaturkostenstelle Kosten i.H.v. 10.000 € angefallen. Die Leistung der Reparaturkostenstelle wird mit der Zeit gemessen, die für Reparaturen benötigt wird, und mit den Kosten pro geleisteter Zeit (hier: 10.000 € / 100 Std. = 100 € / Std.) bewertet. Im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung wird die Fertigungsstelle I mit 20 Std. u 100 € / Std. = 2.000 € für die empfangenen Reparaturleistungen belastet. Die innerbetriebliche Leistungsverrechnung kann auf Basis unterschiedlicher Verfahren durchgeführt werden. Die Eignung der einzelnen Verfahren ist von den betrieblichen Gegebenheiten, insb. von den Leistungsbeziehungen zwischen den Kostenstellen abhängig: Erbringen Vorkostenstellen ausschließlich Leistungen für die Endkostenstellen, ist das Beispiel 1 zugrunde liegende Anbauverfahren anwendbar.

Entspricht der Leistungsfluss folgendem Schema: Vorkostenstelle 1 Vorkostenstelle 2 Endkostenstelle 1 , kann für die Leistungsverrechnung das Stufenleiterverfahren angewandt werden: die Vorkostenstellen, die keine Leistungen anderer Kostenstellen erhalten, belasten die Kostenstellen, für die sie Leistungen erbringen, mit ihren Kosten. Damit sind die Vorkostenstellen der ersten Stufe von ihren Kosten entlastet. Die Vorkostenstellen der zweiten Stufe, die lediglich Leistungen von Kostenstellen der ersten Stufe erhalten, können nun ihre (primären und sekundären Kostenstellenkosten) an die Kostenstellen weiterbelasten, für die sie Leistungen erbringen. Dann sind die Vorkostenstellen der zweiten Stufe entlastet. Die Verrechnung wird so lange weitergeführt, bis sämtliche Kostenstellenkosten den Endkostenstellen zugerechnet sind. Beispiel 2: Die Reparaturkostenstelle (s. Bsp. 1) hat in der abgeschlossenen Periode 5 Reparaturstunden für die Energiekostenstelle erbracht. Hierfür wird die Energiekostenstelle mit 5 Std. u 100 € / Std. = 500 € belastet. Die Energiekostenstelle hat insgesamt 500.000 kWh an andere Kostenstellen geliefert, davon 100.000 kWh an die Fertigungsstelle I. Bei der Energiekostenstelle sind in der betrachteten Periode primäre Kostenstellenkosten in Höhe von 40.000 € angefallenen. Zusammen mit den von der Reparaturkostenstelle belasteten sekundären Kosten von 500 € ergeben sich für die Energiekostenstelle Kosten von insgesamt 40.500 €. Der Verrechnungspreis für eine kWh beträgt 81

Betriebsabrechnungsbogen 40.500 € / 500.000 kWh = 0,081 € / kWh. Die Fertigungsstelle I wird von der Energiekostenstelle mit 100.000 kWh u 0,081 € / kWh = 8.100 € und von der Reparaturstelle mit 2.000 € (s. Bsp. 1) belastet. Das Gleichungsverfahren berücksichtigt das Vorliegen gegenseitiger Leistungsverflechtungen von Vorkostenstellen. Für jede Vorkostenstelle ist eine Gleichung zur Berechnung ihrer gesamten Kosten aufzustellen, die sowohl die primären als auch die sekundären Kostenstellenkosten berücksichtigt: GKi = xi u qi = pGKi + x1i u q1 + x2i u q2 + … xni u qn n

= Anzahl der Vorkostenstellen

i, j

= Index der Vorkostenstellen (i, j = 1, 2, …, n)

GKi = Gesamte Kostenstellenkosten der Vorkostenstelle i pGKi = primäre Kostenstellenkosten der Vorkostenstelle i xi

= insgesamt erstellte Leistungsmenge der Vorkostenstelle i

xji

= von der Vorkostenstelle j an die Vorkostenstelle i abgegebene Leistungseinheiten

qi

= Verrechnungssatz der Vorkostenstelle i

qj

= Verrechnungssatz der Vorkostenstelle j

Man erhält ein lineares Gleichungssystem aus n Gleichungen mit n Unbekannten. Beispiel 3: Die Reparaturkostenstelle (s. Bsp. 2) hat in der betrachteten Periode von der Energiekostenstelle 10.000 kWh erhalten. Zur Ermittlung der Verrechnungspreise der Vorkostenstellen wird bei Anwendung des Gleichungsverfahrens folgendes Gleichungssystem aufgestellt: 82

q1 € / Std. u 100 Std. = 10.000 € + 10.000 kWh u q2 € / kWh q2 € / kWh u 500.000 kWh = 40.000 € + 5 Std. u q1 € / Std. Nach Auflösung des Gleichungssystems erhält man folgende Verrechnungspreise zur Bewertung der erbrachten Leistungen: q1 ~ 108,108 € / Std. q2 ~ 0,08108 € / kWh Die Reparaturkostenstelle belastet die Energiekostenstelle mit 541 € und die Fertigungsstelle I mit 2.162 €. Von der Energiekostenstelle werden an die Reparaturkostenstelle 811 € und an die Fertigungsstelle I 8.108 € weiterbelastet (s. hierzu Abb. 2). In der Praxis liegen häufig mehrfache Leistungsbeziehungen zwischen einer Vielzahl von Kostenstellen vor, die Vereinfachungen bei der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung erfordern. Wird z.B. trotz wechselseitiger Leistungsbeziehungen das Stufenleiterverfahren angewandt, ist die Höhe der Fehler abzuschätzen. Zu weiteren Verfahren der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung sei hier auf die weiterführende Literatur verwiesen. Nach Abschluss der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung sind die Vorkostenstellen vollständig entlastet, die Kostenstellenkosten sind als primäre und sekundäre Gemeinkosten auf die Endkostenstellen verteilt (vgl. Abb. 2). 4. Ermittlung von Kalkulationssätzen für die Endkostenstellen Im Rahmen der o Kostenträgerstückrechnung ist die Problematik der – möglichst verursachungsgerechten – Zurechnung der Kostenstellenkosten auf die Kostenträger zu lösen (o Kalkulation). Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, auf Basis der Ergebnisse des B. die Kosten der Endkostenstelle in dem Maße auf

Betriebsabrechnungsbogen die Kostenträger zu verteilen, in dem die Kostenträger Leistungen der Endkostenstellen in Anspruch nehmen. Zu diesem Zweck werden Kalkulationssätze gebildet.

Abhängigkeit der Maschinenbeanspruchung belastet. Die Wahl der Bezugsgröße ist dann optimal, wenn sich die Höhe der Kosten der Kostenstelle proportional mit der Bezugsgröße verändert.

Kalkulationssätze sind als Verhältnis der Summe der Kosten einer Kostenstelle zu einer Bezugsbasis definiert. Handelt es sich bei der Bezugsgröße um eine Wertgröße, entspricht der Kalkulationssatz einem Prozentsatz. Ist die Bezugsbasis eine Mengengröße, erhält man einen Wert pro Mengeneinheit als Kalkulationssatz.

5. Kostenkontrolle Durch die Zurechnung der Kostenstellenkosten auf die Kostenstellen mit Hilfe des B. wird deutlich, an welcher Stelle im Betrieb die Kosten entstehen. Die Leitung der Kostenstelle kann die Ursachen für die Entstehung der Kosten nachvollziehen und Maßnahmen zur Beeinflussung der Kosten ergreifen.

Die Bezugsgrößen für die Kalkulationssätze sollten in Zusammenhang mit der Entstehung der Kosten in der betroffenen Kostenstelle stehen (s. unter 2. die Kriterien zur Kostenstellenbildung). Die für die vier Funktionsbereiche Einkauf, Fertigung, Verwaltung und Vertrieb vielfach vorgeschlagenen Kalkulationssätze

Die Kostenkontrolle kann auf mehreren Vergleichsgrößen basieren (o Abweichungsanalyse):

– Materialgemeinkostenzuschlag = Materialgemeinkosten / Materialeinzelkosten – Fertigungsgemeinkostenzuschlag = Fertigungsgemeinkosten / Fertigungseinzelkosten – Verwaltungsgemeinkostenzuschlag = Verwaltungsgemeinkosten / Herstellkosten – Vertriebsgemeinkostenzuschlag = Vertriebsgemeinkosten / Herstellkosten sind i.d.R. zu undifferenziert, um eine verursachungsgerechte Verteilung der Kostenträgergemeinkosten auf die Kostenträger zu gewährleisten. Eine weitere Unterteilung der Kostenstellen ermöglicht eine bessere Auswahl geeigneter Bezugsgrößen. Stellt z.B. eine Fertigungsmaschine eine Endkostenstelle dar, können die Kosten der Maschine in Bezug zu der Maschinenlaufzeit gesetzt werden (Maschinenstundensatzrechnung). Die Kostenträger werden dann in

Beim Ist-Ist-Vergleich werden die Kosten mehrerer Perioden miteinander verglichen und die Ursachen der Entwicklung untersucht. Die Gefahr bei einem Ist-Ist-Vergleich besteht darin, dass gegebenenfalls „Schlendrian mit Schlendrian“ (Schmalenbach) verglichen wird und Potenziale zur Verringerung der Kosten nicht erkannt werden. Bei dem Vergleich der Ist-Kosten der betrachteten Periode mit den durchschnittlichen Kosten vergangener Perioden (Normalkosten) zeigt sich, inwiefern die Kosten in Höhe und Struktur in der betrachteten Periode von der „normalen“ Höhe und Struktur abgewichen sind. Durch die Verwendung von Normalkosten als Vergleichsgröße werden Auswirkungen außergewöhnlicher Ereignisse auf die Kostenhöhe aufgezeigt. Zielführend für eine aktive Steuerung von Kosten ist der Plan-Ist-Vergleich. Plankosten werden auf Basis von Prämissen für die künftige Entwicklung geplant (analytische Kostenplanung). Abweichungen der Ist- von den Plankosten decken Anders- bzw. Fehlentwicklungen auf und dienen als Hinweis für Verbesserungsmöglichkeiten (o Plankostenrechnung). 83

Betriebsausgaben 6. DV-Umsetzung In der industriellen Praxis ist der Aufbau der Kostenrechnung stark durch die eingesetzte Software determiniert. Der Kostenrechnung stehen vielfältige Softwareangebote zur Verfügung, die unterschiedliche Fertigungstypen unterstützen können. Entsprechende Module werden von verschiedenen Anbietern vertrieben. In der Regel besteht ein integrierter Buchungszusammenhang mit der Finanzbuchhaltung (o Buchhaltung, kaufmännische). Analysen für einzelne Kostenstellen, Kostenstellengruppen und Betriebsbereiche werden ermöglicht. Sowohl die Planung als auch die Kostenkontrolle werden durch die DVUnterstützung erleichtert bzw. erst ermöglicht (o Rechnungswesen, EDVgestütztes). Lit.: Haberstock, L.: Kostenrechnung I, 13. Aufl., 2008; Hummel, S./Männel, W.: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. 1986; Kilger, W./Pampel, J.R./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007; Klenger, F./ Falk-Kalms, E.: Masterkurs Kostenstellenrechnung mit SAP®, 4. Aufl., 2005. Karin Breidenbach Betriebsausgaben Nach § 4 Abs. 4 EStG die „Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind“. Bei der o steuerlichen Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sind darunter auch solche Aufwendungen zu verstehen, die nicht gleichzeitig zu Ausgaben führen, z.B. o Abschreibungen und die Bildung von o Rückstellungen. Betriebsbuchhaltung 1. Grundlagen Die B. verfolgt in erster Linie das Ziel der Erfassung, Kontrolle und Steuerung interner Unternehmensabläufe und ist damit dem Bereich des internen o Rechnungswesens zuzuordnen. Anders als die 84

Finanzbuchhaltung (o Buchhaltung, kaufmännische), die als Teilgebiet des externen Rechnungswesens primär Unternehmensinformationen für Dritte abbildet, liegt der Fokus der B. auf der Erfassung des Faktorverbrauchs und der Leistungsentstehung. Die B. umfasst die o Kosten- und Erlösrechnung und als Zurechnungen die Materialabrechnung, Lohnabrechnung und Anlagenabrechnung. Die Kosten- und Erlösrechnung gliedert sich wiederum in die o Kostenarten-, o Kostenstellen- und o Kostenträgerrechnung. Als Rechengrößen kommen in der B. o Kosten und Erlöse zur Anwendung. Anders als für die Finanzbuchhaltung bestehen für die B. keine gesetzlichen Vorgaben. Die B. kann strikt von der Finanzbuchhaltung getrennt geführt werden oder alternativ mit Hilfe eines einheitlichen Kontensystems zu einer integrierten Gesamtbuchhaltung verbunden sein. 2. Aufgaben und Zwecke Der B. lassen sich mit der Planungs-, Kontroll- und Dokumentationsfunktion drei zentrale Aufgaben zuordnen. a) Planungsfunktion. Die Kosten- und Erlösrechnung soll insb. die wirtschaftlichen Auswirkungen von alternativen Handlungsmöglichkeiten berechnen, um eine adäquate Grundlage für Entscheidungen zu schaffen. Dies beinhaltet z.B. die Bereitstellung von Informationen für die unternehmerische Preispolitik sowohl auf Beschaffungs- als auch auf Absatzseite, die Ermittlung optimaler Bestellmengen oder die Bestimmung optimaler Auslastungsgrade. Zudem lassen sich anhand der Planung verbindliche Größen für Zielvereinbarungen mit den Entscheidungsträgern vereinbaren. b) Kontrollfunktion. Anhand laufender Soll-Ist-Vergleiche kann auf Basis zuvor ermittelter Plandaten die Wirtschaftlichkeit von Produktionsprozessen,

Betriebsergebnis laufenden oder abgeschlossenen Projekten, Absatzmärkten oder ganzen Unternehmensteilen überprüft werden. Dies ermöglicht bei Abweichungen (o Abweichungsanalyse) ein frühzeitiges Entgegenwirken. c) Dokumentationsfunktion. Hinsichtlich der Dokumentationsfunktion unterstützt die Kosten- und Erlösrechnung die Ermittlung von Herstellungskosten gem. handels- und steuerrechtlichen Regelungen sowie die Ermittlung von Selbstkosten unter Beachtung der o Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP). 3. Bestandteile der Kosten- und Erlösrechnung a) Kostenartenrechnung. Aufgabe der o Kostenartenrechnung ist es, alle im Laufe einer Periode angefallenen Kosten vollständig und nach primären o Kostenarten gegliedert zu erfassen. Die Kostenartenrechnung lässt sich für auf die unterschiedlichen Kostenarten bezogene Planungen, Kontrollen und Ergebnisanalysen verwenden. Die Hauptaufgabe liegt allerdings darin, Daten für die nachfolgende Kostenstellen- bzw. Kostenträgerrechnung bereitzustellen. Zudem erlaubt die Kostenartenrechnung die Bestimmung des o Betriebsergebnisses. b) Kostenstellenrechnung. Die o Kostenstellenrechnung verknüpft Kostenarten- und Kostenträgerrechnung, indem sie mit Hilfe von Zuschlags- oder Verrechnungssätzen o Gemeinkosten der Vorkostenstellen auf die direkt an der Erstellung der betrieblichen Leistung mitwirkenden Kostenstellen (Endkostenstellen) verteilt (o Betriebsabrechnungsbogen). Besondere Bedeutung kommt der Kostenstellenrechnung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitskontrolle einzelner Kostenstellen mittels Soll-IstVergleichen zu. c) Kostenträgerrechnung. Die o Kostenträgerrechnung verrechnet alle

den Endkostenstellen zugerechneten Kosten auf die Kostenträger. Unterschieden wird dabei nach Kostenträgerstückrechnung und -zeitrechnung. Während mit ersterer die Stückkosten einzelner Kostenträger berechnet werden, verrechnet letztere die Kosten einer Periode auf die einzelnen Kostenträger. Lit.: Buchholz, L./Gerhards, R.: Internes Rechnungswesen, 2009, Kap. 1-5; Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, Kap. 1-5; Haberstock, L.: Kostenrechnung I, 13. Aufl., 2008, Kap. 1; Horsch, J.: Kostenrechnung, 2010, Kap. 1-4; Schildbach, T./Homburg, C.: Kosten- und Leistungsrechnung, 10. Aufl., 2009, Kap. I-II. Philipp Obermüller Betriebseinnahmen Der Begriff der B. wird vor allem im EStG gebraucht, dort jedoch nicht umschrieben und deshalb nach dem Einnahmebegriff des § 8 EStG ausgelegt. Nach Auffassung des BFH sind B. demnach alle betrieblich veranlassten Wertzugänge zum Betriebsvermögen, die keine Einlagen sind. Betriebserfolg = o Betriebsergebnis Betriebserfolgsstatistik Teil der Betriebsstatistik; dient der laufenden Überwachung des Betriebserfolgs. Dabei erfolgt eine periodische (i.d.R. monatliche) Auswertung des erzielten o Betriebsergebnisses durch die Erfassung von Umsatz und Kosten anhand von Kennzahlen. Daraus lassen sich durch Gegenüberstellung mit Vergleichszahlen (z.B. Vorjahreszahlen) Entwicklungen im Zeitablauf erkennen und Schlüsse für die künftige Unternehmenspolitik ziehen. Betriebsergebnis = Betriebserfolg (1) Im Sinne des internen o Rechnungswesens die Differenz zwischen 85

Betriebsfremde Aufwendungen und Erträge o Kosten und Erlösen einer Periode (kalkulatorisches Ergebnis). (2) Im handelsrechtlichen Sinne die Differenz zwischen den durch die ordentliche betriebliche Tätigkeit verursachten Aufwendungen und Erträge ohne aperiodische, betriebsfremdeund außerordentliche Elemente (siehe auch: o Ergebnis, neutrales) (3) Bei o Kreditinstituten Summe aus Teilbetriebsergebnis (Zins- und Provisionsüberschuss abzüglich Verwaltungsaufwand) und dem Ergebnis des Eigenhandels mit Wertpapieren, Devisen und Rohstoffen. Betriebsfremde Aufwendungen und Erträge o Aufwendungen und Erträge, betriebsfremde Betriebsmittelkosten B. entstehen durch den Betrieb bzw. die Nutzung von Maschinen, technischen Anlagen, Grundstücken und Gebäuden. Die B. erstrecken sich i.d.R. über mehrere Perioden. Die B. einer Periode werden als o Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen (o Kosten, kalkulatorische) der Betriebsmittel bestimmt und als Kosten der Instandhaltung erfasst. Betriebsnotwendiges Kapital o Kapital, betriebsnotwendiges Betriebsnotwendiges Vermögen o Vermögen, betriebsnotwendiges Betriebsprüfung o Außenprüfung Betriebsvergleich o Unternehmensvergleich Betriebsvermögen o Betriebsvermögensermittlung Betriebsvermögensermittlung, steuerliche 1. Überblick Die Ermittlung des Betriebsvermögens dient der Bestimmung von Steuerbemes86

sungsgrundlagen für die o Ertragsteuern (Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer) sowie für die Erbschaftund Schenkungsteuer. Der einkommenund körperschaftsteuerliche o Gewinn ermittelt sich grundsätzlich durch einen Betriebsvermögensvergleich zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss eines o Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen (§ 4 Abs. 1 bzw. § 5 EStG). Der nach den Vorschriften des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus einem Gewerbebetrieb ist auch Ausgangspunkt für die Berechnung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage (§ 7 S. 1 GewStG), die sich unter Berücksichtigung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) ergibt. Zur Besteuerung der Bereicherung durch eine unentgeltliche Vermögensübertragung infolge eines Erbanfalls oder einer Schenkung ist das Betriebsvermögen durch eine Vermögensaufstellung zu ermitteln. 2. Begriff und Umfang des Betriebsvermögens Das einkommen- bzw. körperschaftsteuerliche Betriebsvermögen umfasst alle o Wirtschaftsgüter, die in einem Betrieb zur Gewinnerzielung eingesetzt werden und die dem Betriebsinhaber wirtschaftlich zuzuordnen sind (§ 39 AO), sowie alle betrieblich veranlassten o Verbindlichkeiten. Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden oder dazu bestimmt sind. Wirtschaftsgüter, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind, können als gewillkürtes Betriebsvermö-

Betriebsvermögensermittlung, steuerliche gen behandelt werden (R 4.2. EStR 2008). Auch für Zwecke der Erbschaftund Schenkungsteuer umfasst das Betriebsvermögen alle Teile des Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG (gewerbliche Personenunternehmen), die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 95 Abs. 1 BewG). Darüber hinaus steht die Ausübung eines freien Berufs i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sowie die Tätigkeit als Einnehmer einer staatlichen Lotterie einem Gewerbebetrieb gleich (§ 96 BewG). Weiterhin bildet das Betriebsvermögen von Körperschaften (z.B. Kapitalgesellschaften), Personenvereinigungen und Vermögensmassen einen Gewerbebetrieb i.S.d. BewG (§ 97 Abs. 1 BewG). 3. Bewertung des Betriebsvermögens a) Ertragsteuerliche Bewertung des Betriebsvermögens. Die Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer orientiert sich grundsätzlich an den handelsrechtlichen o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 141 Abs. 1 AO) bzw. nimmt bei Kaufleuten aufgrund des o Maßgeblichkeitsprinzips unmittelbaren Bezug auf die Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG). Die handelsrechtliche Maßgeblichkeit für die o Steuerbilanz wird jedoch beschränkt (§ 5 Abs. 6 EStG). Aufgrund der unterschiedlichen Zwecke von Handels- und Steuerbilanz kommen bei der steuerlichen Gewinnermittlung eigenständige, vom Handelsrecht abweichende Ansatz-, Bewertungsund Abschreibungsvorschriften zur Anwendung (§§ 4 bis 7k EStG). Dies betrifft insb. Rückstellungen und Verbindlichkeiten (z.B. § 5 Abs. 2a, 3, 4, 4a und 4b, § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a, § 6a EStG). b) Erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung des Betriebsvermögens. Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist das Betriebsvermögen von

gewerblichen Personenunternehmen und freiberuflich Tätigen im Rahmen einer Gesamtbewertung zu ermitteln und mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 109 Abs. 1 BewG). Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 BewG). Mit der verkehrswertorientierten Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind – im Gegensatz zum Ertragsteuerrecht – die o Anschaffungs- und Herstellungskosten bzw. Buchwerte des Betriebsvermögens irrelevant. Für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke sind auch Anteile am Betriebsvermögen einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 109 Abs. 2 BewG). Dabei werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, mit dem Kurswert zum Bewertungsstichtag bewertet. In den übrigen Fällen ist der gemeine Wert aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag liegen (§ 11 Abs. 2 BewG). Ist kein Kurswert oder stichtagsnaher Kaufpreis feststellbar, soll der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten des Gewerbebetriebs bzw. der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methode (bspw. IDW S1) ermittelt werden. Das BewG sieht für die Bewertung das so genannte vereinfachte Ertragswertverfahren vor (§§ 199-203 BewG), soweit dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (§ 199 Abs. 1 BewG). Der gemeine Wert wird dabei durch Multiplikation des zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresbetrags (§§ 201, 202 BewG) mit dem Kehrwert des Kapitalisierungszinssatzes (§ 203 BewG) ermittelt, wobei sich der zukünftig nach87

Betriebsvermögensvergleich haltig erzielbare Jahresbetrag aus dem Durchschnitt der Betriebsergebnisse (§ 202 BewG) der letzten drei vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre ergibt. Der aus dem gemeinen Wert der einzelnen zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und Schulden abgeleitete Substanzwert stellt die Wertuntergrenze dar (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG). Ausgenommen vom Grundsatz der Gesamtbewertung sind Betriebsgrundstücke. Diese werden trotz ihrer Zugehörigkeit zur wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens einzeln bewertet (§ 99 BewG). Für unbebaute Grundstücke ermittelt sich der gemeine Wert aus der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert (§ 179 BewG). Bei der Bestimmung des gemeinen Werts bebauter Grundstücke kommt das Vergleichswert-, das Ertragswert- oder das Sachwertverfahren zur Anwendung. Der Wert von Mietwohn-, Geschäfts- und gemischt genutzten Grundstücken wird nach dem Ertragswertverfahren (§ 182 Abs. 3 i.V.m. §§ 184 bis 188 BewG) ermittelt. Für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt, sowie für sonstige bebaute Grundstücke wird der gemeine Wert nach dem Sachwertverfahren (§ 182 Abs. 4 i.V.m. §§ 189 bis 191 BewG) bestimmt. Lit.: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm, 7. Aufl., 2009; Herzig, N./ Briesemeister, S.: Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz nach BilMoG, in: WPg 2010, S. 63-77; Rössler, R./ Troll, M.: Bewertungsgesetz, 12. Aufl., 2009; Scheffler, W.: Besteuerung von Unternehmen II – Steuerbilanz und Vermögensaufstellung, 6. Aufl., 2010; Tiedtke, K.: ErbStG: Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2009. Heiko Müller Betriebsvermögensvergleich o Gewinnermittlung, steuerliche 88

Bewegungs- und Veränderungsbilanz Instrument der Bilanzanalyse und Grundform der Kapitalflussrechnung. Die B. zeigt die Veränderung der Bestandskonten zwischen zwei Bilanzstichtagen auf. Durch Gegenüberstellung der aus zwei aufeinander folgenden Jahresbilanzen abgeleiteten Zu- und Abnahmen der Aktiv- und Passivposten wird die Mittelherkunft und -verwendung im Unternehmen verdeutlicht. Lit.: Coenenberg, A.G./ Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 792799; Baetge, J./Kirsch H.-J./Thiele, S.: Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004, S. 303306; Perridon, L./Steiner, M./Rathgeber, A.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 2009, S. 610-614; Käfer, K.: Praxis der Kapitalflussrechnung, 1974, S. 20-22. Bewertungseinheit Aggregation verbundener Grund- und Sicherungsgeschäfte zu einer Gesamtheit zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken. Die Bildung von B. ist seit Inkrafttreten des o BilMoG gem. § 254 HGB n.F. im Rahmen der o Sicherungsbilanzierung explizit vorgesehen. Bewertungsprinzipien 1. Grundlagen Das betriebliche Rechnungswesen kennt wenige bloße Mengenrechnungen; meist werden Werte ausgewiesen. Zur Ermittlung von Werten bedarf es Bewertungsregeln oder B. (valuation methods). In den Wirtschaftswissenschaften stellen Werte Bezüge zwischen dem Entscheidungsträger und seinen Zielen her. Als Nutzwerte drücken sie die Vorteilhaftigkeit der zu bewertenden Objekte im Vergleich zu anderen aus. Wenn alle n wünschenswerten Objekte um einen knappen Mittelvorrat – beispielsweise um ein Geldbudget – konkurrieren, von allen n Objekten hinreichend präzise Nutzwerte und von n-1 Objekten auch die Preise bekannt sind, kann errechnet werden, wie

Bewertungsprinzipien viele der knappen Mittel für das n-te Objekt höchstens hingegeben werden dürfen, ohne die Zielerreichung zu beeinträchtigen (Entscheidungswert o Unternehmensbewertung). Die größte praktische Bedeutung haben allerdings konventionsgebundene Werte. Zunächst kann man einen Bezug zu einer tatsächlichen oder fiktiven Entscheidung herstellen – etwa den Gegenstand gekauft zu haben oder ihn fiktiv erneut zu beschaffen. Außerdem soll der der Konvention entsprechende Wert dazu beitragen, dass die betriebliche Rechnung – insb. der o Jahresabschluss und die o Kostenrechnung – ihre Ziele möglichst weitgehend erreicht. Bewertungsprinzipien bringen die Konventionen zum Ausdruck und geben an, wie ein Wert zu ermitteln oder wann welcher Wert anzusetzen ist. Verschiedene Zweige des Rechnungswesens (z.B. Jahresabschluss, Kostenrechnung) und Konzeptionen des Rechnungswesens (z.B. vermögens- bzw. erfolgsorientierte Jahresabschlüsse) propagieren unterschiedliche Bewertungsprinzipien, die sich allerdings im Zuge der aktuellen Harmonisierungstendenzen zunehmend vermischen. 2. Bewertungsprinzipien für den Jahresabschluss nach GoB und HGB a) Allgemeine Bewertungsprinzipien. Für den handelsrechtlichen Jahresabschluss gelten verschiedene allgemeine B., die in § 252 Abs. 1 HGB ausdrücklich kodifiziert wurden (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung). Nach dem Prinzip der formellen Kontinuität oder Bilanzidentität müssen die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahres denen in der Schlussbilanz des vorangegangenen Geschäftsjahres gleichen. Das Going-concern-Prinzip gebietet, bei der Bewertung grundsätzlich von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, es sei denn, tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten stehen dem entgegen. Auch wenn das Ge-

setz etwa in §§ 240, 256 HGB Ausnahmen kennt, sind nach dem Prinzip der Einzelbewertung Vermögensgegenstände und Schulden grundsätzlich einzeln zu bewerten. Wieweit das Vorsichtsprinzip in dem Sinne noch gilt, dass sich der Kaufmann im Zweifel eher ärmer rechnen soll als er ist, wird kontrovers diskutiert. Sicher aber bedeutet es, dass alle am Abschlussstichtag vorhersehbaren Risiken und entstandenen Verluste berücksichtigt werden müssen und Gewinne grundsätzlich nur angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert wurden. Das Prinzip, wonach Aufwendungen und Erträge eines Geschäftsjahrs unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind, scheint in Deutschland so selbstverständlich zu sein, dass es keinen besonderen Namen besitzt. Das Prinzip der materiellen Kontinuität oder o Bewertungsstetigkeit verlangt die Beibehaltung der angewandten Bewertungsmethoden im Zeitablauf. Es muss nach neuem Recht zwar strenger befolgt werden als nach dem alten, Ausnahmen gibt es aber weiterhin. b) Bewertungsprinzipien für Ausgangswerte. Wie speziell entgeltlich erworbene Vermögensgegenstände in der Bilanz zu bewerten sind, bestimmt das in § 255 Abs. 1 HGB konkretisierte o Anschaffungswertprinzip. Es legt den Anschaffungswert (o Anschaffungskosten) als Summe von Anschaffungspreis, Anschaffungsnebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten abzüglich von Anschaffungspreisminderungen fest. Durch die Bewertung zum Anschaffungspreis soll die Beschaffung von Vermögensgegenständen im Regelfall als erfolgsneutraler Vorgang erfasst werden. Da – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – ein höherer Wert ausgeschlossen ist (Höchstwertprinzip), kann zumindest vor dem Verkauf des Gegenstands oder der aus seiner Nutzung gewonnenen Produkte kein Gewinn erzielt werden. Im 89

Bewertungsprinzipien Falle des Verkaufs des Gegenstands markiert der – gegebenenfalls fortgeführte – Anschaffungswert den Nullpunkt des Erfolgs. Bei einem höheren Verkaufspreis wird ein Gewinn, bei einem niedrigeren ein Verlust erzielt. Für selbsterstellte Vermögensgegenstände treten die o Herstellungskosten an die Stelle des Anschaffungswertes. Verbindlichkeiten sind mit dem Betrag anzusetzen, den der Schuldner bei Fälligkeit der Verbindlichkeit aufbringen muss, um seine Verpflichtung zu erfüllen. Das kann der vertraglich vereinbarte oder der im Erfüllungszeitpunkt voraussichtlich aufzuwendende Geldbetrag sein. (Prinzip der Bewertung zum Erfüllungsbetrag; o Verbindlichkeiten). Das Barwertprinzip dagegen gilt speziell für Rentenverpflichtungen, bei denen über eine fest vereinbarte oder eine etwa an die Lebenszeit eines Menschen gebundene Frist regelmäßig wiederkehrende Leistungen in Geld oder anderen Werten zu erbringen sind, ohne dass dafür noch eine Gegenleistung erwartet werden darf. Die voraussichtlichen Leistungen sind danach auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen und zusammenzufassen. Dieses Bewertungsprinzip wurde durch das o BilMoG auch auf Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr übertragen. c) Ergänzende Bewertungsprinzipien. Die entsprechend den zuvor beschriebenen Prinzipien eingesetzten Ausgangswerte sind nicht in jedem Falle beizubehalten. Nach dem Prinzip der planmäßigen Abschreibung, das sich auf das Going-concern-Prinzip gründet, sind die Werte von Gegenständen des abnutzbaren o Anlagevermögens um planmäßige o Abschreibungen zu vermindern (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB). Das auf das Vorsichtsprinzip gegründete o Niederstwertprinzip verlangt darüber hinaus, Vermögensgegenstände zu einem 90

niedrigen und Verbindlichkeiten zu einem höheren Stichtagswert zu bewerten. Dabei wird allerdings nach vielen Kriterien differenziert. Beim o Umlaufvermögen gilt das Niederstwertprinzip streng auch bei vorübergehenden Wertminderungen, während es beim Anlagevermögen derart gemildert wird, dass nur bei voraussichtlich dauernden Wertminderungen abgewertet werden muss. Das Wahlrecht, Anlagevermögen bei nicht voraussichtlich dauernder Wertminderung abzuschreiben, steht zudem nur noch für Finanzanlagen offen. Hinsichtlich des relevanten Marktes, aus dem sich der niedrigere Wert als Wiederbeschaffungs- oder potentieller Veräußerungserlös ergibt, wird nach der Art des Vermögens differenziert. Liegt eher eine erneute Beschaffung nahe, wie im Regelfall bei Anlagevermögen sowie bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, so ist der Beschaffungsmarkt relevant. Der Absatzmarkt bildet die Grundlage zur Bestimmung niedrigerer Werte von absatzbestimmten Anlagen, Überbeständen an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie von unfertigen und fertigen Erzeugnissen. Das Minimum aus den Werten beider Märkte liefert den niedrigeren Vergleichswert bei Wertpapieren und Handelswaren. Wenn Vermögensgegenstände grundsätzlich höchstens zu ihren Anschaffungskosten bewertet werden dürfen, gleichwohl aber i.d.R. zu höheren Preisen veräußert werden, muss bestimmt werden, wann statt des Gegenstands selbst der höhere Erlös und damit auch der Gewinn angesetzt werden darf. Dies regelt das o Realisationsprinzip, das den Gewinn als realisiert erklärt, wenn der Verkäufer bei dem ihm auferlegten dringlichen Geschäft der Übereignung der Kaufsache alles in seiner Macht stehende getan hat. In wenigen Ausnahmefällen freilich – Altersversorgung alimentierendes Vermögen und Finanzinstrumente im Handelsbestand von Kreditinstituten – hat

Bewertungsprinzipien das BilMoG nach dem Vorbild von IFRS und US-GAAP Realisation durch Realisierbarkeit ersetzt. d) Bewertung und Erhaltung. Handels- und Steuerrecht orientieren sich in Deutschland wie in den meisten Ländern der Welt am Nominalwertprinzip. Das von den Eignern eingelegte und thesaurierte Kapital wird nominal erhalten; Gewinne sind dementsprechend Überschüsse der Erlöse über die historischen Anschaffungskosten. Bei steigenden Preisen kann der Gewinn auch anders definiert werden und das Vermögen anders bewertet werden. Nachfolgend werden zwei typische Kombinationen betrachtet. Im Rahmen des Prinzips der o Substanzerhaltung wird das Vermögen jeweils zugunsten einer Substanzerhaltungsrücklage erfolgsneutral auf den Wiederbeschaffungspreis am Umsatzbzw. Bilanzstichtag aufgewertet (Tageswertprinzip). Nur die Differenz zwischen Erlös und Wiederbeschaffungskosten am Umsatztag bildet dann den Gewinn. Beim Prinzip der realen Kapitalerhaltung erscheint das Eigenkapital erhalten, wenn es proportional zur Steigerung eines allgemeinen Kaufkraftindex zugenommen hat. Das Vermögen wird dementsprechend erfolgsneutral gem. der allgemeinen Preissteigerung aufgewertet. Gewinne entstehen, wenn beim Verkauf höhere Erlöse erzielt werden; Verluste aber entstehen gem. dem Niederstwertprinzip auch schon dann, wenn die konkrete Preissteigerung bei einem Gegenstand hinter der allgemeinen Preissteigerung zurückbleibt. e) International anerkannten Rechnungslegungsregeln zugrundeliegende Bewertungsprinzipien. Die überkommenen Bewertungsprinzipien von GoB und HGB decken nur die den einfachen, traditionellen Produktions- und Handelsaktivitäten gewidmeten Inhalte der international dominierenden Standards IFRS und US-GAAP ab. Speziell die Neuorientierung von der Erfolgs- zur Vermö-

gensdarstellung brachte neue Werte (o fair value, value in use) und neue Bewertungskonzeptionen ins Spiel. Das neue Ideal, die erfolgswirksame Bewertung von Vermögen und Schulden zum aktuellen Zeitwert (fair value), wurde in abgestuften Formen verwirklicht: umfassend bei vielen Finanzinstrumenten und bei fast allen Derivaten, bei der aktienbasierten Vergütung, bei besonderen Vorräten, beim wirtschaftlich relevanten Tausch sowie – im Rahmen der IFRS – auch zwingend beim lebenden Agrarvermögen und wahlweise bei Renditeimmoblien. Bei den zum Verkauf verfügbaren Finanzinstrumenten erfolgt die Zeitbewertung vorübergehend direkt über das Eigenkapital und bei monetären Positionen in fremder Währung beschränkt auf die Währungskursänderung. Bei immateriellen Anlagen, für die es aktive Märkte gibt, und bei Sachanlagen erlauben IFRS schließlich eine dauerhaft erfolgsneutrale Aufwertung zum fair value, die aber zu entsprechend höheren Abschreibungen führt. Der in Deutschland zentrale Grundsatz der Vorsicht wird zwar partiell konserviert, zunehmend aber von optimistischeren Grundsätzen verdrängt. Das gilt für die day one profits infolge der sofortigen Auflösung derivativer Badwills, für die wachsende Bedeutung der Realisierbarkeit anstelle der Realisation und für den großzügigen Einsatz der Gewinnrealisation nach dem Leistungsforschritt bei langfristiger Fertigung. Im Rahmen der Fehlerkorrektur und der Methodenänderung ist nach IAS 8 sogar die Bilanzidentität zu durchbrechen, und Pensionsverpflichtungen dürfen erfolgsneutral zu Lasten des Eigenkapitals berücksichtigt werden. Damit wankt die formelle Kontinuität oder Kongruenz als Übereinstimmung von Erfolg und Zahlungsüberschuss in der Totalperiode, denn sie wird nur partiell wiederhergestellt durch das „comprehensive income“. Die internationalen Standards stehen allerdings vor 91

Bewertungsstetigkeit tiefgreifenden Reformen insb. bei ihren theoretischen Leitbildern und der Gewinnermittlung. Die Zukunft wird spannend. 3. Bewertungsprinzipien rechnung

der

Kosten-

Soweit nicht im Rahmen der Selbstkostenermittlung die o Leitsätze zur Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) zu beachten sind, wird die o Kostenbewertung anders als die Bewertung im Jahresabschluss nicht durch gesetzliche Normen reglementiert. Dementsprechend finden sich in der Kostenrechnung auch sehr unterschiedliche Werte. Zunächst können diese Werte wie in der Bilanz auf effektive oder fiktive Marktpreise gestützt werden (pagatorisches Prinzip). Insoweit werden in der Kostenrechnung teilweise historische Anschaffungskosten, meist aber – weil die Kostenrechnung regelmäßig auf Substanzerhaltung ausgerichtet ist – Wiederbeschaffungskosten am Umsatztag und gelegentlich sogar geschätzte Wiederbeschaffungskosten im Zeitpunkt der künftig geplanten effektiven Wiederbeschaffung angesetzt. Daneben kann versucht werden, im Wertansatz der Kosten nicht nur den Beschaffungspreis, sondern auch die Nützlichkeit, die Erfolgsträchtigkeit der zu bewertenden Güterverbräuche zum Ausdruck zu bringen. Ist beispielsweise ein Faktor knapp und lassen sich mit seiner Hilfe verschiedene gewinnbringende Produkte herstellen, so kann als Wert dieses Faktors die Summe aus seinem Preis und dem Gewinn je Faktoreinheit angesetzt werden, der bei optimaler Nutzung des knappen Faktors mit dem letzten gerade noch produzierten und abgesetzten Produkt erzielt wird (Prinzip wertmäßiger Kosten). Dieser Wert entspricht einem Entscheidungswert. Im Fall der Optimierung durch lineare Programmierung ergäbe sich dieser Wert des Faktors aus seinem Preis zuzüglich seines Zielfunktionskoeffizienten (Schatten92

preis). Pagatorische und wertmäßige Wertansätze müssen nicht exakt ermittelt, sie können auch geschätzt werden. Die Kostenrechnung verwendet sogar relativ häufig solche o Verrechnungspreise mit im Detail höchst unterschiedlichem Gehalt (geschätzte Anschaffungsoder Wiederbeschaffungskosten, geschätzte wertmäßige Kosten). Der Kostenrechnung fremd sind viele der unter 2. behandelten B., wie Vorsichtsoder Niederstwertprinzip und speziell das Prinzip der formellen Kontinuität. Letzteres bedeutet nämlich beispielsweise im Falle einer Fehleinschätzung der Nutzungsdauer einer Anlage, dass nach Revision der Nutzungsdauer entweder zuviel abgeschrieben werden muss, weil zuvor zu wenig abgeschrieben wurde (alte Nutzungsdauer war zu lang) oder zu wenig abgeschrieben werden muss, weil zuvor zu viel abgeschrieben wurde (alte Nutzungsdauer war zu kurz). In der Kostenrechnung wird unabhängig von früheren Abschreibungen bei Erwartungsänderungen stets so abgeschrieben, als wäre von Anfang an auf Basis der aktuellen Erwartungen abgeschrieben worden. o Stetigkeitsprinzip und Realisationsprinzip dagegen kennt die Kostenrechnung i.d.R. auch. Lit.: International Accounting Standard Board: International Financial Reporting Standards, London 2009; Küpper, H.-U.: Bewertung, in: HWR, 3. Aufl., 1993, S. 1179-1188; Schildbach, T.: Der handelsrechtliche Jahresabschluss, 9. Aufl., 2009, S. 176-240; Schildbach, T.: Inflation Accounting-Verfahren, Beurteilung und aktuelle Situation, in: WISU 1984, S. 122-125, 215-220. Thomas Schildbach Bewertungsstetigkeit 1. Grundlagen Das Prinzip der B. als einer der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung fordert eine stetige Anwendung

Bewertungsstetigkeit der Bewertungsprinzipien in Jahres- bzw. Zwischenabschlüssen. Die Notwendigkeit der B. erwächst aus der Forderung nach zwischenbetrieblicher und interperiodischer o Vergleichbarkeit von Finanzberichten (o Jahresabschluss, Funktionen). Demnach umfasst die B. zum einen die intertemporale Stetigkeit, wonach die einmal angewandten o Bewertungsprinzipien im Zeitablauf beizubehalten sind (vertikale Stetigkeit). Zum anderen geht aus dem Grundsatz der B. hervor, dass art- und funktionsgleiche Bewertungsobjekte unter gleichen Umständen (z.B. keine zwischenzeitlich erlangte Veräußerungsabsicht) gleich zu behandeln sind (horizontale Stetigkeit). Das Gebot der B. bezieht sich zum einen auf die im Regelwerk explizit eingeräumten o Bewertungswahlrechte (z.B. Wahl von o Abschreibungsmethoden oder o Verbrauchsfolgeverfahren). Zum anderen umfasst B. nach h.M. auch die einheitliche Vorgehensweise bei Bewertungsfragen, die sich aus der Notwendigkeit von Schätzungen oder Ermessensspielräumen ergeben. Folglich sind auch die vom Bilanzierenden selbst definierten Prinzipien bzw. Verfahrensregeln, z.B. zur Bestimmung der Abschreibungsdauer oder der Höhe eines Wertminderungsbedarfs (o Impairment Test), grundsätzlich stetig anzuwenden. Eng verwandt mit dem Begriff der B. und dennoch hiervon abzugrenzen ist die Frage der Ansatzstetigkeit. B. bezieht sich lediglich auf die Bewertung von Bilanzpositionen und fordert somit nicht die einheitliche Ausübung von Wahlrechten in Bezug auf den Ansatz von Bilanzpositionen (o Bilanzierungswahlrechte). 2. Kodifizierung im HGB-Regelwerk Der Grundsatz der B. ist seit dem o BilMoG in § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB als „Muss-Vorschrift“ kodifiziert und wird durch § 246 Abs. 3 HGB um das

Gebot der Ansatzstetigkeit ergänzt. Durch § 298 Abs. 1 HGB i.V.m. § 308 Abs. 1 HGB gilt der Grundsatz gleichermaßen im Einzel- und o Konzernabschluss (o Einheitlichkeit der Bewertung). Über den Grundsatz der Maßgeblichkeit (o Maßgeblichkeitsprinzip) gilt das Gebot der B. (mit Ausnahmen) auch für die o Steuerbilanz. Eine Abweichung vom Grundsatz der B. ist nach § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen möglich und ist bei Kapitalgesellschaften gem. § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB im o Anhang inkl. der Auswirkungen auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage anzugeben. Folgende Ereignisse gelten nach h.M. als begründete Ausnahmefälle: – Änderung von Gesetzen und der Rechtsprechung, – Ergebnisse einer steuerlichen Betriebsprüfung, – Nutzung ansonsten vom Verfall bedrohter steuerlicher Verlustvorträge, – Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, – wesentliche Veränderungen in der Gesellschafterstruktur, – Änderung in der unternehmerischen Konzeption, etwa bei Wechsel des Managements, – technische Umwälzungen, – wesentliche Veränderungen des Beschäftigungsgrades. 3. Kodifizierung im IFRS-Regelwerk Der Grundsatz der B. wird grundsätzlich in IAS 8.13 i.V.m. 8.15 sowohl hinsichtlich der horizontalen als auch der vertikalen Stetigkeit festgehalten. Darüber hinaus lässt er sich stellenweise innerhalb der spezifischen Bilanzierungsregelungen wiederfinden (z.B. in Bezug auf die Wahl des Folgebewertungsmodells bei Renditeimmobilien in IAS 40.30; o Immobilien). Weiterhin wird die B. über die Gesamtheit der in einen Konzernab93

Bewertungsvereinfachungsverfahren schluss einbezogenen Einzelabschlüsse in IAS 27.28 festgelegt. Mangels expliziter Ansatzwahlrechte kennen die IFRS ein Ansatzstetigkeitsgebot im Gegensatz zum HGB nicht. Gemäß IAS 8.14 ist eine Durchbrechung der B. nur dann möglich, wenn sie durch einen Rechnungslegungsstandard bzw. eine Interpretation vorgeschrieben wird oder zu einer zuverlässigeren und relevanteren Darstellung der Unternehmenslage führt. Kommt es zur Methodenänderung, sind die Änderungen gleichermaßen für Berichts- und Vorjahr ergebnisneutral über das Eigenkapital durchzuführen. Die Anpassungen haben so zu erfolgen, als wäre die neue Methode von jeher angewendet worden (retrospektiv). Mit einer Methodenänderung gehen nach IAS 8.29 umfangreiche Anhangangabepflichten einher. Lit.: Schneeloch, D.: Bewertungsstetigkeit in Handels- und Steuerbilanz, in: WPg 1986, S. 405-417; Kupsch, P.: Einheitlichkeit und Stetigkeit der Bewertung gem. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB, in: DB 1987, S. 1101-1105, 1157-1161; Küting, K./Tesche, T.: Der Stetigkeitsgrundsatz im verabschiedeten neuen deutschen Bilanzrecht, in: DStR 2009, S. 1491-1498. Adam Strzyz Bewertungsvereinfachungsverfahren Gemäß § 256 HGB kann im Rahmen der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zur Vereinfachung für die Bilanzierung von gleichartigen Gegenständen des Vorratsvermögens das o FifoVerfahren, das o Lifo-Verfahren oder ein auf einer anderen o Verbrauchsfolgefiktion beruhendes Verfahren angewendet werden. Bewertungsvorbehalt Durch den B. des § 5 Abs. 6 EStG sind handelsrechtliche Bewertungsvorschriften steuerlich unbeachtlich, soweit das Steuerrecht andere Regelungen vorsieht. 94

Bewertungswahlrechte o Bilanzierungswahlrechte Bezugsgröße Bezeichnung für eine qualitativ, quantitativ, räumlich und/oder zeitlich abgegrenzte Größe, der bestimmte o Kosten und Erlöse, Mengenverbräuche und andere Geld- und Mengengrößen gegenübergestellt und zugeordnet werden. Sie werden in der Kurzform häufig als Maßgrößen der Kostenverursachung bezeichnet. In der o Prozesskostenrechnung werden die B. als o Kostentreiber, in anderen o Kalkulationsverfahren auch als Bezugs- oder Zuschlagsgrundlage bezeichnet. Bezugsgrößenhierarchie Für die Erfassung und den Ausweis der o Kosten notwendige Rangordnung von Kalkulationsobjekten, innerhalb derer sämtliche Kosten als o Einzelkosten erfasst werden (o Einzelkostenrechnung). Bezugsgrößenkalkulation o Kalkulation Bezugsschuldverschreibung = o Optionsschuldverschreibung Bilanz Die zum Ende eines jeden o Geschäftsjahres aufzustellende Gegenüberstellung von Vermögen (o Aktiva) und Kapital (o Passiva). Die B. ist gem. § 242 Abs. 3 HGB zentraler Bestandteil des o Jahresabschlusses, die Konzern-B. gem. § 297 Abs. 1 HGB zentraler Bestandteil des o Konzernabschlusses. Gleiches gilt nach RK.7 und IAS 1.10 auch für Abschlüsse nach o IFRS. Die Gliederung der Bilanz ist für Kapitalgesellschaften in § 266 HGB vorgeschrieben (o Gliederungsvorschriften). Für die steuerliche Gewinnermittlung ist eine o Steuerbilanz aufzustellen. Nach IFRS ist eine Mindestgliederungstiefe der Bilanz gemäß IAS 1.54 vorgegeben.

Bilanzanalyse, empirisch-statistische Bilanz, pagatorische Von Erich Kosiol entwickelte o Bilanztheorie des Formalinhalts des o Jahresabschlusses, nach der die Posten der Bilanz und GuV allein aus Zahlungen erklärt werden. Lit.: Kosiol, E.: Pagatorische Bilanz, 1976. Bilanzänderung Die Behandlung von B. ist innerhalb der Rechnungslegung nach IFRS in IAS 8 geregelt. So kann eine B. aus Fehlern früherer Perioden resultieren, die erst in einer Folgeperiode entdeckt werden. Darüber hinaus können auch geänderte Schätzungen oder Änderungen in der Anwendung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden eine B. erfordern. Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie aufgedeckte Fehler werden dabei gem. IAS 8.19 und IAS 8.42 retrospektiv angepasst. Treten bei Schätzungen Änderungen auf, so sind diese nach IAS 8.36 prospektiv zu erfassen. Innerhalb des HGB gibt es keine expliziten Regelungen zur B. Dennoch führen die o.g. Gründe ebenfalls zu einer B. Wird ein fehlerfreier o Jahresabschluss geändert, so müssen gewichtige wirtschaftliche Gründe zur Änderung vorliegen. Die B. kann dabei nur mithilfe eines Gesellschafterbeschlusses durchgeführt werden. Wird darüber hinaus in die Rechte Dritter eingegriffen, müssen diese der Änderung ebenfalls zustimmen. Bei Fehlern im Sinne der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) besteht eine Pflicht zur B., wenn der Jahresabschluss nicht mehr ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt. Bei der Durchführung der B. sind alle Gesellschaftsorgane einzubeziehen, die für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständig sind. Wird ein Jahresabschluss geändert, der

mehrere Geschäftsjahre zurückliegt, so sind nach dem Grundsatz der Bilanzidentität gem. § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB alle folgenden Jahresabschlüsse entsprechend zu ändern. Bilanzanalyse, empirisch-statistische 1. Begriffsabgrenzung Im Gegensatz zur kennzahlenbasierten o B. werden die Auswahl, die Gewichtung und die Zusammenfassung einzelner o Kennzahlen zu einem Gesamturteil bei der e. B. nicht subjektiv durch den Bilanzanalytiker getroffen, sondern anhand empirisch-statistischer Verfahren. Die – auch als moderne oder mathematisch-statistische bezeichnete – e. B. führt daher zu einem objektiveren Urteil als die „traditionelle“ kennzahlenbasierte B. 2. Ziele Mit der e. B. werden Unternehmen nach bestimmten (Rating-)Kriterien analysiert, um so zu einem aussagekräftigen Bilanzbonitätsurteil über das Unternehmen zu gelangen (Bilanzbonitäts-Ratings). Dadurch sollen entscheidungsnützliche Informationen über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage und die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens gewonnen werden. Die betriebswirtschaftliche Forschung zur e. B. zielt darauf ab, Kennzahlen bzw. Kennzahlensysteme zu ermitteln, anhand derer Aussagen über die Bestandsfestigkeit (Insolvenzgefährdung) eines Unternehmens getroffen werden können. Diese Systeme unterstützen den Analysten dabei, Unternehmenskrisen so früh wie möglich zu erkennen (Früherkennungsinstrumente) und etwaige Gegenmaßnahmen einzuleiten. 3. Kennzahlen Die e. B. nutzt sog. kreative, o Bilanzpolitik neutralisierende Kennzahlen (Neutralisierungsprinzip), um bilanzpolitisch motivierte Sachverhaltsgestaltungen 95

Bilanzanalyse, empirisch-statistische und Ermessensspielräume des Bilanzierenden weitgehend zu konterkarieren.

den vom Verfahren ausgewählten und gewichteten Einzelkennzahlen.

Als kreative Kennzahl bezeichnet man die modifizierte Grundvariante einer Kennzahl (vgl. o B., kennzahlenbasierte). Sie wird gebildet, indem zum Zähler bzw. zum Nenner der Grundvariante einer Kennzahl bestimmte Bilanz- oder GuV-Posten addiert oder subtrahiert werden, wodurch der Einfluss einer bilanzpolitischen Maßnahme reduziert oder aufgehoben wird.

Für ein Gesamturteil über das zu analysierende Unternehmen sind die Jahresabschlussdaten dieses Unternehmens anschließend in die ermittelte Funktion einzusetzen.

4. Generelle Methodik Die e. B. setzt an der subjektiven Auswahl, Gewichtung und Zusammenfassung der Kennzahlen bei der kennzahlenbasierten B. an. Bei der e. B. werden die Kennzahlen mit einem mathematischstatistischen Verfahren (siehe Gliederungspunkt 5) objektiv ausgewählt, gewichtet und zusammengefasst, wobei als Basis eine große Zahl von Jahresabschlüssen von gesund gebliebenen Unternehmen sowie von später insolvent gewordenen Unternehmen fungiert. Aus einem großen Kennzahlenkatalog werden mittels mathematisch-statistischer Verfahren zunächst diejenigen Kennzahlen ermittelt und gewichtet, anhand derer die „gesunden“ von den „kranken“ Unternehmen besonders gut unterschieden werden können. Da die Auswahl und die Gewichtung der Kennzahlen bei der e. B. derart vorgenommen wird, dass die „gesunden“ von den „kranken“ Unternehmen möglichst trennscharf bestimmt werden, und überdies keine subjektiven Entscheidungen des Bilanzanalytikers bei der Auswahl, Gewichtung und Zusammenfassung der Kennzahlen getroffen werden, wird gewährleistet, dass alle Aspekte im Sinne einer vollständigen Analyse berücksichtigt werden (Ganzheitlichkeitsprinzip). Das Ergebnis der Analyse des Datenbestands ist eine mathematische Funktion der Gesamtkennzahl in Abhängigkeit von 96

5. Ausgewählte geeignete Verfahren a) Multivariate Diskriminanzanalyse (MDA). Die MDA ist ein Verfahren zur Analyse von Gruppenunterschieden, das es ermöglicht, die solventen und die später insolventen Unternehmen anhand von mehreren Merkmalsvariablen, z.B. von mehreren Jahresabschlusskennzahlen (mulitvariat), mit nur einem Trennwert (verdichteter Wert der zusammen gefassten Merkmalsvariablen) zu klassifizieren. Die MDA erfolgt in vier Schritten: – Im ersten Schritt ist die Datenbasis bestehend aus einer Vielzahl von Jahresabschlüssen gesunder und kranker (später gescheiterter) Unternehmen auf zwei Stichproben, nämlich auf die Lernstichprobe und auf die Kontrollstichprobe, zu verteilen. – Im zweiten Schritt wird die Diskriminanzfunktion ermittelt. Mit Hilfe aller Kennzahlenwerte ermittelt man, welche Kennzahlen aus dem ursprünglich großen Kennzahlenpool in welcher Gewichtung die Unternehmen der Lernstichprobe am besten in solvente und insolvenzgefährdete trennen. – Im dritten Schritt wird der kritische Trennwert (Cut-off) ermittelt, der die Gruppen der solventen und der (drei Jahre später) insolventen Unternehmen voneinander trennt – Im vierten Schritt der MDA wird die ermittelte Diskriminanzfunktion an den Datensätzen der möglichst großen Kontrollstichprobe getestet. Die Anwendung der MDA setzt voraus, dass die Kennzahlen in der Diskrimi-

Bilanzanalyse, empirisch-statistische nanzfunktion normalverteilt, multivariat trennfähig und linear unabhängig sind. Um eine möglichst trennscharfe Diskriminanzfunktion zwischen solventen und später insolventen Unternehmen zu erhalten, ist es außerdem erforderlich, dass eine möglichst große Zahl von Jahresabschlüssen von solventen und später insolventen Unternehmen als Datenbasis der MDA fungiert. b) Künstliche Neuronale Netze (KNN). KNN bilden als Abbild von biologischen neuronalen Netzen ein System zur Informationsverarbeitung. Ein KNN besteht ähnlich wie ein biologisch neuronales Netz aus einer begrenzten Zahl von Zellen (Neuronen), die in mehreren Schichten angeordnet und miteinander verbunden sind. Informationen, die in das KNN eingegeben werden, werden durch das Netz geleitet, in den Schichten verarbeitet und abschließend wird das berechnete Ergebnis ausgegeben. Die Netzeingabe besteht, wenn die Künstliche Neuronale Netzanalyse (KNNA) bei der e. B. eingesetzt wird, aus den Kennzahlenausprägungen. Die Netzausgabe ist ein Wert, den man als neuronalen Netzwert (N-Wert) bezeichnet. Der N-Wert wird mit einer Kette von Funktionen berechnet, deren Variablen Jahresabschlusskennzahlen und deren Konstanten die ermittelten Verbindungsgewichte sind. Welche Kennzahlen zur Beurteilung eines Unternehmens heranzuziehen sind und wie diese Kennzahlen zu gewichten sind, lernt das KNN anhand von Jahresabschlusskennzahlen aus einer großen und möglichst repräsentativen Zahl von Jahresabschlüssen von kranken (später insolvent gewordenen) und gesunden Unternehmen. Ein Vorteil der KNNA gegenüber anderen Verfahren der modernen Bilanzanalyse besteht darin, dass die KNNA die Voraussetzungen der MDA nicht erfüllen muss und dass sie auch nicht-lineare Zusammenhänge abbilden kann. Ein weite-

rer Vorteil besteht darin, dass neben quantitativen Daten auch qualitative Daten, etwa Informationen über rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen des Unternehmens, verarbeitet werden können. c) Logistische Regression (LR). Die LR stellt ebenfalls ein mathematischstatistisches Verfahren dar, das den Zusammenhang zwischen einer abhängigen Variable – die im Falle eines Bilanzbonitäts-Ratings den Zustand des Unternehmens (solvent/insolvenzgefährdet) darstellt – und mehreren unabhängigen Variablen, den Jahresabschlusskennzahlen, untersucht. Die LR ist vor allem dazu geeignet, eine Gesamturteilsbildung im Sinne einer Auswahlwahrscheinlichkeit, basierend auf geschätzten Gruppenzugehörigkeitswahrscheinlichkeiten, zu ermitteln. Bei der LR werden zunächst die verschiedenen Kennzahlen durch eine Linearkombination zu der latenten Variablen „z“ aggregiert, aus der dann in einem zweiten Schritt mittels einer logistischen Funktion die (Ausfall-)Wahrscheinlichkeit ermittelt wird. Die latente Variable stellt damit die Verbindung zwischen der binären abhängigen Variablen und den beobachteten unabhängigen Variablen dar. Da die LR im Gegensatz zur MDA unempfindlich gegenüber der Verwendung von nicht normalverteilten Merkmalen ist, wird sie der MDA aufgrund der geringeren Anwendungsvoraussetzungen häufig vorgezogen. Weitere Vorteile der LR gegenüber anderen mathematischstatistischen Verfahren zur B. sind vor allem die hohe Transparenz sowie die einfache Interpretierbarkeit des Ansatzes und der ermittelten Ergebnisse. 6. Probleme und Grenzen Mit kreativen Kennzahlen können bilanzpolitische Maßnahmen weitgehend neutralisiert werden. Die e. B. kann aber 97

Bilanzanalyse, empirisch-statistische auch keinen hundertprozentigen Schutz vor allen bilanzpolitischen und sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen bieten. Deshalb muss der Analyst den geprüften Jahresabschluss stets zusätzlich kritisch auf weitere bilanzpolitische und sachverhaltsgestaltende Maßnahmen überprüfen. Mathematisch-statistische Verfahren stützen sich primär auf die quantitativen Informationen in den Jahresabschlüssen. Die Qualität des Managements, die Marktstellung des Unternehmens und weitere qualitative Faktoren zur Beurteilung des Unternehmens spiegeln sich hingegen nicht unmittelbar, sondern nur indirekt im Jahresabschluss wider. Im Rahmen einer „Inventur der Risiken“ muss der Bilanzanalyst daher auch wesentliche qualitative Faktoren bei seiner Urteilsbildung berücksichtigen. 7. Herausforderungen durch die Internationalisierung der Rechnungslegung Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (o BilMoG), der größten Reform des deutschen Bilanzrechts seit 25 Jahren, hat sich der Informationsgehalt des Jahresabschlusses verändert. Einerseits sind durch das BilMoG viele bilanzpolitisch nutzbare explizite Wahlrechte und Ermessensspielräume weggefallen. Andererseits enthalten die Regelungen des BilMoG vermehrt implizite oder „faktische“ Wahlrechte und (neue) Ermessensspielräume, wie sie auch in den IFRS gegeben werden. Hierdurch wird der Bilanzanalytiker vor neue Herausforderungen gestellt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, neue sich an den Regelungen des BilMoG bzw. der IFRS orientierende und Bilanzpolitik konterkarierende Kennzahlen zu ermitteln. Eine zunehmend wichtige Rolle wird dabei künftig der Anhang spielen. Er ist durch das BilMoG, das erweiterte Informationspflichten für den Anhang vorsieht, aussagefähiger geworden. 98

Eine sinnvolle Interpretation von Jahresabschlussdaten ist bei der e. B. zudem nur möglich, wenn die den abgebildeten Kennzahlen zugrunde liegenden Ansatzund Bewertungsmethoden im Zeitablauf konsistent sind bzw. konsistent angewendet werden. Problematisch sind deshalb sowohl Wechsel von einem Rechnungslegungssystem zu einem anderen (bspw. der Wechsel von einer Rechnungslegung nach HGB zu einer Rechnungslegung nach IFRS) als auch umfassende Weiterentwicklungen innerhalb eines Rechnungslegungssystems (bspw. durch das BilMoG). Hierdurch können Brüche in den Zeitreihen der Kennzahlen entstehen, so dass eine empirische Auswertung in der Übergangsphase erschwert oder sogar unmöglich wird. Die Auswirkungen des BilMoG auf die e. B. werden sich erst in einigen Jahren zeigen, wenn genügend Abschlüsse von später insolvent gewordenen Unternehmen für eine e. B. zur Verfügung stehen, mit denen spezielle Kennzahlensysteme für HGB-Abschlüsse nach BilMoG entwickelt werden können. Lit.: Baetge, J. (Hrsg.): Bilanzanalyse und Bilanzpolitik, 1989; Baetge, J./ Schmidt, A.: Das BilMoG – Erleichterung oder Erschwernis für die Bilanzanalyse?, in: Rau, F.H./Merk, P.: Kapitalmarkt in Theorie und Praxis: Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der DVFA, 2010, S. 171-186; Baetge, J./Beermann, T.: Vergleichende Bilanzanalyse von Abschlüssen nach IAS/US-GAAP und HGB, in: BB 2000, S. 2088-2094; Baetge, J./Beuter, H.B./Feidicker, M.: Kreditwürdigkeitsprüfung mit Diskriminanzanalyse, in: WPg 1992, S. 749-761; Baetge, J./Kirsch, H.J./Thiele, S: Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004, S. 547-604; Baetge, J./Maresch, D./Schulz, R.: Zur (Un-)Möglichkeit des Zeitvergleichs von Kennzahlen, in: DB 2008, S. 417-422; Baetge, J./Melcher, T./Schmidt, M.: Moderne Bilanzanalyse – Möglichkeiten und

Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte Grenzen von Bilanzratings; in: Credit Analyst 2009, S. 143-164; Baetge, J./von Keitz, I./Wünsche, B.: BilanzbonitätsRating von Unternehmen, in: Büschgen, H.E. (Hrsg.): Handbuch Rating, 2. Aufl., 2007; Göllert, K.: Problemfelder der Bilanzanalyse: Einflüsse des BilMoG auf die Bilanzanalyse, in: DB 2009, S. 17731778; Krause, C.: Kreditwürdigkeitsprüfung mit Neuronalen Netzen, 1993; Küting, K./Weber C.-P.: Die Bilanzanalyse, 9. Aufl., 2009; Leker, J./Mahlstedt, D./Krehl, U.: Auswirkungen der IFRSRechnungslegungsumstellung auf das Jahresabschlussbild, in: KoR 2008, S. 379-387. Jörg Baetge/ Benedikt Wünsche/ André Hater Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte 1. Begriffsabgrenzung Der Jahresabschluss wird aussagefähiger, wenn die darin enthaltenen Daten methodisch aufbereitet, in Beziehung gesetzt und mit anderen Daten verglichen werden. Die Untersuchung von o Jahresabschluss und o Lagebericht, um ein Urteil über die wirtschaftliche Lage (Vermögens-, Finanz- und Ertragslage) und Entwicklung eines Unternehmens zu fällen, wird als B. (financial statements analysis) bezeichnet. Der Begriff „Jahresabschlussanalyse“ wäre zutreffender, da sich die Untersuchung auf den gesamten Jahresabschluss (und den Lagebericht) erstreckt. Die B. basiert auf der Berechnung von Kennzahlen. Nach dem Vorgehen, wie Kennzahlen gebildet, ausgewählt, verglichen und zu einem Urteil zusammengefasst werden, unterscheidet man die k. B. von den empirisch-statistischen Verfahren der B. (o B., empirisch-statistische). Neben der quantitativen Analyse mittels Kennzahlen können die Angaben im Anhang und Lagebericht einer qualitativen Analyse unterzogen werden (qualitative B.).

2. Ziel Zwei Ziele haben eine zentrale Bedeutung für die k. B.: – Der Analyst möchte erstens Informationen über die Ertragslage eines Unternehmens erhalten. Dieser Teilbereich der B. wird auch als erfolgswirtschaftliche Analyse bezeichnet. – Eine Bilanz wird zweitens mit dem Ziel analysiert, Informationen über die Vermögens- und Finanzlage eines Unternehmens zu erhalten. Dieser Teilbereich wird als finanzwirtschaftliche Analyse bezeichnet. Auf Dauer finanziell stabil ist nur ein ertragsstarkes Unternehmen. Umgekehrt ist die finanzielle Stabilität Voraussetzung für einen langfristigen kontinuierlichen Einkommensstrom. Zwischen den sog. Teillagen bestehen also Interdependenzen, so dass beide Ziele bei der B. berücksichtigt werden müssen. 3. Kennzahlen – Basis der Bilanzanalyse a) Grundlagen. Unter betriebswirtschaftlichen Kennzahlen versteht man statistische Zahlen, die einen betriebswirtschaftlichen Sachverhalt in verdichteter Form charakterisieren. Kennzahlen sind entweder absolute Zahlen, z.B. die Bilanzsumme, oder relative Zahlen, die das Verhältnis von absoluten Zahlen ausdrücken (Verhältniszahlen). Für die B. werden zumeist Verhältniszahlen verwendet, um relevante Sachverhalte auch zwischen verschieden großen Unternehmen vergleichen zu können. Verhältniszahlen sind konzipiert als – Gliederungszahlen (Relation einer Teilgröße zur zugehörigen Gesamtgröße, z.B. Eigenkapitalquote als Eigenkapital zu Gesamtkapital), – Beziehungszahlen (Relation zweier verschiedenartiger Größen, z.B. Eigenkapitalrentabilität als Jahresergebnis zu Eigenkapital) oder 99

Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte – Indexzahlen (Relation einer Größe zur gleichen Größe zu einer anderen Zeit, z.B. Umsatzentwicklung als Umsatz 2010 zu Umsatz 2009). Bei der Bildung von Verhältniszahlen ist darauf zu achten, dass sich Zähler und Nenner zeitlich, sachlich und wertmäßig entsprechen, um eine aussagefähige Relation zu erhalten. Voraussetzung für eine B. mittels Kennzahlen ist, dass für jede Kennzahl eine Arbeitshypothese gebildet wird, die angibt, ob deren hoher/niedriger Wert zu einem (eher) positiven oder (eher) negativen Urteil über die erfolgswirtschaftliche oder finanzwirtschaftliche Lage beiträgt. Wenn der Analyst z.B. anhand der Kennzahl „Eigenkapitalquote“ die Vermögens- und Finanzlage beurteilt, unterstellt er, dass bestandsfeste Unternehmen jeweils höhere Werte aufweisen als bestandsgefährdete. b) Kennzahlen der finanzwirtschaftlichen Analyse. Die finanzwirtschaftliche Analyse umfasst die Vermögensstrukturanalyse, die Kapitalstrukturanalyse und die Analyse der horizontalen Bilanzstruktur. In der Vermögensstrukturanalyse wird die Aktivseite der Bilanz analysiert. Vertikale Bilanzstrukturkennzahlen (sog. Intensitäten) geben die Anteile einzelner Gruppen von Aktiva am Gesamtvermögen an (z.B. Sachanlagenintensität als Sachanlagevermögen zu Gesamtvermögen). Umschlagkoeffizienten ergänzen die vertikale Bilanzstrukturanalyse und verknüpfen Bestandsgrößen mit Stromgrößen der GuV (z.B. Umschlaghäufigkeit der Vorräte als Umsatzerlöse zum durchschnittlichen Bestandswert an Vorräten). Ihre Ermittlung dient der Information, wie rasch das eingesetzte Kapital durch den Güterabsatz wieder monetisiert wird oder wie hoch die Lagerdauer der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ist. Altersstrukturkennzahlen geben dem Analysten einen Einblick in die Innovati100

onskraft des Unternehmens, z.B. durch die Altersstruktur des Sachanlagevermögens. Eine solche Analyse wird durch die Verpflichtung nach § 268 Abs. 2 HGB, einen Anlagespiegel aufzustellen, der die kumulierten Abschreibungen enthält, möglich. Ferner sind Analysen zur Investitions- und Wachstumspolitik des Unternehmens sinnvoll, bei denen die Höhe der (abgeleiteten) Nettoinvestitionen dem Sachanlagevermögen oder den darauf entfallenden Abschreibungen des Geschäftsjahrs gegenübergestellt wird. Bei der Kapitalstrukturanalyse wird nach Herkunft und Zusammensetzung der Finanzierungsmittel gefragt. Die Analyse umfasst neben der Außen- auch die Innenfinanzierung aufgrund von erwirtschafteten Abschreibungs- und Rückstellungsgegenwerten sowie der Thesaurierung von Gewinnen. Im Mittelpunkt der Kapitalstrukturanalyse stehen die Anteile von Eigenkapital und Fremdkapital am Gesamtkapital, die sich in den Kennzahlen „Eigenkapitalquote“ und „Statischer Verschuldungsgrad“ (Fremdkapital zu Eigenkapital) niederschlagen. Die statische Analyse kann durch die Ermittlung der Kennzahl „Dynamischer Verschuldungsgrad“ (Cashflow zu [kurzfristigem] Kapital) ergänzt werden. Diese Kennzahl kann als Kapitalrückflußquote und als Maß für die Schuldentilgungsfähigkeit des Unternehmens verstanden werden; sie wird in verschiedenen Ausprägungen als eine zentrale Kennzahl für das Kreditrating verwendet. Ist der Anteil des langfristigen Fremdkapitals an den Verbindlichkeiten hoch, wird auch die Finanzierung als sicher angesehen. In der Analyse der horizontalen Bilanzstruktur werden Beziehungen zwischen der Aktiv- und Passivseite hergestellt, also zwischen Mittelverwendung und Mittelherkunft. Kennzahlen zur langfristigen Anlagendeckung drücken das Verhältnis von Eigenkapital (und ggf. langfristigem Fremdkapital) zum Anlagever-

Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte mögen aus. Das Anlagevermögen sollte durch Kapital entsprechender Fristigkeit finanziert sein, da das Risiko der Illiquidität um so geringer ist, je besser die Tilgung des Fremdkapitals aus den Vermögensgegenwerten möglich ist. Die verschiedenen Ausprägungen der kurzfristigen Liquiditätskennzahlen (Liquidität 1., 2. oder 3. Grades sowie working capital) setzen Teile des Umlaufvermögens in Beziehung zum kurzfristigen Fremdkapital. Gefordert wird, dass das Umlaufvermögen dem kurzfristigen Fremdkapital mindestens entspricht, um kurzfristige Zahlungsverpflichtungen durch Einzahlungen aus der Veräußerung liquiditätsnaher Vermögensgegenstände abdecken zu können. c) Kennzahlen der erfolgswirtschaftlichen Analyse. Rentabilitätskennzahlen drücken die Verzinsung des eingesetzten Kapitals aus. Bei der Kapitalrentabilität wird eine Erfolgsgröße, z.B. der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag, ein um außerordentliche Elemente bereinigtes Ergebnis oder ein Cashflow in Beziehung zum durchschnittlichen bilanziellen Eigenkapital gesetzt. Bei der Gesamtkapitalrentabilität wird der Zähler unter Einbeziehung des Zinsaufwandes zum jahresdurchschnittlichen Gesamtkapital relativiert. Eine für den Betriebs- oder Branchenvergleich häufig herangezogene Kennzahl ist die Umsatzrentabilität, die sich aus dem Quotienten von ordentlichem Betriebsergebnis und Umsatzerlösen errechnet. Zur Einschätzung der künftigen Erfolgssituation ist von Interesse, welche Erfolgsteile nachhaltig erzielbar sind, wie die aus der eigenen Betriebstätigkeit, und welche Erfolgsteile den sonstigen finanziellen Beziehungen, den einmaligen oder unregelmäßigen Ereignissen sowie Bewertungsmaßnahmen zuzurechnen sind (Ergebnisquellenanalyse). Das ordentliche Betriebsergebnis resultiert aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, d.h.

aus den betrieblichen Umsätzen und den (meisten) sonstigen betrieblichen Erfolgskomponenten. Die Höhe des ordentlichen Betriebsergebnisses im Verhältnis zum Jahresüberschuss oder -fehlbetrag ist eine wichtige Grundlage für die Einschätzung der künftigen Ertragslage, da durch diese Relation die auf dem Betriebszweck beruhende Fähigkeit des Unternehmens, einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen, repräsentiert wird. Die Ergebnisquellenanalyse wird durch Berechnung und Vergleich von Intensitätskennzahlen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Leistungsprozesses abgerundet. Sie erhellen die Aufwandsstruktur, indem sie beim Gesamtkostenverfahren z.B. die Anteile der Materialund der Personalaufwendungen an der Gesamtleistung angeben (Aufwendungsanalyse). 4. Methodik Zu Beginn der k. B. sollte sich der Analyst einen Überblick über die konstitutiven Sachverhalte (z.B. Größenordnung des Unternehmens) und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (z.B. Marktentwicklung) verschaffen, um spätere bilanzanalytische Ergebnisse vor diesem Hintergrund würdigen zu können. Anhang und Lagebericht enthalten für die k. B. wertvolle Informationen, ohne die der Bilanzanalytiker sich nur ein sehr eingeschränktes Bild von der Lage des Unternehmens machen kann. Eine umfassende Analyse dieser Informationen ist für die B. unverzichtbar. Vor der Kennzahlenberechnung sind erkennbare Informationsmängel des Jahresabschlusses zu beheben und die Daten in ein einheitliches Erfassungsschema zu überführen, um deren Auswertung vorzubereiten. Nach der Aufbereitung des Zahlenmaterials werden die Daten zu Kennzahlen verdichtet (Kennzahlenkatalog). Im Rahmen der Kennzahlenauswahl müssen 101

Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte aus diesem Katalog die „richtigen“ Kennzahlen – also die im Hinblick auf das Analyseziel geeignetsten Kennzahlen – ausgewählt werden. Für eine umfassende Analyse sollten Kennzahlen aus möglichst allen Informationsbereichen des Jahresabschlusses betrachtet werden. Bei der k. B. wählt der Analytiker die Kennzahlen selbst, beispielsweise aufgrund seiner persönlichen Erfahrung, oder er wählt einen Kennzahlenkatalog, der durch ein Kennzahlensystem festgelegt wurde. Kennzahlensysteme unterstützen den Bilanzanalytiker dabei, sich systematisch ein umfassendes Urteil zu bilden und helfen zu vermeiden, dass Kennzahlen „wahllos“ nebeneinander stehen. Eine Kennzahl wird erst aussagefähig, wenn einer der drei folgenden Kennzahlenvergleiche vorgenommen wird. – Bei einem Periodenvergleich wird die Kennzahl mit dem Istwert einer früheren Periode verglichen. – Bei einem Betriebsvergleich wird die Kennzahl mit dem Istwert eines Unternehmens der gleichen Branche oder dem Istwert des Branchendurchschnitts verglichen. – Ein Soll-Ist-Vergleich erfordert die Vergabe eines normativen Sollwertes der Kennzahl als Vergleichsgröße. Die k. B. schließt ab mit der Bildung von Teilurteilen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Der Bilanzanalyst hat die durch den Vergleich gewonnenen Informationen unter Berücksichtigung der qualitativen Informationen (bspw. aus dem Lagebericht) zu interpretieren und zu einem Gesamturteil über die wirtschaftliche Lage zusammenzufassen. Die Kennzahlen werden dazu gewichtet und zum Gesamturteil aggregiert. 5. Probleme und Grenzen Die k. B. ist vergangenheitsorientiert, weil das Urteil mit den gesetzlich vorgeschriebenen vergangenheitsbezogenen 102

Jahresabschlüssen gebildet wird und somit nicht zukunftsgerichtet sein kann; die Aussagekraft der B. wird geschmälert, wenn die Jahresabschlüsse – wie häufig in der Praxis – erst Monate nach dem Bilanzstichtag vorgelegt werden. Die meisten populären Kennzahlen der k. B. werden aus Gründen der Einfachheit meist ohne Bilanzpolitik neutralisierende Maßnahmen konstruiert (vgl. Kennzahlen der empirisch-statistischen o B.). Damit wird deren Ergebnis durch bilanzpolitische Maßnahmen verfälschbar, weil das zu analysierende Unternehmen das Bild seiner wirtschaftlichen Lage durch bilanzielle Ansatz- und Bewertungswahlrechte, Ermessensspielräume sowie durch bilanzpolitisch motivierte Sachverhaltsgestaltungen (financial engineering) schönen oder auch verschlechtern kann. Probleme der k. B. liegen außerdem in dem Vorgehen, wie die Kennzahlen ausgewählt, gewichtet und zusammengefasst werden: Die Auswahl der Kennzahlen ist subjektiv, weil der Analyst gemäß seiner eigenen Erfahrung eine Auswahlentscheidung trifft, die er nicht sachlich begründen kann. Dieses Problem der k. B. lässt sich auch nicht durch die Anwendung eines allgemein bekannten Kennzahlensystems beheben, da sich der Analyst (auch) subjektiv zwischen vordefinierten Kennzahlenkatalogen entscheidet. Die Zusammenfassung der Teilurteile zu einem Gesamturteil kann bei der k. B. widersprüchlich sein, wenn Teilurteile über ein und dasselbe Unternehmen mit verschiedenen Kennzahlen teils eine gute teils eine schlechte wirtschaftliche Lage indizieren. Mit Hilfe einiger weniger ausgesuchter Kennzahlen, zwischen denen kein nachvollziehbarer Zusammenhang besteht, kann der Bilanzanalytiker zwar auf einfache Weise ein Vor-Urteil bilden. Eine Ganzheitlichkeit des Urteils kann aber in keinem Fall garantiert werden, weil nicht sichergestellt ist, dass

Bilanzfälschung hierfür alle relevanten Kennzahlen in das Urteil einbezogen werden. 6. Aktuelle Herausforderungen durch die Internationalisierung der Rechnungslegung Das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) stellt die größte Reform des (nationalen) Bilanzrechts seit 25 Jahren dar. Die Aussagekraft der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse soll erhöht werden. Gerade dieses Ziel steht in engem Zusammenhang mit dem Zweck der B., nämlich Informationen zu gewinnen, um damit Entscheidungen zu fundieren oder zu verbessern. Mit dem BilMoG verändert sich der Informationsgehalt des Jahresabschlusses. Einerseits sind bilanzpolitisch nutzbare Wahlrechte und Ermessensspielräume weggefallen, andererseits sind neue hinzugekommen. Eine wichtige Rolle für die B. wird künftig der o Anhang spielen. Er ist durch das BilMoG, das erweiterte Informationspflichten für den Anhang vorsieht, aussagefähiger geworden. Eine stärkere Auswertung des Anhangs und weiterer Informationsquellen bedeutet aber auch, dass der Aufwand der B. tendenziell steigt. Lit.: Baetge, J. (Hrsg.): Bilanzanalyse und Bilanzpolitik, 1989; Baetge, J./ Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004, S. 1-546; Baetge, J./Melcher, T./Schmidt, M.: Moderne Bilanzanalyse – Möglichkeiten und Grenzen von Bilanzratings; in: Credit Analyst 2009, S. 143-164; Coenenberg, A.G./ Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Göllert, K.: Problemfelder der Bilanzanalyse: Einflüsse des BilMoG auf die Bilanzanalyse, in: DB 2009, S. 17731778; Küting, K./Weber C.-P.: Die Bilanzanalyse, 9. Aufl., 2009; Küting, K.: Grundlagen der qualitativen Bilanzanalyse, in: DStR 1992, S. 691-695, 728-733;

Leffson, U.: Bilanzanalyse, 3. Aufl., 1984, S. 1-210. Jörg Baetge/ Harald Köster/ André Hater Bilanzansatz o Aktivierung oder o Passivierung von Sachverhalten dem Grunde, nicht der Höhe nach. Er hat gem. § 246 HGB den Grundsatz der Vollständigkeit und dem Bruttoprinzip zu entsprechen (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung). Bilanzberichtigung o Bilanzänderung Bilanzeid Von den gesetzlichen Vertretern inländischer kapitalmarktorientierter o Kapitalgesellschaften i.S.v. § 2 Abs. 7 WpHG schriftlich abzugebende Versicherung, dass der o Jahresabschluss (§ 264 Abs. 2 Satz 3 HGB), der o Lagebericht (§ 289 Abs. 1 Satz 5 HGB), der o Konzernabschluss (§ 297 Abs. 2 Satz 4 HGB), der Konzernlagebericht (§ 316 Abs. 1 Satz 6 HGB) und der Halbjahresbericht (§§ 37w Abs. 2 Nr. 3; 37y Nr. 2 WpHG) nach bestem Wissen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt bzw., falls nicht, der Anhang entsprechende Angaben enthält. Die Verpflichtung zur Abgabe des B. wurde 2007 durch das o Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) in deutsches Recht transformiert. Lit.: Schellhorn, M.: Der Bilanzeid nach § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB – Anwendungsfragen und Bedeutung, in: DB 2009, S. 2363-2366. Bilanzfälschung Vorsätzlicher Verstoß gegen den Grundsatz der o Bilanzwahrheit durch Darstellungs- (z.B. Falschbenennung von Positionen, Verstoß gegen das Bruttoprinzip; o Saldierung) und Ergebnisfälschungen (o Über- und o Unterbewer103

Bilanzgewinn tungen von Aktiva und Passiva, Unterschlagung von Bilanzposten, Ausweis fiktiver Bestände). Der Begriff B. wird gesetzlich zwar nicht verwendet. In § 331 Nr. 1 HGB wird jedoch die unrichtige Wiedergabe der Verhältnisse einer o Kapitalgesellschaft im o Jahresabschluss oder o Lagebericht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht. Entsprechendes gilt gem. § 331 Nr. 2 HGB für den o Konzernabschluss. B. kann gem. § 256 Abs. 4 und 5 AktG die Nichtigkeit des Jahresabschlusses bewirken. B. liegt nur dann vor, wenn die Verstöße gegen explizite Bilanzierungsvorschriften und (kodifizierte und nicht-kodifizierte) o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wesentlicher Art sind (o Wesentlichkeit), d.h. zu einem insgesamt irreführenden o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führen können. Die Abgrenzung zur o Bilanzverschleierung kann im Einzelfall schwierig sein, ist jedoch wegen gleicher strafrechtlicher Sanktionierung wenig relevant. Lit.: Kozikowski, M./Huber, H.P.: § 331, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010. Bilanzgewinn Der Betrag, der nach teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses durch die Unternehmensleitung den Anteilseignern zur Ausschüttung zur Verfügung gestellt wird. Die Herleitung des B. aus den Posten Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag ist für o Aktiengesellschaften und o Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) im § 158 Abs. 1 AktG geregelt (o Gewinnverwendung). Bilanzidentität Übereinstimmung von Schlussbilanz und Eröffnungsbilanz des Folgejahres gem. § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB. Die B. ist Voraussetzung für die Einhaltung des o Kongruenzprinzips. 104

Bilanzierungsfähigkeit Zulässigkeit, einen o Vermögensgegenstand, eine o Rückstellung, eine o Verbindlichkeit oder eine o Bilanzierungshilfe in die Bilanz einzustellen. Bilanzierungshilfe Aktivposten im handelsrechtlichen o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss, der weder einen o Vermögensgegenstand noch einen o Rechnungsabgrenzungsposten oder Korrekturposten zu den Passiva darstellt. Vor Inkrafttreten des o BilMoG wurden im HGB explizit o Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs (§ 269 HGB a.F.) und aktivierte latente o Steuern (§ 274 Abs. 2 HGB a.F.) als B. genannt. Auch ohne explizite Nennung werden teilweise der o Geschäftswert, der o Verschmelzungsmehrwert und das o Disagio als B. angesehen. In der aktuellen Fassung des HGB wird der Begriff der B. nicht mehr explizit verwendet. Lit.: Busse von Colbe, W.: Bilanzierungshilfen, in: HuRB, 1986, S. 86-94; Kudert, S.: Bilanzierungshilfen und sonstige Bilanzhilfsposten im Handelsrecht, 1990; Philipps, H.: Rechnungslegung nach BilMoG, 2010, S. 186-188, 204-216. Bilanzierungsstetigkeit o Bewertungsstetigkeit Bilanzierungswahlrechte 1. Begriff Dem bilanzierenden Unternehmen vom Gesetzgeber im HGB oder in den IFRS zugebilligte Alternativen für die o Gliederung der Bestandteile des o Jahresund o Konzernabschlusses, für den Ansatz von o Aktiva und o Passiva, für die Bewertung (o Bewertungsprinzipien) sowie für die o Konsolidierung. 2. Arten Die B. wurden 2009 durch das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)

Bilanzierungswahlrechte im HGB und in den letzten Jahren in den IFRS eingeschränkt. Für die o Bilanzpolitik können jedoch o Ermessensspielräume in ähnlicher Weise genutzt werden wie B. Die wichtigsten noch verbliebenen B. des HGB und in den IFRS sind: a) Gliederungswahlrechte. Die Gliederung des Jahresabschlusses ist für o Personenunternehmen mit Ausnahme der Grobstruktur der Bilanz (§ 247 HGB) nicht geregelt; es sei denn, die Unternehmen fallen in eine Größenklasse, die dem PublG unterliegt, womit für sie grundsätzlich die Gliederungsvorschriften für o Kapitalgesellschaften (zumindest für die Bilanz) sinngemäß gelten (§ 5 PublG). Die Gliederungsvorschriften für Kapitalgesellschaften sind nach HGB, öUGB und IFRS Mindestregelungen. Zusätzliche Posten in o Bilanz, o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und o Anhang dürfen ausgewiesen werden, soweit dadurch nicht die Klarheit des Jahresabschlusses beeinträchtigt wird; sie müssen nach IAS 1.55 und 1.85 ausgewiesen werden, wenn sie für das Verständnis der Vermögens- Finanz- und Ertragslage wesentlich sind. Zudem dürfen Untergliederungen der Hauptpositionen und des o Anlagespiegels statt in der Bilanz bzw. GuV im Anhang ausgewiesen werden (§§ 265 Abs. 6, 268 Abs. 2 HGB, IAS 1.77). Ein wichtiges Wahlrecht besteht darin, die GuV gem. § 275 HGB, §231 öUGB nach dem o Gesamtkosten- oder dem o Umsatzkostenverfahren und nach IAS 1.81 die o Gesamtergebnisrechnung in einer Rechnung oder in zwei Aufstellungen zu zeigen (o One Statement Approach bzw. o Two Statement Approach). b) Ansatzwahlrechte: – Ansatz von selbstgeschaffenen immateriellen o Vermögensgegenständen gem. § 248 Abs. 2 HGB;

– Aktivierung eines o Disagios mit nachfolgender Abschreibung während der Laufzeit des Darlehens als Aufwand gem. § 250 Abs. 3 HGB; – Kapitalgesellschaften können als aktive Abgrenzungsposten latente o Steuern ansetzen (§ 274 Abs.1 Satz 2 HGB). c) Bewertungswahlrechte: – Außerplanmäßige Abschreibung bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung von o Finanzanlagen (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB); – Wahlrechte zur Einbeziehung von angemessenen Teilen der Kosten der allgemeinen Verwaltung und sozialen Einrichtungen bei der Ermittlung der Herstellungskosten (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB, weitergehend § 203 öUGB); – Anwendung von o Bewertungsvereinfachungsverfahren gemäß § 256 HGB (bzw. § 209 öUGB) auf gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens (z.B. Fifo- und Festwertverfahren). Wenn die Bilanzaufsteller diese Wahlrechte und außerdem Ermessensspielräume als Mittel der Bilanzpolitik ausnutzen, ist der Jahres- oder Konzernabschluss bezüglich seiner Informationsfunktion, insb. die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit (o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte), beeinträchtigt. d) Konsolidierungswahlrechte. Zusätzlich zu den B. für den Jahresabschluss gibt es Konsolidierungswahlrechte für die Gestaltung des Konzernabschlusses. Sie betreffen insb. die Abgrenzung des o Konsolidierungskreises (§ 296 HGB, § 249 öUGB), den Ausweis der Vorräte (§ 298 Abs. 2 HGB) und die Behandlung der Zwischenergebnisse im Rahmen der o Equity-Bewertung (§ 312 Abs. 5 Satz 4 HGB). Nach IFRS 3.19 (2008) besteht das Wahlrecht, den Anteil der Minderheiten (non-controlling interest) zum o Fair Value (sog. Full-Goodwill-Methode, o Kapitalkonsolidierung) oder proportional zum Zeitwert des Net105

Bilanzkapital tovermögens des Erwerbers der Mehrheit anzusetzen. Dieses Wahlrecht existiert nach dem HGB und dem öUGB nicht.

W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009.

e) Wahlrechte bei untergeordneter Bedeutung. Sowohl nach HGB als auch nach den IFRS besteht das generelle Wahlrecht für Bilanzansatz und -bewertung sowie für die Konsolidierung, wenn durch Nichtberücksichtigung einer Vorschrift, die Auswirkung für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von untergeordneter Bedeutung ist (z.B § 265 Abs. 7 Nr. 1, § 296 Abs. 2 HGB). Eine entsprechende Vorschrift enthält IAS 1.31

Bilanzkapital Summe der auf der Passivseite der o Bilanz ausgewiesenen Positionen des o Eigen- und des o Fremdkapitals.

f) Größenabhängige Erleichterungen. Nach dem HGB und dem öUGB dürfen Kapitalgesellschaften, die die im Gesetz genannten Schwellenwerte der o Größenklassen nicht überschreiten, z.B. hinsichtlich der Gliederung des Jahresabschlusses Erleichterungen in Anspruch nehmen, oder brauchen Muttergesellschaften keinen Konzernabschluss aufzustellen. 3. Stetige Ausübung der Wahlrechte Nach den o Grundätzen ordnungsmäßiger Buchführung sind die Wahlrechte zu einem Stichtag und im Zeitverlauf stetig auszuüben. Das o Stetigkeitsprinzip ist hinsichtlich der Bewertungswahlrechte in § 252 Abs. 1 Nr. 6 und durch das BilMoG auch hinsichtlich der Ansatzwahlrechte in § 246 Abs. 3 im HGB verankert. Die Art der Ausübung von Wahlrechten darf gem. § 252 Abs. 2 HGB nur in Ausnahmefällen geändert werden. Auch nach IAS 1.45 gilt das Prinzip der „consistency of presentation“. Lit.: Leffson,U.: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl., 1987; Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2008; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, 106

Walther Busse von Colbe

Bilanzkennzahlen o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte Bilanzklarheit Ein in § 243 HGB genannter o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem die in der o Buchhaltung und im o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss aufgezeichneten Bestände (z.B. Vermögensgegenstände, Schulden, Erfolgsbeiträge) der Art nach eindeutig bezeichnet sowie verständlich und übersichtlich gegliedert werden müssen. Bilanzkongruenz o Kongruenzprinzip Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) Durch das Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen, kurz B., vom 15.12.2004 wurde die gesetzliche Grundlage für das zweistufige Verfahren zur Überwachung von Unternehmensabschlüssen kapitalmarktorientierter Unternehmen (o Enforcement) in Deutschland geschaffen. Die Überwachung erfolgt auf der ersten Stufe durch die o Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), auf der zweiten Stufe durch die o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bilanzkurs Relation aus bilanziellem o Eigenkapital zu gezeichnetem Kapital. Der B. zeigt, in welchem Umfang stille o Rücklagen, o Geschäftswert und sonstige Wertfaktoren bilanziell abgebildet sind (o Bilanzanalyse). Nicht bilanziell abgebildete Faktoren, die im Börsenkurs ihren Niederschlag finden können, werden durch den B. nicht erfasst. Der Un-

Bilanzpolitik terschied zwischen Börsenkurs und B. kommt im o Marktwert-Buchwert-Verhältnis zum Ausdruck. Bilanzpolitik 1. Definition, Objekte und Träger Die B. ist die bewusste zweckorientierte Lenkung der veröffentlichten Unternehmensdaten, die sich insb. aus dem o Jahresabschluss sowie dem o Lagebericht zusammensetzen. Sie stellt einen integralen Bestandteil der Unternehmenspolitik dar und dient als Mittel zur Erreichung der verfolgten unternehmerischen Ziele sowie der Beeinflussung der rechtlichen Folgen des Jahresabschlusses. Die Dynamik der B. ist es, aufgrund einer zielorientierten Transformation von Informationen eine gewisse Wirkung bei den Abschlussempfängern zu erzielen und damit die konstatierten Ziele zu erlangen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Jahresabschluss in der aufgestellten Form von dem Empfänger als glaubhaft erachtet wird. Die primären Objekte der B. sind neben den einzelnen Bestandteilen des Einzelund Konzernabschlusses nach HGB und IFRS ebenso die Steuerbilanz sowie die Vermögensaufstellung. Als Sekundärobjekte sind ergänzende Nebenrechnungen sowie freiwillig gewährte Informationen – beispielsweise Aktionärsbriefe oder Pressemitteilungen – in Erwägung zu ziehen. Träger der B. sind alle Beteiligten, die bei der Aufstellung des Jahresabschlusses mitwirken und damit die Möglichkeiten besitzen, Einfluss auf den Inhalt sowie die Form des Rechenwerks zu nehmen. Die Erstellung des Jahresabschlusses ist von der Unternehmensleitung zu vollziehen (vgl. §§ 242, 264 HGB). Ebenso sind die Anteilseigner durch deren Gewinnverwendungskompetenz in der Hauptversammlung (vgl. § 58 AktG) zu dem Kreis der bilanzpolitischen Entscheidungsträger zu rechnen. Daneben

existiert auch die sog. innere B., bei der die Politik von solchen Personen betrieben wird, die der Unternehmensleitung zuarbeiten, jedoch gleichzeitig eigene (persönliche) Interessen verfolgen. Daher kann es in der Praxis zu Interessenskonflikten bei den bilanzpolitischen Entscheidungsträgern kommen, da diese nicht notwendigerweise eine homogene, sondern vielmehr eine heterogene Gruppe bilden können. 2. Ziele Allgemeines Ziel der B. ist es, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in der Weise zu beeinflussen, dass die Erwartungen der Gesellschafter, Gläubiger sowie anderer interessierter Dritter bezüglich des gewünschten oder erwarteten Ergebnisses erfüllt werden, auch wenn die tatsächliche Lage eine andere ist. Gleichwohl handelt es sich dabei nicht stets darum, ein Unternehmen schön zu rechnen. Vielmehr kann ebenso eine bilanzpolitische Verschlechterung bzw. „Glättung“ der wahren Lage angestrebt werden. Häufig werden darüber hinaus weitere Ziele – wie z.B. das Unter- oder Überschreiten von Größenkriterien – verfolgt. Die Ziele der B. orientieren sich grundsätzlich an den beiden wesentlichen Funktionen des Jahresabschlusses – Zahlungsbemessungs- (beim HGB-Einzelabschluss) und Informationsfunktion –, wobei die Gewichtung abhängig ist von dem jeweiligen Adressatenkreis bzw. dem Rechenwerk (insb. dem Normensystem). Die aus diesen Aufgaben des Jahresabschlusses abzuleitenden Ziele können anhand eines verhaltensorientierten Ansatzes bestimmt werden. Es lassen sich grob drei Gruppen von Koalitionspartnern klassifizieren: die finanzwirtschaftliche Gruppe (Eigenkapitalgeber, Banken, Finanzbehörden), die leistungsorientierte Gruppe (Kunden, Lieferanten, Belegschaft, Konkurrenz) sowie die sog. Meinungsbildner (Finanzanalysten, Pres107

Bilanzpolitik se, Öffentlichkeit). Diese Bezugsgruppen haben – entsprechend ihrer Interessen – ganz bestimmte Erwartungshaltungen hinsichtlich des zahlenmäßigen Erscheinungsbildes eines Unternehmens. Demnach ist es möglich, dass die Adressatenkreise nicht nur heterogen zueinander sind, sondern ebenso divergierende Ansprüche aufweisen. Da der Erfolg eines Unternehmens direkt von dem Zusammenspiel mit seinen Marktpartnern abhängt, muss es deren Erwartungen gerecht werden, um sie zu einem möglichst zielkongruenten Verhalten zu veranlassen. Folglich sind die bilanzpolitischen Ziele stark an den differierenden Vorstellungen oder rechtlichen Ansprüchen auszurichten, woraus sich per se ein ganzes Bündel gleichzeitig zu verfolgender Ziele ergeben kann (pluralistische Zielvorstellung). Dies macht die Problematik der B. deutlich, da regelmäßig anhand eines Rechenwerks mehrere divergierende Interessen erfüllt werden sollen. Gleichwohl ist es in Extremfällen (wie einer drohenden Insolvenz) durchaus möglich, dass alle anderen Ziele einem primären Ziel untergeordnet werden. Die an den Bezugsgruppen orientierten Ziele lassen sich iin monetäre (finanzpolitische) und nicht monetäre (publizitätspolitische) Ziele systematisieren. a) Monetäre Ziele. Monetäre Ziele können differenziert werden in solche, die eine unmittelbare und solche, die eine mittelbare Einflussnahme auf den Finanzbereich besitzen. Die unmittelbare Beeinflussung des finanziellen Bereichs ergibt sich aus der Zahlungsbemessungsfunktion des Jahresabschlusses: Dividendenausschüttungen (auf Basis des HGBEinzelabschlusses), Tantiemen, Boni etc. Damit wird durch eine Lenkung dieser Auszahlungen der Abfluss von erwirtschafteten Mitteln aus dem Unternehmen beeinflusst. Hinzu kommt beim HGBEinzelabschluss – im Gegensatz zum Konzernabschluss – aufgrund der Maß108

geblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz gem. § 5 Abs. 1 EStG eine wesentliche Funktion bei der Festlegung der ertragsteuerlichen Belastung. Mit der Novellierung des Handelsrechts wurde der Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit aufgegeben, womit steuerliche Regelungen, die rein fiskalpolitisch bedingt sind, keinen weiteren Einfluss auf den handelsrechtlichen Abschluss haben. Grundsätzlich wird mit dieser Neuerung die Transparenz des Jahresabschlusses erhöht. Die einfache Maßgeblichkeit existiert – trotz erheblicher Einschränkung im Zuge des o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) – vom Grundsatz her weiter. Damit wirken sich die entsprechenden Modifikationen des Handelsrechts durch das BilMoG direkt auf die steuerliche Gewinnermittlung aus, sofern keine steuerlichen Sonderregelungen bestehen. Für Zwecke der Gewinnausschüttung ist häufig ein möglichst hoher Jahresüberschuss sowie für steuerliche Zwecke ein möglichst geringes zu versteuerndes Einkommen wünschenswert. Gerade im Bereich der KMU ist die B. stark von der Minimierung der Steuerbelastung geprägt und folglich muss das Unternehmen anhand einer Präferenzbildung die beiden gegensätzlich zueinander stehenden Ziele gewichten. Im Gegensatz zur unmittelbaren, wird die mittelbare Beeinflussung des finanziellen Bereichs im Wege der Verhaltensbeeinflussung verwirklicht. Sie setzt an der Informationsfunktion des Jahresabschlusses an und zielt auf den künftigen Mittelzufluss von außen durch die Schaffung eines verhaltensbeeinflussenden akquisitorischen Bilanzbilds. Zu diesem Zweck bedarf es einer Antizipation der jeweiligen Erwartungen der Bilanzadressaten, wie die Vorstellungen der Kapitalgeber über entsprechende Bilanzrelationen.

Bilanzpolitik bilanzpolitische Instrumente

Sachverhaltsgestaltung

Sachverhaltsabbildung

materiell

Ansatz

formell

Bewertung

explizite Wahlrechte

Ausweis

Erläuterung

Gliederung

abnehmende gesetzliche Konkretisierung

faktische (verdeckte) Wahlrechte

Ermessensspielräume

Abb. 1: Instrumente der Bilanzpolitik

b) Nicht monetäre Ziele. Nicht monetäre Zielvorstellungen können sowohl ökonomischer als auch außerökonomischer (z.B. sozialer, ethischer oder persönlicher) Art sein. Dabei stellt der veröffentlichte Jahresabschluss die Visitenkarte des Unternehmens dar. Dieser dient gerade bei großen Publikumsgesellschaften als Hilfsmittel zur Darstellung der gewünschten Performance des Unternehmens (Bilanzmarketing). 3. Instrumente der B. Häufig beeinflussen bilanzpolitische Instrumente das Bilanzbild zumindest in zwei Perioden. Zum Beispiel im Rahmen der stillen Reservepolitik folgt der Bildung – Einstellung stiller Reserven – ihre Auflösung in den Folgeperioden. Nachfolgend werden die jeweiligen Instrumente aufgrund von zeitlichen und charakteristischen Aspekten systematisiert. a) Systematisierung. Die bilanzpolitischen Instrumente, welche zur Errei-

chung der genannten Ziele zur Verfügung stehen, lassen sich in zwei Bereiche klassifizieren: Sachverhaltsgestaltung und Sachverhaltsabbildung. Bei letzterer wird wiederum zwischen der materiellen B., die im Wesentlichen auf eine Steuerung der Höhe der ausgewiesenen Abschlussdaten, insbes. des ausgewiesenen Jahresergebnisses, abzielt, und der formellen B. differenziert, die sich mit der Form der Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Jahresabschluss befasst. Die beiden Bereiche treten jedoch nicht unabhängig voneinander auf, sondern es können Interdependenzen bestehen, da mit der Mehrzahl der materiellen Instrumente nicht selten auch Auswirkungen auf die Struktur des Jahresabschlusses verbunden sind. b) Sachverhaltsgestaltung. Unter die Sachverhaltsgestaltungen sind alle Maßnahmen zu fassen, welche vor dem Bilanzstichtag durchgeführt werden und bei 109

Bilanzpolitik denen eine Beeinflussung des Mengenund Strukturgerüsts die Voraussetzung für eine weitere Inanspruchnahme anderer bilanzpolitischer Maßnahmen ist (window dressing). Typisierendes Merkmal ist, dass reale Tatbestände vermieden respektive verändert werden. Als Beispiele sind die Wahl von Zahlungsterminen, das Instrument der Beschaffungspolitik und Besonderheiten der Kreditpolitik innerhalb eines Konzernverbundes zu nennen. In der Praxis sind häufig auftretende sachverhalts-gestaltende Instrumente die Sale-and-Leaseback-Transaktion oder das sog. Pensionsgeschäft. c) Sachverhaltsabbildung. Bei der materiellen B. wird auf der ersten Ebene zwischen Ansatz und Bewertung sowie auf der zweiten Ebene zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen differenziert. Wahlrechte wiederum können in zwei Kategorien klassifiziert werden. Die expliziten (gesetzlichen) Wahlrechte (o Bilanzierungswahlrechte) werden, wie der Wortlaut darlegt, ausdrücklich (offen) im Gesetz genannt und sind regelmäßig durch Formulierungen wie „kann“, „darf“ bzw. „oder“ gekennzeichnet. Demgegenüber werden faktische (verdeckte) Wahlrechte nicht expressis verbis im Gesetz aufgeführt, sondern ergeben sich faktisch aus der konkreten Auslegung bzw. Ableitung von übergeordneten Vorschriften (o GoB) in der Praxis. So existieren bei der Interpretation von unbestimmten Rechtsbegriffen oder bei weit gefassten Bilanzierungsnormen verschiedene Auslegungsalternativen für den Rechnungslegenden. Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich ebenso aus Ermessensspielräumen, die dem Bilanzierenden die Möglichkeit eröffnen, einen Wertansatz innerhalb einer als legitim und akzeptabel erachteten Bandbreite von potenziellen Ansätzen zu wählen. Folglich sind Ermessensspielräume abhängig von der subjektiven Werteinschätzung des Bilanzierenden 110

(wie häufig die Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungskosten gem. § 255 Abs. 2a HGB). Das Kriterium zur Unterscheidung der vorangegangenen Gestaltungspotenziale liegt in der abnehmenden gesetzlichen Konkretisierung (mit der – aufgrund des Spannungsverhältnisses von Bilanzpolitik und o Bilanzanalyse – ebenso der Schwierigkeitsgrad der Bilanzanalyse steigt). Die formelle B. umfasst die Ausweis-, Erläuterungs- sowie die Gliederungswahlrechte. Diese Wahlrechte dienen der Informationsfunktion und haben keinen Einfluss auf das Periodenergebnis oder die (absolute) Höhe des Eigenkapitals. Primär geht es hierbei um die Pflichtangaben in der Bilanz oder GuV, die wahlweise in den Anhang verlagert werden können. Des Weiteren bestehen ebenso diverse (erfolgsneutrale) Gliederungswahlrechte bezüglich der Bilanzsumme oder der vertikalen Struktur von Bilanz und GuV. Schließlich sind es die Erläuterungswahlrechte, durch die der Bilanzierende Art und Weise, aber zum Teil auch den Umfang der Erfüllung der verschiedenen Berichtspflichten gestalten kann. 4. Ausgewählte Instrumente Abbildung 2 sind ausgewählte Wahlrechte nach HGB zu entnehmen (dabei werden die Übergangsvorschriften des BilMoG nicht berücksichtigt). Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Wahlrechte und folglich auch das bilanzpolitische Gestaltungspotenzial durch die Novellierung des Bilanzrechts vielfach eingeschränkt wurden; allerdings wurde explizit ein neues Wahlrecht für die Aktivierung selbsterstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens geschaffen. 5. Konzernbilanzpolitik Im Gegensatz zu den Zielen des Einzelabschlusses sind die Ziele der Konzernbilanzpolitik primär auf die Interessen der

Bilanzpolitik Rechtsgrundlage (HGB)

Entscheidungsparameter Aktivierungswahlrechte: Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Disagio Aktive latente Steuern Passivierungswahlrechte

§ 248 Abs. 2 i.V.m. § 255 Abs. 2a § 250 Abs. 3 § 274 Abs. 1 Satz 2

Pensionsrückstellungen (Zusagen vor dem 01.01.1987)

Art. 28 Abs. 1 EGHGB GoB

(alternativ) passivischer Ansatz von Zulagen und Zuschüssen Wertansatzwahlrechte Außerplanmäßige Abschreibungen für Finanzanlagen im Anlagevermögen bei nur vorübergehender Wertminderung

§ 253 Abs. 3 Satz 4

Geringwertige Wirtschaftsgüter

GoB

Methodenwahlrechte Einzel-, Fest-, Gruppenbewertung, Verbrauchsfolgeverfahren (Fifo-, Lifo-Methode) Herstellungskosten (jedoch stark eingeschränkt) Abschreibungsmethoden (z.B. linear oder degressiv)

§ 256 i.V.m. § 240 Abs. 3 und 4 § 255 Abs. 2 bis 3 § 253 Abs. 3

Abb. 2: Ausgewählte Wahlrechte nach HGB

Anteilseigner ausgerichtet. So wird tendenziell eine B. in die Richtung eines optimalen Vermögens-, Liquiditäts-, Eigenkapital- und Ergebnisausweises erfolgen, wobei ein anderes Ziel auch die Unterschreitung der Größenkriterien gem. § 293 HGB sein kann. Eine selbstständige B. ist im Konzernabschluss – losgelöst vom Einzelabschluss – durch die Möglichkeit gegeben, Bilanzierungswahlrechte und Bewertungswahlrechte nach dem zulässigen Recht des Mutterunternehmen völlig neu auszuüben (vgl. § 300 Abs. 2 Satz 2; § 308 HGB). Obwohl dies für Ermessensspielräume grundsätzlich auch legitim ist, muss eine derartige Ausübung stets im Rahmen der jeweiligen Bandbreiten geschehen werden. Demgegenüber sind vor dem Bilanzstichtag eingeleitete sachverhaltsgestaltende Maßnahmen nicht reversibel, sodass eine originäre, vom Einzelab-

schluss losgelöste Neuausübung dieses bilanzpolitischen Aktionsparameters nur für Zwecke des Konzernabschlusses nicht in Frage kommt. Ebenso existieren konzernspezifische Wahlrechte im Zuge des Konsolidierungsprozesses, mithilfe derer es möglich ist, ein gesondertes (gewünschtes) Bild für den Konzern zu zeichnen. 6. Grenzen a) Der Grundsatz der Stetigkeit als Grenze der B. Der Grundsatz der Stetigkeit, der aus dem Vergleichbarkeitspostulat und dem Willkürverbot abgeleitet wird, ist wohl die wirksamste Grenze für eine zweckorientierte Gestaltung des Jahresabschlusses. Allerdings unterliegt der Stetigkeitsgrundsatz einer Reihe von Einschränkungen, die die Wirksamkeit des Stetigkeitsgebots als Grenze der B. erheblich einschränken. Der Grundsatz 111

Bilanzpolitik beinhaltet gem. § 246 Abs. 3 HGB die Ansatz- sowie gem. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB die Bewertungsmethoden. Da sich der Gesetzestext lediglich auf Methoden bezieht, müssen der Ansatz respektive die Bewertung auf einer individuellen Standardisierung beruhen. Dies wird stets von gesetzlichen sowie faktischen Wahlrechten erfüllt. Gleichwohl können auch Ermessensspielräume so standardisiert werden, dass sie dem Stetigkeitsgrundsatz unterliegen, jedoch ist dies vom jeweiligen Bilanzierenden abhängig. Ebenso werden aufgrund des Wortlauts der §§ 246 Abs. 3, 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB nicht alle Methoden vom Grundsatz erfasst, da diese sich nur auf die am letzten Jahresabschluss angewandten Methoden beziehen. Eine weitere Durchbrechung ist in begründeten Ausnahmefällen laut § 252 Abs. 2 HGB erlaubt (auch § 246 Abs. 3 Satz 2 HGB verweist auf die genannte Norm). Dies liegt grundsätzlich bei Modifikationen der Bedingungen vor, die bis dato zur Anwendung der bisherigen Methode geführt haben (bspw. Umstellung des Rechnungswesens, Eigentümerwechsel etc.). In diesen Fällen wird eine breite Argumentationsbasis geboten, die in vielen Fällen eine Abweichung ermöglicht. b) Die Bilanzanalyse als Grenze der B. Zwischen der B. und der Bilanzanalyse besteht eine enge Wechselbeziehung (Spannungsverhältnis), denn da die B. insbes. an die Bilanzanalysten gerichtet wird, ist sie umso wirksamer, je mehr das Verhalten der Analysten durch eine entsprechende B. geleitet werden kann. Andererseits erweist sich der Analyst als eine umso wirksamere Grenze, je weniger dieser motiviert werden kann, im Interesse des Unternehmens zu handeln. Eine erste Grenze ist daher, wenn der Bilanzierende die Einstellungen des Bilanzanalysten fehl einschätzt, indem der Analyst die Signale des Bilanzierenden falsch oder gar nicht erkennt. Weiter wird die B. dahingehend limitiert, dass 112

der Analyst die eingesetzten Instrumente identifiziert und folglich die gewünschten Auswirkungen der B. teilweise oder komplett neutralisiert. Somit ist die B. durch die Bilanzanalyse immer dann beschränkt, wenn die eingesetzten Maßnahmen dechiffriert werden können. Daher werden i.d.R. als wirksame bilanzpolitische Instrumente insbes. die Ermessensspielräume sowie Sachverhaltsgestaltungen erachtet, da diese – mangels Erkennbarkeit – nur schwer in die Analyse mit einbezogen werden können. Inwieweit die expliziten und faktischen Wahlrechte einer analytischen Würdigung zugänglich sind, hängt im Wesentlichen von der Qualität bzw. Quantität der Berichterstattung über die Ausübung der Wahlrechte sowie der Möglichkeit ab, diese Berichterstattung eindeutig und sachgerecht in die Analyse mit einzubeziehen. c) Rechtliche Grenzen. Die rechtlichen Grenzen der B. sind durch die jeweiligen Gesetze manifestiert (GoB, Berichtspflichten etc.). Eine Missachtung der festgelegten Normen kann zu Bilanzdelikten sowie zur Bilanzfälschung und -verschleierung führen, die strikt von der (legalen) B. zu trennen sind. Die Abgrenzung zwischen ordnungsmäßiger Bilanzierung und Bilanzdelikten ist in der Praxis häufig als äußerst schwierig einzuordnen, da zwischen diesen beiden eine Grauzone existiert, in der die rechtliche Qualifikation der Sachverhalte regelmäßig nicht strikt nachzuvollziehen ist. Beide Delikte sind nach § 331 HGB respektive § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG mit einer Freiheits- oder Geldstrafe zu sanktionieren. Das Strafgesetzbuch sieht gem. § 283 ebenso Freiheits- oder Geldstrafen vor. Lit.: Hüttche, T.: Modernisierte Bilanzpolitik: Weichenstellungen mit Blick auf das BilMoG, in: BB 2009, S. 1346-1351; Küting, K./Weber, C.-P.: Die Bilanzanalyse, 9. Aufl., 2009; Küting, K.: Bilanz-

Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) politik, in: Küting, K. (Hrsg.): Saarbrücker Handbuch der betriebswirtschaftlichen Beratung, 4. Aufl., 2008, S. 750-831; Peemöller, V.H.: Bilanzanalyse und Bilanzpolitik, 3. Aufl., 2003; Peemöller, V.H.: Manipulation der Rechnungslegung. Typische Felder von Bilanzdelikten, in: BBK 2009, Heft 24, Fach 12, S. 1211-1219; Pfleger, G.: Die neue Praxis der Bilanzpolitik. Strategien und Gestaltungsmöglichkeiten im handels- und steuerrechtlichen Jahresabschluss, 4. Aufl., 1991; Scheren, M.: Bilanzpolitik und deren Erkennbarkeit, in: Küting, K./Pfitzer, N./Weber, C.-P. (Hrsg.): Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl., 2009, S. 673-715; Wöhe, G.: Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. Aufl., 1997; Wohlgemuth, F.: IFRS: Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, 2007. Karlheinz Küting Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) 1. Grundlagen und Zielsetzung

stimmten Rechnungslegungspflichten befreit (§§ 241a, 242 Abs. 4 HGB) und die o Größenklassen für die Rechnungslegungspflichten angehoben werden (§ 267 Abs. 1 und 2 HGB sowie § 293 Abs. 1 HGB). Darüber hinaus soll das B. die Informationsfunktion stärken und folglich eine verbesserte Aussagekraft des handelsrechtlichen Abschlusses bewirken. Im Ergebnis soll das B. damit das deutsche Bilanzrecht modernisieren und den Unternehmen eine im Verhältnis zu den o IFRS gleichwertige, aber einfachere und kostengünstigere Alternative bieten. Dabei bleibt der handelsrechtliche o Einzelabschluss weiterhin Grundlage für die Ausschüttungsbemessung sowie die steuerliche o Gewinnermittlung. Zugleich soll der o Gläubigerschutz erhalten bleiben, wohingegen der Grundsatz der umgekehrten o Maßgeblichkeit aufgehoben wird. 2. Ausgewählte Neuregelungen des B. Die Neuregelungen der handelsrechtlichen Bilanzierung beziehen sich sowohl auf den Einzelabschluss als auch auf den o Konzernabschluss und betreffen gleichermaßen Ansatz- und Bewertungsfragen. Wesentliche Neuregelungen sind u.a.:

Das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts ist am 29.05.2009 in Kraft getreten. Für die erstmalige Anwendung des B. ergeben sich unterschiedliche Zeitpunkte, die in Art. 66 und 67 EGHGB geregelt werden. Dabei ist ein Großteil der Neuregelungen für ab dem 01.01.2010 beginnende Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden. Wesentliche Änderungen im Rahmen des B. beziehen sich insb. auf die handelsrechtliche Bilanzierung. Darüber hinaus ergeben sich Änderungen der Vorschriften zur o Abschlussprüfung sowie insb. im AktG, EStG, GmbHG, PublG. Die Veränderung des deutschen Handelsrechts durch das B. wird als eine der wesentlichsten Reformen der deutschen Rechnungslegung seit den achtziger Jahren gesehen.

a) Ansatzwahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des o Anlagevermögens können wahlrechtlich angesetzt werden (§ 248 Abs. 2 HGB). Hiervon ausgenommen sind selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Bei entsprechender Aktivierung gilt eine o Ausschüttungssperre in gleicher Höhe (§ 268 Abs. 8 HGB).

Zielsetzung des B. sind u.a. eine Deregulierung und Kostensenkung insb. für kleine und mittelgroße Unternehmen, indem z.B. kleine Einzelkaufleute von be-

b) Angleichung des Herstellungskostenbegriffs. Die Ermittlung der o Herstellungskosten wird an das Steuerrecht angepasst. Neben den Einzelkosten sind 113

Bilanzregel, goldene folglich auch auf den Herstellungszeitraum entfallende angemessene Teile der notwendigen variablen Gemeinkosten (Material- und Fertigungsgemeinkosten) sowie der Werteverzehr des Anlagevermögens in die Herstellungskosten einzubeziehen. Weiterhin dürfen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Herstellungszeitraum entfallen. Forschungskosten und Vertriebskosten dürfen nach wie vor nicht einbezogen werden (§ 255 Abs. 2 HGB). Fremdkapitalzinsen dürfen im Rahmen der Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstandes angesetzt werden, sofern diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (§ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB). c) Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands. o Kreditinstitute haben o Finanzinstrumente des Handelsbestands zum o beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags zu bewerten (§ 340e Abs. 3 HGB). Im Sinne einer Ausschüttungssperre sind dabei von den Nettoerträgen des Handelsbestands mindestens 10 % in den Sonderposten „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ einzustellen, welcher nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgelöst werden darf (§ 340e Abs. 4 HGB). d) Änderung der Rückstellungsbewertung. Hinsichtlich der Bewertung von o Rückstellungen sind künftige Preisund Kostensteigerungen (Erfüllungsbetrag) zu berücksichtigen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB) und Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit einem laufzeitadäquaten durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre abzuzinsen. Bei o Pensionsrückstellungen darf dabei pauschal eine Restlaufzeit von 15 Jahren 114

angenommen werden (§ 253 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB). e) Abschaffung von wahlrechtlichen Rückstellungen. Wahlrechtlich passivierbare Rückstellungen wie z.B. Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen, die mehr als drei Monate nach Geschäftsjahresende, aber im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, sowie sonstige Aufwandsrückstellungen sind untersagt. Stattdessen gibt § 249 HGB konkret vor, bei welchen Sachverhalten Rückstellungen zu bilden sind. f) Transparenz bezüglich Zweckgesellschaften. Bei Vorliegen eines beherrschenden Einflusses sind Unternehmen konsolidierungspflichtig. Damit wird das bisherige Control-Konzept auf das auch nach IAS 27 anzuwendende Prinzip der möglichen Beherrschung umgestellt. Durch das Abstellen auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise werden auch o Zweckgesellschaften konsolidierungspflichtig. Lit.: Bertram, K. et al. (Hrsg.): Haufe HGB Komm., 2009, S. 35-49; Ernst, C./Seidler, H.: Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts nach Verabschiedung durch den Bundestag, in: BB 2009, S. 766-771; Fülbier, R.U./Gassen, J.: Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG): Handelsrechtliche GoB vor der Neuinterpretation, in: DB 2007, S. 2605-2612; Küting, K./Pfitzer, N./Weber, C.-P.: Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl., 2009; Petersen, K./Zwirner, C.: Rechnungslegung und Prüfung im Umbruch: Überblick über das neue deutsche Bilanzrecht, in: KoR 2009, Beihefter 1 zu Heft 5. Thomas Kemper Bilanzregel, goldene Unter anderem bei der Analyse der Bilanzstruktur (o Bilanzstrukturanalyse) eingesetzte o Finanzierungsregel, nach der das o Eigenkapital mindestens so hoch sein soll wie das o Anlagevermö-

Bilanztheorien gen (ältere Fassung) bzw. nach der das Anlagevermögen durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital gedeckt sein soll (neuere Fassung). Die Einhaltung der B. wird bei der Kreditaufnahme teilweise als Bedingung gesetzt (o Covenants). Bilanzrechtsreformgesetz (BilReg) Das BilReg vom 4. Dezember 2004 dient der Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und der Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung. Wesentliche Bestandteile des Gesetzes sind zum einen die Einführung der IAS/IFRS-Rechnungslegung für Konzern- und Einzelabschlüsse und zum anderen Bestimmungen, die es Wirtschaftsund Abschlussprüfern der Bilanzen verbieten, ein Unternehmen zu prüfen, wenn Besorgnis der Befangenheit vorliegt. Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) Artikelgesetz vom 19. Dezember 1985 zur Umsetzung der 4., 7. und 8. Richtlinie der EG (o Richtlinien (EU)) in nationales deutsches Recht. Es enthält derzeit die wesentlichen in Deutschland geltenden Rechnungslegungsvorschriften. Kernstück war die Neufassung des Dritten Buches (§§ 238-340) des HGB, wodurch auch die Rechnungslegung für Konzerne von einer Mindestgröße an gegenüber dem bis dahin vor allem für Aktiengesellschaften (AG) als Mutterunternehmen geltendem Recht grundlegend umgestaltet und auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) erweitert wurde. Bilanzstrukturanalyse Bestandteil der o Bilanzanalyse mit dem Ziel, die Zusammensetzung, Intensität und Fristigkeit der Vermögens- und Kapitalpositionen eines Unternehmens transparent zu machen. Die B. wird nach der o Kapitalstrukturanalyse, der o Vermögensstrukturanalyse und den horizontalen o Deckungsrelationen differenziert.

Bilanztheorien 1. Entwicklung und Aufgaben betriebswirtschaftlicher Bilanztheorien Im Rahmen der B. wird der Begriff „Bilanz“ nicht im engen Sinne als Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden verstanden, sondern in einer weiter gefassten Auslegung schließt man die neben der Bilanz erstellten Abschlussinstrumente bzw. die gesamte Unternehmensberichterstattung in die Betrachtung mit ein. So fasst man unter der Bezeichnung „B.“ alle nicht auf bloße Gesetzesauslegung gerichteten Diskussionen über Inhalt und Ausgestaltung der externen Unternehmensrechnung zusammen. Etwas vergröbernd lassen sich drei Stufen der „Theorieentwicklung“ unterscheiden: Die erste Phase mit Höhepunkt in den 1920er Jahren ist durch Erörterung von Grundsatzfragen bei der Bilanzierung gekennzeichnet. Statische, dynamische und organische B. sind in dieser ersten Entwicklungsstufe entstanden. Die zweite Phase, die Mitte der 1930er Jahre beginnt, ist durch das Bemühen um Anwendung der bilanztheoretischen Erkenntnisse für die Bilanzierungspraxis, also um die Diskussion von Einzelfragen der Bilanzierung, gekennzeichnet. Die dritte Phase kann als eine Renaissance der Beschäftigung mit bilanztheoretischen Fragen gewertet werden. Sie verdankt ihre Entstehung dem Bemühen, die B. mit anderen betrieblichen Theorien wie der Finanzierungs- und Investitionstheorie zu verbinden. Ferner hat sie wichtige Impulse aus der empirischen Kapitalmarktforschung sowie der Theorie der Informationsökonomie erhalten. So betonen die seit den 1990er Jahren verstärkten Trends zur Kapitalmarktorientierung und Internationalisierung der Rechnungslegung die Informationsfunktion als Einflussgröße auf das Entscheidungsverhalten von Rechnungslegenden und Rechnungslegungsadressaten. Hierbei kommen u.a. modelltheoretische Betrachtun115

Bilanztheorien gen aus der Institutionenökonomie, Agency-Theorie und Spieltheorie zur Anwendung. Nach ihrer überwiegenden Zielsetzung kann man die B. in zwei Kategorien einteilen: Theorien des Formalinhalts der Bilanz bemühen sich, den Inhalt von Bilanz- und Erfolgsrechnung aus einem theoretischen Konzept zu erklären. Materielle B. zielen darauf ab, den Inhalt der finanziellen Rechnungslegung aus einem Bilanzzweck zu begründen, d.h. Regeln für die zielentsprechende Bilanzgestaltung zu formulieren. 2. Theorien des Formalinhalts der Bilanz Zur formalen Bilanzinterpretation haben die statische B., die dynamische B. sowie die sog. zukunftsorientierte Bilanzinterpretation beigetragen. Bei der statischen Bilanzauffassung handelt es sich keineswegs um eine einheitliche in allen Einzelheiten festgefügte Bilanztheorie. Nach der sog. älteren statischen Bilanzauffassung besteht die Aufgabe der Bilanz in der Vermögensdarstellung zu einem bestimmten Zeitpunkt, sie ist also ein nach bestimmten Gesichtspunkten aufgestelltes Inventar und trägt den Charakter einer Vermögensbilanz. Die Bilanz steht hier dementsprechend im Vordergrund, die Erfolgsrechnung besitzt nur untergeordnete Bedeutung, der Periodenerfolg wird aus dem Vermögensvergleich ermittelt. Als neuere statische Bilanzinterpretation gilt insb. die sog. totale Bilanzauffassung von Le Coutre (1957). Nach ihr gilt die Bilanz als eine Kapitaldispositionsrechnung, die der Überwachung der Sicherheit und der Erhaltung des dem Unternehmen zugeführten Kapitals dient. Dementsprechend werden die Aktiva als Sachkapital, die Passiva als Finanzkapital, Aufwendungen als Kapitalabfluss und Erträge als Kapitalzufluss interpretiert. Demgegenüber betrachtet die dynamische B. Schmalenbachs die Bilanz- und 116

Erfolgsrechnung als Instrumente der periodengerechten Erfolgsermittlung. Die Bilanz entsteht aus der Notwendigkeit der Periodenabgrenzung. Entsprechend werden Aktiva als schwebende Vorleistungen, Passiva als schwebende Nachleistungen interpretiert. Diese dynamische Interpretation des Bilanzinhalts findet ihre Erweiterung in den Arbeiten von Walb (1966), Münstermann (1941) und Kosiol (1976). Käfer hat eine Formaltheorie des Bilanzinhalts vorgelegt, in der die Bilanzposten allein aus ihren zukünftigen Konsequenzen erklärt werden. Diese Bilanzinterpretation geht von der ökonomischen Erkenntnis aus, dass Vermögensgegenstände nur im Hinblick auf ihre künftigen Nutzungen einen Wert besitzen können. Dementsprechend werden das Vermögen einheitlich als Erwartungen künftigen Güter- und Leistungszugangs, Eigenund Fremdkapital als Erwartungen künftigen Güter- und Leistungsabgangs gedeutet. Eine vergleichbare Entsprechung im Bereich der materiellen B. hat die zukunftsorientierte Bilanzinterpretation in der Konzeption des ökonomischen Gewinns. 3. Theorien zur zieloptimalen Bilanzgestaltung Wie ausgeführt gehen die materiellen B. der Frage nach, wie Form und Inhalt der Rechnungslegung sowie die Bewertung der Bilanzposten zu gestalten sind, damit die Rechnungslegungsziele möglichst vollkommen erreicht werden. Sie setzen somit eine Präzisierung der Rechnungslegungsziele voraus. a) Grundlagen für die Ableitung von Jahresabschlusszielen. Als Jahresabschlussziele werden gelegentlich Erfolgsermittlung, Vermögensermittlung, Information über die wirtschaftliche Lage und ähnliche genannt. Tatsächlich handelt es sich bei derartigen Formulierungen nicht um gehaltvolle Zwecksetzungen, aus denen sich zielentsprechende

Bilanztheorien Bilanzierungsregeln herleiten lassen. Vielmehr lassen sich diese als Derivate übergeordneter Ziele betrachten. Somit ergibt sich die Frage nach dem Bereich, dem diese übergeordneten Ziele entstammen. Die B. hat hier drei Ansätze verfolgt, den juristischen, den gesamtwirtschaftlichen und den einzelwirtschaftlichen Ansatz. Nach dem juristischen Ansatz erscheint der o Jahresabschluss als ein Instrument zur Lösung privatrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Gestaltungsaufgaben. Dementsprechend definieren die Zwecke der betreffenden Rechtsvorschriften die Jahresabschlussziele. Beispiele dafür sind Dokumentation, Gläubigersicherung, Ausschüttungssperre, Konsensbildung, Kompetenzverteilung (Moxter, 1986). Unter dem gesamtwirtschaftlichen Ansatz wird der Jahresabschluss als Instrument für die Förderung der gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlfahrt betrachtet. Durch Regelung des Informationsmarktes sollen die Effizienz und die Verteilungsgerechtigkeit des volkswirtschaftlichen Systems gefördert werden. Effizienzförderung setzt eine schnelle und möglichst perfekte Information an die Faktormärkte voraus. Die Verteilungsgerechtigkeit soll auch über die öffentliche Kontrolle, die durch die Rechenschaftslegungspflicht ausgelöst wird, verstärkt werden. Diese gesamtgesellschaftliche Betrachtung der Zielsetzung der Unternehmensrechnung wurde in den 1930er Jahren zur Messung der volkswirtschaftlichen Effizienz eines Betriebes (Lehmann, 1937), in den 1960er und 1970er Jahren unter dem Schlagwort „gesellschaftsbezogene Rechnungslegung“ intensiv diskutiert und erlebt in jüngster Zeit im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Orientierung an einer nachhaltigen Entwicklung und der damit zusammenhängenden Betonung der gesellschaftlichen Verantwor-

tung von Unternehmen eine Renaissance (Sozialbilanz, Nachhaltigkeitsbericht, Berichterstattung zur Corporate Social Responsibility). Unter dem einzelwirtschaftlichen Aspekt sind die Ziele des Jahresabschlusses aus den Zielvorstellungen der am Jahresabschluss interessierten Personen und Institutionen abzuleiten. Damit wird die Frage aufgeworfen: Wer sind die Anspruchsberechtigten der finanziellen Rechnungslegung des Unternehmens und welche finanziellen Ziele verfolgen sie im Hinblick auf ihre Beziehung zu dem Unternehmen? Dies ist die Frage nach dem Zielträger des Jahresabschlusses. b) Zielträger des Jahresabschlusses. Die traditionelle Auffassung dieser Frage ist insb. von der amerikanischen B. geprägt worden. Nach der Eigner-Theorie (Proprietary Theory) gilt das Unternehmen ausschließlich als Einkommensquelle des Unternehmenseigners. Der Jahresabschluss hat dementsprechend die Aufgabe, dem Eigner periodisch Informationen über den Stand seines in dem Unternehmen gebundenen Vermögens und der Schulden sowie über die Höhe des mittels des Unternehmens erzielten Einkommens zu liefern. Er ist mithin eine Vermögens- und Einkommensrechnung des Unternehmenseigners. Entsprechend der Einheitstheorie (Entity Theory) wird das Unternehmen als eigenständige Wirtschaftseinheit, als Institution aufgefasst. Jahresabschlussaufgabe ist die Feststellung der Ergiebigkeit der Entscheidungen und Handlungen des als selbstständige Wirtschaftseinheit begriffenen Unternehmens (Institutionenthese). Eine vollkommene Lösung von einer natürlichen (Eigner-Theorie) bzw. fiktiven juristischen (Einheitstheorie) Person versucht die sog. Fondstheorie (Fund Theory). Damit soll der Jahresabschluss auf eine objektive „Grundlage“ bezogen werden. Der Jahresabschluss gilt nach dieser Auffassung als Abrechnung über Stand und 117

Bilanztheorien Entwicklung bestimmter Fonds, nicht aber als System zur Ermittlung von Gewinn oder Verlust, der jeweils nur auf eine Person bezogen sein kann. Eine weitere Auffassung, die sog. ManagementTheorie (Commander Theory) sieht den Jahresabschluss in erster Linie als Dispositionshilfe der Unternehmensleitung. Als gegenwärtige Auffassung der Zielträger sieht die Stockholder-Theorie eine Orientierung der Jahresabschlusszwecke an den Zielsetzungen und Informationsbedarfen der Eigentümerinvestoren des Unternehmens vor und kann als Verbindung von Eigner-Theorie und Management-Theorie verstanden werden. Die zu verfolgende Maximierung des Shareholder Value wird hierbei durch die bestehende Principal-Agent-Beziehung beeinflusst. Im Rahmen der breiteren, gesellschaftsbezogenen Ausrichtung der Rechnungslegungsziele wird im Hinblick auf die Zielträger im Allgemeinen auf die Interpretation des Unternehmens als Koalition (Stakeholder-Theorie) zurückgegriffen. Danach können die Jahresabschlussziele aus einem Minimalkonsens der unterschiedlichen Interessen und Ziele aller am Unternehmen beteiligten Personengruppen und Institutionen (Eigner, Kreditgeber, Lieferanten, Abnehmer, Arbeitnehmer usw.) abgeleitet werden. Unabhängig von der zugrunde liegenden Theorie gelten zwei Zielausprägungen: – Alle Adressaten sind an der Bestandserhaltung des Unternehmens interessiert. Zur Kontrolle, inwieweit die Unternehmenserhaltung in der vorgegebenen Form gelungen ist, bedarf es der Gewinnrechnung (Umsetzung durch Theorie der Gewinnermittlung). – Zur Kalkulation von Ausmaß und Sicherheitsgrad der zu erwarteten Zielrealisation ihrer Beteiligung am Unternehmen bedürfen alle Beteiligten möglichst verlässlicher und aus118

sagefähiger Beurteilungsmaßstäbe über die finanzielle und wirtschaftliche Situation des Unternehmens (Umsetzung durch Theorie der öffentlichen Rechnungslegung). Entsprechend diesen beiden Jahresabschlusszielen ergeben sich zwei weitere Aufgabenstellungen materieller B.: Einerseits sind der Gewinnbegriff inhaltlich festzulegen sowie die diesem entsprechenden Regeln für die Vermögensbewertung abzuleiten. Damit wird zugleich die zu verwirklichende Unternehmenserhaltungskonzeption festgelegt. Unter dieser Aufgabenstellung ist die materielle B. eine Theorie der Gewinnermittlung. Andererseits stellt sich der materiellen B. die Aufgabe, durch empirische und logische Analysen zu ergründen, wie sich ein möglichst großer Informationsgehalt der Rechnungslegung unter Berücksichtigung der Vielfalt der Informationswünsche der Rechnungslegungsadressaten erreichen lässt. In Bezug auf diese Aufgabenstellen ist die materielle B. also Theorie der Rechnungslegung gegenüber der Öffentlichkeit. c) Theorien der Gewinnermittlung. In der gesamten bilanztheoretischen Diskussion über den Gewinnbegriff besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass jede inhaltliche Festlegung des Gewinnbegriffs sich zwangsläufig mit einer bestimmten Vorstellung über eine Unternehmenserhaltungskonzeption verbindet. Die theoretischen Ansätze unterscheiden sich in der Form der Erhaltungskonzeption. Die vielfältigen im Schrifttum vorgeschlagenen Erhaltungskonzeptionen lassen sich traditionell auf drei Grundformen der Kapitalerhaltung, nämlich die Geld-, Sach- und Erfolgskapitalerhaltung zurückführen (o Substanz- und Kapitalerhaltung). Neuerdings kommt in einem erweiterten Sinne die Kapitalerhaltung i.S. des Nachhaltigkeitsprinzips hinzu. – Geldkapitalerhaltung. Ziel dieser Konzeption ist die Erhaltung des von

Bilanztheorien den Unternehmenseignern im Unternehmen investierten Geldes. Als Gewinn gilt dementsprechend der Betrag, der über die für die Erhaltung des ursprünglichen Einlagekapitals notwendigen Erträge hinaus erwirtschaftet wurde. Kriterium der Gewinnerzielung ist also der Ersatz der historischen Ausgaben für die in der Produktion verbrauchten Aufwandsgüter. Der Geldkapitalerhaltung entspricht mithin ein geldmäßiger Gewinn. Gewinnermittlung und Vermögensbewertung der statischen B. beruhen auf dem geldmäßigen Gewinnbegriff, d.h. auf der Geldkapitalerhaltung. Das entspricht auch der Zwecksetzung der statischen B., nämlich der Vermögens- und Schulddarstellung zum Zwecke der Schuldendeckungskontrolle. Dabei muss zwischen der älteren Zerschlagungsstatik und jüngeren Fortführungsstatik unterschieden werden. Die Zerschlagungsstatik geht bei der Vermögensermittlung von einer fiktiven Unternehmenszerschlagung am Bilanzstichtag aus und ermittelt somit ein „Gläubigerzugriffsvermögen“. Aus dieser Blickrichtung leiten sich Bilanzierungsund Bewertungsnormen ab: Aktiviert werden können nur Objekte, die als solche einzeln veräußerbar (verkehrsfähig) sind, also bei Zerschlagung als Vermögensgegenstände zur Schuldendeckung herangezogen werden können. Dem Einzelveräußerer an Aktiva sind nur solche Schulden gegenüberzustellen, die bei einer Unternehmenszerschlagung auch zu Auszahlungen führen, also auf einer Rechtsverpflichtung gegenüber Dritten beruhen (Schulden im Rechtssinne). Bewertungsmaßstab der Zerschlagungsstatik ist in erster Linie der Einzelveräußerungspreis, der aus Objektivierungsgründen als allgemeiner Verkehrswert zu bestimmen wäre.

Nach der Fortführungsstatik ist dagegen von der Going-concern-Prämisse auszugehen, solange diese realistisch anzunehmen ist. Die Bestandteile des Fortführungsvermögens werden prinzipiell als Erwartungswertkomponenten interpretiert. Für die Bilanzierung bedarf es allerdings der Objektivierung in Form von Vermutungen über die Ertragswirksamkeit von Bilanzposten. Aktiviert werden können danach nur Objekte, die als solche „Gegenstand des Rechtsverkehrs“ sein können. Bei immateriellen Werten werden zusätzliche Aktivierungsvoraussetzungen gestellt. Rechte sind nur zu aktivieren, wenn dem Unternehmen dafür Aufwendungen entstanden sind. Darüber hinaus können auch rein wirtschaftliche Werte bilanziert werden, sofern sie von Dritten entgeltlich erworben wurden. Auf der Passivseite sind nur Schulden zu passivieren, die auf einer rechtlichen Leistungsverpflichtung des Unternehmens gegenüber Dritten beruhen. Dazu zählen neben den Verbindlichkeiten auch Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, da diesen ebenfalls eine Leistungsverpflichtung des Unternehmens zugrunde liegt. Aufwandsrückstellungen sind dagegen nur als Teil des Eigenkapitals bilanzierungsfähig. Von der Zerschlagungsstatik unterscheidet sich die Fortführungsstatik vor allem durch unterschiedliche Wertansätze. Veräußerungsgegenstände sind zum Veräußerungspreis zu bewerten. Dauernd dem Unternehmen dienende Betriebsgegenstände hingegen mit dem individuellen Betriebswert, der auf der Grundlage der Anschaffungskosten zu bestimmen ist. Auch die dynamische B. Schmalenbachs beruht grundsätzlich auf der nominellen Geldkapitalerhaltungs119

Bilanztheorien konzeption. Das richtige Vermögen werde ausschließlich durch den Unternehmensgesamtwert repräsentiert; die Bilanz könne deshalb niemals primär der Vermögensermittlung dienen. Aufgabe sei vielmehr die Ermittlung eines periodengerechten relativ richtigen Erfolges. Dieser habe Indikatorfunktion für den Unternehmer; damit diene er zugleich dem Gläubigerschutz und der Insolvenzvorsorge. Entsprechend der Geldkapitalerhaltung beruht die Bewertungskonzeption der dynamischen B. auch grundsätzlich auf dem Anschaffungswertprinzip. In Zeiten starker Inflation kann das reine Anschaffungswertprinzip allerdings zu Störungen der Indikationsfunktion des ermittelten Ergebnisses führen, weil die Inflationswirkungen der Erträge und Aufwendungen die tatsächlichen wirtschaftlichen Prozesse überlagern. Unter dem Eindruck der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg hatte Schmalenbach in der vierten Auflage seiner „Dynamischen Bilanz“ deshalb ein Verfahren der indexmäßigen Bereinigung der Bilanzdaten vorgesehen. Das Verfahren der sog. realen Kapitalerhaltung wird deshalb häufig mit der dynamischen B. in Zusammenhang gebracht, obwohl Schmalenbach es in den späteren Auflagen seiner „Dynamischen Bilanz“ nicht wieder aufgegriffen hatte. Bei der realen Kapitalerhaltung geht es um die Erhaltung eines kaufkraftäquivalenten Geldkapitals. – Sachkapitalerhaltung (Substanzerhaltung). Diese Konzeption stellt auf die Sicherung des mengenmäßigen Reinvermögensbestandes des Unternehmens ab, das als Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angesehen wird. Als Gewinn gilt dementsprechend der Betrag, der über die für die Erhaltung des mengenmäßigen Vermögensbestandes notwendi120

gen Erträge hinaus erwirtschaftet wird. Kriterium der Gewinnerzielung ist hier der Einsatz der erforderlichen Reinvestitionsausgaben für die Ersatzbeschaffung der bei der Produktion verbrauchten Gütermengen. Der Sachkapitalerhaltung entspricht mithin ein gütermäßiger Gewinnbegriff. Die Konzeption der Substanzerhaltung ist der zentrale Gegenstand der organischen B., die nach der Inflation der 1920er Jahre von Fritz Schmidt konzipiert wurde. Ein ähnliches Konzept entwickelten Edwards/Bell in den USA Anfang der 1960er Jahre. Zielsetzung der „organischen Tageswertbilanz“ ist es, eine zu der Entwicklung des Leistungspotentials der Volkswirtschaft proportionale Erhaltung der Vermögenserhaltung zu gewährleisten. Dementsprechend gilt es in der Erfolgsrechnung, die allein auf Preisänderungen beruhenden Scheinerfolge von den echten Leistungserfolgen zu trennen. Zu diesem Zweck müssen die Aufwendungen mit den am Umsatztag gültigen Wiederbeschaffungskosten bzw. Reproduktionskosten angesetzt werden. Auf diese Weise wird mittels einer entsprechenden Aufwandsverrechnung der Teil des Erlöses einbehalten, der zur Wiederholung des Produktionsprozesses in mengenmäßig gleichem Umfang erforderlich ist. Die Differenz zwischen anschaffungswertorientierter und tageswertorientierter Aufwandsverrechnung wird in der Bilanz auf einem Wertänderungskonto (Neubewertungsrücklage, Substanzerhaltungsrücklage) erfasst, das je nach Richtung der Wertänderung einen passiven oder aktiven Korrekturposten zum Eigenkapital darstellt. Gleichzeitig werden die Vermögensgegenstände in der Bilanz zum Tagesbeschaffungspreis bzw. zum Wiederherstellungskostenwert am Bilanzstichtag angesetzt. Die erfolgsrechne-

Bilanztheorien rische Neutralisierung dieser erfassten Wertänderungen des Vermögens wird durch die Gegenbuchung auf dem schon erwähnten Wertänderungskonto erreicht. Dieses Wertänderungskonto enthält somit alle Vermögensneubewertungen sowie alle Scheingewinne aus unrealisierten Umsätzen. In der neueren B. ist die Substanzerhaltungskonzeption der organischen B. mehrfach aufgegriffen, weiterentwickelt und ergänzt worden. So wurde sie z.B. zu einer Nettosubstanzerhaltungskonzeption weiterentwickelt, die lediglich die Scheinerfolge der mit Eigenkapital finanzierten Vermögensposten aus der GuV eliminiert. – Erfolgskapitalerhaltung. Nach dieser Konzeption wird das Unternehmen als Erfolgspotential gedeutet, dessen Gegenwartswert – gemessen an Höhe, Sicherheitsgrad und zeitlicher Verteilung der künftig erzielbaren Free Cashflows – zu erhalten ist. Nur was über die für die Sicherung des Unternehmensgesamtwertes nötigen Beträge hinaus erwirtschaftet wird, gilt als Gewinn. Kriterium der Gewinnerzielung ist also der Ersatz der für die Wiederbeschaffung notwendigen Erfolgsträger erforderlichen Ausgaben, wobei der Umfang dieser Ausgaben allerdings nur über eine Gesamtbewertung bestimmt werden kann. Der Erfolgskapitalerhaltung entspricht ein wertmäßiger Gewinnbegriff. Eine Reihe von bilanztheoretischen Beiträgen haben sich bemüht, diesen sog. ökonomischen Gewinnbegriff für die Bilanzgestaltung nutzbar zu machen (Schneider, 1968; Seicht, 1970). Die Erfolgskapitalerhaltung korrespondiert mit der auf der Stockholder-Theorie basierenden Konzeption des Shareholder Value (o Shareholder Value-Konzept).

– Kapitalerhaltung i.S. des „Nachhaltigkeitsprinzips“. Die Rechnungslegungskonzeptionen, die auf Stakeholder bzw. die Gesamtgesellschaft als Zielträger der Unternehmensrechnung abstellen, rücken logischerweise von einem auf die Eigenkapitalgeber bezogenen Kapitalbegriff ab und beziehen seit kurzem neben dem ökonomischen Kapital auch das Sozialsowie Öko-Kapital mit ein, da das Nachhaltigkeitskonzept die drei Dimensionen „Ökonomie“, „Ökologie“ sowie „Soziales“ umfasst. Der Beitrag des Unternehmens zu dieser breit konzipierten Kapitalerhaltung wird als Nachhaltigkeitsleistung bezeichnet. d) Theorien der öffentlichen (externen) Rechnungslegung. Der Gewinn als Maßgröße der ergebnisabhängigen Einkommenszahlungen ist zugleich Indikator der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens. Insoweit dient die bilanzielle Erfolgsermittlung gleichzeitig der öffentlichen Rechnungslegung und insofern ist jede Theorie der bilanziellen Erfolgsermittlung zugleich Theorie der öffentlichen Rechnungslegung. Über die Fragen der Gewinnermittlung hinaus stellen sich der Theorie der öffentlichen Rechnungslegung allerdings weitergehende Aufgaben, die sich auf zwei Fragestellungen reduzieren lassen. – Welchen Informationsgehalt besitzen die erstellten Unternehmensabschlüsse als Instrument der öffentlichen Rechnungslegung? (Empirische Theorie der öffentlichen Rechnungslegung) – Wie lässt sich ggf. der Informationsgehalt der Unternehmensabschlüsse als Instrument der öffentlichen Rechnungslegung steigern? (Normative Theorie der öffentlichen Rechnungslegung) Im Rahmen der normativen Ansätze lassen sich unterschiedliche, gegenseitig 121

Bilanztheorien sich nicht ausschließende, sondern eher ergänzende Richtungen unterscheiden: Zum einen wurde in der Vergangenheit vorgeschlagen, den Jahresabschluss durch ein stärker an Zahlungsströmen orientiertes Rechensystem zu ersetzen oder wenigstens zu ergänzen (Moxter, 1966). Eine andere Richtung betont die Notwendigkeit der Prognosepublizität, insb. von Daten der Investitions- und Finanzplanung (Busse von Colbe, 1969). Eine weitere Richtung schließlich ist durch die Forderung nach verstärkter Publizität über die Manipulationsspielräume gekennzeichnet (Schneider, 1968). Diese Forderung äußert sich einerseits in dem Verlangen nach detaillierter Angabe der Bewertungsgrundlagen sowie nach strikter Trennung schätzungsabhängiger und schätzungsunabhängiger Daten. Andererseits sind unter dieser Richtung alle diejenigen Vorschläge zu subsumieren, die eine Objektivierung der im Jahresabschluss dargestellten Einzelinformationen erreichen wollen, indem die Vermögensgüter im Jahresabschluss multidimensional erfasst werden (Ijiri, 1966), oder indem die im Jahresabschluss bisher implizit enthaltenen Schätzungen durch Angabe ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Fehlerwahrscheinlichkeit explizit dargestellt werden (Baetge, 1980). Eine all diese Erweiterungen umfassende „ergänzende Mehrzweckbilanz“ ist von Heinen (1986) vorgeschlagen worden. In jüngerer Zeit wurde u.a. vorgeschlagen, den Unternehmensabschluss durch eine Wertschöpfungsrechnung zu erweitern (Haller, 2006) bzw. die bilanzielle Kapitalerhaltung um einen an der Liquiditätssituation des Unternehmens ausgerichteten o Solvenztest zu ergänzen, dessen Ergebnis die Ausschüttung determinieren sollte. Ein weiterer Bereich der normativen B. ist die Bilanzrechtstheorie, die sich mit der Gesetzesauslegung im Bereich der Bilanzrechtssprechung beschäftigt. Darüber hinaus steht im Fokus der Bilanzgestaltungstheorie die bi122

lanzpolitisch motivierte Normenanwendung durch explizit gewährte Wahlrechte und durch Regelungslücken bzw. Schätzungen entstandene Spielräume. Die empirische Theorie der öffentlichen Rechnungslegung widmet sich der Frage nach dem tatsächlichen Informationsgehalt veröffentlichter Jahresberichte bzw. alternativer Formen der Rechnungslegung (Überblick bei Möller/Hüfner, 2002). Letztlich geht es bei diesem Ansatz um den gesellschaftlichen Nutzen der externen Rechnungslegung. Dies ergibt sich daraus, dass für die Erreichung eines privaten Nutzens für den individuellen Investor eine öffentliche Regulierung von Rechnungslegung und Publizität nicht notwendig wäre. Dies könnte auch durch einen Informationsmarkt erreicht werden, auf dem die relevanten Informationen gekauft werden können. Wegen der Schwierigkeit solcher gesellschaftlicher Nutzenüberprüfungen reduzieren die verschiedenen empirischen Ansätze allerdings ihre Fragestellung auf die Untersuchung der Nützlichkeit bei privaten ökonomischen Entscheidungen (Überblick bei Beaver, 2002 und Gassen, 2007) (oJahresabschlussforschung, empirische). Die empirische Bilanzforschung bedient sich im Wesentlichen dreier Methoden. Der verhaltenswissenschaftliche Ansatz (behavioral accounting) versucht durch direkte Beobachtung das Entscheidungsverhalten von Rechnungslegungsadressaten oder von Rechnungslegenden zu erforschen. Der Prognoseeignungsansatz untersucht, ob Abhängigkeiten zwischen wirtschaftlichen Tatbeständen und veröffentlichten Abschlussinformationen bestehen, um auf deren Basis zukünftige Unternehmensentwicklungen prognostizieren zu können. Der kapitalmarktorientierte Ansatz basiert auf der Annahme, dass veröffentlichte Abschlussinformationen aufgrund ihrer Entscheidungsrelevanz eine Auswirkung auf die Kursentwicklung haben, da die Investoren eine sich in den

Bilanztheorien Aktienpreisen widerspiegelnde Revidierung früher getroffener Erwartungen vornehmen. Empirische Bilanzforschung wird deskriptiv, vergleichend und wirkungsorientiert betrieben. Die letztere Ausrichtung lässt sich in drei Untersuchungstypen unterscheiden (Coenenberg/Haller/Schultze, 2009): e) Nutzen der Rechnungslegungsinformationen für den Rechnungslegungsadressaten. Die Nutzenstiftung wird durch die Prognoseeignung, Entscheidungs- oder Bewertungsrelevanz gemessen (Möller/Hüfner, 2002 und Gassen, 2007). Die Prognoseeignung der Rechnungslegungsdaten erlaubt eine verbesserte Vorhersage von Unternehmenskrisen durch eine Analyse der Kennzahlen oder qualitativer, verbaler Daten und der Entwicklung der Ergebnis- und Cashflow-Größen. Die Relevanz für Investitionsentscheidungen kann am Zeitpunkt der Abschlussveröffentlichung und an den bereitgestellten Informationen, aber auch anhand der Entscheidungswirkung der Publizitäts- und Bilanzpolitik und unterjähriger Berichterstattung untersucht werden. Die Bewertungsrelevanz der Rechnungslegungsinformationen ergibt sich hingegen aus einem grundsätzlichen Vergleich des Informationsgehalts unterschiedlicher Rechnungslegungsstandards oder der Behandlungen von Einzelfragen. f) Rückwirkungen von Rechnungslegungsstandards auf unternehmerische Entscheidungen. Neben der Beeinflussung der Entscheidungen der Abschlussadressaten haben die Pflicht zur Abschlusspublizität und die Rechnungslegungsnormen und deren Spielräume einen Einfluss auf die Managemententscheidungen. So zeigen sich z.B. deutliche Effekte aus Änderungen der Bilanzierungsvorschriften für Leasing und Währungsumrechnung auf unternehmerische Finanzierungsentscheidungen.

g) Bestimmungsfaktoren für die Gestaltung der Rechnungslegung in der Praxis. Die positive accounting theory geht davon aus, dass die Rechnungslegung makro- und mikroökonomische Konsequenzen hat und aufgrund derer zielgerichtet eingesetzt und ausgestaltet wird, so dass ein dies berücksichtigender Effekt (ex post value) gemessen werden kann. Die Schwerpunkte dieser Theorie liegen zum einen in der Untersuchung, wann und wie es auf Unternehmensebene zur Wahl bestimmter Rechnungslegungsmethoden kommt. Zum anderen wird untersucht, welche Faktoren Unternehmen sowie die verantwortlichen Institutionen in ihrem Verhalten im Rahmen von Normsetzungsprozessen beeinflussen (Leuz/Wüstemann, 2004). Lit.: Baetge, J.: Möglichkeiten der Objektivierung des Jahreserfolges, 2. Aufl., 1980; Beaver, W.H.: Financial Ratios as Predictors of Failure, in: Empirical Research in Accounting Selected Studies, 1966; Beaver, W.H.: Perspectives on Recent Capital Market Research, in: TAR 2002, S. 453-474; Busse von Colbe, W.: Prognosepublizität von Aktiengesellschaften, in: Angehrn, O./Künzi, P. (Hrsg.): Beiträge zur Lehre der Unternehmung, 1969; Coenenberg, A.G.: Ziele, Wirkungen und Gestaltung der Unternehmenspublizität: Was lehrt die empirische Forschung?, in: Baetge, J. (Hrsg.): Rechnungslegung und Prüfung – Perspektiven für die neunziger Jahre, 1993, S. 73-100; Coenenberg, A.G./Haller, A.: Empirische Forschung, in: HWR, 3. Aufl., 1993, S. 506-517; Coenenberg, A.G./Haller, A.: Externe Rechnungslegung, in: Hauschildt, J./Grün, O. (Hrsg.): Ergebnisse empirischer betriebswirtschaftlicher Forschung. Zu einer Realtheorie der Unternehmung, 1993, S. 557-599; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Edwards, E.O./Bell, P.W.: The Theory and Measurement of Business Income, 123

Bilanzvergleich, internationaler 1961; Gassen, J.: Empirische Rechnungslegungsforschung, in: HWB, 6. Aufl., 2007, Sp. 358-366; Haller, A.: Nachhaltigkeitsleistung als Element des Value Reporting, in: ZfCM-Sonderh. 3/2006, S. 62-73; Heinen, E.: Handelsbilanzen, 12. Aufl., 1986; Ijiri, Y.: The Foundation of Accounting Measurement, 1966; Kosiol, E.: Pagatorische Bilanz, 1976; Le Coutre, W.: Totale Bilanz, in: Bott, K.: Lexikon des Kaufmännischen Rechnungswesens, Bd. 4, 2. Aufl., 1957 (Nachdruck 1995), S. 2555-2604; Lehmann, M.R.: Planvolles Rechnen in Betrieb und Gruppe – Ein Beitrag zur Wertschöpfungs- und Wirtschaftlichkeitsrechnung, 1937; Leuz, C./Wüstemann, J.: The Role of Accounting in the German Financial System, in: Krahnen, J.P./Schmidt, R.H. (Hrsg.): The German Financial System, 2004, S. 450-482; Möller, H.-P./Hüfner, B.: Bilanzwirkungstheorien, in: HWRP, 3. Aufl., 2002, S. 440-452; Moxter, A.: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung und der Stand der Bilanztheorie, in: ZfbF 1966, S. 28-59; Moxter, A.: Bilanzlehre, Bd. 2, 1986 (Nachdruck 1991); Münstermann, H.: Einführung in die dynamische Bilanz, 1941; Schmalenbach, E.: Dynamische Bilanz, 13. Aufl., 1962 (Nachdruck 1995); Schmidt, F.: Die organische Tageswertbilanz, 3. Aufl., 1929 (Nachdruck 1951); Schneider, D.: Ausschüttungsfähiger Gewinn und das Minimum an Selbstfinanzierung, in: ZfbF 1968, S. 1-29; Schneider, D.: Bilanztheorien, analytische, in: HWRP, 3. Aufl., 2002, S. 427-440; Seicht, G.: Die kapitaltheoretische Bilanz und die Entwicklung der Bilanztheorie, 1970; Siegel, T.: Bilanztheorie, in: HWU, 4. Aufl., 2002, S. 195-207; Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007; Walb, E.: Finanzwirtschaftliche Bilanz, 3. Aufl., 1966. Adolf G. Coenenberg/ Axel Haller/ Daniel Blab 124

Bilanzvergleich, internationaler o Harmonisierung der Rechnungslegung Bilanzverkürzung Buchhalterisches Ergebnis eines Geschäftsvorfalls, bei dem sowohl eine Position der Aktivseite der Bilanz als auch eine Position der Passivseite ausgebucht wird. Ein Beispiel ist die Begleichung einer Verbindlichkeit, durch welche die Positionen „Kassenbestand“ und „Verbindlichkeiten“ in gleicher Höhe reduziert werden. Bilanzverlängerung Buchhalterisches Ergebnis eines Geschäftsvorfalls, bei dem sowohl eine Position der Aktivseite der Bilanz als auch eine Position der Passivseite eingebucht wird. Ein Beispiel ist der Zugang einer Anzahlung, der zur betragsmäßig gleichen Erhöhung der Positionen „Kassenbestand“ und „Erhaltene Anzahlungen“ führt. Bilanzvermögen Summe der auf der Aktivseite der o Bilanz ausgewiesenen o Vermögensgegenstände (HGB) bzw. o Vermögenswerte (IFRS). Bilanzverschleierung Verstoß gegen den Grundsatz der o Bilanzklarheit mit der Absicht, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens durch irreführende Gliederung des Jahresabschlusses oder Bewertung des Vermögens unklar, insb. zu günstig, darzustellen. Für Mitglieder des Leitungsorgans und Aufsichtsrates einer Kapitalgesellschaft und eines Konzerns ist die B. gem. § 331 Nr. 1 und 2 HGB strafbar und kann gem. § 256 Abs. 4 und 5 AktG die Nichtigkeit des Jahresabschlusses zur Folge (o Bilanzfälschung). Bilanzwahrheit Ein o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem die Aufzeichnung in der Buchhaltung und im o Jah-

Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage resabschluss bzw. o Konzernabschluss die tatsächlichen realen Verhältnisse des Unternehmens abbilden soll. Die Forderung nach B. wird dann als erfüllt angesehen, wenn die Rechnungslegungsvorschriften der §§ 242 ff. HGB eingehalten werden. Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 1. Begriff Jeder Vollkaufmann ist nach § 238 Abs. 1 HGB (§ 190 Abs. 1 öUGB) verpflichtet, unter Beachtung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) Bücher zu führen, die es einem sachverständigen Dritten ermöglichen, sich innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Lage des Unternehmens zu verschaffen (o Buchhaltung, kaufmännische). Für Kapitalgesellschaften wird diese Pflicht dahingehend konkretisiert, dass der o Jahresabschluss unter Beachtung der GoB „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes B. der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“ habe (o true and fair view, § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB). Für Österreich gilt die Forderung, dass der Jahresabschluss im Rahmen der GoB „ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln“ habe, gem. § 195 öUGB für jeden Kaufmann i.S. des öUGB. Wird aufgrund besonderer Umstände ein solches Bild durch die Befolgung der gesetzlichen Detailvorschriften nicht vermittelt, so sind von Kapitalgesellschaften im o Anhang zusätzliche Angaben zu machen (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB; § 222 Abs. 2 öHGB). Dies gilt außer für den Einzelabschluss ebenso für den o Konzernabschluss von Kapitalgesellschaften (§ 297 Abs. 2 HGB). Der Abschlussprüfer hat im o Bestätigungsvermerk nach § 322 Abs. 1 HGB (§ 274 Abs. 1 öUGB) neben der Befolgung gesetzlicher Vorschriften ausdrücklich die Vermittlung eines den tatsächlichen Ver-

hältnissen entsprechenden B. zu bestätigen. Nach IAS 1.15 haben „Abschlüsse die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cashflows eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen“. Aufgrund der auf die Zukunft gerichteten Informationsinteressen der Rechnungslegungsadressaten kann sich die Darstellung der Lage eines Unternehmens nicht darauf beschränken, die vergangene Entwicklung abzubilden. Unter „Lage“ ist vielmehr die Fähigkeit zu verstehen, die Erhaltung der im Unternehmen gebundenen Substanz i.S. des Reinvermögens (Vermögenslage), die Erwirtschaftung eines Mindestgewinns und die Erneuerung der Ertragspotenziale (Ertragslage) sowie die Liquiditätssicherung und Realisierung einer günstigen Kapitalstruktur (Finanzlage) auch in den kommenden Perioden zu erreichen. Demgegenüber ist die Rechnungslegung geprägt durch konzeptionelle Grenzen des Informationsgehalts von Jahresabschlüssen. Sie ergeben sich durch das Bedürfnis nach Objektivierung der Rechnungslegung. Diese wird erreicht durch einen weitgehenden Rückgriff auf Vergangenheitszahlen, die als repräsentativ oder zumindest aussagekräftig für die erwartete Entwicklung betrachtet werden, auch wenn der Jahresabschluss zukunftsgerichtete Elemente enthält (z.B. Ansatz von o Rückstellungen). Dem Zweck der Objektivierung dienen das o Realisationsprinzip, das o Imparitätsprinzip sowie das o Anschaffungswertprinzip. Diese am o Vorsichtsprinzip orientierte Bilanzierung führt zu einem eher pessimistischen B. Die IFRS haben sich davon mit ihrer Orientierung am o Fair Value für eine Reihe von Bilanzierungsvorschriften, z.B. bestimmter o Finanzinstrumente, bis zu einem gewissen Grade gelöst. 125

Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage Trotz beschränkter Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses suggerieren die Generalnormen des § 264 Abs. 2 HGB, des § 195 öUGB und auch des IAS 1.15 hohe Anforderungen an seinen Informationsgehalt, da das vermittelte B. „den tatsächlichen Verhältnissen“, u.U. durch Zusatzangaben im Anhang, zu entsprechen hat. Die 4. EG-Richtlinie enthält in Art. 2 Abs. 5 und die 7. EG-Richtlinie in Art. 16 Abs. 5 darüber hinaus sogar die Verpflichtung, in Ausnahmefällen von Einzelvorschriften abzuweichen, wenn die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden B. es erfordert, dies dann aber im Anhang zu begründen und den Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darzulegen. Diese Vorschrift wurde vom deutschen und österreichischen Gesetzgeber jedoch nicht transformiert. Stattdessen fügte der Gesetzgeber in den Gesetzestext den Verweis ein, dass die Vermittlung des geforderten B. „unter Beachtung der GoB“ zu erfolgen habe. Die Frage nach dem Stellenwert der Generalnorm ist daher einerseits vor dem Hintergrund der europarechtlichen Herkunft, letztlich aber nach dem gesetzgeberischen Willen zu beantworten, der bei der Transformation der Norm zum Ausdruck gebracht wurde. 2. Entwicklung aus der anglo-amerikanischen Rechnungslegungstradition Im englischen Wortlaut der EG-Richtlinien enthalten die Generalnormen den Grundsatz des true and fair view. Dieser wurde von Großbritannien aufgrund seiner traditionellen Bedeutung als „overriding principle“ in den britischen Companies Acts auch als Leitlinie für die europaweite o Harmonisierung der Rechnungslegung durchgesetzt. In England verdankt der Grundsatz seinen hohen Rang der bislang fehlenden gesetzlichen Verankerung detaillierter Bilanzierungs-, Bewertungs- und Gliederungsvorschriften. Den Rechnungslegungspflichtigen 126

und Abschlussprüfern wird die Verantwortung auferlegt, je nach Lage des Einzelfalls diejenigen Bilanzierungsmethoden auszuwählen, die für die Vermittlung eines true and fair view am besten geeignet sind. Nach britischem Verständnis wird so vermieden, dass aufgrund der Beachtung aller Detailvorschriften zwar nicht gegen das förmliche Regelwerk verstoßen wird, jedoch das entstehende Gesamtbild irreführend ist. Insbesondere soll das B. nicht dadurch verzerrt werden, dass durch o Bilanzpolitik im Rahmen der o Bilanzierungswahlrechte und Bewertungsspielräume in Einzelfragen jeweils gerade noch vertretbare Ansätze gewählt werden, die sich im Zusammenwirken zu einer allzu positiven oder negativen Darstellung der Lage des Unternehmens kumulieren würden. Die Beachtung der in Großbritannien vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und in den o USA vom o Financial Accounting Standards Board (FASB) erarbeiteten Rechnungslegungsstandards (SSAP/ FRS bzw. SFAS) wurde dort zwar als prima-facie-Beweis dafür betrachtet, dass der geforderte ehrliche, unparteiliche Einblick gewährt wird; im Interesse des höchstmöglichen Informationsgehalts in jedem Einzelfall genießt aber der „true and fair view“-Grundsatz zumindest theoretisch absoluten Vorrang vor dem Ziel der Vereinheitlichung der Rechnungslegung durch obligatorische Befolgung gesetzlicher oder berufsständischer Regelungen. Einer unreflektierten Übertragung der anglo-amerikanischen Generalnorm auf bundesdeutsche Verhältnisse stehen die z.T. unterschiedlichen Zielsetzungen des Jahresabschlusses sowie verschiedene sozio-ökonomische Rahmenbedingungen, insb. der Unternehmensverfassung, entgegen: Der Jahresabschluss erfüllt nach britischem und US-amerikanischem Verständnis und nach der Zielsetzung der

Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage IFRS in Tz. 12 des o Frameworks vorwiegend eine Informationsfunktion (o Jahresabschluss, Funktionen). Danach sollen die Financial Statements Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage liefern, die für die Entscheidungen eines weiten Kreises von Nutzern nützlich sind („Entscheidungsnützlichkeit“). Diese Funktion hat wegen des hoch entwickelten Kapitalmarkts in beiden Ländern große Bedeutung. Gleichwohl kommt nach den IFRS der Informationsfunktion des Abschlusses nicht der Rang eines overriding principle zu, da das Framework gemäß Tz. 2 kein Standard ist und keine Regelung eines Standards außer Kraft setzt. Die Zahlungsbemessungsfunktion spielt demgegenüber eine untergeordnete Rolle, da es in den anglo-amerikanischen Ländern keine rechtliche Bindung der Ausschüttungsansprüche an den ausgewiesenen Gewinn und keine strenge o Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz gibt. Folglich wird die Bereitschaft zur Offenlegung auch hoher Gewinne kaum eingeschränkt. 3. Bedeutung gem. HGB Dem Gebot der Normenklarheit entsprechend hat der Gesetzgeber nach deutschem Recht die Anforderungen, die er an das B. knüpft, zu konkretisieren. Aus Gründen der Rechtssicherheit können die zu diesem Zweck erlassenen Einzelnormen folglich nicht unter dem ständigen Vorbehalt ihrer Vereinbarkeit mit der Generalnorm stehen. Diese erfüllt insofern nur eine Hilfsfunktion bei der Auslegung der Detailvorschriften sowie der Ausfüllung von Gesetzeslücken. Die Einzelnormen des HGB dienen nicht vorwiegend dem Ziel der bestmöglichen Information. Vielmehr wird der handelsrechtliche Einzelabschluss durch die Ausschüttungsbemessungs- und Gläubigerschutzfunktion geprägt und zusätzlich im Rahmen der Steuerbemessungsfunktion mit steuerlichen Aufgaben befrach-

tet. Die hieraus resultierende eher – aber nicht durchweg – vorsichtige Bilanzierung mit ihrer Tendenz zur Bildung stiller o Rücklagen prägt ein pessimistisches B. und führt zu einem tendenziell geringeren Informationswert des Jahresabschlusses. Damit stellt sich über die Interpretation der Generalnorm als Auslegungshilfe hinaus die Frage, wie der z.T. bestehende Zielkonflikt zwischen Generalnorm einerseits und Einzelnormen bzw. GoB andererseits zu lösen ist. a) Verweis auf die Beachtung der GoB. Durch die Klarstellung, dass das geforderte Bild nur unter Beachtung der GoB zu vermitteln sei, hat der Gesetzgeber dem Missverständnis vorgebeugt, die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB, §195 öUGB für den Einzel- und des § 297 Abs. 2 HGB, § 250 Abs. 2 öUGB für den Konzernabschluss trete an die Stelle des § 243 Abs. 1 HGB und verlange ggf. völlig neue Bilanzierungsmethoden, die über den „traditionellen“ Einzelund Konzernabschluss hinausgingen. Das geforderte B. darf nicht durch Bilanzansätze vermittelt werden, die nicht durch die GoB gedeckt sind, auch wenn sie möglicherweise einen höheren Informationswert versprechen (z.B. Ansatz von Wiederbeschaffungskosten zur Kontrolle der o Substanz- und Kapitalerhaltung). Der Verweis auf die GoB dämpft übertriebene Erwartungen und deutet an, dass die Realität durch einen Jahresabschluss nach wie vor nur beschränkt und vereinfacht wiedergegeben werden kann. b) Bindung der Bilanzierungswahlrechte an die Generalnorm. Die Frage, ob das Einblicksgebot die Wahlrechte und Ermessensspielräume derart dominiert, dass diese jeweils im Interesse der höchstmöglichen Information über das B. auszuüben wären, wird von der h.M. verneint. Insbesondere solche Wahlrechte, die offensichtlich nicht zum Zweck der Ermöglichung eines optimalen Einblicks in die Unternehmenslage eingeräumt 127

Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wurden (§§ 248 Abs. 2, 256 HGB), wären vom Gesetzgeber nicht geschaffen worden, hätte er die damit verbundene Trübung des B. für nicht vereinbar mit der Generalnorm gehalten. Aber auch für Bilanzierungsspielräume, die ein Ermessen i.S. der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden B. zulassen, weil sie nicht aus einem anders lautenden Motiv gesetzt wurden (z.B. Abgrenzung der o Herstellungskosten, Bemessung der o Abschreibungen nach Nutzungsdauer und -verlauf), kann keine Bindung an das Einblicksgebot der Generalnorm abgeleitet werden.

Informationsdefizite sind durch erläuternde Angaben im Anhang zu korrigieren. Für dieses Ergebnis, das als „Abkopplungsthese“ (Moxter, 1978; Beisse, 1988) diskutiert wird, spricht auch die unterbliebene Transformation der Verpflichtung, in Ausnahmefällen von Detailvorschriften abweichen zu müssen, wenn diese mit dem angestrebten B. nicht vereinbar sind. Es ist kaum ein Fall denkbar, in dem einer Verletzung des Einblicksgebots durch eine Detailvorschrift nicht durch ergänzende Informationen im Anhang abgeholfen werden kann, so dass diese Detailnorm der Generalnorm weichen müsste.

Der Anhang als dritter Bestandteil des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften kann die durch die Ausübung von Wahlrechten entstehenden Informationsdefizite z.T. wieder ausgleichen. Soweit die Inanspruchnahme von Wahlrechten nicht explizit an eine Erläuterungspflicht im Anhang geknüpft ist (vgl. §§ 284 Abs. 2 HGB), greift § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB.

Lit.: ADS, 6. Aufl., Bd. 5, 1997, § 264 HGB, S. 1-45; Baetge, J./Commandeur, D., in: Küting, K./Weber, C.-P. (Hrsg), HdR, 3. Aufl., 1990, S. 1101-1123; Beine, F.: Scheinkonflikte mit dem True and Fair View, in: WPg 1995, S. 467-475; Beisse, H.: Die Generalnorm des neuen Bilanzrechts, in: Handelsrecht und Steuerrecht, 1988, S. 25-44; Budde, W.D./ Förschle, G.: Das Verhältnis des „True and Fair View“ zu den GoB und zu den Einzelrechnungslegungsvorschriften, in: Mellwig, W. u.a. (Hrsg.): Einzelabschluß und Konzernabschluß, 1988, S. 27-45; Budde, W.D.: Überlegungen zur Umsetzung des „true and fair view“ in das deutsche Recht, in: Wirtschaftsprüfung und Wirtschaftsrecht, 1980, S. 109-135; Busse von Colbe, W.: A True and Fair View: A German Perspective, in: EECAccounting Harmonization, 1984, S. 121128; Claussen, C.P.: Zum Stellenwert des § 264 Abs. 2 HGB, in: Bilanz- und Konzernrecht, FS für Goerdeler, 1987, S. 79-92; Flint, D.: A True and Fair View in Company Accounts, 1982; Großfeld, B.: Generalnorm, in: HuRB, 1986, S. 192-204; IDW: WP-Handbuch 2006, Band I, Tz. F 70; Küting, K./ Pfitzer, N./Weber, C.-P.: Handbuch der Rechnungslegung, 2005, § 264 Tz. 9-39; Kupfernagel, S.: Die Generalnorm für den Jahresabschluß von Kapitalgesell-

c) Bedeutung des Anhangs für den Stellenwert der Generalnorm. Da der o Anhang mit Bilanz und GuV eine Einheit bildet (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB), muss das geforderte B. nicht bereits durch Bilanz und GuV vermittelt werden. Dem Nebeneinander von Zahlungsbemessungsfunktion und Informationsfunktion des Jahresabschlusses kann durch eine weitgehende Aufgabenteilung entsprochen werden. Die Aufgabe der Gewinnermittlung, von deren Ergebnis nach deutschem Gesellschaftsrecht direkt finanzielle Ansprüche abhängen (§ 58 Abs. 2 AktG, § 29 Abs. 1 GmbHG; Ausschüttungsansprüche einerseits, Interesse der Fremdkapitalgeber an möglichst hohem Haftungskapital andererseits), erfordert eine Orientierung von Bilanz und GuV an objektivierten, vorsichtsbetonten Zahlen. Auch die dadurch entstehenden 128

Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen schaften, 1991; Lachnit, L.: „True and fair view“ und Rechnungslegung über stille Rücklagen im Jahresabschluß von Kapitalgesellschaften, in: WPg 1993, S. 193-201; Lange, C.: Zur Publizitätspflicht „zusätzlicher Angaben“ im Anhang, in: WPg 1991, S. 369-376; Leffson, U.: Die beiden Generalnormen, in: Bilanz- und Konzernrecht, FS für Goerdeler, 1987, S. 315-325; Luik, H.: Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse - Ein neues Ziel der Rechnungslegung?, in: 50 Jahre Wirtschaftsprüferberuf, 1981, S. 53-59; Moxter, A.: Der Einfluß der EG-Bilanzrichtlinie auf das Bilanzsteuerrecht, in: BB 1978, S. 1629-1632; Moxter, A.: Die Jahresabschlußaufgaben nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, in: AG 1979, S. 144-146; Schildbach, T.: Die neue Generalklausel für den Jahresabschluß von Kapitalgesellschaften, in: BFuP 1987, S. 1-15; Selchert, F.W.: Zur Generalnorm für offenlegungspflichtige Unternehmen, in: BB 1993, S. 753-760; Winkeljohann, N./Schellhorn, M: § 264, Tz. 35-60, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010; Wölk, A.: Die Generalnorm für den Einzelabschluß von Kapitalgesellschaften, 1992. Walther Busse von Colbe/ Jörg Brotte BilKoG = o Bilanzkontrollgesetz BilMoG = o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilReG = o Bilanzrechtsreformgesetz Binomialmodell o Optionspreistheorie BiRiLiG = o Bilanzrichtliniengesetz Black/Scholes-Modell o Optionspreistheorie Blockverfahren = o Anbauverfahren

Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen 1. Schuldscheindarlehen Schuldscheindarlehen sind mittel- bis langfristige Großkredite ab einem Volumen von ca. 20 Mio. €, die institutionelle Investoren an private und öffentlichrechtliche Unternehmen vergeben. Zu den institutionellen Investoren zählen neben Pensionskassen insb. o Versicherungsunternehmen, die mit ihren Lebens-, Kranken- und privaten Pflegeversicherungen zu den großen Kapitalsammelstellen gehören. Neben Bankkrediten und Unternehmensanleihen (Bond) stellen Schuldscheindarlehen ein wichtiges Finanzinstrument für den gehobenen Mittelstand und für Großunternehmen dar. Für Versicherungsunternehmen sind Schuldscheindarlehen eine interessante Möglichkeit zur Diversifizierung ihres Anlageportefeuilles. 2. Gebundenes Vermögen Versicherungsunternehmen müssen in Höhe ihrer auf der Passivseite der o Bilanz gesondert auszuweisenden versicherungstechnischen Verpflichtungen (Deckungsrückstellung, Beitragsüberhänge, Schadenrückstellung, Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungsnehmern u.a.) ein sogenanntes gebundenes Vermögen bilden (§§ 54 Abs. 5, 66 VAG). Dieses gebundene Vermögen unterliegt zum Schutz der Versicherungsnehmer besonderen gesetzlichen Kapitalanlagevorschriften, die sicherstellen sollen, dass eine „möglichst große Sicherheit und o Rentabilität bei jederzeitiger o Liquidität des Versicherungsunternehmens unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung“ erreicht wird (§ 54 Abs. 1 VAG). Zu den zugelassenen Anlagen des gebundenen Vermögens zählen neben festverzinslichen Wertpapieren, Aktien, Immobilien und weiteren Anlageformen auch Schuldscheindarlehen an Unternehmen mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum oder in einem Vollmitglied129

Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen staat der OECD (ohne Kreditinstitute), wenn sie bestimmte Bonitätsanforderungen erfüllen (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 AnlV). 3. Bonitätsanforderungen für Schuldscheindarlehen. Die notwendige o Bonität besitzen Unternehmen grundsätzlich nur dann, wenn aufgrund der Entwicklung ihrer Ertragsund Vermögenslage die Verzinsung und Rückzahlung des Schuldscheindarlehens gewährleistet erscheinen und das Darlehen ausreichend gesichert ist. Zur Prüfung der Bonität sieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin; vgl. Rundschreiben 15/2005 (VA)) in Verbindung mit den vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) herausgegebenen Grundsätzen für die Vergabe von Unternehmenskrediten durch Versicherungsunternehmen (Kreditleitfaden) zwei Möglichkeiten vor. Liegen Langfristratings anerkannter Ratingagenturen vor, können diese herangezogen werden. Erforderlich ist eine Investment-Grade-Qualität, also mindestens BBB- bei S&P und Fitch oder Baa3 bei Moody’s. Fehlt ein solches o Rating, erfolgt die Bonitätsprüfung im Wesentlichen anhand der im Kreditleitfaden genannten Finanzrelationen (aus o Jahresabschlüssen ermittelte o Kennzahlen). Als Sicherheit verlangen Gesetzgeber und die BaFin erststellige Grundpfandrechte, verpfändete Forderungen und Wertpapiere oder eine Verpflichtungserklärung des Darlehensnehmers (Negativerklärung) in Verbindung mit der Verpflichtung zur Einhaltung der Finanzrelationen des Kreditleitfadens („Covenants“). Im letzten Fall kann ersatzweise auch wieder auf Langfristratings zurückgegriffen werden, deren Mindestanforderungen hier aber A- (S&P, Fitch) oder A3 (Moody’s) betragen. 4. Finanzrelationen Notwendige Bedingung für die geforderte Bonitätseinstufung eines Darlehens130

nehmers und für den Nachweis der Besicherung ist die Einhaltung von Unternehmenskennzahlen aus drei Kernkennzahlenblöcken, die aus den Ergebnissen empirischer o Bilanzanalysen zur Früherkennung von Unternehmenskrisen sowie den gebräuchlichen Kennzahlen der Ratingagenturen abgeleitet sind: Block I: Kennzahlen zur o Zinsdeckung (Interest Coverage) Zinsdeckung I =

EBIT Zinsen u. ähnl. Aufwendungen Zinsdeckung II =

EBITDA Zinsen u. ähnl. Aufwendungen Die Zinsdeckung wird als Indikator für die Ertragskraft des Unternehmens angesehen. Sie soll einen Wert von > 3 (Zinsdeckung I) bzw. > 4,5 (Zinsdeckung II) aufweisen. o EBIT und o EBITDA sind um außerordentliche Aufwendungen und Erträge bereinigt, enthalten aber die Erträge aus Beteiligungen. Block II: Kennzahlen zur Verschuldung (o Entschuldungsdauer; Level of Debt) Entschuldungsdauer I = zinstr. Verbindl. EBITDA Entschuldungsdauer II = zinstr. Verbindl.  liquide Mittel EBITDA Die Kennzahlen zur Verschuldung sind Indizien für die Finanzkraft. Sie zeigen das Schuldentilgungspotenzial des Unternehmens und geben den Zeitraum an, den es benötigen würde, um unter sonst gleichen Umständen die zinstragenden (Netto-)Verbindlichkeiten aus dem betrieblichen o Cashflow zurückzuzahlen. Grenzwerte, die nicht überschritten werden sollen, sind 3 (Entschuldungsdauer I) bzw. 2,5 (Entschuldungsdauer II). Unklar bleibt im Kreditleitfaden, weshalb

Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen der Cashflow selbst nicht in die Formel übernommen, sondern durch EBITDA angenähert wird. Block III: Kennzahlen zur o Kapitalstruktur Haftmittelquote =

Haftmittel modifizierte Bilanzsumme Finanzverbindlichkeitenquote =

zinstr. Verbindl. zinstr. Verbindl. + Eigenkapital Die Haftmittelquote (Risk Bearing Capital) basiert auf der o Eigenkapitalquote, bezieht aber auch Gesellschafterdarlehen und Mezzanine-Kapital ein. Sie soll bei Krediten mit Stellung von Sicherheiten sowie bei der Verwendung von o Konzernabschlüssen > 20 %, sonst > 27 % sein. Die Finanzverbindlichkeitenquote besitzt eine ähnliche Aussagekraft wie die Haftmittelquote. Sie soll 60 % (Kredite mit Sicherheiten) bzw. 50 % nicht überschreiten. Zur Beurteilung der Bonität ist mindestens eine Kennzahl aus jedem Block heranzuziehen. Die Finanzrelationen gelten grundsätzlich einheitlich für alle Unternehmen und Branchen. Branchenspezifische und auch unternehmensspezifische Besonderheiten können durch Auswahl einer der beiden Kennzahlen innerhalb der Blöcke ansatzweise berücksichtigt werden. Im Falle der Darlehenssicherung durch erststellige Grundpfandrechte sind eine Kompensation zwischen den drei Kennzahlen sowie eine branchentypische Anpassung der Kennzahlenberechnung in engen Grenzen möglich. Dies gilt nicht im Fall der Sicherung durch Negativerklärung. Das Einhalten der Negativvereinbarung und der Finanzrelationen ist jährlich nachzuweisen und im Zweifelsfall durch den Wirtschaftsprüfer zu bestätigen.

Wird auch nur eine Bedingung verletzt, steht dem Darlehensgeber vertraglich ein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht zu. 5. Besonderheiten bei Konzernunternehmen und IFRS. Der Kreditleitfaden fordert bei Darlehen an Konzernunternehmen seit 2006 durchweg die Analyse sowohl des Einzel- als auch des o Konzernabschlusses, wobei im Falle des Konzernabschlusses die strengeren Grenzwerte „mit Sicherheiten“ herangezogen werden. Allerdings orientieren sich die Kennzahlen nach wie vor allein am o HGB. Dies erscheint nicht mehr zeitgemäß, denn zum einen sind die kreditaufnehmenden Unternehmen i.d.R. konzernverbunden, sodass zunehmend ein o IFRS-Konzernabschluss zur Bonitätsprüfung vorliegen dürfte. Zum anderen ist seit 2005 der Kreis der Unternehmen, denen Schuldscheindarlehen grundsätzlich gewährt werden dürfen, auf Unternehmen im EWR-Ausland erweitert worden. Die Frage, auf welche Basis die zur Kennzahlenbildung herangezogenen Abschlüsse erstellt sein müssen, wird für diese Fälle im Kreditleitfaden nicht beantwortet. Ein modifizierter Kreditleitfaden auf Basis von IFRS-Abschlüssen könnte hierfür eine Lösung sein. 6. Fazit. Die Vorgabe von einzelnen Soll- oder Normwerten bei der Unternehmensanalyse ist theoretisch kaum begründbar und wird daher von der Literatur kritisch gesehen. Sie kommt aber den Interessen institutioneller Kreditgeber nach einer vereinfachten bzw. standardisierten Kreditwürdigkeitsbeurteilung entgegen. Durch die 2006 erfolgte Anpassung der Finanzrelationen an die international von Ratingagenturen verwendeten Unternehmenskennzahlen soll die Vergabe von Schuldscheindarlehen weiter erleichtert werden und so die erwartete Renaissance dieser Finanzierungsform beflügeln. 131

Bonusbank Lit.: Bonse, A./Linnhoff, U./Pellens, B.: Analyse von Jahres- und Konzernabschlüssen, in: Busse von Colbe, W. et al. (Hrsg.), Betriebswirtschaft für Führungskräfte, 4. Auflage, 2011, S. 559-579; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 1013-1204; Deutsche Bundesbank: Beurteilung der Bonität von Unternehmen durch die Deutsche Bundesbank im Rahmen der Refinanzierung deutscher Kreditinstitute, Mai 2010; Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 4. Aufl., 2006, S. 759-875; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (Hrsg.): Grundsätze für die Vergabe von Unternehmenskrediten durch Versicherungsgesellschaften – Schuldscheindarlehen, 4. Aufl., 2006. Ulrich Linnhoff

indem die variable Vergütung zunächst nur teilweise ausgezahlt und der Restbetrag in eine B. eingestellt wird. Wird in den Folgeperioden ein negatives Ergebnis erzielt, kann der den Manager bei fehlender Verlustbeteiligung nicht belastende Malus hingegen mit dem Kontostand der B. verrechnet werden, so dass zumindest eine partielle Verlustbeteiligung erreicht wird. Dadurch soll das Konzept der B. zu einer Orientierung am nachhaltigen Unternehmenserfolg führen. Daneben kann durch B.-Konzepte auch eine zeitliche Glättung der Bonuszahlungen über Investitions-, Konjunktur- und Branchenzyklen erreicht werden. Des Weiteren geht von den in einer B. kumulierten Werten ein Anreiz zum Verbleib im Unternehmen aus.

Bonusbank 1. Grundidee und Ziel Mit dem Begriff B. verbindet sich die Grundidee einer über mehrere Perioden gestreckten Auszahlung der variablen Komponenten der Managementvergütung. Während in theoretischen Analysen zur Managementvergütung oftmals von einer unbegrenzt linearen Vergütungsfunktion ausgegangen wird, ist die Beteiligung an negativen Ergebnissen in der Unternehmenspraxis nicht üblich. Durch die fehlende Verlustbeteiligung kann es sich jedoch für einen Manager – zumindest rein finanziell – lohnen, Maßnahmen und Projekte mit negativem Beitrag zum Unternehmenswert durchzuführen (Überinvestitionsanreiz). Ohne Verlustbeteiligung kann er bereits dann mit in der Summe positiven Bonuszahlungen rechnen, wenn er nur in einer Periode ein positives Ergebnis erwartet. Weiterhin kann er den Erwartungswert seiner variablen Vergütung durch den Übergang auf riskantere Projekte erhöhen (Risikoanreizproblem).

Für die konkrete Ausgestaltung einer B. gibt es verschiedene Vorschläge, die Einfluss auf die Höhe und zeitliche Verteilung der Auszahlungen haben. Durch den Auszahlungsmodus wird festgelegt, welcher Anteil des in einer Periode ermittelten Bonus sofort ausgezahlt wird und welcher Anteil in der B. in Folgeperioden übertragen wird. In der Literatur werden im Wesentlichen zwei Auszahlungsmodi vorgeschlagen: Zum einen die Auszahlung in Tranchen des Kontostands am Periodenende und zum anderen die Auszahlung in Tranchen der auf die einzelnen Perioden bezogenen Boni. Bei einer Auszahlung in Tranchen des Kontostands wird in jeder Periode ein bestimmter Teil des Kontostands ausgezahlt. Bei dem zweiten Vorschlag wird der Bonus einer Periode linear über mehrere Jahre verteilt.

Durch eine B. sollen derartige Probleme abgeschwächt oder vermieden werden, 132

2. Gestaltungsparameter

Durch die Verschiebung eines Teils der Bonuszahlungen in die Zukunft erleiden die Manager einen Zinsverlust. Um diesen auszugleichen, wird vorgeschlagen, den am Periodenende in der B. verbleibenden Betrag zu verzinsen. Hier wird zumeist empfohlen, den wertorientierten

Börsenzulassungsprospekt Planungs- und Kontrollrechnungen zugrunde liegenden Gesamtkapitalkostensatz (o Weighted Average Cost of Capital; siehe auch: o Kapitalkosten) zu verwenden. Festzulegen ist weiterhin, wie mit Situationen umzugehen ist, bei denen der Auszahlungsbetrag negativ wird. Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Manager eine Einzahlung zum Ausgleich des negativen Betrags leisten muss. Eine andere Möglichkeit liegt in der Glattstellung des negativen Betrags durch das Unternehmen, was jedoch der Grundidee einer B. widerspricht. Sinnvoller erscheint es, die negativen Beträge in voller Höhe als Verlustvortrag in Folgeperioden zu übertragen. Ein weiterer möglicher Gestaltungsparameter ist eine vom Manager zu Beginn der B.-Vereinbarung zu leistende Einlage, die im für den Manager schlimmsten Fall bei schlechter Performance vollständig aufgezehrt werden könnte. Auf diese Weise wird das Potenzial einer Verlustbeteiligung erhöht. 3. Beurteilung Durch die intertemporale Verrechnung positiver und negativer Ausprägungen der Bemessungsgrundlage ist eine B. in der Lage, die Asymmetrie zwischen hohen Gewinnbeteiligungen in guten Zeiten und ausbleibenden Verlustbeteiligungen in schlechten Zeiten zu vermeiden. Das Konzept der B. ist ein vielversprechender Ansatz, durch den eine stärkere Langfristorientierung bei der variablen Managementvergütung erreicht werden kann. Während das Grundprinzip einer B. recht einfach ist, ergeben sich bei der konkreten Ausgestaltung jedoch auch eine Reihe praktischer Probleme. Als problematisch erweist sich insb. die Suche nach geeigneten Lösungen am Ende der Vereinbarung oder bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Managers aus dem Unternehmen, wenn die B. einen negativen

Kontostand aufweist. Hier bedarf es klarer Regeln, die möglichst im Einklang mit den Zielen der variablen Vergütung stehen. Lit.: Günther, T./Plaschke, F.J.: Gestaltung unternehmensinterner wertorientierter Management-Incentive-Systeme, in: BB 2004, S. 1211-1219; Plaschke, F.J.: Wertorientierte Management-Incentivesysteme auf Basis interner Wertkennzahlen, 2003; Stewart, G.B.: The Quest for Value, 1991, Kap. 6; Witzemann, T./ Currle, M.: Bonusbanken – Unternehmenswertsteigerung und Managementvergütung langfristig verbinden, in: Controlling 2004, S. 631-638. Henric P. Fründ Börsenzulassungsprospekt 1. Begriff und rechtliche Grundlagen Wertpapiere die im regulierten Markt an einer Börse gehandelt werden sollen, bedürfen nach § 32 BörsG der Zulassung durch die Geschäftsführung der Börse. Von dieser Pflicht ausgenommen sind allerdings staatliche Schuldverschreibungen (§ 37 BörsG). Für die Zulassung ist grundsätzlich ein nach den Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) gebilligter oder bescheinigter Prospekt erforderlich (§ 32 Abs. 3 Ziff. 2 BörsG). Für die Billigung des Prospektes ist nach § 13 WpPG das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen o BaFin zuständig, und nicht mehr wie früher die Börsengeschäftsführung, die aber weiterhin für die Zulassung zum Börsenhandel verantwortlich bleibt. Dem schriftlich zu stellenden Zulassungsantrag bei der Börsengeschäftsführung ist nach § 48 der Börsenzulassungs-Verordnung – Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt an einer Wertpapierbörse (BörsZulV) – ein gebilligter Prospekt oder ein Entwurf desselben beizufügen. Über die deutschen Gesetze und Verordnungen hinaus sind auch die einschlägi133

Börsenzulassungsprospekt gen EG-Richtlinien und EG-Verordnungen zu beachten. Soweit die Richtlinien bereits in nationale Gesetzgebung umgesetzt wurden, sind sie weiterhin für die richtlinienkonforme Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen von Bedeutung. Dies gilt somit für das WpPG, das auf einer EG-Richtlinie beruht. Direkten Einfluss haben EG-Verordnungen, da sie unmittelbar im nationalen deutschen Recht gelten. Für den Inhalt des Wertpapierprospekts ist deshalb nicht nur das deutsche WpPG von Bedeutung, sondern insb. auch die EU-Prospektverordnung Nr. 809 von 2004. Bei der Auslegung dieser Verordnung sollten die Empfehlungen des Ausschusses der Europäischen Wertpapierbehörden (CESR) beachtet werden, die allerdings keine Rechtsverbindlichkeit besitzen. Aber auch die EG-Verordnung Nr. 1287 von 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG trägt zur Rechtsgrundlage bei, indem etwa unter Ziffer 19 der Gründe für den Erlass der Verordnung angegeben wird, dass als Voraussetzung für die Zulassung eines Wertpapiers zum Handel auf einem geregelten Markt ausreichend Informationen öffentlich verfügbar sein müssen, die eine sachgerechte Bewertung des Finanzinstruments erlauben. 2. Prospektformat und grundsätzlicher Zweck Das Registrierungsformular, die Wertpapierbeschreibung und die Zusammenfassung bilden, normalerweise als einteiliges Dokument, den Prospekt. Die drei Teile können aber auch als getrennte Dokumente erstellt werden. Der grundsätzliche Inhalt des Prospektes ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG. In leicht analysierbarer und verständlicher Form soll der Prospekt sämtliche Angaben enthalten, die im Hinblick auf den Emittenten und die angebotenen Wertpapiere notwendig sind. Dabei sollen die Pros134

pektangaben dem Publikum ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte ermöglichen. Insbesondere muss der Prospekt Angaben über den Emittenten und über die Wertpapiere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, enthalten. Dabei muss er in einer Form abgefasst sein, die sein Verständnis und seine Auswertung erleichtern. In § 5 Abs. 2 Satz 1 und 3 WpPG wird der Grundsatz der Prospektklarheit ausdrücklich hervorgehoben. Der Grundsatz der Prospektverständlichkeit wird in der Literatur mit drei fundamentalen Prinzipien ausgelegt. Nach dem Prinzip der sprachlichen Einfachheit soll der Prospekt in seiner Wortwahl und Syntax gut verständlich sein und dem Privatanleger nicht bekannte Fachtermini sollen erläutert werden. Das Prinzip der sprachlichen Prägnanz fordert, dass eine Konzentration auf die wesentlichen Inhalte erfolgt, die für die Anlegerentscheidung relevant sind. Das dritte Prinzip der inneren und äußeren Ordnung zielt auf einen logischen Aufbau des Prospektes ab und verlangt eine klare Strukturierung und Gliederung des Prospektinhaltes. In der Zusammenfassung, die einen elementaren Teil des Prospektes darstellt, sind kurz und allgemein verständlich die wesentlichen Merkmale und Risiken zu nennen, die auf den Emittenten, jeden Garantiegeber und die Wertpapiere zutreffen. Eine inhaltliche Konkretisierung der im Prospekt zu machenden Angaben erfolgte durch die EG-Prospektverordnung. Für öffentlich angebotene, aber nicht in Wertpapieren im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes verbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Un-

Börsenzulassungsprospekt ternehmens gewähren, für Anteile an einem Treuhandvermögen oder an einem geschlossenen Fonds muss ein Verkaufsprospekt erstellt werden (§ 8 f VerkProspG). Das Verkaufsprospektgesetz stellt in seiner aktuellen Fassung auch auf eine Prospektpflicht für nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen des grauen Kapitalmarktes ab. Inhalt und Aufbau des Verkaufsprospektes unterliegen der Überprüfung durch die BaFin, wobei sich die Überprüfung auf die Vollständigkeit und nicht auf die Richtigkeit bezieht. Eine Veröffentlichung des Verkaufsprospekts, in einem Börsenpflichtblatt oder im Rahmen der Schalterpublizität, kann erst erfolgen wenn die BaFin dies gestattet.

den Aufsichtsbehörden dürfen für die Billigung des Prospektes keine Angaben verlangt werden, die über die Informationsbestandteile, die in den Schemata und Modulen vorgesehen sind, hinausgehen (Art.3 EGProspVO).

Sowohl der B. als auch der Verkaufsprospekt sollen potenziellen Investoren eine Informationsgrundlage für eine fundierte Anlageentscheidung bieten.

Für Aktienemissionen ist das Modul „Mindestangaben für das Registrierungsformular für Aktien“, das im Anhang I der EG-Prospektverordnung wiedergegeben ist, heranzuziehen. Ausgewählte historische Finanzinformationen über den Emittenten sind für jedes Geschäftsjahr für den Zeitraum vorzulegen, der von den verfügbaren Finanzinformationen abgedeckt wird, und für jeden nachfolgenden Zwischenberichtszeitraum bis zum Zeitpunkt der Prospekterstellung. Die verwendeten Finanzinformationen müssen die Schlüsselzahlen enthalten, die einen Überblick über die Finanzlage des Emittenten geben (Anhang I Ziff. 3.1 EGProspVO). Ferner hat eine klare Offenlegung der Risikofaktoren zu erfolgen, die für den Emittenten und seine Branche spezifisch sind. Die wichtigsten Investitionen die im Zeitraum der dargelegten historischen Finanzinformationen getätigt wurden sind zu beschreiben und der jeweilige Investitionsbetrag ist anzugeben. Darüber hinaus müssen die wichtigsten laufenden Investitionen, einschließlich ihrer geografischen Verteilung und deren Finanzierung, insb. unterschieden nach Eigen- oder Fremdfinanzierung, dargelegt werden. Auch bereits von den Unternehmensorganen verbind-

3. Prospektinhalt Der Prospektinhalt ergibt sich aus der EG-Prospektverordnung VO (EG) 809/ 2004 in ihrer jeweils aktuellen Fassung, worauf auch der § 7 WpPG verweist. Die EG-Prospektverordnung schreibt die in einem Prospekt zu machenden Mindestangaben vor. Wird der Prospekt in einem einzigen Dokument erstellt, so ist folgender Aufbau vorgegeben: 1. klares und detailliertes Inhaltsverzeichnis; 2. Zusammenfassung; 3. Angabe der Risikofaktoren die mit dem Emittenten und der Art der zu emittierenden Wertpapiere verbunden sind; 4. Angabe der sonstigen Informationsbestandteile entsprechend den Schemata und Modulen der EGProspektverordnung. Unter Schema ist dabei eine Liste von Mindestangaben zu verstehen, während die Module zusätzliche Angaben umfassen, die je nach Art des zu emittierenden Finanzinstruments in den Prospekt einzufügen sind (Art. 2 EGProspVO). Die zu beachtenden Schemata und Module sind der EG-Prospektverordnung als Anhang beigefügt. Von

Bei einem Basisprospekt fehlen die endgültigen Bezugsbedingungen für die Wertpapiere. Ansonsten enthält er die gleichen Bestandteile wie der reguläre Wertpapierprospekt. Es muss klar zum Ausdruck kommen, welche konkreten Informationen offen geblieben sind und nachgeliefert werden müssen. Die endgültigen Bedingungen sind in einem gesonderten Dokument oder durch Einfügung in den Basisprospekt darzustellen.

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Börsenzulassungsprospekt lich beschlossene zukünftige Investitionen sind anzugeben. Besonderes Augenmerk kommt auch der Eigenkapitalausstattung des Emittenten zu. So sind Quellen und Beträge der Kapitalflüsse, sowohl kurz- als auch langfristig, darzustellen und ein Finanzierungsbedarf des Emittenten ist zu erläutern. Gewinnprognosen können in den B. aufgenommen werden, müssen aber nicht. Werden sie aufgenommen so muss ein Wirtschaftprüferbericht erstellt werden, der bestätigt, dass die Prognosen ordnungsgemäß erstellt wurden und eine konsistente Ableitung aus der Rechnungslegung des Emittenten erfolgte.

EGProspVO). Ist der Emittent noch nicht so lange tätig, so sind die Informationen für den entsprechend kürzeren Zeitraum in den B. aufzunehmen. Die geprüften Finanzinformationen müssen für die letzten zwei Jahre in einer Form dargelegt werden, die mit dem auf die Emission folgenden Jahresabschluss des Emittenten konsistent ist. Die jüngsten geprüften Finanzinformationen dürfen nicht älter als 18 Monate sein, ab dem Datum des Registrierungsformulars. Hat der Emittent zwischenzeitlich Halbjahres- oder Vierteljahresabschlüsse veröffentlicht, so sind diese in das Registrierungsformular aufzunehmen.

Für Prognosen ist das „Modul für Pro forma Finanzinformationen“ zu beachten (Anhang II EGProspVO). Es müssen in Spaltenform ausgewiesen werden: die historischen unberichtigten Informationen, die Pro forma Bereinigungen und die resultierenden Pro forma Finanzinformationen (o Pro-forma-Kennzahlen). Werden Pro forma Gewinn- und Verlustrechnungen oder Pro forma Kapitalflussrechnungen veröffentlicht, so müssen die Berichtigungen unterteilt werden in solche, die einen bleibenden Einfluss haben werden, und solche, bei denen dies nicht der Fall sein wird. Der für die Prognosen erforderliche Abschlussprüferbericht hat zu bestätigen, dass die Pro forma Finanzinformationen ordnungsgemäß aus der angegebenen Datenbasis abgeleitet wurden und dass diese Zahlenbasis mit den Rechnungslegungsstrategien des Emittenten konsistent ist. Die als Datenbasis verwendete Rechnungslegung hat internationalen Rechnungslegungsstandards zu entsprechen oder, wenn diese nicht angewendet werden müssen, den nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen.

Wurden Abschlussbestätigungsvermerke (o Bestätigungsvermerk) eingeschränkt oder nicht erteilt, so ist dies einschließlich der Gründe dafür anzugeben. Basieren die Finanzinformationen auf nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen, so muss der B. zumindest die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, eine Übersicht über die Veränderungen im Eigenkapital, eine Kapitalflussrechung, eine Darlegung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie erläuternde Anmerkungen enthalten. Sinngemäß ist auch bei internationaler Rechnungslegung davon auszugehen, dass dies die Mindestbestandteile des Registrierungsformulars für Aktien sind. Ferner sind Angaben zur Dividendenpolitik zu machen und die Dividende pro Aktie ist für den Zeitraum, der durch die historischen Finanzinformationen abgedeckt wird, anzugeben. Erstellt ein Emittent sowohl einen Einzelabschluss als auch einen konsolidierten Abschluss, so ist der konsolidierte Abschluss zwingend in den B. einzubringen während der Einzelabschluss aufgenommen werden kann.

Geprüfte historische Finanzinformationen und die zugehörigen Abschlussprüfer-Bestätigungsvermerke sind für die letzten drei Geschäftsjahre vor Erstellung des B. beizubringen (Anhang I Ziff. 20.1

Auch alle wesentlichen Informationen die auf Roadshows oder Analystenpräsentationen an bestimmte Anlegergruppen gegeben werden sind in den Prospekt aufzunehmen.

136

Börsenzulassungsprospekt Die Mindestangaben zur Wertpapierbeschreibung von Aktien ergeben sich aus dem Anhang III der EGProspVO. Weitere Module mit Mindestangabepflichten sind in dieser Verordnung in den Anhängen I bis XVII vorgesehen, so für Schuldtitel und derivative Wertpapiere, wobei für die Angabepflichten eine Unterscheidung nach der Wertpapierstückelung größer oder kleiner 50.000 € getroffen wird. 4. Billigung des Prospekts durch die BaFin Die BaFin prüft den Prospekt auf Vollständigkeit, Kohärenz (innere Widerspruchsfreiheit) und Verständlichkeit (§ 13 Abs. 1 WpPG). Es erfolgt also keine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Prospekts oder der Bonität des Emittenten. Der BaFin kommt deshalb auch für diese Tatbestände keine Prospekthaftung zu. Auch Nachträge zum Prospekt bedürfen der Billigung. Der Prospekt ist bei der BaFin zu hinterlegen und dem Publikum nach Billigung unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Der Prospekt ist nach seiner Veröffentlichung zwölf Monate gültig (§ 9 Abs. 1 WpPG). Danach darf kein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder eine Zulassung zu einem organisierten Markt mehr erfolgen. Der sog. Europäische Pass macht es möglich, dass ein durch die BaFin gebilligter Prospekt auch in anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union für eine Börsenzulassung verwendet werden kann (§ 17 WpPG). Der Prospekt muss dafür in einer in allgemeinen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache verfasst sein. Durch Übermittlung der Billigungsbescheinigung und einer Zusammenfassung, in der Sprache des Aufnahmelandes, an die Finanzaufsicht im geplanten Emissionsland kann der gebilligte Prospekt für eine Börsenzulassung oder für ein öffentliches Angebot in den EU-Ländern verwendet werden.

5. Prospekthaftung Eine börsengesetzliche Haftung aus dem B. ergibt sich aus den §§ 44 ff. BörsG. Zusätzlich kann auch eine Emittentenhaftung nach den §§ 37b, 37c WpHG in Frage kommen. Die börsengesetzliche Prospekthaftung ist auf Wertpapiere beschränkt und greift nicht bei Rechten, wie z.B. Optionsrechten. Haftungsadressaten nach dem BörsG sind die Prospektverantwortlichen (Emittent, Banken des Emissionskonsortiums) und die „Prospekterlasser“. Letztere können Unternehmen oder natürliche Personen sein, die die eigentlichen Urheber des Prospekts sind, also z.B. das Konzernmutterunternehmen oder ein Großaktionär. Die Haftungsadressaten haften im Außenverhältnis gesamtschuldnerisch. Anspruchsberechtigte sind Anleger die die Wertpapiere nach Veröffentlichung des Prospekts innerhalb einer sechsmonatigen Frist entgeltlich erworben haben. Die Haftung ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Bei Aktienemission erfasst der Haftungsanspruch der Anleger nach § 44 Abs. 1 Satz 1 die Kosten des Aktienerwerbs, also Ausgabekurs zuzüglich Erwerbsnebenkosten. Kreditinstitute, die die Emission begleiten, lassen sich im internen Verhältnis vom Emittenten meistens von der Prospekthaftung freistellen. Die herrschende juristische Meinung geht davon aus, dass dies zumindest bei der Emission von Aktien zulässig ist, da die Verantwortlichkeit für den Prospektinhalt letztendlich dem Emittenten zukommt. Lit.: Buck-Heeb, P.: Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 2009; Groß, W.: Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2009; Schindele, M.: Der Grundsatz der Prospektverständlichkeit am Beispiel des Börsenzulassungsprospekts für den amtlichen Markt, 2007. Manfred Steiner 137

Break-Even-Analyse Break-Even-Analyse 1. Problemstellung der Break-EvenAnalyse Die B. ist eines der ältesten betriebswirtschaftlichen Instrumente. Wie Umfragen immer wieder belegen, erfreut sie sich indessen nach wie vor einer ungebrochenen Beliebtheit in der Wirtschaftspraxis. Die Gründe dafür dürften vor allem in der einfachen Struktur der B. und in der Eingängigkeit ihrer Ergebnisinterpretation liegen. In ihrer ursprünglichen Form, die Johann Friedrich Schär schon um 1910 behandelt, werden die o Kosten und Erlöse einer Einproduktfertigung bei verschiedenen Produktionsmengen einander gegenübergestellt. Bei niedrigen Produktionsmengen sind i.d.R. die Kosten höher als die Erlöse. Beim Auftreten produktionsmengenunabhängiger (fixer) Kosten und genügend hoher Verkaufspreise steigen die Kosten bei wachsender Produktionsmenge geringer an als die Erlöse. Daher gibt es Ausbringungsmengen, bei denen die Erlöse höher sind als die Gesamtkosten. Mit der B. wird untersucht, bei welcher Produktions- und Absatzmenge der Verlust in einen Gewinn umschlägt. Ein solcher Break-EvenPunkt bietet als Gewinnschwelle oder "toter Punkt" eine einfache und griffige Beurteilungsgröße. Je nach Anwendung handelt es sich dabei um den BreakEven-Punkt für ein Jahr oder auch für die betrachtete Produktart insgesamt. Danach richten sich auch Art und Höhe der einzubeziehenden Fixkosten. 2. Das Grundmodell der B. Im Grundmodell der B. betrachtet man eine Einproduktfertigung. Produzierte und abgesetzte Menge stimmen überein. Diese Menge x bestimmt als einzige variierbare Einflussgröße die Kosten K und Erlöse E. Im einfachsten Fall geht man von linearen Funktionen aus: (1) K (2) E 138

Kf  kv ˜ x

q˜x

Die Gesamtkosten K setzten sich aus den mengenunabhängigen Fixkosten Kf und den mengenabhängigen variablen Kosten kv · x zusammen. Sowohl die variablen Stückkosten als auch die Stückerlöse sind konstant; es handelt sich um einfache mengenproportionale Zusammenhänge. Break-Even-Punkte sind diejenigen Mengenpunkte x0, bei denen Gesamterlös und Gesamtkosten übereinstimmen: (3) q ˜ x 0 

Erlöse

K f  k v ˜ x0 

Kosten

Der bei der Auflösung erscheinende Stückdeckungsbeitrag d = q – kv und Gesamtdeckungsbeitrag d · x verdeutlichen, dass es sich bei der B. um ein Instrument der Teilkostenrechnung handelt. Die Break-Even-Bedingung (3) fordert die Gleichheit von Gesamtdeckungsbeitrag und fixen Kosten: (4) d ˜ x 0

!

Kf .

Bei linearen Kosten- und Erlösfunktionen und positivem Stückdeckungsbeitrag d ist somit der Break-Even-Punkt eindeutig durch die Division (5) x 0

Kf d

oder

x0

Kf ˜ q  kv

gegeben. Als graphische Darstellung gibt es neben der üblichen Bruttoform des Break-Even-Diagramms auch die Nettoform. Letztere stellt Deckungsblock und Deckungsbeitrag gegenüber (vgl. Abbildung 1). 3. Varianten und Erweiterungen der B. Für allgemeinere Problemsituationen gibt es zahlreiche Varianten und Erweiterungsformen: – Die vorausgesetzte Produktionsstruktur wird verallgemeinert. So kann die B. für die Mehrproduktfertigung und für mehrstufige Produktionsprozesse nutzbar gemacht werden.

Break-Even-Analyse

Abb. 1.: Brutto und Nettoform des Break-Even-Diagramms

139

Break-Even-Analyse – Mit der dynamischen B. werden zeitliche Unterschiede im Anfall von Kosten und Erlösen berücksichtigt. – Eine stochastische B. erfasst explizit die besonderen Risikosituationen, die in den eingehenden Informationsgrundlagen liegen. – Die Idee der B., ursprünglich nur auf das Gewinnziel ausgerichtet, wird auf andere Ziele verallgemeinert. Dann geht es um Mindestbedingungen, etwa für Liquidität, Beschaffung, Produktionseinplanung, Maschinenlaufzeit, Markteintritt usw. Alle Erweiterungen der B. gehen mit einer mehr oder weniger starken Verkomplizierung des Modells einher, vergrößern aber gleichzeitig deutlich den Anwendungsbereich. So ist konzeptionell abzuwägen, inwieweit die mit einer B. verfolgten Zwecke, insb. die Entscheidungsvorbereitung, durch eine größere Verallgemeinerung einerseits oder durch sukzessive Analyse heuristisch gebildeter Teilprobleme andererseits erreicht werden können. Eine gewisse Gefahr liegt freilich darin, dass im Bestreben, die markante Einfachheit und gute Praktikabilität des Break-Even-Grundmodells zu erhalten, wichtige inhaltliche Zusammenhänge so sehr ignoriert werden, dass irreführende Ergebnisse entstehen. Vor allem ist dies dort der Fall, wo BreakEven-Aussagen für Teilaspekte gewünscht, aber schon aus logischen Gründen nicht möglich sind. Hauptbeispiele sind die Mehrproduktfertigung und mehrperiodige Produktions- und Verkaufsprozesse. Entstehen in der Mehrproduktfertigung gemeinsame Fixkosten, kann für die einzelnen Produktarten kein isolierter Break-Even-Punkt angegeben werden. Die gemeinsamen Bereitschaftskosten, etwa für das Bereitstellen und Rüsten einer von allen beteiligten Produktarten genutzten Produktionsanlage, sind durch die Summe der Deckungsbeiträge aller dieser Produktarten abzude140

cken. Dennoch ist auch hier eine B. möglich; ihr Ergebnis ist aber nicht ein einzelner Break-Even-Punkt. Vielmehr wird aus dem Break-Even-Punkt eine BreakEven-Linie, wenn es sich um zwei Produktarten handelt, bzw. eine Break-EvenFläche bei drei und mehr Produktarten. Abbildung 2 zeigt die Graphik für den Zweiproduktfall. Eine Break-Even-Linie bzw. -Fläche gibt eine Bedingung für die Mengenverhältnisse der beteiligten Produktarten an. Dies sind alle Mengenkombinationen der Produkte, die zum gleichen Gesamtdeckungsbeitrag (z.B. in Höhe der fixen Kosten) führen. Der faktischen Situation entsprechend ergibt hier eine korrekte B. keine eindeutige Menge einer bestimmten Produktart, sondern zeigt an, dass ein Weniger der einen Produktart zwangsläufig ein Mehr der anderen Produktarten erfordert, um zum gleichen Deckungsbeitrag zu kommen. Für einfachere Fälle, vor allem also bei wenigen Produktarten, bleibt die Methode durchaus noch operabel. Allerdings gilt dies bei einer größeren Anzahl von Produktarten nicht mehr. Dann wird anstelle der genaueren Mehrprodukt-B. häufig auf die insb. im US-amerikanischen Bereich verbreitete Methode der umsatzbezogenen Mehrprodukt-B. zurückgegriffen. Als unabhängige Variable wählt man dann nicht die Mengen der einzelnen Produktarten, sondern den resultierenden Umsatz. Damit kehrt man zwar zu einer eindimensionalen Darstellung und Rechenweise zurück, muss aber erhebliche Abstriche an der Präzision der Aussagen hinnehmen. Gefragt wird nun nicht mehr, ab welchen Mengen der Produktarten die Gewinnschwelle erreicht ist, sondern ab welchem Umsatz. Da der Anteil des Deckungsbeitrags am Umsatz, die Deckungsbeitragsquote, im Allgemeinen bei jeder Produktart verschieden ist, kann zudem eine eindeutige Antwort nicht mehr erwartet werden. Vielmehr

Break-Even-Analyse

Abb. 2: Break-Even-Analyse bei gemeinsamem Deckungsblock zweier Produkte

ergibt sich ein Umsatzintervall für die Lage des Break-Even-Punktes. Je nach Streuung von Deckungsbeitragsquoten und denkbaren Absatzverhältnissen der involvierten Produktarten geht in ungünstigen Fällen das Ergebnis einer solchen B. möglicherweise über Trivialaussagen kaum hinaus. Wie bei mehreren Produktarten wird die Break-Even-Aussage auch dann mehrdeutig, wenn es um die Analyse mehrerer Perioden der gleichen Produktart geht. Gefragt ist beispielsweise nach dem Mindestabsatz, der zur Abdeckung der (hohen) Entwicklungskosten und der jährlich neu entstehenden Fixkosten erforderlich ist. Dass dabei Zinseffekte, etwa durch Verwendung diskontierter Werte, zu berücksichtigen sind, ist nur der harmlosere Teil der Problematik. Wichtiger ist, sich klarzumachen, dass

die Break-Even-Situation durch ganz unterschiedliche Kombinationen von größeren und kleineren Produktionsmengen in den einzelnen Jahren herbeigeführt werden kann. Auch der Gesamtzeitraum selbst steht nicht fest. Zum Erreichen der Kostendeckung können einige wenige Jahre genügen oder mehr Jahre erforderlich sein. Dies alles kennzeichnet (korrekterweise) mögliche Break-Even-Situationen. Eindeutige Aussagen sind nur durch mehr oder weniger starke Einschränkungen möglich, die keinesfalls implizit oder unbewusst eingegangen werden sollten. Beliebt ist es z.B., einen Produktions- und Absatzzeitraum von n Jahren vorzugeben und davon auszugehen, dass jedes Jahr gleich viel abgesetzt wird. Ob solche Annahmen der zu analysierenden Problemsituation angemessen sind, muss auf jeden Fall überprüft werden. 141

Break-Even-Analyse Neben dem Mehrprodukt- und dem Mehrperiodenfall befassen sich neuere Modellvarianten der B. vor allem mit der Risikoproblematik. In der stochastischen B. strebt man z.B. die Bestimmung von Break-Even-Punkten an, die mit einer gegebenen Wahrscheinlichkeit (z.B. 95 %) das Erreichen der Kostendeckung auch bei risikobehafteten Eingangsinformationen sicherstellen. Besondere Relevanz haben darunter jene Ansätze, die vor allem die Marktparameter, also Absatzmengen und Verkaufserlöse, als risikobehaftet voraussetzen. Die praktische Eignung hängt regelmäßig stark von den im Modell darstellbaren Wahrscheinlichkeitsvorgaben ab. 4. Die B. als Planungsinstrument Ein Break-Even-Punkt ist als o Kennzahl zu interpretieren. Allgemein bilden Kennzahlen betriebswirtschaftliche Sachverhalte kompakt in quantifizierter Form ab. Mit Kennzahlen wird daher stets Komplexität reduziert; mit ihrer Verwendung verzichtet man auf die Erfassung von (weniger wichtigen) Details und bringt so manches Problem erst in eine lösbare Formulierung. Die zentrale Bedeutung der B. liegt darin, dass sie ein Entscheidungsproblem parametrisch löst. So steht im Hintergrund des BreakEven-Grundmodells die Frage, ob angesichts der Fixkosten die betrachtete Produktion aufgenommen werden soll oder nicht. Unabdingbar für diese Entscheidung ist die Kenntnis oder zumindest eine Abschätzung der späteren Absatzmenge. Gerade eine derartige Prognose erweist sich jedoch in vielen Fällen als schwierig. Entscheidungsträger aus dem betrieblichen Absatzbereich sind trotz prinzipieller Marktkenntnis oft nicht in der Lage oder nicht bereit, Größenordnungen vermuteter Absatzzahlen anzugeben. Hier reduziert eine B. die unspezifizierte Frage „welche Menge ist von Produkt A absetzbar?“ auf den entscheidungsrelevanten Kern „kann mehr 142

als die Menge x0 abgesetzt werden?“. Mit der B. wird das vorgelegte Entscheidungsproblem bis auf einen Parameter gelöst; die verbleibende Ja-/Nein-Frage wird i.d.R. als leichter beantwortbar empfunden. Tatsächlich wird der Entscheidungsprozess sogar dann weitergetrieben, wenn der Break-Even-Punkt in der Nähe der denkbaren Marktmengen liegt. Dann lässt sich die B. nutzen, mögliche Verluste bzw. entgehende Gewinne abzuschätzen, um sie mit den Kosten einer zusätzlichen Informationsgewinnung zu vergleichen. Die Funktion einer B., einen Entscheidungstatbestand auf die Größe eines relevanten Hauptparameters zurückzuführen, zieht sich als charakteristisches Merkmal durch alle Anwendungen. Je nach Einsatzfall werden neben kritischen Mengen auch kritische Preise, kritische Laufzeiten, kritische Zinssätze, kritische Wechselkurse oder eine kritische Zahl von Aufträgen, Varianten, Bestellungen, Kunden u. ä. errechnet. In jedem Fall erlaubt es die B., die Entscheidung an der errechneten Höhe des Parameters festzumachen, statt die tatsächliche Höhe des angestrebten Ergebnisziels zu prognostizieren. Beschränkt man sich, dem Relevanzprinzip folgend, bei der B. auf die tatsächlich noch beeinflussbaren Komponenten, dann sind Break-Even-Punkte nach zentralen Grundentscheidungen deutlich kleiner als vorher – weil bestimmte Fixkosten dann irrelevant geworden sind. Sie bilden damit die veränderte Situation, nämlich einerseits die Erpressbarkeit durch Marktpartner, andererseits den größeren Spielraum gegenüber Konkurrenten, adäquat ab. 5. Gefahr der Fehlsteuerung durch ungeeignete Interpretationen der B. Eine zentrale Problematik der B. liegt nicht in der Modellstruktur begründet, sondern in ihren Anwendungen. Eine B.

Buchführungspflichten ist ein allgemeines Instrument, mit dem ein Deckungsblock auf der einen Seite einer Vielzahl von kleinen Beträgen zu seiner Abdeckung auf der anderen Seite gegenübergestellt und letztlich nach der erforderlichen Anzahl solcher kleineren Einheiten gefragt wird. Neben dem Standardfall der B. mit fixen Kosten und Stückdeckungsbeiträgen gibt es zahlreiche analoge Break-Even-Formen. Sie werden zum Teil gar nicht als solche interpretiert. Die Beispiele der Amortisationsdauer (ein zeitlicher Break-EvenPunkt) und des internen Zinsfußes (ein Grenzzinssatz) zeigen, welche Fehlsteuerungen entstehen können, wenn eine Mindestausprägung als Vorteilhaftigkeits- bzw. als Risikomaß missinterpretiert wird. Bei der B. handelt es sich um ein universelles o Controlling-Instrument, das führungspolitisch unterstützen oder auch kontraproduktiv wirken kann. Daher bedarf gerade die untypische und die analogisierende Anwendung auf neue Entscheidungssituationen sorgfältiger Vorüberlegung. Sinnvoll eingesetzt, kann die B. durch ihre komplexitätsreduzierende Eigenschaft deutlich zu einer effizienten rationalen Entscheidungsfindung beitragen. Auf unpassende Fälle übertragen oder nicht problemadäquat modelliert, kann sie allerdings auch unerkannt Fehlentscheidungen den Weg ebnen. Lit.: Dierkes, S.: Break Even-Analyse und Risiko – eine kapitalmarkttheoretische Analyse, in: ZfB 2005, S. 717-738; Mißler-Behr, M./Opitz, O.: Unscharfe Break-Even-Analyse, in: Keuper, F. (Hrsg.): Produktion und Controlling, 2002, S. 225-253; Schweitzer, M./Troßmann, E./Lawson, G.H.: Break-even Analyses. Basic Model, Variants, Extensions, 1992; Schweitzer, M./Troßmann, E.: Break-even-Analysen. Methodik und Einsatz, 2. Aufl., 1998. Ernst Troßmann

Brutto-Cashflow Vielfältig verwendete, nicht eindeutig definierte Bezeichnung für einen Überschuss bestimmter o Einzahlungen über bestimmte o Auszahlungen. Für Zwecke der o Unternehmensbewertung ist der B. definiert als der o Cashflow vor Abzug von Zahlungen an die Fremdkapitalgeber. In der Unternehmens- und o Bilanzanalyse wird demgegenüber teilweise ein ertragsorientierter Cashflow („cash earnings“) als B. verstanden. Weiterhin wird auch der in die Berechnung des o Cash Value Added und des o Cashflow Return on Investment einfließende operative Zahlungsüberschuss als B. bezeichnet. Bruttoerlös o Erlösrechnung Bruttoinvestitionsbasis o Cash Value Added (CVA) o Cashflow-Return on Investment (CFROI) Bruttoinvestitionswert o Leasing Bruttoprinzip Ein o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem alle Geschäftsvorfälle einzeln zu verbuchen sind und damit Aktiv- und Passivpositionen in der Bilanz sowie Aufwands- und Ertragspositionen in der o Gewinn- und Verlustrechnung unsaldiert auszuweisen sind (§ 246 Abs. 2 HGB). Bruttosubstanzerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Bruttosubstanzwert o Substanzwert Buchführungspflichten 1. Einführung Die B. ergeben sich sowohl aus steuerrechtlichen als auch aus handelsrechtlichen Regelungen, welche von den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) konkretisiert werden. Die 143

Buchführungspflichten Gesetzesvorschriften sind vor den GoB anzuwenden. Sowohl das Handelsrecht (§ 238 Abs. 1 S. 1 HGB) als auch das Steuerrecht (§§ 140, 141 AO) verschaffen den GoB Rechtsgeltung. Durch die Buchführung muss ein Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens gegeben werden. 2. Handelsrechtliche B. Nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB ist jeder Kaufmann (unabhängig von der Branche) verpflichtet, Bücher zu führen. Gemäß § 1 Abs. 1 HGB ist ein Kaufmann i.S.d. HGB, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Nach § 1 Abs. 2 HGB ist ein Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Der Kaufmann ist unmittelbar mit Beginn seines Handelsgewerbes buchführungspflichtig. Das Vorliegen eines Gewerbebetriebs setzt eine selbstständige, nachhaltige Betätigung sowie eine Gewinnerzielungsabsicht und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr voraus. Dabei ist diese Betätigung nicht als Ausübung eines freien Berufes oder von der Land- und Forstwirtschaft anzusehen. Formkaufleute bzw. Handelsgesellschaften (§ 6 HGB) gelten aufgrund der Rechtsform als Kaufleute und unterliegen somit der B. Die B. obliegt allerdings nicht jedem einzelnen Gesellschafter, sondern bei einer AG dem Vorstand (§ 91 Abs. 1 AktG), GmbH dem Geschäftsführer (§ 41 Abs. 1 GmbHG), OHG jedem Gesellschafter (§§ 114, 118 HGB), KG jedem zur Geschäftsführung berufenen Komplementär (§ 161 Abs. 2 HGB) und Genossenschaft den Vorstandmitgliedern (§ 33 Abs. 1 GenG). a) Befreiung von der B. durch das Verneinen der Kaufmannseigenschaft. Die Kaufmannseigenschaft liegt nicht vor, wenn ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht er144

forderlich ist. Für die Abgrenzung ist das Gesamtbild – Art und Umfang des Geschäftsbetriebes – im gewöhnlichen Geschehensablauf maßgeblich. Zur Beurteilung der Art des Geschäftsbetriebes sind qualitativ strukturelle Kriterien wie der Kontokorrentverkehr, die Bilanzaufstellung, die Vielzahl zu erbringender Leistungen oder die Vielzahl von Geschäftsverbindungen heranzuziehen; zur Beurteilung des Umfangs des Geschäftsbetriebs sind quantitative Kriterien wie die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse, die Zahl der Arbeitnehmer sowie die Zahl der Betriebsstätten maßgeblich. Gewerbetreibende, die die Kriterien nicht erfüllen, sind kein Kaufmann i.S.d. § 1 Abs. 2 HGB. Nach § 2 HGB besteht für den Gewerbetreibenden die Option zur Eintragung in das zuständige Handelsregister, wodurch dieser zum Kaufmann wird und der B. unterliegt. b) Befreiung von der B. durch § 241a HGB. Im Handelsrecht sind durch den § 241a HGB Größenmerkmale geschaffen worden, von denen die Pflicht zur handelsrechtlichen Buchführung sowie zur Erstellung eines o Inventars (§§ 238 bis 241 HGB) und o Jahresabschlusses (§ 242 HGB) abhängig ist. Die Verknüpfung zwischen der Kaufmannseigenschaft und der Verpflichtung zur handelsrechtlichen Buchführung wird teilweise aufgehoben. Einzelkaufleute, die an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen nicht mehr als 500.000 € Umsatzerlöse und 50.000 € Jahresüberschuss aufweisen, sind von der B. befreit. Wird ein Größenmerkmal überschritten, entfällt die Befreiung. Bei einer Neugründung reicht es für die Befreiung aus, wenn diese Voraussetzungen am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung erfüllt sind. Einzelkaufleute, welche diese größenabhängige Befreiung in Anspruch nehmen dürfen, sollen ihre o Rechnungslegung auf eine Einnahmen-Überschuss-Rech-

Buchführungspflichten nung nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 EStG beschränken dürfen, die auch für steuerliche Zwecke genutzt werden kann. Diese Vereinfachung bringt eine Annäherung an die Schwellenwerte des § 141 AO. Ein Verbot zur Anwendung der §§ 238-241 HGB – und somit ein Verbot zur Durchführung der Buchführung – beinhaltet § 241a HGB nicht. Die betroffenen Einzelkaufleute können ihre Buchführung und Bilanzierung im Verhältnis zum Umfang ihres Geschäftsbetriebes angemessen gestalten. c) Ende der B. Das Ende der handelsrechtlichen B. tritt ein, wenn ein Betrieb eingestellt wird oder ein als Kaufmann eingetragenes Unternehmen (§ 2 HGB) die Eintragung auf Antrag löschen lässt. Die B. geht bei der Veräußerung des gesamten Betriebes auf den Erwerber über. d) Inhalt der B. Zu den allgemeinen Anforderungen der B. gehören die Überblick- und Einblickbarkeit (§ 238 Abs. 1 HGB). Diese besagen, dass ein sachverständiger Dritter die Buchführung in angemessener Zeit nachvollziehen kann. Die B. des § 238 HGB wird durch § 239 HGB und die darin geforderte äußere Form der zu führenden Handelsbücher konkretisiert. Neben den allgemeinen Anforderungen gibt es zur Gewährleistung der Überblick- und Einblickbarkeit besondere Anforderungen. So ist die Buchführung in einer lebenden Sprache vorzunehmen und bei der Verwendung von Abkürzungen und Symbolen muss sichergestellt sein, dass die Ausführungen zweifelsfrei nachvollziehbar sind. Außerdem hat die Buchführung vollständig (lückenlose Erfassung aller Geschäftsvorfälle), richtig (zutreffende Bezeichnung der Geschäftsvorfälle), zeitnah und geordnet (bspw. über sachgerechte Belegnummerierungen) zu erfolgen. Zudem sind die Eintragungen in einer dauerhaften Form zu tätigen. Des Weiteren sind alternative Buchführungsformen (Offene-Posten-Buchführung (geordnete

Ablage von Belegen) oder eine Speicherbuchführung (Buchführung auf Datenträgern)) zugelassen. e) Aufbewahrung der Buchführungsunterlagen. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, IFRS-Einzelabschlüsse i.S.d. § 325 Abs. 2a HGB, o Lageberichte, o Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstige Organisationsunterlagen sowie Buchungsbelege sind nach § 257 Abs. 4 HGB zehn Jahre, empfangene Handelsbriefe und Kopien abgesandter Handelsbriefe hingegen sechs Jahre aufzubewahren. f) Verstoß gegen die B. Mögliche Verstöße gegen die B. sind beispielsweise das Nichtführen der Handelsbücher trotz gesetzlicher Verpflichtung, die Verfälschung der Handelsbücher, die Vernichtung oder Beschädigung der Buchführungsunterlagen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist oder das Vorenthalten der Buchführungsunterlagen gegenüber den Finanzbehörden im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung (sog. Urkundenunterdrückung i.S.d. § 274 StGB). Verstöße gegen außersteuerrechtliche B. stehen Verstößen gegen steuerrechtliche B. gleich (vgl. Abschnitt 3). 3. Steuerrechtliche B. Die §§ 140 ff. AO enthalten besondere Regelungen über die steuerrechtliche B. Durch § 140 AO werden die außersteuerlichen B., soweit diese auch für die Besteuerung von Bedeutung sind, für das Steuerrecht nutzbar gemacht. Darunter fällt auch die handelsrechtliche B. Für den ertragsteuerlichen Bereich wird § 140 AO durch § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ergänzt, nachdem bei der Aufstellung der Steuerbilanz grundsätzlich die handelsrechtlichen GoB zu beachten sind. Ergibt sich aus § 140 AO keine steuerrechtliche B., so ist § 141 AO zu beachten. Für bestimmte Steuerpflichtige – gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte 145

Buchführungstechnik – ist eine selbstständige steuerrechtliche Verpflichtung zur Buchführung vorgesehen. Nach § 141 Abs. 1 S. 2 AO gelten §§ 238, 240 bis 242 Abs. 1 HGB und die §§ 243 bis 256 HGB für das Steuerrecht entsprechend, außer es ergibt sich aus den Steuergesetzen etwas anderes. Somit kann sich die Befreiung von der Pflicht zur Buchführung nach § 241a HGB auch auf die steuerrechtliche B. auswirken. Verstöße gegen steuerrechtliche B. können z.B. die Androhung (§ 332 Abs. 1 AO) und Festsetzung (§ 333 AO) von Zwangsmitteln, d.h. von Zwangsgeld (§ 329 AO) oder Ersatzzwangshaft (§ 334 AO), die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) oder eine Ahndung wegen Steuergefährdung (§ 379 Abs. 1 Nr. 2 AO) zur Folge haben. 4. B. nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften Die o International Financial Reporting Standards (IFRS) enthalten keine explizite B. Allerdings lassen sich im Framework des International Accounting Standards Board (IASB) Anknüpfungspunkte für eine generelle B. erkennen. Ziel der Rechnungslegungsvorschriften ist ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage aufzuzeigen. Dieses soll durch eine möglichst relevante und verlässliche Darstellung der Geschäftsvorfälle sowie deren angemessene Präsentation gewährleistet werden. Des Weiteren folgen die Vorschriften zur Rechnungslegung dem Grundsatz der Verständlichkeit. Demnach muss ein sachkundiger Jahresabschlussleser in die Lage versetzt werden, sich in angemessener Zeit ein zutreffendes Bild von der Lage des Unternehmens zu machen. Dies impliziert auch die sachlich gegliederte Aufbereitung der erfassten Sachverhalte. Die damit geforderte Nachvollziehbarkeit ist somit vergleichbar mit der handelsrechtlichen Generalnorm des § 238 Abs. 1 S. 2 HGB. 146

Lit.: Kammerl, A.: Vollständige und richtige Aufzeichnungen nach § 239 Abs. 2 HGB und die Organisation der Geschäftstätigkeit, in: DB 1991, S. 2352 ff.; Kußmaul, H./Meyering, S.: BilMoG-Regierungsentwurf: Wen entlastet § 241a HGB?, in: DB 2008, S. 1445 ff.; Leffson, U.: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 1987; Quick, R./Wolz, M.: Bilanzierung in Fällen, 4. Aufl., 2009; Quick, R./Wolz, M.: §§ 238, 239 HGB, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Hrsg.): Bilanzrecht – Kommentar, 2002; Winkeljohann, N./Klein, B.: §§ 238, 239 HGB, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010; Winkeljohann, N./Lawall, B.: § 241a HGB, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010; Wolz, M.: § 241a HGB, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Hrsg.): Bilanzrecht – Kommentar, 2002. Matthias Wolz Buchführungstechnik 1. Begriff Unter der Bezeichnung B. sind die bei der Durchführung der Buchführung verwendeten technischen Hilfsmittel zu fassen. Insofern besteht weitgehende Übereinstimmung mit den in § 239 Abs. 4 HGB genannten Buchführungsformen. Die eingesetzte B. muss vor allem den grundlegenden Anforderungen in den §§ 238 f. HGB genügen. Die mittels der eingesetzten B. geführten Handelsbücher müssen es einem sachverständigen Dritten ermöglichen, sich innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens zu verschaffen. B. lassen sich zum einen danach unterscheiden, ob die Bücher von Hand geführt werden (manuelle B.) oder ob Informationstechnologien (IT) einsetzt werden (IT-gestützte B.). Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) lassen jedes Verfahren (auch eine ITgestützte B.) zu, wenn dieses den grund-

Buchführungstechnik legenden Anforderungen an eine Buchführung genügt. Allenfalls sind diese Anforderungen bei IT-Einsatz ggf. modifiziert zu interpretieren und anzuwenden (vgl. hierzu IDW RS FAIT 1.25 ff.). Zum anderen lassen sich B. nach ihren Einsatzgebieten in B. zur Erstellung von Einzel- und Konzernabschlüssen unterscheiden. Im Folgenden werden die B. nach Einsatzgebieten dargestellt und innerhalb dieser Darstellungen wird nach manueller und IT-gestützter B. unterschieden. 2. Einzelabschlussebene Der o Einzelabschluss kann manuell entweder mit Hilfe der Übertragungsoder der Durchschreibebuchführung erstellt werden. Eine Übertragungsbuchführung erfasst die Geschäftsvorfälle zunächst im Grundbuch und überträgt diese dann ins Hauptbuch (Sachkonten). Bei einer Durchschreibebuchführung werden die Geschäftsvorfälle gleichzeitig in Grund- und Hauptbuch im Durchschreibeverfahren gebucht; dies setzt eine Loseblattbuchführung voraus. Als zu führende Bücher kommen neben dem Grund- und Hauptbuch noch verschiedene Nebenbücher in Betracht. Nebenbücher enthalten Informationen, die aus Gründen der Übersichtlichkeit aus dem Hauptbuch ausgelagert werden. Zu nennen sind z.B. die Anlagenbuchhaltung, die Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie die Kontokorrentbuchhaltung (hier wird für jeden Kunden und Lieferanten ein separates Konto geführt). Hauptbücher und Nebenbücher sind regelmäßig abzustimmen. Die große Anzahl der in ähnlicher Weise zu verarbeitenden Daten hat jedoch dazu geführt, dass in der Praxis die IT-gestützte Buchführung vorherrscht. Merkmale dieser B. sind die Einmalerfassung, die Einmalspeicherung und die Mehrfachauswertung nach verschiedenen Gesichtspunkten (z.B. Saldenlisten, offenePosten-Listen, Bilanz, GuV, betriebs-

wirtschaftliche Auswertungen). Typisch für eine IT-gestützte Buchführung ist, dass jede Bewegung in einem Nebenbuch zur unmittelbaren Fortschreibung der zugeordneten Bilanzkonten des Hauptbuchs führt, d.h. Neben- und Hauptbuch sind stets auf dem gleichen Stand (Mitbuchkontentechnik). Weiterhin lässt sich eine Vielzahl von vorbereitenden Abschlussbuchungen z.B. über in Tabellen hinterlegte Werte automatisch generieren (z.B. planmäßige Abschreibungen). Auch die formalen Eröffnungs- und Abschlussbuchungen werden über die hinterlegten Steuerungsdateien automatisch generiert. Während bei einer konventionellen ITBuchführung die aufgezeichneten Buchungen im Anschluss an die Verarbeitung über ihren Ausdruck dauerhaft vollständig lesbar sind, wird bei einer Speicherbuchführung die Beleg-, Journalund Kontenfunktion über die Ausdruckbereitschaft erfüllt. Bei einer Verarbeitung des gesamten Buchungsstoffes im Unternehmen (Im-Haus-Verarbeitung) kommt neben auf die individuellen Verhältnisse zugeschnittenen Programmen (Individualsoftware) vor allem Standardsoftware zum Einsatz. Für kleinere Unternehmen bietet sich als Organisationsform auch die IT-Buchführung-außerHaus an (auch Fernbuchführung; z.B. über die DATEV). 3. Konzernabschlussebene Der o Konzernabschluss lässt sich manuell entweder auf einem Arbeitsbogen (Horizontal- oder Vertikalmethode) oder durch die Formularabwicklung über Konten erstellen. Dieses Vorgehen kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn wenige Unternehmen in den Konzernabschluss einzubeziehen und die erforderlichen Buchungsvorgänge überschaubar sind. Für die IT-gestützte Buchführung auf Konzernebene (o Konzernbuchführung) sind Tabellenkalkulationsprogramme und Konsolidierungssoftware 147

Buchhaltung, doppelte einsetzbar. Da Tabellenkalkulationsprogramme die manuelle Eingabe von Buchungen erfordern und zudem eine Dauerbuchungsfunktion nicht realisiert werden kann, unterstützen diese die Abschlusserstellung lediglich in begrenztem Umfang. Aus diesen Gründen wird als Konsolidierungssoftware neben Individual-Konsolidierungssoftware vorzugsweise auf Standardsoftware zurückgegriffen. Obwohl Standard-Konsolidierungssoftware als integriertes System einsetzbar ist (z.B. die Standardsoftwarefamilie von SAP), wird diese in der Praxis überwiegend isoliert eingesetzt. Dabei herrscht die dezentrale PC-Erfassung der zu konsolidierenden Einzelabschlüsse (sowie weiterer für die Konsolidierung relevanter Informationen in sog. reporting packages) mit anschließender Plausibilitätsprüfung vor. Die Nutzeffekte des Einsatzes einer Standardsoftware umfassen insb. die folgenden Bereiche: Automatisierung von Rechenvorgängen, Verwendung von Dauerbuchungsfunktionen, automatische Plausibilitätskontrollen, automatische Erstellung einer aussagefähigen und prüfbaren Dokumentation sowie frei definierbare Auswertungen des Konsolidierungsdatenbestandes (z.B. Kennzahlen, Sparten- bzw. Segmentabschlüsse). Lit.: Eisele, W./Knobloch, A.P.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, 8. Aufl., 2010; Schuppenhauer, R.: GoDV-Handbuch, Grundsätze ordnungsmäßiger Datenverarbeitung und DV-Revision, 6. Aufl., 2007. Klaus Ruhnke Buchhaltung, doppelte = Doppik System der monetären Erfassung und Verarbeitung von o Geschäftsvorfällen jeweils auf einem Konto und einem Gegenkonto, einmal im Soll und einmal im Haben. Grundlage der kaufmännischen o Buchhaltung. 148

Buchhaltung, kameralistische 1. Begriff Die k. B. oder Kameralistik wird allgemein über den in ihr verwendeten Rechungsstil bzw. die Buchungstechnik definiert und häufig im Gegensatz zur doppelten Buchführung (Doppik) gesehen, bei der sich jeweils zwingend miteinander korrespondierende Buchungen auf verschiedenen Kontenseiten gegenüberstehen. Entstanden ist die k. B. im Bereich öffentlicher Haushalte und Betriebe. Sie ist primär an Zahlungsvorgängen – Einnahmen und Ausgaben, betriebswirtschaftlich Einzahlungen und Auszahlungen – orientiert, gestattet aber auch leistungsbezogene Rechnungen wie auch die Erfassung und Fortführung von Beständen. 2. Kontenstruktur und Buchungsverfahren Zur k. B. gehört der Grundsatz, dass den Einnahmen und Ausgaben jeweils eine Anordnung, buchhalterisch eine Sollstellung, voranzugehen hat; das Anordnungssoll ist allerdings nicht identisch mit der Veranschlagung im Haushaltsplan (Haushalts-Soll). Aus dem Grundsatz ergibt sich das folgende typische horizontale Mehrspaltenschema eines Kontos, jeweils für Einnahmen oder für Ausgaben: Reste-Soll aus Vorjahr Laufendes Soll Ist Rest am Ende des Jahres

….. ….. ….. …..

In der Vertikalen - mit Buchung in den jeweils betroffenen Spalten - werden die Vorgänge für die Rechnungsperiode etwa wie folgt erfasst: Reste-Vortrag aus Vorjahr Neue Soll-Stellungen Zahlungs-Vorgänge (ist) Restbestand am Ende des Jahres

….. ….. ….. …..

Die sich daraus ergebende logische Matrixstruktur des Kontos kann als charakte-

Buchhaltung, kameralistische ristisch für die k. B. angesehen werden. Auf Bestandskonten können auch nicht geldwirksame Vorgänge (Zugänge bzw. Verbrauch) als sog. wechselbezügliche Buchungen nachgewiesen werden. Haushaltsüberwachungslisten (auch als Karteien bzw. digitalisiert) dienen im Rahmen der Ausführung von Haushaltsplänen der Überwachung von Einnahmen und Ausgaben. Rechnungsabschlüsse können auf Basis der laufenden Soll-Stellungen (leistungsorientiert) oder der Ist-Buchungen (zahlungsorientiert) erstellt werden, wobei allerdings auch der (kameral definierte) leistungsorientierte Abschluss nicht eo ipso zu einer Erfolgsrechnung mit Erträgen und Aufwendungen führt; hierzu wären umfängliche (buchungstechnisch durchaus mögliche, aber eben nicht zwingende) Verrechnungen etwa von Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen u.ä. sowie Rechnungsabgrenzungen erforderlich. Das traditionelle Haushaltsrecht für die Gebietskörperschaften schreibt übrigens Planungen und Rechnungsabschlüsse auf Einnahmenund Ausgabenbasis vor, erlaubt also nicht einen beliebigen Umgang mit technisch möglichen Varianten. 3. Systeme Unterschieden werden generell die Verwaltungskameralistik, die Betriebskameralistik sowie die erweiterte Kameralistik. a) Die Verwaltungskameralistik ist der traditionelle Rechnungsstil der öffentlichen Haushaltswirtschaften, insb. der Gebietskörperschaften, mit überwiegender Finanzierung aus allgemeinen Deckungsmitteln, wobei ergänzend ein Kanon von Haushaltsgrundsätzen zu beachten ist. Sie gestattet den rechnerischen Vollzug des Erreichens wesentlicher Ziele der Haushaltsführung: Einhaltung des Haushaltsplans durch Vergleich von Haushaltssoll und Anordnungssoll,

Nachweis der ordnungsgemäßen Kassenführung mit Erfassung der Kassenbestände und ihrer Veränderungen, Nachweis von Mittelherkunft und Mittelverwendung sowie die Ermittlung eines Finanzwirtschaftlichen Ergebnisses. Vermögen und Schulden sind buchmäßig oder in einem anderen Nachweis zu erfassen, wobei ein Verbund mit der Buchführung über die Einnahmen und Ausgaben möglich, aber nicht zwingend ist; in dieser Hinsicht ist es trotz theoretischer Empfehlungen im Sinne einer finanzwirtschaftlichen Deckungsrechnung (insbes. Rudolf Johns) in der Praxis (also auch im Haushaltsrecht) nicht zu einer abschließenden, übereinstimmenden Lösung gekommen. Die herkömmliche Gliederung in einen ordentlichen und einen außerordentlichen Haushalt wurde im Interesse eines gewissen Leistungsbezugs – der vor allem auf der kommunalen Ebene Bedeutung hat – z.T. durch eine Gliederung nach Verwaltungshaushalt und Vermögenshaushalt (i.W. Anlagenund Kreditwirtschaft) ersetzt. b) Für betriebliche Einheiten mit entgeltbasierter spezifischer Finanzierung wurden verschiedene Varianten der Betriebskameralistik entwickelt. Rechentechnisches Ziel ist es, eine an kaufmännischen Kriterien orientierte Erfolgsrechnung (Aufwand- und Ertragsrechnung) und eine damit korrespondierende Vermögensrechnung (Bilanz) erstellen zu können. Das erfordert eine andere (weitere) Definition von Resten - die Forderungs- oder Verbindlichkeitscharakter haben, Aufwands-Ausgaben und ErtragsEinnahmen - und es erfordert im Bereich des Sachbuchs eine Gliederung nach mindestens folgenden ökonomischen Kategorien: Sofort erfolgswirksame Vorfälle (die Erfolgsrechnung betreffend), teilweise oder nachhaltig erfolgsunwirksame Vorfälle (die Güterrechnung/das Vermögen betreffend) und Vorgänge des Kapitalverkehrs (das Geldkapital/die Passiva betreffend). Buchungstechnisch ist das 149

Buchhaltung, kameralistische machbar, aber z.T. kompliziert; es müssen in erheblichem Umfang nichtgeldwirksame Vorgänge als fiktive Einnahmen und Ausgaben bzw. durch wechselbezügliche Buchungen berücksichtigt werden. Die Anwendungsfälle der Betriebskameralistik sind daher seit Jahrzehnten rückläufig; das kommunale Eigenbetriebs- und Anstaltsrecht der Bundesländer lässt überwiegend "eine der doppelten Buchführung entsprechende Verwaltungsbuchführung" (so die hier sonst verwendete Terminologie) als alternative Variante nicht mehr zu. c) Erweiterte Kameralistik ist begrifflich nicht eindeutig festgelegt; sie wurde bisher vor allem bei sog. Bruttobetrieben (vollständig, d.h. nicht nur mit einem Verrechnungssaldo im Haushalt erfassten Einheiten) angewendet, also etwa solchen mit der Finanzierung aus Benutzungsgebühren (zur neueren Entwicklung der erweiterten Kameralistik s.u.). Hier müssen also betriebswirtschaftlich geprägte Kalkulationen, auch unter Einbeziehung kalkulatorischer Kostenelemente, erfasst werden können. Die wesentlichen praktizierten Verfahren lassen sich etwa in zwei Gruppen einteilen. So werden z.B. die Sachbücher durch unverbundene Nebenrechnungen (bis hin zur konsequenten Kosten- und Leistungsrechnung; o Kostenrechnungssysteme) mit der Erfassung und Aufbereitung der benötigten Informationen ergänzt. Gebräuchlich ist aber auch eine Erweiterung der Haushaltsüberwachungslisten um weitere Spalten für die Informationen über Kosten und Leistungen bzw. ggf. auch über die Rechenkategorien eines doppischen Rechnungswesens. Begleitende Karteien/Dateien – z.B. über Anlagen- und Lagerbestände – runden methodisch das Verfahren ab. 4. Neuere Entwicklungen Bereits seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts ist im deutschsprachigen Bereich wie auch sonst in der Welt ein 150

Trend zur Substitution der k. B. auch bei öffentlichen Verwaltungen und nicht erwerbswirtschaftlichen Einrichtungen feststellbar, sowohl in Empfehlungen von Personen und Institutionen als auch in erheblichem Maße in der Legislatur zum Haushaltsrecht. In Deutschland ist der Prozess derzeit am weitesten auf kommunaler Ebene fortgeschritten, z.T. aber auch auf Landesebene Realität geworden; der Bund will offensichtlich die k. B. modifizieren. Die Reformen bestehen in einem Übergang auf den doppischen Rechnungsstil oder auch auf eine – dann spezifisch definierte – erweiterte Kameralistik In jedem Falle aber sollen die bisherigen geldstromorientierten Rechnungen ergänzt werden. Sachlich bedeutet das einen Übergang von der primär Inputbezogenen Gestaltung der Haushaltswirtschaft zur Leistungs-/Produktorientierung bzw. zum Ressourcenverbrauchskonzept mit einer ertrags- und aufwandsbezogenen Ergebnisrechnung; auch wird dann eine verbundene Vermögensrechnung integraler Bestandteil des Systems. a) Den Kommunen war es durch sog. Experimentierklauseln in den Gemeindeordnungen erlaubt, Versuche zur Verwaltungsrationalisierung durchzuführen; davon wurde auch in etlichen Pilotprojekten zu einer Fortentwicklung des Haushalts- und Rechnungswesens Gebrauch gemacht. Maßgebliche Bedeutung für die Reform des Gemeindehaushaltsrechts hat ein Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 21.11.2003 auf der Grundlage von Empfehlungen des Arbeitskreises III "Kommunale Angelegenheiten", Unterausschuss "Reform des Gemeindehaushaltsrechts". Er enthält klare Empfehlungen für eine Neufassung des kommunalen Haushaltsrechts, zu denen zwei Leittexte für dessen Novellierung gehören, einmal auf doppischer Grundlage und alternativ bei Anwendung der erwei-

Buchhaltung, kameralistische terten Kameralistik. Die Länder haben sich in ihrer Gesetzgebung überwiegend für den Zwang zur Doppik entschieden, einige für ein Wahlrecht der Kommunen zwischen den beiden Modellen. Das doppische Modell ist in seinen Grundzügen und Prinzipien (nicht in allen Einzelheiten) an der o Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften nach dem HGB ausgerichtet. Die erweiterte Kameralistik wird dadurch weitgehend festgelegt, dass sie dem der Doppik zugrunde liegenden Ressourcenverbrauchskonzept folgt, dass also eine i.W. gleiche Rechnungslegung ermöglicht wird und dass auch verwaltungsintern gleiche Steuerungsansätze verfolgt werden. Wesentliche Charakteristika sind hiernach: – Gliederung des Vermögens- und des Verwaltungshaushalts nach Produktbereichen, Produktgruppen und Produkten, ggf. verbunden zu einem finanziellen Rahmen (Budget; o Budgetierung), und gesteuert über Zielvorgaben und o Kennzahlen (verstärkte dezentrale Bewirtschaftungsbefugnis); – Kosten- und (Sollvorschrift);

Leistungsrechnung

– Vermögensrechnung mit Vorgaben zur vollständigen Erfassung, zur Bewertung einschl. „flächendeckender Abschreibungen“ und zu den Rückstellungen; – Unterschiede sieht die Innenministerkonferenz in Details der Periodenabgrenzung. Eine Ergebnisrechnung ist nicht ausdrücklich empfohlen, aber machbar und sinnvoll. Hiernach ist – wenn auch buchungstechnisch etwas schwieriger als mit der Doppik – inhaltlich Gleiches erreichbar. Eine „Konzernrechnungslegung“, also die Erstellung von sonst angestrebten und vorgeschriebenen Gesamtabschlüssen für die Kernverwaltung und die ausgegliederten

Einheiten, ist damit allerdings nicht sinnvoll realisierbar. b) Auf den Ebenen des Bundes und der Länder ist die Entwicklung weniger weit fortgeschritten. Der Bund strebt eine Lösung auf der Basis der erweiterten Kameralistik an (Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums 10/2008 sowie Verlautbarung vom 17.12.2008); die Länder – vorweg Hamburg und Hessen – haben sich z.T. für die doppische Lösung entschieden. Wesentlich ist eine Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) vom 31.07.2009, in Kraft getreten am 01.01.2010. Nachdem § 33a HGrG bereits vor dieser Maßnahme zusätzlich (Anm: neben der k. B.) eine Buchführung und Bilanzierung in sinngemäßer Anwendung der HGB-Vorschriften zuließ, ist jetzt ausdrücklich ein Optionsmodell gesetzlich verankert, also in der Umsetzung der Haushaltsgesetzgebung von Bund und Ländern überlassen. Die Ziele sind (lt. Bundesregierung): – Ermöglichung der Koexistenz unterschiedlicher Rechnungswesensysteme, also Abkehr von der zwingenden Verpflichtung, das Haushalts- und Rechnungswesen kameral zu gestalten; – Vorgabe klarer und einheitlicher Regeln für die Ausgestaltung des doppischen Rechnungswesens bzw. der Produkthaushalte; – Mindestmaß einheitlicher Vorgaben für übergreifende Datenlieferung; – (weitere) Sicherung der finanzstatistischen Daten auf einheitlicher Grundlage; – Vermeidung nicht mehr harmonisierbarer divergierender Entwicklungen. Wesentliche neue HGrG-Vorschriften sind: 151

Buchhaltung, kaufmännische – § 1a Haushaltswirtschaft: Grundlage für die Wahl zwischen der k. B. und der staatlichen Doppik; – § 7a Grundsätze der staatlichen Doppik: Verweis auf die einschlägigen HGB-Vorschriften nach dem Maßstab für Kapitalgesellschaften; – § 10 Gliederung von Einzelplänen und Gesamtplan: Anpassung an die geänderten Erfordernisse und Einteilung nach Produktstrukturen; – § 49a Gremium zur Standardisierung des staatlichen Rechnungswesens: Einrichtung eines Gremiums zur Erarbeitung von Standards für kamerale und doppische Haushalte und zur Sicherung der Anforderungen der Finanzstatistik einschließlich der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen; – § 49b Finanzstatistische Berichtspflichten: Verpflichtung von Bund und Ländern zur Sicherstellung dieser Berichtspflichten unabhängig von der Art ihrer Haushaltswirtschaft. c) International lässt sich in einzelnen Staaten, in Organisationen wie auch in der Erarbeitung von Standards ein Trend feststellen, wie er hier für Deutschland dargestellt wurde. Genannt seien die Internationalen RechnungslegungsStandards für den öffentlichen Sektor (International Public Sector Accounting Standards, IPSAS), die von der International Federation of Accountants (IFAC) bzw. deren IPSAS-Board erarbeitet und fortgeschrieben werden. Sie bauen i.W. auf dem Accrual Principle (etwa vergleichbar dem Ressourcenverbrauchskonzept) und entsprechenden Standards für den unternehmerischen Sektor auf; es wird aber auch eine zahlungsstromorientierte Rechnung (Financial Reporting under the Cash Basis of Accounting) nicht ausgeschlossen, für die allerdings nur weit weniger detaillierte Anforderungen und Empfehlungen ausgesprochen werden. 152

Lit: Bolsenkötter, H. (Hrsg.): Die Zukunft des öffentlichen Rechnungswesens – Reformtendenzen und internationale Entwicklungen, 2007; Johns, R.: Das Problem der öffentlichen Vermögensrechnung und seine Lösung, 1943; Lüder, K./Jones, R.: Reforming Governmental Accounting and Budgeting in Europe, 2003; Oettle, K.: Historische Entwicklung des öffentlichen Rechnungswesens in der Bundesrepublik Deutschland, in: Lüder, K. (Hrsg.): Staatliches Rechnungswesen in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund neuerer internationaler Entwicklungen, 1991, S. 29-47; PricewaterhouseCoopers (Hrsg.): Der reformierte öffentliche Haushalt - Stand nationaler Reformen und internationale Reformtendenzen, 2009; Winckelmann, H.: Kameralistisches und kaufmännisches Rechnungswesen in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben, 1950. Peter Albrecht/ Josef Rakel Buchhaltung, kaufmännische 1. Zwecke der kaufmännischen Buchhaltung Jede Buchhaltung, die ein Unternehmen oder ein Kaufmann durchführt, heißt k. B., unabhängig von der Art der Bestände, deren Veränderungen sie abbildet. Den Schwerpunkt k. B. bilden allerdings die eigenkapitalbezogenen Rechnungen. Wer ein Unternehmen betreibt, ist aus vielen Gründen bestrebt, die Auswirkungen von Ereignissen auf das Eigenkapital seines Unternehmens zu ermitteln und aufzuzeichnen. Unternehmen in Form einer o Kapitalgesellschaft oder in Form von Kaufleuten sind dazu sogar gesetzlich verpflichtet (z.B. § 238 HGB). Die Dokumentation der Konsequenzen von Ereignissen mit Wirkung auf das o Eigenkapital in Unternehmen erfolgte früher in gebundenen Büchern. Man bezeichnet das Verfahren deswegen als kaufmännische Buchführung oder synonym als k.

Buchhaltung, kaufmännische B. Diese Konsequenzen von Ereignissen, hauptsächlich auf das Eigenkapital, werden in Finanzberichten zusammengefasst, zu denen unter Anderem eine o Bilanz, ein o Anlagespiegel, eine o Kapitalflussrechnung sowie Rechnungen gehören, in denen die Veränderungen des Eigenkapitals nachgewiesen werden. Neben dem Zweck der Dokumentation werden üblicherweise diejenigen der Planung und der Unterstützung unternehmerischer Entscheidungen genannt.

rungsrechnungen: Zu einer ersten Art gehören Veränderungen, die aus Ereignissen folgen, mit denen die Unternehmer ihr Eigenkapital durch Einlagen oder Entnahmen von Vermögensgütern oder Fremdkapitalposten verändern wollen. Solche Veränderungen des Eigenkapitals stellt man in Eigenkapitaltransferrechnungen zusammen. Sie bestehen bei einem personenbezogenen Unternehmen aus den Vermögensgüter- oder Fremdkapitalposten, insb. aus Zahlungen, die der Unternehmer aus seinem Privatbereich in das Unternehmen einbringt oder aus den Posten, die er dem Unternehmen entnimmt, um sie in seinen Privatbereich zu bringen. In Kapitalgesellschaften, bei denen sich die Unternehmereigenschaft ja oft auf die Überlassung von Eigenkapital beschränkt, bezeichnet man die Einlagen als Kapitalerhöhungen und die Entnahmen als Kapitalherabsetzungen, insb. als Dividenden. Zu einer zweiten Art zählen Veränderungen des Eigenkapitals als Folge von Ereignissen, die zwar das Eigenkapital verändern, jedoch nichts mit Einlagen oder Entnahmen zu tun haben. Sie können aus Verkaufsgeschäften oder Veränderungen der Werte von Vermögensgüter- und Fremdkapitalposten des Unternehmens erwachsen. Die Rechnung, in der man derartige Mehrungen und Minderungen des Eigenkapitals gegenüberstellt, wird im dHGB als o Gewinn- und Verlustrechnung bezeichnet. In der Fachliteratur ist von Erfolgsrechnung, Ergebnisrechnung und von Einkommensrechnung die Rede.

Bei einer Eigenkapitalorientierung kommt es dem Unternehmen für alle genannten Zwecke im Wesentlichen auf die Ermittlung des Eigenkapitals zu einem Zeitpunkt sowie auf die Ermittlung von Veränderungen dieses Eigenkapitals während eines Zeitraums an. Weil man das Eigenkapital und dessen Veränderungen nicht beobachten kann, lassen sich diese Größen nicht messen. Zur Bestimmung des Eigenkapitals zu einem bestimmten Zeitpunkt zieht man daher von den Ressourcen eines Unternehmens zu diesem Zeitpunkt die Ansprüche Fremder auf diese Ressourcen zum gleichen Zeitpunkt ab. Konkret bestimmt man zu dem Zeitpunkt den Wert der Vermögensgüter und zieht davon den Wert des o Fremdkapitals ab, um das Eigenkapital zu erhalten. Veränderungen des Eigenkapitals während eines Zeitraums lassen sich auf zweierlei Arten ermitteln. Erstens kann man das Eigenkapital zu Beginn und zu Ende des Zeitraums bestimmen und dann den Saldo der beiden Eigenkapitalwerte als Veränderung ermitteln. Zweitens kann man während des Zeitraums, für den man die Veränderung des Eigenkapitals bestimmen möchte, die Konsequenzen aller Ereignisse aufzeichnen und zusammenfassen, welche Veränderungen des Eigenkapitals bewirkt haben.

Wenn alle Veränderungen des Eigenkapitals (EK) zwischen den Zeitpunkten t-1 und t (EKt - EKt-1) in einer Eigenkapitaltransferrechnung durch dt und in einer Einkommensrechnung durch et abgebildet werden, gilt für das Eigenkapital und seine Veränderungen:

Üblicherweise unterscheidet man zwei Arten von Veränderungen des Eigenkapitals und damit zwei Eigenkapitalverände-

EKt-1 + dt + et = EKt oder EKt – EKt-1 = dt + et 153

Buchhaltung, kaufmännische Von der Gültigkeit dieses Zusammenhangs geht man bei der Analyse des Eigenkapitals von Unternehmen normalerweise aus. In der Praxis wird aber von vielen Unternehmen gegen diese Formel verstoßen, indem manche Ereignisse nicht über die Eigenkapitaltransferrechnung oder über die Einkommensrechnung, sondern direkt ins Eigenkapital eingehen. Dann stimmt die Gleichung in obiger Form nicht mehr. Das daraus erwachsende Problem wird in der Literatur üblicherweise im Zusammenhang mit der Forderung nach einer sauberen Ermittlung der Rücklagen eines Unternehmens (clean surplus) behandelt. 2. Begriffliche Abgrenzungen Ereignisse, die in der k. B. abgebildet werden, bezeichnen wir als für die k. B. relevante Ereignisse. Dazu gehören erstens Geschäftsvorfälle und zweitens andere relevante Ereignisse. Geschäftsvorfälle liegen vor, wenn sich im Unternehmen durch ein Ereignis etwas physisch oder rechtlich ändert. Solche physischen oder rechtlichen Änderungen nimmt man in vielen Unternehmen zum Anlass, die Konsequenzen für das Eigenkapital in der k. B. zu berücksichtigen. Eine andere Art relevanter Ereignisse liegt vor, wenn durch die Ereignisse zwar Konsequenzen für das Eigenkapital bewirkt werden, im Unternehmen aber keine physischen oder rechtlichen Veränderungen stattfinden. Unter k. B. kann man also die Tätigkeit verstehen, zunächst alle Auswirkungen von für die k. B. relevanten Ereignissen auf den Wert der Bestände an Vermögensgütern und Fremdkapital zu erfassen. Daraus ergeben sich anschließend die Konsequenzen für die Finanzberichte. Die Inhalte der Begriffe Vermögensgut und Fremdkapital werden von den Regelungssystemen vorgegeben, im Rahmen derer man die k. B. durchführt. Als Regelungssysteme stehen deutschen Unternehmen das traditionelle HGB (ohne § 315 a) und die darin für kapitalmarkt154

orientierte Unternehmen erlaubten o IFRS zur Verfügung. Nach dem traditionellen HGB versteht man unter einem Vermögensgut einen o Vermögensgegenstand oder ein Recht, über den oder das die Unternehmung auch durch eine Veräußerung verfügen kann. Mit dem Fremdkapital verbindet man sichere künftige Belastungen der Vermögensgegenstände und Rechte (o Verbindlichkeiten) sowie unsichere künftige Belastungen (o Rückstellungen). Nach den IFRS versteht man dagegen unter einem Vermögensgut ein asset (o Vermögenswert). Ein asset liegt vor, wenn das Unternehmen die Verfügungsmacht über eine Ressource ausübt, die aus einem Ereignis der Vergangenheit resultiert und in der Zukunft einen Zufluss wirtschaftlichen Nutzens erwarten lässt. Fremdkapital wird als liability bezeichnet. Eine liability ergibt sich als eine gegenwärtige Verpflichtung, die das Ergebnis eines vergangenen Ereignisses darstellt und deren Erfüllung voraussichtlich einen Abfluss von Ressourcen bedeutet. Die unterschiedlichen Definitionen führen für viele, aber nicht für alle Güter und Kapitalposten zu gleichartigen Einstufungen. Weitere Unterschiede zwischen den Systemen kommen dadurch hinzu, dass die Regelungssysteme unterschiedliche Wertansätze vorsehen, insb. für die Vermögensgüter. So stützt sich das HGB zum Zeitpunkt der Anschaffung eines Vermögensgegenstands oder einer künftigen Belastung auf deren Marktwerte oder, im Falle der Herstellung, auf die Summe der Marktwerte seiner Bestandteile zum Zeitpunkt von Anschaffung oder Herstellung. Bei abnutzbaren Vermögensgütern ist später die Wertminderung aus der Abnutzung zu berücksichtigen. Ferner sind bei Vermögensgegenständen andere Wertminderungen und bei künftigen Belastungen andere Wertsteigerungen gegenüber dem Buchwert zu berücksichtigen. Demgegenüber stützen sich die IFRS jeweils auf den sog.

Buchhaltung, kaufmännische o fair value, der bei assets auch über dem Anschaffungswert liegen kann. Je nach dem verwendeten Regelungssystem können sich folglich die Posten und Werte und damit das Eigenkapital der k. B. eines Unternehmens mehr oder weniger deutlich voneinander unterscheiden. Bei der Daimler-Benz AG, die zwischen 1993 und 1995 ihre Finanzberichte sowohl nach HGB als auch nach US-GAAP erstellt und veröffentlicht hat, ergab sich das Eigenkapital nach US-GAAP als ca. 1,5 mal so hoch wie das Eigenkapital nach HGB. Wir unterstellen für die weiteren Ausführungen, die Entscheidung für ein bestimmtes Regelungssystem sei gefallen und es gebe keine Interpretationsspielräume, die das Unternehmen nutzt. Unter einer k. B. versteht man konkret eine k. B. des Eigenkapitals, die den gesetzlichen Vorschriften oder den anderen Vorgaben entspricht. Die Vorschriften des HGB verlangen für Unternehmen im juristischen Sinn eine jährlich abzuschließende k. B., die zu den Finanzberichten führt, deren Gesamtheit im Gesetz als o Jahresabschluss bezeichnet wird. In ihnen werden zumindest Veränderungen der Bestände an Vermögensgüter- und Fremdkapitalposten aus der Sicht der Unternehmer (§§ 240, 242 HGB) nach bestimmten Grundsätzen, den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 238 HGB), sowie nach bestimmten gesetzlichen Vorschriften in Finanzberichten abgebildet. Zur Abgrenzung der Vermögensgüter- und Fremdkapitalposten einer k. B. sei auf das Handels- und Steuerrecht, die Rechtsprechung, die Fachliteratur sowie die Fachkommentare und die IFRS verwiesen. Der Dokumentationszweck und die Erfüllung der rechtlichen Verpflichtungen dürften i.d.R. nur erreicht werden, wenn die k. B. für Außenstehende nachvollziehbar ist und gewisse Grundsätze über

Wahrheit, Klarheit, Richtigkeit etc. einhält, die letztlich zu relevanten und verlässlichen Informationen führen sollen, wenngleich diese Ziele auch konträr zueinander stehen können. Die Überprüfung der sachlichen Richtigkeit einer k. B. lässt sich im Rahmen einer o Inventur mit einer Liste der tatsächlichen Bestände der Vermögensgüter und Fremdkapitalposten, mit einem sog. o Inventar, vornehmen (§ 240 HGB). Eine inhaltlich enge und weit verbreitete Verwendung des Begriffs der k. B. orientiert sich weltweit an der Form der sog. doppelten B. Für die Abbildung der Realität aus Sicht der Mittelverwendung und der Mittelherkunft bietet sich die Verwendung einer sog. doppelten B. an. Diese zeichnet sich durch eine besondere Form aus. Der Begriff wird verwendet, weil jedem relevanten Ereignis zwei Konsequenzen zugeschrieben werden, und zwar die Mehrung eines Bestandes oder einer Gruppe von Beständen und, in betragsmäßig gleicher Höhe, die Minderung eines anderen Bestandes oder einer anderen Gruppe von Beständen. Jedes relevante Ereignis wirkt sich somit doppelt aus. Eine den handelsrechtlichen Vorschriften oder anderen Vorgaben entsprechende k. B. hat in formeller Hinsicht eine doppelte B. zu sein. 3. Der Formalismus der doppelten kaufmännischen Buchhaltung Der Formalismus der doppelten k. B. sei im Folgenden am Beispiel einer eigenkapitalbezogenen doppelten B. auf Basis der Vermögensgüter- und Fremdkapitalbestände erläutert. Den Ausgangspunkt einer solchen doppelten k. B. bildet eine Bilanz mit den Anfangswerten der nach Arten untergliederten Vermögensgüterund Fremdkapitalbestände. Die notwendige Mindesttiefe der Untergliederungen ergibt sich aus den handelsrechtlichen Regelungen (§§ 240, 242-250, 264-274 HGB) oder aus den IFRS sowie aus den zusätzlichen Informationswünschen der 155

Buchhaltung, kaufmännische Buchführenden. Die linke Seite jeder Bilanz enthält im Prinzip eine Zusammenstellung der einzelnen bewerteten Vermögensgüter, der sog. Aktiva und ihrer Werte, der Mittelverwendungen. Die rechte Seite gibt mit den Passiva in Form des Kapitals an, von wem Mittel in welcher Höhe für die Beschaffung der Vermögensgüter stammen. Als Hauptkategorien werden Eigenkapital und Fremdkapital genannt. Die Summe der Werte der Posten der Aktivseite einer Bilanz entspricht der Summe der Werte der Posten ihrer Passivseite. Jedes relevante Ereignis wirkt sich auf eine Bilanz so aus, dass die Gleichheit der Summe der Aktiva und der Summe der Passiva erhalten bleibt. Sämtliche relevanten Ereignisse lassen sich nämlich auf einen oder mehrere der folgenden sieben Grundtypen von Konsequenzen für eine Bilanz zurückführen: (1) einen Aktivtausch, bei dem einzelne Aktivbestände sich in ihren Werten ändern, ohne dass die Summe aller Aktiva davon berührt würde, (2) einen Passivtausch innerhalb des Fremdkapitals, bei dem einzelne Passivbestände innerhalb des Fremdkapitals sich in ihren Werten ändern, ohne dass die Summe der Werte aller Fremdkapitalposten sich änderte, (3) eine Bilanzverlängerung ohne Eigenkapitalwirkung, bei der die Werte einzelner oder mehrerer Aktivbestände um den gleichen Betrag zunehmen wie diejenigen einzelner oder mehrerer Fremdkapitalbestände, (4) eine Bilanzverkürzung ohne Eigenkapitalwirkung, bei der die Werte einzelner oder mehrerer Aktivbestände um den gleichen Betrag abnehmen wie diejenigen einzelner oder mehrerer Fremdkapitalbestände, (5) ein Passivtausch mit Wirkung auf das Eigenkapital, bei dem sich die Werte von Eigenkapitalbeständen und Fremdkapitalbeständen in jeweils gleicher Höhe, aber mit umgekehrten Vorzeichen ändern, ohne dass die Summe der Kapitalposten zu- oder abnimmt, (6) eine Bilanzverlängerung 156

mit Wirkung auf das Eigenkapital, bei der die Werte der Eigenkapitalbestände um den gleichen Betrag zunehmen wie die Aktivbestände, und (7) eine Bilanzverkürzung mit Wirkung auf das Eigenkapital, bei der die Werte der Eigenkapitalbestände um den gleichen Betrag abnehmen wie die Aktivbestände. Während die Typen (1) bis (4) leicht zu verstehen und darzustellen sind, können sich bei den Typen (5) bis (7) Probleme ergeben, weil Eigenkapitalveränderungen nicht sichtbar sind. Um einen dieser letztgenannten Typen muss es sich bei jedem Ereignis handeln, bei dem keiner der Typen (1) bis (4) festzustellen ist. Die Fortschreibung der Finanzberichte, insb. der Bilanzbestände, könnte ohne Formalismus sofort nach jedem relevanten Ereignis dadurch erfolgen, dass man neue, korrigierte Finanzberichte erstellt. Eine sinnvollere Art der Fortschreibung der Finanzberichte besteht darin, zunächst nur die als Folge der relevanten Ereignisse notwendigen Änderungen von Finanzberichten aufzuzeichnen und eine neue Fassung nur in zeitlich größeren Abständen zu erstellen. Das Aufzeichnen der notwendigen Änderungen kann auf verschiedene Arten geschehen, z.B. dadurch, dass man alle relevanten Ereignisse in ihrer zeitlichen Reihenfolge aufschreibt und i.S. einer Arbeitsanweisung dabei vermerkt, welche Bestände in welcher Höhe zur Aufstellung neuer Finanzberichte zu ändern wären. Eine derartige Liste von Arbeitsanweisungen kann man als „Journal“ bezeichnen. Wenn man bereits zum Zeitpunkt eines relevanten Ereignisses nicht nur das Ereignis selbst beschreibt, sondern zusätzlich getrennt für jeden Bestand vermerkt, in welcher Höhe Änderungen notwendig sind, lässt sich die Erstellung neuer Finanzberichte relativ schnell bewerkstelligen. Vermerkt man die notwendigen Mehrungen und Minderungen jedes Bestandes dabei getrennt voneinander, und zwar in jeweils eigenen Spalten, so lässt sich der Saldo

Buchhaltung, kaufmännische dieser Änderungen durch nur zwei Additionen (Addition aller Posten jeder der beiden Spalten) und eine Subtraktion (der Spaltensummen voneinander) ermitteln. Eine solche nach Mehrungen und Minderungen trennende Übersicht der notwendigen Korrekturen eines einzelnen Bestandspostens wird als Konto bezeichnet. Die Errechnung des Wertes eines Bestands, beispielsweise für die neue Bilanz, lässt sich leicht auf dem Konto durchführen. In der doppelten k. B. erfolgt die Fortschreibung der Bilanzbestände regelmäßig in bestimmten zeitlichen Abständen, i.d.R. mindestens einmal jährlich. Die relevanten Ereignisse werden mit ihren Konsequenzen laufend erfasst, und zwar erstens als Arbeitsanweisung in einem Tagebuch, dem Journal, und zweitens als Vermerke zu den einzelnen Bilanzbeständen auf gesonderten, mindestens zweispaltigen Konten. Üblicherweise werden die Konten von Bilanzposten in der Spalte mit den Erhöhungen ergänzt um die Anfangswerte der Bilanzbestände. Der Saldo der beiden Kontenspalten weist dann nicht mehr nur die rechnerische Veränderung des Bilanzbestands aus, also eine Zeitraumgröße, sondern bereits dessen neuen Wert, also eine Zeitpunktgröße. Jeder Endbestand wird aus der Höhe von Anfangsbestand und Mehrungen abzüglich Minderungen ermittelt. Es handelt sich dann nicht mehr um Bestandsveränderungskonten, sondern um Bestandskonten. Der traditionelle Formalismus der doppelten k. B. beinhaltet weltweit eine Übereinkunft bezüglich der Formen der Arbeitsanweisungen und des Inhaltes der jeweils linken und rechten Spalten der einzelnen Konten. Die linke Spalte eines Kontos wird als Soll-Spalte oder als Debit-Spalte bezeichnet, die rechte als Haben-Spalte oder als Credit-Spalte. Nach der Übereinkunft enthält die Soll-Spalte eines Aktiv-Kontos (eines Bestandes der

Aktivseite der Bilanz) dessen Anfangsbestand und die Mehrungen, die HabenSpalte eines Aktivkontos die Minderungen und den Endbestand. Dagegen weist ein Passiv-Konto (eines Bestandes der Passivseite der Bilanz) nach der Übereinkunft den Anfangsbestand und die Mehrungen in der Haben-Spalte aus und die Minderungen und den Endbestand in der Soll-Spalte. Die Arbeitsanweisung, die ja neben dem Betrag besagen muss, welche Konten in welchen Spalten zu verändern sind, wird als Buchungssatz bezeichnet, wenn sie das Konto oder die Kontengruppe, deren Soll-Spalten zu ergänzen sind, als erstes nennt und als zweites das Konto oder die Kontengruppe, deren Haben-Spalten zu ergänzen sind. Beispielsweise würde der mit dem Eingang von Bargeld i.H.v. 100 Euro, auf das eine Forderung über 100 Euro bestand, verbundene Buchungssatz, eingekleidet in die Sprache der Buchhalter, lauten: „per Zahlungsmittelbestand 100 Euro an Forderungsbestand 100 Euro“. Der Betrag von 100 Euro wäre der SollSpalte des Kontos für den Zahlungsmittelbestand und der Haben-Spalte des Kontos für den Forderungsbestand hinzuzufügen. Wegen der möglichen Fülle von relevanten Ereignissen, insb. von Geschäftsvorfällen, aber auch wegen spezieller aus einer Bilanz nicht ersichtlicher Informationsbedürfnisse kann es sich oft als zweckmäßig erweisen, verschiedene Arten der Veränderung von Bilanzbeständen voneinander zu unterscheiden und auf getrennten Konten zu verbuchen. Vor der Erstellung der neuen Bilanz sind die verschiedenen einem bestimmten Bilanzbestand zuzurechnenden Konten wieder zusammenzufassen. Man spricht dann von Ober- und Unterkonten. Es kann sich auch als sinnvoll erweisen, bestimmte Arten von Geschäftsvorfällen, z.B. Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem gleichen Geschäftspartner, auf einem gesonderten Konto zu verbuchen 157

Buchhaltung, kaufmännische und die Zuordnung zu einem bestimmten Bilanzbestand erst vorzunehmen, wenn feststeht, ob sich ein Saldo auf der SollSeite oder auf der Haben-Seite ergibt. Solche Konten heißen KontokorrentKonten. Relevante Ereignisse, die Geschäftsvorfälle darstellen, trägt man zu dem Zeitpunkt in das Journal ein, zu dem sie stattfinden. Die daraus folgenden Buchungen auf den Konten sollten zeitgleich vorgenommen werden. Bei den anderen relevanten Ereignissen handelt es sich dagegen meist um Ereignisse, die außerhalb des Unternehmens stattfinden und zunächst weder physisch noch rechtlich auf das Unternehmen wirken. Beispielsweise erscheint es sinnvoll, eine Vorgabe, nach der die Vermögensgüter mit ihren Marktwerten und nicht mit ihren Buchwerten in der Bilanz erscheinen sollten, erst zum Bilanzstichtag in das Journal und auf den Konten einzutragen. Letztlich kommt es bei diesen anderen relevanten Ereignissen darauf an, dass die Zahlen der Finanzberichte des Unternehmens zum Bilanzstichtag den Vorgaben entsprechen. Folglich berücksichtigt man die anderen relevanten Ereignisse in der k. B. erst zum Bilanzstichtag. Dabei sind sog. Saldenaufstellungen aller Konten hilfreich. Man kann sie als eine Checkliste für die Prüfung betrachten, ob die anderen relevanten Ereignisse bei allen Konten berücksichtigt sind. Im Zweifel hat man aus einer vorläufigen Saldenaufstellung, in welcher nur die Geschäftsvorfälle enthalten sind, über Korrekturen um die anderen relevanten Ereignisse letztlich eine endgültige Saldenaufstellung zu ermitteln. Saldenaufstellungen sind darüber hinaus hilfreich bei der Suche von Fehlern, die sich in die k. B. eingeschlichen haben können. Die doppelte k. B. bietet die Möglichkeit einer beliebig tiefen Aufgliederung der Bestandskonten und der Bewegungskonten. In der Praxis findet man unter den 158

Bezeichnungen o Kontenrahmen und Kontenplan eine Vielzahl von Empfehlungen zur Bildung und Bezeichnung von Konten. Letztlich muss es möglich sein, aus den Beständen und Salden von Konten zu einem Zeitpunkt die Finanzberichte für diesen Zeitpunkt zu erstellen. Im Rahmen theoretischer Darlegungen, in denen es auf eine Bilanz und auf die beiden Eigenkapitalveränderungsrechnungen ankommt, wird häufig vorgeschlagen, zunächst die Konten danach zu klassifizieren, ob sie die Bilanz, die Einkommensrechnung oder die Eigenkapitaltransferrechnung betreffen. Anschließend kann man die Endbestände der Bilanzkonten auf ein sog. Schlussbilanzkonto, die Endbestände der Konten der Einkommensrechnung auf ein sog. Einkommenskonto und die Endbestände der Eigenkapitaltransferrechnung auf ein sog. Eigenkapitaltransferkonto buchen. Schließlich sind das Einkommenskonto und das Eigenkapitaltransferkonto auf das Eigenkapital der Bilanz abzuschließen. Danach sind alle in der Buchführung verwendeten Konten ausgeglichen, man sagt auch „abgeschlossen“. Für den neuen Abrechnungszeitraum hat man die Bilanzkonten wieder mit ihren Ständen zum Bilanzstichtag zu eröffnen. Die restlichen Konten werden leer eröffnet. In der Praxis geht man dagegen anders vor. Man schließt nicht alle Konten ab, sondern nur die der Einkommens- und Eigenkapitaltransferrechnung. Die Konten, welche die Bilanz betreffen, bleiben somit unverändert erhalten. Sie werden als permanente Konten bezeichnet. Von ihnen übernimmt man (ohne eine Buchung) nur die Werte der Bestände zum Bilanzstichtag in die Bilanz. Die Konten der Einkommens- und Eigenkapitaltransferrechnung bezeichnet man dagegen als temporäre Konten, die man zum Bilanzstichtag auf das Eigenkapital der Bilanz „abschließt“ und zu Beginn des neuen

Budget Abrechnungszeitraums wieder neu leer eröffnet. Der Formalismus der doppelten B. erleichtert die Kontrolle der rechnerischen Richtigkeit der Additionen und Subtraktionen in mehrfacher Hinsicht: Es müssen nicht nur die Summen der Aktiva und Passiva der Bilanz identisch sein, auch die Summe sämtlicher Soll-Spalten muss der Summe sämtlicher HabenSpalten entsprechen. Soll- wie HabenSpalten wiederum müssen der Summe der absoluten Beträge der Buchungssätze entsprechen. Wenn diese Bedingungen in einer B. erfüllt sind, ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering, dass noch Rechenfehler vorliegen. Fehler können dann allerdings noch darin bestehen, dass auf falschen Konten gebucht wurde oder dass sich auf der Soll-Seite ein Fehler in gleicher Höhe wie auf der Haben-Seite eingeschlichen hat. 4. Ausgestaltung der kaufmännischen Buchhaltung Der Formalismus der doppelten k. B. vereinfacht die Delegation einzelner Teile der Buchhaltungstätigkeit. Das Aufstellen der Buchungssätze, die Buchungen auf den Konten und die Ermittlung der Endbestände, können wegen der im Formalismus enthaltenen Normung ohne große Probleme auf mehrere Personen übertragen werden. In der Praxis finden sich oft vielfältige Untergliederungen der B., beispielsweise die o Betriebsbuchhaltung, die B. der Anlagen oder die B. der Debitoren oder Kreditoren. Die Durchführung einer k. B. wirft weitere inhaltliche und organisatorische Fragen auf. Bei enger Begriffsabgrenzung werden diese Fragen nicht mehr der k. B., sondern bereits der Finanzberichtserstellung oder der Organisation zugerechnet. Der Vollständigkeit halber seien sie kurz erwähnt. Die organisatorische Ausgestaltung kann nicht unabhängig von der Zahl der zu

verarbeitenden Buchungen und der technischen sowie personellen Bewältigung der anfallenden Arbeiten erfolgen. Sowohl für die manuelle als auch für die maschinelle mechanische wie elektronische Durchführung existiert eine Vielzahl von Lösungsvorschlägen. Lit.: Buchner, R.: Buchführung und Jahresabschluss, 7. Aufl., 2005; Eisele, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, 7. Aufl., 2002; Heinhold, M.: Buchführung in Fallsbeispielen, 10. Aufl., 2006; Littkemann, J./Holtrup, M./Schulte, K.: Buchführung, 3. Aufl., 2006; Möller, H.P./Hüfner, B.: Buchführung und Finanzberichte – Grundlagen, Theorie und Anwendung, 3. Aufl., 2009; Wöhe, G./Kußmaul, H.: Grundzüge der Buchführung und Bilanztechnik, 6. Aufl., 2008. Hans Peter Möller Buchprüfer, vereidigter Berufsstand ähnlich dem der o Wirtschaftsprüfer. Nach § 129 Abs. 1 WPO haben v. B. die Aufgabe, „Prüfungen auf dem Gebiet des betrieblichen Rechnungswesens, insbesondere Buch- und Bilanzprüfungen, durchzuführen“. Sie dürfen allerdings nicht als o Abschlussprüfer für große Gesellschaften im Sinne des § 267 HGB (o Größenklassen) bestellt werden. Der Zugang zum Beruf des v. B. wurde durch die fünfte WPONovelle im Jahr 2004 geschlossen, so dass heute keine neuen v. B. mehr bestellt werden können. Buchwertabschreibung o Abschreibung, degressive Buchwertmethode o Kapitalkonsolidierung Budget Im Rahmen der o Budgetierung festgelegter Plan zur Steuerung von Ressourcen oder Potenzialen. Durch ein Ausgaben-B. bzw. Kosten-B. wird einer Organisationseinheit für einen genau spezifizierten Zeitraum ein Geldbetrag zur Ver159

Budgetierung fügung gestellt, mit dem diese bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auskommen muss. Budgetierung 1. Begriff und Kurzdefinition B. ist der Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollprozess zur Verteilung von spezifischen Verfügungsrechten in Organisationen mit wirtschaftlicher Zielsetzung. Das Ergebnis dieses Prozesses ist das Budget, welches vorgegeben oder vereinbart werden kann. Es umfasst eine bestimmte Menge von Objekten, meist monetär quantifiziert, bezieht sich auf einen bestimmten Zeitraum, wird für einen bestimmten Verantwortungsbereich aufgestellt und dient diesem als Handlungsrahmen. 2. Historische Entwicklung Der Begriff des Budgets entspringt dem lateinischen Wort bulga und dem altfranzösischen Wort bougette und bedeutet Ledersack bzw. kleine Geldtasche. Daher wurden die (Leder-)Mappen, in denen Unterlagen des englischen Staates aufbewahrt wurden, im 18. Jahrhundert als Budget bezeichnet. Dieser Begriff setzte sich im öffentlichen Sektor als Bezeichnung für den gesamten Staatshaushalt bzw. als Synonym für EinnahmenAusgaben-Pläne öffentlicher Haushalte durch. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts übertrug sich der Begriff des Budgets in die Privatwirtschaft. Zunächst wurde das Budget nur als Finanzplan in betrieblichen Teilgebieten verstanden, während sich der kameralistische Gedanke des Totalbudgets in Forschung und Praxis durchsetzte. 3. Konkretisierung Aufgrund der fehlenden regulatorischen Beschränkungen bezüglich Budgets oder der B. existiert eine Vielzahl von Interpretationen dieser Begriffe. In der Regel werden Budgets als Pläne interpretiert, wobei kurz- bis mittelfristige Pläne in diesem Zusammenhang oft eine explizite 160

Verbindung der B. mit der Unternehmensstrategie fordern und bei langfristigen Plänen von strategischer B. gesprochen wird. Der kurzfristigeren B. wird dabei der Vorteil zugesprochen, flexibler auf eine dynamische Umwelt reagieren zu können, während eine langfristige B. den Beteiligten Sicherheit bieten kann und den laufenden Planungsaufwand geringer hält. Die konkrete Aufgabenplanung soll immer dann vor Fixierung des Budgets erfolgen, wenn die zu erfüllenden Aufgaben bekannt sind. Sind die Aufgaben jedoch unbekannt oder fakultativ und stehen abstraktere Ziele im Vordergrund, so sind die Budgets vorher festzulegen. Die Dimension eines Budgets ist in aller Regel eine monetäre Größe: Am häufigsten verbreitet sind Kostenbudgets, gefolgt von Umsatz- oder Gewinnbudgets. Der Begriff der B. leitet sich direkt aus dem Budgetbegriff ab und wird häufig synonym mit dem Begriff des B.Prozesses verwendet. Dieser sich i.d.R. wiederholende Prozess wird als Kreislauf oder permanenter Prozess charakterisiert. Grundsätzlich beschreibt der B.-Prozess im engeren Sinne Prozesse, die ein Budget konstituieren und/oder Prozesse, die aus einem Budget folgen. Im weiteren Sinne wird die Handlungsphase, also die Prozesse zur Erfüllung von Budgets, in die Betrachtung eingeschlossen. Das B.-System ist die Institution, die ein Budget hervorbringt und die Träger der Funktionen der B. ist. Das B.-System gibt den Rahmen der B. vor. Die grundlegenden Elemente eines B.-Systems sind seine Reichweite, d.h. der Umfang des Systems, und der Grad der Abdeckung der Organisation, d.h. welche Teilbereiche abgedeckt werden sollen und wie diese voneinander abgegrenzt werden. Dabei werden die unmittelbar am B.Prozess beteiligten organisatorischen Einheiten konkretisiert. Es wird unterschieden zwischen Budgetnehmer und

Budgetierung Budgetgeber. Der Budgetgeber legt ein Budget und seine Parameter verbindlich fest. Andere Parteien können an diesem Prozess partizipieren. Bei geringer Partizipation des Budgetnehmers wird von einer Top-Down B. gesprochen, die einerseits eine hohe Koordinationswirkung hat, andererseits aber demotivierend auf Budgetnehmer wirken kann. Eine Bottom-Up B. hingegen kann zwar das Know-How der Budgetnehmer einbeziehen und motivierend wirken, hat aber dementsprechend eine weniger stark koordinierende Wirkung. Das Gegenstromverfahren ist eine Mischform beider Ausprägungen der B., das von einer Budgetvorgabe der Unternehmensführung ausgeht, die anschließend von den hierarchisch untergeordneten Ebenen konkretisiert wird, um letztendlich wieder an die Führungsinstanz kommuniziert und dort angepasst oder bestätigt zu werden. Das Gegenstromverfahren kombiniert die Vorteile der Top-Down- und Bottom-Up-Verfahren, als erheblicher Nachteil sind jedoch der hohe Ressourcenaufwand und der langwierige B.Prozess zu sehen. Der Budgetgeber ist nach der Festlegung des Budgets mittelbar und teilweise unmittelbar an den folgenden Phasen der B. beteiligt und gibt die hierarchische Legitimation zur Realisierung der mit der B. verfolgten Ziele. Dem Budgetnehmer dient das Budget als Rahmen für operative Handlungen zur Erreichung des Budgetziels. Im Fall der Begrenzung nach oben (bei Kostenbudgets) dient es in erster Linie als Abgrenzung des Kompetenzrahmens des Budgetnehmers, im Falle der Begrenzung nach unten (bei Umsatzbudgets) als Orientierungspunkt und Zielsetzung im Sinne des „Führens durch Ziele“. 4. Funktionen Die Funktionen der B. werden in planungssystembezogene und verhaltensorientierte Funktionen unterteilt, wobei

nicht alle Funktionen überschneidungsfrei kategorisiert werden können. a) Planungssystembezogene Funktionen. Die planungssystembezogenen Funktionen beziehen sich auf organisatorisch-formale Aspekte der B. Die Koordinationsfunktion reduziert die Komplexität und stimmt die Ziele organisatorischer Teileinheiten aufeinander ab. Sie umfasst die Kodierungs-, Allokationsund Prognosefunktion. Die Kodierungsfunktion gibt einen einheitlichen, monetären Maßstab vor und reduziert damit die Vielschichtigkeit der Bewertungsdimensionen. Sie ist darüber hinaus die Voraussetzung für die Dokumentation der B. Die Allokationsfunktion sorgt für die Zuordnung von Zielen oder Ressourcen, um die Komplexität für jede organisatorische Einheit durch Vorgaben zu strukturieren. Die Prognosefunktion liefert Planungsgrundlagen und expliziert bzw. reduziert Unsicherheiten im Planungsprozess. Durch Antizipation zukünftiger Entwicklungen trägt sie zur Abstimmung der Ziel- und Ressourcenzuordnung bei. Die Prognosefunktion umfasst implizit die Liquiditätssicherungsfunktion durch Abgabe von Prognosen zukünftiger Größen des internen und externen Rechnungswesens wie etwa Umsatz oder Gewinn. Die Kontrollfunktion kann sowohl den planungssystembezogenen, wie auch den verhaltensorientierten Funktionen zugeordnet werden. Sie ist einerseits Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit eines Budgets, andererseits essentiell für die Erhebung von Effektivität und Effizienz von Maßnahmen. Die Kontrollfunktion ist als Lieferant objektiver Ist-Daten die Grundlage für die Legitimierung der Ausführung der Budgetkonsequenz. Durch Aufzeigen von Handlungsbedarfen und Ermöglichung von Lernprozessen besitzt die Kontrollfunktion auch verhaltensorientierte Eigenschaften. 161

Budgetierung b) Verhaltensorientierten Funktionen. Die verhaltensorientierten Funktionen beziehen sich primär auf das Verhalten eines Individuums oder einer organisatorischen Einheit und bestehen aus der Kompetenzzuweisungs- und Informationsfunktion. Die Kompetenzzuweisungsfunktion vermindert die mit einer unbegrenzten Dezentralisierung verbundene Unsicherheit für hierarchisch übergeordnete und untergeordnete Organisationseinheiten. Dies geschieht durch Dimensionierung und Begrenzung der Handlungsspielräume der Budgetnehmer und durch Zuweisung von Kompetenzrahmen in Form von konkreten Entscheidungsund Handlungslegitimation. Die Wirkung der Kompetenzzuweisungsfunktion ist abhängig von dem Ausmaß der mit einem Budget vermittelten Vorgaben, welche von abstrakten quantifizierten Plangrößen bis hin zu konkreten Maßnahmen variieren. Die Ausrichtungsfunktion, Beurteilungsfunktion und Motivationsfunktion sind Informationsfunktionen, die dazu dienen, Informationen innerhalb eines Unternehmens zu transportieren. Die Ausrichtungsfunktion beschreibt den Beitrag der B. auf das Verhalten von organisatorischen Einheiten, die Akteure innerhalb der Unternehmensorganisation auf bestimmte Ziele auszurichten. Darüber hinaus können Budgets auch zur Leistungsbeurteilung, und damit beispielsweise als Grundlage von Beförderungsentscheidungen, dienen. In diesem Kontext erfüllen Budgets eine Beurteilungsfunktion. Davon abgeleitet entsteht die Motivationsfunktion. Organisatorische Einheiten werden motiviert, ihr Budget zu erfüllen um ein angemessenes Leistungsniveau zu erreichen. Diese Motivationsfunktion ist dann verstärkt gegeben, wenn die Budgetkonsequenz die organisatorischen Einheiten direkt betrifft und für diese von wesentlicher Bedeutung ist, z.B. bei leistungsabhängiger Entlohnung. 162

5. Phasen Der B.-Prozess im weiteren Sinne wird in einzelne Teilphasen unterteilt. Der Kreislauf beginnt mit der Planungsphase, die alle Prozesse umfasst, die zur Erstellung eines Budgets benötigt werden. Darunter wird das verfolgte Ziel (-bündel) festgelegt oder abgeleitet und der Kompetenz- und Zeitrahmen, der Verbindlichkeitsgrad und die Höhe des Budgets der verantwortlichen organisatorischen Einheiten fixiert. Der Planungsprozess ist in der Praxis durch den Abstimmungsbedarf und hierarchische Rückkopplungen geprägt und damit unternehmensindividuell. Mit diesen Informationen kann in der Planungsphase bereits die Planung der Kontrolle des Budgets stattfinden. Nach Festlegung der Parameter der B. vermittelt die Kommunikationsphase zwischen Budgetgebern und Budgetnehmern. In dieser Phase werden die Transparenz der Kommunikation bestimmt, die Adressatenkreise und die Kommunikationsfrequenz festgelegt. Wie die Planungsphase kann auch die Kommunikationsphase parallel zu den nachfolgenden Phasen laufen, wobei die Planungsphase bei einem hohen Grad der Partizipation auch Aufgaben der Kommunikationsphase übernehmen kann. Die Handlungsphase umfasst alle auf die Erfüllung des Budgets ausgerichteten Tätigkeiten der budgetnehmenden Organisationseinheit, die nach der Kommunikation des Budgets und vor der Endkontrolle verrichtet werden. Dazu gehören die Wahrnehmung des Kompetenzrahmens, die Planung von Maßnahmen und deren Erfolgskontrolle sowie die Reaktion auf Ereignisse innerhalb der Handlungsphase. Darüber hinaus können Zwischenkontrollen unmittelbar durch den Budgetgeber oder mittelbar durch das o Controlling Reaktionen der budgetnehmenden organisatorischen Einheit hervorrufen.

Budgetierung Ebenso wird durch die Kontrollen ersichtlich, ob die in der formalisierten Budgetvereinbarung festgeschriebenen Vorgaben auch tatsächlich auf die erwartete Art und Weise gemessen werden. Die Kontrollphase beginnt erst mit dem Ende der Handlungsphase und damit dem Ende des formalisierten B.-Zeitraums. Bevor die eigentliche Kontrolle der Budgetparameter stattfindet, muss die Datengrundlage festgelegt werden. Neben dem Budget ist für die nächste Phase – die Bewertung – ggf. eine Erhebung der relevanten Umweltbedingungen und der von der budgetnehmenden Organisationseinheit durchgeführten Maßnahmen sinnvoll. Die Kontrolle kann entweder direkt durch den Budgetgeber oder indirekt durch eine dritte Partei durchgeführt werden. Abhängig vom jeweiligen Kontext kann beispielsweise das Controlling oder die Revision diese Aufgabe übernehmen. Die Grundlage für die Bewertungsphase ist der im Rahmen der Kontrollphase erhobene Ist-Zustand. In der Bewertungsphase wird ein qualitativer und/oder quantitativer Soll-Ist-Vergleich durchgeführt, auf dem die Abweichungsaufspaltung und kausale Zuordnung basiert (o Abweichungsanalyse). Darüber hinaus erlaubt das Feedback die Rückkopplung des bewerteten B.-Erfolges zum Budgetnehmer. Die Steuerungsphase der B. bezeichnet die Reaktion des B.-Systems oder seiner Elemente auf die Erfahrungen der B.Praxis. Dabei ist zwischen Änderungen des B.-Systems selbst und Ausführung der Budgetkonsequenz, die beispielsweise in das im Rahmen der Planungsphase der budgetnehmenden Organisation überlassene Kompetenzfeld eingreift, zu differenzieren. 6. Weiterentwicklung der Budgetierung Die klassische B. wurde in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund mangelnder

Flexibilität und hoher Zeit- und Kostenintensität stark kritisiert, so dass in der Praxis Weiterentwicklungen der B. stattgefunden haben. Darunter fallen Konzepte wie das Zero-Based-Budgeting, Beyond Budgeting und zuletzt das Better Budgeting (bzw. Advanced Budgeting). Der Ansatz des Zero-Based-Budgeting, das zwar eine Weiterentwicklung der B. darstellt, diese aber nicht ersetzen kann, fokussiert die oft in der Praxis beobachtete Tendenz, Budgets fortzuschreiben und so eine zielsetzungsgerechte Planung zu unterminieren. Das Instrument abstrahiert weitgehend von vorhandenen Strukturen und soll helfen, alternative Handlungsmöglichkeiten effektiv und effizient zu bewerten. Dabei werden Aktivitäten zu „Entscheidungspaketen“ separiert, diese werden in eine Prioritätenrangfolge gebracht und anschließend so lange umgesetzt, bis die vorhandenen Ressourcen erschöpft sind. Zwar hat sich dieses Vorgehen in der Praxis als zielführend erwiesen, es benötigt jedoch in vielen Situationen unverhältnismäßig viele Ressourcen und verlangt von Mitarbeitern besondere planerische Kompetenzen sowie die Erfassung umfangreicher Informationen. Das Beyond Budgeting hat zum Ziel, von Budgets generell zu abstrahieren und damit die Schwächen der traditionellen B. zu vermeiden. Als Ersatz der B. wird die Anwendung der Beyond Budgeting Prinzipien empfohlen: Der Verzicht auf starre Budgets und stattdessen eine Orientierung an dynamischen Benchmarks, der Rückgriff auf individuelle Anreizsysteme, die Erfolg nicht auf Basis von Budgets, sondern primär auf einen expost zu beurteilenden Leistungsbeitrag definieren und schließlich soll die traditionelle Inputorientierung durch eine Outputorientierung ersetzt werden, die im Rahmen einer Prozessbetrachtung Leistungsbeiträge genauer messen soll. Mit diesen Prinzipien geht eine weitge163

Bürgschaft hende Dezentralisierung einher, die individuelle Verantwortung stärken soll. Für die Implementierung des Beyond Budgeting ist ein hoher Qualifikationsgrad der Mitarbeiter, ein hohes Bewusstsein der betrieblichen Umwelt sowie Vertrauen in die Mitarbeiter erforderlich.

Outputorientierung, in: Controlling 2001, S. 429-436; Greiner, O.: Strategiegerechte Budgetierung, 2004; Horváth, P.: Controlling, 11. Aufl., 2008; Küpper, H.-U.: Controlling: Konzeption, Aufgaben und Instrumente, 5. Aufl., 2008; Wömpener, A.: Behavioral Budgeting, 2008.

Besonders das Better Budgeting ist häufig in der Praxis vorzufinden. Es ist kein unabhängiges System, sondern soll das vorhandene B.-System optimieren. Dabei können acht Prinzipen ausgemacht werden: 1. Budgets sollen grundsätzlich dynamisch an Umfeldfaktoren gekoppelt werden. 2. Relative Leistungsgrößen sollen stärker als finanzielle Kennzahlen zur Unternehmenssteuerung genutzt werden. 3. Eine Beschränkung auf bestimmte Bereiche soll zu Gunsten einer Verbundbetrachtung vermieden werden. 4. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse unter Einbezug der Mitarbeiter sollen helfen, die Verantwortung des Einzelnen hervorzuheben. 5. Analog zum Beyond Budgeting soll eine eher output- statt inputbezogene Sichtweise eingenommen werden. 6. Kostenziele sollen durch Benchmarkziele ersetzt werden, so dass letztere der Dynamik des Umfeldes ebenfalls ausgesetzt sind. 7. Die B. soll nicht ausschließlich auf Geschäftsjahre bezogen sein, sondern rollierend erfolgen, um Umweltentwicklungen aufnehmen zu können. Schließlich soll 8. die strategische B. direkt in die operative B. einfließen, so dass sich die Unternehmensziele in den operativen Vorgaben widerspiegeln. Durch die Berücksichtigung dieser Prinzipien wird die Effizienz des B.Prozesses bei gleichen Rahmenbedingungen verbessert und die restringierte Kapazität des Managements optimaler genutzt.

Wolfgang Berens/ Andreas Wömpener

Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Gleich, R./Kopp, J.: 164

Bürgschaft Ein grundsätzlich schriftlich abzuschließender Vertrag, durch den sich der Bürge verpflichtet, gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners für die Rückzahlung einer Verbindlichkeit einzustehen. B. sind vom bürgenden Unternehmen im o Jahresabschluss unter den o Eventualverbindlichkeiten auszuweisen. B. werden häufig im o Konzern von dem Mutterunternehmen gegenüber den Gläubigern von Tochterunternehmen abgegeben. Bundesanzeigerpublizität o Publizität Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 1. Grundlagen Die B. ist eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts, welche der Rechtsund Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen untersteht und 2002 mit dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) durch Zusammenlegung der bisherigen Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel geschaffen wurde. Aufgabe der B. ist die Aufsicht über Banken, Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel, mit dem Ziel der Sicherung von Funktionsfähigkeit und Stabilität des deutschen Kapitalmarkts. Die Finanzierung des Budgets von über 130 Mio. € erfolgt unabhängig vom Bundeshaushalt aus Gebühren für Amtshandlungen, wie z.B. die Hinterlegung von WertpapierVerkaufsprospekten, und einer von den

Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAW) beaufsichtigten Banken, Finanzdienstleistern und Versicherern getragenen Umlage. Die mehr als 1.800 Mitarbeiter der B. überwachen ca. 2.000 Banken, 700 Finanzdienstleister und mehr als 600 Versicherungsunternehmen. Dienstsitze sind Bonn und Frankfurt am Main. 2. Aufgaben und Kompetenzen a) Bankenaufsicht. Die B. hat die fachliche Eignung und persönliche Zuverlässigkeit der Mitglieder von Vorstand, Aufsichts- und Verwaltungsorganen der Institute zu überwachen sowie im Rahmen der Solvenzaufsicht auf eine angemessene Eigenkapitalausstattung und ausreichende Zahlungsfähigkeit der Banken und Finanzdienstleister zu achten. Bei Verletzung oder drohender Nichteinhaltung der Vorgaben hinsichtlich Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung kann die B. Maßnahmen, wie z.B. ein Gewinnausschüttungsverbot, verhängen. Zudem ist es ihre Aufgabe im Insolvenzfall eines Institutes den Entschädigungsfall festzustellen, so dass eine Entschädigung der Anleger erfolgen kann. Bei drohender Illiquidität eines Instituts kann die B. direkt in dessen Geschäft eingreifen und z.B. Zahlungen an verbundene o Konzernunternehmen verbieten. b) Versicherungsaufsicht. Neben der Überprüfung der fachlichen und persönlichen Eignung der Vorstände und Aufsichtsräte der Versicherungsunternehmen wird insb. die risikogerechte Kapitalanlage der Versicherer überwacht. Dabei wird kontrolliert, ob die Unternehmen das Kapital sicher und rentabel anlegen. c) Wertpapieraufsicht. Die B. überwacht die Einhaltung der Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), d.h. sie hat Insiderhandel und Marktpreismanipulationen aufzudecken und zu verhindern. Zudem beaufsichtigt sie die Einhaltung der Veröffentlichungspflichten von börsennotierten Unternehmen, wie z.B. Ad-hoc-Mitteilungen und Finanzberichte, sowie von Aktionären, die beispielsweise

über den Besitz von bedeutenden Anteilen an einer börsennotierten Aktiengesellschaft berichten müssen. Darüber hinaus ist es ihre Aufgabe zu kontrollieren, ob Prospekte für Wertpapiere die erforderlichen Mindestinformationen enthalten. Außerdem überwacht die B. im Rahmen des zweistufigen Enforcement-Verfahrens (o Anerkennungsverfahren) in Deutschland als übergeordnete Instanz in Zusammenarbeit mit der privatrechtlich organisierten o Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen. 3. Organisation und Gremien Die Leitung der B. erfolgt durch das Direktorium, welches aus dem Präsidenten, der vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt wird, sowie den vier Exekutivdirektoren besteht. Die Exekutivdirektoren stehen den vier Aufsichtssäulen Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht, Wertpapieraufsicht sowie Querschnittsaufgaben vor. Der Verwaltungsrat, der sich aus Vertretern der Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Justiz, des Bundestages und der beaufsichtigten Finanzmarktsektoren zusammensetzt, überwacht die Geschäftsführung der B. und entscheidet über ihren Etat. Zudem existieren weitere Beiräte in denen Vertreter von Ministerien und Sachverständige aus Wissenschaft und Wirtschaft die B. beraten. Lit.: Hagemeister, H.: Die neue Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in: WM 2002, S. 1773-1812; Rosen, R.: Allfinanzaufsicht, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2002, S. 634-635; Frach, L.: Finanzaufsicht in Deutschland und Großbritannien, 2008. Sebastian Riemenschneider Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAW) 1994 mit dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz geschaffene Bundesober165

Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e.V. (BVBC) behörde im Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. 2002 in der o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aufgegangen. Das BAW hatte die Aufgabe, den Missbrauch von Insiderinformationen zu verhindern bzw. aufzudecken, die o Ad-hocPublizität und die weiteren im WpHG kodifizierten Melde- und Informationspflichten börsennotierter Unternehmen zu überwachen und die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Börsenaufsicht wahrzunehmen. Lit.: Claussen, C.P.: Das neue Börsenaufsichtsrecht, in: DB 1994, S. 969-974. Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e.V. (BVBC) 1976 gegründet als Bundesverband der Bilanzbuchhalter e.V. (BVBB); Umbenennung im Jahr 1994. Der BVBC vertritt die wirtschaftlichen und berufspolitischen Interessen seiner Mitglieder und fördert die berufsspezifische Aus- und Fortbildung. Bundesverband der vereidigten Buchprüfer e.V. (BvB) 1986 wieder gegründete Fachorganisation und berufsständische Vertretung der vereidigten o Buchprüfer und o Buchprüfungsgesellschaften mit Sitz in Düsseldorf; bis 2004 enge Zusammenarbeit mit dem o Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW); nach zwischenzeitlicher Umbenennung in o Abschlussprüferverband e.V. 2010 aufgelöst. BvB = o Bundesverband der vereidigten Buchprüfer e.V. BVBC = o Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e.V.

166

C Call-Option (Kaufoption) o Option Capital Asset Pricing Model (CAPM) 1. Einführung Das CAPM stellt ein Erklärungsmodell für die auf einem (semi-)vollkommenen Kapitalmarkt im Gleichgewicht vollzogene Marktpreisbildung von Wertpapieren dar. In Theorie und Praxis kommt das CAPM insb. zur kapitalmarktorientierten Ableitung von (Eigen-) o Kapitalkosten bei der o Unternehmensbewertung bzw. in Verfahren der o dynamischen Investitionsrechnung zum Einsatz. Die sich aus dem CAPM ergebenden Eigenkapitalkosten finden zudem Eingang in den laut o Shareholder Value-Konzept nach Rappaport maßgeblichen gewichteten Kostensatz aus Fremd- und o Eigenkapital. Das CAPM gilt als klassischer Ansatz der Kapitalmarkttheorie. Es wurde von Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) unabhängig voneinander entwickelt und in die Literatur eingeführt. 2. Annahmen Das CAPM kann als Weiterentwicklung der normativen Portfolio-Selection-Theorie von Markowitz verstanden werden (Markowitz, 1952; 1959). Es erweitert die dort vorausgesetzten Rationalitätspostulate an das Verhalten von Anlegern in Wertpapierportfolios und basiert auf folgenden Annahmen: – Der Kapitalmarkt ist „semi-vollkommen“, er weist im Gegensatz zum vollkommenen Kapitalmarkt somit die „kleine Unvollkommenheit“ auf, dass nur eine gegebene endliche Menge marktfähiger Wertpapiere zwischen den Anlegern gehandelt wird. – Es besteht die Möglichkeit der Anlage bzw. Verschuldung zu einem risikolosen Zinssatz, von der alle Anleger in beliebigem Umfang Gebrauch machen können.

– Die Erwartungen der Anleger in Bezug auf Erwartungswert, Varianz (bzw. Standardabweichung) und Kovarianz der Wertpapierrenditen sind homogen. – Der Planungshorizont erstreckt sich über eine Periode. – Die Anleger sind risikoavers und lassen sich bei der Portfoliowahl vom Erwartungswert μ und der Standardabweichung σ der Wertpapierportfoliorenditen leiten (Entscheidungen auf Grundlage des μ-σ-Prinzips). – Die Mischung nicht vollständig positiv korrelierter Wertpapiere in einem Portfolio hat eine Reduktion des Gesamtrisikos der Wertpapieranlage zur Folge (Risikominderung durch Diversifikation). 3. Konsequenzen aus den Annahmen a) Tobin-Separation. Das Annahmengerüst der Portfolio-Selection-Theorie stellt sicher, dass unabhängig vom Grad der Risikoaversion der Anleger nur bestimmte Wertpapierportfolios zulässig sind. Alle diese risikoeffizienten Portfolios befinden sich auf einer konvexen Linie im μ-σ-Diagramm, der sog. Effizienzkurve. Welches Portfolio auf der Effizienzkurve von einem Anleger jedoch tatsächlich gewählt wird, hängt vom Grad seiner Risikoaversion ab. Wird jedoch die Möglichkeit zur Anlage bzw. Verschuldung zum risikolosen Zins (rs) eingeräumt, wird ein Anleger unabhängig vom Grad seiner Risikoaversion nur noch ein bestimmtes Portfolio (μ*,σ*) an risikobehafteten Wertpapieren auf der Effizienzkurve wählen. Mit anderen Worten: In diesem Fall sind die wertmäßigen Anteile seines Engagements in den einzelnen Wertpapieren am insgesamt riskant investierten Vermögen, dessen monetäre Struktur also, bereits eindeutig bestimmt. Die individuelle Risikoneigung spiegelt sich lediglich im Anteil der risikolosen Anlage des investierten Vermögens wider, wobei dieser 167

Capital Asset Pricing Model (CAPM)

Anteil mit zunehmender Risikoaversion steigt. Alle aus Anlegersicht effizienten Investitionsmöglichkeiten stellen demnach Kombinationen aus risikoloser Anlage/Verschuldung und dem Wertpapierportfolio (μ*,σ*) dar. Sie liegen alle auf einer Tangentialhalbgeraden zur vormaligen Effizienzkurve. Die Tatsache, dass die Teilentscheidungen zur monetären Struktur der risikobehafteten Wertpapiere und der Aufteilung des Anlagevermögens in ein riskantes und ein risikoloses Engagement voneinander trennbar sind, wird als Tobin-Separation bezeichnet. b) Universelle Separation und Kapitalmarktlinie. Die Aussage der TobinSeparation bezieht sich zunächst allein auf die Anlegeentscheidung eines beliebigen einzelnen Anlegers. Liegen jedoch homogene Anlegererwartungen vor, schätzen sämtliche Marktteilnehmer die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Renditen aller Wertpapiere gleich ein. Konsequenterweise stimmen damit auch die Ansichten aller Anleger zum Verlauf der Effizienzkurve bzw. – bei Existenz einer Möglichkeit zu risikoloser Anlage/Verschuldung – der Tangentialhalbgerade mit den risikoeffizienten Wertpapierportfolios überein. Die optimale wertmäßige Struktur des Engagements in risikobehaftete Wertpapiere ist demnach für alle Kapitalmarktteilnehmer identisch. Diese Übertragung der (anlegerindividuellen) Tobin-Separation auf die Marktebene wird als universelle Separation bezeichnet. Die universelle Separation hat unmittelbare Konsequenzen für die im Kapitalmarktgleichgewicht vorliegende Struktur des Wertpapierportfolios (μ*,σ*). Im Kapitalmarktgleichgewicht muss die Gesamtnachfrage nach risikobehafteten Wertpapieren deren Gesamtangebot entsprechen. Letzteres wird auch als Marktportfolio (μM,σM) bezeichnet. Infolge der universellen Separation muss im Kapitalmarktgleichgewicht notwendigerweise 168

eine strukturelle Identität zwischen dem Wertpapierportfolio (μ*,σ*) und dem Marktportfolio vorliegen. Vor diesem Hintergrund gelangt man zur Darstellung der im Kapitalmarktgleichgewicht maßgeblichen Effizienzlinie aus Sicht aller Marktteilnehmer (Abbildung 1). Sie wird nach Sharpe (1964) als Kapitalmarktlinie bezeichnet und verläuft von Punkt (rs;0) startend durch das Marktportfolio (μM,σM). μi

M

μM

Kapitalmarktlinie Effizienzkurve (gem. Portfolio-SelectionTheorie)

rs

σM

0

σi

Abb. 1: Kapitalmarktlinie und Effizienzkurve

Die Kapitalmarktlinie stellt den funktionalen Zusammenhang zwischen der Renditeerwartung und der Standardabweichung jedes beliebigen, im Kapitalmarktgleichgewicht (μ,σ)-effizienten Wertpapierportfolios i (μi) dar und wird formal beschrieben als:

Pi

rs 

P M  rs Vi . VM

(1)

Die Renditeerwartung an ein Wertpapierportfolio i ergibt sich gemäß Gleichung (1) als Summe aus risikolosem Zinssatz rs und einem Produkt, das einerseits aus dem durch die Standardabweichung gemessenen Risiko von i (σi) und andererseits aus der über das Halten des Marktportfolios erzielbaren Risikoprämie (μM-rs) je Risikoeinheit σM besteht. Der Ausdruck (μM-rs)/σM wird als der im Kapitalmarktgleichgewicht maßgebliche „Marktpreis des Risikos“ bezeichnet. c) Wertpapiermarktlinie. Die Kapitalmarktlinie lässt keine Aussage über den Beitrag eines einzelnen Wertpapiers zur Renditeforderung bei Halten des Marktportfolios zu. Einen solchen Zu-

Capital Asset Pricing Model (CAPM)

sammenhang stellt die sog. Wertpapiermarktlinie her. Sie stellt das eigentliche CAPM dar und bestimmt die Renditeerwartung an ein einzelnes im Kapitalmarktgleichgewicht befindliches Wertpapier j (μj) durch folgenden formalen Zusammenhang:

Pj

rs  ( P M  rs )

rs  (PM  rs ) ß j .

Cov(r j , rM )

V M2

(2a)

μj Wertpapiermarktlinie

μM rs

0

1

ßj

Abb. 2: Wertpapiermarktlinie

(2b)

Die Renditeerwartung an das Wertpapier j entspricht gemäß Gleichung (2a) der Summe aus risikolosem Zinssatz rs und der Marktrisikoprämie (μM-rs) multipliziert mit dem Verhältnis aus der Kovarianz zwischen den Renditen von j und dem Marktportfolio M (Cov(rj,rM)) und der Varianz des Marktportfolios (σM2). In Gleichung (2b) wird dieses Verhältnis als ß-Faktor von Wertpapier j (ßj) dargestellt. Der ß-Faktor erfasst ausschließlich den systematischen Risikobeitrag eines Wertpapiers, d.h. denjenigen Teil seines Gesamtrisikos, der durch Diversifikation im Marktportfolio nicht ausgeschaltet werden kann. Er kann als Maß für die Volatilität eines Wertpapiers im Vergleich zum Gesamtmarkt interpretiert werden. Bei einem Wert größer 1 schwankt das Papier stärker als der Markt. Die Renditeerwartung liegt folglich über derjenigen des Marktportfolios. Im Fall einer Investition zum risikolosen Zins besteht keine Abhängigkeit zur Entwicklung des Gesamtmarktes. Der ß-Faktor beträgt folglich 0. Entwickeln sich Wertpapierrendite und Rendite des Marktportfolios gegenläufig, wird der Wert des ß-Faktors negativ. Die Renditeerwartung an ein solches Wertpapier liegt entsprechend unterhalb der Renditeerwartung des risikolosen Zinssatzes. Abbildung 2 stellt diesen Zusammenhang zwischen systematischem Risiko und erwarteter Wertpapierrendite graphisch dar.

Da jedes Wertpapier Bestandteil des Marktportfolios ist, kann das Risiko des Marktportfolios wiederum als gewogenes Mittel der systematischen Risikobeiträge aller Wertpapiere bzw. additiv aus den mit den wertmäßigen Anteilen der einzelnen Wertpapiere am Marktportfolio gewichteten Risikobeiträgen berechnet werden. 4. Kritik Trotz seiner großen Bedeutung für Theorie und Praxis ist das CAPM Gegenstand schwerwiegender Kritik. Anlass hierzu geben zum einen die sehr restriktiven Annahmen, auf denen seine Aussagen basieren. Um diese zumindest teilweise aufzuheben, wurden zahlreiche Modellvarianten erarbeitet. Sie versuchen, das CAPM z.B. auch bei fehlender Möglichkeit zu risikoloser Anlage/Verschuldung, der Existenz von Kapitalmarktunvollkommenheiten (z.B. o Steuern) oder im Fall mehrperiodiger (Real-)Investitionsprojekte nutzbar zu machen (einen Überblick auf die bestehenden Modellvarianten liefert z.B. Breuer, 2001). Einen weiteren Ansatzpunkt für Kritik bietet die mangelhafte empirische Bestätigung des CAPM Die empirischen Tests des CAPM bis Ende der 1970er Jahre bestätigten zwar den postulierten positiven linearen Zusammenhang zwischen Renditeerwartung und systematischem Risiko, weisen diesem jedoch einen flacheren Verlauf zu als vom CAPM vorgeschlagen. Mit anderen Worten lassen sie den Schluss zu, dass das CAPM die Ren169

Capital Budgeting

diteerwartung bei geringem (hohem) Wertpapierrisiko systematisch unterschätzt (überschätzt). Trotz der damit verbundenen Schwächung der Aussagekraft bestätigten sie den ß-Faktor als maßgeblichen Treiber der an ein Wertpapier gestellten Renditeerwartung. Diese zentrale Aussage wurde durch die Ergebnisse empirischer Tests seit Ende der 70er Jahre zunehmend in Frage gestellt. Diese bestätigten erstmals den Einfluss unternehmensinterner (und damit nichtsystematischer) Faktoren (wie z.B. der Marktkapitalisierung oder des BuchwertMarktwert-Verhältnisses) auf die Höhe der erwarteten Wertpapierrenditen. Dies wiederum regte den Einsatz alternativer Bewertungsmodelle wie der Arbitrage Pricing Theorie (Ross, 1976) und die Entwicklung weiterer Modelle wie dem Drei-Faktoren-Modell (Fama/French, 1993) zur Erklärung erwarteter Wertpapierrenditen an. Der anhaltenden Kritik zum Trotz hält die Praxis vorwiegend am Einsatz des CAPM in seiner ursprünglichen Form fest. Dies mag an seinem guten Kompromiss aus modelltheoretischer Geschlossenheit und vergleichsweise einfacher praktischer Anwendbarkeit liegen. Eine Verbesserung desselben ist durch die bislang verfügbaren Alternativen aus praktischer Sicht offenbar noch nicht gelungen. Lit.: Breuer, W.: Investition II – Entscheidungen bei Risiko, 2001, S. 386436; Fama, E.F./French, K.R.: Common Risk Factors in the Returns on Stocks and Bonds, in: JFE 1993, S. 3-56; Lintner, J.: The Valuation of Risk Assets and the Selection of Risky Investments in Stock Portfolios and Capital Budgets, in: Review of Economics and Statistics 1965, S. 13-37; Markowitz, H.M.: Portfolio Selection, in: JoF 1952, S. 77-99; Markowitz, H.M.: Portfolio Selection: Efficient Diversification of Investments, 1959; Mossin, J.: Equilibrium in a Capi170

tal Asset Market, in: Econometrica 1966, S. 768-783; Ross, S.A.: The Arbitrage Theory of Capital Asset Pricing, in: JET 1976, S. 341-360; Sharpe, W.F.: Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk, in: JoF 1964, S. 425-442. Maximilian Lauerbach Capital Budgeting In der englischsprachigen Literatur übliche Bezeichnung für Methoden der o Investitionsplanung und o Investitionsrechnung, auf deren Grundlage die Kapitalzuteilung für Investitionen erfolgt. C. wird oftmals als ein Teilbereich des o Management Accounting gesehen. CAPM = o Capital Asset Pricing Model Cash-burn Rate Kennzahl, die insb. während des InternetBooms in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre bei der Beurteilung junger Unternehmen mit (noch) negativem o Cashflow größere Beachtung fand. Die C. wird üblicherweise als Geldbetrag angegeben und entspricht dann der Verringerung der Zahlungsmittel pro Monat. In Relation zum Zahlungsmittelbestand am Periodenanfang ergibt sich die prozentuale Verringerung. Der Kehrwert dieser Größe kann als der Zeitraum interpretiert werden, für den die noch vorhandenen Zahlungsmittel bei konstanter C. noch ausreichen. Cash Generating Unit (CGU) = o Zahlungsmittelgenerierende Einheit Cash Value Added (CVA) Spezielle Form des o Residualgewinns, bei dem der operative Cashflow (vereinfacht: o EBITDA) einem Soll-Cashflow gegenübergestellt wird, der sich als o Annuität aus den o Anschaffungs-/ Herstellungskosten (AHK) der Vermögenswerte abzüglich nicht verzinslicher Verbindlichkeiten ergibt. Diese Annuität kann in eine Zins- und eine Abschrei-

Cashflow

bungskomponente aufgespalten werden (o Annuitätenabschreibung). In der von der Boston Consulting Group vorgeschlagenen Variante des CVA wird die Annuität wie folgt aufgespalten: Zinsen werden in jeder Periode auf das mit AHK bewertete Vermögen berechnet. Als Abschreibungskomponente wird derjenige Betrag ausgewiesen, der jährlich auf einem mit dem Kalkulationszinsfuß verzinsten Konto eingezahlt werden müsste, um bis zum Ende der Nutzungsdauer genau den abschreibbaren Teil der AHK wiederzugewinnen. Technisch wird dieser Betrag durch Multiplikation des zu verteilende Betrags mit dem o Rückwärtsverteilungsfaktor ermittelt. Die Vorgehensweise entspricht einem Bruttoausweis von AHK und kumulierter Abschreibung unter Berücksichtigung von Zinseffekten. Empfohlenes Einsatzgebiet des CVA ist insb. die unternehmenswertorientierte Performancebeurteilung von Geschäftsbereichen. Praktische Anwendung als Spitzenkennzahl eines Steuerungssystems findet der CVA u.a. bei der Bayer AG, bei der Lufthansa AG und bei der Robert Bosch GmbH. Lit.: Arbeitskreis „Internes Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.: Vergleich von Praxiskonzepten zur wertorientierten Unternehmenssteuerung, in: ZfbF 2010, S. 797-820; Crasselt, N./Pellens, B./ Schremper, R.: Konvergenz wertorientierter Kennzahlen, in: WISU 2000, S. 206f; Stelter, D.: Wertorientierte Anreizsysteme für Führungskräfte und Mitarbeiter, in: Bühler, W./Siegert, T. (Hrsg.): Unternehmenssteuerung und Anreizsysteme, 1999, S. 207-241. Cashflow 1. Begriff/Definition Der Begriff C. wird in Abhängigkeit von seinem Anwendungsfeld (o Unternehmensbewertung, o Unternehmensanaly-

se oder o Rechnungslegung) mit unterschiedlichem Inhalt verwendet. Beim C. handelt es sich um einen periodenbezogenen Saldo aus den Einzahlungen und Auszahlungen von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten. Der C. stellt somit einen Zahlungsstrom dar. Da der Begriff des C. je nach Anwendungsfeld unterschiedlich besetzt ist, besteht bisher in der Praxis keine einheitliche Definition des C. Die Methodenkommission der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e.V. (DVFA) und der Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der o Schmalenbach-Gesellschaft – Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. (SG) definieren den C. als finanziellen Überschuss aus laufenden erfolgswirksamen geschäftlichen Aktivitäten, der dem Unternehmen für Investitionen, Schuldentilgung und Gewinnausschüttungen sowie zur Speisung des Finanzmittelfonds zur Verfügung steht. IAS 7-Kapitalflussrechnungen hingegen definieren den C. enger als den Zu- und Abfluss von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten (IAS 7.6). Gleiches gilt grundsätzlich für den Deutschen Rechnungslegungs Standard 2 (DRS 2). Die Veränderung dieses Finanzmittelfonds ist Gegenstand der o Kapitalflussrechung. Dabei ordnet die Kapitalflussrechung nach IAS 7.10 den C., einer der nachfolgenden drei Tätigkeiten im Unternehmen zu: a) Betriebliche Tätigkeit, b) Investitionstätigkeit und c) Finanzierungstätigkeit. Unter den betrieblichen Tätigkeiten versteht IAS 7.6 die wesentlichen erlöswirksamen Tätigkeiten des Unternehmens. Investitionstätigkeiten sind dagegen auf den Erwerb oder die Veräußerung langfristiger Vermögenswerte und sonstiger Finanzinvestitionen gerichtet, während Finanzierungstätigkeiten sich auf die Zusammensetzung des eingebrachten Kapi171

Cashflow

tals und die Fremdkapitalaufnahme auswirken. Unabhängig von Rechnungslegungsvorschriften kann zur Abgrenzung des C. aus betrieblicher Tätigkeit zwischen einem zahlungsorientierten operativen C. (Netto-C.) und einem Ertrags-C. (BruttoC.; cash earnings) unterschieden werden. Wird der Finanzmittelfond eng abgegrenzt im Sinne von „Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten“, so wird ein exakter zahlungsorientierter operativer C.-Begriff zugrunde gelegt. Bei dieser engen C.-Abgrenzung ist die Veränderung des Nettoumlaufvermögens Bestandteil des operativen C. Wird der Finanzmittelfond hingegen weiter im Sinne des Nettoumlaufvermögens abgegrenzt, folgt daraus ein eng am Erfolgskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung orientierter C.-Begriff. Dieser entspricht dem Saldo aus zahlungswirksamen Erträgen und Aufwendungen. Die Änderungen des Netto-Umlaufvermögens sind hierbei nicht Bestandteil des C., sondern des Finanzmittelfonds. Je nachdem, ob sämtliche Zahlungsbewegungen (Finanz- und Erfolgszahlungen) einer Periode in einer C.-Rechnung erfasst werden oder nur die Erfolgszahlungen oder noch enger nur die Erfolgszahlungen aus betrieblicher Tätigkeit, unterscheidet man weitere oder engere C.-Begriffe. 2. Ermittlung Die Ermittlung des C. kann entweder direkt über eine Zahlungsstromrechnung oder indirekt aus Bestands- und erfolgsorientierten Stromgrößen des Jahresabschlusses erfolgen. a) Direkte Ermittlung. Die direkte Ermittlung basiert auf Ein- und Auszahlungen von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten. Das Ermittlungsschema kann Abb. 1 entnommen werden. 172

Anfangsbestand von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten + Einzahlungen der Periode – Auszahlungen der Periode =

Endbestand von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten

Abb. 1: Direkte C.-Ermittlung

Der Saldo aus Einzahlungen und Auszahlungen der Periode bildet den Einzahlungs- bzw. Auszahlungsüberschuss der Periode. Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn die Differenz aus den Bestandsgrößen 4. und 1. gebildet wird. Obwohl eine direkte Ermittlung des C. den höchsten Aussagewert für die Liquiditätsüberwachung hat, ist sie aufgrund praktischer Ermittlungsprobleme nicht weit verbreitet. b) Indirekte Ermittlung. Bei der indirekten Methode ergibt sich die Ermittlung des Ein- bzw. Auszahlungsüberschusses der Periode wie folgt: Ausgehend vom Jahresüberschuss werden Aktiv- und Passivänderungen identifiziert, die weder den Zahlungsmittelbestand noch die Verwendung des Jahresergebnisses (Gewinnrücklagen, Bilanzgewinn) betreffen und hinsichtlich ihrer Wirkung auf den C. in die Ermittlung einbezogen. Aktivazunahmen und Passivaabnahmen, z.B. zu Tilgung von Verbindlichkeiten, wirken dabei im Sinne einer Verminderung des C. (Mittelverwendung). Umgekehrt folgt aus Aktivaabnahmen, und Passivazunahmen, z.B. aus der Aufnahme von Krediten, eine Erhöhung des C. (Mittelentstehung). Innerhalb der indirekten Methode kann zwischen einer progressiven Methode (ausgehend von den Umsatzerlösen) und einer retrograden Methode (ausgehend vom Jahresüberschuss/-fehlbetrag) unterschieden werden. Wird bei der retrograden Methode (Abb. 2) der Jahresüberschuss/ -fehlbetrag durch seine ihn bildenden Komponenten Ertrag und Aufwand ersetzt, gelangt man zur progressiven C.Ermittlung (Abb. 3).

Cashflow

Anfangsbestand an Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten + Jahresüberschuss/-fehlbetrag + Passivazunahmen – Passivaabnahmen + Aktivaabnahmen – Aktivazunahmen = Endbestand von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten Abb. 2: Retrograde C.-Ermittlung

Anfangsbestand an Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten + Erträge – Aufwendungen + Passivazunahmen – Passivaabnahmen + Aktivaabnahmen – Aktivazunahmen = Endbestand von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten Abb. 3: Progressive C.-Ermittlung

Progressiv wird der C. ermittelt, indem die Aufwendungen und Erträgen als periodisierten Stromgrößen der Gewinnund Verlustrechnung im Wege einer Korrektur mittels der dazu gehörigen Bilanzpostenveränderungen modifiziert werden. Im Einzelnen werden Aufwendungen und Erträge zunächst als zahlungswirksam unterstellt; im Anschluss daran werden über die Bilanzpostenveränderungen die Beträge korrigiert, die zwar erfolgswirksam aber nicht zahlungswirksam waren (z.B. Abschreibungen, Rückstellungsdotierungen) oder die nicht erfolgswirksam aber zahlungswirksam waren (z.B. Investitionen, Begleichung von Verbindlichkeiten, Mittelzufluss durch Kreditaufnahme). Bei dieser Vorgehensweise ist es erforderlich, die Bilanzpostenveränderungen den dazu gehörigen Ertrags- und Aufwandposten zuzurechnen. Hierzu werden zumeist ergänzende Informationen aus der Buchhaltung benötigt. Es verbleiben nicht selten Zuord-

nungsprobleme, die jedoch regelmäßig durch Bildung von Sammelposten hinreichend gelöst werden können. Der ermittelte C. aus betrieblicher Tätigkeit kann als Maßgröße der Innenfinanzierung verwendet werden. Dieser C. steht dem Unternehmen zur Verfügung, um Investitionen und Gewinnausschüttungen vorzunehmen. Die Ermittlung dieser Maßgröße kann nachfolgender Abbildung entnommen werden: + liquiditätswirksame Erträge – liquiditätswirksame Aufwendungen = C. (Innenfinanzierungsbeitrag) Abb. 4: Ermittlung des C. als Maßgröße der Innenfinanzierung

Bzw. sofern der C. aus Jahresabschlussdaten generiert wird: Jahresüberschuss/-fehlbetrag + nicht-liquiditätswirksame Aufwendungen – nicht-liquiditätswirksame Erträge = C. (Innenfinanzierungsbeitrag) Abb. 5: Alternative Ermittlung des C. als Maßgröße der Innenfinanzierung

3. Anwendungsfelder des C. a) Der C. in der Unternehmensbewertung. In der Unternehmensbewertung stellen die sog. Discounted C.-Verfahren auf den C. des Unternehmens ab. Diese Verfahren können untergliedert werden in den Entity- und den Equity-Ansatz. Bei der Definition des C. im Rahmen der Unternehmensbewertung ist zweckmäßiger Weise auf die Ziele der Berechnung abzustellen. Vor diesem Hintergrund wird der C. anders als in der Bilanzanalyse nicht als ein Erfolgsfaktor verstanden, der weniger Bewertungs- und Manipulationsspielräume aufweist als der nach handelsrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn. Vielmehr ist der C. als Zahlungsstromgröße i.S. eines NettoC., der dem Unternehmen bzw. dem Anteilseigner zufließt, maßgeblich für den 173

Cashflow

Unternehmenswert. Hierbei erfolgt eine Abgrenzung der relevanten Zahlungsstromgrößen nach einem Leistungs- und einem Finanzbereich. Der Finanzmittelfond umfasst danach lediglich Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente. Zum einen resultieren C. aus der Erstellung und Verwertung der Leistungen eines Unternehmens, zum anderen ergeben sie sich aus Beziehungen zu den verschiedenen Kapitalgebern. Der im Entity-Ansatz verwendete C. (Free C.) wird vor Zinszahlungen ermittelt und ist ein Maßstab für die Innenfinanzierungskraft eines Unternehmens. Ermittelt wird der Betrag, der einem Unternehmen zur Verfügung steht, um seinen Zinszahlungen nachzukommen, Schulden zu tilgen oder Ausschüttungen an die Eigentümer vorzunehmen. Die Ermittlung des Free C. kann nachfolgender Abbildung entnommen werden:

und – insb. bei internationalen Unternehmensvergleichen – aufgrund der Eliminierung des Einflusses unterschiedlicher Abschreibungsverfahren als Maßstab für die Ertragskraft im Sinne eines Brutto-C. verwendet. Des Weiteren werden C. im Rahmen der Aktienrentabilitätsanalyse angesetzt. Dabei wird der C. ins Verhältnis zur Anzahl der ausgegeben Aktien gesetzt. Der C. je Aktie ergibt sich als

Operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern – (fiktive) Ertragsteuern auf das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern ± Abschreibungen (Zuschreibungen) ± Erhöhung (Verringerung) von Rückstellungen – Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen ± Abnahme (Zunahme) des Working Capital

Diese Kennzahl wird in der Aktienanalyse neben dem o Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) zur Stützung von Anlageempfehlungen sowie zur Fundierung von Börseneinführungs- und Emissionskursen bei (Bar-) o Kapitalerhöhungen herangezogen. C. bzw. C. je Aktie und damit auch das Kurs/C.-Verhältnis sind aufgrund ihrer starken Abhängigkeit von der Höhe des Anlagevermögens bei Unternehmen verschiedener Branchen und/oder mit unterschiedlicher Produktionstiefe nur bedingt vergleichbar.

= Free C. Abb. 6: Ermittlung des Free C.

Für den Equity-Ansatz wird die strikte Trennung von Leistungs- und Finanzierungsbereich aufgegeben. Die Zins- und Tilgungszahlungen werden bei der C.Ermittlung berücksichtigt und hiernach die potenziellen Zahlungen an die Eigentümer bestimmt. b) Der C. in der Unternehmensanalyse. C. werden in der Praxis als Maßstab für die Finanzkraft eines Unternehmens 174

C. je Aktie

C. . Anzahl der ausg. Aktien

Wird der Preis einer Aktie (z.B. der aktuelle Börsenkurs) zum C. je Aktie ins Verhältnis gesetzt, erhält man das Kurs/C.-Verhältnis (KCV) bzw. die Price/C.-Ratio (PCR) KCV

PCR

Pr eis je Aktie . C. je Aktie

Die Bestimmung der einzelnen C.Komponenten ist in der Literatur und Praxis umstritten. So hatten selbst international ausgerichtete deutsche Unternehmen früher in ihren o Geschäftsberichten nur schwer miteinander vergleichbaren C.- oder Kapitalflussrechnungen mit unterschiedlichem Informationsgehalt veröffentlicht. DVFA und SG hatten vor diesem Hintergrund eine gemeinsame Empfehlung zur Ermittlung des “C. nach DVFA/SG” entwickelt.

Cashflow

c) Ermittlung des C. nach DVFA/SG. Die Ermittlung des C. nach DVFA/SG soll bestehende Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Ermittlung und der Bestandteile des C. beseitigen sowie zu einer einheitlicheren Ermittlung von C. durch die Unternehmen führen. Der C. nach DVFA/SG sollte als Finanzgröße in erster Linie für finanzwirtschaftliche Analysen verwendet werden und ist kein

Ersatz für das Ergebnis nach DFVA/SG (o Gewinn je Aktie). Der C. nach DVFA/SG wird aufgrund der Daten des o Jahresabschlusses bzw. bei Mutterunternehmen an der Spitze eines (Teil-) Konzerns der Daten des (Teil-) o Konzernabschlusses unabhängig von der Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA/SG ermittelt. Dies lässt sich überblicksartig wie folgt darstellen:

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag [im Konzern einschließlich der Ergebnisanteile Dritter] + Abschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens - Zuschreibungen zu Gegenständen des Anlagevermögens ± Zunahme/Abnahme der Rückstellungen für Pensionen bzw. anderer langfristiger Rückstellungen ± Zunahme/Abnahme der Sonderposten mit Rücklageanteil ± andere nicht zahlungswirksame Aufwendungen/Erträge von wesentlicher Bedeutung [die sich den obigen Korrekturposten nicht eindeutig zuordnen lassen, wie etwa Erträge aus der Auflösung passivierter Investitionszuschüsse] = Jahres-C. ± Bereinigung um ungewöhnliche zahlungswirksame Aufwendungen/ Erträge von wesentlicher Bedeutung = C. nach DVFA/SG Umrechnung des [um C.-Anteile Dritter modifizierten] C. nach DVFA/SG auf die Anzahl der Aktien des Mutterunternehmens = C. je Aktie nach DVFA/SG Zu jedem Posten sollte der Vorjahresbetrag angegeben und, falls dieser nicht vergleichbar oder angepasst ist, erläutert werden. Abb. 7: Arbeitsschema zur Ermittlung des C. nach DVFA/SG und Überleitung zum C. je Aktie nach DVFA/SG

Der Jahres-C. ergibt sich aus dem um gewöhnliche, nicht zahlungswirksame Erträge und Aufwendungen von wesentlicher Bedeutung korrigierten Jahresergebnis. Er enthält jedoch weder die Veränderungen der kurzfristigen Rückstellungen noch die Finanzmittelbewegungen im Bereich des Nettoumlaufvermögens. Somit wird das Nettoumlaufvermögen beim C. nach DVFA/SG dem Finanzmittelfond zugeordnet, so dass ein sog. Brutto-C. vorliegt.

Der C. je Aktie nach DVFA/SG ergibt sich schließlich durch die Division des C. nach DFVA/SG durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien. Handelt es sich bei der zu beurteilenden wirtschaftlichen Einheit um einen o Konzern, ist die Zahl der vom Mutterunternehmen ausgegebenen Aktien maßgeblich. Um eine einheitliche Wertbasis in Zähler und Nenner zu schaffen, muss der C. nach DVFA/SG um die auf andere Gesellschafter (o Anteile in Fremdbesitz) entfallenden C.-

175

Cashflow at Risk

Anteile bereinigt werden. Dies ist ohne interne Unternehmensinformationen grundsätzlich nicht möglich; intern könnten die in den C. nach DVFA/SG eingehenden Größen dem Kapitalanteil des Mutterunternehmens entsprechend aus den Handelsbilanzen I oder II der Tochterunternehmen entnommen werden. Werden aus Vereinfachungsgründen lediglich die im Konzernabschluss ausgewiesenen Ergebnisanteile anderer Gesellschafter zur Bereinigung herangezogen, wird der C. je Aktie aus Sicht der Aktionäre des Mutterunternehmens grundsätzlich zu hoch ausgewiesen und systematisch verzerrt. d) Der C. in der Rechnungslegung. Im Rahmen der Rechnungslegung findet eine Analyse des C. mittels Kapitalflussrechnung statt. Die Regelungen zur Aufstellung einer Konzernkapitalflussrechnung nach handelsrechtlichen Vorschriften finden sich im Deutschen Rechnungslegungs Standard 2 (DRS 2). Die Kapitalflussrechung nach den IFRS ist in IAS 7 geregelt. Nach DRS 2 und IAS 7 umfasst der Finanzmittelfond lediglich Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente. Der C. im Rahmen der Rechnungslegung wird somit als Netto-C. begriffen. Eine Gliederung der Zahlungen hat dabei nach der betrieblichen Tätigkeit, nach der Investitionstätigkeit sowie der Finanzierungstätigkeit zu erfolgen. Lit.: Amen, M.: Die Kapitalflußrechnung als Rechnung zur Finanzlage, in: WPg 1995, S. 498-509; ASB: FRS 1: Cash Flow Statements, 1992; Busse von Colbe, W. et al. (Hrsg.): Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG – DVFA/SG Earnings per Share, 3. Aufl., 2000; Chmielewicz, K./Buchmann, R. (Hrsg.): Finanzierungsrechnung, ZfbF-Sonderh. 26/90, 1990; Chmielewicz, K.: Betriebliche Finanzwirtschaft, Bd. 1, 1976; Coenenberg, A.G.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl., 2005, S. 1011f.; DRSC: Deutscher Rech176

nungslegungs Standard 2 „Kapitalflussrechnung“ (DRS 2); DVFA/SG: Cash Flow nach DVFA/SG, in: WPg 1993, S. 599-602; DVFA: Der Cash-flow in der Finanzanalyse, 1982; FASB: Accounting Standard Codification 230 „Statement of Cash Flows“, 2009; Fingerhut, A.: Der Cash Flow als Leistungsindikator, 1991; IASB: IAS 7: Statement of Cash Flows, 2008; Mansch, H./Stolberg, K./v. Wysocki, K.: Die Kapitalflußrechnung als Ergänzung des Jahres- und Konzernabschlusses, in: WPg 1995, S. 185-203; Mason, P.: “Cash Flow“ Analysis and the Funds Statement, Accounting Research Study No. 2, 1961; ÖVFA: ÖVFAErgebnis- und Cash-flow-Formeln für den Einzel- und Konzernabschluss nach RLG, 1993; Schwarzecker, J.: CashFlow, Gewinn und Eigenkapital, 1992; Siener, F.: Der Cash-Flow als Instrument der Bilanzanalyse, 1991. Jörn Schulte Cashflow at Risk Im o Risikomanagement eingesetzte Kennzahl, die zum Ausdruck bringt, welche Abweichung vom erwarteten o Cashflow mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit in der betrachteten Periode nicht unterschritten wird. Die Berechnung erfolgt ähnlich wie bei der praktisch weiter verbreiteten Kennzahl o Value at Risk. Lit: Winter, P.: Cashflow at Risk als Instrument des industriellen Risikomanagements, in: WiSt 2004, S. 289-294. Cashflow Hedge o Sicherungsbilanzierung Cashflow je Aktie Kennzahl zur Aktien- und Unternehmensanalyse, die sich als Quotient aus dem (bereinigten) o Cashflow und der Anzahl ausstehender Aktien ergibt. Cashflow-Return on Investment (CFROI) Eine auf dem operativen o Cashflow basierende Kennzahl zur Messung der

Center-Konzept

o Rentabilität des gesamten eingesetzten Kapitals. In der Literatur existieren eine ältere und eine neuere Variante: - Nach der älteren Variante wird der CFROI als o interner Zinsfuß eines fiktiven Zahlungsprofils berechnet. Dieses besteht aus einer Anfangsauszahlung in Höhe der Anschaffungsund Herstellungskosten des Vermögens („Bruttoinvestitionsbasis“), einem konstanten Zahlungsüberschuss in Höhe des aktuellen operativen Cashflows über die durchschnittliche Nutzungsdauer des Vermögens sowie einer Einzahlung in Höhe des nicht abschreibbaren Vermögens am Ende. - Nach der neueren Variante ist der Cashflow um denjenigen Betrag zu korrigieren, der jährlich verzinslich zum Gesamtkapitalkostensatz (o Kapitalkosten) angelegt werden müsste, um das abschreibbare Vermögen am Ende seiner durchschnittlichen Nutzungsdauer ersetzen zu können. Der so korrigierte Cashflow ist zur Ermittlung des CFROI durch die Bruttoinvestitionsbasis zu dividieren. Ein Unternehmen ist positiv zu beurteilen, wenn der CFROI den Gesamtkapitalkostensatz übersteigt. Die ältere Variante hat sich in der Unternehmenspraxis nicht durchsetzen können. Die neuere Variante findet teilweise als ergänzende Kennzahl zum o Cash Value Added praktische Anwendung. In der Praxis existiert weiterhin eine vereinfachte Variante, bei der der C. als Quotient aus dem unkorrigierten Cashflow und der Bruttoinvestitionsbasis ermittelt wird. Da hier der Werteverzehr des Vermögens nicht berücksichtigt wird, führt diese Variante für sich zu keiner sinnvollen Beurteilung der Ertragskraft. Dieser Mangel kann dadurch geheilt werden, dass der CFROI einer Soll-Rendite gegenübergestellt wird, die nicht nur

die Kapitalverzinsung, sondern auch den Kapitalverzehr abbildet. Lit.: Crasselt, N./Schremper, R.: Cash Flow Return on Investment und Cash Value Added, in: DBW 2001, S. 271-274; Hachmeister, D.: Der Cash-Flow Return on Investment als Erfolgsgröße einer wertorientierten Unternehmensführung, in: ZfbF 1997, S. 556-579; Lewis, T.G.: Steigerung des Unternehmenswerts, 2. Aufl., 1995; Lewis, T.G./Lehmann, S.: Überlegene Investitionsentscheidungen durch CFROI, in: BFuP 1992, S. 1-13; Pfaff, O./Bärtl, D.: Wertorientierte Unternehmenssteuerung – Ein kritischer Vergleich ausgewählter Konzepte, in: Gebhardt, G./Pellens, B. (Hrsg.): Rechnungswesen und Kapitalmarkt, ZfbFSonderh. 41/1999, S. 85-115; Stelter, D.: Wertorientierte Anreizsysteme für Führungskräfte und Mitarbeiter, in: Bühler, W./Siegert, T. (Hrsg.): Unternehmenssteuerung und Anreizsysteme, 1999, S. 207-241. Cash-Ratio o Liquiditätsgrad Center-Konzept Organisationsstrukturen, mit denen die Autonomie und Selbstverantwortung von Unternehmensbereichen festgelegt werden. In Abhängigkeit vom angestrebten Autonomiegrad für den Unternehmensbereich und von der Existenz eines externen Marktzugangs, werden z.B. o CostCenter, o Service-Center, o ProfitCenter und o Investment-Center unterschieden. Lit.: Frese, E./Lehmann, P.: Profit Center, in: Küpper, H.-U./Wagenhofer, A. (Hrsg.): HWU, 4. Aufl., Stuttgart 2002, S. 1540-1551; Göx, R.F./Wunsch, J.T.: Cost oder Profit Center? Eine informationsökonomische Untersuchung der relativen Vorteilhaftigkeit dezentraler Organisationsalternativen, in: Die Unternehmung 2003, S. 291-309; Kah, A.: Profitcenter-Steuerung - Ein Beitrag zur theo177

Certified Public Accountant (CPA)

retischen Fundierung des Controlling anhand des Principal-agent-Ansatzes, 1994. Certified Public Accountant (CPA) US-amerikanische Bezeichnung für den Jahresabschlussprüfer, der seine Zugehörigkeit zum Berufsstand ähnlich dem deutschen o Wirtschaftsprüfer über ein an bestimmte Voraussetzungen geknüpftes staatliches Zulassungsverfahren erwirbt. CPAs üben über die nationale Berufsorganisation, dem o American Institute of Certified Public Accountants (AICPA), ihre Mitarbeit im o Financial Accounting Standards Board (FASB) und über die von ihnen in den zu testierenden Jahresabschlüssen akzeptierten Bilanzierungs- und Bewertungsverfahren großen Einfluss auf die US-amerikanische Rechnungslegung aus. Lit.: Hofmann, R.: Berufsorganisation und Qualifikation externer und interner Prüforgane sowie verwandter Berufe in Europa und in den USA, in: DB 1989, S. 637-642; Leibfried, P.: Certified Public Accountant (CPA) – Gute berufliche Chancen mit CPA-Abschluss in Deutschland, in: Bilanz & Buchhaltung 2001, S. 412-414. CESR = o Committee of European Securities Regulators CFROI = o Cashflow-Return on Investment CGU = Cash Generating Unit = o Zahlungsmittelgenerierende Einheit Chartered Accountant Britische Bezeichnung des Jahresabschlussprüfers. Der Titel des C. darf nur verwendet werden, wenn die Zugehörigkeit zu einem Chartered Accountant Institute gegeben ist. Lit.: Anderson, M./Edwards, J.R./Chandler, R.A.: A public expert in matters of accountant – Defining the Chartered Accountant in England and Wales, in: Ac178

counting, Business and Financial history 2007, S. 381-423; Gammie, E./Kirkham, L.: Breaking the link with a university education in the creation of a chartered accountant: The ICAS story, in: The British Accounting Review 2008, S. 356375; Pestke, A.: Der Beruf des britischen Chartered oder Certified Accountant als Partnerberuf des deutschen Steuerberaters, in: Die Steuerberatung 1995, S. 102107. China 1. Rechtsgrundlagen Die Rechnungslegung der chinesischen börsennotierten Unternehmen wird von den Chinese Accounting Standards CAS (2006) geregelt, die auf den Regelungen der o IFRS basieren. Die Rechnungslegung der börsennotierten Unternehmen unterliegt darüber hinaus dem „China Accounting Law“, „China Company Law“ und „China Securities Law“ mit weitergehenden Offenlegungspflichten. Alle chinesischen börsennotierten Unternehmen sind verpflichtet jährlich o Bilanz, o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), o Kapitalflussrechnung o Eigenkapitalveränderungsrechnung und den o Anhang aufstellen. Diese sind von einem anerkannten o Wirtschaftsprüfer (CPA) zu prüfen und binnen 3 Monaten nach dem Bilanzstichtag vollständig in vom Chinese Securities Regulatory Commission (CSRC) bevollmächtigten Zeitungen zu publizieren. GmbH und Personengesellschaften bilanzieren nach dem „Accounting System for Business Enterprise (ASBE)“ aus dem Jahre 2001 und sind nicht publizitätspflichtig. Nach der Bekanntmachung des Ministery of Finance China sind die CAS (2006) zwecks angestrebter Harmonisierung der chinesischen Rechnungslegungsvorschriften mit den IFRS ab dem 1. Januar 2007 zunächst von allen chinesischen börsennotierten Unternehmen

China

anzuwenden. Eine Anwendung für nicht börsennotierte Unternehmen und somit eine Abschaffung des ASBE (2001) ist bereits geplant. 2. Einzelabschluss a) Ansatzregelungen. Nach den CAS (2006) sind alle Vermögenspositionen (Sach- und Finanzanlagen sowie Vorräte und Finanzumlaufvermögen) in der Bilanz aktivierungspflichtig. Als Voraussetzung für die Aktivierung muss wirtschaftliches Eigentum bestehen, d.h. dem bilanzierenden Unternehmen muss das Verfügungsrecht über den zukünftigen Nutzen zustehen. Nach ABSE (2001) bestehen verschiedene Aktivierungsverbote (z.B. Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen). Börsennotierte Unternehmen, die nach den CAS (2006) bilanzieren, obliegt jedoch für diese Positionen ein Aktivierungswahlrecht, sofern die Leistungen klar zuzuordnen sind und ein konkreter Nutzen feststellbar ist. Passivierungspflichtig sind alle Schulden, soweit diese gegenüber einer dritten Person bestehen. Passive Rechnungsabgrenzungsposten werden dem Fremdkapital zugeordnet, die Rücklagen werden als Reserven bezeichnet. b) Gliederungssystematik. Die Grundlagen der Gliederung des Jahresabschlusses sind durch das ASBE (2001) und CAS 30 festgelegt. Verpflichtende Bestandteile eines Jahresabschlusses sind GuV, Bilanz, Kapitalflussrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung und Anhang. Eine vereinfachte Aufstellung des Jahresabschlusses für börsennotierte Unternehmen ist unzulässig. Sowohl Bilanz als auch GuV sind in Staffelform aufzustellen. Die Positionen der Bilanz sind nach dem Liquiditätsgliederungsprinzips, d.h. nach abnehmender Liquidität zu gliedern, während die Passiva nach Restlaufzeiten angeordnet werden. So wird auf der Aktivseite das o Umlaufvermögen vor dem o Anlagevermögen und auf der Passivseite die kurzfristigen

o Verbindlichkeiten vor den langfristigen Schulden und dem o Eigenkapital ausgewiesen. Die GuV ist nach dem o Umsatzkostenverfahren aufzustellen. Hierbei sind den Umsatzerlösen die Aufwendungen gegliedert nach den Bereichen Produktion, Vertrieb und Verwaltung gegenüberzustellen. c) Bewertungsgrundsätze. Das Anschaffungskosten- und Niederstwertprinzip bildet die Grundlage für das Bewertungskonzept nach dem ASBE (2001), während in den CAS (2006) neben den o Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK) für Sachanlagen, Finanzanlagen und Vorräten auch der beizulegende Zeitwert als Wertmaßstab gilt. Bei den Vorräten gilt das o Niederstwertprinzip, wonach eine Abschreibung auf den Marktwert bei dauerhafter Wertminderung vorgenommen werden muss. Zwecks Harmonisierung mit den IFRS ist das LIFO-Verfahren nach den CAS (2006) verboten. Das Anlagevermögen ist planmäßig abzuschreiben, wobei von Unternehmen fast ausschließlich die lineare Methode gewählt wird. Eine Differenz zwischen Anschaffungskosten und Nettovermögenswert soll als o Geschäftswert (Goodwill) aktiviert werden. Der Geschäftswert ist nach den CAS (2006) nicht planmäßig abzuschreiben, sondern unterliegt einem jährlichen Niederstwerttest (impairment test). Eine o Wertaufholung ist, um Bilanzmanipulation zu vermeiden, nach den CAS (2006) verboten. Analog zum Niederstwertprinzip bei den Aktiva gilt das Höchstwertprinzip für die Schulden. 3. Konzernabschluss a) Aufstellungspflicht und Einbeziehungskreis. Konzernrechnungslegungspflicht besteht für die Unternehmen in allen Rechtformen, wenn diese die Mehrheit der Stimmrechte einer anderen Gesellschaft in der Gesellschaftsversammlung besitzen oder die Mehrheit des Vorstands einer anderen Gesellschaft er179

Clean Surplus

nennen oder entlassen können. Grundsätzlich sind alle Tochterunternehmen im In- und Ausland in den Konzernabschluss nach der Equity-Methode einzubeziehen. Die Konsolidierungs- und Bewertungsregeln sind im Anhang offenzulegen. In der Regel müssen alle im o Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen eine einheitliche Rechnungsperiode haben. Vor der Konsolidierung müssen die Jahresabschlüsse der ausländischen Tochterunternehmen mit den Bilanzierungsgrundsätzen des Mutterunternehmens in Einklang gebracht werden.

Traded Securities Disclosure Regulation Q & A No. 5, Nov. 7, 2000 (chinesisch); Lin, Y.: Harmonisierung der nationalen Rechnungslegung nach IAS/IFRS – Evidenzfälle aus der Volksrepublik China, 2010; Pellens, B./Fülbier, R./Gassen, J./ Wang, X./Lin, Y.: International Financial Reporting Standards (IFRS) Application and Practical Guide, 2007 (chinesisch); Shao, Y./Ren, Z.: China Accounting Standards for Business Enterprises: Its Interpretations and Applications, 2006 (chinesisch). Yangchun Lin

b) Konsolidierungsmaßnahmen. Für vollständig kontrollierte Unternehmen ist die Vollkonsolidierung anzuwenden. Mutterunternehmen, die lediglich die Mehrheit der Stimmrechte besitzen oder maßgeblichen Einfluss ausüben, können verbundene Unternehmen nach der Equity-Methode in den Konzernabschluss einbeziehen (o Kapitalkonsolidierung, o Equity-Bewertung) Die im Konzernabschluss verwendeten Ansatz- und Bewertungsmethoden müssen mit denen im Einzelabschluss verwendeten Grundsätzen übereinstimmen. Die Minderheitsanteile anderer Gesellschaften sind in der Konzernbilanz auszuweisen.

Clean Surplus Bezeichnung für eine buchhalterische Ergebnisgröße, die unter Einhaltung des o Kongruenzprinzips (engl.: C. Principle), ermittelt wird. Hiernach sind alle Veränderungen des Eigenkapitals, die nicht aus Kapitaltransaktionen mit den Eigentümern resultieren, als Aufwand/Kosten oder Ertrag/Erlös (o Grundgrößen des Rechnungswesens) zu berücksichtigen. Wird dieses Prinzip nicht beachtet, wird von dirty surplus gesprochen.

Die Umrechnung von Jahresabschlüssen ausländischer Tochterunternehmen erfolgt analog zu IAS 21 anhand der funktionalen Währung nach CAS 33 (o Währungsumrechnung). Die GuVPositionen sind mit dem Stichtags- oder Durchschnittskurs umzurechnen, wobei die Differenz aus der Umrechnung erfolgsneutral in der Bilanz unter dem Vermögen oder den Verbindlichkeiten auszuweisen ist. Lit.: Chen, Y.: International Harmonization of Accounting Standards in China: Experiences and Countermeasures, 2005 (chinesisch); Chinese Securities Regulatory Commission (CSRC): Reported Reconciliation between Chinese and Foreign Accounting Standards. Publicly 180

Die IFRS sehen anders als das HGB eine Reihe von Kongruenzverstößen vor, so dass das o Jahresergebnis (net income) oftmals den Charakter eines dirty surplus hat. Bei der Ermittlung des weiter definierten o Periodengesamterfolgs (comprehensive income) wird das Kongruenzprinzip hingegen beachtet. Lit.: Brief, R.P./Peasnell, K.V. (Hrsg.): Clean Surplus: A Link between Accounting and Finance, 1996. Clean Surplus Principle Grundsatz der Gewinnermittlung, der inhaltlich dem o Kongruenzprinzip entspricht. Comment Letter Im Rahmen des o Due Process des o IASB (und anderer Standard-Setter) eine Stellungnahme zu geplanten Standards oder Interpretationen.

Controller

Committee of European Securities Regulators (CESR) Von der EU-Kommission 2001 gegründeter Ausschuss mit Sitz in Paris. Mitglieder sind hochrangige Vertreter der nationalen Wertpapieraufsichtsbehörden in der EU (für Deutschland: o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Das CESR soll die EU-Kommission bei der Erstellung von Durchführungsregeln zur Konkretisierung der Rahmenrichtlinien im Wertpapiersektor beraten, die Kooperation zwischen den nationalen Wertpapieraufsichtsbehörden fördern sowie Standards für die Finanzdienstleistungsaufsicht entwickeln. Committee on Accounting Procedure (CAP) 1938 vom o American Institute of Certified Public Accountants (AICPA), der Berufsvereinigung der US-amerikanischen Wirtschaftsprüfer, zur Festlegung von Rechnungslegungsnormen für börsennotierte Unternehmen gegründetes Gremium, nachdem die o Securities and Exchange Commission (SEC) die Erstellung dieser Normen an das AICPA delegiert hatte. Das CAP. gab “Accounting Research Bulletins” zu einzelnen Rechnungslegungsproblemen heraus, die heute noch in Teilbereichen Gültigkeit besitzen. 1959 wurde das C. vom o Accounting Principles Board (APB) abgelöst, welches wiederum seine Aufgaben 1973 an das o Financial Accounting Standards Board (FASB) abgegeben hat. Completed Contract-Methode o Langfristfertigung Compliance Der Begriff C. stammt ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis. Ziffer 4.3.1 des Deutschen Corporate Governance Kodex (o Corporate Governance) umschreibt C. als die Einhaltung unternehmensinterner und gesetzlicher Regelungen. Nach heutiger Meinung versteht sich C. als Teil des o

Risikomanagements und dient der Prävention von Unternehmensrisiken. Lit.: Bürkle, J.: Corporate Compliance als Standard guter Unternehmensführung des Deutschen Corporate Governance Kodex, in: BB 2007, S. 1797-1800. Comprehensive Income = Periodengesamterfolg Das C. erfasst die Veränderungen des o Eigenkapitals innerhalb einer Periode, welche nicht auf Transaktionen mit den Eigentümern zurückzuführen sind. Es ergibt sich als Summe aus ergebnisneutralen (o Other Comprehensive Income) und ergebniswirksamen (o Net Income) Aufwendungen und Erträgen (o Gewinn- und Verlustrechnung) Conceptual Framework o Framework (FASB) Conservatism Anglo-amerikanische Variante des o Vorsichtsprinzips, besitzt jedoch einen geringeren Stellenwert als die kontinentaleuropäische Variante. C. wird als qualitatives Merkmal im o Framework des o IASB aufgeführt. Das o FASB hingegen verzichtet hierauf. Der Grundsatz der Vorsicht tritt bei beiden Standardsettern hinter den Ausweis eines periodengerechten Erfolgs. Consolidated Statements = o Konzernabschluss Control-Konzept o Konzernabschluss Controllability-Prinzip Nach dem C. sollte der Beurteilung und Vergütung eines Entscheidungsträgers Faktoren zugrunde gelegt werden, auf welche er einen wesentlichen Einfluss ausüben kann (o Prinzipal-Agent). Controller Betrieblicher Funktionsträger, der Aufgaben des o Controllings wahrnimmt. Insb. in größeren Unternehmen und auf 181

Controlling

den oberen Führungsebenen werden diese Aufgaben von speziellen Abteilungen durchgeführt. In kleineren Unternehmen und auf unteren Führungsaufgaben werden sie hingegen oft Personen übertragen, die auch mit anderen (Führungs-) Aufgaben betraut sind. Controlling 1. Einführung Der Begriff des C. ist durch eine bemerkenswerte Vielfalt gekennzeichnet. Die Zahl der Meinungen scheint nicht viel kleiner zu sein als die Zahl der Autoren, die sich dazu äußern. Dies gilt für Theorie und Praxis gleichermaßen. Spezifische Probleme resultieren noch daraus, dass man eine funktionale Sicht (Controlling) und eine institutionale Perspektive (Controller) differenzieren muss. Letztere Unterscheidung prägt auch die Struktur dieses Beitrags. An seinem Anfang steht die Präsentation der wesentlichen Lehrmeinungen zum C., gefolgt von empirischen Aussagen zu deren praktischen Verbreitung. Im zweiten Hauptabschnitt schließt sich die Diskussion der Aufgaben von Controllern und deren Bezug zur Funktion C. an. Auch hier werden empirische Ergebnisse den Blick in die Praxis eröffnen. Den Abschluss bilden kurze Ausführungen zu den Beziehungen zwischen der funktionalen und der institutionalen Perspektive. Da C. ein Konzept darstellt, das im deutschsprachigen Raum entwickelt wurde, wird sich der Beitrag darauf beschränken. Bezüge zum Management Accounting und zu Management Accountants unterbleiben. 2. Unterschiedliche Sichten der Funktion Controlling Die wissenschaftliche Diskussion des Begriffs C. begann in breiterem Umfang in den 1970er Jahren und führte zu vier wesentlichen „schools of thought“. 182

a) Controlling als Informationsversorgung. Das zeitlich gesehen erste Grundverständnis des C. weist diesem die Aufgabe zu, führungsrelevante Informationen bereit zu stellen. Es soll in diesem Sinne eine betriebswirtschaftliche Transparenz herstellen. Betriebswirtschaftlich wird dabei im Sinne von „(erfolgs-)zielorientiert“ bzw. „ergebnisbezogen“ verstanden. Konkret handelt es sich bei den zu liefernden Informationen insb. um Kosten und Erlöse, also um Rechengrößen, die aus dem internen o Rechnungswesen stammen. Von der schon seit langem eingeführten Kosten- und Leistungsrechnung soll sich das C. insb. durch den expliziten Verwendungsbezug der Informationen unterscheiden (Abbildung versus Verwendung für Entscheidungen). Es ist verständlich, dass dies zuweilen als reine Umbenennung des bekannten entscheidungsorientierten internen Rechnungswesens gesehen wurde („Wechseln der Türschilder“). b) Controlling als erfolgsorientierte Steuerung. Das zeitlich gesehen folgende, zweite Grundverständnis des C. bezieht sich ebenfalls auf Tätigkeiten im Bereich der Führung, die zuvor an anderer Stelle des betriebswirtschaftlichen Lehrgebäudes bereits diskutiert wurden. Hiernach hat C. die Aufgabe, die zielbezogene, erfolgsorientierte Steuerung des Unternehmens wahrzunehmen. C. geht es dann um die systematische Festlegung und Zuordnung („Herunterbrechen“) der zu verfolgenden Ziele, die Messung ihrer Erreichung, die Feststellung von Soll-IstAbweichungen und die Erarbeitung von Maßnahmen zu deren Beseitigung (o Abweichungsanalyse). Mit anderen Worten zielt C. auf eine Führung des Unternehmens durch und mit Hilfe von Planung und daraus resultierenden Plänen ab. C. lässt sich dann auch als ein kybernetischer Prozess verstehen.

Controlling

Dieses zweite Grundverständnis des C. baut auf dem ersten auf: In diesem Sinne „planvoll“ kann nur derjenige vorgehen, der die zur Planung der Ergebnisse erforderlichen Informationen besitzt und für Kontrollzwecke mit den benötigten IstDaten versorgt wird. Allerdings gab es systematische Planung und Kontrolle ebenfalls in der Betriebswirtschaftslehre bereits, bevor der neue Begriff des C. aufkam. c) Controlling als Koordinationsfunktion. In dem Streben, dem C. eine eigenständige Funktion zuzuweisen, ist das sog. „koordinationsbezogene“ Grundverständnis des C. entstanden. Verbunden mit dem Namen Horváth sah dieses zunächst vor, das Planungs- und Kontrollsowie das Informationssystem miteinander zu koordinieren (vgl. Horváth 2009, S. 123-126). Nicht die Planung, Informationsversorgung und Kontrolle selbst, sondern ihre Koordination macht danach das Besondere des C. aus. Diese Perspektive wurde später von Küpper inhaltlich erweitert um andere „Teilsysteme der Führung“, speziell um das Organisationsund das Personalführungssystem (vgl. Küpper 2008, S. 35-39). Damit wird dem C. die Aufgabe übertragen, das gesamte Führungssystem zu koordinieren. Kritik an dieser Sichtweise bezieht sich insb. auf den Umfang der Perspektive. Als Gestaltung der Führung greift sie sich gerade die wichtigsten, essentiellen Führungsaufgaben heraus, die in ihrer Bedeutung deutlich über das „FührungsTagesgeschäft“ hinausgehen. Welcher Manager würde eine solche Definition wirklich akzeptieren? d) Controlling als Rationalitätssicherung der Führung. Aus dieser Kritik heraus entwickelte sich ein viertes Grundverständnis des C., das in der wissenschaftlichen Diskussion (vorerst?) den Schlusspunkt setzt. Danach hat C. die Aufgabe, die Rationalität der Führung zu sichern (Weber/Schäffer 2008, S. 42-44).

Damit wird eine andere Abgrenzung zu bekannten Führungsfunktionen gewählt: Nicht die Funktion als solche (z.B. Planung oder Informationsversorgung), sondern der damit verbundene Zweck („Gewährleistung von Führungsqualität“) macht den Kern des C. aus. Das vierte C.-Verständnis weicht auch in seinen Grundannahmen deutlich von den anderen Auffassungen ab. Rationalitätssicherung setzt voraus, dass es überhaupt zu Rationalitätsdefiziten kommt. Solche sind in den anderen C.-Auffassungen nicht vorgesehen; ihnen liegt implizit das Bild des homo oeconomicus zu Grunde. Die Sicht des C. als Rationalitätssicherung geht dagegen explizit von kognitiv begrenzten und potenziell opportunistisch handelnden Menschen aus, ein Bild, das der Realität oftmals sehr viel näher kommt. Die neueste C.-Auffassung ist damit als verhaltensorientiert einzuordnen. e) Empirische Verbreitung. Perspektivenvielfalt hinsichtlich des C. gibt es nicht nur im Schrifttum, sondern auch in der Praxis. Wie eine Befragung der im Internationalen Controller Verein (ICV) (als größter deutschsprachigen berufsständischen Vereinigung) organisierten Controller zeigt (vgl. Weber et al. 2006, S. 31), sind alle vier vorgestellten Perspektiven in der Praxis verbreitet. Mit mehr als einem Drittel (37,4 %) besitzt die Rationalitätssicherungsauffassung die größte Verbreitung, gleichauf gefolgt von der Informationsversorgung (23,6 %) und der erfolgsorientierten Steuerung (23,5 %). An vierter und letzter Stelle steht die Koordinationsperspektive (15,5 %). Die Studie zeigt weiterhin einen Zusammenhang zwischen der eingenommenen Perspektive und dem Unternehmenserfolg auf. Betrachtet man z.B. die Controller, die der Informationssicht folgen, so arbeitet der deutlich größere Teil von diesen in Unternehmen, die weniger erfolgreich sind als der Durchschnitt aller 183

Controlling

Unternehmen. Genau umgekehrt stellt sich dies für die Gruppe der „Rationalitätssicherer“ dar. Der Streit um den „richtigen“ Begriff ist folglich nicht so esoterisch, wie er der akademischen Controlling-Community häufig vorgeworfen wurde (vgl. z.B. Kieser 2003, S. 25). 3. Controller und Controlleraufgaben (Controllership) Controller finden sich in deutschsprachigen Unternehmen seit gut 50 Jahren und haben heute dort – als Unterstützung des Managements – einen festen Platz. Im Folgenden seien ihre Aufgaben in zwei Perspektiven beleuchtet, zum einen hinsichtlich ihrer Art (z.B. Informationsversorgung, Planung, Kontrolle), zum anderen bezogen auf die Beziehung zur jeweiligen Führungskraft.

nehmensgröße und der Branche, aus der ein Unternehmen stammt. Einen wesentlichen Teil ihrer Zeit verwenden die Controller (vgl. Abbildung 1) auf die Informationsversorgung des Managements (z.B. durch die Erstellung von Berichten). Die Beratung des Managements sowie die Durchführung von bzw. Mitarbeit in spezifischen Projekten nehmen daneben zusammen etwa ein Viertel der Arbeitszeit der Controller in Anspruch. Diese Aufgaben sichern einen engen Kontakt zum Management und beinhalten die Chance, direkten Einfluss auf Entscheidungen und Projekte zu nehmen. Tätigkeiten dieser Art sind es, die Controller in den letzten Jahren verstärkt als erstrebenswert postuliert haben – offensichtlich mit Erfolg.

a) Arten von Controlleraufgaben. Controller sind betriebswirtschaftliche Generalisten, die ein breites Spektrum an Führungsunterstützungstätigkeiten wahrnehmen. Deren Grundstruktur ist weitestgehend unabhängig von der Unter-

Als ein weiteres wesentliches Arbeitsfeld ist die Planung und Kontrolle zu nennen. Auf der operativen Ebene stimmen Controller z.B. die Teilpläne der Unternehmensbereiche zu einem stimmigen Gesamtbudget ab. Die strategische Planung

Strategische Planung und Kontrolle Investitionsplanung und -kontrolle

5,8 %

5,9 %

Sonstiges

Berichtswesen

21,8 %

6,1 % Mittelfristplanung und -kontrolle

7,1 %

Kostenrechnung

15,2 %

10,7 %

Sonstige Beratung des Managements

12,8 % Projektarbeit

14,4 % Budgetplanung und -kontrolle

Abb. 1: Von den Controllern wahrzunehmende Aufgabenfelder und die damit verbundene zeitliche Inanspruchnahme der Controller (vgl. Weber et al. 2009, S. 19)

184

Controlling

und Kontrolle fällt daneben deutlich weniger zeitintensiv aus als dessen operatives Pendant. Trotzdem spricht ein Arbeitsanteil von knapp 6% für eine wichtige Bedeutung und belegt, dass der Aspekt der strategischen Positionierung des Unternehmens mittlerweile eine feste Größe in der Arbeit der Controller geworden ist, in der sie u.a. die Strategievorschläge kritisch bewerten und die Verbindung der strategischen zur operativen Planung sicherstellen. Zwischen beiden Planungsebenen steht die Mittelfristplanung, die vom zeitlichen Aufwand etwa der strategischen Planung entspricht. Die projektweise Investitionsplanung schließt den Reigen der Planungsfelder ab. Neben „sonstigen Aufgaben“, unter denen sich z.B. bereichsinterne Aktivitäten (z.B. Weiterbildung) verbergen, haben Controller schließlich noch die o Kostenrechnung inhaltlich zu betreuen und für die unterschiedlichsten Fragestellungen auszuwerten. Mit gut zehn Prozent ist dieses Aufgabenfeld keinesfalls zu vernachlässigen. b) Individualität der Führungsunterstützung. Controller erfüllen ihre Aufgaben für ganz spezifische Manager (ein Werkscontroller bspw. für seinen Werksleiter). Diese können sich individuell sehr unterscheiden. Ein Geschäftsbereichsleiter, der vorher lange Jahre als Entwicklungsingenieur gearbeitet hat, wird mehr Hilfestellung bei der Anwendung des betriebswirtschaftlichen Instrumentariums benötigen als ein Manager, der selber lange Jahre Controller war. Der Geschäftsbereichsleiter hat oftmals auch in seiner Managementrolle primär die technische Brillanz seiner Produkte im Sinn, nicht aber die Kunden, denen eher an einer schnellen Markteinführung von Innovationen und an einem besseren Design gelegen sein wird. Dagegen könnte der Controlling-erfahrene Manager zu sehr auf die Zahlen schauen und technische

und marktliche Innovationen vernachlässigen. Beide haben also sehr unterschiedliche „Könnensprobleme“, denen Controller entsprechend entgegen zu wirken haben. Individualität kann auch bezüglich der verfolgten Ziele vorliegen. Nicht erst seit Enron ist bekannt, dass Manager in die Versuchung kommen, sich selbst zu bereichern, und dass einige auch vor Betrug nicht zurückschrecken. Auch für das Thema „Karriere, Macht & Status“ finden sich genügend empirische Belege. Durch das kritische Hinterfragen vorgelegter Pläne können solche „Wollensprobleme“ ebenso aufgedeckt werden wie Unregelmäßigkeiten oder die Manipulation von Daten. Wenn der Controller seine Manager gut kennt, wird er auch abseits konkreter Anlässe ein gutes Bild von deren Zielen und Präferenzen gewinnen, das ihm hilft entgegen zu wirken, wenn dies notwendig ist. Controller leisten also sehr unterschiedliche Art von Führungsunterstützung: Liegen keine Könnens- oder Wollensprobleme des Managers vor, kann der Controller entlastend wirken, indem er seinem Manager z.B. durch die Aufbereitung von Zahlen oder das Durchführen von Planrechnungen hilft. Gibt es beim Manager bestimmte betriebswirtschaftliche Defizite, kann der Controller ergänzend tätig werden, etwa durch kritisches Hinterfragen angedachter Pläne („Drittblick“) oder Coaching für neue betriebswirtschaftliche Instrumente. Verfolgt der Manager schließlich eigene Ziele, so ist die Rolle des Controllers die einer Begrenzung. Er muss dann z.B. verhindern, dass die Rendite dem persönlichen Prestigestreben eines Managers geopfert wird. c) Vielgestaltigkeit der Controlleraufgaben als Charakteristikum der Controllerarbeit. Betrachtet man die Aufgaben der Controller im Überblick, so kann man ihre Breite und Vielgestaltigkeit wie folgt 185

Controlling, operatives

zusammenfassen: Sie dienen allesamt dazu sicherzustellen, dass die Manager ihre Führungsaufgabe betriebswirtschaftlich „richtig“ und im vom Unternehmen gewünschten Maße durchführen. Den Zweck der Controllertätigkeit innerhalb der Führung kann man deshalb in Analogie zum Qualitätsmanagement in der Produktion sehen. Damit macht der verfolgte Zweck das Spezifische der Controllertätigkeit aus: Zahlen abzuliefern, ohne sich darum zu kümmern, wie der Manager die Zahlen verwendet, reicht für einen Accountant aus, für einen Controller dagegen nicht. Damit wird auch vom Zweck her klar, warum Controller Information, Planung und Kontrolle zugleich wahrnehmen: Das Nebeneinander sichert vielfältige Zugänge zum Manager; Dienstleistungen des Entlastens schaffen Vertrauen und Akzeptanz für Ergänzung sowie Einsicht für Begrenzung. 4. Beziehungen zwischen und Controller

Controlling

Die Aufgaben der Controller weisen enge Bezüge zu den Sichten des C. auf: Controller erfüllen parallel Informations-, Planungs- und Kontroll- sowie Koordinationsaufgaben. Da der Zweck ihrer Tätigkeit – wie gezeigt – in der Sicherung der Führungsqualität besteht, liegt auch eine enge Verbindung zur Sicht des C. als Rationalitätssicherung vor. Dennoch sind die funktionale und die institutionale Perspektive nicht deckungsgleich. Die Rationalitätssicherungsfunktion ist vielmehr nicht auf Controller beschränkt, sondern wird auch von anderen Trägern wahrgenommen, etwa durch den Kapitalmarkt, Aufsichts- und Beiträte oder durch die Manager selbst („self controlling“). Analoges gilt für die Informations-, Planungs- und Kontroll- sowie Koordinationsaufgaben. Lit.: Horváth, P.: Controlling, 11. Aufl., 2009; Kieser, A.: Ein kleiner Reisebericht 186

aus einem benachbarten, aber doch fremden Gebiet, in: Weber, J./Hirsch, B. (Hrsg.): Zur Zukunft der Controllingforschung. Empirie, Schnittstellen und Umsetzung in der Lehre, 2003, S. 11-26; Küpper, H.-U.: Controlling. Konzeption, Aufgaben, Instrumente, 5. Aufl., 2008; Weber, J. et al.: Controlling 2006 – Stand und Perspektiven, 2006; Weber, J./ Schäffer, U.: Einführung in das Controlling, 12. Aufl., 2008; Weber, J./Zubler, S./Rehring, J.: Das 3. WHU-Controllerpanel 2009 – Aktuelle Entwicklungen und Trends im Zeichen der Krise, 2009. Jürgen Weber Controlling, operatives Teilbereich des o Controllings, der sich auf die effiziente Nutzung bereits im Unternehmen vorhandener Erfolgspotentiale bezieht. Die zu unterstützenden Entscheidungsprobleme sind typischerweise kurzfristiger Natur und können mit Instrumenten der o Kostenrechnung gelöst werden. Controlling, strategisches Teilbereich des o Controllings, der sich auf die Erschließung und Entwicklung von Erfolgspotentialen bezieht. Die zu unterstützenden Entscheidungsprobleme sind typischerweise langfristiger Natur und können mit Instrumenten der o Investitionsrechnung und qualitativen Methoden gelöst werden. Cookbook-Accounting Umgangssprachliche Ausdruck für eine regelbasierte Rechnungslegung (o Rules-Based Accounting). Corporate Governance (CG) 1. Begriff und Bedeutung der CG CG markiert heute eines der am meisten diskutierten Managementthemen. In einer Kurzformel bezeichnet CG den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens. Der Terminus lässt sich nicht ohne Weiteres wörtlich übersetzen,

Corporate Governance (CG)

weist jedoch weitgehende Überschneidungen mit dem deutschen Begriff der Unternehmensverfassung auf. Im Unterschied zur Unternehmensverfassung, die primär die Binnenordnung des Unternehmens betrifft, werden unter dem Stichwort CG aber auch Fragen der (rechtlichen und faktischen) Einbindung des Unternehmens in sein Umfeld (wie namentlich den Kapitalmarkt) adressiert. CG ist keineswegs ein neues Thema. Die Auseinandersetzung mit der (mangelnden) Effizienz der Führungsorgane wie namentlich dem Aufsichtsrat, aber auch die Debatte um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Deutschland weisen eine lange Tradition auf. In den letzten Jahren hat die Diskussion über zweckmäßige Formen der Leitung und Überwachung von Unternehmen jedoch sowohl national als auch international einen bislang noch nicht da gewesenen Stellenwert erlangt. Treiber der CG-„Bewegung“ sind zum einen die Globalisierung der Wirtschaft und die Liberalisierung der Kapitalmärkte, da die global operierenden, einflussreichen Kapitalmarktakteure wie namentlich die großen institutionellen Investoren (z.B. Pensionsfonds) den Governancemodalitäten der Unternehmen mit Nachdruck Beachtung schenken. Schubkraft erhält die Diskussion um effiziente und transparente Formen der Unternehmensführung zum anderen generell durch spektakuläre Fälle von Missmanagement und Unternehmensschieflagen. Infolgedessen werden im Zuge der aktuellen dramatischen Finanz- und Wirtschaftskrise bisherige Governancemodalitäten mit besonderer Konsequenz in Frage gestellt. 2. Funktionen und stände der CG

Regelungsgegen-

In Unternehmen werden zur arbeitsteiligen Wertschöpfung unter der Leitung eines Top-Managements Beiträge verschiedener Akteure bzw. Bezugsgruppen (z.B. Anteilseigner, Arbeitnehmer, Lieferanten und Gläubiger) gebündelt. Die

Beziehungen der Bezugsgruppen zum Unternehmen werden dabei in expliziten oder impliziten Verträgen geregelt. Die Governanceprobleme des Unternehmens lassen sich im Kern darauf zurückführen, dass die geschlossenen Verträge zwangsläufig bis zu einem gewissen Grade unvollständig sind und die diversen Bezugsgruppen teils unterschiedliche Interessen verfolgen. Je nach ihren Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmensgeschehen können die Akteure somit versuchen, die Unvollständigkeiten der Verträge zu ihren Gunsten – und damit meist zu Lasten anderer Interessengruppen – auszunutzen (v. Werder, 2009). Vor diesem Hintergrund haben Regelungen zur CG grundsätzlich die Aufgabe, durch geeignete rechtliche und faktische Arrangements aus Verfügungsrechten und Anreizsystemen die Spielräume sowie die Motivationen der Akteure für opportunistisches Verhalten einzuschränken (Witt, 2003). Sie zielen darauf ab, unter Abwägung der Einbußen durch opportunistisches Verhalten (Opportunismuskosten) und der Aufwendungen für die Regelungen (Regulierungs- bzw. Governancekosten; Williamson, 1975) möglichst günstige Bedingungen für eine produktive Wertschöpfung und faire Wertverteilung zu schaffen (Blair, 1995; O’Sullivan, 2000). Aus Sicht der betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Unternehmensführung lassen sich konkret die folgenden vier Gestaltungsfelder ableiten, auf die sich Regelungen der CG erstrecken müssen (v. Werder, 2001): (1) Regelungen zur Festlegung der übergeordneten Zielsetzung des Unternehmens, die dem Topmanagement eine Handlungsmaxime bietet, um Interessenkonflikte zwischen den Bezugsgruppen im Einzelfall zu bewältigen, (2) Regelungen für die Strukturen, Prozesse und Personen der Unternehmensführung, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll, (3) Regelungen für die regelmäßige Evaluation der Führungsak187

Corporate Governance (CG)

tivitäten zur Bestandsaufnahme und kontinuierlichen Verbesserung der Modalitäten der Unternehmensführung sowie (4) Regelungen zur proaktiven Unternehmenskommunikation, um durch Herstellung von Transparenz das Vertrauen und damit die letztlich existenznotwendige Unterstützung der relevanten Bezugsgruppen des Unternehmens zu gewinnen und zu festigen. 3. Gestaltungsformen der CG a) Regelungsebenen der CG. Die Lösung von CG-Problemen kann prinzipiell entweder dem Marktgeschehen überlassen werden oder Gegenstand gezielter Regelungen sein. Da eine Regulierung grundsätzlich Kosten verursacht, sind marktliche Lösungen unter Effizienzgesichtspunkten im Prinzip vorzuziehen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass Märkte nicht selten unvollkommen sind und dann zu Wohlfahrtsverlusten und Verteilungsproblemen führen. Infolgedessen kann auf ein gewisses Maß an Regulierung (auch) im Governancezusammenhang nicht verzichtet werden, wobei das Verhältnis von Regulierungsnutzen (aus Behebung der Folgen von Marktversagen) und Regulierungskosten möglichst zu optimieren ist. Regelungen zur CG können auf drei verschiedenen Regulierungsebenen angesiedelt werden. Zunächst lassen sich gesetzliche Vorschriften und untergesetzliche Governancestandards unterscheiden. Gesetzliche Vorschriften zur CG sind das Ergebnis eines parlamentarischen (Gesetzgebungs-)Verfahrens und für alle Adressaten des betreffenden Gesetzes verbindlich. Untergesetzliche Governancestandards (Soft Law) haben hingegen nicht den Status formeller Rechtsregelungen, sondern beruhen vielmehr häufig auf Initiativen aus Kreisen der Praxis. Sie füllen die jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften aus und sollen qua (mehr oder weniger freiwilliger) Selbstbindung der Unternehmen wirksam werden. In188

nerhalb der Gruppe untergesetzlicher Governancestandards können nach ihrer Geltungsreichweite generelle Regelwerke für eine bestimmte, größere Gruppe von Unternehmen (z.B. Kodizes wie der Deutsche Corporate Governance Kodex DCGK; Ringleb et al., 2010) und unternehmensindividuelle Leitlinien (Pohle/v. Werder, 2002) unterschieden werden. b) Mechanismen der CG. CG-Regime können mit internen Kontrollen durch Unternehmensorgane und externen Kontrollen durch den Markt auf zwei prinzipiell unterschiedliche Mechanismen zurückgreifen, um Risiken aus unvollständigen Verträgen einzudämmen (Witt, 2003, Cuervo, 2002). Diese Mechanismen beruhen auf den beiden Optionen Voice und Exit (Hirschman, 1970), die unzufriedenen Transaktionspartnern zur Wahrnehmung ihrer Interessen grundsätzlich zur Verfügung stehen. Sie können danach entweder ihre Stimme erheben und auf diese Weise Einfluss auf das Verhalten ihres Transaktionspartners zu nehmen suchen (Voice) oder aber die Austauschbeziehung verlassen (Exit). Bei den – oft auch synonym als interne CG bezeichneten – Organkontrollen erhalten Stakeholder bestimmte Informations-, Überwachungs- und Entscheidungsrechte, die sie in die Lage versetzen, solche Risiken (besser) zu erkennen und im Rahmen ihrer Kompetenzen zu reduzieren. Ein prototypisches Beispiel bildet der Aufsichtsrat der AG, der es den dort vertretenen Bezugsgruppen (Aktionäre, oft aber auch z.B. Kreditgeber sowie Arbeitnehmer im Mitbestimmungsfall) erlaubt, den Vorstand zu kontrollieren. Marktkontrollen hingegen setzen – als externe CG – auf die „freiwillige“ Koordination unterschiedlicher Interessen durch das Spiel der Marktkräfte von Angebot und Nachfrage. Im Zentrum diesbezüglicher Governanceüberlegungen steht hier bislang der (o Eigenkapital-)Markt für Unternehmenskontrolle,

Corporate Governance (CG)

der unbefriedigende Leistungen des TopManagements durch die idealtypische Sequenz von Aktienverkäufen, Kursrückgängen, feindlicher Übernahme und Auswechselung des Managements sanktioniert. Die Marktkontrolle ist als Governancemechanismus allerdings keineswegs auf den Markt für Eigenkapital beschränkt. Sie kann vielmehr durchaus auch auf anderen Märkten und damit zugunsten weiterer Stakeholder funktionieren. c) Prinzipien der CG. Ausgehend von den Ursachen der Governanceprobleme (unvollständige Verträge, unterschiedliche Interessen der Bezugsgruppen und opportunistisches Verhalten der Akteure) lassen sich bestimmte Gestaltungsprinzipien der CG identifizieren, welche die produktive Wertschöpfung und faire Wertverteilung fördern (sollen). Zu den wichtigsten Governanceprinzipien zählen die Gewaltenteilung, die Transparenz, die Reduzierung von Interessenkonflikten und die Motivation zu wertorientiertem Verhalten. Durch Gewaltenteilung werden Verfügungsrechte auf mehrere Akteure verteilt und qua Etablierung von checks and balances Machtmonopole abgebaut, die anderenfalls zur eigennützigen Ausschöpfung von Opportunismusoptionen missbraucht werden könnten. Die Förderung der Transparenz des Unternehmensgeschehens zielt darauf ab, Informationsasymmetrien zwischen den verschiedenen Akteuren abzuschwächen. Opportunistische Verhaltensweisen werden durch Transparenz eher sichtbar und daher mit Blick auf ansonsten drohende Sanktionen auch eher unterbleiben. Im Mittelpunkt der Eindämmung von Interessenkonflikten steht bislang – entsprechend dem klassischen Principal-AgentAnsatz der CG – das Top-Management, das aufgrund seiner privilegierten Verfügungsmacht besonders vielfältige Gelegenheiten hat, eigene Interessen über das Unternehmensinteresse zu stellen. Daneben werden aber auch andere Konfliktla-

gen wie etwa die von Banken, Aufsichtsratsmitgliedern und Abschlussprüfern adressiert. Die Motivation der Akteure soll ihren (eventuellen) Präferenzen für opportunistische Verhaltensweisen entgegenwirken und kann an den verschiedenen Faktoren der intrinsischen und extrinsischen Motivation (z.B. materielle Anreize) anknüpfen. Nicht zuletzt zählen hierzu auch die diversen Haftungsvorschriften zivil- und strafrechtlicher Natur, die vertrags- und gesetzwidrige Formen des Opportunismus mit entsprechenden Sanktionen belegen. 4. CG und Rechnungslegung Der Herstellung von Transparenz als einem der zentralen Governanceprinzipien kommt – wie oben bereits deutlich gemacht wurde – große Bedeutung bei der Bewältigung des CG-Problems zu. Auf diese Weise können Informationsasymmetrien zwischen den Bezugsgruppen des Unternehmens abgebaut und das Vertrauen der Stakeholder in die Integrität der Unternehmensführung gestärkt werden. Es liegt daher auf der Hand, dass Fragen der CG und der o Rechnungslegung eng miteinander verwoben sind. Dementsprechend zielen auch zahlreiche Bestimmungen der auf dem Gebiet der CG zwischenzeitlich erlassenen Gesetze sowie des DCGK auf eine Stärkung der Transparenz ab. Dieser Trend zu mehr Transparenz gilt zunächst für die Rechnungslegung im engeren Sinne der Finanzberichterstattung. Beispiele einschlägiger Kodexstandards bilden die beiden Empfehlungen zum fast close, wonach der o Konzernabschluss binnen 90 Tagen nach Geschäftsjahresende (Tz. 7.1.2 Satz 4 1. HS DCGK) und o Zwischenberichte binnen 45 Tagen nach Ende des Berichtzeitraums (Tz. 7.1.2 Satz 4 2. HS DCGK) öffentlich zugänglich sein sollen. Der Transparenzgedanke geht allerdings inhaltlich weit über das reine financial reporting hinaus und betrifft z.B. auch die Veröffentlichung von Informationen 189

Corporate Governance (CG)

über Strukturen und Prozesse der CG sowie über die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Rechnungslegung im weiteren Sinne umfasst damit auch die CG-Publizität (o Publizität) mit ihren teils spezifischen Publizitätsinstrumenten wie der Entsprechenserklärung (§ 161 AktG), dem CG-Bericht (Tz. 3.10 DCGK) und der durch das o BilMoG eingeführten Erklärung zur Unternehmensführung (§ 289a HGB). 5. Ausblick Die intensive CG-Diskussion der vergangenen Jahre, die auf nationaler wie internationaler Ebene geführt worden ist, hat beachtliche Veränderungen sowohl im Kontext als auch in den Modalitäten der Leitung und Überwachung börsennotierter Gesellschaften zur Folge gehabt. Zum einen ist der regulatorische Rahmen der Unternehmensführung durch Einführung zahlreicher neuer Bestimmungen des hard law und des soft law (z.B. Kodizes) verfeinert worden. Zum anderen lassen sich deutliche Trends zur Fortentwicklung der CG nachweisen, die etwa die Stärkung der Transparenz der Führungsaktivitäten und damit letztlich auch Fragen der Rechnungslegung im weiteren Sinne betreffen. Ungeachtet der grundsätzlich positiven Entwicklungen besteht allerdings auch weiterhin noch erheblicher Bedarf an einer kontinuierlichen Verbesserung der Governancestrukturen und -prozesse. Nachdem die wesentlichen Standards guter Unternehmensführung inzwischen formuliert sind, wird es in der Zukunft vor allem darum gehen, dass diese Standards auch tatsächlich im Leitungs- und Überwachungsalltag nicht nur ihren Buchstaben gemäß, sondern entsprechend ihren Intentionen gelebt werden. Gerade die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise macht deutlich, dass auch Unternehmen mit erklärter guter CG in der Umsetzung offenbar nach wie vor Defizite aufweisen. Infolgedessen sollte 190

nach der bisherigen ersten Phase der Governancebewegung, die primär dem Anstoß einer breiten Debatte über die Formen guter Unternehmensführung und der Einführung diesbezüglicher Regelungen gewidmet war, künftig die Kontrolle der Praktizierung allgemein akzeptierter Governancestandards in den Vordergrund rücken. Lit.: Blair, M.M.: Ownership and Control, 1995; Cuervo, A.: Corporate Governance Mechanisms, in: Corporate Governance – An International Review 2002, S. 84-93; Hirschman, A.O.: Exit, Voice and Loyalty, Cambridge, 1970; Mallin, C.A.: Handbook on international corporate governance, 2. Aufl., 2010; O’Sullivan, M.: Contests for Corporate Control, 2000; Pellens, B./Crasselt, N.: Transparenz der Unternehmensführung, in: Schreyögg, G./v. Werder, A. (Hrsg.), HWO, 4. Aufl., 2004, Sp. 1458-1468; Pohle, K./v. Werder, A.: Corporate Governance – Generelle Kodizes und unternehmensindividuelle Leitlinien, in: Ruffner, M. (Hrsg.), Meilensteine im Management, Bd. IX, 2002, S. 735-757; Ringleb, H.-M. et al.: Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 4. Aufl., 2010; v. Werder, A.: Der German Code of Corporate Governance im Kontext der internationalen GovernanceDebatte: Umfeld, Funktionen und inhaltliche Ausrichtung des GCCG, in: German Code of Corporate Governance (GCCG), 2. Aufl., 2001, S. 1-33; v. Werder, A.: Ökonomische Grundfragen der Corporate Governance, in: Handbuch Corporate Governance, 2. Aufl., 2009, S. 3-37; v. Werder, A./Talaulicar, T.: Kodex Report 2010: Die Akzeptanz der Empfehlungen und Anregungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, in: DB 2010, S. 853-861; Williamson, O.E.: Markets and Hierarchies, 1975; Witt, P.: Corporate Governance-Systeme im Wettbewerb, 2003. Axel v. Werder

Covenants

Corporate Social Responsibility Als C. wird die ethisch-moralische, über gesetzliche Regelungen hinausgehende Verpflichtung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft verstanden. C. liegt das Verständnis zugrunde, dass die unternehmerische Verantwortung über technische und ökonomische Interessen hinaus geht sowie soziale und ökologische Aspekte zu beachten sind. Viele Unternehmen berichten im Rahmen der freiwilligen o Publizität über ihre Aktivitäten im Bereich der C. (o Nachhaltigkeitsbericht). Corporation US-amerikanische Unternehmensform, vergleichbar der deutschen o Kapitalgesellschaft, geregelt durch Rechte der Einzelstaaten. Organe der C. sind die Generalversammlung und das von ihr gewählte Board of Directors, dem i.d.R. Personen des Managements, vergleichbar mit dem Vorstand deutscher o Aktiengesellschaften, und Externe, vergleichbar mit deutschen Aufsichtsratsmitgliedern, angehören. Die C. ist in den USA die vorherrschende Unternehmensform. Cost Accounting In der englischsprachigen Literatur übliche Bezeichnung für die o Kostenrechnung. Das C. ist Teil des o Management Accounting. Cost-Benefit-Analysis = o Kosten/Nutzen-Analyse Cost-Center Unternehmensbereich, bei dem sich die Verantwortlichkeit des Leiters auf die verursachten o Kosten erstreckt. Ziel ist die Erzielung eines gegebenen Outputs bei minimalen Kosten. Eine Spezialform von C. sind o Service-Center, die bestimmte innerbetriebliche Leistungen erbringen (z.B. Forschung und Entwicklung).

Cost Driver = o Kostentreiber Cost-volume-profit analysis Eine Analyse, in der die Wirkung einer Veränderung der Produktions- und Absatzmenge auf die Kosten und Erlöse ermittelt wird. Entspricht dem Vorgehen bei o Sensitivitäts- und o Abweichungsanalysen. Wird die Menge ermittelt, bei der sich Kosten und Erlöse entsprechen, wird von o Break-even-Analyse gesprochen. Covenants Der Begriff C. stammt aus dem angloamerikanischen Rechtskreis und bezeichnet kreditvertragliche Nebenbedingungen, die dem Kreditnehmer zusätzliche Verhaltenspflichten auferlegen. Kennzeichnend ist das Ziel, mittels einer vertraglichen Verpflichtung seitens des Schuldners die Rückzahlung des investierten Kapitals an den Gläubiger zu sichern. In der Regel handelt es sich um reine Verhaltens- und Informationspflichten, welche nicht mit unmittelbar zahlungsrelevanten Verpflichtungen einhergehen. An die Nichteinhaltung der C. können jedoch Sanktionen geknüpft sein. Folgende Arten von C. werden typischerweise unterschieden: - Information C. sind Regelungen, welche Berichtspflichten abbilden. - Non-financial C. hingegen bezeichnen konkrete Verbote oder Gebote. Zu unterscheiden sind Affirmative C., welche den Schuldner zu gewissen Handlungen verpflichten, und Negative C., durch welche bestimmte Handlungen gar nicht oder nur nach Absprache mit dem Gläubiger durchgeführt werden dürfen. - Financial C. betreffen die Finanzkraft und beziehen sich im Allgemeinen auf zuvor festgelegte Kapitalstrukturauflagen der Vermögens-, Ertragsund Finanzlage. Eine wesentliche 191

CPA

Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage soll frühzeitig erkannt werden. Lit.: Lützenrath, C./Schröer, M.: Financial Covenants – Klare Zielvorgaben für Kreditnehmer, in: Kredit & Rating Praxis 5/2001, S. 19-21; Schackmann, M./Behling, N.: Die Bedeutung von Covenants bei der Akquisitions- und Unternehmensfinanzierung, in: FB 2004, S. 789-799; Servatius, W.: Gläubigereinfluss durch Covenants – Hybride Finanzierungsinstrumente im Spannungsfeld von Fremd- und Eigenfinanzierung, 2008. CPA = o Certified Public Accountant CSR = o Corporate Social Responsibility Current Ratio = o Liquiditätsgrad Cut-off-Rate Englische Bezeichnung für den kritischen Zinssatz, der sich z.B. bei Anwendung des o Dean-Modells als Schnittpunkt der Kapitalnachfrage- und Kapitalangebotskurve ergibt. o Investitionen, die eine niedrigere Rendite erbringen, werden im o Investitionsprogramm nicht verwirklicht. Cut-off-Verfahren Prüfungsverfahren, bei dem der Prüfer nur solche Elemente auswählt, die eine bestimmte Wert- oder Mengengrenze überschreiten.

192

D Darlehen Durch einen D.-Vertrag wird ein D.Geber verpflichtet, einem D.-Nehmer entweder Geld (§§ 488-190 BGB) oder eine Sache (§§ 607-609 BGB) für einen bestimmten Zeitraum zu überlassen. Bilanziell sind D. beim D.-Nehmer unter den o Verbindlichkeiten, beim D.-Geber unter den o Finanzanlagen oder den o Forderungen zu erfassen (o Finanzinstrumente). Datenbank o EDV-gestütztes Rechnungswesen DBO = Defined Benefit Obligation o Pensionsrückstellungen DBV = o Deutscher Buchprüferverband e.V. DCF-Methoden = o Discounted Cash Flow-Methoden Dean-Modell Nach dem amerikanischen Ökonomen Joel Dean (1906-1979) benannter Ansatz zur Bestimmung des optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramms bei unvollkommenem Kapitalmarkt. Die Investitionsobjekte (I1, …) werden hierbei in absteigender Reihenfolge nach ihrem o internen Zinsfuß geordnet; die Finanzierungsmöglichkeiten (EK, FK1, …) umgekehrt nach steigendem Sollzinssatz. Das optimale Programm wird durch eine grafische Gegenüberstellung von Kapitalnachfragekurve (Investitionsprojekte) und Kapitalangebotskurve (Finanzierungsmöglichkeiten) ermittelt. Das Optimum ist bei unbeschränkter Teilbarkeit der Investitionsobjekte und der Finanzmittel im Schnittpunkt beider Kurven erreicht. Bei beschränkter Teilbarkeit ist anhand eines Flächenvergleichs festzustellen, ob sich die Durchführung des marginalen Investitionsprojekts für sich genommen lohnt (FL1 > FL2) oder nicht (FL1 < FL2). Weiterhin ist zu prüfen, ob eventuell ein Projekt

existiert, das trotz geringerer Verzinsung einen höheren Gewinn verspricht. Voraussetzung hierfür ist, dass für das Projekt weniger Kapital benötigt wird und deshalb in geringerem Maße höher verzinsliche Kredite in Anspruch genommen werden müssen. Interner Zinsfuß

9

Kapitalnachfrage

Kapitalangebot

I1

FK2 FL2 I2

8

FL1 FK1

7

6

I3

EK

I4

100 200 300 400 500 600 700 Verursachte Zahlungen

Lit.: Dean, J.: Capital Budgeting, 7. Aufl., 1964, S. 14-139; Franke, G./Hax, H.: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl., 2004, S. 222-226; Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 236-239. Debitor = Schuldner Decision Usefulness = o Entscheidungsnützlichkeit Deckungsbeitrag Der D. ergibt sich als Differenz aus Umsatzerlösen und variablen Kosten (o Kosten, fixe und variable). Ein positiver D. trägt zur Deckung der fixen Kosten bei und ist die zentrale Ergebnisgröße im Rahmen der o Deckungsbeitragsrechnung. Deckungsbeitragsrechnung 1. Einführung D. sind wichtige Instrumente des Rechnungswesens zur Lösung von Planungs-, 193

Deckungsbeitragsrechnung Kontroll- und Lenkungsaufgaben. Mit ihren zahlreichen Varianten erweisen sie sich als äußerst anpassungsfähig und flexibel einsetzbar. Im Folgenden werden zunächst die Grundlagen und der Aufbau ein- und mehrstufiger D. dargestellt. Hieran anschließend wird auf deren Anwendung bei der Lösung von Managementaufgaben eingegangen. 2. Grundlagen und Aufbau von D. a) Einstufige D. D. sind Erfolgsrechnungen, die auf einer strikten Trennung zwischen kurzfristig variablen Erfolgsgrößen und kurzfristig fixen Erfolgsgrößen basieren. Die variablen Erfolgsgrößen umfassen die variablen Erlöse und die variablen o Kosten, deren Differenz als Deckungsbeitrag bezeichnet wird. Der Deckungsbeitrag gibt den Betrag an, der zur Deckung der fixen Kosten und zur Gewinnerzielung zur Verfügung steht. Der absolute Stückdeckungsbeitrag dn eines Produktes n ergibt sich aus der Differenz des Absatzpreises bzw. der variablen Stückerlöse pan und der variablen Stückkosten kvn. Multipliziert man den absoluten Stückdeckungsbeitrag mit der Absatzmenge xan, so erhält man den Deckungsbeitrag eines Produktes Dn. Werden die Deckungsbeiträge aller N Produkte aufsummiert, erhält man den Deckungsbeitrag des Unternehmens D: N

N

N

n=1

n=1

n=1

D=¦ Dn =¦ d n ×xa n =¦ (pa n -kv n )×xa n

Kennzeichen einstufiger D. ist, dass die Fixkosten KF in einem Block zusammengefasst und zur Ermittlung des Periodenerfolges in einer Stufe vom Deckungsbeitrag des Unternehmens subtrahiert werden. Sofern in einem Unternehmen auch Fixerlöse EF anfallen, sind diese zum Deckungsbeitrag zu addieren. Für den Periodenerfolg G gilt somit: G = D – KF + EF Die Durchführung einer einstufigen D. setzt voraus, dass die variablen Stücker194

löse mit einer Grenzerlösrechnung und die variablen Stückkosten mit einer o Grenzkostenrechnung bestimmt werden, wobei auch andere Rechnungssysteme, wie z.B. die relative Einzelerlösund o Einzelkostenrechnung oder die o Prozesskostenrechnung als Teilkostenrechnung, eingesetzt werden können. Ebenfalls ist es möglich, dass weitere Sachverhalte, wie bspw. funktionale Zusammenhänge zwischen Absatzpreisen und Absatzmengen über den Ansatz von Preis-Absatz-Funktionen oder Lagerbestandsveränderungen, berücksichtigt werden. b) Mehrstufige D. Einen im Vergleich zu einstufigen D. besseren Einblick in die Erfolgsstruktur eines Unternehmens gestatten mehrstufige D. Die Fixkosten (und ggf. die Fixerlöse) werden bei diesen Erfolgsrechnungen nicht in einer Stufe, sondern in mehreren Stufen von den Deckungsbeiträgen subtrahiert. Die Zurechnung der Fixkosten zu einzelnen Stufen erfolgt gemäß dem Einwirkungsprinzip, wonach ein Güterverzehr einem Zurechnungsobjekt eindeutig ohne Schlüsselung zugerechnet werden kann. Demnach lassen sich bspw. die Fixkosten einer Maschine, auf der nur ein Produkt gefertigt wird, eindeutig diesem Produkt als Produktartfixkosten zurechnen. Sofern auf der Maschine mehrere Produkte gefertigt werden, die zu einer Produktgruppe gehören, können die Fixkosten der Produktgruppe als Produktgruppenfixkosten zugerechnet werden. Dementsprechend ist z.B. das fixe Gehalt eines Mitarbeiters, der für nur eine Kundengruppe zuständig ist, dieser Kundengruppe als Kundengruppenfixkosten zuzurechnen. Als mögliche Kalkulationsobjekte für eine Fixkostenzurechnung bieten sich an: – Stufen des Produktionsbereichs. Produktarten, Produktgruppen, Kostenstellen, Betriebsbereiche, Produktionsstandorte usw.

Deckungsbeitragsrechnung – Stufen des Kunden- und Absatzbereichs. Kunden, Kundengruppen, Erlösstellen, Absatzwege, Verkaufsbezirke, Marktsegmente, strategische Geschäftseinheiten, Profit Center usw. – Sonstige Stufen. Segmente, Funktionsbereiche, sonstige Organisationseinheiten wie z.B. Sparten, Unternehmen oder die Konzernebene Unternehmen Produktgruppe Produktart

Die Erfolgs- und Fixkostenstruktur eines Unternehmens wird dabei umso transparenter und differenzierter offengelegt, je eher Fixkosten den untersten Stufen einer Hierarchie zugeordnet werden können. In der nachfolgenden Tabelle 1 findet sich ein Beispiel für eine produktorientierte mehrstufige D. mit den Stufen Unternehmen, Produktgruppen und Produktarten, wobei auf den Ansatz möglicher fixer Erlöse verzichtet worden ist.

1

variable Stückerlöse − variable Stückkosten = absoluter Stückdeckungsbeitrag u Absatzmenge = Deckungsbeitrag I je Produktart − Produktartfixkosten = Deckungsbeitrag II je Produktart Deckungsbeitrag II je Produktgruppe − Produktgruppenfixkosten = Deckungsbeitrag III je Produktgruppe

2

1

2

3

4

30 10 20 1.000 20.000 4.000 16.000

40 35 5 2.000 10.000 12.000  2.000

90 60 30 4.000 120.000 30.000 90.000

140 90 50 500 25.000 20.000 5.000

14.000 20.000  6.000

Deckungsbeitrag III des Unternehmens − Unternehmensfixkosten = Periodenerfolg

95.000 30.000 65.000 59.000 40.000 19.000

Tab. 1: Produktorientierte mehrstufige D.

Ein weitergehender Einblick in die Erfolgsstruktur wird dadurch erreicht, dass produktorientierte mehrstufige D. mit kunden- oder absatzmarktorientierten mehrstufigen D. kombiniert werden. Geht man bei dem Beispiel zusätzlich Stufe 1 2 3 4 5

Typ 1 Unternehmen Produktgruppe Produktart Absatzgebiet Kundengruppe

Typ 2 Unternehmen Produktgruppe Produktart Kundengruppe Absatzgebiet

davon aus, dass alle Produkte sowohl im Inland als auch im Ausland an Groß- und Kleinkunden vertrieben werden, bieten sich für den Aufbau einer mehrstufigen D. die nachfolgenden Reihenfolgen der Stufen an: Typ 3 Unternehmen Absatzgebiet Kundengruppe Produktgruppe Produktart

Typ 4 Unternehmen Kundengruppe Absatzgebiet Produktgruppe Produktart

Tab. 2: Stufenreihenfolgen mehrdimensionaler mehrstufiger D.

195

Deckungsbeitragsrechnung Die Konsequenzen der verschiedenen Stufenreihenfolgen für die Zurechnung von Fixkosten sollen anhand einiger Beispiele erläutert werden: Die Produktartfixkosten können bei den Typen 1 und 2 ohne Weiteres als solche ausgewiesen werden. Bei den Typen 3 und 4 können diese jedoch nur dem Unternehmen zugerechnet werden, da die Produktarten in beiden Absatzgebieten und an beide Kundengruppen vertrieben werden. Demgegenüber können die Fixkosten, die eindeutig einem Absatzgebiet zugeordnet werden können, beim Typ 3 als solche ausgewiesen werden. Bei den Typen 1 und 2 können diese Fixkosten jedoch nur der Unternehmensebene zugerechnet werden, da die Produkte sowohl im Inals auch im Ausland vertrieben werden; gleichfalls ist eine Zurechnung beim Typ 4 nur beim Unternehmen möglich, da beide Kundengruppen in den zwei Absatzgebieten bedient werden. Insgesamt gestattet eine solche mehrdimensionale Ausgestaltung mehrstufiger D. einen tiefgehenden Einblick in die Erfolgsstruktur eines Unternehmens. Mögliche Erweiterungen bestehen in der ergänzenden Berücksichtigung der zeitlichen Beeinflussbarkeit oder der Zahlungswirksamkeit der Fixkosten, der Gliederung der Fixkosten und ggf. der variablen Kosten nach Kostenarten oder -kategorien, der Aufspaltung der Fixkosten in Nutz- und Leerkosten gemäß dem Beanspruchungsprinzip sowie dem Ausweis von Prozesskosten. Darüber hinaus können die mehrstufigen D. auch für unterschiedliche Fristigkeitsgrade aufgestellt werden. 3. Anwendung von D. a) Planungsaufgaben. Einstufige D. werden vielfach zur Lösung operativer Planungsaufgaben eingesetzt. Da die fixen Erlöse und Kosten unabhängig von den Absatz- und auch Produktionsmengen anfallen, führt die Maximierung des Deckungsbeitrags unter der Annahme der 196

Sicherheit zu den gleichen Ergebnissen wie eine Maximierung des Periodenerfolgs. Dieses Bestreben nach Maximierung des Periodenerfolgs wird durch die vorhandenen Unternehmenspotenziale im Beschaffungs-, Produktions- und Absatzbereich beschränkt. Insofern sind die Potenziale in Unternehmen so einzusetzen, dass sie zu einem maximal möglichen Deckungsbeitrag führen, der eine vollständige Deckung aller Fixkosten sowie eine angestrebte Gewinnvorgabe, ggf. unter Berücksichtigung von Fixerlösen, sicherstellt. Über das Lücke-Theorem kann eine Verbindung zwischen der einstufigen D. auf Basis kalkulatorischer Periodenerfolge als o Residualgewinne und den längerfristig ausgerichteten Investitionsrechnungen auf Basis von Zahlungen hergestellt werden. Bei dem Standardmodell einstufiger D. zur Planung des Produktionsprogramms sind die gewinnmaximierenden Produktions- und Absatzmengen festzulegen. Bei den hierbei zu berücksichtigenden Nebenbedingungen ist zwischen Ein- und Mehrproduktrestriktionen zu unterscheiden. Während sich Einproduktrestriktionen nur auf eine Produktart beziehen (z.B. die Absatzhöchstmenge eines Produktes), betreffen Mehrproduktrestriktionen mehrere Produkte (z.B. eine Maschine, auf der mehrere Produkte gefertigt werden). Geht man von linearen Nebenbedingungen aus, gelten in Abhängigkeit von der Anzahl der wirksamen Mehrproduktrestriktionen folgende Entscheidungsregeln: – Keine wirksame Mehrproduktrestriktion: Produziere alle Produkte mit einem positiven absoluten Stückdeckungsbeitrag mit den maximal möglichen Mengen. – Eine wirksame Mehrproduktrestriktion: Produziere die Produkte mit positiven absoluten Stückdeckungsbeiträgen nach der Rangfolge der spezifischen Stückdeckungsbeiträge mit

Deckungsbeitragsrechnung den jeweils maximal möglichen Mengen, bis die knappe Kapazität erschöpft ist. Die spezifischen Stückdeckungsbeiträge geben den Deckungsbeitrag eines Produktes an, der je knapper Kapazitätseinheit erzielt werden kann. – Mehrere wirksame Mehrproduktrestriktionen: Grundsätzlich kann die Lösung des Planungsproblems nur durch die simultane Berücksichtigung der Restriktionen mittels des SimplexAlgorithmus ermittelt werden. Dieses Standardmodell einer einstufigen D. lässt zahlreiche Varianten zu, mit denen viele operative Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprobleme gelöst werden können. Sofern Preis-AbsatzFunktionen berücksichtigt werden, ist zu beachten, dass die Zielfunktion dann nicht mehr linear ist. In diesem Fall muss man sich zur Lösung des Planungsproblems im Allgemeinen des Lagrange-Ansatzes und der Kuhn-Tucker-Bedingungen bedienen. Zur Einbeziehung der Unsicherheit in die Planung bieten sich zwei Wege an. Zum Ersten können die Planungsprobleme zunächst unter der Annahme der (Quasi-) Sicherheit gelöst und die Unsicherheit dann ergänzend, z.B. durch o Sensitivitätsanalysen und insb. o Break-EvenAnalysen, berücksichtigt werden. Zum Zweiten kann die Unsicherheit explizit in die Planungsrechnungen einbezogen werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Unsicherheit in Abhängigkeit von der Risikoeinstellung eines Entscheidungsträgers die Festlegung von Entscheidungsvariablen und die Wahl zwischen Alternativen beeinflussen kann. Ebenfalls kann grundsätzlich nicht mehr davon ausgegangen werden, dass fixe Kosten entscheidungsirrelevant sind. Ausgangspunkt für die Planung mehrstufiger D. ist das optimale Produktionsund Absatzprogramm eines Unterneh-

mens. In den ggf. mehrdimensional mehrstufigen D. kann analysiert werden, inwieweit die einzelnen Fixkostenstufen zur Deckung der ihnen eindeutig zurechenbaren Fixkosten und damit zur Erzielung eines positiven Stufendeckungsbeitrags in der Lage sind. Sofern man mit den Ergebnissen mehrstufiger D. nicht zufrieden ist, kann durch kurzfristige Planungsalternativen, wie z.B. absatzmarktpolitische Maßnahmen, Reduzierung der Lagerhaltung oder Kurzarbeit, versucht werden, den Deckungsbeitrag der Stufen und damit den Periodenerfolg des Unternehmens zu erhöhen. Langfristig wirksame Entscheidungen, wie z.B. der Abbau von Kapazitäten, sollten jedoch nicht alleinig auf Basis mehrstufiger D. getroffen werden. Die mehrstufigen D. als Instrument des strategischen o Kostenmanagements liefern vor allem wertvolle Anregungen für notwendige langfristige Planungen, für die dann o Investitionsrechnungen auf Basis von Zahlungen durchzuführen sind. b) Kontrollaufgaben. Die mit Hilfe von ein- und mehrstufigen D. geplanten Periodenerfolge können in einer Kontrolle mit den realisierten Periodenerfolgen verglichen werden. Zur Ermittlung der Abweichungsursachen ist die Gesamtabweichung des Periodenerfolges im Rahmen der o Abweichungsanalyse in einflussgrößenspezifische Teilabweichungen aufzuspalten. Bei einer einstufigen D. ist die Gesamtabweichung zunächst in die Abweichung der Deckungsbeiträge und in die Abweichung der Fixkosten zu zerlegen, die dann in weitere Teilabweichungen aufgespalten werden können (z.B. Stückdeckungsbeitrags-, Absatzmengen-, Absatzpreis- und variable Stückkostenabweichung). In den mehrstufigen D. kann die Gesamtabweichung des Periodenerfolges in die Teilabweichungen der unterschiedlichen Hierarchieebenen zerlegt werden. Das mit Hilfe derartiger Kontrollen gewonnene 197

Deckungskriterium Wissen kann zum einen zur Verbesserung künftiger Entscheidungen genutzt werden. Zum anderen wird durch die Durchführung einer Kontrolle auch das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst, was zu den Lenkungsaufgaben führt.

Deckungsumlage Ein im Rahmen der innerbetrieblichen o Leistungsverrechnung beim o Gutschrift-Lastschrift-Verfahren evtl. entstehender Betrag zur Verrechnung auf die o Hauptkostenstellen.

c) Lenkungsaufgaben. Zur Ausrichtung des Verhaltens der Mitarbeiter auf die Ziele der Zentrale eines Unternehmens hin bietet sich vor allem der Einsatz von mehrstufigen D. an. Vielfach wird versucht, das Verhalten im Rahmen der o Budgetierung durch die Vorgabe von Soll-Deckungsbeiträgen auf den verschiedenen Hierarchieebenen zu beeinflussen. Ebenso kann eine Beteiligung der Mitarbeiter an dem Deckungsbeitrag einer Stufe oder den Deckungsbeiträgen mehrerer Stufen in Erwägung gezogen werden. Die Analyse der Eignung von Deckungsbeiträgen als Performancemaße für die Steuerung des Verhaltens ist Gegenstand des so genannten Performance Measurements.

Deckungsumlageverfahren o Gutschrift-Lastschrift-Verfahren

Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009; Dierkes, S.: Planung und Kontrolle von Prozesskosten, 1998; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Riebel, P.: Relative Einzelkostenund Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., 1994; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008. Stefan Dierkes Deckungskriterium Das D. ist erfüllt, wenn die Summe der Einzahlungen größer ist als die Summe der Auszahlungen, die aus einer o Investition resultieren. Deckungsspanne = o Deckungsbeitrag pro Stück. Deckungsstockfähigkeit o Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen o Versicherungsunternehmen 198

Deferred method o Steuern, latente Deferred taxes = o Steuern, latente Defined Benefit Obligation o Pensionsrückstellungen Degressionseffekt Form des Verhaltens von Kosten bei Schwankungen der o Beschäftigung bzw. Auslastung (o Kosten, fixe und variable); kann durch die Aussagemöglichkeiten der o Prozesskostenrechnung in der o Kostenträgerstückrechnung verdeutlicht werden. Degressive Abschreibung o Abschreibung, degressive Degressive Kosten o Kosten, fixe und variable Delkredere (1) Übernahme des Ausfallrisikos von Forderungen. (2) Im Rechnungswesen (Sammel-) Wertberichtigung für voraussichtliche Forderungsausfälle (= indirekte o Abschreibungen). Depreciation Im Englischen Bezeichnung für o Abschreibungen auf materielle o Vermögenswerte. Abschreibungen auf o immaterielle Vermögenswerte werden demgegenüber als amortization bezeichnet. Deprival Value Auch: Value to the owner. Der D. entspricht dem Wertverlust, den der Eigentümer eines Vermögensgegenstands hinnehmen müsste, wenn dieser verloren

Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ginge. Die Bewertung ist abhängig von den optimalen Handlungsmöglichkeiten des Eigentümers vor und nach dem hypothetischen Verlust. Formal ist der D. wie folgt definiert: Dt = min[Wt; max(Et; Lt)] Würde sich die Wiederbeschaffung lohnen, entspricht der D. den Wiederbeschaffungskosten Wt. Würde sie sich nicht lohnen, wird der D. durch den Wert der aktuell optimalen Handlungsmöglichkeit (Fortführung mit Ertragswert Et bzw. Liquidation mit Liquidationserlös Lt) für den Eigentümer bestimmt. Stimmen Wiederbeschaffungskosten und Liquidationserlös (Beschaffungs- gleich Absatzpreis) überein, ergibt sich der D. als Minimum aus Wiederbeschaffungskosten und Ertragswert. Lit.: Bonbright, J.C.: Valuation of Property, 1937; Edey, H.: Deprival Value and Financial Accounting, in: Edey, H./Yamey, B.S. (Hrsg.): Debits, Credits, Finance, and Profits, 1974, S. 75-83; Edwards, J./Kay, J.A./Mayer, C.P.: The Economic Analysis of Accounting Profitability, 1987; Kay, J.A./Mayer, C.P.: On the Application of Accounting Rates of Return, in: Economic Journal 1986, S. 199-207. Derivativer Firmenwert o Geschäftswert Desinvestition Im engeren Sinne Beendigung oder Aufhebung (Liquidation) einer o Investition. Im weiteren Sinne geplante, dauerhafte Herauslösung eines Unternehmensteils aus dem Gesamtgefüge einer Unternehmung durch Verkauf oder Stillegung des Objekts. Die Beurteilung von D. erfolgt mit den Methoden der o Investitionsrechnung und o Unternehmensbewertung. Lit.: Brüggerhoff, J.: Management von Desinvestitionen, 1992; Ostrowski, O.: Erfolg durch Desinvestitionen, 2007;

Stienemann, M.: Wertsteigerung durch Desinvestitionen, 2003. Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) 1. Einführung Die DPR (im Folgenden auch: Prüfstelle) ist seit dem 1. Juli 2005 auf der ersten Stufe des zweistufigen o Enforcement (= Durchsetzung regelkonformer Rechnungslegung bei kapitalmarktorientierten Unternehmen) in Deutschland tätig. Die zweite Stufe liegt in der Verantwortung der o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Im Unterschied zur privatrechtlich organisierten DPR verfügt die BaFin über hoheitliche Befugnisse. Damit kann sie z.B. Prüfungen durchsetzen, wenn ein Unternehmen die Mitwirkung verweigern sollte. Sie kann darüber hinaus die Veröffentlichung der festgestellten Fehler nebst Erklärung mit öffentlich-rechtlichen Mitteln anordnen. Enforcement ist in Deutschland noch eine relativ junge Disziplin. Seine Ziele und Grundlagen sind im Bilanzkontrollgesetz klar und deutlich formuliert. Als primäre Ziele werden die Verbesserung der Qualität der o Rechnungslegung sowie die Stärkung des Vertrauens des Kapitalmarkts in die Richtigkeit der Jahresabschlüsse genannt. Hierzu sollen Enforcement-Prüfungen durchgeführt werden, die zum einen eine präventive Wirkung entfalten und zum anderen – wenn Fehler begangen wurden – in einer Feststellung und entsprechenden Veröffentlichung münden. Mit dem zweistufigen Prüfverfahren hat der deutsche Gesetzgeber im internationalen Kontext einen Sonderweg betreten. Die weit überwiegende Mehrheit der Länder kennt allein rein staatliche Verfahren. So ist beispielsweise in den USA ausschließlich die staatliche U.S. o Securities and Exchange Commission (SEC) mit dem Enforcement betraut. 199

Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) Vergleichbare einstufige, staatliche Konzeptionen finden sich ebenso in Frankreich, Spanien oder Italien. Das entgegengesetzte Modell, die rein privatrechtlich organisierte Variante des Enforcement, ist in England realisiert. Ganz auf die Selbstregulierungskräfte der Wirtschaft vertrauend, wird hier auf die Installierung hoheitlicher Kompetenzen verzichtet – unter Inkaufnahme möglicher Abstriche in der Durchsetzungskraft. 2. Gegenstand, Ablauf und Ergebnisse von Enforcement-Prüfungen a) Prüfungsgegenstand. Gegenstand des Enforcement-Verfahrens der DPR sind der zuletzt festgestellte o Jahresabschluss nebst o Lagebericht bzw. der zuletzt gebilligte o Konzernabschluss nebst Konzernlagebericht sowie – allerdings nur anlassbezogen und auf Verlangen der BaFin – der zuletzt veröffentlichte Halbjahresfinanzbericht von sämtlichen Unternehmen, deren Wertpapiere an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind. b) Prüfungsablauf. Im Verlauf einer Enforcement-Prüfung wird untersucht, ob die genannten Abschlüsse und Lageberichte den gesetzlichen Vorschriften einschließlich der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bzw. den sonstigen durch Gesetz zugelassenen Rechnungslegungsstandards entsprechen. Fast ausschließlich sind demnach Abschlüsse, welche nach den in der EU anerkannten IAS/IFRS oder nach handelsrechtlichen Grundsätzen erstellt wurden, Gegenstand eines Enforcement-Verfahrens. Im Vergleich zu einer vollumfänglichen Abschlussprüfung erstrecken sich Enforcement-Prüfungen nur auf nach Risikokriterien ausgewählte Teilbereiche der Rechnungslegung. Ausgenommen von den Enforcement-Verfahren sind die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems 200

gemäß § 91 Abs. 2 AktG sowie die Prüfung der o Buchhaltung. Die DPR kann im Rahmen einer sog. Anlassprüfung tätig werden. In diesem Fall liegen der DPR konkrete Anhaltspunkte für Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften vor. Solche Anhaltspunkte können aus der Information durch externe Dritte (Kapitalmarktteilnehmer bzw. sonstige Interessierte) oder aber aus der intern durchgeführten systematischen Analyse der Berichterstattung in den Medien seitens des Medienausschusses der DPR herrühren. Allerdings reichen „bloße Vermutungen, Spekulationen oder Hypothesen“ nicht für die Einleitung einer Anlassprüfung aus. Hierfür müssen „konkrete Umstände tatsächlicher Art“ vorliegen. Eine Anlassprüfung kann indes unterbleiben, wenn kein bzw. mangelndes öffentliches Interesse an der Prüfung besteht. Von einem mangelnden öffentlichen Interesse kann immer dann gesprochen werden, wenn die durch die konkreten Anhaltspunkte indizierten Unrichtigkeiten wegen ihrer Größenordnung keinen wesentlichen Einfluss auf den Aussagewert der Rechnungslegung für die Abschlussadressaten haben. Zur abschließenden Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die Einleitung einer Anlassprüfung vorliegen, ist die Beurteilung durch den Vorprüfungsausschuss der Prüfstelle maßgeblich. Außerdem wird die Prüfstelle auf Verlangen der BaFin tätig. Auch hierfür müssen konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Rechnungslegung vorliegen, und es muss ein öffentliches Interesse an der Prüfung bestehen. Die Bewertung darüber, ob die Anhaltspunkte konkret und das öffentliche Interesse an einer Prüfung groß genug sind, obliegt der BaFin. Die mit Abstand meisten Prüfungen sind sog. Stichprobenprüfungen, welche ohne konkreten Anlass durchgeführt werden und somit überwiegend präventiven Cha-

Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) rakter besitzen. Die Grundsätze für die stichprobenartige Prüfung sind im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) festgelegt worden. Demnach erfolgt die stichprobenhafte Auswahl der einzelnen Unternehmen nach dem Zufallsprinzip gekoppelt mit unterschiedlichen risikoorientierten Schichtungen. Entsprechend der Grundsätze für die stichprobenartige Prüfung sollen Unternehmen mit Wertpapieren im DAX, MDAX, SDAX, TecDAX künftig einmal in vier bis fünf Jahren, alle anderen Unternehmen einmal innerhalb von acht bis zehn Jahren geprüft werden. Für die konkrete Auswahl der Unternehmen nach Maßgabe der Grundsätze für die stichprobenhafte Prüfung zeichnet der Stichprobenausschuss der Prüfstelle verantwortlich. Die Durchführung eines EnforcementVerfahrens ist indes ausgeschlossen, sofern eine Nichtigkeitsklage gegen den zu prüfenden Abschluss oder eine aktienrechtliche Sonderprüfung in Bezug auf den zu untersuchenden Sachverhalt im Gange ist. Leitet die Prüfstelle eine EnforcementPrüfung ein, erfolgt eine Mitteilung des Präsidenten der Prüfstelle an die BaFin. Letztere überprüft, ob Hinderungsgründe (Nichtigkeitsklagen oder aktienrechtliche Sonderprüfungen) für die Einleitung eines Prüfverfahrens vorliegen. Liegen keine Hinderungsgründe vor, informiert der Präsident das entsprechende Unternehmen über die Absicht der DPR, ein Prüfverfahren einzuleiten, und erfragt, ob das Unternehmen an der Prüfung mitwirkt. Entscheidet sich das Unternehmen dafür, kooperativ an der Prüfung mitzuwirken, besteht seitens des Unternehmens und seiner Vertreter die Pflicht, richtige und vollständige Auskünfte zu erteilen bzw. richtige und vollständige Unterlagen vorzulegen. Als sonstige Auskunftsper-

son des Unternehmens kann auch deren Abschlussprüfer (o Wirtschaftsprüfer) benannt werden, der allerdings zuvor von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden werden muss. Ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht für die Unternehmensvertreter im Falle der Mitwirkung nur insoweit, als sie sich oder einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aussetzen würden. Auf der Ebene der Prüfstelle beruft der Präsident eine Kammer ein, welche aus drei Mitgliedern der Prüfstelle (i.d.R. dem zweiköpfigen Präsidium und einem weiteren Mitglied) besteht. Die Kammer setzt einen fallverantwortlichen Prüfer sowie einen Berichtskritiker für die Prüfung ein. Während der fallverantwortliche Prüfer dabei für die Durchführung der erforderlichen Prüfungshandlungen und die Information der Kammer über Zwischenergebnisse und abschließende Prüfungsfeststellungen verantwortlich ist, ist es die Aufgabe des Berichtskritikers, die Prüfungsunterlagen des fallverantwortlichen Prüfers einer kritischen Durchsicht zu unterziehen. Letztlich entscheidet die zuständige Kammer darüber, ob die Prüfungsfeststellungen einen Fehler in der Rechnungslegung implizieren. Die DPR hat bei ihrer Fehlerbeurteilung bestimmte Maßstäbe zu beachten. Gemäß IAS 8.41 ist ein IFRS-Abschluss nur dann fehlerhaft, wenn wesentliche Fehler vorliegen oder unwesentliche Fehler mit Absicht begangen wurden, um ein bestimmtes o Bild der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens zu erreichen. Nach IAS 1.7 sind Informationen der Rechnungslegung wesentlich, wenn ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Darstellung die auf der Basis des Abschlusses getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten beeinflussen könnten. Generell ist der Beurteilungsmaßstab für die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung beim En201

Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) forcement derselbe wie bei der Abschlussprüfung.

nachfolgend Beschwerde beim OLG Frankfurt am Main einzulegen.

Die Kammer teilt dem Unternehmen nach Beendigung der Prüfung das Prüfungsergebnis mit. Ist die Rechnungslegung fehlerfrei, so ist das Verfahren für das Unternehmen beendet. Sollte die Rechnungslegung als fehlerhaft beurteilt werden, so ist dieses Prüfungsergebnis zu begründen. Gleichzeitig wird dem geprüften Unternehmen eine Frist zur Erklärung dafür eingeräumt, ob es mit dem Prüfungsergebnis einverstanden ist. Außerdem informiert der Präsident die BaFin über das Prüfungsergebnis sowie ggf. darüber, ob das Unternehmen mit dem Prüfungsergebnis einverstanden ist. Mit diesem Schritt ist das Prüfverfahren der DPR abgeschlossen.

Neben den Berichtspflichten, die sich aus der Überwachung von Unternehmensabschlüssen ergeben, obliegen der DPR noch weitere Kontroll- und Informationspflichten. So hat die DPR bei Verdacht einer Straftat, welche im Zusammenhang mit der Rechnungslegung steht, eine Anzeige bei der zuständigen Behörde zu machen. Offenbaren sich der DPR im Rahmen ihrer Prüfung mögliche Berufspflichtverletzungen des Abschlussprüfers, so ist diese Tatsache bei der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) anzuzeigen.

Einen Rechnungslegungsfehler, welchen die Prüfstelle im Einvernehmen mit dem Unternehmen festgestellt hat, hat das betroffene Unternehmen auf Anordnung der BaFin zusammen mit den wesentlichen Teilen der dazugehörigen Begründung unverzüglich in den gemäß der Regelungen zur o Ad-hoc-Publizität bekannten Medien sowie im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Sollte kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des Fehlers bestehen, kann von einer Bekanntmachung abgesehen werden. Sollten unterschiedliche Ansichten über das Prüfungsergebnis seitens der Prüfstelle bzw. seitens des Unternehmens vorherrschen, wird das Verfahren an die BaFin übergeben. Die BaFin erwirkt für das Unternehmen bei Bestätigung des Ergebnisses der Prüfstelle eine verpflichtende Bekanntmachung des Prüfungsergebnisses und der dazugehörigen Begründung, so wie es bei einem einvernehmlichen Prüfungsergebnis vorgesehen ist. Es besteht seitens der Unternehmen die Möglichkeit, gegen alle Verfügungen der BaFin Widerspruch und 202

c) Prüfungsergebnisse. Bis zum Ende des Jahres 2009 hat die DPR in ihrer bisherigen 4 ½-jährigen Tätigkeit insgesamt mehr als 500 Prüfungen abgeschlossen, wobei bislang bei rd. einem Viertel aller geprüften Unternehmen die Fehlerhaftigkeit des Abschlusses festgestellt wurde. Zusammenfassend kann die DPR feststellen, dass mit Hilfe der EnforcementPrüfungen ein einzigartiger Erfahrungsschatz bezüglich der Anwendung und Qualität der IFRS in Deutschland erarbeitet wurde. Die wesentliche Erkenntnis hieraus ist, dass die Hauptursachen für die hohe Fehlerquote der Umfang und die sehr hohe Komplexität des IFRSRegelwerks sind. So ist es nicht verwunderlich, dass die Fehlerkategorien mit den am häufigsten auftretenden Einzelfehlern Sachverhalte – u.a. die bilanzielle Verarbeitung von Unternehmenserwerben und -verkäufen inklusive der o Kaufpreisallokation, der Ausweis und die Bewertung von o Finanzinstrumenten, verschiedene Berichterstattungspflichten (u.a. Lagebericht, o Risikobericht, o Prognosebericht und o Segmentberichterstattung), die Bildung latenter o Steuern – betreffen, deren Regelung und Umsetzung von großer Komplexität gekennzeichnet ist. Etliche dieser komplexen Standards führen nicht zu ei-

Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ner Verbesserung der Transparenz für die Kapitalmarktteilnehmer, sind vielfach nur mit hohem Aufwand umzusetzen und überfordern mitunter insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen. 3. Maßnahmen zur Fehlervermeidung a) Hinweise. Im Rahmen ihrer Präventivfunktion erteilt die DPR den geprüften Unternehmen Hinweise, die zu einer höheren Qualität der künftigen Rechnungslegung beitragen sollen. Solche Hinweise beziehen sich folglich ausschließlich auf zukünftige Abschlüsse und gehören demnach nicht zum Prüfungsergebnis des jeweils untersuchten Abschlusses. b) Prüfungsschwerpunkte. Vor Beginn eines neuen Kalenderjahres veröffentlicht die DPR eine Auflistung ihrer Prüfungsschwerpunkte für die in dem laufenden Jahr erstellten Abschlüsse. Fragestellungen, die mit den Prüfungsschwerpunkten zusammenhängen, werden grundsätzlich in jeder Stichprobenprüfung aufgegriffen. Die Auswahl der Prüfungsschwerpunkte ergibt sich primär aus den empirischen Erfahrungen der DPR mit häufig fehlerhaft umgesetzten Normen und orientiert sich darüber hinaus an aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen. Durch die explizite Angabe von Prüfungsschwerpunkten wird eine zusätzliche Motivation für die Unternehmen und Abschlussprüfer geschaffen, im Umgang mit den genannten Sachverhalten besondere Sorgfalt walten zu lassen. c) Fallbezogene Voranfragen. Als weiteres Instrument zur Fehlervermeidung sind fallbezogene Voranfragen etabliert worden. Hierbei können Unternehmen, die dem Enforcement unterliegen, außerhalb von konkreten Prüfungen Voranfragen an die DPR zu komplexen Rechnungslegungssachverhalten stellen. Dazu hat das Unternehmen einen hinreichend konkretisierten Sachverhalt und dessen vorgeschlagene bilanzielle Be-

handlung – nebst einer Stellungnahme des (zuletzt) bestellten Abschlussprüfers – vorzulegen, womit sichergestellt wird, dass die DPR keine allgemeingültige Auslegung von IFRS-Vorschriften und auch keine Gestaltungsberatung vornimmt. Sollte die DPR eine fallbezogene Voranfrage annehmen, teilt sie ihre Auffassung zur vorgeschlagenen Bilanzierung in einem Unternehmensgespräch mit, ist jedoch in einer möglichen späteren Enforcement-Prüfung nicht daran gebunden. Fallbezogene Voranfragen werden nur in geeigneten Fällen und in beschränktem Umfang von der DPR bearbeitet, so dass die Durchführung der Enforcement-Prüfungen als Hauptaufgabe der DPR nicht beeinträchtigt wird. Lit.: Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“: Enforcement der Rechnungslegung, in: DB 2002, S. 21732177; Assmann, H.-D.: Ad hoc-Publizitätspflichten im Zuge von Enforcementverfahren zur Überprüfung der Rechnungslegung nach § 342b ff. HGB und § 37n ff. WpHG, in: AG 2006, S. 261272; Berger, A.: Pre-Clearance leistet einen Beitrag zur Stärkung des Vertrauens in einen funktionierenden Kapitalmarkt. Erwiderung zum Beitrag von Schön, DB 2008, S. 1027: „Pre-Clearance“ – noch mehr Unklarheit im Bilanzrecht, in: DB 2008, S. 1843-1846; Berger, A.: Zur Entwicklung und zum Stand des Enforcements in der Europäischen Union, in: BFuP 2009, S. 599-620; Böckem, H.: Die Durchsetzung von Rechnungslegungsstandards. Eine kapitalmarktorientierte Untersuchung, 2000; Böcking, H.-J.: Audit und Enforcement: Entwicklung und Probleme, in: ZfbF 2003, S. 683-706; Boxberger, L.: Enforcement: Erste Erfahrungen, Beratungsempfehlungen und Ad hoc-Publizitätspflichten bei Prüfungen der „Bilanzpolizei“, in: DStR 2007, S. 1362-1369; Brandt, W.: Enforcement der Rechnungslegung in Deutschland, in: FS von Rosen, 2008, S. 615-633; Gelhausen, H.F./Hönsch, H.: 203

Deutscher Buchprüferverband e.V. (DBV) Rechtsschutz im Enforcement-Verfahren, in: AG 2007, S. 308-320; Hennrichs, J.: Fehlerhafte Bilanzen, Enforcement und Aktienrecht, in: ZHR 2004, S. 383-413; Kumm, N./Müller, C.: Drei Jahre Fehlerveröffentlichung im Enforcementverfahren, in: IRZ 2009, S. 77-81; Lohwasser, E.: Effizienz der Kapitalmärkte durch Enforcement von IFRS, 2006; Mattheus, D./Schwab, M.: Rechtsschutz für Aktionäre beim Rechnungslegungs-Enforcement, in: DB 2004, S. 1975-1984; Mayer-Wegelin, E.: Kriterien der Wesentlichkeit bei den Entscheidungen im Enforcement, in: BB-Special 4/2006, S. 8-14; Meyer, H.: Komplexität der International Financial Reporting Standards: Weniger wäre mehr, in: BB 15/2009, S. M1; Meyer, H.: Aktuelle Fragen des Enforcement in Deutschland, in: WPg 2009, S. 447-451; Meyer, H./Braun, R.: Fair Value als Treiber der Komplexität von IFRS, in: BB 2010, S. 1779-1782; Müller, C.: Die Fehlerveröffentlichung im Enforcement-Verfahren, in: AG 2008, S. 438-446; Müller, C.: Die Fehlerfeststellung im Enforcement-Verfahren, in: AG 2010, S. 483490; Sanio, J.: Das neue Enforcement und die Rolle der BaFin, in: Börsig, C./Wagenhofer, A. (Hrsg.): IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006, S. 151-158; Scheffler, E.: Enforcement der Rechnungslegung in Deutschland, in: Der Konzern, 2007, S. 589-597; Schildbach, T.: Zur Sinnhaftigkeit eines PreClearance im Rahmen des Enforcement, in: StuB 2006, S. 924-931.

Deutsche Rechnungslegungs Standards (DRS) Vom o Deutschen Standardisierungsrat verabschiedete Rechnungslegungsregeln, die vom Bundesministerium der Justiz gemäß § 342 Abs. 2 HGB bekannt gemacht werden und fortan als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung der Konzernrechnungslegung dienen. Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e.V. (DVFA) 1960 gegründete Vereinigung von Finanzanalysten deutscher Bankinstitute, Versicherungs- und Investmentgesellschaften mit Sitz in Darmstadt. Zwecksetzungen sind die Verbesserung von Finanzanalysen, Förderung des Verständnisses für Wertpapieranalysen und Anlageberatung sowie die Zusammenarbeit mit ausländischen Vereinigungen gleicher Zielsetzung. Zur Praxis der Bilanzanalyse hat die DVFA insb. mit der Entwicklung eines Schemas zur Berechnung des o Gewinns je Aktie beigetragen. Deutscher Corporate Governance Kodex o Corporate Governance

Herbert Meyer/Roland Bockmann

Deutscher Standardisierungsrat (DSR) Der DSR ist ein Gremium des o Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), das die für die Erreichung der Ziele des DRSC erforderlichen Aufgaben ausführt. Hierzu zählen insb. die in alleiniger Verantwortung durchgeführte Vorbereitung und Verabschiedung von o Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS), Stellungnahmen und Diskussionspapieren.

Deutscher Buchprüferverband e.V. (DBV) 2004 gegründeter eingetragener Verein, der die fachlichen und beruflichen Interessen der vereidigten Buchprüfer in Deutschland vertritt. Seine Aufgaben liegen insb. in der fachlichen Förderung der vereidigten Buchprüfer sowie in der Förderung des beruflichen Nachwuchses.

Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) 1. Einführung Mit dem KonTraG wurde 1998 die rechtliche Voraussetzung zur Anerkennung eines privaten deutschen Rechnungslegungsgremiums geschaffen, d.h. die Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz, eine private Einrichtung durch

204

Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) Vertrag anzuerkennen. Diese Öffnung des deutschen Rechts für die Standardisierung nach den internationalen Vorbildern des IASC und des US-FASB gegen den Widerstand verbandspolitisch orientierter Organisationen diente der Entpolitisierung der o Rechnungslegung. Im März 1998 gründeten Vertreter der Wirtschaft, des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer, der Börse und der Lehre das DRSC in Berlin. Im September 1998 schlossen BMJ und DRSC den sog. Standardisierungsvertrag, der Vorgaben zur Organisation und zum Verfahren der Standardsetzung enthält. 2. Privates Rechnungslegungsgremium a) Gesetzliche Voraussetzungen. Anerkannt werden kann nur eine Einrichtung, die aufgrund ihrer Satzung gewährleistet, dass die Verlautbarungen unter Einbeziehung der fachlich interessierten Öffentlichkeit von unabhängigen Personen mit Rechnungslegungssachverstand erarbeitet werden. Die Satzung (in der Fassung vom 26.03.2009) sieht über die gesetzlich konkretisierten Aufgaben hinaus die Erhöhung der Qualität der Finanzberichterstattung und die Förderung der Forschung und Ausbildung auf diesem Gebiet vor. Die Mitgliedschaft des Vereins steht natürlichen Personen, die Rechnungsleger sind, und Unternehmen offen, die ihre Mitgliedschaft durch Rechnungsleger ausüben. Berufs- oder Interessenvertretungen von Rechnungslegern können nur eine nicht-stimmberechtigte assoziierte Mitgliedschaft erlangen. Die Mitgliederversammlung wählt und entlastet den Vorstand, sie entscheidet über Satzungsänderungen sowie die Auflösung des Vereins. Dem Vorstand obliegt es, die Grundsätze der Arbeit des Vereins festzulegen, die Finanzierung sicherzustellen und die Mitglieder der Fachgremien Deutscher Standardisierungsrat (DSR) und Rechnungslegungs Interpretations Committee (RIC) zu be-

stellen. Die Mitglieder der Fachgremien üben ihre Tätigkeit unabhängig aus; der DSR hat gegenüber Verlautbarungen des RIC ein Vetorecht. Die Arbeit des DRSC soll sich im Wesentlichen durch Mitgliedsbeiträge und freiwillige Zuwendungen finanzieren; eine breitere Mitgliederbasis wäre für eine mittelfristig stabilere Planungsgrundlage und unabhängigere Plattform zu begrüßen. b) Anerkennung des DRSC. Mit Abschluss des Standardisierungsvertrags hat sich das DRSC verpflichtet, ein unabhängiges Gremium zur Erfüllung der übertragenen fachlichen Aufgaben einzurichten und die Finanzierung sicherzustellen. In dem seit 1998 unveränderten Text wird nur ein Fachgremium erwähnt. Die Aufteilung der Facharbeit in nunmehr zwei Gremien gilt als rein organisatorische interne Maßnahme; klarstellend wird in der Begründung zum Regierungsentwurf des o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) aufgeführt, dass die Anforderungen an Verlautbarungen des Standardisierungsgremiums auch für die des Interpretationsgremiums gelten. Der Vertrag sieht als Eckpfeiler der Aufgabenerfüllung die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses. Für die Entwicklung von Rechnungslegungsempfehlungen für die Konzernrechnungslegung (Standards) werden Mindestanforderungen an das Verfahren skizziert wie Veröffentlichung von Entwürfen mit Aufruf zu Stellungnahmen, Mindestfrist für die Kommentierung bis zur Erörterung in öffentlicher Sitzung. Ersuchen des BMJ auf Durchführung von Standardisierungsarbeiten sind bevorzugt zu behandeln. Der Vertrag sieht vor, dass die Wahrnehmung der Aufgaben für das BMJ unentgeltlich erfolgt. Das DRSC ist ausdrücklich berechtigt, neben der Beratung des BMJ auch gegenüber anderen Stellungnahmen abzugeben. Potentieller 205

Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) Adressat ist somit auch das BMF, das z.B. federführend in der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und damit der Entwicklung der Zwischenberichterstattung tätig war. 3. Aufgaben der Fachgremien a) Entwicklung von Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung. Die Beschränkung auf die Konzernrechnungslegung wurde getroffen, weil Gestaltungsund Mitwirkungsmöglichkeiten an der Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung – dem Einzelabschluss – einem privatwirtschaftlichen Gremium nicht eingeräumt werden sollten. Laut Standardisierungsvertrag ist zwar eine Weiterentwicklung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) erwünscht, jedoch nicht entgegen dem geltenden Konzernbilanzrecht. Um die Qualität der Rechnungslegung zu verbessern, hat der DSR daher entsprechend seinem Rollenverständnis in einigen Standards unter dem Titel „de lege ferenda“ über den dem BMJ zur Veröffentlichung eingereichten Text hinaus Vorschläge veröffentlicht, die bei einer Gesetzesreform berücksichtigt werden sollten. Mit Inkrafttreten der EU Verordnung zur Anwendung der IAS für Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen hat der DSR seine Tätigkeit neu ausgerichtet, d.h. die Begleitung der Fortentwicklung der internationalen Rechnungslegung in den Vordergrund gestellt, da dort die Weichen für zukünftige Reformen gestellt werden. Der Bestand an bekanntgemachten Standards wird weiterhin an Gesetzesänderungen angepasst. Die Lageberichterstattung wird weiterentwickelt, um den in Deutschland erreichten Qualitätsstandard in die internationale Diskussion einzubringen, solange es noch keine vergleichbare Regelung gibt. 206

b) Beratung des BMJ bei Gesetzgebungsvorhaben zu Rechnungslegungsvorschriften. Die Verpflichtung zur Zusammenarbeit und zur Unterstützung des BMJ ist vor allem als Informationsaustausch angelegt. Dabei ist eine Beschränkung auf die Konzernrechnungslegung nicht vorgesehen. Das bisher umfassendste Beratungsangebot dürften die in 2005 unterbreiteten Vorschläge für in das o BilMoG aufzunehmende Themen gewesen sein. c) Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in internationalen Standardisierungsgremien. Der Ausübung dieser Aufgabe sind enge Grenzen gesetzt: die Bundesrepublik lässt sich z.B. im Regelungsausschuss für Rechnungslegung, der die EU-Kommission im Übernahmeverfahren der IFRS unterstützt, nicht von einem privatwirtschaftlich organisierten Verein vertreten oder auch begleiten. Die Stärkung des deutschen Einflusses auf die Standardsetzung in internationalen Gremien beschränkt sich somit auf ebenfalls privatwirtschaftlich organisierte, wo die Mitglieder in den Entscheidungsgremien persönliche Mandate ausüben. Die Zusammenarbeit zwischen nationalen Standardsettern und dem o International Accounting Standards Board (IASB) ist ausdrücklich gewünscht und in den Satzungen der IFRS Foundation und des DRSC festgehalten. Auch auf europäischer Ebene wird die Bündelung der limitierten Ressourcen als notwendig erachtet: die Zusammenarbeit zwischen der o European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) und den nationalen Standardsettern von Frankreich, Großbritannien und Deutschland (mit der Option für weitere Partner) ist in einem Memorandum of Understanding festgeschrieben. d) Erarbeitung von Interpretationen der internationalen Rechnungslegungsstandards. Diese vierte Aufgabe ist im Rahmen des BilMoG eingefügt worden.

Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) Die Begründung des Regierungsentwurfs erkennt zwar an, dass die Interpretation der IFRS dem IFRS Interpretations Committee obliegt; insbesondere Themen, die lediglich nationale Bedeutung aufweisen, die sich aus den unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in den die IFRS anwendenden Länder ergeben, werden jedoch vom IFRS Interpretations Committee nicht aufgegriffen. Als Beispiele werden die im Zusammenhang mit dem Insolvenzrecht auftretenden Probleme bei der bilanzbefreienden Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf Treuhänder und die bilanzielle Abbildung der ratierlichen Auszahlung von KSt-Guthaben nach der Änderung des KStG angeführt. Das RIC hat bereits u.a. in RIC 3 das Thema der Abgrenzung emittierter Finanzinstrumente in Eigenund Fremdkapital vor dem Hintergrund des deutschen Gesellschaftsrechts aufgenommen. Die Zusammenarbeit bzw. Aufteilung von Themen zwischen dem internationalen und dem nationalen Interpretationsgremium wird von beiden Seiten weiter gefördert. 4. Bekanntmachung durch das BMJ

der

Standards

Verbindlichkeit erlangen die Standards mit der Bekanntmachung durch das BMJ. Da mit den Interpretationen der internationalen Rechnungslegungsstandards nicht die GoB fortgeschrieben werden, ist eine Bekanntmachung nicht vorgesehen. Ob das BMJ vor Bekanntmachung eine inhaltliche Prüfung vornehmen kann oder muss und die Bekanntmachung davon abhängig macht, ob der Inhalt den materiell-rechtlichen Vorstellungen des BMJ entspricht, ist im Gesetz offen gelassen. Lediglich vor der Bekanntmachung des DRS 17 (Berichterstattung über die Vergütung der Organmitglieder) wurden alle Verbände, die das BMJ in Fragen der Rechnungslegung konsultiert, nochmals aufgerufen, etwaige Bedenken kund zu tun. Die nachhaltigste Kontroverse hat

die Bekanntmachung des DRS 10 (Latente Steuern im Konzernabschluss) ausgelöst, den der Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer als nicht vertretbare Auslegung des § 274 HGB ansieht mit der Folge einer Erläuterungspflicht im Prüfungsbericht bei Befolgung des Standards und einer Widerlegung der GoB Vermutung bei Nichtbefolgung. 5. Vermutung der Richtigkeit Die Vermutung der Beachtung der die Konzernrechnungslegung betreffenden GoB, soweit vom BMJ bekanntgemachte Empfehlungen einer anerkannten Einrichtung beachtet worden sind, hat umfängliche, vor allem verfassungsrechtliche und gesetzessystematische Kritik ausgelöst. Da im Rahmen unserer Rechtsordnung letztlich Gerichte über die richtige gesetzmäßige Konzernrechnungslegung entscheiden, bedeutet die Vermutung der Richtigkeit nur eine Beweislasterleichterung. Konsequenzen der Nichtbeachtung bekannt gemachter Empfehlungen sind im Prüfungsstandard IDW PS 201 aufgezeigt. Wird in einem o Konzernabschluss ein gesetzliches Wahlrecht abweichend von einem DRS ausgeübt, begründet dies keine Einwendung gegen die Ordnungsmäßigkeit der Konzernrechnungslegung; der Konzernabschlussprüfer hat jedoch auf eine Abweichung im Prüfungsbericht hinzuweisen. Werden gesetzliche Anforderungen an die Rechnungslegung konkretisiert und handelt es sich dabei um Auslegungen der allgemeinen gesetzlichen Grundsätze, haben diese auch Bedeutung für den o Jahresabschluss und den o Lagebericht. Der Abschlussprüfer hat nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, ob sich aus einer Nichtbeachtung Konsequenzen für die Berichterstattung bis hin zum o Bestätigungsvermerk ergeben. Stellt ein DRS über das Gesetz hinausgehende Anforderungen (z.B. Anhangangaben in Zusammenhang mit einem Unterneh207

Dienstleistungskosten menserwerb in DRS 4), führt die Nichtbeachtung dieser Vorschrift zu keinerlei Konsequenzen für den Bestätigungsvermerk und den o Prüfungsbericht. Lit.: Baetge, J./Krumnow, J./Noelle, J.: Das „Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee“ (DRSC), in: DB 2001, S. 769-774; Berberich, J.: Ein Framework für das DRSC, 2002; Biener, H.: Perspektiven der Standardsetzung – international und national, in: Geib, G. (Hrsg.): Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen, 2001, S. 17-42; Budde, W./Steuber, E.: Normsetzungsbefugnis eines deutschen Standard Setting Body, in: DStR 1998, S. 1181-1187; Fülbier, R.U./Gassen, J./ Sellhorn, T.: Quo Vadis, DRSC?, in: DB 2010, M1/27-28; Gebhardt, G./Heilmann, A.: DRS 4 in der Bilanzierungspraxis – ein Beispiel für die Missachtung Deutscher Rechnungslegungsstandards, in: Der Konzern 2004, S. 109-118; Haller, A.: DRSC - No Future?, in: KoR 2010, M1/7-8; Hoffmann, J.: Das DRSC und die Regulierung der Rechnungslegung, 2003; Hommelhoff, P./Schwab, M.: Gesellschaftliche Selbststeuerung im Bilanzrecht – Standard Setting Bodies und staatliche Regierungsverantwortung nach deutschem Recht, in: BFuP 1998, S. 38-56; Pellens, B./Crasselt, N./Kemper, T.: Evaluation der Arbeit des DRSC, in: DB 2009, S. 241-246; Scheffler, E.: Der Deutsche Standardisierungsrat – Struktur, Aufgaben und Kompetenzen, in: BFuP 1999, S. 404-417; Spanheimer, J.: Spezifische Problemfelder des gesetzlichen Standardisierungsauftrages an den DSR gemäß § 342 Abs. 1 Nr. 1 HGB, in: WPg 2000, S. 997-1007; Zitzelsberger, S.: Überlegungen zur Einrichtung eines Rechnungslegungsgremiums in Deutschland, in: WPg 1998, S. 246-259. Liesel Knorr Dienstleistungskosten D. fallen als o Primärkosten für die Nutzung von Dienstleistungen anderer 208

Unternehmen, z.B. Versicherungen, Postdienst, Beratung etc., sowie als o Sekundärkosten für Dienstleistungen von Kostenstellen des eigenen Unternehmens, wie z.B. von Reparaturbetrieben oder des Rechnungswesens, an. Differentialkalkulation Verfahren der o Preiskalkulation und Preisdifferenzierung. Danach werden einem oder mehreren Hauptprodukten die gesamten fixen Kosten (o Kosten, fixe und variable) zugerechnet, so dass durch den Absatz dieser Produkte der Fixkostenblock gedeckt werden soll. Bei den restlichen Produkten werden nur die variablen Kosten zur Preiskalkulation herangezogen. Differenzinvestition Als D. wird eine fiktive o Investition bezeichnet, deren Zahlungsreihe sich als Differenz der Zahlungsreihen zweier alternativ durchführbarer Investitionen ergibt. Differenzmethode o Teilwert Digitale Abschreibung o Abschreibung, degressive Direct Costing = Proportionalkostenrechnung Als D. wird eine einstufige o Deckungsbeitragsrechnung bezeichnet, in der die gesamten Fixkosten (o Kosten, fixe und variable) als Block verrechnet werden. Direkte Prüfung o Prüfungsmethoden Direktinvestition Erwerb von Eigentumsrechten an Unternehmen, Beteiligungen und Sachanlagen (im Gegensatz zu Forderungstiteln) in einem Wirtschaftsgebiet durch natürliche oder juristische Personen anderer Wirtschaftsgebiete. Dirty Surplus o Clean Surplus

Diskriminanzanalyse Disagio Ein D. liegt vor, wenn der Ausgabebetrag eines Wertpapiers oder Darlehens niedriger ist als der Nennwert. Während bei der Emission festverzinslicher Wertpapiere und der Vergabe von Darlehen ein D. häufig vorkommt, ist es gem. § 9 AktG bei der Emission von Aktien unzulässig. Das D. darf beim Darlehensnehmer gem. § 250 Abs. 3 HGB als o Rechnungsabgrenzungsposten im o Jahresabschluss aktiviert und planmäßig über die gesamte Laufzeit abgeschrieben werden. Für die steuerliche Einkommensund Gewinnermittlung (o Steuerbilanz) muss das D. auf die Laufzeit erfolgswirksam verteilt werden. Beim Darlehensgeber ist das D. zu passivieren und über die Laufzeit aufzulösen, wenn der Nennbetrag aktiviert wird. Stattdessen kann der Ausgabebetrag auch aktiviert werden (o Agio). Discounted Cashflow-Methoden Methoden der o Unternehmensbewertung und der o dynamischen Investitionsrechnung, die auf dem Prinzip der o Diskontierung von o Cashflows beruhen. Hinsichtlich der Rechentechnik identisch mit den in der deutschsprachigen Literatur bekannten Barwertmethoden. Inhaltlich weisen die D. einen stärkeren Bezug zur Kapitalmarktheorie auf, der bei der Unternehmensbewertung in der Verwendung von Cashflows auf Unternehmensebene (anstelle von Ausschüttungen an die Eigentümer) und der o Kapitalkosten als Kalkulationszinsfuß zum Ausdruck kommt. Discretionary accruals o Accruals Diskontierung = o Abzinsung Diskontierung, doppelte Verfahren zur Berücksichtigung der o Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen. Danach werden künftige Zahlungen erstens zur Berücksichtigung der

zeitlichen Unterschiede und zweitens zur Berücksichtigung der Unsicherheit diskontiert (o Abzinsung). Diskontierungsfaktor = Abzinsungsfaktor o Abzinsung Diskontierungssummenfaktor = o Rentenbarwertfaktor Diskriminanzanalyse 1. Konzeption Die D. ist ein Verfahren der Statistik zur Prognose von Klassenzugehörigkeiten. Sie geht auf Fisher (1936) zurück. Ziel der D. ist es, ein Objekt, welches einer von mehreren disjunkten Klassen entstammt, dessen wahre Klassenzugehörigkeit jedoch unbekannt ist, einer Klasse zuzuordnen. Diese Zuordnung erfolgt anhand beobachteter Merkmale des Objekts. Neben der Prognose von Klassenzugehörigkeiten lässt sich mit ihrer Hilfe auch untersuchen, hinsichtlich welcher Merkmale signifikante Unterschiede zwischen den Klassen bestehen und daraus folgend, welche Merkmale zu einer Klassenzuordnung beitragen können. Es werden bei der D. nicht, wie beispielsweise bei der Clusteranalyse, Klassen gebildet, sondern existierende Klassen untersucht. Zu unterscheiden ist zwischen der univariaten und der multivariaten D. Bei der multivariaten D. erfolgt die Klassifikation anhand mehrerer Merkmale, bei der univariaten D. erfolgt sie anhand eines Merkmals. Bei der (linearen) multivariaten D. werden die Merkmale gewichtet und über eine lineare Verknüpfung zu einem einzelnen Wert verdichtet. Mit p als Anzahl der verwendeten Merkmale, den Gewichtungen ai und den Merkmalswerten Xi ergibt sich der sog. Diskriminanzwert S aus: S = a0 + a1X1 + ··· + apXp Die Wahl des Gewichtungsvektors soll so erfolgen, dass die Trennung der Klas209

Diversifikationseffekt sen maximal wird. Zum einen ist dies gegeben, wenn die Mittelwerte der Diskriminanzwerte zwischen den einzelnen Klassen eine große Distanz aufweisen, zum anderen erhöht sich die Trennschärfe, wenn die Diskriminanzwerte wenig streuen. Beide Aspekte werden im Diskriminanzkriterium ࢇᇲ ࡮ࢇ

‫ܭ‬ሺࢇሻ ൌ ࢇᇲ ࢃࢇ berücksichtigt. Hierbei ist B die Zwischen-Klassen-Varianz-Kovarianz-Matrix, W die Inner-Klassen-Varianz-Kovarianz-Matrix und a der Vektor der Gewichte. Die Gewichtungen sollten so gewählt werden, dass das Diskriminanzkriterium maximiert wird. Zur Klassifizierung eines Objekts mit unbekannter Klassenzugehörigkeit wird der Diskriminanzwert berechnet, indem die Kennzahlenausprägungen des Objekts in die beschriebene Funktion eingesetzt werden. Der sich daraus ergebende Wert nimmt ein metrisches Skalenniveau an. Da eine Klassenzugehörigkeit jedoch kategorial skaliert ist, muss im nächsten Schritt ein (oder mehrere) Trennwert(e) bestimmt werden, ab welchen das Objekt einer jeweiligen Klasse zugeordnet wird. 2. Anwendung Ein Beispiel für die Verwendung der multivariaten D. ist die o empirischstatistische Bilanzanalyse. Erstmals zog Altman (1968) die D. zur Bonitätsprognose von Unternehmen heran. Er verwendete zur Klassifikation solventer und insolventer Unternehmen die folgenden Jahresabschlusskennzahlen als unabhängige Variablen: – Working Capital/Bilanzsumme, – einbehaltene Gewinne/Bilanzsumme, – EBIT/Bilanzsumme, – Marktwert des Eigenkapitals/Summe der Buchwerte der Verbindlichkeiten, – Umsatz/Bilanzsumme. 210

3. Fehlklassifikation Die Wahl des Trennwerts bestimmt die Höhe der Fehlklassifikationen. Im Rahmen der Insolvenzprognose können später insolvent werdende Unternehmen als „nicht insolvent“ klassifiziert werden (αFehler) und ungefährdeten Unternehmen könnte eine Insolvenz prognostiziert werden (β-Fehler). Eine Verschiebung des Trennwerts kann zu einer Veränderung dieser Fehler führen, da hierdurch Unternehmen schneller (oder langsamer) der Klasse „insolvent“ zugeordnet werden. Eine Modellbeurteilung (einschließlich Wahl des Trennwerts) sollte anhand der Fehlklassifikationen erfolgen. In der Regel verursachen die Fehler jedoch unterschiedliche Kosten, so dass zur Beurteilung der Entscheidungsregel die kostengewichteten Fehlklassifikationen herangezogen werden sollte. Lit.: Altman, E.I.: Financial ratios, discriminant analysis and the prediction of corporate bankruptcy, in: JoF 1968, S. 589-609; Backhaus, K./Erichson, B./ Plinke, W./Weiber, R.: Multivariate Analysemethoden – Eine anwendungsorientierte Einführung, 2008; Baetge, J./ Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004; Fahrmeir, L./Hamerle, A./Tutz, G.: Multivariate statistische Verfahren, 1996; Fisher, R.A.: The use of multiple measurements in taxonomic problems, in: Annals of Eugenics, 1936, S. 179-188. Thorsten Ohliger Diversifikationseffekt Ein D. liegt vor, wenn durch gleichzeitige Investition in mehrere Investitionsobjekte die Kombination von erwarteten Einzahlungsüberschüssen und Risiko verbessert wird. Diversifikationsinvestition Expansion eines Unternehmens durch Investition in neue Produktsparten oder mit vorhandenen Produkten in neue

Drohverlustrückstellung Märkte mit der Zielsetzung, die Kombination künftiger Einzahlungsüberschüsse und Risiken zu verbessern. Dividende Der im Rahmen der o Gewinnverwendung festgelegte Betrag, der an die Aktionäre pro o Aktie verteilt wird. Die D. wird in € je Aktie oder in Prozent vom Nennwert der Aktie angegeben. Divisionskalkulation o Kalkulation Divisionsrechnung = Divisionskalkulation. o Kalkulation DM-Eröffnungsbilanz Eröffnungsbilanz aufgrund einer Umstellung der Währung auf Deutsche Mark (DM) unter Durchbrechung der o Bilanzidentität. Infolge der Umstellung von Reichsmark auf DM mussten die Unternehmen der drei westlichen Besatzungszonen zum 21.06.1948 und infolge der Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland die im Saarland ansässigen Unternehmen zum 01.01.1957 eine D. zur Umstellung von Francs auf DM aufstellen. Eine D. war auch nach der Vereinigung der Bundesrepublik mit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 03.10.1990, der bereits zum 01.07.1990 eine Währungsunion beider deutscher Staaten vorausging, aufzustellen. Bereits von Kombinaten und volkseigenen Betrieben umgewandelte AG oder GmbH, Genossenschaften und sonstige Wirtschaftsbetriebe mit Sitz in der DDR mussten zum 01.07.1990 eine D. bzw. Konzern-D. zur Umstellung von DDRMark auf DM nach den Grundsätzen des HGB aufstellen und prüfen lassen. Lit.: Budde, W.D./Forster, K.-H. (Hrsg.): D-Mark-Bilanzgesetz, 1990; Scherrer, G.: D-Markeröffnungsbilanz, 1991; von Wysocki, K.: Die D-Markeröffnungsbilanz 1990, 2. Aufl., 1991.

Dokumentationsfuntkion o Jahresabschluss (Funktionen) Doppelte Buchhaltung o Buchhaltung, doppelte Doppelte Diskontierung o Diskontierung, doppelte Doppik Grundprinzip der kaufmännischen doppelten o Buchhaltung, wonach jeder Geschäftsvorfall je eine Buchung von gleicher Höhe im Soll eines Kontos und im Haben eines anderen Kontos auslöst. DPR = o Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung Drifting Costs Unter D. wird im Rahmen des o Target Costing der Kostenbetrag eines noch in der Entwicklungsphase befindlichen Produkts verstanden, der bei Weiterverwendung der bereits genutzten Produktionstechnologie – unter Ausnutzung der vermuteten Kostensenkungspotentiale (o Erfahrungskurve) – entsteht. Drohverlustrückstellung Im Handelsrecht eine aus dem o Vorsichtsprinzip abgeleitete und gem. § 249 Abs. 1 HGB verpflichtend zu bildende o Rückstellung für wahrscheinlich eintretende Verluste aus zweiseitig verpflichtenden Verträgen, die noch von keinem der Vertragspartner erfüllt sind. Mit Ausnahme für Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten o Bewertungseinheiten dürfen D. im Steuerrecht gem. § 5 Abs. 4a EStG nicht gebildet werden. Sofern ein belastender Vertrag vorliegt, sind D. gem. IAS 37.66-69 auch nach den IFRS zu passivieren. Als belastender Vertrag wird ein Vertrag verstanden, bei dem die unvermeidbaren Kosten zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen höher als der erwartete wirtschaftliche Nutzen sind. Entsprechend sind als D. die un211

DRS vermeidbaren Kosten resultierend aus dem niedrigen Betrag der Erfüllungskosten und der Entschädigungs- oder Strafzahlungen bei Nichterfüllung zu passivieren. Vor Passivierung einer D. ist zu prüfen, inwiefern eine o Wertminderung von aktivierten Vermögenswerten, die mit dem Vertrag verbunden sind, nach IAS 36 zu erfassen ist. DRS = o Deutsche Rechnungslegungs Standards DRSC = o Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee DSR = o Deutscher Standardisierungsrat Du Pont-Schema Ein in seiner Grundform bereits 1919 vom US-amerikanischen Chemiekonzern Du Pont de Nemours & Co. eingeführtes hierarchisches o Kennzahlensystem, mit dem die o Rentabilität des Vermögens (Return on Investment, ROI) in nachgeordnete o Kennzahlen aufgespalten wird. Auf der obersten Ebene wird der ROI in die o Umsatzrendite (= Gewinn vor Zinsen/Umsatz) und den o Kapitalumschlag (= Umsatz/Gesamtkapital) zerlegt. Diese Kennzahlen können anschließend weiter in ihre Komponenten aufgespalten werden. Due Diligence 1. Inhalt und Ziele Eine D. (wörtlich: „gebührende Sorgfalt“) bezeichnet die systematische und umfassende Analyse eines Zielobjekts im Rahmen der Vorbereitung geschäftlicher Transaktionen. Häufig handelt es sich dabei um bevorstehende Unternehmensakquisitionen, bei denen eine D. durchgeführt wird, um Chancen und Risiken des Kaufobjektes aufzudecken und die Grundlage für eine o Unternehmensbewertung zu legen. Durch die sorgfältige, detaillierte Prüfung zielt die D. darauf ab, 212

Informationsasymmetrien zwischen den Parteien zu reduzieren. Dabei gehen sowohl betriebswirtschaftliche als auch juristische Aspekte in die Analysen ein. Ihren Ursprung hat die D. in den USamerikanischen kapitalmarktrechtlichen Vorschriften (Securities Laws). 2. Anlässe Für die Durchführung einer D. besteht immer dann Anlass, wenn Parteien eine vertragliche Bindung eingehen und vor Vertragsschluss eine oder mehrere Parteien ein Informationsdefizit aufweisen. Häufig liegen solche Informationsasymmetrien im Vorfeld von Akquisitionen oder Beteiligungen vor. Weitere Anlässe können etwa Bonitätsprüfungen durch Banken oder die Vergabe von Kapital bei Venture Capital-Finanzierungen sein. Während es stets das Ziel der D. ist, verlässliche Informationen zu generieren, kann die Ausgestaltungsform je nach Anlass stark variieren. 3. Ablauf Für eine zielgerichtete Durchführung der D. ist eine strukturierte Informationsbeschaffung sowie eine sorgfältige Planung unerlässlich. Entscheidend hierbei sind Vorüberlegungen zu der Auswahl der Prüfungsbereiche, zu der Zusammenstellung des D.-Teams, zum zeitlichen Ablauf der Prüfungshandlungen sowie zu dem Prüfungsverfahren selber und der anschließenden Dokumentation. a) Informationsquellen. Für eine D. stehen i.d.R. sowohl interne Informationsquellen des Zielobjektes (z.B. Informationen aus dem internen Rechnungswesen und aus Mitarbeiterbefragungen) als auch externe Informationsquellen (z.B. Jahresabschlussinformationen oder volkswirtschaftliche Rahmendaten) zur Verfügung. Interne und externe Informationen sind auf ihre Qualität hin zu überprüfen. Qualitativ hochwertige Informationen sind zuverlässig, eindeutig, vollständig und detailliert aufbereitet.

Due Diligence b) Planung. Idealtypischer Weise ist die D. in der Planung in einzelne Teilreviews zu zerlegen und gleichzeitig eine Schwerpunktsetzung auf besonders prüfungsrelevante Bereiche vorzunehmen. Die Schwerpunktsetzung ist unmittelbar abhängig von Untersuchungsobjekt und Anlass der D. Bei der Festlegung der Reihenfolge der Prüfungshandlungen ist sowohl auf Abhängigkeiten zwischen den Analyseschritten zu achten als auch auf inhaltliche Aspekte wie z.B. eine möglichst frühe Analyse potenzieller Deal Breaker, die zu einem Abbruch der D. führen würden. c) Prüfungsverfahren. Als Prüfungsverfahren bieten sich die Einzelfall- bzw. Ergebnisprüfung oder die System- bzw. Verfahrensprüfung an. Während bei der Einzelfallprüfung gezielt einzelne Schwachstellen analysiert werden, setzt die Systemprüfung an der Analyse der Gesamtprozesse und Kontrollsysteme im Zielobjekt an, um Rückschlüsse auf die Ordnungsmäßigkeit der Informationen zu erhalten. Häufig wird eine Kombination der Methoden verwendet. d) Durchführung. Die eigentliche Durchführung der D. erfolgt arbeitsteilig durch das D.-Team, das sich aus Spezialisten zusammensetzt, die über ausreichendes Fach-, Branchen- und Methoden-Know-How verfügen. Bei Unternehmensakquisitionen besteht das Team i.d.R. aus Mitarbeitern des KäuferUnternehmens und externen Beratern sowie ggf. aus Mitarbeitern des Verkäufer-Unternehmens. Entsprechend der vorgelagerten Planung wird die Informationsanalyse durchgeführt. Häufig bieten dabei standardisierte Checklisten eine Hilfestellung. Je nach Analyseverlauf können Anpassungen des ursprünglichen Plans notwendig werden. 4. Arten Je nach Anlass einer D. variiert deren Schwerpunktsetzung. Die häufigsten

Teilbereiche einer D. sind die Financial D., die Tax D., die Legal D. und die Commercial D. a) Financial D. Im Rahmen von Unternehmenskäufen stellt die Financial D. zumeist den wichtigsten Teil der D. dar. Deren Ziel ist es, die Vermögens- Finanz- und Ertragslage des Unternehmens in der Vergangenheit und Gegenwart fundiert zu analysieren und zukunftsgerichtete Planzahlen zu plausibilisieren. Hierdurch sollen der nachhaltige Gewinn sowie der nachhaltige Cashflow bestimmt und eine Grundlage für die Unternehmensbewertung gelegt werden. Notwendige Handlungen sind z.B. die Eliminierung von außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen, die Beachtung von Änderungen der Bilanzierungsund Bewertungsgrundsätzen sowie die Aufdeckung stiller Reserven und Lasten. Eine systematische Analyse der einzelnen Bilanz- und GuV-Positionen einschließlich möglicher Risiken und Chancen ist daher unerlässlich. Zudem ist zu überprüfen, welche Veränderungen sich durch den Eigentümerwechsel ergeben. b) Tax D. Die Tax D. zielt darauf ab, steuerliche Risiken im Zielunternehmen aufzudecken, die durch noch ausstehende Steuerzahlungen vorliegen können. Daneben soll durch die Tax D. die Durchführung der Akquisition aus steuerlichen Gesichtspunkten optimiert werden (z.B. o Asset Deal vs. o Share Deal). c) Legal D. Die Legal D. beschäftigt sich mit bestehenden zivilrechtlichen Verträgen des Zielunternehmens (z.B. mit Kunden- und Lieferantenverträgen) sowie mit der gesellschaftsrechtlichen Struktur (z.B. mit der Rechtsform und dem Gesellschaftsvertrag) und öffentlichrechtlichen Bestimmungen, denen das Unternehmen unterliegt. Ziel ist es, Risiken aus Rechtsstreitigkeiten zu entdecken, die auf gegenwärtigen Vertragskonstellationen beruhen oder in Zukunft drohen. 213

Due Process d) Commercial D. Die Commercial D. beschäftigt sich mit dem Unternehmensumfeld, d.h. der gegenwärtigen Marktund Wettbewerbsposition sowie dem Leistungs- und Vertriebsprogramm des Unternehmens und analysiert die zu erwartende Entwicklung. Sie zielt darauf ab, Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken des Geschäftsmodells im Marktumfeld zu erkennen. Neben der Financial D. leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Plausibilisierung der Planzahlen. e) Sonstige Teilbereiche. Weitere, auch in der Praxis anzufindende Prüfungsbereiche sind z.B. die IT-D. und die Human Resources D. Während bei der IT-D. die IT-Systeme des Zielunternehmens auf Effektivität und Effizienz sowie auf Kompatibilität zu Systemen des Käufer-Unternehmens getestet werden, zielt die Human Resources D. auf die Mitarbeiter des Zielunternehmens ab und analysiert insb. weiche Faktoren wie Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeiterpotential und die zu erwartende Mitarbeiterstruktur nach einem Eigentümerwechsel. Je nach Geschäftsmodell des Zielunternehmens und dem Anlass der D. sind ergänzende Prüfungsbereiche wie z.B. eine Technical D. oder eine Environmental D. denkbar. Lit.: Berens, W./Brauner, H.U./Strauch, J. (Hrsg.): Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, 4. Aufl., 2005; Berens, W./Strauch, J.: Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen – eine empirische Untersuchung, 2002; Hölscher, L./ Nestler, A./Otto, R.: Handbuch Financial Due Diligence, Weinheim, 2007; Pack, H.: Due Diligence, in: Picot, G. (Hrsg.): Handbuch Mergers & Acquisitions, 2. Aufl., 2002, S. 267-299; Rockholtz, C.: Marktwertorientiertes Akquisitionsmanagement: Due Diligence – Konzeption zur Identifikation, Beurteilung und Realisation akquisitionsbedingter Synergiepotentiale, 1999; Unzeitig, E./Kulhavy, 214

H.: Due Diligence im Überblick, in: Littkemann, J. (Hrsg.): Beteiligungscontrolling, 2. Aufl., 2009, S. 29-46. Simon Werker Due Process = Standardsetzungsverfahren o Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) o Financial Accounting Standards Board (FASB) o International Accounting Standards Board (IASB) Durchschnittsbewertung Die D. stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der o Einzelbewertung dar, bei der gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände des o Anlagevermögens und o Umlaufvermögens nach § 256 Satz 2 i.V.m. § 240 Abs. 4 HGB mit dem gewogenen Durchschnitt bewertet werden können. Durchschnittskapital Das während der o Nutzungsdauer eines Investitionsobjekts durchschnittlich gebundene Kapital. Wird am Ende der Nutzungsdauer kein o Restwert erwartet, kann das D. vereinfacht gleich der halben o Anschaffungsausgabe gesetzt werden. Durchschnittskosten Kosten je produzierte Einheit; die D. werden ermittelt, indem die Summe der fixen und variablen Kosten durch die gesamte Menge produzierter Einheiten geteilt wird (o Kosten, fixe und variable). Durchschnittsprinzip Spezielles o Kostenzurechnungsprinzip, bei dem die o Gemeinkosten durchschnittlich (nicht verursachungsgemäß) auf die Bezugsgrößen aufgeteilt werden. Dynamic Leverage = o Verschuldungsgrad, dynamischer Dynamische Amortisationsdauer o Amortisationsdauer

Dynamischer Verschuldungsgrad Dynamische Bilanztheorie o Bilanztheorien Dynamische Investitionsrechnung o Investitionsrechnung, dynamische Dynamische Stückkostenrechnung o Stückkostenrechnung, dynamische Dynamischer Verschuldungsgrad o Verschuldungsgrad, dynamischer

215

E EAA = o European Accounting Association Earned Economic Income (EEI) Von Grinyer vorgeschlagene Variante eines o Residualgewinns unter Anwendung der Abschreibung nach dem o relativen Beitragsverfahren. Wesentliche Eigenschaft des E. ist, dass sich die Höhe des o Kapitaldienstes, bestehend aus o Abschreibung und kalkulatorischen Zinsen (o Kosten, kalkulatorische), nach der Höhe der Einzahlungsüberschüsse richtet. Lit.: Grinyer, J.R.: Earned economic income – a theory of matching, in: Abacus 1985, S. 130-148; Grinyer, J.R.: A new approach to depreciation, in: Abacus 1987, S. 43-51; Peasnell, K.V.: Analytical properties of earned economic income, in: BAR 1995, S. 5-33; Skinner, R.C.: The concept and computation of earned economic income, in: JBFA 1993, S. 737-745. Earnings at Risk Im o Risikomanagement eingesetzte Kennzahl, die zum Ausdruck bringt, welche Abweichung vom erwarteten o Ergebnis mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit in der betrachteten Periode nicht unterschritten wird. Als Ergebnisgröße können unter anderem o Jahresüberschuss, o EBIT oder o EBITDA herangezogen werden. Der E. ähnelt dem o Cashflow at Risk, bei welchem jedoch anstatt einer Ergebnisgröße der o Cashflow prognostiziert wird. Lit.: Gebhardt, G./Mansch, H. (Hrsg.): Risikomanagement und Risikocontrolling in Industrie- und Handelsunternehmen, ZfbF-Sonderh. 46, 2001. Earnings Guidance Umfasst die Beeinflussung der Ergebniserwartungen von Analysten durch das Unternehmen. Durch E. wird zum einen versucht, die Unsicherheit der Kapitalmarktteilnehmer zu reduzieren und zum 216

anderen die Schätzhöhe des Ergebnisses durch die Analysten zu verringern. Es erfolgt eine Anpassung der Erwartungen der Analysten an die Erwartungen aus Sicht des Unternehmens. Die gängigsten Kommunikationsinstrumente der E. sind der o Prognosebericht in Jahres- und Quartalsabschlüssen, Prognosen im Rahmen der o Ad-hoc-Publizität, Analystenkonferenzen sowie Einzelgespräche zwischen einem Unternehmensvertreter und einem Analysten. Earnings Management = o Bilanzpolitik Earnings per Share = o Gewinn je Aktie Earnings Quality = Ergebnisqualität. Die E. stellt ein Konzept der empirischen Rechnungswesenforschung dar. Unter Qualität wird dabei im Allgemeinen verstanden, inwieweit die tatsächliche Performance eines Unternehmens durch das Ergebnis wiedergegeben werden kann. Es werden unterschiedliche Maßgrößen zur Messung der E. herangezogen. Die am häufigsten verwendeten sind u. a. die Beständigkeit, Prognosefähigkeit, Volatilität, Zeitnähe und Wertrelevanz der Ergebnisse sowie die Qualität der Periodenabgrenzungen. EBIT = Earnings before Interest and Taxes = Ergebnis vor Abzug von Zinsen und (Ertrag-)Steuern Eine o Pro-forma-Kennzahl zur Beurteilung der operativen Ertragskraft, auf die Unterschiede bei Finanzierung und Besteuerung keinen Einfluss haben. Das EBIT dient auch als Grundlage für die Ermittlung des o Enterprise Value mit o Multiplikatorverfahren der o Unternehmensbewertung. EBITDA = Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization

Eigenkapitel = Ergebnis vor Abzug von Zinsen, (Ertrag-)Steuern und Abschreibungen

EDV-gestütztes Rechnungswesen o Rechnungswesen, EDV-gestütztes

Eine o Pro-forma-Kennzahl zur Beurteilung der operativen Ertragskraft. Ergänzend zum o EBIT haben nicht nur Unterschiede bei Finanzierung und Besteuerung, sondern auch bei der Abschreibungspolitik keinen Einfluss auf die Höhe der Kennzahl.

Effektivverschuldung Auch als Netto-Verschuldung (net debt) bezeichnete Bilanzkennzahl zur o Liquiditätsanalyse, die als Saldo aus den Verbindlichkeiten und dem monetären Umlaufvermögen gebildet wird.

EBT = Earnings before Taxes = Ergebnis vor Abzug trag-)Steuern o Pro-forma-Kennzahlen

von

(Er-

Echte Gemeinkosten o Gemeinkosten Economic Value Added (EVA™) Von der Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart & Co. entwickelte Variante des o Residualgewinns, definiert als der Überschuss des operativen Gewinns vor Zinsen und nach Steuern (Net Operating Profit After Taxes; NOPAT) über die Kosten des eingesetzten Kapitals. Ausgehend von bilanziellen Daten sollen zur Berechnung des EVA eine Reihe von Korrekturschritten, z.B. die Beschränkung auf betriebliche Ergebnis- und Kapitalkomponenten, die Aktivierung nicht bilanzierungsfähiger Vermögenswerte (z.B. o Forschung und Entwicklung) sowie die Aufdeckung versteckter Fremdfinanzierungen (insb. o Leasing) vorgenommen werden. Lit.: Crasselt, N./Schremper, R.: Economic Value Added, in: DBW 2000, S. 813-816; Hostettler, S.: Economic Value Added (EVA), 5. Aufl., 2002; Stewart, G.B.: The Quest for Value, 1991. Economies of scale = Kostenvorteile durch eine Erhöhung der Produktionsmenge Economies of scope = o Synergieeffekte = Verbundeffekte

Effektivzinssatz Tatsächliche, d.h. unter Berücksichtigung sämtlicher Erfolgskomponenten ermittelte Periodenverzinsung einer o Finanzinvestition. Bei der Ermittlung des E. sind neben dem periodischen Ausschüttungssatz (bei festverzinslichen Finanzinvestitionen der o Nominalzinssatz) der Anschaffungsbetrag (zuzüglich sämtlicher anfallender Kosten), der Rückzahlungsbetrag und die Laufzeit zu berücksichtigen. Eine exakte Berechnung des E. kann mit der Methode des internen o Zinsfußes erfolgen. EFRAG o European Financial Reporting Advisory Group EG-Richtlinien o Richtlinien der EU Eigene Anteile o Anteile, eigene Eigeninvestitionen Verwendung finanzieller Mittel für Investitionen im eigenen Unternehmen. Eigenkapitel 1. Begriff Als E. wird das Kapital bezeichnet, das die Eigentümer ihrem Unternehmen aufgrund ihrer Eigentümerposition überlassen. Bei idealtypischer Betrachtung zeichnet es sich gegenüber dem o Fremdkapital dadurch aus, dass es nur erfolgsabhängige Zahlungsansprüche verbrieft, ohne Rückzahlungsanspruch überlassen wurde, für Verluste haftet und im Liquidations- oder Insolvenzfall nur nachrangige Ansprüche begründet. Aufgrund 217

Eigenkapitel vielfältiger rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten ist die Zuordnung konkreter Finanzierungsformen zum E. oder Fremdkapital aber häufig schwierig. Vor allem durch Mischformen von E. und Fremdkapital (als hybride Finanzierungsformen oder als o Mezzanine-Kapital bezeichnet, z.B. o Genussrechte, o Wandelschuldverschreibungen) wird die idealtypische Unterscheidung aufgeweicht. Dies führt sowohl in zivilrechtlicher Hinsicht (besonders im Insolvenzrecht) als auch im Steuer- und Bilanzrecht zu Abgrenzungsproblemen. 2. Messung Bilanziell ergibt sich das E. (auch: Reinvermögen) als Differenz aus dem auf der Aktivseite ausgewiesenen Vermögen (o Anlagevermögen; o Umlaufvermögen; o Rechnungsabgrenzungsposten, aktive) und dem auf der Passivseite ausgewiesenen Fremdkapital (o Verbindlichkeiten; o Rückstellungen; o Rechnungsabgrenzungsposten, passive). Das E. wird folglich nicht selbständig bewertet. Seiner Eigenschaft als Residualgröße entsprechend hängt die E.-Höhe von der bilanziellen Definition des Vermögens und der Schulden sowie von den verwendeten Bewertungsmaßstäben ab. Selbständig zu bewerten sind ggf. nur separat auszuweisende Bestandteile des E., z.B. das gezeichnete Kapital bei Kapitalgesellschaften. Der bilanziell ermittelte Wert des gesamten E. stimmt nicht mit dem bei einem Unternehmensverkauf erzielbaren Unternehmenswert (der dem effektiven E. entspricht) oder bei börsennotierten Unternehmen der Börsenkapitalisierung überein. Die Differenzen zwischen effektivem und bilanziellem E. werden durch die Ansatzregeln (vor allem das Aktivierungsverbot für den originären o Geschäfts- oder Firmenwert) und die Bewertungsvorschriften (vor allem die Bewertung zu o Anschaffungs-/Herstellungskosten) der Rechnungslegung be218

gründet und als stille Reserven oder als stille o Rücklagen bezeichnet. 3. Abgrenzung und Ausweis in der HGBBilanz Bei Unternehmen jeder Rechtsform ist das E. in der HGB-Bilanz getrennt von den Schulden auszuweisen (§ 247 Abs. 1 HBG). Mit diesem Dualismus von E. und Fremdkapital korrespondiert die o Gewinn- und Verlustrechnung, in der die Finanzierungskosten des Fremdkapitals Aufwand darstellen, während die dem E. zuzurechnenden Kapitalüberlassungsvergütungen als Jahresergebnis gezeigt werden. Die eindeutige Trennung von E. und Fremdkapital gilt nach überwiegend vertretener und zutreffender Ansicht auch für den Ausweis hybrider Finanzierungsformen. Diese sind folglich entweder als E. oder als Fremdkapital einzustufen. Bei o Kapitalgesellschaften gliedert sich das E. grundsätzlich in das gezeichnete Kapital, die o Rücklagen und das erwirtschaftete Jahresergebnis. Im Einzelnen ist in § 266 Abs. 3 HGB die Gliederung des E. in die folgenden Positionen vorgesehen: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen 1. Gesetzliche Rücklage 2. Rücklage für eigene Anteile 3. Satzungsmäßige Rücklagen 4. Andere Gewinnrücklagen IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag Das gezeichnete Kapital ist das Grundkapital der o Aktiengesellschaft (AG) bzw. das Stammkapital der o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und bestimmt sich als Summe der Nennbeträge bzw. rechnerischen Werte der ausgegebene Aktien bzw. GmbH-Anteile (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ist das ge-

Eigenkapitel zeichnete Kapital nicht in Höhe seines Wertes eingezahlt, sind die Differenzbeträge als ausstehende Einlagen zu bilanzieren. Diese sind, wenn sie eingefordert sind, aktivisch als Forderungen darzustellen, während nicht eingeforderte ausstehende Einlagen innerhalb des Eigenkapitals als Negativposten zu zeigen sind (§ 272 Abs. 1 Satz 2 HGB). Hält die Gesellschaft eigene o Anteile, so ist deren Nennbetrag bzw. rechnerischer Wert innerhalb des Eigenkapital vom gezeichneten Eigenkapital abzusetzen (§ 272 Abs. 1a HGB). Die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 HGB) wird dotiert, wenn Eigenkapitalgeber Beträge über das gezeichnete Kapital hinaus in das Unternehmen leisten, z.B. als Agio bei der Ausgabe von Anteilen oder als sonstige Zuzahlungen. Die Gewinnrücklagen werden aus den Jahresüberschüssen des Unternehmens gebildet. Falls ein Jahresüberschuss weder ausgeschüttet noch in die Gewinnrücklagen eingestellt wird, bleibt dieser als Gewinnvortrag innerhalb des Eigenkapitals stehen. Entsprechendes gilt für einen Verlustvortrag, der entsteht, wenn ein Jahresfehlbetrag nicht durch die Auflösung von Rücklagen ausgeglichen wird. Das in dem abgeschlossenen Geschäftsjahr erwirtschaftete Ergebnis wird innerhalb des Eigenkapitals als Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag ausgewiesen, wenn der Jahresabschluss vor o Gewinnverwendung dargestellt wird. Bei Ausweis des Jahresergebnisses unter teilweiser Gewinnverwendung tritt der Bilanzgewinn bzw. -verlust an die Stelle des Gewinn- bzw. Verlustvortrags und des Jahresüberschusses bzw. -fehlbetrags (§ 268 Abs. 1 HGB). Der Bilanzgewinn ist der Betrag, über den die Gesellschafter des Unternehmens in ihrem Gewinnverwendungsbeschluss verfügen können. Bei o Personengesellschaften ist der Ausweis des E. gesetzlich nicht näher geregelt. Das E. von persönlich haften-

den E.-Gebern wird typischerweise auf einem variablen Kapitalkonto gebucht, das sich im Zeitablauf durch Gewinne und Verluste sowie Einlagen und Entnahmen verändert. Je nach gesellschaftsvertraglicher Regelung wird daneben häufig ein festes Kapitalkonto gebildet. Darüber hinaus werden häufig den Gesellschaftern zugewiesene Gewinnanteile auf separaten Konten geführt, die je nach konkreter vertraglicher Regelung E. oder Gesellschafterfremdkapital darstellen können. Bei Kommanditisten sind bei gesetzestypischer Regelung die über die Hafteinlage hinausgehenden Kapitalanteil Fremdkapital und als solches auszuweisen. Für den E.-Ausweis bei GmbH & Co. KG sowie bei vergleichbaren Rechtsformkombinationen ist die spezielle Regelung des § 264c Abs. 2 HBG zu beachten, die eine Aufgliederung des E. in gesellschafterbezogene Kapitalanteile, gesamthänderische gebundene Rücklagen sowie den Gewinn-/Verlustvortrag und den Jahresüberschuss/-fehlbetrag vorsieht. 4. Abgrenzung und Ausweis in der IFRSBilanz Nach IFRS knüpft die Definition des E. unmittelbar an dessen Eigenschaften an. Wesentliches Abgrenzungskriterium ist, ob eine Verpflichtung zur Rückzahlung des Kapitals oder zur Zahlung gewinnunabhängiger Vergütungen besteht (IAS 32.17). Vor dem Hintergrund dieser Regelungen wäre das E. deutscher o Personenhandelsgesellschaften und o Genossenschaften nicht als E. zu klassifizieren, da die Eigentümer über ein gesetzliches Kündigungsrecht verfügen. Ein E.-Ausweis ist aber durch eine in IAS 32.11 definierte Ausnahme möglich, nach der bestimmte o Finanzinstrumente (sog. „puttable instruments“) als E. auszuweisen sind. Hierfür müssen die Finanzinstrumente u.a. der nachrangigsten Kapitalklasse angehören und es dürfen im Fall der Kündigung keine weite219

Eigenkapitalinstrument ren Verpflichtungen des Unternehmens bestehen (IAS 32.16A-16B). Der in IAS 1 und IAS 32 geregelte E.Ausweis sieht – entsprechend der HGBRegelung – eine Gliederung in das gezeichnete Kapital, die Rücklagen und das Jahresergebnis vor. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 11. Aufl., 2011, Kap. X, S. 459-512; Pellens, B./Fülbier, R.U./ Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., Kap. 17, S. 473-500. Stefan Thiele Eigenkapitalinstrument = Equity Instrument Vertragliche Vereinbarung, welche einen anteiligen Residualanspruch an den Vermögenswerten abzüglich der Schulden des Unternehmens gewährt. Eigenkapitalkostensatz o Kapitalkosten Eigenkapitalquote Kennzahl der Kapitalstrukturanalyse (o Bilanzanalyse), die den Anteil des o Eigenkapitals am o Gesamtkapital angibt. Eigenkapitalrentabilität Kennzahl zur Beurteilung der o Rentabilität des o Eigenkapitals. Die E. wird berechnet, indem der o Jahresüberschuss (meist vor o Ertragsteuern) in Relation zum Eigenkapital gesetzt wird. Eigenkapitalspiegel o Eigenkapitalveränderungsrechnung Eigenkapitalveränderungsrechnung 1. Zielsetzung Mithilfe der E. soll eine Gesamtübersicht der Veränderung des o Eigenkapitals innerhalb eines Geschäftsjahres einerseits aufgrund von o Aufwendungen und o Erträgen und andererseits aufgrund von Transaktionen mit den Anteilseignern geliefert werden. Die E. sorgt somit dafür, dass Änderungen der einzelnen 220

Eigenkapitalkomponenten im Vergleich zum letzten Bilanzstichtag dargestellt werden. 2. Kodifizierung im HGB-Regelwerk Im Rahmen des o BilMoG wurde die Pflicht zur Erstellung einer E. innerhalb des HGB ausgeweitet. Bisher war die E. lediglich für o Konzernabschlüsse ein verpflichtender Bestandteil. Gem. § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB ist nun auch die Aufstellung einer E. für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften im Einzelabschluss vorgeschrieben, sofern diese nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind. Normen für die inhaltliche Ausgestaltung der E. sind hingegen im deutschen Handelsrecht nicht kodifiziert. Der o Deutsche Standardisierungsrat (DSR) hat jedoch Vorgaben zur E. innerhalb des o DRS 7 ausgearbeitet, die i.V.m. § 342 Abs. 2 HGB die gesetzliche Konformität gewährleisten. Diese Regelungen sind in weiten Teilen mit denen des IAS 1 vergleichbar. DRS 7.15 f. fordert neben der Darstellung der E. folgende weitergehende Informationen: – den Betrag, der am Stichtag zur Ausschüttung an die Gesellschafter zur Verfügung steht; – den Betrag, der einer o Ausschüttungssperre unterliegt (gesetzliche, satzungsmäßige und sonstige Ausschüttungssperren) und – die „übrigen Veränderungen“ der einzelnen Posten des Eigenkapitals sowie des „übrigen Konzernergebnisses“, sofern sie dem Kriterium der o Wesentlichkeit genügen. 3. Kodifizierung im IFRS-Regelwerk Innerhalb der IFRS sind bei den Aufwendungen und Erträgen auf der einen Seite in der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erfasste und auf der anderen Seite direkt im Eigenkapital (o other comprehensive income) verbuchte Erfol-

Einflussgrößenrechnung ge zu unterscheiden. Beide Komponenten bilden zusammengefasst das o Gesamtergebnis. Darüber hinaus sind Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen sowie Dividendenzahlungen als direkte Transaktionen mit den Anteilseignern zu verstehen. Die E. bildet dabei neben der o Bilanz, der Gesamtergebnisrechnung, der GuV (sofern nicht Gegenstand der Gesamtergebnisrechnung), der o Kapitalflussrechnung sowie den o Anhangangaben einen eigenständigen Bestandteil eines IFRS-Abschlusses. IAS 1.106 ff. enthalten die Regelungen zum Aufbau der E. Zwingend anzugeben sind dabei: – das vollständige Gesamtergebnis für die Periode, wobei die Beträge, die den Eigentümern des Mutterunternehmens und den nicht beherrschenden Anteilen zuzurechnen sind, getrennt auszuweisen sind; – Beträge aus Transaktionen mit Anteilseignern in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, untergliedert in Ein- und Auszahlungen; – für jeden Eigenkapitalbestandteil den Einfluss einer rückwirkenden Anwendung oder rückwirkenden Anpassung, die gemäß IAS 8 bilanziert wurde und – für jeden Eigenkapitalbestandteil eine Überleitung vom Buchwert zu Beginn der Periode zum Buchwert am Ende der Periode. Zur Erstellung eines vollständigen Abschlusses ist für die Vorperiode eine vergleichbar gegliederte E. zu erstellen. Ein Unternehmen hat entweder in der E. oder im Anhang die Dividenden, die als Ausschüttung an die Eigentümer in der betreffenden Periode erfasst werden, sowie den betreffenden Betrag je Anteil auszuweisen. Lit.: Lüdenbach, N.: § 20 Eigenkapital, Eigenkapitalspiegel, in: Lüdenbach, N./ Hoffmann, W. (Hrsg.): Haufe IFRS-

Kommentar, 8. Aufl., 2010, Rdn. 1-95; Reuter, M.: Eigenkapitalausweis im IFRS-Abschluss, 2008; Strieder, T.: Eigenkapitalveränderungsrechnung nach DRS 7, in: KoR 2002, S. 180-183. Stefan Jannett Eigenleistungen, aktivierte Ertragsposition in der o Gewinn- und Verlustrechnung nach dem o Gesamtkostenverfahren. E. dienen zur Erfolgsneutralisierung der in den Aufwendungen enthaltenen Beträge, die zur Erstellung oder Werterhöhung aktivierter Anlagegegenstände angefallen sind. Eigenmittel Nach § 10 Abs. 1 KWG besteht die Pflicht für Kreditinstitute, über angemessene E. zu verfügen. Diese Vorgabe dient dem o Gläubigerschutz. Die E. setzen sich nach § 10 Abs. 2 KWG zusammen aus dem haftenden o Eigenkapital und den Drittrangmitteln nach § 10 Abs. 2c und 7 KWG. Das haftende Eigenkapital ist die Summe aus dem o Kernkapital nach § 10 Abs. 2a KWG und dem Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 2b KWG. Bei der Berechnung der E. sind Restriktionen bei der Berücksichtigung von Ergänzungskapital und Drittrangmitteln zu beachten. Eigentum, wirtschaftliches Ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als notwendige Bedingung für die Aufnahme eines o Vermögensgegenstandes in den o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss zutreffen muss. Das w. E. kann auch ohne juristisches Eigentum vorliegen, wenn z.B. bereits absolute Verfügbarkeit und Verwertbarkeit gegenüber Dritten besteht und das Unternehmen für den Verlust haftet. Einflussgrößenrechnung Im Rahmen der E. wird der Einfluss qualitativ oder quantitativ erfassbarer Einflussgrößen auf andere (abhängige) Variablen untersucht, um Aussagen über Ur221

Eingeschränkter Bestätigungsvermerk sache-Wirkungsbeziehungen treffen zu können. Der Einfluss einer Größe kann analytisch aufgrund von Modellen oder statistisch aufgrund empirischer Beobachtungen bestimmt werden. Im Bereich des internen Rechnungswesens sollen hierdurch z.B. Einflussgrößen auf den Unternehmenserfolg aufgedeckt werden. Die E. bietet damit u.a. eine Grundlage für Ansätze im Planungsprozess sowie zur Analyse von Abweichungen zwischen Plan- und Istdaten. Lit.: Busse von Colbe, W./Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Band 1, 5. Aufl., 1991, S. 182-192; Coenenberg A.G./Fischer T./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 236 ff; Gladen, W.: Performance Measurement, 4. Aufl., 2008, S. 82 ff. Eingeschränkter Bestätigungsvermerk o Bestätigungsvermerk Eingliederung Unternehmensvertrag aus dem AktG, durch den die Leitungsmacht der eingegliederten AG auf eine andere AG mit Sitz im Inland (Hauptgesellschaft) übergeht. Gemäß §§ 319-327 AktG müssen die Hauptversammlungen beider Gesellschaften der E. zustimmen; mindestens 95 % der Kapitalanteile müssen in der Hand des künftigen Alleingesellschafters (Hauptgesellschaft) liegen. Mit der Eintragung ins Handelsregister haftet die Hauptgesellschaft gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der eingegliederten AG und ist verpflichtet, einen die Kapital- und Gewinnrücklagen übersteigenden Bilanzverlust auszugleichen. Sie hat den ausscheidenden Minderheitsgesellschaftern eine angemessene Abfindung zu gewähren. Die E. beinhaltet gem. § 18 Abs. 1 AktG ein Konzernverhältnis. Einheitliche Leitung o Leitung, einheitliche 222

Einheitlichkeit der Bewertung 1. Grundlagen Die E. ist eng mit dem Grundsatz der o Bewertungsstetigkeit verknüpft und wird auch als horizontale oder sachliche Stetigkeit bezeichnet. Die E. dient der besseren o Vergleichbarkeit von Finanzberichten. Grundsätzlich erfordert die E. die einheitliche Anwendung von Bewertungsmethoden bei gleichartigen Sachverhalten. Für den Einzelabschluss ist die E. nicht im HGB kodifiziert, lässt sich aber aus dem Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung) ableiten. Die IFRS legen die E. in IAS 8.13 fest, wonach Unternehmen die Rechnungslegungsmethoden für ähnliche Geschäftsvorfälle grundsätzlich stetig auszuwählen und anzuwenden haben. 2. Relevanz für den Konzernabschluss Nach § 297 HGB ist die Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage im o Konzernabschluss so darzustellen, als wenn alle dem Konzern zugehörige Unternehmen ein einziges Unternehmen wären. Aus dieser o Fiktion der rechtlichen Einheit ergibt sich die Notwendigkeit, dass einzelne Positionen der eingehenden Einzelabschlüsse so einheitlich in ihren Bewertungsmaßstäben sind wie die eines originär rechtlich einheitlichen Unternehmens. Nach § 308 Abs. 1 HGB bzw. IAS 27.24 sind bei der Aufstellung eines Konzernabschlusses einheitliche Bewertungsmethoden bzw. Rechnungslegungsmethoden anzuwenden. Dies bedeutet, dass kongruente Sachverhalte bei Aufstellung des Konzernabschlusses kongruent bewertet werden. Im Vorfeld der o Konsolidierung müssen daher gem. § 308 Abs. 2 Satz 1 HGB die Einzelabschlüsse der jeweiligen Unternehmen entsprechend der konzerneinheitlichen Bewertungsmaßstäbe angepasst werden. Dies geschieht mit der Aufstellung der o Handelsbilanz II.

Einheitsbilanz Auch in den IFRS ist in IAS 27.25 eine derartige Anpassung der Einzelabschlüsse vor der Konsolidierung vorgesehen. Maßgeblich für die Bewertung der nach § 300 Abs. 2 HGB in den Konzernabschluss übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden sind gem. § 308 Abs. 1 HGB die nach Recht des Mutterunternehmens zulässigen Bewertungsmethoden. Dies gilt unabhängig davon, ob das Mutterunternehmen diese Bewertungsmethoden tatsächlich anwendet. Werden Bewertungsmethoden im Konzernabschluss angewandt, die das Mutterunternehmen zwar im Einzelabschluss hätte anwenden können, diese aber nicht angewandt hat, muss dies gem. § 313 Abs. 1 Nr. 3 HGB im o Anhang des Konzernabschlusses angegeben und begründet werden. Abweichend vom Grundsatz der E. sind in § 308 Abs. 2 HGB Ausnahmen kodifiziert, nach denen ein Abweichen von der Einheitlichkeit gestattet ist. Für den Fall, dass o Kreditinstitute oder o Versicherungsunternehmen in den Konzernabschluss eines Industrie- oder Handelsunternehmen einbezogen werden, dürfen die Wertansätze dieser einbezogenen Unternehmen wegen der besonderen, für diesen Geschäftszweig geltenden Vorschriften beibehalten werden. Auf die Inanspruchnahme dieses Wahlrechts ist im Anhang hinzuweisen. Wenn die Auswirkungen einheitlicher Bewertung auf die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens- Finanzund Ertragslage unwesentlich sind, kann gem. § 308 Abs. 2 S. 3 HGB auf die Vereinheitlichung verzichtet werden. Dieser Grundsatz der o Wesentlichkeit gilt ebenso in den IFRS (Framework F.29f.; IAS 8.8). Darüber hinaus ist nach § 308 Abs. 2 S. 4 HGB eine Abweichung in Ausnahmefällen gestattet, allerdings sind diese nicht genauer spezifiziert.

Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009, S. 142-147; Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 133-143; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 622-624; Ruhnke, K.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2. Aufl., 2008, S. 194-198, 229 f. Philipp Obermüller Einheit, rechnungslegende Das Konzept der r. E. definiert den abgrenzbaren Wirtschaftsbereich, für den von verschiedenen Adressatengruppen eine Nachfrage nach entscheidungsnützlichen Informationen besteht. Die Abgrenzung einer r. E. von seiner Umwelt kann auf Grundlage rechtlicher oder wirtschaftlicher Kriterien geschehen. Während die Zuordnung ökonomischer Sachverhalte auf Basis einer rein rechtlichen Betrachtungsweise wirtschaftliche Verflechtungen einzelner Rechtseinheiten unberücksichtigt lässt und die Informationsdarstellung hierdurch verzerrt sein kann, stellt die wirtschaftliche Betrachtung auf die ökonomisch gehaltvollste Zuordnung von Vermögenswerten und Schulden zu einer bestimmten r. E. ab. Lit.: Gassen, J./Eisenschink, T./Weil, M.: Das Konzept der rechnungslegenden Einheit nach ED/2010/2, in: WPg 2010, S. 805-810. Einheitsbilanz Eine o Bilanz, die gleichzeitig den handelsrechtlichen und den steuerrechtlichen Regeln entspricht. Grundlage einer Einheitsbilanz ist die o Maßgeblichkeit der Handels- für die o Steuerbilanz. Lit.: Herzig, N./Briesemeister, S./Schäperclaus, J.: Von der Einheitsbilanz zur E-Bilanz, in: DB 2011, S. 1-9. 223

Einheitskontenrahmen Einheitskontenrahmen o Kontenrahmen Einheitskosten = o Stückkosten o Kalkulationsverfahren Einheitstheorie Grundsatz aus dem Konzernrechnungswesen, wonach der o Konzernabschluss aus dem Blickwinkel der Konzernleitung so aufzustellen ist, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des gesamten Konzerns als Einheit dargestellt wird. Im Gegensatz zur o Interessentheorie ist der Konzernabschluss so aufzustellen, dass er mit dem gedachten Einzelabschluss eines Unternehmens weitestgehend übereinstimmt, dem alle Konzernunternehmen als rechtlich unselbständige Teileinheiten angehören. Die Anteile von Minderheitsgesellschaftern an Tochterunternehmen (o Anteile in Fremdbesitz) werden dabei als Eigenkapitalgeber des Konzerns gesehen. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 26f. Einheitswert Ein einheitlicher Wert für das Betriebsvermögen als Bemessungsgrundlage für verschiedene Steuerarten. Seit Abschaffung der o Vermögensteuer und der o Gewerbekapitalsteuer nur noch von geringer Bedeutung. Einigungswert o Arbitriumwert Einkommensteuer o Ertragsteuer, die das Welteinkommen in der Bundesrepublik ansässiger natürlicher Personen erfasst. Der E. unterliegen die Einkünfte aus sieben Einkunftsarten: (1) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13-14a EStG) (2) Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15-17 EStG) 224

(3) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (§ 18 EStG) (4) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) (5) Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) (6) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) (7) Sonstige Einkünfte (§§ 22, 23 EStG) Ausgehend von der Summe der Einkünfte ergibt sich das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG durch Abzug von verschiedenen Freibeträgen und sonstigen Beträgen. Zur Ermittlung der E. wird das zu versteuernde Einkommen dem E.-Tarif unterworfen. Erhebungsformen der E. sind neben der E.Veranlagung die Lohnsteuer für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gem. §§ 38-42f EStG, die Kapitalertragsteuer bei Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 43-45e EStG. Lit.: Kraft, C./Kraft, G.: Grundlagen der Unternehmensbesteuerung, 3. Aufl., 2009, S. 21-145. Einkreissystem Eingliederung der o Kostenrechnung in die o Buchhaltung (o Kontenrahmen und Kontenplan). Einkünfte o Einkommenssteuer Einnahmen Zunahmen des Geldvermögens verstanden als Summe der liquiden Mittel und der Forderungen abzüglich der Verbindlichkeiten; monetäres Äquivalent von Güterausgängen, insb. infolge von Umsatzvorgängen (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Einnahmen-Ausgaben-Rechnung o Gewinnermittlung, steuerliche Einstufiger Konzern o Konzern Einwirkungsprinzip = Kosteneinwirkungsprinzip.

Einzel- und Gemeinkosten o Kostenzurechnungsprinzip, nach dem die o Kosten als Wirkungsursachen der Produkte gelten, die ohne sie nicht zustande kämen. Das E. bildet eine schwächere Rechtfertigung für die Kostenzurechnung als das o Verursachungsprinzip. Einzahlungen Zugang an Bar- und Buchgeld (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Einzelabschluss o Jahresabschluss eines im rechtlichen Sinne selbstständigen Unternehmens im Gegensatz zum o Konzernabschluss, dem eine Abgrenzung der rechnungslegenden Einheit nach wirtschaftlichen Kriterien zugrunde liegt. Einzelbewertung Ein o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem Vermögensgegenstände und Schulden im o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss grundsätzlich unter Vernachlässigung von Verbundeffekten zu anderen Bewertungsobjekten zu erfassen und bewerten sind. Die E. ist in § 252 Abs. 1 HGB gesetzlich geregelt und soll die Verrechnung von Wertsteigerungen und -minderungen verschiedener Vermögensgegenstände und Schulden verhindern. Einzelerlöse o Erlösrechnung Einzelfallprüfung o Prüfungsmethoden Einzel- und Gemeinkosten 1. Begriffe Einzelkosten (E.; = direkte Kosten, direct costs) lassen sich entweder direkt den einzelnen betrieblichen Leistungen (Kostenträger-E.) oder direkt den Kostenstellen zurechnen (Kostenstellen-E.). Kostenträger-E. werden unmittelbar aus der Kostenartenrechnung ohne Verrechnung über die Kostenstellen auf die Kostenträ-

ger kalkuliert. Sie müssen also dem Verursachungsprinzip in hohem Maße genügen, ermöglichen gleichzeitig aber auch, gute Grundlagen für betriebswirtschaftliche Entscheidungen über Deckungsbeiträge zu liefern. Beispiele sind das Roheisen in der Eisen- und Stahlindustrie (Einzelmaterialkosten) oder vereinzelte Akkordlöhne (Einzellohnkosten). Kostenstellen-E. werden ohne Schlüsselung direkt den Kostenstellen zugeordnet. Sie müssen von den entsprechenden Kostenstellen verursacht sein. Als Beispiel können die Gehaltskosten der nur in einer Kostenstelle arbeitenden Mitarbeiter genannt werden. Einzelkosten sind vom angewandten → Kostenrechnungssystem unabhängig. Auch einer → Prozesskostenrechnung gelingt es z.B. nicht, fixe Gemeinkosten in variable Einzelkosten umzuwandeln. Sonder-E. sind zwar nicht einem Stück, aber einem Auftrag zuordenbar. Zu den Sonder-E. der Fertigung zählt man z.B. die Kosten für Modelle, Spezialwerkzeuge oder Lizenzgebühren. Sonder-E. des Vertriebs sind Kosten für Verpackungsmaterial, Frachten, auftragsbezogene Werbekosten usw. Gemeinkosten (G.; = indirekte Kosten, overhead costs) dagegen sind den einzelnen Kostenträgern nicht unmittelbar, sondern nur indirekt zurechenbar (Kostenträger-G.). Bei ihnen ist das Verursachungsprinzip schwerer (oder gar nicht) einzuhalten, weil sie nicht von einer Produkteinheit allein verursacht worden sind; sie werden deshalb abrechnungstechnisch über die einzelnen Kostenstellen geleitet (o Betriebsabrechnungsbogen) und mit Hilfe besonderer Bezugsgrößen (Schlüsselgrößen) verteilt. Bei der Verteilung der Kostenträger-G. gelangen die Kostenstellen-E. direkt, die Kostenstellen-G. indirekt über Schlüsselungen auf die Kostenstellen. Beispiele für Kostenträger-G. sind die Gehälter der Unternehmensleitung, die Feuerversiche225

Einzelkostenrechnung rungsprämien für die Produktionsgebäude oder die Kosten einer eigenen Werkskantine. Von unechten G. spricht man bei Kosten, die den Leistungen zwar direkt zurechenbar sind, also E. sind, die aber aus ökonomischen Gründen der abrechnungstechnischen Vereinfachung wie G. behandelt werden. Beispiele können die Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe sein, wie Schrauben, Lacke, Leim in der Möbelindustrie. 2. Behandlung in der Kostenrechnung Der obigen Einteilung der Kosten in E. und G. liegt die Art der Verrechnung auf die Kostenträger zugrunde; Kostenträger-G. nehmen in der Verrechnung den Weg über die Kostenstellen, wobei die Differenzierung in Kostenstellen-E. und Kostenstellen-G. die Frage der direkten oder indirekten Art der Zurechnung der Kosten auf die Kostenstellen beantwortet. Die Begriffe E. und G. werden von Riebel (o Kostenrechnungssysteme) weiter relativiert: Sie beziehen sich nicht mehr wie bisher nur auf die direkte bzw. indirekte Zurechnung auf die Kostenträgereinheiten, sondern auf die Zurechnung auf die verschiedensten Bezugsbasen (Kostenträger, Kostenstelle, Abrechnungsperiode usw.). Es gelingt auf diese Weise, jede Kostenart im Hinblick auf irgendeine Bezugsbasis als E. zu erfassen. Diese E. sind dann im Hinblick auf eine untergeordnete (kleinere) Bezugsgröße als G. zu behandeln. Beispiel: Die Beleuchtungskosten einer Fertigungskostenstelle sind in der Regel KostenstellenE., weil sie der Stelle (ohne Schlüsselung) direkt zugerechnet werden können. Sie sind aber Produktart-G., weil sie den einzelnen in dieser Stelle gefertigten Erzeugnisarten nicht mehr direkt, sondern nur indirekt – d.h. mit Hilfe von Verteilungsschlüsseln – zugerechnet werden können. Ein Rest von Kosten, der 226

weder einzelnen Produkteinheiten noch Produktarten, -gruppen oder Betriebsbereichen direkt zuzurechnen ist, wird als Unternehmens-E. bezeichnet. Subtrahiert man von den Unternehmenserlösen schrittweise (stufenweise) die relativen E., so erhält man ein differenziertes System von relativen Deckungsbeiträgen (→ Deckungsbeitragsrechnung und → Erfolgsrechnung, kurzfristige). Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 63-65; Haberstock, L.: Kostenrechnung I – Einführung –, 13. Aufl., 2008 (bearbeitet von Breithecker, Volker), S. 57-59; Schildbach, T./Homburg, C.: Kosten- und Leistungsrechnung, 10. Aufl., 2009, S. 68-69; Riebel, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., 1994, S. 36-39. Volker Breithecker Einzelkostenrechnung 1. Konzeption der Einzelkostenrechnung Die von Paul Riebel entwickelte (relative) E. stellt eine Teilkostenrechnung (o Kostenrechnungssysteme) dar, welche auf Ist- und Plankostenbasis (o Plankostenrechnung) durchgeführt wird sowie um eine o Erlösrechnung und eine o Deckungsbeitragsrechnung erweitert werden kann. Der E. liegt ein entscheidungsorientiertes Verständnis von Kosten und Erlösen zu Grunde. Um eine unternehmerische Entscheidung beurteilen zu können, sind die dadurch verursachten o Kosten und Erlöse auf diese Entscheidung zurückzuführen. Die Identität zwischen einer Entscheidung und den durch diese hervorgerufenen Kosten und Erlösen ist die maßgebliche Forderung der E. Insofern dienen alle konzeptionellen Bestandteile der E. sowie ihrer Erweiterungen diesem Identitätsprinzip. Als entscheidungsorientierte Kosten werden die mit einer Entscheidung über ein betrachtetes Bezugsobjekt ausgelös-

Einzelkostenrechnung ten Ausgaben angesehen. Um den Entscheidungsbezug der Kosten zu gewährleisten, müssen die Kosten einem Bezugsobjekt direkt zuzurechnen sein. Die Zurechenbarkeit von Kosten auf Bezugsobjekte bildet das Unterscheidungsmerkmal von o Einzel- und Gemeinkosten; Einzelkosten sind einem Bezugsobjekt direkt zurechenbar, echte sowie unechte Gemeinkosten sind einem Bezugsobjekt nicht direkt zurechenbar. Die (relative) E. berücksichtigt ausschließlich Einzelkosten, welche unterschiedlich aggregierten Bezugsobjekten direkt zugerechnet werden. Die Zurechenbarkeit der Einzelkosten erfolgt somit relativ in Bezug auf die Hierarchie der Bezugsobjekte, wobei die Bezugsobjekte die unternehmerischen Entscheidungen gemäß dem Identitätsprinzip abbilden. Unter Berücksichtigung der o Wirtschaftlichkeit, insb. bei der Erfassung unechter Gemeinkosten, sind alle Kosten in der Hierarchieebene der Bezugsobjekte auszuweisen, in welcher sie gerade noch als Einzelkosten erfasst werden können. Somit gilt stets, dass die Einzelkosten eines übergeordneten Bezugsobjektes die Gemeinkosten eines untergeordneten Bezugsobjektes sind. Um das Identitätsprinzip sicherzustellen, verzichtet die E. auf jede Schlüsselung und Zurechnung von Gemeinkosten (o Gemeinkostenmanagement) sowie auf die anteilige Umlage von Fixkosten. Im Gegensatz zur o Grenzkostenrechnung werden bei der E. die variablen Gemeinkosten nicht durch einen Kostenschlüssel auf untergeordnete Bezugsobjekte verrechnet, da insbesondere die Verteilung von echten Gemeinkosten aufgrund ihrer uneindeutigen Zurechenbarkeit zu verzerrten Kostenallokationen sowie darauf basierenden Fehlentscheidungen führt. Lediglich die unechten Gemeinkosten werden auf untergeordnete Bezugsobjekte verteilt, wenn diese aufgrund empirischer oder produktions-

technischer Beziehungen direkt zurechenbar sind. Die den Bezugsobjekten zugeordneten unechten Gemeinkosten sind dabei gesondert von den direkt erfassten Einzelkosten auszuweisen. Bei der Erweiterung um eine Erlösrechnung ist ebenfalls auf die Aufschlüsselung der Erlöse zu verzichten, so dass Verbunderlöse nicht auf die einzelnen Bezugsobjekte, welche für diese Erlöse verantwortlich sind, herunter gebrochen werden. Die E. setzt sich aus einer o Grundrechnung und Auswertungsrechnungen zusammen. Die Grundrechnung der Kosten entspricht einer systematischen Erfassung und Ausweisung der gesamten Kosten, welche eindeutig als relative Einzelkosten den Bezugsobjekten zugerechnet werden. Die Gesamtkosten sind dabei in Kostenarten sowie entscheidungsrelevante Kostenkategorien aufzuspalten. Die Grundrechnung der Kosten ist mit einer kombinierten Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung vergleichbar, bei der den hierarchischen Bezugsobjekten (z.B. Kostenträger) ausschließlich relative Einzelkosten bezogen auf die betrachtete Kostenart (z.B. Materialkosten) und Kostenkategorie (z.B. Leistungs- oder Bereitschaftskosten) zugeordnet werden. Es erfolgt keine Schlüsselung oder Überwälzung von Gemeinkosten auf untergeordnete Bezugsobjekte. Als Erweiterungen können eine Grundrechnung der Erlöse sowie eine Grundrechnung der Potenziale durchgeführt werden. Die Kosten- und Erlösdaten der Grundrechnung werden für verschiedenartige Auswertungsrechnungen verwendet. Die Art der Auswertungsrechnung sowie der Umfang der zu berücksichtigenden Kosten und Erlöse richten sich nach dem verfolgten Rechnungszweck. Die Vielzahl an Rechnungszwecken erfordert die Entwicklung einer entscheidungsorientierten Deckungsbeitragsrechnung aus der 227

Einzelkostenrechnung Grundrechnung der Kosten sowie der Grundrechnung der Erlöse. Der Rechnungszweck sowie der zugehörige Deckungsbeitrag beziehen sich dabei auf ein oder mehrere Bezugsobjekte, welche idealerweise bereits in der Grundrechnung erfasst sind. Als Ergebnis der E. auf Planbasis werden kosten-, aufwands- und auszahlungsorientierte Deckungsbudgets für die Bezugsobjekte aufgestellt und diesen vorgegeben. Die verschiedenen Deckungsbudgets beinhalten unterschiedliche Bestandteile der Gemeinkosten, welche nicht den Bezugsobjekten zugerechnet werden können, sowie den etwaig zu erzielenden Erfolg einer auf das Bezugsobjekt bezogenen Entscheidung. Die Erlöse eines bestimmten Bezugsobjektes müssen demzufolge nicht nur die zugerechneten Einzelkosten, sondern ebenfalls die durch das Deckungsbudget anteilig zugewiesenen Gemeinkosten decken. 2. Aufbau und Struktur der Grundrechnung der Kosten Die Grundrechnung der Kosten erfasst die gesamten relativen Einzelkosten auf Ist- oder Planbasis unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Kostenart oder Kostenkategorie und weist diese den entscheidungsorientierten Bezugsobjekten zu. Die Grundrechnung der Kosten wird in einem Kostensammelbogen (o Betriebsabrechnungsbogen) durchgeführt, welcher alle relativen Einzelkosten in einer zweidimensionalen Grundstruktur erfasst. Die erste Dimension kennzeichnet die Bezugsobjekte, auf welche die relativen Einzelkosten zugerechnet werden. Die zweite Dimension beschreibt die Gliederung der Gesamtkosten nach Kostenarten sowie weiteren Kostenkategorien. Als Bezugsobjekte werden Kostenträger, Kostenstellen sowie übergeordnete Kostenbereiche verwendet. Die Kostenträger sind dabei zu differenzieren und nachfol228

gend zu gruppieren, so dass sich die relativen Einzelkosten den verschiedenen (End-)Produkten, Produktarten sowie Produktgruppen zurechnen lassen. Die Kostenstellen spiegeln die Struktur des Wertschöpfungsprozesses (o Wertschöpfungsrechnung) wider. Insofern werden die Beschaffungs-, Fertigungs- und Absatzbereiche sowie die Verwaltung als weitere Bezugsobjekte berücksichtigt. Übergeordnete Kostenbereiche fassen Kostenträger und/oder Kostenstellen zu übergeordneten Bezugsobjekten zusammen. Als übergeordnete Kostenbereiche werden z.B. Abteilungen, Unternehmensstandorte, Geschäftsbereiche sowie das gesamte Unternehmen angesehen. Sofern eine genauere Kostenzuordnung möglich ist, werden zusätzlich unternehmensspezifische Bezugsobjekte wie Arbeitsprozesse (o Prozesskostenrechnung) oder Kundengruppen berücksichtigt. Die Bezugsobjekte, insb. die Kostenträger und die Kostenstellen, können in vielfältiger Weise hierarchisch geordnet werden. Grundsätzlich sollte die Rangfolge der Bezugsobjekte gewählt werden, bei welcher der größte Teil der Gesamtkosten als Einzelkosten der untersten Ebene der Bezugsobjekthierarchie zugerechnet werden kann. Aus verschiedenen Gruppierungsmöglichkeiten der Bezugsobjekte werden aber zusätzliche Informationen über die Kostenstruktur des Unternehmens gewonnen. Insofern orientiert sich die hierarchische Ordnung der Bezugsobjekte auch an dem verfolgten Rechnungszweck. Die Analyse des Produkterfolgs benötigt eine Gliederung der Bezugsobjekte nach Produkten auf der untersten Hierarchieebene. Dagegen stehen die primäre Gliederung nach Kunden oder Absatzmärkten bei der Analyse des Umsatzes sowie die primäre Gliederung nach Kostenstellen bei der Analyse der Kostenstellenkosten im Vordergrund. Die Gesamtkosten werden in Kostenarten aufgespalten, welche wiederum durch

Einzelkostenrechnung die Verwendung von Kostenkategorien konkretisiert werden. Die Kostenkategorien unterliegen ebenfalls einer Rangordnung. Die Art und Anzahl sowie die Rangfolge der verwendeten Kostenkategorien sind von den unternehmensspezifischen Gegebenheiten sowie von dem verfolgten Rechnungszweck abhängig. Als Kriterium zur Bildung von Kostenkategorien wird zunächst das Verhalten der Kosten gegenüber wichtigen Kosteneinflussgrößen herausgestellt. Dieses Kriterium führt zur Gliederung der Kosten in Leistungs-, Bereitschafts- und Mischkosten. Die Leistungskosten resultieren aus den leistungswirtschaftlichen Prozessen im Unternehmen und können in der ersten Untergliederungsebene in absatz-, erzeugungs- und beschaffungsabhängige Kosten zerlegt werden. Die leistungsunabhängigen Bereitschaftskosten kennzeichnen die Kosten, welche die institutionellen und technischen Voraussetzungen für die Realisierung der leistungswirtschaftlichen Prozesse schaffen. Als Kriterien zur Bildung von untergeordneten Kategorien der Bereitschaftskosten werden die Disponierbarkeit sowie die Erfassungsgenauigkeit von Kosten, die Zurechenbarkeit von Kosten auf Abrechnungsperioden, die Bindungsdauer von Kosten, die Aktivierungspflicht in der o Rechnungslegung sowie die Speicherbarkeit von Nutzungspotenzialen angeführt. Kosten, welche nicht eindeutig einen leistungsabhängigen oder leistungsunabhängigen Charakter aufweisen, werden als Mischkosten erfasst. Innerhalb der Grundrechnung der Kosten werden ebenfalls die Kosten für innerbetriebliche Leistungen den beziehenden Bezugsobjekten (Kostenstellen) zugerechnet. Die Verrechnung der Kosten für innerbetriebliche Leistungen berücksichtigt ausschließlich die Einzelkosten, welche für die abgegebenen Leistungen zusätzlich entstehen. Die verrechneten Kosten der innerbetrieblichen Leistungen sind bei den empfangenden Bezugsob-

jekten in der dafür vorgesehenen Kostenkategorie auszuweisen. Anteilige Gemeinkosten der innerbetrieblichen Leistungen (z.B. Bereitschaftskosten in Form von Mitarbeiterlöhnen und o Abschreibungen) werden nicht verrechnet. 3. Zwecke der Auswertungsrechnungen Die auf der Grundrechnung basierenden Auswertungsrechnungen dienen verschiedenen Rechnungszwecken. Ein Rechnungszweck besteht in der Fundierung von kurz- und langfristigen Planungs- bzw. Entscheidungsproblemen. Kurzfristige Entscheidungen wie die Produktionsprogrammplanung und Verfahrensplanung optimieren die Nutzung der vorhandenen und kurzfristig nicht veränderbaren Kapazität. In Abhängigkeit des Umfanges der zu treffenden Programm- oder Verfahrensentscheidung sowie unter Berücksichtigung bestehender Restriktionen werden verschiedenartige absolute und relative Deckungsbeiträge ermittelt und als Entscheidungsgrundlagen herangezogen. Die E. liefert ebenfalls Informationen für Preisentscheidungen. Die kurzfristige Preisuntergrenze entspricht der Summe aus dem Produkt direkt zurechenbaren Einzelkosten und den Deckungsbeiträgen, auf welche bei Kapazitätsengpässen durch die Verdrängung bisheriger Produkte aus dem Produktionsprogramm verzichtet wird. Die langfristige Preispolitik kann zur Fundierung die Produkteinzelkosten sowie produktspezifische Deckungsbudgets heranziehen. Bei der Bestimmung der Deckungsbudgets sind insb. die Dringlichkeit der Deckung einzelner Kostenkategorien, der Deckung des Finanzbedarfs, die Tragfähigkeit der Produkte sowie die Marktgegebenheiten zu berücksichtigen. Langfristige Investitionsentscheidungen werden durch eine Auswertungsrechnung in Form einer statischen Amortisationsrechnung (o BreakEven-Analyse, o Investitionsrechnung, statische) analysiert, wobei dieses Ver229

Einzelkostenrechnung fahren die Aussagefähigkeit der o dynamischen Investitionsrechnung nicht erreicht. Ein weiterer Rechnungszweck besteht in der entscheidungsorientierten Kostenkontrolle, bei welcher Ist- und Plankosten im Rahmen einer o Abweichungsanalyse gegenübergestellt werden. Aufgrund des Identitätsprinzips ist gewährleistet, dass ein bestimmtes Bezugsobjekt die zugerechneten Kosten verursacht und damit zu verantworten hat. Durch die direkte Zurechnung der Einzelkosten auf die Bezugsobjekte sowie durch den Verzicht auf die Schlüsselung von Gemeinkosten ist es nicht erforderlich, aus der Gesamtabweichung eines Bezugsobjektes einzelne Abweichungsarten zu ermitteln. Die Gesamtabweichung ist durch den Verantwortlichen des Bezugsobjektes zu vertreten. Dies vereinfacht insbesondere die Beurteilung der Kostenstellenverantwortlichen, da keine zugewiesenen Gemeinkosten die Kostenstruktur verzerren. Die Erfolgskontrolle verwendet hingegen kumulierte Deckungsbeiträge, welche in Relation zum vorgegebenen Deckungsbudget analysiert werden. Hieraus kann ermittelt werden, inwieweit die Gemeinkosten von übergeordneten Bezugsobjekten bereits gedeckt werden. 4. Auswirkungen des Identitätsprinzips auf die Entscheidungsfindung Das Identitätsprinzip schreibt die strikte und eindeutige Zurechenbarkeit der relativen Einzelkosten auf die Bezugsobjekte vor und bildet dadurch den Entscheidungsbezug auf der Ebene der Bezugsobjekte ab. Wenn mehrere Bezugsobjekte Gemeinkosten verursachen, kann eine Aufspaltung und Zurechnung nicht eindeutig und verursachungsgerecht durchgeführt werden. Dem Identitätsprinzip folgend werden diese Gemeinkosten einem übergeordneten Bezugsobjekt als Einzelkosten zugeordnet, so dass keine Mehrdeutigkeit besteht. Die Kostenzuordnung nach dem Identitätsprinzip ver230

meidet zwar die Mehrdeutigkeit, sie führt aber dazu, dass die übergeordneten Kostenwirkungen der Entscheidungen der Bezugsobjekte nicht diesen selbst zugerechnet werden. Dies führt bei den Verantwortlichen zu falschen Entscheidungen, da die relativen, entscheidungsorientierten Einzelkosten nicht den variablen Kosten entsprechen. Die Berücksichtigung der variablen Gemeinkosten auf der Ebene des untergeordneten Bezugsobjektes ist aber notwendig, um die optimale Entscheidungsfindung gemäß dem Grenzkostenprinzip zu gewährleisten. Im Vergleich zur o Grenzkostenrechnung ist somit abzuwägen, ob eine möglicherweise nicht verursachungsgerechte Zurechnung der variablen Gemeinkosten gegenüber dem gänzlichen Verzicht auf eine Zurechnung der variablen Gemeinkosten vorzuziehen ist. Lit.: Riebel, P.: Das Rechnen mit Einzelkosten und Deckungsbeiträgen, in: ZfhF 1959, S. 213-238; Riebel, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung. Grundfragen einer markt- und entscheidungsorientierten Unternehmensrechnung, 1. Aufl., 1972/7. Aufl., 1994; Riebel, P.: Überlegungen zur Formulierung eines entscheidungsorientierten Kostenbegriffs, in: Müller-Merbach, H. (Hrsg.): Quantitative Ansätze in der Betriebswirtschaftslehre, 1978, S. 127-146; Riebel, P.: Zum Konzept der zweckneutralen Grundrechnung, in: ZfbF 1979, S. 785-798; Riebel, P.: Thesen zur Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, in: Chmielewicz, K. (Hrsg.): Entwicklungslinien der Kosten- und Erlösrechnung, 1983, S. 21-47; Riebel, P.: Einzelerlös-, Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung als Kern einer ganzheitlichen Führungsrechnung, in: Männel, W. (Hrsg.): Handbuch Kostenrechnung, 1992, S. 247-299; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kostenund Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 528-560; Weber, J./Weißenberger,

Entgeltregulierung B.E.: Relative Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung. A Critical Evaluation of Riebel's Approach, in: MAR 1997, S. 277-298. Christian Lohmann Emerging Issues Task Force (EITF) Seit 1984 bestehende, 14 Mitglieder umfassende Arbeitsgruppe. Die E. setzt sich zusammen aus Wirtschaftsprüfern und Rechnungslegungsexperten großer Unternehmen und versammelt sich etwa alle drei Monate zu öffentlichen Sitzungen. Es wird das Ziel verfolgt, das o FASB rechtzeitig auf Rechnungslegungsprobleme in der Praxis hinzuweisen. Zudem entlastet die E. das FASB durch die Bearbeitung von Rechnungslegungsproblemen mit geringerer Bedeutung. Es erfolgt eine jährliche Veröffentlichung der E. Abstracts, welche jedoch keine offiziellen Verlautbarungen des FASB darstellen. Endkonsolidierung o Entkonsolidierung Endkostenstellen = Hauptkostenstellen o Betriebsabrechnungsbogen Endorsement = o Anerkennungsverfahren Endwert Der E. einer o Zahlungsreihe wird durch o Aufzinsung der einzelnen Zahlungen mit dem o Kalkulationszinsfuß auf den Endzeitpunkt der Zahlungsreihe ermittelt. Enforcement Prüfverfahren zur Kontrolle der Umsetzung der Rechnungslegungsstandards in den Unternehmen. Erfolgt in Deutschland durch die o Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) anhand eines Zwei-Stufen-Modells. Auf der ersten Stufe führt die DPR eine Anlass- oder Stichprobenprüfung des letzten o Jahresabschlusses durch. Die o BaFin kann

ebenfalls eine Prüfung verlangen. Werden Fehler oder Verstöße festgestellt, wird zunächst Kontakt mit dem betroffenen Unternehmen hergestellt, um den Verstoß ohne Veröffentlichung zu bereinigen. Kommt es zu keiner Einigung, erfolgt auf einer zweiten Stufe eine erneute Prüfung durch die BaFin. Diese kann ggf. Sanktionen verhängen und Berichtigungen gesetzlich durchsetzen. Zur Gewährleistung eines einheitlichen europäischen E.-Prozesses, ist das übergeordnete o Committee of European Securities Regulators (CESR) für ein einheitliches Handeln der nationalen Aufsichtsbehörden und für die Koordination mit der o Securities and Exchange Commission (SEC) verantwortlich. Enterprise Value Bildet den Marktwert des im operativen Geschäft gebundenen Kapitals ab. Der E. berechnet sich als die Marktkapitalisierung des o Eigenkapitals zuzüglich Anteile Dritter und dem Wert des langfristigen, verzinslichen o Fremdkapitals, abzüglich des Werts der nicht-operativen Vermögensgegenstände sowie Cash und Cash Equivalents. Bei der Unternehmensbewertung mit o Multiplikatorverfahren wird häufig der E.-Multiplikator eines Vergleichsunternehmens herangezogen um den Gesamtunternehmenswert des zu bewertenden Unternehmens zu bestimmen. Von diesem ist der Wert des Fremdkapitals abzuziehen, um den Wert des Eigenkapitals zu erhalten. Lit.: Krolle, S./Schmitt, G./Schwetzler, B.: Multiplikatorverfahren in der Unternehmensbewertung, 2005, S. 20-60. Entgeltregulierung 1. Notwendigkeit und Prinzipien der Entgeltregulierung „Der Zweck ökonomischer Regulierung besteht allgemein darin, wirtschaftlichen Akteuren, insbesondere Unternehmen, Beschränkungen aufzuerlegen und Anreize zu geben, um die disziplinierende 231

Entgeltregulierung Wirkung der Märkte zu ergänzen, auf denen sie tätig sind.“ (Kleindorfer/Pedell, 2007). Das Instrumentarium der E. wird in der Regel eingesetzt, um den Missbrauch von Marktmacht zu verhindern, insbesondere um die Gefahr einer monopolistischen Preissetzung abzuwehren, die speziell in Infrastrukturbereichen wie Gas, Strom, Wasser, Eisenbahn, Telekommunikation und Post, aber auch in anderen Bereichen bestehen kann. Die E. umfasst die Regulierung von Preisen und Gewinnen. Eine effiziente Preissetzung durch einen Regulierer würde auf Grenzkostenpreisen aufbauen. In einem Monopol besteht das zentrale Problem jedoch darin, dass die Fixkosten des regulierten Unternehmens dadurch nicht gedeckt werden. Sollen die Kosten durch die Erlöse gedeckt werden, so liegt der entsprechende Second Best-Preis über den Grenzkosten, auf der sog. Ramsey-Höhe. Im Fall von mehreren regulierten Produkten richtet sich die Struktur von Ramsey-Preisen nach ihren inversen Nachfrageelastizitäten, d.h., je unelastischer die Nachfrage nach einem regulierten Produkt ist, desto höher sollte sein Preis über seinen Grenzkosten liegen. Obwohl dies unstrittig ist, werden in der Regulierungspraxis andere Ansätze für die Entgeltfestlegung gewählt, u.a. weil Ramsey-Preise mit Informationsproblemen und unerwünschten Verteilungswirkungen verbunden sein können. Unabhängig davon, welcher Ansatz der E. verfolgt wird, sollte dieser die Anforderungen der Konsistenz und Glaubwürdigkeit erfüllen. Private Kapitalgeber werden nur dann bereit sein, in regulierte Bereiche zu investieren, wenn sie über die gesamte Nutzungsdauer ihrer Investition mit einer angemessenen Rendite auf das investierte Kapital rechnen können. Eine konsistente E. muss daher berechenbar sein und eine angemessene Rendite ermöglichen. Diese Anforderung 232

schlägt sich im Prinzip der kapitaltheoretischen Erfolgsneutralität nieder (vgl. Küpper/Pedell, 2010), nach welchem die Entgelte über eine angemessene Verzinsung hinaus keine Gewinnbestandteile enthalten sollen. Mit anderen Worten, Investitionen in einen regulierten Bereich sollen bei einer Abzinsung mit dem risikoangemessenen Kapitalkostensatz einen Kapitalwert von Null aufweisen (o Investitionsrechnung, dynamische). Aufgrund der staatlichen Souveränität kann sich ein Regulierer nicht in letzter Konsequenz glaubwürdig auf eine bestimmte E. festlegen, was für ein Unternehmen mit spezifischen Investitionen das Risiko von Regulatory Hold-up erzeugt. Umso wichtiger ist es, diskretionäre Handlungsspielräume des Regulierers zu beschränken und dies durch Institutionen abzusichern. Durch ein konsistentes Verhalten über die Zeit kann der Regulierer selbst dazu beitragen, Vertrauenskapital und einen Regulatory Track Record aufzubauen. Darüber hinaus sollten die Zuständigkeiten von Regulierungsinstanzen klar abgegrenzt werden, da die Überlappung von Zuständigkeiten für das regulierte Unternehmen mit zusätzlichen Risiken verbunden ist. 2. Formen der Entgeltregulierung Die in der Regulierungspraxis angewandten Formen der E. lassen sich danach unterscheiden, wie eng die Entgelte sich an den Kosten des regulierten Unternehmens orientieren. Eine sehr enge Orientierung an den Kosten besteht bei einer Kostenzuschlagsregulierung. Hierbei werden die Entgelte festgelegt, indem die Kosten einer regulierten Leistung bestimmt werden und darauf eine regulatorische Zielrendite aufgeschlagen wird. Die Renditeregulierung (Rate of ReturnRegulierung) orientiert sich ebenfalls an den Kosten einer Leistung und legt eine Obergrenze für die Rendite des Unternehmens fest. Bei diesen eng an den Kosten orientierten Formen der E. be-

Entgeltregulierung steht ein zentrales Problem in der Bestimmung der risikoangemessenen Rendite. Darüber hinaus treten bei diesen Formen der E. gravierende Anreizprobleme auf. Die regulierten Unternehmen haben kaum Anreize, ihre Kosten zu senken. Im Gegenteil kann ein Anreiz bestehen, zu viel Kapital einzusetzen, wenn dieses bei gegebener Rendite der limitierende Faktor für den Gewinn ist (Averch-Johnson-Effekt). Die Anreizregulierung strebt deswegen an, die Entgelte von den Kosten zu entkoppeln, indem sie keine Obergrenze für die Rendite festlegt, sondern dem Unternehmen Anreize gibt, seine Gewinne durch Produktivitätssteigerungen zu maximieren. Dabei wird für eine Regulierungsperiode entweder eine Erlösobergrenze (Revenue Cap) oder eine Preisobergrenze (Price Cap) vorgegeben. In der Regel ist die Preis- bzw. Erlösobergrenze nicht statisch über die Regulierungsperiode, sondern wird an die Entwicklung eines Preisindex (sinnvollerweise spezifisch für die benötigten Inputs der regulierten Leistung) gekoppelt und mit Produktivitätssteigerungsvorgaben verknüpft. Diese Formen der E. können allerdings nur dann eine Anreizwirkung entfalten, wenn das regulierte Unternehmen erwartet, dass es die Gewinne behalten darf, welche auf über die Vorgaben hinaus erzielten Produktivitätssteigerungen beruhen. Das Kernproblem der Anreizregulierung besteht darin, dass sich der Regulierer hierauf nicht glaubwürdig festlegen kann. Erhebliche Überrenditen werden tendenziell abgeschöpft; umgekehrt werden im Fall von finanziellen Schwierigkeiten regulierter Unternehmen die Obergrenzen tendenziell gelockert. Die angestrebte Entkoppelung der Entgelte von den Kosten gelingt daher nur bedingt. Auch bei der Festlegung der Obergrenzen und der Produktivitätssteigerungsvorgaben zu Beginn einer Regulierungsperiode werden regelmäßig Kosteninformationen des regulierten Un-

ternehmens herangezogen. Benchmarking oder analytische Kostenmodelle können dabei eingesetzt werden, um zumindest eine gewisse Loslösung von den individuellen Kosten eines regulierten Unternehmens zu erreichen. 3. Kostenermittlung für Zwecke der Entgeltregulierung a) Laufende Kosten. Die Bestimmung der laufenden Kosten eines regulierten Unternehmens, die auch in der deutschsprachigen Regulierungsliteratur häufig als OPEX (operating expenditures) bezeichnet werden, ist überwiegend relativ unproblematisch möglich. Unterliegen einzelne Kostenpositionen starken Schwankungen und will der Regulierer vermeiden, dass sich diese in entsprechenden Entgeltschwankungen niederschlagen, so kann er eine Normalisierung dieser Kosten vornehmen. Eine konsistente Regulierung erfordert es dann, dass eine derartige Glättung gleichermaßen bei Kostenausschlägen nach oben und nach unten vorgenommen wird. Diese Thematik wird insbesondere im Zusammenhang mit schwankenden Unternehmenssteuerzahlungen (o Steuern) diskutiert. Sind einzelne Kostenpositionen vom regulierten Unternehmen nicht beeinflussbar, so können damit für dieses Unternehmen keine Anreize zu Kosteneffizienz verbunden sein. Belässt der Regulierer in einem System der Anreizregulierung die Verantwortung für diese Kosten beim regulierten Unternehmen, so erhöht sich dessen Risiko, ohne dass Effizienzanreize geschaffen werden. Die Erlös- bzw. Preisobergrenze wird daher vielfach an die Entwicklung dieser Kostenbestandteile angepasst (cost passthrough), so dass die mit ihnen verbundenen Risiken von den Abnehmern der regulierten Leistung getragen werden. b) Kapitalkosten. Die o Kapitalkosten setzen sich aus o Abschreibungen 233

Entgeltregulierung und Zinsen (o Kosten, kalkulatorische) zusammen und werden auch als CAPEX (capital expenditures) bezeichnet. In den meisten entgeltregulierten Branchen machen sie den größten Teil der Kosten aus. Ein zentrales Problem in der Regulierungspraxis besteht in der Bestimmung des risikoadjustierten Kapitalkostensatzes. Während die Bestimmung des Fremdkapitalkostensatzes auf der Basis von existierenden Verträgen relativ problemlos möglich ist, ist die Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes (o Eigenkapital) regelmäßig einer der Hauptstreitpunkte in Regulierungsverfahren, von dem die vom Regulierer erlaubte Rendite maßgeblich abhängt. Bei der Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz (vgl. Pedell, 2007), insbesondere das Capital Asset Pricing Model (CAPM) ist dabei weit verbreitet. Die Bestimmung der Parameter des Eigenkapitalkostensatzes sollte transparent gemacht und über die Zeit konsistent vorgenommen werden. Häufig werden mehrere Verfahren kombiniert angewandt (z.B. zusätzlich zum CAPM das Dividendenwachstumsmodell oder auf dem Comparable Earnings Standard basierende Verfahren), um eine Bandbreite für den Eigenkapitalkostensatz einzugrenzen. Bei der Bestimmung von Zinsen und Abschreibungen ist das Prinzip der Konsistenz von Zinssatz und Abschreibungsverfahren zu beachten, damit die kapitaltheoretische Erfolgsneutralität gewahrt bleibt. Um dies zu erreichen, können entweder Anschaffungswerte mit dem Nominalzinssatz oder Wiederbeschaffungswerte mit dem für die Anlagen spezifischen Realzinssatz kombiniert werden; daneben ist auch eine Kombination von Tagesgebrauchtwerten mit dem Nominalzinssatz möglich (vgl. Swoboda, 1996; Küpper/Pedell, 2010). Soll eine gleichmäßige Verteilung der Kosten über die Zeit erreicht werden, kann auch eine 234

annuitätische Abschreibung verwendet werden, bei der die Summe aus Zinsen und Abschreibungen in jeder Periode gleich hoch ist; dies erscheint vor allem bei einem über die Zeit ausgeglichenen Anlagenbestand sinnvoll. Die verschiedenen Verfahren können alle erfolgsneutral ausgestaltet werden, führen allerdings zu unterschiedlichen Verteilungen der Kapitalkosten über die Nutzungsdauer einer Anlage und damit zu unterschiedlichen Belastungen von Nutzergenerationen. Darüber hinaus gewinnt die zeitliche Verteilung der Kapitalkosten an Bedeutung, wenn bestimmte Entgeltentwicklungen nicht durchsetzbar sind, z.B. aufgrund der späteren Zulassung von Wettbewerb, oder wenn Anlagen vorzeitig verkauft werden. Erhebliche Übergangsprobleme können auch auftreten, wenn für bestehende Investitionen eine E. eingeführt (oder modifiziert) wird. Eine zentrale Problematik dabei ist die Bewertung der für Zwecke der E. verwendeten Kapitalkostenbasis (Regulatory Asset Base) im Ausgangspunkt. 4. Risikoermittlung für Zwecke der Entgeltregulierung Das Risiko, dem ein reguliertes Unternehmen unterliegt, bestimmt die risikoangemessene Rendite; es hängt seinerseits maßgeblich von der Ausgestaltung und der Umsetzung der E. ab (vgl. Pedell, 2006). Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen der Form der E. als grundlegender Gestaltungsparameter und dem im CAPM mit dem Beta-Faktor erfassten systematischen Risiko deuten empirische Ergebnisse darauf hin, dass das systematische Risiko mit der Stärke der Anreize zunimmt (vgl. z.B. Alexander/Mayer/Weeds, 1996). Dies ist z.B. im Übergang von einer Kostenzuschlagsregulierung auf eine Preisobergrenzenregulierung zu beachten.

Entgeltregulierung Im Kontext der E. spielen speziell mögliche asymmetrische Regulierungsrisiken eine bedeutende Rolle. Diese treten auf, wenn ein Unternehmen aufgrund von regulatorischen Eingriffen einseitig dem Risiko von Unterrenditen ausgesetzt ist, ohne gleichzeitig die Chance auf entsprechende Überrenditen zu haben. Daher ist zu erwarten, dass es im Durchschnitt keine angemessene Rendite erwirtschaften kann. Ein derartiges asymmetrisches Risiko kann z.B. daraus resultieren, dass der Regulierer auf Basis von Effizienzprüfungen einzelne getätigte Investitionen nicht in der regulatorischen Kapitalkostenbasis anerkennt. Im besten Fall erhält das Unternehmen die vom Regulierer erlaubte Rendite auf alle getätigten Investitionen, in allen anderen Fällen nur auf einen Teil der Investitionen. Derartige Effizienzprüfungen können sinnvoll sein, um Anreize für effizientes Wirtschaften zu schaffen. Die damit verbundenen asymmetrischen Risiken sind allerdings zu kompensieren, damit das regulierte Unternehmen erwarten kann, im Durchschnitt seine Kapitalkosten zu erwirtschaften. 5. Kostenzuordnung und Entgeltstruktur Bietet ein reguliertes Unternehmen mehrere Leistungen an, so stellen sich Fragen der Kostenzuordnung und der Entgeltstruktur. Sofern nicht aus politischen Erwägungen eine Quersubventionierung einzelner Leistungen erwünscht ist, wird der Regulierer in der Regel bestrebt sein, diese zu vermeiden. Zu diesem Zweck wird überprüft, ob die Kosten einer regulierten Leistung zwischen ihren Inkrementalkosten und ihren Stand AloneKosten liegen. Die Inkrementalkosten stellen diejenigen Kosten dar, die wegfallen, wenn eine bestimmte Leistung nicht erbracht wird, während es sich bei den Stand Alone-Kosten um diejenigen Kosten handelt, die anfallen würden, wenn eine bestimmte Leistung völlig losgelöst vom bestehenden Leistungsverbund er-

stellt würde. In der Bandbreite dazwischen ist keine verursachungsgerechte Kostenzuordnung möglich (Æ Einzelund Gemeinkosten). Insbesondere wenn ein Unternehmen sowohl regulierte als auch nicht regulierte Leistungen anbietet, ist auf die Kostenzuordnung zu achten, um eine Quersubventionierung von nicht regulierten durch regulierte Leistungen zu verhindern. Dafür wird regelmäßig eine getrennte Rechnungsführung (o Rechnungswesen) der verschiedenen Bereiche verlangt. Liegen innerbetriebliche Leistungsbeziehungen zwischen regulierten und nicht regulierten Bereichen vor, so sind die dafür angesetzten o Verrechnungspreise vom Regulierer zu prüfen. Lit.: Alexander, I./Mayer, C./Weeds, H.: Regulatory Structure and Risk and Infrastructure Firms: An International Comparison, Policy Research Working Paper 1698, The World Bank, 1996; Averch, H./Johnson, L.L.: Behavior of the Firm Under Regulatory Constraint, in: AER 1962, S. 1052-1069; Ballwieser, W.: Investitionsrechnungen für Netze nach Festlegung der Eigenkapitalzinssätze im Rahmen der Anreizregulierung, 2008; Busse von Colbe, W.: Zur Ermittlung der Kapitalkosten als Bestandteil regulierter Entgelte für Telekommunikationsdienstleistungen, in: ZfbFSonderh. 48/2002, S. 1-25; Kleindorfer, P./Pedell, B.: Regulierung, in: Köhler, R./Küpper, H.-U./Pfingsten, A. (Hrsg.): HWB, 6. Aufl., 2007, S. 1563-1575; Küpper, H.-U./Pedell, B.: Betriebswirtschaftliche Grundlagen für eine marktkonforme Bestimmung der Netznutzungsentgelte im Strom- und Gasbereich, in: Säcker, F.J. (Hrsg.): Berliner Komm. zum Energierecht, 2. Aufl., 2010, Bd. 1, S. 968-996; Pedell, B.: Regulatory Risk and the Cost of Capital. Determinants and Implications for Rate Regulation, 2006; Pedell, B.: Kapitalmarktbasierte Ermittlung des Kapitalkostensatzes für 235

Entity Theory Zwecke der Entgeltregulierung, in: ZfP 2007, S. 35-60; Picot, A.: Unternehmen zwischen Markt und Staat – Regulierung als Herausforderung, in: ZfbF 2009, S. 655-678; Swoboda, P.: Zur Anschaffungswertorientierung administrierter Preise (speziell in der Elektrizitätswirtschaft), in: BFuP 1996, S. 364-381; Viscusi, W.K./Harrington, J.E./Vernon, J.M.: Economics of Regulation and Antitrust, 4. Aufl., 2005. Burkhard Pedell Entity Theory o Einheitstheorie o Bilanztheorien Entity Value Bildet den Wert des o Fremd- und o Eigenkapitals ab und wird daher auch als Brutto-Unternehmenswert bezeichnet. Der E. wird im Rahmen der o Unternehmensbewertung bestimmt. Entity-specific Value Im Gegensatz zum o Fair Value berücksichtigt der E. keine Marktwerte, sondern bezieht sich auf unternehmensinterne Faktoren. Der E. zielt auf die zukünftige Nutzung eines o Vermögenswertes im Unternehmen ab. Entkonsolidierung 1. Grundlagen der E. Verliert ein o Mutterunternehmen die Möglichkeit, ein o Tochterunternehmen zu beherrschen, ein o Gemeinschaftsunternehmen gemeinschaftlich zu leiten oder maßgeblichen Einfluss auf ein o assoziiertes Unternehmen auszuüben, ist dieses nicht mehr oder in anderer Form in den o Konzernabschluss einzubeziehen. Die notwendigen Buchungen werden als E. (auch: Endkonsolidierung) bzw. als Übergangskonsolidierung (auch: Abwärtskonsolidierung) bezeichnet. 2. E. von Tochterunternehmen Scheidet ein Tochterunternehmen aus dem o Konsolidierungskreis aus, sind 236

nach DRS 4.44 ff. die entsprechenden o Vermögensgegenstände (inkl. Goodwill; o Geschäftswert) und o Schulden sowie ein eventuell vorhandener Minderheitenanteil (o Anteile in Fremdbesitz) nicht mehr in der Konzernbilanz auszuweisen und zu ihren Buchwerten am Entkonsolidierungszeitpunkt auszubuchen. Zu berücksichtigen sind hierbei erhaltene Gegenleistungen für veräußerte Anteile am Tochterunternehmen, eventuell verbleibende Anteile und ggf. ein Entkonsolidierungserfolg als Residualgröße. Der für die Bewertung dieser Posten relevante Entkonsolidierungszeitpunkt ist nach DRS 4.44 der Zeitpunkt des Verlustes der Beherrschungsmöglichkeit. Da der Entkonsolidierungserfolg im Konzern auf Basis der Aktiva und Passiva des Tochterunternehmens ermittelt wird, stimmt er in der Regel nicht mit dem Veräußerungserfolg im Einzelabschluss des Mutterunternehmens überein. Auf dieser Ebene bestimmt sich der Erfolg als Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Buchwert der Beteiligung. Die entsprechenden IFRS-Regelungen in IAS 27.32 ff. sehen ein identisches Vorgehen vor. Weiterhin sind im Rahmen der E. Vorgänge zu korrigieren, die das Konzerneigenkapital über das sonstige Ergebnis verändert haben. Beispiele hierfür sind Währungsumrechnungsdifferenzen (o Währungsumrechnung) und GuV-neutral erfasste Wertänderungen des o Anlagevermögens oder von o Finanzinstrumenten. 3. E. von quotal oder at equity bilanzierten Unternehmen Scheidet ein quotal einbezogenes Unternehmen aus dem Konsolidierungskreis aus, ist ebenfalls eine E. vorzunehmen. Das Vorgehen ist analog zur E. von Tochterunternehmen, findet jedoch wie die entsprechende o Erstkonsolidierung nur anteilsmäßig statt.

Equity-Bewertung Bei at equity bilanzierten Unternehmen wird statt der Vermögensgegenstände und Schulden des Tochterunternehmens nur ein equity-Wert in der Konzernbilanz ausgewiesen. Folglich ist bei einer E. auch nur dieser auszubuchen. Der Entkonsolidierungserfolg ergibt sich als Differenz zwischen dem equity-Wert und der Summe aus Gegenleistung und verbleibenden Anteilen. 4. Übergangskonsolidierung Verringert sich die Beteiligungsquote durch Verkauf von Anteilen oder andere Vorgänge dergestalt, dass eine Unternehmensverbindung geringerer Intensität verbleibt, ist die Konsolidierungsmethode zu wechseln, da sich das Wesen der Beteiligung geändert hat (Abwärtskonsolidierung). Je nach Intensität sind die noch vom Mutterunternehmen gehaltenen Anteile mittels der o Quotenkonsolidierung, der o Equitybewertung oder als einfache o Beteiligung in den Konzernabschluss einzubeziehen. Werden die Anteile quotal oder at equity einbezogen, ist gedanklich zunächst eine E. mit anschließender Erstkonsolidierung der verbliebenen Anteile durchzuführen. Im HGB existieren bezüglich der Wertbasis für die weitere Behandlung der verbliebenen Anteile keine eindeutigen Vorschriften. Zulässig erscheinen die historischen oder fortgeführten → Anschaffungskosten oder der sog. Entflechtungswert. Letzterer ist der Saldo der anteiligen Aktiva und Passiva im Konzernabschluss, die durch die Beteiligung begründet werden. Im Rahmen des IFRSRegelwerks dient nach IAS 27.37 der o Fair Value der verbliebenen Anteile als Wertbasis für die weitere Behandlung. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009, S. 382-398; Küting, K./Weber, C.-P.: Der Konzernabschluss, 12. Aufl., 2010, S. 384-396; Küting, K./Weber, C.-P./

Gattung, A.: Beendigung der Behandlung von Anteilen nach der Equity-Methode im IFRS-Konzernabschluss: die partielle Endkonsolidierung, in: WPg 2006, S. 657-664; Lüdenbach, N.: § 31 Unternehmenszusammenschlüsse, in: Lüdenbach, N./Hoffmann, W.-D. (Hrsg.): Haufe IFRS-Komm., 8. Aufl., 2010, S. 17861796. Holger Amshoff Entscheidungsnützlichkeit = Decision Usefulness Bewertungsgrundsatz internationaler Standardsetzer wie o IASB oder o FASB. E. stellt eine zentrale Anforderung an Rechnungslegungsinformation dar. Eine Information ist als entscheidungsnützlich einzustufen, wenn Investoren und Gläubiger die zukünftige Entwicklung des Unternehmens beurteilen können und sie somit eine Grundlage für Investitionsund Kreditvergabeentscheidungen bildet. Zur Erfüllung des Grundsatzes der E. muss eine Information zudem den Kriterien der o Relevance und o Reliability genügen. Entscheidungsorientierte Kosten o Kosten und Erlöse Entschuldungsdauer Kennzahl zur Beurteilung der Finanzlage, zu deren Ermittlung das verzinsliche o Fremdkapital ins Verhältnis zum operativen o Cashflow (z.T. auch o EBITDA) gesetzt wird. Die E. gibt an, innerhalb wie vieler Jahre das Fremdkapital aus dem Cashflow getilgt werden kann. Entwicklungsinvestitionen o Investitionen in Entwicklungsprojekte (o Forschung und Entwicklung). Equity = o Eigenkapital Equity-Bewertung 1. Grundlagen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften werden in deutschen Einzelabschlüssen 237

Equity-Bewertung gem. § 253 Abs. 1 HGB mit ihren o Anschaffungskosten ausgewiesen, die ggf. um außerplanmäßige o Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 HGB vermindert werden. Nicht ausgeschüttete Gewinne der Beteiligungsgesellschaften dürfen nach h.M. sowie nach dem BGH-Urteil vom 03.11.1975 nicht zu einer Zuschreibung des einzelgesellschaftlichen Wertansatzes führen. Diese Beschränkung auf den historischen Anschaffungswert führt dazu, dass eine eventuelle Gewinnakkumulation auf Ebene des Beteiligungsunternehmens nicht in den Beteiligungsbuchwert eingeht, sodass hieraus resultierend vielfach o stille Rücklagen in Form von Zwangsreserven gelegt werden. Des Weiteren kann sich eine zeitliche Divergenz zwischen der Ergebniserzielung auf Ebene des Beteiligungsunternehmens und der Ergebnisvereinnahmung beim die Beteiligung haltenden Unternehmen ergeben (phaseninkongruente Gewinnvereinnahmung). Die aus dem anglo-amerikanischen Raum entstammende Technik der E. setzt an diesen Nachteilen der Anschaffungswertkonzeption an. Durch eine Fortschreibung des aus dem Einzelabschluss übernommenen Beteiligungsbuchwertes um die anteilig auf den Investor entfallenden Eigenkapitalveränderungen des Beteiligungsunternehmens erfolgt ein phasenkongruenter Angleich von Beteiligungsbuchwert und korrespondierendem Eigenkapitalanteil. Anders als bei der Vollkonsolidierung werden bei der E. die Vermögenswerte und Schulden sowie die Aufwendungen und Erträge des einbezogenen Unternehmens nicht in den Konzernabschluss übernommen. Werden sämtliche im Rahmen der E. geforderten Konsolidierungsmaßnahmen durchgeführt, so spiegelt der Beteiligungsbuchwert das anteilig dem Investor zuzuordnende Eigenkapital wider. Der Beteiligungsbuchwert und das anteilige Eigenkapital des assoziierten Unternehmens 238

können insofern auch als Spiegelbildkonten betrachtet werden. 2. Equity-Bewertung schluss

im

Konzernab-

a) HGB. Gem. den §§ 311 und 312 HGB ist die E. als verpflichtende Einbeziehungsform von assoziierten Unternehmen – unter Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes des § 311 Abs. 2 HGB – kodifiziert. Darüber hinaus sind Gemeinschaftsunternehmen, die nicht mittels der Quotenkonsolidierung nach § 310 Abs. 1 HGB in den Konzernabschluss einbezogen werden und ggf. nicht konsolidierte Tochterunternehmen (§ 296 HGB) durch die E. abzubilden. Allerdings ist zurzeit kein Fall bekannt, dass ein nicht vollkonsolidiertes Tochterunternehmen at equity einbezogen wird. Der Tatbestand eines Assoziierungsverhältnisses ist dann gegeben, wenn ein Unternehmen einen maßgeblichen (nicht wie beim Konzerntatbestand einen beherrschenden oder beim Gemeinschaftsunternehmen einen gemeinsam ausgeübten beherrschenden) Einfluss auf die Geschäfts- und Finanzpolitik eines anderen Unternehmens (= assoziiertes Unternehmen) tatsächlich ausübt und an diesem Unternehmen eine Beteiligung i.S.d. § 271 Abs. 1 HGB gehalten wird. Liegen diese beiden Tatbestände vor, so wird von einem typischen assoziierten Unternehmen gesprochen (auch assoziiertes Unternehmen im engeren Sinne). Zur Operationalisierung des maßgeblichen Einflusses wird in § 311 Abs. 1 Satz 2 HGB eine widerlegbare Assoziationsvermutung aufgestellt, die bei einem Stimmrechtsanteil von mind. 20% Wirkung entfaltet. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass ein tatsächlich ausgeübter beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens einen gleichzeitigen maßgeblichen Einfluss eines anderen Unternehmens verhindert. Denn ein beherrschender und ein gleichzeitig vorliegender

Equity-Bewertung maßgeblicher Einfluss schließen sich bereits rein sprachlogisch aus.

Buchwertmethode zeichnet sich durch folgende Konsolidierungsregeln aus:

Konstituierendes Merkmal eines Gemeinschaftsunternehmens ist die durch mind. zwei Parteien gemeinsam ausgeübte beherrschende Leitung. Gemeinschaftsunternehmen erfüllen den Tatbestand eines assoziierten Unternehmens insofern, als dass der maßgebliche Einfluss eine schwächere Form der Einflussnahme im Vergleich zur gemeinsam ausgeübten Leitungsmacht darstellt.

– Die im Jahresabschluss des assoziierten Unternehmens bilanzierten Vermögensgegenstände und Schulden sowie Rechnungsabgrenzungsposten werden weder anteilig noch in voller Höhe – wie es die Regelungen der Quoten- bzw. Vollkonsolidierung vorsehen – in den Konzernabschluss übernommen. Es erfolgt auch keine Übernahme der Aufwendungen und Erträge in die Konzern-GuV.

Der sachliche Anwendungsbereich der E. ist nach deutschem Bilanzrecht auf den Konzernabschluss begrenzt, da eine Anwendung auf Ebene des Einzelabschlusses sowohl einen Verstoß gegen die Anschaffungskostenrestriktion als auch gegen das Realisationsprinzip mit sich bringen würde. Mit der Neufassung des § 312 Abs. 1 HGB durch das BilMoG hat der Gesetzgeber das bisher bestehende Methodenwahlrecht zwischen der Buchwertmethode (one-line-consolidation) und der Kapitalanteilsmethode (two-lines-consolidation) aufgehoben. Der Unterschied beider Techniken besteht lediglich in einem divergierenden Bilanz- und GuV-Ausweis. Für Erwerbsvorgänge bzw. Statuswechsel, die in Geschäftsjahren ab dem 01.01.2010 vollzogen werden, ist die Anwendung der bereits bisher in der Praxis überwiegend präferierten Buchwertmethode zur Abbildung at equityeinbezogener Unternehmen verpflichtend. Neben den gesetzlichen Regelungen des Handelsrechts wurden seitens des Deutschen Standardisierungsrates mit DRS 8 (Bilanzierung von Anteilen an assoziierten Unternehmen im Konzernabschluss) – bereits vor der Umsetzung des BilMoG – supplementäre Regelungen zur E. geschaffen. Die sowohl international als auch in Deutschland künftig allein zulässige

– Ausgangspunkt für die Ermittlung des Wertansatzes der Beteiligung in der Konzernbilanz ist gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 HGB der Beteiligungsbuchwert, der regelmäßig den Anschaffungskosten entspricht. – Ein ggf. im Rahmen der Neubewertung auftretender Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem anteiligen (buchmäßigen) Eigenkapital ist in einer statistischen Nebenrechnung auf die Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten fiktiv zu verteilen (§ 312 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die E. wird daher auch als partielle Konsolidierung, konsolidierungsähnliches Verfahren oder one-line-consolidation bezeichnet. – Die Rückstellungen und latenten Steuern sind gem. § 312 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 301 Abs. 1 Satz 3 HGB zu bewerten. Die auftretenden Differenzen zwischen den Buchwerten und beizulegenden Zeitwerten der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden werden in einer statistischen Nebenbuchhaltung gespeichert. In der Folgebewertung unterliegen die stillen Reserven/Lasten der Behandlung der Vermögensgegenstände und Schulden, denen sie zugeordnet wurden, und sind infolgedessen im Konzernabschluss fortzuführen sowie 239

Equity-Bewertung ggf. abzuschreiben Satz 2 HGB).

(§ 312 Abs. 2

– Sowohl ein sich möglicherweise darstellender Unterschiedsbetrag als auch ein darin enthaltener o Geschäfts- oder Firmenwert bzw. passiver Unterschiedsbetrag sind im Anhang anzugeben (§ 312 Abs. 1 Satz 2 HGB). Darüber hinaus gelten durch den Verweis in § 312 Abs. 2 Satz 3 HGB die Regelungen des § 309 HGB. Ein verbleibender Geschäftsoder Firmenwert ist gem. § 309 Abs. 1 i.V.m. § 246 Abs. 1 Satz 3 HGB als abnutzbarer Vermögensgegenstand zu behandeln und durch planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Ein passivischer Unterschiedsbetrag ist entsprechend seines Charakters nach den Regelungen des § 309 Abs. 2 HGB zu behandeln. – Nach § 312 Abs. 3 Satz 1 HGB sind der „Wertansatz der Beteiligung und der Unterschiedsbetrag […] auf der Grundlage der Wertansätze zu dem Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem das Unternehmen assoziiertes Unternehmen geworden ist“. Sofern die Wertansätze zu diesem Zeitpunkt nicht endgültig ermittelt werden können, ist eine retrospektive, d.h. erfolgsneutrale Anpassung innerhalb der folgenden zwölf Monate vorzunehmen (vgl. § 312 Abs. 3 Satz 2 HGB). Korrespondierend zu § 301 Abs. 2 Satz 1 HGB ist bei einem unterjährig stattfindenden Statuswechsel oder Erwerb ein Zwischenabschluss aufzustellen. – Die aufzudeckenden stillen Reserven und der Geschäfts- oder Firmenwert stellen hinsichtlich der bilanziellen Abbildung einen Bestandteil des Buchwertes dar. – Der Wertansatz der Beteiligung ist gem. § 312 Abs. 4 Satz 1 HGB „in den Folgejahren um den Betrag der Eigenkapitalveränderungen, die den 240

dem Mutterunternehmen gehörenden Anteilen am Kapital des assoziierten Unternehmens entsprechen, zu erhöhen oder zu vermindern; auf die Beteiligung entfallende Gewinnausschüttungen sind abzusetzen“. Der Ausweis des auf den Konzern entfallenden Ergebnisses ist in einem gesonderten Konzern-GuV-Posten vorzunehmen (§ 312 Abs. 4 Satz 2 HGB). – Eine Zwischenergebniseliminierung ist entweder anteilig, d.h. entsprechend des dem Mutterunternehmen gehörenden Kapitalanteiles, oder in voller Höhe nach § 312 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 304 HGB durchzuführen, sofern die für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhalte bekannt oder zugänglich sind. – Im Gegensatz zur Voll- oder Quotenkonsolidierung besteht für die Vereinheitlichung der Bewertungsmethoden, wie sie § 308 HGB vorsieht, bei der E. lediglich ein Wahlrecht (§ 312 Abs. 5 Satz 1 HGB). Wird keine Vereinheitlichung der Bewertung durchgeführt, so ist dies im Konzernanhang anzugeben (§ 312 Abs. 5 Satz 2 HGB). – Stellt das assoziierte Unternehmen seinerseits einen Konzernabschluss auf, so ist die oben beschriebene Vorgehensweise auf der Grundlage des Konzernabschlusses vorzunehmen (§ 312 Abs. 6 Satz 2 HGB). b) IFRS. Auch im Normenwerk der internationalen Rechnungslegung (IFRS) sind assoziierte Unternehmen grundsätzlich – sofern nicht unwesentlich – nach der E. zu bilanzieren; zulässig ist allein die Buchwertmethode. Die E. kommt letztlich dann nicht in Betracht, wenn eine Veräußerungsabsicht des Investors besteht, das die Beteiligung haltende Unternehmen von der Erstellung eines Teilkonzernabschlusses befreit ist oder eine

Equity-Bewertung spezifische Geschäftstätigkeit i.S.d. IAS 28.1 (bspw. venture capital oder mutual funds) ausübt. Darüber hinaus kann in Analogie zu den Regelungen des HGB eine Einbeziehung at equity unterlassen werden, wenn das betrachtete assoziierte Unternehmen einerseits aus stand-aloneSicht, andererseits bei einer Gesamtwürdigung aller nicht einbezogenen assoziierten Unternehmen als unwesentlich zu werten ist. Ein assoziiertes Unternehmen liegt gem. IAS 28.2 dann vor, wenn ein Investor die Möglichkeit inne hat einen maßgeblichen Einfluss (significant influence) über ein Unternehmen auszuüben und dieses weder als ein Tochter- noch als ein Gemeinschaftsunternehmen zu charakterisieren ist. Zur Abgrenzung eines maßgeblichen Einflusses stellt das IASB korrespondierend zur Definition der Beherrschung nach IAS 27 auf die Möglichkeit ab, die finanz- und geschäftspolitischen Entscheidungen des Beteiligungsunternehmens beeinflussen zu können. Somit ist zu konstatieren, dass sowohl das Konzept des beherrschenden als auch des maßgeblichen Einflusses an dem Tatbestand der Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik ansetzen, sich jedoch hinsichtlich der Intensität der Einflussnahme unterscheiden. Denn: Ein beherrschender Einfluss sichert weitergehende Einflussmöglichkeiten als eine maßgebliche Einflussnahme. Die Möglichkeit einen maßgeblichen Einfluss auf die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens auszuüben, wird dann widerlegbar angenommen, wenn ein Investor direkt oder indirekt mind. über 20% der Stimmrechte verfügen kann. Im Umkehrschluss wird bei einer Beteiligung, die diesen Schwellenwert unterschreitet, erst einmal nicht von einem maßgeblichen Einfluss ausgegangen. Neben dieser an den Stimmrechtsanteilen anknüpfenden Vermutung, werden in IAS 28.7 weitere Indikatoren angeführt, die auf einen maßgeblichen Einfluss hinweisen können:

– Zugehörigkeit zum Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgan oder einem gleichartigen Leitungsgremium des Beteiligungsunternehmens, – Teilnahme an den Entscheidungsprozessen, einschließlich der Teilnahme an Entscheidungen über Dividenden oder sonstige Ausschüttungen, – wesentliche Geschäftsvorfälle zwischen dem Anteilseigner und dem Beteiligungsunternehmen, – Austausch oder

von

Führungspersonal,

– Bereitstellung bedeutender technischer Informationen. Neben dem beschriebenen Anwendungsbereich der assoziierten Unternehmen besteht in der internationalen Rechnungslegung nach IFRS bisher ein Wahlrecht bei der bilanziellen Abbildung von Gemeinschaftsunternehmen. Nach IAS 31.38 kann alternativ zur quotalen Einbeziehung der Vermögenswerte und Schulden des Gemeinschaftsunternehmens (Quotenkonsolidierung) die E. angewendet werden. Im Kontext des shortterm-convergence-Projektes von IASB und FASB wurde mit der Veröffentlichung des ED 9 (joint arrangements) das Methodenwahlrecht zur Bilanzierung von Gemeinschaftsunternehmen zugunsten der E. beseitigt. Infolgedessen wird mit der Veröffentlichung des neuen Standards zur Abbildung von gemeinschaftlichen Aktivitäten die Bedeutung der E. in der internationalen Rechnungslegung zunehmen. Die E. ist nach den IFRS-Normen ab dem Zeitpunkt anzuwenden, in dem der Tatbestand eines assoziierten Unternehmens erfüllt ist (vgl. IAS 28.23). Zum Erwerbszeitpunkt ist die Beteiligung mittels des Wertansatzes der Anschaffungskosten zu erfassen. In einem zweiten Schritt sind die anteiligen, aus dem Unterschied zwischen Buchwert und beizulegenden Zeitwert begründeten stillen 241

Equity-Bewertung Reserven/Lasten aufzudecken und fortzuführen. Daran anschließend ist ein ggf. entstehender Geschäfts- oder Firmenwert zu ermitteln. Ein möglicherweise auftretender passivischer Unterschiedsbetrag (bargain purchase) ist nach IAS 28 nach einer nochmaligen Prüfung der Wertansätze (reassessement) sofort erfolgswirksam zu erfassen. In der Folgekonsolidierung wirken grundsätzlich zwei Einflussfaktoren auf den Wertansatz der E. ein. Zum einen wird ein auf Ebene des Beteiligungsunternehmens auftretender Periodenerfolg oder -fehlbetrag entsprechend dem Anteil des Investors berücksichtigt; ein Periodenerfolg erhöht, ein Periodenfehlbetrag vermindert (anteilig) den EquityBuchwert. Zum anderen mindern vom Beteiligungsunternehmen an den Investor vorgenommene Ausschüttungen den Wertansatz der E. (IAS 28.11). Eine Besonderheit ergibt sich, wenn beim Beteiligungsunternehmen über einen längeren Zeitraum Periodenfehlbeträge angefallen sind. Da diese den Equity-Buchwert anteilig herabsetzen, kann dieser theoretisch negativ werden. Jedoch wird bilanziell gem. IAS 28.29f. maximal ein Buchwert von null erfasst und weitere Periodenfehlbeträge und Wertminderungen in einer statistischen Nebenrechnung berücksichtigt (sog. UBoot-Theorie). In der Folgezeit entstehende Periodenerfolge mindern zuerst und solange die in der Nebenrechnung kumulierten Fehlbeträge, bis sie diese übersteigen. Während nach HGB ein Wahlrecht besteht, den Equity-Wertansatz auf Basis konzerneinheitlicher Bewertungs- und Ansatzgrundsätzen zu erstellen, ist nach IAS 28.26 eine Pflicht kodifiziert. 3. Beurteilung der Equity-Methode Die im europäischen Bilanzrecht verankerte E. hat den deutschen Bilanzierungsgrundsatz, wonach Beteiligungen 242

auf Basis der Anschaffungskostenmethode zu bewerten waren, aufgebrochen. Dieser Bruch wurde allerdings nicht konsequent vollzogen. Während im Konzernabschluss für Beteiligungen an assoziierten Unternehmen eine Pflicht zur E. besteht, darf diese im Rahmen der einzelgesellschaftlichen Rechnungslegung nach wie vor nicht angewendet werden, obwohl Art. 59 der 4. EG-Richtlinie ein Mitgliedstaatenwahlrecht für die E. im Einzelabschluss vorsieht. Diese Konstellation eines Gebotes im Konzernabschluss sowie eines Verbotes im Einzelabschluss führt zu erheblichen Mehraufwendungen und konsolidierungstechnischen Schwierigkeiten. Als Konsequenz entsteht ein verstärktes Auseinanderfallen von Konzern- und Einzelabschluss des Mutterunternehmens. In der Vergangenheit haben die beiden – gleichrangig nebeneinanderstehenden – Varianten der E. nach HGB zu einem unterschiedlichen formalen Bilanz- und GuV-Ausweis geführt. Durch die Streichung der Kapitalanteilsmethode im Zuge des BilMoG wird einerseits eine bessere Vergleichbarkeit der nach nationalen Regelungen erstellten Konzernabschlüsse ermöglicht, andererseits eine Annäherung an die IFRS erreicht sowie die vom Großteil der Praxis bereits praktizierte Methodik gesetzlich aufgewertet. International wird zukünftig der E. ebenfalls eine größere Relevanz zuerkannt; denn mit den in ED 9 vorgeschlagenen Regelungen zur verbindlichen Abbildung von Joint Ventures at equity wird der nach den IFRS verpflichtende Anwendungsbereich der E. ausgedehnt. Lit.: Achleitner, A.-K./Behr, G./Schäfer, D.: Internationale Rechnungslegung, 4. Aufl., 2009; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009; Busse von Colbe, W.: Die Equity-Methode zur Bewertung von Beteiligungen im Konzernabschluß, in: FS Grochla, 1986, S. 249-266; Busse von

Erfolgspotenzialrechnung Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G,/Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2009; Ernst &Young: International GAAP 2010, London 2010; Geisel, A./Schmidt, M.: Anwendung der EquityMethode bei assoziierten Unternehmen mit kündbaren Anteilen, in: KoR 2010, S. 81-87; IASB: IAS 28: Investments in Associates, 2008; IASB: IAS 31: Interests in Joint Ventures, 2008; Küting, K./Seel, C.: Das neue deutsche Konzernbilanzrecht – Änderungen der Konzernrechnungslegung durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG), in: DStR 2009, S. 37*-60*; Küting, K./Weber, C.-P.: Der Konzernabschluss, 12. Aufl., 2010; Lienau, A.: Die Bilanzierung nach der Equity-Methode unter Berücksichtigung latenter Steuern nach IFRS, in: KoR 2007, S. 14-22; Lüdenbach, N./Hoffmann, W.-D.: IFRS - Haufe Praxis Kommentar, 7. Aufl., 2009; Oser, P./Reichart, S./Wirth, J.: Kapitalkonsolidierung, in: Küting, K./Pfitzer, N./Weber, C.-P. (Hrsg.), Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl., 2009, S. 415-439; Pellens, B.: Equity-Methode, in: HWR, 3. Aufl., 1993, S. 537-544; Pellens, B./Fülbier, R.U./ Gassen, J.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2007; Sandleben, H.-M./Wittmann, M.: Die Auswirkung der Neuregelung von IFRS 3 (rev. 2008) und IAS 27 (rev. 2008) auf die At-Equity-Bilanzierung, in: IRZ 2009, S. 280-282; Schäfer, H.: Bilanzierung von Beteiligungen an assoziierten Unternehmen nach der Equity-Methode, 1982; Zülch, H./Erdmann, M./Wünsch, M.: Geplante Änderungen bei der Bilanzierung von gemeinschaftlich geführten Aktivitäten durch den Exposure Draft ED 9 Joint Arrangements, in WPg 2008, S. 204-208; Zündorf, H.: Quotenkonsolidierung versus Equity-Methode, 1987. Karlheinz Küting Erfahrungskurve Empirisch gefundene Regel, derzufolge inflationsbereinigte o Stückkosten eines Produkts mit jeder Verdoppelung der

kumulierten Produktionsmenge seit Aufnahme der Produktion um einen bestimmten, Lernrate genannten Prozentsatz sinken (auch als Lernkurve bezeichnet). Besonders bedeutsam für neue Produkte und für die Wettbewerbsposition eines Unternehmens; Instrument der Kostenplanung. Lit.: Coenenberg, A. G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 410-430. Erfolg Im o Rechnungswesen Oberbegriff für o Gewinn und o Verlust; oftmals synonym mit o Ergebnis verwendet. Erfolgsausgaben = Erfolgswirksame Ausgaben (i.S. von Auszahlungen), z.B. für Personal, Material, Steuern, Zinsen, Sachanlagen. Erfolgseinnahmen = Erfolgswirksame Einnahmen (i.S. von Einzahlungen), z.B. aus Umsätzen, Zinsen, Verkauf von Sachanlagen. Erfolgskapitalerhaltung o Bilanztheorien Erfolgskonten Im Gegensatz zu den o Bestandskonten die in die o Gewinn- und Verlustrechnung einbezogenen Konten. Erfolgspotenzial Fähigkeiten des Unternehmens, aus denen zukünftige Erfolge erwachsen können. Der Begriff des E. stammt aus dem strategischen Management. Erfolgspotenzialrechnung Teilsystem der strategischen o Erfolgsrechnung. Die E. lässt sich in drei Bereiche unterteilen. Zunächst erfolgt im Zuge der ertragswertorientierten Erfolgspotenzialbewertung eine periodenübergreifende Ermittlung der o Erfolgspotenziale. Es werden Verfahren der o Unternehmensbewertung herangezogen, welche die zum aktuellen Zeitpunkt vorliegenden Informationen verwenden. Erfolgt zu 243

Erfolgsrechnung, kurzfristige einem späteren Zeitpunkt die Bestimmung von Ist-Erfolgspotenzialen, können diese im Rahmen einer o Abweichungsanalyse mit den Plan-Erfolgspotenzialen verglichen werden. Die Abweichungsanalyse dient zum einen dazu, die Höhe einer etwaigen Differenz zu erfassen. Darüber hinaus können basierend auf Sollwerten Ursachen für eingetretene Abweichungen identifiziert werden. Diese lassen sich insbesondere unterteilen in Abweichungen, welche sich aufgrund strategischer Maßnahmen des Managements (Aktionseffekt) ergeben haben sowie Abweichungen, welche auf Änderungen der Umweltzustände (Informationseffekt) zurück zuführen sind. Zudem können sich Abweichungen durch das Heranziehen anderer Bewertungsparameter, z.B. Kalkulationszinssatz, ergeben. Zur Beurteilung der Leistung des Managements kann abschließend eine erfolgspotenzialbasierte Performancemessung anhand der Veränderung des Erfolgspotenzials zwischen zwei Zeitpunkten durchgeführt werden. Lit.: Breid, V.: Erfolgspotentialrechnung, 1994; Dirrigl, H.: Erfolgspotenzialrechnung, in: HWU, 4. Aufl., 2002. Erfolgsrechnung, kurzfristige 1. Definition und Abgrenzung Unter der E. versteht man Verfahren zur Ermittlung und Analyse des Periodenerfolgs in unterjährigen (meist quartalsoder monatsweisen) Zeitabständen. Synonym finden auch die Begriffe Ergebnisrechnung bzw. Betriebsergebnisrechnung Verwendung. Ziel der E. ist die laufende Überwachung der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens. Vorteil dieser unterjährigen Erfolgsermittlung ist die Möglichkeit, die Erfolgsquellen des Unternehmens zu identifizieren und zu analysieren. Die Identifikation der Erfolgsfaktoren eines Unternehmens kann durch Vergleich der E. im Zeitablauf erfolgen so244

wie durch eine Gegenüberstellung von Plan- bzw. Soll- und Ist-Werten. Durch Analysen kann Fehlentwicklungen zeitnah entgegengewirkt werden. Betrachtet werden rein monetäre Größen, während nicht-monetäre Erfolgskomponenten, z.B. die Mitarbeitermotivation, analog zu anderen Verfahren des Rechnungswesens keine Verwendung finden. Methoden der E. sind das o Umsatzkostenverfahren (UKV) sowie das o Gesamtkostenverfahren (GKV). Das GKV gliedert die Kosten typischerweise nach Kostenarten. Das UKV ermöglicht die Ergebnisermittlung mittels Kostenträger. Die Verwendung von Kostenträgern ermöglicht eine Analyse der Produkte eines Unternehmens mittels Erlöse und Kosten in einem zeitlichen Kontext. Im Gegensatz zur Kostenträgerstückrechnung bezieht die E. die Erfolge der Kostenträger auf die gewählte Betrachtungsperiode (Kostenträgerzeitrechnung unter Einbeziehung von Erlösen). Die Struktur des UKV bietet weiterhin die Möglichkeit, sowohl das Unternehmen als Ganzes als auch Teilbereiche bzw. Produktbereiche zu analysieren. Eine Unterteilung in Voll- und Teilkosten ist im Gegensatz zum GKV ebenfalls möglich. Die konkrete Ausgestaltung der E. wird nicht zuletzt durch die systemtechnischen Implikationen des Rechnungswesens determiniert. Die E. gewinnt auch im Zuge der Internationalisierung an Bedeutung. International orientierte, insb. kapitalmarktorientierte Unternehmen, sind im Rahmen externer Rechnungslegungsvorschriften (z.B. IFRS) verpflichtet, unterjährige, i.d.R. quartalsweise, Ergebnisse zu veröffentlichen (o Zwischenbericht). Wesentliche Kennzahlen sind u.a. EBT, o Cashflow, Return on Capital Employed oder Übergewinngrößen (o Rentabilität, o Residualgewinn). Ein dynamisches Umfeld lässt die Notwendigkeit einer E. auch im internen Rech-

Erfolgsrechnung, kurzfristige nungswesen steigen. Kennzahlen sind hier bspw. Betriebsgewinn, Deckungsbeitrag, Umsätze oder Kosten.

reits ein Verzinsungsanspruch der Kapitalgeber mit in die E. aufgenommen werden (Zusatzkosten).

2. Methoden der Erfolgsrechnung

Aufgrund zunehmender Kapitalmarktorientierung auf der einen und einer zunehmenden Annäherung des Kapitalmarktes an entscheidungsorientierte interne Daten des Rechnungswesens auf der anderen Seite ist eine Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen zu beobachten (o Konvergenz des Rechnungswesens). Hier begründet sich der Anspruch an die E., dass beide Ergebnisse ineinander überführbar sein sollten.

a) Aufbau einer Erfolgsrechnung. Abhängig vom Verwendungszweck und Adressatenkreis der E. ist zu entscheiden, ob diese auf Grundlage von o Kosten und Erlösen (internes Rechnungswesen) oder auf Basis von Aufwendungen und Erträgen (externes Rechnungswesen) ermittelt wird (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Dem Unternehmen auferlegte Publizitätspflichten, z.B. gem. IAS 34, machen die Erstellung einer E. mittels Aufwendungen und Erträge notwendig. Solche E. bestehen mindestens aus einer Bilanz und einer o Gewinnund Verlustrechnung (GuV). In den seltensten Fällen werden unterjährige Inventuren vorgenommen. Die aktuellen Bestände müssen anhand von Bestandsführungen bewertet werden. Das Problem wird besonders deutlich bei Halbund Fertigerzeugnissen sowie bei selbsterstellten Anlagen im Bau und langfristiger Auftragsfertigung. Die periodengerechte Zuordnung von Vermögensgegenständen kann hierbei problematisch sein. Der Adressatenkreis dieser E. ist unternehmensexterner Natur, z.B. Ratingagenturen, Finanzanalysten und/oder Anteilseigner. Für die Unternehmensleitung in ihrer Eigenschaft als interner Adressat ist die Verwendung von Daten des internen Rechnungswesens vorteilhaft, da diese durch die Einbeziehung von Anders- und Zusatzkosten bzw. der besonderen Behandlung von betriebsfremden (neutralen) Aufwendungen und Erträgen eine geeignete Grundlage für unternehmerische Analysen und Entscheidungen liefern. Beispielsweise kann durch die Integration gewichteter durchschnittlicher o Kapitalkosten (o Weighted Average Cost of Capital; WACC) mittels Kostenträgerrechnung (wertorientierte E.) be-

Eine Möglichkeit der inhaltlichen Erweiterung der E. ist die vorherige Planung der Daten. Damit lassen sich Prognosen für künftige Entwicklungen aufzeigen. Aufbauend auf eine vorherige Planung (Plan-E.) kann die Analyse mittels IstZahlen erfolgen. Die Abweichungen können auf verschiedene Abweichungsarten hin analysiert werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die E. in eine Cash-Flow-Rechnung (o Kapitalflussrechnung) zu überführen. Externen Analysten bietet sich damit die Überprüfung der Liquiditätssituation eines Unternehmens. Auch für den internen Gebrauch sind Informationen über die Ausgaben- bzw. Einnahmenwirksamkeit von aus der E. abgeleiteten Zahlungsströmen sinnvoll, z.B. für die Bestimmung des kurzfristigen Kapitalbedarfs (liquiditätsorientierte E.). b) Gesamtkosten vs. Umsatzkostenverfahren. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren unterscheiden sich in der Behandlung von Bestandsveränderungen (Absatz ≠ Produktion in der betrachteten Periode). Beim GKV werden die Erlöse der betrachteten Periode in die Gesamtleistung überführt. Dies beinhaltet die Addition von Bestandsmehrungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen und aktivierten Eigenleistungen sowie die Subtraktion 245

Erfolgsrechnung, kurzfristige von Bestandsminderungen. Dem gegenübergestellt werden die Gesamtkosten bzw. Gesamtaufwendungen gegliedert nach Kosten- bzw. Aufwandsarten. Eine Analyse der Erfolgsquellen nach Produktergebnissen ist somit nicht möglich.

Spektrum von Entscheidungen wie beispielsweise die Bestimmung kurzfristiger Preisuntergrenzen (entscheidungsorientierte E.). Eine (stufenweise) Deckungsbeitragsrechnung im Anschluss kann die Lücke zum Ergebnis schließen.

Beim UKV werden den Erlösen der Periode die dazugehörigen Kosten bzw. Aufwendungen gegenübergestellt. Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, eine Produktkalkulation zu implementieren. Zudem ist eine unterjährige Inventur überflüssig. Weiterhin bietet das UKV die Möglichkeit der Ermittlung von Vollbzw. Teilkosten. Die Vollkostenermittlung kommt auf dasselbe Ergebnis wie das GKV. Bei der Verwendung von Teilkosten werden den Umsatzerlösen lediglich die variablen Kosten gegenübergestellt. Dies ermöglicht ein anderes

In Tab. 1 findet sich eine Plan-Kostenträgerzeitrechnung. Betrachtet wird ein Unternehmen mit zwei Produktgruppen, wobei Produktgruppe A zwei Produkte beinhaltet. Von den Umsatzerlösen (U) werden die variablen Kosten (KV) abgezogen, was zum Deckungsbeitrag I (DB I) führt. Die dem einzelnen Produkt zuzuordnenden Fixkosten werden davon in Abzug gebracht. Dies führt zum Produktergebnis (DB II). Um zum Betriebsergebnis (DB IV) zu gelangen, müssen noch die verbleibenden Fixkosten stufenweise abgezogen werden.

Plan-Kostenträgerzeitrechnung des Unternehmens x für den Monat y Produktgruppen (PG) Produkte Verkäufe t Erlös €/t Durchsatz h/t Umsatz variable Kosten €/t variable Kosten Deckungsbeitrag I Deckungsbeitrag I €/t ./. Produktfixkosten Deckungsbeitrag II ∑ Deckungsbeitrag II (Produktergebnis) ./. Produktgruppenfixkosten Deckungsbeitrag III ∑ Deckungsbeitrag III (Produktgruppenergebnis) ./. Unternehmensfixkosten Deckungsbeitrag IV (Unternehmensergebnis)

V E D U=V*E Kv €/t Kv DB I = DB I/V FI DB II DB II F II DB III DB III F III DB IV

PG A A.1 A.2 4.500 t 3.500 t 320 €/t 330 €/t 0,5 h/t 0,55 h/t 1.440.000 € 1.155.000 € 260 €/t 260 €/t 1.170.000 € 910.000 € 270.000 € 245.000 € 60 €/t 70 €/t 110.000 € 105.000 € 160.000 € 140.000 € 300.000 € 320.000 € -20.000 € 94.000 € -53.000 € 41.000 €

PG B B 1.200 t 470 €/t 0,76 h/t 564.000 € 300 €/t 360.000 € 204.000 € 170 €/t 35.000 € 169.000 € 169.000 € 55.000 € 114.000 €

∑ 9.200 t

3.159.000 € 2.440.000 € 719.000 € 250.000 € 469.000 €

94.000 € -53.000 € 41.000 €

Engpassberechnung: DB t/h Engpass

Produkt A.1 : Produkt A.2 :

120,00 €/h 127,27 €/h

Tab. 1: Beispielrechnung Plan-Kostenträgerzeitrechnung

Unter Zuhilfenahme der E. können vielfältige unternehmerische Entscheidungen getroffen werden. Fällt beispielsweise in der Planperiode aufgrund einer unerwarteten Reparatur die Fertigungsstraße für

246

die Produktgruppe A zum Teil aus, stellt sich die Frage, welches der Produkte der Produktgruppe A produziert werden soll. Angenommen sei hier, dass das Produkt A.1 0,5 h/t, das Produkt A.2 0,55 h/t auf

Erfolgsrechnung, kurzfristige der Fertigungsstraße benötigt. Der DB I muss nun in Relation zum limitierenden Faktor Zeit (h) pro Tonne (D) auf der Fertigungsstraße gesetzt werden: Folgende Umrechnungen sind notwendig: DB I €/h = DB I / D

(1)

Bei Anwendung der Formel 1 ergibt sich für Produkt A.1 ein engpassbezogener Deckungsbeitrag von 120 €/h; für Produkt A.2 ergibt sich ein Wert von 127 €/h. Dem Produkt A.2 ist folglich der Vorzug zu gewähren. Mitunter kann die E. auch zu Fehlentscheidungen führen, wenn die darin verwendeten Zusammenhänge nicht richtig interpretiert werden. Aus Tab. 1 ergibt sich, dass die Produktgruppe A ein negatives Produktgruppenergebnis (DB III) zu Vollkosten liefert und somit das Unternehmensergebnis negativ beeinflusst. Dies legt den Schluss nahe, die Produktgruppe A zu eliminieren. Entscheidende Position sind die hohen Produktgruppenfixkosten. Bestehen diese jedoch im Wesentlichen aus Abschreibungen von Entwicklungskosten (sunk costs), so wäre die Einstellung der Produktgruppe A die falsche Entscheidung. Eine Cash-OutBetrachtung ist für die richtige Entscheidung notwendig. Eine Kostenträgerzeitrechnung kann vor diesem Hintergrund lediglich Anhaltspunkte über die optimale Ausgestaltung des Produktionsprogramms liefern. Eine weitere Prüfung der dahinterstehenden Sachverhalte ist notwendig, um die Nachteile dieses statischen Verfahrens zu beheben. 3. Funktionen einer kurzfristigen Erfolgsrechnung a) Erfolgsermittlungsfunktionen. Zweck der E. ist neben der Erfassung des Gesamterfolges des Unternehmens die Schaffung von Transparenz auf den verschiedenen Ebenen des Unternehmens und das Bereitstellen von steuerungsrelevanten Informationen für die Unterneh-

mensleitung. Basierend auf einer Plan-E. kann nach Ablauf jeder Planungsperiode eine Plankontrollrechnung bzw. die Ermittlung von Abweichungen zwischen Plan- und Ist-Ergebnis erfolgen. Die Ergebnisse dieser o Abweichungsanalyse ermöglichen Ursachenanalysen und das Generieren von Maßnahmen. Letzteres kann z.B. die Ableitung genauerer Plankosten und in Folge die Überarbeitung der Kalkulation sein. Dies kann zu Entscheidungen hinsichtlich des Produktportfolios bzw. Auftragsannahme herangezogen werden. Dabei ist die Aufteilung der Gesamtabweichung z.B. im Rahmen einer Teilkostenrechnung in eine Deckungsbeitragsabweichung (Ergebnisveränderungen aufgrund von absatzseitigen Preis- und Mengenveränderungen) und Kostenabweichung sinnvoll. Erstere ermöglicht die Analyse der Ertragskraft sowohl von einzelnen Produkten bzw. Produktgruppen als auch von einzelnen Kunden oder Marktsegmenten. Die Kostenabweichung wird definiert als Differenz zwischen variablen Soll- und IstKosten. Eine aussagefähige Analyse der Kostenabweichungen bedingt die Aufspaltung der Kostenabweichungen sowohl hinsichtlich der Kostenträgereinzelals auch der Kostenträgergemeinkosten in Preisabweichungen, Verfahrensabweichungen (Differenz zwischen den Plankosten der Ist-Menge nach Planverfahren und den Plankosten der Ist-Menge nach Ist-Verfahren) und Verbrauchsabweichungen. Gleiches gilt für die Kontrolle der Fixkosten. Auf Basis einer detaillierten Ergebnisanalyse werden Handlungsbedarfe sichtbar, die zur Initialisierung von Maßnahmen führen und deren Effektivität anschließend im Zeitablauf kontrolliert werden kann (vgl. Produktprogrammentscheidung im Beispiel). Im Zuge der Zusammenführung der Erkenntnisse aus der Ergebnisanalyse mit weiteren Kenngrößen der Unternehmung sowie dessen Umfeld (sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Größen wie z.B. 247

Erfolgsrechnung, kurzfristige Reklamationsquote und Lieferterminperformance) kann die aktuelle Situation umfassend abgebildet und in einem abgestimmten Managementinformationssystem zusammengefasst werden. Unter Berücksichtigung einer kurzfristigen, rollierenden Vorausschau können diese Informationen als Grundlage eines Frühwarnsystems dienen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Bestimmungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) und der damit verbundenen Verpflichtung zur Implementierung eines Überwachungssystems zur Früherkennung den Fortbestand der Gesellschaft gefährdender Entwicklungen ist dies von zunehmender Bedeutung für ein umfassendes Risikomanagement. b) Vergleichsfunktionen. Die Daten aus der E. werden in den letzten Jahren verstärkt auch im Rahmen des Benchmarkings genutzt. Damit kann die E. nicht nur der Betrachtung eigener Plan/Ist-Abweichungen oder Zeitreihenanalysen Rechnung tragen, sondern ermöglicht auch die Wettbewerbsanalyse mit externen Gesellschaften. Im Rahmen der E. kommt i.d.R. ein quantitatives Benchmarking zur Anwendung. Damit zielt man vorwiegend auf einen Kennzahlenvergleich ab, wie er aus dem Du Pont Kennzahlensystem für die Kapitalrendite bekannt ist. Die relevanten Steuerungsgrößen aus der E., z.B. Ergebnis vor Steuern, Return on Investment / Return on Capital Employed, Übergewinngrößen (z.B. EVA) oder Free Cash Flow, werden in zwei Stufen transformiert. Zunächst sind die genannten Zielgrößen in zugehörige Wertkomponenten zu zerlegen. Es handelt sich bei den Wertkomponenten im Wesentlichen um den Umsatz und die Kosten als Bestandteile des Ergebnisses, das Anlagevermögen und das Nettoumlaufvermögen als Bestandteile des investierten Kapitals. Die Wertkomponenten lassen sich daran 248

anknüpfend weiter in Werttreiber differenzieren, die eine sehr enge Bindung an den Leistungserstellungsprozess bzw. das Leistungsangebot aufweisen. Das Benchmarking setzt idealtypisch bei den Werttreibern an, indem für diese konkrete Leistungsbeurteilungsgrößen in Form quantitativer oder qualitativer Kennzahlen abgeleitet werden. So lässt sich die Wertkomponente Umsatz in die Werttreiber Erlös und Absatz aufteilen. Die Wertkomponente Kosten kann in die funktionsbereichspezifischen Werttreiber Beschaffung, Produktion oder Marketing unterteilt werden, darüber hinaus in Produktivität und Kostenstruktur. Die Kostenstruktur kann z.B. anhand der Quotienten Fix-, Material- oder Personalkosten jeweils zu Gesamtkosten abgebildet werden. Neben dem Anlagevermögen ist das Nettoumlaufvermögen eine weitere bedeutende Wertkomponente mit den Werttreibern Vorräte, Verbindlichkeiten sowie Forderungen. Abzuleitende benchmarkrelevante Kennzahlen sind Umschlagshäufigkeit oder Umschlagszeit der Vorräte (Umsatz zu Vorräte) bzw. ((Umsatz zu Vorräte) u Zeit). Ein Wettbewerbsbenchmarking im Rahmen der E. erfordert ein gründliches Auseinandersetzen mit den jeweiligen Kennzahlen der Wettbewerbsunternehmen, da im innerjährlichen Vergleich z.B. im Quartalsabschluss Sondereffekte auftreten, die zu einer erheblichen Vergleichsstörung führen können. Die häufig anzutreffenden - weil relativ leicht zu ermittelnden - Margenvergleiche (EBIT / EBITDA-Margen) sollten deshalb in längeren Zeitreihen und damit nicht einmalig oder sporadisch analysiert werden. Tiefere, operativ technische Benchmarks scheitern häufig an der Transparenz der Wettbewerbsdaten. Auf der Grundlage der eigenen Datenbasis aus der E. sind jedoch mittelbare Rückschlüsse bzgl. differierender Margen durchaus ableitbar.

Ergebnis, außerordentliches Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Hahn, D./Hungenberg, H.: Planung und Kontrolle, 6. Aufl., 2001; Rademacher, M./Kaufmann, L.: Erfolgreiches Benchmarking: von der Imitation zum Blue-OceanAnsatz, in: Zeitschrift für Unternehmenswissenschaft und Führungspraxis 2008, Heft 12, S. 52-55. Michael Rademacher/ Oliver Smeets Erfolgsspaltung Im engeren Sinne definiert als Aufspaltung des Jahresergebnisses in das neutrale Ergebnis (o Ergebnis, neutrales) und das o Betriebsergebnis im handelsrechtlichen Sinne. Im weiteren Sinne wird unter E. die Aufspaltung des Erfolgs in einzelne Erfolgsquellen verstanden. Diese können zum einen regionale Quellen wie z.B. In- und Auslandsgeschäft umfassen, zum anderen kann eine Aufspaltung nach sachlichen Kriterien wie z.B. Haupt- und Nebengeschäft erfolgen. Ist ein isolierter Erlösausweis aufgrund von Erlösverbundeffekten nicht möglich, ist eine E. nur schwer durchführbar. Erfolgsstrukturanalyse o Bilanzanalyse Erfolgszahlungssaldo Differenz zwischen o Erfolgseinnahmen und o Erfolgsausgaben, also von Posten, die sowohl die o Liquidität als auch den o Gewinn beeinflussen. Ein positiver E. bedeutet, dass Innenfinanzierung vorliegt. Lit.: Chmielewicz, K.: Integrierte Finanzund Erfolgsplanung, 1972, S. 51-58. Erfüllungsbetrag Dient zur Bewertung von o Schulden. Ergibt sich als nicht diskontierter Betrag, der voraussichtlich zur o Tilgung der Schuld aufgebracht werden muss.

Ergänzter Bestätigungsvermerk o Bestätigungsvermerk Ergänzungsinvestition Als E. wird eine o Investition bezeichnet, die in Ergänzung zu einer originären Investition durchzuführen ist, um diese mit einer zweiten, alternativen Investition hinsichtlich Höhe und zeitlicher Verteilung der Einzahlungsüberschüsse, Höhe der Anschaffungsauszahlung und Länge der Nutzungsdauer vergleichbar zu machen. Bei der o Kapitalwertmethode wird eine fiktive E. zum o Kalkulationszinsfuß unterstellt. Der Kapitalwert der E. ist dann Null und beeinflusst den Kapitalwertvergleich nicht. Ergänzungsrechnung In der Konzernrechnungslegung: Synonym für die o Handelsbilanz II; Bilanz, GuV und ergänzende Rechenwerke, die in Abweichung vom o Jahresabschluss zur Einbeziehung in den o Konzernabschluss aufgestellt werden. Ergebnis Oberbegriff für o Jahresüberschuss, o Jahresfehlbetrag, o Gewinn und o Verlust sowie weitere betriebswirtschaftliche Größen zur Messung des in einer Periode erzielten o Erfolgs (o Betriebsergebnis; o Pro-forma-Kennzahlen). Ergebnis, außerordentliches Eine in der o Gewinn- und Verlustrechnung nach dem o Umsatz- und o Gesamtkostenverfahren neben dem o Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gesondert auszuweisende Zwischengröße. Das a. E. umfasst gem. § 277 Abs. 4 HGB nur Vermögensmehrungen und -minderungen, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstanden sind. Dem a. E. werden nur solche Aufwendungen und Erträge zugerechnet, die selten und in ungewöhnlicher Höhe auftreten, z.B. hohe Aufwendungen für die Stilllegung oder Umstrukturierung bedeutender Betriebsteile oder erhebliche 249

Ergebnis, betriebliches Erträge aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen. Nach IFRS ist der Ausweis eines a. E. nicht erlaubt. Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen können auch periodenfremde Aufwendungen und Erträge dem a. E. zugerechnet werden. Ergebnis, betriebliches o Betriebsergebnis Ergebnis, betriebsfremdes Differenz der in der o Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen o Erträge und o Aufwendungen, die nicht unmittelbar durch den eigentlichen Betriebszweck verursacht sind. Ergebnis, neutrales Saldo aus den neutralen Erträgen und neutralen Aufwendungen einer Periode. Das n. E. umfasst diejenigen Ergebniskomponenten, die betriebsfremd (nicht aus der Verfolgung der eigentlichen Betriebsausgabe resultierend), periodenfremd (nicht von unternehmerischen Aktivitäten der laufenden Periode verursacht) oder in außerordentlicher Höhe anfallen und demzufolge in der o Kosten- und Erlösrechnung nicht berücksichtigt werden. Ergebnis, ordentliches Betriebswirtschaftliche Bezeichnung für das um außerordentliche Ergebniskomponenten (o Ergebnis, außerordentliches) bereinigte Periodenergebnis; im Vergleich zu dem in der Rechnungslegung nach HGB auszuweisenden o Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit bleiben auch periodenfremde Ergebniskomponenten unberücksichtigt. Das o. E. ist ein Indikator für das nachhaltig erzielbare E. des Unternehmens. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Eine in der o Gewinn- und Verlustrechnung nach dem o Umsatz- und o Gesamtkostenverfahren neben dem o außerordentlichen Ergebnis gesondert aus250

zuweisende Zwischengröße (§ 275 Abs. 2 Nr. 14 bzw. Abs. 3 Nr. 13 HGB). Das E. ist der Saldo aller Erträge und Aufwendungen vor Steuern der abgelaufenen Periode ohne die außerordentlichen Aufwendungen und Erträge (§ 277 Abs. 4). Ergebnis je Aktie o Gewinn je Aktie Ergebnis nach DVFA/SG Von der Methodenkommission der o Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung (DVFA) und dem Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der o SchmalenbachGesellschaft (SG) gemeinsam entwickelte Empfehlung zur Bereinigung des nach HGB ausgewiesenen Jahresüberschusses bzw. -fehlbetrags pro Aktie (o Gewinn je Aktie). Das E. soll sich besonders für Perioden- und Unternehmensvergleiche sowie zur Bewertung von Aktien eignen. Seit Einführung der IFRS für alle kapitalmarktorientierten Unternehmen wird das E. nur noch selten als Zusatzinformation ausgewiesen. Lit.: Busse von Colbe, W. et al. (Hrsg.): Ergebnis nach DVFA/SG, 3. Aufl., 2000. Ergebnisprüfung = Kontenprüfung Überprüfung der korrekten Dokumentierung der buchungspflichtigen Sachverhalte auf den richtigen Konten. Erhaltene Anzahlungen o Verbindlichkeiten Erhaltungsaufwand Im Steuerrecht Aufwendungen für die Instandhaltung eines o Wirtschaftsguts. In einer Negativabgrenzung zum o Herstellungsaufwand liegt E. dann vor, wenn das Wirtschaftsgut weder erweitert noch über seinen ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert wird. Erhaltungsinvestitionen o Investitionen zur Erhaltung der betrieblichen Substanz.

Erlösrechnung Erlös Wert der abgesetzten Sachgüter und Dienstleistungen (= Umsatzerlöse), i.w.S. zusätzlich o kalkulatorische Erlöse, i.d.R. bezogen auf eine Periode (o Erlösrechnung). Erlösberichtigungen = o Erlösschmälerungen Erlöse, kalkulatorische o Erlösrechnung Erlöse, pagatorische o Erlösrechnung Erlösrechnung 1. Einführung Die E. als Pendant zur o Kostenrechnung stellt ein Teilsystem der Unternehmensrechnung dar und lässt sich dem Bereich des internen o Rechnungswesens zuordnen. Die E. bildet die Güterentstehung innerhalb des Unternehmens für zuvor definierte Erlösträger wie z.B. Produkte oder Kundengruppen ab. Verglichen mit der Kostenrechnung haben sich nur wenige Beiträge mit konzeptionellen Grundlagen der E. befasst. In der Praxis stellt die E. oftmals ein Teilsystem der kurzfristigen o Erfolgsrechnung dar, welche o Kosten und Erlöse gegenüberstellt. Grundlegende Aufgaben der E. sind die Erfassung von Erlösen sowie deren Gruppierung nach Erlösarten. Des Weiteren erfolgt eine Zuordnung der Erlöse auf Bezugsgrößen und eine Auswertung von Erlösinformationen. 2. Erlösbegriff Erlöse werden gemeinhin als Wert der betriebszweckbezogenen Güterentstehung definiert und sind in zwei Kategorien zu differenzieren: – Pagatorische Erlöse werden von den zufließenden Einnahmen des Unternehmens abgeleitet und entsprechen somit im Wesentlichen den auch im o Jahresabschluss erfassten Umsatzerlösen.

– Kalkulatorische Erlöse werden als Erlöse i.w.S. definiert und bilden Erlöse für Eigenleistungen, z.B. durch Bestandserhöhungen von Halb- und Fertigerzeugnissen, ab. Kalkulatorische Erlöse können anhand der Kosten der Leistungserstellung oder basierend auf Marktpreisen bewertet werden. Sie setzen sich aus den Zusatz- und Anderserlösen (o Kosten, kalkulatorische) zusammen. Häufig findet sich in älterer Literatur der Begriff Leistungen als Gegenstück zum Kostenbegriff. Angesichts der Mehrdeutigkeit des Leistungsbegriffs, erscheint es zweckmäßig, von Leistungen im Sinne mengenmäßiger Sachverhalte zu sprechen. Im Gegensatz dazu liegt dem Erlösbegriff die mit Preisen bewertete, demnach wertmäßige, Güterentstehung zugrunde. 3. Zwecke der Erlösrechnung Die E. verfolgt ähnliche Rechnungsziele wie die Kostenrechnung. Sie dient zur Abbildung und Dokumentation der Güterentstehung im Unternehmen. Darüber hinausgehende Ziele sind die Planung, Steuerung sowie Kontrolle der betrieblichen Prozesse, wodurch die E. zur Fundierung betrieblicher Entscheidungen wesentlich beiträgt. Zudem ist ein weiteres Ziel die Verhaltenssteuerung der Entscheidungsträger, wodurch eine zielorientierte Umsetzung von Entscheidungen angestrebt wird. 4. Teilgebiete der Erlösrechnung a) Erlösarten-, Erlösstellen- und Erlösträgerrechnung. In begrifflicher Analogie zur Struktur der Kostenrechnung finden sich in der E. die Verrechnungsstufen der Erlösarten-, Erlösstellen- und Erlösträgerrechnung sowie ergänzend die Erlösquellenrechnung. Die Erlösartenrechnung erfasst die Erlöse anhand der Erlösarten, welche sich aufgrund verschiedener Kategorien einteilen lassen. 251

Erlösrechnung – Objektbezogenheit: Unterscheidung der Erlösarten anhand der Art der Güterentstehung, z.B. Verkaufserlöse oder Erlöse aus Vermietung. – Zurechenbarkeit: Unterscheidung in Einzel- und Gemeinerlöse, wobei Einzelerlöse einem Erlösträger direkt zurechenbar sind, Gemeinerlöse hingegen für mehrere Erlösträger zusammen anfallen. – Gewählte Bezugsgröße: Die Erlösart wird anhand von Leistungseinheiten (Stückerlöse) oder anhand der Zeit (Periodenerlöse) differenziert. – Abhängigkeit von der o Beschäftigung: Unterscheidung in fixe und variable Erlöse. – Entgeltbezogenheit: Einteilung in Brutto- und Nettoerlöse, wobei der Bruttoerlös den vom Unternehmen kalkulierten Preis einer Leistung wiedergibt. Werden o Erlösschmälerungen wie z.B. Rabatte oder Skonti hinzugezogen, ergibt sich der Nettoerlös. Darüber hinaus können auch Opportunitätserlöse als eine Erlösart betrachtet werden, welche die relative Vorteilhaftigkeit einer Handlungsalternative verglichen mit der nächstbesten darstellen (o Opportunitätskosten). Die Erlösstellenrechnung fasst die entstandenen Erlöse für zuvor definierte Erlösstellen, z.B. für ein o Profit Center, zusammen und ermittelt die Bereichserlöse. Häufig lassen sich Erlöse den Erlösstellen direkt zurechnen. Liegen hingegen Gemeinerlöse vor, müssen diese über eine Schlüsselung auf die Erlösstellen verrechnet werden. Ferner werden Struktur sowie Einflussgrößen der Erlöse aufgezeigt. Die Erlösträgerrechnung ordnet den Erlösträgern Erlöse und Erlösschmälerungen zu. Handelt es sich um eine Erlösträgerzeitrechnung, werden die Erlöse auf festgelegte Perioden verrechnet. Im Ge252

gensatz dazu weist die Erlösträgerstückrechnung den Erlösträgern die Erlöse pro Leistungseinheit zu. Die Reihenfolge der Verrechnungsstufen kann nicht in analoger Reihenfolge wie in der Kostenrechnung erfolgen. Die Erfassung und Zuordnung der Erlöse ist nur retrograd möglich. Zu Beginn steht daher eine Erlösquellenrechnung, welche absatzwirtschaftliche Potenziale, z.B. Kunden, identifiziert, von denen Erlöse zufließen. Im Anschluss daran werden die direkt erfassbaren Einzelerlöse in der Erlösträgerrechnung den Erlösträgern zugeordnet. Ein Zurückführen der Erlöse auf Erlösstellen ist hingegen schwierig und nur möglich, wenn im Unternehmen parallele Erlösstellen vorhanden sind, die organisatorisch unabhängig voneinander arbeiten. Eine Erlösartenrechnung kann sich an die Erlösstellenrechnung anschließen. b) Erlösplanung und -kontrolle. Im Rahmen der Erlösplanung werden geplante Erlöszahlen bereitgestellt. Die Ermittlung der Isterlöse und die Analyse der Abweichungen zu den Planzahlen erfolgt mittels der Erlöskontrolle. Bedeutung erlangen Erlösplanung und -kontrolle z.B. im Liquiditätsmanagement, bei der Unternehmenswertbestimmung im Rahmen des o Shareholder ValueKonzepts, aber auch bei Anwendung einer ergebnisorientierten Steuerung. 5. Problembereiche Ähnlich zur Kostenrechnung ist auch in der E. die Zurechnung der Erlöse problematisch. Eine Trennung von Erlösarten und Erlösträgern ist häufig nicht möglich. Aufgrund von Verbundeffekten im Unternehmen ist zudem eine Aufteilung von Erlösen auf einzelne Teilleistungen und somit die Ermittlung von o Verrechnungspreisen schwierig. Problemfelder bei der Erlöserfassung sind insb. die Identifikation dieser Verbundeffekte sowie darüber hinaus die eindeutige Zuordnung der Erlöse zu einer Periode (Er-

Eröffnungsbilanz lösrealisation). Weitere Schwierigkeiten ergeben sich hinsichtlich der Erlösplanung und -kontrolle, da die Entwicklung der Märkte nicht stets vorhersehbar ist und somit eine Prognose zukünftiger Erlöse fehlerhaft sein kann. Aufgrund bestehender Verbundeffekte sind ferner die in der Erlöskontrolle bestimmten Abweichungen zwischen Plan- und Isterlösen nicht eindeutig den Erlösträgern zuzuordnen. Lit.: Kolb, J.: Industrielle Erlösrechnung – Grundlagen und Anwendung, 1978, S. 30-73; Laßmann, G.: Erlösrechnung und Erlösanalyse bei Großserien- und Sortenfertigung - Teil 1 und 2, in: ZfbF 1979, S. 135-142, 153-162; Laßmann, G.: Aktuelle Probleme der Kosten- und Erlösrechnung sowie des Jahresabschlusses bei weitgehend automatisierter Serienfertigung, in: ZfbF 1984, S. 959-978; Männel, W.: Grundkonzeptionen einer entscheidungsorientierten Erlösrechnung, in: krp 1983, S. 55-70; Nießen, W.: Erlösrechnungssysteme und deren Eignung als Planungs- und Kontrollinstrumente, 1982; Plinke, W.: Erlösplanung im industriellen Anlagengeschäft, 1985; Plötner, O./Sieben, B./Kummer, T.-F.: Kosten- und Erlösrechnung, 2010, S. 63-67, 85-88; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 20-37; Wieder, B.: Die Erlösrechnung – Ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Deckungsbeitragsrechnung, in: Seicht, G. (Hrsg.): Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen, 1996, S. 223-258. Sarah Schalwat Erlösschmälerungen Abzugsbeträge vom Bruttoerlös (Rechnungspreis), die dem Verkäufer nicht zufließen wie Rabatte, Skonti und Beträge, die dem Kunden nachträglich vergütet werden (Boni, Preisnachlässe). In der o Gewinn- und Verlustrechnung sind die Umsatzerlöse nach Abzug der E. auszuweisen (§ 277 Abs. 1 HGB).

Erlösträgerrechnung o Erlösrechnung Ermessensabschreibung Nach § 253 Abs. 4 HGB a. F. durften unabhängig von der Wertentwicklung eines Vermögensgegenstands o Abschreibungen „im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ vorgenommen werden. Durch das o BilMoG ist diese Möglichkeit zur Bildung o stiller Reserven nach dem Ermessen des Bilanzierenden entfallen. Ermessensrücklagen Form der o stillen Rücklagen und damit aus dem o Jahresabschluss nicht zu ersehende Teile des o Eigenkapitals, die bei der Bilanzierung durch Ausnutzung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten gebildet werden. E. können insb. durch Bewertung der Aktiva an der gesetzlichen Untergrenze bzw. der Passiva an der gesetzlichen Obergrenze entstehen. Durch Bildung von E. erscheinen der Gewinn und das Eigenkapital geringer als es der Wirklichkeit entspricht. E. lösen sich spätestens beim Abgang der Vermögensgegenstände auf. Bildung und Auflösung von E. werden als Instrument der o Bilanzpolitik insb. zur zeitlichen Glättung des ausgewiesenen Jahresüberschusses benutzt. Ermessensspielräume Bei der Bilanzierung, insb. der bilanziellen Bewertung von Vermögen und Schulden, liegt die konkrete Auslegung gesetzlicher Vorschriften oftmals im Ermessen des Bilanzierenden, z.B. bei der Schätzung der wirtschaftlichen o Nutzungsdauer. So entstehende E. können vom Bilanzierenden bilanzpolitisch durch die Bildung von stillen o Ermessensrücklagen genutzt werden (o Bilanzpolitik). Eröffnungsbilanz Gegenüberstellung von o Aktiva und o Passiva zu Beginn einer Rechnungs253

Errichtungsinvestition periode. Gemäß § 242 HGB hat der Kaufmann „zu Beginn seines Handelsgewerbes [...] einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, [...]) aufzustellen“. Für die Folgejahre dient die E. der Übertragung der Aktiva und Passiva auf die neue Rechnungsperiode. Für sie gilt dann das Prinzip der o Bilanzidentität, wonach die Wertansätze in der E. mit denen der o Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Die Bilanzidentität sichert das o Kongruenzprinzip. E. ohne Bilanzidentität werden bei außerordentlichen Anlässen, z.B. bei Eröffnung eines Konkursverfahrens (o Konkursbilanz), und bei Währungsumstellungen, z.B. 1923 von Mark auf Goldmark oder 1948 von Reichsmark auf DM (o DM-Eröffnungsbilanz) aufgestellt. Ansatz und Bewertung von Vermögensgegenständen, Schulden und Rückstellungen werden dann wenigstens z.T. unabhängig von der Vorperiode vorgenommen. Errichtungsinvestition = o Anfangsinvestition Ersatzinvestitionen E. dienen der Wiederauffüllung des während einer Periode durch Ge- und Verbrauch oder durch sonstige Umstände verminderten Bestands an Produktionsfaktoren. Ersatzzeitpunkt Der optimale E. einer vorhandenen, noch gebrauchsfähigen Anlage lässt sich mit Methoden der o Investitionsrechnung bestimmen. Eine exakte Bestimmung ist durch einen Vergleich der o Kapitalwerte für die o Investitionskette bestehend aus der alten und der neuen Anlage für verschiedene E. möglich. Dabei ist auch die Veränderung des Liquidationserlöses der alten Anlage zu berücksichtigen. Eine näherungsweise Bestim254

mung kann bei identischen Betriebseinnahmen durch einen Vergleich der durchschnittlichen Betriebsausgaben der alten und der neuen Anlage über die erwartete (Rest-)Nutzungsdauer erfolgen. Lit.: Busse von Colbe, W./Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 3, 3. Aufl., 1990, S. 143-150; Swoboda, P.: Entscheidungen über Ersatzinvestitionen, in: WiSt 1973, S. 55-60, 106-112. Erstinvestition = o Anfangsinvestition Erstkonsolidierung o Kapitalkonsolidierung Erträge = Periodisierte Einnahmen. o Grundgrößen des Rechnungswesens Ertragsteuern 1. Grundlagen Unter E. sind die Steuern zu verstehen, die an den betrieblichen Gewinn anknüpfen (Gewinnsteuern) und sich daher auf den Reinertrag (Einkünfte) als Nettogröße beziehen. In diesen Rahmen gehören in Deutschland derzeit Gewerbeertragsteuer (GewSt), Körperschaftsteuer (KSt) und Einkommensteuer (ESt). Hier handelt es sich jedoch nicht um eindeutige E., insb. weil die GewSt auch gewinnunabhängige Bemessungsgrundlagen heranzieht und die ESt auch nichtbetriebliche Einkünfte sowie persönliche Abzüge berücksichtigt. Zu diesen Steuern können zeitweise oder dauerhaft Ergänzungsabgaben kommen wie 1991/92 und seit 1995 der Solidaritätszuschlag (SolZ, „Soli“), welcher materiell eigentlich zur KSt bzw. ESt gehört und zur Kaschierung von deren Steuersätzen dient; dabei spielt allerdings eine Rolle, dass der SolZ voll dem Bund zusteht, während die anderen E. bestimmten Regeln zur Aufteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen unterliegen. Bedingt lässt sich die Kirchensteuer zu den E. rechnen; sie stellt eine Annexsteuer der ESt für die

Ertragsteuern Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften dar. 2. Konzeptionelles Die Erhebung von E. lässt sich mit der Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips begründen, welches in der Praxis und nach h.L. grundsätzlich den realisierten Reinvermögenszugang erfassen will. Da die ESt an der Entstehung des Einkommens und nicht an dessen Verwendung anknüpft (welche Umsatzsteuer auslösen kann), steht sie konzeptionell in Konkurrenz zu Konsumsteuern etwa in Gestalt von Cash-Flow-Steuern. Ein anders gelagertes konzeptionelles Problem der ESt ergibt sich daraus, dass sie materiell mit Entlastungen verwoben ist, die eigentlich in einem Subventions- oder Transferzahlungsgesetz geregelt werden sollten. Die KSt soll nach weitgehender betriebswirtschaftlicher Auffassung eine Sicherungssteuer für solche Einkommen von (insb. Kapital-) Gesellschaften darstellen, über welche die Gesellschafter noch nicht verfügen können. Die geltende KSt unterstellt dagegen eine eigene Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft, indem – ökonomisch unsinnig – ein Trennungsprinzip angewendet wird, nach dem z.B. Ein-Mann-GmbH und der dahinterstehende Mensch als unterschiedliche Subjekte behandelt werden, was zur Doppelbelastung des letztlich allein der natürlichen Person zustehenden Einkommens führt. Der GewSt ist jegliche Berechtigung abzusprechen, da sie mit dem Gewerbeertrag im Wesentlichen dieselbe Bemessungsgrundlage wie bei ESt/KSt zusätzlich belastet, ohne dass zusätzliche Leistungsfähigkeit im Vergleich mit anderen ESt-Pflichtigen vorhanden ist. Diese Steuer mit dem Äquivalenzprinzip zu begründen, erscheint nicht tragfähig. Versuche, die GewSt abzuschaffen und diese schwergewichtig den Kommunen

zukommende Steuer etwa durch einen kommunalen Zuschlag zur ESt zu ersetzen, sind bisher gescheitert, jedoch weiter in der Diskussion. 3. Strukturen Vorbemerkung: Hier kann nur ein grober Überblick gegeben werden. Für Feinheiten und bezüglich vielfältiger Besonderheiten ist auf die Literatur zu verweisen. a) Einkommensteuer. Die ESt erfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG als betriebliche Einkünfte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr. 1), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Nr. 2) [von Einzelkaufleuten und Personengesellschaften („Mitunternehmerschaften“)] und Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Nr. 3) (insb. bei Freiberuflern); ferner sind Einkünfte aus Kapitalvermögen (Nr. 5) insoweit betriebsbezogen, wie sie sich aus ins Privatvermögen ausgeschütteten Gewinnen von (gewerblichen) Kapitalgesellschaften ergeben. Als nichtbetrieblich kommen ggf. andere Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Nr. 4), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Nr. 6) und sonstige Einkünfte nach § 22 EStG (Nr. 7) hinzu. Die Einkünfte ergeben sich bei den Gewinneinkünften (Nr. 1 bis 3) aus der Differenz zwischen (steuerpflichtigen) Betriebseinnahmen und (abziehbaren) Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG), bei den Überschusseinkünften (Nr. 4 bis 7) durch den Abzug der Werbungskosten (§ 9 EStG) von den Einnahmen (objektives Nettoprinzip). Im Detail ergeben sich oft Probleme wie z.B. bei der Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsen bei Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 4h EStG, „Zinsschranke“) oder bei „gemischten Aufwendungen“, die von Einkunftserzielung und privater Lebensführung gemeinsam veranlasst sind, was etwa bei Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeits-/Betriebsstätte vorliegen kann. 255

Ertragsteuern Während die sich hiernach ergebende Summe der Einkünfte grundsätzlich das Markteinkommen beschreibt, subtrahiert das EStG hiervon Abzugsbeträge (subjektives Nettoprinzip): Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Freibeträge wie z.B. den Kinderfreibetrag; daraus entstehen materiell Subventionen. Auf das sich schließlich ergebende zu versteuernde Einkommen (zvE) setzt ab einem Grundfreibetrag (Existenzminimum) von derzeit (2010) 8.004 € ein progressiver Tarif (§ 32a EStG) mit einem Grenzsteuersatz von 14 % ein, der bis zum zvE von 52.882 € auf 42 % ansteigt und bei 42 % verbleibt, bis die Grenzbelastung ab 250.731 € auf 45 % („Reichensteuer“) steigt. Ob der im Koalitionsvertrag 2009 vorgesehene Übergang zu einem Stufentarif (Teilmengenstaffeltarif) umgesetzt wird, ist derzeit zweifelhaft; ggf. würden die im Progressionsbereich kontinuierlich steigenden Grenzsteuersätze in zu definierenden einzelnen Stufen durch konstante Grenzsteuersätze ersetzt. Bei Zusammenveranlagung von Ehegatten berechnet sich die ESt grundsätzlich als das Doppelte der sich bei anderen Steuerpflichtigen für die Hälfte der Summe des zvE beider Ehegatten ergebenden ESt (Splitting). Das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung müsste eine Besteuerung in Abhängigkeit von der Einkunftsart (Schedulenbesteuerung) ausschließen. Jedoch ist auf die bedeutende tarifliche Besonderheit der Abgeltungssteuer hinzuweisen, die grundsätzlich mit 25 % auf Einkünfte aus Kapitalvermögen erhoben wird (§ 32d EStG); diesbezüglich ist damit also die Steuerpflicht abgegolten, was jedoch – bei Differenzsteuersätzen unter 25 % zweckmäßig – die normale Besteuerung dieser Einkünfte auf Antrag nicht ausschließt. Der unübersehbare Gleichheitsverstoß wird vom Gesetzgeber mit anderweitig verstärkten Problemen von Steuerhinterziehung bzw. Steuerflucht begründet (der damalige Bun256

desfinanzminister Steinbrück: „25 % von x ist mehr als 42 % von nix“). Wenn Dividenden, GmbH-Gewinnanteile sowie entsprechende Veräußerungsgewinne innerhalb des Betriebsvermögens eines ESt-Pflichtigen anfallen, greift indessen nicht die Abgeltungssteuer, sondern das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG), womit 60 % der Einkünfte erfasst werden. Ist der Anteilseigner jedoch eine Kapitalgesellschaft, so bleiben diese Einkünfte bei dieser steuerfrei (§ 8b KStG). Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit tritt die ESt in der Erhebungsform der Lohnsteuer (LSt) auf, wobei der Arbeitgeber grundsätzlich auch einen LStJahresausgleich durchführt; nur in besonderen Fällen ist eine ESt-Veranlagung erforderlich oder für den Arbeitnehmer vorteilhaft. b) Körperschaftsteuer. Wie unter 2. erwähnt, sieht das geltende Recht nach dem sog. Trennungsprinzip eine gesonderte Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft, während die KSt nach dem Anrechnungsverfahren von 1977 bis 2001 einer Sicherungssteuer entsprochen hat. Seit der Unternehmenssteuerreform 2008 beträgt der Steuersatz 15 % auf das zvE (§ 3 Abs. 1 KStG), das auf dem nach ESt-Grundsätzen ermittelten Gewinn fußt. Die KSt wird seit 2002 unabhängig von Thesaurierung oder Ausschüttung des Gewinns erhoben. Da in das Privatvermögen ausgeschüttete Gewinne Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen und von der i.d.R. günstigeren Abgeltungsteuer erfasst werden, wird die vorliegende Doppelbelastung mit ESt und KSt weitgehend gemildert. Die nach dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) zu fordernde Rechtsformneutralität der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen wird damit jedoch nicht erreicht. Im Übrigen bleiben Gewinnausschüttungen steuerfrei, solange sie innerhalb des

Ertragsteuern KSt-Sektors verbleiben (§ 8b KStG); problematisch erscheint, dass 5% der betreffenden Bezüge zu einer „Wegelagerersteuer“ führen, weil sie als nicht abziehbare Ausgaben behandelt werden (§ 8b Abs. 5 KStG). c) Gewerbesteuer: Die GewSt besteht in Gestalt der Gewerbeertragsteuer fort, nachdem bis 1997 auch eine Gewerbekapitalsteuer und bis 1979 eine (Gewerbe-) Lohnsummensteuer erhoben wurden. Besteuert werden Gewerbebetriebe, die über die Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder über das Beziehen von Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne der ESt definiert werden; Freiberufler, Landwirte und Vermieter/Verpachter unterliegen somit nicht der GewSt. Die Bemessungsgrundlage fußt (i.d.R. faktisch, verfahrensmäßig jedoch unabhängig) auf dem für ESt/KSt ermittelten Gewinn. Die GewSt versteht sich als Objektsteuer (Realsteuer), d.h. sie will den Gewerbebetrieb unabhängig von dessen Finanzierung und von persönlichen Verhältnissen besteuern und im Übrigen eine mehrfache Realbesteuerung vermeiden. Daraus folgen innerhalb der Bemessungsgrundlage (Gewerbeertrag) bestimmte gewinnunabhängige Hinzurechnungen und Kürzungen, deren Einzelregelungen (§§ 8, 9 GewStG) konzeptionell fragwürdig erscheinen. Hier kann nur exemplarisch auf folgende Modifikationen hingewiesen werden, ohne auf Details einzugehen: Hinzurechnung bzw. Kürzung um Gewinnanteile bzw. Verluste bei inländischen Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften); Hinzurechnung von einem Viertel der Summe aus u.a. Entgelten für Schulden, einem Fünftel von Miet- und Pachtzinsen, soweit die genannte Summe 100.000 € übersteigt; Kürzung um 1,2 % des Einheitswerts des betrieblichen Grundbesitzes; Kürzung um Gewinnanteile von Kapitalgesellschaften bei mindestens 15 % Beteili-

gung (Schachtelbeteiligung) und um ausländische Gewerbeerträge. Die GewSt wird über einen Messbetrag ermittelt, der sich aus der Multiplikation der Steuermesszahl von 3,5 % mit dem Gewerbeertrag ergibt. Dieser wird bei Personenunternehmen, d.h. Einzelunternehmern und Personengesellschaften, um einen Freibetrag von 24.500 € gemindert (§ 11 GewStG). Die GewSt ergibt sich aus der Anwendung des von der Betriebsstättengemeinde festgelegten Hebesatzes (mindestens 200 %, z.Z. bis etwa 500 %) auf den Gewerbeertrag. Die GewSt mindert seit 2008 weder ihre eigene Bemessungsgrundlage noch die der ESt bzw. KSt. Auch der frühere Staffeltarif bei Personenunternehmen ist entfallen. Seit 2001 können die betreffenden Unternehmer jedoch ihre GewSt auf die ESt anrechnen (§ 35 EStG), indem (seit 2008) das 3,8-fache des GewSt-Messbetrags von der auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfallenden ESt abgezogen wird. Die tatsächlich entrichtete GewSt bildet hierfür die Obergrenze, so dass die GewSt im Ergebnis erst ab einem Hebesatz von 380 % belastet (so für den Fall, dass Modifikationen den Saldo Null aufweisen oder fehlen). d) Kirchensteuer. Die Kirchensteuer (KiSt) wird von bestimmten Glaubensgemeinschaften von ihren Mitgliedern – über die Finanzverwaltung – erhoben und bemisst sich i.d.R. mit einem konstanten Prozentsatz (8 oder 9%) auf die ESt (bzw. LSt). In den meisten Bundesländern kommt eine Kappung der KiSt auf 3 oder 3,5% des zvE in Betracht. Für die Quantifizierung der Belastung ist zu berücksichtigen, dass die KiSt die Bemessungsgrundlage der ESt mindert. e) Solidaritätszuschlag. Eine Ergänzungsabgabe kommt insb. als Zuschlag zur festgesetzten ESt (bzw. LSt) und KSt in Betracht. Zahlungen sind bei der Einkommensermittlung nicht abzugsfähig. Für 1991 und 1992 wurde ein Solidari257

Ertragsteuern tätszuschlag (SolZ) von 3,75% erhoben. 1995 wurde der SolZ erneut eingeführt, zunächst mit 7,5%, seit 1998 mit 5,5%. f) Zusammenfassender Steuersatz. Für die betriebswirtschaftliche Anwendung ist es i.d.R. sinnvoll, die in Bezug auf Gewinnänderungen anfallenden E. simultan – ggf. unter Berücksichtigung von Interdependenzen – mit einem zusammenfassenden Steuersatz (Multifaktor i.S. der Teilsteuerrechnung nach Rose) zu erfassen. Seit dem Wegfall der Abzugsfähigkeit der GewSt ist die Ermittlung des Multifaktors m jedoch relativ einfach. Für Kapitalgesellschaften ergibt eine Addition des GewSt-Satzes sGE zum durch den SolZ-Satz sSolZ erhöhten KStSatz sK den Multifaktor mK = sGE + (1 + sSolZ) u sK; z.B. folgt bei einem GewStHebesatz von 400 % (h = 4) mit sGE = 0,035 u 4 = 0,14, sSolZ = 0,055 und sK = 0,15 ein Multifaktor mK = 0,14 + 1,055 u 0,15 = 0,29825. Für Personenunternehmer hängt die leichte Bestimmung davon ab, ob der im Bereich der EStProgression der für eine bestimmte Gewinndifferenz relevante (Differenz-) Steuersatz sE bekannt ist (so in einer oberen Proportionalzone mit sE = 0,42 bzw. 0,45) und ob die Gewerbesteuer (für Hebesätze h > 380 %) greift. Ggf. oder bei Schätzung von sE folgt: mE = max [0,035 u (h – 3,8); 0] + (1 + sSolZ) u sE. Soll die Gesamtbelastung ausgeschütteter Gewinne von Kapitalgesellschaften beim Anteilseigner erfasst werden, welcher Anrechnungssteuer zahlt, sind die Multifaktoren mK und mE wie folgt zu mA zusammenzufassen: mA = mK + (1 – mK) u (1 + sSolZ) u sE. Sofern KiSt mit Steuersatz sKi relevant ist, ist sE zu erweitern; wegen der Abzugsfähigkeit der KiSt ist sE i.d.R. durch sEKi = sE u (1 + sKi) / (1 + sE u sKi) zu ersetzen. 4. Steuern im internen Rechnungswesen Da E. die Zielgröße Gewinn mindern, sind sie grundsätzlich bei allen Entscheidungs- und Kontrollrechnungen im 258

Rahmen des internen Rechnungswesens zu berücksichtigen. Weil sie Dispositionen beeinflussen, gilt dies auch für Planungsrechnungen, namentlich zur Finanzplanung. Bei Entscheidungsrechnungen kann jedoch dann auf die Einbeziehung von E. verzichtet werden, wenn Zielgrößenbesteuerung vorliegt: Wenn die Zielgröße bei allen Alternativen absolut oder relativ in gleicher Höhe mit E. belastet wird, ist die beste Alternative mit und ohne Einbeziehung identisch. Da die E. jedoch keinen Gewinn in betriebswirtschaftlichem Sinne besteuern, kann diese Voraussetzung nicht generell erfüllt sein.

Bei bestimmten Investitions- und Finanzierungsentscheidungen ist die Bedeutung der E. evident, weil das Steuersystem weder rechtsform- noch finanzierungsneutral gestaltet ist. Bei o Investitionsrechnungen im Sachanlagenbereich sind zwar Konstellationen von Alternativen möglich, bei denen erkennbar ist, dass E. ohne Einfluss auf das Optimum sind. Doch ist eine Abgrenzung solcher Fälle problematisch, so dass i.d.R. die Einbeziehung der E. erforderlich erscheint: Bei der o Kapitalwertmethode sind hierzu zum einen die Einzahlungsüberschüsse um die je Alternative zusätzlich erwarteten E. zu kürzen, und zum anderen ist der Kalkulationszinsfuß um den E.-Multifaktor zu verringern, weil die im Zinsfuß repräsentierten Gewinne der Reinvestitionen ebenfalls den E. unterliegen. Nur bei sehr groben Rechnungen würde sich der Steuereinfluss in Zähler und Nenner der Kapitalwertformel wegkürzen. Etwa bei o Unternehmensbewertungen mit den unrealistischen Unterstellungen ewiger, gleichbleibender Zahlungsüberschüsse Z und deren Gleichsetzung mit den Steuerbemessungsgrundlagen sowie zeitkonstanter Zinssätze i und Steuermultifaktoren m könnte der Unternehmenswert U statt mit

Ertragsteuern U = Z u (1 – m) / i u (1 – m) mit U = Z / i berechnet werden. Bei den Entscheidungsrechnungen im Rahmen der o Kostenrechnung ist der Fall der Zielgrößenbesteuerung eher gegeben, so dass die Optimumbestimmung ohne Berücksichtigung von E. erfolgen kann (was am Kostencharakter aller E. jedoch nichts ändert). Wenn Preise auf der Basis eines kalkulierten Deckungsbeitrages bestimmt werden, ist grundsätzlich ein Zuschlag für die E. vorzunehmen. Im Falle der Zielgrößenbesteuerung wird die Beziehung zwischen dem Ergebnis vor und nach E. über den „Bruttoertragsbedarfssatz“ 1 / (1 – m) ausgedrückt, wenn die Zusatzbelastung durch alle E. über den Multifaktor m wiedergegeben wird. Die genannte Voraussetzung liegt z.B. nicht vor, wenn steuerfreie Erträge, nicht abzugsfähige Aufwendungen oder GewESt-Modifikationen von der Entscheidung berührt werden. Ggf. sind E. ohne Rücksicht auf ihre formelle Behandlung einzubeziehen, also auch die zusätzlich im Privatbereich zu zahlende ESt und KiSt. Wegen des Charakters der E. empfiehlt es sich, sowohl die KSt als auch die GewESt im Kontenplan bei den auf das Gesamtergebnis betreffenden Aufwendungen und nicht bei den Betriebssteuern zu erfassen. 5. Steuern in externen Rechnungswesen a) Handelsbilanz (HGB). Im Jahresabschluss wird stets die GewESt sowie bei Kapitalgesellschaften die KSt erfasst; diese E. werden in der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 bzw. Abs. 3 Nr. 17 HGB für Kapitalgesellschaften) ausgewiesen. Aperiodische Komponenten werden dort nach h.M. nicht gesondert ausgewiesen; bei erheblicher Höhe kommen jedoch Angaben im o Anhang in Betracht (§ 277 Abs. 4 HGB). GewSt und KSt sind i.d.R. auf der Basis des Gewinnverwendungsvorschlags zu berechnen, auch

wenn der Beschluss vom Vorschlag abweicht (§ 278 HGB). Da die KSt seit 2002 nicht mehr von der Ausschüttung abhängt, ist der Gewinnverwendungsbeschluss grundsätzlich für die Handelsbilanz irrelevant. Bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften werden ESt und ggf. KiSt (außer im Falle von § 5 Abs. 5 PublG) als Steuern des Privatbereichs im Jahresabschluss nicht erfasst. Zu beachten sind bei Kapitalgesellschaften nicht nur die effektiven, sondern auch die latenten o Steuern. Aktive und passive latente Steuern sind im Einzelabschluss nach § 274 HGB zu saldieren; für einen Passivaüberhang besteht Ansatzpflicht, für einen Aktivaüberhang ein Ansatzwahlrecht. Während bisher meist ein Aktivaüberhang vorlag, bei dem es i.A. zur Vermeidung des Eindrucks der Notwendigkeit einer Vermögensaufstockung zum Verzicht auf den Ansatz kam, hat sich die Situation mit der Abschaffung der formalen Maßgeblichkeit durch das BilMoG geändert (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ab 2010). Die damit verbundene Zunahme passiver latenter Steuern dürfte die Bedeutung latenter Steuern im Jahresabschluss erhöhen. Andererseits ist nunmehr geklärt, dass latente Steuern in Bezug auf Verlustvorträge zu aktivieren sind; allerdings sind nach § 274 Abs. 1 Satz 4 HGB nur die nächsten fünf Jahre zu berücksichtigen. Für den Konzernabschluss gilt für aktive und passive latente Steuern Ansatzpflicht, wobei eine Saldierung oder eine unverrechnete Darstellung gewählt werden kann (§ 306 HGB). b) Handelsbilanz (IFRS). IAS 12 regelt den Ansatz effektiver und latenter Steuern im IFRS-Konzernabschluss und ggf. im IFRS-Einzelabschluss. Mit dem BilMoG haben sich die diesbezüglichen Vorschriften des HGB weitgehend angenähert. Allerdings erlaubt IAS 12.74 eine Saldierung nur unter bestimmten Bedingungen; IAS 12.34 stellt bezüglich Ver259

Ertragswert lustvorträgen keine zeitliche Begrenzung auf. c) Steuerbilanz. Falls sich E. in der o Steuerbilanz niederschlagen, sind sie zur Ermittlung der gewerblichen Einkünfte herauszurechnen. Denn im Rahmen der steuerlichen Einkommensermittlung ist weder die ESt bzw. KSt (sowie SolZ) noch (anders als bisher) die GewSt abzugsfähig. Lit.: Herzig, N.: BilMoG, Tax Accounting und Corporate Governance-Aspeke, in: DB 2010, S. 1-8; König, R./Maßbaum, A./Sureth, C.: Besteuerung und Rechtsformwahl, 4. Aufl., 2009; Lang, J. et al.: Tipke / Lang: Steuerrecht, 20. Aufl., 2010; Pellens, B ./Fülbier, R.U./ Gassen, J ./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2008; Rose, G.: Einführung in die Teilsteuerrechnung, in: BFuP 1979, 293-308; Schreiber, U.: Besteuerung der Unternehmen, 2. Aufl., 2008; Siegel, T./Bareis, P.: Strukturen der Besteuerung, 4. Aufl., 2004; Siegel, T.: Steuern, in: Korff, W., et al. (Hrsg.): Handbuch der Wirtschaftsethik, Band 3, 1999, S. 354398; Siegel, T.: Steuerwirkungen und Steuerpolitik in der Unternehmung, 1982; Wagner, F.W./Dirrigl, H.: Die Steuerplanung der Unternehmung, 1980. Theodor Siegel Ertragswert Aktueller Wert der zukünftigen Erträge eines Unternehmens oder Investitionsprojekts, dementsprechend auch als o Zukunftserfolgswert bezeichnet. Im Rahmen der o Unternehmensbewertung wird der E. als o Barwert der zukünftigen Einzahlungsüberschüsse ermittelt (o Ertragswertverfahren). Ertragswertabschreibung o Abschreibungen Ertragswertverfahren Verfahren der o Unternehmensbewertung; zählt zu den Gesamtbewertungsver260

fahren mit investitionstheoretischer Fundierung. In der Praxis wird zumeist das E. entsprechend dem Standard IDW S1 des o Instituts der Wirtschaftsprüfer angewandt. Bei der o steuerlichen Betriebsvermögensermittlung kommt nach §§ 199-203 BewG ein vereinfachtes E. zum Einsatz. Erweiterungsinvestition Eine E. liegt vor, wenn mit der Investition eine Kapazitätsvergrößerung entsteht. Die E. kann mit einer o Ersatzinvestition kombiniert sein, wenn die ausscheidende Anlage durch eine kapazitativ leistungsfähigere ersetzt wird. Erzeugnis-Fixkosten Fixkosten (o Kosten, fixe und variable), die für eine bestimmte Produktart anfallen und deshalb in einer mehrstufigen o Deckungsbeitragsrechnung direkt dieser Produktart zugeordnet werden können, z.B. Kosten für Spezialwerkzeuge oder Patent- und Entwicklungskosten. Erzeugnisgruppen-Fixkosten Fixkosten (o Kosten, fixe und variable), die durch eine Produktgruppe hervorgerufen werden und dieser somit in einer mehrstufigen o Deckungsbeitragsrechnung zugeordnet werden können, z.B. o Abschreibungen für Betriebsmittel, die für die Erzeugung dieser Produktgruppe benötigt werden. Erzeugnisse, fertige = Fertigerzeugnisse = Fertigfabrikate Finden sich in der o Bilanz unter dem Posten der o Vorräte. E. sind vom Unternehmen hergestellte, verkaufsfähige Produkte. Erzeugnisse, unfertige = Halberzeugnisse = Halbfabrikate Finden sich in der o Bilanz unter dem Posten der o Vorräte. Sind vom Unternehmen hergestellte, aber noch nicht verkaufsfähige Produkte. Im Gegensatz

Eventualverbindlichkeiten zu o Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen wurden bereits o Kosten verursacht. Erzielbarer Betrag Ergibt sich als der höhere Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (o Fair Value less costs to sell) und o Nutzungswert. Der E. wird im Rahmen eines Werthaltigkeitstests (o Impairment Test) bestimmt und mit dem Buchwert des betreffenden o Vermögenswertes bzw. der o Zahlungsmittelgenerierenden Einheit verglichen. Ist der E. niedriger als der Buchwert, liegt eine o Wertminderung vor. Infolgedessen ist eine o Abschreibung anzusetzen. EU-Richtlinien o Richtlinien der EU European Accounting Association (EAA) Zusammenschluss vornehmlich europäischer Hochschullehrer des Rechnungswesens mit Sitz in Brüssel, Belgien. Gegründet 1976, heute ca. 2.000 Mitglieder. Der von der EAA veranstaltete Jahreskongress zählt zu den weltweit wichtigsten Tagungen zum Rechnungswesen. Die EAA gibt u.a. die renommierte Fachzeitschrift „European Accounting Review“ heraus. European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) Im März 2001 gegründete, privatwirtschaftlich organisierte Expertengruppe zur Vertretung der europäischen Interessen gegenüber dem o IASB und Koordination der Arbeit der europäischen Rechnungslegungsgremien (u.a. o DRSC). Zudem berät EFRAG die Europäische Kommission bei der Anerkennung der o IFRS in der EU (o Anerkennungsverfahren). Innerhalb von zwei Monaten nach der Verabschiedung eines Standards macht EFRAG basierend auf den eingeholten Kommentaren des Standardsetzungsverfahrens einen Vorschlag zur Annahme oder Ablehnung. Zuständig für die Facharbeit des E. ist die Technical

Expert Group (TEG), welche Consultative Forum beraten Supervisory Board überwacht EU-Kommission nimmt eine terrolle in der EFRAG ein.

durch ein und ein wird. Die Beobach-

Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 105. EVA = o Economic Value Added Eventualforderungen o Forderungen, welche sich aufgrund eines möglichen Ressourcenzuflusses im Unternehmen ergeben. E. sind gemäß IAS 37 definiert als mögliche o Vermögenswerte, welche aus vergangenen Ereignissen entstehen und erst durch unsichere zukünftige Entwicklungen, die nicht durch das Unternehmen kontrolliert werden können, bestätigt werden müssen. Analog zu den o Eventualverbindlichkeiten, erfolgt keine o Aktivierung der E. Es besteht lediglich eine Offenlegungspflicht, soweit der Ressourcenzufluss in der Zukunft wahrscheinlich ist. Eventualverbindlichkeiten Verpflichtungen, dessen Inanspruchnahme nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich ist. E. sind nach § 251 Satz 1 HGB nicht zu passivieren, sondern unter der Bilanz zu vermerken. Hierunter fallen o Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln, Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften, Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen sowie o Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten. E. werden nach o IFRS als Eventualschulden bezeichnet und sind gemäß IAS 37 zum einen als mögliche Verpflichtungen aus einem vergangenen Ereignis definiert, welche erst durch unsichere zukünftige Entwicklungen bestätigt werden müssen. Zum anderen sind unter Eventualschulden gegenwärtige Verpflichtungen aus 261

Ewige Rente vergangenen Ereignissen anzusehen, welche nicht als Rückstellung passiviert wurden, da entweder kein Zahlungsabfluss erwartet wird oder die Höhe der Verpflichtungen nicht hinreichend zuverlässig geschätzt werden kann. Nach IFRS erfolgt keine o Passivierung der E., sie sind lediglich im o Anhang aufzuführen. Ist eine künftige Zahlung als sehr unwahrscheinlich einzustufen, entfällt die Offenlegungspflicht. Das Gegenstück zu E. sind o Eventualforderungen. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 363f; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 430-431. Ewige Rente o Rente, die über eine unendliche Zeitdauer gezahlt wird. Ex-ante-Prüfung o Prüfungsmethode, bei der die Prüfung bereits während oder vor Beginn eines betrieblichen Prozesses stattfindet; Alternative zur o Ex-post-Prüfung. Ex-post-Prüfung o Prüfungsmethode, bei der die Prüfung erst nach Beendigung des betrieblichen Prozesses stattfindet; Alternative zur o Ex-ante-Prüfung. Exposure Draft (ED) Standardentwurf des o IASB, welcher im Rahmen des formellen o Standardsetzungsverfahrens veröffentlicht wird. Der E. enthält den favorisierten Lösungsansatz des neuen Standards sowie aufgeführte Entscheidungsgründe. Das IASB ruft die interessierte Öffentlichkeit wiederholt zur Kommentierung auf.

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F FAF = Financial Accounting Foundation o Financial Accounting Standards Board (FASB) Fair presentation Generalnorm der o Rechnungslegung nach o IFRS und o US-GAAP, wonach diese entscheidungsrelevante und zuverlässige Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln soll (o Framework). Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./ Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 120 f. Fair Value 1. Einführung Der F. bzw. beizulegende Zeitwert stellt als Terminus des Rechnungswesens einen Bewertungsmaßstab insb. aus der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung nach o IFRS und o US-GAAP dar. Bedeutung erlangt hat diese Wertkonzeption erst in der jüngeren Vergangenheit, indem das mark-to-market accounting ab den 1990er Jahren schrittweise für die Bewertung ausgewählter o Finanzinstrumente und die bilanzielle Abbildung von Sicherungsgeschäften (hedge accounting; o Sicherungsbilanzierung) implementiert wurde; in den IFRS fand zudem eine punktuelle Ausweitung auf nicht-finanzielle Positionen statt. Der Wertmaßstab F. ist ein eigenständiges Konstrukt der Rechnungslegung und als solches etwa von dem F. eines Finanztitels, wie er z.B. im Rahmen der Aktienbewertung festgestellt wird, zu unterscheiden. Auch die normative Konnotation im Sinne eines „fairen“ bzw. „gerechten“ Wertes ist für den beizulegenden Zeitwert nicht beabsichtigt. 2. Konzeption Konzeptionell betrachtet, handelt es sich beim F. um einen spezifischen Zeitwert, d.h. ein ökonomisches Konstrukt, das Informationen und Knappheitsverhältnis-

se zum Stichtag der Bewertung reflektiert. Auf Ebene der Zeitbewertung sind grundsätzlich Marktwerte von Nutzungswerten bzw. bewerterspezifischen Grenzpreisen zu unterscheiden. Der F. ist der ersten Kategorie zuzuordnen, reflektiert also als Marktwert die Wertvorstellungen einer Vielzahl von Marktteilnehmern im hypothetischen Zustand des Marktgleichgewichts. Es handelt sich somit um einen potenziellen Marktpreis, einen denkbaren Transaktionsbetrag zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag. Der Nutzungswert, in der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung als „value in use“ bezeichnet, reflektiert demgegenüber die Wertvorstellung einer singulären Bewertungsinstanz, typischerweise des rechnungslegenden Unternehmens. Indem der value in use somit unternehmensspezifische Verwertungsalternativen und Wettbewerbsvorteile, mithin ökonomische Renten inkorporiert, weicht er typischerweise vom F. ab. Diese konzeptionelle Unterscheidung ist bedeutsam bei der konkreten Ermittlung des jeweiligen Wertmaßstabs, auch wenn in praxi Unschärfen und Überschneidungen unvermeidbar erscheinen. 3. Fair Value in den IFRS Die weitreichende Verwendung des Wertmaßstabs F., insb. auch über den Bereich ausgewählter Finanzinstrumente hinaus, wird als identitätsprägendes Charakteristikum der IFRS aufgefasst, die angesichts ihrer Bedeutung als globaler Rechnungslegungsstandard im Vordergrund der Betrachtung stehen. Gegenwärtige Anwendungsgebiete der Folgebewertung zum beizulegenden Zeitwert sind bestimmte Finanzinstrumente nach IAS 39 bzw. künftig IFRS 9, vermietete oder verpachtete Immobilien nach IAS 40 (optional), landwirtschaftliche Erzeugnisse und biologische Vermögenswerte nach IAS 41, Sachanlagevermögen nach IAS 16 (optional), auf aktiven Märkten gehandelte immaterielle Ver263

Fair Value mögenswerte nach IAS 38 (optional) sowie im Rahmen der Niederstwertvorschrift nach IAS 36 weite Teile der nichtfinanziellen Vermögenswerte. Die heterogene Umsetzung des F. accounting manifestiert sich hierbei nicht nur in der variierenden Verbindlichkeit der Zeitbewertung (Pflicht vs. Wahlrecht), sondern auch in der unterschiedlichen Behandlung der Neubewertungsdifferenzen im Rahmen der Erfolgsermittlung. Während z.B. nach IAS 39 Änderungen des F. für Finanzinstrumente des Handelsbestands (trading) unmittelbar in die Ermittlung des Jahresüberschusses (net income) eingehen, werden diese Neubewertungsdifferenzen bei zur Veräußerung gehaltenen Wertpapieren (available for sale) „erfolgsneutral“ in einer anderen Ergebnisschicht, dem other comprehensive income, verbucht, und erst bei Veräußerung in das net income überführt („recycling“). Ähnlich variantenreich ist die Vorgehensweise bei nicht-finanziellen Positionen, mit unmittelbar erfolgswirksamer Erfassung nach IAS 40 und IAS 41 einerseits und Verbuchung im other comprehensive income nach IAS 16 und IAS 38, hier ohne recycling, andererseits. Angesichts der Bestrebungen des o International Accounting Standards Board (IASB), im Rahmen des Projekts „Presentation of Financial Statements“ das other comprehensive income als erweiterte Ergebnisschicht der o Gewinnund Verlustrechnung zu etablieren, kann dabei künftig allerdings nicht mehr von einer erfolgsneutralen Verrechnung gesprochen werden. Das derzeit noch geltende Regelwerk beinhaltet konkrete Definitionen und Ermittlungsvorgaben auf Ebene der einzelnen IAS / IFRS. Auch wenn der Detaillierungsgrad der Ausführungen in den Einzelstandards variiert und kleinere Inkonsistenzen bestehen, lässt sich eine einheitliche Definition und Ermittlung 264

für den F. destillieren. Hiernach wird der F. definiert als „der Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ein Vermögenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden könnte“ (z.B. IAS 39.9; IAS 19. 7; IAS 21. 8; IAS 32.11; IAS 41.8; IFRS 3, Appendix A). Der F. wird folglich als spezifischer Marktwert definiert – als hypothetischer Marktpreis unter idealisierten Bedingungen. Fingiert wird eine Transaktion zwischen wohl informierten Marktteilnehmern, die ohne spezifischen Kauf- oder Verkaufsdruck kontrahieren. Aus der Konzeption des F. heraus ergibt sich folgerichtig eine Ermittlungsmethodik, die beobachtbaren Marktpreisen den Vorrang vor subjektiven Schätzwerten einräumt, indes nur unter der Bedingung, dass diese die in der Definition des beizulegenden Zeitwerts angelegte Qualität erfüllen. Die F.-Hierarchie, die in drei oder mehr Stufen eingeteilt wird, reflektiert dies im Primat marktpreisbasierter Ermittlung (marking to market). Demnach ist auf der ersten Stufe zuvorderst zu prüfen, ob für die zum F. zu bewertende Position (Vermögenswert, Schuld) zum Bewertungsstichtag ein qualitativ hochwertiger Marktpreis vorliegt. Maßstab der so verstandenen Qualität ist hierbei das Vorliegen eines aktiven Marktes, das an drei Kriterien geknüpft ist: (1) Die auf dem Markt gehandelten Positionen sind homogen; (2) vertragswillige Käufer und Verkäufer können in der Regel jederzeit gefunden werden; (3) die Preise sind öffentlich verfügbar (siehe IAS 36.6; IAS 38.8; IAS 41.8; IAS 39.AG71). Sind für die zu bewertende Position keine Marktpreise verfügbar oder werden diese nicht an einem aktiven Markt festgestellt, so ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob Preisinformationen in der erforderlichen Qualität für vergleichbare Positionen oder frühere Zeitpunkte vorliegen, die dann, gegebenenfalls modifiziert, als beste Indikation des F. die-

Fair Value nen. Erst wenn auch die Suche nach geeigneten Marktpreis-Substituten scheitert, ist in letzter Instanz die marktpreisbasierte Ermittlung aufzugeben und stattdessen der beizulegende Zeitwert anhand von finanzmathematischen Bewertungskalkülen zu bestimmen. Ziel dieses sogenannten „marking-to-model“ ist es, auf Grundlage ökonomischer Bewertungsmodelle (o Optionspreistheorie, o Investitionsrechnung, dynamische, o Unternehmensbewertung) einen potenziellen Preis zu bestimmen, wie er sich eingestellt hätte, falls für die zu bewertende Position ein idealtypischer Markt existierte – der F. wird gewissermaßen „simuliert“. Ausgefüllt wird diese modellbasierte Bestimmung im Regelfall durch Barwertkalküle, welche die der Position zurechenbaren, prognostizierten zukünftigen Zahlungsüberschüsse zur Alternativrendite einer risikoäquivalenten Investition (o Kapitalkosten) abzinsen. Sowohl bei der Bestimmung der Zähler-, als auch der Nennergröße des Barwertkalküls ist dabei stets von einer Marktperspektive auszugehen; nicht beabsichtigt, indes in praxi nicht immer zu vermeiden ist die Ermittlung eines Nutzungswerts (value in use). 4. Kritik Die Verwendung des Wertmaßstabs F. in der Rechnungslegung ist Gegenstand einer anhaltenden Kontroverse. Im Zentrum dieser Debatte steht auf der grundsätzlichen Ebene die Verminderung der Verlässlichkeit (reliability) der Wertansätze zu Gunsten einer frag- bzw. diskussionswürdigen Zunahme der Entscheidungsrelevanz (relevance). Der Einwand der Ent-Objektivierung bezieht sich insb. auf nicht an aktiven Märkten gehandelte Positionen, in der Mehrzahl nicht-finanzielle Vermögenswerte, deren modellgestützte F.-Bewertung zahlreichen, auch durch die Abschlussprüfung (o Wirtschaftsprüfer) nur bedingt einschränkbaren Ermessensspielräumen unterliegt,

mit der Gefahr nicht-werthaltiger Bilanzansätze und zweifelhafter Erfolgswirkungen. Der Ausweis von gegenüber dem tradierten, auf historischen Kosten basierenden Bewertungsmodell aktuelleren Wertansätzen führt im F.-System zwar unstrittig zur marktnäheren Bilanzierung; die Übernahme von Marktwertschwankungen in die Gewinnermittlung wird indes von vielen als Auslöser unerwünschter, für die Unternehmens- bzw. Managementperformance nicht repräsentativer bzw. „künstlicher“ Ergebnisvolatilität ausgemacht und somit abgelehnt. Zusätzlich genährt wurde die F.-Debatte schließlich jüngst im Gefolge der Finanzund Wirtschaftskrise, die ihren Höhepunkt im Herbst 2008 fand. Die Bewertung von Finanzinstrumenten zum F., so die Kritik, habe prozyklisch bzw. katalytisch auf den Krisenverlauf gewirkt. Dies betrifft vor allem das o Rechnungswesen der Kreditinstitute und dessen aufsichtsrechtliche Relevanz für die Festlegung der Mindestausstattung mit Eigenkapital, die durch massiv sinkende Marktpreise in Folge der Finanzkrise drastisch aufgezehrt wurde und Spielräume für die Kreditvergabe einschränkte. Neben dem zyklischen Erfolgsausweis, der dem F. accounting immanent ist, wurden zudem Defizite in der Ermittlungsmethodik ausgemacht, welche die Verwendung von nicht repräsentativen, negativ verzerrten Marktpreisen illiquider Märkte vorsah. Während der erste Kritikpunkt eher als Fragestellung der Bankenregulierung denn der Rechnungslegung angesehen werden kann, betrifft der zweite die Ausgestaltung und Umsetzung der F.-Bewertung, nicht aber deren grundsätzliche Eignung. Die Debatte kann damit als bislang nicht abgeschlossen betrachtet werden; das IASB zumindest hat sich mit der Fortentwicklung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten durch IFRS 9 Ende 2009 für die Beibehaltung der F.-Bewertung für ausgewählte Positionen entschieden. 265

Fair Value Hedge 5. Aktuelle Entwicklungen Angesichts der mitunter uneinheitlichen Fassung von Definition und Ermittlungsmethodik des F. in den IFRS verfolgt das IASB mit dem Projekt „Fair Value Measurement“ seit geraumer Zeit das Ansinnen einer standardübergreifenden Vereinheitlichung, das voraussichtlich bis Ende 2010 in einem eigenständigen IFRS münden wird. Der vorliegende Standardentwurf aus dem Mai 2009 sieht künftig eine präzisere Definition des F. als idealisierter Veräußerungspreis eines Vermögenswertes bzw. Ablösebetrag einer Schuld vor (sog. exit price). Die unterstellte Transaktion findet dabei an dem aus Unternehmenssicht vorteilhaftesten Markt statt; die Prämissen hinsichtlich der Sachkunde und Freiwilligkeit der Transaktionspartner, die annahmegemäß die zu bewertende Position der besten Verwendung zuführen, gelten fort. Grundsätzliche faktische Bestätigung durch den künftigen IFRS Fair Value Measurement erfährt auch die dreistufige Ermittlungshierarchie und der immanente Primat marktpreisgestützter Ermittlung; zusätzlich wird neben der nunmehr als „market approach“ bezeichneten marktpreisgestützten Bestimmung und dem nunmehr „income approach“ benannten modellbasierten Ansatz mit dem „cost approach“, beschränkt auf materielle Vermögenswerte, eine Orientierung an Wiederbeschaffungskosten, gemindert um Abschläge für technologische und ökonomische Alterung, gestattet. Des Weiteren sind umfangreiche Offenlegungspflichten insb. zur Ermittlungsmethodik und hier vor allem zu den Bewertungsannahmen im Rahmen des income approach vorgesehen, sowie Schilderungen der Erfolgswirkungen der F.Bewertung. Schließlich ist auch im Rahmen des von IASB und dem USamerikanischen o Financial Accounting Standards Board (FASB) betriebenen Projekts zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmenwerks (conceptual frame266

work) für Rechnungslegung und Standardsetzung beabsichtigt, den bislang nicht in dieser „Rechnungslegungsverfassung“ berücksichtigten F. aufzunehmen und ihm somit langfristige Geltung als etablierter Wertmaßstab der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung zu verleihen. Lit.: Castedello, M.: Fair Value Measurement – Der neue Exposure Draft 2009/5, in: WPg 2009, S. 914-917; Dobler, M./Kuhner, C.: Die internationale Rechnungslegung im Belastungstest der subprime-Krise, in: WPg 2009, S. 24-33; Hitz, J.-M.: Rechnungslegung zum Fair Value, 2005; Hitz, J.-M.: The Decision Usefulness of Fair Value Accounting – A Theoretical Perspective, in: EAR 2007, S. 323-362; Laux, C./Leuz, C.: The crisis of fair-value accounting: Making sense of the recent debate, in: AOS 2009, S. 826-834. Jörg-Markus Hitz Fair Value Hedge o Sicherungsbilanzierung Fair Value less costs to sell Bewertungsmaßstab nach IFRS, bei dem vom o Fair Value noch anfallende Veräußerungskosten abzuziehen sind. Anwendung findet dieser Wert insb. bei der Bestimmung des erzielbaren Betrags im Rahmen eines o Impairment Tests. Fair Value-Option o Finanzinstrumente Faktischer Konzern o Konzern Fakultative Prüfungen o Prüfungen des Jahresabschlusses o Sonderprüfungen Familiengesellschaften o Familienunternehmen Familienunternehmen Unternehmen, deren Leitung in der Hand einer Eigentümerfamilie oder einer beschränkten Anzahl an Eigentümern, die

Festwert in einem verwandtschaftlichen Verhältnis stehen, liegt. Als vergleichsweise kleine Unternehmen sind F. oftmals als o Personengesellschaften organisiert. FASAC = Financial Accounting Standards Advisory Council o Financial Accounting Standards Board (FASB) FASB = o Financial Accounting Standards Board Fast Close Beschleunigte Abschlusserstellung durch geeignete Methoden wie z. B. frühzeitige Datenbeschaffung oder Verkürzung innerbetrieblicher Informationswege. Lit.: Schulte, O.: Fast-Close-Abschlüsse und Schadenrückstellungen nach HGB, IAS/IFRS und US-GAAP, 2006. Fédération des Experts Comptables Européenes (FEE) Europäischer Zusammenschluss von heute 43 Organisationen wirtschaftsprüfender Berufe aus 32 Ländern (Stand: Dez. 2010); 1986 durch Zusammenschluss der Union Européene des Experts Comptables Economiques et Financiers (UEC) und der Groupe d’Études des Experts Comptables de la CEE entstanden. FEE o Fédération des Experts Comptables Européenes Fehlinvestition F. sind unwirtschaftliche und/oder unrentable o Investitionen. Ursachen sind insb. Planungsfehler infolge falscher Beurteilung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie ungenaue o Investitionsrechnungen. Lit.: Honko, J.: Eine Anatomie der Fehlinvestitionen, in: ZfbF 1983, S. 357-374. Feltham/Ohlson-Modell Nach Gerald Feltham und James Ohlson benannte Variante des o Residualge-

winnmodells, das in den 1990er Jahren weite Verbreitung in der empirischen Rechnungslegungsforschung gefunden hat. Aufbauend auf den ursprünglichen Arbeiten mit Feltham hat Ohlson weitere Varianten des Bewertungsmodells entwickelt (Ohlson-Modell). Lit.: Feltham, G./Ohlson, J.: Valuation and clean surplus accounting for operating and financial activities, in: CAR 1995, S. 689-731; Ohlson, J.: Accounting date and value: the basic results, in: CAR 2009, S. 231-259. Fernbuchführung Form der o Buchhaltung, bei der ein Großteil der Buchführungsaufgaben von einer selbständigen Institution durchgeführt wird. F. wird insb. von Kleingewerbetreibenden, Landwirten und Freiberuflern genutzt. Fertige Erzeugnisse o Erzeugnisse, fertige Fertigungskosten Kosten, die durch die Verarbeitung des Fertigungsmaterials zu Erzeugnissen verursacht werden. F. setzen sich aus den Kostenträgern direkt zugerechneten Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne, -material und Sondereinzelkosten) und geschlüsselten Fertigungsgemeinkosten (z.B. Energiekosten, Betriebsstoffkosten, Gehälter und Löhne von Führungskräften) zusammen und sind Bestandteil der o Herstellungskosten. Fertigungskostenstellen o Betriebsabrechnungsbogen Festwert Die Bewertung zum F. stellt eine vereinfachte Bewertung von Vermögensgegenständen/-werten dar. Anstelle einer exakten Bestandsaufnahme und Einzelbewertung tritt der Ansatz einer konstanten Menge mit einem konstanten Wertansatz pro Mengeneinheit. Nach § 240 Abs. 3 HGB ist die Bewertung zum F. für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Güter des 267

Fifo beweglichen Anlagevermögens zulässig, sofern der Bestand „in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt“ und der Gesamtwert derartiger Güter „für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist“. Diese Vorgehensweise geht von der Vorstellung aus, dass Zugänge und Abgänge (Verbrauch) sich ungefähr entsprechen. Der F. darf nicht um den Verbrauch der Periode vermindert werden, Zugänge sind sofort als Aufwand zu verrechnen. Fifo = First in - first out Sammelbewertungsverfahren für gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens, wobei zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass die zuerst angeschafften Vorräte im Produktionsprozess zuerst verbraucht werden. Die Bewertung des Endbestands erfolgt mit den Preisen der zuletzt angeschafften und deshalb per Annahme zuletzt zu verbrauchenden Vorräte. Fiktion der rechtlichen Einheit Elementarer o Konsolidierungsgrundsatz, nach dem im o Konzernabschluss alle einbezogenen o Tochterunternehmen so zu behandeln sind, als wären sie rechtlich unselbständige Betriebsstätten des Mutterunternehmens (§ 297 Abs. 3 HGB; IAS 27.4, 18). Die F. liegt der o Kapital-, o Schulden- sowie o Aufwands- und Ertragskonsolidierung, der o Zwischenergebniseliminierung und der einheitlichen Bewertung im Konzernabschluss zugrunde. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 38-44. Finance Leasing o Leasing Financial Accounting Anglo-amerikanische Bezeichnung für das externe o Rechnungswesen bzw. die 268

o Rechnungslegung nach gesetzlichen Vorschriften oder Rechnungslegungsstandards; weitgehend synonym wird auch vom Financial Reporting gesprochen, das wörtlich als finanzielle Berichterstattung zu verstehen ist. Das interne Rechnungswesen wird demgegenüber als Managerial bzw. o Management Accounting bezeichnet. Financial Accounting Foundation (FAF) o Financial Accounting Standards Board (FASB) Financial Accounting Standards Advisory Council (FASAC) o Financial Accounting Standards Board (FASB) Financial Accounting Standards Board (FASB) 1. Entstehung und Aufgaben Im Gegensatz zu Deutschland, wo Rechnungslegungsnormen grundsätzlich vom Gesetzgeber erlassen werden und diese Vorschriften erst nach Gründung des o Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) im Jahre 1998 in ausgewählten Bereichen durch Standards einer privaten Organisation ergänzt wurden, entstehen Rechnungslegungsvorschriften in den o USA vorrangig durch eine private Organisation, das FASB. Durch den Securities Act von 1933 und den Securities Exchange Act von 1934 wurde vom Gesetzgeber (Congress) schon früh diese legislative Aufgabe für kapitalmarktorientierte Unternehmen auf eine oberste Bundesbehörde, die o Securities and Exchange Commission (SEC), übertragen. Die SEC hat als Börsenaufsichtsbehörde vor allem die Aufgabe, den Wertpapierhandel zu überwachen. In diesem Rahmen ist sie ermächtigt, Regelungen und Verordnungen mit quasi Gesetzeskraft zu erlassen, worunter auch die Rechnungslegungsvorschriften zu subsumieren sind. Die SEC hat bisher von der Ge-

Financial Accounting Standards Board (FASB) setzgebungskompetenz im Wesentlichen nur für Publizitätsvorschriften und die formelle Ausgestaltung (Form, Gliederung, Ausweis, Aufstellungsfristen) der Rechnungslegung Gebrauch gemacht. Bei materiellen Rechnungslegungsfragen verweist sie auf die o US-Generally Accepted Accounting Principles (USGAAP), deren inhaltliche Konkretisierung sie privaten Organisationen überlassen hat. Bis 1973 wurde dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer (o American Institute of Certified Public Accountants (AICPA)) die Erstellung von Rechnungslegungsnormen übertragen. Die einseitige Besetzung durch Wirtschaftsprüfer und die nebenberufliche Tätigkeit der mit der Herausgabe von Rechnungslegungsstandards beauftragten Personen führte u.a. dazu, dass die öffentliche Kritik zunahm und das FASB 1972 als vom AICPA unabhängige private Organisation gegründet wurde. Das FASB nahm 1973 seine Arbeit auf. Die Aufgabe des FASB besteht in der Herausgabe von Rechnungslegungsnormen für private Unternehmen, welche den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch nehmen. Dabei sind die divergierenden Interessen aller durch die Rechnungslegung berührten Personengruppen zu berücksichtigen. Neben den rechnungslegenden Unternehmen und den Wirtschaftsprüfern gehören hierzu sämtliche Rechnungslegungsadressaten, insb. die Kapitalgeber, wobei die Vor- und Nachteile zu erlassender Rechnungslegungsnormen vor diesem Hintergrund abzuwägen sind. 2. Aufbau Das FASB selbst umfasst fünf hauptberuflich tätige Mitglieder, welche als Experten im Bereich der Rechnungslegung ausgewiesen sind. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, besteht für sie während ihrer Tätigkeit die Verpflichtung, alle sonstigen beruflichen Tätigkeiten aufzugeben. Das FASB stellt im

Rahmen der gesamten Organisation das exekutive Organ dar und ist für die Verabschiedung und Veröffentlichung von Rechnungslegungsnormen verantwortlich. Die Entscheidungen werden mit einfacher Mehrheit der fünf Mitglieder getroffen. Eingebettet ist das FASB in eine unabhängige Stiftung, die Financial Accounting Foundation (FAF), die von einem zurzeit 16köpfigen Board of Trustees geleitet wird. Die Mitglieder des FASB werden von dem Board of Trustees auf 5 Jahre mit Möglichkeit der Wiederbestellung ernannt. Obwohl die FAF an der Herausgabe von Rechnungslegungsnormen nicht beteiligt ist, bestehen durch die Ernennung der Mitglieder sowie die Überwachungsaufgabe indirekte Einflussmöglichkeiten. Zudem erfolgt die Finanzierung des FASB über die FAF. Neben dem Stiftungsvermögen und Spenden stellen dabei Veröffentlichungserlöse und Zwangsabgaben der den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch nehmenden Unternehmen die wichtigsten Finanzierungsquellen dar. 2010 steht der FAF dabei ein Budget von rd. 50 Mio. $ zur Verfügung, wobei ca. 35 Mio. $ auf die Tätigkeit des FASB entfallen. Der FAF obliegt ferner die Ernennung der Mitglieder sowie die Finanzierung des Financial Accounting Standards Advisory Council (FASAC), einem über 30köpfigen Ausschuss, der für jeweils ein Jahr ernannt wird und das FASB in Rechnungslegungsfragen berät. Die ehrenamtlich tätigen FASAC-Mitglieder, die sich u.a. aus Rechnungslegungsfachleuten der Unternehmen, Wirtschaftsprüfern und Finanzanalysten zusammensetzen, treffen sich i.d.R. vierteljährlich, um die Beratungsaufgabe wahrzunehmen. Das FASB wird außerdem von weiteren Ausschüssen bzw. Stäben unterstützt. So unterhält das FASB einen Research and Technical Activities Staff (RTA) mit 60 bis 70 festangestellten Personen, welche 269

Financial Accounting Standards Board (FASB) die im FASB behandelten Projekte vorbereiten und wissenschaftlich betreuen sowie verwaltungstechnische Aufgaben wahrnehmen. Außerdem werden bei Aufnahme neuer Projekte Task Forces gebildet, die jeweils ca. 15 Mitglieder aus der Rechnungslegungspraxis umfassen und dem FASB beratend bei der definitorischen Abgrenzung des Projektes sowie der Vorbereitung von schriftlichen Diskussionsgrundlagen zur Seite stehen. Das FASB hat aufgrund der finanziellen Ausstattung auch die Möglichkeit, Forschungsprojekte und empirische Untersuchungen an externe Wissenschaftler und Fachleute zu vergeben. Weitere unterstützende Gremien des FASB sind das Investors Technical Advisory Committee (ITAC), besetzt mit Rechnungslegungsexperten aus dem Investmentbereich, die Investor Task Force (ITF), ein Gremium mit Rechnungslegungsexperten aus dem Bereich der Finanzanalyse, das Small Business Advisory Committee (SBAC), in dem Rechnungslegungsexperten aus dem Bereich kleiner und mittelgroßer Unternehmen vertreten sind, sowie das Private Company Financial Reporting Committee (PCFRC), bestehend aus Rechnungslegungsexperten für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen. Infolge der Auswirkungen der Finanzmarktkrise wurde zudem vom FASB in Zusammenarbeit mit dem International Accounting Standards Board (IASB) in jüngster Vergangenheit ein weiteres 15bis 20-köpfiges Gremium geschaffen, die Financial Crises Advisory Group (FCAG), welche mit internationalen Kapitalmarktexperten besetzt ist. Insgesamt unterstreichen diese vielfältigen Beratergremien das Bestreben des FASB, sämtliche durch die Rechnungslegung berührten Interessengruppen in die Entwicklung von Rechnungslegungsstandards einzubeziehen.

mende Bedeutung. Diese zurzeit 16 Mitglieder umfassende Arbeitsgruppe, die in etwa zweimonatigem Abstand zu öffentlichen Sitzungen zusammenkommt, setzt sich aus Wirtschaftsprüfern und Rechnungslegungsfachleuten großer Unternehmen zusammen. Den Vorsitz des EITF übernimmt ein Mitglied des FASB, außerdem nimmt an den Sitzungen u.a. ein Vertreter der SEC als Beobachter teil. Aufgabe des EITF ist es, das FASB frühzeitig auf Rechnungslegungsprobleme der Praxis aufmerksam zu machen. Außerdem obliegt diesem Ausschuss die Bearbeitung und Lösung von Rechnungslegungsproblemen mit geringerem Stellenwert, um so das FASB zu entlasten. Die Stellungnahmen des EITF stellen zwar keine offiziellen Verlautbarungen des FASB dar, sie werden aber bisher unter dem Titel EITF Abstracts jährlich veröffentlicht und können von den Rechnungslegern bei der Lösung von Problemfällen mit herangezogen werden.

Im organisatorischen Umfeld des FASB gewinnt die seit 1984 bestehende Emerging Issues Task Force (EITF) zuneh-

2) Einsatz einer Task Force: Aus Rechnungslegungsexperten verschiedenster Interessengruppen wird eine Ar-

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3. Verlautbarungen a) Standard-Setting Process. Die Herausgabe von Rechnungslegungsnormen des FASB ist durch ein standardisiertes Vorgehen gekennzeichnet, welches als Standard-Setting Process bzw. Due Process bezeichnet wird. 1) Übernahme eines Rechnungslegungsproblems auf die Agenda: Aus den vielfältigen an das FASB herangetragenen Rechnungslegungsproblemen werden die von FASAC, RTA, EITF oder allgemein in der Rechnungslegungspraxis als signifikant beurteilten Probleme auf die Agenda der nächsten Board-Sitzung gesetzt. Das FASB entscheidet dann, ob zu dem entsprechenden Problem weitere Untersuchungen erforderlich sind und eine spätere Verlautbarung erfolgen soll.

Financial Accounting Standards Board (FASB) beitsgruppe zusammengestellt, die das Problem näher zu analysieren und mögliche Lösungsansätze zu erarbeiten hat. 3) Erstellung eines „Discussion Memorandum“ oder einer „Invitation to Comment“: Ergebnisse der Arbeitsgruppe werden unter Einbeziehung des RTA schriftlich festgehalten, um sie dem FASB und der Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen. 4) Öffentliche Anhörung: Nach Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen zum „Discussion Memorandum“ von Rechnungslegungsinteressierten werden die verschiedenen Standpunkte im Rahmen einer öffentlichen Anhörung diskutiert. 5) Herausgabe eines „Exposure Draft“: Nach Abwägung der geäußerten Meinungen und evtl. zusätzlicher Studien wird vom FASB ein Verlautbarungsentwurf („Exposure Draft“) herausgegeben. 6) Öffentliche Anhörung: Nach Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen zum „Exposure Draft“ von Rechnungslegungsinteressierten erfolgt eine zweite öffentliche Diskussion. 7) Herausgabe des endgültigen Standards: Vom FASB wird der endgültige Rechnungslegungsstandard verabschiedet, der ab dem angegebenen Zeitpunkt verbindlich wird. Die Öffentlichkeit, insb. interessierte Personen und Interessenverbände, können bis zur endgültigen Verabschiedung einer Verlautbarung zu verschiedenen Zeitpunkten Einfluss nehmen. Das FASB kommt damit seiner Aufgabe nach, qualitativ hochwertige Rechnungslegungsnormen unter Berücksichtigung der divergierenden Interessen aller berührten Personengruppen zu erstellen. Somit mag es nicht verwundern, dass – in Abhängigkeit von der Komplexität und den Meinungsdivergenzen – bis zur Heraus-

gabe eines neuen Rechnungslegungsstandards oftmals Jahre vergehen können. b) Arten von Verlautbarungen. Seit 1973 sind vom FASB zahlreiche Rechnungslegungsnormen veröffentlicht worden, die sich in verschiedene Arten aufgliedern lassen. Die wichtigste Verlautbarungsart sind die Statements of Financial Accounting Standards (SFAS), in denen das FASB detaillierte Rechnungslegungsprobleme behandelt. Bis Mitte 2009 sind 168 SFAS zu verschiedensten Rechnungslegungsthemen herausgegeben worden, die den StandardSetting Process durchlaufen haben. Zu einzelnen SFAS werden vom FASB außerdem Interpretations veröffentlicht, in welchen auslegungsbedürftige Einzelprobleme behandelt bzw. punktuell Erläuterungen gegeben werden. Im Gegensatz zu den SFAS durchlaufen diese Verlautbarungen nicht den Standard-Setting Process. Umsetzungsrichtlinien zu (branchenbezogenen) Detailproblemen der Rechnungslegung, die aber von weitreichender Bedeutung für viele Unternehmen sein können, beinhalten die FASB Staff Positions (FSP). Diese Veröffentlichungen unterliegen im Standard-Setting Process einer verkürzten Kommentierungsfrist von 30 Tagen und sollen entsprechend zeitnah publiziert werden. Die FSP ersetzen die ehemaligen Technical Bulletins und Staff Implementation Guides des FASB. Neben diesen Verlautbarungen, die sich jeweils auf einzelne Rechnungslegungsprobleme beziehen, hat das FASB bisher sukzessiv sieben Statements of Financial Accounting Concepts (SFAC) erlassen, die zusammen das Conceptual Framework bilden. Sie beinhalten übergeordnete Rechnungslegungsgrundsätze, wie z.B. zur Zielsetzung und zu den qualitativen Merkmalen der Rechnungslegung, und sollen den theoretischen Rahmen für be271

Financial Auditing stehende und zukünftige SFAS darstellen. Die SFAC sind ebenfalls Ergebnis des Standard-Setting Process. Das Nebeneinander dieser verschiedensten Verlautbarungsarten des FASB, die zudem noch durch Verlautbarungen von z.B. SEC, AICPA oder EITF ergänzt werden, führte dazu, dass im Zeitablauf ein umfangreiches, sehr komplexes und wenig integriertes bzw. strukturiertes System von Rechnungslegungsnormen entstanden ist. So hatten die Anwender zur Beurteilung eines konkreten Rechnungslegungsproblems oftmals zahlreiche Standards – teilweise von unterschiedlichen Institutionen – nebeneinander zu beachten. Dies ist Mitte 2009 durch SFAS 168 geändert worden, in dem durch das FASB Accounting Standards Codification™-Project die Struktur der US-GAAP abschließend in einer frei via Internet zugänglichen Datenbank neu geordnet wurde. Diese sieht nur noch zwei Hierarchieebenen vor: die verbindlich anzuwendenden und die nicht verbindlich anzuwendenden Standards. Zudem wurden die Inhalte ca. 90 übergeordneten Themenkomplexen sachlogisch zugeordnet und so die bisherigen Verlautbarungen inhaltlich neu strukturiert, ohne materielle Änderungen in den Rechnungslegungsnormen vorzunehmen. Eine Herausgabe neuer SFAS, SFAC, Interpretations oder FSP ist nicht mehr vorgesehen. Änderungen der bestehenden Accounting Standard CodificationTM werden durch Accounting Standards Updates (ASU) vorgenommen, die unter Angabe der Jahreszahl jährlich neu durchnummeriert werden. c) Verbindlichkeitsgrad der Verlautbarungen. Die Verlautbarungen des FASB haben die den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch nehmenden Unternehmen entsprechend der hierarchischen Einordnung in der Accounting Standard CodificationTM innerhalb der Rechnungslegung verpflichtend zu beachten. Die 272

SEC hat bereits frühzeitig durch Accounting Series Release No. 150 bzw. Financial Reporting Release No. 1 die Erstellung von Rechnungslegungsnormen an das FASB delegiert und klar zum Ausdruck gebracht, dass die Verlautbarungen des FASB den „substantial authoritative support“ genießen. Dadurch zählen diese zu den US-GAAP und sind von Unternehmen, die einen US-GAAP-konformen Jahresabschluss bei der SEC einreichen müssen, einzuhalten. Außerdem sind gemäß der vom AICPA herausgegebenen Rule 203 des Code of Professional Ethics die Wirtschaftsprüfer verpflichtet, ein uneingeschränktes Jahresabschlusstestat nur bei Einhaltung der FASB-Vorschriften zu erteilen. Da aber der SEC-Berichtspflicht unterliegende Unternehmen einen uneingeschränkt testierten Jahresabschluss einzureichen haben, sind die Rechnungslegungsnormen des FASB somit verbindlich. Auch nichtbörsennotierte Unternehmen müssen die Verlautbarungen beachten, wenn sie auf freiwilliger Basis den Jahresabschluss durch Wirtschaftsprüfer testieren lassen wollen. Lit.: FASB: Rules of the Procedure 2010; Financial Accounting Foundation: Annual Report 2009; Miller, P.B.W./Redding, R.J./Bahnson, P.R.: The FASB: The People, the Process and the Politics, 4. Aufl., 1998; Nikolai, L.A./Bazely, J.D./Jones, J.P.: Intermediate Accounting, 10. Aufl., 2007, S. 8-21; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 67-82; Sellhorn, T./Hahn, S./Müller, M.: Die neue Ordnung der USGAAP, in: KoR 2010, S. 154-162. Andreas Bonse Financial Auditing o Revision, interne Financial Leasing o Leasing

Finanzergebnis Financial Reporting o Financial Accounting Financial Reporting Executive Committee (FinREC) Für Rechnungslegungsfragen zuständiges Gremium des o American Institute of Certified Public Accountants (AICPA), zuvor bekannt als Accounting Standards Executive Committee (AcSEC). Financial Statements US-amerikanische Bezeichnung für den o Jahresabschluss bzw. als consolidated financial statements auch für den o Konzernabschluss. Im britischen Englisch werden die F. üblicherweise als annual accounts bezeichnet. Finanzanalyse Teil der o Bilanzanalyse, der sich mit der finanziellen Situation eines Unternehmens beschäftigt. Im Rahmen der auf Bestandsgrößen aufbauenden F. werden horizontale Deckungsrelationen (o Fristenkongruenz), die einen Überblick über die Finanzierung des Vermögens (z.B. o Anlagendeckungsgrad) geben und Kennziffern, die die Liquiditätslage einer Gesellschaft widerspiegeln (z.B. o Liquiditätsgrade), ermittelt. Die F. wird durch die Analyse des o Cashflows und daraus abgeleiteter Kennzahlen (z.B. o Entschuldungsdauer) ergänzt, die eine zeitraumbezogene Analyse der Finanzlage ermöglichen. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 10471084; Spremann, K./Scheurle, P.: Finanzanalyse, 2010. Finanzanlageinvestition = o Finanzinvestition Finanzanlagen Bestandteil des o Anlagevermögens im o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss. Zu den F. zählen Beteiligungen, Wertpapiere und Ausleihungen, sofern sie dazu bestimmt sind, dauerhaft

dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu dienen. Beteiligungen und Ausleihungen gegenüber o verbundenen Unternehmen sind gesondert in den F. auszuweisen. Finanzanlagevermögen o Finanzanlagen Finanzbericht Im weitesten Sinne Bericht über die finanzielle Situation einer Person oder Organisation. Im Kontext der Berichterstattung von Unternehmen oftmals als Synonym für den Geschäftsbericht verwendet. Finanzbuchführung o Buchhaltung, kaufmännische Finanzderivate o Finanzinstrumente, deren Wert von der Entwicklung eines Basistitels abhängig ist. Hierbei kann es sich selbst um Wertpapiere (z.B. Aktien, Anleihen), um Sachgüter (z.B. Rohstoffe) oder um Referenzgrößen (z.B. Marktindex) handeln. Gängige F. sind Terminkontrakte (Futures, Forwards), Optionen und Swaps. F. können zur Absicherung im Rahmen des o Risikomangements oder zur Spekulation eingesetzt werden. Besteht die Absicht einer Absicherung, gelten spezielle Bilanzierungsregeln, die einen Zusammenhang zwischen abgesichertem Geschäft und Sicherungsgeschäft herstellen (o Sicherungsbilanzierung). Finanzergebnis Saldo der Erträge und Aufwendungen, die sich aus Anlagen am Geld- und Kapitalmarkt und aus der Inanspruchnahme von Fremdkapital ergeben; dazu gehören Erträge aus o Beteiligungen und anderen Wertpapieren, Ausleihungen und Abschreibungen hierauf sowie Zinsen und ähnliche Aufwendungen. Entsprechend der Gliederung der o Gewinn- und Verlustrechnung in § 275 HGB ist das F. Teil des o Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. 273

Finanzflussrechnung Finanzflussrechnung = o Kapitalflussrechnung

Finanzierungsleasing o Leasing

Finanzhilfen o Investitionshilfen

Finanzierungsprogramm Zusammenstellung der o Finanzierungsformen, aufgeführt nach Art und Höhe der Inanspruchnahme, die zur Finanzierung einer o Investition bzw. eines o Investitionsprogramms herangezogen werden sollen.

Finanzierungsarten o Finanzierungsformen Finanzierungsformen Formen der Kapitalbeschaffung eines Unternehmens können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden: 1. nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber und der Kapitalhaftung: a) Eigenfinanzierung durch Eigentümer des Unternehmens (o Eigenkapital), b) Fremdfinanzierung durch Gläubiger oder Bildung von Rückstellungen (o Fremdkapital); 2. nach der Mittelherkunft: a) Außenfinanzierung (z.B. durch Ausgaben von Aktien oder Anleihen), b) Innenfinanzierung (z.B. durch Einbehaltung von Gewinnen, durch o Abschreibungen und Bildung von o Rückstellungen); 3. nach der Fristigkeit (z.B. nach §§ 268 Abs. 5 und 285 Nr. 1 a) HGB): a) kurzfristig (Laufzeit d 1 Jahr), b) mittelfristig (1 Jahr < Laufzeit d 5 Jahre), c) langfristig (Laufzeit > 5 Jahre). Lit.: Perridon, L./Steiner, M./Rathgeber, A.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Aufl., 2009, S. 355-558; Wöhe, G. et al.: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Aufl., 2009, S. 14-24. Finanzierungskoeffizient Kennzahl zur Analyse der o Kapitalstruktur, ähnlich dem o Verschuldungsgrad. Wird ermittelt als Quotient aus dem um o Pensionsrückstellungen gekürzten o Fremdkapital zu dem um Pensionsrückstellungen erhöhten o Eigenkapital. 274

Finanzierungsregeln Faustregeln für die Gestaltung der Kapitalstruktur im Unternehmen, deren Einhaltung im Rahmen der o Bilanzanalyse überprüft wird. F. existieren sowohl für die Kapitalstruktur (z.B. für die Höhe des o Verschuldungsgrads) als auch für die Deckung des Vermögens durch bestimmte Kapitalbestandteile (o Fristenkongruenz, o Liquiditätsgrade). Die verwendeten Kennzahlen werden meist aus dem o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss abgeleitet und ermöglichen daher nur grobe Schätzungen über die künftige o Finanzlage des Unternehmens. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 10541069; Wöhe, G. et al.: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Aufl., 2009, S. 35-45. Finanzinstrumente 1. Einführung Unter dem Begriff F. wird eine Vielzahl von Finanzmarktprodukten zusammengefasst. Handelte es sich ursprünglich fast ausschließlich um wertpapierähnliche Verträge, genügt diese Abgrenzung nicht mehr. Zu F. gehören sowohl originäre Produkte, wie o Forderungen, Wertpapiere oder o Verbindlichkeiten, als auch Produkte, deren Wertentwicklung sich aus originären Produkten ableitet, sog. derivative F. (z.B. Swaps, Forwards, Futures, Optionen). Üblicherweise ist zum Eingehen eines Vertrages in ein derivatives F. keine oder nur eine sehr geringe

Finanzinstrumente Anschaffungsauszahlung im Vergleich zum Erwerb von originären F. erforderlich, weshalb von Derivaten eine starke Hebelwirkung ausgeht, mithin eine hohe Gewinnchance, allerdings auch ein deutliches Verlustrisiko, resultieren kann. F. beinhalten Marktrisiken, Bonitätsrisiken sowie Liquiditätsrisiken (sog. finanzielle Risiken), die sich zur Spekulation aktiv eingehen lassen. Sie werden aber auch zur Absicherung gegen finanzielle Risiken verwendet (o Sicherungsbilanzierung). 2. Rechnungslegung nach IFRS a) Begriffsbestimmung und Abgrenzung. F. werden nach IFRS in drei Standards zur Bilanzierung geregelt: IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung, IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung sowie IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben. Die Anwendungsbereiche dieser Standards zu F. sind nicht identisch (vgl. KPMG, 2009, Tz. 3.6.20; PWC, 2009, Tz. 1.6). Zusammenfassend sind alle F., die vom Anwendungsbereich von IAS 32 ausgenommen sind, auch vom Anwendungsbereich von IAS 39 ausgenommen. Der Anwendungsbereich von IFRS 7 ist demgegenüber etwas weiter gefasst und schließt z.B. Finanzgarantien, unwiderrufliche Kreditzusagen, Finanzierungsleasingverhältnisse sowie Forderungen aus langfristigen Fertigungsaufträgen mit ein. Gemäß IAS 32.11 wird ein F. als ein Vertrag definiert, der gleichzeitig bei einer beteiligten Vertragspartei zu einem finanziellen o Vermögenswert und bei der anderen beteiligten Vertragspartei zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt (o Eigenkapital). Insofern grenzen sich F. von dinglichen oder immateriellen Vermögenswerten ab, indem bei F. ein vertraglicher Anspruch auf einen Zufluss flüssiger Mittel oder anderer finanzieller Vermögenswerte begründet wird (vgl. IAS 32.AG10).

F. können nach IFRS aus originären und derivativen F. bestehen (vgl. IAS 32.AG15). Nach IAS 39.9 werden F. als Derivate eingestuft, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind: - der Wert des betreffenden F. schwankt in Abhängigkeit von einer oder mehreren Basisvariablen, - das F. erfordert im Vergleich zu anderen Vertragsformen keine oder nur eine geringe Auszahlung und - das F. wird erst in der Zukunft erfüllt (zu einem bestimmten Termin oder in einem bestimmten Zeitraum). Von der Derivatezuordnung sind jedoch Verträge ausgenommen, die zum Erhalt oder der Lieferung nicht-finanzieller Posten im Einklang mit dem erwarteten Einkaufs-, Verkaufs- oder Nutzungsbedarf des Unternehmens abgeschlossen und zu diesem Zwecke weiter gehalten werden (own use contracts, vgl. dazu IAS 32.8, IAS 32.AG20-24 sowie IDW RS HFA 25). Ansprüche und Verpflichtungen aus Versicherungsverträgen im Sinne der Definition von IFRS 4 Versicherungsverträge (o Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der) fallen nicht in den Anwendungsbereich von IAS 39, 32 bzw. IFRS 7. Die Trennlinie zwischen F. und Versicherungsvertrag wird im Wesentlichen zwischen Versicherungs- und Finanzrisiken gezogen. Sind in Versicherungsverträge allerdings Derivate eingebettet, die auf finanzielle Risiken ausgerichtet und nach IAS 39 separat zu bilanzieren sind, fallen diese in den Anwendungsbereich von IAS 32 (vgl. IAS 39.2(e); zur Erläuterung vgl. auch KPMG, 2009, Tz. 3.6.30.10-.30). Finanzgarantien fallen aus Emittentensicht grundsätzlich in den Anwendungsbereich von IAS 39. Sie werden jedoch aus dem Anwendungsbereich herausgenommen und nach IAS 37 Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualfor275

Finanzinstrumente derungen behandelt, wenn sie bestimmten Merkmalen folgen. Zu Finanzgarantien außerhalb von IAS 39 zählen (nur) Verträge, die den Garantiegeber zur Erstattung eines Verlusts seitens des Garantienehmers verpflichten, wenn ein bestimmter Schuldner in den Vertragsbedingungen eines Schuldinstrumentes vereinbarte, fällige, Zahlungen nicht leistet. Wird die Zahlung durch ein anderes Ereignis ausgelöst, etwa durch eine Ratingverschlechterung, handelt es sich indes um ein (Kredit-) Derivat, das nach IAS 39.9 erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird. Rechte und Pflichten aus Leasingverträgen (o Leasing) stellen ebenfalls F. im Anwendungsbereich von IAS 32 dar, wenn es sich um Finanzierungsleasingverträge i.S.v. IAS 17 Leasingverhältnisse handelt. Hierbei werden die aus dem Leasingvertrag zu leistenden und zu erhaltenden Zahlungen mit den Zins- und Tilgungszahlungen aus einem Darlehensvertrag gleichgesetzt. b) Kategorisierung und Bewertung. Seit Jahrzehnten hat sich das o International Accounting Standards Board (IASB) (und seine Vorgängerinstitution) um eine umfassende Regelung von F. bemüht. Während dem IASB eine Bilanzierung aller F. einheitlich erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert vorschwebt (full fair value accounting; o Fair Value), regt sich gegen eine komplette Zeitwertbilanzierung vor allem bei den Bilanzierenden (noch) Widerstand. Gegenwärtig arbeitet das IASB, unter anderem auf Druck der EU während der Finanzmarktkrise, in verschiedenen Phasen an der Überarbeitung von IAS 39, der anschließend als neuer Standard, IFRS 9, implementiert werden soll. Die Regelungen von IAS 39 stellen einen Kompromiss divergierender Ansichten zur Bilanzierung von F. dar. Derivate sind prinzipiell erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren und 276

der Bewertungskategorie des Handels zugeordnet. Mithin unterstellt IAS 39, dass Derivate als Spekulationsinstrumente eingesetzt werden. Durch die Verpflichtung zur erfolgswirksamen Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert entsteht eine Volatilität in der o Gewinnund Verlustrechnung (GuV), die Bilanzierende gemeinhin zu vermeiden suchen. Daher kommt der Abgrenzung von Derivaten nach IAS 39 besondere Bedeutung zu. F., die zwar keine Derivate nach IAS 39.9 darstellen, gleichwohl in den Anwendungsbereich von IAS 39 fallen, sind üblicherweise klassische originäre F. Entsprechend des Kompromisscharakters von IAS 39 werden sie zum Zwecke ihrer Bewertung in verschiedene Kategorien geordnet, die spezifische Bewertungsfolgen auslösen. IAS 39.9 unterteilt F. in vier Hauptkategorien der Aktivseite (fünf Einzelkategorien) und zwei Hauptkategorien der Passivseite (drei Einzelkategorien). In die Kategorie Kredite und Forderungen (loans and receivables) fallen üblicherweise bei Industrie- und Handelsunternehmen die typischen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und bei Banken der klassische Kreditverkehr. Banken begründeten ihre Forderung nach einer Bewertung zu fortgeführten o Anschaffungskosten damit, dass Kredite bis zur Fälligkeit gehalten würden und demzufolge Marktwertschwankungen (durch Veränderungen der Marktzinsen) wegen einer Festzinsvereinbarung irrelevant seien. Dem ist IAS 39.9 insofern gefolgt, als die Bestückung (als Ausdruck des Misstrauens einer Dauerhalteabsicht) im Wesentlichen davon abhängt, dass für das entsprechende F. kein aktiver Markt gegeben ist. Außerdem dürfen der Kategorie keine Derivate zugeordnet werden. Die Folgebewertung hat zu fortgeführten Anschaffungskosten zu erfolgen.

Finanzinstrumente Mit der gleichen Argumentation, nämlich dass für das bilanzierende Unternehmen faktisch kein Marktwertrisiko bestände, wurde auch für Schuldverschreibungen und Anleihen eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten begehrt. IAS 39.9 erlaubt bei F., bei denen eine Halteabsicht nach IAS 39.AG 16 und eine Haltefähigkeit nach IAS 39.AG 23 bis zur Endfälligkeit gegeben ist, eine Zuordnung in die Kategorie Bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen (held to maturity investments) mit entsprechender Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten. Wird indes in einem zurückliegenden Zweijahreszeitraum mehr als eine unmerkbare Position aus dieser Kategorie verkauft, wird die gesamte Kategorie für die nächsten zwei Jahre gesperrt (tainting rule). Faktisch sind die zugeordneten Bestände jeglicher Disposition durch das Unternehmen entzogen, weshalb die Kategorie trotz der vermeintlichen Attraktivität der Bewertung in der Praxis selten bestückt wird. Neben diesen beiden, nach der Methode der Fortführung der Anschaffungskosten zu bewertenden Kategorien enthält IAS 39 als weitere Hauptkategorie die Kategorie der finanziellen Vermögenswerte zum beizulegenden Zeitwert durch die Gewinn- und Verlustrechnung (financial assets at fair value through profit or loss). Die Hauptkategorie untergliedert sich in den Bereich des Handels (financial assets held for trading) und eine der Hauptkategorie fast gleichnamige Unterkategorie, nämlich finanzielle Vermögenswerte designiert zum beizulegenden Zeitwert durch die Gewinn- und Verlustrechnung (financial assets designated at fair value through profit or loss). Zur Handelskategorie gehören finanzielle Vermögenswerte, die mit der Absicht erworben wurden, einen Gewinn aus kurzfristigen Schwankungen des Preises oder der Händlermarge zu erzielen. Derivate, die nicht in nachweisbaren effektiven Sicherungsbeziehungen stehen, ge-

hören ebenfalls in diese Kategorie. F. des Handels sind zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten und die Wertänderungen haben sofort die GuV zu durchlaufen. Zusätzlich gibt es die Subkategorie der designierten finanziellen Vermögenswerte zum beizulegenden Zeitwert durch die Gewinn- und Verlustrechnung. Wegen der Zuordnungsmöglichkeit durch den Bilanzierenden hat sich der Begriff der Fair Value Option herauskristallisiert. Sie löst die gleichen Bewertungsfolgen wie die Handelskategorie aus. Die Zuordnung von F. in die Fair Value Option hat mit Vertragsbegründung über das betrachtete F. zu erfolgen. Spätere Umwidmungen sind ausgeschlossen. Grundsätzlich können nach IAS 39.9 (b) alle F. in die Kategorie designiert werden, wenn durch die Zuordnung Differenzen beseitigt werden, die aufgrund einer unterschiedlichen Bewertung von Vermögenswerten oder Schulden oder einer andersartigen Erfassung von Gewinnen oder Verlusten aus diesen Vermögenswerten oder Schulden entstehen (accounting mismatch). Alternativ ist eine Designation erlaubt, wenn eine Gruppe von finanziellen Vermögenswerten und/oder finanziellen Schulden auf einer Fair-Value-Basis gemessen (und gesteuert) wird, vorausgesetzt, dass die Informationen über diese finanziellen Vermögenswerte oder Schulden intern an die Unternehmensführung auf Basis der Fair Values weitergegeben werden. Schließlich dürfen F. in die Fair Value Option kategorisiert werden, wenn in dem betreffenden F. ein oder mehrere trennungspflichtige Derivate enthalten sind und auf die Trennung verzichtet werden soll. In diesem Fall ist das gesamte F. erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren. Der Hauptnutzen der Fair Value Option liegt in der Vermeidung der restriktiven Anforderungen an die buchhalterische 277

Finanzinstrumente Abbildung von Sicherungsbeziehungen im Zinsbereich. Durch Designation unterliegt ein abgesichertes Grundgeschäft der gleichen Bewertungskonzeption wie ein derivatives Sicherungsinstrument, auch wenn die Dokumentations- und Effektivitätsanforderungen des Hedge Accounting nicht erfüllt werden. Es ist allerdings zu beachten, dass sämtliche Zeitwertänderungen des Grundgeschäftes in die GuV zu buchen sind und nicht nur diejenigen, die tatsächlich abgesichert wurden. Während der Finanzmarktkrise kam es insb. bei Banken infolge der nicht abgesicherten Bonitätsschwankungen von F., die der Fair Value Option zugeordnet wurden, zu massiven Wertausschlägen in der GuV, obwohl die Marktwertänderungen durch Zinsderivate abgesichert waren. Die letzte Kategorie zum Zwecke der Folgebewertung stellt die Kategorie der zur Veräußerung verfügbaren finanziellen Vermögenswerte dar (available for sale financial instruments). In die Kategorie werden alle finanziellen Vermögenswerte aufgenommen, die nicht einer der anderen Kategorien zugeordnet wurden. Entgegen der Vermutung aus der Namensgebung ist eine konkrete Veräußerungsabsicht nicht zwingend. Die Bewertungsfolge ist eine erfolgsneutrale Bewertung zum beizulegenden Zeitwert. Der Bilanzansatz folgt damit zwar dem beizulegenden Zeitwert. Die Wertänderungen werden jedoch in einer Eigenkapitalposition, der Neubewertungsreserve, so lange „geparkt“, bis der Vermögenswert die Bilanz verlässt – i.d.R. also bis zur Veräußerung. Wegen der Restriktion der Kategorie der held to maturity investments gehören dieser Kategorie i.d.R. fest und variabel verzinsliche Schuldverschreibungen und Anleihen ebenso an wie Aktien und sonstige Eigenkapitalinstrumente. Die Folgebewertung der finanziellen Verbindlichkeiten richtet sich nach zwei 278

Hauptkategorien. Üblicherweise werden finanzielle Verbindlichkeiten zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet. Für die Hauptkategorie der erfolgswirksam durch die GuV zu buchenden F., mit den Unterkategorien des Handels und der Fair Value Option, gilt demgegenüber eine Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert unter gleichzeitiger Erfassung der Wertänderungen in der GuV. Die Zuordnungskriterien der beiden Kategorien, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren sind, folgen denen der Aktivseite. Auf erheblichen Druck durch die EU hat sich das IASB veranlasst gesehen, Regelungen zur Reklassifizierung von finanziellen Vermögenswerten zu erlassen. Die Standardänderung ermöglicht es, unter restriktiven Bedingungen die erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert für im Handelsbestand befindliche Vermögenswerte und in available for sale befindliche Schuldtitel mit dem Charakter von Forderungen und Krediten durch einen Wechsel in eine andere Bewertungskategorie auszusetzen. Derivate sowie F. der Fair Value Option sind von der Reklassifizierungsmöglichkeit ausgenommen. c) Fortentwicklung durch IFRS 9. IFRS 9 Finanzinstrumente wurde Ende 2009 vom IASB veröffentlicht und ist anzuwenden für Geschäftsjahre ab 2013. Die EU hat die Übernahme des Standards bis auf Weiteres vertagt. Der Standard ist Teil des IASB Projekts zum Ersatz von IAS 39, das in drei Phasen aufgeteilt ist. Phase 1 ist durch den Teil zur Klassifizierung und Bewertung abgeschlossen. Die veröffentlichte Version behandelt ausschließlich finanzielle Vermögenswerte. IFRS 9 kennt – wie grundsätzlich auch IAS 39 – zwei primäre Bewertungskategorien, nämlich den beizulegenden Zeitwert und fortgeführte Anschaffungskosten (IFRS 9.5.2.1). Die Bewertungskate-

Finanzinstrumente gorie des beizulegenden Zeitwertes ist wiederum in eine erfolgswirksame und eine erfolgsneutrale Bewertung zum beizulegenden Zeitwert zu unterscheiden – allerdings mit modifizierten Zuordnungsregeln gegenüber IAS 39. Wiederum differenziert der Standard innerhalb der erfolgswirksamen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert in zwei Subkategorien, nämlich die Fair Value Option und übrige F. Die Zuordnung hat nach IFRS 9.3.1.1 zum Zugangszeitpunkt zu erfolgen.

etwa Dividenden, durchlaufen die GuV. Dies schmälert die Attraktivität dieser Kategorie erheblich.

Ein F. darf weiterhin in eine Fair Value Option kategorisiert werden, indes nur, wenn dadurch Rechnungslegungsanomalien beseitigt oder erheblich verringert werden (IFRS 9.4.5). Weitere Zugangswege zur Fair Value Option enthält IFRS 9 nicht.

3. Rechnungslegung nach HGB a) Begriffsbestimmung und Abgrenzung. Im HGB findet sich keine Definition des Begriffs F. Auch im Rahmen der Einführung des o BilMoG wurde „aufgrund der Vielfalt und ständigen Weiterentwicklung“ (RegE BilMoG, S. 114) bewusst auf eine Definition der F. verzichtet. Daher ist es zweckmäßig, sich bei der Auslegung dieses aus handelsrechtlicher Sicht unbestimmten Rechtsbegriffs unter Beachtung des Sinns und Zwecks der jeweiligen Vorschriften an den Definitionen anderer Rechtsnormen, dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder dem Kreditwesengesetz (KWG) zu orientieren (vgl. RefE BilMoG vom 08.11.2007). Im Zuge des BilMoG wurde klargestellt, dass zu den F. im Sinne des HGB auch Derivate zu zählen sind (vgl. BTDrucksache (16/12407), S. 122). Derivate zeichnen sich wiederum durch drei kumulativ zu erfüllende Merkmale aus, die denjenigen nach IFRS weitgehend entsprechen (vgl. RegE BilMoG, S. 116; zur Erläuterung vgl. auch Löw/Scharpf/ Weigel, 2008, S. 1014). Diese Definition stimmt inhaltlich mit derjenigen überein, die bereits durch das Bilanzrechtsreformgesetz in Bezug auf Angabepflichten im Anhang nach § 285 Nr. 18 sowie § 314 Nr. 10 HGB a.F. eingeführt wurde.

Eigenkapitalinstrumente, die nicht zum Handel gehalten werden, können unwiderruflich der Kategorie einer ergebnisneutralen Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert nach IFRS 9.5.4.4 zugeordnet werden. Anders als nach IAS 39 werden Wertänderungen der entsprechend kategorisierten F. selbst zum Abgangszeitpunkt nicht erfolgswirksam erfasst, sondern innerhalb des Eigenkapitals umgebucht. Lediglich laufende Zahlungen,

Warentermin- und Warenoptionsgeschäfte sind als Derivate einzustufen, wenn die Voraussetzungen von § 285 Satz 2 HGB a.F. erfüllt sind. Mithin gelten weiterhin Verträge über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren (Warentermin- und -optionsgeschäfte) als Derivate, wenn eine der Vertragsparteien zur Abgeltung in bar oder durch ein anderes Finanzinstrument berechtigt ist (vgl. IDW RS BFA 2, Tz. 9 sowie Löw/Scharpf/Weigel,

Ein finanzieller Vermögenswert kann nur dann zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, wenn er erstens sowohl in einem Geschäftsmodell gehalten wird, welches das Ziel einer Vereinnahmung vertraglicher Zahlungsströme verfolgt, und zweitens der Vermögenswert selbst tatsächlich vertraglich vereinbarte Zahlungsströme generiert, die ausschließlich aus Zins- und Tilgungszahlungen auf den Nominalbetrag bestehen. Ist eines der beiden Kriterien nicht erfüllt, ist das F. erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Wegen der Restriktion am F. selbst wird es tendenziell zu einer Ausweitung der Zeitwertbilanzierung kommen.

279

Finanzinstrumente 2008, S. 1014 f.). Von der Erfüllung dieser Voraussetzungen kann nicht ausgegangen werden, falls der Vertrag zu dem Zweck abgeschlossen wurde, einen für den Erwerb, die Veräußerung oder den eigenen Gebrauch erwarteten Bedarf abzusichern, und mit der Lieferung der Ware als erfüllt gilt. Dies trifft u.a. für die Deckung des eigenen Bedarfs an Energie, Rohstoffen und Edelmetallen zu. Für solche Verträge gelten die Regeln für schwebende Geschäfte (vgl. IDW RS BFA 2). Waren stellen aufgrund der Abgrenzung in § 1a Abs. 3 KWG keine F. dar. Warenderivate können hingegen unter den oben dargestellten Voraussetzungen selbst als Derivate und damit als F. zu klassifizieren sein. Daneben werden gemäß § 254 Satz 2 HGB n.F. auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren (bei physischer Lieferung) als F. angesehen. Diese Definition bezieht sich dem Wortlaut nach von § 254 Satz 2 HGB n.F. jedoch nur auf § 254 Satz 1 HGB n.F. Insoweit hat § 254 Satz 2 HGB n.F. für die Definition des Begriffs F. i.S.d. §§ 340c und 340e HGB n.F. keine Relevanz (vgl. auch IDW RS BFA 2, Tz. 8). Die entsprechende Gleichstellung mit F. gestattet demzufolge ausschließlich eine Nutzung als Sicherungsinstrument in Bewertungseinheiten. b) F. des Anlagevermögens. Zu den F. des o Anlagevermögens zählen Beteiligungen, Wertpapiere und Ausleihungen, sofern sie dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu dienen. Für F. des Anlagevermögens besteht eine Aktivierungspflicht. Die Zuordnung zum Anlagevermögen ist durch den Bilanzierenden entsprechend der beabsichtigen Zweckbestimmung vorzunehmen und zu dokumentieren. F. des Anlagevermögens unterliegen keiner planmäßigen o Abschreibung. Liegt eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vor, sind sie mittels außerplanmäßi280

ger Abschreibungen zwingend auf den niedrigeren Wert zu reduzieren, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei F. dürfte der niedrigere beizulegende Wert bei F. des Anlagevermögens allerdings häufig nicht mit dem beizulegenden Zeitwert nach § 254 Abs. 4 HGB übereinstimmen. Der Sinn der Regelung besteht in einer Berücksichtigung bonitätsbedingter Wertminderungen. Besteht Daueranlageabsicht, kann oftmals nicht davon ausgegangen werden, dass der Marktwert nach § 254 Abs. 4 HGB realisiert werden soll oder wird. In der Beurteilung des niedrigeren beizulegenden Wertes dürfen marktwertinduzierte Wertminderungen folgerichtig ignoriert werden. Demgegenüber sind bonitätsbedingte Wertminderungen durch Einzel- oder Pauschalwertberichtigungen zu berücksichtigen. Nach IDW VFA 2 besteht bei Eigenkapitalinstrumenten eine Vermutung für eine dauerhafte Wertminderung bei einer Wertminderung von zwanzig Prozent im Vergleich zu den Anschaffungskosten über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten. Die Schwierigkeit bei Eigenkapitalinstrumenten besteht darin, eine Trennung von bonitätsbedingten und rein marktwertinduzierten Wertminderungen vorzunehmen. Die vom Versicherungsfachausschuss aufgeführten Kriterien stellen mithin Vereinfachungen und Pauschalierungen dar, die branchenübergreifend als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gelten. Bei nur vorübergehender Wertminderung besteht nach § 253 Abs. 3 S. 4 HGB für F. des Anlagevermögens ein Wahlrecht zur Berücksichtigung. Eine äquivalente Regelung bestand zuvor in dem durch das BilMoG aufgelösten § 279 Abs. 1 HGB. In der Vorschrift kommt gleichzeitig das allgemeine Vorsichtsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zum Ausdruck.

Finanzinstrumente c) F. des Umlaufvermögens. In negativer Abgrenzung gehören F. zum o Umlaufvermögen, wenn keine Daueranlageabsicht besteht. Im Zweifelsfall sind F. unter Hinzuziehung des allgemeinen Vorsichtsprinzips nach § 252 Abs. 1 HGB dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Für F. des Umlaufvermögens besteht das strenge o Niederstwertprinzip entsprechend § 253 Abs. 4 HGB. F. des Umlaufvermögens sind mithin mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Sollte ein Börsenoder Marktpreis nicht feststellbar sein und übersteigen die Anschaffungskosten den Wert, der den F. beizulegen ist, ist auf diesen Wert abzuschreiben. Im Gegensatz zu F. des Anlagevermögens ist bei F. des Umlaufvermögens der niedrigere Wert entweder direkt als Marktpreis zu verstehen oder ein entsprechender Wert ist in Anwendung von § 255 Abs. 4 HGB über die Anwendung eines allgemein anerkannten Bewertungsverfahrens zu ermitteln. Dies könnte z.B. in einem Optionspreismodell bestehen (o Optionspreistheorie). d) Finanzderivate. Derivate gehören nach dem deutschen Handelsrecht zu den schwebenden Geschäften. Ihnen kommt – anders als nach IFRS – keine Vermögens- oder Verbindlichkeitseigenschaft zu. Sie werden entsprechend des Realisationsprinzips bilanziell daher so lange nicht erfasst, wie keine der beteiligten Vertragsparteien eine Leistung erbracht hat. Unter Anwendung des Imparitätsprinzips ist indes ein drohender Verlust durch Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu antizipieren. Die in der Praxis am häufigsten genutzten Derivate sind Swaps, bei welchen feste gegen variable Zinszahlungen et vice versa getauscht werden. Wird ein Swapvertrag eingegangen, fließen üblicherweise keine Zahlungen. Ergibt sich im

Verlauf des Vertragsverhältnisses ein negativer Marktwert, ist in gleicher Höhe eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, weil davon auszugehen ist, dass die Verluste durch Swapauflösungen jederzeit realisiert werden könnten. Auf den Finanzmärkten haben sich mit Kreditderivaten F. entwickelt, mit welchen die Übertragung von Kreditrisiken auf andere Marktteilnehmer möglich ist. Als Credit Default Swap wird ein F. bezeichnet, bei dem der Sicherungsgeber gegen Erhalt einer Prämie das Risiko übernimmt, dass ein zwischen den beiden Vertragsparteien (Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber) vereinbartes Kreditereignis (credit event), häufig der Ausfall oder eine Ratingverschlechterung eines bestimmten Schuldners, eintritt. Wird ein Kreditderivat nachweislich zur Sicherung eines bestehenden Kreditrisikos eingesetzt, hat der Sicherungsnehmer grundsätzlich keine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert durchzuführen (vgl. IDW BFA 1, Tz. 16). Prämienzahlungen sind über die Laufzeit des Geschäfts zu verteilen (vgl. IDW BFA 1, Tz. 17). Dies entspricht der Behandlung der Zinsen aus dem zugrunde liegenden Kreditgeschäft. Erhaltene Ausgleichszahlungen sind in der GuV so auszuweisen, dass Verluste aus dem originären Kreditgeschäft hierdurch neutralisiert werden (vgl. IDW BFA 1, Tz. 19). e) F. des Handelsbestands bei Kreditinstituten. Dem Handelsbestand sind alle F. und Edelmetalle zuzurechnen, die mit der Absicht einer kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben und veräußert werden. Umwidmungen aus dem Handelsbestand sind ausgeschlossen, es sei denn, außergewöhnliche Umstände, insb. schwerwiegende Beeinträchtigungen der Handelbarkeit der F., führen zu einer Aufgabe der Handelsabsicht durch das Kreditinstitut. Umwid281

Finanzinvestition mungen in den Handelsbestand sind nicht gestattet. F. des Handelsbestands sind aufgrund einer Spezialregelung in den bankspezifischen Vorschriften des HGB nach Änderung durch das BilMoG von Kreditinstituten nach § 340e Abs. 3 HGB zum beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags zu bewerten (o Kreditinstitute, Rechnungswesen der). Bei der Bilanzierung von Derivaten, die dem Handelsbestand von Instituten zugeordnet wurden, wird der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte eingeschränkt. Der Risikoabschlag dient der Kompensation für den Ausweis unrealisierter Gewinne bei einer Bewertung der einzelnen Bestandteile des Handelsportfolios zum beizulegenden Zeitwert. Ein Abzug des Risikoabschlages in Höhe der unrealisierten Gewinne ist daher stets zulässig. Alternativ kommen vereinfachte Berechnungsmöglichkeiten, wie etwa ein o Value at Risk in Betracht (vgl. hierzu IDW BFA 2, Tz. 50-58). Durch den Abzug des Risikoabschlages wird das Handelsportfolio faktisch zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet – die allerdings anders ermittelt werden. Zusätzlich ist in der Bilanz dem Fonds für allgemeine Bankrisiken (Sonderposten) in jedem Geschäftsjahr ein Betrag, der mindestens zehn Prozent der Nettoerträge des Handelsbestandes entspricht, zuzuführen. Die Zuführung hat so lange zu erfolgen, bis fünfzig Prozent der durchschnittlichen Handelserträge der letzten fünf Jahre erreicht sind. Die Begründung für die Zuführung liegt im allgemeinen Vorsichtsprinzip. Die Bildung des Sonderpostens soll ebenfalls der Kompensation für den Ausweis unrealisierter Gewinne bei Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert dienen. Im Ergebnis kommt es mithin zu einer Bestrafung des Handels, indem die Handelsaktivitäten im ersten Schritt (durch Abzug 282

des Risikoabschlages) zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden und im zweiten Schritt (nochmals) ein Aufwand (durch Zuführung zum Sonderposten) zu berücksichtigen ist. Lit.: Deloitte LLP (Hrsg.): iGAAP 2010, Financial Instruments: IAS 32, IAS 39, IFRS 7, and IFRS 9 explained, 6. Aufl., 2010; Ernst & Young LLP (Hrsg.): International GAAP 2010, Generally Accepted Accounting Practice under International Financial Reporting Standards, Vol. 1 and 2, 2010; KPMG IFRG Limited (Hrsg.): Insights into IFRS, KPMG’s practical guide to International Financial Reporting Standards, 6. Aufl., 2009; Löw, E./ Scharpf, P./Weigel, W.: Auswirkungen des Regierungsentwurfs zur Modernisierung des Bilanzrechts auf die Bilanzierung von Finanzinstrumenten, in: WPg 2008, S. 1011-1020; PWC LLP (Hrsg.): Manual of accounting, Financial instruments 2010, UK Accounting Consulting Services, 2009. Edgar Löw Finanzinvestition Anlage von Mitteln in Form von Darlehen, Wertpapieren oder Beteiligung an Unternehmen. Finanzkontrolle Kontrollrechnung zur Überprüfung der aus der o Finanzplanung abgeleiteten Erwartungen zur Veränderung der Finanzlage. Finanzmathematik Disziplin der angewandten Mathematik, bei der die Beschäftigung mit finanziellen Fragestellungen im Vordergrund steht. Wesentliche Teilbereiche und Anwendungsgebiete der F. sind die o Zinsrechnung, o Rentenrechnung, o Tilgungsrechnung und die o Investitionsrechnung. Lit.: Kruschwitz, L.: Finanzmathematik, 5. Aufl., 2010.

Finanzplanung Finanzplan o Finanzplanung Finanzplanung 1. Ziele und Grundlagen der F. Wesentliche Aufgabe der F. ist die Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit des Unternehmens und damit einer der wichtigsten Ressourcen im Unternehmen: Kapital. Die Planung umfasst alle Ein- und Auszahlungen periodengenau. Die F. ist Voraussetzung zur kurzfristigen Sicherstellung der Liquidität und der Optimierung der Kapitalbeschaffungskosten. Dabei gilt es, den Kapitalbedarf des Unternehmens zu ermitteln, ggf. durch operative Maßnahmen frühzeitig anzupassen und damit die Grundlage für die Mittelbeschaffung bzw. -anlage durch die Finanzabteilung zu erhalten. Ein Finanzplan umfasst termingenau alle zahlungsstromrelevanten Bewegungen. Neben den laufenden Einnahmen und Ausgaben der operativen Tätigkeit umfasst dies ebenso die Investitionsausgaben in Sachanlagen, Zins- und Kapitaldienst für Anleihen und Kredite, Steuerzahlungen, Einnahmen sowie Zu-/Abgänge aus dem Asset Management und Auszahlungen oder Erlöse für Unternehmenskäufe bzw. -verkäufe. Für die Erstellung von Finanzplänen gilt das Bruttoprinzip: Eine Saldierung von Einund Auszahlungen ist aus Transparenzgründen zu unterlassen. 2. Fristigkeit der F. In der F. wird grundsätzlich unterschieden zwischen kurz-, mittel- und langfristiger F.: - Die kurzfristige F. dient der täglichen Disposition der Bankkonten mit einem Zeithorizont von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Da kurzfristig kaum Gestaltungsfreiräume zur Finanzierung vorliegen, gilt es in der kurzfristigen F. insbesondere, die täg-

liche Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Hierbei ist zudem zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine strategische Liquiditätsreserve bspw. fest zugesagte Bankkreditlinien vorgehalten werden sollte. Diese schützt das Unternehmen vor unerwarteten Liquiditätsengpässen. - Die mittelfristige F. unterstützt die Ermittlung des mittelfristigen Kapitalbedarfs. Der Zeithorizont beträgt in der Regel ein bis zwei Jahre. Auf Grundlage der mittelfristigen F. werden Maßnahmen zur Deckung des Kapitalbedarfs identifiziert. Hierzu gehören beispielsweise die Begebung von Anleihen, die Aufnahme von Bankkrediten oder die Verlängerung/(Neu-)Verhandlung von Kreditlinien, aber auch operative Maßnahmen wie z.B. die Verschiebung von Investitionen oder Akquisitionen. - Die langfristige F. ist Bestandteil der langfristigen Unternehmensplanung. Hier gilt es die Finanzierung der zukünftigen Geschäftstätigkeit über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren zu planen. Damit beeinflusst die F. grundsätzliche strategische Unternehmensentscheidungen, beispielsweise Großinvestitionen und Akquisitionen oder Veräußerungen von Unternehmensteilen. Wichtiger Bestandteil der langfristigen F. ist die Definition einer Zielkapitalstruktur. Hierunter fallen Überlegungen zum Verschuldungsgrad (Leverage) und/oder zum Verschuldungsmix (Anteil fester vs. variabler Verzinsung). Die langfristige F. umfasst ggf. auch die Ausgabe neuer Aktien zur Stärkung des Eigenkapitals. 3. Praxisbeispiel Zur Veranschaulichung soll im Folgenden die F. im RWE-Konzern in Grundzügen dargestellt werden. Die RWE AG als Konzernholding übernimmt die Aufgaben der zentralen Finan283

Finanzplanung zierung und des Cash Managements. Die F. wird ebenfalls zentral aus dem Bereich „Konzern Finanzen“ der RWE AG Holding gesteuert. Die Abteilung „Finanzcontrolling“ übernimmt die Zusammenführung der Finanzpläne der RWE AG und ihrer direkten Konzerngesellschaften zu einem Finanzplan für den RWEKonzern einschließlich der Nettofinanzverschuldung. Die F. dient als Grundlage für die 14-tägige Liquiditätsdisposition der Konzern-Treasury sowie für die Kapitalbedarfsplanung des RWE-Konzerns für die jeweils nächsten 12 Monate. Auf ihrer Basis wird die Kapitalstruktur des Konzerns optimiert. Zusätzlich zu den im vorherigen Abschnitt genannten Zielen verfolgt der Finanzplanungsprozess neben der Überwachung der Nettoverschuldung des Konzerns auch das Ziel der Liquiditätssteuerung der einzelnen Konzerngesellschaften durch Überwachung kurzfristiger interner Kreditlimite bzw. Mindestguthaben. Darüber hinaus erfolgt eine Steuerung der Nettofinanzverschuldung des Gesamtkonzerns sowie damit einhergehend eine erste Früherkennung von Fehlentwicklungen im operativen und insbesondere im investiven Bereich durch eine monatsgenaue Ermittlung der Nettofinanzverschuldung im Prognosejahr. Die F. des RWE-Konzerns als integraler Bestandteil der regelmäßigen Unternehmensplanung gliedert sich folgendermaßen: - Die kurzfristige Liquiditätsplanung erfolgt monatlich und umfasst in jeweiliger Währung (i.W. USD, EUR und GBP) zum einen eine taggenaue Einnahmen- und Ausgabenplanung für den laufenden und den folgenden Monat. Zum anderen erfolgt eine rollierende Monatsplanung mit einem Planungshorizont von bis zu 12 Monaten. Änderungen der Tagesplanung von mehr als 5 Mio. EUR sind von den einbezogenen Gesellschaften un284

verzüglich der RWE AG zu melden. Während die tagesscharfe Planung der täglichen Disposition der Bankkonten dient, bildet die rollierende Monatsplanung die Grundlage für die zeitliche Planung von Kapitalmaßnahmen, bspw. Begebung von Anleihen, Ausgabe von Commercial Paper oder Anlage von Termingeldern. - Die mittel- und langfristige F. erfolgt im Rahmen der jährlichen Unternehmensplanung. Dabei sind von den Konzerngesellschaften Kapitalflussrechnungen zusammen mit der Mittelfristplanung einzureichen. Durch diese integrierte Berichterstattung wird die Planungsqualität verbessert und eine stärkere Cashflow-Orientierung in der Planung unterstützt. Eine Besonderheit im RWE-Geschäftsmodell ist der Handel mit Strom und anderen Commodities – sowohl beim Verkauf der eigenen Stromproduktion als auch im sog. Eigenhandel. Zur Besicherung von Marktwertschwankungen bei Börsentermingeschäften sind tägliche Sicherungszahlungen, so genannte „Variation Margins“, durch die Börsenteilnehmer zu leisten. Diese können den Kapitalbedarf im Extremfall innerhalb weniger Tage um mehrere Hundert Millionen Euro erhöhen oder reduzieren. Eine Planung dieser Schwankungen ist nur bedingt möglich, so dass kurzfristig sehr hohe Planabweichungen nicht auszuschließen sind. Hieraus ergibt sich das Erfordernis, über eine Liquiditätsreserve zu verfügen, über die täglich disponiert werden kann. Für die kurzfristige Finanzierung am Geldmarkt (Laufzeit bis max. 1 Jahr) steht RWE ein Commercial-Paper-Programm über 5 Mrd. US$ zur Verfügung. Zur Absicherung dieses Commercial-Paper-Programms dient eine syndizierte Kreditlinie über 4 Mrd. €. Mit einem Debt-Issuance-Programm (DIP) über 30 Mrd. € werden mittel- bis langfristige

Fixkostenschichten Mittel am Kapitalmarkt beschafft (Stand Herbst 2010). Lit.: Bea, F.X./Friedl, B./Schweitzer, M. (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Bd. 3: Leistungsprozess, 9. Aufl., 2006; Drukarczyk, J.: Finanzierung: Eine Einführung, 10. Aufl., 2008; Mensch, G.: Finanz-Controlling: Finanzplanung und -kontrolle; Controlling zur finanziellen Unternehmensführung, 2. Aufl., 2008. Rolf Pohlig Finanzprognose o Finanzplanung Finanzrechnung Gegenüberstellung von Einzahlungen und Auszahlungen sowie dem Kassenanfangsbestand zur Ermittlung des Liquiditätssaldos. Die F. dient als Lenkungsinstrument der Kontrolle der o Liquidität. Sie kann als Ist-F. oder als Plan-F. aufgestellt werden (o Finanzplanung). Finanzstatus o Kreditstatus Finanzüberschuss o Cashflow Finanzzahlungssaldo Saldo von Finanzeinzahlungen und -auszahlungen, also Zahlungen, die nicht direkt den Erfolg, sondern die Liquidität einer Unternehmung beeinflussen. FinREC = o Financial Reporting Executive Committee Firmenwert o Geschäftswert Fisher-Effekt Nach dem amerikanischen Ökonomen Irving Fisher (1867-1947) benannte Annahme, nach der im Marktzins die Inflationsrate voll überwälzt wird. Der Abzinsungsfaktor (1 + i) lautet dann 1 + i = (1 + i0) x (1 + p), wobei i für den Marktzins, i0 für den Realzins und p für die Inflationsrate steht.

Lit.: Franke, G./Hax, H.: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 6. Aufl., 2009, S. 218-224. Fitch Ratings o Rating Fixe Kosten o Kosten, fixe und variable Fixkosten o Kosten, fixe und variable Fixkostenblock Gesamtheit der o fixen Kosten eines Betriebs, die im System des o Direct Costing undifferenziert den Deckungsbeiträgen einer Produktart gegenübergestellt werden. Fixkostendeckungsrechnung = Mehrstufiges o Direct Costing Weiterentwicklung und Ergänzung des o Direct Costing. Dabei wird eine (mehrfach) gestufte o Deckungsbeitragsrechnung durchgeführt und der o Fixkostenblock in mehrere o Fixkostenschichten aufgespalten. Fixkostendegression Fallender Verlauf der durchschnittlichen Kosten pro Stück mit steigender Ausbringungsmenge verursacht durch Verteilung der Fixkosten auf eine größere Stückzahl bei konstanten variablen Kosten pro Stück (o Kosten, fixe und variable). Fixkostenproportionalisierung Aufteilung der o Fixkosten einer Periode auf die innerhalb dieser Periode erzeugten Leistungseinheiten insb. durch Division der Fixkosten durch die hergestellte (bzw. abgesetzte) Menge (o Kalkulation). Fixkostenschichten Im Rahmen der o Fixkostendeckungsrechnung durchgeführte Untergliederung des o Fixkostenblocks in Schichten bzw. Stufen. Die Gliederung erfolgt nach der Zurechenbarkeit der o fixen Kosten auf 285

Fixkostenstufung einzelne, für die unternehmerische Disposition besonders bedeutsame, leistungswirtschaftliche oder institutionelle Kalkulationsobjekte. Fixkostenstufung o Fixkostenschichten Fixwertprinzip Bewertungsgrundsatz, nach dem zu einem bestimmten Bilanzstichtag für die einzelnen Bilanzpositionen jeweils nur ein bestimmter Wertansatz im o Jahresabschluss in Betracht kommt. Das F. ist heute im HGB – mit wenigen Ausnahmen (o Bilanzierungswahlrechte) – zwingend vorgeschrieben. Flexible Plankostenrechnung o Plankostenrechnung Flüssige Mittel o Liquide Mittel Folgeinvestition o Investitionen, die im Anschluss an Investitionen der Unternehmensgründung (Gründungsinvestitionen) getätigt werden. Folgekonsolidierung o Kapitalkonsolidierung Forderungen Gesamtheit aller Rechte auf Leistung bestimmter Zahlungen oder Gütertransaktionen. Nach Art der Geschäftsvorfälle sind folgende F.-Arten zu unterscheiden: (1) Geld-F. aufgrund der Lieferung von Gütern und Erbringung von Leistungen; (2) Geld-F. aufgrund von Darlehensverträgen; (3) Geld-F. aufgrund von Wertpapiererwerb; (4) Güter-F. aufgrund von Anzahlungen; (5) Güter-F. aufgrund von Tauschgeschäften. Im o Jahresabschluss nach HGB werden F. gem. §§ 266 Abs. 2, 268 Abs. 4 HGB außerdem nach der Art des Verpflichteten, gegen den sich die F. richtet 286

(z.B. gegen verbundene Unternehmen), und nach Fristigkeit unterschieden. Nach IFRS zählen F. zu den o Finanzinstrumenten und unterliegen den entsprechenden Vorschriften. Formblätter Aufgrund der Ermächtigung in § 330 HGB kann das Bundesministerium der Justiz durch Rechtsverordnungen für o Kapitalgesellschaften F. für die o Gliederung des o Jahres- und o Konzernabschlusses vorschreiben sowie für den Inhalt des o Anhangs und o Lageberichts Vorschriften erlassen, wenn es die Besonderheiten eines Geschäftszweigs erfordern. F. liegen vor für o Kreditinstitute, o Versicherungsunternehmen, Krankenhäuser, Verkehrsunternehmen und Wohnungsunternehmen. Formelle Prüfung o Prüfungsmethoden Forschung und Entwicklung 1. Begriff und Arten F. und E. (FuE) stellen wesentliche Impulse für den betrieblichen und technischen Wandel dar und führen zu Innovationen, die beispielsweise im Pharma-, Software und Automobilbereich eine große Bedeutung für den zukünftigen Unternehmenserfolg haben. Unter F. wird gemeinhin die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen bezeichnet über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten regelmäßig noch keine Aussagen gemacht werden können. Dieses Abgrenzungsverständnis ist derzeit sowohl im Handelsgesetzbuch (HGB) als auch in den International Financial Reporting Standards (IFRS) verankert (IAS 38.8 bzw. §255 Abs. 2a HGB). IAS 38.56 nennt als Beispiele für F.-Aktivitäten u.a. die Suche nach Alternativen für Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder

Forschung und Entwicklung Dienstleistungen. E. bezeichnet hingegen die Anwendung von F.-Ergebnissen oder von anderem Wissen für die Neu- oder Weiter-E. von Gütern oder Verfahren (IAS 38.8 bzw. §255 Abs. 2a HGB). Folglich sind E.- im Unterschied zu F.Aktivitäten grundsätzlich auf ein bestimmtes Produkt oder einen Prozess ausgerichtet. Als Beispiele für typische E.-Aktivitäten werden in IAS 38.59 insbesondere der Entwurf, die Konstruktion und das Testen von Prototypen und Modellen vor Aufnahme der eigentlichen Produktion oder Nutzung sowie der Entwurf, die Konstruktion und das Testen einer gewählten Alternative für neue oder verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen genannt.

ren wird. Folglich sind interne F.-Kosten zwingend als Aufwand in der o Gewinn- und Verlustrechnung der laufenden Periode zu erfassen (IAS 38.54).

Grundsätzlich wird der Zeitpunkt des Übergangs vom systematischen Suchen zum Erproben und Testen der gewonnen Erkenntnisse oder Fertigkeiten als Übergang von F. zur E. angesehen (vgl. auch RegE BT-Druck, 16/10067, S. 61.).

- Die technische Realisierbarkeit der Fertigstellung des immateriellen Vermögenswertes, damit er zur Nutzung oder zum Verkauf zur Verfügung stehen wird, ist gegeben (IAS 38.57a).

2. Behandlung im externen Rechnungswesen

- Es besteht die Absicht, den immateriellen Vermögenswert fertig zu stellen sowie ihn zu nutzen oder zu verkaufen (IAS 38.57b).

Im Rahmen der bilanziellen Abbildung von FuE-Projekten wird sowohl im HGB als auch gemäß den IFRS nach der Zugangsform differenziert, sodass im Folgenden eine Unterscheidung zwischen interner Durchführung und Erwerb vorgenommen wird. a) Interne FuE- Projekte. Im Rahmen der bilanziellen Abbildung von unternehmensintern durchgeführten FuEProjekten ist zunächst zwischen F.- und E.-Kosten zu differenzieren. Diese Unterteilung dient neben der Prüfung der Bilanzansatzvorschriften insbesondere auch der Ermittlung der Herstellungskosten. IAS 38.55 bzw. §255 Abs. 2a HGB legen explizit fest, dass in der F.-Phase noch nicht nachgewiesen werden kann, dass aus den geschaffenen Werten wahrscheinlich ein künftiger Nutzen resultie-

Differenzierter ist die auf die F.-Phase folgende E.-Phase zu betrachten. Aufgrund der zeitlichen Nähe zur darauf folgenden kommerziellen Vermarktung wird der wahrscheinliche künftige Nutzenzufluss an dieser Stelle nicht grundsätzlich negiert. In der E.-Phase anfallende Kosten sind bei kumulativer Erfüllung der in IAS 38.57 zusammengefassten Kriterien zwingend zu aktivieren. Diese im Folgenden aufgeführten Kriterien dienen demzufolge der Unterscheidung zwischen aktivierungspflichtigen und nicht aktivierungsfähigen E.-Kosten.

- Das Unternehmen hat die Fähigkeit, den immateriellen Vermögenswert zu nutzen oder zu verkaufen (IAS 38.57c). - Das Unternehmen kann nachweisen, dass ihm aus dem immateriellen Vermögenswert voraussichtlich künftig ein Nutzen zufließen wird (IAS 38.57d). - Das Unternehmen erbringt einen Nachweis über die Verfügbarkeit adäquater technischer, finanzieller und sonstiger Ressourcen, die notwendig sind, um die E. abschließen und den immateriellen Vermögenswert nutzen oder verkaufen zu können (IAS 38.57e). 287

Forschung und Entwicklung - Eine verlässliche Bewertung der zurechenbaren E.-Kosten ist möglich (IAS 38.57f). Ist eines der Kriterien nicht erfüllt, sind die E.-Kosten als Aufwand der Periode zu erfassen, in der sie angefallen sind. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Unternehmen nicht in der Lage ist, die F.von der E.-Phase zu unterscheiden (IAS 38.53 bzw. §255 Abs. 2a HGB). Sind die Bilanzansatzkriterien hingegen kumulativ erfüllt, besteht gemäß den Vorschriften der IFRS eine Pflicht zur Aktivierung des internen E.-Projekts in Höhe seiner nach IAS 38.24 zu bestimmenden Herstellungskosten, während § 248 Abs. 2 i.V.m. § 255 Abs. 2 HGB ein Aktivierungswahlrecht vorsieht. Zu beachten ist, dass eine Nachaktivierung von vor der Erfüllung der Ansatzkriterien angefallenen FuE-Aufwendungen nach IFRS nicht zulässig ist (IAS 38.71). Im HGB ist dieser Sachverhalt nicht geregelt. Da es jedoch keinen Indikator dafür gibt, dass eine nachträgliche und vollumfängliche Aktivierung erlaubt ist, wird dies auch im HGB grundsätzlich nicht als zulässig erachtet (vgl. auch AK Immaterielle Werte im Rechnungswesen, 2008, S. 1818). Die ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der Kriterien des IAS 38.57 zu aktivierenden o Herstellungskosten umfassen alle Einzelkosten sowie schlüsselbare Gemeinkosten, die aus zeitlicher Sicht nach der Erfüllung der Bilanzansatzkriterien und vor Erreichung des vom Management beabsichtigten Gebrauchszustandes angefallen und dem Vermögenswert zurechenbar sind, wie z.B. Ausgaben für Materialien und Dienstleistungen, die bei der Erzeugung des immateriellen Vermögenswertes genutzt oder verbraucht werden, und Abschreibungen auf Patente und Lizenzen, die zur Erzeugung des immateriellen Vermögenswertes genutzt werden (IAS 38.66 a und d). E.-Projekte sind regelmäßig auf ihre Werthaltigkeit hin zu überprüfen. Dies geschieht min288

destens jährlich oder wenn bestimmte Indikatoren auf eine Wertminderung hindeuten (IAS 36.12). Wird im Rahmen dieser Werthaltigkeitsprüfung festgestellt, dass der aktuelle Buchwert seinen erzielbaren Betrag (IFRS) bzw. beizulegenden Zeitwert (HGB) übersteigt, ist eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe der Differenz zwischen den beiden Werten vorzunehmen. Mit der planmäßigen Abschreibung ist hingegen sowohl nach IFRS als auch gemäß den Regeln des HGB erst dann zu beginnen, wenn die Nutzungsbereitschaft des entwickelten Vermögenswertes gegeben ist. Die Nutzungsdauer bemisst sich dabei an dem Zeitraum, in dem der jeweilige Vermögenswert voraussichtlich genutzt werden kann. b) Erworbene FuE-Projekte. Bei der bilanziellen Abbildung erworbener FuEProjekte wird weder nach IFRS noch nach HGB eine Differenzierung zwischen der F.- und der E.-Phase vorgenommen. Durch einen separaten Erwerb zugegangene Projekte sind gemäß IAS 38 immer dann mit ihren Anschaffungskosten in der Bilanz des Erwerbers anzusetzen, wenn der erwartete künftige Nutzenzufluss für das Unternehmen wahrscheinlich ist und die Anschaffungskosten verlässlich ermittelbar sind. Angenommen wird jedoch, dass der zu zahlende Preis – und damit die Anschaffungskosten – i.d.R. (normally) die Erwartungen über die Wahrscheinlichkeit des erwarteten künftigen Nutzenzuflusses widerspiegelt (IAS 38.25) und das Wahrscheinlichkeitskriterium somit stets erfüllt ist. Ähnliche Regeln gelten für das Kriterium der zuverlässigen Bewertbarkeit. Für separat erworbene immaterielle Vermögenswerte gilt dieses Kriterium „usually“ als erfüllt (IAS 38.26). Die Bedeutung von „usually“ wird zwar nicht näher erklärt, aus IAS 38.26 i.V.m. IAS 38.BC28 kann jedoch abgeleitet werden, dass das Kriterium immer dann als erfüllt anzusehen ist, wenn die Gegenleistung in

Forschung und Entwicklung Zahlungsmitteln oder anderen monetären Vermögenswerten besteht. Nach den Vorschriften des HGB besteht eine generelle Ansatzpflicht für erworbene FuEProjekte. Auch im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene FuE-Projekte sind sowohl nach IFRS als auch nach HGB grundsätzlich aktivierungspflichtig. Aufgrund des Ansatzprinzips des IFRS 3.10 hat der Erwerber eines Unternehmens im Rahmen der so genannten o Kaufpreisallokation alle FuEProjekte im Erwerbszeitpunkt separat vom Goodwill mit ihren o Fair Values anzusetzen, sofern sie die Definitionskriterien eines immateriellen Vermögenswertes erfüllen und Bestandteil des Unternehmenszusammenschlusses sind (IAS 38.33-34; IFRS 3.11 und 12); andernfalls gehen diese Werte in der Residualgröße Goodwill auf. Auch bei Unternehmenszusammenschlüssen sind die Kriterien eines wahrscheinlichen Nutzenzuflusses sowie einer zuverlässigen Bewertbarkeit regelmäßig erfüllt. c) Praxisprobleme. Eine wesentliche Herausforderung im Rahmen der praktischen Umsetzung der Bilanzierungsvorschriften für interne E.-Kosten liegt in der Bestimmung des Zeitpunktes im FuE-Prozess, zu dem die Aktivierungsvoraussetzungen erfüllt sind, und damit letztlich in der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines künftigen Nutzenzuflusses aus dem jeweiligen E.-Projekt. Während eine hinreichende Wahrscheinlichkeit in einigen Branchen wie z.B. der Automobilbranche bereits relativ früh im E.-Prozess belegt werden kann, ist dies in anderen Branchen wie der Pharmaindustrie auch in späten E.-Phasen i.d.R. nicht möglich. Eine weitere Herausforderung bei der Bilanzierung erworbener FuE-Projekte liegt in der Entscheidung darüber, ob diese bereits planmäßig abzuschreiben sind (beispielsweise eine erworbene F.-

Technologie, die selbst dem technologischen Wandel unterliegt wie eine spezielle Software oder ein besonderes Messverfahren) oder ob Abschreibungen aufgrund der Weiterentwicklung des E.Projektes erst ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung geboten sind, da durch den E.Prozess selbst kein Werteverzehr erfolgt. Auch kann der Nachweis der Werthaltigkeit (o Impairment Test) für erworbene FuE-Projekte sehr aufwendig sein, da Prognosen über die zukünftig mit dem Vermögenswert in Zusammenhang stehenden Cashflows erstellt und jährlich anhand von neuen Informationen in Bezug auf die zukünftigen Absatzchancen des Produktes angepasst werden müssen. 3. FuE im Controlling Im Hinblick auf das o Controlling von FuE-Projekten ist nach der Notwendigkeit und der Ausgestaltung der Kontrolle zu unterscheiden. Grundsätzlich kann zwischen einem Projektcontrolling, welches inhaltlich in den E.-Prozess eingreift, und einem reinen Zeit-, Kostenbzw. Budgetcontrolling differenziert werden. Für das Rechnungswesen ist primär das Kosten- bzw. Budgetcontrolling von Bedeutung. Insbesondere dann, wenn die E.-Kosten durch regulatorische Mechanismen bestimmt sind (z.B. Durchführung standardisierter medizinischer Studien oder Tests für die Luftfahrtindustrie), kann ein reines Kostencontrolling allerdings wenig zur Entscheidungsfindung und Steuerung beitragen. Da die durch regulatorische Mechanismen vorgegebenen Prüfschritte sequentiell zu durchlaufen sind und meist die Voraussetzung für die Zulassung zum Vertrieb darstellen, findet ein Eingreifen in den E.-Prozess aufgrund der durch das Controlling gewonnenen Informationen nicht statt. Das Controlling hilft lediglich, frühzeitig zu erkennen, ob ggf. notwendige Anpassungen am E.-Portfolio oder 289

Forschung und Entwicklung dem FuE-Budget vorzunehmen sind. Ein effizientes Kosten- bzw. Budgetcontrolling ist jedoch ein wichtiges Instrument, um eine hinlängliche Ressourceneffizienz sicherzustellen und Make-or-BuyEntscheidungen treffen zu können. Auf Basis der durch das Controlling generierten Informationen kann folglich entschieden werden, ob bestimmte E.Leistungen selbst erbracht werden sollen oder günstiger durch fremde Dritte geleistet werden können. Auch die Liquiditätsplanung für wesentliche FuE-Projekte basiert häufig auf den Informationen, die im Controlling erhoben werden. Die zunehmende Integration von internem und externem Rechnungswesen (o Konvergenz des Rechnungswesens) führt zudem dazu, dass einheitliche Definitionen notwendig sind. Insbesondere bei der Zuordnung der Kostenarten (F.bzw. E.-Kosten) ist dies entscheidend, da andernfalls sowohl die unternehmensinterne Kommunikation als auch eine effiziente Steuerung erschwert werden. Da für das Controlling keine extern vorgegebenen Konventionen bestehen, sind die Definitionen des externen Rechnungswesens hier i.d.R. maßgeblich. Zudem ergeben sich neue Impulse für das Controlling, wenn für die externe Darstellung Informationen benötigt werden, die bisher für die interne Steuerung (scheinbar) belanglos waren. Insbesondere ist die höhere Visibilität von aktivierten (ggf. käuflich erworbenen) E.-Projekten zu nennen. Schließlich führt die Aktivierung dazu, dass die E.-Aufwendungen im Rahmen einer Deckungsbeitragsrechnung verursachungsgerecht den Zeitperioden zugeordnet werden, in denen auch die Erträge aus den neu entwickelten Produkten anfallen. Diese verursachungsgerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen führt dazu, dass die Informationen des externen Rechnungswesens als Basis für weitere Planungsund Steuerungsaktivitäten genutzt werden können. 290

4. Aktuelle Entwicklungen und Ausblick Die Grenze zwischen Aktivierungspflicht und Aktivierungsverbot von E.-Aufwendungen ist bislang weder nach IFRS noch nach HGB trennscharf. Insbesondere Einschätzungen des Managements und der Durchführungsweg (Erwerb vs. Eigen-E.) können zu einer uneinheitlichen Abbildung ökonomisch gleicher Sachverhalte führen. Gleichwohl in diesem Bereich derzeit keine hohe Änderungsgeschwindigkeit externer Rechnungslegungsvorschriften erkennbar ist, wird die Berichterstattung über FuE-Kosten vermutlich über einen anderen Weg neue Impulse erfahren. Im Rahmen der Berichterstattung über Nachhaltigkeit, d.h. die Bereitstellung von Informationen zur zukunftsfähigen Entwicklung von Unternehmen, ist zunehmend der Trend erkennbar, auch solche immateriellen Werte messen zu wollen, die nicht zwangsläufig Bestandteil der klassischen Rechnungslegung sind und somit derzeit nicht als gesonderte Vermögenswerte dargestellt werden. Hier eröffnet sich ein neues Feld, welches sowohl hinreichende Chancen für die Öffentlichkeitsarbeit bietet, als auch die Verzahnung von Rechnungslegung und Controlling im Bereich von FuE betrifft. Aufwendungen für (E.-)Aktivitäten lassen sich – wenn auch im externen Rechnungswesen nicht kapitalisierbar – gesondert darstellen und mit vermeintlich zukünftig unternehmenswertsteigernden Größen in Verbindung bringen. Dabei sind den Unternehmen in der Berichterstattung bisher keine engen Grenzen gesetzt. Insofern bieten sich hier Anknüpfungspunkte, um treffende Maßgrößen zu operationalisieren, denen zukünftig für das Controlling eine wesentliche Bedeutung zukommen könnte. Lit.: Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-

Framework Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.: Leitlinien zur Bilanzierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach dem Regierungsentwurf des BilMoG, in: DB 2008, S. 1813-1821; Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.: Immaterielle Werte im Rahmen der Purchase Price Allocation bei Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS – Ein Beitrag zur Best Practice, in: ZfbF, Sonderheft 60/2009; Bramann, A.: Controllingwirkungen aus der Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben (FuE-Ausgaben) nach IAS 38, in: Controlling 2009, S. 97-105; Brandt, E.: Bilanzierung pharmazeutischer FuEProjekte nach IFRS, 2010; Brockhoff, K.: Forschung und Entwicklung: Planung und Kontrolle, 5. Aufl., 1999; Dawo, S.: Immaterielle Güter in der Rechnungslegung nach HGB, IAS/IFRS und US GAAP, 2003; Günther, T.: Unternehmenssteuerung mit Wissensbilanzen – Möglichkeiten und Grenzen, in: ZfCMSonderh. 3/2005, S. 66-75; Günther, T.: Zur Abbildung immaterieller Ressourcen im Controlling und in der Rechnungslegung, in: Der Konzern 2007, S. 331-343; Lüdenbach, N./Prusaczyk, P.: Bilanzierung von „In-Process Research and Development“ beim Unternehmenserwerb nach IFRS und US-GAAP, in: KoR 2004, S. 415-422. Martin Schloemer/ Eva Brandt Fortführungsstatik o Bilanztheorien Fortgeführte Anschaffungskosten o Anschaffungs-/Herstellungskosten Fortschreibungsmethode = Skontrationsmethode o Werkstoffkosten

Framework 1. Grundlagen Die o International Financial Reporting Standards (IFRS) basieren, wie auch die United States Generally Accepted Accounting Principles (o US-GAAP), auf einem F. (Rahmenkonzept), in dem die grundlegende Ausrichtung der o Rechnungslegung dargelegt wird. Insbesondere werden hier die Adressaten, die Zielsetzung von Abschlüssen, Rechnungslegungsgrundsätze, Abschlussposten, Ansatzkriterien und Bewertungsund Kapitalerhaltungskonzepte formuliert. Das IFRS-F. soll sämtlichen Personen und Institutionen, die sich mit Rechnungslegungsfragen beschäftigen, eine konzeptionelle Grundlage für die Arbeit mit Jahresabschlüssen zur Verfügung stellen. Es stellt jedoch keinen eigenständigen Rechnungslegungsstandard dar und ist nicht in das EU-Recht übernommen worden. Eventuell abweichende Definitionen oder Regelungen in den einzelnen Standards gehen daher denen aus dem F. vor. Das IFRS-F. besitzt jedoch eine Bedeutung im Fall von Regelungslücken, bei denen es als Auslegungshilfe heranzuziehen ist, falls keine hierarchisch vorgelagerten Verlautbarungen greifen. Das IFRS-F. unterscheidet sich nur geringfügig vom US-GAAP-F. und wird im Rahmen des aktuellen Konvergenzprojektes zwischen IASB und FASB überarbeitet. 2. Adressaten und Zielsetzung von Abschlüssen Laut F. besteht das primäre Ziel von Abschlüssen in der Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen für die Anlageentscheidung der Eigen- und Fremdkapitalgeber. Im Rahmen der o fair presentation soll die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft abgebildet werden. Daneben sollen insb. die Kapitalgeber durch die Abschlüsse im Rahmen der Rechenschaftsfunktion die Leis291

Fraud tung des Managements beurteilen können. 3. Rechnungslegungsgrundsätze Im F. werden die grundsätzlichen Rechnungslegungsgrundsätze genannt, auf denen das IFRS-Regelwerk basiert. Die Grundlage bilden die Annahmen der Unternehmensfortführung und der Periodenabgrenzung sowie qualitative Anforderungen, die an die Abschlüsse gestellt werden. Die Primärgrundsätze der Relevanz und der glaubwürdigen Darstellung werden dabei durch die Sekundärgrundsätze der Wesentlichkeit, der Vergleichbarkeit, der Nachprüfbarkeit, der Zeitnähe und der Verständlichkeit ergänzt. Zwischen diesen Grundsätzen soll eine möglichst große Ausgewogenheit bestehen. Darüber hinaus sollen KostenNutzen-Aspekte bei der Erstellung von Abschlüssen berücksichtigt werden. 4. Definition, Ansatz und Bewertung von Abschlusspositionen Im F. werden die Abschlusspositionen, d.h. Vermögenswerte, Schulden, Eigenkapital, Erträge und Aufwendungen definiert. Des Weiteren werden Ansatzkriterien für o Vermögenswerte oder Schulden in der Bilanz bzw. zur Erfassung von Erträgen und Aufwendungen in der Gesamtergebnisrechnung aufgezeigt: Einerseits muss die Definition der jeweiligen Abschlussposition erfüllt sein. Anderseits muss ein mit dem Sachverhalt verbundener künftiger Nutzenzu- bzw. -abfluss wahrscheinlich und zuverlässig bewertbar sein. Als mögliche Bewertungsmaßstäbe nennt das Rahmenkonzept die historischen Kosten, die Wiederbeschaffungskosten, den Veräußerungswert bzw. Erfüllungsbetrag und den Barwert, ohne jedoch eine weitere entsprechende Zuordnung zu bestimmten Vermögenswerten oder Schulden anzugeben. Insofern enthält das F. keine eindeutigen Aussagen hinsichtlich der konkreten Folgebewertung von Vermögenswerten und 292

Schulden. Diese wird durch die entsprechenden Einzelstandards vorgegeben. Eng mit der Bewertung verknüpft sind die zugrunde liegenden Kapitalerhaltungskonzepte (o Substanz- und Kapitalerhaltung). Im F. wird sowohl das Konzept der finanzwirtschaftlichen-, als auch das der leistungswirtschaftlichen Kapitalerhaltung erwähnt, wobei keines von beiden den Vorzug erhält. 5. Kritik Die fehlenden Aussagen zur konkreten Folgebewertung von Vermögenswerten und Schulden führt zu Inkonsistenzen zwischen dem Inhalt des F. und bestimmten IFRS-Standards. Eng hiermit verbunden wird die fehlende Festlegung auf ein Kapitalerhaltungskonzept kritisch gesehen. Darüber hinaus wird bemängelt, dass neue Standards weniger unter Beachtung der Grundsätze aus dem F. entwickelt würden. Umgekehrt werde stattdessen das F. teilweise an Veränderungen innerhalb der Standards angepasst. 6. Konvergenzprojekt von IASB und FASB Das F. ist seit Oktober 2004 Bestandteil des Konvergenzprojektes zwischen o IASB und o FASB. Beide Standardsetter haben das Ziel, ihre bestehenden F. grundsätzlich zu überarbeiten und zu harmonisieren. Das Projekt gliedert sich in acht Phasen, wobei im Wesentlichen die oben genannten Themen sowie zusätzlich die Definition einer berichterstattenden Einheit und Fragen bzgl. Ausweis und Anhang diskutiert werden. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 59, 61-69; Pellens, B./Fülbier, R.U./ Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 107-137. Jan Henning Sohlmann Fraud Englische Bezeichnung für bewusste Falschangaben des Rechnungslegungs-

Fristenkongruenz erstellers im o Jahresabschluss und o Anhang, um die o Abschlussadressaten zu täuschen und sich hierdurch Vorteile zu verschaffen. Hierzu zählen die Manipulation oder Fälschung von Buchführungsaufzeichnungen, das Unterschlagen relevanter Informationen oder die vorsätzliche falsche Anwendung von Rechnungslegungsnormen. Nicht hierzu zählen unbeabsichtigte Normenverstöße sowie Maßnahmen der o Bilanzpolitik. Freibetrag Teil einer steuerlichen Bemessungsgrundlage, der von der Besteuerung aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen freibleibt. Freigrenze Die bis zu einem bestimmten Betrag ausbleibende Besteuerung einer Bemessungsgrundlage aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen. Bei Überschreitung der F. erfasst die Besteuerung – anders als bei einem o Freibetrag – die gesamte Bemessungsgrundlage. Freiwillige Prüfungen Nicht auf Vorschriften eines Gesetzes oder der Satzung beruhende o Prüfung des Jahresabschlusses oder einzelner Sachverhalte (o Sonderprüfungen). Fremdinvestition Gegensatz zur o Eigeninvestition. Dabei werden finanzielle Mittel einem fremden Unternehmen zur Verfügung gestellt (Ausleihungen, Beteiligungen usw.). Die F. ist eine o Finanzinvestition. Fremdkapital Zusammenfassende Bezeichnung für die auf der Passivseite der Bilanz auszuweisenden o Verbindlichkeiten, o Rückstellungen und passivischen o Rechnungsabgrenzungsposten. Anders als das o Eigenkapital steht das F. i.d.R. nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung, ist mit einem vertraglich fixierten Verzinsungsanspruch ausgestattet und haftet nicht für Verluste.

Fremdkapitalgeber Gruppe der Unternehmensbeteiligten (stakeholder), die dem Unternehmen o Fremdkapital zur Verfügung stellen. Fremdkapitalkosten o Kapitalkosten Fremdleistungskosten o Kosten (oder o Aufwendungen), die durch Dienstleistungen anderer Unternehmen entstanden sind (= Dienstleistungskosten). Fremdwährungsgeschäft o Währungsumrechnung Fresh Start Methode Methode der → Kapitalkonsolidierung; nach den geltenden Regeln des HGB und der IFRS nicht zulässig, da sie keine Ausprägung der Erwerbsmethode ist. Die F. geht wie die o Pooling-ofInterest-Methode von einem „Zusammenschluss unter Gleichen“ (merger of equals) aus. Da nicht zwischen Erwerber und Erworbenem unterschieden wird, werden Vermögen und Schulden beider Unternehmen neu bewertet. Weiterhin wird diskutiert, dass ein eventuell vorhandener Goodwill für beide Unternehmen zu aktivieren wäre. Hierdurch würde es aber unter Umständen zur Aktivierung eines originären Goodwills kommen. Lit.: Pellens, B./Sellhorn, T.: Kapitalkonsolidierung nach der Fresh-StartMethode, in: BB 1999, S. 2125-2132. Fristenkongruenz Eine o Finanzierungsregel, nach der die Kapitalbindungsdauer von Vermögensgegenständen nicht länger sein sollte als der Kapitalüberlassungszeitraum. Entsprechend sollen folgende Relationen gelten: langfr. Vermögen 1 langfr. Kapital kurzfr. Vermögen !1 kurzfr. Kapital

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Fonds-Theorie Die aus Bestandsgrößen abgeleitete F. kann nur näherungsweise Informationen darüber geben, ob künftig die Liquidität gewahrt bleibt, da zum einen die genauen Fälligkeitstermine des Kapitals und die Monetarisierungstermine des Vermögens unbekannt sind und zum anderen die laufenden Ausgaben (z.B. Löhne und Gehälter) nicht berücksichtigt werden. Die Einhaltung der F. wird z.T. bei der Kreditaufnahme als Bedingung gesetzt und durch eine o Bilanzanalyse überprüft. Bei Kreditinstituten wird sie auf die Laufzeiten der gewährten Kredite und der aufgenommenen Gelder bezogen. Fonds-Theorie = Fund theory o Bilanztheorien Full Fair Value-Bilanzierung Ausweis aller Vermögenswerte und Schulden in der o Bilanz zum o Fair Value. Full-Goodwill-Methode o Kapitalkonsolidierung Fundamentalanalyse o Bilanzanalyse Funds from Operations Näherungsgröße für den operativen o Cashflow, die insb. bei Immobilienfonds und -gesellschaften zur Erfolgsbeurteilung verwendet wird (o Immobilien). Die Berechnung ist allerdings nicht auf den Immobilienbereich beschränkt. So verwendet z.B. Standard & Poor’s eine als F. bezeichnete Größe bei der Ermittlung zentraler Ratingkennzahlen, z.B. den Quotienten aus F. und den Schulden eines Unternehmens (o Rating). Funktionale Kontorechnung o Kontorechnung, funktionale Funktionale Währung o Währungsumrechnung 294

Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung) Die F. (auch „Kölner F.“) stellt die Abhängigkeit des Unternehmenswerts von der Aufgabenstellung (Funktion) in den Vordergrund. Sie wurde konzipiert, um den Streit zwischen subjektiver und objektiver Wertlehre in der o Unternehmensbewertung zu überwinden. Im Wesentlichen werden folgende drei Funktionenunterschieden: Argumentations-, Beratungs- und Vermittlungsfunktion. Ein Unternehmenswert i.S.d. Argumentationsfunktion dient der Unterstützung der eigenen Position in Vertragsverhandlungen. Ein Unternehmenswert i.S.d. Beratungsfunktion soll dem Käufer bzw. Verkäufer bei Unternehmenstransaktionen einen Entscheidungswert (Preisoberbzw. -untergrenze) liefern. Ein Unternehmenswert i.S.d. der Vermittlungsfunktion (Arbitriumswert) ist ein potentieller Einigungswert zwischen zwei Parteien, vorgeschlagen von einem unparteiischen Dritten. Lit.: Mandl, G./Rabel, K.: Unternehmensbewertung, 1997, S. 15-23; Matschke, M./Brösel, G.: Unternehmensbewertung, 2005, S. 49-74. Fusion Ein o Unternehmenszusammenschluss durch wirtschaftliche und rechtliche Vereinigung rechtlich selbständiger Unternehmen. Abhängig von der Rechtsform der fusionierenden Unternehmen können Verschmelzungen (Zusammenschluss zweier oder mehrerer o Kapitalgesellschaften durch Aufnahme oder durch Neubildung) und verschmelzende Umwandlungen (Übertragung des Vermögens auf eine bereits existierende o Personengesellschaft) unterschieden werden.

G GAAP = o Generally Accepted Accounting Principles Garantierückstellung Im o Jahresabschluss und in der o Steuerbilanz aufzunehmende o Rückstellung für zu erwartende, vertraglich zugesicherte oder aus Kulanz gewährte, am Abschlussstichtag noch nicht vorgenommene Gewährleistungen. Nach § 249 Abs. 1 HGB gehören die G. zu den o Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und können sowohl einzeln als auch pauschal (z.B. in Höhe der durchschnittlichen Garantieleistungen vergangener Jahre) ermittelt werden. Gebrauchswert Im Gegensatz zum o Tauschwert ein Wert, der die individuellen Nutzungsmöglichkeiten eines Vermögenswerts aus Sicht des Eigentümers berücksichtigt. In der subjektiven o Unternehmensbewertung ermittelte Werte haben den Charakter eines G. Der beizulegende Zeitwert (o Fair Value) in der Rechnungslegung ist hingegen als Tauschwert zu charakterisieren. Gegenwartswert Als G. einer o Zahlungsreihe wird die Summe aller auf die Gegenwart auf- (aus der Vergangenheit) bzw. abgezinsten (aus der Zukunft) Zahlungen der Reihe bezeichnet; siehe auch o Abzinsung, o Aufzinsung, o Barwert, o Endwert. Geldkapitalerhaltung = Reale Eigenkapitalerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Gemeiner Wert Der g. W. ist allen steuerlichen Bewertungen zugrunde zu legen „soweit nichts anderes vorgeschrieben ist“ (§ 9 Abs. 1 BewG). Er wird „durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Um-

stände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen“ (§ 9 Abs. 2 BewG). Der g. W. entspricht im Allgemeinen dem Einzelveräußerungspreis. Für die Bewertung in der o Steuerbilanz ist er durch den o Teilwert abgelöst worden. Gemeinerlöse Für verschiedene Produkte oder Kunden gemeinsam entstandene Bestandteile der Umsatzerlöse (o Erlösrechnung). Gemeinkosten o Einzel- und Gemeinkosten Gemeinkostenmanagement 1. Zielsetzung und Bedeutung Gesamtwirtschaftliche Veränderungen der Beschäftigungsstruktur vom sekundären zum tertiären Sektor spiegeln sich auch in den Unternehmen wider. Die Folge ist eine starke relative Zunahme der o Gemeinkosten, also von Kosten, die nicht direkt für die Erzeugung oder den Vertrieb von Verkaufserzeugnissen und -dienstleistungen anfallen (wie insb. die Verwaltungskosten), und die demzufolge i.d.R. keiner laufenden Produktivitätskontrolle unterzogen werden. Ein Großteil der Gemeinkosten sind Personalkosten, insb. Gehälter und Gehaltsnebenkosten für Angestellte. Die zunehmende Bedeutung der Gemeinkosten hat viele Unternehmensleitungen veranlasst, diesen Kosten mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Gemeinkosten zu kontrollieren und letztlich zu senken, ist das Ziel des G. In Theorie und Praxis werden vor allem folgende Methoden (oder Varianten davon) diskutiert oder angewandt: – die Gemeinkosten-Wertanalyse, – das Zero-Base-Budgeting (ZBB) und – die Planung und Kontrolle von Gemeinkosten im Rahmen der laufenden Kostenrechnung. 295

Gemeinkostenmanagement 2. Gemeinkosten-Wertanalyse (GWA) GWA ist eine zeitlich begrenzte, systematische Überprüfung der Kosten-/Nutzen-Verhältnisse jeder Leistung der Gemeinkostenbereiche, von Statistiken über Berichte bis hin zu Reparaturleistungen, mit dem Ziel, unnötige Leistungen abzuschaffen sowie erhaltenswerte Leistungen kostengünstiger zu erstellen und damit die Gemeinkosten nachhaltig zu senken. Die eigentliche Analysephase (daneben gibt es noch eine Vorbereitungs- und Realisationsphase) ist im Wesentlichen durch vier Schritte gekennzeichnet: a) Strukturierung von Kosten und Leistungen. Leiter von Untersuchungseinheiten (i.d.R. sind dies die Kostenstellenleiter der Gemeinkostenbereiche) geben die von ihrer Abteilung erstellten „Leistungen“ an und schätzen, wie sich die größten Kostenblöcke der Abteilung auf diese Leistungen verteilen. Darüber hinaus ist anzugeben, für wen diese Leistungen erstellt werden. b) Entwicklung von Einsparungsmöglichkeiten. In einem zweiten Schritt werden Kostenstellenleiter und Leistungsempfänger zusammengebracht mit dem Ziel, Kosten und Nutzen der einzelnen Leistungen einander gegenüberzustellen. Für Leistungen mit schlechtem Kosten-/ Nutzen-Verhältnis sollen Einsparungsideen gefunden werden, die die Kosten um einen bestimmten Prozentsatz senken können. Um dabei die Kreativität zu fördern und als unantastbar angesehene Leistungen in Frage zu stellen, werden in der Praxis zunächst utopische Prozentsätze von ca. 40 % vorgegeben. Die Einsparungsideen können sich sowohl auf die teilweise oder vollständige Aufgabe von Leistungen als auch auf ihre rationellere Abwicklung beziehen. c) Bewertung der Einsparungsideen. Alle Vorschläge werden von qualifizierten Stellen im Unternehmen (von Fachabteilungen, Vorgesetzten und sämtli296

chen Stellen, die durch evtl. Leistungseinschränkungen betroffen sind) hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit bewertet. d) Konkretisierung realisierbarer Ideen. Als realisierbar eingestufte Ideen werden zu Handlungsprogrammen ausformuliert und an das (oberste) Entscheidungsgremium (sog. Lenkungs- oder Entscheidungsausschuss), das i.d.R. aus der Unternehmensleitung und dem Projektleiter zusammengesetzt ist, zur Verabschiedung vorgelegt. Gegebenenfalls ist auch der Betriebsrat in diese Entscheidung einzubeziehen. 3. Zero-Base-Budgeting (ZBB) Ziel des ZBB ist es, das eingefahrene Denken in Budgets vergangener Jahre aufzubrechen und sämtliche Leistungen des Verwaltungsbereichs von Grund auf in Frage zu stellen. Man beginnt damit im Rahmen der Budgetplanung und -verteilung bei Null (Zero). Der wesentliche Unterschied zur GWA liegt darin, dass es bei dem ZBB nicht nur um Kostensenkungen, sondern auch um eine Reallokation von Verwaltungsausgaben und kosten geht. Ergebnis eines ZBBProzesses kann damit (zumindest theoretisch) auch ein Zuwachs an erstellten Verwaltungsleistungen sein. Die wichtigsten Verfahrensschritte sind: a) Bilden von Entscheidungseinheiten. Ausgehend von den lang- und mittelfristigen Unternehmensplänen wird erarbeitet, welche Funktionen (Entscheidungseinheiten) zur Erfüllung der Pläne erforderlich sind. Die Entscheidungseinheiten lassen sich als abgrenzbare Aktivitäten (Aufgabenbereiche) der Verwaltung oder des Gemeinkostensektors interpretieren. b) Vorgabe alternativer Leistungsniveaus. Die Arbeitsergebnisse der Entscheidungseinheiten sind bestimmt durch Quantität und Qualität der einzelnen Leistungen (= Leistungsniveaus). Normalerweise werden drei alternative Niveaus erarbeitet, wobei das niedrigste

Gemeinkostenmanagement Niveau eine Mindestanstrengung im Hinblick auf die Unternehmenszielsetzung darstellt. Danach werden für jedes Leistungsniveau die jeweils wirtschaftlichsten Verfahren ermittelt. c) Erarbeiten von Entscheidungspaketen. Da über das zu realisierende Leistungsniveau auf Management-Ebene entschieden werden muss, werden sämtliche entscheidungsrelevanten Merkmale (z.B. Vorteile eines Leistungsniveaus gegenüber dem jeweils niedrigeren Niveau, Konsequenzen für andere Bereiche, zusätzliche Kosten) in Form von „Entscheidungspaketen“ stichwortartig beschrieben. d) Erstellen einer Rangordnung und Budgetschnitt. Die Beurteilung der Entscheidungspakete erfolgt durch die Führungskräfte des Unternehmens in Gruppengesprächen. Einem Bottom-up-Ansatz folgend werden die Entscheidungspakete in eine Rangordnung gebracht, bis zuletzt die Unternehmensleitung über die endgültige Rangordnung und die verfügbaren Mittel (Budgetschnitt) entscheidet. 4. Planung und Kontrolle von Gemein(insb. Verwaltungs-)Kosten in der laufenden Kostenrechnung Trotz der herausragenden Bedeutung der Verwaltungskosten in vielen Unternehmen sind die Aussagen der Kostenrechnungstheorie zur Planung und Kontrolle dieser Kosten eher spärlich. Es ist hier das Verdienst der o Prozesskostenrechnung, auf die zunehmende Bedeutung der Verwaltungsbereiche (indirekten Bereiche) eines Unternehmens als Kostenfaktor hingewiesen und die bereits in der traditionellen Vollkostenrechnung und in der flexiblen o Plankostenrechnung bekannte Bezugsgrößenkalkulation konsequent auch auf Verwaltungstätigkeiten ausgeweitet zu haben. Die Verfahrensweise, durch eine nach Kostenarten und Kostenstellen (Prozesse) differenzierte

analytische Kostenplanung sowie durch laufende o Abweichungsanalysen, Kostenberichte und Kostendurchsprachen Unwirtschaftlichkeiten der Gemeinkostenverursachung zu erkennen und abzustellen, ist hier grundsätzlich dieselbe wie im Produktionsbereich. Besondere Probleme ergeben sich allerdings bei der Festlegung geeigneter Bezugsgrößen und aufgrund der Flexibilität der Strukturen im Verwaltungsbereich. 5. Beurteilung Die Vorteile eines G. im Rahmen der Kostenrechnung liegen in der permanenten Überwachung und Steuerung der Gemeinkosten. GWA und ZBB sind demgegenüber zeitlich begrenzte Verfahren, die aufgrund ihres hohen Aufwands nur in Abständen mehrerer Jahre durchgeführt werden können. Es ist fraglich, ob sich damit ein dynamisches Problem wie die Gemeinkostenentwicklung, das darüber hinaus auch wesentlich ein Anreizproblem darstellt, dauerhaft lösen lässt. Erfolgversprechender scheint es, auch im Verwaltungsbereich Kostentreiber zu identifizieren und Kosten „verursachungsgerecht“ zuzurechnen. Auf der o Principal-Agent-Theorie basierende Beiträge zeigen dabei, dass es vorteilhaft sein kann, Verantwortungsbereichen auch fixe Gemeinkosten zuzurechnen, wenn diese durch ihren Einfluss auf Unternehmensentscheidungen verursacht (zusätzlich ausgelöst) wurden. Lit.: Eberle, P.: Gemeinkostenmanagement: Ein Methoden- und Leistungsvergleich, in: Striening, H.-D. (Hrsg.): Chefsache Gemeinkostenmanagement, 1995, S. 105-126; Franz, K.-P./Kajüter, P.: Proaktives Kostenmanagement, in: Franz, K.-P./Kajüter, P. (Hrsg.): Kostenmanagement. Wertsteigerung durch systematische Kostensteuerung, 2. Aufl., 2002, S. 3-32; Franz, K.-P./Kajüter, P.: Kostenmanagement, in: Köhler, R./Küpper, H.-U./Pfingsten, A. (Hrsg.): HWB, 6. Aufl., 2007, S. 974-983; Graumann, 297

Gemeinkostenwertanalyse M.: Kostenrechnung und Kostenmanagement, 4. Aufl., 2008; Huber, R.: Gemeinkosten-Wertanalyse: Methoden der Gemeinkosten-Wertanalyse (GWA) als Element einer Führungsstrategie für die Unternehmungsverwaltung, 2. Aufl., 1987; Jehle, E.: Gemeinkostenmanagement, in: Männel, W. (Hrsg.): Handbuch Kostenrechnung, 1992, S. 1506-1523; Joos-Sachse, T.: Controlling, Kostenrechnung und Kostenmanagement, 4. Aufl., 2007; Küpper, H.-U.: Vergleichende Analyse moderner Ansätze des Gemeinkostenmanagements, in: Dellmann, K./Franz, K.-P. (Hrsg.): Neuere Entwicklungen im Kostenmanagement, 1994, S. 31-77; Meyer-Piening, A.: Gemeinkosten senken – aber wie?, in: ZfB 1980, S. 691-698; Meyer-Piening, A.: Zero Base Planning: Zukunftssicherndes Instrument der Gemeinkostenplanung, 1990; Müller, A.: GemeinkostenManagement: Vorteile der Prozeßkostenrechnung, 2. Aufl., 1998; Pfaff, D.: Kostenrechnung als Instrument der Entscheidungssteuerung – Chancen und Probleme, in: krp 1996, S. 151-156; Pfaff, D.: Kostenrechnung, Unsicherheit und Organisation, 1993; Picot, A./Rischmüller, G.: Planung und Kontrolle der Verwaltungskosten in Unternehmungen, in: ZfB 1981, S. 331-346; Roever, M.: Gemeinkosten-Wertanalyse – Erfolgreiche Antwort auf die Gemeinkosten-Problematik, in: ZfB 1980, S. 686-690; Roolfs, G.: Gemeinkostenmanagement unter Berücksichtigung neuerer Entwicklungen in der Kostenlehre, 1996; Striening, H.-D.: Aufgaben und Instrumente des Gemeinkostenmanagements, in: krp 1996, S. 9-15; Troßmann, E./Trost, S.: Was wissen wir über steigende Gemeinkosten? – Empirische Belege zu einem vieldiskutierten betrieblichen Problem, in: krp 1996, S. 65-74; Volz, J.: Praktische Probleme des Zero-Base-Budgeting (Gemeinkostenwertanalyse), in: ZfB 1987, S. 870-881. Dieter Pfaff 298

Gemeinkostenwertanalyse o Gemeinkostenmanagement Gemeinschaftskontenrahmen o Kontenrahmen und Kontenplan Gemeinschaftsunternehmen Bezeichnung für ein Unternehmen, das von zwei oder mehreren Unternehmen gemeinschaftlich geführt wird. G. dürfen im o Konzernabschluss gem. § 310 HGB bzw. IAS 31 quotal konsolidiert werden (o Quotenkonsolidierung). Gemildertes Niederstwertprinzip o Niederstwertprinzip Genehmigtes Kapital o Kapitalerhöhung Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) Anglo-amerikanische Bezeichnung für die Gesamtheit der in einem Land geltenden Prinzipien der Rechnungslegung. Die GAAP umfassen neben den expliziten Vorschriften des Gesetzgebers bzw. eines mit der Verabschiedung von Rechnungslegungsnormen beauftragten privatwirtschaftlichen Gremiums (z.B. o Financial Accounting Standards Board in den o USA) auch in der Praxis der Rechnungslegung übliche Konventionen und Regeln. Das bekannteste angloamerikanisch geprägte GAAP-System sind die o US-GAAP. Im internationalen Sprachgebrauch wird der Begriff aber auch für Rechnungslegungssysteme kontinental-europäisch geprägter Länder verwendet, z.B. „German GAAP“ für die Rechnungslegung nach dem deutschen o Handelsgesetzbuch. Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2008, S. 73-82. General Standard Der G. der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) ist der Transparenzstandard des Gesetzgebers, den Unternehmen mit Bör-

Genossenschaften sennotierung im Regulierten Markt mindestens erfüllen müssen. Die Unternehmen im G. müssen nach internationalen Rechnungslegungsstandards (o IFRS oder o US-GAAP) bilanzieren, mindestens einen o Zwischenbericht und Adhoc-Mitteilungen publizieren. Genossenschaften 1. Begriff Eine G. ist gem. § 1 Abs. 1 GenG eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Unterschieden werden sog. Erwerbs-, Wirtschafts- und Ideal-G. Zentrales Merkmal ist jeweils die bedürfnisorientierte Förderung der Mitglieder durch Tätigkeit im gemeinsam getragenen Geschäftsbetrieb. Den rechtlichen Rahmen einer G. bestimmt überwiegend die schriftliche Satzung (§ 5 GenG), die sich die Mitglieder unter Beachtung vorgegebener Mindestinhalte (§ 6 GenG) selbst geben. Rechtsfähigkeit erlangt die G. mit der Eintragung in das zuständige Genossenschaftsregister (§ 17 GenG) nach Anmeldung durch den Vorstand als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan. Voraussetzung für die Eintragung ist eine Zulassungsbescheinigung des zuständigen genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, welche nach einem positivem Gründungsgutachten erteilt wird. Schwerpunkt dieses Gutachtens nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG ist die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft, die Eintragungsfähigkeit der Satzung sowie die Effektivität der Mitgliederförderung. Neben dem Vorstand sind weitere Organe einer G. der Aufsichtsrat (§ 9 GenG) sowie die Generalversammlung (§ 43 GenG).

2. Rechnungslegung G. sind nach § 17 Abs. 2 GenG kraft Rechtsform Kaufleute i. S. d. HGB. Folglich sind die Vorschriften des HGB für G. anzuwenden, sofern das GenG keine speziellen Regelungen vorsieht. Neben den Vorschriften der §§ 238 bis 263 HGB für alle Kaufleute sind das die speziellen Vorschriften für eingetragene G. der §§ 336 bis 339 HGB zur Rechnungslegung und o Publizität. § 336 Abs. 2 enthält zudem Verweise auf die Anwendung (bzw. die Nicht-Anwendung) bestimmter für den o Jahresabschluss und den o Lagebericht von Kapitalgesellschaften geltender Vorschriften auch für G. Nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB sind G. wie alle Kaufleute zur Führung von Büchern unter Beachtung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verpflichtet. Nach § 140 AO gilt die handelsrechtliche Buchführungspflicht auch für die Besteuerung. Die Verantwortung für die Buchführung trägt nach § 33 Abs. 1 S. 1 GenG der Vorstand. Lt. § 242 Abs. 3 HGB ist von allen Kaufleuten ein Jahresabschluss aufzustellen, bestehend aus Bilanz und o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). § 336 Abs. 1 S. 1 HGB verpflichtet G. zusätzlich zur Erweiterung des Jahresabschlusses um einen o Anhang, der mit der Bilanz und GuV eine Einheit bildet, darüber hinaus zur Aufstellung eines Lageberichts. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind nach § 336 Abs. 1 S. 2 HGB von G. innerhalb von fünf Monaten nach dem Abschlussstichtag aufzustellen. Für Kredit-G. gelten gem. § 336 Abs. 2 S. 2. HGB die branchenspezifischen Spezialregelungen des § 340a Abs. 1 i. V. m. § 264 Abs. 1 S. 2 HGB. Diese haben danach ihren Jahresabschluss gem. den Vorschriften der §§ 340 ff. HGB sowie ergänzend nach den Regelungen für große Kapitalgesellschaften aufzustellen und 299

Genossenschaften müssen ihren Jahresabschluss innerhalb von drei Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres aufstellen. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind lt. § 33 Abs. 1 S. 2 GenG dem Aufsichtsrat und mit dessen Bemerkungen der Generalversammlung vorzulegen. Diese hat nach § 48 Abs. 1 S. 3 GenG in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres stattzufinden und stellt den Jahresabschluss fest. Darüber hinaus beschließt sie über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung des Jahresfehlbetrags. Bilanz und GuV einer G. sind grundsätzlich aufgrund der Verweise in § 336 Abs. 2 HGB nach den Gliederungsschemata der §§ 266 bzw. 275 HGB für Kapitalgesellschaften aufzustellen. Besonderheiten ergeben sich für G. aus § 337 HGB für den Ausweis des o Eigenkapitals: Laut Abs. 1 sind anstelle des gezeichneten Kapitals die Geschäftsguthaben der Mitglieder auszuweisen. Nicht eingezahlte, fällige Guthaben sind entweder auf der Aktivseite als "Rückständige, fällige Einzahlungen auf Geschäftsanteile" einzustellen, sofern bereits in den Geschäftsguthaben auf der Passivseite ausgewiesen, andernfalls ist der Betrag zusätzlich bei den eingezahlten Geschäftsguthaben auf der Passivseite zu vermerken. Gem. Abs. 2 sind an Stelle der Gewinnrücklagen Ergebnisrücklagen, untergliedert in gesetzliche und andere Ergebnisrücklagen, auszuweisen. Für die Gliederung der Jahresabschlüsse von Wohnungs- und Kredit-G. gelten aufgrund von Erlassen des Bundesministers der Justiz abweichende Formblatt-VOs. Für Ansatz und Bewertung gelten die Vorschriften des HGB für alle Kaufleute. Für den Inhalt von Anhang und Lagebericht sind nach § 336 Abs. 2 HGB grundsätzlich die Vorschriften der §§ 284 bis 289 HGB für Kapitalgesellschaften anzuwenden. § 338 HGB ändert und ergänzt diese Angabepflichten. U. a. sind abweichend von § 285 Nr. 9 HGB von 300

den an Mitglieder von Organen geleisteten Bezügen, Vorschüsse und Kredite lediglich die Forderungen anzugeben, die der G. gegen Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates zustehen. G. haben ggfs. einen o Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufzustellen. Die Aufstellungspflicht ergibt sich mangels Verweis im § 336 Abs. 2 HGB auf die für den Konzernabschluss maßgeblichen Paragrafen des HGB aus dem PublG, sofern die Größenkriterien der §§ 11 ff. PublG. überschritten werden. Für Kreditinstitute besteht rechtsform- und größenunabhängig eine Konzernaufstellungspflicht nach § 340i Abs. 1 HGB. Diese gilt somit auch für alle Kreditinstitute in der Rechtsform der G. Durch das BilMoG (HGB n. F.) sind die G. betreffenden §§ 336 Abs. 2 und 338 Abs. 3 HGB geändert worden. In der a. F. war durch § 336 Abs. 2 HGB die Anwendung der §§ 279, 280 und 281 Abs. 2 S. 1 HGB a. F. und somit insb. das Wertaufholungsgebot für G. explizit ausgeschlossen. Das führte zu der Möglichkeit der Bildung stiller Reserven. Die Streichung der §§ 279 bis 283 HGB a. F. durch das BilMoG erforderte auch eine Anpassung des § 336 Abs. 2 HGB. Das Wertaufholungsgebot in § 253 Abs. 5 HGB n. F. ist zu beachten. Die Beibehaltung niedrigerer Wertansätze ist für Geschäftsjahre beginnend nach dem 31.12.2009 für G. wie für alle Gesellschaftsformen künftig nicht mehr möglich. Die Anpassungen des § 338 Abs. 3 HGB sind ausschließlich redaktioneller Natur. Eine weitere, ausschließlich für kapitalmarktorientierte G. geltende Änderung durch das BilMoG besteht darin, dass der Aufsichtsrat über mindestens ein unabhängiges Mitglied mit Sachverstand in der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen muss (vgl. § 36 Abs. 4 GenG). Wenn kein Aufsichtsrat besteht,

Genussrecht kann gem. § 53 Abs. 3 GenG alternativ ein Prüfungsausschuss nach § 324 HGB eingerichtet werden. 3. Prüfung Gem. § 53 GenG hat sich jede G. mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr einer Prüfung zu unterziehen. Für G. mit einer Bilanzsumme größer zwei Millionen Euro gilt dies jährlich. Die grundsätzliche Prüfungspflicht ist also unabhängig von Größenkriterien. Die Prüfung erfolgt lt. §§ 54 ff. GenG durch den Prüfungsverband, in dem die G. Mitglied ist (Pflichtmitgliedschaft in einem der Verbände). Prüfungsgegenstand sind die Einrichtungen, die Vermögenslage und die Geschäftsführung der G. einschließlich der Führung der Mitgliederliste zur Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Bei G. mit einer Bilanzsumme größer eine Million Euro und Umsatzerlösen größer zwei Millionen Euro hat die Prüfung den Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und den Lagebericht zu umfassen. Bei G. ist die Prüfung also umfangreicher als die Jahresabschlussprüfung von Kapitalgesellschaften nach §§ 316 ff. HGB. Nach Abschluss erteilt der Prüfungsverband eine Bescheinigung, dass eine Prüfung stattgefunden hat, die durch den Vorstand zum Genossenschaftsregister einzureichen ist. Der Prüfungsverband hat außerdem gem. § 58 GenG einen Prüfungsbericht zu erstellen. Soweit dieser den Jahresabschluss und den Lagebericht betrifft, sind die Vorschriften des § 321 Abs. 1 bis 3 HGB für Prüfungsberichte anzuwenden. Nur bei großen G., die die Größenmerkmale des § 267 Abs. 3 HGB überschreiten, hat der Bericht auch einen o Bestätigungsvermerk oder Versagungsvermerk nach § 322 HGB zu enthalten. 4. Offenlegung § 339 HGB regelt die Offenlegung für G. Demnach sind alle G. verpflichtet, den

von der Generalversammlung festgestellten Jahresabschluss (ggf. inkl. Bestätigungs- bzw. Versagungsvermerk bei großen G.), den Lagebericht und den Bericht des Aufsichtsrates unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von zwölf Monaten nach dem Abschlussstichtag beim elektronischen Bundesanzeiger einzureichen. Die größenabhängigen Erleichterungen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften der §§ 326 f. HGB bei der Offenlegung gelten auch für G. nach Maßgabe der Größenkriterien des § 267 HGB. So sind von kleinen und mittelgroßen G. Bilanz und Anhang in verkürzter Form offenzulegen, von mittelgroßen zusätzlich die GuV und Zusatzangaben zur verkürzten Bilanz nach § 327 HGB. Kredit-G. dürfen von diesen Erleichterungen keinen Gebrauch machen, da für diese die Vorschriften des §340l HGB für Kreditinstitute und nicht § 339 HGB anzuwenden ist (§ 340l Abs. 3 HGB). Lit.: Helios, M./Strieder, T.: § 1, 6 ff., in: Helios, M./Strieder, T. (Hrsg.): Beck'sches Handbuch der Genossenschaft: Recht, Steuer, Rechnungslegung, 2009,.; Philipps, H.: Rechnungslegung nach BilMoG: Jahresabschluss und Lagebericht nach neuem Bilanzrecht, 2009, § 4, S. 325 f.; Schulte, G. et al.: §§ 1, 11, 17, 33, 53 ff., in: Lang/ Weidmüller (Hrsg.): Genossenschaftsgesetz, Kommentar, 36. Aufl., 2008. Norbert Winkeljohann/ Marco Schlep Genussrecht 1. Begriff G. können von AG, GmbH, KG, öffentlichen Sparkassen u.a. Rechtsträgern mit sehr verschiedenen Inhalten begründet und in Genussscheinen verbrieft werden. Gesetzlich sind sie nicht geregelt. Gleichwohl werden G. in manchen Gesetzen erwähnt, z.B. in § 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG, worin eine Angabepflicht im 301

Geometrisch-degressive Abschreibung o Anhang, und in § 221 Abs. 3 und 4 AktG (§ 174 Abs. 3 und 4 öAktG), wonach ein Beschluss der HV für ihre Gewährung und ein Bezugsrecht der Aktionäre vorgeschrieben werden, in § 10 Abs. 5 KWG, nach dem Einzahlungen auf G. unter bestimmten Bedingungen als o Eigenkapital gelten, und in § 8 Abs. 3 KStG, der bestimmt, dass Ausschüttungen auf G., die Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös gewähren, das steuerpflichtige Einkommen nicht mindern. G. gewähren keine gesellschaftergleiche Mitgliedschaftsrechte, sondern verkörpern schuldrechtliche Ansprüche. G. können gegen Einzahlungen gewährt werden. Je nach Laufzeit, fester oder gewinnabhängiger Verzinsung, Teilnahme am Verlust und am Liquidationserlöse sind G. bilanzanalytisch eher dem o Eigenkapital oder den o Verbindlichkeiten zuzurechnen (o Bilanzanalyse). Die Beteiligung am Liquidationserlös wird gewöhnlich ausgeschlossen, um gem. § 8 KStG die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe zu sichern. G. können auch ohne Einzahlung begeben werden und z.B. den Anspruch auf Gewinn aus genau definierten Transaktionen des Emittenten (z.B. Lizenzeinnahmen) verkörpern. 2. Bilanzierung Auf G. geleistete Einzahlungen sind vom Emittenten zu passivieren und unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen (Genussscheinkapital). Werden G. ohne Einzahlungen z.B. an Gesellschafter oder an Gläubiger im Rahmen einer Sanierung gewährt und verkörpern sie z.B. Ansprüche auf Teile des Jahresüberschusses, so werden sie nicht passiviert. Ausschüttungen auf G. werden im ersten Fall in der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) gewöhnlich unter sonstigen betrieblichen Aufwendungen oder, falls die G. Verbindlichkeitscharakter haben, unter Zinsen und ähnlichen Aufwendungen ausgewiesen. Werden Ausschüttun302

gen aufgrund von G. an Aktionäre in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter vorgenommen, so liegt eine Verpflichtung zu einer teilweisen Verwendung des Jahresüberschusses vor, die als solche aus der GuV bzw. ihrer Fortführung oder aus dem Anhang gem. § 158 Abs. 1 AktG erkennbar sein sollte und den Regelungen des § 58 AktG unterliegt. Lit.: Emde, A.: Die handels- und steuerrechtliche Behandlung einer Emission von Genußrechten, in: BB 1988, S. 1214-1217; Fischer, T.: Der Genußschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung, 1989; Frantzen, C.: Genußscheine, 1993; Küting, K./ Kessler, H.: § 272 HGB, Tz. 201-218, in: Küting/Weber HdR, 4. Aufl., Bd. I a, 1995; WP-Handbuch, Band 1, 13. Aufl., 2006, F Tz. 826-827; Lutter, M.: Ausgabe von Genußrechten und Jahresabschluß, in: Handelsrecht und Steuerrecht, 1988, S. 383-395; Lutter, M.: Zur Bilanzierung von Genußrechten, in: DB 1993, S. 2441-2446; Lutter, M.: Genussrechte, in: Kölner Komm. zum Aktienrecht, 2. Aufl., 1993, § 221 Tz. 21-32; Pougin, E.: Genußrechte, 1987. Walther Busse von Colbe Geometrisch-degressive Abschreibung o Abschreibung, degressive Geometrisch-progressive Abschreibung o Abschreibung, progressive Geringwertige Wirtschaftsgüter Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des o Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind und deren o Anschaffungskosten oder o Herstellungskosten, vermindert um den darin enthaltenen Vorsteuerbetrag, für das einzelne Wirtschaftsgut 410 € nicht übersteigen (§ 6 Abs. 2 EStG). G. W. können im Jahr der Anschaffung oder Herstellung steuer- und handelsrechtlich voll abgeschrieben werden (o Abschreibungen). Alternativ können g. W. mit An-

Gesamterfolgsrechnung schaffungskosten zwischen 150 € und 1.000 € nach § 6 Abs. 2a EStG in einem Sammelposten erfasst werden, der pauschal über fünf Jahre abgeschrieben wird. Gesamterfolgsrechnung o Gewinn- und Verlustrechnung Gesamtergebnisrechnung o Gewinn- und Verlustrechnung Gesamtkapital Das gesamte in der Unternehmung gebundene Kapital, bestehend aus o Eigen- und o Fremdkapital. Das G. wird bei der o Bilanzanalyse durch Saldierung aller aktiven (z.B. ausstehende Einlagen) und passiven (z.B. Wertberichtigungen) Korrekturposten aus der Bilanzsumme ermittelt und entspricht dem bilanzierten Gesamtvermögen der Unternehmen. Gesamtkapitalrentabilität Kennzahl zur Beurteilung der o Rentabilität des gesamten eingesetzten Kapitals (Eigen- und Fremdkapital). Die G. wird berechnet, indem das Ergebnis vor Abzug von Zinsen in Relation zum Gesamtkapital gesetzt wird. Gesamtkosten Gesamte angefallene o Kosten einer Periode. Gesamtkostenverfahren Verfahren zur Ermittlung des o Jahresüberschusses einer Unternehmung. Nach § 275 HGB neben dem o Umsatzkostenverfahren als eine von zwei möglichen Ermittlungsmethoden vorgesehen. Eine Erfolgsrechnung nach dem G. wird im internen Rechnungswesen auch als o Produktionserfolgsrechnung bezeichnet. Bei Anwendung des G. werden sämtliche im Abrechnungszeitraum angefallenen o Erträge (bzw. o Erlöse) den gesamten o Aufwendungen (bzw. o Kosten) gegenübergestellt. Stimmen Produktion und Absatz der Periode nicht überein, muss auf der Ertragsseite der o Gewinnund Verlustrechnung der Wert der Be-

standserhöhungen oder auf der Aufwandsseite der Wert der Bestandsminderung an Halb- und Fertigprodukten hinzugerechnet werden. Gesamtreproduktionswert o Substanzwert Gesamtwert der Unternehmung o Unternehmensbewertung Gesamtwirtschaftliche Kosten = o Kosten, volkswirtschaftliche = Soziale Kosten Geschäftsbericht Der G. stellt einen der wichtigsten Bestandteile der Unternehmenspublizität (o Publizität) dar. In ihm veröffentlichen Unternehmen ihren o Jahres- bzw. o Konzernabschluss mit o Bestätigungsvermerk, den o Lagebericht sowie weitere Pflichtangaben (z.B. den Bericht des Aufsichtsrats nach § 175 AktG und die Erklärung zur o Corporate Governance nach § 161 AktG). Darüber hinaus enthält der G. oftmals freiwillige Zusatzangaben, z.B. zu Produkten, Marktentwicklungen und dem wirtschaftlichen Umfeld. Vor allem von kapitalmarktorientierte Unternehmen wird der G. als Instrument zur Ansprache und weitergehenden Information von Investoren genutzt (o Investor Relations; o Value Reporting). Geschäftsführungsprüfung Allgemeine o Sonderprüfung, die einzelne Vorgänge bei der Geschäftsführung untersucht. Die Anlässe für eine G. sind vielfältig. Die Prüfung kann sowohl den gesamten Verantwortungsbereich der Geschäftsführung umfassen als auch auf einzelne Personen oder Teilbereiche begrenzt werden. Die G. kann gesetzlich vorgesehen oder freiwillig, isoliert oder im Zusammenhang mit einer Jahresabschlussprüfung durchgeführt werden. Art und Umfang der G. sind stets abhängig von den zu prüfenden Vorgängen und 303

Geschäftsjahr den Feststellungen, die die Sonderprüfung zu treffen hat. Lit.: Künnemann, M./Brunke, U.: Geschäftsführungsprüfung, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./Wysocki, K. v. (Hrsg.): HdR, 3. Aufl., 2002, Sp. 921-933, Potthoff, E.: Geschäftsführungsprüfung, in: HWB, 5. Aufl., 1993, Sp. 1405-1417; Potthoff, E.: Überwachung der Geschäftsleitung durch externe Prüfung des Jahresabschlusses und der Geschäftsführung, in: WPK-Mitt. 1994, S. 77-82. Geschäftsjahr Ein höchstens 12 Monate umfassender Zeitraum (§ 240 Abs. 2 HGB), für den ein o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss aufzustellen ist. Das G. muss nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmen und kann nach bilanzpolitischen oder saisonalen Gesichtspunkten festgelegt werden. Im Steuerrecht wird das G. als Wirtschaftsjahr bezeichnet. Geschäftssegment o Segmentberichterstattung Geschäftsvorfall Jeder durch unternehmerisches Handeln ausgelöste Vorgang, der buchhalterisch erfaßt wird (o Buchhaltung, kaufmännische). Die Abbildung der G. erfolgt zunächst in Bestands- und Erfolgskonten, auf Basis derer o Bilanz und o Gewinn- und Verlustrechnung erstellt werden. Geschäftswert 1. Begriff Der G. ist die Differenz aus o Ertragswert und o Substanzwert eines Unternehmens. Andere Bezeichnungen sind Firmenwert oder Goodwill. Der Substanzwert entsteht durch Einzelbewertung. Betriebsnotwendige Vermögensgegenstände des Unternehmens (aus der Sicht eines Käufers) werden mit Wiederbeschaffungs- bzw. Wiederherstellungskosten, nicht betriebsnotwendige mit Li304

quidationserlösen bewertet. Von der Summe dieser Werte werden die Schulden abgezogen. Der Ertragswert ergibt sich hingegen durch Gesamtbewertung, indem die für die Zukunft erwarteten Ausschüttungen an die Eigentümer (Zukunftserfolge) mit einem o Kalkulationszinsfuß diskontiert werden (o Unternehmensbewertung). Der G. geht deshalb auf nicht einzeln identifizierbare und bewertbare Vermögensgegenstände zurück. Gründe für einen positiven G. können Standortvorteile, Belegschaftsqualität, Kundentreue, günstige Zugänge zu Beschaffungsmärkten oder Mehrwerte aus der Kombination von Produktionsfaktoren sein. Ist die Differenz aus Ertragswert und Substanzwert negativ, so ergibt sich ein Badwill. Für Zwecke der Bilanzierung unterscheidet man zwischen dem selbst geschaffenen, sog. originären G. und dem entgeltlich erworbenen, sog. derivativen G. Nur der derivative G. ist nach HGB, IFRS oder US-GAAP aktivierungsfähig und aktivierungspflichtig. Ein derivativer G. kann im Jahres- oder o Konzernabschluss enthalten sein. Als derivativer G. gilt im Einzelabschluss der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung (i.d.R. der Kaufpreis) den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden im Übernahmezeitpunkt gem. Bilanzansatz des Erwerbers übersteigt (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB). Er gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand. Als Unternehmen gelten dabei neben Firmen in der Rechtsform von Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften auch einzelne Betriebe oder Teilbetriebe solcher Firmen, wenn sie im Zeitpunkt der Übernahme die Fähigkeit besitzen, als selbständige Einheit am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen. Liegt die Gegenleistung unter dem Substanzwert, gibt es weder einen

Geschäftswert G. noch einen Badwill, der angesetzt werden könnte. Ein derivativer G. entsteht auch nicht, wenn das Unternehmen bereits in Form einer hundertprozentigen Beteiligung (eines Aktienpaketes) aktiviert worden ist. Im Konzernabschluss gilt als derivativer G. der aktivische Unterschiedsbetrag, der sich bei der o Kapitalkonsolidierung nach der Aufrechnung von Beteiligungsbuchwert und Eigenkapital der Unternehmung, an der die Beteiligung gehalten wird, ergibt (§ 301 Abs. 3 HGB). Der derivative G. ist gegenüber dem originären G. insofern objektiviert, als der gezahlte Kaufpreis für ein Unternehmen den Ertragswert ersetzt, der nur im Rahmen subjektiver Schätzungen zukünftiger Ausschüttungen und alternativer Verwendungsmöglichkeiten des eingesetzten Kapitals ermittelt werden kann. Liegt der Ertragswert über dem gezahlten Kaufpreis, so darf wegen teilweise fehlender Objektivierung nicht der ganze originäre, sondern nur der im Kaufpreis abgegoltene G. angesetzt werden. Die Objektivierung darf aber insofern nicht überschätzt werden, als für die Substanzwertermittlung ebenfalls Schätzungen benötigt werden. Sie betreffen die Abgrenzung des betriebsnotwendigen vom nicht betriebsnotwendigen Vermögen und die Ermittlung von Wiederbeschaffungskosten für solche Güter, die keine Marktpreise haben. Gleichermaßen kann die Identifikation und Bewertung von beim Kauf erworbenen, aber beim Veräußerer nicht angesetzten Vermögensgegenständen schwierig sein. 2. Geschäftswert im Handelsrecht a) Einzelabschluss. Für den Ansatz des derivativen G. besteht im Einzelabschluss eine Aktivierungspflicht gem. § 246 Abs. 1 HGB, obwohl er nach der Gesetzesformulierung kein o Vermögensgegenstand i.S. des HGB ist, sondern nur als solcher gilt. Da er steuerlich

als o Wirtschaftsgut zählt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG), resultiert eine Divergenz der Begriffe Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut. Ein aktivierter G. ist nach Erwerb planmäßig über die Jahre der voraussichtlichen Nutzung abzuschreiben. Die planmäßige o Abschreibung muss nicht über die steuerlich normierte Zeit von 15 Jahren erfolgen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). Mit dem Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) ist eine Abschreibung über diesen Zeitraum bei tatsächlich erwarteter kürzerer Abschreibung nicht vereinbar. Auch spricht nichts dafür, in den 15 Jahren eine Höchstnutzungsdauer zu sehen. Da im Anhang die Gründe anzugeben sind, welche die Annahme einer Nutzungsdauer von mehr als fünf Jahren rechtfertigen (§ 285 Nr. 13 HGB), zeigt sich ein Bemühen des Gesetzgebers, eher kürzere als längere Nutzungsdauern zu schätzen. Mit der Schätzung der erwarteten Nutzungsdauer und der Wahl der Abschreibungsmethode ist dem Bilanzierenden ein Spielraum gegeben. Nach US-GAAP ist der erworbene Goodwill nicht planmäßig abzuschreiben, sondern mindestens einmal jährlich auf Wertminderung zu testen (SFAS 142). Entsprechendes regelt IFRS 3. Außerplanmäßige Abschreibungen dürfen in Folgeperioden weder nach HGB noch nach IFRS oder US-GAAP rückgängig gemacht werden, sind hingegen nach EStG geboten, wenn die Gründe der außerplanmäßigen Abschreibung entfallen sind. b) Konzernabschluss. Der derivative G. im o Konzernabschluss resultiert aus der o Kapitalkonsolidierung, d.h. der Verrechnung des Beteiligungsbuchwerts der Mutter mit dem Eigenkapital der Unternehmung, an der die Beteiligung gehalten wird (= Tochter). Für die Verrechnung kommt seit der Novellierung des HGB durch das BilMoG nur noch die 305

Geschäftswert Neubewertungsmethode in Betracht (§ 301 Abs. 1 HGB). Hiernach erfolgt zuerst eine Neubewertung sämtlicher von der Tochter erworbener Vermögensgegenstände und Schulden, unabhängig davon, ob diese im Abschluss der Tochter angesetzt waren. Das daraus resultierende neubewertete Eigenkapital der Tochter wird anschließend mit dem Beteiligungsbuchwert bei der Mutter saldiert. Ein auf der Aktivseite sich ergebender Saldo ist der aktivierungspflichtige G.; ein auf der Passivseite verbleibender Saldo ist als Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung anzusetzen (§ 301 Abs. 3 HGB). Der G. ist im Konzernabschluss nach denselben Regeln wie im Einzelabschluss abzuschreiben (§ 309 Abs. 1 HGB). 3. Geschäftswert im Steuerrecht Steuerrechtlich gilt der derivative G. (im Einzelabschluss) nach ständiger Rechtsprechung seit den frühen dreißiger Jahren, später gestützt durch das EStG 1934 und dessen Nachfolger, als aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut. Der Verweis auf die Abschreibung des G. in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG geht deshalb bereits von der Existenz eines Wirtschaftsguts aus. Anders als im Handelsrecht ist es steuerrechtlich aufgrund der Rechtsprechung grundsätzlich möglich, bei der Abfindung eines lästigen Gesellschafters aus dem Kaufpreis einen „Lästigenzuschlag“ herauszurechnen (BFH vom 11.10.1960), der als Betriebsausgabe abzuziehen ist und den derivativen G. mindert. Diese Vorgehensweise ist nicht überzeugend. Nach moderner Theorie der o Unternehmensbewertung zahlt man unter Zugrundelegung nur finanzieller Ziele (erwarteter zukünftiger Ausschüttungen) als verbleibender Gesellschafter maximal den Barwert der durch das Ausscheiden des lästigen Gesellschafters bewirkten zusätzlichen Ausschüttungen. Hält man die Zugrundelegung von nur finanziellen 306

Zielen für zu eng, so ergibt sich das Problem nachzuweisen, inwieweit nichtfinanzielle Zielkomponenten wie Unabhängigkeit, Macht, Prestige usw. den Kaufpreis bestimmt haben. Selbst wenn der im Allgemeinen kaum zu erbringende Nachweis gelingt, liegt aus steuersystematischen Gründen für die entsprechende Kaufpreiskomponente keine Betriebsausgabe, sondern eine Privatentnahme vor. Vor Inkrafttreten des BilanzrichtlinienGesetzes und der damit verbundenen Steuerrechtsänderung galt der G. als nicht abnutzbares Anlagevermögen. Mit Hilfe der sog. Einheitstheorie wurde unterstellt, dass in dem Maße, in dem der derivative G. abzuschreiben war, ein originärer G. zuwuchs, so dass die Summe beider konstant war. Die Einheitstheorie ist durch das neue Recht aufgegeben worden: Als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des G. gilt seit dem Wirtschaftsjahr 1987 ein Zeitraum von 15 Jahren. Eine Abschreibung des (um planmäßige AfA) verminderten G. auf den o Teilwert ist möglich (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Eine Teilwertabschreibung hat zu berücksichtigen, dass am Bilanzstichtag der im Kaufpreis vergütete Ertragswert des erworbenen Unternehmens gegenüber dem Zeitpunkt des Kaufs gesunken ist. Eine Veränderung des Substanzwerts im Zeitablauf ist hingegen ohne Bedeutung, da der derivative G. sich von der Differenz von Ertragswert und Substanzwert zum Zeitpunkt der Übernahme des Unternehmens herleitet. Die Teilwertabschreibung erfasst diejenige Verringerung des derivativen G., die nicht durch planmäßige AfA berücksichtigt wurde. Diese Verringerung kann nur auf einer Ertragswertverminderung basieren. Problem ist der Nachweis des späteren Sinkens des beim Unternehmenskauf vergüteten Ertragswerts.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 4. Negativer Geschäftswert Als negativer G. lässt sich der passivische Unterschiedsbetrag aus Kapitalkonsolidierung ansehen (s.o. 2.b)). Seine Behandlung im Konzernabschluss ist in § 309 Abs. 2 HGB geregelt. Strittig ist hingegen die Behandlung eines negativen G. im Einzelabschluss nach HGB. Sein Bilanzansatz wird scheinbar nötig, wenn der Kaufpreis die Zeitwerte der erworbenen Vermögensgegenstände nach Abzug der Schulden unterschreitet und es zugleich nicht geboten oder unmöglich ist, die Zeitwerte der erworbenen Vermögensgegenstände (weiter) abzustocken oder neue Passiva aufzunehmen. Der Ansatz eines negativen G. würde die Erfolgsneutralität (im Sinne fehlender Änderung des Eigenkapitals) des Anschaffungsvorgangs sichern. Der negative G. hat aber keine explizite Gesetzesgrundlage, auch kommt eine eventuell zu erwägende Rückstellung nicht in Frage. Lit.: Bachem, R.G.: Berücksichtigung negativer Geschäftswerte in Handels-, Steuer- und Ergänzungsbilanz, in: BB 1993, S. 967-973; Franke, F.: Synergien in Rechtsprechung und Rechnungslegung, 2009; Groh, M.: Negative Geschäftswerte in der Bilanz, in: Steuerrecht, Verfassungsrecht, Finanzpolitik, FS für Klein, 1994, S. 815-826; Heinze, G.B./Roolf, W.: Die Behandlung des derivativen negativen Geschäftswerts in der Handels- und Steuerbilanz sowie bei der Einheitsbewertung, in: DB 1976, S. 214-218; Moxter, A.: Bilanzrechtliche Probleme beim Geschäfts- oder Firmenwert, in: FS für Semler, 1993, S. 853861; Siegel, T./Bareis, P.: Der „negative Geschäftswert“ - eine Schimäre als Steuersparmodell?, in: BB 1993, S. 14771483; Söffing, G.: Der Geschäfts- oder Firmenwert, in: Handelsrecht und Steuerrecht, FS für Döllerer, 1988, S. 593-614; Wagner, F.W./Schlecht, M.: Zur steuerlichen Behandlung der Abfindung lästiger Gesellschafter, in: StuW 1985, S. 108-

114; Wagner, F.W./Schomaker, H.: Die Abschreibung des Firmenwertes in Handels- und Steuerbilanz nach der Reform des Bilanzrechts, in: DB 1987, S. 1365-1372. Wolfgang Ballwieser Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Eine o Kapitalgesellschaft, die als juristische Person eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Die G. muss ein Stammkapital von mindestens 25.000 € aufweisen (§ 5 Abs. 1 GmbHG). Organe der G. sind die Geschäftsführung (§ 6 GmbHG) und - falls die Belegschaft eine Zahl von 500 Arbeitnehmern übersteigt oder falls im Gesellschaftsvertrag bestimmt - der Aufsichtsrat (§ 52 GmbHG sowie § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG). Für die Rechnungslegung der G. gelten außer den allgemeinen Vorschriften der §§ 264-335 HGB die ergänzenden Vorschriften der §§ 41-42 a GmbHG. G. unterliegen grundsätzlich auch der Prüfungs- und Publizitätspflicht. Gesetzliche Rücklagen o Rücklagen Gesetzmäßigkeitsprüfung o Prüfung des Jahresabschlusses Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) Mit Wirkung zum 1. Mai 1998 in Kraft getretenes Artikelgesetz, das schwerpunktmäßig Vorschriften aus dem o Handels- und dem Aktiengesetz präzisiert und erweitert. Ziel des KonTraG ist es, die o Corporate Governance in deutschen Unternehmen und den Informationsfluss sowie die Transparenz zwischen Unternehmen und Stakeholdern zu verbessern. Bedeutende Neuregelungen des KonTraG sind u. a. die gesetzliche Verpflichtung des Vorstandes bestimmter Unternehmen zur Einrichtung eines unternehmensweiten Risikomanagement307

Gewerbeertrag und Überwachungssystems, damit bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig identifiziert werden können, die Berichterstattung über Risiken der zukünftigen Entwicklung im o Lagebericht sowie die Ausweitung der Jahresabschlussprüfung. Gewerbeertrag Der G. ist der steuerpflichtige Gewinn aus Gewerbebetrieb i.S. des EStG (§ 7 GewStG) unter Berücksichtigung von Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG) und eines evtl. bestehenden Gewerbeverlustes aus dem Vorjahr (§ 10a GewStG). Bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen gilt bei der Ermittlung der o G.-Steuer ein Freibetrag für den G. von 24.500 €. Gewerbeertragsteuer o Ertragsteuer, die sich aufgrund der Bemessungsgrundlage o Gewerbeertrag ergibt. Seit Wegfall der o Gewerbekapitalsteuer 1998 alleiniger Bestandteil der Gewerbesteuer. Auf den Gewerbeertrag wird die bundeseinheitliche Steuermesszahl von derzeit 3,5 % (§ 11 Abs. 2 GewStG) angewandt, um den Steuermessbetrag zu ermitteln. Dieser ist anschließend mit dem individuellen Hebesatz der jeweiligen Gemeinde (mind. 200 %; § 16 GewStG) zu multiplizieren, um die Gewerbesteuerschuld zu ermitteln. Gewerbekapitalsteuer Bis 1998 neben der o Gewerbeertragsteuer als zweiter Bestandteil der Gewerbesteuer erhobene Steuer auf den sog. Einheitswert des gewerblichen Betriebs. Gewichtsrechnung Verfahren zur o Kalkulation von o Kuppelprodukten, wonach die o Kosten nach dem jeweiligen Gewicht anteilig auf die Produkte verteilt werden. Gewillkürtes Betriebsvermögen o Steuerbilanz o Betriebsvermögensermittlung 308

Gewinn 1. Begriff und Bedeutung Als betriebswirtschaftliche Kennzahl informiert der G. über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Unternehmen und deren Teileinheiten. Üblicherweise wird nur ein positiver Kennzahlenwert als G. bezeichnet, ein negativer Kennzahlenwert hingegen als Verlust. Die Ermittlung des G. (oder Verlusts) erfolgt im externen Rechnungswesen durch Aufstellung einer o Gewinn- und Verlustrechnung, die durch Rechnungslegungsvorschriften normiert ist und deren Ergebnis nach HGB als Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag bezeichnet wird. Unter teilweiser Berücksichtigung der o Gewinnverwendung wird bei Kapitalgesellschaften der Bilanzgewinn ausgewiesen. Nach o IFRS wird neuerdings schlicht die Bezeichnung Gewinn oder Verlust (profit or loss) verwendet, wobei andere Bezeichnungen wie z.B. Periodenergebnis (net income) erlaubt sind. Hiervon abzugrenzen ist das Gesamtergebnis (comprehensive income) einer Periode, das auch Aufwendungen und Erträge umfasst, die ohne Berücksichtigung im Gewinn oder Verlust mit dem Eigenkapital verrechnet werden. Im internen Rechnungswesen wird der G. durch Aufstellung einer Betriebsergebnisrechnung (o Erfolgsrechnung, kurzfristige) ermittelt. Der steuerliche G. wird als Bemessungsgrundlage für Einkommen- und o Ertragsteuern durch einen Betriebsvermögensvergleich oder vereinfacht mittels einer Einnahmenüberschussrechnung berechnet (o Steuerbilanz). Der G. repräsentiert denjenigen Teil der unternehmerischen Wertschöpfung (o Wertschöpfungsrechnung), der den Kapitalgebern zusteht. Der G. vor Abzug von Zinsen repräsentiert dabei das Ergebnis, das entsprechend der Kapitalstruktur unter Eigen- und Fremdkapitalgebern aufgeteilt wird. Im Folgenden wird demgegenüber vom G. nach Abzug

Gewinn von Zinsen ausgegangen, der sich allein auf das o Eigenkapital bzw. das Nettooder Reinvermögen, verstanden als Saldogröße aus Vermögen und Schulden, bezieht. Die nachstehenden Überlegungen lassen sich auf den G. vor Abzug von Zinsen übertragen, indem anstelle des Nettovermögens das Bruttovermögen betrachtet wird. Mit der Ermittlung des G. können verschiedene Zwecke verfolgt werden. Er dient nicht nur zur Information über die aktuelle und die erwartete zukünftige wirtschaftliche Lage des Unternehmens, sondern kann auch Bemessungsgrundlage für Zahlungen des Unternehmens an verschiedene Unternehmensbeteiligte sein, wie z.B. Steuerzahlungen, Dividenden oder die variable Managementvergütung (o Jahresabschluss, Funktionen). Je nach Zwecksetzung sind unterschiedliche Anforderungen an die G.-Ermittlung zu stellen. Ein höherer Informationsgehalt geht dabei oftmals zu Lasten der Nachprüfbarkeit, die immer dann große Bedeutung hat, wenn Rechtsfolgen an die G.-Ermittlung geknüpft sind. 2. Zusammenhang von Gewinnermittlung und Vermögensbewertung Über die gesamte Laufzeit eines Projekts oder Lebensdauer eines Unternehmens (Totalperiode) entspricht der G. dem Saldo aller angefallenen Ein- und Auszahlungen. Soll der G. hingegen für kürzere Abrechnungszeiträume, z.B. ein Jahr, ein Kalenderquartal oder einen Monat, ermittelt werden, ergeben sich Probleme der Periodenzuordnung. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Bewertung des Nettovermögens zu Beginn und am Ende einer Periode. Werden der Einzahlungsüberschuss einer Periode mit CFt und der Wert des Nettovermögens bzw. Eigenkapitals mit EKt bezeichnet, kann der Perioden-G. – bezeichnet als PGt – wie folgt definiert werden: PGt = CFt + EKt – EKt-1

Der hier verwendete Einzahlungsüberschuss (o Cashflow, o Kapitalflussrechnung), auch als Netto-Free Cashflow bezeichnet, wird ermittelt, indem Investitionsauszahlungen sowie sämtliche Zahlungen an Fremdkapitalgeber (Zinsen, Tilgung) vom operativen Einzahlungsüberschuss vor Abzug von Zinsen abgezogen und Desinvestitionserlöse und Einzahlungen von Fremdkapitalgebern (Kreditaufnahme) addiert werden. Dieser Einzahlungsüberschuss erhöht den Liquiditätsbestand des Unternehmens und kann an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden. Überwiegen die Auszahlungen, wird der Liquiditätsbestand reduziert. Ist dieser aufgezehrt, müssen die Eigenkapitalgeber weitere Finanzmittel bereitstellen (o Kapitalerhöhung). Der Einzahlungsüberschuss ist am Ende einer Periode durch operative Maßnahmen sowie durch Investitions-, Desinvestitions- und Finanzierungsentscheidungen eindeutig bestimmt. Die inhaltliche Konkretisierung des G. erfolgt somit im Wesentlichen durch die Bewertung des Nettovermögens. Hierbei kann – im Einklang mit den Grundprinzipien der o Unternehmensbewertung – zunächst zwischen Gesamt- und Einzelbewertungskonzeptionen unterschieden werden. Weiterhin können innerhalb der jeweiligen Grundkonzeption, insb. bei Einzelbewertung, weitere Bewertungsmaßstäbe unterschieden werden. Eng verbunden mit der zugrunde gelegten Bewertungskonzeption ist die Einhaltung des o Kongruenzprinzips, nach dem die Summe der Perioden-G. mit dem Einzahlungsüberschuss über die Totalperiode übereinstimmen muss. Dies ist nur gewährleistet, wenn Neubewertungen von Vermögen und Schulden konsequent bei der G.-Ermittlung berücksichtigt werden. Insbesondere kalkulatorische Rechnungen weichen häufig von diesem Prinzip ab. Auch innerhalb der IFRSRechnungslegung wird das Kongruenz309

Gewinn prinzip bei enger Auslegung (siehe Abschnitt 3b) regelmäßig durchbrochen. 3. Differenzierung nach Bewertungskonzeptionen a) Gesamtbewertung des Nettovermögens. Die Bewertung des Nettovermögens mit dem Barwert der erwarteten zukünftigen Zahlungsüberschüsse („Ertragswert“) liegt dem Ökonomischen G.Konzept zugrunde (o Gewinn, ökonomischer). Der erwartete Ökonomische G. einer Periode entspricht genau einer mit dem zur Barwertermittlung herangezogenen Kalkulationszinsfuß berechneten kalkulatorischen Verzinsung auf den Wert des Nettovermögens zu Periodenbeginn („Zinseffekt“). Ein echter ökonomischer Wertzuwachs ist hierin nicht zu sehen, da die Eigenkapitalgeber lediglich die im Zins zum Ausdruck kommenden Opportunitätskosten verdienen. Abweichungen hiervon können sowohl durch Erwartungsrevisionen über aktuelle oder zukünftige Zahlungsüberschüsse („Informationseffekt“) als auch durch Maßnahmen des Managements („Aktionseffekt“) hervorgerufen werden. Beispielsweise schlägt sich ein neues Investitionsprojekt wie folgt im Ökonomischen G. nieder: Zum einen sinkt der Zahlungsüberschuss der aktuellen Periode um die Investitionsauszahlung. Zum anderen steigt der Wert des Nettovermögens um den Barwert der zusätzlich erwarteten Cashflows. Per Saldo wird also zum Zeitpunkt der Investition ein zusätzlicher G. oder Verlust in Höhe des o Kapitalwerts ausgewiesen. Unter theoretischen Idealbedingungen stellt der Ökonomische G. einen exakten Maßstab dafür dar, ob der Unternehmenswert in einer Periode gesteigert werden konnte (o Shareholder ValueKonzept, o Bilanztheorien). Anreiz- und Informationsprobleme führen jedoch dazu, dass er in der Praxis kaum verbreitet ist. Schließlich müsste die Vermögensbewertung größtenteils auf den Progno310

sen des Managements selbst beruhen, so dass erhebliche Principal-AgentKonflikte (o Principal-Agent) zu erwarten sind. Ansatzweise kommt das Ökonomische G.-Konzept im Rahmen des Werthaltigkeitstests von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten nach IAS 36 zum Einsatz (o Impairment Test, o Geschäftswert). Eine Bewertung solcher Teileinheiten mit ihrem o Nutzungswert (value in use) erfolgt jedoch nur bei Wertminderungen. Zur Objektivierung der Bewertung wird zudem verlangt, dass zukünftige Investitionen zur Erweiterung oder Restrukturierung der Einheiten nicht berücksichtigt werden. b) Einzelbewertung des Nettovermögens. Die Einzelbewertung des Nettovermögens entspricht dem üblichen bilanziellen Vorgehen nach HGB, IFRS und anderen Rechnungslegungsvorschriften. Gegenüber der Gesamtbewertung unterscheidet sie sich insb. dadurch, dass der im Ertragswert berücksichtigte selbstgeschaffene Geschäfts- oder Firmenwert (originärer Goodwill; o Geschäftswert) nicht einbezogen wird. Der Wert des Nettovermögens ist deshalb bei Einzelbewertung i.d.R. geringer als bei Gesamtbewertung, bei konsequenter Anwendung der bereits angesprochenen Wertminderungsregeln allenfalls gleich groß. Bei der Einzelbewertung kommen eine Reihe verschiedener Bewertungsmaßstäbe in Frage: – Traditionell werden Positionen der Aktivseite mit ihren fortgeführten o Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (AHK) und Positionen der Passivseite mit ihrem Erfüllungsbetrag bewertet. Der Ausweis eines G. zum Investitionszeitpunkt scheidet damit aus, da der Investitionsauszahlung eine gleich hohe Steigerung des Nettovermögens durch Aktivierung zu AHK gegenüber steht. Anders als beim Ökonomischen G. kann aber bei

Gewinn erfolgreichen Projekten erwartet werden, dass während der Nutzungsdauer ein über den Zinseffekt hinausgehender G. ausgewiesen wird (o Residualgewinn). Ursächlich hierfür ist, dass nur die aktivierte Investitionsauszahlung, nicht aber der bereits zum Investitionszeitpunkt aktivierte Kapitalwert Grundlage für Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen ist. – Insbesondere im Regelwerk der IFRS hat in den letzten Jahren der beizulegende Zeitwert (o Fair Value) an Bedeutung gewonnen. Bei fehlendem Marktpreis wird dieser vielfach unter Anwendung von Barwertmethoden bestimmt. Selbst eine umfassende Bewertung aller Vermögens- und Schuldpositionen mit dem beizulegenden Zeitwert führt jedoch nicht zum gleichen Ergebnis wie die Gesamtbewertung des Nettovermögens, da eine Berücksichtigung des originären Goodwills weiterhin ausscheidet und zudem keine unternehmensspezifische Bewertung stattfindet. So gilt der Anschaffungspreis eines Anlageguts stets als dessen beizulegender Zeitwert zum Zeitpunkt der Anschaffung. Der beim Ökonomischen G. mögliche Sofortausweis eines G. unter Berücksichtigung der vom Unternehmen beabsichtigten Verwendung ist somit nicht möglich. Von Bedeutung ist weiterhin, dass zahlreiche Standards (insb. IAS 16, IAS 19, IAS 38, IAS 39) vorsehen, dass Aufwendungen und Erträge aufgrund von Fair-Value-Änderungen nicht die eigentliche G.- und Verlustrechnung durchlaufen, sondern eine angehängte Aufstellung sonstiger Bestandteile des Periodenerfolgs (other comprehensive income). Bei einer engen, nur auf die G.- und Verlustrechnung bezogenen Auslegung des Kongruenzprinzips kommt es also zu Kongruenzverstößen.

– In kalkulatorischen Rechnungen des internen Rechnungswesens wird traditionell die Bewertung des Nettovermögens und die daran anknüpfende Ermittlung der Abschreibungen mit o Wiederbeschaffungskosten empfohlen, so dass nur dann ein G. ausgewiesen wird, wenn die Substanz des Unternehmens unter Berücksichtigung von Preisveränderungen erhalten geblieben ist (o Substanz- und Kapitalerhaltung). Dies gilt insb. dann, wenn die interne Rechnung stärker Kalkulationszwecken als der fortlaufenden G.-Ermittlung dient, bei der heute eine deutliche Tendenz zur Vereinheitlichung mit der externen Datenbasis besteht (o Konvergenz des Rechnungswesens). Kennzeichnend für den kalkulatorischen G. ist, dass die Werteffekte aus der Neubewertung des Vermögens regelmäßig nicht in die G.-Ermittlung einbezogen werden, so dass es zu einer Durchbrechung des Kongruenzprinzips kommt. Neben den kalkulatorischen Abschreibungen existieren eine Reihe weiterer o kalkulatorischer Kosten, wie z.B. kalkulatorische Zinsen, Mieten oder Wagnisse, die nicht unmittelbar mit betrieblichen Ein- und Auszahlungen korrespondieren und auch nicht aus der Fortschreibung von Vermögens- oder Schuldpositionen resultieren. Somit kommt es hier ebenfalls zu Kongruenzverstößen. 4. Weitere Differenzierungskriterien Eine weitergehende inhaltliche Differenzierung des G.-Begriffs kann danach erfolgen, in welche Komponenten der G. aufgespalten wird. So ist nach § 275 HGB das außerordentliche Ergebnis separat vom Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auszuweisen. Nach IFRS ist eine solche Trennung nicht vorgesehen. Es ist jedoch der Teil des Ergebnisses, der auf Aktivitäten aufgegebener Unternehmensteile zurückzuführen 311

Gewinn, kaufmännischer ist, abzuspalten. Sowohl nach HGB als auch nach IFRS weisen viele Unternehmen das Finanzergebnis separat aus. Im internen Rechnungswesen ist durch den Sachzielbezug von o Kosten und Erlösen die Ermittlung eines betrieblichen G. („Betriebsergebnis“) üblich.

tung mit o Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Eher formaler Art ist die Unterscheidung danach, ob das o Gesamtkostenverfahren oder das o Umsatzkostenverfahren als Ermittlungsmethodik gewählt wird, da beide Verfahren zum einem gleich hohen G. führen. Es entstehen aber auch inhaltliche Unterschiede, da bedingt durch die unterschiedliche Kostengliederung andere Einblicke in die betriebliche Wertschöpfungsstruktur gewährt werden. Zudem können unterschiedliche Zwischensummen gebildet werden.

Gewinn, ökonomischer Eine nach dem Konzept der Erfolgskapitalerhaltung ermittelte Gewinngröße (o Gewinn), der eine Bewertung des Eigenkapitals mit dem Barwert der künftig erwarteten Zahlungsüberschüsse („Erfolgskapital“) zugrunde liegt. Als ö. G. wird der Betrag bezeichnet, der dem Unternehmen in einer Periode entnommen werden kann, ohne dass sich das Erfolgskapital vermindert (o Substanz- und Kapitalerhaltung). Der ö. G. wurde in bilanztheoretischen Diskussionen der 1960er und 1970er Jahren teilweise als Alternative zum handelsrechtlichen Gewinn für die Bemessung der Ausschüttungen an die Anteilseigner vorgeschlagen (o Bilanztheorien).

Lit.: Crasselt, N.: Wertorientierte Managemententlohnung, Unternehmensrechnung und Investitionssteuerung, 2003, Kap. 3; Fisher, I.: The Nature of Capital and Income, 1906; Hax, H.: Investitionsrechnung und Periodenerfolg, in: Delfmann, W. (Hrsg.): Der Integrationsgedanke in der Betriebswirtschaftslehre, 1989, S. 153-161; Laux, H.: Unternehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle, 3. Aufl., 2006, Kap. IV; Moxter, A.: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, 1982; Ordelheide, D.: Kaufmännischer Periodengewinn als ökonomischer Gewinn, in: Domsch, M. et al. (Hrsg.): Unternehmenserfolg, 1988, S. 275-302; Pellens, B.: Rechnungslegungssysteme, in: Köhler, R./Küpper, U./Pfingsten, A. (Hrsg.), HWB, 6. Aufl., 2007, Sp. 15441553. Nils Crasselt Gewinn, kaufmännischer Zur Abgrenzung gegenüber dem ökonomischen Gewinnkonzept (o Gewinn, ökonomischer) verwendete Bezeichnung für einen nach kaufmännischen Regeln ermittelten o Gewinn. Gemeint ist damit insb. das Prinzip der Vermögensbewer312

Lit: Ordelheide, D.: Kaufmännischer Periodengewinn als ökonomischer Gewinn, in: Domsch, M. et al. (Hrsg.): Unternehmenserfolg, 1988, S. 275-302.

Lit.: Hax, H.: Investitionsrechnung und Periodenerfolgsmessung, in: Delfmann, W. (Hrsg.): Der Integrationsgedanke in der Betriebswirtschaftslehre, 1989, S. 153-170; Laux, H.: Unternehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle, 2006, 3. Aufl., S. 98 f; Schneider, D.: Ausschüttungsfähiger Gewinn und das Minimum an Selbstfinanzierung, in: ZfbF 1968, S. 1-29. Gewinn je Aktie = Ergebnis je Aktie. 1. Grundlagen Der G. gilt national und international (Earnings Per Share, EPS) als wichtige Kennzahl für die Unternehmens- und Aktienkursbeurteilung. Die Kennzahl zielt auf die Beurteilung der Ertragskraft in der jeweiligen Berichtsperiode. Der G. ergibt sich als:

Gewinn je Aktie G.

(Bereinigter) JÜ Zahl der ‡ div.-berechtigten Aktien (Bereinigter) JÜ u Nennbetrag der ‡ div.-berechtigten Aktien ‡ div.-berechtigtes gez. Kapital

In Verlustjahren tritt an die Stelle des Jahresüberschusses (JÜ) der Jahresfehlbetrag. Der G. eignet sich als Grundlage für Ergebnisprognosen und aufgrund der Relation des Jahresüberschusses zur Zahl der dividendenberechtigten Aktien als Ausgangspunkt für vergleichende Börsenkursbeurteilungen. Wird der Preis einer Aktie (Börsenkurs z.B. zum Bilanzstichtag bzw. Höchst-/Tiefstkurs des Jahres) zum G. ins Verhältnis gesetzt, erhält man das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bzw. die Price-Earnings-Ratio (PER)

KGV PER

Preis je Aktie . Gewinn je Aktie

Durch den Vergleich des unternehmensspezifischen mit einem branchendurchschnittlichen KGV kann dann zumindest näherungsweise abgeschätzt werden, ob eine Aktie eher unterbewertet (unterdurchschnittliches KGV) und damit kaufenswert oder aber eher überbewertet (überdurchschnittliches KGV) und damit verkaufenswert ist. Bei der Emissionspreisfindung im Rahmen von Börseneinführungen kann durch die Multiplikation des G. des einzuführenden Unternehmens mit einem branchendurchschnittlichen KGV zumindest ein erster Anhaltspunkt für die Höhe des Emissionspreises gewonnen werden. Da eine einzelne Kennzahl für die Beurteilung der Ertragskraft eines Unternehmens und als Ausgangspunkt für die Prognose künftiger Ergebnisse nur eine begrenzte Aussagekraft hat, sind zusätzliche Kennzahlen, wie der o Cash-Flow oder die Eigen- und Gesamtkapitalrendi-

te (o Rentabilität), heranzuziehen. Daneben müssen im Rahmen einer weitergehenden Unternehmensanalyse insb. zukunftsbezogene und im o Geschäftsbericht enthaltene oder im Rahmen von o Investor Relations-Maßnahmen weitergegebene Informationen ausgewertet sowie branchenspezifische und gesamtwirtschaftliche Einflüsse beachtet werden. Angesichts der Verpflichtung deutscher kapitalmarktorientierter Unternehmen gemäß § 315a HGB zur Rechnungslegung nach den o IFRS ermitteln diese Unternehmen den G. durchweg nach den Vorschriften des IAS 33: Ergebnis je Aktie. Nach IAS 33.1 müssen alle nach den IFRS Rechnung legenden Unternehmen, deren Eigenkapitalinstrumente öffentlich gehandelt werden, den G. berechnen. Nach den IFRS Rechnung legende Unternehmen, die den G. freiwillig veröffentlichen, müssen diesen IAS 33konform ermitteln. IAS 33 verfolgt insbesondere das Ziel, durch klare Definition der zu verwendenden Größen eine möglichst weitgehende Vergleichbarkeit der Kennzahl sicherzustellen. Dies betrifft sowohl die Ertragskraft unterschiedlicher Unternehmen in einer Berichtsperiode als auch ein- und desselben Unternehmens in verschiedenen Berichtsperioden. Gleichwohl bleiben sowohl in Bezug auf die Ergebnisgröße als auch in Bezug auf die Anzahl der Aktien Möglichkeiten zur Sachverhaltsgestaltung bzw. zur Nutzung von Ermessenspielräumen durch Ausübung von Wahlrechten. So entspricht die zur Anwendung kommende Zählergröße generell dem Jahresergebnis. Im Ergebnis kann es fraglich sein, ob der G. die von Jahresabschlussadressaten und insb. Kapitalanlegern an die zeitliche und zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der gestellten Anforderungen erfüllt. Einerseits werden durch die Verwendung des Jahresergebnisses z.T. komplexe Ab313

Gewinn je Aktie grenzungsfragen vermieden. Andererseits kann für Zwecke der Unternehmens- und Aktienkursbeurteilung gerade eine Bereinigung um Sondereinflüsse sachgerecht sein. Für deutsche nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen bestehen keine handelsrechtlichen Regelungen zur Veröffentlichung oder detaillierten Ermittlung des G. Angesichts (auch nach Umsetzung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes immer noch) bestehender handelsrechtlicher Wahlrechte erscheint bisher insbesondere die Definition des zu verwendenden o Gewinns problematisch. Obwohl der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag der handelsrechtlichen o Gewinn- und Verlustrechnung einer Kapitalgesellschaft gem. § 264 Abs. 2 HGB (o Jahresabschluss (Funktionen)) bzw. § 297 Abs. 2 HGB (o Konzernabschluss) – zumindest bei Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerkes – unter Beachtung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage (o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage) eines einzelnen Unternehmens bzw. eines Konzerns vermittelt und eine erste Einschätzung der Ertragskraft erlaubt, erfüllt er u.a. aufgrund unterschiedlicher Ausübung von Ansatz-, Bewertungs- und Konsolidierungswahlrechten sowie außerordentlicher Elemente in noch geringerem Maße als das Jahresergebnis nach IFRS die Anforderungen an die zeitliche und zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der Gewinne. Die Methodenkommission der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e.V. (DVFA) veröffentlichte in den Beiträgen zur Wertpapieranalyse bis 1988 fünf entsprechende Fassungen eines Arbeitsschemas zur Ermittlung des „Ergebnisses nach DVFA“. Auch der Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der Schmalenbach-Gesellschaft 314

- Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. (SG) publizierte 1988 eine Empfehlung zur Ermittlung des „Ergebnisses nach SG“. Diese Empfehlungen führten im Regelfall aufgrund der stärkeren Betonung der unternehmensübergreifenden Vergleichbarkeit (DVFAErgebnis) oder aber der Unternehmensindividualität (SG-Ergebnis) bei der Eliminierung von Sondereinflüssen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Da das Nebeneinander zweier Empfehlungen und unterschiedlicher Ergebnisse bei nationalen und vor allem bei internationalen Kapitalanlegern auf Unverständnis stieß und der Entwicklung vergleichbarer Ergebnisse für die Anlageberatung entgegenstand, erarbeiteten DVFA und SG unter Berücksichtigung der ersten Erfahrungen aus der Anwendung des neuen Bilanzrechts und stärkerer Beachtung der Konzernrechnungslegungsvorschriften eine gemeinsame Empfehlung „Ergebnis nach DVFA/SG“, die 1999 letztmalig modifiziert wurde. Die praktische Bedeutung der Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA/SG erscheint vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung der Rechnungslegung nach den IFRS deutlich eingeschränkt. Für die Rechnungslegung an amerikanischen Kapitalmärkten notierter Unternehmen ist SFAS 128 „Basic earnings per Share“ anzuwenden. Dieser Standard gleicht in weiten Teilen IAS 33. Unterschiede bestehen aber beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Bilanzierungsnormen bei Finanzinstrumenten, aber auch aufgrund systemimmanenter Ermittlungsunterschiede. Am 7. August 2008 hat das IASB den Exposure Draft „Simplifiying Earnings per Share“ vorgelegt, der zeitgleich mit dem überarbeiteten Entwurf des FASB „Earnings per Share an amendment of FASB Statement No. 128“ veröffentlicht wurde. Angestrebt wird die vereinfachte Berechnung

Gewinn je Aktie der Earnings per Share, insbesondere die einheitliche Ermittlung der Aktienzahl. Die Verabschiedung einer finalen Fassung steht derzeit noch aus. 2. Ermittlung nach IAS 33 a) Anwendungsbereich. Anzuwenden sind die Regelungen des IAS 33 von Unternehmen, deren Stammaktien öffentlich gehandelt werden bzw. für deren Stammaktien eine Ausgabe an einer Wertpapierbörse in die Wege geleitet wurde (IAS 33.2). Sofern ein Unternehmen sich freiwillig dazu verpflichtet, das Ergebnis je Aktie in seinem Abschluss zu veröffentlichen, sind ebenfalls die Anforderungen von IAS 33 zu erfüllen. b) Pflicht zur Angabe des Ergebnisses je Aktie. Ein Unternehmen, das die Voraussetzungen zur Anwendung des IAS 33 erfüllt, muss in der Gesamtergebnisrechnung bzw. Gewinn- und Verlustrechnung das verwässerte und das unverwässerte Ergebnis je Aktie angeben. Beide Kennzahlen sind dabei auf Basis des Periodenergebnisses aus dem fortzuführenden Geschäft zu ermitteln (IAS 33.12; IAS 33.33). Sofern Ergebnisse aus nicht fortgeführten Tätigkeiten im Periodenergebnis enthalten sind, so ist das Ergebnis je Aktie zusätzlich auf Basis des um nicht fortgeführte Tätigkeiten bereinigten Periodenergebnisses auszuweisen. Eine Bereinigung des Ergebnisses z.B. um Steuern, Zinsen, außerordentliche Sachverhalte oder Bilanzierungs- und Bewertungsänderungen ist nicht zulässig. c) Zu berücksichtigende Aktien. Nach IAS 33.5 wird für das Ergebnis je Aktie allein auf die ordinary shares abgestellt. Bei ordinary shares handelt es sich um Eigenkapitalinstrumente, die sämtlichen anderen Formen von Eigenkapitalinstrumenten nachgeordnet sind. Die Einordnung als ordinary share setzt dabei eine Nachrangigkeit bezogen auf die Dividendenrechte voraus. In Deutschland zählen daher zu den ordinary shares

i.S.v. IAS 33.5 die Stammaktien. Stimmrechtslose Vorzugsaktien i.S.d. § 139 AktG fallen dagegen grundsätzlich nicht unter die Definition der ordinary shares nach IAS 33, da Vorzugsaktien i.d.R vor den übrigen Aktionären am Periodenergebnis partizipieren. Die auf die Vorzugsaktien entfallende Dividende ist insoweit bei der Ermittlung der Ergebnisgröße zu kürzen. In der Praxis können Vorzugsaktien jedoch auch in der Weise ausgestaltet sein, dass die Vorzugsdividende an die Dividende der Stammaktien gekoppelt ist und ein Dividendenzuschlag (Mehrdividende) gewährt wird, ohne dass der Mehrbetrag vorrangig bedient wird. Derartig ausgestaltete Vorzugsaktien stellen eine separate Kategorie der ordinary shares dar, da ein Dividendenvorzug i.S.v. § 139 AktG nicht besteht. d) Anzahl der Aktien. Für die Nennergröße des Ergebnisses je Aktie ist auf die durchschnittliche Anzahl der während der Periode in Umlauf befindlichen ordinary shares abzustellen (IAS 33.19). Hat sich im Laufe der Berichtsperiode keine Änderung der Anzahl emittierter ordinary shares ergeben, ist die Ermittlung unproblematisch. Im Falle von Veränderungen der Anzahl emittierter ordinary shares während der Berichtsperiode, etwa durch Ausgabe junger Aktien, ist grundsätzlich eine zeitanteilige Gewichtung der Aktienanzahl erforderlich; gleiches gilt bei Erwerb eigener Aktien, da sich dadurch die Anzahl der in Umlauf befindlichen Aktien ändert (IAS 33.20). Darüber hinaus kennt IAS 33 auch Sachverhalte, die eine rückwirkende Anpassung der Anzahl in Umlauf befindlicher ordinary shares erforderlich machen. Dies sind Fälle, in denen sich die Aktienanzahl verändert, ohne adäquate Gegenleistung durch die (zukünftigen) Aktionäre an das Unternehmen oder vice versa, etwa bei Ausgabe von Gratisaktien, bei der Durchführung eines Aktiensplit oder bei der Zusammenlegung von 315

Gewinn je Aktie Aktien im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung (IAS 33.64). Die rückwirkende Anpassung wird rückwirkend auf den Beginn der im Abschluss dargestellten Periode durchgeführt. Auch bei der Ausgabe von Bezugsrechten mit Ausgabekurs unterhalb des Marktwerts der Aktie ist eine rückwirkende Anpassung der Aktienzahl erforderlich; diese erfolgt in der Weise, dass die bisherige Aktienzahl mit dem Quotienten aus dem Marktwert der Aktie vor und nach Ausübung des Bezugsrechts multipliziert wird (IAS 33.A2). e) Unverwässertes Ergebnis je Aktie (basic earnings per share). Das unverwässerte Ergebnis je Aktie ermittelt sich durch Division des den Aktionären des Mutterunternehmens zurechenbaren Periodenergebnisses (Zähler) durch die gewichtete durchschnittliche Anzahl der innerhalb der Berichtsperiode im Umlauf befindlichen ordinary shares (Nenner) (IAS 33.10). Dabei ist das Ergebnis je Aktie für jede Kategorie von ordinary shares separat zu ermitteln (IAS 33.66, IAS 33.A14). f) Verwässertes Ergebnis je Aktie (diluted earnings per share). Zusätzlich zum unverwässerten Ergebnis je Aktie ist das verwässerte Ergebnis je Aktie anzugeben. Ergänzend sind hier die bis zum Abschlussstichtag ausgegebenen verwässernden potentiellen ordinary shares. Dabei sind für die Ermittlung der Anzahl der potentiellen ordinary shares insbesondere zusammengesetzte Finanzinstrumente und sonstige Vereinbarungen, die den Inhaber zum Bezug von ordinary shares berechtigen, zu berücksichtigen. Zu den potentiellen ordinary shares können auch die aus einer bedingten Kapitalerhöhung i.S.d. § 192 ff. AktG resultierenden Umtausch- und Bezugsrechte zählen. Im Einzelnen kann auch im Falle von bis zum Abschlussstichtag vereinbarten Aktienoptionsplänen gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG eine Einbeziehungs316

pflicht bestehen (IAS 33.52 ff.). Dabei wird unterstellt, dass die im Aktienoptionsplan vereinbarte Wartezeit am Abschlussstichtag endet. Folglich sind potentielle ordinary shares in die Ermittlung des verwässerten Ergebnisses je Aktie einzubeziehen, wenn – abgesehen von der Wartezeit – die im Aktienoptionsplan enthaltenen Voraussetzungen für eine Ausübung der Optionsrechte zum Abschlussstichtag bereits vollständig erfüllt sind. Das genehmigte Kapital i.S.d. § 202 ff. AktG berechtigt hingegen lediglich die zuständigen Organe, innerhalb einer bestimmten Frist Aktien zu emittieren, ohne dass Ansprüche Dritter zu einem Verwässerungseffekt führen können. Das genehmigte Kapital ist somit nicht in die Ermittlung des verwässerten Ergebnisses je Aktie einzubeziehen. Bei der Berechnung des verwässerten Ergebnisses je Aktie erfolgt sowohl eine Anpassung der Anzahl der ordinary shares als auch des Periodenergebnisses. So kann die Umwandlung von ordinary shares einen Einfluss auf das Periodenergebnis haben, die einer Verwässerung entgegenwirkt. Kommt es bspw. zur Umwandlung einer Wandelanleihe in Stammaktien, folgt hieraus zwar ein Anstieg der Aktienanzahl, jedoch sinken gleichzeitig auch die Aufwendungen, da keine Zinszahlungen mehr an den Inhaber zu leisten sind. Bei der Ermittlung der Aktienanzahl ist zu beachten, dass potentielle ordinary shares nur dann bei der Berechnung berücksichtigt werden, wenn die Bedingungen für den Umtausch erfüllt sind. Das verwässerte Ergebnis je Aktie wird somit nach Anpassung des Periodenergebnisses und Anpassung der ausgegebenen Aktienanzahl durch sämtliche Verwässerungseffekte potenzieller ordinary shares berechnet (IAS 33.31). Im wirtschaftlichen Ergebnis wird mittels des verwässerten Ergebnisses je Aktie der „maximale Verwässerungseffekt“ aufgrund eingeräumter Options- bzw.

Gewinn je Aktie Wandlungsrechte dargestellt. Ein Eintritt des Verwässerungseffekts ist dabei jedoch nicht anzunehmen, wenn bei einem Umtausch dem Unternehmen Mittel zufließen, die dem durchschnittlichen Fair Value der Stammaktien entsprechen (IAS 33.46a). g) Darstellung. Das bilanzierende Unternehmen hat für jede Gattung von ordinary shares mit unterschiedlichem Anrecht auf Teilnahme am Ergebnis den unverwässerten und verwässerten G. oder Verlust je Aktie aus dem den Stammaktionären des Mutterunternehmens zurechenbaren Periodenergebnis aus dem fortzuführenden Geschäft auszuweisen (IAS 33.66). Ferner ist das den Stammaktionären des Mutterunternehmens zurechenbare Ergebnis auszuweisen. Darüber hinaus hat das Unternehmen die unverwässerten und verwässerten Ergebnisse je Aktie in allen dargestellten Perioden gleichrangig auszuweisen. Dies gilt auch, falls das Ergebnis negativ sein sollte (IAS 33.69). 3. Ermittlung nach DVFA/SG Ausgangspunkt der Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA/SG ist bei NichtMutterunternehmen der handelsrechtliche Jahresüberschuss, bei Mutterunternehmen an der Spitze eines (Teil-) Konzerns dagegen der (Teil-)Konzernjahresüberschuss einschließlich der Ergebnisanteile anderer Gesellschafter (o Anteile in Fremdbesitz). Dieser wird um außerordentliche, ungewöhnliche und dispositionsbedingte Aufwendungen und Erträge von betragsmäßiger Wesentlichkeit bereinigt, wobei die Zuordnung von Ergebniskomponenten zu den einzelnen Gruppen sowie die Abgrenzung von wesentlichen und damit zu bereinigenden und unwesentlichen Sachverhalten komplex ist und nur unter Beachtung der jeweiligen wirtschaftlichen Hintergründe und der Unternehmensindividualität und deshalb zutreffend meist nur unter Anga-

be zusätzlicher Informationen durch das Unternehmen erfolgen kann. Die zu bereinigenden außerordentlichen Aufwendungen und Erträge sind Ergebniskomponenten, die außerhalb der gewöhnlichen Unternehmenstätigkeit anfallen und in der handelsrechtlichen GuV zumindest als Saldo unter der Position „Außerordentliches Ergebnis“ auszuweisen sind. Bei den ungewöhnlichen Aufwendungen und Erträgen handelt es sich dagegen um Ergebniskomponenten, die in der handelsrechtlichen GuV in „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ enthalten und zu bereinigen sind, sofern sie – unter Beachtung branchenspezifischer Besonderheiten – als ungewöhnlich und selten einzustufen sind. Hierzu gehören auch periodenfremde Aufwendungen und Erträge, nicht zwangsläufig jedoch Ergebnisbestandteile, wie Anlaufkosten oder Aufwendungen für Werbekampagnen, die auf unternehmenspolitischen Entscheidungen im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit beruhen. Dispositionsbedingte Aufwendungen und Erträge entstehen durch die – unternehmenspolitisch oder durch wirtschaftliche Begebenheiten bedingte – unterschiedliche Ausübung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten sowie Ermessensspielräumen und sind ebenfalls im „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ enthalten. Haben die zu bereinigenden Sondereinflüsse in der handelsrechtlichen GuV zum Ansatz effektiver oder latenter Gewinnsteuern (o Ertragsteuern, o latente Steuern) geführt, sind die entsprechenden Bereinigungen nur mit dem um steuerliche Wirkungen geminderten Nettobetrag, anderenfalls brutto = netto, d.h. in voller Höhe, durchzuführen. Zudem sind in den nächsten Jahren die entsprechenden Folgewirkungen (z.B. verminderte planmäßige Abschreibungen in der handelsrechtlichen GuV bei Vornahme einer 317

Gewinn je Aktie steuerrechtlichen Sonderabschreibung) bei der Ermittlung des bereinigten Ergebnisses zu beachten. Die einzelnen Schritte zur Ermittlung des Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG lassen sich überblicksartig wie folgt darstellen: 1. 2.

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

16.

Konzern-Jahresergebnis Anpassungen des Konzernergebnisses aufgrund von Änderungen des Konsolidierungskreises Latente Steueranpassungen = Angepasstes Konzernergebnis Bereinigungspositionen in den Aktiva Bereinigungspositionen in den Passiva Bereinigung nicht eindeutig zuordnungsfähiger Sondereinflüsse Fremdwährungseinflüsse Zusammenfassung der zu berücksichtigen Bereinigungen = DVFA/SG-Konzernergebnis für das Gesamtunternehmen Ergebnisanteile Dritter DVFA/SG-Konzernergebnis für Aktionäre der Muttergesellschaft Anzahl der zugrundeliegenden Aktien = Ergebnis nach DVFA/SG je Aktie (Basisergebnis) Adjustiertes Ergebnis nach DVFA/SG je Aktie bei Veränderungen des Gezeichneten Kapitals nach dem Bilanzstichtag Voll verwässertes Ergebnis nach DVFA/SG je Aktie

Tab. 1: Arbeitsschema zur Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA/SG und Überleitung zum Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG

d) Überleitung zum Ergebnis je Aktie. Das Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG ergibt sich durch Division des Ergebnisses nach DVFA/SG - bei Vorliegen von Konzernen nach Verminderung (Erhöhung) um anderen Gesellschaftern zustehende Gewinnanteile (Verlustanteile) (o Anteile in Fremdbesitz) - durch die Anzahl der durchschnittlich dividendenberechtigten Aktien. Dabei sollten auch die Ergebnisanteile der anderen Gesellschafter um Sondereinflüsse bereinigt werden. 318

Um bei o Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen die Vergleichbarkeit von G. im Zeitablauf sicherzustellen, ist eine retrograde Anpassung des Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG durch Anwendung eines Adjustierungsfaktors notwendig (Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG „adjustiert“, Earnings Per Share „adjusted“). Im Fall bedingt ausstehender Aktien aufgrund von o Wandelschuldverschreibungen oder o Optionsschuldverschreibungen wird dagegen ein Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG „voll verwässert“ (Earnings Per Share „fully diluted“) nur dann ermittelt, wenn aufgrund der Marktbedingungen mit dem Umtausch oder der Wandlung der Anleihen in Aktien zu rechnen ist und es sich um wesentliche Effekte handelt. Lit.: AICPA: APB Opinion 15: Earnings per Share, 1969; AICPA: APB Opinion 28: Interim Financial Reporting, 1973; Beine/Schütte, in: Wiley: IFRS 2009, 5. Aufl., 2009, Abschn. 18, S. 995-1037; Bender, J.: Große Unterschiede im internationalen Vergleich, in: bilanz & buchhaltung 1994, S. 417-422; Busse von Colbe, W. u.a. (Hrsg.): Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG – DVFA/SG Earnings per Share, 3. Aufl., 2000; Busse von Colbe, W.: Ergebnis je Aktie - Zu den Empfehlungen eines Arbeitskreises der Schmalenbach-Gesellschaft – DGfB, in: Coenenberg, A.G. (Hrsg.): Bilanzanalyse nach neuem Recht, 1990, S. 209-221; DVFA: Arbeitsschema und Erläuterungen zur Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA, 1988; DVFA/Schmalenbach Gesellschaft: Fortentwicklung des Ergebnisses nach DVFA/SG, in: DB 1998, S. 2537-2542; DVFA/Schmalenbach Gesellschaft: Empfehlungen zur Ermittlung prognosefähiger Ergebnisse, in: DB 2003, S. 1913-1917; Freiberg, J./Christian, D., in: Lüdenbach/Hoffmann (Hrsg.): IFRS-Komm., 7. Aufl., 2009, S. 1959-1991; IDW (Hrsg.): WP Handbuch 2006, 13. Aufl., 2006, Rz. N 809

Gewinn- und Verlustrechnung ff., S. 1536-1540; IDW: Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Anwendung von IFRS (IDW RS HFA 2), in: WPg 2008 Supplement 4, Abschn. 3.; Pawelzik, in: Heuser/Theile (Hrsg.): IFRS Handbuch, 4. Aufl., Köln 2009, S. 822-830; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T. (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2008, S. 855-874; Pellens, B./Gassen, J.: IAS 33: Ergebnis je Aktie, in: Baetge, J. u.a. (Hrsg.): Rechnungslegung nach IFRS, Komm., 2002 ff., S. 1-21; Pellens, B./Gronewold, U./Strzyz, A.: Geplante Neuerungen für das Ergebnis je Aktie nach IAS 33 – eine kritische Würdigung unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen, in: WPg 2010, S. 145-154; Wiechmann, J./Scharfenberg, A.: § 16, in: Bohl, W./Riese, J./Schlüter, J. (Hrsg.): Beck`sches IFRSHandbuch, 3. Aufl., München 2009, S. 623-641. Jörn Schulte Gewinn- und Verlustrechnung 1. Begriff Die G. (profit or loss account, income statement) bildet zusammen mit der Bilanz eines der beiden Kernelemente des Jahresabschlusses in jedem Rechnungslegungssystem (z.B. HGB oder IFRS) und für jede Rechtsform. Sie ist eine zeitraumbezogene Rechnung i.d.R. über ein Jahr, bei Rumpfgeschäftsjahren auch kürzer. Durch Erfassung und Aufgliederung der Aufwendungen als negative und Erträge als positive Erfolgskomponenten gibt sie Auskunft über den Unternehmenserfolg und dessen Zusammensetzung. Sie ist daher für die Jahresabschlussanalyse von größter Bedeutung. Buchungstechnisch ist die G. ein Unterkonto des Eigenkapitals. Ihr Saldo – Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag – wird über das Eigenkapital abgeschlossen. Aus theoretischer Perspektive könnte daher, soweit alle Aufwendungen und

Erträge unmittelbar im Eigenkapital gegengebucht werden, auf eine G. verzichtet werden. In der Rechnungslegung nach IFRS ist man zum Teil diesen Weg gegangen: Nicht alle Aufwendungen und Erträge werden hier in der G. erfasst, sondern zum Teil auch unmittelbar im Eigenkapital gebucht. Ist diese Gegenbuchung endgültig, führt sie zu einer Verletzung des Kongruenzprinzips, wonach die Summe der Periodenergebnisse der G. gleich dem Totalgewinn über die gesamte Existenz des Unternehmens ist. 2. Struktur Für Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen (Unternehmen außerhalb des Versicherungs- und Bankensektors) wird die G. grob in einen operativen und einen finanziellen Bereich aufgeteilt. Innerhalb des operativen Bereiches muss geklärt werden, nach welchem Mengengerüst sich die Erfassung von Aufwendungen und Erträgen richtet. Hierzu werden das Gesamtkosten- und das Umsatzkostenverfahren unterschieden (siehe Abschnitt 3.). Der sich daran anschließende finanzielle Bereich ist dann wieder für die beiden Verfahren gleich. Operativer und finanzieller Bereich verdichten sich zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Außerhalb dessen stehen sprachlogisch die Aufwendungen und Erträge der „ungewöhnlichen“ Geschäftstätigkeit, die in manchen Rechnungslegungssystemen als „außerordentliche Aufwendungen und Erträge“, oder „Sondermaßnahmen“ oder „Ergebnis aus einzustellenden Bereichen“ bezeichnet werden. Ob es sinnvoll ist, überhaupt eine „ungewöhnliche Geschäftstätigkeit“ zu definieren, steht immer wieder im Fokus bilanzrechtlicher Diskussion. Unstrittig dagegen stehen die Ertragsteuern außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, damit diese „vor Steuern“ und damit frei von steuerlichen Verzerrungen gezeigt werden kann. 319

Gewinn- und Verlustrechnung 3. Verfahren a) Gesamtkostenverfahren. Der Gesamtmenge der produzierten Leistungen (Erzeugnisse und Dienstleistungen) werden die zur Produktion erforderlichen operativen Aufwendungen zugerechnet. Die Literatur spricht auch davon, dass alle Aufwendungen eines Jahres erfasst werden. Übersteigt die produzierte die abgesetzte Menge – es kommt zu einem Lageraufbau unfertiger und fertiger Leistungen –, ist als Korrektiv eine Bestandserhöhung als Ertrag, bewertet zu Herstellungskosten (oder einem niedrigeren Wert), zu erfassen. Im umgekehrten Fall – die produzierte ist kleiner als die abgesetzte Menge – liegt ein Lagerabbau vor, der als Bestandminderung und damit als Aufwand zu erfassen ist. Für Gegenstände des selbst erstellten immateriellen oder materiellen Anlagevermögens werden in der Periode der Aktivierung ein Ertrag in Höhe der aktivierten Herstellungskosten und die zur Produktion erforderlichen Aufwendungen gebucht; in späteren Perioden erfolgt (bei abnutzbaren Gütern) die Abschreibung bzw. beim Abgang die Aufwandserfassung. Die operativen Aufwendungen werden beim Gesamtkostenverfahren als Aufwandsarten (Material- und Personalaufwand, Abschreibungen) gegliedert. Die Aufstellung ist daher sehr einfach, weil auf die Einrichtung einer detaillierten Kostenrechnung verzichtet werden kann. Das Gesamtkostenverfahren dominiert nach wie vor die mittelständische Praxis. b) Umsatzkostenverfahren. Der Gesamtmenge der abgesetzten Leistungen (Erzeugnisse und Dienstleistungen) werden dessen Herstellungsaufwendungen gegenübergestellt. Im Fall einer Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Leistungen werden hierfür weder Erträge noch Aufwendungen erfasst. Die Aufwandserfassung erfolgt ausschließlich beim Verkauf der in der Periode oder in Vorperioden produzierten Leistungen. 320

Auch Gegenstände des selbst erstellten immateriellen oder materiellen Anlagevermögens werden erst bei ihrer Abschreibung oder beim Abgang aufwandswirksam. Die Gliederung der operativen Aufwendungen erfolgt beim Umsatzkostenverfahren nach Kostenstellen (Herstellungs-, Verwaltungs-, Vertriebs-, gelegentlich auch Forschung- und Entwicklungskostenstelle). Die Kostenstellengliederung erfordert die Einrichtung einer Kostenrechnung. Die Zuordnung der Aufwendungen auf die einzelnen Kostenstellen ist nicht frei von subjektiven Einflüssen, was die zwischenunternehmerische Vergleichbarkeit erschweren kann. Das Umsatzkostenverfahren ist dominant in der angelsächsischen Rechnungslegungswelt und wird auch oft von deutschen Großunternehmen angewendet. 4. Die G. nach HGB a) Aufstellungspflicht. Zusammen mit der Bilanz bildet die G. den Jahresabschluss für alle Kaufleute (§ 242 Abs. 3 HGB), der ggf. um weitere Elemente (z.B. Anhang bei Kapitalgesellschaften) zu erweitern ist. b) Formvorschriften. Erst für Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Rechtsformen sowie für Unternehmen, die unter das PublG fallen, bestehen detaillierte Formvorschriften (§ 275 HGB). Die G. ist danach in Staffelform nach dem Gesamtkosten- oder dem Umsatzkostenverfahren nach den vorgegebenen Gliederungsschemata aufzustellen. § 277 HGB enthält weitere Einzelvorschriften. So sind beispielsweise Aufwendungen und Erträge aus der Währungsumrechnung gesondert unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen und Erträgen auszuweisen (§ 277 Abs. 5 Satz 2. HGB). Aufstellungserleichterungen bestehen für kleine und mittlere Kapitalgesellschaften, deren G. mit einem „Rohergebnis“ beginnen kann, so dass die Umsatzerlöse

Gewinn- und Verlustrechnung nicht gezeigt werden müssen (§ 276 Satz 1 HGB). c) Prüfung und Offenlegung. Der Jahresabschluss und damit auch die G. sind für Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Rechtsformen ab Mittelformat prüfungspflichtig. Kleine Kapitalgesellschaften können bei der Offenlegung des Jahresabschlusses auf die G. und auf Anhangangaben zur G. verzichten. Die G. eines nach den gesetzlichen Vorschriften aufzustellenden Konzernabschlusses ist immer prüfungs- und offenlegungspflichtig. 5. Die G. nach IFRS a) Gesamtergebnisrechnung. Seit der letzten großen Überarbeitung von IAS 1 mit Wirkung für Geschäftsjahre ab 2009 ist die sog. Gesamtergebnisrechnung („statement of comprehensive income for the period“) eines der Berichtsinstrumente des IFRS-Abschlusses. Die Gesamtergebnisrechnung enthält die Elemente der klassischen G. und außerdem jene Aufwendungen und Erträge, die als sog. other comprehensive income unter Umgehung der G. im Eigenkapital gegengebucht werden. Hierzu gehören – die Veränderungen der Umrechnungsdifferenzen aus der Währungsumrechnung nach der modifizierten Stichtagskursmethode, – bei Finanzinstrumenten Wertänderungen von finanziellen Vermögenswerten der Kategorie available-forsale, – bei Sicherungsbeziehungen (Hedging) die Wertdifferenzen bei Cashflow-Hedges, – die Veränderung der Neubewertungsrücklage bei Verwendung der Neubewertungsmethode (Wahlrecht) beim Sachanlagevermögen und ggf. bei den immateriellen Vermögenswerten, – die Veränderung der sog. versicherungsmathematischen Gewinne und

Verluste im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen und Planvermögen, wenn das Wahlrecht hierzu entsprechend ausgeübt wird sowie – der Anteil am other comprehensive income jener Unternehmen, die nach der Equity-Methode bewertet werden. Der (latente) Steuereffekt auf diese Aufwendungen und Erträge ist ebenfalls außerhalb der klassischen G. erfolgsneutral zu erfassen. Im Hinblick auf die Art der Darstellung ist es möglich, die Gesamtergebnisrechnung als (1) ein oder als (2) zwei Statements zu veröffentlichen. Wird die Variante (1) gewählt, mutiert das Jahresergebnis der klassischen G. zur Zwischenzeile. Das Statement endet dann mit einem Gesamtergebnis („total comprehensive income“). Bei der Variante (2) besteht ein Statement aus der klassischen G. und endet mit dem Jahresergebnis. Ein weiteres Statement (oft als „Gesamtergebnisrechnung“ bezeichnet) nimmt das Jahresergebnis der G. wieder auf, fügt die oben gelisteten Aufwendungen und Erträge hinzu und endet ebenfalls mit dem Gesamtergebnis. Unabhängig von der gewählten Variante sind sowohl das Jahresergebnis der klassischen G. als auch das Gesamtergebnis im IFRSKonzernabschluss in einen Anteil der Gesellschafter des Mutterunternehmens und einen Minderheitenanteil (attributable to non-controlling interests) aufzuteilen. Der IASB will über die pflichtgemäße Veröffentlichung der erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträge in einer Gesamtergebnisrechnung das Gesamtergebnis stärker als bisher in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Dafür ist allerdings die Einräumung des Wahlrechts der Variante (2) nicht förderlich. Außerdem basiert nach wie vor die für die Unternehmensbeurteilung wichtige Kennziffer „Ergebnis je Aktie“ auf dem 321

Gewinnabführungsvertrag Periodenergebnis der klassischen G.; ein „Gesamtergebnis je Aktie“ wird vom IASB nicht gefordert, ja, nicht einmal erwähnt. Schließlich sieht sich der Abschlussadressat mit Doppelinformationen konfrontiert, weil auch jede Komponente des other comprehensive income in Geschäftsjahren, die am oder nach dem 1.7.2009 beginnen, noch einmal im Eigenkapitalspiegel gezeigt werden muss (IAS 1.106). b) Formvorschriften. IAS 1.82 enthält eine Liste (Staffelform) der mindestens in der klassischen G. aufzuführenden Posten, in der allerdings die operativen Aufwendungen komplett fehlen. Sie sind stattdessen entweder nach dem Gesamtkosten- oder dem Umsatzkostenverfahren nach einer nach Wesentlichkeit ausgerichteten Ermessensentscheidung gegliedert in der G. zu erfassen (IAS 1.99 ff.). Den Bilanzierenden werden insoweit hohe Freiheitsgrade zugestanden, was seltsam ist für ein der Information und damit auch der zwischenunternehmerischen Vergleichbarkeit verpflichtetes Rechnungslegungssystem. Die Aufnahme zusätzlicher Posten und Zwischensummen (z.B. EBIT) ist explizit gestattet, nicht aber ein außerordentliches Ergebnis unter dieser Bezeichnung. Gesondert ist nur das Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen (discontinued operations) gem. IFRS 5 zu zeigen. c) Prüfung und Offenlegung. IFRSAbschlüsse sind nach EU-rechtlich harmonisierten nationalen Vorschriften zu prüfen und offen zu legen. Für den in der Praxis relevanten IFRS-Konzernabschluss bestehen insoweit keine Besonderheiten oder Erleichterungen. Lit.: Pawelzik, K.U./Theile, C., in: Heuser, P.J./Theile, C. (Hrsg.), IFRS-Handbuch, 4. Aufl., Rz. 4200-4365; Pellens, B./Brandt, E./Neuhaus, S.: Ergebnisneutrale Erfolgsbestandteile in der IFRS322

Rechnungslegung, in: FS Baetge 2009, S. 447-477; Petersen, K./Zwirner, C.: Erfolgsdarstellung in deutschen Konzernabschlüssen: Die „Erfolgsgeschichte” des UKV, in: StuB 2007, S. 719-725; Rogler, S.: Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren, 1990; Zülch, H.: Die Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS, 2005. Carsten Theile Gewinnabführungsvertrag Unternehmensvertrag, durch den eine AG bzw. KGaA sich verpflichtet, ihren gesamten Gewinn oder einen Teil des Gewinns an das sie beherrschende Unternehmen abzuführen. Der G. ist handelsrechtlich in den §§ 291 ff. AktG und steuerrechtlich in § 14 KStG geregelt; er bedarf der Zustimmung von mindestens ¾-Mehrheit der o Hauptversammlung, er ist schriftlich abzuschließen und zur Eintragung im o Handelsregister anzumelden. Den Minderheitsgesellschaftern der beherrschten Unternehmung ist eine angemessene Ausgleichszahlung bzw. Abfindung zuzusichern. Die herrschende Gesellschaft muss einen während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag ausgleichen. Gewinnausschüttung o Jahresabschluss o Gewinnverwendung Gewinnermittlung, steuerliche Der steuerpflichtige Gewinn kann auf folgende Weise ermittelt werden: (1) Einnahmen-Ausgabenrechnung (Überschuss der o Betriebseinnahmen über die o Betriebsausgaben) nach § 4 Abs. 3 EStG. Anwendungsbereich: Gewerbetreibende, die nicht buchführungspflichtig sind und freiwillig keine Bücher führen. (2) Unvollständiger o Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG für Land- und Forstwirte, die nach § 141 Abs. 1 AO verpflichtet sind,

Gewinnglättung Bücher zu führen, oder dies freiwillig tun, und Angehörige freier Berufe, die freiwillig Bücher führen. (3) Vollständiger Betriebsvermögensvergleich gem. § 5 EStG für alle Gewerbetreibende, die buchführungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen. (4) Anwendung von Durchschnittssätzen gem. § 13 a EStG für die Gewinnermittlung in der Land- und Forstwirtschaft. (5) Schätzung nach § 162 AO, wenn die Buchführung formelle oder materielle Mängel aufweist oder keine für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ausreichenden Aufzeichnungen vorliegen. Gewinnglättung Bilanzpolitisches Verhalten (o Bilanzpolitik), bei dem Schwankungen des o Jahresergebnisses durch Bildung o stiller Reserven bei gutem Geschäftsverlauf und Auflösung stiller Reserven bei schlechtem Geschäftsverlauf möglichst vermieden werden sollen. Die G.Maßnahmen führen zu einer Verschiebung von Periodenergebnissen, ohne dass sich der o Totalgewinn der Unternehmung verändert. Gewinnmarge = Umsatzrendite o Rentabilität Gewinnrealisierung o Realisationsprinzip Gewinnrücklagen o Rücklagen Gewinnschwellenanalyse = o Break-Even-Analyse = Nutzschwellenanalyse Gewinnspanne = Umsatzrendite o Rentabilität Gewinnsteuern = o Ertragsteuern

Gewinnvergleichsrechnung Methode der statischen o Investitionsrechnung, bei der die möglichen Investitionsprojekte anhand ihres durchschnittlichen o Gewinns verglichen werden. Gewinnverwendung 1. Grundlagen Die Vorschriften zur G. sind als Teil des deutschen Kapitalschutzsystems durch den Grundsatz der Kapitalerhaltung (o Substanz- und Kapitalerhaltung) geprägt. Ausschüttungen an die Anteilseigner eines Unternehmens sind demnach erst zulässig, wenn das Unternehmensvermögen die Summe aus Fremd- und statuarischem o Eigenkapital übersteigt (bilanzielle Kapitalerhaltung). Die Grundlage für die G. bildet der im handelsrechtlichen Einzelabschluss ermittelte Jahresüberschuss eines Unternehmens. Über dessen Verwendung entscheiden je nach Rechtsform und Satzung des Unternehmens verschiedene Organe. Ziel der bestehenden gesetzlichen Regelungen ist es, die Interessen der Gesellschafter, der Gläubiger und des Unternehmens in einem angemessenen Verhältnis zu berücksichtigen. Einerseits soll durch Regelungen zur Höchstausschüttung dem Gläubigerschutz Rechnung getragen werden, anderseits sollen Mindestausschüttungen an die Anteilseigner sichergestellt werden. Eng mit der G. verbunden sind die Vorschriften zur Bildung und Auflösung von o Rücklagen, die den ausschüttungsfähigen Betrag beeinflussen. Die G. erfolgt somit grundsätzlich in zwei Schritten. Zunächst sind im Rahmen der Feststellung des o Jahresabschlusses gesetzliche und satzungsmäßige Einstellungen in die Rücklagen vorzunehmen, anschließend beschließen die zuständigen Unternehmensorgane über die weitere Aufteilung auf die Rücklagen, auf einen Gewinnvortrag in das Folgejahr oder auf die Ausschüttung an die Gesellschafter. 323

Gewinnverwendung Gewinnverwendungsstaffel nach § 158 Abs. 1 AktG ergänzt um materielle G.Vorschriften: Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nach den Posten ‚Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag‘ in Fortführung der Nummerierung um die folgenden Posten zu ergänzen: 1. Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr 2. Entnahmen aus der Kapitalrücklage (§ 150 Abs. 3, 4 AktG) 3. Entnahmen aus Gewinnrücklagen a) aus der gesetzlichen Rücklage (§ 150 Abs. 3, 4 AktG) b) aus der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen (§ 272 Abs. 4 HGB) c) aus satzungsmäßigen Rücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB, § 29 Abs. 1 GmbHG) d) aus anderen Gewinnrücklagen 4. Einstellung in Gewinnrücklagen a) in die gesetzliche Rücklage (§ 150 Abs. 2 AktG) b) in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen (§ 272 Abs. 4 HGB) c) in satzungsmäßige Rücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB, § 29 Abs. 1, 2 GmbHG) d) in andere Gewinnrücklagen (§ 58 Abs. 1, 2, 2a AktG, § 29 Abs. 1, 2, 4 GmbHG) 5. Bilanzgewinn/Bilanzverlust Tab. 1: Gewinnverwendungsstaffel nach § 158 Abs. 1 AktG ergänzt um materielle G.-Vorschriften

Abzugrenzen ist die G. von gewinnabhängigen schuldrechtlichen Ansprüchen 324

von Nicht-Anteilseignern. Diese mindern bereits den ermittelten Jahresüberschuss. Beispielsweise werden erfolgsabhängige Entlohnungsbestandteile der Mitarbeiter vorab im Personalaufwand erfasst. Ebenfalls nicht zur G. im engeren Sinne zählt die Abführung des Ergebnisses an ein herrschendes Unternehmen im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrags. 2. G. bei Personengesellschaften Bezüglich der G. bei o Personengesellschaften (Offene Handelsgesellschaft, OHG; Kommanditgesellschaft, KG) unterscheiden die gesetzlichen Vorschriften zwischen dem Recht zur Gewinnbeteiligung und dem Recht zur Gewinnentnahme der Gesellschafter. Ausgangsbasis für die G. stellt hierbei der durch die persönlich haftenden Gesellschafter festgestellte Jahresabschluss dar. Zunächst sieht die gesetzliche Vorschrift des § 121 HGB eine vierprozentige Verzinsung auf den Kapitalanteil der Gesellschafter vor. Ein verbleibender Gewinn bzw. Verlust des Geschäftsjahres wird gleichmäßig (OHG) bzw. in einem angemessenen Verhältnis (KG) den Kapitalkonten der Gesellschafter zugeschrieben bzw. abgezogen (§ 120 HGB bzw. § 167 HGB). Eine gesetzlich vorgeschriebene Bildung von Rücklagen ist bei Personengesellschaften nicht vorgesehen, sie kann aber im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. Kommanditisten einer KG besitzen ein Entnahmerecht in Höhe des ihnen zustehenden anteiligen Gewinns (§ 169 HGB). Dieses Recht erlischt mit der Aufstellung der Bilanz des Folgejahres. Demgegenüber dürfen Gesellschafter einer OHG über den anteiligen Gewinn hinaus Teile ihres Kapitalanteils entnehmen, so lange dies nicht zu einem offensichtlichen Schaden des Unternehmens führt (§ 122 HGB). 3. G. bei Aktiengesellschaften Die G. der Aktiengesellschaft (AG) wird durch § 58 AktG geregelt. Ausgehend

Gewinnverwendung vom im handelsrechtlichen Einzelabschluss ermittelten Jahresergebnis sind zunächst Einstellungen in die gesetzlichen und satzungsmäßigen Rücklagen zu ermitteln, bevor die Verwaltung und die Anteilseigner im Rahmen einer gespaltenen Gewinnverwendungskompetenz über die Ausschüttung beschließen. a) Bildung von Rücklagen bei der Jahresabschlussfeststellung. Nach der Gewinnverwendungsstaffel des § 158 AktG ist das Jahresergebnis um Gewinnoder Verlustvorträge des Vorjahres, Entnahmen aus der Kapitalrücklage, Entnahmen aus bzw. Einstellungen in die verschiedenen Gewinnrücklagen zu korrigieren (siehe Tabelle 1). Der Gewinnvortrag aus dem Vorjahr stellt einen nicht ausgeschütteten Teil des Bilanzgewinns des Vorjahres dar, über den bisher kein Beschluss bezüglich Ausschüttung oder Einstellung in Rücklagen getroffen wurde. Entnahmen aus der Kapitalrücklage sind nur unter Beachtung der strengen Regelungen der § 150 AktG z.B. als Ausgleich eines Jahresfehlbetrags oder Verlustvortrags zulässig. Veränderungen der Gewinnrücklagen sind in einzelne Unterpunkte aufzugliedern: Die Höhe der gesetzlichen Rücklagen ergibt sich nach § 150 AktG. Demnach müssen solange jährlich 5 % des um einen Verlustvortrag geminderten Jahresüberschusses eingestellt werden, bis die gesetzlichen Rücklagen zusammen mit der Kapitalrücklage 10 % des gezeichneten Kapitals ausmachen. Außerdem sind Rücklagen in Höhe der an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen gehaltenen Anteile zu bilden. Darüber hinaus können in der Satzung des Unternehmens kodifizierte Regelungen zur Rücklagenbildung bzw. -auflösung festgelegt werden. Im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses können Vorstand und Aufsichtsrat Veränderungen der anderen Rücklagen beschließen. Dabei können sie

gem. § 58 Abs. 2 AktG einerseits bestehende andere Rücklagen auflösen oder maximal die Hälfte des modifizierten Jahresüberschusses (d.h. nach Berücksichtigung von Verlustvorträgen und gesetzlichen Rücklagen) in diese einstellen. Die in der Satzung vorgegebenen Regelungen können dabei die Entscheidungsmöglichkeiten des Vorstands einschränken. Der verbleibende Betrag stellt den Bilanzgewinn dar, über dessen Verwendung die Anteilseigner im Rahmen der Hauptversammlung entscheiden. Insofern liegt in Deutschland eine gespaltene Gewinnverwendungskompetenz zwischen Vorstand in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat sowie den Anteilseignern vor. b) Verwendung des Bilanzgewinns. Über die Verwendung des Bilanzgewinns hat die Hauptversammlung der AG innerhalb von acht Monaten nach Ende des Geschäftsjahres zu beschließen (§ 175 Abs. 1 AktG). Im Rahmen des Ergebnisverwendungsbeschlusses kommen dabei folgende Beschlussmöglichkeiten in Frage: Ausschüttung an die Anteilseigner, die Bildung weiterer Gewinnrücklagen und ein Gewinnvortrag in das folgende Geschäftsjahr. Der Hauptversammlung steht es grundsätzlich frei, über den Anteil des auszuschüttenden Bilanzgewinns in Form von Dividenden zu entscheiden. An den Vorschlag des Vorstands zur G. gem. § 170 Abs. 2 AktG ist die Hauptversammlung somit nicht gebunden. Ausgenommen von der freien Verfügbarkeit sind ausschüttungsgesperrte Beträge, wie sie beispielsweise in Höhe der aktivierten Entwicklungskosten selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte oder der positiven Differenz aktiver und passiver latenter Steuern bestehen (§ 268 Abs. 8 HGB). Durch den Gewinnverwendungsbeschluss wandelt sich das allgemeine Recht der Anteilseigner auf eine Gewinnbeteiligung in einen konkreten schuldrechtlichen Anspruch. Dieser 325

Gewinnverwendung bleibt auch im Falle entstehender Verluste im folgenden Geschäftsjahr bestehen. Die Hauptversammlung kann ebenfalls beschließen, festgelegte Teile des Bilanzgewinns ins folgende Geschäftsjahr vorzutragen. Dieser Gewinnvortrag ist im Eigenkapital des Unternehmens gesondert auszuweisen. Der Betrag geht im Folgejahr unmittelbar in den Bilanzgewinn ein, ohne dass er im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses zur Disposition steht. Folglich wird die Entscheidung über die Verwendung dieses Postens auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Mittels eines weiteren Gewinnverwendungsbeschlusses kann die Hauptversammlung noch vor Aufstellung des nächsten Jahresabschlusses über die Verwendung, in Form von Ausschüttung oder Einstellung in die Gewinnrücklagen, des Gewinnvortrags entscheiden. Der verbleibende Anteil des Bilanzgewinns wird zusätzlich zum vorherigen Beschluss des Vorstands und Aufsichtsrats in die Rücklagen eingestellt. Grundsätzlich kann dies der gesamte Bilanzgewinn sein. Allerdings kann nach § 254 AktG der Gewinnverwendungsbeschluss ggf. angefochten werden, falls ein Mindestausschüttungsbetrag in Höhe von 4% des gezeichneten Kapitals nicht erreicht wird. 4. G. bei der GmbH Die G. bei einer GmbH ähnelt den Vorschriften bei der AG. Jedoch existiert i.d.R. keine gespaltene Gewinnverwendungskompetenz. Die Gesellschafter besitzen das Recht, über die Verwendung des modifizierten Jahresüberschusses zu entscheiden (§ 29 Abs. 1 GmbHG). Gesetzliche Rücklagen sind dabei nur zu bilden bei sog. Unternehmergesellschaften, die mit einem Stammkapital, das unter dem Mindeststammkapital liegt, gegründet wurden (Mini-GmbH; § 5a GmbHG). Ebenso wie bei einer AG können im Gesellschaftsvertrag der GmbH 326

Regelungen zur Bildung bzw. Auflösung satzungsmäßiger Rücklagen kodifiziert werden. Über den verbleibenden Betrag entscheidet anschließend die Gesellschafterversammlung. Dieser kann weitgehend analog zu den Regelungen für die AG ausgeschüttet, in die anderen Rücklagen eingestellt oder in das folgende Geschäftsjahr vorgetragen werden. Über die Feststellung des Jahresabschlusses sowie über die G. haben die Gesellschafter innerhalb von 8 Monaten, bzw. 11 Monaten bei kleinen GmbHs, nach Geschäftjahresende zu beschließen. 5. Berücksichtigung der G. in der Bilanz Die G. besitzt unmittelbaren Einfluss auf den Inhalt der Bilanz, da die Unternehmen ein Wahlrecht bei der Berücksichtigung der G. besitzen. So kann die Bilanz vor Berücksichtigung der G., nach teilweiser Verwendung des Jahresüberschusses oder nach vollständiger Verwendung aufgestellt werden. Unabhängig von der stetig anzuwendenden Methode ist die G. im Anhang offenzulegen. Wird die G. bei der Aufstellung des Jahresabschlusses nicht berücksichtigt, sind im Eigenkapital die Posten Gewinn-/ Verlustvortrag und Jahresüberschuss/ -fehlbetrag auszuweisen. Sowohl bei der Berücksichtigung der teilweisen als auch der vollständigen G. werden die Einstellungen in die gesetzlichen, satzungsmäßigen und anderen Rücklagen in der Bilanz erfasst. Bei der teilweisen Berücksichtigung haben sich sämtliche Rücklageneinstellungen und -auflösungen entsprechend der im Rahmen der Jahresabschlussaufstellung durch den Vorstand und den Aufsichtsrat bereits in der Bilanz niedergeschlagen. Es wird also verdeutlicht, welcher Betrag den Anteilseignern im Rahmen der Hauptversammlung zur Ausschüttung angeboten wird. Der Bilanzgewinn ersetzt somit die Posten Gewinn-/Verlustvortrag und Jahresüberschuss/-fehlbetrag. Bei der vollständigen Berücksichtigung der G. wer-

Gewinnvorgabe den zusätzlich die Konsequenzen des Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung in der Bilanz berücksichtigt. Die Ausgangsposten Gewinn/Verlustvortrag und Jahresüberschuss/fehlbetrag werden entsprechend des Beschlusses in die Gewinnrücklagen, den Posten Gewinnvortrag und in Höhe der beschlossenen Ausschüttung in Verbindlichkeiten umgegliedert. 6. G. in der Praxis Obwohl die G. de jure an den handelsrechtlichen Einzelabschluss anknüpft, zeigen empirische Studien, dass für die Dividendenpolitik konzerngebundener Unternehmen de facto das Ergebnis im o Konzernabschluss maßgeblich ist. Der an den Einzelabschluss knüpfende § 58 AktG beeinflusst das Ausschüttungsverhalten deutscher Konzernunternehmen faktisch zumeist nicht, so dass ihm lediglich Nebenbedingungscharakter zugesprochen wird. Stattdessen werden als weitere Determinanten der Ausschüttungshöhe beispielsweise Dividendenkontinuität und die zur freien Verfügung stehenden liquiden Mittel identifiziert. Insbesondere vor dem Hintergrund konzerninterner Transaktionen, bei denen die Gewinne einzelner Konzerngesellschaften gezielt beeinflusst werden können, werden alternative Ausschüttungskonzepte diskutiert. Alternative Überlegungen zur konzernweiten Ausschüttungsregulierung umfassen z.B. die Verwendung des konsolidierten Konzernergebnisses als Ausschüttungsbemessungsgrundlage oder Dividendenzahlungen auf Basis von o Solvenztests. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl, 2009, S. 96-100; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 18-20, 331-351; Franz, K.-P.: Gewinnausschüttung, in: HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 763-772; Heymann, G.: Gewinnverwendung, in: Beck’sches HdR 2004, Ab-

schnitt B 390; Möller, H.-P.: Gewinneinbehaltung, in: HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 782-789; Pellens, B./Amshoff, H./ Schmidt, A.: Konzernsichtweisen in der Rechnungslegung und im Gesellschaftsrecht: Zur Übertragbarkeit des betriebswirtschaftlichen Konzernverständnisses auf Ausschüttungsregulierungen, in: ZGR 2009, S. 231-276; Pellens, B./Jödicke, D./Richard, M.: Solvenztests als Alternative zur bilanziellen Kapitalerhaltung?, in: DB 2005, S. 1393-1401; Petersen, K./Zwirner, C./Froschhammer, M.: Funktionsweise und Problembereiche der im Rahmen des BilMoG neu eingeführten außerbilanziellen Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, in: KoR 2010, S. 334-341. Tom Jungius Gewinnvorgabe Vorgabe eines Soll-Gewinns bei der Unternehmenssteuerung. Die G. wird üblicherweise aus einem Zeitvergleich (z.B. G. in Höhe des Vorjahres-Gewinns) oder einem normativen Beurteilungsmaßstab (z.B. G. in Höhe der o Kapitalkosten) abgeleitet. Gezeichnetes Kapital Gem. § 272 Abs. 1 HGB der Teil des o Eigenkapitals, auf den die „Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist“. Das G. einer o Aktiengesellschaft wird durch die Nennbeträge aller ausgegebenen o Aktien bestimmt, bei einer o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) entspricht das G. den Einlagen der Kommanditaktionäre, bei einer o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umfasst das G. die Stammeinlagen der Gesellschafter. Gläubigerschutz Leitgedanke, der sich im gesamten Handelsrecht und damit auch in den deutschen Rechnungslegungsvorschriften niedergeschlagen hat. Der G. soll den 327

Gleichordnungskonzern Schuldner an der Verletzung der Interessen der Gläubiger hindern. Der G.Gedanke ist in den Funktionen des o Jahresabschlusses und o Konzernabschlusses berücksichtigt worden und kommt insb. im o Vorsichtsprinzip zum Ausdruck. Gleichordnungskonzern Im Gegensatz zum o Unterordnungskonzern die Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher o Leitung, i.d.R. durch personelle Verflechtung, ohne dass die Unternehmen gem. § 18 Abs. 2 AktG voneinander abhängig sind. Der deutsche Gesetzgeber hat von dem Gesetzgebungswahlrecht des Art. 12 der 7. EG-Richtlinie keinen Gebrauch gemacht und G. nicht explizit in die Konzernrechnungslegungspflicht einbezogen. Gleichungsverfahren Methode zur Verrechnung der o Kosten innerbetrieblicher o Leistungen, wenn zwischen zwei oder mehreren o Kostenstellen ein wechselseitiger Leistungsaustausch stattfindet. Die Leistungsverflechtungen werden dabei in Form linearer Gleichungen aufgefasst, in welche die o Verrechnungspreise für die innerbetrieblich erbrachten Leistungen als zu ermittelnde Größen eingehen. Gliederungsvorschriften Die deutschen Rechnungslegungsvorschriften zur Gliederung der o Bilanz und der o GuV sind in § 266 und § 275 HGB enthalten. Kapitalgesellschaften wird gem. § 266 Abs. 1 HGB die Kontoform für die Bilanz vorgeschrieben. Detaillierte Gliederungsvorgaben für die auf der Aktivseite und auf der Passivseite der Bilanz aufzuführenden Posten und deren Reihenfolge befinden sich in § 266 Abs. 2 und 3 HGB. Gem. § 275 Abs. 1 Satz 1 HGB ist die GuV zwingend in der Staffelform zu erstellen, wobei das Unternehmen grundsätzlich zwischen den durch § 275 Abs. 2 und 3 HGB festge328

legten Gliederungsschemata des o Gesamtkostenverfahrens und des o Umsatzkostenverfahrens wählen kann. Die internationalen Gliederungsvorschriften für die Bilanz nach IFRS/IAS sind in IAS 1 enthalten. IAS 1 beinhaltet jedoch keine, der Regelungstiefe von § 266 HGB vergleichbare Gliederungsvorgabe, sondern ist vielmehr eine unvollständige Auflistung einzelner, zwingend in der Bilanz aufzuführender Posten und ist insoweit als Mindestgliederungsschema für die IFRS-Bilanz anzusehen. IAS 1 lässt grundsätzlich offen, ob die Konto- oder Staffelform anzuwenden ist. Auch die Anforderungen an die formale Gestaltung der GuV nach IFRS/IAS sind im Vergleich zum HGB gering. So kann eine Gliederung der Aufwendungen sowohl nach Gesamtkostenverfahren (nature of expense method) als auch nach Umsatzkostenverfahren (cost of sales method) erfolgen. Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2008, S. 170-204. GmbH = o Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH & Co. Rechtsform für Unternehmen, bei der eine o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Gesellschafter einer o offenen Handelsgesellschaft (OHG) bzw. persönlich haftender Gesellschafter einer o Kommanditgesellschaft (KG) in der speziellen Form einer GmbH & Co. KG ist. Diese Rechtsform wird häufig aus haftungsbeschränkenden bzw. steuerlichen Gründen gewählt. Obgleich es sich um Personengesellschaften handelt, unterliegen GmbH & Co. nach § 264a HGB den strengeren Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften, es sei denn mindestens ein Gesellschafter ist eine vollhaftende natürliche Person (ggf.

GmbH & Co. KG auch als Gesellschafter einer übergeordneten Personengesellschaft). GmbH & Co. KG o GmbH & Co. GmbH-Gesetz (GmbHG) Gesetz für o Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) vom 20.04.1892 mit späteren Änderungen. Das GmbHG besteht heute aus sechs Abschnitten: Abschnitt 1: Errichtung der Gesellschaft (§§ 1-12) Abschnitt 2: Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter (§§ 1314) Abschnitt 3: Vertretung und Geschäftsführung (§§ 35-52) Abschnitt 4: Abänderungen des Gesellschaftsvertrags (§§ 53-59) Abschnitt 5: Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft (§§ 60-77) Abschnitt 6: Ordnungs-, Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 78-85) Neben den allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften im HGB (§§ 264 ff.) sind im GmbHG ergänzende Regelungen (§§ 41-42 a) über die Aufstellung und Prüfung des o Jahresabschlusses bzw. o Konzernabschlusses und des o Lageberichts einer GmbH enthalten. Lit.: Bork, R./Arnold, A.: GmbHG: Kommentar zum GmbH-Gesetz, 2010; Scholz, F.: Kommentar zum GmbHG, 10. Aufl., 2010; Michalski, L./Blaufuß, H.: Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2. Aufl., 2010; Lutter, M./Hommelhoff, P./Bayer, W.: GmbH-Gesetz: Kommentar, 17. Aufl., 2009; Baumbach, A./Fastrich, L./Hueck, A.: GmbH-Gesetz, 19. Aufl., 2010. GoA = o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung

GoB = o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung GoI = Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur o Inventar und Inventur Going concern-Prinzip Anglo-amerikanische Bezeichnung für den Grundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit. Das G. ist ein o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem die Bewertung der Aktiva und Passiva unter der Prämisse vorzunehmen ist, dass das Unternehmen über den Abschlussstichtag hinaus fortgeführt wird (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). GoK = o Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung Goldene Bilanzregel o Bilanzregel, goldene Goodwill = o Geschäftswert Grenzerlöse o Erlöse, die bei der Steigerung der Verkaufsmenge um eine weitere Einheit zusätzlich entstehen. Grenzkosten o Kosten, die bei der Steigerung der Ausbringungsmenge um eine weitere Einheit zusätzlich entstehen. Bei linearer Kostenfunktion entsprechen die G. den durchschnittlichen variablen Kosten einer hergestellten Einheit. Insbesondere für kurzfristige Entscheidungen sind nur die G. entscheidungsrelevant (o Grenzkostenrechnung). Grenzkostenrechnung 1. Beschäftigung als entscheidungsrelevante Kosteneinflussgröße Die von Hans-Georg Plaut entwickelte Grenz(plan)kostenrechnung stellt eine Teilkostenrechnung dar, in der strikt zwischen variablen und fixen Kosten (o Kosten- und Erlöse) innerhalb der Kos329

Grenzkostenrechnung tenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung sowie weiteren Auswertungs- und Kontrollrechnungen (z.B. o Deckungsbeitragsrechung und o BreakEven-Analyse im Rahmen des o Controlling) getrennt wird. Während die fixen Kosten in der betrachteten Periode als unveränderbar angesehen werden, beeinflussen verschiedenartige Kosteneinflussgrößen die Höhe der variablen Kosten. Wenn Kosten als am Beschaffungsmarkt bewerteter, sachzielbezogener Güterverbrauch definiert werden, können als Kosteneinflussgrößen beispielsweise die Beschaffungsmenge und deren Auswirkung auf den Beschaffungspreis, die Qualität der eingesetzten Güter, die Beschäftigung und Arbeitsintensität der Kostenstellen sowie der Umfang und die Zusammensetzung des Produktions- und Absatzprogramms angesehen werden. Diese und weitere beschaffungs-, produktions- und absatzspezifischen Kosteneinflussgrößen bestimmen die Höhe der variablen Kosten und dadurch den kurzfristigen Erfolg des Unternehmens (o Erfolgsrechnung, kurzfristige). Die Fundierung der in der G. verwendeten Kosteneinflussgrößen basiert auf der durch Wolfgang Kilger für die Kostenrechnung ausgebauten Produktions- und Kostentheorie. Auf der Basis theoretischer sowie empirischer Beziehungen wird die Vielzahl an verschiedenen Kosteneinflussgrößen auf die Beschäftigung, welche z.B. als Produktions- und Absatzmenge gemessen werden kann, als zentrale Kosteneinflussgröße zurückgeführt. Die in der G. explizit betrachteten variablen Kosten sind von den Produktions- und Absatzmengen der hergestellten Güter abhängig. Der Einfluss der Beschäftigung auf die Höhe der variablen Kosten ist in der G. durch einen linearen Zusammenhang gekennzeichnet. Die Unterstellung von linearen Kostenfunktionen ist gerechtfertigt, da nichtlineare Kostenverläufe zwar insb. bei Intensi330

tätsänderungen auftreten, die aber näherungsweise durch lineare Sollkostenfunktionen bestimmt werden können. Bei produkt- oder prozessbedingten Änderungen von Wertgrößen, z.B. bei Überstunden und der Beschaffung zusätzlicher Inputgüter, können geknickte lineare Kostenfunktionen den Kostenverlauf abbilden. Die G. ist somit ein System aus mehrvariabligen linearen Kostenfunktionen, in denen die Produktions- und Absatzmengen der verschiedenen Güter die Kosteneinflussgrößen darstellen. Die G. führt als ein System aus mehrvariabligen linearen Kostenfunktionen zu den Gesamtkosten K(xj) mit K(xj) = kf + Σi kvi x Σj (bij x xj). Die Gesamtkosten setzen sich aus den fixen Kosten kf und den variablen Kosten zusammen, die sich wiederum aus den Produktionsmengen xj, deren kostenstellenspezifischen Beanspruchung bij sowie den variablen Kosten kvi der Kostenstelle i ergeben. Die Betrachtung einer Kostenstelle mit den variablen Kosten kv sowie einer Produktmenge x führt zu der einvariabligen linearen Kostenfunktion K(x) = kf + kv x x. Lineare Kostenfunktionen besitzen die Eigenschaft, dass die Grenzkosten sowie die Differenzkosten den variablen Kosten kv entsprechen. Die Grenzkosten einer differenzierbaren Kostenfunktion K(x) kennzeichnen die Veränderung der Kosten K bei einer infinitesimalen (unendlich kleinen) Änderung der Produktmenge x. Die Grenzkosten werden bestimmt durch die erste Ableitung der Kostenfunktion K(x) nach der Produktmenge x. Die Differenzkosten geben hingegen die Veränderung der Kosten K bei einer Änderung der Produktionsmenge von x1 auf x2 wieder. Mathematisch zeigt sich die Identität der Grenz-, der Differenz- und der variablen Kosten mit dK(x) / dx = (K(x2) K(x1)) / (x2 - x1) = kv. Die zieloptimale Gestaltung sowie die nachträgliche (Erfolgs-)Kontrolle der

Grenzkostenrechnung kurzfristig variablen Kosteneinflussgrößen erfordert die Berücksichtigung der Grenzkosten als planungs- und entscheidungsrelevante Kostengröße. Die linearen Kostenfunktionen der G. führen zur Identität von Grenz-, Differenz- und variablen Kosten. Insofern beinhaltet die G. durch die linearen Kostenfunktionen alle entscheidungsrelevanten Kosten und erfasst diese auf der Ebene der einzelnen Kosteneinflussgrößen, insb. der Stellenbeschäftigung gemessen an den produktspezifischen Produktions- und Absatzmengen. 2. Zweck und Aufbau der Grenzkostenrechnung Der Zweck der G. besteht in der Kalkulation der entscheidungsrelevanten (Grenz-) Kosten auf der Ebene der einzelnen Kostenträger sowie in der Analyse der mit den einzelnen Entscheidungen verbundenen Kosteneinflussgrößen. Hierfür ist die Trennung zwischen den variablen, durch eine Entscheidung veränderbaren Kosten sowie den fixen, durch eine Entscheidung unveränderbaren Kosten notwendig. Für die Erfassung der variablen Kosten sind in der G. lineare Kostenfunktionen für die einzelnen primären und sekundären Kostenarten aufzustellen und zu einer Gesamtkostenfunktion zusammenzufassen. Die Aufstellung der Kostenfunktionen setzt voraus, dass die Kostenauflösung die variablen Kosten von den fixen Kostenbestandteilen separieren kann. Die Kostenauflösung bezieht sich entweder auf vergangenheitsbezogene Kostenwerte (Istkosten), welche mit Hilfe von statistischen Verfahren wie die buchtechnische Kostenauflösung, das Streupunktdiagramm, das Differenzen-QuotientenVerfahren und die Methode der kleinsten Quadrate ausgewertet werden, oder es werden zukünftige Kostenschätzungen (Plankosten) durch die einstufige oder mehrstufige analytische Kostenauflösung analysiert und aufgespalten.

Als Ergebnis der Kostenauflösung werden die (variablen) Einzelkosten, die variablen (unechten) Gemeinkosten sowie die fixen (Gemein-)Kosten ausgewiesen (o Einzel- und Gemeinkosten). Die Einzelkosten sind entscheidungsrelevant und linear von den variablen Kosteneinflussgrößen der absatzbestimmten Kostenträger abhängig (z.B. Rohstoffkosten). Die variablen Gemeinkosten sind ebenfalls entscheidungsrelevant; sie hängen aber von den variablen, nicht absatzproduktspezifischen Kosteneinflussgrößen der Kostenstellen ab. Die variablen Gemeinkosten können aber als entscheidungsrelevante Kosten den absatzbestimmten Kostenträger indirekt zugeordnet werden, wenn gemäß der Produktions- und Kostentheorie lineare Beziehungen zwischen den Kosteneinflussgrößen der Kostenstellen und der Kostenträger vorliegen (z.B. Betriebsstoffe). Fixe (Gemein-) Kosten auf Produktebene (z.B. Lizenzgebühren) oder auf Gesamtunternehmensebene (z.B. Zeitabschreibungen) werden in der betrachteten Periode hingegen als nicht entscheidungsrelevant angesehen; sie werden ausschließlich bei der Kalkulation der Gesamtkosten berücksichtigt. Die G. dient durch ihren kostenfunktionenorientierten Aufbau der Bestimmung der Plankosten (o Plankostenrechnung) und damit der Fundierung von Entscheidungen über Kosteneinflussgrößen. Die G. wird über eine Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung unter getrennter Planung der variablen und fixen Kosten aufgebaut sowie periodisch aufgestellt. Um zusätzlich die Aufgabe der Kostenkontrolle im Rahmen einer o Abweichungsanalyse wahrnehmen zu können, ist die G. auf Planbasis um die G. auf Istbasis zu ergänzen. Die G. auf Istbasis kann aus der Istkostenrechnung auf Vollkostenbasis abgeleitet werden (o Kostenrechnungssysteme), indem sämtliche Fixkosten sowie Fixkostenverrechnungen eliminiert werden. 331

Grenzkostenrechnung Eine zweckmäßige Erweiterung der G. besteht in einer ergänzenden Fixkostenrechnung, welche zu einer mehrstufigen bzw. stufenweisen G. führt. Die nicht entscheidungsrelevanten fixen Kosten werden einzelnen, aggregierten Kostenbezugsgrößen (z.B. Produktart, Produktbereich, gesamtes Unternehmen) stufenweise gemäß dem Kosteneinwirkungsprinzip zugerechnet. Dieser hierarchisch gestufte Aufbau der G. führt zu einem besseren Verständnis der Kosten- und Wertschöpfungsstruktur des Unternehmens. Als Ergebnis kann hieraus eine mehrstufige oder mehrdimensionale o Deckungsbeitragsrechnung entwickelt werden. 3. Entscheidungsunterstützung durch die Grenzkostenrechnung Die Grenz- und Differenzkosten kennzeichnen die Kostenänderung bei einer Veränderung der Kosteneinflussgröße. Die G. berücksichtigt konstante Grenzkosten durch die Aufstellung von linearen Kostenfunktionen. Die G. auf Planbasis dient somit der Fundierung von kurzfristigen unternehmerischen Entscheidungen, welche insb. die Kosteneinflussgrößen in Form von produktspezifischen Produktions- und Absatzmengen beeinflussen. Unter Berücksichtigung des Wertschöpfungsprozesses eines Unternehmens erfordern Entscheidungen, welche die Beschaffung (Make-or-BuyEntscheidungen, Beschaffungspreisobergrenze, Beschaffungslagerpolitik), die Produktion (Produktionsverfahrenswahl, Produktionsprogrammplanung, Losgrößenplanung) und den Absatz (Absatzpreisuntergrenze, Absatzlagerpolitik) betreffen, die durch die G. bereitgestellten Informationen. Bei Make-or-Buy-Entscheidungen wird abgewogen, ob Rohmaterialien oder Zwischenprodukte von Dritten zugekauft oder durch das Unternehmen selbst erzeugt werden. Um die Kostenkonsequenzen der Beschaffungsalternativen zu ver332

gleichen, sind dem Beschaffungspreis je Mengeneinheit die entscheidungsrelevanten Grenzkosten gegenüber zu stellen. Die Eigenfertigung ist vorteilhaft, wenn die entscheidungsrelevanten Grenzkosten dem Beschaffungspreis je Mengeneinheit unterschreiten (Beschaffungspreisobergrenze). Zur Bestimmung der optimalen Lagerhaltung (Beschaffungslagerpolitik, Losgrößenplanung, Absatzlagerpolitik) werden die Grenzkosten der Lagerhaltung benötigt, um diese den Grenzbestellbzw. den Grenzrüstkosten gegenüber zu stellen Die Wahl des optimalen Produktionsverfahrens bedarf des Ausweises der tatsächlich entscheidungsrelevanten Kosten. Dies ist durch die G. gewährleistet, da auf jegliche Form der Zuschlagskalkulation sowie auf willkürliche Kostenschlüsselungen verzichtet wird. Zur Ermittlung des optimalen Produktions- und Absatzprogramms ist die Kenntnis der produktspezifischen Grenzkosten und Deckungsbeiträge unerlässlich. Grundsätzlich werden alle Produkte mit positivem Deckungsbeitrag in das Produktionsprogramm aufgenommen. Bei einem oder mehreren voneinander unabhängigen Kapazitätsengpässen werden die knappen Kapazitäten den Produkten mit dem höchsten Deckungsbeitrag je Engpasseinheit zugewiesen. Bei mehreren voneinander abhängigen Engpässen maximieren verschiedene Verfahren der linearen Optimierung den erzielbaren Deckungsbeitrag. Die kurzfristige Preisuntergrenze stimmt mit den entscheidungsrelevanten Grenzkosten überein; der Marktpreis muss somit mindestens den Grenzkosten entsprechen. Wenn der erzielbare Verkaufspreis vom Markt bestimmt wird, ist es zweckmäßig, die Kostenstruktur (o Gemeinkostenmanagement) sowie die Wirkung der Kosteneinflussgrößen bereits in der

Grenzkostenrechnung frühen Phase der Produktentwicklung im Rahmen des o Target Costing zu berücksichtigen. Unternehmerische Entscheidungen (z.B. Produktionsprogrammplanung) erfordern bei der Knappheit betrieblicher Ressourcen (räumliche, zeitliche und kapazitätsbezogene Restriktionen) nicht nur den Einbezug der tatsächlich anfallenden (Grenz-)Kosten, sondern ebenfalls die Berücksichtigung von Opportunitätskosten als zusätzliche wertmäßige Kosten. Opportunitätskosten stellen Gewinneinbußen dar, welche sich aus unternehmerischen Entscheidungen sowie deren Auswirkungen auf andere Entscheidungsvariablen ergeben. Die Knappheit betrieblicher Ressourcen führt beispielsweise bei der Produktionsprogrammplanung dazu, dass die Inanspruchnahme der Ressourcen durch das gewählte Produktions- und Absatzprogramm andere Produktarten verdrängt oder deren Mengenausweitung ausschließt. Falls Produkte mit positiven Deckungsbeiträgen verdrängt werden, verursacht die Entscheidung für ein Produktionsprogramm nicht nur die entscheidungsrelevanten Grenzkosten, sondern durch den Verzicht auf Deckungsbeiträge auch zusätzliche Opportunitätskosten je Mengeneinheit eines im Produktionsprogramm nicht enthaltenen Produktes. Die Opportunitätskosten sind entscheidungsrelevant, sofern die bestehenden Ressourcenrestriktionen in dem verwendeten Entscheidungsmodell nicht integriert sind. Grenzkosten (bzw. die G.) können neben der Fundierung unternehmerischer Entscheidungsprobleme auch für die Steuerung von dezentralen Unternehmenseinheiten eingesetzt werden. Wie die klassische Verrechnungspreisliteratur (Hirshleifer, 1956, 1957) zeigt, induzieren grenzkostenbasierte o Verrechnungspreise die gesamtunternehmensoptimale Mengenentscheidung bei dezentraler Entscheidungsfindung von sequen-

tiell verflochtenen Unternehmenseinheiten. Die entscheidungsrelevante Kostenstruktur des in der Wertschöpfung vorgelagerten Bereichs wird durch einen grenzkostenbasierten Verrechnungspreis an den nachgelagerten Bereich übertragen; es erfolgt kein doppelter Preisaufschlag und keine suboptimale Mengenentscheidung. Als Ergebnis wird ersichtlich, dass der maßgebliche Vorteil der G. in der Erfassung und dem Ausweis der entscheidungsrelevanten Grenzkosten besteht. Lit.: Adam, D.: Grenzkostenrechnung, in: HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 824-832; Beinhauer, M./Vikas, K.: Gemeinkostencontrolling im System der Grenzplankostenrechnung, in: krp 1993, S. 79-89; Harris, J.N.: What Did We Earn Last Month?, in: N.A.C.A. Bulletin 1936, S. 501-527; Herzog, E./Jurasek, W.: Vertriebscontrolling im System der Grenzplankostenrechnung, in: krp 1993, S. 288-293; Hirshleifer, J.: On the Economics of Transfer Pricing, in: JoB 1956, S. 172184; Hirshleifer, J.: Economics of the Divisionalized Firm, in: JoB 1957, S. 96108; Kilger, W.: Flexible Plankostenrechnung. Einführung in die Theorie und Praxis moderner Kostenrechnung, 1961; Kilger, W.: 25 Jahre Grenzplankostenrechnung, in: ZfB 1978, S. 154-161; Kilger, W.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. Aufl., 1993, S. 57-113; Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007; Nuppeney, W./Raps, A.: Produktionskosten-Controlling im System der Grenzplankostenrechnung, in: krp 1993, S. 145-155; Plaut, H.-G.: Die Grenz-Plankostenrechnung, in: ZfB 1953, S. 347-363, 402-413; Plaut, H.-G.: Die Grenzplankostenrechnung, in: ZfB 1955, S. 25-39; Plaut, H.-G.: Unternehmenssteuerung mit Hilfe der Voll- oder Grenzplankostenrechnung, in: ZfB 1961, S. 460-482; Plaut, H.-G.: Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung als 333

Grenzplankostenrechnung modernes Kostenrechnungssystem, in: krp 1984, S. 20-26, 67-72; Scheer, A.-W. (Hrsg.): Grenzplankostenrechnung. Stand und aktuelle Probleme, 2. Aufl., 1991; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 397-511; Vikas, K.: Grenzplankostenrechnung im Dienstleistungsbereich, 1988; Vikas, K.: Grenzplankostenrechnung, in: HWU, 4. Aufl., 2002, Sp. 626-636.

die einzelne Unternehmung gem. § 267 HGB Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Durchschnitt der Arbeitnehmerzahl an den Quartalsenden. Entsprechendes gilt gem. § 293 HGB für o Konzerne mit einer Kapitalgesellschaft als Mutterunternehmen, das selbst nicht kapitalmarktorientiert ist oder kein kapitalmarktbezogenes Tochterunternehmen konsolidiert hat, sowie gem. §§ 1 und 11 PublG für Unternehmen anderer Rechtsformen und Konzerne, deren Mutterunternehmen nicht eine Kapitalgesellschaft ist. Die Einteilung der G. zeigt Abb. 1 nach dem Stand von 2010. Werden die Grenzen der G. bei zwei Größenmerkmalen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren über- bzw. unterschritten, so gelten gem. §§ 267 Abs. 4 und 293 Abs. 1 HGB die Vorschriften für diese G.; nach PublG beträgt die Frist drei Jahre. Für o Kreditinstitute und o Versicherungsunternehmen gelten z.T. andere Größenmerkmale (z.B. § 1 Abs. 3 und 4 PublG) und Spezialvorschriften z.B. des KWG und VAG. In Österreich gelten für Kapitalgesellschaften gem. §§ 221 und 246 öUGB ähnliche G.

Christian Lohmann Grenzplankostenrechnung o Grenzkostenrechnung Grenzrendite Bei der Festlegung des Investitionsprogramms die erwartete Rendite (o = interner Zinsfuß) des zuletzt realisierten Investitionsobjekts. Größenklassen Die Pflicht der o Kapitalgesellschaften und o Genossenschaften für die Aufstellung von o Jahres- und o Konzernabschlüssen, für ihre o Prüfung und o Publizität werden vom HGB nach G. differenziert. Größenmerkmale sind für

Bilanzsumme

Umsatzerlöse

Arbeitnehmer

Mio. EUR

Mio. EUR

Zahl

Kleine Kapitalgesellschaften und Genossenschaften

d 4,84

d 9,68

d 50

Mittelgroße Kapitalgesellschaften und Genossenschaften

d 19,25

d 38,50

d 250

Große Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, Kapitalmarkorientierte Kapitalgesellschaften i.S. v. § 264d

> 19,25

> 38,50

> 250

> 23,10 > 19,25

> 46,20 > 38,50

> 500 > 500

> 65

> 130

> 5.000

addiert Nicht-kapitalmarkt konsolidiert orientierte Konzerne Personenunternehmen, Wirtschaftsvereine, Genossenschaften, Stiftung, Konzerne Abb. 1: Größenklassen nach HGB und PublG

334

Groves-Schema Die Einteilung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften nach G. gem. HGB bezweckt abgestufte Erleichterungen für kleine und mittelgroße Unternehmen bei der o Gliederung der Bilanz (§ 266 Abs. 1 HGB), der o Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 276 HGB), dem Inhalt des o Anhangs (§ 288 HGB). Die Konzernrechnungslegungspflicht beginnt erst bei Überschreitung der Werte von zwei der in § 293 HGB genannten Größenmerkmale. Dabei dürfen addierte oder konsolidierte Zahlen zugrunde gelegt werden. Eine Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses besteht für kleine Kapitalgesellschaften nicht (jedoch gem. § 53 GenG für Genossenschaften). Die o Publizitätspflichten sind nach G. abgestuft (§§ 326, 327 HGB), gelten für Mutterunternehmen, die zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, jedoch voll. Großunternehmen anderer Rechtsform und Konzerne, die wegen Überschreiten von zwei der in Abb. 1 genannten Größenmerkmalsgrenzen dem PublG unterliegen, haben grundsätzlich die Rechnungslegungs-, Prüfungs- und Offenlegungsvorschriften für große Kapitalgesellschaften und Konzerne des HGB zu beachten. Für o Personenunternehmen gelten einige Erleichterungen insb. für die GuV (o Anlage zur Bilanz); einen Anhang brauchen sie nicht aufzustellen. Lit.: Busse von Colbe, W.: § 293 HGB, in: Münchener Komm. zum HGB, 3. Aufl., 2011; Knop, W., in: Küting, K./Weber, C.-P.: HdR, 4. Aufl., Bd. I a, 1995, S. 1333-1344; Reiner, G: § 267 HGB, in: Münchener Komm. zum HGB, 3. Aufl., 2011; Schellhorn, M.: Zur Anwendung der erhöhten Schwellenwerte des § 267 in der Fassung des BilMoG und weitere Anwendungsfragen des § 267 HGB, in: DStR 2009, S. 2696-2699. Walther Busse von Colbe

Group accounts = o Konzernabschluss Groves-Schema 1. Darstellung und Wirkungsweise Das G. ist ein finanzielles Anreizsystem, das eine optimale Verteilung knapper Ressourcen in divisionalen Unternehmen ermöglichen soll. Probleme, die bei der Entlohnung von Bereichsleitern allein am jeweiligen Bereichserfolg entstehen, sollen vermieden werden. Bei einer solchen Entlohnung wird das Interesse der Bereichsleiter nämlich darin liegen, möglichst viele Ressourcen von der Zentrale zugeteilt zu bekommen, um den eigenen Bereichserfolg zu maximieren. Daher könnten die Bereichsleiter versucht sein, verzerrte Bereichserfolge an die Zentrale zu berichten, um zu Lasten der anderen Bereiche möglichst viele knappe Ressourcen zu erhalten. Dieses opportunistische Verhalten der Bereichsleiter kann zu gravierenden Fehlallokationen und einer Verringerung des Unternehmenswerts führen. Das G. soll die Bereichsleiter im Rahmen der o Budgetierung zu einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung über ihre erwarteten Bereichserfolge an die Zentrale veranlassen, indem es die Erfolge aller Bereiche in der Entlohnungsfunktion berücksichtigt. Formal lässt sich die Prämienfunktion des G. wie folgt darstellen: Bi = Bfix,I + βi × Gi = Bfix,I + βi × (yIst,I + n ¦ j 1 yPlam, j - Ki) mit i≠j mit: Bi Bfix,i βi Gi yIst,i yPlan,j Ki

= Entlohnung des Bereichsmanagers i = Grundprämie des Bereichsmanagers i = Bonuskoeffizient für Bereichsmanager i = Groves-Maß für Bereichsmanager i = Ist-Ausprägung der Bezugsgröße im Bereich i = Plan-Ausprägung der Bezugsgröße in den übrigen Bereichen = individuelle Korrekturgröße für Bereichsmanager i

Die Entlohnung eines Bereichsmanagers setzt sich zusammen aus einem fixen Be335

Groves-Schema standteil und einer variablen Vergütung, die zum einen abhängig ist vom IstErfolg des eigenen Bereichs und zum anderen vom berichteten Plan-Erfolg der anderen Bereiche abzüglich einer individuellen Korrekturgröße. Falls ein Bereichsmanager aufgrund seines berichteten Bereichserfolgs keine Ressourcen von der Zentrale zugeteilt bekommt, erhält er einen Ausgleich in Form der Beteiligung am Plan-Erfolg der anderen Bereiche. Somit besteht auch bei rein finanziell interessierten Bereichsmanagern und für den Fall knapper finanzieller Ressourcen kein Anreiz mehr, Berichte zu manipulieren. Denn berichtet ein Bereichsmanager zu hohe Plan-Erfolge und bekommt aufgrund dessen Ressourcen zugeteilt, muss er auf die Beteiligung am Plan-Erfolg des verdrängten Bereichs verzichten und erhält nur eine Beteiligung am geringeren Ist-Erfolg seines Bereichs. Der Vorteil aus der Manipulation entsteht ausschließlich bei den anderen Bereichsmanagern, die anhand des berichteten Plan-Erfolgs vergütet werden. Eine wahrheitsgemäße Berichterstattung ist demzufolge beim G. für jeden Bereichsmanager die beste Vorgehensweise, unabhängig davon, ob die anderen Bereichsmanager wahrheitsgemäß berichtet haben oder nicht. Die höchste variable Entlohnung entsteht bei optimaler Ressourcenallokation. 2. Beurteilung Die Eignung des G. wird in der Literatur recht kontrovers diskutiert. Einigkeit besteht jedoch darüber, dass das G. bei ausschließlich finanziell interessierten Bereichsmanagern unabhängig von Ressourcenknappheit die Anforderung der Anreizkompatibilität erfüllt, da eine wahrheitsgemäße Berichterstattung für ihn auch dann vorteilhaft ist, wenn ein anderer Bereichsmanager manipuliert berichtet. Da die Bereichsmanager am Ist-Erfolg ihres eigenen Bereichs entlohnt werden, kann ebenfalls eine Moti336

vationswirkung des G. bestätigt werden. Als nur bedingt erfüllt einzustufen ist hingegen die an Anreizsysteme gestellte Anforderung der Beeinflussbarkeit (Controllability), da die eigene Vergütung auch von den Planungen der anderen Bereiche abhängig ist. So könnte z.B. die Unterschätzung des Plan-Erfolgs durch einen Bereichsmanager zu einer Verminderung der Entlohnung der anderen hierfür nicht verantwortlichen Bereichsmanager führen, ohne jedoch gleichermaßen auch eine negative Auswirkung auf die Entlohnung des verantwortlichen Bereichsmanagers zu haben, da dieser ausschließlich an seinem IstErfolg vergütet wird. Kritisiert wird weiterhin, dass die Berechnung des GrovesMaßes in komplexen Organisationen kaum nachvollziehbar ist. Der größte Kritikpunkt am G. besteht eindeutig in seiner mangelnden Kollusionsresistenz. So besteht die Gefahr, dass die Bereichsmanager untereinander Absprachen über ihrer Meldestrategien treffen, um ihre Entlohnungen zu Lasten der Zentrale zu erhöhen. Vorteilhaft kann eine Absprache vor allem dann sein, wenn alle Bereichsmanager ihre Meldungen in gleichem Maße manipulieren, da sich hierdurch bei unveränderter Ressourcenzuteilung die Entlohnung sämtlicher Bereichsmanager erhöht. Ändert sich im Fall einer Absprache hingegen die Ressourcenzuteilung, können positive Kollusionseffekte durch die mit der Fehlallokation verbundenen finanziellen Nachteile überkompensiert werden. Eine weitere Absprachemöglichkeit besteht darin, dass nur ein Bereichsmanager nicht wahrheitsgemäß berichtet und die anderen, den Vorteil daraus ziehenden Bereichsmanager, sich im Gegenzug zu Seitenzahlungen verpflichten. Lit.: Arbeitskreis „Finanzierung” der Schmalenbach-Gesellschaft: InvestitionsControlling – Zum Problem der Informationsverzerrung bei Investitionsentscheidungen in dezentralisierten Unterneh-

Grundgrößen des Rechnungswesens men, in: ZfbF 1994, S. 899-925; Arnold, M.C./Ponick, E.: Kommunikation im Groves-Mechanismus – Ergebnisse eines Laborexperiments, in: ZfbF 2006, S. 89-120; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Laux, H.: Unternehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle, 3. Aufl., 2006; Groves, T.: Incentives in Teams, in: Econometrica 1973, S. 617-631; Groves, T./Loeb, M.: Incentives in a divisionalized firm, in: Management Science 1979, S. 221-230; Kunz, A.H./Pfeiffer, T.: Investitionsbudgetierung und implizite Verträge: Wie resistent ist der Groves-Mechanismus bei dynamischer Interaktion?, in: ZfbF 1999, S. 203-223. Nina Kalhöfer Gründungsinvestition = Anfangsinvestition. Summe der o Investitionen, die dem Aufbau eines Betriebes und der Bereitstellung der ersten absatzreifen Leistungseinheiten dienen. Gründungsprüfung o Sonderprüfungen Grunderlöse o Erlöse, denen ein o Ertrag in gleicher Höhe gegenübersteht. Die G. entsprechen dem o Zweckertrag. Teilweise werden die G. auch als Grundleistungen bezeichnet. Grundgrößen des Rechnungswesens 1. Einführung In verschiedenen Teilgebieten des o Rechnungswesens werden unterschiedliche Rechengrößen verwendet, die auch als G. bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um die vier Begriffspaare der Einzahlungen und Auszahlungen, der Einnahmen und Ausgaben, der Erträge und Aufwendungen sowie der Erlöse und Kosten.

2. Einzahlungen und Auszahlungen Einzahlungen sind Zuflüsse liquider Mittel zum betrachteten Unternehmen, Auszahlungen sind Abflüsse liquider Mittel. Der Saldo der Ein- und Auszahlungen einer Periode wird auch als o Cashflow bezeichnet und entspricht grundsätzlich der Differenz zwischen den Beständen der liquiden Mittel am Periodenanfang und -ende. Abweichungen ergeben sich nur ausnahmsweise, z.B. beim Diebstahl von Bargeld oder bei Wertänderungen von Devisen oder Sorten. Ein- und Auszahlungen werden als Rechengrößen bei der Aufstellung einer o Kapitalflussrechnung verwendet. In den nach den maßgebenden Rechnungslegungsnormen (z. B. HGB i.V.m. DRS, IFRS, US-GAAP) aufgestellten Kapitalflussrechnungen werden die Einund Auszahlungen dem sog. Aktivitätenformat entsprechend in operative, investitionsbezogene und finanzierungsbezogene Zahlungen gegliedert. Auch der o Finanzplanung sowie der dynamischen o Investitionsrechnung liegen Einzahlungen und Auszahlungen zugrunde, die sich in diesem Fall auf künftige Zeiträume beziehen und daher geschätzt werden müssen. Im Rahmen der laufenden o Buchhaltung werden Einzahlungen und Auszahlungen als Zugänge bzw. Abgänge auf Geldkonten erfasst. Je nach Gegenbuchung sind die folgende Arten von Einzahlungen zu unterscheiden: ertragsgleiche Einzahlungen (z.B. Barverkauf von Produkten), dem Ertrag nachgelagerte Einzahlungen (z.B. Begleichung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen durch Kunden), dem Ertrag vorgelagerte Einzahlungen (z.B. erhaltene Anzahlungen für Produkte) und stets ertragsunwirksame Einzahlungen (z.B. Darlehensaufnahme bei Dritten). In gleicher Weise sind die folgenden Arten von Auszahlungen zu unterscheiden: 337

Grundgrößen des Rechnungswesens aufwandsgleiche Auszahlungen (z.B. Bezahlung von Löhnen und Gehältern für Arbeitsleistungen der gleichen Periode), dem Aufwand nachgelagerte Auszahlungen (z.B. Begleichung von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen), dem Aufwand vorgelagerte Auszahlungen (z.B. Bareinkauf von Rohstoffen, die noch nicht verbraucht sind), stets aufwandsunwirksame Auszahlungen (z.B. Tilgung eines Darlehens oder Gewinnausschüttung). 3. Einnahmen und Ausgaben Das Begriffspaar der Einnahmen und Ausgaben bezeichnet Veränderungen des Nettogeldvermögens, welches sich aus den liquiden Mitteln, den Forderungen als positive Komponente und den Verbindlichkeiten als negative Komponente zusammensetzt. Einnahmen liegen bspw. dann vor, wenn ein Unternehmen Güter auf Ziel verkauft und dadurch eine Forderung entsteht. Umgekehrt ist eine Ausgabe gegeben, wenn Güter bezogen werden, die erst später bezahlt werden, so dass eine Verbindlichkeit begründet wird. Ein- oder Auszahlungen, durch die Forderungen oder Verbindlichkeiten beglichen werden, sind keine Einnahmen bzw. Ausgaben, da in diesen Fällen das Nettogeldvermögen durch die gegenläufige Änderung von liquiden Mitteln einerseits und Forderungen bzw. Verbindlichkeiten andererseits gleich bleibt. Gleicht das betrachtete Unternehmen bspw. eine Verbindlichkeit aus, verringert dies zwar die liquiden Mittel, zugleich reduziert sich aber der Betrag der Verbindlichkeiten, der als negative Komponente in das Nettogeldvermögen einfließt. Während Ein- und Auszahlungsrechnungen vor allem finanzwirtschaftlich eingesetzt werden, eignet sich die Darstellung von Einnahmen und Ausgaben auch zur Darstellung güter- und leistungswirtschaftlicher Unternehmensprozesse, da Einnahmen und Ausgaben stets spiegel338

bildlich die Abgabe bzw. der Bezug von Gütern und Dienstleistungen gegenübersteht. 4. Erträge und Aufwendungen Die Rechengrößen der Erträge und Aufwendungen knüpfen anders als die ersten beiden Begriffspaare nicht an die Veränderung eines mehr oder weniger eng definierten Finanzmittelfonds an, sondern sind als erwirtschaftete Veränderungen des Reinvermögens (o Eigenkapital) definiert. Erträge als Reinvermögensmehrungen stellen den Wert aller in der Periode erbrachten Leistungen dar, Aufwendungen als Reinvermögensminderungen entsprechen dem Wert der in der betrachteten Periode verbrauchten Leistungen. Definitionsgemäß erfordert die Quantifizierung von Erträgen und Aufwendungen eine Bewertung des Reinvermögens bzw. der entsprechenden periodenbezogenen Reinvermögensänderungen. Im Unterschied zu den in der Kostenrechnung verwendeten Größen der Erlöse und Kosten werden die Erträge und Aufwendungen stets zahlungsorientiert bewertet, d.h. in Höhe der vergangenen bzw. künftig erwarteten Zahlungen, die den Reinvermögensänderungen zugrunde liegen (Pagatorik). In zeitlicher Hinsicht wird allerdings nicht an die Zahlungsgrößen angeknüpft, sondern die Erträge und Aufwendungen werden in der Periode des Nutzenzuflusses bzw. des Ressourcenverbrauchs erfasst. Ein typisches Beispiel hierfür ist die planmäßige Abschreibung einer Anlage über den Zeitraum ihrer voraussichtlichen Nutzung. Da Aufwendungen und Erträge wertmäßig, aber nicht zeitlich an Geldflüsse anknüpfen, werden Erträge auch als periodisierte Einnahmen und Aufwendungen als periodisierte Ausgaben definiert. Nicht zu den Aufwendungen und Erträgen gehören Veränderungen des Reinvermögens, die nicht erwirtschaftet sind, sondern auf Transaktionen mit den Eigenkapitalgebern beruhen, wenn diese

Grundgrößen des Rechnungswesens in der Position als Eigenkapitalgeber begründet sind, wie Gewinnausschüttungen oder Einlagen. Erträge und Aufwendungen sind die G. des externen Rechnungswesens, vor allem der kaufmännischen o Buchhaltung sowie des darauf aufbauenden o Jahresabschlusses. Daraus folgt, dass die konkrete Definition der Erträge und Aufwendungen zum einen durch die für den Jahresabschluss maßgebenden Rechtsvorschriften bestimmt wird. Zum anderen können auch die im Rahmen der Bilanzpolitik zu treffenden Entscheidungen mit dafür maßgebend sein, in welchem Geschäftsjahr ein konkreter Geschäftsvorfall zu Erträgen bzw. Aufwendungen führt. Beispielsweise sind Entwicklungsausgaben einer Periode nur dann Aufwand, wenn das betrachtete Unternehmen auf deren gemäß § 248 Abs. 2 HGB zulässige Aktivierung verzichtet. In der o Rechnungslegung entspricht der Saldo der Erträge und Aufwendungen dem Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag. Die Gegenüberstellung der Erträge und Aufwendungen ist die o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), die alle Kaufleute als Bestandteil ihres Jahresabschlusses aufstellen müssen (§ 242 Abs. 2 HGB). Für o Kapitalgesellschaften (& Co.) sind gesetzliche Gliederungsschemata für die GuV nach dem o Gesamtkostenverfahren und nach dem o Umsatzkostenverfahren vorgegeben (§ 275 HGB). Die Aufwendungen und Erträge können nach verschiedenen Kriterien systematisiert werden. Nach ihrer Zahlungswirksamkeit sind Erträge und Aufwendungen, die in derselben Periode mit Zahlungen verbunden sind, von solchen zu unterscheiden, bei denen dies nicht der Fall ist. Diese Differenzierung ist besonders von Bedeutung, wenn bei der o Bilanzanalyse der Cashflow geschätzt oder aus einer GuV näherungsweise eine Kapitalflussrechnung erstellt werden soll. Ferner werden Erträge und Aufwendungen häu-

fig systematisiert, indem sie dem betrieblichen Bereich, dem Finanzbereich sowie dem außerordentlichen Bereich zugeordnet werden. 5. Erlöse und Kosten Die Rechengrößen Erlöse und Kosten erfassen die betriebszweckbezogenen Änderungen des Reinvermögens. Sie sind wie die Erträge und die Aufwendungen periodisierte Größen und stehen daher diesem Begriffspaar inhaltlich nahe. Sie werden allerdings nicht im externen, sondern im internen Rechnungswesen (o Erlösrechnung, o Kostenrechnungssysteme) verwendet. Da die Kostenrechnung nicht gesetzlich normiert ist, werden Erlöse und Kosten nicht in allen Unternehmen einheitlich definiert. Von den Erträgen und Aufwendungen unterscheiden sich die Erlöse und Kosten in zweierlei Hinsicht. Zum einen erfassen die Erlöse und Kosten nur die sachzielbezogenen (also die durch den Betriebszweck veranlassten) Nutzenzuflüsse sowie Ressourcenverbräuche und sind insofern enger definiert als die Erträge und Aufwendungen. Beispielsweise zählen Einnahmen aus der Nutzung nicht betriebsnotwendigen Vermögens (z. B. Finanzanlagen) nicht zu den Erlösen. Der Teil der Erträge und Aufwendungen, dem keine Erlöse bzw. Kosten entsprechen, wird als neutraler Aufwand bzw. neutraler Ertrag bezeichnet. Zum anderen werden Erlöse und Kosten im Unterschied zu den Erträgen und Aufwendungen nicht unbedingt auf pagatorischer Basis ermittelt. Vielmehr dürfen auch kalkulatorische Kosten einbezogen werden, die nach dem Opportunitätsgedanken ermittelt werden, indem alternative Verwendungen der in Anspruch genommenen Ressourcen zugrunde gelegt werden. Beispiele für kalkulatorische o Kosten sind kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital oder der kalkulatorische Unternehmerlohn. Bei den kalkulatorischen Kosten wird zwischen Zusatzkos339

Grundinvestition ten, denen kein Aufwand entspricht, und Anderskosten, denen Aufwand in abweichender Höhe gegenübersteht, unterschieden. Soweit Kosten und Aufwand in derselben Höhe gegenüberstehen, werden diese Größen aus Sicht der Kostenrechnung als Grundkosten und aus Sicht der externen Rechnungslegung als Zweckaufwand bezeichnet. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 11. Aufl., 2011, S. 4 f.; Haberstock, L./Breithecker, V.: Kostenrechnung 1: Einführung, 13. Aufl., 2008, S. 15-25. Stefan Thiele Grundinvestition Investition, die das erste Element einer o Investitionskette darstellt. Grundkosten Kosten, denen in gleicher Höhe o Aufwand gegenübersteht. Die G. entsprechen dem o Zweckaufwand. Grundleistung o Grunderlöse Grundrechnung Ursprünglich von Eugen Schmalenbach vorgeschlagene und später im Kontext der o Einzelkosten- und o Deckungsbeitragsrechnung erweiterte Aufstellung der für verschiedene Aufgaben des Rechnungswesens notwendigen Daten. Die G. ist eine zweckneutrale und mehrdimensionale Aufstellung, in der auf eine Verdichtung und Schlüsselung von Daten verzichtet wird. Die Zuordnung nicht eindeutig zurechenbarer Größen bleibt den o Auswertungsrechnungen vorbehalten. Es können verschiedene Teilbereiche der G. unterschieden werden, z.B. die G. der o Erlöse, die G. der o Kosten und die G. der Potenziale. Während in den ersten beiden die innerhalb eines Abrechnungszeitraums angefallenen Erlöse und Kosten systematisch nach Erlös- bzw. Kostenarten erfasst werden, bildet die G. der 340

Potenziale die verfügbaren Bestände an personellem und sachlichem Nutzungspotenzial einer Unternehmung und deren geplante Beanspruchung durch o Kostenstellen ab. Lit.: Riebel, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., 1994, S. 430-443; Friedl, B.: Kostenrechnung, 2. Aufl., 2010, S. 446-454. Grundsätze ordnungsmäßiger schlussprüfung (GoA)

Ab-

1. Aufgabe, Rechtsnatur und Struktur der GoA Bei den GoA handelt es sich um ein System von Prinzipien und Einzelnormen, die das Verhalten von Abschlussprüfern (o Wirtschaftsprüfer) steuern sollen. Der in der Literatur sowie in den Verlautbarungen des o Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) verwendete Begriff der GoA ist als solcher in den Gesetzen nicht ausdrücklich zu finden. Neben ihrer normativen Funktion in Form der Festlegung konkreter Vorgaben für die Planung und Durchführung der Prüfung haben die GoA auch eine deskriptive Aufgabe, nämlich die Vermittlung einer Vorstellung über Art, Umfang und Inhalt der Abschlussprüfung gegenüber den Abschlussadressaten. Kernelement eines Prüfungsprozesses ist der Vergleich eines nicht vom Prüfer selbst herbeigeführten Ist-Objekts mit einem vorgegebenen oder nach bestimmten Kriterien zu ermittelnden SollObjekt. Abschlussprüfung lässt sich somit definieren als ein Prozess zur Gewinnung einer vertrauenswürdigen Urteilsbildung durch den Vergleich des von der berichtenden Einheit vorgelegten Abschlusses mit dem Soll-Abschluss, wie er nach den maßgeblichen Rechnungslegungsvorschriften zu ermitteln ist, und die anschließende Urteilsbildung sowie zur Mitteilung dieses Urteils an die Abschlussadressaten.

Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) Die GoA regeln die Auftragsannahme sowie sämtliche Teilprozesse der Prüfung. Bei den GoA lassen sich obere und untere GoA unterscheiden. Obere GoA gelten für jede Abschlussprüfung bzw. für alle Teilprozesse einer Abschlussprüfung. Demgegenüber sind untere GoA auf die Prüfung bestimmter Ist-Objekte oder auf bestimmte Prüfungsverfahren bezogen. 2. Methoden zur Ermittlung von GoA Analog zur Ermittlung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) lassen sich als wesentliche Methoden zur Ermittlung der GoA die Induktion, die Deduktion sowie die Hermeneutik unterscheiden: a) Induktive Methode. Bei der induktiven Methode werden die GoA empirisch durch Rückgriff auf das Verhalten des Berufsstands der Abschlussprüfer ermittelt. Die induktive Methode versagt bei neuartigen Prüfungsfragen, für die sich noch keine allgemeine Übung herausgebildet hat. Auch beinhaltet sie die Gefahr, dass GoA einseitig aus der Sicht der Abschlussprüfer und ohne ausreichende Berücksichtigung der Interessen aller Stakeholder der Abschlussprüfung entwickelt werden. b) Deduktive Methode. Die deduktive Methode geht vom Sinn gesetzlicher Bestimmungen zur Abschlussprüfung aus und leitet die GoA aus den gesetzlichen Zielen der Abschlussprüfung ab. Von den Zielen wird auf die Mittel geschlossen, mit deren Hilfe sich die Ziele erreichen lassen. c) Hermeneutische Methode. Bei der hermeneutischen Methode handelt es sich um eine in der Rechtswissenschaft anerkannte ganzheitliche Methode für die Auslegung im Gesetz kodifizierter sowie die Entwicklung im Gesetz nicht kodifizierter Grundsätze, bei der die üblichen juridischen Auslegungskriterien systematisch und im Zusammenhang angewendet

werden. Bei der Auslegung gesetzlicher Vorschriften sind somit neben Wortlaut und vermutetem Wortsinn v.a. auch Bedeutungszusammenhang und Entstehungsgeschichte der Vorschriften, Gesetzesmaterialien und Ansichten des Gesetzgebers sowie betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte ganzheitlich zu berücksichtigen. Daneben fließen auch die Methoden der Induktion und der Deduktion in die Betrachtung ein, da auch die Ansichten des Berufsstandes (und der Jahresabschlussadressaten) sowie die Ziele der Jahresabschlussprüfung zu berücksichtigen sind; die so gewonnenen Erkenntnisse sind indes auf Konformität mit obigen Auslegungskriterien zu prüfen. 3. Quellen von GoA Eine gesetzliche Normierung erfahren die Pflichten des Abschlussprüfers insbesondere in §§ 316-324a, 332 und 333 HGB für gesetzliche Abschlussprüfungen sowie in §§ 43, 44 und 49 WPO für alle beruflichen Tätigkeiten des Wirtschaftsprüfers. Sowohl die Vorschriften des HGB als auch die der WPO sind grundsätzlicher Art. Die Prüfungsdurchführung und -berichterstattung wird in nationalen bzw. internationalen Prüfungsstandards weiter konkretisiert. Dabei werden die Anforderungen an die Prüfungsdurchführung i.e.S. durch die vom IDW verabschiedeten Prüfungsstandards (IDW PS) geregelt. Diese Regeln werden in den internationalen o Prüfungsnormen durch die im International Standard on Auditing (ISA) 220 und im International Standard on Quality Control 1 (ISQC 1) festgelegten Anforderungen zur Qualitätssicherung bei der Auftragsdurchführung ergänzt. In Deutschland werden die Anforderungen an die Qualitätssicherung in der Gemeinsamen Stellungnahme der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) und des IDW: Anforderungen an die Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüferpraxis (VO 1/2006) umgesetzt. Darüber hinaus 341

Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) obliegt es der WPK gem. § 57 WPO, die allgemeinen Berufspflichten in der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer (WP/vBP) zu konkretisieren. Die für gesetzliche Abschlussprüfungen von o Jahresabschluss und o Konzernabschluss sowie des o (Konzern-)Lagebericht(s) geltenden Grundsätze werden grundsätzlich auch auf andere Prüfungen und sonstige Aufgaben von Wirtschaftsprüfern sinngemäß angewendet. a) GoA aufgrund allgemeiner Berufspflichten. Zu den aus der Berufsethik ableitbaren allgemeinen Berufspflichten, die der WP zu berücksichtigen hat, gehören: – Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Vermeidung der Besorgnis der Befangenheit: WP/vBP haben ihren Beruf unabhängig auszuüben, sich – insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten – unparteiisch zu verhalten sowie bei Besorgnis der Befangenheit die Durchführung eines Auftrags zu versagen. Diese Berufspflichten finden ihren gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Niederschlag in §§ 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, 49 Alt. 2 WPO, §§ 2, 20 ff. Berufssatzung. In §§ 319, 319a HGB wird der Unabhängigkeitsgrundsatz für den Fall der gesetzlichen Abschlussprüfung konkretisiert: Danach ist die Bestellung eines Abschlussprüfers bzw. die Durchführung der Prüfung (bei späterer Inhabilität) ausgeschlossen, wenn die dort beschriebenen Beziehungen geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art vorliegen, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben. Gemäß § 319b HGB werden bestimmte Unabhängigkeitsvorschriften der §§ 319, 319a HGB auf Mitglieder des Netzwerks, dem der Abschlussprüfer angehört, ausgedehnt. 342

– Gewissenhaftigkeit einschließlich der beruflichen Kompetenz und der berufsüblichen Sorgfalt sowie der Beachtung fachlicher Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze: WP/vBP sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an das Gesetz gebunden, haben sich über die für ihre Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten und diese und fachliche Regeln zu beachten (§ 4 der Berufssatzung). Für gesetzliche Abschlussprüfungen ist die Pflicht zur gewissenhaften Prüfung zudem ausdrücklich in § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB geregelt. – Verschwiegenheit: WP/vBP sind zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 43 Abs. 1 Satz 1 WPO). Sie dürfen Tatsachen und Umstände, die ihnen bei ihrer Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt werden, nicht unbefugt offenbaren sowie nicht unbefugt für eigene oder fremde Dispositionen verwerten (§§ 9 Abs. 1, 10 Berufssatzung). Bei gesetzlichen Abschlussprüfungen ist die Verschwiegenheitspflicht zudem in § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB kodifiziert. Die Verschwiegenheitspflicht gilt zeitlich unbegrenzt und gegenüber jedermann, es sei denn, sie entfällt aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder der WP/vBP wurde vom Mandanten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden. – Eigenverantwortlichkeit: Eigenverantwortlichkeit bedeutet, dass der WP/vBP sein Handeln in eigener Verantwortung und frei von Weisungen zu bestimmen, sich selbst ein Urteil zu bilden und seine Entscheidungen selbst zu treffen hat (§ 44 WPO, § 11 Berufssatzung). – Berufswürdiges Verhalten einschließlich Verantwortung gegenüber dem Berufsstand: Aufgrund der Pflicht zum berufswürdigen Verhalten hat sich der WP auch außerhalb der Be-

Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) rufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung als würdig zu erweisen (§ 43 Abs. 2 WPO). Sofern WP/vBP bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben Gesetzesverstöße feststellen, sind sie verpflichtet, ihre Auftraggeber auf diese aufmerksam zu machen (§ 13 Abs. 2 Berufssatzung). b) GoA zur Konkretisierung von Art und Umfang der Abschlussprüfung. Die fachlichen Prüfungsgrundsätze, die bei einer gesetzlichen Abschlussprüfung einzuhalten sind, basieren auf den Vorschriften des HGB (§§ 316 ff. HGB). Das Gesetz enthält jedoch nur allgemeine Vorschriften zu Gegenstand und Umfang der Prüfung und zur Berichterstattung. Daneben können einschlägige, die Prüfung betreffende Normen der Satzung oder des Gesellschaftsvertrages sowie entsprechende Gesellschafterbeschlüsse zu beachten sein. Ferner sind ggf. wirtschaftszweigspezifische, rechtsformbezogene und gesellschafterbezogene (z.B. § 53 HGrG) Vorschriften zu berücksichtigen. Eine Konkretisierung der fachlichen Grundsätze erfolgt durch die nationalen und internationalen berufsständischen Prüfungsnormen. Durch das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde die Verpflichtung zur Anwendung der internationalen Prüfungsgrundsätze im Gesetz explizit verankert: Nach § 317 Abs. 5 HGB hat der Prüfer bei der Durchführung von Abschlussprüfungen nunmehr unmittelbar die internationalen Prüfungsstandards anzuwenden, soweit diese von der Europäischen Kommission im sog. Komitologieverfahren angenommen worden sind, ggf. mit nationalen Erweiterungen oder Einschränkungen durch Gesetz oder Rechtsverordnung (§ 317 Abs. 6 HGB). Die Übernahmeentscheidung durch die EU-Kommission ist derzeit noch nicht erfolgt. Soweit (noch) keine internationalen Prüfungsstandards von der Europäischen Kommission über-

nommen wurden, werden die bei der Abschlussprüfung zu beachtenden GoA weiterhin durch die vom IDW verabschiedeten IDW PS konkretisiert (IDW PS 201, Tz. 28). Diese legen die Berufsauffassung der WP zu fachlichen Fragen der Prüfung dar und enthalten die Grundsätze zur Durchführung von Abschlussprüfungen sowie Festlegungen zu den dabei vorzunehmenden Prüfungshandlungen. Auch wenn die Übernahme der internationalen Prüfungsstandards in EURecht noch nicht erfolgt ist, sind die internationalen Prüfungsstandards schon bisher ganz überwiegend indirekt durch die IDW PS Bestandteil der Abschlussprüfungen in Deutschland. Bereits durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), welches am 1. Mai 1998 in Kraft getreten ist, wurde vom Gesetzgeber der Prüfungsumfang „in Anlehnung an internationale Grundsätze“ (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BT-Drs. 13/9712, S. 26) neu umschrieben und damit die Relevanz von internationalen Prüfungsstandards zum Ausdruck gebracht. Das IDW als Mitglied der International Federation of Accountants (IFAC) ist diesem Auftrag des Gesetzgebers gefolgt und hat die vom International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) der IFAC herausgegebenen International Standards on Auditing (ISA) in deutsche Prüfungsstandards transformiert. Dies gilt auch für die im Rahmen des sog. „Clarity-Projekts“ des IAASB in den Jahren 2007-2009 umfassend überarbeiteten und neugefassten ISA (sog. clarified ISA). Zu den berufsüblichen Prüfungsgrundsätzen zählen u.a. die Grundsätze des risikoorientierten Prüfungsansatzes, der Prüfungsplanung sowie der nachvollziehbaren Berichterstattung und Dokumentation (o Prüfungstechnik). Nach 343

Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) dem risikoorientierten Prüfungsansatz hat der Abschlussprüfer Prüfungshandlungen durchzuführen, um die Fehlerrisiken festzustellen und sodann aufbauend auf deren Beurteilung Prüfungsnachweise zur Funktion relevanter Teile des internen Kontrollsystems (Funktionsprüfungen) sowie zu den einzelnen Aussagen in der Rechnungslegung (aussagebezogene Prüfungshandlungen) einzuholen. Eine risikoorientierte Prüfung kann an der Systematik der Rechnungslegung ansetzen oder von den Unternehmensfunktionen und -prozessen ausgehen. Ein solcher risikoorientierter Ansatz dient auch dem Grundsatz der o Wirtschaftlichkeit der Abschlussprüfung. Die IDW PS werden vom Hauptfachausschuss des IDW in einem Verfahren verabschiedet, in dem den Berufsangehörigen und der interessierten Öffentlichkeit durch die Veröffentlichung von Entwürfen die Möglichkeit eingeräumt wird, Anregungen in die abschließenden Beratungen einfließen zu lassen. Durch IDW Prüfungshinweise (IDW PH) wird die Auffassung der Fachgremien zu einzelnen Prüfungsfragen – meist ergänzend zu den IDW PS – erläutert. Zu den internationalen Prüfungsnormen gehören die ISA sowie nach Art. 2 Nr. 11 der Abschlussprüferrichtlinie (Richtlinie 2006/43/EG) auch damit zusammenhängende Stellungnahmen und Standards, soweit sie für die Abschlussprüfung relevant sind. Fraglich ist, ob auch andere Verlautbarungen des IAASB oder der IFAC, wie der ISQC 1, die von der IFAC herausgegebenen International Auditing Practice Statements (IAPS) oder der IFAC Code of Ethics, der die von Abschlussprüfern im Rahmen ihrer Berufsausübung zu beachtenden Grundsätze festlegt, als mit den ISA zusammenhängende Stellungnahmen und Standards zu beurteilen sind, die durch die EU übernommen werden und damit zu beachten wären. Der ISQC 1 regelt Pflichten des 344

Abschlussprüfers in Bezug auf sein internes Qualitätssicherungssystem für Abschlussprüfungen und andere Dienstleistungen und ist bei der Durchführung einer Abschlussprüfung nach den ISA zu beachten. Dieser Standard hängt somit unmittelbar mit den ISA zusammen und fällt unter die im Falle der Übernahme durch die EU zu beachtenden internationalen Prüfungsstandards. Bezüglich der IAPS ist eine Übernahme durch die EU weniger wahrscheinlich, da diese teilweise veraltet sind bzw. aufgehoben werden und deren Verbindlichkeitscharakter nicht eindeutig ist. Ebenso wenig ist von einer Übernahme des Code of Ethics durch die EU auszugehen, da bezüglich der darin geregelten Bereiche den nationalen Normen eine Vorrangstellung zukommt. Die International Standards on Review Engagements (ISRE), die International Standards on Assurance Engagements (ISAE) sowie die International Standards on Related Services (ISRS) betreffen keine Abschlussprüfungen und fallen damit nicht unter obigen Begriff der internationalen Prüfungsstandards. Nach der ISA-Übernahme in Europa werden die IDW PS, die ein ISAÄquivalent haben, durch die entsprechenden ISA ersetzt. Die IDW PS werden dann im Bereich der allgemeinen Regelungen für Abschlussprüfungen künftig auf die nicht von den ISA abgedeckten Bereiche beschränkt sein, die auf nationalen Besonderheiten basieren (z.B. o Prüfungsbericht nach § 321 HGB, o Lagebericht nach § 289 HGB). Ferner bleiben die IDW PS/IDW PH zu besonderen Abschlussprüfungen (z.B. zum erweiterten Umfang der Jahresabschlussprüfungen von Krankenhäusern nach Landeskrankenhausrecht, von Energieversorgungsunternehmen nach dem Energiewirtschaftsgesetz etc.) und zu Themen außerhalb der Abschlussprüfung (z.B. Erteilung und Verwendung von

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) Softwarebescheinigungen, Prüfungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz etc.) bestehen. 4. Bindungswirkung Für den Abschlussprüfer ergibt sich eine rechtliche Bindungswirkung aus den Normen des HGB, der WPO und der Berufssatzung. Die IDW-Verlautbarungen (IDW PS, IDW PH) dienen der Konkretisierung der bei der gewissenhaften Berufsausübung i.S.v. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO zu beachtenden maßgeblichen fachlichen Regeln. Sie haben keine gesetzliche Bindungswirkung. Weicht jedoch ein Prüfer von diesen Normen ab, muss er im Zweifelsfall vor Gericht in der Lage sein, sein Abweichen zu begründen. Sofern keine besondere Regelung getroffen wurde, sind die Verlautbarungen des IDW zur Prüfung ab dem Zeitpunkt zu beachten, an dem sie den Mitgliedern des IDW bekannt gemacht werden. Lit.: Baetge, J./Fischer, T.R./Siefke, K.: § 317 HGB, in: Küting, K./Weber, C.-P. (Hrsg.): HdR – Einzelabschluss, 5. Aufl., 2005, Bd. 3: §§ 275-335b HGB, S. 7-10; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009; Bundesministerium der Justiz (BMJ): Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), in: BT-Drs. 13/9712 vom 28.01.1998; Forster, K.-H. et al.: § 317 und § 323 HGB, in: ADS, Teilbd. 7: §§ 316-330 HGB, 6. Aufl., 2000, S. 90-99, 630-646, 648; Gelhausen, F./Fey, G./Kämpfer, G.: Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 2009, Abschnitt S, S. 635-645; IDW (Hrsg.): IDW Prüfungsstandard: Rechnungslegungsund Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung (IDW PS 201) (Stand: 09.09.2009); Plendl, M./Stanke, C.: Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung, in: Freidank, C.-C./Lachnit, L./Tesch, J. (Hrsg.): Vahlens Großes Au-

diting Lexikon, 2007, S. 581-584; Rückle, D.: Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung, in: Ballwieser, W. et al. (Hrsg.): HdR, 3. Aufl., 2002, Sp. 1026-1041; Ruhnke, K.: Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung, in: Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (Hrsg.): Lexikon der Wirtschaftsprüfung: Nach nationalen und internationalen Normen, 2006, S. 356-359. Klaus-Peter Naumann Grundsätze ordnungsmäßiger führung (GoB) 1. Begriff

Buch-

Die Beachtung der GoB ist Bestandteil der Generalnormen für o Buchführung (§ 238 Abs. 1 HGB) und o Jahresabschluss (§§ 243 Abs. 1 und 264 Abs. 2 Satz 1 HGB). Als unbestimmter Rechtsbegriff umfassen die GoB grundsätzlich alle Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätze. Da nur ein Teil der GoB im Gesetz explizit – vor allem in § 252 Abs. 1 HGB – genannt ist, ist der Begriff unter Bezugnahme auf die Zwecke der handelsrechtlichen Rechnungslegung Dokumentation, Rechenschaft und Kapitalerhaltung auszulegen (oFunktionen des Jahresabschlusses). Die GoB dienen der Erfüllung der handelsrechtlichen Jahresabschlusszwecke, indem sie helfen, die gesetzlichen Einzelvorschriften zu konkretisieren und zu ergänzen (vgl. Abb. 1). Dabei stehen sie in wechselseitiger Beziehung zueinander und unterliegen keiner klaren Hierarchie (EiffelturmPrinzip). Die GoB gelten unabhängig von der Rechtsform für alle Kaufleute. 2. Elemente des GoB-Systems a) Dokumentationsgrundsätze. Die Dokumentationsgrundsätze bilden die Grundlage für die Erfüllung der Jahresabschlusszwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung. Sie sollen eine zuverlässige und vollständige Aufzeichnung und eine systematische Ordnung der Geschäftsvorfälle in der Buchführung ge345

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) währleisten und so sicherstellen, dass im Jahresabschluss die wirtschaftliche Lage zutreffend abgebildet wird. Einige Dokumentationsgrundsätze ergeben sich aus den §§ 238 und 239 HGB und beziehen sich auf einen systematischen Aufbau der Buchführung, die Sicherung der Vollständigkeit der Konten, vollständige und verständliche Aufzeichnungen, den Beleggrundsatz sowie auf die Aufbewahrungs- und Aufstellungsfristen, die Einrichtung eines Internen ÜberwachungsSystems (IÜS) sowie die entsprechende Dokumentation und Sicherung des IÜS. b) Rahmengrundsätze. Die Rahmengrundsätze stellen Bedingungen der Informationsvermittlung dar und legen fest, welche grundlegenden Anforderungen an die Abbildung des wirtschaftlichen Geschehens im Jahresabschluss zu stellen sind. Sie dienen somit sämtlichen Jahresabschlusszwecken. Als zentraler Rahmengrundsatz kann die Forderung nach Richtigkeit von Buchführung und Jahresabschluss angesehen werden. Hierbei ist „Richtigkeit“ so zu verstehen, dass die Abbildungsregeln des wirtschaftlichen Geschehens objektiv, d.h. intersubjektiv nachprüfbar sind. Dies verlangt die Beachtung der kodifizierten, wie auch der nicht-kodifizierten GoB und der übrigen handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften. Neben den Grundsatz der Objektivität tritt der Grundsatz der Willkürfreiheit, der zu beachten ist, wenn Spielräume bei Ansatz, Bewertung oder Ausweis bestehen oder der Bilanzierende bei der zukunftsbezogenen Abbildung von Sachverhalten auf subjektive Annahmen zurückgreift. Dem Grundsatz der Willkürfreiheit gemäß muss der Bilanzierende in diesen Fällen „von ihm für zutreffend gehaltene“ (Leffson, S. 203) Annahmen zugrunde legen. Bei Offenlegung der Annahmen wäre so eine Beurteilung der Bilanzierungsweise möglich. 346

Der Grundsatz der Vergleichbarkeit zielt auf zeitliche und zwischenbetriebliche Vergleiche von Jahresabschlüssen. Voraussetzung hierfür ist die Aufstellung des Jahresabschlusses unter gleichen Bedingungen, was durch den Grundsatz der Stetigkeit ausgedrückt wird. Die Stetigkeit umfasst als formelle Stetigkeit die Bilanzidentität (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB) und die Bezeichnungs-, Gliederungs- und Ausweisstetigkeit (§ 243 Abs. 2 HGB) sowie als materielle Stetigkeit die durch das o BilMoG kodifizierte Ansatzstetigkeit (§ 246 Abs. 3 HGB) und die Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Der Grundsatz der Vergleichbarkeit wird durch das BilMoG verschiedentlich tangiert. Während bspw. der neu eingeführte § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB (Ansatzpflicht eines derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts) sowie der aufgehobene § 249 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 HGB (Abschaffung bestimmter Aufwandsrückstellungen) die Vergleichbarkeit stärken, indem zuvor bestehende bilanzpolitische Spielräume eingeschränkt werden, werden eben diese bspw. durch das neu eingeführte Aktivierungswahlrecht des § 248 Abs. 2 HGB (selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens) wiederum ausgeweitet. Vom Grundsatz der Stetigkeit darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Die Grundsätze der Klarheit und Übersichtlichkeit sind in § 243 Abs. 2 HGB kodifiziert und besagen, dass die einzelnen Posten in Buchführung und Jahresabschluss der Art nach eindeutig bezeichnet und so geordnet sein müssen, dass die Bücher und Abschlüsse verständlich und übersichtlich sind. So wird dem Abschlussadressaten ermöglicht, sich in adäquater Zeit ein Bild von der Lage des Unternehmens zu verschaffen. Der Grundsatz der Vollständigkeit bildet die Voraussetzung für den Rechenschaftszweck, indem er die Erfassung

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)

Hauptzwecke von Buchführung und Jahresabschluss

Relativierter Adressatenschutz durch Interessenausgleich (=Interessenregelung)

Dokumentation

Rechenschaft

Kapitalerhaltung

Rahmengrundsätze

Dokumentationsgrundsätze

Fortführung der Unternehmenstätigkeit (=going concern)

Pagatorik

Einzelbewertung

Ansatzgrundsätze für die Bilanz Aktivierungsgrundsatz: Passivierungsgrundsatz: Prinzip der selbständi- Prinzip der Verpflichgen Verwertbarkeit tung, der wirtschaftlichen Belastung und der Quantifizierbarkeit

Definitionsgrundsätze für den Jahreserfolg Realisationsprinzip (Anschaffungs- bzw. Herstellungskostenprinzip)

Wirtschaftlichkeit; Wesentlichkeit

Systemgrundsätze (=Konzeptionsgrundsätze)

Vollständigkeit; Stichtags- und Periodisierungsprinzip

Dokumentation und Sicherung des IÜS

Klarheit und Übersichtlichkeit

Sicherung der Zuverlässigkeit und Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens durch ein der Art und Größe des Unternehmens angemessenes Internes Überwachungssystem (IÜS)

Erläuterung von Unstetigkeiten

Beleggrundsatz/Einzelerfassung Einhaltung der Aufbewahrungs- und Aufstellungsfristen

Vergleichbarkeit

Willkürfreiheit

Vollständige und verständliche Aufzeichnung

Richtigkeit

Stetigkeit

Sicherung der Vollständigkeit der Konten

Objektivität

Systematischer Aufbau der Buchführung

Abgrenzung der Sache und der Zeit nach

Kapitalerhaltungsgrundsätze Imparitätsprinzip

Vorsichtsprinzip

Abb. 1: Die GoB im Überblick

347

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aller aufzeichnungs- und buchungspflichtigen Vorgänge in der Buchführung (§ 239 Abs. 2 HGB), die Erfassung aller Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten in der Bilanz sowie der Aufwendungen und Erträge in der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) vorsieht (§ 246 Abs. 1 HGB). Zudem sind alle erkennbaren Risiken im Jahresabschluss zu berücksichtigen (sog. Inventur der Risiken). Ansatzgebote, -wahlrechte oder -verbote erweitern bzw. durchbrechen diesen Grundsatz. Der Grundsatz der Vollständigkeit wird durch das Bilanzstichtagsprinzip ergänzt (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 4 HGB), das besagt, dass die Sachverhalte zu einem bestimmten Zeitpunkt – dem Bilanzstichtag – abzubilden sind. Somit sind nur Informationen, die ihren Ursprung vor dem Stichtag haben (wertaufhellende Informationen), zu berücksichtigen. Zudem wird der Vollständigkeitsgrundsatz durch das Periodisierungsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) ergänzt, das festlegt, dass alle Ein- und Auszahlungen nach den Definitionsgrundsätzen für den Jahreserfolg und den Ansatzgrundsätzen für Bilanzposten dem jeweiligen Geschäftsjahr zugerechnet werden. Hierbei liegt das Verursachungsprinzip zugrunde, das durch die Grundsätze der Abgrenzung der Sache und der Zeit nach konkretisiert wird. Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz besagt, dass eine Steigerung des Informationsertrages nicht den zusätzlichen Aufwand des Bilanzierenden übersteigen darf. Mangels einer Operationalisierbarkeit ist auf das Kriterium der Relevanz zurückzugreifen. Die Wirtschaftlichkeit ist also weitgehend anhand qualitativer Kriterien zu beurteilen. Der Grundsatz ist nicht explizit im Gesetz genannt, sondern kann u.a. aus § 243 Abs. 3 HGB abgeleitet werden, wonach eine angemessene Zeit für die Aufstellung des Jahresabschlusses gefordert wird. 348

c) Systemgrundsätze. Die Systemgrundsätze bilden das konzeptionelle Fundament der GoB. Sie haben die Aufgabe sicherzustellen, dass ein einheitliches und zweckgerechtes GoB-System entwickelt werden kann und dass diese Grundsätze auch gleichartig ausgelegt und konkretisiert werden können. Als Systemgrundsätze gelten die folgenden in § 252 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 HGB kodifizierten GoB, die alle den Charakter genereller Regeln für die anderen GoB haben. Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist bei der Bewertung von Bilanzposten von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, „sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen“. Vermögensgegenstände sind demnach entsprechend ihrer tatsächlich beabsichtigten Verwendung zu bewerten. Nur wenn die Beendigung der Unternehmenstätigkeit in absehbarer Zeit tatsächlich beabsichtigt bzw. rechtlich geboten ist, basiert die Bewertung auf den voraussichtlich erzielbaren Liquidations- oder Veräußerungserlösen. Der Grundsatz der Pagatorik sieht vor, dass alle realen Vorgänge im Jahresabschluss ausschließlich anhand der mit ihnen verbundenen Zahlungsströme abzubilden sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB). Hiermit ist die Annahme verbunden, dass die Ein- und Auszahlungen den einzig objektiven Maßstab für die abzubildenden Geschäftsvorfälle darstellen. Von kalkulatorischen Größen ist bei der Wertfindung und o Periodisierung abzusehen. Dem Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) folgend ist jeder Vermögensgegenstand und jede Schuld grundsätzlich einzeln zu bewerten. Dies stärkt die Objektivierung der Rechnungslegung, da für jede einzelne Einheit der gewählte Ansatz zu dokumentieren, nachzuweisen und ggf. zu begründen ist. Nur in Ausnahmefällen darf

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) von der Einzelbewertung abgewichen werden, bspw. aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oder zur Stärkung der Aussagefähigkeit des Abschlusses. Die durch das BilMoG eingeführte Möglichkeit, Bewertungseinheiten zu bilden (§ 254 HGB), durchbricht den Grundsatz der Einzelbewertung. Diese Neuregelung dient indes vor allem der Klarstellung, da die bislang in der Praxis angewandte Bilanzierungsweise nunmehr gesetzlich kodifiziert ist. d) Ansatzgrundsätze für die Bilanz. Während § 252 Abs. 1 HGB vom Kaufmann verlangt, einen Abschluss aufzustellen, der das Verhältnis von Vermögen und Schulden darstellt, werden diese Begriffe im Gesetz nicht konkretisiert. Mit den Ansatzgrundsätzen werden daher Kriterien festgelegt, die die Eigenschaften eines Vermögensgegenstandes bzw. einer Schuld umschreiben. Dem Aktivierungsgrundsatz folgend ist ein Vermögensgegenstand grundsätzlich dann zu aktivieren, wenn er selbstständig verwertbar ist. Der Passivierungsgrundsatz konkretisiert den Ansatz von Schulden auf der Passivseite. Grundsätzlich sind sämtliche Schulden passivierungspflichtig. Eine Schuld liegt vor, wenn es sich um eine rechtliche oder wirtschaftliche Verpflichtung handelt, diese eine wirtschaftliche Belastung darstellt, die künftig zu einer Bruttovermögensminderung führt und sich, zumindest in einer Bandbreite, quantifizieren lässt. e) Definitionsgrundsätze für den Jahreserfolg. Die Definitionsgrundsätze für den Jahreserfolg determinieren, wann Einnahmen und Ausgaben erfolgswirksam in der GuV oder erfolgsneutral in der Bilanz zu erfassen sind und dienen somit der periodengerechten Erfolgsermittlung im Jahresabschluss. Das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB) besagt, dass Ge-

winne nur zu berücksichtigen sind, „wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind“. Nach dem Realisationsprinzip soll sichergestellt werden, dass reine Anschaffungs- und Herstellungsvorgänge noch keine Erfolgswirkung entfalten. Dadurch sollen der Ausweis und die Ausschüttung noch nicht realisierter Gewinne verhindert werden. Das Realisationsprinzip enthält zwei Komponenten. Zum einen bestimmt das in § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB kodifizierte AK/HK-Prinzip, dass Vermögensgegenstände höchstens mit ihren (fortgeführten) AK/HK anzusetzen sind, solange sie den Sprung zum Absatzmarkt noch nicht vollzogen haben. Als zweite Komponente determiniert der Zeitpunkt der Realisation, dass positive Erfolgsbeiträge zu realisieren sind, wenn der Sprung zum Absatzmarkt vollzogen wurde, d.h. wenn die (Haupt-) Lieferung oder Leistung bewirkt wurde. Ab hier greift nicht mehr die Wertobergrenze der (fortgeführten) AK/HK. Durchbrochen wird das Realisationsprinzip in wenigen Spezialfällen durch das BilMoG. So impliziert bspw. die Abzinsung von Rückstellungen eine zinsbringende Anlage des gebundenen Kapitals, was zu einer Ausschüttung noch nicht realisierter Zinserträge führen kann. Die Grundsätze der Abgrenzung der Sache und der Zeit nach bestimmen, wie Aufwendungen sowie zeitraumbezogene und periodenfremde Erträge zu periodisieren sind. Den Erträgen der jeweiligen Periode sind der Sache nach diejenigen Aufwendungen zuzurechnen, die erforderlich waren, um die entsprechenden Erträge zu realisieren. Zwischen den Erträgen und den zuzuordnenden Aufwendungen muss also eine Mittel-ZweckBeziehung bestehen. Dennoch wird der Grundsatz der Abgrenzung der Sache nach durch das BilMoG eingeschränkt, indem das Ansatzwahlrecht für bestimmte Aufwandsrückstellungen (§ 249 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 HGB) abgeschafft 349

Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur wurde, was indes den Grundsatz der Vergleichbarkeit fördert. Der Grundsatz der Abgrenzung der Zeit nach betrifft neben den Aufwendungen auch die Erträge und sieht vor, dass zeitraumbezogene Erträge und Aufwendungen den einzelnen Perioden pro rata temporis zuzurechnen sind. Periodenfremde (außerordentliche) Erträge und Aufwendungen sind dem Grundsatz entsprechend in der Periode zu erfassen, in der die Ereignisse bekannt werden, die zu diesen Erträgen und Aufwendungen geführt haben. f) Kapitalerhaltungsgrundsätze. Die Kapitalerhaltungsgrundsätze sind speziell auf den Zweck der (nominellen) Kapitalerhaltung des Jahresabschlusses ausgerichtet. Sie beziehen sich auf Sachverhalte, deren (negative) Erfolgswirkungen am Abschlussstichtag noch nicht eingetreten, aber bereits verursacht sind und für künftige Perioden erwartet werden. Das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB kodifizierte Imparitätsprinzip verlangt, im Jahresabschluss „alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen“. Unrealisierte künftige negative Erfolgsbeiträge sind, soweit sie im abzuschließenden Geschäftsjahr verursacht sind, bereits in der abzuschließenden Periode zu antizipieren. Dies beeinträchtigt die Informationsfunktion des Abschlusses, dient indes der Kapitalerhaltung, indem die Eigentümer angehalten werden, einen entsprechend geringeren Betrag auszuschütten. Ergänzt und konkretisiert wird das Imparitätsprinzip im Gesetz durch die Niederstwertvorschriften des § 253 Abs. 3 und 4 HGB sowie durch die Ansatzpflicht einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB. Nach dem Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) sind Vermögensgegenstände und Schulden vorsichtig zu bewerten. 350

Das Prinzip ist indes nur auf Sachverhalte anzuwenden, bei denen die künftige Entwicklung ungewiss ist. Der Kaufmann hat hierbei den Grundsatz der Willkürfreiheit zu beachten und nur solche Risiken zu berücksichtigen, die er bei Auswertung aller verfügbaren Informationen für möglich hält. Das Vorsichtsprinzip ist indes nicht als Bewertungsmaßstab sondern als Hilfestellung bei der Bewertung zu verstehen, die festlegt, wie Bewertungsspielräume auszufüllen sind. Neben dieser Bedeutung als Schätzmaßstab hat es auch die Aufgabe, eine genaue Bilanzierungsanweisung zu geben, wenn aus einer ermittelten Bandbreite ein punktueller Wert für die Bilanz zu bestimmen ist. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Solmecke, H.: Auswirkungen des BilMoG auf die Zwecke des handelsrechtlichen Jahresabschlusses, in: WPg 2009, S. 1211-1222; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009; Leffson, U.: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 1964; Solmecke, H.: Auswirkungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) auf die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 2009. Jörg Baetge/ Hans-Jürgen Kirsch Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur o Inventar und Inventur Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung (GoK) Aufstellungsregeln für den o Konzernabschluss, die zusätzlich zu den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu beachten sind. Die GoK sind teilweise in den §§ 290 - 312 HGB kodifiziert oder werden deduktiv aus den Funktionen des Konzernabschlusses (o Jahresabschluss, Funktionen) abgeleitet. Auf die GoK ist bei der Auslegung von Einzelvorschriften bzw. der Ausgestaltung von fehlenden gesetzlichen Re-

Gutschrift-/Lastschrift-Verfahren gelungen zurückzugreifen. Zu den GoK gehören u.a. die x Vollständigkeit des Konzernabschlusses, wonach grundsätzlich alle Tochterunternehmen in den o Konsolidierungskreis einzubeziehen sind (§ 300 Abs. 2 HGB); x Fiktion der rechtlichen Einheit, wonach alle konsolidierten Gesellschaften im Konzernabschluss so abzubilden sind, als wären sie rechtlich ein einziges Unternehmen (§ 297 Abs. 3 HGB); x Stetigkeit der Konsolidierungsmethoden, wonach die auf den vorhergehenden Konzernabschluss angewandten Methoden beibehalten werden sollen. Abweichungen sind in Ausnahmefällen zwar zulässig, die dann aber im Konzernanhang unter Angabe ihres Einflusses auf die Lage des Konzerns zu nennen und zu begründen sind (§ 297 Abs. 3 HGB); x Äquivalenz von Bilanzierungsmethoden, wonach in Zweifelsfällen bei der Aufstellung des Konzernabschlusses so zu entscheiden ist, dass eine möglichst weitgehende Äquivalenz zwischen Einzel- und Konzernabschluss erreicht wird;

Grundsätze ordnungsmäßiger Wirtschaftsprüfung = o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung Gruppenbewertung Bewertungsvereinfachung gem. § 240 Abs. 4 HGB, nach der gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens und andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände mit dem gewogenen Durchschnittspreis im o Jahresabschluss bewertet werden dürfen (o Bewertungsprinzipien). Gutschrift-/Lastschrift-Verfahren = Deckungsumlageverfahren Kostenstellenausgleichsverfahren zur Verrechnung von innerbetrieblichen Leistungen zwischen Vorkostenstellenunter Verwendung von standardisierten Verrechnungspreisen. Da die zur Leistungsverrechnung verwendeten standardisierten Verrechnungspreise i. d. R. nicht mit den tatsächlichen Verrechnungspreisen übereinstimmen, ist das G. ein Näherungsverfahren. Lit.: Friedl, G./Hofmann, C./Pedell, B.: Kostenrechnung, 2010, S. 140-141; Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 118.

x Wirtschaftlichkeit der Rechnungslegung, nach der zwischen den Kosten einer Informationsrechnung und den durch sie vermittelten Informationen ein angemessenes Verhältnis bestehen soll. Lit.: Busse von Colbe, W. et al.: Konzernabschlüsse nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sowie nach Vorschriften des HGB und der IAS/IFRS, 9. Aufl., 2010, S. 34-56. Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung = o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung 351

H Habenkonto Im System der doppelten Buchführung (o Buchführung, kaufmännische) verwendete Bezeichnung für das im Haben, also bei einer Darstellung in Form von T-Konten auf der rechten Seite, gebuchte Konto. Dem H. steht im Buchungssatz die Buchung auf einem o Sollkonto gegenüber. Habenzinssatz = Anlagezinssatz o Zins Haftungskapital Betrag, bis zu welchem ein Unternehmen für seine Schulden haftet. Die Höhe des H. hängt von der Rechtsform des Unternehmens ab. Bei o Kapitalgesellschaften (z.B. o GmbH, o AG) handelt es sich um den Betrag, auf den die Haftung der Gesellschafter begrenzt ist. Es liegt eine mittelbare Haftung vor. Bei Personengesellschaften hingegen (z.B. o KG, o OHG) umfasst das H. darüber hinaus das Privatvermögen der persönlich haftenden Gesellschafter, so dass eine unbeschränkte und unmittelbare Haftung vorliegt. Haftungsverhältnisse Oberbegriff für verschiedene eventuelle finanzielle Verpflichtungen eines Unternehmens, die wegen der Ungewissheit des tatsächlichen Eintretens noch nicht als o Rückstellung bzw. o Verbindlichkeit in der o Buchhaltung und im o Jahresabschluss erfasst werden. Zu den H. gehören die o Eventualverbindlichkeiten, wie z.B. o Bürgschaften und o Patronatserklärungen, sowie die vom Unternehmen zur Kreditsicherung für fremde Verbindlichkeiten zur Verfügung gestellten dinglichen Sicherheiten. Halberzeugnisse Unfertige Erzeugnisse, welche sich noch im Produktionsprozess befinden. 352

Handelsbilanz (1) Im betriebswirtschaftlichen Sinne Kurzbezeichnung für die handelsrechtliche o Bilanz bzw. den o Jahresabschluss. (2) Im volkswirtschaftlichen Sinne Gegenüberstellung des Werts der Güterimporte und -exporte eines Landes innerhalb einer Periode als Teil der Zahlungsbilanz. Handelsbilanz II (HB II) Bezeichnung für die Bilanz und pars pro toto auch für andere Jahresabschlussbestandteile, die von einem o Tochterunternehmen zusätzlich zum o Jahresabschluss aufgestellt werden und die Grundlagen für die Einbeziehung in den o Konzernabschluss des Mutterunternehmens bilden. Die Aufstellung einer HB II ist gem. § 308 Abs. 2 HGB dann erforderlich, wenn die Bilanzierungsund Bewertungsregeln im Jahresabschluss des Tochterunternehmens von den konzerneinheitlichen Bilanzierungsregeln abweichen oder wenn der Jahresabschluss in fremder Währung aufgestellt ist und vor der Konsolidierung in Euro umgerechnet werden muss. Bei inländischen Konzernunternehmen reicht häufig eine Ergänzungsrechnung bzw. Nebenbuchhaltung für einzelne Aktiva und Passiva aus (o Konzernabschluss). Lit.: Busse von Colbe, W./ Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 127. Handelsgesellschaft o Aktiengesellschaft (AG) o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) o Kommanditgesellschaft (KG) o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) o Offene Handelsgesellschaft (OHG) Handelsgesetzbuch (HGB) Gesetz vom 10.05.1897 mit späteren Änderungen, das auf dem Bürgerlichen Ge-

Harmonisierung der Rechnungslegung setzbuch (BGB) aufbaut und einen wesentlichen Teil des abweichenden Rechts für Kaufleute regelt. Das H. besteht aus fünf Büchern: Erstes Buch: Handelsstand (§§ 1-104a) Zweites Buch: Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft (§§ 105-237) Drittes Buch: Handelsbücher (§§ 238342e) Viertes Buch: Handelsgeschäfte (§§ 343475) Fünftes Buch: Seehandel (§§ 476-904). Das 1985 durch das o BilanzrichtlinienGesetz (BiRiLiG) neu eingefügte Dritte Buch ist von zentraler Bedeutung für die Rechnungslegung der Unternehmen. In jüngerer Zeit sind diese Regelungen durch das o Bilanzrechtsreform-Gesetz (BilReG) und insb. das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) verändert worden. Handelsrecht Geltendes Sonderrecht für Kaufleute. Das H. i.e.S. umfasst die Regelungen des o HGB und dessen Nebengesetze. Darüber hinaus werden verwandte Rechtsnormen (wie Wertpapier-, Bank-, Börsen- und Gesellschaftsrecht) in den Begriff des H. mit einbezogen. Handelsregister Öffentliches, heute vollständig elektronisch geführtes Register, in dem Handelsgesellschaften und Vollkaufleute unter ihrer Firma registriert sind und in dem bestimmte Rechtsvorgänge publiziert werden müssen. Was beim H. einzureichen ist, wird im HGB und seinen Nebengesetzen geregelt (z.B. Einreichung des o Jahresabschlusses einer o Kapitalgesellschaft gem. § 325 HGB). Das H. ist für die Öffentlichkeit bestimmt; die Einsicht ist jedermann gebührenfrei gestattet (o Publizität).

Harmonisierung der Rechnungslegung 1. Einführung Mit der zunehmenden Globalisierung der Finanz- und Gütermärkte stellt sich auch die Frage nach einer adäquaten Finanzmarktkommunikation. Traditionell basieren Publikationspflichten auf nationalem Recht, so dass nach nationalen Regeln erstellte Konzernabschlüsse und andere Finanzinformationen international nur schwer vergleichbar sind. Eine H. dient somit der Erhöhung der Informationseffizienz auf Kapitalmärkten. Aus Unternehmenssicht erleichtert dies die Aufnahme von Eigen- und Fremdkapital an ausländischen Börsen, fördert internationale Kooperationen sowie die Möglichkeit, eigene Aktien als Akquisitionswährung für Übernahmen einzusetzen und reduziert damit letztlich Eigenkapitalkosten. Ferner können sich dadurch Kosten auf Unternehmensebene reduzieren, da Unternehmen, die eine Börsennotierung an mehreren Börsen anstreben, nur einen Abschluss zu erstellen und diesen zu kommunizieren haben. Eine H. kann in internationalen Konzernen auch die Entwicklung der internen Steuerung und damit die o Konvergenz des Rechnungswesens unterstützen. Diesen potenziellen Nutzen können Kosten der H. gegenüberstehen. So sind für andere Zwecke, wie z.B. der Steuer- oder Ausschüttungsbemessung, weiterhin Berichte nach nationalen Regeln zu erstellen. Auch kann ein international harmonisiertes Berichtswesen nur bedingt lokale Gegebenheiten berücksichtigen. 2. Ziele, Formen und Grenzen der H. Ziel einer H. sind international vergleichbare oder zumindest gleichwertige Finanzinformationen, die nützliche Informationen für wirtschaftliche Entscheidungen auch über nationale Grenzen hinaus liefern. Die H. der Rechnungslegungspraxis wird durch die Angleichung von Definitionen für Abschlussposten, 353

Harmonisierung der Rechnungslegung Bewertungsregeln sowie Ausweisregeln erreicht. Werden dabei nur einige Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisregeln vereinheitlicht und bleiben in erheblichem Maße o Bilanzierungswahlrechte bestehen, so soll eine H. lediglich die Gleichwertigkeit von Finanzinformationen sicherstellen. Die EU-Bilanzrichtlinien (o Richtlinien der EU) hatten eine solche H. unter Wahrung nationaler Besonderheiten zum Ziel. Dagegen strebt das o International Accounting Standards Board (IASB) eine internationale Standardisierung der Rechnungslegung an, indem es einen einzigen Satz an hochwertigen, verständlichen und durchsetzbaren globalen Rechnungslegungsstandards entwickelt. Der Harmonisierungsgrad ist schwer messbar, da Unterschiede im wirtschaftlichen und soziokulturellen Umfeld auch bei standardisierten Rechnungslegungsregeln zu nationalen Unterschieden in der Bilanzierungspraxis führen können. Die Entwicklung des nationalen Rechnungslegungssystems wie auch die aktuelle Bilanzierungspraxis werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Zu nennen sind die Art des Rechtssystems, die Struktur der Eigentumsverhältnisse, Art und Umfang der Regulierung, der Grad des Einflusses steuerlicher Regelungen auf die Rechnungslegung (o Maßgeblichkeitsprinzip), die Größe und Relevanz des Kapitalmarkts oder auch die Organisation und der Ausbildungsstand des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer. Vor diesem Hintergrund ist eine H. auch dann nicht abgeschlossen, wenn bereits eine weitgehende Standardisierung auf der Regelungsebene erfolgt ist. Gleichwohl weisen neuere empirische Studien darauf hin, dass mit einer zunehmenden Standardisierung der Rechnungslegung börsennotierter Unternehmen auch eine verbesserte internationale Vergleichbarkeit von Finanzinformationen und damit eine H. erreicht werden kann. 354

3. Phasen der H. a) Mindestharmonisierung mittels Europäischer Bilanzrichtlinien. Die Harmonisierungsbemühungen der EU in der Rechnungslegung gehen in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Mit der Vierten Richtlinie über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/EWG) vom 25. Juli 1978 und der Siebenten Richtlinie über den konsolidierten Abschluss (83/349/EWG) vom 13. Juni 1983 wurde erstmals versucht, das europäische Bilanzrecht auf eine gemeinsame Basis zu stellen. Diese Richtlinien wurden 1986 bzw. 1991 durch Richtlinien mit Spezialvorschriften für Banken und andere Finanzinstitute (86/349/EWG) und für Versicherungsunternehmen (91/674/EWG) ergänzt. Allerdings erlaubte die Umsetzung der Richtlinien in das jeweilige Landesrecht durch die Ausnutzung zahlreicher Mitgliedstaatenwahlrechte, durch nicht immer wörtliche Transformation der Textstellen sowie unterschiedliche Interpretation den nationalen Status quo an Bilanzierungsregeln und die jeweilige Bilanztradition weitgehend zu erhalten. Auch schweigen die EU-Rechtsvorschriften zu zahlreichen wichtigen Aspekten der Rechnungslegung, wie z.B. zur Bewertung von Finanzinstrumenten. Die EU-Kommission selbst bezeichnet daher in ihrem Rechnungslegungsstrategiepapier zum künftigen Vorgehen vom 13. Juni 2000 die europäische Rechnungslegung als Stückwerk, das einen europäischen Binnenmarkt behindert. Auch empirische Studien gehen weitgehend von einer ungenügenden H. mittels der EU-Richtlinien aus. b) Freiwillige Anwendung internationaler Standards. Der Stagnation auf Regulierungsebene im Bereich der Rechnungslegung im Jahrzehnt nach Verabschiedung der Bilanzrichtlinien steht seit den neunziger Jahren eine hohe Dynamik in der Bilanzierungspraxis gegenüber. In

Harmonisierung der Rechnungslegung den 1990er Jahren, von einzelnen Global Playern in Europa auch schon früher, haben einzelne Unternehmen ohne gesetzliche Grundlage freiwillig Konzernabschlüsse nach internationalen Standards veröffentlicht und somit die H. gefördert. Internationale Standards waren die vom Vorgänger des IASB herausgegebenen International Accounting Standards (IAS, heute International Financial Reporting Standards (IFRS)) und die vom o Financial Accounting Standards Board (FASB) und anderen entwickelten nationalen U.S.-amerikanischen Standards U.S. GAAP. 1993 wies beispielsweise die Daimler Benz AG bei ihrem Börsengang an die New York Stock Exchange (NYSE) erstmalig für ein deutsches Unternehmen eine so genannte Überleitungsrechnung (Reconciliation) von Eigenkapital und Ergebnis nach HGB zu U.S. GAAP aus. Damit galt der Versuch der EU mit einigen Mitgliedstaaten, eine gegenseitige Anerkennung nationaler Standards an allen Börsen inklusive der NYSE zu erreichen, als gescheitert. In den Folgejahren stellten viele börsennotierte Unternehmen ihre Konzernabschlüsse auf international anerkannte Standards um. Mit der Gründung des Neuen Marktes 1997 wurde zumindest auf privatvertraglicher Ebene die Bilanzierung für die in diesem Segment gelisteten Unternehmen nach IFRS oder U.S. GAAP sogar verpflichtend. Der deutsche Gesetzgeber reagierte 1998 auf diese Entwicklung mit der Anerkennung von Konzernabschlüssen nach IFRS oder U.S. GAAP für handelsrechtliche Zwecke bei börsennotierten Unternehmen (§ 292a HGB a.F.), so dass die kostenintensive Erstellung und Publikation zweier paralleler Konzernabschlüsse entfiel. c) Standardisierung durch die IASVerordnung. Ende der 1990er Jahre wechselte die EU ihre Strategie zur H. Im Rahmen des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen (FSAP), der 1999 lanciert wurde, beschloss die Kommission

die Schaffung eines barrierefreien europäischen Finanzbinnenmarktes, der auch zahlreiche Maßnahmen zur H. vorsah. Im Rahmen der Fair Value Richtlinie (2001) und der Modernisierungsrichtlinie (2003) wurden erste Grundlagen für eine Anpassung des europäischen Rechtsrahmens an die Bilanzierung nach IFRS geschaffen, der grundsätzlich für alle Unternehmen gültig ist. Damit wurde unter Wahrung nationaler Besonderheiten sichergestellt, dass die Bilanzrichtlinien nicht im Widerspruch zu den IFRS stehen. Weiterhin wurden einige Publikationspflichten spezifiziert und erweitert. Kern der neuen Harmonisierungsstrategie ist jedoch die IAS-Verordnung (2002), die eine weitgehende Standardisierung der Finanzberichterstattung für bestimmte Unternehmen vorsieht. Gemäß der Verordnung sind seit 2005 alle kapitalmarktorientierten Unternehmen einschließlich Banken und Versicherungen mit Sitz in der EU verpflichtet, ihre Konzernabschlüsse nach den IFRS aufzustellen. Als kapitalmarktorientiert gelten solche Unternehmen, deren Wertpapiere – unabhängig ob Eigen- oder Fremdkapitalpapiere – an einem regulierten Markt innerhalb der EU notiert sind. Die IAS-Verordnung betrifft somit etwa 7.000 Unternehmen in 25 Mitgliedstaaten, davon über 1.000 in Deutschland. Ihren Einfluss auf den eigentlich unabhängigen Standardsetter IASB und damit auf die Weiterentwicklung der Rechnungslegungsstandards wahrt die EU durch ein spezielles Übernahmeverfahren der privaten Standards in den europäischen Rechtsrahmen, der Komitologie (o Endorsement). Zudem unterstützt die EU dadurch die IFRS in ihrer Entwicklung zu einem Weltstandard, der auch an U.S.-amerikanischen Börsen anerkannt werden soll. Die Verordnung regelt für kapitalmarktorientierte Unternehmen die Konzernabschlusspublizität verbindlich. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen 355

Harmonisierung der Rechnungslegung gestatten oder vorschreiben, ihren Konzernabschluss nach den IFRS aufzustellen. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, dass auf Einzelstaatenebene die Konzernrechnungslegungsvorschriften internationalisiert und die Aussagekraft der Abschlüsse aller konzernrechnungslegungspflichtigen Unternehmen verbessert wird. Die Weitergabe des Mitgliedstaatenwahlrechts als Unternehmenswahlrecht erlaubt solchen Unternehmen eine kapitalmarktorientierte Bilanzierung, die den Gang an den Kapitalmarkt planen oder aus anderen Gründen diese bevorzugen. Eine zweite, vergleichbare Option sieht die Verordnung für Einzelabschlüsse vor (vgl. zur Umsetzung der Mitgliedstaatenwahlrechte in den einzelnen Mitgliedstaaten die Übersicht unter http:// ec.europa.eu/internal_market/accounting/ docs/ias/ias-use-of-options_en.pdf). In Deutschland können auch nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen freiwillig einen Konzernabschluss nach IFRS erstellen und sind dann von der handelsrechtlichen Konzernabschlusspflicht befreit (§ 315a Abs. 3 HGB). Ein Einzelabschluss nach IFRS kann zwar von großen Kapitalgesellschaften im Bundesanzeiger veröffentlicht werden, befreit aber nicht von der handelsrechtlichen Einzelabschlusspflicht (§ 325 Abs. 2a HGB). Die Unternehmen sind aus Gründen der Ausschüttungsbemessung und der steuerlichen Gewinnermittlung auch weiterhin verpflichtet, einen HGB-Jahresabschluss zu erstellen (o Jahresabschluss (Funktionen)). 4. Aktueller Stand der H. und internationale Entwicklungen a) Stand der Anerkennung. Mittlerweile werden in über 100 Staaten IFRS für bestimmte Unternehmen anerkannt oder sogar verpflichtend vorgeschrieben (siehe die Übersicht bei http://www. iasplus.de/country/useias.php). Zu nennen sind beispielsweise Kanada, Australien, China, Japan (seit 2010), Südkorea 356

oder auch die Schweiz. Insbesondere einige kleinere Staaten, wie z.B. Armenien, Bahrain oder die Ukraine, haben die IFRS sogar als nationalen Standard übernommen. Seit Ende 2007 erkennt auch die US-amerikanische Börsenaufsicht o Securities and Exchange Commission (SEC) IFRS-Abschlüsse an. Dies gilt aber nur für Nicht-U.S.-Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, und an einer US-Börse gelistet sind. U.S.-amerikanische Unternehmen müssen nach wie vor Konzernabschlussinformationen nach U.S. GAAP veröffentlichen. b) Konvergenz. Neben der reinen Anerkennung sind einige nationale Standardsetter bemüht, die nationalen Standards mit den IFRS stärker in Einklang zu bringen und damit für alle Arten von Unternehmen die H. zu fördern. Bei EUMitgliedsstaaten wird diese Entwicklung durch die Novellierung der EURichtlinien begünstigt. So hat Deutschland im Rahmen des o BilMoG eine Annäherung an die Bilanzierungsregeln nach IFRS u.a. im Hinblick auf Ansatzund Bewertungsregeln für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände und von Rückstellungen sowie auf die Definition des Konsolidierungskreises vorgenommen. Der private nationale Standardsetter o DRSC unterstützt die H. durch die Zusammenarbeit mit dem IASB und anderen Standardisierungsgremien. Auch verfolgt er das Ziel, die Konvergenz der nationalen Regelungen mit den internationalen Rechnungslegungsvorschriften voranzutreiben. Angesichts der Relevanz und Größe des U.S.-amerikanischen Kapitalmarkts kommt dem gemeinsamen KonvergenzProjekt von IASB und FASB für die weitere Entwicklung der H. eine besondere Bedeutung zu. Im Oktober 2002 sind beide Standardsetter im so genannten Norwalk Agreement übereingekommen, die gemeinsame Zusammenarbeit zu verbessern und die Differenzen, die zwi-

Hedge Accounting schen den U.S. GAAP und den IFRS noch bestehen, zu beseitigen. Ziel ist, dass auch U.S.-amerikanische Unternehmen die IFRS freiwillig und später sogar verpflichtend anwenden. In 2006 wurde ein Memorandum of Understanding (MoU) veröffentlicht, das ein Arbeitsprogramm zur Verbesserung und Konvergenz der beiden Standards beinhaltet. Das MoU wurde 2008 und Ende 2009 aktualisiert. U.a. wurden Prioritäten und Ziele für die gemeinsamen Projekte bis 2011 definiert sowie ein monatlicher Sitzungsturnus vereinbart. Abschließend will die SEC nicht vor 2011 über eine Anwendung der IFRS für U.S. Unternehmen ab 2014 entscheiden. Trotzdem dürften sich die IFRS als Weltstandard für die Finanzberichterstattung kapitalmarktorientierter Unternehmen etablieren. Die Auswirkungen auf die Publikationspflichten und damit auf die H. für andere Unternehmen ist noch offen. Als ein wichtiger Vorstoß kann der im Sommer 2009 verabschiedete Rechnungslegungsstandard für kleine und mittelgroße Unternehmen gewertet werden. Die → IFRS für SME wurden sowohl im Umfang als auch in der fachtechnischen Komplexität wesentlich vereinfacht und bieten damit eine mögliche Alternative zu den entsprechenden nationalen Standards. Lit.: Ali, M.J.: A Synthesis of Empirical Research on International Accounting Harmonization and Compliance with International Financial Reporting Standards, in: JAL 2005, S. 1-52; Baker, C.R./Barbu, E.M.: Trends in Research on International Accounting Harmonization, in: TIJA 2007, S. 272-304; Börsig, C./Wagenhofer, A. (Hrsg.): IFRS in Rechnungswesen und Controlling, 2006; d'Arcy, A.: Aktuelle Entwicklungen in der europäischen und deutschen Rechnungslegung, in: Deutsche Bank Research: EU-Monitor Finanzmarkt Spezial, 2004, Nr. 19; Pellens, B./Fülbier, R.

U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, Kap. 2-4 und 32; Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungslegungsstandards - IAS/ IFRS, 5. Aufl., 2005, Kap. I und II. Anne d'Arcy Hauptbuchkonten o Sachkonten Hauptkostenstellen o Betriebsabrechnungsbogen Hauptversammlung Organ der o Aktiengesellschaft und o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) (§§ 118-128, 173, 285 AktG), in dem die Aktionäre ihre Recht in Gesellschaftsangelegenheiten ausüben. Die H. beschließt über -

Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder, Verwendung des Bilanzgewinns, Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, Bestellung des Abschlussprüfers, Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und -herabsetzung

sowie über andere im AktG oder in der Satzung geregelte Fälle. Sofern die Satzung das vorsieht, wird auch der o Jahresabschluss von der H. festgestellt. Hauspublizität Minimalform der o Publizität, bei der der Jahresabschluss nicht veröffentlicht, sondern in den Räumen des Unternehmens zur Einsicht bereitgehalten wird. Für deutsche o Kapitalgesellschaften reicht die H. seit der Einführung des elektronischen o Handelsregisters unabhängig von der Größenklasse nicht mehr zur Erfüllung der Publizitätspflichten aus. Hedge Accounting = o Sicherungsbilanzierung 357

Hedging Hedging o Finanzderivate o Risikomanagement o Sicherungsbilanzierung Held-to-Maturity o Finanzinstrumente Herstellkosten Summe aus Material- und Fertigungskosten in der Zuschlagskalkulation, Basis für die Verrechnung von Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten (o Kalkulation). Herstellungsaufwand Im Steuerrecht Aufwand zur Herstellung eines Wirtschaftsguts. Abzugrenzen vom o Erhaltungsaufwand. Herstellungskosten o Anschaffungs-/Herstellungskosten HGB = o Handelsgesetzbuch Hifo = Highest in - first out Sammelbewertungsverfahren für gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens, wobei zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass die zu den höchsten Preisen erworbenen oder hergestellten Vorräte im Produktionsprozess zuerst verbraucht werden. Der Endbestand besteht somit per Annahme aus den Vorräten, die zu den niedrigsten Preisen erworben oder hergestellt wurden. Hilfskonten Dienen der Durchführung der doppelten Buchführung. H. sind o Konten, welche die Übertragung der Salden der Eröffnungsbilanz auf die o Bestandskonten sicherstellen und diese wiederum bei Abschluss der Bestandskonten in die Schlussbilanz übernehmen (o Buchführung, kaufmännische). Hilfskostenstelle o Betriebsabrechnungsbogen o Kostenstelle 358

Hilfslöhne Sämtliche Lohnkosten (o Arbeitskosten), die sich nicht direkt kostenträgerbezogen erfassen lassen, z.B. für Transport-, Reinigungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen oder für das Umrüsten und Einstellen von Maschinen. Historical Cost o Anschaffungs-/Herstellungskosten Höchstausschüttung Betrag, den eine o Kapitalgesellschaft jährlich maximal im Rahmen der o Gewinnverwendung an die Anteilseigner auszahlen darf. Die H. ist in § 58 AktG und in § 29 Abs. 1 GmbHG auf den Bilanzgewinn bzw. Jahresüberschuss festgelegt und dient gemeinsam mit den o Bewertungsprinzipien des HGB dem Gläubigerschutz. Höchstwertprinzip Bewertungsgrundsatz für o Verbindlichkeiten im o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss. Hat sich der Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit erhöht (z.B. aufgrund von Wechselkursschwankungen), ist der höhere aktuelle Rückzahlungsbetrag anzusetzen. Ist er hingegen gesunken, ist die Verbindlichkeit weiterhin mit dem ursprünglichen Rückzahlungsbetrag zu bewerten. Holding Organisationsform einer rechtlich selbstständigen Beteiligungsgesellschaft, die Anteile an anderen Unternehmen (sog. H.-Gesellschaften) hält. Das Aufgabenfeld der H. variiert stark mit der gewählten Ausgestaltungsform. Während eine Management-H. typischerweise auch strategische Führungsaufgaben in den H.Gesellschaften ausübt, beschränkt sich eine Finanz-H. auf die Vermögensverwaltung. In der Rechnungslegung löst die Wahl einer H.-Struktur regelmäßig eine Pflicht zur Erstellung eines o Konzernabschlusses aus.

Hybridkapital Horizontale Deckungsrelation o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte o Bilanzregel, goldene o Finanzanalyse Hostile Takeover o Übernahme, feindliche Hotelling-Abschreibung o Interne Zinsfuß-Abschreibung Humankapital Von den Mitarbeitern eines Unternehmens bereitgestelltes Leistungspotential, das u.a. durch Bildungsmaßnahmen und Berufserfahrung erhöht werden kann. Da H. stets personengebunden ist, geht es verloren, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Die o Humankapitalrechnung bietet Ansätze zur Erfassung im Rechnungswesen. Humankapitalrechnung = Human Resource Accounting. Konzept zur bilanziellen Erfassung des monetären Werts des o Humankapitals als immaterieller o Vermögenswert. Zu unterscheiden ist zwischen der kostenbasierten H., welche tatsächlich entstandene Kosten zur Ermittlung des Humankapitals heranzieht und der wertmäßigen H., bei welcher der effektive Nutzen für das Unternehmens zugrunde gelegt wird. Lit.: Bodrow, W./Bergmann, P.: Wissensbewertung in Unternehmen - Bilanzieren von intellektuellem Kapital, 2003; Flamholtz, E.G.: Human Resource Accounting, 2001; Gebauer, M.: Unternehmensbewertung auf der Basis von Humankapital, 2005; Huber, M.: Bewertung von Dienstleistungsunternehmen – Human Capital als wertbestimmender Faktor in Theorie und Praxis, 1998; Schmeisser, W.: Zur Ansatz- und Bewertungsproblematik von Humankapital nach IFRS, in: BFuP 2007, S. 1-19. Hybridkapital = o Mezzanine-Kapital

359

I IAS = o International Accounting Standards IASB = o International Accounting Standards Board IASC = o International Accounting Standards Committee IASCF = o International Accounting Standards Committee Foundation

onal Accounting Standards Board und der IFRS Foundation, das dreimal jährlich tagt. Eine Beratung erfolgt in vielerlei Hinsicht und bezieht sich u.a. auf die IASB-Projektagenda und fachliche Fragen. Das Gremium setzt sich aus mindestens 30 Mitgliedern zusammen, die durch die IFRS Foundation ernannt werden. Bei den Mitgliedern handelt es sich insb. um Vertreter der Abschlussersteller, Abschlussnutzer sowie von nationalen Standardsettern und Kapitalmarktregulatoren.

ICAEW = o Institute of Chartered Accountants in England and Wales

IFRS Foundation o International Accounting Standards Board (IASB)

Identitätsprinzip = o Kostenzurechnungsprinzip, wonach o Kosten bestimmten o Erlösen nur dann zugerechnet werden können, wenn sie durch dieselbe Entscheidung ausgelöst werden. Von Riebel als das für das Rechnen mit Einzelkosten und Deckungsbeiträgen relevante Zurechnungsprinzip herausgestellt (o Deckungsbeitragsrechnung; o Einzelkostenrechnung); deckt sich weitgehend mit dem o Marginalprinzip.

IFRS für SME

Lit.: Riebel, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., 1994, S. 75-78. IDW = o Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. IFAC = o International Federation of Accountants IFRIC = o International Financial Reporting Interpretations Committee IFRS = o International Financial Reporting Standards IFRS Advisory Council Ehemals Standards Advisory Council (SAC). Beratungsorgan des o Internati360

1. Einführung a) Entstehungsgeschichte. Die Regelungen des o International Accounting Standards Board (IASB) richteten sich ursprünglich explizit nur an kapitalmarktorientierte Unternehmen. Seit dem Jahr 2001 gab es aber Überlegungen, auch einen Standard für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen (vereinfachend als small and medium-sized entities – SME – bezeichnet) zu entwickeln. Im Jahr 2005 wurde dieses Ziel auch in der Constitution der IASC Foundation adressiert. Die Diskussion mündete 2007 schließlich in der Veröffentlichung eines Entwurfes durch das IASB, der in der (deutschen) Praxis heftige Diskussionen auslöste. Umstritten war vor allem die generelle Notwendigkeit des Projektes, der Rückgriff auf die (Full-)IFRS (im folgenden IFRS) und die Ermittlung erleichterter Regelungen durch das IASB. Nach abschließenden Praxistests wurde im Juli 2009 der nochmals überarbeitete I. verabschiedet. b) Vorgehensweise des IASB. Das IASB hält auch für SME weltweit einheitliche Regelungen für sinnvoll, da diese grenzübergreifende Vergleichbarkeit und einen leichteren Übergang auf die IFRS ermöglichen. Ausgangspunkt der

IFRS für SME Ableitung sind daher die IFRS, die im Hinblick auf die Informationsbedürfnisse der Adressaten von SME-Abschlüssen und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen modifiziert werden. Dabei sollen nur die für SME relevanten Sachverhalte geregelt werden. Insofern enthält der I. z.B. keine Regelungen zur Erstellung von o Zwischenberichten oder der Ermittlung des o Gewinns je Aktie. Auch werden die o Bilanzierungswahlrechte der IFRS auf die einfachere Variante reduziert, teilweise aber auch neue Wahlrechte für SME geschaffen. Die Ansatz- und Bewertungsregelungen für Einzelsachverhalte werden vereinfacht und die Anhangangaben deutlich reduziert. Der I. ist zudem in einer einfacheren und leichter zu übersetzenden Sprache verfasst. Der Aufbau folgt einer sachlogischen Gliederung in Sections (Sec. 1-35). Zwei Jahre nach Veröffentlichung soll der I. erstmals überprüft werden. Änderungen sind gesammelt lediglich in einem Dreijahres-Rhythmus geplant. Der I. wird durch einen Musterabschluss, Checklisten sowie die Erwägungsgrundlagen (Basis for Conclusions) des IASB ergänzt. 2. Konzeption der Regelungen a) Anwendungsbereich und Zielsetzung. Der I. enthält keine quantitativen Grenzwerte oder Kriterien zur Definition von SME. Diese werden vielmehr definiert als Unternehmen ohne öffentliche Rechenschaftspflicht, die allgemeine Abschlüsse für externe Adressaten aufstellen und veröffentlichen (Sec. 1). Die Einbeziehung in einen nach IFRS aufgestellten o Konzernabschluss ist unschädlich. Eine öffentliche Rechenschaftspflicht liegt vor bei Kapitalmarktorientierung und hauptsächlicher Treuhandtätigkeit (i.w.S.), so dass z.B. Banken von der Anwendung ausgeschlossen sind. Mit dem I. sollen externen Adressaten (Banken, Lieferanten, Kunden, Anteilseignern etc.) entscheidungsnützliche In-

formationen im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gegeben werden (Sec. 2). Auch legt das Management damit Rechenschaft im Hinblick auf das anvertraute Vermögen ab. Analog zu den IFRS kommt dem I. dagegen keine unmittelbare Zahlungsbemessungsfunktion im Hinblick auf Ausschüttungen und Besteuerung zu. b) Eigenständigkeit. Trotz der Ableitung aus den IFRS stellt der I. ein eigenständiges Regelwerk dar. Damit wurde insbesondere auf die Kritik am vorhergehenden Entwurf reagiert. Der I. enthält daher grundsätzlich keine Querverweise auf die IFRS. Im Falle von Regelungslücken ist nicht zwingend auf die IFRS zurückzugreifen, diese können allerdings freiwillig herangezogen werden (Sec. 10). Ob in der Praxis tatsächlich eine unabhängige Anwendung gelingt, kann derzeit noch nicht entschieden werden. c) Allgemeine Grundsätze und Bestandteile des Abschlusses. Vergleichbar den IFRS enthält auch der I. ein Rahmenkonzept mit qualitativen Anforderungen in Form allgemeiner Grundsätze (Sec. 2). Zu nennen sind etwa die Wesentlichkeit, Vollständigkeit, Vergleichbarkeit und Verständlichkeit. Die grundlegenden Definitionen der Abschlussposten sowie Anforderungen an Ansatz und Bewertung entsprechen weitgehend dem IFRS-Rahmenkonzept. Entsprechend gelten auch der Grundsatz der Periodenabgrenzung und ein grundsätzliches Saldierungsverbot. Die allgemeinen Grundsätze sind bei Regelungslücken anzuwenden (Sec. 10). Die Beachtung der Grundsätze führt regelmäßig zu einer Fair presentation. In sehr seltenen Fällen kann von den Anforderungen des I. abgewichen werden, wenn dies für eine Fair presentation notwendig ist (Sec. 3). Ein vollständiger Abschluss gem. dem I. besteht aus Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung, o Kapitalflussrechnung und 361

IFRS für SME o Anhang (Sec. 3). Analog zu den IFRS (Stand 2010; Änderung durch ED/2010/5 beabsichtigt) kann die o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als Teil der Gesamtergebnisrechnung oder eigener Abschlussbestandteil dargestellt werden. Feste Gliederungsschemata werden nicht gefordert. Der I. enthält lediglich Mindestangaben, die aber ggf. zu erweitern sind. Für die Bilanz ist grundsätzlich eine Gliederung entsprechend der Fristigkeit vorgesehen. Die Gesamtergebnisrechnung (bzw. GuV) kann nach dem Gesamtoder Umsatzkostenverfahren aufgestellt werden (Sec. 4 und 5). 3. Überblick über die wichtigsten Einzelregelungen a) Langfristige nicht-finanzielle Vermögenswerte. Grundsätzlich sind alle Sachanlagen, o immaterielle Vermögenswerte und zu Anlagezwecken gehaltene o Immobilien zu aktivieren, soweit die Ansatzvoraussetzungen (wahrscheinlicher Nutzenzufluss und Bewertbarkeit) vorliegen (Sec. 16-18). Ausgaben für selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte müssen indes (im Unterschied zu den IFRS) unmittelbar als Aufwand erfasst werden. Die o Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Vermögenswerte sind mit wenigen Ausnahmen (z.B. Grundstücke) planmäßig (unter Beachtung des Komponentenansatzes) und ggf. außerplanmäßig abzuschreiben. Eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten ist nicht zulässig (Sec. 25). Für immaterielle Vermögenswerte (einschließlich des Geschäftswertes (o Goodwill) ist stets von einer begrenzten Nutzungsdauer auszugehen. Kann diese nicht zuverlässig bestimmt werden, ist eine Nutzungsdauer von 10 Jahren heranzuziehen. Die nach IFRS mögliche Neubewertung mit dem beizulegenden Zeitwert (o Fair Value) ist für SME grundsätzlich nicht vorgesehen. Eine Ausnahme besteht nur für zu Anlagezwecken gehaltene Immobilien: Diese sind erfolgswirksam zum Zeitwert 362

zu bewerten, falls dieser zuverlässig und ohne unverhältnismäßigen Aufwand bestimmt werden kann. Ein Wertminderungstest ist nur bei entsprechenden Anzeichen notwendig (Sec. 27). Dazu wird vergleichbar den IFRS der Buchwert mit dem höheren Betrag aus Zeitwert (abzüglich Veräußerungskosten) und Nutzungswert verglichen. Die Vermögenswerte sind dazu ggf. zu größeren Einheiten zusammenzufassen. Mit Ausnahme des Goodwills besteht ein Wertaufholungsgebot. b) o Leasing. Grundsätzlich analog den Klassifizierungskriterien der IFRS (Stand 2010; Änderung durch ED/2010/9 beabsichtigt) ist entsprechend wirtschaftlicher Betrachtungsweise (Übertragung der wesentlichen Chancen und Risiken) eine Bilanzierung als Finance- oder Operatinglease vorzunehmen (Sec. 20). Das Leasinggut wird also beim wirtschaftlichen Eigentümer ausgewiesen. c) Vorräte und Fertigungsaufträge. Beim Ansatz der Vorräte ergeben sich keine Besonderheiten. Die Bewertung erfolgt zu o Anschaffungs-/Herstellungskosten oder einem ggf. niedrigeren Nettoveräußerungspreis (Sec. 13). Grundsätzlich gilt der Vollkostenansatz, im Unterschied zu den IFRS ist die Aktivierung von Fremdkapitalkosten indes ausgeschlossen (Sec. 25). Zur Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind auch vereinfachte Verfahren zulässig. Bei Wegfall der Gründe einer Wertminderung besteht ein Wertaufholungsgebot (Sec. 27). Bei Fertigungsaufträgen (o Langfristfertigung) ist analog IFRS (Stand 2010; Änderung durch ED/2010/6 möglich) die Teilgewinnrealisierung vorgeschrieben, soweit das Ergebnis zuverlässig ermittelt werden kann (Sec. 23). d) Finanzinstrumente. Zur Erleichterung der Einordnung werden die Regelungen in zwei Abschnitte (einschl. Beispielen) unterteilt: Basic Financial Instruments (Sec. 11) und Other Financial

IFRS für SME Instruments Issues (Sec. 12). Alternativ kann auch IAS 39 angewendet werden, wobei dies aber nicht mit der zusätzlichen Anwendung auch von IFRS 7 im Hinblick auf die Angabepflichten einhergeht. Im Vergleich zu IAS 39 sind insbesondere die Kategorisierung, die Bewertungsvorschriften und die Ausbuchungsregelungen stark vereinfacht. Entsprechend ihrer Merkmale sind die Finanzinstrumente entweder zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten. Für SME typische Finanzinstrumente (z.B. Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Bankkredite) sind regelmäßig zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten. Eine Separierung eingebetteter Derivate ist nicht notwendig. Hedge Accounting ist nur in konkret normierten Fällen zulässig, wobei die jeweiligen Sicherungsgeschäfte auf Swaps und Termingeschäfte begrenzt werden. Die Effektivitätsanforderungen sind im Vergleich zu IAS 39 deutlich vereinfacht. Die Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS wird z. Zt. umfassend überarbeitet (vgl. IFRS 9). e) Schulden und o Eigenkapital. Der I. definiert das Eigenkapital als Residualgröße der Vermögenswerte nach Abzug der Schulden. Die Sonderregelungen für bestimmte durch den Inhaber kündbare Finanzinstrumente der IFRS (IAS 32) werden auch durch den I. aufgegriffen. Dadurch wird sichergestellt, dass gerade für die im Bereich der SME typischen Rechtsformen (z.B. o Personenunternehmen) regelmäßig ein Ausweis der Gesellschafteranteile als Eigenkapital möglich ist. f) Rückstellungen. Für den Ansatz von (sonstigen) o Rückstellungen ist eine (rechtliche oder faktische) Außenverpflichtung erforderlich. Analog den IFRS (IAS 37; z. Zt. umfassend in Überarbeitung durch das IASB) sind o Aufwandsrückstellungen also nicht zulässig. Der

Nutzenabfluss muss wahrscheinlich (more likely than not) sein. Bei der Bewertung ist auf die bestmögliche Schätzung abzustellen. Sofern der Zinseffekt wesentlich ist, ist der Barwert anzusetzen (Sec. 21). Für Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern bestehen gesonderte Regelungen (Sec. 28). Bei der Bewertung von o Pensionsrückstellungen bestehen wesentliche Vereinfachungen: Ggf. kann auf bestimmte Parameter (z.B. Gehaltstrends) verzichtet werden, ein Gutachten oder eine jährlich umfassende Bewertung sind nicht erforderlich. Änderungen der Zusagen sind in jedem Fall erfolgswirksam zu erfassen. Aus der Bewertung resultierende versicherungsmathematische Gewinne/Verluste sind entweder vollständig im Jahresüberschuss oder im sonstigen Ergebnis zu erfassen. Eine zeitliche Verteilung (wie nach den IFRS möglich, Stand 2010; Änderungen durch ED/ 2010/3 beabsichtigt) ist nicht zulässig. g) o Ertragsteuern. Der I. übernimmt im Wesentlichen das bilanzorientierte Temporary-Konzept der IFRS (Sec. 29). Daher sind grundsätzlich für alle Differenzen zwischen der Bilanz gem. dem I. und den Werten in der o Steuerbilanz, die sich im Zeitablauf ausgleichen, latente Steuern anzusetzen. Erfasst werden auch die Vorteile aus der künftigen Verrechnung von Verlustvorträgen. Der I. übernimmt die Änderungen des im März 2009 veröffentlichten Entwurfs zur Änderungen der IFRS (IAS 12), obwohl dieser nicht endgültig verabschiedet worden ist. Insofern bestehen im Detail Unterschiede zwischen dem I. und den IFRS, die nicht auf der dargestellten Ableitungssystematik des I. beruhen. Zur Erleichterung und in Abweichung zu den IFRS ist aber z.B. vorgesehen, dass eine Aufteilung latenter Steuern in lang- und kurzfristige Positionen nicht vorgeschrieben wird. h) Anteilsbasierte Vergütung. Wie in den IFRS sind auch gem. den Regelun363

IFRS für SME gen des I. Vergütungen in Form von Eigenkapitalinstrumenten als Aufwand zu erfassen. Die Ermittlung des zugehörigen Zeitwertes ist indes vereinfacht (Sec. 26). Soweit kein Marktpreis vorhanden ist, kann die Bewertung auf der bestmöglichen Schätzung des Managements basieren. i) Konzernabschluss. Der I. gilt sowohl für den Einzel- als auch den o Konzernabschluss. Die Definition eines Mutter-/Tochterverhältnisses basiert dabei auf dem Control-Konzept der IFRS (Überarbeitung beabsichtigt), wobei auch Zweckgesellschaften explizit adressiert werden. Auch die übrigen grundlegenden Anforderungen (z.B. o Kaufpreisallokation, o Konsolidierung konzerninterner Transaktionen, o Währungsumrechnung) entsprechen weitgehend den IFRS (Sec. 9, 19 und 30). Zusätzlich wurden auch Regelungen für sog. Combined financial statements aufgenommen. Ein solcher Abschluss kann z.B. (freiwillig) aufgestellt werden, wenn mindestens zwei Unternehmen von einem einzigen (Privat)Investor beherrscht werden. In diesem Fall sind einheitliche Bilanzierungsmethoden anzuwenden und „gruppeninterne“ Transaktionen zu eliminieren. 4. Anwendungsmöglichkeiten Praxis

in

der

Der I. ist nur auf Grundlage der jeweiligen nationalen/supranationalen Rechtsordnung anwendbar. Da der I. bisher weder durch das deutsche noch durch das europäische Recht konkret adressiert wird, entfaltet er gegenwärtig keine unmittelbare Bindungswirkung. Auch eine im Hinblick auf das HGB befreiende Anwendung ist nicht möglich. Eine zusätzliche freiwillige Anwendung ist dagegen zulässig. Die Stimmungslage in der EU im Hinblick auf eine Implementierung in die europäische Rechtsordnung scheint gegenwärtig sehr unterschiedlich. Eher unwahrscheinlich erscheint wohl 364

eine Anwendung in Form einer erweiterten oder speziellen IFRS-Verordnung. Möglich wäre aber eine Anwendung im Rahmen der europäischen Richtlinien zur Rechnungslegung, die z. Zt. durch die EU überprüft werden. Hierzu gehört auch ein spezielles Konsultationsverfahren im Hinblick auf den I. Angesichts der jüngsten Überarbeitung des HGB durch das o BilMoG dürfte der deutsche Gesetzgeber auf eine Überarbeitung der Richtlinien nach dem Vorbild des BilMoG setzen. Auch in der Praxis gehen die Meinungen im Hinblick auf eine konkrete Anwendung für deutsche Unternehmen auseinander. Gleichwohl wird es über kurz oder lang in Europa und weltweit Anwender des I. geben. Letztlich wird dann der Wettbewerb entscheiden, wie groß das Bedürfnis nach I. tatsächlich ist. Spannend wird auch sein, inwieweit die (teilweise sehr umstrittenen) Vorschläge zur Änderung der IFRS auf den I. durchschlagen. Lit.: Beiersdorf, K./Eierle, B./Haller, A.: International Financial Reporting Standard for Small and Medium-sized Entities (IFRS for SMEs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB 2009, S. 1549-1557; Bömelburg, P./ Landgraf, C./Pöppel, A.: IFRS für KMU – eine echte Alternative für den deutschen Mittelstand?, in: PiR 2009, S. 290298; Fülbier, R.U./Gassen, J.: IFRS for European SMEs? A Theoretical and Empirical Analysis, 2010; Kirsch, H.: „IFRS for SMEs“ versus BilMoG, in: PiR 2010, S. 1-6; Korth, H.-M./Kschammer, M.: Untersuchung der EU-Kommission zur Anwendung des IFRS for SMEs, in: DStR 2010, S. 1687-1693; Senger, T.: IFRS for Small and Mediumsized Entities (SMEs) – das Normensystem der Zukunft?, in: WPg 18/2009, S. I; Senger, T.: Perspektiven: BilMoG vs. IFRS for SME, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J. (Hrsg.), Anwendungsprobleme des BilMoG und Perspektiven, 2010, S. 139164; Stibi, B.: Veröffentlichung des IFRS

Immobilien for SMEs – Erreicht der Arm des IASB auch den deutschen Mittelstand?, in: BB 40/2009, S. M1; Wenk, M.O./Jagosch, C./Schmidt, S.: IFRS for SMEs 2009 – die wesentlichen Änderungen im Vergleich zum Exposure Draft, in: DStR 2009, S. 2164-2169; Winkeljohann, N./ Morich, S.: IFRS für den Mittelstand: Inhalte und Akzeptanzaussichten des neuen Standards, in: BB 2009, S. 1630-1634; Zwirner, C./Künkele, K.P.: Kein Raum für die Anwendung der IFRS for SMEs in Deutschland, in: IRZ 2009, S. 463465. Bernd Stibi IFRS Interpretations Committee Gremium des o International Accounting Standards Board (IASB), das Interpretationen zu den o International Financial Reporting Standards (IFRS) erarbeitet. Bis März 2010 als International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) bezeichnet. IKR = o Industriekontenrahmen IKS = o Kontrollsystem, internes Immaterielle Investition o Investition, immaterielle Immaterielle Vermögenswerte o Vermögenswerte, immaterielle Immobilien 1. Immobilien im deutschen Bilanzrecht a) Begriff und Bilanzierung. Das HGB kennt den Begriff der I. nicht und enthält daher keine immobilienspezifischen Bilanzierungs- oder Bewertungsregeln. Sind I. dazu bestimmt, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, dann fallen sie unter das Sachanlagevermögen. Das Bilanzgliederungsschema des § 266 HGB weist hierfür die Position „Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken“ aus. Abgrenzungsprobleme können zu technischen

Anlagen (z.B. Lastenaufzüge) auftreten. Sind die I. noch nicht fertig gestellt, erscheinen sie unter der Position „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“. Sind die I. zur Veräußerung bestimmt oder dafür vorgesehen, dann werden sie im Umlaufvermögen als Teil der Vorräte erfasst. b) Bewertung. I. des Anlage- wie des Umlaufvermögens sind beim Zugang mit den o Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (§ 253 I HGB). Die Anschaffungskosten umfassen neben dem reinen Kaufpreis auch Nebenkosten wie Notargebühren, Maklerprovisionen, Grunderwerbsteuern u. ä. sowie nachträgliche Anschaffungskosten, während Anschaffungspreisminderungen (z.B. Investitionszuschüsse) abzusetzen sind. Bei den Herstellungskosten bestand bis zur Anwendung des BilMoG ein großer Bewertungsspielraum, da nur der Ansatz der Einzelkosten verpflichtend war, von der teilweisen oder gänzlichen Aktivierung der Gemeinkosten aber abgesehen werden konnte. Die Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten hat die planmäßige Abschreibung für die Wertminderung des Gebäudeteils zu berücksichtigen. Hierzu ist der Ausgangswert in einen Grundstücks- und einen Gebäudewert zu trennen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von I. kann meist nur grob geschätzt werden, da vor allem die wirtschaftliche Entwertung auf lange Sicht schwer zu greifen ist. Meist wird auch handelsrechtlich der steuerlich zulässige Abschreibungssatz von 3 % bei Gewerbeimmobilien und von 2 % (bei Herstellung vor 1925 2,5 %) bei Wohnimmobilien angesetzt. Wie bei anderen Sachanlagen muss bei voraussichtlich dauernder Wertminderung eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert erfolgen. 365

Immobilien c) Änderungen durch das BilMoG. Die Novellierung des HGB durch das o BilMoG hat für die Bewertung von I. insbesondere zur Folge, dass bei der Ermittlung der Herstellungskosten der Bewertungsspielraum stark eingeschränkt wurde und dass außerplanmäßige Abschreibungen bei nur vorübergehender Wertminderung nicht mehr zulässig sind. Herabsetzungen der Buchwerte, die auf einer nur steuerrechtlich zulässigen Abschreibung beruhen (§ 254 HGB alt) und für I. vor allem bei der Erlaubnis von Sonderabschreibungen eine Rolle spielten, sind ebenfalls nicht mehr möglich. Des Weiteren gilt nunmehr für alle Unternehmen das Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für die Wertminderung entfallen sind. 2. Immobilien nach IFRS a) Bilanzierung nach Klassen von Immobilien. Nach o IFRS werden I. entsprechend ihrer Nutzung im Unternehmen unterschiedlich klassifiziert. Ihre bilanzielle Behandlung ist in jeweils eigenen Standards geregelt. Zum Zweck der Weiterveräußerung gehaltene I. (z. B. bei einem Immobilienhändler) unterliegen als Teil des Umlaufvermögens IAS 2 (inventories). Die Bilanzierung von I., die im Auftrag von Dritten erstellt werden (construction contracts), erfolgt nach IAS 11. Für vom Eigentümer selbst betrieblich genutzte I. (owner occupied property) richtet sich die Bilanzierung nach IAS 16 (property, plant and equipment). Mit Veräußerungsabsicht im Anlagevermögen gehaltene I. (non-current assets held for sale) unterliegen IFRS 5. Bei Immobilien-Leasing ist IAS 17 anzuwenden. Eine besondere, dem HGB fremde Kategorie bilden zu Finanzanlagezwecken gehaltene I. (investment property), für die mit IAS 40 ein eigener Standard gilt. Er erfasst I., die vom Eigentümer zur Erzielung von Mieteinnahmen und/oder zum Zwecke der Wertsteigerung gehalten 366

werden, oft als Rendite-I. bezeichnet. Abgrenzungsprobleme zu anderen I.Klassen liegen auf der Hand. Der IAS 40 ist in besonderer Weise für bestandshaltende Immobiliengesellschaften relevant, aber auch z. B. für Versicherungen und Pensionskassen, die Teile ihres Treuhandvermögens in fremdgenutzten I. angelegt haben. b) Bewertung. Die Zugangsbewertung nach IAS/IFRS entspricht grundsätzlich der nach HGB. Allerdings ist der Spielraum bei der Ermittlung der Herstellungskosten deutlich kleiner als nach HGB. Bei der Folgebewertung kommt nun die Einteilung der I. in Klassen zum Tragen. Denn für die selbst genutzten (IAS 16) und die zu Finanzanlagezwecken gehaltenen I. (IAS 40) besteht das Wahlrecht, das at cost-model oder das fair valuemodel anzuwenden. Für selbstgenutzte I. gilt dabei das at cost-model, für fremdgenutzte I. das fair value-model als Standardvariante. Das at cost-model bedeutet, analog zum HGB, die Fortführung historischer Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um plan- und außerplanmäßige Abschreibungen. Das fair value-model verpflichtet zu einer regelmäßigen Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts (o Fair Value) aller Immobilien und einer Übernahme dieser Werte in die Bilanz, auch wenn sie über die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinausgehen. Planmäßige Abschreibungen entfallen dann konsequent. Das Wahlrecht ist für den gesamten Bestand an I. auszuüben. Ein Wechsel vom fair-value-model zum at costmodel ist nach IAS 40 bei Rendite-I. grundsätzlich nicht möglich. Auch bei Wahl des at cost-model muss das Unternehmen die Rendite-I. regelmäßig bewerten und den Fair Value im Anhang angeben. Der „crucial point“ der Bewertung nach Fair Value ist die Qualität und Verläss-

Immobilien lichkeit der Wertermittlung der Immobilien. Sie sind keine homogenen Güter und unterliegen keiner laufenden Preisfeststellung durch den Markt. Bei der Ermittlung des Fair Value sind nach IAS 40.38 die am Bilanzstichtag wirksamen Marktbedingungen zu berücksichtigen. Erwartungen über künftige Marktentwicklungen, die nicht ohnehin in die Preise eingeflossen sind, sind fehleranfällig und sollen daher nicht in die Wertermittlung einfließen. In IAS 40.45 und 46 wird eine dreistufige Hierarchie von Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien eingeführt. Den Idealfall der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts bilden aktuelle Preise auf einem aktiven Markt für vergleichbare Immobilien in der gleichen Lage und im gleichen Zustand mit vergleichbaren Mietverhältnissen. Liegen solche Vergleichspreise vor, dann können sie unmittelbar als Fair Value der zu bewertenden Immobilie übernommen werden. Solche Vergleichspreise werden sich aber für Immobilien nur ganz selten finden lassen. Alternativ schlägt IAS 40.46 zum einen in jüngerer Vergangenheit beobachtete Preise vergleichbarer Objekte in nicht-aktiven Märkten, zum andern Vergleiche mit aktuellen Transaktionspreisen auf aktiven Märkten für Immobilien vor, die sich in ihrer Art, ihrem Zustand, dem Standort oder den Mietverhältnissen unterscheiden. In beiden Fällen sind dann natürlich Anpassungen notwendig, die den Unterschieden in den Objekten und ihren wertrelevanten Faktoren Rechnung tragen. In der gängigen Praxis der Immobilienbewertung ist dies Gegenstand des Vergleichswertverfahrens. Falls keine Vergleichswerte am Markt vorhanden sind, bietet IAS 40.46 (c) auch an, die Bewertung auf Basis diskontierter Cash Flows vorzunehmen, die auf einer verlässlichen Schätzung von zukünftigen Zahlungsüberschüssen aus der

Immobilienbewirtschaftung Verkauf beruhen.

und

dem

Die Formulierung im IAS-Standard könnte als eine Verpflichtung zur Anwendung des DCF verstanden werden. Die DCF-Methode in der üblichen angelsächsischen Ausprägung gliedert die Immobilienbewertung meist in zwei Phasen. Für die erste Phase mit einem typischen Zeithorizont von 10 Jahren werden die erwarteten Mieteinnahmen des zu bewertenden Objekts möglichst präzise, unter Berücksichtigung der laufenden Mietverträge, der Marktsituation im relevanten Immobiliensegment und der Inflationserwartungen prognostiziert. Von diesen Jahresroherträgen sind die zu erwartenden, vom Vermieter zu tragenden Bewirtschaftungskosten abzuziehen, die allerdings oft vereinfacht als prozentuale Werte des Rohmietertrags gegriffen werden. Eine detaillierte Planung berücksichtigt hier auch die mögliche Veränderung dieser Größen über die Zeit, so vor allem die typischerweise mit dem Alter der Immobilie zunehmenden Instandhaltungsaufwendungen. Die Differenz stellt den Jahresreinertrag dar. Für die Zeit nach der ersten, genau geplanten Phase wird ein fiktiver Resterlös angesetzt, der meist als Barwert einer ewigen Rente aus dem geschätzten Jahresreinertrag berechnet wird. Als Diskontierungssatz zur Berechnung des DCF dient die Verzinsung alternativer, risikoäquivalenter Kapitalanlagen oder ein vom Immobilienmarkt abgeleiteter Zins. Nach herrschender Meinung entsprechen jedoch auch andere gängige Methoden der Immobilienbewertung, insbesondere das deutsche Ertragswertverfahren, dieser Vorgabe grundsätzlich. Es unterscheidet bei der Bewertung wegen der unterschiedlichen Nutzungsdauern einen Gebäude- und einen Grundstückswert. Ausgangspunkt ist der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung des Grundstücks nachhaltig erzielbare Reinertrag für die 367

Immobilien erste Periode. Er wird aus dem Rohertrag unter Abzug der vom Vermieter zu tragenden Bewirtschaftungskosten ermittelt. Abweichungen der aktuellen Miete von der Marktmiete sind zu korrigieren. Im nächsten Schritt ist von diesem Reinertrag der Gesamtimmobilie die Verzinsung des Bodenwerts, die Bodenrente, abzusetzen. Diese errechnet sich als Produkt aus dem Bodenwert und dem Liegenschaftszinssatz. Der Bodenwert wiederum ist über das Vergleichswertverfahren zu bestimmen. Der Liegenschaftszins entspricht der marktüblichen Verzinsung auf Immobilien und enthält neben dem von Immobilieninvestoren zu zahlenden Finanzierungszinssatz auch die Markterwartungen über die Veränderungsraten der Mieten und die Kompensation für das Anlagerisiko. Der nach Abzug der Bodenwertverzinsung verbleibende Saldo ergibt den Reinertragsanteil der baulichen Anlagen. Dieser kann nun mit Hilfe eines Vervielfältigers kapitalisiert werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die baulichen Anlagen nur über die verbleibende wirtschaftliche Restnutzungsdauer eine Rendite erwirtschaften können. Maßgebend für den anzuwendenden Vervielfältiger ist damit zum einen die geschätzte Restnutzungsdauer des Gebäudes, zum andern der Liegenschaftszins. Der so kapitalisierte Reinertrag ist bei Vorliegen bestimmter Umstände noch um Zu- oder Abschläge zu korrigieren. Die Summe aus dem Bodenwert und dem Ertragswert der baulichen Anlage ergibt den Ertragswert der gesamten Liegenschaft. Im Unterschied zur DCFMethode wird hier also auf eine explizite Schätzung oder Prognose der künftigen Reinerträge verzichtet. Soweit die Schätzung eines Fair Value nicht möglich ist, weil zu wenige Vergleichstransaktionen vorliegen und auch mit den beschriebenen Methoden kein verlässlicher Marktwert zu bestimmen ist, ist nach IAS 40.53 die I. nach dem Anschaffungskostenmodell zu bewerten. 368

Um die Verlässlichkeit der Wertermittlung zu erhöhen, wird den Unternehmen mit IAS 40.32 empfohlen, den Zeitwert „auf der Grundlage einer Bewertung durch einen unabhängigen Gutachter, der eine entsprechende berufliche Qualifikation und aktuelle Erfahrungen mit der Lage und der Art der zu bewertenden Immobilien hat, zu bestimmen“. Bei den börsennotierten Immobiliengesellschaften ist dies inzwischen auch weitgehend Standard. Auch die Bewertung durch externe Sachverständige kann die teilweise erheblichen Streubreiten der Wertansätze nicht verhindern. Aufgrund dessen stellen I. vor allem bei Ansatz von Fair Values für die o Prüfung des Jahresabschlusses eine große Herausforderung dar. c) Behandlung von Wertänderungen. Bei einer Bewertung zum Fair Value lassen sich Veränderungen des Marktwerts grundsätzlich in zweierlei Weise im Jahresabschluss darstellen: erfolgsneutral oder erfolgswirksam. Bei eigengenutzten Immobilien, die nach IAS 16 zu bilanzieren sind und für die die alternativ zulässige Methode der Bewertung zum Fair Value gewählt wurde, werden Wertzuwächse, die über die fortgeführten Anschaffungskosten hinausgehen, erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage eingestellt. Wertverluste werden gegen eine schon gebildete Neubewertungsrücklage verrechnet oder, soweit sie darüber hinausgehen, als Aufwand angesetzt. Dagegen sind bei Rendite-I. nach IAS 40.35 Veränderungen des Fair Value in der Periode ihrer Entstehung als Erträge bzw. Aufwendungen in der Gewinnund Verlustrechnung auszuweisen. Da die Wertänderungen teilweise sogar über die laufenden Mieterträge hinausgehen, führt dies zu einer erheblich höheren Volatilität der ausgewiesenen Jahresergebnisse. IAS 40 und auch IAS 1 enthalten keine entsprechenden Hinweise oder gar

Impairment Test Vorgaben für einen getrennten Ausweis der Gewinne und Verluste bzw. der unrealisierten von den realisierten Ergebnissen. Der Informationsgehalt des erfolgswirksamen Ausweises von Wertänderungen für die Investoren und Finanziers wird durchaus kritisch gesehen. Bestrebungen von Verbänden, die erfolgswirksame Verbuchung von Wertänderungen aufzugeben und die Regelung nach IAS 16 auch für Rendite-I. zu übernehmen, waren bislang noch nicht erfolgreich. Lit.: Beck, M.: Grundlagen der Bilanzierung von Immobilien nach den International Financial Reporting Standards (IFRS), in: BDO Deutsche Warentreuhand AG (Hrsg.): Praxishandbuch Real Estate Management, 2005, S. 143-172; Beck, M.: Sonderthemen zur Bilanzierung von Immobilien im IFRSAbschluss, in: BDO Deutsche Warentreuhand AG (Hrsg.): Praxishandbuch Real Estate Management, 2005, S. 173-192; Böckem, H./Schurbohm, A.: Die Bilanzierung von Immobilien nach den International Accounting Standards, in: KoR 2002, S. 38-51; Kleiber, W./Simon, J./Weyers, G.: Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 6. Aufl., 2009; Kühnberger, M.: Bilanzierung und Bewertung von Immobilien nach IFRS, in: Kühnberger, M./Wilke, H. (Hrsg.): Immobilienbewertung – Methoden und Probleme in Rechnungswesen, Besteuerung und Finanzwirtschaft, 2010, S. 129190; Kühnberger, M.: Bilanzierung und Bewertung von Immobilien nach HGB, in: Kühnberger, M./Wilke, H. (Hrsg.): Immobilienbewertung – Methoden und Probleme in Rechnungswesen, Besteuerung und Finanzwirtschaft, 2010, S. 191-233; Olbrich, M.: Zur Bilanzierung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien nach IAS 40, in: BFuP 2003, S. 346-357; Rehkugler, H.: Fair Value-Bewertung bei investment property, in: Bieg, H./Heyd, R. (Hrsg.): Fair Value-Bewertung in Rechnungswesen,

Controlling und Finanzwirtschaft, 2005, S. 263-285; Rehkugler, H.: Immobilienbewertung für Bilanzierungszwecke, in: Bobka, G. (Hrsg.): Immobilienbewertung in internationalen Märkten – Methoden, Regelwerke, Case Studies, 2011; Zülch, H.: Die Bilanzierung von Investment Properties nach IAS 40, 2002. Heinz Rehkugler Impairment-Only Approach Verfahren der ausschließlichen Zeitwertbewertung, bei der nicht planmäßig abgeschrieben wird, sondern nur im Rahmen eines o Impairment Tests bei Wertminderungsbedarf eine Abschreibung vorzunehmen ist. Impairment Test 1. Zielsetzung Ein verpflichtender Niederstwerttest, der sicherstellen soll, dass o Vermögenswerte, die in den Anwendungsbereich des I. fallen, nicht mit einem Betrag oberhalb ihres o erzielbaren Betrages (recoverable amount) bilanziert werden. 2. Anwendungsbereich Nach IAS 36 ist der I. auf Vermögenswerte des Sachanlagevermögens, immaterielle Vermögenswerte, den derivativen o Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) sowie bestimmte Finanzvermögenswerte anzuwenden. Der I. ist fallweise bei Vorliegen externer und interner Wertminderungsindikatoren durchzuführen. Zusätzlich gilt für noch nicht nutzungsbereite o immaterielle Vermögenswerte und für solche mit unbestimmter o Nutzungsdauer ebenso wie für den derivativen Goodwill die zwingende jährliche Durchführung einer Werthaltigkeitsprüfung. Als Anzeichen für eine Wertminderung, nennt IAS 36 die folgenden qualitativen externen Indikatoren: – Deutlich stärkerer Marktpreisrückgang des Vermögenswertes als erwartet. 369

Impairment Test – Eintritt von signifikanten Veränderungen mit nachteiligen Folgen für das Unternehmen im technischen, marktbezogenen, ökonomischen oder gesetzlichen Umfeld des Unternehmens oder des Marktes, für den der Vermögenswert bestimmt ist. – Steigerung der Marktzinssätze oder anderer Renditen, die den Abzinsungssatz beeinflussen. – Buchwert des Reinvermögens übersteigt die Marktkapitalisierung. Als unternehmensinterne Indikatoren zählen: – Vorliegen substantieller Hinweise für Überalterung oder physischen Schaden eines Vermögenswertes. – Eingetretene oder erwartete signifikant nachteilige Veränderung bzgl. Umfang oder Art und Weise des Einsatzes des Vermögenswertes. – Substantielle Hinweise aus dem internen Berichtswesen, dass die wirtschaftliche Ertragskraft eines Vermögenswertes schlechter ist oder sein wird als erwartet. Diese Indikatorenliste ist allerdings nicht als vollumfängliche Aufzählung zu verstehen, sondern vielmehr als beispielhafte Nennung von Anhaltspunkten für das Vorliegen eines potentiellen Wertminderungsbedarfs. Zur Quantifizierung eines möglichen Wertminderungsbedarfs sind der Buchwert eines Vermögenswerts und sein erzielbarer Betrag zu vergleichen. Letzter wird durch den höheren Wert aus Nettoveräußerungspreis (fair value less costs to sell) und Nutzungswert (value in use) determiniert. Der Nettoveräußerungspreis stellt den Betrag dar, der aus der Veräußerung des Vermögenswertes zu Marktbedingungen zwischen sachverständigen vertragsbereiten Parteien erzielbar wäre, gemindert um die Veräußerungskosten. Für die konkrete Ermittlung dieses Betrags hat das IASB eine Liste möglicher 370

Informationsquellen mit abnehmender Relevanz und Verlässlichkeit entwickelt, die eine höchstmögliche Objektivierbarkeit bei der Berechnung ermöglicht. Im Gegensatz zur Ermittlung eines Veräußerungserlöses stellt das Wertkonstrukt des Nutzungswertes auf die Summe der erwarten diskontierten Cashflows, die von dem Vermögenswert bei fortgesetzter Nutzung und anschließendem Verkauf hervorgehen, ab. Liegt der Buchwert über dem erzielbaren Betrag, so ist die Differenz als Wertminderung zu erfassen. Falls es nicht möglich ist, den erzielbaren Betrag für einen einzelnen Vermögenswert zu ermitteln, so ist auf den erzielbaren Betrag der zahlungsmittelgenerierenden o Einheit (ZGE; cash generating unit, CGU), der dieser Vermögenswert angehört, abzustellen. Dies gilt bspw. für den derivativen Goodwill. Eine ZGE ist hierbei die kleinste erkennbare Gruppe von Vermögenswerten, die Mittelzuflüsse generiert, welche weitgehend unabhängig von denen anderer Einheiten sind. Wird hierbei im Rahmen des I. ein Wertminderungsaufwand aufgezeigt, so ist dieser zunächst dem der ZGE zugerechneten Goodwill zuzuordnen, bevor er buchwertproportional gegen die übrigen Vermögenswerte der ZGE gebucht wird, wobei durch die Abwertung keine Unterschreitung des erzielbaren Betrags eines einzelnen Vermögenswertes erfolgen darf. Lit.: Buhleier, C.: Der IFRS Goodwill Impairment Test: Schnittpunkt zwischen internationaler Rechnungslegung und internationalem Controlling, in: Funk, W./ Rossmanith, J. (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung und Controlling, 2007, S. 455-480; Pellens, B./Fülbier, R.U./ Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 286305; Petersen, K.: IFRS-Praxishandbuch, 4. Aufl., 2009, S. 67-91; Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungs legungs -

Insolvenzstatus standards – IAS/IFRS, 5. Aufl., 2009, S. 203 ff. Kai Lehmann Imparitätsprinzip Ein o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem erwartete Verluste und erwartete Gewinne imparitätisch, also ungleich, zu behandeln sind. Während drohende, aber noch nicht eingetretene (unrealisierte) Verluste bereits im o Jahresabschluss berücksichtigt werden, dürfen Gewinne hingegen erst dann ausgewiesen werden, wenn sie durch den Umsatzprozess realisiert worden sind. Das o Realisationsprinzip wird durch den Grundsatz der Vorsicht zum I. verändert. Das I. kommt im Jahresabschluss insb. durch das o Niederstwertprinzip gem. § 253 Abs. 3 und 4 HGB und durch die o Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gem. § 249 Abs. 1 HGB zum Ausdruck (o Bewertungsprinzipien). Indirekte Kosten = Gemeinkosten o Einzel- und Gemeinkosten Indirekte Prüfung o Prüfungsmethoden Industriekontenrahmen (IKR) Schema zur systematischen Zusammenfassung der Kontengruppen von Industrieunternehmen in zehn Kontenklassen. Der IKR wurde 1971 vom Bundesverband der Deutschen Industrie erarbeitet und wurde allen Industrieunternehmen, gleich welcher Größe, Rechtsform und Branche, zur Anwendung empfohlen (o Kontenrahmen und Kontenplan). Industrielles Rechnungswesen Bezeichnung für das o Rechnungswesen der Industriebetriebe. Inflation Accounting Berücksichtigung von Preisniveauänderungen im o Rechnungswesen, vor allem in Hochinflationsländern, zum

Zweck der o Substanz- und Kapitalerhaltung der Unternehmen. Informationsfunktion o Jahresabschluss (Funktionen) Informationskosten o Kosten für die Gewinnung, Speicherung und Verarbeitung von Informationen. Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen o Aufwendungen für Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs Innenumsatzerlöse o Umsatzerlöse, die ein o Konzernunternehmen im Leistungsaustausch mit anderen Konzernunternehmen erzielt hat. Bei der Aufstellung des o Konzernabschlusses sind I. aus der o Gewinn- und Verlustrechnung zu eliminieren. Innerbetriebliche Leistungsverrechnung o Leistungsverrechnung, innerbetriebliche Input Mengenmäßiger Einsatz von Produktionsfaktoren. o Aufwand o Kosten Insolvenzprüfung o Sonderprüfungen Insolvenzstatus Unter Bezugnahme auf die 1999 durch die Insolvenzordnung (InsO) ersetzte Konkursordnung auch als Konkursbilanz bezeichnet. Eine o Sonderbilanz, die bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ein Unternehmen gem. § 153 Abs. 1 InsO vom Insolvenzverwalter zu erstellen ist. Der I. fasst die im Masseverzeichnis nach § 151 InsO und im Gläubigerverzeichnis nach § 152 InsO enthaltenen Informationen zusammen. Die Vermögenswerte sind im I. sowohl mit ihrem Einzelveräußerungspreis als auch mit ihrem Fortführungswert aufzuführen. 371

Instandhaltungskosten Instandhaltungskosten Kosten, um die Gegenstände vor allem des o Anlagevermögens einer Unternehmung in betriebsbereitem Zustand zu halten. I. vermindern als o Aufwand den o Jahresüberschuss bzw. als o Betriebsausgaben den o steuerlichen Gewinn. Instandhaltungsrückstellung o Rückstellungen Instandsetzungskosten Kosten der Überholung bzw. Renovierung von Gegenständen des o Anlagevermögens, die einen Mangel aufweisen. I. sind im Gegensatz zu den o Instandhaltungskosten dann zu aktivieren und über die Dauer der Restnutzungszeit abzuschreiben, wenn die Instandsetzung eine Werterhöhung des Gegenstandes zur Folge hat. Institute of Chartered Accountants in England and Wales (ICAEW) Berufsständische Einrichtung der Fachleute des Rechnungswesens aus Wirtschaft, Verwaltung und Prüfung in England und Wales. Die amtliche Zulassung als o Chartered Accountant setzt u. a. eine Mitgliedschaft im ICAEW voraus. Das ICAEW wurde 1880 gegründet und zählt ca. 480 in den beiden Hauptgeschäftsstellen London und Milton Keynes arbeitende Angestellte. Als amtlich zugelassene Einrichtung handelt das ICAEW im Interesse der Öffentlichkeit. Die Geschäftspolitik und -strategie wird dabei von einem Gremium (Council) bestimmt, dessen Mitglieder nach speziellen Kriterien ausgewählt werden, um eine ausgewogene Interessenverteilung zu gewährleisten. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) Das IDW ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen o Wirtschaftsprüfer/innen (WP) und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG) mit Sitz in Düsseldorf. 372

1. Aufgaben Aufgabe des IDW ist es, die Fachgebiete des WP zu fördern und für die Interessen des Berufsstands einzutreten. Zudem hat das IDW für die Ausbildung des beruflichen Nachwuchses und die Fortbildung zu sorgen. Das IDW tritt für einheitliche Grundsätze der unabhängigen, eigenverantwortlichen und gewissenhaften Berufsausübung ein und hat deren Einhaltung durch die Mitglieder sicherzustellen. Hierbei nimmt das IDW auch zu Fachund Berufsfragen Stellung. a) Interessenwahrung. Das IDW wahrt die Interessen des Berufsstands, indem es regelmäßig Kontakt zu nationalen und internationalen Institutionen hält, die auf das rechtliche Umfeld der Berufsausübung gestaltend einwirken. Dazu gehören insb. die deutschen und der europäische Gesetzgeber. Darüber hinaus steht das IDW im Meinungsaustausch mit Marktteilnehmern bzw. deren Organisationen, die für das Leistungsangebot der WP relevant sind, wie z.B. Wirtschaftsverbände, Investorenvereinigungen, Aufsichtsinstitutionen, Gewerkschaften. Durch seine Pressearbeit informiert das IDW auch die allgemeine Öffentlichkeit. Die Aktivitäten des IDW sind auch darauf gerichtet, den Berufsstand vor Überregulierung zu schützen und den Charakter des Berufs der WP als freier und selbstverwalteter Beruf zu wahren. Dabei ist der Grundsatz der Einheitlichkeit des Berufs ebenso bedeutsam wie die differenzierten Erwartungen, die dem Berufsstand aufgrund seiner besonderen öffentlichen Vertrauensfunktion entgegengebracht werden. b) Facharbeit. Die Facharbeit des IDW dient der einheitlichen und fachgerechten Berufsausübung. Sie umfasst die Auseinandersetzung mit nationalen und internationalen Grundsatzfragen aus allen Tätigkeitsgebieten des WP. Schwerpunkte der Facharbeit sind die Herausgabe von Verlautbarungen und die

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) Beratung einzelner Mitglieder in Zweifelsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Zu den Verlautbarungen gehören IDW Prüfungsstandards (IDW PS) und IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS). Daneben werden IDW Standards (IDW S) herausgegeben, die Regelungen zu den anderen Tätigkeitsgebieten der Wirtschaftsprüfer beinhalten. Diese Verlautbarungen werden in einem besonderen Verfahren (due process) verabschiedet. Dadurch erhalten Berufsangehörige und die interessierte Öffentlichkeit die Möglichkeit, Anregungen in die Beratungen einzubringen. IDW Prüfungshinweise (IDW PH) bzw. IDW Rechnungslegungshinweise (IDW RH) erläutern – meist ergänzend zu den IDW PS und IDW RS – die Auffassung der Fachgremien des IDW zu einzelnen Fragen und gehören ebenso zu den fachlichen Äußerungen des IDW. Unter den Verlautbarungen des IDW haben die IDW PS und IDW RS besondere Bedeutung. Sie legen die Auffassung des Berufs zu fachlichen Fragen, insb. der Prüfung und Bilanzierung dar und tragen zu deren Entwicklung bei. Der WP hat daher sorgfältig zu prüfen, ob die Grundsätze eines IDW PS oder IDW RS in dem von ihm zu bearbeitenden Fall anzuwenden sind. Zu berücksichtigen ist dabei, dass diese Verlautbarungen die Erfahrung des Berufsstands wiedergeben und insofern ein antizipiertes Sachverständigengutachten darstellen. Beachtet ein Abschlussprüfer die Grundsätze eines IDW PS oder IDW RS nicht oder lässt er die Nichtbeachtung durch das geprüfte Unternehmen ohne Widerspruch zu, ohne dass dafür gewichtige Gründe vorliegen, so muss er damit rechnen, dass dies ggf. in Regressfällen, in einem Verfahren der Berufsaufsicht oder in einem Strafverfahren zu seinem Nachteil ausgelegt werden kann. Für IDW Mitglieder bestimmt die Satzung des IDW ergänzend, dass jedes Mitglied im Rahmen seiner beruflichen Eigenverantwortlichkeit die IDW Ver-

lautbarungen zu beachten und Abweichungen von diesen Grundsätzen schriftlich und an geeigneter Stelle (z. B. im o Prüfungsbericht) hervorzuheben sowie ausführlich zu begründen hat. Die Facharbeit des IDW wird ehrenamtlich von Mitgliedern des IDW geleistet, die sich in Fachausschüssen, permanenten und ad-hoc Arbeitskreisen engagieren. Diese rund 50 Fachgremien werden von den Mitarbeitern der Geschäftsstelle in Düsseldorf betreut. Adressaten der Facharbeit des IDW sind nicht nur seine Mitglieder, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit in Staat und Wirtschaft sowie andere nationale und internationale Institutionen. Auf Grund seiner Expertise wird das IDW häufig vom deutschen Gesetzgeber als Sachverständiger in Gesetzgebungsverfahren einbezogen. c) Aus- und Fortbildung. Das IDW bietet ein umfassendes Programm an Aus- und Fortbildungsleistungen für den Berufsstand und den beruflichen Nachwuchs an. IDW Mitglieder haben sich verpflichtet – neben dem notwendigen Literaturstudium – mindestens 40 Stunden pro Jahr an strukturierten Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Fortbildungsangebote des IDW und der IDW Akademie werden zum einen als für Mitglieder kostenlose regionale Veranstaltungen in den Landesgruppen umgesetzt, zum anderen als kostenpflichtige Seminare oder Seminarreihen zu ausgewählten Spezialthemen. Die Ausbildung des beruflichen Nachwuchses wird gefördert durch die berufsbegleitende Ausbildung. Die IDW Studienlehrgänge dienen der Vorbereitung auf das WPExamen. d) Mitgliederservice. Mitglieder erhalten monatlich kostenlos die IDW Fachnachrichten. In den IDW Fachnachrichten werden u. a. die Arbeitsergebnisse der Fachgremien veröffentlicht. Aktuelle, die Tagesarbeit des WP betreffende Informationen (Sitzungsprotokolle, aktu373

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) elle Entwicklungen auf dem Gebiet der Rechnungslegung und Abschlussprüfung) können im Mitgliederbereich des IDW im Internet (www.idw.de) abgerufen werden. In der Hauptgeschäftsstelle in Düsseldorf steht ein Infocenter mit umfangreicher Fachbibliothek zur Verfügung. Die Bibliothek kann zu festgelegten Zeiten auch von Studenten für Recherchezwecke genutzt werden. e) Öffentliche Serviceangebote. Zum IDW gehört der IDW Verlag. Hier werden sämtliche IDW Publikationen verlegt. Ergänzend wird ein breites Spektrum von Print- und Onlineprodukten zu den Themen Rechnungslegung, Prüfung, Steuer- und Wirtschaftsrecht sowie Betriebswirtschaft angeboten. Zu den wichtigsten Produkten zählen Handbücher für die Berufsausübung, z. B. das WP Handbuch. Weiter gehören dazu die vierzehntäglich erscheinende Zeitschrift „Die Wirtschaftsprüfung” (WPg) und die monatlich erscheinende Zeitschrift „Die Unternehmensbesteuerung“ (Ubg). 2. Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft im IDW ist freiwillig. Über 85% der WP sind ordentliche Mitglieder des IDW. Ehemalige WP, die auf ihre Zulassung verzichtet haben, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder vertretungsberechtigte, persönlich haftende Gesellschafter und Partnerschaftsgesellschafts-Partner von WPG sowie Sozietätsmitglieder oder Partnerschaftsgesellschafts-Partner von WP, die nicht WP (oder vBP) sind, können als außerordentliche Mitglieder aufgenommen werden. Persönlichkeiten, die sich außergewöhnliche Verdienste um den Beruf des WP erworben haben, können zu Ehrenmitgliedern ernannt werden. 3. Organe und Struktur Organe des IDW sind der Wirtschaftsprüfertag, der Verwaltungsrat und der Vorstand. Der Wirtschaftsprüfertag ist Mitgliederversammlung i.S.d. BGB und 374

wird alle zwei Jahre einberufen. Die Mitglieder des Verwaltungsrats sind ehrenamtlich tätig. Dem Vorstand als Leitungsorgan des IDW gehören neben den vom Verwaltungsrat gewählten sechs ehrenamtlichen Mitgliedern auch drei hauptamtliche, geschäftsführende Mitglieder an. In den Bundesländern bestehen 12 rechtlich unselbstständige Landesgruppen mit Landesgeschäftsstellen z. B. in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart. Die Landesgruppen sind Wahlkörper für den Verwaltungsrat und Träger der dezentralen Fortbildung. 4. Mitgliedschaften Das IDW ist Mitglied in internationalen Organisationen der prüfenden Berufe und arbeitet dort aktiv in verschiedenen Gremien mit. Seit 1977 ist das IDW Mitglied der International Federation of Accountants (IFAC). Das IDW ist zudem Mitglied der Fédération des Experts Comptables Européens (FEE). 2009 ist das IDW der Global Accounting Alliance (GAA) beigetreten, einer internationalen Informations- und Kooperationsplattform von Berufsorganisationen überwiegend aus führenden Industriestaaten. 5. Geschichte Das IDW ist am 15. Februar 1932 nach Übertragung der Pflichtprüfungen an den hierfür neu geschaffenen Beruf der WP aus dem Institut für das Revisions- und Treuhandwesen hervorgegangen. Es widmete sich von Anfang an u.a. der Herausgabe von Gutachten zu Fachfragen aus den Arbeitsgebieten des WP. Die erste fachliche Verlautbarung des IDW stammt aus dem Jahr 1933. Es handelt sich dabei um das Fachgutachten 1/33, das sich mit dem Umfang der Berichterstattungspflicht des Wirtschaftsprüfers befasst. Neben dem Allgemeinen Fachausschuss waren ein Versicherungsfachausschuss, ein Bankenfachausschuss, ein Kommunalfachausschuss, ein Eisenbahn-

International Accounting Standards Board (IASB) fachausschuss und ein Steuerfachausschuss tätig. Dem IDW wurden zunächst auch die berufliche Selbstverwaltung und die sich daraus ergebenden öffentlichen Aufgaben übertragen. 1943 wurde das IDW in die Reichskammer der Wirtschaftstreuhänder überführt. Nach 1945 griffen WP auf Landesebene die fachliche Tradition des ehemaligen Instituts wieder auf, so u. a. auch im IDW in Düsseldorf, dem die Facharbeit und die Wahrnehmung berufspolitischer Aufgaben für die gesamte Bundesrepublik Deutschland übertragen wurde. Im November 1954 wurde es in Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. umbenannt. Zu den Aufgaben des IDW gehörten auch die Bestrebungen nach einem einheitlichen Berufsrecht, die zur Wirtschaftsprüferordnung (WPO) und der Errichtung der Wirtschaftsprüferkammer im Jahre 1961 führten. Lit.: IDW (Hrsg.): 75 Jahre Wirtschaftsprüfer im IDW. Gemeinsam denken. Gemeinsam gestalten. Gemeinsam verantworten., 2007; IDW (Hrsg.): IDW Tätigkeitsbericht 2008/2009, 2009; IDW (Hrsg.): WP-Handbuch 2006. Handbuch für Rechnungslegung, Prüfung und Beratung, Band I, 13. Aufl., 2006, Abschn. B.I. Manfred Hamannt Intangibles o Vermögenswerte, immaterielle Intensitätsabweichung o Kostenabweichung, die auf die Differenz von Plan- und Ist-Intensität der Produktion einzelner Kostenstellen zurückzuführen ist (o Plankostenrechnung). Interessentheorie Grundsatz aus dem Konzernrechnungswesen, wonach der o Konzernabschluss aus der Sicht der Anteilseigner des Mutterunternehmens aufgestellt wird. Im Gegensatz zur o Einheitstheorie werden z. B. Minderheitsanteile an Tochterge-

sellschaften (o Anteile in Fremdbesitz) dem Fremdkapital zugerechnet. Lit: Busse von Colbe, W. et al.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 27f.; Pellens, B./Amshoff, H./Schmidt, A.: Konzernsichtweisen in der Rechnungslegung und im Gesellschaftsrecht, ZGR 2009, S. 238ff. Interessenzusammenführungsmethode Nach § 302 HGB a.F. vorgesehene Methode der o Kapitalkonsolidierung. Interest Coverage Ratio = o Zinsdeckungsgrad Internal Rate of Return = o Interner Zinsfuß International Accounting Standards (IAS) Bis 2001 verabschiedete Verlautbarungen des o International Accounting Standards Committee (IASC). Insgesamt wurden 41 IAS veröffentlicht. Viele dieser Regelungen haben heute noch Bestand und gelten – teils in überarbeiteter Fassung – gleichrangig zu den o International Financial Reporting Standards (IFRS) des o International Accounting Standards Board (IASB), durch welche sie formal abgelöst wurden. International Accounting Board (IASB)

Standards

1. Einführung Das IASB ist ein privatrechtlich organisiertes internationales Rechnungslegungsgremium, dessen Sinn und Zweck die Entwicklung, Etablierung und Verbreitung globaler Rechnungslegungsstandards (IFRS, IFRIC, IAS) ist, mit dem Ziel, durch eine weltweite Akzeptanz und Einhaltung dieser Normen eine internationale o Harmonisierung der Rechnungslegung anzustreben und hierdurch eine länderübergreifende Vergleichbarkeit der Finanzberichterstattung zu erreichen. 375

International Accounting Standards Board (IASB) Die Kernaufgabe des IASB, die Entwicklung internationaler Rechnungslegungsnormen, kommt insb. in Paragraph 37 der IFRS Foundation Constitution (n. F. seit 03/2010) zum Ausdruck, wo dem IASB die „complete responsibility for all IASB technical matters including the preparation and issuing of IFRSs […] and exposure drafts, […] and the approval and issuing of Interpretations developed by the Interpretations Committee“ übertragen wird. 2. Historie und Entwicklung der Organisation a) Gründung und Historie. Die Vorgängerorganisation des IASB, das International Accounting Standards Commitee (IASC), wurde auf Initiative Großbritanniens am 29.06.1973 in London von Berufsverbänden der Wirtschaftsprüfer mit dem Ziel gegründet, sich als globaler Standardsetzer für international anerkannte Rechnungslegungsnormen zu etablieren. Zu den ersten Mitgliedsstaaten, deren Vertreter auch zunächst das IASC-Board besetzten, gehörten Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Japan, Kanada, Mexiko, die Niederlande sowie die Vereinigten Staaten von Amerika. Zu den Gründungsinstitutionen zählte auch das o Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) sowie die o Wirtschaftsprüferkammer. Einen erstmaligen umfassenden inhaltliche Paradigmenwechsel erfuhr das IASB durch das 1989 ins Leben gerufene sog. „Comparability and Improvement Project“, in dessen Zuge das in den Anfangsjahren der Organisation aufgebaute und nicht unerhebliche Wahlrechtsspektrum deutlich eingeschränkt werden sollte, um sich derart wieder stärker der Vision einer Harmonisierung von Rechnungslegungsnormen und der internationalen Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen anzunähern. b) Restrukturierung, Annäherung an das FASB und europarechtliche Implika376

tionen. Im März 2001 wurde im Zuge einer umfassenderen strategischen und organisatorischen Umstrukturierung die International Accounting Standards Committee Foundation (IASC-Foundation; im März 2010 Umbenennung in IFRS-Foundation) als Träger- und unabhängige Dachorganisation des IASB gegründet. Das IASB selbst übernahm die Standardsetzungfunktion von seinem Vorgänger, dem IASC-Board. Ziel dieses Umbaus war einerseits eine stärkere Loslösung von den Berufsorganisationen der Wirtschaftsprüfer und Verzahnung mit den nationalen Standardsettern, andererseits auch eine Annäherung zum USamerikanischen Standardsetter FASB. Neben der Umbenennung neu erlassener Standards in „o International Financial Reporting Standards (IFRS)“ fallen in diese Phase insbesondere das sog. „Improvement Project“ sowie das sog. „Konvergenzprojekt“. In letzterem, dessen vornehmliches Ziel die Vermeidung inhaltlicher Differenzen zwischen IFRS und US-GAAP ist, kommt die stärkere Annäherung zum FASB auch inhaltlich zum Ausdruck. Einen besonderen Impuls dürfte der Standardsetter zudem durch die EG-Verordnung 1606-2002 (o IASVerordnung) erfahren haben, durch die die IFRS seit dem Jahr 2005 im Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen in der EU verpflichtend und somit in europäisches Recht transformiert wurden. c) Jüngere Entwicklung. Im Januar 2009 und März 2010 wurde – als Folge einer satzungsmäßig vorgeschriebenen periodischen Überprüfung der Altversion – die IASC-Foundation Constitution geändert, wobei insb. die Zusammensetzungen und Benennung der Organe sowie die Bildung einer sog. Monitoring Group neu geregelt wurde. Der vorliegende Beitrag berücksichtigt alle Modifikationen dieses zum 01.03.2010 in Kraft getretenen Änderungsvorschlags.

International Accounting Standards Board (IASB) 3. Einbettung des IASB in Organisation und Struktur des Standardsetters a) IFRS Foundation. Die IFRS Foundation (vor März 2010: IASC Foundation) fungiert als Träger- und unabhängige Dachorganisation des IASB. Der Foundation gehören 22 Treuhänder (Trustees) an, die Besetzung erfolgt in festgesetzten Kontingenten nach geografischer Herkunft der Trustees. Die Trustees sind verantwortlich für die Nominierung der Kandidaten für die Organe der IASC Foundation, d. h. die Auswahl der Kandidaten für das IASB, das International Financial Reporting Standards Interpretation Committee (IFRS-IC oder IC;

vor März 2010: IFRIC) sowie das Advisory Council (IFRS-AC oder AC, vor März 2010: SAC). Neben der Besetzung der Organe gehören zu den Aufgaben der Foundation die Gestaltung der politischen und strategischen Grundausrichtung der Organisation, die Unterstützung bei der weltweiten Verbreitung der IFRS, die Kontrolle des IASB sowie die Sicherung der Finanzierung des Standardsetters, d.h. vor allem die Budgetierung der Organe. Die Foundation und die Trustees sind nicht unmittelbar am IFRSStandardsetzungsprozess beteiligt; die Erstellung und Verabschiedung von IFRS verbleibt mithin im alleinigen Verantwortungsbereich des IASB.

Abb. 1.: Einbettung des I. in die Organe der I.-Foundation

b) IASB. Dem aktuell (Stand: Oktober 2010) mit 15 Mitgliedern – die Mitgliederanzahl wird bis Juli 2012 auf 16 erhöht – besetzten IASB obliegt der Prozess der Erstellung, Überarbeitung und Verabschiedung von Rechungslegungsstandards (IFRS, IFRS-SME). Die No-

minierung der Mitglieder erfolgt durch die Trustees der Foundation für eine Amtszeit von zunächst fünf Jahren, wobei eine Verlängerung um eine zusätzliche Periode von, abhängig vom Eintrittsdatum in das IASB, drei oder fünf Jahren möglich ist. Die Tätigkeit im IASB er377

International Accounting Standards Board (IASB) folgt grundsätzlich auf Vollzeitbasis; maximal drei Mitglieder können ihre Tätigkeit auf Teilzeitbasis ausüben. Ein Mitglied des IASB fungiert als Chairman (aktuell: David Tweedie, ab Juli 2011: Hans Hoogervorst) bis zu zwei weitere Mitglieder als Vice-Chairman (Ian Mackintosh). Der Chairman ist gleichzeitig Chief Executive der Foundation. Alle Mitglieder des IASB sind gleichermaßen stimmberechtigt, bei Stimmgleichheit wird die Stimme des Chairman doppelt gewichtet. Bei der Auswahl der Mitglieder des IASB hat die Foundation zunächst eine, im Zuge der Revision der Constitution vorgegebene, geografische Kontingentierung zu berücksichtigen, durch die den Regionen Nordamerika, Europa und Asien-Ozeanien jeweils vier Mitglieder zugesprochen werden. Zudem formuliert die Constitution gewisse Anforderungen im Hinblick auf den beruflichen Werdegang der Kandidaten: Demnach sollen dem IASB gleichermaßen Mitglieder mit Wirtschaftsprüfungshintergrund, mit Qualifikationen im Abschlusserstellungsprozess, als Jahresabschlussadressat sowie aus der Forschung angehören. Als persönliche Qualifikationen, die die IASB Mitglieder erfüllen müssen, nennt die Constitution insb. die Fachkompetenz sowie berufspraktische Erfahrungen. c) IFRS-IC. Die Nominierung des bereits 1997 als Standing Interpretations Committee (SIC) eingeführten und im Zuge der Neuausrichtung in 2001 zum IFRIC und 2010 zum IFRS-IC (IC) umbenannten, mit zwölf Mitgliedern besetzten, Gremiums erfolgt über die Trustees der IFRS Foundation. Während indes dem IASB die Entwicklung von Rechnungslegungsstandards obliegt, ist es zentrale Aufgabe des IFRS-IC, bereits verabschiedete Standards zu interpretieren, dabei Hilfestellung bei der praktischen Anwendung der Standards zu geben und sich zu solchen – häufig standardübergreifenden – Rechnungslegungs378

fragen zu äußern, bei denen die existierenden IFRS oder IAS keine oder keine eindeutige Regelungslösung anbietet. Hierbei fokussiert das IFRS-IC insb. auf solche Bilanzierungsprobleme, bei denen der Standardsetter zu beobachten glaubt, dass in Ermangelung konkreter Rechnungslegungsnormen eine mit einzelnen IFRS oder dem IFRS Rahmenkonzept konfligierende Bilanzierungspraxis etabliert wurde oder die Auslegung durch den Rechnungslegungsanwender den Basisprinzipien des IFRS Normgefüges widerspricht. Das IFRS Rahmenkonzept und die hierin dargelegten Prinzipien fungieren hierbei dem IFRS-IC als Deduktionsgrundlage bei Erarbeitung von Anwendungsleitlinien für neue Fragen der Rechnungslegung. Entsprechend einer stärkeren Ausrichtung an der Bilanzierungspraxis ergibt sich hierbei eine enge Zusammenarbeit des IFRS-IC mit nationalen Standardsettern. Obschon die Nominierung der IFRS-IC Mitglieder der Foundation obliegt und auch der Standardsetzungsprozess grundsätzlich unabhängig von jenem des IASB erfolgt, nimmt das IASB selbst einen nicht unwesentlichen indirekten Einfluss auf den IFRS-ICNormsetzungsprozess: Die Verzahnung der beiden Gremien zeigt sich dadurch, dass im Zuge einer Abstimmung der Agenden beider Organe, bei der Themenüberschneidungen festgestellt werden, IFRS-IC-Themen grundsätzlich hinter IASB-Projekte zurücktreten. Neben der Möglichkeit der Kommentierung der IFRS-IC-Entwürfe zeigt sich die Einflussnahme sowie eine institutionelle Nachrangigkeit des IFRS-IC insbesondere auch dadurch, dass IFRS-IC Interpretationen einer Ratifizierung durch das IASB bedürfen, bei der mindestens 9 Mitglieder des IASB dem IFRS-ICRegelungsentwurf zustimmen müssen (bei Besetzung des IASB mit 16 Mitgliedern erhöht sich diese Anzahl auf 10); auch die Verabschiedung und Veröffent-

International Accounting Standards Board (IASB) lichung der IFRS-IC erfolgt durch das IASB.

5. Standardsetzungsprozess – Due Process

d) IFRS-AC. Das laut Satzung mit mindestens 30 und aktuell mit 51 Mitgliedern besetzte IFRS Advisory Council (IFRS-AC oder AC; bis März 2010: SAC) hat die Aufgabe, das IASB und die Trustees bezüglich des IASB-Arbeitsplans und der Prioritäten der IASB-Arbeit, aber auch zu anderen Themen, zu beraten und dem IASB die Meinungen der im IFRSAC vertretenen Organisationen und Mitgliedern zu aktuellen Standardprojekten zu vermitteln. Die IFRS-AC-Mitglieder vertreten Organisationen aus aller Welt, die Interesse an der Arbeit des IASB haben. Das IFRS-AC trifft sich normalerweise dreimal jährlich.

Die Entstehung und Verabschiedung eines neuen IFRS Standards durchläuft einen insgesamt sechsstufigen Standardsetzungsprozess (Due Process):

e) Monitoring Board. Paragraph 18 der Constitution beschreibt als Kernfunktion des 2009 eingerichteten Monitoring Boards das Agieren als ein „formal link between the trustees and public authorities“. Dem u. a. mit Vertreten der der Europäischen Kommission, der USamerikanische Wertpapier- und Börsenaufsicht und weiteren Kapitalmarktaufsichtsbehörden besetzten Überwachungsgremium obliegt neben der Nominierung, Ernennung und Kontrolle der Trustees vor allem die Formalisierung des Zusammenwirkens zwischen Kapitalmarktbehörden und den Tätigkeiten des Standardsetzers. 4. Standards Das IASB erlässt Standards unter dem Namen International Financial Reporting Standards (IFRS). Die von der Vorgängerorganisation IASC erlassenen International Accounting Standards (IAS) gelten jedoch weiterhin und sind den IFRS gleichgestellt, solange sie nicht durch neue IFRS außer Kraft gesetzt werden. Zusammen mit den Interpretationen des IFRS-IC bilden die IFRS und IAS nach IAS 1.7 die IFRS im weiteren Sinne.

a) Aufnahme eines Projekts auf die offizielle Agenda des IASB. Die Übernahme eines Rechnungslegungsproblems auf die offizielle Agenda des IASB, durch welche der eigentliche Standardsetzungsprozess in Gang gesetzt wird, kann sowohl durch interne (IFRIC-AC, IFRS-IC, interne Forschungstätigkeiten des IASB) als auch durch externe Impulse – so bspw. durch Empfehlungen interessierter Gruppierungen (bspw. nationale Standardsetzer) – erfolgen. Potenzielle regelungsbedürftige Themenkomplexe beschränken sich nicht allein auf die Entwicklung neuer Standards sondern können auch Erweiterungen oder Änderungen existierender IFRS, IAS oder IFRIC sowie die Auflösung von Regelungskonflikten innerhalb bestehender IFRS umfassen, wobei in den letzten Jahren eine besondere Schwerpunktsetzung auf solche Projekte beobachtbar scheint, die auf Konvergenzbestrebungen – insb. mit dem FASB – abzielen. Die Übernahme eines Themenkomplexes auf die IASB Agenda erfolgt in öffentlicher IASB Sitzung und erfordert die einfache Mehrheit der IASB-Mitglieder b) Projektplanung. Hierbei wird neben einer zeitlichen Planung und der Personalplanung, die u. a. auch die Bildung von Arbeitsgruppen und die Ernennung eines Projektverantwortlichen umfasst, insb. auch entschieden, inwieweit das Projekt zusammen mit einem anderen Standardsetter (vornehmlich dem FASB) – als Joint-Project – verfolgt wird. c) Erstellung und Veröffentlichung eines Diskussionspapiers (Discussion Paper). Obschon nicht verbindlich im offiziellen Prozess des IASB vorgesehen, erfolgt im nächsten Schritt vielfach die 379

International Accounting Standards Board (IASB) Erstellung eines Diskussionspapiers – als erste Veröffentlichung des IASB im Zuge des Standardsetzungsprozesses – welches einerseits der Erläuterung des zu diskutierenden Rechnungslegungsproblems dient, andererseits aber auch Grundlage für erste Stellungnahmen (Comment Letter) aller interner und externer Interessengruppen ist. Es kann grundsätzlich unterschieden werden zwischen Diskussionspapieren, die die Sichtweise des IASB auf ein Bilanzierungsproblem erläutern, und solchen Diskussionspapieren, die von anderen Parteien erstellt wurden. Im zweiten Fall durchläuft das Dokument lediglich einen internen Kontroll- und Genehmigungsprozess beim IASB während sich das Board selbst nicht für den Inhalt und hierin gegebene Lösungsvorschläge verantwortlich zeigt. Ein Diskussionspapier enthält neben einer Beschreibung der Problemstellung sowie einer ersten Indikation möglicher Lösungsansätze auch die Aufforderung zu einer ersten Kommentierung (Invitation to comment) und bedarf vor der Veröffentlichung der Zustimmung mindestens der Hälfte der anwesenden Mitglieder des IASB; die Kommentierungsfrist beläuft sich regelmäßig auf 90 Tage. d) Erstellung und Veröffentlichung eines Exposure Drafts. Kommentierungen des Diskussionspapiers durch die interessierte Öffentlichkeit, das IFRS-AC sowie interne Erwägungen des Projektteams des IASB bilden die Basis für die Erstellung eines sog. Exposure Drafts auf der nächsten Stufe des Due Processes. Ein Exposure Draft ist im Gegensatz zu einem Diskussionspapier ein verbindlicher Schritt im Standardsetzungsprozess und wird gemeinsam mit einer Basis for Conclusions sowie einer Darstellung etwaiger alternativer oder abweichender Auffassungen über mögliche Regelungslösungen veröffentlicht. Die Genehmigung zur Veröffentlichung des Exposure Drafts bedarf einer Zustimmung von 9 Mitgliedern des IASB (10 Zustimmun380

gen bei angedachter Besetzung mit 16 Mitgliedern bis 2012). Die Kommentierungsfrist beträgt bis zu 120 – regelmäßig aber 90 – Tage. e) Veröffentlichung und Ratifizierung des Standards. Der weitere Prozess bis zur endgültigen Verabschiedung eines Standards umfasst die Durchführung öffentlicher Anhörungen, in denen die Stellungnahmen und Kommentierungen des Exposure Drafts erörtert werden, die bedarfsweise Durchführung von sog. Field Tests (praktische Anwendungstests) und – in Abhängigkeit des identifizierten Änderungsbedarfs – eine etwaige Erstellung eines weiteren Exposure Drafts zur neuerlichen Kommentierung. Sofern innerhalb des IASB Einigung über den Regelungsinhalt erzielt wurde und mindestens 9 Mitglieder (10 Zustimmungen bei angedachter Besetzung mit 16 Mitgliedern bis 2012) dem Standard zugestimmt haben, erfolgt die Veröffentlichung des IFRS. f) Maßnahmen und Prozesse im Anschluss an die Veröffentlichung eines Standards. Im Anschluss an die Veröffentlichung eines neuen Standards sieht der offizielle Due Process vielfältige Nachbetrachtungen, Schulungs- und Informationsveranstaltungen vor, in denen insb. die praktische Anwendung des neuen Standards im Vordergrund steht. 6. Anwendung der IFRS in der EU und in Deutschland a) Europarechtliche Erwägungen. Aus europarechtlicher Perspektive kommt der sog. IAS-Verordnung (EUVerordnung vom 19.07.2002), in der die EU die Anwendung der IFRS ab 2005 für kapitalmarktorientierte Konzerne grundsätzlich verpflichtend vorsieht, besondere Bedeutung zu. Als durch ein privatwirtschaftlich organsiertes Standardsetzungsgremium verabschiedete Rechnungslegungsstandards haben die IFRS weder Rechtsnormcharakter noch -quali-

International Accounting Standards Board (IASB) tät, sodass es in vielen Jurisdiktionen zur Übernahme in national oder übernational (bspw. EU-Recht) gültiges Recht eines Transformations- und Legitimationsprozesses bedarf, durch den den IFRS ein Quasirechtsnormcharakter verliehen wird. Bei der Übernahme der IFRS in EU-Recht kommt dem sog. Komitologieverfahren (o Endorsement) diese Rolle zu. Der Endorsement-Prozess beginnt mit der Verabschiedung eines Standards durch das IASB, bedarf zunächst einer Zustimmung mit Übernahmeempfehlung durch das o EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) sowie die o SARG (Standards Advice Review Group) an die EU Kommission. Auf einer zweiten Stufe legt die EU Kommission dem ARC (Accounting Regulatory Committee) einen Vorschlag zur Übernahme oder Ablehnung eines Standards vor, der zeitgleich auch an das Europäische Parlament übermittelt wird: Nach Zustimmung durch dieses Gremium werden die IFRS nach politischer Kontrolle durch das Europäische Parlament in EU-Recht transformiert und im EU-Amtsblatt in allen Amtssprachen veröffentlicht. b) Handelsrecht: § 315a HGB. Vorläufer der Norm war § 292a HGB (alte Fassung; bis Ende 2004 begrenzt), der im Zuge des KapAEG Mutterunternehmen, die einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Absatz 1 Satz 1 WpHG durch von ihnen oder durch eine ihrer Tochtergesellschaften ausgegebenen Wertpapiere in Anspruch nimmt, das Recht einräumte, an Stelle der Konzernrechnungslegung nach HGB einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen zu erstellen. § 315a Absatz 1 in der aktuell gültigen Fassung transformiert geltendes EU-Recht in nationales Recht und sieht eine obligatorische Anwendung der IFRS auf die konsolidierten Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unter-

nehmen i. S. d. IAS-Verordnung vor. Entgegen § 292a HGB wird die Anwendung der IFRS in § 315a HGB auf jene IFRS begrenzt, die das EU-Komitologieverfahren durchlaufen haben und als eine Kommissions-Verordnung veröffentlicht worden sind. § 315a Abs. 3 HGB ermöglicht – in Wahrnehmung des nationalen Wahlrechts aus Art. 5 der EU Verordnung – auch nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften ihre konsolidierten Abschlüsse nach den IFRS aufzustellen. Lit.: Busse von Colbe, W.: Kommentierung zu § 315a HGB, in: Schmidt, Karsten (Hrsg.): Münchener Komm. zum HGB, Band 4, 2. Aufl., 2008; Fresl, K.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, 2000; Hohl, P.: Private Standardsetzung im Gesellschafts- und Bilanzrecht, 2007; International Accounting Standards Committee Foundation: Vorwort zu den International Financial Reporting Standards (IFRS Vorwort), 2005, verfügbar unter http://eifrs.IASB.org/eifrs/; International Accounting Standards Committee Foundation: Satzung IASC Foundation Satzung (überarbeitet), 2005, verfügbar unter http://eifrs.I..org/eifrs/; International Accounting Standards Committee Foundation: Due Process Handbook for the IASB (Stand: Oktober 2008), 2008; Najderek, A.: Die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts: Problembestimmung und konzeptionelle Würdigung, 2009; Tweedie, D./Seidenstein, T.R.: Setting a Global Standard: The Case for Accounting Convergence, in: Northwestern Journal of International Law and Business 2005, Vol.25/No.3, S. 589-608; Wüstemann, J./Kierzek, S.: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, in: Brütsch, C./Lehmkuhl, D. (Hrsg.): Law and Legalization in Transnational Relations, 2007, S. 33-57. Christoph Hütten/ Christopher Sessar 381

International Accounting Standards Committee (IASC) International Accounting Standards Committee (IASC) Vorgängerorganisation des o International Accounting Standards Board (IASB); gegründet 1973 in London auf Initiative vornehmlich anglo-amerikanischer Abschlussprüfer und anderer Experten des Rechnungswesens; nach einer Umorganisation im Jahr 2001 in IASB umbenannt und personell neu besetzt. Ziel des IASC war die Erarbeitung und Veröffentlichung von Rechnungslegungsvorschriften und die Förderung von deren weltweiter Anerkennung. Bis 2001 gingen 41 o International Accounting Standards (IAS) aus der Arbeit des IASC hervor, die zum Teil heute noch gültig sind. International Accounting Standards Committee Foundation (IASCF) o International Accounting Standards Board (IASB) International Federation of Accountants (IFAC) 164 Organisationen aus 125 Ländern (Stand: Dezember 2010) umfassende internationale Vereinigung von Angehörigen wirtschaftsprüfender Berufe sowie von Fachleuten des Rechnungswesens mit dem Ziel, eine internationale Koordinierung des o Wirtschaftsprüfer-Berufes durch harmonisierte Grundsätze zu fördern. Unter dem Dach der IFAC existieren mehrere Gremien, die berufsständische Standards verabschieden: Das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) veröffentlicht die International Standards on Auditing (ISA) als o internationale Prüfungsnormen, das International Accounting Education Standards Board (IAESB) Richtlinien für die Wirtschaftsprüferausbildung und das International Ethics Standards Board for Accountants (IESBA) ethische Richtlinien für den Berufsstand. Das International Public Sector Accounting Standards Board (IPSASB) 382

beschäftigt sich mit der Rechnungslegung im öffentlichen Sektor. International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) Bis März 2010 Bezeichnung des o IFRS Interpretations Committee. Die Abkürzung IFRIC wird weiterhin als Bezeichnung für die veröffentlichten Interpretationen verwendet. International Financial Standards (IFRS) 1. Begriff

Reporting

Früher: International Accounting Standards (IAS). Die IFRS sind internationale Rechnungslegungsregeln zur Erstellung des Jahres- und Konzernabschlusses, die vom o International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben werden. 2. Zielsetzung Die IFRS verstehen sich als anlegerorientiertes Rechnungslegungssystem, dessen vorrangiges Ziel die Bereitstellung entscheidungsnützlicher Informationen für Investoren und andere Gruppen ist. Der Gedanke des Gläubigerschutzes durch eine vom Vorsichtsprinzip geprägte Ermittlung eines ausschüttungsfähigen Gewinns wird hier nicht verfolgt. Entsprechend erfolgt eine umfassende Bilanzierung der Vermögenswerte und Schulden zum beizulegenden Zeitwert (o Fair Value). Ferner fehlt eine Verknüpfung mit der steuerlichen Gewinnermittlung, wie sie in Deutschland aufgrund des o Maßgeblichkeitsprinzips bis heute – wenn auch mit deutlich abnehmender Tendenz – besteht. Die IFRS orientieren sich konzeptionell grundsätzlich an den amerikanischen Bilanzierungsgrundsätzen o US-GAAP, mit denen sie im Rahmen eines fortlaufenden Prozesses harmonisiert werden. 3. Anwenderkreis Gemäß der „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates be-

International Organization of Securities Commissions (IOSCO) treffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards“ vom 19.7.2002 müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union seit 2005 ihre Konzernabschlüsse nach den IFRS erstellen. Die IFRS entwickeln sich kontinuierlich zum globalen Standard für die Rechnungslegung. Weltweit kommen die IFRS in insgesamt ca. 140 Ländern, wenn auch teilweise in leicht abgewandelter Form, zur Anwendung. Zudem entschied die o Securities and Exchange Commission (SEC), die US-amerikanische Börsenaufsicht, im Jahr 2007 für ausländische Emittenten, dass anstatt eines US-GAAP-Abschlusses auch ein IFRS-Abschluss bei ihr eingereicht werden kann. Eine Entscheidung über eine vollständige Anerkennung der IFRS auch für US-amerikanische Unternehmen steht hingegen noch aus. 4. Aufbau Als Fundament der Regulierungshierarchie gilt die zentrale Aufgabe der IFRSAbschlüsse, die Vermögens-, Finanzund Ertragslage entsprechend der tatsächlichen Verhältnisse darzustellen. Unter bestimmten Umständen können Einzelvorschriften diesem Grundsatz widersprechen, wobei in diesen extrem seltenen Einzelfällen zugunsten dieses Grundsatzes von den Einzelregeln abgewichen werden soll. Im Regelfall sollen die einzelnen Standards maßgeblich sein. Neben den IFRS bestehen verschiedene Interpretationen, welche auf eine einheitliche Anwendung der IFRS zielen, die gleichwertig zu den einzelnen Standards sind. Darauf aufbauend sind die Implementation Guidance maßgeblich, welche für komplexe Sachverhalte Handlungsanweisungen für die Anwender beinhalten. Wenn ein Bilanzierungsproblem nicht explizit geregelt ist, sind auf der nächsten Ebene zuerst Fallanalogien und danach folgend Systemanalogien heranzuziehen. Auf der vierten Ebene

sind bestehende Verlautbarungen anderer Standardsetzer sowie Literaturmeinungen und anerkannte Branchenpraktiken maßgeblich, sofern diese nicht mit der vorherigen Verpflichtungsebene kollidieren. Abschließend hat jeder IFRS mit dem Rahmenkonzept in Einklang zu stehen. Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 86-114; Pellens, B./Obermüller, P./Rüthers, T.: Fünf Jahre IFRS-Abschlüsse in der Europäischen Union – Bestandsaufnahme und Perspektive der Rechnungslegungsharmonisierung, in: Schweizer Treuhänder 2010, S. 464-471. Torben Rüthers International Organization of Securities Commissions (IOSCO) Internationale Organisation der Börsenaufsichtsbehörden, die 1983 mit dem Ziel gegründet wurde, die internationale Kooperation der Aufsichtsbehörden zu fördern, die Entwicklung einheitlicher Standards für Börsenzulassung, Wertpapiertransaktionen sowie Marktaufsicht voranzutreiben und die gegenseitige Unterstützung bei der Verfolgung von Regelverstößen sicherzustellen. Für die weltweite Harmonisierung der Rechnungslegung ist die Zusammenarbeit der IOSCO mit dem o International Accounting Standards Board (IASB) bedeutsam. Die IOSCO und das damalige o International Accounting Standards Committee (IASC) verständigten sich 1993 auf eine Liste von sog. Core Standards zur Anwendung bei grenzüberschreitenden Wertpapieremissionen. Diese Core Standards wurden 1998 vom IASC fertiggestellt. Nach Prüfung der Standards empfahl die IOSCO 2000 ihren Mitgliedern, die Standards zur Anwendung freizugeben. Die IOSCO hat sich stets für die Konvergenz verschiedener Rechnungslegungssysteme eingesetzt. Hier ist insb. die als „Norwalk Ag383

International Standards on Auditing reement“ bekannte Vereinbarung zwischen IASB und o Financial Accounting Standards Board (FASB) zu nennen, die 2002 mit dem Ziel der Annäherung zwischen IFRS und US-GAAP getroffen wurde. In der sog. Roadmap to Convergence, einer Aktualisierung des Norwalk Agreements in 2006, wurde die von der o Securities and Exchange Commission (SEC) noch geforderte Überleitungsrechnung auf US-GAAP thematisiert. Die SEC folgte 2007 der Empfehlung der IOSCO und akzeptierte die IFRS ohne Überleitungsrechnung für ausländische Emittenten. Lit.: Leu, P./Teitler-Feinberg, E.: IOSCO als globale Promotorin von IFRS, in: Der Schweizer Treuhänder 2007, S. 546-550; Roberts, C./Weetman, P./Gordon, P.: International Corporate Reporting: a comparative approach, 4. Aufl., 2008, S. 97-98, 336-341. International Standards on Auditing o Prüfungsnormen, internationale Internationale Prüfungsnormen o Prüfungsnormen, internationale Interne Revision o Revision, interne Interne-Zinsfuß-Abschreibung = Hotelling-Abschreibung Verfahren zur Ermittlung der o Abschreibungen, bei dem das Vermögen zu Beginn jeder Rechnungsperiode dem mit dem internen o Zinsfuß berechneten o Barwert jeweils noch ausstehender o Cashflows bewertet wird. Zum Investitionszeitpunkt entspricht dieser Barwert genau der Investitionsauszahlung. Bei einem Investitionsprojekt mit einem o Kapitalwert von null bzw. – gleichbedeutend – einem internen Zinsfuß in Höhe des Kapitalkostensatzes entspricht die I. der o Ertragswertabschreibung, die der Berechnung des ökonomischen o Gewinns zugrunde liegt. Bei Anwendung der I. entspricht die erwartete bilanzielle 384

o Rentabilität in jeder Periode genau dem internen Zinsfuß. Lit: Crasselt, N./Schmidt, A.: Ökonomische Fundierung buchwertbasierter Performancekennzahlen, in: WiSt 2007, S. 222-227; Henselmann, K.: Economic Value Added. Königsweg zur Integration des Rechnungswesens?, in: ZfP 2001, S. 159-186; Hotelling, H.: A general mathematical theory of depreciation, in: Journal of the American Statistical Association 1925, S. 340-353. Interner Zinsfuß o Zinsfuß, interner Internes Kontrollsystem o Kontrollsystem, internes Intervallfixe Kosten = o Kosten, sprungfixe Inventar und Inventur 1. Begriffe a) Inventar. Gemäß § 240 Abs. 1 und 2 HGB muss jeder Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs ein Inventar aufstellen. Als solches bezeichnet man ein umfassendes und detailliertes Verzeichnis, in dem der Kaufmann alle Vermögensgegenstände und Schulden nach Art, Menge und Wert einzeln aufzuzeichnen hat. Es bildet die Voraussetzung für eine ordnungsmäßige Buchführung und ist zugleich Grundlage für die Bilanzerstellung. Zudem dient das Inventar der Kontrolle der Buchbestände, da durch den Abgleich zwischen Buch- und Ist-Beständen etwa Diebstahl, Schwund oder Veruntreuung aufgedeckt werden können. b) Inventur. Um ein Inventar zu einem bestimmten Zeitpunkt aufstellen zu können, ist es notwendig, zuvor eine sog. Inventur durchzuführen. Zwar ist der Begriff „Inventur“ weder im Gesetz erwähnt noch definiert, jedoch versteht man im Allgemeinen unter einer Inventur im weiteren Sinne die genaue Aufzeich-

Inventar und Inventur nung von sämtlichen Vermögensgegenständen (Grundstücke, Maschinen, Lagerbestände, Bargeld, Buchforderungen usw.) sowie sämtlichen Schulden (Wechsel-, Grund-, Lieferantenschulden usw.), die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Unternehmen vorhanden sind. 2. Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur Die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (GoI) lassen sich aus den übergeordneten Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ableiten. Hierzu zählen neben den materiellen Grundsätzen der Vollständigkeit, der Richtigkeit und Willkürfreiheit sowie der Einzelbewertung und -erfassung auch die formellen Grundsätze der Nachprüfbarkeit, der Klarheit sowie der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit. Hierbei verlangt der Grundsatz der Vollständigkeit bei der Bestandsaufnahme eine Orientierung am wirtschaftlichen, nicht am rechtlichen Eigentum der Vermögensgegenstände. Nach dem Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit sind die Angaben im Inventar möglichst fehlerfrei sowie möglichst frei von subjektivem Ermessen wiederzugeben. Sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden sind in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Einzelbewertung und Einzelerfassung sowohl einzeln aufzuführen als auch zu bewerten. Von diesem Grundsatz darf in den unten genannten Fällen (Inventurvereinfachungen) nach Maßgabe des § 241 HGB abgewichen werden. Die Nachprüfbarkeit ist gegeben, sofern ein sachverständiger außenstehender Dritter die Angaben aus dem Inventar nachvollziehen und überprüfen kann. Nach dem Grundsatz der Klarheit sind die einzeln angegebenen Posten im Inventar verständlich und übersichtlich anzuordnen sowie inhaltlich klar von anderen Posten abzugrenzen. Um den Inventurzweck mit möglichst minimalem Mitteleinsatz ge-

währleisten zu können, verlangt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit, dass die Ermittlung und Bereitstellung der Informationen im Inventar keinem unverhältnismäßig hohen Aufwand unterliegt. 3. Inventurformen Inventurformen sind als jeweilige Kombination aus einem Inventursystem und einem Inventurverfahren aufzufassen. Bestimmend für die Art des Inventursystems ist der Zeitpunkt oder Zeitraum der Bestandsaufnahme, wohingegen die Art und Weise der Bestandsaufnahme das Inventurverfahren kennzeichnet. a) Inventursysteme – Stichtagsinventur: Die Bestandsaufnahme bei der Stichtagsinventur erfolgt grundsätzlich zum Abschlussstichtag. Da sich die komplette Bestandsaufnahme hierbei auf im Idealfall einen Tag konzentriert, können hierdurch die betrieblichen Prozesse erheblich beeinträchtigt werden. Zudem ergibt sich durch die Stichtagsinventur ein erhöhter Personalbedarf. Der gegebene Zeitdruck bedingt oftmals eine geringere Sorgfalt bei der Erfassung, so dass die Fehlerquote bei der Bestandsaufnahme erhöht sein kann. Diese Nachteile relativieren die Vorteile der Stichtagsinventur, welche insb. durch die nur in geringem Maße notwendigen Aufzeichnungen über Bestandsveränderungen während des betrachteten Zeitraums gegeben sind. – Zeitnahe Inventur: Bei der zeitnahen Inventur kann die Bestandsaufnahme in einem Zeitraum von zehn Tagen vor bis zehn Tagen nach dem Abschlussstichtag erfolgen. Bestandsveränderungen zwischen dem Tag der Bestandserfassung und dem Abschlussstichtag müssen durch mengen- und wertmäßige Korrekturen in Form von Fortschreibungen und Rückrechnungen eliminiert werden. Im Gegensatz zur Stichtagsinventur müssen bei Durchführung der zeitnahen Inventur 385

Inventar und Inventur nicht alle Bestände zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgenommen werden. Für wertvolle Bestände und Bestände, die mengen- oder wertmäßig hohen Schwankungen unterliegen, ist jedoch eine Erfassung am oder nahe am Abschlussstichtag geboten. – Vor- oder nachverlegte Inventur: Für die Bestandsaufnahme im Rahmen der vor- oder nachverlegten Inventur steht dem Unternehmen ein Zeitfenster von drei Monaten vor bis zwei Monaten nach dem Abschlussstichtag zur Verfügung. Hierbei werden die Bestände in einem separaten Inventar am Inventurstichtag erfasst und wertmäßig bis zum Abschlussstichtag fortgeschrieben oder zurückgerechnet. Da bei Anwendung der vor- oder nachverlegten Inventur nur geringer Zeitdruck bei der Erfassung der Bestände entsteht, unterliegen die Aufnahmearbeiten meist einer höheren Sorgfalt als bei der Stichtags- oder der zeitnahen Inventur, so dass die Fehlerquote der Bestandsaufnahme reduziert wird. Zudem bedingt die vor- oder nachverlegte Inventur keinen wesentlich höheren Personalbedarf und kann im Zeitraum von fünf Monaten besser an die betrieblichen Abläufe angepasst werden, ohne diese erheblich zu stören. Als wesentliche Fehlerquelle kann sich bei diesem Inventursystem die Wertfortschreibung und -rückrechnung über den längeren Zeitraum hinweg erweisen. – Permanente Inventur: Bei der permanenten Inventur handelt es sich um eine laufende Bestandskontrolle, die sich über das gesamte Geschäftsjahr erstreckt. Der Zeitpunkt für die körperliche Bestandserfassung kann im gesamten Geschäftsjahr auf beliebig viele Termine aufgeteilt werden. Hierbei bietet es sich an, die Aufnahmearbeiten auf Zeiten mit (z. B. saisonal bedingt) niedrigen Beständen zu legen; dies vermindert sowohl den Erhebungsaufwand als auch das Auftreten von Zählungenauigkeiten. 386

Da bei der permanenten Inventur der Aufnahmetag und der Zeitpunkt der Inventaraufstellung auseinanderfallen, ist das Inventar zum Abschlussstichtag aus der Lagerbuchführung zu ermitteln; hierbei ist eine zeitpunktgenaue art-, mengen- und wertmäßige Erfassung aller Zu- und Abgänge sicherzustellen. Somit stellt die permanente Inventur eine Kombination aus einer buchmäßigen und einer körperlichen Bestandsaufnahme dar. Es muss sichergestellt sein, dass eine Abweichung in Wert und Menge vom Gesamtwert der inventarisierten Position höchstens 2% beträgt. Darüber hinaus ist mindestens einmal im Geschäftsjahr eine Kontrolle der Bestände in der Lagerbuchführung erforderlich. Eine permanente Inventur darf bei besonders wertvollen Beständen, bei Beständen mit besonders hohen Schwankungen in Menge und Wert und bei unfertigen Erzeugnissen nicht durchgeführt werden. Letztgenannte erweisen sich für die permanente Inventur als problematisch, weil jeder Fertigungsschritt den Vermögensgegenstand verändert. Dies würde eine Buchung in der Lagerbuchführung bewirken. b) Inventurverfahren – Körperliche Bestandsaufnahme: Bei der körperlichen Bestandsaufnahme ist zwischen der vollständigen körperlichen Bestandserfassung und der Stichprobenerfassung zu unterscheiden. Während für die klassische vollständige körperliche Bestandserfassung alle Positionen nach Art, Menge und Wert durch Zählen, Messen, Wiegen oder Schätzen erfasst werden müssen, können sich die Aufnahmearbeiten bei der Bestandsaufnahme in Stichproben auf einen als repräsentativ erachteten Teil der Positionen beschränken. Auf der Grundlage der Art, Menge, Qualität, Gewicht und Wert der Stichprobe wird das Ergebnis auf die insgesamt vorhandene Menge hochgerechnet. Für die Stichprobeninventur

Inventar und Inventur nennt § 241 Abs. 1 HGB als Anwendungsvoraussetzungen die Anwendung eines anerkannten mathematischstatistischen Verfahrens, welches den GoB entsprechen muss. Dies impliziert zum einen eine ordnungsmäßige Lagerbuchführung, zum anderen muss der Aussagewert des per Stichprobeninventur ermittelten Inventars dem Aussagewert eines auf Vollaufnahme basierenden Inventars gleichwertig sein. Dies bedeutet, dass Sicherheit und Genauigkeit der Schätzung quantifizierbar sein müssen. Nicht zulässig ist eine Stichprobeninventur bei besonders wertvollen Vermögensgegenständen oder bei solchen, bei denen eine hohe Fehlerwahrscheinlichkeit vorliegt, d. h. bei denen die notwendige Repräsentativität einer Stichprobe für die Grundgesamtheit wegen der Beschaffenheit des Vermögensgegenstands nicht gegeben ist; dies ist etwa bei verderblichen oder hohem Schwund unterliegenden Vermögensgegenständen der Fall. – Buchmäßige Bestandsaufnahme: Die buchmäßige Bestandsaufnahme erfolgt insbesondere bei Vermögensgegenständen, die nicht physisch erfassbar sind, wie z. B. Forderungen oder immaterielle Vermögensgegenstände. Darüber hinaus kommt sie bei Vermögensgegenständen zur Anwendung, bei denen die körperliche Bestandsaufnahme unmöglich oder unzumutbar ist, z. B. bei Beständen, die am Abschlussstichtag im Freien unter Schnee lagen. Eine buchmäßige Bestandsaufnahme im Anlagevermögen ist nur dann zulässig, wenn der Wert des betreffenden Vermögensgegenstands aus einem fortlaufenden und detaillierten Verzeichnis, z. B. einer Anlagekartei, entnommen werden kann. Notwendige Angaben hierin betreffen die genaue Bezeichnung des Gegenstands, den Tag der Anschaffung bzw. Herstellung, die Höhe der Anschaffungs- bzw. Herstellkosten, taggenaue Abgänge, die

Abschreibungsmethode und die Nutzungsdauer, den Bilanzwert am Bilanzstichtag sowie ggf. Zuschreibungen und außerplanmäßige Abschreibungen. – Bestandsaufnahme anhand von Dokumenten: Die Bestandsaufnahme bei Vermögensgegenständen, die nicht zugänglich sind, wie z. B. unterwegs befindliche oder bei Dritten eingelagerte Waren, hat anhand von Dokumenten wie Lagerscheinen, Rechnungen, Verträgen oder Frachtbriefen zu erfolgen. 4. Vereinfachungen der Inventarerstellung a) Festbewertung. Für Gegenstände des Sachanlagevermögens oder Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die regelmäßig ersetzt werden, kann vereinfachend eine Festbewertung (§ 240 Abs. 3 HGB) vorgenommen werden. Für einen bestimmten Bestand an Vermögensgegenständen wird dann eine Festmenge zu Festpreisen angesetzt. Dieser Festwert wird grundsätzlich für maximal drei Jahre als unverändert angenommen und fortgeführt. Der regelmäßige Ersatz rechtfertigt die Annahme, dass Abgänge und Verschleiß durch ständige Wiederaufstockung ausgeglichen werden. Nur Vermögensgegenstände, deren Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, dürfen in einem Festwert zusammengefasst werden. Als Voraussetzung gilt weiterhin, dass die gewählte Position in Art, Menge und Wert nur geringen Schwankungen unterliegt. Der Festwert ist anzupassen, sobald Minder- oder Mehrmengen vorliegen, die den bisherigen Wert um mehr als 10 % übersteigen. b) Gruppenbewertung. Im Rahmen der Gruppenbewertung gem. § 240 Abs. 4 HGB dürfen gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände oder Schulden zu einer Gruppe zusammengefasst und mit einem Durchschnittswert bewertet werden. Gleichar387

Inventur tig bedeutet in diesem Zusammenhang entweder, dass die Vermögensgegenstände zu einer Warengattung gehören oder dass die Vermögensgegenstände in der Verwendbarkeit oder Funktion gleichartig sind. Annähernd gleichwertig sind Vermögensgegenstände dann, wenn ihre Preise nicht wesentlich voneinander abweichen. Konkret ist die annähernde Gleichwertigkeit nach herrschender Meinung gegeben, wenn die Preisabweichung zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Einzelwert maximal 20% beträgt. Unterschiedliche Vermögensgegenstände, die zufällig gleich hohe Anschaffungs- oder Herstellungskosten haben, dürfen nicht zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Eine körperliche Bestandsaufnahme ist trotz Gruppenbewertung jedes Jahr erforderlich, so dass nur eine Vereinfachung der Bestandsbewertung, nicht jedoch der Bestandsaufnahme erreicht wird. Vermögensgegenstände, die zu einer Gruppe zusammengefasst werden, sind mit dem gewogenen oder dem gleitenden permanenten Durchschnittswert anzusetzen. Der gewogene periodische Durchschnittswert wird nur zum Jahresende berechnet, indem der wertmäßige Gesamtbestand (wertmäßiger Anfangsbestand zuzüglich der wertmäßigen Zugänge) durch den gesamten mengenmäßigen Bestand dividiert wird. Mit diesem Durchschnittswert pro Mengeneinheit lassen sich schließlich die Verbrauchsmengen und auch der Endbestand zum Jahresende bewerten. Der gleitende permanente Durchschnittswert wird nicht auf das gesamte Jahr bezogen, sondern nach jedem Lagerzugang bzw. nach jedem Lagerabgang neu ermittelt. Die jeweiligen unterjährigen Durchschnittspreise können herangezogen werden, um den mengenmäßigen Bestand am Jahresende mit dem am Jahresende gültigen Durchschnittspreis und den Verbrauch entsprechend den innerjährlich vorliegenden Durchschnittspreisen zu bewerten. 388

Lit.: Quick, R.: § 241 HGB, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Hrsg.): Bilanzrecht-Komm., 2002; Quick, R.: Inventur, 2000; Quick, R./Wolz, M.: Bilanzierung in Fällen, 4. Aufl., 2009; Quick, R./Wolz, M.: § 240 HGB, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Hrsg.): Bilanzrecht-Komm., 2002; Winkeljohann, N./Philipps, H.: §§ 240, 241 HGB, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010. Matthias Wolz Inventur o Inventar und Inventur Investition Ausgabe finanzieller Mittel für die Anschaffung oder Herstellung eines Gutes oder Güterverbunds (Investitionsobjekte), durch dessen Nutzung, Vermietung oder Verkauf Einzahlungen oder eine Minderung bereits bestehender Auszahlungsverpflichtungen erzielt werden. Betriebliche I. können z. B. nach Güterarten, Funktionsbereichen oder bilanzieller Behandlung klassifiziert werden. Nach der Güterart können z. B. I. in das Sachanlagevermögen, das immaterielle Anlagevermögen, das Finanzanlagevermögen und das Vorratsvermögen, nach dem betrieblichen Funktionsbereich z. B. Forschungs-, Fertigungs-, Absatz- und Verwaltungs-I. und nach der bilanziellen Behandlung aktivierungspflichtige bzw. -fähige und nicht aktivierbare I. (z. B. eigene Forschungs-I.) unterschieden werden. Weiterhin werden nach der Auswirkung auf das betriebliche Leistungspotenzial o Gründungs-, o Ersatz-, o Rationalisierungs-, o Diversifikations- und o Erweiterungsinvestitionen unterschieden. Die Beurteilung von I. erfolgt mit den Methoden der o Investitionsrechnung). Lit.: Bieg, H./Kußmaul, H.: Investition, 2. Aufl., 2009, S. 20-23; Hölscher, R.: Investition, Finanzierung und Steuern, 2010, S. 7-10; Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 2-5.

Investitionscontrolling Investition, immaterielle Autonome Auszahlungen für die Anschaffung oder Herstellung eines körperlich nicht fassbaren nichtmonetären Gutes oder Güterverbundes. Soweit es sich dabei um vom Unternehmen für die eigene dauerhafte Nutzung selbst geschaffene Güter handelt, besteht für sie seit der HGB-Novelle durch das o BilMoG 2009 ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht gem. § 248 Abs. 2 HGB mit einigen Ausschlussklauseln, z.B. für selbst geschaffene Marken (o Vermögenswerte, immaterielle). Gleichwohl sind sie von ökonomischem Wert, wenn ein Dritter bei Erwerb des Unternehmens oder einzelner Teile bereit ist, dafür einen Preis zu zahlen oder sie geeignet erscheinen, durch eigene Nutzung einen positiven Kapitalwert künftiger o Cashflows zu erzeugen. Eine selbständige Verwertbarkeit ist nicht erforderlich. Für Kalkulationen müssten I. unabhängig von Rechtsvorschriften wie abnutzbares o Sachanlagevermögen aktiviert und planmäßig über ihre voraussichtliche Nutzungszeit bzw. außerplanmäßig bei Erkennen ihrer darüber hinausgehenden Entwertung abgeschrieben werden. Noch werthaltige nicht aktivierte I. bilden einen Teil des o Geschäftswertes. Zu den I. zählen Investitionen in – Entwicklung von Produkten und Produktionsverfahren (einschl. Software), – Aus- und Weiterbildung von Personal (human capital), – Erschließung und Verbesserung von Absatzmöglichkeiten bei Produkten (Kundenstamm, customer capital) sowie von Beschaffungsmöglichkeiten für Produktionsfaktoren (einschließlich behördlicher Genehmigungen) und Kapital (Investitionen in Märkte, supplier capital), – Auf- und Ausbau der Organisation von Beschaffung, Produktion und Vertrieb.

Soweit Auszahlungen für I. als Aufwand behandelt werden und daher ihre Entwertung in der o Buchhaltung nicht erfasst wird, erscheint der handelsrechtliche Jahresüberschuss in Perioden ihrer Herstellung zu gering und in Perioden ihres Verzehrs zu hoch. Insofern ist der o Jahresabschluss unvollständig und kann zu Fehlschlüssen verleiten. Nur dann, wenn sich Auszahlungen für neue I. und kalkulatorische Abschreibungen alter I. pro Periode zufällig ausgleichen, wird das Jahresergebnis nicht verzerrt. Jedoch ist dies allein keine Rechtfertigung dafür, I. nicht zu bilanzieren; denn ein solcher Ausgleich könnte auch bei Sachanlagen eintreten. In einer Nebenrechnung sollte die Wertentwicklung von I. verfolgt werden. Lit.: Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der SchmalenbachGesellschaft: Kategorisierung und bilanzielle Erfassung immaterieller Werte, in: DB 2001, S. 989-995; Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft (Hrsg): Immaterielle Werte im Rahmen der Purchase Price Allocation bei Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS, ZfbF-Sonderh. 60/2009; Horvath, P./ Möller, K.: Intangibles in der Unternehmenssteuerung, 2004; Laßmann, G.: Besonderheiten der Ermittlung des Periodenerfolges beim Einsatz von automatisierten Produktionssystemen in Industrieunternehmen, in: Domsch, M. et al. (Hrsg.): Unternehmenserfolg, FS Busse von Colbe, 1988, S. 223-234; Zimmerer, C.: Die von der Unternehmensbewertung abgeleitete Bilanz, in: DBW 1989, S. 796-799. Walther Busse von Colbe Investitionscontrolling Planung, Steuerung und Kontrolle von o Investitionsentscheidungen durch ein hierauf ausgerichtetes o Controlling. 389

Investition, öffentliche Investition, öffentliche = o Investition, staatliche Investition, staatliche = Investition, öffentliche I. der öffentlichen Hand, denen häufig weder Einzahlungen noch Auszahlungsersparnisse zugeordnet werden können. Ihr Nutzen kann dann nur durch Größen, die aus dem Investitionsziel abzuleiten sind (wie z. B. Benutzungsfrequenzen von Straßen, Brücken, Krankenhäusern usw.), ausgedrückt werden. o Investitionskalküle werden hierbei mit der Zielsetzung „Minimierung der Ausgaben“ bei vorgegebener Zwecksetzung oder durch Durchführung von o Kosten-/Nutzen-Analysen verwendet. Investitions- und Finanzierungsplanung, simultane Ansätze zur gleichzeitigen Planung und Optimierung der betrieblichen Investitions- und Finanzierungstätigkeiten bei unvollkommenem Kapitalmarkt. In der Literatur vorzufindende Lösungsansätze beruhen zumeist auf der Annahme sicherer Erwartungen. Neben dem bekannten o Dean-Modell existieren u. a. Ansätze von H. Albach (1962) für den Einperiodenfall sowie von H. Hax (1964) und H. M. Weingartner (1963) für den Mehrperiodenfall. Lit.: Albach, H.: Investition und Liquidität, 1962; Dean, J.: Capital Budgeting, 7. Aufl., 1964, S. 14-139; Hax, H.: Inestitions- und Finanzplanung mit Hilfe der linearen Programmierung, in: ZfbF 1964, S. 430-446; Weingartner, H.M.: Mathematical Programming and the Analysis of Capital Budgeting Problems, 1963. Investitions- und Produktionsplanung, simultane Ansätze zur gleichzeitigen Planung und Optimierung der betrieblichen Investitions- und Produktionstätigkeit. Die typische Struktur der Modelle sieht eine Optimierung des Vermögensendwerts über mehrere Perioden vor. Die Lösung er390

folgt zumeist mit Hilfe der linearen Programmierung, seltener mit der dynamischen Programmierung. Lit.: Jacob, H.: Investitionsplanung und Investitionsentscheidung mit Hilfe der Linearprogrammierung, 3. Aufl., 1976; Seelbach, H.: Planungsmodelle in der Investitionsrechnung, 1976. Investitionsausgaben = Anschaffungsausgaben Mit der Durchführung einer Investition verbundene Ausgaben, wie Ausgaben für die Beschaffung und Herstellung von Gegenständen des o Anlage- und o Umlaufvermögens, Forschungs- und Entwicklungsausgaben, künftige Ersatzinvestitionen. Investitionsentscheidung Entscheidung über die Durchführung einer Investition. Üblicherweise werden folgende Typen von I. unterschieden: (1) Akzeptanzentscheidung: Isolierte Entscheidung über Durchführung (oder Unterlassung) eines Investitionsprojekts; (2) Auswahlentscheidung: Entscheidung über die Durchführung eines von mehreren sich gegenseitig ausschließenden Investitionsprojekten; (3) Programmentscheidung: Entscheidung über Umfang und Zusammensetzung des optimalen Investitionsprogramms i. d. R. unter Beachtung eines beschränkten Budgets zur Verfügung stehender Finanzmittel. Lit.: Busse von Colbe, W./ Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 3, 3. Aufl., 1990, S. 10-18; Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 5f. Investitionsfinanzierung Planung, Bereitstellung sowie Disposition der für die Durchführung einer oder mehrerer Investitionsprojekte erforderlichen finanziellen Mittel.

Investitionspolitik Investitions-Finanzierungs-Modelle o Investitions- und Finanzierungsplanung, simultane Investitionshilfen I. sind finanzielle Förderungen privater Investitionen durch die öffentliche Hand. Man unterscheidet direkte und indirekte I. Zu den direkten I. gehören Investitionszulagen (steuerfreie, nicht rückzahlbare staatliche Geldmittel) und Investitionszuschüsse (zu versteuernde, nicht rückzahlbare staatliche Geldmittel). Indirekte I. sind Sonderabschreibungen und erhöhte degressive AfA. Im Jahresabschluss sind Investitionszulagen direkt steuerfrei zu vereinnahmen (als Bestandteil des o Eigenkapitals); für Investitionszuschüsse wird diskutiert, diese entweder sofort erfolgswirksam zu vereinnahmen oder zunächst erfolgsneutral mit den o Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu verrechnen. Bei letzterer Vorgehensweise kommt es während der Nutzung zu niedrigeren Abschreibung und damit zu höheren Gewinnen. Nach Ansicht des HFA des IDW ist nur diese Vorgehensweise im handelsrechtlichen Abschluss zulässig. Nach IFRS dürfen Zuwendungen der öffentlichen Hand für Vermögenswerte auf zweierlei Weise erfasst werden: Einerseits können sie direkt vom Buchwert des Vermögenswerts abgezogen werden. Andererseits können sie als passivischer Rechnungsabgrenzungsposten, der über die Nutzungsdauer des Vermögenswerts planmäßig GuV-wirksam aufgelöst wird, abgebildet werden (IAS 20.24). In der Investitionsrechnung ist zu berücksichtigen, dass I. die zu bewertende Zahlungsreihe verändern. Dies geschieht zum einen bei direkten I. durch den Mittelzufluss. Zudem sind bei allen I. Veränderungen von Steuerzahlungen (o Steuern) zu beachten. Lit.: Ellrott, H./Brendt, P.: § 255 HGB, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.) BeckBil-

Komm., 7. Aufl., Rn. 113-124; HFA des IDW: Bilanzierungsfragen bei Zuwendungen, dargestellt am Beispiel finanzieller Zuwendungen, in: WPg 1984, S. 612615; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./ Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 313, 346. Investitionskalkül Bezeichnung für einzelne Verfahren der = o Investitionsrechnung. Investitionskette = Investitionsreihe Eine I. umfasst neben einem aktuellen Investitionsprojekt auch dessen Nachfolger. In Abhängigkeit vom Planungszeitraum bzw. der Anzahl der Glieder kann zwischen endlichen und unendlichen I. unterschieden werden. Eine identische I. liegt vor, wenn alle Glieder der I. die gleichen o Cashflows aufweisen. Investitionskontrolle Kontrolle der Investitionstätigkeit einer Unternehmung während oder nach der Realisation von Investitionen. Überprüft werden die als Entscheidungskriterium herangezogenen Zielgrößen. Durch die I. sollen insb. Abweichungen zwischen prognostizierten und tatsächlich realisierten Größen festgestellt und Anpassungsund Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden (o Abweichungsanalyse; o Projektstandsrechnung). Investitionsplanung Bestandteil der (langfristigen) Unternehmensplanung. Dabei besteht ein enger Verbund zur Finanz-, Absatz- und Produktionsplanung. Gegenstand der I. sind insb. Überlegungen zur Durchführung von o Ersatz-, o Erweiterungs- und o Rationalisierungsinvestitionen. Investitionspolitik Sämtliche Maßnahmen der Investitionstätigkeit eines Unternehmens bzw. der öffentlichen Hand. Als Bestandteil der Unternehmenspolitik umfasst sie im Wesentlichen die Umsetzung langfristiger 391

Investitionsprogramm Unternehmensziele in investive Maßnahmen. Investitionsprogramm Unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten zu optimierende Kombination verschiedener Investitionsprojekte, die sich nicht gegenseitig ausschließen. Bei vollkommenem Kapitalmarkt und dementsprechend unbegrenztem Finanzbudget sind in das I. alle für sich genommen vorteilhaften Projekte aufzunehmen, die sich nicht technisch oder aufgrund eines Beschaffungs- oder Absatzverbunds gegenseitig ausschließen. Liegen Finanzierungsrestriktionen vor, ist das I. gleichzeitig mit dem Finanzierungsprogramm zu optimieren (o Dean-Modell). Investitionsrechnung Bezeichnung für Rechnungen zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionsvorhaben. Üblicherweise werden Verfahren der statischen und der dynamischen I. unterschieden (o I., dynamische; o I., statische). Im weiteren Sinne auch Beurteilungsverfahren unter Berücksichtigung nicht monetärer Effekte und ggf. unterschiedlicher Zielsetzungen (o Mehrfachziele in der I.). Um auch gesamtwirtschaftliche Effekte (z. B. bei öffentlichen Investitionen) zu berücksichtigen, kann eine o Kosten-/NutzenAnalyse durchgeführt werden. Investitionsrechnung, dynamische 1. Grundlagen Verfahren der Vorteilhaftigkeitsbeurteilung, die sich von der statischen o Investitionsrechnung vor allem durch die plausible Annahme unterscheiden, dass rationale Investoren Zeitpräferenzen besitzen (o Zins). Zeitpräferenz heißt hier, dass frühere Einzahlungen (spätere Auszahlungen) höher geschätzt werden als spätere Einzahlungen (frühere Auszahlungen). Das Ausmaß dieser Höherschätzung ist individuell verschieden. 392

Im Folgenden wird die d. I. zunächst unter der Annahme diskutiert, dass unter Sicherheit entschieden werden könnte; anschließend werden Verfahren beschrieben, die sich eignen, wenn unsichere Zukunftserwartungen gegeben sind. 2. Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung bei Sicherheit Wie alle Entscheidungs- oder Optimierungsrechnungen beruhen auch die d. I. auf einer Reihe vereinfachender Prämissen: (1) Entscheidungen werden unter subjektiv vollkommener Zukunftsvoraussicht getroffen. (2) Jede Investitionsmaßnahme lässt sich durch eine Zahlungsreihe eindeutig beschreiben, wobei im Folgenden die Symbole a0 für die Anschaffungsauszahlung im Zeitpunkt t = 0 und ct für die Rückflüsse in den späteren Zeitpunkten t = 1, 2, …, n verwendet werden. (3) Der Entscheidungsträger oder Investor strebt nach finanzieller Nutzenmaximierung. (4) Er hat die Möglichkeit, entweder Investitionen durchzuführen oder Geld am Kapitalmarkt anzulegen. An diesem Markt kann auch Geld geborgt werden. (5) Der Zinssatz für Geldanlagen il (lending rate) ist entweder kleiner als der Zinssatz für Kreditaufnahmen ib (borrowing rate) oder beide Zinssätze sind gleich. Im ersten Fall spricht man von unvollkommenem, im zweiten von vollkommenem Kapitalmarkt (o Kalkulationszinsfuß). Die einzelnen Formen der d. I. unterscheiden sich vor allem dadurch, dass sie entweder an unterschiedliche Nutzengrößen anknüpfen oder mit etwas unterschiedlichen Prämissen arbeiten. Die älteren und in der Praxis wesentlich stärker verbreiteten Verfahren gehen von der (unrealistischen) Bedingung eines vollkommenen Kapitalmarktes aus (il = ib = i). In neuerer Zeit sind Methoden dazugekommen, die mit unterschiedlichen Marktzinssätzen für Geldanlagen und Kreditaufnahmen arbeiten (il < ib).

Investitionsrechnung, dynamische Zu den älteren oder traditionellen Verfahren der d. I. gehören die Kapitalwertmethode, die Annuitätenmethode und die Methode der internen Zinsfüße. Hinzu kommt noch die dynamische Amortisationsrechnung. a) Kapitalwert und Annuität. Betrachtet man, ob und in welcher Weise die Zinssätze an einem Kapitalmarkt von der Fristigkeit der finanziellen Engagements abhängen (term structure of interest rates), so beobachtet man normalerweise, dass die Zinssätze umso höher sind, je länger die Laufzeiten sind (steigende oder normale Zinskurve). Gelegentlich, wenn auch nur selten, tritt der entgegengesetzte Fall auf (fallende oder inverse Zinskurve). Der theoretische Grenzfall einer flachen Zinskurve, d.h. Unabhängigkeit der Zinssätze von den Laufzeiten, besitzt dagegen nur geringe empirische Relevanz. Geht man dennoch von diesem bequemen Sonderfall aus, so lässt sich der Kapitalwert einer Investition (= net present value) mit

berechnen, indem man den Barwert der Rückflüsse ermittelt und hiervon die Anschaffungsauszahlung abzieht. Der Barwert der Rückflüsse ergibt sich, indem man die Rückflüsse mit den Abzinsungs- oder o Diskontierungsfaktoren (1 + i)-t multipliziert und anschließend aufsummiert. Ökonomisch lassen sich die Diskontierungsfaktoren als Marktpreise deuten, die man bei einem Zinssatz in Höhe von i (Kalkulationszinssatz) für eine Währungseinheit zu zahlen hat, die im Zeitpunkt t verfügbar ist. Bei einem Zinssatz von 10 % kostet „ein Euro in einem Jahr“ beispielsweise heute 1,1-1 = 0,9091 Euro. Dieser Interpretation folgend kann man den Barwert der Rückflüsse als jenen Betrag ansehen, den jemand zahlen

müsste, der Ansprüche auf die Rückflüsse c1, c2, …, cn durch bloße Geldanlagen am Kapitalmarkt erwerben wollte. Wenn die Investitionsauszahlung a0 kleiner ist als dieser Barwert, ist es günstig, die Investition durchzuführen. Sonst ist es besser, auf die Investition zu verzichten und stattdessen Geld am Kapitalmarkt anzulegen. Aufgrund dieser Überlegungen lautet die Entscheidungsregel: Investitionen mit positivem Kapitalwert sind zu realisieren, andere sind zu verwerfen. Die Annuität c* einer Investition berechnet man, indem man den Kapitalwert mit dem Wiedergewinnungsfaktor (auch: Annuitätenfaktor) multipliziert, . Der (o Kapital-)Wiedergewinnungsfaktor ist nichts anderes als der Kehrwert des nachschüssigen Rentenbarwertfaktors. Deshalb lässt sich die Annuität auch als (zusätzliche) Rente deuten, die der Investor bei Durchführung der Investition dem Unternehmen entnehmen könnte. Ist diese Rente positiv, so lohnt sich die Investition. Andernfalls ist von ihr abzuraten. Wenn n in obigen Formeln das Ende des Planungszeitraums repräsentiert, so ist der Wiedergewinnungsfaktor für alle miteinander in Konkurrenz stehenden Investitionsprojekte gleich groß und darüber hinaus unabhängig von deren Nutzungsdauer. Dann aber ist es auch gleichgültig, ob über die Rangfolge von Investitionen mit Hilfe von Kapitalwerten oder mit Hilfe von Annuitäten entschieden wird. Das macht zugleich plausibel, dass es bei der Entscheidung über Sachinvestitionen unter der Bedingung vollkommener Kapitalmärkte gleichgültig ist, welche Zeitpräferenzen ein Investor hat (Fishers Separationstheorem). b) Interner Zinsfuß. Zu den umstrittenen Verfahren gehört der interne Zinsfuß (= internal rate of return). Dieser ist als 393

Investitionsrechnung, dynamische jener Zinsfuß r definiert, der den Kapitalwert einer Investition gerade null werden lässt, . Formal handelt es sich bei vorstehender Gleichung um eine Polynomgleichung n-ten Grades, die sich nicht ohne Weiteres nach r auflösen lässt. Aus diesem Grund sind die internen Zinsfüße i. d. R. mit Hilfe geeigneter Näherungsverfahren zu berechnen. Die Standard-Anwendungssoftware, welche heute für Personalcomputer zur Verfügung steht, unterstützt die Lösung solcher Aufgaben mittlerweile so gut, dass man sich mit den dahinter stehenden mathematischen Problemen kaum noch zu befassen braucht. Die für das Verfahren charakteristische Entscheidungsregel besagt, dass alle Investitionen durchzuführen sind, deren interne Rendite größer ist als der Marktzinssatz (r > i). Als problematisch gilt die Methode der internen Zinsfüße deswegen, weil es (allerdings nur selten eintretende) Bedingungen gibt, unter denen eine Investition mehrere interne Renditen gleichzeitig besitzt, ein Resultat, das sich ökonomisch nicht vernünftig interpretieren lässt. Ferner wird kritisiert, dass die dem Verfahren innewohnende Wiederanlageprämisse der Einzahlungsüberschüsse zum internen Zinsfuß der Investition logisch widersprüchlich sei. Ungeachtet dieser Kritik erfreut sich das Verfahren in der Praxis einiger Beliebtheit. c) Amortisationsdauer. Unter der Amortisationsdauer einer Investition versteht man jene Zeitspanne, die vergehen muss, bis das eingesetzte Kapital aus den Rückflüssen des Projektes wiedergewonnen ist. Gewöhnlich wird diese Rechnung in statischer Form durchgeführt. Jedoch gibt es auch eine dynamische Variante, bei der man die Amortisationsdauer D aus der Gleichung 394

zu berechnen versucht. Gefragt wird also nach jenem kritischen Zeitpunkt, bei dem der Kapitalwert der Investition erstmals null wird (o Break-Even-Analyse). In der Regel kann man nicht davon ausgehen, dass sich für D eine natürliche Zahl finden lässt, für die vorstehende Gleichung erfüllt ist. In all diesen Fällen muss versucht werden, mit Hilfe einer Annahme über die Verteilung der Rückflüsse innerhalb eines Jahres eine präzisere Vorstellung über die PaybackPeriode zu gewinnen. Wegen weiterer Einzelheiten sei auf die entsprechende Darstellung bei der statischen o Investitionsrechnung verwiesen. d) Vermögensendwert. Bei den neueren d. I. wird grundsätzlich von der Voraussetzung eines unvollkommenen Kapitalmarktes ausgegangen. Fishers Separationstheorem gilt unter diesen Bedingungen nicht. Es kommt dann bei Investitionsentscheidungen auf individuelle Zeitpräferenzen an. Angesichts der praktisch unlösbar erscheinenden Probleme, Zeitpräferenzen verlässlich zu messen, behilft man sich in der I. mit Ersatzzielgrößen wie dem Vermögensendwert Vn, dem Entnahmeniveau Y und dem kritischen Sollzinsfuß i*b. Unter der realistischen Annahme, dass kein Investor sich zum Satz ib verschuldet und gleichzeitig Geld zum Satz il anlegt, falls der Sollzins größer als der Anlagezinssatz ist (ib > il), berechnet man den Vermögensendwert Vn einer Investition aus der Rekursionsbeziehung

mit

.

Investitionsrechnung, dynamische Die Entscheidungsregel schreibt vor, dass eine Investition dann besser ist als die Unterlassensalternative, wenn der Vermögensendwert positiv ist. Von mehreren miteinander konkurrierenden Projekten ist die Investition mit dem höchsten Endwert optimal. Der Vermögensendwert ist mit dem Kapitalwertkriterium kompatibel, da die angegebene Rekursionsbeziehung für den Fall il = ib = i auf die Endwertformel

führt. Das bedeutet: Unter den Bedingungen eines vollkommenen Marktes entspricht der Vermögensendwert dem auf das Ende des Planungszeitraums aufgezinsten Kapitalwert. e) Entnahmewert. Analog zum Annuitätenverfahren kann man auch unter der Voraussetzung eines unvollkommenen Kapitalmarktes die (zusätzliche) Entnahme oder Rente Y bestimmen, die eine Investition verspricht. Sie ist als diejenige Zahlung Y definiert, für die mit

eingehalten ist. Ganz entsprechend zur Annuitätenmethode ist die Investition optimal, deren Entnahmeniveau am höchsten ist. Damit ein Projekt besser als seine Unterlassensalternative ist, wird verlangt, dass die erreichbare Zusatzentnahme positiv ist. f) Kritischer Sollzinsfuß. Bleibt man in dem dargestellten Modellrahmen, so lässt sich unter unvollkommenen Marktbedingungen auch eine Kennzahl angeben, die dem internen Zinsfuß verwandt

ist. Dieser kritische Sollzinsfuß i*b ist dann derjenige Zinssatz ib, für den der Vermögensendwert gerade null wird, also mit

. Ökonomisch handelt es sich um den maximalen Kreditzinssatz, den das Projekt vor dem Hintergrund der Vermögensendwertmaximierung gerade noch verträgt. Die Investition mit dem höchsten kritischen Zinssatz i*b ist die beste. Jedoch sollte auf Investitionen verzichtet werden, wenn der kritische Satz kleiner als der Zins ist, den man am Markt für Kredite zahlen muss. 3. Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung bei Unsicherheit Es ist mehr als realistisch, von der Annahme auszugehen, dass die künftigen Cashflows eines Investitionsprojekts nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden können. Die Verfahren, welche in solchen Situationen eingesetzt werden können, lassen sich in zwei Klassen einteilen. Zum einen gibt es Methoden, die dabei helfen, sich ein differenziertes Bild über das mit einer Investition verbundene Risiko zu machen; zum anderen existieren Verfahren, mit denen sich Entscheidungskriterien gewinnen lassen, auf deren Grundlage rationale Entscheidungen über Investitionen unter Berücksichtigung des Risikos getroffen werden können. a) Sensitivitäts- und Risikoanalysen. Mit Hilfe von o Sensitivitätsanalysen wird versucht zu ermitteln, wie stark ein Entscheidungskriterium (zum Beispiel der Kapitalwert) reagiert, wenn man eine Einflussgröße (zum Beispiel die Absatzmenge eines auf dem Investitionsobjekt 395

Investitionsrechnung, dynamische produzierten Erzeugnisses) innerhalb eines realistischen Intervalls schwanken lässt. Mit solchen Analysen lässt sich prinzipiell erkennen, ob eine unsichere Einflussgröße für die Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung ist oder vernachlässigt werden kann. Wenn es mehr als zwei unsicherheitsbehaftete Einflussgrößen gibt, lassen sich die Ergebnisse solcher Analysen allerdings nicht mehr in leicht verständlicher Form präsentieren. Eine hilfreiche Alternative stellt dann die Risikoanalyse dar, welche praktisch zumeist mit Hilfe von Simulationsexperimenten durchgeführt wird. Die Grundidee ist folgende: Man beginnt damit, das interessierende Entscheidungskriterium (zum Beispiel den Vermögensendwert) in seine Einflussgrößen zu zerlegen, etwa die künftigen Cashflows. Diese zerlegt man auch wieder in ihre Einflussgrößen, indem beispielsweise der in fünf Jahren relevante Cashflow in Absatzpreise, Verkaufsmengen, Beschaffungspreise und Einsatzmengen für Produktionsfaktoren aufgespalten wird. Für alle unsicherheitsbehafteten Einflussgrößen auf dieser Ebene werden Wahrscheinlichkeitsverteilungen geschätzt. Beispielsweise wird festgelegt, dass ein Absatzpreis gleich verteilt im Intervall zwischen 15 und 20 Euro liegen wird. Nun wird in einem ersten Simulationsexperiment eine hinreichende Menge von Zufallszahlen gezogen, die in denkbare Realisationen der Einflussgrößen transformiert werden. Sollte etwa für den unsicheren Verkaufspreis eine auf dem Intervall zwischen 0 und 1 gleich verteilte Zufallszahl gezogen werden, die den Wert 0,453 besitzt, so würde man daraus einen Absatzpreis von 15 + (20 – 15) · 0,453 = 17,265 gewinnen. Hat man auf diese Weise für sämtliche Einflussgrößen denkbare Realisationen bestimmt, so lässt sich damit ein Vermögensendwert für das erste Experiment berechnen. Im Anschluss daran werden weitere Experimente durchge396

führt, so dass man auf dieser Grundlage eine Häufigkeitsverteilung der Vermögensendwerte gewinnt, die sich zunehmend stabilisiert, wenn mehr und mehr Experimente durchgeführt werden. b) Risikoangepasster Kapitalwert. Wenn die Cashflows eines Investitionsprojekts nicht sicher, sondern unsicherheitsbehaftet sind, können an die Stelle der sicheren Cashflows ct die Erwartungswerte der riskanten Zahlungen treten. Unterstellt man, dass der Investor risikoavers ist, gibt es zwei Möglichkeiten, für ein Projekt den risikoangepassten Kapitalwert zu bestimmen: Entweder werden die erwarteten künftigen Cashflows um einen angemessenen Risikoabschlag reduziert, bevor man sie mit dem „risikolosen Zinssatz“ diskontiert, also

, oder man nimmt die Risikoadjustierung im Nenner vor, indem man den Zähler unverändert lässt, aber den Kalkulationszinsfuß um eine angemessene Risikoprämie erhöht, d. h.

. Praktisch wird heutzutage meistens mit diesem zuletzt genannten Konzept gearbeitet, wobei der Risikozuschlag gern mit Hilfe des o Capital Asset Pricing Models (CAPM) bestimmt wird. Der Risikozuschlag ergibt sich in diesem Fall als Produkt aus der Marktrisikoprämie und dem Betafaktor. Lit.: Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 43-112, 312-315, 367-393; Kruschwitz, L./Husmann, S.: Finanzierung und Investition, 6. Aufl., 2010, S. 289-304. Lutz Kruschwitz

Investitionsrechnung, statische Investitionsrechnung, statische 1. Begriff und Wesen Mit Hilfe der s. I. beurteilen Leitungsinstanzen auf der Basis quantifizierbarer Größen die Vorteilhaftigkeit meist längerfristiger Kapitalbindungen im Hinblick auf überwiegend monetäre Ziele der Unternehmung (o Planungsrechnung). Die Ergebnisse dienen zusammen mit nicht quantifizierbaren Faktoren zur Fundierung der Entscheidung über die Durchführung von Investitionen unter Auswahl eines Objektes aus mehreren sich ausschließenden Alternativen sowie der Festlegung der optimalen Nutzungsdauer oder des optimalen Ersatzzeitpunktes. Voraussetzung für die Anwendung dieser partiellen Rechenverfahren ist die hinreichend begründete Prognose der zukünftigen Zielbeiträge der betrachteten Investitionsalternativen in Form von Zahlungsströmen oder daraus abgeleiteter Größen und eine ausreichende Abgrenzung eines Objektes zu zeitgleichen sowie vor- oder nachgelagerten Investitionen. Die Besonderheit der s. I. liegt in der Vernachlässigung der zeitlichen Verteilung der Zahlungsströme bzw. der umgerechneten Zielbeiträge des Investitionsobjektes. Abgesehen von der Amortisationsrechnung beziehen sich daher die einzelnen Verfahren nur auf eine Periode, wobei dieser Vereinfachung entweder die Annahme weitgehend gleicher Verhältnisse im Zeitablauf (konstante Zahlungsströme bzw. Repräsentativität der einzelnen Periode) oder eine sehr pauschale Durchschnittsbetrachtung zugrunde liegt. Ferner soll hiermit die Vorteilhaftigkeit einzelner Objekte und weniger diejenige umfassender Investitionsprogramme beurteilt werden. Insbesondere wegen dieser Vereinfachungen zählt die s. I. zu den sogenannten Hilfsverfahren der Praxis, die sich von theoretisch anspruchsvolleren Verfahren oder komplexeren Modellen abheben.

2. Verfahren Die s. I. umfasst im Allgemeinen vier Verfahren, wobei man je nach Betrachtungsstandpunkt die sogenannte o MAPI-Methode einbeziehen kann. Auf letzteres wird hier verzichtet. a) Kostenvergleichsrechnung. Grundlegende Form der s. I. stellt die Kostenvergleichsrechnung dar, mit deren Hilfe die kostengünstigste Alternative bestimmt werden soll. Dazu ermittelt man entweder die Kosten einer Periode (Kalender- oder Abrechnungsjahr) oder die Kosten pro ausgebrachter Leistungseinheit (Stückkosten). Einzubeziehen sind die Abschreibungen (zur Wiedergewinnung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten), die Zinsen sowie alle relevanten laufenden Betriebskosten der jeweiligen Anlage. Ausgehend von der betrieblichen Kosten- und Leistungsrechnung werden häufig nicht nur aufwandsgleiche, sondern auch o kalkulatorische Kosten zugerechnet, so dass insb. auch die Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt wird. Im Allgemeinen setzen sich die zugerechneten Kosten aus fixen und variablen Teilen (o Kosten, fixe und variable) in Bezug auf die Beschäftigung der Anlagen zusammen, wobei vielfach kapitalintensivere Anlagen niedrigere Betriebskosten verursachen als Anlagen mit geringeren Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Deshalb bildet die Kostenvergleichsrechnung in solchen Fällen die Grundlage für die Ermittlung einer kritischen Menge, bei der die Vorteilhaftigkeit der Anlagen in Abhängigkeit von der Höhe der (prognostizierten) Produktionsmenge wechselt. Da man nicht ausschließlich von einer Kostenminimierung als Zielsetzung der Unternehmung ausgehen kann, müssen bestimmte Annahmen erfüllt sein, damit die Auswahl der kostenminimalen Alternative einer übergeordneten Gewinn397

Investitionsrechnung, statische oder Vermögens- bzw. Einkommensmaximierung entspricht. Eine Auswahl kann nach den geringsten Periodenkosten erfolgen, wenn eine bestimmte Absatzmenge produziert werden soll, für die die Kapazität aller verglichenen Objekte ausreicht. Können sich dagegen Kapazitätsdifferenzen in unterschiedlichen Absatzmengen niederschlagen, so kann bei gleichen Stückerlösen eine Objektauswahl nach den günstigsten Stückkosten erfolgen. Die Kostenvergleichsrechnung lässt sich nicht nur zur Auswahlentscheidung zwischen neuen Objekten einsetzen, sondern u. U. auch für den Ersatz einer alten durch eine neue Anlage verwenden. Das Verfahren verlangt dann aber eine Erweiterung um die „Verluste“ durch die Aufgabe der alten Anlage. b) Gewinnvergleichsrechnung. Variieren die Erlöse nicht ausschließlich mit der Produktionsmenge der alternativen Anlagen, z. B. weil auch qualitative Unterschiede bestehen, so muss der Entscheidungsträger einen Vergleich auf der Basis erwarteter Gewinne (i. d. R. pro Periode) durchführen. Den einzelnen Objekten sind in diesem Fall jeweils die erwarteten o Kosten und Erlöse zuzurechnen, wobei die Anlage mit der höchsten Differenz, dem größten Gewinn, vorzuziehen ist. Wie bei der ersten Form gehen zwar die Zinsen für das eingesetzte Kapital über die Kosten in die Gewinnvergleichsrechnung ein, nicht aber die Erfolgsbeiträge der möglichen Differenzen des Kapitaleinsatzes der einzelnen Investitionsobjekte. Ferner bestehen u. U. Mängel bezüglich der Aussage, ob nicht eine alternative Verwendung des eingesetzten Kapitals einen höheren Gewinn in der Totalperiode liefert. c) Rentabilitätsvergleichsrechnung. Diese zuletzt beschriebenen Nachteile versucht die Rentabilitätsvergleichsrech398

nung zu beheben, indem sie den prognostizierten Gewinn ins Verhältnis zum Kapitaleinsatz setzt: Rentabilität =

Gewinn (Periode) ˜ 100 % Kapitaleinsatz Im Falle abnutzbarer Anlagegüter muss wegen der abnehmenden Kapitalbindung der Gewinn nicht auf das ursprünglich eingesetzte Kapital, sondern auf das durchschnittlich gebundene Kapital bezogen werden. Die Rentabilitätsrechnung gestattet einen besseren Vergleich von Anlagen mit unterschiedlichen Funktionen. Außerdem kann der Investor bei ihrer Anwendung die berechnete o Rentabilität der betrieblichen Investitionsobjekte auch mit durchschnittlichen Verzinsungen auf dem Kapitalmarkt vergleichen. d) Amortisationsrechnung. Mit diesem Verfahren, auch Kapitalrückflussrechnung oder Pay-off- bzw. Pay-backMethode genannt, wird keine monetäre Größe, sondern ausgehend von Zahlungen der Zeitraum berechnet, in dem das eingesetzte Kapital zurückgeflossen ist. In der statischen Version ermittelt man die Amortisationsdauer, auch als Payoff-Periode bezeichnet, ohne Berücksichtigung einer Diskontierung durch Division des Kapitaleinsatzes durch den (durchschnittlichen) Kapitalrückfluss. Als Kapitalrückfluss kann der Überschuss der Einzahlungen über die laufenden Auszahlungen der Periode oder aufbauend auf der Gewinnvergleichsrechnung die Differenz zwischen Erlös und Kosten zuzüglich der berechneten Abschreibung dienen. Die Berechnung durch Kumulation differenzierter periodischer Kapitalrückflüsse ausgehend vom Investitionszeitpunkt bis zur rechnerischen Erreichung der „Anschaffungsanzahlung“ enthält bereits dynamische Elemente.

Investor Relations Die Bedeutung der Amortisationsrechnung liegt in der pauschalen Berücksichtigung des Risikos unter der Annahme, dass die Gefahr einer Fehlprognose und damit einer Nicht-Amortisation des eingesetzten Kapitals mit zunehmender Amortisationsdauer wächst. Deswegen besteht die Tendenz zur Auswahl des Objektes mit kürzerer bzw. kürzester Amortisationsdauer, oder es wird die Entscheidungsregel „Einhaltung einer vorgegebenen Soll-Amortisationsdauer“ angewandt. Eine ausschließliche Entscheidung nach der Amortisationsdauer würde jedoch eine zu einseitige und enge Betrachtung des Risikos darstellen und die Gewinn- oder Rentabilitätserwartung der Investition nicht hinreichend berücksichtigen. 3. Beurteilung Die s. I. weist eine vergleichsweise einfache Struktur auf, die die praktische Anwendung sehr erleichtert. Wegen der verwandten Vorteilhaftigkeitsmaßstäbe besteht eine enge Beziehung zur laufenden Kosten- und Leistungsrechnung insb. in Form der o Plankostenrechnung und Planleistungsrechnung. Hauptnachteil stellt die methodische Vernachlässigung von Zeitunterschieden der Zielbeiträge nach Lage und Dauer dar, die prinzipiell die Gefahr der Fehlentscheidung beinhaltet. Wenn Entscheidungsträger überhaupt künftige Zielbeiträge für die betrachteten Investitionsalternativen schätzen können, so werden sie in aller Regel auch eine gewisse zeitliche Verteilung prognostizieren können. Dann bedarf es aus ökonomischer Sicht auch einer Bewertung des zeitlichen Anfalls der Zielbeiträge mit Hilfe der dynamischen o Investitionsrechnung. Lit.: Blohm, H./Lüder, K./Schäfer, C.: Investition, 9. Aufl., 2006, S. 134-153; Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 31-43; Schierenbeck, H./Wöhle, C.B.: Grundzüge der Betriebswirtschaftlehre, 17. Aufl., 2008,

S. 393-406; Wöhe, G./Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 24. Aufl., 2010, S. 530-536; Perridon, L./ Steiner, M./Rathgeber, A.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Aufl., 2009, S. 33-49. Norbert Krawitz Investitionsreihe = o Investitionskette Investitionstheoretischer Kostenbegriff o Kosten und Erlöse Investitionstheorie Gesamtheit aller erklärenden (explikative I.) und Gestaltungsaussagen (normative oder präskriptive I.) der Wirtschaftswissenschaft zu unternehmerischen o Investitionsentscheidungen. Die betriebswirtschaftliche I. beinhaltet insb. o Investitionskalküle zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen. Investitionszulagen o Investitionshilfen Investitionszuschüsse o Investitionshilfen Investment-Center Organisatorische Einheit, bei der sich die Kompetenz (und Kontrolle) auf o Kosten, o Erlöse und o Investitionen erstreckt. Investment Property o Immobilien Investor Als I. kann jede natürliche Person, juristische Person (bzw. Personengruppe) oder eine öffentliche Körperschaft, die eine o Investitionsentscheidung trifft und die damit im Zusammenhang stehenden Auszahlungen leistet (und später entsprechende Einzahlungen empfängt), bezeichnet werden. Investor Relations 1. Einleitung Nach wie vor existiert weder in der Literatur, noch in der Praxis ein einheitliches 399

Investor Relations Verständnis oder eine einheitliche Definition, was genau unter I. zu verstehen ist. Üblicherweise wird es in den Kontext von o Shareholder Value und o Corporate Governance gesetzt, deren gemeinsames Leitmotiv eine wertorientierte Unternehmensführung mit dem Ziel der nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswertes ist. Im Kern ging und geht es um die Reduktion von Informationsasymmetrien zwischen dem Unternehmen und dem Kapitalmarkt, um eine „faire“ Bewertung durch externe Marktteilnehmer zu ermöglichen. Hierbei geht es also weniger um die Offenlegung konkreter Geschäftsgeheimnisse, sondern vielmehr um richtungweisende aber auch quantitativ nachvollziehbare Indikationen zur Geschäftslage. Die fehlende einheitliche Definition überrascht nicht, da sich sowohl I. als auch der Kapitalmarkt selbst stetig weiterentwickeln, neue Schwerpunkte setzen und in Wechselwirkung mit der globalen und lokalen Wirtschaft stehen. Beispiele für solche Entwicklungen sind Indexund Quantfonds, aber auch Staastsfonds, die sich der I. Arbeit weitgehend entziehen. Hedgefonds hingegen nutzen I. als Informationsquelle deutlich intensiver. 2. Definition und Ziele von Investor Relations I. ist eine relativ junge Disziplin. Erste Aktivitäten in dieser Hinsicht werden General Electric zugewiesen, die bereits 1953 ein Kommunikationsprogramm mit dem Titel I. erstellten. In Deutschland setzte sich I. in institutionalisierter Form Anfang der 1990er Jahre durch. Die Grundidee der Zielsetzung von I. ist die Verringerung von Informationsasymmetrien zwischen Anlegern und Unternehmen. Verfügen gegenwärtige oder potentielle Investoren über ausreichend und zeitgerechte Informationen über das Unternehmen, verringert sich für sie das Risiko einer Anlage, da die Gefahr von 400

Überraschungen abnimmt. Dabei gilt es hervorzuheben, dass dies insb. für negative, aber auch positive Überraschungen zutrifft. Dieser Verringerung des Anlegerrisikos korrespondiert auf der Unternehmensseite mit der Reduzierung der Gesamtkapitalkosten. Je niedriger das Risiko für den Investor, desto niedriger ist die von ihm verlangte Risikoprämie, die die Beschaffung von Kapital (Eigenkapital und Fremdkapital) für das Unternehmen verbilligt. Dabei handelt es sich nicht um eine Reduktion der Risikoprämie aufgrund eines tatsächlich niedrigeren inhärenten Geschäftsrisikos, sondern eher um eine Reduktion des Anlagerisikos durch höhere Transparenz und Informationssicherheit. Streuer (2004) beschreibt I. als „zielgerichtete, systematische und kontinuierliche kapitalmarktorientierte Finanzkommunikation mit aktuellen und potenziellen Anteilseignern und Fremdkapitalgebern sowie entsprechenden Meinungsbildnern über das vergangene, laufende und zukünftige erwartete Geschäft des Unternehmens unter Berücksichtigung der Branchenzugehörigkeit und der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge“. Hieraus resultiert, dass sich die Arbeit von I. nicht auf eine Gruppe von Investoren (Aktionäre) beschränkt, sondern die Fremdkapitalgeber explizit umfasst. In diesem Zusammenhang ist nicht nur eine Konvergenz im Investmentprozess mit gegenseitiger Beeinflussung und Informationsaustausch zwischen Aktien- und Anleiheinvestoren zu beobachten. Vielmehr steht auch die Preisbildung von Credit Spreads in Wechselwirkung zur Risikoeinschätzung der Eigenkapitalgeber. Während die extern ausgerichtete I. Arbeit bei obiger Beschreibung schnell deutlich wird, muss ebenfalls die nach innen orientierte Komponente berücksichtigt werden. In diesem Sinne sollte I. die Kapitalmarkterwartung an die Unter-

Investor Relations nehmensführung kommunizieren. Neben einer reinen Managementinformation ist aber auch die Sichtweise des Kapitalmarktes in die interne Steuerung und Strategie einzubringen. Hierbei sind konkrete Vorschläge zu erstellen, wie das Unternehmen im Kapitalmarkt positioniert werden soll. Somit übernimmt I. selbst eine aktive Rolle im Wertoptimierungsprozess. Neben I. werden auch die Begriffe „Finanzkommunikation“ und „Aktienmarketing“ als Synonym in der Praxis verwandt. Finanzkommunikation ist begrifflich I. unterzuordnen, da neben Finanzdaten auch Strategieelemente, also neben quantitativen auch qualitative Daten, zwingender Teil eines ganzheitlichen I. Ansatzes ist. Die Bezeichnung Aktienmarketing greift aufgrund der bereits erwähnten notwendigen Einbeziehung von Anleiheinvestoren deutlich zu kurz. Darüber hinaus gilt die Verwendung des Begriffes „Marketing“ als nicht unproblematisch. Die Grundüberlegungen von wettbewerbsintensiven Absatzmärkten gelten zwar auch im Kapitalmarkt, so dass hier eine kunden- und produktorientierte Sichtweise ausdrücklich unterstützt wird. Dennoch leidet die Glaubwürdigkeit, wenn zu sehr „verkauft“ wird und Vertriebsaspekte nachhaltige inhaltliche Überlegungen überlagern. Ziel von I. bleibt es, eine „faire“ und nachhaltige Kapitalmarktbewertung zu unterstützen. Die Aktie wird nicht „angepriesen“. Neben finanzwirtschaftlichen Zielen wie der Senkung der Kapitalkosten und dem freien Zugang zum Kapital sind auch kommunikationspolitische Ziele wie z. B. das Schaffen von Vertrauen und die Steigerung des Bekanntheitsgrades zu verfolgen. I. soll somit im Folgenden wie folgt verstanden werden: I. ist eine institutionalisierte, unternehmenseigene Beratungsleistung für rele-

vante Kapitalmarktteilnehmer, wie auch für Kunden innerhalb des Unternehmens. Die Beratungsleistung bezieht sich dabei extern auf das vergangene und zukünftige Geschäft, nach innen auf die Sicht des Kapitalmarkts auf das Unternehmen und daraus abzuleitende interne Steuerungsimpulse. Das vorrangige Ziel ist die Reduktion der Informationsasymmetrie zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt, um die Kapitalkosten für das Unternehmen zu senken und eine faire Kursbildung am Markt zu unterstützen. 3. Organisation Traditionell wurde I. als Teil der Unternehmenskommunikation oder Teil des Rechnungswesens gesehen. Heute ist I. in der Mehrzahl der Fälle ein eigener Bereich mit unmittelbarer Berichtslinie zum Vorstandsvorsitzenden oder zum Finanzvorstand. Diese Nähe zum Vorstand unterstreicht die Bedeutung der Kapitalmarktkommunikation. Wichtige Schnittstellen bestehen zu anderen Kommunikationsbereichen wie der Presseabteilung oder der internen Kommunikation. Es existieren jedoch erhebliche Unterschiede bei den Kommunikationsinhalten und bei der generellen Vorgehensweise. I. hat die Aufgabe, gegenwärtige und potentielle Investoren über die Veränderungen in und um das Unternehmen offen und vollständig zu informieren. Kernelemente der operativen, strategischen und finanziellen Planung bilden dafür wichtige Vorraussetzungen für den Erfolg am Kapitalmarkt. Weitere Schnittstellen ergeben sich folglich unmittelbar zu Controlling, Rechnungswesen und Finanzen. Weil es eben aber nicht nur um finanzielle Aspekte sondern zunehmend auch um die Darstellung der Unternehmensstrategie geht, ist I. heute weit in die operativen Bereiche eines Unternehmens vernetzt. Dies wird u. a. dadurch deutlich, dass I. gerade in der jün401

Investor Relations geren Zeit operative Manager in die Kapitalmarktkommunikation einbindet. Inhaltlich kombiniert I. sowohl die Betriebs- und Volkswirtschaftslehre sowie die Kommunikationswissenschaften und die Psychologie. Die Inhalte reichen von „harten“ Finanz- und Unternehmensinformationen bis hin zu BehaviouralFinance Komponenten. 4. Aufgaben a) Equity Story. Eine der zentralen Aufgaben ist die Erstellung und kontinuierliche Weiterentwicklung der „Equity Story“, mit der Investoren die Attraktivität der Aktie aufgezeigt werden soll. Diese wird als Kern der gesamten kapitalmarktorientierten Kommunikation verstanden, und beinhaltet somit die schriftliche wie auch verbale Kommunikation. Neben quantitativen Aspekten, wie Finanz- und operativen Daten oder Zielen aus den verschiedenen Geschäftszweigen, enthält die Equity Story insb. auch qualitative Elemente wie z. B. eine nachvollziehbare Strategie sowie Grundüberzeugungen und Werte des Unternehmens. Retrospektive Elemente können sinnvoll sein, um den Unternehmenskontext zu erklären und Glaubwürdigkeit aufzubauen. Die prospektive Sicht ist aber für Investoren besonders relevant. Daher müssen Prognosen und deren Annahmen logisch und konsistent aufeinander aufbauen, um Investoren die Möglichkeit zu geben, wesentliche Informationen wie z. B. die Höhe der zukünftigen freien Cash Flows zu modellieren, die für deren Entscheidungsfindung und Unternehmensbewertung von Bedeutung ist. Der Barwert dieser Bewertung führt dann – in Verbindung mit dem aktuellen Aktienpreis – zu Kauf- und Verkaufsentscheidungen bzw. zu einer Bewertung der Aktie und des Unternehmens. Kernelemente der Equity Story sind: – Stetigkeit/Kontinuität: die Kommunikation folgt nicht nur gesetzlichen 402

Anforderungen, sondern ist darauf ausgelegt, umfassende Informationen zu Chancen und Risiken in guten wie schlechten Zeiten zu liefern. Dies ist wesentliche Grundlage für die erforderliche Glaubwürdigkeit am Kapitalmarkt. – Vollständigkeit und Wesentlichkeit: der Kapitalmarkt erwartet eine umfassende Kommunikation, sowohl das Gesamtunternehmen, wie auch einzelne Themen betreffend. Im Vordergrund stehen die Investitionsentscheidungen des Anlegers und deren daraus abgeleitete Bedürfnisse. Dabei ist nicht alles, was das Unternehmen selbst für wichtig hält, für den Kapitalmarkt von Bedeutung. Auf der anderen Seite kann aber auch der Kapitalmarkt einen Fokus auf Dinge setzen, die ggf. das Unternehmen als nicht unmittelbar wichtig bewertet. Aus diesem Blickwinkel ergibt sich auch ein wesentlicher Unterschied zwischen der generellen Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens und der spezifischen Kapitalmarktkommunikation. – Zuverlässigkeit und Aktualität: Investoren und Analysten erwarten zuverlässige Aussagen des Unternehmens über dessen zukünftige Entwicklung. Informationen sind daher so aufzubereiten, dass die Gefahr der Fehlinterpretation auf Anlegerseite auf ein Minimum reduziert wird. In die Zukunft gerichtete Informationen sind per Definition unsicher. Dem kommunizierenden Unternehmen muss bewusst sein, dass ein signifikantes Verfehlen von Prognosen ohne schlüssige Begründung vom Kapitalmarkt mit einem Kursabschlag bzw. einer Spread-Ausweitung belegt wird. Die Equity Story wie auch die gesamte Kapitalmarktkommunikation muss von allen Sprechern des Unternehmen ein-

Investor Relations heitlich vertreten werden. Denn die beste Equity Story hilft nichts, wenn von den Sprechern stets anderes „erzählt“ wird. Hier besteht die Gefahr von Missverständnissen und Spekulationen. Diese „One-Voice Policy“ bedingt damit die klare Festlegung des Personenkreises, der diese Kapitalmarktkommunikation von Unternehmensseite führt. Damit beugt man missverständlichen oder widersprüchlichen Aussagen vor, die zu ungewollten Interpretationen oder Spekulationen auf Anlegerseite führen können. b) Schaffung von Transparenz. Es wurde bereits verdeutlicht, dass das Kernziel von I. die Reduzierung von Informationsasymmetrien ist. Informationen, die im Unternehmen vorliegen, dem Kapitalmarkt aber nicht bekannt sind, können nicht in der Preisbildung berücksichtigt werden. Daher kommt dem Thema Transparenz eine besondere Bedeutung zu. Analog zur Equity Story, umfasst Transparenz grundsätzlich die gesamte Kommunikation, d. h. sowohl regelmäßige (z. B. im Rahmen des Quartalsberichts) als auch Ad-hoc-Informationen (o Ad-hoc-Publizität), die im Bedarfsfall kommuniziert werden. Transparenz – das beinhaltet auch nachvollziehbare Informationen über Unternehmenswerttreiber und Sensitivitäten – kann durch ein adäquates Value Reporting erreicht werden. So wird eine Transformation der internen Wertgenerierung in die externe Kursbildung ermöglicht. Es werden also bewusst die Grenzen der klassischen oder rechtlich erforderlichen Finanzpublizität überschritten und die Informationsbasis wird so ausgedehnt, dass eine bestmögliche Information bezüglich der zu erwartenden Cash Flows und deren Volatilität entsteht. Die Entwicklung der relevanten Werttreiber wie z. B. Marktanteil und Margen stehen dabei im Vordergrund. c) Konkurrenzanalyse. Neben externen „Kunden“ berät I. auch interne

„Kunden“. Dabei ist die kapitalmarktorientierte Konkurrenzanalyse eine Aufgabe, die Vorrausetzung für eine zielgerichtete externe Kapitalmarktarbeit bildet und den Beitrag von I. für die interne Steuerung und Planung verdeutlicht. Dabei wird die Equity Story der Hauptwettbewerber sowie deren laufende Kapitalmarktkommunikation mit Blick auf Implikationen für die eigene Positionierung und Kommunikation untersucht und gegebenenfalls reaktiv oder proaktiv eine Anpassung der eigenen Equity Story vorgenommen. d) Pflege und Optimierung der Kapitalgeberstruktur. Bevor die Equity Story im Kapitalmarkt kommuniziert wird, steht prozessual die Identifikation der externen Adressaten im Vordergrund. Hierzu kommen Instrumente der Investorenidentifikation und Zielinvestorenanalyse zum Einsatz. Die Aufgabe der Feststellung der heutigen Investoren (IstAnalyse) und Zielinvestoren (SollAnalyse) klingt trivial, ist aber in der praktischen Beantwortung trotz steigender Publizitätspflichten und größerer Verbreiterung der Namensaktie mit hohem Aufwand verbunden. Neben den datentechnischen Herausforderungen wird analog der betriebswirtschaftlichen ABC-Analyse vorgegangen. Dazu teilt man aktuelle und potentielle Investoren in Cluster ein. Zusätzlich muss entschieden werden, wie die Aufteilung der Kommunikation und daraus resultierende Aktivitäten zwischen aktuellen und Zielinvestoren gewichtet werden soll. Dies setzt voraus, dass das I. Team die jeweiligen Investmentprozesse kennt, um so die richtigen Firmen und Ansprechpartner für die geplante Kommunikation zu identifizieren. Bei dieser differenzierten Betrachtung ist neben rechtlichen Rahmenbedingungen auch der weiter zu interpretierende praktische Grundsatz des „equal treatment“ zu beachten. Eindeutig ist, dass nur mate403

Investor Relations rielle kursbeeinflussende Informationen dem gesamten Kapitalmarkt gleichzeitig zu kommunizieren sind. Denn die Ressourcen des Unternehmens sowie die für den Kapitalmarkt zur Verfügung stehende Managementkapazität sind endlich. Daher sollten diese auch mit Blick auf die Interessen aller Investoren wertmaximierend eingesetzt werden. Die Grundgedanken der erwähnten ABCAnalyse gelten gleichermaßen für die Multiplikatoren als weitere I. Kundengruppe. Darunter werden in diesem Kontext primär die Analysten der Investmentbanken verstanden, die durch ihre Analysen und Diskussion mit den eigentlichen Investoren eine wichtige externe Kundengruppe in der Kapitalmarktkommunikation darstellen. 5. Instrumente Nachdem der Inhalt wie auch die Zielkundenstruktur definiert ist, müssen adäquate Transformationsmechanismen festgelegt werden. Die Instrumente können gedanklich in einer Matrix eingeordnet werden. Zu unterscheiden sind hier i. W. zwei Aspekte. Auf der einen Seite stehen die Pflichtmaßnahmen, z. B. Anforderungen nach Aktien- oder Börsengesetz, wie etwa der Hauptversammlung und Geschäfts- und Zwischenberichte. Auf der anderen Seite stehen die freiwilligen Maßnahmen, wie z. B. factbooks (weiterführende schriftliche Zusammenfassung von Informationen zum Unternehmen und/oder seinen Teilsegmenten und Geschäftsbereichen). Des Weiteren unterscheidet man zwischen persönlichen und unpersönlichen Instrumenten. Persönliche Instrumente behalten einen hohen, wenn nicht sogar steigenden Stellenwert für die I. Kommunikation. Informationen zum Unternehmen und seinem Umfeld sind heute insb. durch den Einsatz verschiedener Kommunikationsmedien wie dem Inter404

net mit z. B. pod-casts ausreichend vorhanden. Die persönliche Diskussion der Equity Story mit dem Unternehmen selbst, z. B. im Rahmen von Roadshows, ist nach wie vor für die Anlageentscheidung sehr relevant, teilweise sogar Voraussetzung. Unter einer Roadshow ist dabei der Zeitraum zu verstehen, in der Vertreter des Unternehmens intensive Einzelgespräche mit Analysten und Investoren vor Ort führen. Persönliche Gespräche mit dem Vorstand oder Geschäftsverantwortlichen sind aufgrund der oben beschriebenen begrenzten Verfügbarkeit meist nur großen institutionellen Anlegern vorbehalten. Der direkte Kontakt wird kontinuierlich und nicht nur anlassbezogen gesucht. Von weiterführenden Diskussionen – bis hin zur Körpersprache – nutzen und achten Investoren dabei auf alle Aspekte, die zur Einschätzung der zukünftigen Wertgenerierung als wichtig erachtet werden. Insgesamt kann man feststellen, dass durch die Möglichkeiten des Internets immer mehr Information allen Anlegern (schnell) verfügbar gemacht werden kann, was eine fairere Versorgung aller Anlegergruppen sicherstellt. 6. Erfolgsfaktoren und Erfolgsmessung Die entscheidenden Erfolgsfaktoren der I. Tätigkeit gleichen jeder anderen kundengetriebenen Aktivität. Basierend auf einem profunden Markt- und Unternehmensverständnis gilt es, ein attraktives Produkt (die Equity Story) zielgruppenscharf unter Anwendung der diversen Instrumente zu konzipieren und zu kommunizieren. Allerdings ist die spezifische Erfolgsmessung für I. einer Besonderheit unterworfen. Theoretisch lässt sich I. als Investition verstehen, bei der die Barwerte unter Kosten-/Nutzenerwägungen (spezifischer: Ein- und Auszahlungen) zu ermitteln sind. Die entscheidende Frage nach dem direkten Nutzen lässt sich al-

Iterationsverfahren lerdings nicht oder nur ansatzweise approximativ beantworten bzw. schätzen. Dafür müsste das Informations- bzw. Schätz- und Liquiditätsrisiko als Teil der Gesamtrisikobetrachtung in einer Discounted Cash Flow Analyse, auf welche I. direkt Einfluss nehmen kann, separat erfassbar sein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Aktien- oder Anleihekurse einer Vielzahl von Einflussfaktoren unterliegen. Einzelne Risikokomponenten können nicht sinnvoll isoliert werden, so dass sich der konkrete Beitrag von I. nicht herausfiltern lässt. Somit sind keine eindeutigen bzw. eindeutig zuordenbaren Ursache-Wirkungszusammenhänge zu erkennen, die wissenschaftliche Nachweise bezüglich der I. Effektivität auf die Kurse aufzeigen.

Isokostenlinie Die I. oder Kostenisoquante ist der geometrische Ort aller Faktorkombinationen, die die gleichen Kosten aufweisen. Istkostenrechnung o Kostenrechnungssysteme Iterationsverfahren Verfahren der innerbetrieblichen o Leistungsverrechnung, bei dem gegenseitige Leistungsverflechtungen im ersten Schritt gar nicht berücksichtigt werden. Anschließend werden die Verrechnungssätze unter Beachtung der Verrechnungsdifferenzen iterativ angepasst. Mit steigender Anzahl an Wiederholungen nähert sich die Lösung an die exakte Lösung des o Gleichungsverfahrens an.

Deshalb wird in der Praxis auf verschiedene Alternativen wie Kundenbefragungen bis hin zu Projektzielen zurückgegriffen, bei denen unterstellt wird, dass sie einen mittelbaren Einfluss auf das Wertmanagement ausüben können. Lit: DIRK (Hrsg.): Handbuch Investor Relations, 2004; Dürr, M.: Handbuch für Finanzmarketing und Unternehmenskommunikation, 2. Aufl., 1995; Kirchhoff, K./Piwinger, M.: Die Praxis der Investor Relations, 2. Aufl., 2001; Streuer, O.: Organisation der Investor Relations, in: DIRK (Hrsg.), Handbuch Investor Relations, 2004, S. 19-37. Sascha Bibert/ Marcus Schenck IOSCO = o International Organization of Securities Commissions ISA = o International Standards on Auditing o Prüfungsnormen, internationale Istkosten Tatsächlich in einer Periode bei der Herstellung oder dem Vertrieb angefallene o Kosten. Zu unterscheiden von o Plankosten und o Sollkosten. 405

J Jahresabschluss (Funktionen) 1. Einführung Der formale Aufbau und die sachliche Ausgestaltung des J. und des o Konzernabschlusses nach den Regelungen des HGB werden durch die o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) bestimmt. Diese werden meist deduktiv aus den Funktionen des J. abgeleitet. Die J.-Ziele und die aus ihnen hergeleiteten formalen und sachlichen Ausgestaltungsregeln bilden gemeinsam den Inhalt einer o Bilanztheorie. Dem handelsrechtlichen Einzelabschluss liegen verschiedene Bilanzauffassungen zugrunde; ein weitgehender Konsens besteht aber hinsichtlich drei primärer Funktionen des J. 2. Funktionen des Einzelabschlusses a) Dokumentationsfunktion. Der J. entsteht durch die Bündelung von Buchhaltungszahlen (o Buchhaltung, kaufmännische) und führt durch die Formvorschriften der §§ 243-245, 257261 HGB zur Sicherung von Urkundenbeständen gegen nachträgliche Inhaltsänderungen. Hierdurch soll in aktuellen und potentiellen Rechtsstreitigkeiten jederzeit nachprüfbar sein, inwiefern tatsächliche oder vermeintliche Pflichtverletzungen des Kaufmanns oder vertretungsberechtigter Personen vorliegen; im Insolvenzfall kann aus ihm abgeleitet werden, welche o Vermögensgegenstände und o Schulden dem insolventen Unternehmen zuzurechnen sind. Die Dokumentationsfunktion liegt im Interesse aller am Rechtsverkehr teilnehmenden Personen und ist für die mit der Schlichtung beauftragten Personen von großer Bedeutung. b) Ausschüttungs- bzw. Einkommensbemessungsfunktion. Klassische Aufgabe des J. von o Personengesellschaften und o Kapitalgesellschaften ist die Gewinnermittlung als Grundlage der o Gewinnverwendung für die Anteilseigner. Die Ausschüttungsbemessungsfunktion ist für 406

die Personengesellschaften in § 120 Abs. 1 HGB (OHG) bzw. § 167 Abs. 1 HGB (KG) und für Kapitalgesellschaften in § 58 AktG (AG und KGaA) bzw. § 29 Abs. 1 GmbHG (GmbH) kodifiziert. Da für Kapitalgesellschaften die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist, soll die Gewinnermittlung sowohl die Interessen der Gläubiger durch Bilanzansatzverbote und Bewertungsobergrenzen bei den Vermögensgegenständen bzw. -untergrenzen bei den o Rückstellungen und o Verbindlichkeiten (Höchstausschüttung) als auch die der Anteilseigner durch Bilanzansatzpflichten und Bewertungsuntergrenzen der Aktiva bzw. -obergrenzen der Passiva (Mindestausschüttung) berücksichtigen (o Anlegerschutz). Die von den Management- eventuell abweichenden Anteilseignerinteressen hinsichtlich der Ausschüttung des ermittelten Gewinns werden durch Regulierungen zur Kompetenzverteilung bei der Gewinnverwendung beachtet (§ 119 i.V.m. § 58 AktG, § 29 GmbHG). Basierend auf der 2., 4. und 7. EG-Richtlinie liegt den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften die Konzeption der Nominalkapitalerhaltung zugrunde (o Substanz- und Kapitalerhaltung). Hiernach entsteht ein zur Ausschüttung verwendbares Periodenergebnis in Höhe des Betrags, der über das o Eigenkapital zum vorangegangenen Bilanzierungszeitpunkt hinaus erwirtschaftet wurde. Auch für die Ermittlung der steuerlichen Leistungsfähigkeit und den daraus abgeleiteten ergebnisabhängigen Steuerzahlungen (z.B. Einkommens- und Körperschaftsteuer) wird über die o Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die o Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) der handelsrechtliche J. zugrunde gelegt. c) Informationsfunktion. Die Informationsfunktion des J. ist hinsichtlich des Umfangs und des Adressatenkreises zu differenzieren. Durch die Pflicht zur

Jahresabschluss (Funktionen) Aufstellung eines J. gem. § 242 HGB wird dem Kaufmann auferlegt, sich jährlich einen Überblick über seine Vermögenslage und die damit verbundene Möglichkeit zur Schuldenbegleichung zu verschaffen. Dieser Zwang zur Selbstinformation dient auch den Gläubigern und allen am Fortbestand des Unternehmens interessierten Personen. Für Kapitalgesellschaften soll durch die zusätzliche Pflicht zur o Publizität des J. gem. § 325 HGB im elektronischen Bundesanzeiger bzw. Unternehmensregister gewährleistet werden, dass sich alle Stakeholder (Anteilseigner, Arbeitnehmer, Gläubiger, Kunden, Lieferanten und wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Unternehmen auch die allgemeine Öffentlichkeit) ein eigenständiges Urteil über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft bilden können. Weil die Rechnungslegungsadressaten teilweise unterschiedliche Informationsinteressen besitzen, ist keine umfassende und sichere Information aller J.Adressaten beabsichtigt, sondern es wird als Kompromiss eine Informationsverteilung zwischen den verschiedenen Bilanzadressaten angestrebt. Dies wird auch aus der Generalklausel des § 264 Abs. 2 HGB deutlich, wonach der J. einer Kapitalgesellschaft ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Wird eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der AG geführt und liegt eine personelle Trennung von Unternehmensführung und -eigentümern vor, so dient der J. wegen der durch § 131 AktG eingeschränkten Auskunftsrechte der Anteilseigner insb. ihnen als Rechenschaftsinstrument, mit dem sie die wirtschaftlichen Konsequenzen der Handlungen der Leitungsorgane überwachen können (o Principal-Agent). Für die Rechenschaftslegung müssen die Jahresabschlüsse vorwiegend vergangen-

heitsorientiert ausgerichtet werden. Durch spezielle Techniken der o Bilanzanalyse wird dennoch versucht, aus ihnen auch die für Entscheidungen der Unternehmensbeteiligten relevanten Informationen, wie z.B. über die künftige Gewinnentwicklung oder die Insolvenzgefährdung eines Unternehmens, herauszufiltern. Aus den Ergebnissen empirischer Untersuchungen zur Nützlichkeit der J.-Daten ist zu schließen, dass derartige entscheidungsrelevante Prognoseinformationen aus den J.-Daten abgeleitet werden können (o Jahresabschlussforschung, empirische). Darüber hinaus verwenden auch andere Stakeholder Informationen aus den Jahresabschlussdaten zur Koordination ihrer unternehmensbezogenen Risiken. Gläubiger vereinbaren häufig Financial o Covenants in ihren Kreditverträgen, die ihnen bei Nichteinhaltung durch das Unternehmen entsprechende Zinsanpassungsmöglichkeiten oder sogar außerordentliche Kündigungsrechte einräumen. Pensionszusagen an die Mitarbeiter können bei entsprechend schlechter wirtschaftlicher Lage zeitlich befristet ausgesetzt werden. Diese Risikokoordinationsfunktion kann als eine Ausprägung der allgemeinen Informationsfunktion angesehen werden. 3. Funktionen des HGB-Konzernabschlusses Der Konzernabschluss als J. der wirtschaftlichen Einheit o Konzern unterscheidet sich vom Einzelabschluss durch die ihm zugrunde liegende Abgrenzung zwischen Unternehmen und Umwelt. Da er sowohl nach HGB als auch o International Financial Reporting Standards (IFRS) nach der o Fiktion der rechtlichen Einheit erstellt wird, ist er mit einem J. weitgehend vergleichbar hinsichtlich des Rechnungslegungsmodells, mit dem die Transaktionen zwischen Konzern und Umwelt abgebildet werden. 407

Jahresabschluss (Funktionen) Folglich könnte er die Funktionen des J. übernehmen, deren Erfüllung im Einzelabschluss durch die Konzernbildung besonders beeinträchtigt wird. a) Dokumentationsfunktion. Im Gegensatz zum Einzelabschluss kommt dem Konzernabschluss eine Dokumentationsfunktion nicht zu. Da alle rechtlich selbstständigen Unternehmen – unabhängig davon, ob sie einem Konzernverbund angehören – gem. § 238 HGB verpflichtet sind, Handelsbücher zu führen, die alle Geschäftsvorfälle mit Konzernunternehmen und mit konzernfremden Gesellschaften aufzeichnen, und weil in einem Rechtsstreit vorwiegend die rechtliche Unternehmensabgrenzung herangezogen wird, ist die Dokumentationsfunktion des Einzelabschlusses durch die Konzernbildung grundsätzlich nicht berührt. Für Unternehmen, die in einem faktischen Konzernverhältnis stehen, hat der Vorstand der Tochtergesellschaft gem. §§ 312 f. AktG einen o Abhängigkeitsbericht zu erstellen und vom o Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen. Hierdurch wird die Beweisführung hinsichtlich der internen Konzernbeziehungen zusätzlich erleichtert. Insofern erscheint eine Dokumentationsfunktion des Konzernabschlusses auch nur eingeschränkt notwendig. b) Ausschüttungsbemessungsfunktion. Dem Konzernabschluss wird derzeit de jure auch keine Ausschüttungsbemessungsfunktion übertragen. Im Unternehmensverbund können jedoch einerseits aus Sicht des Konzerns als Einheit gegenüber Dritten realisierte Gewinne zwischen Konzernunternehmen verlagert und andererseits für den Konzern noch nicht realisierte Gewinne bei den Konzernunternehmen als realisiert ausgewiesen werden. Hierdurch kann die Konzernleitung auf die Gewinnermittlung und damit auch auf die Kompetenzverteilung hinsichtlich der Gewinnverwendung innerhalb des Konzerns gestaltend ein408

wirken. Die damit verbundene mögliche Einschränkung der Ausschüttungsbemessungsfunktion des Einzelabschlusses wird in der Literatur diskutiert. Auch die Bindung der Ausschüttung an das Konzernergebnis wird trotz der fehlenden Rechtspersönlichkeit des Konzerns vereinzelt vorgeschlagen. De facto knüpfen nahezu sämtliche Mutterunternehmen ihre Gewinnverwendungspolitik bereits an das Konzernergebnis und kommunizieren dieses auch gegenüber den Unternehmensbeteiligten. Vielfach orientieren sich auch variable Entlohnungsbestandteile der Mitarbeiter an Konzernabschlussgrößen. Obwohl der Konzernabschluss auch für die steuerliche Gewinnermittlung nicht unmittelbar herangezogen wird, bestehen im Steuerrecht über die körperschaft-, gewerbe- und umsatzsteuerliche Organschaft erste Ansätze zu einer Konzernbesteuerung. Diese werden jedoch durch die steuerlichen Berechnungsformeln für konzerninterne Verrechnungspreise, bei deren Über- bzw. Unterschreitung eine verdeckte Gewinnausschüttung bzw. eine Kapitaleinlage angenommen wird, teilweise wieder aufgehoben. Eine am Konzernabschluss bemessene Einheitsbesteuerung gibt es im Gegensatz zu einigen anderen Staaten bisher in Deutschland nicht. c) Informationsfunktion. Primäre Aufgabe des Konzernabschlusses ist die Informationsvermittlung für den o Aufsichtsrat und die Anteilseigner der Muttergesellschaft (§ 337 AktG, § 42 a Abs. 4 GmbHG). Gem. § 297 Abs. 2 HGB hat der Konzernabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln. Durch die Möglichkeit zu o Sachverhaltsgestaltungen im Konzern kann die Unternehmensleitung Einfluss auf den Ausweis der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der einzelnen Konzern-

Jahresabschluss (Funktionen) gesellschaften ausüben. Die Anteilseigner der Muttergesellschaft erhalten dann aus dem Einzelabschluss lediglich Teilinformationen über die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmensgruppe, die zudem noch durch konzerninterne Geschäftsbeziehungen verzerrt sein können. Daher soll der Konzernabschluss als Zusatzinformationsinstrument die Angaben des Einzelabschlusses ergänzen und mit diesem zusammen für einen vergleichbaren Informationsstand der Konzernbeteiligten sorgen, wie ihn z.B. auch die Anteilseigner einer rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Einzelgesellschaft erhalten. Wegen der Publizitätspflicht gem. § 325 Abs. 3 HGB ist der Kreis der Konzernabschlussadressaten nicht auf den Aufsichtsrat und die Gesellschafter des Mutterunternehmens beschränkt. Auch andere Konzernstakeholder, wie z.B. mit dem Konzern verbundene Minderheitsgesellschafter, Arbeitnehmer, Gläubiger, Kunden, Lieferanten und die allgemeine Öffentlichkeit können sich aus den publizierten Konzerndaten ein Urteil über die wirtschaftliche Entwicklung des Konzerns bilden und verwenden die Daten in ihren Verträgen zur Risikokoordination. Wie mit dem Einzelabschluss wird damit eine Informationsverteilung zwischen den verschiedenen Rechnungslegungsadressaten angestrebt. Außer von diesen externen Adressatengruppen wird der Konzernabschluss auch von den Leitungsorganen des Konzerns als Instrument zur konzerninternen Steuerung und Kontrolle verwendet. 4. Jahresabschlussaufgaben nach IFRS und US-GAAP Anders als im handelsrechtlichen Rechnungslegungssystem steht bei der Rechnungslegung nach IFRS und o USGAAP die Informationsfunktion als zentrale Aufgabe im Vordergrund. Jahresabschlüsse sollen insb. den Eigen- und Fremdkapitalgebern relevante Informati-

onen für wirtschaftliche Entscheidungen, die das Unternehmen betreffen, vermitteln. J.-Daten sollen hierbei zum einen zur – Prognose zukünftiger Zielgrößen, wie z.B. o Gewinn je Aktie, und zum anderen zur – Überprüfung der Erwartungen im Rahmen einer Soll-Ist-Analyse der Zielgrößen dienen. Als potentielle Nutzer der J.Informationen werden neben den Kapitalgebern u.a. auch Lieferanten, Kunden und Arbeitnehmer genannt. Aufgrund der Dominanz der Informationsfunktion erscheint es naheliegend, dass der Konzernabschluss als vorrangiges Informationsinstrument gegenüber dem Einzelabschluss angesehen wird. In Deutschland finden die IFRS-Regelungen gem. § 315a HGB im Rahmen der Erstellung von o Konzernabschlüssen Anwendung, nicht jedoch bei der Einzelabschlusserstellung. Aber auch die IFRSKonzernabschlüsse werden de facto zur Risikokoordination verwendet, wenn z.B. Gläubiger in ihren Kreditverträgen bestimmte Financial Covenants vereinbaren. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 91-152; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009; Busse von Colbe, W.: Der Konzernabschluß als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverwendung, in: Havermann, H. (Hrsg.): Bilanz- und Konzernrecht, FS für Goerdeler, 1987, S. 61-77; Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 16-24; Fischer, D. et al.: Die Bilanzrechtsreform 2009/10, 2010; Moxter, A.: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., 1984; Pellens, B.: Der Informationswert von Konzernab409

Jahresabschluss (Regelung) schlüssen, 1989; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 115-138; Schildbach, T.: Jahresabschluß und Markt, 1986; Schneider, D.: Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2: Rechnungswesen, 2. Aufl., 1997; Streim, H.: Grundzüge der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierung, 1988; Wilsdorf, F.: Rechnungslegungszwecke der Handelsbilanz und Steuerbilanz nach Bilanzrichtlinien-Gesetz, 1988; Stützel, W.: Bemerkungen zur Bilanztheorie, in: ZfB 1967, S. 314-340. Bernhard Pellens Jahresabschluss (Regelung) 1. Einführung Das o Rechnungswesen bildet die Ergebnisse wirtschaftlichen Handelns ab und lässt sich in internes und externes Rechnungswesen unterscheiden. Der externe Teil des Rechnungswesens, auch als o Rechnungslegung bekannt, dient der Information externer Adressaten. Der J. ist der zusammenfasssende Oberbegriff über alle Rechenwerke, die aus der Rechnungslegung jährlich hervorgehen. Grundsätzlich können der Rechnungslegung verschiedene nationale oder internationale Regelungswerke zu Grunde liegen. Das zentrale Gesetz zur deutschen Rechnungslegung stellt das o HGB dar. Das deutsche Steuerrecht greift grundsätzlich mittels des o Maßgeblichkeitsprinzips auf die nach handelsrechtlichen Vorschriften erstellte Rechnungslegung zurück. Die Pflicht zur Rechnungslegung ist jedoch nach Steuerrecht ausgedehnter als nach Handelsrecht, da die Abgabenordnung neben der an die handelsrechtliche Buchführungspflicht angelehnten Erstellung der derivativen o Steuerbilanz gemäß § 140 AO auch Kriterien für eine originäre Steuerbilanz gemäß § 141 AO entworfen hat. Während das deutsche Handelsrecht die Erstellung von Einzelabschlüssen zwingend nach HGB vor410

schreibt, können bzw. müssen die o International Financial Reporting Standards (IFRS) im o Konzernabschluss angewendet werden. Kapitalmarktorientierte Konzerne sind durch die EUVerordnung 1606/2002 unmittelbar zur IFRS-Konzernrechnungslegung verpflichtet; andere Mutterunternehmen können ihren Konzernabschluss nach IFRS oder HGB aufstellen. Die folgenden Darstellungen beziehen sich insbesondere auf die gesetzlichen Regelungen für den handelsrechtlichen Einzelabschluss. Die Ursprünge des kodifizierten deutschen Handelsrechts zur Regulierung des J. reichen bis ins Jahr 1794 in Form des Allgemeinen Preußischen Landrechts zurück und wurden seither immer wieder durch neue Gesetze und Gesetzesänderungen überarbeitet. Im Jahr 1985 wurden die etablierten Regelungen zum J. durch das o Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) und die damit einhergehende Transformation entsprechender EGRichtlinien (insb. 78/660/EWG, 83/349/EWG) grundlegend verändert. Obwohl sich diese EG-Richtlinien auf Kapitalgesellschaften beschränkten, reformierte das BiRiLiG auch die Rechnungslegung von Nicht-Kapitalgesellschaften. In den folgenden Jahrzehnten wurden die handelsrechtlichen Vorschriften zur Rechnungslegung durch weitere Gesetzesänderungen ergänzt, wie z.B. im Jahr 1998 durch das o Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG), 1999 durch das o Kapitalgesellschaftenund Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) sowie 2004 durch das o Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG). Das im Jahr 2009 verabschiedete und 2010 in Kraft getretene o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) veränderte die handelsrechtliche Rechnungslegung in einem Maße wie zuletzt das o BiRiLiG. Zielsetzung der Umgestaltung durch das BilMoG war die Schaf-

Jahresabschluss (Regelung) fung einer gleichwertigen, aber einfacheren und kostengünstigeren Alternative zu den IFRS sowie den o IFRS for SMEs. 2. Pflicht zur Erstellung Gemäß § 242 HGB sind alle Kaufleute i.S.d. HGB zur Erstellung eines J. verpflichtet. In den §§ 238-263 HGB werden die für alle Kaufleute geltenden Grundsätze für Buchführung und den J. dargelegt. Besondere Vorschriften finden sich für den J. von o Kapitalgesellschaften in den §§ 264-289a HGB sowie für Konzernabschlüsse in den §§ 290-315a HGB. Unterschreiten die o Umsatzerlöse und der o Jahresüberschuss eines Einzelkaufmanns die Werte von 500.000 Euro bzw. 50.000 Euro in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren, wird dieser gemäß § 241a HGB i.V.m. § 242 Abs. 4 HGB von der Pflicht zur Abschlusserstellung befreit. Im Zuge dieser Deregulierungsbemühungen des BilMoG wurden auch die in § 267 HGB festgelegten Schwellenwerte der Größenklassen von Kapitalgesellschaften gesenkt. 3. Umfang und Inhalt der Bestandteile des J. Der Jahresabschluss eines jeden Kaufmanns besteht aus einer o Bilanz und einer o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Während in der Bilanz das Vermögen (Aktiva, Investitionen, Mittelverwendung) dem Kapital (Passiva, Finanzierung, Mittelherkunft) gegenübergestellt wird, gibt die GuV das vom Unternehmen erwirtschaftete o Ergebnis einer Periode an. Darüber hinaus sind Kapitalgesellschaften zur Erstellung eines o Anhangs sowie eines o Lageberichts verpflichtet, wobei kleine Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 1 Nr. 1 HGB vom Lagebericht befreit werden. Während der zum J. gehörende Anhang der Erläuterung von Bilanz und GuV dient, stellt der Lagebericht ein eigenes Rechnungslegungsinstrument außerhalb des J. dar, das die Informationen des J. vervoll-

ständigen und die Gesamtbeurteilung des Unternehmens aus Sicht der Geschäftsführung abbilden soll. Selbst wenn der Einzelabschluss wahlweise nach IFRS offengelegt wird (vgl. Abschnitt 4c), bleibt die Verpflichtung zur Erstellung und Offenlegung des Lageberichts nach §§ 289-289a HGB unberührt. Für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die nicht zu einem Konzernabschluss verpflichtet sind, gilt ferner die Erweiterung des J. um eine o Kapitalflussrechnung und einen o Eigenkapitalspiegel. Die Kapitalflussrechnung ermöglicht zusätzlich zur Abbildung der Vermögenslage durch die Bilanz und der Ertragslage durch die GuV die Darstellung der Finanz- und Liquiditätslage des Unternehmens. Die Regulierungsgrundlage des J. basiert auch auf rechtsformabhängigen Vorschriften im AktG, GmbHG und im GenG sowie branchenspezifischen Vorgaben, z.B. im VAG und im KWG. Sonderregelungen für Nicht-Kapitalgesellschaften sind zudem im PublG enthalten. Nicht-Kapitalgesellschaften werden bilanzierungstechnisch auf die Ebene von Kapitalgesellschaften gestellt, wenn bestimmte Größenmerkmale hinsichtlich Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Zahl der Mitarbeiter erfüllt sind. Dahinter steckt die Überlegung, dass nicht nur die Haftungsbeschränkung (Kapitalgesellschaften) ein Mehr an Informationen und insofern strengere Bilanzierungsregeln erfordert. Auch rechtsformunabhängige Unternehmensgröße und damit einhergehende volkswirtschaftliche Bedeutung scheint dem Gesetzgeber hierfür auszureichen. 4. Grundsätze der J.-Erstellung a) Funktionen, allgemeine Grundsätze und Aufstellungsvorschriften. Für die Erstellung eines J. sind die handelsrechtlichen o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) heranzuziehen. Die GoB stellen einen unbestimmten Rechtsbegriff dar und müssen im Hinblick auf 411

Jahresabschluss (Regelung) die o Funktionen des J. (Dokumentationsfunktion, Ausschüttungsbemessungsfunktion sowie Informationsfunktion) abgeleitet werden. Wesentliche GoB sind vom Gesetzgeber zwischenzeitlich im HGB kodifiziert worden. Als Generalnorm gilt für Kapitalgesellschaften gemeinhin der § 264 Abs. 2 HGB, wonach der Einzelabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Die darin zum Ausdruck kommende Informationsfunktion wird indes durch die Beachtung der GoB explizit relativiert, um die funktionale Pluralität zu gewährleisten. So gilt es, im HGB-Einzelabschluss einen vorsichtig ermittelten, ausschüttungsfähigen Gewinn zu generieren. Zentrale Bedeutung haben insofern das o Vorsichtsprinzip, o Imparitätsprinzip und auch o Realisationsprinzip. Durch das BilMoG dürfte sich die Gewichtung und Interpretation der GoB allerdings verändert haben. Die Stärkung der Informationsfunktion war ein explizites Ziel der Gesetzesreform. Zudem sind mit dem BilMoG Vorschriften in das HGB neu aufgenommen worden, die, wie z.B. die zugelassene Bewertung von Wertpapieren des Handelsbestandes von Kredit- und Finanzinstituten zum o beizulegenden Zeitwert auch über die Anschaffungskosten hinaus (§ 340e Abs. 3 HGB), das bisherige Anschaffungskosten- und Realisationsprinzip durchbrechen und das Vorsichtsprinzip in seiner bisherigen Dominanz relativieren. Ähnlich wirken z.B. die Diskontierung von langfristigen o Rückstellungen, die weitgehende Abschaffung der Aufwandsrückstellungen oder die mögliche Aktivierung von originären immateriellen Vermögensgegenständen in der Entwicklungsphase (vgl. Abschnitt b). Es dürfte auch nicht völlig auszuschließen sein, dass IFRS-Standards bei der GoBAuslegung künftig herangezogen werden. 412

Die Aufstellung des J. muss klar und übersichtlich sein, in einem entsprechenden Zeitrahmen aufgestellt, in deutscher Sprache abgefasst und die Beträge in Euro angegeben werden. Für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften i.S.d. HGB sowie für Großunternehmen i.S.d. PublG beträgt die Aufstellungsfrist hierbei maximal drei Monate, für kleine Kapitalgesellschaften i.S.d. HGB maximal sechs Monate. Für Konzernabschlüsse und börsennotierte Gesellschaften gelten gesonderte Vorschriften. Ansonsten hält die einschlägige Literatur einen Zeitrahmen von sechs bis neun Monaten für angemessen. Sollte der Unternehmensfortbestand gefährdet sein, verkürzen sich die Aufstellungsfristen. Der J. ist außerdem vom Unternehmer (je nach Rechtsform die voll haftenden Gesellschafter, alle Geschäftsführer oder sämtliche Vorstandsmitglieder) zu unterzeichnen. Für Kapitalgesellschaften schreibt § 266 HGB ein Mindestgliederungsschema der Bilanz vor und § 275 HGB die Gliederung der GuV in Abhängigkeit des entweder angewandten o Gesamtkostenoder o Umsatzkostenverfahrens. Der J. hat grundsätzlich das Kriterium der Vollständigkeit zu erfüllen, d.h. sämtliche o Schulden, o Rechnungsabgrenzungsposten und wirtschaftlich zurechenbaren o Vermögensgegenstände aufzuweisen sowie alle o Aufwendungen und o Erträge zu enthalten. Hierbei gilt jeweils ein Saldierungsverbot zwischen Aktiva und Passiva bzw. zwischen Aufwendungen und Erträgen. b) Ansatz- und Bewertungsvorschriften. Die Bilanzierung von Vermögensgegenständen und Schulden setzt zunächst deren abstrakte o Bilanzierungsfähigkeit voraus. Anschließend ist zu prüfen, ob einem Bilanzansatz ein konkretes Aktivierungs- bzw. Passivierungsverbot entgegensteht oder ein entsprechendes Bilanzierungswahlrecht existiert (konkrete Bilanzierungsfähigkeit). Ein Aktivie-

Jahresabschluss (Regelung) rungsverbot gilt gemäß § 248 Abs. 1 HGB für Gründungsaufwendungen, Aufwendungen für die Beschaffung von Eigenkapital sowie für den Abschluss von Versicherungen. Für originäre immaterielle Vermögensgegenstände des o Anlagevermögens mit Ausnahme von selbst geschaffenen Marken, Drucktiteln, Verlagsrechten, Kundenlisten oder ähnlichen Vermögensgegenständen besteht ein o Bilanzierungswahlrecht (§ 248 Abs. 2 HGB). In Verbindung mit § 255 Abs. 2 HGB bezieht sich dieses Aktivierungswahlrecht aber nur auf Aufwendungen der Entwicklungsphase, da Forschungsaufwand nicht aktiviert werden darf. Ein Aktivierungswahlrecht gilt für Kapitalgesellschaften auch für aktive o latente Steuern (§ 274 Abs. 1 HGB), für passive latente Steuern existiert indes eine Passivierungspflicht. Für ungewisse o Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind jeweils o Rückstellungen zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ferner besteht eine Rückstellungspflicht für unterlassene Instandhaltungen, sofern sie innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden, für Abraumbeseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden sowie für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 HGB). Werden Ausgaben vor dem Abschlussstichtag getätigt, für die ein Aufwand erst nach diesem Tag zu erfassen ist, muss ein (transitorischer) aktiver o Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden. Als (transitorischer) passiver Rechnungsabgrenzungsposten sind jene Einnahmen zu zeigen, die erst nach dem Abschlussstichtag als Ertrag abgebildet werden können. Das o Eigenkapital ergibt sich als residualer Differenzposten zwischen den Aktiva sowie den Verbindlichkeiten, Rückstellungen und passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Für Kapitalgesellschaften ist eine Aufgliederung

des Eigenkapitals in o Gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrücklage, Gewinn- bzw. Verlustvortrag sowie o Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag erforderlich (§ 272 HGB i.V.m. § 266 Abs. 3 HGB). Sofern die Bilanz unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt wird, ersetzt der Posten Bilanzgewinn/Bilanzverlust gemäß § 268 Abs. 1 HGB die beiden Posten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag und Gewinnvortrag/Verlustvortrag. In § 252 Abs. 1 HGB wurden vom Gesetzgeber die allgemeinen Bewertungsgrundsätze kodifiziert, von denen gemäß § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden darf. Diese Grundsätze bestehen im Prinzip aus der Bilanzidentität, der Unternehmensfortführung (o Going-concern), der Einzelbewertung, im Vorsichtsprinzip, Stichtagsprinzip, Prinzip der Abgrenzungen von Aufwendungen und Erträgen sowie der Bilanzstetigkeit. Neben diesen allgemeinen Vorschriften gibt § 253 HGB Einzelvorschriften für die Zugangs- und Folgebewertung vor. Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind höchstens mit ihren o Anschaffungs-/Herstellungskosten (AHK) zu bewerten. Handelt es sich jedoch um Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 Satz 2, welche in Zusammenhang mit langfristigen Verbindlichkeiten gehalten und entsprechend einer gesetzlichen Ausnahmeregelung mit diesen saldiert werden, sind diese zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Zeitlich begrenzt nutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens werden um planmäßige o Abschreibungen vermindert. Die Obergrenze der Bewertung bilden die um planmäßige Abschreibungen verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Liegt eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vor, so sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen 413

Jahresabschluss (Regelung) und der Vermögensgegenstand mit dem niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen (o Niederstwertprinzip). Vermögensgegenstände des Finanzanlagevermögens können auch bei nicht dauernder Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden. Vermögensgegenstände des o Umlaufvermögens werden ebenfalls höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet, jedoch ist unabhängig von der Dauer der Wertminderung zum Bilanzstichtag immer auf einen niedrigeren Markt- oder Börsenpreis außerplanmäßig abzuschreiben (strenges Niederstwertprinzip). Der niedrigere Wertansatz im Anlage- oder Umlaufvermögen darf jedoch nicht beibehalten werden, wenn die Gründe nicht mehr bestehen (§ 253 Abs. 5). Diese Pflicht zur o Wertaufholung gilt nicht für einen entgeltlich erworbenen o Geschäfts- oder Firmenwert, hier ist der niedrigere Wertansatz beizubehalten. Verbindlichkeiten und Rückstellungen sind zu ihrem o Erfüllungsbetrag anzusetzen, wobei für den Erfüllungsbetrag von Rückstellungen eine vernünftige kaufmännische Beurteilung erforderlich ist. Rückstellungen, deren Restlaufzeit mehr als ein Jahr beträgt, sind mit einem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangen sieben Geschäftsjahre zu diskontieren. Hiervon abweichend können Rückstellungen für Altersversorgungspflichten, für welche zudem gesonderte Bewertungsvorschriften gelten, sowie vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzins diskontiert werden, welcher sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. c) Offenlegung und Prüfungspflicht. In den §§ 325-329 HGB werden die gesetzlichen Vorschriften zur Offenlegung (o Publizität) von J. abgebildet. Eine Offenlegungspflicht des J. besteht nach § 325 Abs. 1 HGB nur für Kapitalgesellschaften. Großunternehmen i.S.d. Publi414

zitätsgesetzes sowie o Personengesellschaften i.S.d. § 264a HGB sind jedoch auch zur Offenlegung verpflichtet. Der J. ist beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers elektronisch einzureichen und dort zu veröffentlichen. Gemäß § 325 Abs. 2a besteht ein Wahlrecht zur Offenlegung des J. (Einzelabschluss) nach IFRS. Kapitalgesellschaften müssen über die Bestandteile des J. hinaus auch den o Bestätigungsvermerk sowie den Bericht des o Aufsichtsrats offenlegen. Für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften i.S.d. HGB finden sich in den §§ 326 und 327 HGB größenabhängige Erleichterungen. Für Unternehmen, die nach § 264a HGB oder gemäß Publizitätsgesetz offenlegen müssen, sind die Erleichterungen entsprechend anzuwenden. Neben der Offenlegungspflicht besteht für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften i.S.d. HGB, Großunternehmen i.S.d. Publizitätsgesetzes und Personengesellschaften i.S.d. § 264a HGB auch eine o Prüfungspflicht des J. durch einen Abschlussprüfer gemäß § 316 HGB. Der Lagebericht ist lediglich auf „Einklang“ mit dem J. zu prüfen (§ 317 Abs. 2 HGB). Lit.: ADS (Hrsg.): Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Loseblatt, 6. Aufl., 1995 ff.; Baetge, J./Kirsch, H.J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009; Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Fülbier, R.U./Gassen, J.: Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG): Handelsrechtliche GoB vor der Neuinterpretation, in: DB 2007, S. 2605-2612; Herzig, N.: Modernisierung des Bilanzrechts und Besteuerung, in: DB 2008, S. 1-10; Küting, K./Weber, C.-P. (Hrsg.): Handbuch der Rechnungslegung, Bd. 1-4, 5. Aufl., Loseblatt., 2002 ff.; Moxter, A.: Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung, 2003; Moxter, A.:

Jahresabschlussforschung, empirische IFRS als Auslegungshilfe für handelsrechtliche GoB?, in: WPg 2009, S. 7-12; Schildbach, T.: Der handelsrechtliche Jahresabschluss, 9. Aufl., 2009; Schmidt, K. (Hrsg.): Münchener Komm. zum HGB, Bd. 4, 2. Aufl., 2008; Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007. Rolf Uwe Fülbier/ Theresa Weiß Jahresabschlussadressaten = Rechnungslegungsadressaten Personen, an den sich der o Jahresabschluss richtet. Zentrale J. sind Eigenund Fremdkapitalgeber. Darüber hinaus zählen Arbeitnehmer, Lieferanten, Kunden, der Staat sowie die interessierte Öffentlichkeit zu den J. (o Framework; o Jahresabschluss, Funktionen). Jahresabschlussanalyse o Bilanzanalyse, empirisch-statistische o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte Jahresabschlussforschung, empirische 1. Einleitung E. J. untersucht auf Basis von Daten Fragestellungen im Bereich der Erstellung, Regulierung, Veröffentlichung, Nutzung und Analyse von o Jahres- und o Konzernabschlüssen. Die Bezeichnung wird teilweise pars pro toto verwendet; auch Fragen der Abschlussprüfung sowie der sonstigen (auch freiwilligen) Unternehmenspublizität werden häufig darunter gefasst. Hinsichtlich der Verwendung von Daten als konstituierendem Merkmal der empirischen Forschungsmethodik lassen sich Studien im Bereich der e. J. nach ihrer Datenherkunft in zwei Gruppen klassifizieren: Erstens können Forscher durch direkte (Fall- oder Feldstudie), experimentelle (Laborexperiment) oder befragende (Interview, Fragebogen) Beobachtung menschlichen Verhaltens ihre Daten eigens für eine beabsichtigte Studie erheben. Zweitens kann auf Archive prozess-

generierter Daten (z.B. Jahresabschlussund Kapitalmarktdaten), die ursprünglich unabhängig von der aktuellen Forschungsfrage erhoben wurden und in der Regel keinen direkten Rückschluss auf das Verhalten von Individuen erlauben, zurückgegriffen werden. Während Arbeiten der erstgenannten Gruppe im USamerikanischen Raum häufig als behavioral studies bezeichnet werden, hat sich für letztere der Begriff empirical-archival studies etabliert. Eine weitere Klassifizierung kann anhand des Forschungsziels erfolgen: Empirische Forschung kann zum einen reale Phänomene primär explorativ beschreiben, ohne sie theoretisch erklären oder vorhersagen zu wollen. Zum anderen kann sie theoriebasierte Hypothesen überprüfen. Letztere Studien können schließlich hinsichtlich ihrer primären Theoriebasis als eher ökonomisch, psychologisch oder soziologisch charakterisiert werden. Die eindeutige Klassifizierung wird aber durch die fortschreitende gegenseitige Befruchtung der unterschiedlichen Disziplinen zunehmend erschwert. Die e. J. ist eines der umfangreichsten und bedeutendsten Gebiete der Rechnungslegungsforschung. Daher kann hier kein umfassender Überblick über alle relevanten Forschungsfragen, Methoden und Ergebnisse gegeben werden. Stattdessen werden die (subjektiv ausgewählt) wichtigsten Forschungsansätze, die für Praktiker und Studierende besonders relevant sind, exemplarisch dargestellt, wobei ein Fokus auf neueren Arbeiten liegt. Weitergehende Lektüre zu wesentlichen (auch nicht-empirischen) Bereichen der Rechnungslegungsforschung bieten die Ausgaben des Jahres 2001 sowie des Jahrgangs 2011 des Journal of Accounting and Economics. 2. Entscheidungsrelevanz von Jahresabschlussinformationen Nach den Rahmenkonzepten sowohl der IFRS als auch der US-GAAP besteht die 415

Jahresabschlussforschung, empirische Aufgabe des Jahresabschlusses in der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen. Daher sind empirische Tests auf Entscheidungsrelevanz ein zentraler Bereich der e. J. Entscheidungsrelevanz lässt sich nur relativ zu bestimmten Entscheidungen messen. Neben der Möglichkeit, Akteure direkt zu befragen (Ernst/Gassen/Pellens, 2009; Gassen/Schwedler, 2010), basieren die meisten Studien auf archivierten Daten (archival data). Auch aufgrund der guten Datenverfügbarkeit spielen hier Kaufund Verkaufsentscheidungen an organisierten Eigenkapitalmärkten eine zentrale Rolle. Als Ausgangspunkt der e. J. gelten die Studien von Ball/Brown (1968) und Beaver (1968). Im Fokus stand von Beginn an der Zusammenhang von Rechungslegungsinformationen und Aktienkursen bzw. -renditen im Rahmen von sogenannten Assoziations- bzw. Wertrelevanzstudien (value relevance studies). Aber auch wenn ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Rechnungslegungs- und Kapitalmarktdaten festgestellt wird, liegt damit nicht notwendigerweise ein Beleg für die Entscheidungsrelevanz von Rechnungslegungsinformationen an Eigenkapitalmärkten im Sinne einer Kausalbeziehung vor. Stattdessen ist hiermit nachgewiesen, dass der Jahresabschluss ähnliche Informationen verarbeitet wie diejenigen, die auch den Entscheidungen der Kapitalmarktakteure zugrunde liegen. Jahresabschlussinformationen können nach dieser Auffassung neue Informationen für Kapitalmarktakteure liefern oder eine Zusammenfassung von bereits bekannten Informationen darstellen. Kausalität etablieren lässt sich eher mit sog. Informationsgehaltsstudien (information content studies), die die Kapitalmarktreaktion in kurzen Zeiträumen direkt um ein Ereignis mit Neuigkeitswert, z.B. eine Ergebnisveröffentlichung, herum messen. So zeigen Ball/Shivakumar (2008), dass im 416

Durchschnitt nur etwa 5-9 % der jährlichen Aktienrenditen durch die Renditen rund um die Quartalsberichtsveröffentlichungen erklärt werden. Neben der direkten Bewertungsfunktion, die auch auf dem organisierten Fremdkapitalmarkt analysiert werden kann (Easton/Monahan/Vasvari, 2008), werden Jahresabschlussinformationen auch in anderen Entscheidungssituationen wie z.B. in der Managemententlohnung oder der Strukturierung von Fremdkapitalverträgen eingesetzt. Auch im Rahmen dieser Vertragsbeziehungen werden Jahresabschlussinformationen auf Entscheidungsrelevanz getestet (Entlohnung: Sloan, 1993; Ittner/Larcker/Rajan, 1997; Fremdkapital: Ball/Bushman/Vasvari, 2008; Ball/Robin/Sadka, 2008; Zhang, 2008). Neben der eigentlichen Messung der Entscheidungsrelevanz interessieren auch deren Determinanten, die aus dem angewendeten Rechnungslegungssystem, der sonstigen regulatorischen Infrastruktur oder den Präferenzen der beteiligten Akteure resultieren können. So gibt es etwa Hinweise darauf, dass bessere Rechnungslegungsqualität (vgl. dazu Abschnitt 3), eine marktorientierte Unternehmensverfassung sowie die umfassende Abdeckung eines Unternehmens durch Finanzanalysten mit der Entscheidungsrelevanz der Rechnungslegung positiv zusammenhängen (Francis/LaFond/ Olsson/Schipper, 2007; DeFond/Hung/ Trezevant, 2007). 3. Bilanzierungsverhalten Jahresabschlüsse werden von Menschen aufgestellt, geprüft, veröffentlicht und genutzt, die bestimmten, a priori unklaren Verhaltensmustern folgen. International als accounting choice studies bezeichnete Untersuchungen wollen Bilanzierungsverhalten durch den systematischen Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen und der Präferenzen der

Jahresabschlussforschung, empirische Rechnungsleger erklären und prognostizieren. Theoretisch grundlegend für diese Forschungsrichtung ist die von Watts/ Zimmerman (1986) entwickelte positive accounting theory, die auf der Basis der Prinzipal-Agent-Theorie den Rechnungslegern eigennutzmaximierendes Handeln unterstellt. Im Rahmen der Weiterentwicklung dieser Theorie werden Ansätze entwickelt, die das mögliche opportunistische Verhalten der Bilanzersteller in Gleichgewichtsmodelle mit rationalen Erwartungen ihrer Vertragspartner überführen (Holthausen, 1990; als Überblick: Wagenhofer/Ewert, 2007). Im Rahmen der empirischen Forschung zum Bilanzierungsverhalten ist es häufig schwierig, beobachtetes Verhalten mit Bestimmtheit auf eine von mehreren konkurrierenden Theorien mit ähnlichen Vorhersagen zurückzuführen (Sellhorn, 2004). So werden regelmäßig für unterschiedliche Bilanzierungsfragen die Determinanten des Bilanzierungsverhaltens auf der Basis mehr oder weniger ad hoc formulierter Modelle geschätzt. Dennoch fördern die Studien interessante Ergebnisse zu Tage, da regelmäßig festgestellt wird, dass das Bilanzierungsverhalten nicht nur von den anzuwendenden Regeln, sondern auch von den Anreizen der Bilanzierenden abhängt (Ball/Robin/Wu, 2003). So zeigt sich beispielsweise, dass Entwicklungskosten, für deren Ansatz im Rahmen der IFRS ein faktisches Wahlrecht besteht, tendenziell eher von Unternehmen mit höherer Verschuldung und mit Verlusten aktiviert werden (Oswald, 2008). Ähnliche Ergebnisse liegen auch hinsichtlich anderer Bilanzansatzund -bewertungsspielräume vor. Neben einzelnen Bilanzierungsfragen untersucht eine Vielzahl von sog. earnings management studies die o Bilanzpolitik als aggregiertes, zielgerichtetes Bilanzierungsverhalten. Bilanzpolitik kann durch Sachverhaltsgestaltung (real earnings management) oder Sach-

verhaltsabbildung (accounting earnings management) erfolgen. Eng mit dem facettenreichen Begriff der Bilanzpolitik verwandt ist auch der ebenso schwer zu definierende Begriff der Rechnungslegungs- oder Ergebnisqualität (accounting/earnings quality). Teilweise werden beide Konzepte nahezu synonym verwendet: Eine Zunahme der Bilanzpolitik wird dann mit einer Reduktion der Rechnungslegungsqualität gleichgesetzt. Auch hier geht es neben dem Nachweis der Bilanzpolitik primär um die Determinanten und Konsequenzen bilanzpolitischen Verhaltens (Überblick bei Fields/Lys/ Vincent, 2001). Als ein wichtiger Teilaspekt von Rechnungslegungsqualität wurde in jüngerer Zeit der Grad an Vorsicht (conservatism) in Rechnungslegungsnormen und Jahresabschlüssen (wieder-) entdeckt und im letzteren Bereich erstmals von Basu (1997) empirisch greifbar gemacht. Seither widmet sich ein ausufernd wachsender Forschungszweig u.a. der Messung dieses Konzepts (Überblick bei Fülbier/Gassen/Sellhorn, 2008), seiner Ausprägung in unterschiedlichen Situationen (Überblick bei Watts, 2003) und seiner Interaktion mit anderen Eigenschaften von Jahresabschlussdaten (z.B. Gassen/Fülbier/Sellhorn, 2006). Insgesamt hilft die empirische Forschung zum Bilanzierungsverhalten, die Wechselwirkung zwischen zu befolgenden Normen und den Anreizen der Bilanzierenden besser zu verstehen. Nicht zuletzt aufgrund der Finanzkrise ist zu erwarten, dass zukünftige Arbeiten für ihre theoretische Fundierung zunehmend auf die Rationalitätsannahme verzichten werden (z.B. Bergman/Roychowdhury, 2008). 4. Konsequenzen von Normenänderungen Gerade aus Sicht der rechtsnahen Forschung erscheint es interessant zu untersuchen, welche Konsequenzen die Änderungen bestimmter institutioneller Rah417

Jahresabschlussforschung, empirische menbedingungen für die Jahresabschlusserstellung und -nutzung haben. Neben Studien zu Änderungen im Bereich der Wirtschaftsprüfung (z.B. Gassen/Skaife, 2009) steht aus deutscher Sicht hier insbesondere die (verpflichtende) Einführung der IFRS im Vordergrund. Frühe Studien, die sich insbesondere auf deutsche Daten von freiwilligen Anwendern stützten (z.B. Leuz/Verrecchia, 2000; Ashbaugh/Pincus, 2001; Cuijpers/Buijink, 2005; Daske, 2006; Gassen/Sellhorn, 2006; Kiefer/Schorn, 2009; als Überblick zum Einfluss der IFRS auf die Ergebnisqualität Soderstrom/Sun, 2007), hatten mit Problemen der Stichprobenverzerrung durch Selbstselektion zu kämpfen. Aktuellere Arbeiten greifen daher meist auf die verpflichtende IFRS-Anwendung zurück (Christensen/Lee/Walker, 2007; Daske/Hail/ Leuz/Verdi, 2008; Barth/Landsman/ Lang, 2008; Armstrong/Barth/Jagolinzer/Riedl, 2010).

möglicherweise etablierte Gleichgewichte stört, was kostspielige Anpassungen provoziert und/oder zu ineffizienten Wohlfahrtstransfers führt. Letzterer Bereich weist noch erhebliche Forschungslücken auf.

Auch wenn die Ergebnisse bislang noch nicht einheitlich sind, zeichnen sich doch ökonomische Auswirkungen der verpflichtenden IFRS-Einführung ab. Hier kann zwischen (beabsichtigten) Hauptund (unbeabsichtigten) Nebenwirkungen unterschieden werden. Erstere bestehen in Effekten, die aus der Informationsfunktion der Rechnungslegung resultieren: So scheinen Kapitalkosten am Eigen- und Fremdkapitalmarkt tendenziell zu sinken, während die Ergebnisqualität offenbar (wenn auch nicht hinsichtlich aller untersuchten Aspekte) steigt und der Eigenkapitalmarkt die EU-weite Einführung der IFRS positiv zu bewerten scheint. Unerwünschte Nebenwirkungen der IFRS-Einführung ergeben sich primär aus der Rolle der Rechnungslegung als Koordinationsinstrument, also etwa aus auf Jahresabschlussdaten basierenden Entlohnungs- und Kreditverträgen. Hier wirkt die Umstellung auf die IFRS potenziell dadurch, dass sie in bestehende Vertragsbeziehungen eingreift und dabei

5. Jahresabschlussinformationen Unternehmensverfassung

418

Die bisherigen IFRS-Studien können nur auf relativ kurze Zeitreihen zurückgreifen. Daher sind die bisherigen Ergebnisse wohl nur eingeschränkt belastbar, zumal die Interaktion von Normen und Anreizen, wie oben erwähnt, nach wie vor nicht abschließend geklärt ist. Diese Einschränkung gilt auch, da die Auswirkungen von Normenänderungen empirisch nur ex post analysiert werden können. Zudem erfolgt eine Normenänderung im Regelfall nicht zufällig und unerwartet, wird aber im Forschungsaufbau regelmäßig als exogen angenommen. Insofern kann die e. J. allein kein umfassendes Bild der Konsequenzen von Normenänderungen zeichnen. und

Rechnungslegung ist ein Teil der Unternehmensverfassung. Die Wechselwirkungen zwischen den Elementen der Unternehmensverfassung stellen einen wesentlichen Teilbereich der o Corporate Governance-Forschung dar: Welche Wirkung haben bestimmte Aspekte der Unternehmensverfassung (etwa Eigentümerstruktur, Managemententlohnnung oder Aufsichtsratsstruktur) auf das Bilanzierungsverhalten bzw. die Nutzung von Jahresabschlussinformationen auf Kapitalmärkten? Frühere Studien (z.B. Gaver/Gaver/Austin, 1995; Klein, 2002) behandeln die Unternehmensverfassung hierbei als exogene Variable. Sie stellen mehrheitlich eine klare Beziehung zwischen Bilanzierungsverhalten und Unternehmensverfassung her: Je marktorientierter die Unternehmensverfassung, desto besser die Ergebnisqualität, desto geringer die Bilanzpolitik und desto nützli-

Jahresabschlussforschung, empirische cher die Informationen für den Kapitalmarkt. Neuere Ansätze verwenden ein komplexeres Abbild der Unternehmensverfassung (z.B. Larcker/Richardson/Tuna, 2007) und/oder modellieren die Unternehmensverfassung als endogene Variable in einem mehrstufigen Ansatz (z.B. Bowen/Rajgopal/Venkatachalam, 2008). Sie kommen zu dem Ergebnis, dass zwar eine Wechselwirkung zwischen Unternehmensverfassung und Bilanzierungsverhalten besteht, dass aber hieraus nicht schlicht auf eine unidirektionale Kausalbeziehung zwischen Unternehmensverfassung, Rechnungslegung und Unternehmensleistung geschlossen werden kann. Vielmehr scheint es unterschiedliche Kombinationen von Unternehmensverfassungselementen zu geben, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg nicht eindeutig zu reihen sind. Insgesamt wird aus den Studien deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Jahresabschlussaspekten und sonstigen Komponenten der Unternehmensverfassung so komplex ist, dass er durch einfache ökonometrische Modelle kaum hinreichend abzubilden ist. Vielversprechender erscheinen hingegen Versuche, den relevanten Vektor der Unternehmensverfassung und des Bilanzierungsverhaltens simultan zu modellieren und empirisch zu analysieren. 6. Fazit Die e. J. befasst sich mit einer Vielzahl verschiedener Fragestellungen. Hierbei finden unterschiedliche Daten und Methoden Anwendung. Auch wenn die e. J. nicht in der Lage ist, abschließende Antworten auf die drängenden normativen Fragen der Rechnungslegung zu geben, die sich im Rahmen der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise mit neuer Vehemenz stellen (z.B. Laux/Leuz, 2010), so stellt sie doch einen zentralen Eckpfeiler der Rechnungslegungsforschung dar. Letztere sollte jedoch nicht einem in die

Irre führenden (empirischen) Methodenmonismus verfallen (Fülbier/Hitz/Sellhorn 2009): Jede theorielose empirische Studie ist pure Deskription. Insofern ist e. J. als prüfende Methodik untrennbar mit modellgenerierender Forschung verbunden. Des Weiteren sind die Beiträge, die die empirische Forschung aus normativer Sicht im Rahmen der Standardsetzung und auch aus Praktikersicht leisten kann, naturgemäß begrenzt. Sie kann erst tätig werden, wenn Daten vorliegen. Hier ist mit Spannung abzuwarten, welche Rolle experimenteller Jahresabschlussforschung in Zukunft zukommen wird. Schließlich lassen sich im Labor künftige Regeländerungen in gewissen Grenzen simulieren. Der auf historischen Realdaten basierenden empirischen Forschung kommt im Rahmen der Standardsetzung eher die Aufgabe zu, theoretisch prognostizierte Kausalketten auf empirische Gültigkeit zu prüfen und somit die normative Debatte zu informieren. Lit.: Armstrong, C. S./Barth, M. E./Jagolinzer, A. D./Riedl, E. J.: Market Reaction to the Adoption of IFRS in Europe, in: TAR 2010, S. 31-61; Ashbaugh, H./Pincus, M.: Domestic Accounting Standards, International Accounting Standards, and the Predictability of Earnings, in: JAR 2001, S. 417-434; Ball, R./Brown, P.: An Empirical Evaluation of Accounting Income Numbers, in: JAR 1968, S. 159-178; Ball, R./Bushman, R. M./Vasvari, F. P.: The Debt-Contracting Value of Accounting Information and Loan Syndicate Structure, in: JAR 2008, S. 247-287; Ball, R./Robin, A./Sadka, G.: Is Financial Reporting Shaped by Equity Markets or by Debt Markets? An International Study of Timeliness and Conservatism, in: RAST 2008, S. 168-205; Ball, R./Robin, A./Wu, J. S.: Incentives versus Standards: Properties of Accounting Income in four East Asian Countries, in: JAE 2003, S. 235-270; Ball, R./Shiva419

Jahresabschlussforschung, empirische kumar, L.: How Much New Information Is There in Earnings? In: JAR 2008, S. 975-1016; Barth, M. E./Landsman, W. R./Lang, M. H.: International Accounting Standards and Accounting Quality, in: JAR 2008, S. 467-498; Basu, S.: The Conservatism Principle and the Asymmetric Timeless of Earnings, in: JAE 1997, S. 3-37; Beaver, W. H.: The Information Content of Annual Earnings Announcements, in: JAR 1968, Supplement, S. 67-92; Bergman, N. K./Roychowdhury, S.: Investor Sentiment and Corporate Disclosure, in: JAR 2008, S. 1057-1083; Bowen, R. M./Rajgopal, S./Venkatachalam, M.: Accounting Discretion, Corporate Governance, and Firm Performance, in: CAR 2008, S. 351-405; Christensen, H. B./Lee, E./Walker, M.: Cross-sectional Variation in the Economic Consequences of International Accounting Harmonization: The Case of Mandatory IFRS Adoption in the UK, in: TIJA 2007, S. 341-379; Cuijpers, R./Buijink, W.: Voluntary Adoption of Nonlocal GAAP in the European Union: A Study of Determinants and Consequences, in: EAR 2005, S. 487-524; Daske H.: Economic Benefits of Adopting IFRS or US-GAAP – Have the Expected Cost of Equity Capital Really Decreased? In: JBFA 2006, S. 329-373; Daske, H./Hail, L./Leuz, C./Verdi, R. S.: Mandatory IFRS Reporting around the World: Early Evidence on the Economic Consequences, in: JAR 2008, S. 10851142; DeFond, M. L./Hung, M./Trezevant R.: Investor Protection and the Information Content of Annual Earnings Announcements: International Evidence, in: JAE 2007, S. 37-67; Easton, P. D./Monahan, S. J./Vasvari, F. P.: Initial Evidence on the Role of Accounting Earnings in the Bond Market, in: JAR 2008, S. 721-766; Ernst, E./Gassen, J./Pellens, B.: Verhalten und Präferenzen deutscher Aktionäre: Eine Befragung von privaten und institutionellen Anlegern zum Informationsverhalten, zur Dividen420

denpräferenz und zur Wahrnehmung von Stimmrechten, Studien des Deutschen Aktieninstituts 2009, Heft 42, Frankfurt/M.; Fields, T. D./Lys, T. Z./Vincent, L.: Empirical Research on Accounting Choice, in: JAE 2001, S. 255-307; Francis, J./LaFond, R./Olsson, P./Schipper, K.: Information Uncertainty and PostEarnings-Announcement-Drift, in: JBFA 2007, S. 403-433; Fülbier, R. U./Hitz, J.M./Sellhorn, T.: Relevance of Academic Research and Researchers’ Role in the IASB’s Financial Reporting Standard Setting, in: Abacus 2009, S. 455-492; Fülbier, R. U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Vorsichtige Rechnungslegung – Theoretische Erklärung und empirische Evidenz, in: ZfB 2008, S. 1317-1342; Gassen, J./Fülbier, R. U./Sellhorn, T.: International Differences in Conditional Conservatism – The role of Unconditional Conservatism and Income Smoothing, in: EAR 2006, S. 527-564; Gassen, J./ Schwedler, K.: The Decision Usefulness of Financial Accounting Measurement Concepts: Evidence from an Online Survey of Professional Investors and their Advisors, EAR 2010, S. 495-509; Gassen, J./Sellhorn, T.: Applying IFRS in Germany: Determinants and Consequences, in: BFuP 2006, S. 365-386; Gassen, J./Skaife, H. A.: Can Audit Reforms Affect the Information Role of Audits? Evidence from the German Market, in: CAR 2009, S. 867-898; Gaver, J./Gaver, K./Austin, J.: Additional Evidence on Bonus Plans and Income Management, in: JAE 1995, S. 3-28; Holthausen, R.: Accounting Method Choice: Opportunistic Behavior, Efficient Contracting, and Information Perspectives, in: JAE 1990, S. 207-218; Ittner, C. D./Larcker, D. F./Rajan, M. V.: The Choice of Performance Measures in Annual Bonus Contracts, in: TAR 1997, S. 231-255; Kiefer, K./Schorn, P.: Auswirkungen der IFRS-Umstellung auf die Risikoprämie von Unternehmensanleihen – Eine empirische Studie für Deutsch-

Japan land, Österreich und die Schweiz, in: ZfB 2009, S. 335-365; Klein, A.: Audit Committees, Board of Director Characteristics and Earnings Management, in: JAE 2002, S. 375-400; Larcker, D./Richardson, S./Tuna, I.: Corporate Governance, Accounting Outcomes, and Organizational Performance, in: TAR 2007, S. 963-1008; Leuz, C./Verrecchia, R.: The Economic Consequences of Increased Disclosure, JAR 2000, Supplement, S. 91-124; Laux, C./Leuz, C.: Did Fair-Value Accounting Contribute to the Financial Crisis?, in: Journal of Economic Perspectives 2010, S. 93-118; Oswald, D. R.: The Determinants and Value Relevance of the Choice of Accounting for Research and Development Expenditures in the United Kingdom, in: JBFA 2008, S. 1-24; Sellhorn, T.: Goodwill Impairment, 2004; Sloan, R. G.: Accounting Earnings and Top Executive Compensation, in: JAE 1993, S. 55100; Soderstrom, N./Sun, K. J.: IFRS Adoption and Accounting Quality: A Review, in: EAR 2007, S. 675-702; Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007; Watts, R.: Conservatism in Accounting Part II: Evidence and Research Opportunities, in: Accounting Horizons 2003, S. 287-301; Watts, R./Zimmerman, J. L.: Positive Accounting Theory, 1986; Zhang, J.: The Contracting Benefits of Accounting Conservatism to Lenders and Borrowers, in: JAE 2008, S. 27-54. Joachim Gassen / Thorsten Sellhorn Jahresabschlusskennzahlen o Bilanzanalyse, kennzahlenbasierte Jahresabschlussprüfung o Prüfung des Jahresabschlusses o Prüfung des Konzernabschlusses Jahresergebnis Oberbegriff für o Jahresüberschuss und o Jahresfehlbetrag sowie o Gewinn und o Verlust.

Jahresfehlbetrag Überschuss der o Aufwendungen über die o Erträge gemäß der o Gewinnund Verlustrechnung (GuV). Jahresüberschuss Überschuss der o Erträge über die o Aufwendungen gemäß der o Gewinnund Verlustrechnung (GuV). Der J. kann als o Bilanzgewinn zur Ausschüttung oder zur Einstellung in die Gewinnrücklagen verwendet werden (o Gewinnverwendung). Japan 1. Rechtsgrundlagen Die Rechnungslegung der weit mehr als 1 Mio. o Aktiengesellschaften (AG) wird vom japanischen Gesellschaftsgesetz (jGesellG) von 2005 geregelt, das durch Aufnahme und Modernisierung der gesellschaftsbezogenen Vorschriften des japanische HGB (jHGB) von 1899 neu kodifiziert worden ist. Danach hat die AG für jedes Geschäftsjahr die o Bilanz, die o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), die Nettovermögensrechnung (Statement of Changes in Net Assets) und den o Anhang sowie unter bestimmten Voraussetzungen einen konsolidierten Abschluss aufzustellen. Diese sind von einem oder mehreren von der o Hauptversammlung gewählten gesellschaftsinternen Prüfern und ggf. dem Rechnungsprüfer zu prüfen und der binnen 3 Monaten nach dem Bilanzstichtag stattzufindenden ordentlichen HV vorzulegen. Die Bilanz oder die Bilanz und GuV sind vollständig oder vereinfacht im Staatsanzeiger, in einer Tageszeitung, oder elektronisch zu publizieren. Der Umfang und Inhalt der Prüfung und Veröffentlichung sind nach der Größe abgestuft, wonach als große AG (rund 5.900) die AG mit einem Grundkapital von nicht weniger als 500 Mio. Yen oder mit bilanziellen o Verbindlichkeiten von 20 Mrd. Yen oder mehr gelten. Die o GmbH 421

Japan und die o Personengesellschaften sind nicht publizitätspflichtig. Die Rechnungslegung der börsennotierten und sonst den Kapitalmarkt beanspruchenden AG (ca. 4.600) unterliegt darüber hinaus dem japanischen Finanzinstrumentenhandels- und Börsengesetz (jFiHG) von 2007 mit weitergehenden Offenlegungspflichten. Das jFiHG stellt die Weiterentwicklung und Umbenennung vom japanischen Wertpapierhandels- und Börsengesetz (jBörsG) von 1948 dar. Diese AG müssen zum Schutz der Investoren jährlich binnen 3 Monaten nach dem Abschlussstichtag dem Premierminister einen Wertpapierbericht einreichen, in dem u.a. der von einem o Wirtschaftsprüfer testierte Einzel- und o Konzernabschluss anzugeben sind. Diese AG müssen gemäß dem jFiHG vor Ablauf von 45 Tagen nach jedem Vierteljahresende der RegierungsFinanzdienstleistungsagentur auch einen o Quartalsbericht mit einem Quartalsabschluss einreichen. 2. Rechnungslegungsstandards Sowohl das jGesellG als auch das jFiHG gehen davon aus, dass beim Fehlen von ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften die Rechnungslegung der AG den allgemein als fair und angemessen anerkannten Rechnungslegungsgepflogenheiten oder -standards folgen soll. Dabei gelten als allgemein als fair und angemessen anerkannte Rechnungslegungsgepflogenheiten oder -standards diejenigen Standards, welche der Unternehmensrechnungslegungsbeirat (Business Accounting Deliberation Council, jBADC) der Regierungs-Finanzdienstleistungsagentur (früher: des Finanzministeriums) sowie der Accounting Standards Board of Japan (ASBJ) der 2001 gegründeten privaten Financial Accounting Standards Foundation (FASF) veröffentlichen. Bis Ende 2009 hat der ASBJ insgesamt 24 Unternehmensrechnungslegungsstandards (Business Accounting Standards) zu ver422

schiedenen Themen wie z.B. für „o Ergebnis je Aktie“, „Bilanzierung von Altersversorgungsplänen“, „o Finanzinstrumente“, „Equity-Methode“, „Unternehmenszusammenschlüsse“, „Konsolidierte Abschlüsse“ etc. publiziert. 3. Einzelabschluss a) Ansatzregelungen. Das jGesellG enthält nur die allgemeinen Rahmenbestimmungen über die Rechnungslegung der AG. Es beauftragt die Rechtsverordnung des Justizministeriums über die Rechnungslegung der Gesellschaften (jRechnungslegungsV) von 2006, die Aufstellungsmodalitäten der Abschlüsse der AG im Einzelnen vorzuschreiben. Nach den Unternehmensrechnungslegungsgrundsätzen (Accounting Principles for Business Enterprises, APBE) vom Unternehmensrechnungsbeirat des Finanzministeriums sind alle Positionen des Vermögens, der Verbindlichkeiten und des Nettovermögens in der Bilanz anzusetzen. Aktivierungspflicht gilt auch für den nach der Purchase-Methode ermittelten derivativen Goodwill (o Geschäftswert). Ein entstehender negativer Goodwill ist im Jahr der Entstehung unter den „Außerordentlichen Gewinnen“ in der GuV auszuweisen. Ein originärer Goodwill darf aber nicht aktiviert werden. Aktivierungsfähig ist auch der latente Steueranspruch insofern, als das Unternehmen in der Lage sein wird, in Zukunft ausreichend zu versteuerndes Ergebnis für den latenten Steueranspruch zu erzeugen (o latente Steuern). Ein Wahlrecht besteht jedoch für die Aktivierung einer Reihe von o Aufwendungen/Ausgaben (z.B. Gründungs-, Kapitalbeschaffungsoder Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen). Diese Aktivposten stellen in der Praxis weitgehend nicht aktivierte „transitorische Aktiva“ dar. b) Gliederungssystematik. Die Positionen der gesellschaftsrechtlichen Bilanz sind gemäß der jRechnungslegungsV

Japan nach abnehmender Liquidität zu gliedern. So folgen auf der Aktivseite dem o Umlaufvermögen das o Anlagevermögen (untergliedert in Sachanlagen, o immaterielle Vermögenswerte und Finanzanlagen) sowie die transitorischen Aktiva, mit jeweils weiteren Aufgliederungen in Einzelposten. Auf der Passivseite folgen den kurzfristigen o Verbindlichkeiten die langfristigen Verbindlichkeiten und das Nettovermögen (net assets untergliedert in Aktionärskapital bestehend aus Grundkapital, Kapitalrücklage und Gewinnrücklage (o Rücklagen) sowie sonstige Bestandteile des Nettovermögens wie Unterschiedsbeträge aus Bewertungen, Umrechnungen, etc.) ebenfalls mit Aufgliederungen. Die Einordnung ins Umlauf- oder Anlagevermögen oder auch in die kurz- oder langfristigen Verbindlichkeiten richtet sich danach, ob ein Posten durch die Hauptgeschäftstätigkeit entstanden ist oder ob die sonstigen Forderungen/Verbindlichkeiten innerhalb eines Jahres fällig werden. Unter den ‚Unterschiedsbeträgen aus Bewertungen und Umrechnungen etc.’ sind Unterschiedsbeträge aus der Bewertung der zur Veräußerung verfügbaren Wertpapiere des Anlagevermögens, Bewertungsunterschiede des Grundstücks usw. auszuweisen. Die Posten der gesellschaftsrechtlichen GuV sind nach dem → Umsatzkostenverfahren zu gliedern. Bei der Nettovermögensrechnung handelt es sich um eine Aufstellung über Veränderungen der Bestandteile des Nettovermögens bzw. o Eigenkapitals. Ein Unternehmen, das dem jFiHG untersteht, aber keinen konsolidierten Abschluss aufstellt, muss auch noch eine (Einzel-) o Kapitalflussrechnung erstellen und offenlegen. Auch die Bilanz, GuV, Nettovermögensrechnung, der Anhang und ggf. die Kapitalflussrechnung, die in Übereinstimmung mit dem jFiHG nach der Rechtsverordnung des Kabinettbüros (früher

des Finanzministeriums) über die Abschlüsse von 1963 erstellt werden müssen, sind wie die gesellschaftsrechtliche zu strukturieren, nur dass die Positionen weiter aufzugliedern sind. c) Bewertungsgrundsätze. Das Anschaffungswertprinzip bildet die Grundlage für das Bewertungskonzept nach dem jRechnungslegungsV. Bei den o Vermögensgegenständen ist ein wesentlich niedrigerer Zeitwert an einem Geschäftsjahresende anzusetzen, es sei denn, dass davon auszugehen ist, dass der niedrigere Zeitwert wieder auf die Höhe der Anschaffungskosten steigen wird. Wenn an einem Bilanzstichtag eine unvorhersehbare Wertminderung bei Vermögensgegenständen eingetreten ist, so muss ein Wertminderungsaufwand erfasst werden. Den Vermögensgegenständen, bei denen der Zeitwert am Geschäftsjahresende die Anschaffungskosten unterschreitet, kann der niedrigere Zeitwert beigelegt werden. Bei den Vermögensgegenständen mit Ausnahmen von Anteilen an Tochter- und assoziierten Gesellschaften sowie bis zur Fälligkeit zu haltenden Wertpapieren, die einen Marktwert besitzen, kann ein (höherer) Zeitwert angesetzt werden. Verbindlichkeiten sind grundsätzlich zu ihrem o Erfüllungsbetrag anzusetzen; o Rückstellungen können allerdings zu ihrem Zeitwert am Bilanzstichtag angesetzt werden. Im Einzelnen gilt insbesondere Folgendes: Zu Handelszwecken gehaltene Wertpapiere (des Umlaufvermögens) sowie zur Veräußerung verfügbare Wertpapiere (des Anlagevermögens) müssen zu ihrem Zeitwert angesetzt werden; auch die Derivate sind zu ihrem Zeitwert anzusetzen. Auf die Ermittlung der o Anschaffungs-/Herstellungskosten der o Vorräte darf das o Lifo-Verfahren nicht mehr angewendet werden. Ein aktivierter Goodwill ist längstens in 20 Jahren abzuschreiben. Die transitorischen Aktiva sind möglichst frühzeitig abzu423

Japan schreiben. Die Summe der Hälfte vom aktivierten Goodwill und des Betrags der aktivierten transitorischen Aktiva ist ggf. mit o Ausschüttungssperren verbunden. Auch die in der Nettovermögensrechnung ausgewiesenen Unterschiedsbeträge verschmälern den ausschüttbaren Betrag. Der Bemessung der Erträge und Aufwendungen liegt das Prinzip der umsatzbezogenen Realisierung zugrunde. Nicht zu unterschätzen sind wegen des o Maßgeblichkeitsprinzips die großen Einflüsse des Steuerrechts auf die gesellschaftsrechtliche Bewertungspraxis. Für die Bewertung nach dem jFiHG gelten die gleichen Grundsätze, so dass der ausgewiesene Gewinn gesellschafts- wie börsenrechtlich gleich groß ist. 4. Konzernabschluss a) Aufstellungspflicht und Einbeziehungskreis. Erst seit dem am 1. April 1977 oder später beginnenden Geschäftsjahren publizieren die japanischen AG, die damals dem jBörsG unterstanden und Muttergesellschaften im rechtlich definierten Sinne darstellten, jedes Jahr gemäß den Bestimmungen der Rechtsverordnung des Finanzministeriums (jetzt: des Kabinettbüros) über den konsolidierten Abschluss (jKonsolidierungsV) von 1976 erstellte konsolidierte Abschlüsse. Diese Rahmenbestimmungen sind ins jFiHG aufgenommen worden. Bei der Aufstellung von konsolidierten Abschlüssen, die aus konsolidierter Bilanz, konsolidierter GuV, konsolidierter Nettovermögensrechnung, konsolidierter Kapitalflussrechnung und konsolidiertem Anhang bestehen und über die Lage des Vermögens, des Ertrags und des Cashflows einer Unternehmensgruppe berichten sollen, sind nicht nur die Unternehmensrechnungslegungsstandards Nr. 22 „konsolidierte Abschlüsse“ von 2008 des ASBJ, sondern auch sonstige mehrere Standards des jBADC und ASBJ zu befolgen. 424

Auch nach dem jGesellG können die großen AG im gesellschaftsrechtlichen Sinn einen konsolidierten Abschluss erstellen und der HV vorlegen; wenn sie aber gemäß dem jFiHG jährlich einen Wertpapierbericht einzureichen haben, sind sie zur Aufstellung und Offenlegung eines konsolidierten Abschlusses verpflichtet, der aus konsolidierter Bilanz, konsolidierter GuV, konsolidierter Nettovermögensrechnung und konsolidiertem Anhang besteht und die Vermögensund Ertragslage einer Unternehmensgruppe zeigen soll. Die Aufstellungsmodalitäten des konsolidierten Abschlusses im gesellschaftsrechtlichen Sinn, die jRechnungslegungsV regelt, sind vergleichbar mit denen in der jKonsolidierungsV unter dem jFiHG. Der konsolidierte Abschluss bildet jedoch keine Grundlage der Besteuerung. Nach Wahl einer AG darf er aber ggf. bei der Ermittlung eines ausschüttbaren Betrags herangezogen werden. Unter einer Muttergesellschaft wird eine Gesellschaft verstanden, die eine andere Gesellschaft (Tochtergesellschaft) beherrscht. Die Beherrschung einer anderen Gesellschaft bedeutet die Beherrschung des Entscheidungsorgans der anderen Gesellschaft und in den folgenden Fällen gilt diese andere Gesellschaft als Tochtergesellschaft, wenn nicht klar widerlegt wird, dass dieses Entscheidungsorgan nicht beherrscht ist: 1) Dass eine Gesellschaft (Muttergesellschaft) die Mehrheit der Stimmrechte der anderen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) auf eigene Rechnung besitzt. 2) Dass eine Gesellschaft (Muttergesellschaft) einen hohen Anteil (40-50%) der Stimmrechte der anderen Gesellschaft besitzt und bestimmte Tatbestände, wie personelle, kapitalmäßige, finanzielle, technologische oder geschäftliche Verflechtungen dafür sprechen, dass die Muttergesellschaft das Entscheidungsorgan dieser anderen Gesellschaft beherrscht. Das Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnis

Joint Venture wird somit nicht an den formalen Besitz der Mehrheit der Stimmrechte, sondern an die realen Beherrschungstatbestände definiert. Eine so definierte Muttergesellschaft hat einen konsolidierten Abschluss aufzustellen und im Prinzip alle Tochtergesellschaften (ohne Rücksicht auf ihren Sitz) in den Konsolidierungskreis einzubeziehen. Ein Konsolidierungsverbot gilt jedoch für eine Tochter, bei der die Beherrschung nur als vorübergehend begründet gilt, oder deren Einbeziehung das Urteil der Interessenten wesentlich irreführen könnte. b) Konsolidierungsmaßnahmen. Konsolidierte Abschlüsse müssen aufgrund der Einzelabschlüsse erstellt werden, die die Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften gemäß den allgemein als fair und angemessen anerkannten Unternehmensrechnungslegungsstandards aufgestellt haben. Die anzuwendenden Konsolidierungsmaßnahmen, einschließlich der o Equity-Bewertung, entsprechen weitgehend den Regelungen nach den o International Financial Reporting Standards (IFRS). Die Umrechnung von Jahresabschlüssen (o Währungsumrechnung) der Tochterunternehmen ist nach den UmrechnungsGrundsãtzen des jBADC vorzunehmen. Danach sind grundsätzlich alle Bilanzpositionen mit dem Stichtagskurs umzurechnen; ausgenommen sind die Eigenkapitalposten, die zu den historischen Kursen umzurechnen sind. Die GuVPositionen sind mit dem Stichtags- oder Durchschnittskurs umzurechnen. Eine etwaige Umrechnungsdifferenz ist erfolgsneutral in der Bilanz unter dem Nettovermögen auszuweisen. Im Rahmen des Konzernabschlusses sind u. a. auch Segmentinformationen und Informationen über die Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen zu liefern. c) Vereinbarkeiten mit den FASBbzw. IASB-Regelungen. Die konsolidier-

ten Abschlüsse, die die bei der USamerikanischen o Securities and Exchange Commission (SEC) registrierten japanischen AG nach den US-amerikanischen Regeln aufstellen, lassen sowohl das jFiHG als auch das jGesellG zu. Eine freiwillige direkte Anwendung der IFRS wird ab 2010 akzeptiert (zwingende direkte Anwendung wahrscheinlich ab 2015 oder 2016). Nach der „Verordnung (EG) Nr. 1289/2008 der Kommission vom 12. Dezember 2008“ werden allerdings ab dem 1. Januar 2009 neben den o US-GAAP die Generally Accepted Accounting Principles Japans als gleichwertig mit den von der EU übernommenen IFRS anerkannt. Lit.: Araki, M./Saito, M.: Japan Corporation Law Guide, Tokyo 2009; Japanese Economic Division, Japan External Trade Organization (JETRO): Veränderungen durch das neue Gesellschaftsrecht, Wird es zu einem Katalysator für die betriebliche und industrielle Entwicklung? Reform des Gesellschaftsrechts in Japan, in: JETRO Japan Economic Monthly, August 2005, S. 1-11; Koga, C.: Japan GAAP Guide, Singapore 2006; Kuroda, M.: Internationalisierung der Konzernrechnungslegung japanischer Unternehmen, in: ZfB 1998, S. 1089-1105; Kuroda, M.: Japan, Group Accounts, in: Ordelheide, D./KPMG (Hrsg.): Transnational Accounting, 2. Aufl., Bd. II, 2001, S. 1807-1907; Sakurai, H.: Japan, Individual Accounts, in: Ordelheide, D./ KPMG (Hrsg.): Transnational Accounting, 2. Aufl., Bd. II, 2001, S. 1685-1805. Masatoshi Kuroda Joint product = Kuppelprodukt o Kuppelproduktion Joint Venture Unter einem J. i.e.S. wird das sog. Gemeinschaftsunternehmen (gemeinschaftlich geführte Unternehmen) verstanden. Hierbei handelt es sich um eine spezifische Kooperationsform, in deren Rahmen 425

Journal zwei oder mehr Partner(unternehmen) ein rechtlich selbständiges Unternehmen gemeinschaftlich führen. Sowohl nach o HGB als auch nach den o IFRS sind Anteile an Gemeinschaftsunternehmen entweder im Wege der o Quotenkonsolidierung oder mittels Equity-Methode (o Equity-Bewertung) in den o Konzernabschluss einzubeziehen. Im handelsrechtlichen o Einzelabschluss sind die Anteile demgegenüber zu (fortgeführten) o Anschaffungskosten bzw. im IFRS-Einzelabschluss zum beizulegenden Zeitwert (o Fair Value) zu bilanzieren. Unter dem IAS 31 zugrunde liegenden Begriff des J. i.w.S. werden sämtliche vertraglichen Vereinbarungen subsumiert, auf deren Grundlage zwei oder mehr Parteien (Partnerunternehmen) eine wirtschaftliche Aktivität unter gemeinschaftlicher Führung durchführen. Neben dem Gemeinschaftsunternehmen sind damit auch gemeinschaftlich geführte Tätigkeiten sowie gemeinschaftlich geführtes Vermögen unter dem Begriff des J. zu subsumieren. Gemeinschaftlich geführte Tätigkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass die Vertragspartner in ihrer Verfügungsmacht stehende Vermögenswerte und andere Ressourcen in den Dienst des J. stellen und diese weiterhin in ihren Abschlüssen bilanzieren. Im Unterschied hierzu besitzen die Partnerunternehmen bei gemeinschaftlich geführtem Vermögen das gemeinschaftliche Eigentum an den Vermögenswerten, die entsprechend dem quotalen Anteil in den Abschluss der jeweiligen Partnerunternehmen einzubeziehen sind. Journal Grundbuch zur chronologischen Erfassung der Geschäftsvorfälle (o Buchführung, kaufmännische). Just in time-Produktion Anfang der 70er-Jahre in Japan entwickeltes Verfahren der Fertigungssteue426

rung zur Minimierung der Lagerhaltung. Bei Anwendung von J. ruft die nachgelagerte Produktionsstufe nur die benötigte Menge an Halbfabrikaten von der vorgelagerten Produktionsstufe ab. Planbedarfsmengen sind genau zu ermitteln. Durch J. können Lagerkosten gesenkt und Kapitalbindung verringert werden.

K Kalkulation 1. Zielsetzung der Kalkulation Zielsetzung der Kostenträgerstückrechnung bzw. K. ist die Ermittlung der angefallenen o Herstell- (HK) bzw. o Selbstkosten (SK) eines Produkts. Die K. ist dabei im Regelfall als o Vollkostenrechnung ausgestaltet, es werden also o Einzel- und Gemeinkosten auf die einzelnen Produkte verrechnet. Die wesentliche Herausforderung der K.-Verfahren liegt darin, die Gemeinkosten (GK), die im Gegensatz zu den Einzelkosten (EK) nicht unmittelbar einem Produkt zugeordnet werden können (z.B. o Abschreibungen, Meisterlöhne, sekundäre GK der o Hilfskostenstellen u.ä.), möglichst verursachungsgerecht auf die verschiedenen Produkte zu schlüsseln. Dabei können die Verfahren der K. sowohl im Rahmen einer Vor- als auch einer Nachkalkulation zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse der K. dienen neben der Selbstkostenermittlung auch der Vorbereitung der o Kostenträgerzeitrechnung (Betriebsergebnisrechnung) und der Bestandsbewertung von fertigen und unfertigen Erzeugnissen. Für die K. stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, deren Verwendbarkeit vom eingesetzten Produktionsverfahren abhängig ist. Die einfacheren Verfahren der Divisionskalkulation sind nur bei Massenfertigung sinnvoll einsetzbar; in der Ausprägung der Äquivalenzziffernkalkulation auch bei Sorten- oder Serienfertigung. In den meisten Unternehmen erfolgt die K. jedoch mittels Zuschlagskalkulation (ZK). Die ZK findet Anwendung in Unternehmen mit heterogenen Produkten und komplexeren Produktionsprozessen, etwa bei Serienfertigung oder auftragsbezogener Einzelfertigung. 2. Zuschlagskalkulation a) Summarische Zuschlagskalkulation. Voraussetzung für die Durchführung

einer ZK zur SK-Ermittlung eines Produktes ist die nach Art und Herkunft getrennte Erfassung der Kosten im Rahmen der Kostenartenrechnung. Die EK eines Produktes (Kostenträgers) können dem einzelnen Produkt unmittelbar zugerechnet werden. Nicht unmittelbar ersichtlich ist jedoch, welcher Anteil der GK durch die einzelnen Produkte verursacht wurde. Da eine unmittelbare Kausalität oft nicht existiert, nutzt die einfachste Variante der ZK (summarische bzw. kumulative ZK) die Höhe der EK eines Produktes als Maßgröße für die dem Produkt anzulastenden GK. Die GK eines Bereiches werden dann in Form eines prozentualen Zuschlags auf die EK der einzelnen Produkte verteilt (siehe Beispiel). Als Instrument zur Ermittlung dieser prozentualen Zuschlagssätze dient der o Betriebsabrechnungsbogen (BAB). Im Rahmen des BAB werden die GK des Unternehmens zunächst auf die verschiedenen Kostenstellen (KS) des Unternehmens verteilt. Anschließend werden die GK der Hilfs-KS mittels innerbetrieblicher o Leistungsverrechnung (z.B. o Gleichungsverfahren, o Stufenleiterverfahren- oder o Anbauverfahren) auf die o Haupt-KS verteilt (vgl. Zeile (1) und (2) im unten stehenden BAB, Abbildung 1). Die summarische ZK setzt diese GK nun ins Verhältnis zu den EK der jeweiligen Material- bzw. Fertigungs-KS (Zeile (2) und (3) des BAB). Am Beispiel der Materialkostenstelle wird der Zuschlagssatz wie folgt ermittelt: Zuschlagssatz für die Material  GK :

¦ Material  GK ¦ Material  EK

18.000 90.000

20%

Als Bezugsgröße für die Bereiche Verwaltung und Vertrieb dienen regelmäßig die Herstellkosten. 427

Kalkulation in €

(1)

Hilfskostenstellen

Prim. GK

Kraftwerk

Kantine

16.000

7.000

Hauptkostenstellen Materialwirtschaft 11.000

Fertigung

Verwaltung

52.000

Vertrieb

13.000

6.000

Verrechnung der GK der Hilfskostenstellen auf die Hauptkostenstellen (innerbetriebliche Leistungsverrechnung) (2)

Prim. und sek. GK

(3)

Bezugsgröße

(4)

Zuschlagssatz

18.000

60.000

18.000

9.000

90.000 120.000 Material- FertigungsEK EK (Löhne)

180.000 Herstellkosten

180.000 Herstellkosten

10 %

5%

20 %

50%

Abb. 1: Betriebsabrechnungsbogen

Die so ermittelten Zuschlagssätze (Zeile (4)) können nun im Rahmen der K. der SK genutzt werden. Als Beispiel für die K. sei eine Schreinerei gegeben, die verschiedene Produkte herstellt. Für die beiden wichtigsten Produkte liegen folgende EK vor: in € Material-EK FertigungsEK

Tisch 70,00 40,00

Stuhl 30,00 38,00

Auf Basis der oben ermittelten Zuschlagssätze ergibt sich dann folgende K. für die beiden Produkte: Die ermittelten SK stellen nun die Basis für die Angebotspreisbestimmung dar, langfristig sollten die SK des Produkts durch den Verkaufspreis gedeckt werden. Die einfachste Variante der summarischen bzw. kumulativen ZK ist die einstufige ZK, bei der eine Differenzierung nach Material- und Fertigungs-GK unterbleibt und alle GK mit einem einzigen Zuschlagssatz verrechnet werden. Als Bezugsgröße dieses einen Zuschlagssatzes werden i.d.R. die Material-EK, die Fertigungs-EK (Löhne) oder die gesamten EK des Produkts zugrunde gelegt.

428

b) Differenzierte Zuschlagskalkulation. Die differenzierte (elektive) ZK orientiert sich ebenfalls an dem obigen Kalkulationsschema. Sie unterscheidet sich von der summarischen ZK in der differenzierteren Auswahl der Bezugsgrößen zur Ermittlung der Zuschlagssätze („Bezugsgrößen-Kalkulation“). Der Gedanke ist, dass die EK im Material- und insbesondere im Fertigungsbereich als Indikator für die durch ein Produkt verursachten GK nicht bzw. nur sehr begrenzt geeignet sind. Gerade im Fertigungsbereich fallen heute nur in geringem Umfang EK (etwa Akkordlöhne) an, vielmehr dominieren GK (Abschreibungen, Gehälter). Entsprechend werden die GK aller KS mit separaten Zuschlagssätzen verrechnet. Um z.B. Abschreibungen einer Fertigungs-KS möglichst verursachungsgerecht auf die Produkte zu schlüsseln, kann etwa die Zeit als Schlüsselgröße genutzt werden, die ein Produkt die betreffende Maschine in Anspruch nimmt („Maschinenstundensatz-Rechnung“). Bezogen auf obiges Beispiel wäre denkbar, dass sich der Bereich Fertigung auf die Fertigungsstellen F1 (GK von F1 = 40.000 €) und F2 (GK von F2 = 20.000 €) verteilt. Als Bezugsgröße sei die jeweilige Maschinenlaufzeit herangezogen

Kalkulation

+ + + +

Tisch

Stuhl

70,00 € 14,00 €

30,00 € 6,00 €

Materialkosten

84,00 €

36,00 €

Fertigungseinzelkosten (FEK) Fertigungsgemeinkosten (FGK) Sonder-EK der Fertigung

40,00 € 20,00 € 0,00 €

38,00 € 19,00 € 0,00 €

Materialeinzelkosten (MEK) Materialgemeinkosten (MGK)

20% auf MEK

50% auf FEK

Fertigungskosten = + +

Herstellkosten (HK) Verwaltungskosten Vertriebskosten

=

Selbstkosten (SK)

10% auf HK 5% auf HK

60,00 €

57,00 €

144,00 € 14,40 € 7,20 €

93,00 € 9,30 € 4,65 €

165,60 €

106,95 €

Abb. 2: Zuschlagskalkulation

(Gesamtlaufzeit der Maschine in F1: 7.680 h, in F2: 3.200 h). Es ergibt sich als Kalkulationssatz (Zuschlagssatz für die Fertigungs-GK) für F1:

¦ Fertigungs-GK von KS F1 ¦ Maschinenstunden F1 =

=

40.000 € =5,21 €/h 7.680 h

Entsprechend ergibt sich für F2 ein Zuschlagssatz von 6,25 € pro Maschinenstunde. Wenn annahmegemäß der Tisch die Fertigungskapazität in F1 für 2 h in Anspruch nimmt und die von F2 für 1,5 h (Stuhl: F1: 1,75 h; F2: 2 h), so ergibt sich folgende K. (Abbildung 3):

Materialkosten (s.o.) + + + +

Fertigungseinzelkosten (FEK) Fertigungsgemeinkosten F1 Fertigungsgemeinkosten F2 Sonder-EK der Fertigung

5,21 €/Masch.std. 6,25 €/Masch.std.

Fertigungskosten = + +

Herstellkosten (HK) Verwaltungskosten Vertriebskosten

=

Selbstkosten (SK)

10% auf HK 5% auf HK

Tisch

Stuhl

84,00 €

36,00 €

40,00 € 10,42 € 9,38 € 0,00 €

38,00 € 9,12 € 12,50 € 0,00 €

59,80 €

59,62 €

143,80 € 14,38 € 7,19 €

95,62 € 9,56 € 4,78 €

165,37 €

109,96 €

Abb. 3: Maschinen-Stundensatzkalkulation

In diesem Zusammenhang spricht man von einer elektiven Lohnzuschlagskalkulation wenn zwar mehrere, jedoch ausschließlich lohnbezogene Zuschlagssätze im Fertigungsbereich zur Anwendung kommen.

3. Weitere Kalkulationsverfahren a) Ein- und mehrstufige Divisionskalkulation. Eine einstufige Divisionskalkulation (DK) bietet sich nur in EinproduktUnternehmen an, die homogene Massen429

Kalkulation produkte mit eindeutig zurechenbaren Kosten herstellen und keine Lagerhaltung von fertigen oder unfertigen Erzeugnissen betreiben. Im einfachsten Fall gilt für die Selbstkosten pro Stück:

dukte wurden nicht hergestellt. Von den Gesamtkosten in Höhe von 170.000 € entfallen 30.000 € auf den Bereich Verwaltung und Vertrieb. Es ergibt sich im Rahmen der zweistufigen DK:

Gesamtkosten Produktionsmenge

Selbstkosten pro Tisch =

Da im Regelfall nicht die komplette innerhalb einer Rechnungsperiode produzierte Menge auch abgesetzt wird, wird für Unternehmen mit Lagerhaltung wie folgt differenziert (zweistufige DK): Selbstkosten pro Stück = Herstellkosten + Produktionsmenge Verwaltungs- und Vertriebskosten Absatzmenge

Es sei angenommen, dass obige Schreinerei ausschließlich 990 Tische produziert und 800 abgesetzt hat; weitere ProFertigungsstufen

140.000 € 30.000 € + = 178,91 € 990 Stück 800 Stück

Im Fall einer Lagerentnahme ist entsprechend zu verfahren, die Herstellkosten werden dann auf die (geringere) Produktionsmenge und die V+V-Kosten auf die (größere) Absatzmenge verrechnet. Es ist jedoch nicht nur denkbar, dass zum Ende einer Rechnungsperiode Fertigerzeugnisse auf Lager liegen, genauso können auch unfertige Erzeugnisse bzw. Produktionselemente auf Lager produziert bzw. vom Lager entnommen worden sein. So könnten bspw. Tischbeine

Informationen zu den anfallenden Kosten der Fertigungsstufe

Verrechnung

1. Stufe

6.000 m Baumstämme werden gesägt, gefräst und zu 4.400 Tischbeinen verarbeitet; Gesamtkosten: 46.200 €.

HK je Tischbein: 46.200 € 10,50 € / Tischbein 4.400 Tischbeine

2. Stufe

Von den 4.400 Tischbeinen werden 400 auf Lager gelegt. Die restlichen werden zusammen mit extern zugekauften Tischplatten zu 1.000 Tischen verarbeitet. Von den extern zugekauften Tischplatten lagen noch 150 auf Lager (bewertet zu 80 €/Stück) und 850 wurden zu 85 €/Stück erworben.

HK je Tisch (unlackiert):

3. Stufe

Die 1.000 Tische werden mit 500 l Lack (Kosten: 13,50 €/l) lackiert. Aufgrund von fehlerhaftem Lack resultiert ein Mengenschwund von 5 Tischen.

HK je Tisch: 1.000 ˜126, 25 €  500 ˜13,50 € 995 Tische 133,67 € / Tisch

4. Stufe

800 Tische werden abgepackt und verkauft; die Verwaltungs- und Vertriebskosten betragen 30.000 €.

Selbstkosten je Tisch:

Abb. 4: Mehrstufige Divisionskalkulation

430

4.000 ˜10,50 €  150 ˜ 80,00 €  850 ˜ 85,00 € 1.000 Tische 126, 25 € / Tisch (unlackiert)

800 ˜133,67 €  30.000 € 171,17 € / Tisch 800 Tische

Kalkulation auf Lager produziert und Tischplatten aus dem Lager entnommen worden sein. Eine solche differenzierte Betrachtung der einzelnen Fertigungsstufen kann mit der mehrstufigen DK wie in Abb. 4 abgebildet werden. Das hier angewandte Verfahren wird als Durchwälzmethode bezeichnet. Alternativ steht die Additionsmethode zur Verfügung, die die Input/Output-Relationen auf den einzelnen Produktionsstufen in Form von sog. Einsatzfaktoren berücksichtigt. b) Divisionskalkulation mit Äquivalenzziffern. Ein Unterverfahren der DK ist die Äquivalenzziffernkalkulation (ÄZK), die in Unternehmen mit mehreren, jedoch ähnlichen Produkten zur Anwendung kommt (Sorten- bzw. Serienfertigung). Voraussetzung ist, dass ein sog.

„Einheitsprodukt“ definiert werden kann und die Kosten der weiteren Produkte in Abhängigkeit von den Kosten dieses Einheitsprodukt dargestellt werden können. Denkbar ist, dass obige Schreinerei drei verschiedene Tische im Angebot hat, deren eingesetzte Materialien sowie erforderliche Bearbeitungsschritte sich zwar unterscheiden, jedoch prinzipiell vergleichbar sind. Die ÄZ für die drei Tische werden aufgrund der Komplexität der Produktion sowie der Kosten für die eingesetzten Materialien abgeleitet. Im Beispiel sei der Standard-Tisch aus Eichenholz das Einheitsprodukt mit der ÄZ 1,0. Das Produkt aus Buchen-Furnier ist in der Herstellung etwas weniger aufwendig und erhält die ÄZ 0,8, der Premium-Tisch aus Nussbaum die ÄZ 1,3. Einheitsmenge (ÄZ x Stückzahl)

Tisch

ÄZ

Stückzahl

Eiche

1,0

455

455

Buche

0,8

300

240

Nussbaum

1,3

240

312

995

1.007

Summe

Abb. 5: Äquivalenzziffern-Kalkulation (Teil 1)

Die Anzahl der produzierten Buchenund Nussbaumtische wird nun umgerechnet auf das Einheitsprodukt Eichentisch, indem die produzierte Stückzahl mit der ÄZ multipliziert wird. Die Fragestellung lautet, wie viel Eichentische bei gleichen Kosten anstelle der 300 Buchenbzw. 240 Nussbaumtische hätten produziert werden können? Tisch

Selbstkosten pro Tisch

Die Gesamtkosten von annahmegemäß 170.000 € werden durch die Anzahl des Einheitsprodukts (1.007) dividiert, so dass sich die SK des Einheitsprodukts auf 168,82 € belaufen. Hieraus werden dann durch Multiplikation mit der ÄZ die SK der beiden anderen Tische abgeleitet (SK berechnet mit nicht gerundeten Zwischenergebnissen): Stückzahl

Selbstkosten gesamt

Eiche

168,82 €

455

76.812,31 €

Buche

168,82 € x 0,8 = 135,06 €

300

40.516,38 €

Nussbaum

168,82 € x 1,3 = 219,47 €

240

52.671,30 €

995

| 170.000,00 €

Summe Abb. 6: Äquivalenzziffern-Kalkulation (Teil 2)

431

Kalkulation Sofern die verschiedenen Produkte die Ressourcen des Unternehmens in verschiedenen Unternehmensbereichen unterschiedlich in Anspruch nehmen, kann dieses im Rahmen einer differenzierten ÄZK abgebildet werden, die separate ÄZ für einzelne Unternehmensbereiche vorsieht (z.B. HK, Verwaltung- u. Vertrieb). Ebenso können verschiedene ÄZ auf einer Produktionsstufe berücksichtigt werden, etwa wenn die HK der Tische durch die Qualität des Holzes einerseits und den Verbrauch an Lack andererseits determiniert werden (kombinierte ÄZK). c) Kalkulation von Kuppelprodukten. Die Kuppelkalkulation (KK) ist immer dann erforderlich, wenn aufgrund von sog. Kuppelprozessen ein Hauptprodukt und eines oder mehrere Nebenprodukte entstehen (z.B. Entstehen von Molke bei der Produktion von Käse, Verfahren in der chemischen Industrie). Das Problem der Kuppelkalkulation liegt in der Zuordnung der entstehenden Kosten auf die verschiedenen Produkte. Da eine verursachungsgerechte Zuordnung nicht möglich ist, muss auf andere Verteilungsprinzipien ausgewichen werden. Die Restwert- bzw. Subtraktionsmethode sieht vor, dass die Nettoerlöse der Nebenprodukte (= Verkaufspreis abzüglich noch zur Erlangung der Verkaufsreife anfallender Kosten) von den Gesamtkosten abgezogen werden. Die verbleibenden Kosten gelten als Kosten des Hauptprodukts. Die Stückkosten des Hauptprodukts aus dem Kuppelprozess können anschließend durch einfache Divisionskalkulation ermittelt werden. Voraussetzung für diese Methode ist, dass ein Hauptprodukt eindeutig zu identifizieren ist. Gehen aus der Kuppelproduktion mehrere Hauptprodukte hervor, so kann die Marktpreismethode Anwendung finden, die auf dem Prinzip der Kostentragfähigkeit beruht. Auf Basis der Marktpreise werden für die Produkte ÄZ abgeleitet 432

und die K. erfolgt anschließend wie im Rahmen der ÄZK geschildert. Sofern bestimmte technische Merkmale der einzelnen Produkte dies erlauben, ist auch eine proportionale Kostenverteilung auf Basis dieser Merkmale denkbar. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn keine Marktpreise vorliegen bzw. diese starken Schwankungen ausgesetzt sind. Sofern dieses nicht durchführbar ist, kann bei fehlenden Marktpreisen die einfache Durchschnittskostenmethode zur Anwendung kommen, die die Gesamtkosten gleichmäßig auf alle produzierten Produkteinheiten verrechnet. 4. Kritische Würdigung Die K.-Verfahren im Rahmen der Vollkostenrechnung liefern wichtige Informationen über die vollen SK eines Produkts und sind somit Basis für die Festlegung des Verkaufspreises. Es besteht jedoch bei unkritischer Betrachtung die Gefahr einer Fehlinterpretation der Ergebnisse: Die K.-Verfahren in ihrer Ausprägung als Vollkostenrechnung differenzieren nicht zwischen variablen und fixen Kosten. Entsprechend stellen die im Rahmen der K. ermittelten SK eines Produkts zwar die langfristige Preisuntergrenze eines Produkts dar, nicht jedoch die kurzfristige. Sofern annahmegemäß die variablen Kosten des Tisches aus Punkt 1 (summarische ZK) seinen EK entsprechen (kv = 70 € MEK + 40 € FEK = 110 €), so kann der Tisch zumindest kurzfristig auch für einen Preis von z.B. 140 € angeboten. Dieser Preis liegt zwar unter den SK von 165,60 €, jedoch oberhalb der variablen Kosten von 110 €. Ein zusätzlicher verkaufter Tisch zu einem Preis von 140 € trägt somit in Höhe seines Deckungsbeitrags von 30 € zur Deckung der Fixkosten bei. Würde auf den Verkauf des Tisches verzichtet da nicht die vollen SK gedeckt werden, würden die anteiligen Fixkosten des Tisches (55,60 €) in voller Höhe ungedeckt blei-

Kalkulationszinsfuß ben. Da die Fixkosten in der Regel nicht kurzfristig abbaubar sind, ist es somit betriebswirtschaftlich sinnvoll, zumindest für einen begrenzten Zeitraum das Produkt auch unterhalb der SK anzubieten. Problematisch erscheint des Weiteren, dass die ermittelten SK im Regelfall auf Basis nur eines o Beschäftigungsgrades ermittelt werden. Eigentlich wären sie bei Mengenschwankungen jeweils neu zu ermitteln, da sich die Fixkosten auf entsprechend mehr oder weniger Produkte verteilen; was in der Praxis jedoch oft unterbleibt. Aufgrund der geschilderten Problematik sollte die Kostenträgerstückrechnung durch eine K. auf Basis von o Teilkosten ergänzt werden. Die in Punkt 2 und 3 geschilderten K.-Verfahren finden entsprechend Anwendung, jedoch werden nur die variablen Kosten auf die Kostenträger verrechnet. Die so ermittelten variablen Stückkosten können zur Ermittlung der kurzfristigen Preisuntergrenze ebenso herangezogen werden wie für die Produktionsprogrammplanung oder o Make-or-buy-Entscheidungen. Ein weiterer Kritikpunkt der klassischen K.-Verfahren der insbesondere an der ZK ansetzt, ergibt sich aus der immer noch weit verbreiteten Nutzung der Materialund Fertigungs-EK als Bezugsbasis für die Ermittlung der Zuschlagssätze. Am Beispiel der Produkte Tisch und Stuhl in Punkt 1 (summarische ZK) wird deutlich, dass die Fertigungs-EK des Tisches nur 2 € über denen des Stuhles liegen. Unter der Annahme, dass beide Produkte die betrieblichen Ressourcen im Fertigungsbereich gleichermaßen in Anspruch nehmen, sollte sich der Kostenunterschied der beiden Produkte somit aus der Differenz der MEK in Höhe von 40 € zzgl. der 2 € Differenz der FEK ergeben. Stattdessen liegt die Differenz der SK beider Produkte bei 58,65 €. Die Ursache liegt darin, dass der Tisch aufgrund seiner höheren MEK mehr als doppelt so

hohe MGK tragen muss wie der Stuhl (14 € vs. 6 €). Fraglich ist jedoch, ob die MGK (Ware bestellen, einlagern etc.) für den Tisch tatsächlich höher sind als für den Stuhl. Dieser Kritikpunkt ist Ausgangspunkt der o Prozesskostenrechnung, die die GK im fertigungsnahen Bereich aktivitäts- bzw. prozessorientiert verrechnet und so eine verursachungsgerechtere Belastung zwischen komplexeren und einfacheren Produkten sicherstellen will. Lit: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 123-144; Däumler, K.-D./Grabe, J.: Kostenrechnung 1, 10. Aufl., 2008, S. 255-281; Haberstock, L.: Kostenrechnung I, 13. Aufl., 2008, S. 142-169; Schildbach, T./Homburg, C.: Kostenund Leistungsrechnung, 10. Aufl., 2009, S. 139-169; Vormbaum, H.: Kalkulationsarten und Kalkulationsverfahren, 4. Aufl., 1999. Franca Ruhwedel Kalkulation, strategische Oberbegriff von Produktkalkulationen im Rahmen der o Prozesskostenrechnung. Kalkulationsverfahren o Kalkulation Kalkulationszinsfuß Zinsfuß, welcher bei den Methoden der dynamischen o Investitionsrechnung zur Ab- bzw. Aufzinsung einer o Zahlungsreihe verwendet wird. Üblicherweise kommt ein einheitlicher K. für alle Perioden zum Einsatz, möglich ist aber auch die Verwendung periodenspezifischer Zinsfüße. Der K. wird oft aus den o Kapitalkosten des Unternehmens abgeleitet, kann aber auch im Sinne eines Opportunitätskostensatzes als o Rendite verdrängter Investitionsalternativen oder als subjektive Mindestverzinsung unter Beachtung von Zeit- und Risikopräferenzen bestimmt werden. 433

Kalkulatorische Abschreibungen Kalkulatorische Abschreibungen o Abschreibungen o Kosten, kalkulatorische Kalkulatorische Erlöse o Erlöse, kalkulatorische Kalkulatorische Kosten o Kosten, kalkulatorische Kalkulatorische Miete o Kosten, kalkulatorische Kalkulatorische Rechnung o Rechnung, kalkulatorische Kalkulatorische Wagnisse o Kosten, kalkulatorische Kalkulatorische Zinsen o Kosten, kalkulatorische Kalkulatorischer Gewinn o Gewinn Kalkulatorischer Unternehmerlohn o Kosten, kalkulatorische Kameralistik o Buchhaltung, kameralistische KapAEG = o Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz Kapazitätserweiterungseffekt o Lohmann-Ruchti-Effekt Kapazitätskosten = o Bereitschaftskosten KapCoRiLiG = o Kapitalgesellschaften- und CoRichtlinie-Gesetz Kapital Im volkswirtschaftlichen Sinne einer der drei klassischen Produktionsfaktoren neben Arbeit und Boden. Betriebswirtschaftlich als Sach- oder Real-K. die Gesamtheit aller Güter, mit denen die Unternehmung arbeitet (Aktivseite der Bilanz). Im finanzwirtschaftlichen Sinne Geld für Investitionszwecke. Im o Rechnungswesen werden unter K. die auf der Passivseite der Bilanz ausgewie434

senen Finanzierungsquellen, aufgeteilt nach dem o Eigenkapital und o Fremdkapital, verstanden. Kapital, betriebsnotwendiges = Sachzielnotwendiges Kapital Zur Erfüllung des Betriebszwecks der Unternehmung notwendiges Kapital; die kalkulatorischen Zinsen (o Kosten, kalkulatorische) werden auf das betriebsnotwendige o Vermögen abzüglich des o Abzugskapitals berechnet. Kapitalangebot Angebot an finanziellen Mitteln, das einer Unternehmung für einen gegebenen Zeitraum zur Deckung des o Kapitalbedarfs zur Verfügung steht. Das K. ergibt sich aus der Kumulation sämtlicher verfügbarer o Einzahlungen der o Finanzierungsformen. Werden die verfügbaren Finanzmittel nach steigenden Zinssätzen geordnet, ergibt sich die Kapitalangebotskurve. Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) 1998 verabschiedetes Gesetz, welches zunächst börsennotierten und später allen kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen ermöglichte, bei Aufstellung eines o Konzernabschlusses nach o IFRS oder o US-GAAP, auf einen o HGBAbschluss zu verzichten. Durch diese Öffnungsklausel konnte vermieden werden, dass deutsche Mutterunternehmen zwei Konzernabschlüsse erstellen müssen. Die Erstellung eines internationalen Abschlusses nach IFRS oder US-GAAP war bei Kapitalaufnahme an einem ausländischen o Kapitalmarkt erforderlich. Kapitalbedarf Summe der für die Durchführung der unternehmerischen Teilpläne erforderlichen finanziellen Mittel, bei mehrperiodischer Betrachtung kumuliert über die Perioden. Kapitalbedarfsplan o Finanzplanung

Kapitalflussrechnung Kapitalbindung Eine K. ist Folge von o Investitionen in o Anlage- oder o Umlaufvermögen. Das investierte Kapital bleibt während der Nutzung, Weiterverarbeitung oder Lagerung der erworbenen o Vermögenswerte im Unternehmen gebunden. Je länger und unternehmensspezifischer das Kapital gebunden ist, umso anfälliger ist das Unternehmen für Liquiditätsprobleme bei negativen Entwicklungen. Kapitaldienst Bei einem Kredit oder einem Darlehen die Summe aus Zins- und Tilgungszahlungen in einer Periode. Bezogen auf ein Investitionsprojekt kann der K. als Summe aus (kalkulatorischen) o Zinsen und o Abschreibung interpretiert werden. Darin kommt zum Ausdruck, dass bei einer Entnahme des Gewinns ein Betrag in Höhe der Abschreibungen zur Rückzahlung des Kapitals verfügbar ist. Kapitaldienstannuität Gleichmäßige Verteilung des o Kapitaldienstes auf die Laufzeit eines Darlehens/Kredits bzw. Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts. Die K. wird ermittelt, indem der zu verteilende Betrag (Darlehensbetrag, Abschreibungssumme) mit dem für die Laufzeit und den Zinssatz geltenden o Kapitalwiedergewinnungsfaktors multipliziert wird. Die K. setzt sich aus sinkenden Zinsbeträgen und dementsprechend steigenden Tilgungs- bzw. Abschreibungsbeträgen zusammen. Kapitalerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Kapitalerhöhung Maßnahmen zur Erhöhung des o gezeichneten Kapitals einer o Kapitalgesellschaft. Das o Aktiengesetz kennt vier Arten der K.: (1) K. gegen Einlagen (ordentliche K.) (§§ 182-191 AktG): Zuführung neuer Mittel in Form von Geld- oder

Sacheinlagen, der Aktiennennbetrag wird dem gezeichneten Kapital zugeführt, das o Agio den Kapitalrücklagen (o Rücklagen). (2) Bedingte K. (§§ 192-201 AktG): K., deren Durchführung von dem Eintreten einer Bedingung abhängig gemacht wird, insb. bei der Emission von o Options- und o Wandelschuldverschreibungen. Die Zahl und die Gattung der Aktien sind im o Anhang anzugeben (§ 160 Abs. 1 Nr. 3 AktG). (3) Genehmigtes Kapital (§§ 202 - 206 AktG): Satzungsmäßige Ermächtigung des Vorstands durch die HV zur Durchführung einer K. Das genehmigte Kapital ist im Anhang zu vermerken (§ 160 Abs. 1 Nr. 4 AktG). (4) K. aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207220 AktG): Umwandlung von offenen Rücklagen in gezeichnetes Kapital ohne Zuführung neuer Finanzmittel. Bilanziell erfolgt ein Passivtausch. Lit.: Goette, W./Habersack, M.: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 4, 3. Aufl., 2011, S. 175-1014. Kapitalerhöhungsprüfung o Sonderprüfungen Kapitalertragsteuer Eine besondere Erhebungsform der o Einkommensteuer. Ihr unterliegen in Deutschland die in § 43 Abs. 1 EStG abschließend aufgezählten Gruppen von Kapitalerträgen. Der Steuersatz beträgt nach § 43a Abs. 1 EStG seit 2009 mit wenigen Ausnahmen 25 %. Kapitalflussrechnung 1. Rechtgrundlagen zur K. Mit Inkrafttreten des o BilMoG nimmt ab 2010 die Bedeutung von K. in der deutschen o Rechnungslegung zu. Während diese bis dato gem. § 297 (1) HGB 435

Kapitalflussrechnung lediglich zu den Pflichtbestandteilen eines o Konzernabschlusses gehörten, haben künftig gem. § 264 (1) HGB auch die gesetzlichen Vertreter von kapitalmarktorientierten o Kapitalgesellschaften – sofern nicht konzernrechnungslegungspflichtig – im Einzelabschluss eine K. zu erstellen. Damit erfolgt eine Annäherung an die internationale Rechnungslegung, denn nach IAS 1.10 gehören K. schon seit Jahren unabhängig von Rechtsform, Kapitalmarktorientierung oder Branche des Unternehmens verpflichtend zu den Bestandteilen von Einzel- und Konzernabschlüssen nach o IFRS. Zur inhaltlichen Ausgestaltung von K. fehlen aber im HGB jegliche Regelungen. In der Unternehmenspraxis wird deshalb auf DRS 2 zurückgegriffen, der bereits 1999 vom DRSC verabschiedet und seitdem lediglich in einzelnen Passagen überarbeitet wurde (zuletzt redaktionell geändert durch DRÄS 4 vom 05.01.10). DRS 2 orientiert sich inhaltlich weitestgehend an den Regelungen des IASB, weshalb im Folgenden sowohl auf K. nach DRS 2 als auch nach IAS 7 eingegangen wird. Nicht weiter beachtet wird DRS 2-10, der speziell für K. von Kreditinstituten gilt. 2. Zielsetzung der K. Die Bedeutung von K. ist im Zeitablauf erheblich gestiegen. Nicht nur in konjunkturell schwachen Zeiten stehen Informationen zur Finanzlage des Unternehmens vermehrt im Fokus der Abschlussadressaten. So dürften Fremdkapitalgeber beispielsweise generell an Informationen darüber interessiert sein, wie mit den zur Verfügung gestellten Krediten gewirtschaftet wurde und inwieweit das betrachtete Unternehmen künftig in der Lage sein wird, den Zins- und Tilgungsverpflichtungen nachzukommen. Für bestehende oder potenzielle Eigenkapitalgeber dürfte der Fokus eher auf den bisherigen und künftigen Dividendenzahlungen liegen. 436

Infolge dieser beispielhaft angeführten Informationsbedürfnisse sollen K. nach DRS 2 und IAS 7 in Verbindung mit den anderen Abschlussbestandteilen detaillierte Informationen zur Finanzlage bzw. zum Liquiditätsbedarf vermitteln. Deshalb werden in der K. alle Zahlungen des Produktions- und Absatzbereichs sowie der Investitions- und Finanzierungstätigkeit des vergangenen Geschäftsjahres abgebildet. Dadurch soll u.a. der Einblick in die Fähigkeit des Unternehmens verbessert werden, den bestehenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, künftig Zahlungsmittelüberschüsse zu erwirtschaften und Ausschüttungen an die Anteilseigner zu leisten. Insbesondere die Betrachtung von K. im Zeitablauf soll die Prognose der Höhe und des zeitlichen Anfalls künftiger Ein- und Auszahlungen unterstützen, die dann Eingang in die individuellen Planungs- und Entscheidungsmodelle der Abschlussadressaten finden können (DRS 2.1, IAS 7.4). Da K. zudem auf Zahlungen abstellen, sind sie im Gegensatz zu Bilanzen und Erfolgsrechnungen weitgehend unabhängig von bilanzpolitischen Periodisierungs- und/ oder Bewertungsmaßnahmen. 3. Abgrenzung des Finanzmittelfonds Die K. ist eine liquditätsbezogene Zeitraumrechnung, in der die Veränderungen des Finanzmittelfonds innerhalb des Geschäftsjahres dargestellt werden. Zum Finanzmittelfonds zählen Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente. Während unter den Zahlungsmitteln im Wesentlichen die in in- und ausländischer Währung gehaltenen Barmittel, Postwertzeichen und täglich fälligen Sichteinlagen zu subsumieren sind, werden Zahlungsmitteläquivalente als kurzfristige hochliquide Finanzmittel definiert, die dem Unternehmen im Rahmen der Zahlungsmitteldisposition als Liquiditätsreserve dienen, jederzeit in festgelegte Zahlungsmittelbeträge umgewandelt werden können und nur unwesentlichen Wertschwan-

Kapitalflussrechnung kungen unterliegen (DRS 2.6 bzw. 1618, IAS 7.6-7). Dabei wird regelmäßig von Restlaufzeiten von höchstens 3 Monaten, gerechnet vom Erwerbszeitpunkt, ausgegangen. Beispielsweise könnten hierzu Geldanlagen auf Festgeldkonten oder festverzinsliche Wertpapiere gehören. Wertänderungen des Finanzmittelfonds, die nicht zahlungswirksam sind und z.B. aus Wechselkursänderungen oder aus Abschreibungen von zu den Zahlungsmitteläquivalenten zählenden Wertpapieren resultieren, sind in einer separaten Position auszuweisen (DRS 2.20-21, IAS 7.28). Nach DRS 2.19 dürfen auch jederzeit fällige Bankverbindlichkeiten in den Finanzmittelfonds einbezogen werden, sofern diese zur Disposition der liquiden Mittel gehören. Die Regelungen des IASB scheinen diesbezüglich zunächst restriktiver. Bankverbindlichkeiten sind grundsätzlich nicht in den Finanzmittelfonds einzubeziehen. Eine Ausnahme wird jedoch bei Kontokorrentkrediten gesehen, die integraler Bestandteil der Zahlungsmitteldisposition sind und deren zugehörige Konten regelmäßig zwischen Soll- und Haben-Beständen schwanken (IAS 7.8). Sowohl die konkrete Abgrenzung von Zahlungsmitteläquivalenten als auch die Einbeziehung von negativen Komponenten in den Finanzmittelfonds gewähren den Abschlusserstellern bilanzpolitische Spielräume. Deshalb ist die Zusammensetzung des Finanzmittelfonds im Anhang anzugeben. Zudem bedarf es einer Überleitung auf die zugehörigen Bilanzpositionen (DRS 2.52, IAS 7.45-46). Da zusätzlich die Möglichkeit besteht, dass wesentliche Teile des Finanzmittelfonds – insb. in ausländischen Teileinheiten des Unternehmens – Verfügungsbeschränkungen unterliegen, sind diese ebenfalls ergänzend anzugeben (DRS 2.53, IAS 7.49).

4. Aufbau der K. a) Aktivitätsformat. Innerhalb der K. sind die Ein- und Auszahlungen (Cashflows) in Staffelform getrennt für die Bereiche der laufenden Geschäftstätigkeit (betriebliche Tätigkeit), der Investitionsund der Finanzierungstätigkeit – jeweils unter Angabe der Vorjahreszahlen – darzustellen (DRS 2.7, IAS 7.10). Der Aufbau der K. folgt damit dem sog. Aktivitätsformat, da sämtliche Zahlungsströme diesen drei Aktivitätsbereichen des Unternehmens zugeordnet werden. Die Einund Auszahlungen der drei Bereiche stellen zusammen, unter Berücksichtigung der direkt den Finanzmittelfonds betreffenden Wertänderungen, die Gesamtänderung des Finanzmittelfonds der Berichtsperiode dar. b) Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit. Im Bereich der laufenden Geschäftstätigkeit sind alle Zahlungen des Unternehmens zu erfassen, die mit der eigentlichen erlöswirksamen unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind (DRS 2.23, IAS 7.14). Als Beispiele können hier Einzahlungen aus dem Verkauf von Gütern und Dienstleistungen, Auszahlungen an Lieferanten von Gütern und Dienstleistungen oder Auszahlungen für Löhne und Gehälter genannt werden. Bedeutsam für diese Zahlungen ist, dass sie nicht der in den nachfolgenden Gliederungspunkten erläuterten Investitionsoder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind. Der aus den Ein- und Auszahlungen der laufenden Geschäftstätigkeit ermittelte Cashflow dient dabei als wesentlicher Indikator für die Abschlussadressaten, inwieweit im Unternehmen aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit heraus Zahlungsmittelüberschüsse erwirtschaftet werden (Innenfinanzierungspotenzial), welche für Investitionen oder Gewinnausschüttungen zur Verfügung stehen oder mit denen Verbindlichkeiten beglichen werden können. 437

Kapitalflussrechnung 1.

Einzahlungen von Kunden für den Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen

1. 2.

2. – Auszahlungen an Lieferanten und Beschäftigte 3. + Sonstige Einzahlungen, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind

3. 4.

4. – Sonstige Auszahlungen, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind

5.

5. ± Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

6.

6. = Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit Tab. 1: Gliederung des Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (direkte Methode) nach DRS 2.26

Zahlungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Verkauf von Finanzinstrumenten des Handelsbestands anfallen, sind ebenfalls der laufenden Geschäftstätigkeit zuzuordnen (DRS 2.31, IAS 7.15). Hierbei können sich jedoch Abgrenzungsspielräume zu den Zahlungsmitteläquivalenten des Finanzmittelfonds oder zu längerfristigen Finanzanlagen ergeben. Letztere Zahlungen wären dem Cashflow aus Investitionstätigkeit zuzurechnen. Ertragsteuerbedingte Zahlungen sind ebenfalls der laufenden Geschäftstätigkeit zuzuordnen und gesondert anzugeben. Lediglich in Ausnahmefällen können Ertragsteuerzahlungen im Investitions- oder Finanzierungsbereich ausgewiesen werden, sofern eine direkte Zuordnung zu einzelnen Geschäftsvorfällen dieser Bereiche gegeben ist (DRS 2.4042, IAS 7.35-36). Die Darstellung des Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit kann nach der direkten oder der indirekten Methode erfolgen (DRS 2.24, IAS 7.18). 438

7.

8. 9.

Periodenergebnis vor außerordentlichen Positionen ± Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens ± Zunahme/Abnahme von Rückstellungen ± Sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge ‫ ט‬Gewinn/Verlust aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens ‫ ט‬Zunahme/Abnahme der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind ± Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Passiva, die nicht der Investitionsoder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind ± Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten = Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit

Tab. 2: Gliederung des Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (indirekte Methode) nach DRS 2.27

Während bei der direkten Methode die Bruttoein- und -auszahlungen angegeben werden, wird bei der indirekten Methode ausgehend vom Periodenergebnis der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit durch Korrektur (1.) nicht zahlungswirksamer Aufwendungen und Erträge (im Wesentlichen Abschreibungen/Zuschreibungen, Veränderungen der Rückstellungen), (2.) von erfolgswirksamen Sachverhalten des Investitionsbereichs und (3.) der zahlungswirksamen und nicht erfolgswirksamen Veränderungen der Vermögens- und Schuldpositionen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Nettoumlaufvermögen) ermittelt.

Kapitalflussrechnung Mindestgliederungsschemata zur wahlweisen, im Zeitablauf aber stetigen Darstellung der Zahlungen aus laufender Geschäftstätigkeit nach der direkten und indirekten Methode, enthalten lediglich DRS 2.26-27, während nach IAS 7 nur im nicht verpflichtend zu beachtenden Anhang des Standards Beispielgliederungen angeführt sind. In der deutschen Unternehmenspraxis orientieren sich deshalb viele IFRS-Bilanzierer neben diesen Beispielen auch an den Gliederungsvorschriften des DRS 2. Im letzteren Fall ist jedoch zu beachten, dass ein separater Ausweis von Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten nicht IFRS-konform ist, da eine Abgrenzung außerordentlicher Posten sowohl in der Gesamterfolgsrechnung als auch in der K. abgeschafft wurde.

1.

c) Cashflow aus Investitionstätigkeit. Im Bereich der Investitionstätigkeit sind grundsätzlich alle Ein- und Auszahlungen zu erfassen, die im Zusammenhang mit langfristig im Unternehmen genutzten Ressourcen stehen (DRS 2.30, IAS 7.16). Somit gehören hierzu Zahlungen des Erwerbs oder des Verkaufs von Vermögenswerten des Anlagevermögens, unabhängig davon, ob es sich um immaterielles Anlagevermögen, Sachanlagen oder Finanzanlagen handelt. Zudem zählen gem. DRS 2.31 explizit auch Einund Auszahlungen von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzmitteldisposition zur Investitionstätigkeit, sofern diese nicht unter den Zahlungsmitteläquivalenten des Finanzmittelfonds subsumiert oder zu Handelszwecken gehalten werden. IAS 7 enthält hingegen keine vergleichbare explizite Regelung zu kurzfristigen Finanzmittelanlagen. Aus den in IAS 7.16 beispielhaft angeführten Sachverhalten der Investitionstätigkeit kann aber von einer mit DRS 2 übereinstimmenden Abgrenzung ausgegangen werden.

8. –

2. – 3. +

4. –

5. +

6. – 7. +

9. +

10. –

11. =

Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen Einzahlungen aus dem Verkauf von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten Auszahlungen aus dem Erwerb von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition Cashflow aus der Investitionstätigkeit

Tab. 3: Gliederung des Cashflow aus der Investitionstätigkeit nach DRS 2.32

Der Saldo der Zahlungen des Investitionsbereichs bildet den Cashflow aus Investitionstätigkeit. Während übereinstimmend nach DRS 2.29 und IAS 7.21 seine Darstellung nach der direkten Methode (Erfassung von Bruttoein- und Bruttoauszahlungen) zu erfolgen hat, schreibt lediglich DRS 2.32 eine detaillierte Mindestgliederung verpflichtend vor. Im erläuternden Anhang zu IAS 7 ist 439

Kapitalflussrechnung jedoch eine Beispielgliederung angeführt. Der Cashflow aus Investitionstätigkeit bietet den Abschlussadressaten Informationen, inwieweit in der Berichtsperiode Investitionen getätigt wurden, welche zu künftigen Erträgen und Einzahlungsüberschüssen im Bereich der laufenden Geschäftstätigkeit führen sollen. Zudem wird die Investitions-/Desinvestitionsund Wachstumspolitik des Unternehmens transparenter. d) Cashflow aus Finanzierungstätigkeit. Unter dem Cashflow aus Finanzierungstätigkeit sind alle Ein- und Auszahlungen zu subsumieren, die mit der Aufnahme oder Rückzahlung von Eigen- und langfristigem Fremdkapital im Zusammenhang stehen (DRS 2.33, IAS 7.17). Beispielhaft zählen somit Einzahlungen aus einer Eigenkapitalerhöhung oder Auszahlungen an die Eigenkapitalgeber durch Rückkauf eigener Anteile ebenso zur Finanzierungstätigkeit, wie die Aufnahme oder Tilgung von langfristigen Bankkrediten. Hinsichtlich gezahlter Dividenden kann es zu Abweichungen zwischen einer K. nach DRS 2 und IAS 7 kommen. Während DRS 2.37 diese verpflichtend der Finanzierungstätigkeit zuordnet, können selbige nach IAS 7.34 zur laufenden Geschäftstätigkeit oder zur Finanzierungstätigkeit gezählt werden. Einer differenzierteren Betrachtung bedarf es ebenfalls bei den durch eine Kreditaufnahme entstehenden Zinszahlungen. Obwohl diese sachlich regelmäßig der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen wären, schreibt DRS 2.36 grundsätzlich den Ausweis unter der laufenden Geschäftstätigkeit vor. Nur in sachlich begründeten Ausnahmefällen ist gem. DRS 2.39 eine Erfassung im Cashflow aus Finanzierungs- oder Investitionstätigkeit zulässig. IAS 7.31 eröffnet hier einen größeren Bilanzierungsspielraum, indem gezahlte Zinsen wahlweise – unter Beachtung der Stetigkeit – gesondert im 440

Bereich der laufenden Geschäftstätigkeit, der Finanzierungs- oder Investitionstätigkeit auszuweisen sind. Übereinstimmende Regelungen gelten auch für erhaltene Zinszahlungen und Dividenden, welche ökonomisch als Rückflüsse aus getätigten Investitionen zu interpretieren sind. Diese zählen nach DRS 2.36 ebenfalls grundsätzlich zur laufenden Geschäftstätigkeit und nur in begründeten Ausnahmefällen sind sie unter dem Cashflow aus Investitionstätigkeit zu subsumieren (DRS 2.39). IAS 7.31 eröffnet den Bilanzierenden hier – bei gesondertem Ausweis – ein Zuordnungswahlrecht zur laufenden Geschäfts-, Investitions- oder Finanzierungstätigkeit. Die saldierten Ein- und Auszahlungen des Finanzierungsbereichs bilden den Cashflow aus Finanzierungstätigkeit, der detaillierte Informationen zur Außenfinanzierung des Unternehmens liefert und für dessen Darstellung DRS 2.33 und IAS 7.21 die direkte Methode vorschreiben. DRS 2.35 verpflichtet zudem zu einer detaillierten Mindestgliederung, während nach den Vorschriften des IASB lediglich eine Beispielgliederung im Anhang zu IAS 7 angeführt ist. 1. 2. –

3. +

4. –

5. =

Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen Auszahlungen an Unternehmenseigner und Minderheitsgesellschafter Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-) Krediten Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-) Krediten Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit

Tab. 4: Gliederung des Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit nach DRS 2.35

Kapitalgesellschaft 5. Besonderheiten der Konzernkapitalflussrechnung Neben den bisher dargestellten Vorschriften, welche sowohl für K. im Einzelabschluss als auch im Konzernabschluss gelten, sind für Letztere darüber hinaus u.a. die folgenden Besonderheiten zu beachten. So gilt auch für Konzernkapitalflussrechnungen die o Fiktion der rechtlichen Einheit (DRS 2.13), wonach lediglich die Zahlungen konzernzugehöriger Unternehmen mit außen stehenden Dritten abgebildet werden. Zahlungen zwischen konzernzugehörigen Unternehmen finden hingegen keine Berücksichtigung. Dies gilt unabhängig davon, ob die K. des Konzerns aus den K. der einbezogenen Einzelabschlüsse erstellt oder aus der Konzernbilanz und Konzernerfolgsrechnung abgeleitet wird. Der Konsolidierungskreis für die K. richtet sich nach den allgemeinen Konsolidierungsregeln. Bei einer Änderung des Konsolidierungskreises sind jedoch nur die mit dem Erwerb oder Verkauf von Unternehmensanteilen verbundenen Zahlungen zu erfassen. Diese sind der Investitionstätigkeit zuzuordnen und dort – wie bereits aus Tab. 3 ersichtlich – gesondert auszuweisen. Für den Erwerb von Unternehmensanteilen bedeutet dies, dass der Kaufpreis abzüglich des erworbenen Bestands an Zahlungsmitteln bzw. Zahlungsmitteläquivalenten als Auszahlung zu erfassen ist. Umgekehrt ist bei einem Verkauf der Zahlungsmittelzufluss um die abgegebenen Zahlungsmittel bzw. Zahlungsmitteläquivalente zu korrigieren (DRS 2.44, IAS 7.39 bzw. 42). Zusätzliche Informationen erlangen die Abschlussadressaten aus den umfangreichen verpflichtenden Anhangangaben (DRS 2.52, IAS 7.40). Darüber hinaus stellt sich insb. in global agierenden Konzernen mit ausländischen Tochterunternehmen das Problem der Währungsumrechnung, da die K. in der Berichtswährung des Mutterunterneh-

mens zu erstellen ist, die abgebildeten Zahlungen aber oftmals in fremder Währung getätigt werden. Hierbei sind die Zahlungsströme in Fremdwährung grundsätzlich mit dem jeweiligen Wechselkurs zum Zahlungszeitpunkt umzurechnen. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch auch ein gewogener Durchschnittkurs verwandt werden, wenn dies einer Umrechnung mit den Kursen zum Zahlungszeitpunkt näherungsweise entspricht (DRS 2.22, IAS 7.26-27). Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 769-853; Eiselt, A./Müller, S.: IFRS: Kapitalflussrechnung, 2008; Freiberg, J.: Kapitalflussrechnung, in: Lüdenbach, N./Hoffmann, W.-D.: Haufe IFRSKomm., 7. Aufl., 2009, § 3; Meyer, M.A.: Cashflow-Reporting und CashflowAnalyse, 2007; Peemöller, V.H.: Kapitalflussrechnungen, in: Ballwieser, W. u.a.: Wiley Kommentar zur internationalen Rechnungslegung nach IFRS 2010, 6. Aufl., 2010, Abschnitt 5; Sonnabend, M./Raab, H.: Kapitalflussrechnung nach IFRS, 2008. Andreas Bonse Kapitalfreisetzungseffekt o Lohmann-Ruchti-Effekt Kapitalgesellschaft Oberbegriff für Unternehmen, die in der Rechtsform der o Aktiengesellschaft (AG), o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt werden. Im Gegensatz zu Einzelunternehmen, o Personengesellschaften und o Genossenschaften sind K. juristische Personen des Privatrechts mit der Konsequenz, dass die Haftung meist aller Gesellschafter auf die Höhe ihrer Vermögenseinlage beschränkt ist. Für K. gelten die erweiterten Rechnungslegungs-, Prü441

Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) fungs- und Offenlegungsvorschriften der §§ 264-335 HGB. Kapitalgesellschaftenund CoRichtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) Im Jahr 2000 verabschiedetes Gesetz. Dient im Kern der Umsetzung der GmbH und Co Richtlinie der EU in nationales Recht. Durch das K. fand eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Regelungen für o Kapitalgesellschaften hinsichtlich Rechnungungslegung, Prüfung und Offenlegung auf o Offene Handels- und o Kommanditgesellschaften statt, bei denen nicht zumindest eine natürliche Person die Rolle eines persönlich haftenden Gesellschafters inne hat. Kapitalherabsetzungsprüfung o Sonderprüfungen Kapitalkonsolidierung 1. Grundlagen Im o Konzernabschluss werden Tochterunternehmen (TU) und evtl. auch Gemeinschaftsunternehmen (GMU) nicht als Beteiligungen abgebildet, sondern an Stelle der Beteiligungen werden die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden sowie die Erträge und Aufwendungen des TU vollständig bzw. bei anteilmäßig konsolidierten GMU entsprechend der Beteiligungsquote des Mutterunternehmens (MU) in die Konzernbilanz bzw. in die Konzern-GuV übernommen. Nach der sog. Einheitsfiktion gemäß § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB existieren TU und anteilmäßig konsolidierte GMU fiktiv nicht mehr als rechtliche Einheiten, sondern werden fiktiv als rechtlich unselbständige Abteilungen des Konzerns angesehen. Im Gegensatz zu dieser Fiktion existiert jedoch keine konzerneinheitliche Buchführung. Vielmehr wird der Konzernabschluss aus den Einzelabschlüssen der zum o Konsolidierungskreis gehörenden Unternehmen abgeleitet. Im ersten 442

Schritt werden die Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen vereinheitlicht, indem sog. o Handelsbilanzen II (HB II) erstellt werden. Im zweiten Schritt werden evtl. sog. Handelsbilanzen III (HB III) erstellt, in denen die bei TU oder GMU zum jeweiligen Zeitpunkt der sog. Erstkonsolidierung vorhandenen stillen Reserven und stillen Lasten aufgedeckt und in den Folgejahren erfolgswirksam fortgeführt werden. Sodann wird aus den HB II bzw. in vielen Fällen den HB III ein sog. Summenabschluss erstellt, auf den anschließend die Konsolidierungsmethoden angewendet werden. Ergebnis ist der im Kern aus der Konzernbilanz und der Konzern-GuV bestehende Konzernabschluss. Bei der K. wird der im Summenabschluss ausgewiesene Buchwert der Beteiligung an dem betreffenden TU oder GMU mit dem auf den Anteil des MU entfallenden o Eigenkapital des betreffenden TU oder GMU verrechnet. Dabei kann als Unterschiedsbetrag ein o Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) oder ein passivischer Unterschiedsbetrag verbleiben. 2. Methodik im Rahmen der Vollkonsolidierung a) Konzeption der Kapitalkonsolidierung. Nach der Änderung des HGB durch das o BilMoG ist die K. grundsätzlich nach der sog. o Neubewertungsmethode durchzuführen, wie sie in § 301 HGB geregelt ist. Demnach sind alle am Stichtag der Erstkonsolidierung eines TU vorhandenen stillen Reserven und stillen Lasten aufzudecken. Dadurch wird in der Summenbilanz das neubewertete Eigenkapital des TU berücksichtigt. Durch die vollständige Aufdeckung der stillen Reserven und Lasten des TU werden diese sowie die daraus folgenden Erfolgswirkungen ggf. auch anteilig bei der Ermittlung der Kapital- und Erfolgsanteile fremder Gesellschafter berücksichtigt

Kapitalkonsolidierung (o Anteile in Fremdbesitz). Hingegen sind Fremdgesellschafter nicht direkt am GoF bzw. an einem passivischen Unterschiedsbetrag aus der K. beteiligt, da dieser aus der Verrechnung des allein dem MU zuzurechnenden Beteiligungsbuchwerts mit dem auf die Beteiligung des MU entfallenden anteiligen Eigenkapitals des TU verbleibt. Fremdgesellschafter können nur in einem sog. mehrstufigen Konzern indirekt am GoF bzw. an einem passivischen Unterschiedsbetrag aus der Konsolidierung eines TU beteiligt sein.

Da vor der Ausbuchung der Fremdanteile am Eigenkapital eines TU ggf. zum Stichtag der Erstkonsolidierung vorhandene stille Reserven und Lasten des TU aufgedeckt wurden, gehen diese ebenfalls anteilig in den Ausgleichsposten für Anteile fremder Gesellschafter ein. Technisch wird der Saldo der aufgedeckten stillen Reserven und Lasten in der HB III in eine Neubewertungsrücklage eingestellt, die bei der Umbuchung der Fremdanteile und der anschließenden K. wieder ausgebucht wird.

b) Technik der Kapitalkonsolidierung. Technisch wird die K. in der Weise durchgeführt, dass ausgehend vom Summenabschluss zunächst die Anteile der Fremdgesellschafter an sämtlichen Eigenkapitalpositionen des betreffenden TU auf einen Ausgleichsposten für Anteile fremder Gesellschafter umgebucht werden. Dabei handelt es sich um einen gemäß § 307 Abs. 1 HGB gesondert innerhalb des Eigenkapitals auszuweisenden Posten. Je nach Darstellung des Eigenkapitals in der Konzernbilanz gemäß § 298 Abs. 1 i.V.m. § 268 Abs. 1 HGB kann dieser Posten auch den Anteil fremder Gesellschafter am Konzernüberschuss umfassen. In diesem Fall ist der in der Konzernbilanz ausgewiesene Konzernüberschuss um den Ergebnisanteil fremder Gesellschafter gemindert. Wird die Konzernbilanz nach teilweiser Ergebnisverwendung erstellt, so tritt dieses Problem nicht auf, weil ein Bilanzgewinn ausgewiesen wird, der nur dem MU zuzurechnen ist.

Nach der Umbuchung der Anteile fremder Gesellschafter werden bei der sog. Erstkonsolidierung der Anschaffungswert der Beteiligung des MU und die Anteile des MU an den zum Stichtag der Erstkonsolidierung vorhandenen Eigenkapitalpositionen des TU ausgebucht. Ein evtl. verbleibender Unterschiedsbetrag ist ein GoF bzw. ein passivischer Unterschiedsbetrag. Die Buchung der Erstkonsolidierung bezieht sich auf die Wertverhältnisse am Stichtag der Erstkonsolidierung eines TU. Das heißt nicht, dass auf diesen Stichtag auch ein Konzernabschluss aufgestellt wird. Vielmehr ist das eher die Ausnahme und nur dann der Fall, wenn ein TU am Bilanzstichtag erworben wird. Bei der Erstellung des Konzernabschlusses, in den ein während des Berichtsjahres erworbenes TU erstmals einbezogen wird, findet dann bereits eine Folgekonsolidierung statt. Trotzdem ist zunächst die Erstkonsolidierung zu buchen. Im nächsten Schritt ist bei der Folgekonsolidierung der GoF für das Berichtsjahr abzuschreiben oder unter bestimmten Voraussetzungen ein passivischer Unterschiedsbetrag aus der K. aufzulösen. Liegt der Stichtag der Erstkonsolidierung eines TU nicht im Berichtsjahr, sondern davor, so sind die in den Jahren vor dem Berichtsjahr erfolgten Abschreibungen des GoF zunächst kumulativ erfolgsneutral zu Lasten des Bilanzgewinns vorzutragen, bevor die Abschreibung für das Berichtsjahr er-

Gemäß § 307 Abs. 2 HGB umfasst der in der Konzern-GuV ausgewiesene Konzernüberschuss auch den Ergebnisanteil fremder Gesellschafter, der allerdings gesondert anzugeben ist. Die Umbuchung dieses Ergebnisanteils auf den Ausgleichsposten für Anteile fremder Gesellschafter erfolgt deshalb in der Ergebnisverwendungsrechnung zu Lasten des Bilanzgewinns.

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Kapitalkonsolidierung folgswirksam gebucht wird. Gleiches gilt analog für die Auflösung eines passivischen Unterschiedsbetrags aus der K. Die Vorträge sind auch dann noch zu buchen, wenn der GoF bereits vollständig abgeschrieben bzw. ein passivischer Unterschiedsbetrag bereits vollständig aufgelöst ist. Sie werden erst bei der o Entkonsolidierung eines TU ausgebucht. Während die Anteile fremder Gesellschafter grundsätzlich auf der Grundlage des am aktuellen Bilanzstichtag vorhandenen Eigenkapitals ermittelt werden, findet die Erstkonsolidierung, die sich nur auf die Anteile des MU bezieht, grundsätzlich auf der Grundlage des zum Stichtag der Erstkonsolidierung vorhandenen Eigenkapitals des betreffenden TU statt. Zu diesem konsolidierungspflichtigen Kapital gehören anteilig auch die Jahresüberschüsse und -fehlbeträge, die das betreffende TU bis zum Stichtag der Erstkonsolidierung erwirtschaftet hat. Von dem TU nach dem Stichtag der Erstkonsolidierung erwirtschaftete Jahresüberschüsse und -fehlbeträge werden zwar bei der Verteilung des Eigenkapitals auf die Fremdgesellschafter berücksichtigt, nicht jedoch bei der K. der Anteile des MU. Hat das TU nach dem Stichtag der Erstkonsolidierung Gewinnrücklagen gebildet, so bleiben diese entsprechend dem Anteil des MU in der Konzernbilanz als Bestandteil der Gewinnrücklagen des Konzerns stehen, während sich der Anteil der Fremdgesellschafter im Ausgleichsposten für Anteile fremder Gesellschafter wiederfindet. Gleiches gilt analog für Gewinn- oder Verlustvorträge eines TU. Die K. ist für jedes einzelne TU gesondert zu buchen, weil sich daraus ein unternehmensindividueller GoF bzw. passivischer Unterschiedsbetrag ergibt. Eine K. ist nur dann durchzuführen, wenn das MU Anteile am Eigenkapital des betreffenden TU hält. Das kann z.B. dann nicht der Fall sein, wenn das MU 444

das TU gemäß § 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB aufgrund eines → Beherrschungsvertrags beherrscht oder es sich bei dem TU um eine sog. o Zweckgesellschaft i.S.v. § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB handelt. 3. Einzelfragen a) Zeitpunkt (Stichtag) der Erstkonsolidierung. Bei der Erstkonsolidierung eines TU wird unterstellt, dass das MU keine Beteiligung erworben hat, sondern die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden des TU. Hat das MU weniger als 100 % der Anteile erworben, so hat fiktiv zugleich eine Kapitalerhöhung des Konzerns stattgefunden, weil die hinzukommenden Fremdanteile das Konzerneigenkapital erhöhen. Richtig ist es deshalb, dass die K. auf der Grundlage der zu dem Zeitpunkt bestehenden Wertverhältnisse durchgeführt wird, zu dem das Unternehmen TU geworden ist. Folgerichtig schreibt § 301 Abs. 2 HGB diesen Zeitpunkt immer dann vor, wenn das TU während des Berichtsjahres erworben wurde. Diese Regelung schließt auch den Fall ein, dass ein TU sukzessive erworben wurde und im Berichtsjahr die Schwelle von 50 % überschritten wurde, sowie den Fall, dass ein Unternehmen ohne Erwerb von Anteilen TU geworden ist, z.B. durch Abschluss eines Beherrschungsvertrags. Der Zeitpunkt der Erstkonsolidierung ist nicht nur für die Ermittlung der aufzudeckenden stillen Reserven und Lasten und des GoF bzw. des passivischen Unterschiedsbetrags aus der K. relevant, sondern auch für die Abgrenzung des von dem erworbenen TU im Berichtsjahr erwirtschafteten Ergebnisses. Die ab diesem Zeitpunkt erwirtschafteten Erträge und Aufwendungen sind in der KonzernGuV zu erfassen, während das bis zu diesem Zeitpunkt von dem betreffenden Unternehmen erwirtschaftete Ergebnis zum konsolidierungsfähigen Eigenkapital gehört, das anteilmäßig im Rahmen der Erstkonsolidierung mit dem Anschaf-

Kapitalkonsolidierung fungswert der Beteiligung verrechnet wird. Es gibt jedoch auch Fälle der sog. nachträglichen Erstkonsolidierung. Dabei wird ein TU, obwohl es in der Vergangenheit bereits TU war, im Berichtsjahr erstmals in den Konzernabschluss einbezogen. Für diese Fälle schreibt § 301 Abs. 2 Satz 3 und 4 HGB den Zeitpunkt der Einbeziehung des betreffenden TU in den Konzernabschluss als Zeitpunkt der Erstkonsolidierung vor. Da das Unternehmen während des gesamten Berichtsjahres TU war, sind die während des Jahres erwirtschafteten Erträge und Aufwendungen in der Konzern-GuV zu erfassen. Daraus folgt, dass die Erstkonsolidierung auf der Grundlage der Wertverhältnisse zu Beginn des Geschäftsjahres vorzunehmen ist. b) Behandlung eines GoF. Der aus der K. verbleibende GoF ist gemäß § 309 Abs. 1 i.V.m. § 246 Abs. 1 und § 253 Abs. 3 HGB anzusetzen und planmäßig, sowie bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung auch außerplanmäßig, abzuschreiben. Auch wenn der Grund für eine außerplanmäßige o Abschreibung des GoF später weggefallen ist, kann gemäß § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB keine Wertaufholung erfolgen. Die planmäßige Abschreibung des GoF hat über die voraussichtliche Nutzungsdauer zu erfolgen, die typischerweise wenn überhaupt, dann nur schwer zu bestimmen ist. Deshalb schreibt § 314 Abs. 1 Nr. 20 HGB vor, dass im Konzernanhang die Gründe darzulegen sind, die ggf. eine Nutzungsdauer von mehr als fünf Jahren rechtfertigen. c) Behandlung eines passivischen Unterschiedsbetrags. Ein aus der K. verbleibender passivischer Unterschiedsbetrag ist gemäß § 301 Abs. 3 HGB in der Konzernbilanz nach dem Eigenkapital als „Unterschiedsbetrag aus der K.“ geson-

dert auszuweisen. Eine Verrechnung mit den aus der K. anderer TU entstandenen GoF ist nicht zulässig. In der Folge ist der Unterschiedsbetrag gemäß § 309 Abs. 2 HGB erfolgswirksam aufzulösen, d.h. als sonstiger betrieblicher Ertrag zu erfassen. Das ist zum einen der Fall, wenn eine zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung des betreffenden TU erwartete ungünstige Entwicklung der Ertragslage eingetreten ist oder zu diesem Zeitpunkt erwartete konkrete Aufwendungen eingetreten sind. Der Unterschiedsbetrag hat in diesem Fall den Charakter eines sog. o Badwill. Er ist in diesem Fall über den Zeitraum der ungünstigen Ertragslage verteilt bzw. in dem Jahr, in dem die Aufwendungen entstanden sind, erfolgswirksam aufzulösen. Zum anderen ist der Unterschiedsbetrag erfolgswirksam aufzulösen, wenn er einem realisierten Gewinn entspricht. Das kann dann der Fall sein, wenn das MU durch geschicktes Verhandeln einen besonders niedrigen Kaufpreis erzielt hat. In diesem Fall ist der Unterschiedsbetrag bereits im Jahr des Erwerbs des TU aufzulösen. Im Rahmen dieser Vorschriften des HGB schreibt der Deutsche Rechnungslegungsstandard Nr. 4 folgenden Algorithmus für die erfolgswirksame Auflösung eines passivischen Unterschiedsbetrags aus der K. vor: – Soweit zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung konkrete Aufwendungen oder Verluste erwartet wurden, ist der Unterschiedsbetrag aufzulösen, wenn diese eingetreten sind (DRS 4.40). – Soweit der Unterschiedsbetrag nicht auf erwartete konkrete Aufwendungen oder Verluste zurückzuführen ist, ist er sofort erfolgswirksam aufzulösen, soweit er die mit dem TU erworbenen beizulegenden Zeitwerte der 445

Kapitalkonsolidierung nicht-monetären Vermögensgegenstände übersteigt (DRS 4.41). – Der nach den ersten beiden Schritten verbleibende Betrag ist linear über die gewichtete Restnutzungsdauer der mit dem TU erworbenen abnutzbaren Vermögensgegenstände aufzulösen. Bei Anwendung dieser Regelung erübrigt sich für das bilanzierende Unternehmen ggf. die Einschätzung der Dauer einer ungünstigen Ertragslage sowie die Beantwortung der Frage, ob der Unterschiedsbetrag einem realisierten Gewinn entspricht. Dadurch werden allerdings auch die bilanzpolitischen Möglichkeiten eingeschränkt. 4. Kapitalkonsolidierung im Rahmen der Quotenkonsolidierung GMU können gemäß § 310 Abs. 1 HGB wahlweise anteilmäßig konsolidiert werden. Wird von diesem Wahlrecht der sog. o Quotenkonsolidierung kein Gebrauch gemacht, so sind auch GMU gemäß §§ 311 f. HGB nach der Methode der o Equity-Bewertung in den Konzernabschluss einzubeziehen. Die anteilmäßige Konsolidierung, auf die gemäß § 310 Abs. 2 HGB die Regeln der o Vollkonsolidierung analog anzuwenden sind, bedeutet, dass das betreffende GMU mit der der direkten Beteiligungsquote des Konzerns entsprechenden Quoten-Bilanz und Quoten-GuV in den Summenabschluss einbezogen wird. Folglich werden auch die stillen Reserven und Lasten nur anteilmäßig berücksichtigt. Hingegen unterscheidet sich der GoF bzw. der passivische Unterschiedsbetrag nicht von dem Betrag, der bei einer Vollkonsolidierung des betreffenden Unternehmens auszuweisen wäre, weil diese Beträge auch bei der Vollkonsolidierung nur auf den Anteil des MU entfallen. Wird die Beteiligung vom MU des Konzerns gehalten, so werden im Konzernabschluss bezogen auf das GMU keine An446

teile fremder Gesellschafter ausgewiesen. Fremdgesellschafter können in einer mehrstufigen Struktur jedoch indirekt an einem GMU beteiligt sein, wenn die Beteiligung von einem TU gehalten wird, an dem auch Fremdgesellschafter beteiligt sind. Dann werden auch (indirekte) Fremdanteile am (anteiligen) Kapital und Ergebnis des GMU ausgewiesen. 5. Kapitalkonsolidierung nach IFRS Nach IFRS 3 (rev. 2008) erfolgt die K. nach der sog. Akquisitionsmethode, die sich nicht grundsätzlich von der nach HGB vorgeschriebenen Erwerbsmethode unterscheidet. Auch nach IFRS 3 findet zum Stichtag der Erstkonsolidierung eine vollständige Aufdeckung der stillen Reserven und stillen Lasten statt, es sind Kapital- und Ergebnisanteile fremder Gesellschafter anteilmäßig zu ermitteln und gesondert auszuweisen und es wird ein GoF bzw. ein passivischer Unterschiedsbetrag aus der K. ermittelt. Folgende Unterschiede zum HGB können materiell jedoch erhebliche Auswirkungen haben: – Die Akquisitionsmethode kann wahlweise auch als sog. o FullGoodwill-Methode angewendet werden. Dabei wird der GoF nicht nur für die Anteile des MU ermittelt, sondern auch für die Fremdanteile. Der FullGoodwill darf jedoch nicht durch Hochrechnen des auf das MU entfallenden anteiligen Goodwill erfolgen, da das MU z.B. aufgrund einer Kontrollprämie oder der erzielbaren Synergieeffekte anteilmäßig einen höheren Kaufpreis gezahlt hat als er für den Minderheitsanteil zu zahlen wäre. Es ist deshalb losgelöst von dem vom MU gezahlten Kaufpreis der o beizulegende Zeitwert des Fremdanteils zu ermitteln, aus dem sich dann der auf den Fremdanteil entfallende GoF berechnen lässt.

Kapitalkosten – Der GoF wird nicht planmäßig abgeschrieben, sondern regelmäßig einem o Werthaltigkeitstest gemäß IAS 36 unterzogen (sog. Impariment-onlyAnsatz). Zur Durchführung des Werthaltigkeitstests ist der GoF auf sog. o zahlungsmittelgenerierende Einheiten aufzuteilen. – Ein passivischer Unterschiedsbetrag aus der K. ist sofort erfolgswirksam aufzulösen, nachdem zunächst geprüft wurde, ob evtl. weitere stille Lasten vorhanden und aufzudecken sind. – Zeitpunkt der Erstkonsolidierung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Erlangung der Kontrolle über ein TU. Das erfordert bei der nachträglichen Konsolidierung eines TU ein retrospektives Vorgehen. In der Literatur findet sich jedoch auch die Auffassung, dass bei der erstmaligen Einbeziehung eines bisher unwesentlichen Tochterunternehmens in den Konsolidierungskreis die für die IFRSEröffnungsbilanz vorgesehene Vereinfachung gemäß IFRS 1 B2j analog angewendet werden kann. Dies bedeutet konkret, dass die Erstkonsolidierung auf der Grundlage der IFRSBuchwerte zum Zeitpunkt der Einbeziehung des betreffenden TU in den Konzernabschluss durchzuführen ist. – Die o Übergangskonsolidierung ist nicht erfolgsneutral. Wird ein Unternehmen, an dem bereits in der Vergangenheit eine Beteiligung bestand, durch Hinzuerwerb von Anteilen oder auch durch eine anderweitige Erlangung der Beherrschungsmöglichkeit (z.B. durch Abschluss eines Beherrschungsvertrags) zu einem TU, so sind die Altanteile zu diesem Zeitpunkt mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten, bevor die Erstkonsolidierung durchgeführt wird. Verliert ein bisheriges TU diesen Status, z.B. durch die Veräußerung von An-

teilen oder die Kündigung eines Beherrschungsvertrags, so sind die weiterhin im Bestand des Konzerns befindlichen Anteile ebenfalls mit ihrem beizulegenden Zeitwert neu zu bewerten. Lit.: Busse von Colbe, W. et al.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009; Wohlgemuth, M.: Die Kapitalkonsolidierung nach Handelsrecht, in: von Wysocki, K. et al. (Hrsg.): HdJ, 1984 ff., Abt. V/2; Förschle, G./Deubert, M.: § 301 Kapitalkonsoldierung, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010; Lüdenbach, N./Hoffmann, W.-D.: Haufe IFRS-Kommentar, 8. Aufl., 2010. Ralf Ebeling Kapitalkosten 1. Begriffliche Grundlagen Für das in Unternehmen eingesetzte Kapital erwarten die Kapitalgeber eine angemessene o Rendite. Diese Renditeforderung ist formal definiert als Erwartungswert der Rendite und entspricht aus Unternehmenssicht den K. (synonym: Finanzierungskosten). K. beziehen sich stets auf bestimmte Finanzierungstitel, z.B. auf Beteiligungs- oder Forderungstitel (Eigen- bzw. Fremdkapitalkosten). Die Höhe der K. hängt maßgeblich vom Risiko der Zahlungsansprüche ab, weshalb z.B. Eigenkapitalkosten höher sind als Fremdkapitalkosten. Die in Prozent vom Kapitalbetrag ausgedrückten K. sind als Marktpreise zu verstehen, die sich aus Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt ergeben. Das Kapitalangebot hängt entscheidend vom Spar- und Anlageverhalten der Investoren ab. Risikoscheue Anleger werden ihr Risiko durch Portfoliobildung streuen. Daher wird der Teil des Risikos, der durch Diversifikation verschwindet, nicht mit einer Risikoprämie entgolten. Indem der Kapitalmarkt die Risikostreuung er447

Kapitalkosten leichtert, trägt er zu niedrigen K. bei. Außerdem soll der Kapitalmarkt das angebotene Kapital zu denjenigen Unternehmen lenken, deren Investitionen eine Mehrrendite gegenüber der Renditeforderung der Kapitalgeber versprechen (Allokationsfunktion). Die Kapitalaufnahme von Unternehmen wird somit durch die Ertragskraft der geplanten Investitionen beschränkt. Die Überlegung, dass Kapitalgeber nur Projekte finanzieren werden, die eine erwartete Rendite mindestens in Höhe der K. erzielen, führt zur o Kapitalwertmethode der Investitionsrechnung.

v z r für V1. Die aus obiger Gleichung folgende Aufteilung

2. Kapitalkosten und Bewertung

kann jeder Term als Barwertbeitrag interpretiert werden.

Bei der Bewertung von Projekten oder Unternehmen dient der Kapitalkostensatz als Diskontierungssatz, mit dem die Zahlungen an die Kapitalgeber abzuzinsen sind, um ihren Marktwert zu bestimmen. Wenn ein Kapitalkostensatz auf ein Bündel unterschiedlich riskanter Zahlungen oder auf ein Bündel von mehrperiodischen Zahlungen angewendet wird, können leicht Zuordnungsprobleme auftreten, die teilweise zu Missverständnissen über K. geführt haben. Zur Illustration sei angenommen, dass ein Unternehmen unsichere Überschüsse Zt in den Zeitpunkten t = 1, 2, ... erzielt. Die erwartete Rendite U der Kapitalgeber in der ersten Periode sei gegeben. Dann beträgt der Unternehmenswert V0 in t = 0: V0

E>Z1 @  E>V1 @ , 1 U

mit V1 als Barwert der Zahlungen Z2, Z3, ... am Ende der ersten Periode. Annahmegemäß ist U der adäquate Diskontierungssatz für die Summe aus Z1 und V1. Dies bedeutet aber nicht, dass der gleiche Diskontierungssatz auch für die einzelnen Zahlungen gilt. Ist z.B. Z1 eine sichere Zahlung, so beträgt ihr Barwert E>Z1 @/(1  r ) mit r als risikofreier Verzinsung. Der Satz U ist in diesem Fall ein Mischzinssatz aus r für Z1 und einer Rate 448

V0

E>Z1 @ E>V1 @  1 U 1 U

ist dann zwar formal korrekt, aber missverständlich, weil der erste Summand nicht den Barwert der Zahlung Z1 und der zweite Summand nicht den Barwert von V1 angibt. Nur in

V0

E[ Z1 ]  E[V1 ] 1 U

E[ Z1 ] E[V1 ]  1 r 1 v

Ein wichtiger Spezialfall eines Mischzinssatzes sind die Gesamtkapitalkosten WACC (Weighted Average Cost of Capital), die als gewogener Durchschnitt aus Eigen- und Fremdkapitalkostensatz definiert sind: WACC

EK FK k EK  k FK (1  s) GK GK

mit EK, FK und GK als Marktwerte des Eigen-, Fremd- und Gesamtkapitals, kEK und kFK als Eigen- bzw. Fremdkapitalkostensatz und s als Steuersatz einer Gewinnsteuer, von deren Bemessungsgrundlage Fremdkapitalzinsen abzugsfähig sind. Werden die zukünftigen, frei verfügbaren Zahlungsüberschüsse eines Unternehmens mit den WACC diskontiert, erhält man den Unternehmenswert (Discounted Cashflow-Methode; o Unternehmensbewertung). Die relevanten K. richten sich immer nach dem spezifischen Risiko des Projekts, das mit dem Kapitalbetrag finanziert wird. Dies gilt auch dann, wenn es sich um ein atypisches Projekt handelt. Zum Beispiel sei angenommen, dass eine Bank zusätzliches Eigenkapital aufnehmen möchte, um einen Sicherheitsfonds aus risikofreien Anlagen anzulegen. In diesem Fall scheint eine Diskrepanz zwischen der Renditeforderung der Eigenka-

Kapitalkosten pitalgeber von z.B. 15% und der risikofreien Anlagerendite von z.B. 3% zu bestehen. Tatsächlich jedoch sind hier die K. geringer als 15%, weil durch die zusätzlichen risikofreien Anlagen das Risiko der Eigenkapitalrendite und damit auch die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber sinken. Rechnet man diesen Effekt ein, ergeben sich an einem vollkommenen Kapitalmarkt K. in Höhe der Anlagerendite (im Beispiel 3%). Analoges gilt umgekehrt: Nimmt ein Unternehmen einen risikofreien Kredit auf, um eine riskante Investition zu finanzieren, so entsprechen die K. nicht der risikolosen Kreditverzinsung, sondern der höheren, an das Investitionsrisiko angepassten Renditeforderung. Die Finanzierung mit einem risikolosen Kredit ist nur möglich, weil Sicherheiten aus anderen Projekten vorhanden sind. Den Kapitalgebern dieser Projekte wird das neue Investitionsrisiko aufgebürdet, wofür eine Risikoprämie zu veranschlagen ist. Wird diese korrekt in Betracht gezogen, spiegeln die K. wiederum das Projektrisiko wider. 3. Kapitalkosten und Kapitalmarkttheorie In kapitalmarkttheoretischen Modellen wird untersucht, von welchen Faktoren die K. abhängen. Als Standardmodell gilt das o Capital Asset Pricing Model (CAPM). Es erweitert die Portfoliotheorie von Markowitz um die gesamtmarktbezogene Perspektive und fragt, welche Marktpreise sich im Gleichgewicht für risikobehaftete Wertpapiere ergeben, wenn alle Anleger risikoscheu sind, homogene Erwartungen haben und ein effizientes Portfolio halten. Im Ergebnis besteht das optimale Portfolio jedes Anlegers aus den gleichen zwei Elementen: dem risikofreien Wertpapier und einem Portfolio, das den Gesamtmarkt riskanter Wertpapiere abbildet (Marktportfolio). Die Gewichte der beiden Elemente werden an die individuelle Risikoeinstellung so angepasst, dass der Anteil

der risikofreien Anlage mit zunehmendem Grad der Risikoaversion steigt. Das relevante Risiko der einzelnen Wertpapiere richtet sich im CAPM danach, wie stark sie zum Risiko des Marktportfolios beitragen. Nur dieser marktbezogene, systematische Teil des Gesamtrisikos beeinflusst die Renditeforderung und damit die K. Dagegen wird für spezifische Risiken, die durch Diversifikation eliminiert werden können, keine Risikoprämie gewährt. Das systematische Risiko bemisst sich nach dem Beta, das als normierte Kovarianz der Rendite eines Wertpapiers mit der Rendite des Marktportfolios definiert ist. Zwischen Beta und der erwarteten Rendite besteht im CAPM ein linearer Zusammenhang. Das CAPM ist ein partielles Gleichgewichtsmodell, das keine Aussage über die Höhe der risikolosen Verzinsung, die erwartete Rendite des Marktportfolios oder die Risikoprämie als Differenz beider Größen erlaubt. Im erweiterten Rahmen eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells lässt sich zeigen, dass die Risikoprämie vom makroökonomischen Risiko und vom Ausmaß der Risikoaversion der Investoren abhängt. Je risikoscheuer die Anleger sind, umso höher muss die Risikoprämie sein, die ihnen einen genügenden Anreiz bietet, in riskante Wertpapiere zu investieren. Zum CAPM sind viele Modellvarianten entwickelt worden. Hervorzuheben sind Erweiterungen auf den Mehrperiodenfall (Intertemporal CAPM) und die Einbeziehung zeitvariabler Bewertungsparameter (Conditional CAPM). 4. Kapitalkosten und Kapitalstruktur Da das Gesamtrisiko eines Unternehmens das Verschuldungsrisiko beinhaltet, hängt der Eigenkapitalkostensatz auch von der Kapitalstruktur ab. Das Referenzmodell zum Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur und K. stammt von Modigliani und Miller. Es beruht auf den 449

Kapitalkosten zwei Kernannahmen, dass ein vollkommener Kapitalmarkt für alle Finanzierungstitel existiert und Investitionsentscheidungen unabhängig von der Finanzierung getroffen werden. Unter diesen Prämissen lässt sich durch ein Arbitrageargument zeigen, dass die Gesamtkapitalkosten von der Kapitalstruktur unabhängig sind (Irrelevanztheorem). Daher ist in diesem Modell eine Optimierung der Kapitalstruktur unmöglich. Bei konstanten Fremdkapitalzinsen impliziert dies, dass die Eigenkapitalkosten linear mit dem Verschuldungsgrad steigen.

dings bleibt dabei oft unklar, wie die Experten zu ihren Einschätzungen gelangt sind.

Die eigentliche Bedeutung des Modells von Modigliani und Miller ist darin zu sehen, dass es indirekt aufzeigt, durch welche Faktoren die Kapitalstruktur relevant wird. Hierzu zählen vor allem diskriminierende Steuern, Insolvenzkosten sowie asymmetrisch verteilte Informationen und Anreizprobleme, die bei einer hohen Verschuldung Interessenkonflikte zwischen Eigen- und Fremdkapitalgebern hervorrufen. In all diesen Fällen ist die Konstanz der Gesamtkapitalkosten nicht mehr gewährleistet. Die Eigenkapitalkosten werden weiterhin mit dem Verschuldungsgrad ansteigen, aber nicht zwingend linear.

Alternativ zu den auf historischen Daten basierenden Verfahren haben in den letzten Jahren implizite Schätzverfahren größere Beachtung gefunden. Sie beruhen auf keiner bestimmten Theorie über die Rendite-Risiko-Beziehung, sondern unterstellen lediglich, dass der beobachtete Aktienkurs dem Barwert der zukünftig erwarteten Überschüsse entspricht. Mit Analystenschätzungen für die erwarteten Überschüsse lässt sich daraus die zum Aktienkurs passende Diskontierungsrate bestimmen. Auch dieses Schätzverfahren unterliegt aber einer großen Unsicherheit. Besonders nachteilig ist, dass die verfügbaren Gewinnprognosen von Finanzanalysten in der Regel nur wenige Jahre in die Zukunft reichen.

5. Schätzung von Kapitalkosten Das früher übliche Vorgehen, den Erwartungswert der Rendite anhand der historischen Durchschnittsrendite abzuschätzen, hat den Nachteil, dass die Schätzung selbst bei einer sehr langen Schätzperiode (von z.B. 50 Jahren) mit einem hohen Standardfehler behaftet ist. Zudem ist über derart lange Zeiträume die Stabilitätsannahme kaum erfüllt. Wenn sich aber die erwartete Rendite verändert hat, tendiert das Schätzergebnis in die falsche Richtung. Denn eine Erhöhung der erwarteten Rendite bewirkt einen Kursrückgang und führt damit zu einer niedrigeren historischen Durchschnittsrendite und umgekehrt. Als Alternative kommen Expertenschätzungen in Betracht, aller450

In der Regel beruht die Schätzung der K. auf einem kapitalmarkttheoretischen Modell. Im Falle des CAPM ist dafür die Schätzung der erwarteten Marktrendite und der unternehmensspezifischen Betas erforderlich. Bei nicht börsennotierten Gesellschaften wird vorgeschlagen, das Beta in Analogie zu den Betas einer Vergleichsgruppe ähnlicher Unternehmen mit Börsennotierung zu bestimmen.

6. Empirische Evidenz Empirische Schätzungen haben überwiegend Ergebnisse geliefert, die im Widerspruch zum Rendite-Risiko-Zusammenhang neoklassischer Kapitalmarktmodelle stehen. In der Mehrzahl der Untersuchungen wurde festgestellt, dass die empirische Wertpapierlinie auf einem höheren Niveau beginnt und eine geringere Steigung besitzt als vom CAPM vorhergesagt. Zudem gibt es empirische Evidenz dafür, dass neben Beta auch die Unternehmensgröße, das Kurs-GewinnVerhältnis und das Buchwert-MarktwertVerhältnis („Value Stocks“ vs. „Growth

Kapitalmarkt Stocks“) mit erwarteten Renditen zusammenhängen (Renditeanomalien). Aus diesen empirischen Ergebnissen haben Fama und French ein 3-Faktorenmodell entwickelt, das am U.S.-Kapitalmarkt den Querschnitt der Aktienrenditen besser erklärt als das CAPM. Carhart erweiterte dieses Modell durch Berücksichtigung des Momentum-Effekts zu einem 4Faktorenmodell. Beide Modelle haben sich als Alternative zum CAPM etabliert, obwohl sie im Wesentlichen empirisch und nicht theoretisch fundiert sind. In der wissenschaftlichen Literatur wird unverändert kontrovers diskutiert, ob der Renditeeinfluss der betreffenden Kennzahlen auf Marktineffizienzen zurückzuführen ist oder nicht berücksichtigte Risikofaktoren anzeigt. Auch zur Höhe der Marktrisikoprämie liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. Nach einer theoretischen Analyse von Mehra und Prescott ergibt sich unter Annahme realistischer Werte für das makroökonomische Risiko und die Risikoaversion der Anleger eine überraschend niedrige Risikoprämie von unter 1% p.a. Die Diskrepanz zwischen diesem theoretisch hergeleiteten Wert und empirisch geschätzten Risikoprämien ist als Equity Premium Puzzle bekannt. Trotz vieler Versuche, eine höhere Risikoprämie theoretisch zu begründen, ist das Rätsel bisher nicht überzeugend gelöst worden. Daher besteht die Möglichkeit, dass die Modellanalyse im Kern zutrifft und daher die Risikoprämien zukünftig deutlich niedriger ausfallen als die Durchschnittsrenditen der Vergangenheit. Lit.: Brealey, R.A./Myers, S.C./Allen, F.: Principles of Corporate Finance, 9. Aufl., 2008; Campbell, J.Y./Lo, A.W./MacKinlay, A.C.: The Econometrics of Financial Markets, 1996; Carhart, M.M.: On persistence in mutual fund performance, in: JoF 1997, S. 57-82; Cochrane, J.H.: Asset Pricing, 2005; Copel-

and, T.E./Weston, J.F./Shastri, K.: Financial Theory and Corporate Policy, 4. Aufl., 2005; Fama, E.F./French, K.R.: The Cross-Section of Expected Stock Returns, in: JoF 1992, S. 427-465; Kruschwitz, L./Löffler, A.: Discounted cash flow, 2006; Levy, H.: The CAPM is Alive and Well: A Review and Synthesis, in: European Financial Management 2010, S. 43-71; Loderer, C.: Handbuch der Bewertung, 4. Aufl., 2007; Markowitz, H.M.: Portfolio Selection, in: JoF 1952, S. 77-92; Mehra, R./Prescott, E.C.: The Equity Premium – A Puzzle, in: Journal of Monetary Economics 15, 1985, S. 145-161; Merton, R.C.: An Intertemporal Capital Asset Pricing Model, in: Econometrica 1973, S. 1867-1887; Modigliani, F./Miller, M.: The Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment, in: AER 1958, S. 261-297; Perridon, L./Steiner, M./Rathgeber, A.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Aufl., 2009; Schmidt, R.H./Terberger, E.: Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie, 4. Aufl., 2006; Sharpe, W.F.: Capital Asset Prices. A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk, in: JoF 1964, S. 425-442; Wallmeier, M.: Kapitalkosten und Finanzierungsprämissen, in: ZfB 1999, 1473-1490. Martin Wallmeier Kapitalmarkt Der K. ist für das o Rechnungswesen in vielfacher Hinsicht von Bedeutung. Im externen Rechnungswesen können am K. beobachtete o Marktpreise als Bewertungsmaßstab für Vermögen und Schulden herangezogen werden (o Fair Value). Im internen Rechnungswesen dienen die aus dem Kapitalmarkt abgeleiteten Renditeforderungen der Investoren als o Kalkulationszinsfuß für Investitionsrechnungen und o Unternehmensbewertungen sowie als Basis kalkulatorischer o Zinsen in der internen Erfolgs451

Kapitalmarktorientierte Unternehmen rechnung. Hierfür wird vielfach ein vollkommener K. unterstellt. Kapitalmarktorientierte Unternehmen o Unternehmen, kapitalmarktorientierte

Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 1054-1062.

Kapitalrationierung Beschränkung der in einer Periode verfügbaren Mittel für Investitionszwecke. Um bei rationiertem Kapital das Investitionsprogamm mit dem maximalen Kapitalwert festzulegen, bedarf es einer Auswahl der Investitionsprojekte entsprechend ihrer o Rentabilität. Geeignete Kennzahlen hierfür sind der o interne Zinsfuß und die o Kapitalwertrate.

Kapitalumschlag

Kapitalrentabilität Verhältnis zwischen Kapitalerfolg und eingesetztem Kapital (o Rentabilität).

Kapitalwert

Kapitalrückflussdauer = o Amortisationsdauer Kapitalrückflusszeit = o Amortisationsdauer Kapitalrücklage o Rücklagen Kapitalstruktur Struktur des von Investoren zur Finanzierung eines Unternehmens bereitgestellten Kapitals. Zu unterscheiden sind o Eigenkapital, o Fremdkapital sowie Zwischenformen (o Mezzaninekapital). Kapitalstrukturanalyse Teilbereich der o Bilanzanalyse, der sich mit der auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesenen o Kapitalstruktur beschäftigt. Im Rahmen der K. werden o Kennzahlen gebildet, die Anhaltspunkte über die Zusammensetzung des Kapitals nach Art, Sicherheit und Fristigkeit zum Zweck der Abschätzung der Finanzierungsrisiken geben sollen. Typische Kennzahlen sind die Eigenkapitalquote (Eigenkapital/Gesamtkapital), der Verschuldungsgrad (Fremdkapital/Eigenkapital) und der Bilanzkurs (Eigenkapital/Gezeichnetes Kapital). 452

Kennzahl für das Verhältnis von Umsatz zu durchschnittlichem o Eigenkapital bzw. durchschnittlichem o Gesamtkapital, die im Rahmen der o Bilanzanalyse ermittelt wird. Bei einem hohen K. genügt eine kleinere Gewinnspanne, um eine gegebene Eigen- bzw. Gesamtkapitalrendite (o Rentabilität) zu erreichen.

Zentrales Entscheidungskriterium der dynamischen o Investitionsrechnung. Der K. ergibt sich als Differenz zwischen dem o Barwert der erwarteten künftigen Einzahlungsüberschüsse während der Laufzeit eines Investitionsprojekts und der Investitionsauszahlung zu Projektbeginn. Ein positiver K. deutet darauf hin, dass die Investoren ihr eingesetztes Kapital zuzüglich einer Verzinsung in Höhe des o Kalkulationszinsfußes wiedergewinnen können. Kapitalwertannuität Durch Multiplikation des o Kapitalwerts einer o Investition mit dem o Kapitalwiedergewinnungsfaktor erhält man die K. Jede Investition mit positivem Kapitalwert weist auch eine positive K. auf. Bei konstanten Einzahlungsüberschüssen entspricht die K. in jeder Periode dem o Residualgewinn unter Anwendung der o Annuitätenabschreibung. Kapitalwertfunktion Funktionale Abhängigkeit des o Kapitalwertes C0 eines Investitionsobjekts vom o Kalkulationszinsfuß i. Die K. hat für eine o Normalinvestition folgendes Aussehen:

Kaufpreisallokation i ˜ (1  i) n

C0

(1  i) n  1

i* -1

i

-a0

Die K. nähert sich mit steigendem Zinsfuß asymptotisch der o Anschaffungsauszahlung a0 und mit fallendem i bis i = -100 % dem Wert f . Der Punkt i* (Schnittpunkt der K. mit der i-Achse) gibt den internen o Zinsfuß einer Investition an. Kapitalwertrate Verhältnis von o Kapitalwert und Anschaffungsauszahlung eines Investitionsobjekts. Die K. dient zur Bestimmung des optimalen o Investitionsprogramms bei o Kapitalrationierung. Danach werden die Investitionsobjekte in Reihenfolge der fallenden K. in das Programm aufgenommen, bis das Budget ausgeschöpft ist. Das Maximum des Gesamtkapitalwerts wird nur dann erreicht, wenn das Budget vollständig ausgenutzt wird, ansonsten muss „probiert“ werden. Kritisch ist dagegen einzuwenden, dass das Budget in der Praxis (zumindest geringfügig) erhöht werden kann und eine Verschiebung von Projekten in die Zukunft und damit Finanzierung durch künftige Einzahlungsüberschüsse nicht vorgesehen ist. Lit.: Busse von Colbe, W./Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 3, 3. Aufl., 1990, S. 200 f. Kapitalwertzins = o Baldwin-Zins = modifizierter interner Zinsfuß Kapitalwiedergewinnungsfaktor = Annuitätenfaktor Als Kehrwert des o Rentenbarwertfaktors ergibt sich der K. wie folgt:

.

Mit diesem Faktor wird ein Betrag B0 unter Berücksichtigung eines gegebenen Zinssatzes i auf eine bestimmte Zahl n von Jahren gleichmäßig auf einen konstanten Betrag b pro Jahr verteilt: b B0 ˜

i ˜ (1  i) n (1  i) n  1

Praktische Anwendungsfälle sind die Ermittlung einer konstanten Tilgung und Zinsen umfassenden Kreditrate, die Ermittlung einer konstanten Leasingrate (o Leasing) oder die Ermittlung eines konstanten o Kapitaldiensts im Rahmen der o Annuitätenabschreibung. Kaufmännsicher Gewinn o Gewinn, kaufmännischer Kaufoption = o Call-Option Kaufpreisallokation 1. Grundlagen Unter dem Begriff der K. (Purchase Price Allocation, PPA) wird die Verteilung der Anschaffungskosten eines Unternehmenserwerbs auf die erworbenen identifizierbaren o Vermögenswerte und Schulden verstanden. Dabei werden sämtliche dort vorhandenen stillen Reserven und Lasten aufgedeckt. Das Reinvermögen wird zu Zeitwerten ausgewiesen (Neubewertungsbilanz). Es wird unterstellt, dass sämtliche Vermögenswerte und Schulden einzeln erworben werden (Erwerbsmethode). Diese Annahme des Einzelerwerbs führt zum Ansatz und zur Bewertung sämtlicher Vermögenswerte und Schulden aus der Perspektive eines erwerbenden Unternehmens. Die K. ist immer dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen eines Unternehmenszusammenschlusses erfüllt sind. Sowohl nach internationalen Rech453

Kaufpreisallokation nungslegungsgrundsätzen als auch nach handelsrechtlichen Regelungen ist die Erlangung der Kontrolle bzw. Beherrschung zentrales Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmenszusammenschlusses. Ein beherrschender Einfluss wird immer dann vermutet, wenn das Mutterunternehmen die Möglichkeit besitzt, die Finanz- und Geschäftspolitik eines anderen Unternehmens dauerhaft zu bestimmen, um aus deren Tätigkeit Nutzen zu ziehen. Innerhalb der o IFRS wird die K. im International Financial Reporting Standard 3 „Unternehmenszusammenschlüsse“ (IFRS 3) geregelt. Die im IFRS 3 enthaltenen Regelungen entsprechen weitgehend den Vorschriften der o US-GAAP. Im Handelsgesetzbuch sind im Gegensatz zu den internationalen Rechnungslegungsvorschriften keine expliziten Vorgaben zur K. enthalten. Im Grundsatz können die Ausführungen jedoch auf handelsrechtliche Anwendungsfälle übertragen werden. 2. Die Erwerbsmethode Die Verteilung des Kaufpreises auf die erworbenen Vermögenswerte und Schulden erfolgt mittels der Erwerbsmethode. Diese umfasst nach IFRS 3.5 grundsätzlich die folgenden vier Schritte: – Identifizierung des Erwerbers, – Bestimmung des Erwerbszeitpunktes, – Ansatz und Bewertung der identifizierbaren, erworbenen Vermögenswerte und übernommenen Schulden sowie ggf. vorhandener Anteile nichtbeherrschender Gesellschafter, – Ansatz und Bewertung eines o Goodwill oder eines Gewinns aus einem günstigen Kauf. a) Identifizierung des Erwerbers. Die Erwerbsmethode wird aus der Perspektive des Erwerbers angewandt. Erwerber ist in der Regel das Unternehmen, das die Beherrschung (Kontrolle) über ein ande454

res Unternehmen erlangt. Dabei besteht nach IAS 27.13 die widerlegbare Vermutung, dass ein Unternehmen die Beherrschung gegenüber einem anderen Unternehmen ausüben kann, sobald es mehr als die Hälfte der Stimmrechte des anderen Unternehmens besitzt. Verfügt das Unternehmen über weniger als die Hälfte der Stimmrechte, kann dennoch von der Möglichkeit der Beherrschung ausgegangen werden, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: – Stimmenmehrheit aufgrund der Vereinbarung mit anderen Anteilseignern; – Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund von Satzungsbestimmungen/Vereinbarungen; – Recht zur Bestellung der Mehrheit der Mitglieder von Leitungsorganen; – Mehrheit der Stimmrechte innerhalb der Leitungsgremien. b) Bestimmung des Erwerbszeitpunktes. Maßgeblich für den Erwerbszeitpunkt ist das Kriterium der Kontrollerlangung. Danach bestimmt sich der Erwerbszeitpunkt nach dem Zeitpunkt, zudem der Erwerber die Kontrolle über das erworbene Unternehmen erlangt. c) Ansatz und Bewertung der identifizierten erlangten Vermögenswerte, übernommenen Schulden und ggf. vorhandener Minderheitenanteile zum Erwerbszeitpunkt. IFRS 3 liegt ein Ansatzprinzip (Recognition Principle) zugrunde, bei dem sämtliche Vermögenswerte und Schulden sowie die nicht beherrschenden Anteile des erworbenen Unternehmens zu erfassen sind. Voraussetzung für den Ansatz von Vermögenswerten und Schulden ist die Erfüllung der Definitionskriterien des IAS-Frameworks (IFRS 3.11). Der Ansatz der Vermögenswerte und Schulden erfolgt unabhängig davon, ob diese bereits vor dem Unternehmenszusammenschluss in der Bilanz des akqui-

Kaufpreisallokation rierten Unternehmens angesetzt waren. Dies gilt im Besonderen im Fall vom erworbenen Unternehmen selbsterstellter immaterieller Vermögenswerte, die nach IAS 38.63 von der Aktivierung ausgeschlossen sind. Immaterielle Vermögenswerte unterliegen im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses nunmehr einer sog. einstufigen Ansatzkonzeption. Erfüllt ein immaterieller Vermögenswert die nachfolgenden vier Definitionskriterien kumulativ, ist dieser separiert vom Goodwill anzusetzen: – Der immaterielle Vermögenswert ist eine nicht-monetäre Ressource ohne physische Substanz (IAS 38.8). – Der immaterielle Vermögenswert liegt in der Verfügungsmacht des akquirierenden Unternehmens aufgrund vergangener Ereignisse (IAS 38.1316). – Ein Zufluss zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens aus dem immateriellen Vermögenswert wird erwartet (IAS 38.17). – Der immaterielle Vermögenswert muss identifizierbar sein (IAS 38.11-12. Die konkreten Ansatzkriterien der Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Nutzenzuflusses sowie der zuverlässigen Bewertbarkeit sind im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen stets erfüllt und müssen für im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene immaterielle Vermögenswerte nicht mehr nachgewiesen werden. Grundsätzlich sind nach IFRS 3.18 sämtliche im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses erworbenen Vermögenswerte und Schulden mit ihrem beizulegenden Zeitwert (o Fair Value) zu bewerten. Ausgenommen von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen sind o latente Steuern, Versorgungszusagen, Erstattungsansprüche, zurückerworbene Rechte sowie Vermögenswerte oder Gruppen von Vermögenswerten, die als

zur Veräußerung gehalten klassifiziert werden. IFRS 3.B41-45 gibt darüber hinaus Anwendungshilfen bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts. So ist bei Vermögenswerten, die mit unsicheren Zahlungsströmen behaftet sind, die Unsicherheit bei der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert zu berücksichtigen und nicht mit Hilfe einer passivischen Wertberichtigung (Valuation Allowance) zu erfassen. Zudem wird klargestellt, dass die geplante Nutzung durch den Erwerber keinen Einfluss auf den beizulegenden Zeitwert haben darf. Eine Bewertung zu einem individuellen Value in-use kommt somit nicht in Betracht. d) Erfassung eines Goodwill oder eines Ertrages aus einem günstigen Kauf (bargain purchase). Um die Höhe des Goodwill bzw. des Ertrags, der aus einem günstigen Kauf resultiert, zu bestimmen, muss der beizulegende Zeitwert der übertragenden Gegenleistung ermittelt werden. Dazu sind die beizulegenden Zeitwerte der hingegebenen Vermögenswerte, der übernommenen Schulden sowie der emittierten Eigenkapitalinstrumente jeweils zum Erwerbszeitpunkt zu bestimmen. Dem Unternehmenszusammenschluss direkt zurechenbare Kosten dürfen bei der Berechnung der übertragenden Gegenleistung nicht berücksichtigt werden und sind direkt erfolgswirksam zu erfassen. Der Goodwill wird nach IFRS 3.32 bestimmt, indem von der Summe aus der gewährten Gegenleistung (bzw. wenn keine Gegenleistung übertragen wird, von dem Fair Value der Anteile am akquirierten Unternehmen), eventuell verbleibenden Anteilen nicht-beherrschender Gesellschafter und eventuell bereits gehaltener Anteile am Unternehmen (nur relevant bei einem sukzessiven Anteilserwerb) das (unter Berücksichtigung latenter Steuern) neubewertete Nettovermögen des akquirierten Unternehmens in Abzug gebracht wird. 455

Kaufpreisallokation Im Rahmen der Goodwillbilanzierung besteht ein Wahlrecht, die nicht beherrschenden Anteile mit ihrem proportionalen Anteil an dem neubewerteten Nettovermögen zu bewerten (o Neubewertungsmethode), oder diese Anteile mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu erfassen (o Full-Goodwill-Methode). Hiernach bestimmt sich auch, ob der Goodwill beteiligungsproportional oder vollständig aufgedeckt wird. Entsteht aus der Kapitalkonsolidierung ein negativer Unterschiedsbetrag, ist dieser, nachdem eine erneute Neubewertung (Reassessment) des identifizierbaren Nettovermögens durchgeführt wurde, erfolgswirksam zu erfassen. 3. Prozess der Kaufpreisallokation Die Abbildung eines Unternehmenszusammenschlusses ist ein komplexer Prozess, der hohe Anforderungen an den Bilanzierenden stellt. In den vergangenen Jahren wurde die Durchführung von K. im Rahmen von Fehlerfeststellungen häufig von der o Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) beanstandet. Grundsätzlich kann der Prozess einer K. in sieben Teilschritte untergliedert werden:

Zunächst muss der Erwerber identifiziert und anschließend der beizulegende Zeitwert der gewährten Gegenleistung ermittelt werden. Schwierigkeiten bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts können vor allem dann auftreten, wenn die vom Erwerber zu erbringende Gegenleistung nicht ausschließlich aus Barmitteln besteht. Bevor Vermögenswerte und Schulden identifiziert werden, hat es sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen, das erworbene Unternehmen daraufhin zu untersuchen, in welcher Weise eine Eingliederung in die interne Struktur des Erwerbers erfolgen kann. Eine derartige Analyse ermöglicht es, rechtzeitig und effizient Informationen zu generieren, die ggf. im Rahmen des (Goodwill-) o Impairment Tests benötigt werden.

– Ermittlung des Goodwill und Verteilung auf die o zahlungsmittelgenerierende Einheit(en),

Einen wesentlichen Schritt im Rahmen der Erwerbsmethode bildet die Identifizierung und Bewertung der erwobenen Vermögenswerte und Schulden. Für eine wirtschaftliche und sachgerechte Durchführung der K. müssen im Vorfeld Wesentlichkeitsgrenzen definiert werden, bis zu deren Höhe eine Nicht-Berücksichtigung identifizierbarer Vermögenswerte für sich und in der Summe nicht zu einem falschen Ausweis der VermögensFinanz- und Ertragslage führen würde. Zudem muss geprüft werden, ob die Vermögenswerte und Schulden die Ansatzvoraussetzungen des IFRS 3 erfüllen. Die als wesentlich identifizierten Vermögenswerte und Schulden sind zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Hierzu finden sich wesentliche Festlegungen in der IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: „Bewertungen bei der Abbildung von Unternehmenserwerben und bei Werthaltigkeitsprüfungen nach IFRS“ (IDW RS HFA 16) und im IDW Standard „Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte“ (IDW S 5).

– Offenlegung und Einreichung bei Aufsichtsbehörden.

Ein nach Saldierung des neubewerteten Reinvermögens mit dem beizulegenden

– Identifizierung des Erwerbers, – Bestimmung der gewährten Gegenleistung für die erworbenen Anteile, – Analyse und Struktur der erworbenen Einheit, – Identifizierung und Klassifizierung der erworbenen Vermögenswerte und übernommenen Schulden, – Bewertung der erworbenen Vermögenswerte und der übernommenen Schulden,

456

Kaufpreisallokation Zeitwert der gewährten Gegenleistung als Residualgröße verbleibender Goodwill ist zwecks Prüfung der Werthaltigkeit in zukünftigen Perioden auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten zu verteilen. Die Verteilung des Goodwill auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten hat dabei insbesondere nach den Vorschriften des IAS 36.80 zu erfolgen, wonach jede Einheit oder Gruppe von Einheiten, zu der der Goodwill zugeordnet werden soll nicht größer sein darf, als die niedrigste Ebene innerhalb des Unternehmens, auf der der Goodwill für interne Managementzwecke überwacht wird (IAS 36.80 (a)) und auch nicht größer als ein Geschäftssegment, wie es gemäß IFRS 8 Geschäftssegmente festgelegt ist (IAS 36.80 (b)). Darüber hinaus müssen aufgrund von umfänglichen Offenlegungsvorschriften die zuvor dargelegten Schritte sorgfältig dokumentiert werden. Die Angaben umfassen allgemeine Informationen, wie z.B. Name, Erwerbszeitpunkt und Beschreibung des zusammengeschlossenen Unternehmens, Informationen in Bezug auf Kennzahlen der Zugangsbewertung, wie beispielsweise den beizulegenden Zeitwert der Gegenleistung, angesetzte Beträge für jede größere Klasse von Vermögenswerten und Schulden, Informationen in Bezug auf wesentliche finanzielle Auswirkungen des Zusammenschlusses sowie Informationen in Bezug auf wesentliche Goodwill-Beträge. 4. Unterschied zwischen GAAP und HGB

IFRS,

US-

a) Unterschiede zum HGB. Vor Inkrafttreten des o Bilanzmodernisierungsgesetzes (BilMoG) bestanden u.a. für die K. handelsrechtliche Wahlrechte, die häufig zu erheblichen Abweichungen zwischen der HGB- und der IFRS-Rechnungslegung führten. Die Wahlrechte wurden in der Vergangenheit bereits durch das o Deutschen Rechnungslegungs Standard Committee im Deutschen

Rechnungslegungs Standard Nr. 4 „Unternehmenserwerbe im Konzernabschluss“ eingeschränkt. Im Rahmen des BilMoG wurden die handelsrechtlichen Wahlrechte im Wesentlichen beseitigt, so dass nun eine weitgehende Übereinstimmung zwischen HGB und IFRS besteht. Im Einzelnen bestand bisher für die Konsolidierung von Tochterunternehmen nach handelsrechtlichen Grundsätzen ein Wahlrecht zwischen der Anwendung der Buchwert- und Neubewertungsmethode. Für Tochterunternehmen, die erstmalig in einem Geschäftsjahr, das nach dem 31. Dezember 2009 beginnt, in den Konzernabschluss einbezogen werden, hat die Kapitalkonsolidierung nun ausschließlich nach der Neubewertungsmethode zu erfolgen. Die ausschließliche Anwendung der Neubewertungsmethode entspricht den Regelungen des DRS 4.24 und des IFRS 3. Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen bestimmt sich der Geschäfts- oder Firmenwert als rechnerische Differenz zwischen den Anschaffungskosten der dem Mutterunternehmen gehörenden Anteile an einem Tochterunternehmen und dem zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Reinvermögen des Tochterunternehmens. Wie nach den IFRS besteht für den Geschäfts- oder Firmenwert aus der Kapitalkonsolidierung eine Ansatzpflicht. Im Unterschied zu den IFRS besteht nach HGB kein Wahlrecht, die Minderheitenanteile mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Eine Aufdeckung des auf die Minderheiten entfallenden Geschäfts- oder Firmenwerts ist somit nicht zulässig. b) Unterschiede zu US-GAAP. Innerhalb der US-GAAP finden sich die Regelungen zu Unternehmenszusammenschlüssen im Accounting Standard Codification 805 „Business Combinations“ (FASB ASC 805). Im Rahmen des von IASB und FASB gemeinsam durchgeführten Konvergenzprojekts II wurden 457

Kennzahlen wesentliche bislang bestehende Unterschiede zwischen den IFRS und den USGAAP beseitigt. Dennoch verbleiben bei der Behandlung von Unternehmenszusammenschlüssen einige Unterschiede: – Während nach den IFRS ein Wahlrecht besteht, entweder die Neubewertungsmethode oder die FullGoodwill-Methode anzuwenden, ist nach US-GAAP lediglich die FullGoodwill-Methode zulässig. – Während nach den IFRS ein Ansatz von o Eventualforderungen zu unterbleiben hat, sind diese nach USGAAP zu berücksichtigen, wenn ihre Realisierung wahrscheinlich ist oder sie aus Verträgen entstanden sind. Lit.: Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der SchmalenbachGesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.: Immaterielle Werte im Rahmen der Purchase Price Allocation bei Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS – Ein Beitrag zur Best Practice, in: ZfbFSonderh. 06/2009; Beyhs, O./Wagner, B.: Die neuen Vorschriften des IASB zur Abbildung von Unternehmenszusammenschlüssen – Darstellung der wichtigsten Änderungen im IFRS 3, in: DB 2008, S. 73-83; Heidemann, C.: Die Kaufpreisallokation bei einem Unternehmenszusammenschluss nach IFRS 3, 2005; IDW: IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Bewertung bei der Abbildung von Unternehmenserwerben und bei Werthaltigkeitsprüfungen nach IFRS (IDW RS HFA 16); Küting, K./Weber, C.P./Wirth, J.: Die Goodwillbilanzierung im finalisierten Business Combinations Project II, in: KoR 2008, S. 139-152; Küting, K./Wirth, J.: Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS 3, in: KoR 2004, S. 167-177; Lüdenbach, N./Prusaczyk, P.: Bilanzierung von Kundenbeziehungen in der Abgrenzung zu Marken und Goodwill, in: KoR 2004, S. 204-214; Lüdenbach, N./Völkner, B.: Abgrenzung 458

des Kaufpreises von sonstigen Vergütungen bei der Erst- und Endkonsolidierung, in: BB 2006, S. 1435-1440; Schwedler, K.: Business Combinations Phase II: die neuen Vorschriften zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen – Darstellung und Würdigung (Teil 1), in: KoR 2008, S. 125-138; Zegler, H.: Purchase Price Allocation nach IFRS und USGAAP, in: Ballwieser, W./Beyer, S./Zelger, H. (Hrsg.): Unternehmenskauf nach IFRS und US-GAAP, 2. Aufl., 2008, S. 101-150. Jörn Schulte Kennzahlen Größen, die eine zielgerichtete Beurteilung betriebswirtschaftlicher Sachverhalte erlauben. Zu unterscheiden sind absolute K. (z.B. Jahresüberschuss, Bilanzsumme) und relative, auch als Verhältnisgrößen bezeichnete K. (z.B. Eigenkapital in Prozent des Gesamtkapitals). Im Rahmen der o Bilanzanalyse werden aus Rechnungswesendaten K. gebildet, um die wirtschaftliche Situation der Unternehmung im Zeitvergleich und/oder im Vergleich zu anderen Unternehmen zu analysieren. Im o Controlling werden K. für die interne Steuerung und Kontrolle benutzt, um die Wirkung getroffener oder zu treffender Maßnahmen zu beurteilen. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 1034-1036; Baetge, J./Kirsch, H.J./Thiele, S.: Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004, S. 147-190. Kennzahlensysteme Zusammenstellung mehrerer, in inhaltlichem Zusammenhang stehender o Kennzahlen mit dem Ziel einer umfassenderen Beurteilung als durch eine einzelne Kennzahl. Zu unterscheiden sind Ordnungssysteme, bei denen verschiedene Kennzahlen gleichrangig nebeneinander stehen, sowie Rechensysteme (hierarchische K.), bei denen eine Spitzenkennzahl

Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) mathematisch in nachgelagerte Kennzahlen zerlegt wird. Eines der bekanntesten K. ist das nach dem US-amerikanischen Chemiekonzern Du Pont de Nemours & Co. benannte und erstmals 1919 vorgestellte Du-Pont-Schema (auch: ROISchema), bei dem die Gesamtkapitalrendite (Return on Investment, o Rentabilität) zunächst in die o Umsatzrendite und den o Kapitalumschlag und anschließend in weitere Bestandteile (Ergebnis, Umsatz, Kapital) zerlegt wird. Im Rahmen des unternehmenswertorientierten Controllings werden hierarchische K. auch als Werttreiberbäume bezeichnet. Kernkapital Teil des haftenden o Eigenkapitals eines Kreditinstituts und somit als o Eigenmittel einzuordnen. Das K. ergibt sich aus allen dauerhaft zur Verfügung stehenden Positionen und ist im Kreditwesensgesetz (KWG) näher definiert. Kettenkonsolidierung = Stufenkonsolidierung Vorgehensweise bei der o Kapitalkonsolidierung im o mehrstufigen Konzern. Bei der K. wird zunächst das beteiligungsmäßig von dem Mutterunternehmen am weitesten entfernte Tochterunternehmen mit der ihr unmittelbar übergeordneten o Zwischenholding konsolidiert. Der so entstehende o Teilkonzernabschluss wird anschließend mit der nächsthöheren Zwischenholding zusammengefasst. Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis die Konzernmutter erreicht ist. Anders als bei der o Simultankonsolidierung entsteht bei der K. auf jeder Stufe ein Teilkonzernabschluss, der u.a. für interne Steuerungsaufgaben herangezogen werden kann. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 302-310. KGV = o Kurs-Gewinn-Verhältnis

Kifo = Konzern in - first out. Sammelbewertungsverfahren für gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens, wobei zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass die konzernintern gefertigten oder bezogenen o Vorräte zuerst im weiteren Produktionsprozess verbraucht werden. Im Endbestand sind dann vorwiegend von Dritten erworbene Vorräte enthalten, die zu den o Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Tagespreis zu bewerten sind; insoweit wird im o Konzernabschluss die o Zwischenergebniseliminierung vermieden. In der o Steuerbilanz ist die Bewertung nach dem K.-Verfahren unzulässig. Kirchensteuer o Ertragsteuern Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) o IFRS für SME KMU o Kleine und mittelgroße Unternehmen Kölner Funktionenlehre o Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung) Kommanditgesellschaft (KG) Auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtete o Personengesellschaft, bei der die Haftung zumindest eines Gesellschafters (Kommanditist) auf seine Vermögenseinlage beschränkt ist, während die restlichen Gesellschafter (Komplementäre) unbeschränkt haften. Rechtsgrundlage für die K. bilden die §§ 161177a HGB. Als Personengesellschaft gelten für die K. die erleichterten Rechnungslegungsvorschriften der §§ 238- 263 HGB. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Eine o Kapitalgesellschaft, bei der neben den Kommanditaktionären, die ledig459

Kompensationskalkulation lich mit ihrer Vermögenseinlage haften, mindestens ein Gesellschafter (o Komplementär) unbeschränkt haftet. Rechtsgrundlage für die KGaA bilden die §§ 278-290 AktG. Für die KGaA gelten die Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften. Kompensationskalkulation = o Ausgleichskalkulation = Mischkalkulation Komplementär = Unbeschränkt haftender Gesellschafter einer o Kommanditgesellschaft. Komplementärproduktion = o Kuppelproduktion Komplexitätseffekt o Prozesskostenrechnung Komplexitätskosten Mehrkosten, die aufgrund der Vielfalt an Teilen und Komponenten eines Produktes oder dem Variantenreichtum eines Produktprogramms in den verschiedenen Wertschöpfungsbereichen durch einen höheren Anteil an gemeinkostentreibenden Aktivitäten entstehen. Die Erfassung von K. kann über die o Prozesskostenrechnung erfolgen. Komponentenansatz = Component approach Nach dem K. sollen die o Abschreibungen für das Sachanlagevermögen gesondert für einzelne Komponenten eines o Vermögensgegenstands bzw. o Vermögenswerts mit unterschiedlichen Nutzungsdauern erfolgen, soweit ihre o Anschaffungs-/Herstellungskosten einen bedeutenden Anteil der Gesamtkosten der Sachanlage ausmachen. Gemäß o IFRS hat eine Aufteilung nach IAS 16.43 selbst dann stattzufinden, wenn die Komponenten in einem Nutzungs- oder Funktionszusammenhang stehen. Nach o HGB gibt es keine Regelungen zu einer gesonderderten Abschreibung von Komponenten. Laut dem o Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) 460

ist dies jedoch unter Berückschtigung bestimmter handelsrechtlicher Voraussetzungen möglich, welche im IDW Rechnungslegungshinweis HF 1.016 zu finden sind. Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 342f.; Herzig, N./Briesemeister, S./Joisten, C./ Vossel, S.: Component Approach im Handels- und Steuerbilanzrecht – Anmerkungen zu IDW RH HFA 1.016, in: WPg 2010, S. 561-573. Kongruenzprinzip = Bilanzkongruenz Ein allgemein gültiger, gesetzlich nicht explizit kodifizierter o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem die Summe der Periodengewinne gleich dem Totalgewinn während der gesamten Existenz des Unternehmens ist, der sich aus dem Überschuss der Gewinn- und Kapitalentnahmen über die Kapitaleinlagen ergibt. Das K. erfordert die Identität der o Schlussbilanz mit der o Eröffnungsbilanz des Folgejahres und schließt die erfolgsneutrale Verrechnung von Aufwendungen und Erträgen mit dem o Eigenkapital aus. Ein unter Beachtung des K. ermittelter Gewinn wird international als o clean surplus bezeichnet. Bei Verstößen gegen das K. liegt hingegen ein dirty surplus vor. Konkursbilanz o Insolvenzstatus Konsolidierung Im Rechnungswesen die Zusammenfassung der einzelnen Jahresabschlusspositionen mehrerer Unternehmen (o Summenabschluss) mit anschließender Aufrechnung der aus Rechtsbeziehungen zwischen den Unternehmen entstandenen Abschlusspositionen zur Erstellung eines zusammengefassten Jahresabschlusses (o Konzernabschluss).

Konsolidierungswahlrechte Konsolidierungsgrundsätze o Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung Konsolidierungskreis Bezeichnung für die in den o Konzernabschluss einzubeziehenden Unternehmen. Nach § 294 HGB umfasst der K. neben dem o Mutterunternehmen grundsätzlich alle o Tochterunternehmen. Ein Konsolidierungswahlrecht gem. § 296 HGB besteht für Unternehmen, wenn:

methoden anzuwenden. Handelt es sich um ein gemeinschaftlich geführtes Unternehmen (o Gemeinschaftunternehmen), besteht ein Wahlrecht zwischen der o Quotenkonsolidierung und der o Equity-Bewertung. Besteht andererseits ein maßgeblicher Einfluss durch das beteiligte Unternehmen, liegt eino assoziiertes Unternehmen vor, welche in der Regel mittels Equity-Bewertung bilanziert wird. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 97-124; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009, S. 106-121; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S.148-159.



erhebliche und dauernde Beschränkungen in der Ausübung der Rechte des Mutterunternehmens vorliegen,



die erforderlichen Angaben nicht ohne unverhältnismäßig hohe Kosten oder Verzögerungen zu erhalten sind,



die Anteile ausschließlich zum Zweck ihrer Weiterveräußerung gehalten werden oder

Konsolidierungsmethoden o Kapitalkonsolidierung



es für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von untergeordneter Bedeutung ist.

Konsolidierungsstetigkeit Ausprägung des o Stetigkeitsprinzips, wonach die Konsolidierungsmethoden im o Konzernabschluss stetig anzuwenden sind (o Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung).

Zum K. gehören auch o Gemeinschaftsunternehmen, die gem. § 310 HGB nach der o Quotenkonsolidierung einbezogen werden. Gemäß o IFRS sind nach IAS 27.12 ähnlich wie im HGB grundsätzlich alle Tochterunternehmen in den Konzernabschluss einzubeziehen. Liegt eine o Beherrschungsmöglichkeit vor, ist das Tochterunternehmen über eine o Vollkonsolidierung im Konzernabschluss zu berücksichtigen. Fällt ein Tochterunternehmen hingegen unter die Regelung des IFRS 5, so ist dieses in der Bilanz zum niedrigeren Wert aus Buchwert und o Nettoveräußerungswert anzusetzen. Liegt ferner keine Beherrschungsmöglichkeit sondern lediglich eine Beteiligung vor, sind andere Konsolidierungs-

Konsolidierungswahlrechte Oberbegriff für die Wahlrechte, die ein Unternehmen zusätzlich zu den o Bilanzierungswahlrechten im o Jahresabschluss bei der Aufstellung des o Konzernabschlusses hat. K. existieren u.a. für die Einbeziehung von Tochterunternehmen (o Konsolidierungskreis), die o Kapitalkonsolidierung und die o Zwischenergebniseliminierung. Bei der Ausübung der K. ist der Grundsatz der o Konsolidierungsstetigkeit zu beachten. Die K. können die Vergleichbarkeit von Konzernabschlüssen verschiedener Unternehmen jedoch beeinträchtigen. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 112-120. 461

Kontengruppen Kontengruppen Die je nach Bedürfnissen des einzelnen Unternehmens vorzunehmende Untergliederung der o Kontenklassen. K. werden im Zehnersystem (010 bis 019) gebildet. Entsprechen die K. noch nicht den Anforderungen des Unternehmens, so besteht die Möglichkeit zur weiteren Staffelung in Kontenuntergruppen (0100 bis 0199) (o Kontenrahmen und Kontenplan). Kontenklassen Nach Sachgebieten erfolgende Untergliederung eines Kontenrahmens. Die verschiedenen o Bestandskonten und o Erfolgskonten sowie die Abschlusskonten werden in zehn K. untergliedert (o Kontenrahmen und Kontenplan). Kontenplan o Kontenrahmen und Kontenplan Kontenprüfung = o Ergebnisprüfung Kontenrahmen und Kontenplan 1. Definition und Zwecksetzung Bei zunehmendem Geschäftsumfang und steigender Anzahl von Buchungen wird eine Systematik in der Fülle der Buchhaltungskonten unerlässlich. Diese im Eigeninteresse der buchführenden Unternehmen liegende Ordnung wird innerhalb von Branchen und Verbänden zusätzlich vom Interesse der Vergleichbarkeit der Rechnungswesen-Informationen verschiedener Unternehmen begleitet, so dass eine überbetriebliche und allgemein verwendete Gliederung angebracht erscheint. Die sich daraus ergebende Übersicht wird auch als Kontenrahmen bezeichnet. Eine verbindliche Vorschrift für die Strukturierung der Konten gibt es nicht. Entscheidet man sich dafür, bei der Erstellung eines Kontenrahmens den Bilanz- und Gewinn- und Verlustrechnungs-Gliederungen des o Handelsgesetzbuchs (HGB) zu folgen, so liegt eine 462

Ordnung der Konten in aktive und passive Bestandskonten, Ertrags-, Aufwandsund Ergebniskonten nahe. Die Orientierung an den gesetzlichen Rechnungslegungsvorschriften für den o Jahresabschluss gibt einer solchen Art von Kontenrahmen auch den Namen „Abschlussgliederungsprinzip“ oder auch „Bilanzgliederungsprinzip“. Es dominieren hier die Aufgaben der Finanzbuchhaltung. Eine Berücksichtigung der innerbetrieblichen Kosten- und Erlösrechnung kann dann, falls in Kontenform gewünscht, bspw. in einer eigenständigen letzten Kontenklasse stattfinden, so dass das Abschlussgliederungsprinzip in diesem Falle mit einer Trennung von Finanz- und Betriebsbuchhaltung (Kosten- und Erlösrechnung) in zwei getrennte Regelkreise (Zweikreissystem) verbunden ist. (Beispiel: Industrie-Kontenrahmen IKR). Dominiert andererseits die o Betriebsbuchhaltung mit der Ermittlung von Selbstkosten, Deckungsbeiträgen und kurzfristiger Erfolgsrechnung, so werden der betriebliche Leistungs- und Wertefluss sowie die sich daraus ergebenden Buchungen und Verrechnungsschritte für die Anordnung der Konten maßgeblich sein. Eine so aufgebaute Kontensystematik bezeichnet man demnach auch als „Prozessgliederungsprinzip“ oder „Prinzip der Abrechnungsfolge“. Sie ist bspw. im GKR (Gemeinschafts-Kontenrahmen der Industrie) zu finden. Werden in einem solchen Kontenrahmen dann sowohl die Konten für die Betriebs- als auch die für die Finanzbuchhaltung erfasst und integriert, so spricht man auch von einem „Einkreissystem“. Der Vorteil des Einkreissystems ist, dass Finanz- und Betriebsbuchhaltung in einem geschlossenen Abrechnungskreis miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt sind. Als Nachteil muss dabei aber in Kauf genommen werden, dass der Abschluss der einen Rechnung nicht ohne

Kontenrahmen und Kontenplan kreissystem. Da jedoch der handelsrechtliche Jahresabschluss i.d.R. viel leichter aus einer nach dem Abschlussgliederungsprinzip organisierten Buchhaltung erstellt werden kann und die Kostenrechnung in vielen Unternehmen auch nicht mehr kontenmäßig sondern tabellarisch erfolgt, hat bei der Verbreitung der Kontenrahmen eine Entwicklung weg vom Prozessgliederungsprinzip und hin zum Abschlussgliederungsprinzip stattgefunden.

die andere möglich ist. Selbst für die Ermittlung des o Betriebsergebnisses in der kurzfristigen Erfolgsrechnung ist dann ein Abschluss der gesamten Buchführung erforderlich. Soweit die o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung eingehalten werden, ist das Prozessgliederungsprinzip ebenso zulässig wie das Abschlussgliederungsprinzip und das Einkreissystem genauso wie das ZweiAktiva

Kontenklasse 0

Passiva

... 1

... 2

... 3

Erträge ... 4

Aufwendungen

... 5

... 6

Ergeb- Kosten u. nis Leistungen

... 7

... 8

... 9

Immaterielle FinanzVermögens- anlagen gegenstände und. Sachanlagen

Umlauf- Eigenverkapital und mögen Rückstllg.

Verb. und passive RAP

...

...

...

...

...

... 02 Konzessionen ... 05 Grundstücke u. Bauten ...

20 RohHilfs-, Betriebsstoffe

...

...

...

...

...

...

... 12 Ausleihungen an verb. Untern.

...

21 Unfertige Er13 Beteizeugligungen nisse ... u. Leis... tungen ...

Abb. 1: Skizze für den Aufbau eines Kontenrahmens - angelehnt an den IKR

2. Historische Entwicklung Die Verwendung von Kontenrahmen und die Präferenz für das eine oder andere Konten-Gliederungsprinzip sind historisch gewachsen und im Zeitablauf gewissen Veränderungen unterworfen gewesen. Erste Organisationspläne für die Buchhaltung wurden in Deutschland bereits 1890 und 1911 von J.F. Schär ent-

wickelt und als „Kontensysteme“ bezeichnet. Der wesentliche Impuls für einen Kontenrahmen in der Form, wie er auch heute noch verwendet wird, ging von E. Schmalenbach und seiner Veröffentlichung „Der Kontenrahmen“ in der Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung 1927 aus. Sein Ansatz war stark auf die Zwecke der Betriebsbuchhaltung hin ausgerichtet und damit vom 463

Kontenrahmen und Kontenplan Prozessgliederungsprinzip bestimmt. Er empfahl eine allgemeingültige, einheitliche Kontengliederung aus der dann betriebsindividuelle Kontenpläne entwickelt werden konnten. In den Jahren 1927-1930 wirkte Schmalenbach am Aufbau der vom Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit (RKW) herausgegebenen sog. Einheitsbuchführungen mit, die eine Darstellung und Vergleichbarkeit des gesamten Rechnungswesens aller Unternehmungen eines Wirtschaftszweiges ermöglichen sollten und in deren Kernstück branchenspezifische Kontenrahmen standen. In der darauf folgenden Zeit wurde zum Zwecke einer stärkeren Reglementierung und Kontrolle der Wirtschaft ein Pflichtkontenrahmen verbindlich vorgeschrieben, aus dem dann wiederum für die einzelnen Branchen verbindliche Normal- bzw. Mindestkontenrahmen erstellt wurden. So wurden aus dem 1937 für verbindlich erklärten „Erlasskontenrahmen (Reichskontenrahmen)“ aufgrund der mangelnden Flexibilität schließlich immer mehr auf einzelne Branchen zugeschnittene und für diese verbindliche Kontenrahmen entwickelt, deren Gesamtzahl mit über 200 angegeben wird. Um der Entwicklung eines immer weiter auseinanderstrebenden Regelwerkes Einhalt zu gebieten und das Rechnungswesen wieder mehr zu vereinheitlichen, wurde schließlich nach dem zweiten Weltkrieg 1949 von der Arbeitsgemeinschaft der Verbände Deutscher Maschinenbau-Anstalten und dem Arbeitsausschuss Betriebswirtschaft industrieller Verbände der „Gemeinschaftskontenrahmen industrieller Verbände“ (GKR) entwickelt und veröffentlicht. Dieser GKR wurde nicht mehr verbindlich vorgeschrieben, sondern nur noch zur Anwendung empfohlen. Die enge Anlehnung an den Erlasskontenrahmen erleichterte die Umstellung der Buchhaltung auf diesen neuen Kontenrahmen. Er war aber 464

ebenso wie der Pflichtkontenrahmen auf Schmalenbachs Konzept entwickelt worden, welches von einer engen Verzahnung von Finanz- und Betriebsbuchhaltung ausgeht, und ist nach dem Prozessgliederungsprinzip aufgebaut. Aufgrund vielfältiger Weiterentwicklungen in der Praxis (EDV-Orientierung, Übergang von der Voll- zur Teilkostenrechnung etc.) wurde die Betriebsbuchhaltung aber zunehmend von der Finanzbuchhaltung abgekoppelt und in statistischtabellarischer Form geführt. Außerdem war der GKR vor allem auf die Bedürfnisse von Produktionsbetrieben abgestimmt und weniger auf die anderer Branchen. Somit setzte sich der GKR nicht mehr überall durch. Stattdessen entwickelten die verschiedenen Wirtschaftsfachverbände zum Teil eigene neue Kontenrahmen, die sie ihren Mitgliedern zur Anwendung empfahlen. Zu nennen sind hier bspw. der insbesondere auf den Handel abgestimmte Groß- und Außenhandelskontenrahmen und der Einzelhandelskontenrahmen (EKR). Für industrielle Unternehmen wurde beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) der Industriekontenrahmen (IKR) entwickelt und 1971 vorgestellt. Er ist nach dem Abschluss- bzw. Bilanzgliederungsprinzip aufgebaut und entsprach damit viel besser als der GKR den Anforderungen der Unternehmen, die ohne größere Umbuchungs- und Abgrenzungsarbeiten aus der Buchhaltung einen Jahresabschluss in der Form erstellen wollten, wie er seit 1965 mit der Novellierung des o Aktiengesetzes vom Gesetzgeber für Aktiengesellschaften vorgeschrieben war (zwingend zu beachtende Bilanz- sowie Gewinn- und Verlustrechnungsgliederung; §§ 151 und 157 AktG von 1965). Nach der Einführung des o Bilanzrichtlinien-Gesetzes wurde der „Industriekontenrahmen 1971“ durch den entsprechend überarbeiteten und an die Abschluss- und Gliederungsvorschriften der großen Kapitalgesellschaf-

Kontenrahmen und Kontenplan ten angepassten „Industriekontenrahmen 1986“ (IKR 1986) abgelöst und hat dadurch erheblich an Bedeutung gewonnen. Er besitzt bis heute ohne große Veränderungen in der Praxis einen hohen Stellenwert.

Über diese Struktur ist eine eindeutige Klassifizierung eines jeden Kontos und dessen Zuordnung innerhalb des Rechnungswesens möglich. Beispielsweise ist die Kontonummer „6232“ des SKR 04 wie folgt zu lesen:

Auch von der DATEV e.G. wurden seit deren Gründung im Jahr 1966 eine Vielzahl unterschiedlicher und auf die Bedürfnisse der verschiedensten Branchen oder sogar einzelner Unternehmensgruppen abgestellte Kontenrahmen entwickelt und Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und deren Mandanten zur Verfügung gestellt. Auf diesem Wege erfahren die DATEV-Kontenrahmen vor allem im Mittelstand große Verbreitung. Die Standardkontenrahmen (SKR) werden regelmäßig gepflegt, überarbeitet und bei Gesetzesänderungen angepasst, so dass zum heutigen Zeitpunkt auch die Neuerungen durch das o BilMoG 2009 bereits umgesetzt wurden. Das gilt sowohl für die Kontenrahmen, die den Bedürfnissen der Anwender nach einer dem Bilanzgliederungsprinzip folgenden Systematik gerecht werden (z.B. der SKR 04), als auch für Kontenrahmen, die dem Wunsch eines Anwenders nach prozessorientierter Ordnung der Konten entsprechen (z.B. SKR 03). Beide Kontenrahmen sind darüber hinaus in einer Variante nach o International Financial Reporting Standards (IFRS) verfügbar.

6 Kontenklasse „Betriebliche Aufwendungen“

3. Dekadisches Gliederungsprinzip Die Gliederung der Konten innerhalb eines Kontenrahmens kann numerisch und/oder alphabetisch erfolgen. In der Praxis hat sich die numerische Gliederung durchgesetzt mit jeweils 10 Kontenklassen, darunter wiederum 10 Kontengruppen und Untergruppen, darunter dann die eigentlichen Konten, die ihrerseits, je nach Bedarf, wieder in weitere Unterkonten aufgeteilt werden. Man spricht hier auch vom „dekadischen Prinzip“.

2 Kontengruppe „Abschreibungen“ 3 Untergruppe „Außerplanmäßige Abschreibungen auf Sachanlagen“ 2 Konto „Absetzung für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung des KFZ“ Durch das Anfügen weiterer Ziffern kann eine weitere Unterteilung in Unterkonten (z.B. für Unternehmen mit mehreren Zweigwerken und mehreren Fuhrparks) und falls nötig auch noch in UnterUnterkonten herbeigeführt werden. Je nach individuellem Bedarf erstellen sich dann die Unternehmen aus dem allgemeinen und unternehmensübergreifenden Kontenrahmen ihren individuellen Kontenplan durch entsprechende Anpassungsmaßnahmen, in denen sie nicht benötigte Konten und Kontengruppen weglassen oder auch weitere Untergliederungen vornehmen, die für sie sinnvoll sind. 4. Einsatz der Kontennummern im Rechnungswesen Die Verwendung von Kontennummern in der Buchhaltung bringt den Vorteil, dass sich Buchungssätze knapper formulieren lassen und bei EDV-technischer Verarbeitung eine deutliche Rationalisierung zu realisieren ist: Beispielsweise kann der Buchungssatz „Absetzung für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung des KFZ, 10.000 € an Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung (hier: LKW), 10.000 €“ 465

Kontenuntergruppen bei Verwendung des SKR 04 verkürzt werden auf: „6232 / 0540 10.000“ Darüber hinaus sind für unternehmensindividuelle Zwecke auch vielfältige Verknüpfungen und Beziehungen zwischen den Konten und Kontengruppen möglich, die zu Auswertungs- und Berichtszwecken genutzt werden können. Sofern Branchenkontenrahmen eingesetzt werden, dient das zusätzlich der Möglichkeit eines Branchenvergleiches auf überbetrieblicher Ebene in den Verbänden. Selbst für die Anpassungsmaßnahmen und die Abstimmungsarbeiten innerhalb des Rechnungswesens von sich ständig wandelnden Konzernen mit Anund Verkäufen von Unternehmen und Unternehmensteilen hat die Schaffung und Anwendung von Kontenrahmen einen nicht zu unterschätzenden Wert. Lit.: Eisele, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, 7. Aufl., 2002, S. 565-583; Engelhardt W.H./Raffée, H./ Wischermann, B.: Grundzüge der doppelten Buchhaltung, 8. Aufl., 2010, S. 190196; Kosiol, E.: Kontenrahmen und Kontenpläne der Unternehmungen, 1962; Matthes, W.: Kontenrahmen, HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 1123-1133; Schmalenbach, E.: Der Kontenrahmen, in: ZfhF 1927, S. 385-402, 433-480; Wöhe, G.: Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. Aufl., 1997, S. 78-86. Barbara Wischermann Kontenuntergruppen o Kontengruppen Konto Ein Hilfsmittel in der o Buchhaltung zur Erfassung sämtlicher Geschäftsvorfälle. Ein K. ist meist in T-Form mit einer o Soll- (linken) und o Haben- (rechten) Seite aufgebaut. Weil jeder Geschäftsvorfall unsaldiert auf dem K. zu verbuchen ist, ergibt sich der Kontostand erst aus der Gegenüberstellung der zum Abschluss einer Rechnungsperiode (z.B. Tag, Monat, Quartal, Jahr) aufgelaufenen 466

Summe. Die K. lassen sich nach o Bestandskonten, o Erfolgskonten und gemischten Bestands- und Erfolgskonten systematisieren (o Kontenrahmen und Kontenplan). Alterativ zur T-Form kann ein K. auch in Staffelform dargestellt werden. Kontoauszug Rechnungsauszug aus einem o Konto zur Unterrichtung des Kontoinhabers über die Umsätze und den Kontostand. KonTraG o Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kontrollrechnung Die K. ist neben der o Planungsrechnung Teil einer umfassenden Unternehmensrechnung. Sie dient der Beurteilung, ob mit den getroffenen Maßnahmen die gewünschten Ergebnisse erreicht wurden und ermöglicht die Identifikation von Abweichungen, deren Ursachen durch eine o Abweichungsanalyse transparent gemacht werden können. Kontorechnung, funktionale Prinzip der Buchführung nach Thoms, wobei die Geschäftsvorfälle auf den fünf Hauptkonten Kapital, Vermögen, Geld, Kosten und Erträgnisse gebucht werden. Lit.: Thoms, W.: Inhalt und Form der funktionalen Kontorechnung, 1951; Thoms, W.: Grundzüge der funktionalen Kontorechnung, 2. Aufl., 1962. Kontrollsystem, internes (IKS) Hilfsmittel der internen o Revision; soll eine permanente interne Überwachung aller Geschäftsvorfälle gewährleisten, z.B. korrekte Erfassung von Zahlungseingängen, aber auch Schutz gegen illegale Handlungen der Mitarbeiter eines Unternehmens (o Fraud). Das IKS ist Gegenstand der o Prüfung des Jahresabschlusses.

Konvergenz des Rechnungswesens Konvergenz des Rechnungswesens 1. Begriff Unter Konvergenz des Rechnungswesens versteht man gemeinhin die Vereinheitlichung der Finanzdatenbasis für die Berichte und Auswertungsrechnungen der externen und internen Unternehmensrechnung. In diesem Zusammenhang wird das Ergebnis des Konvergenzprozesses auch als Integration des Rechnungswesens bezeichnet; teilweise wird plakativ von ‚Biltrolling‘ gesprochen. Aufgrund der regulatorischen Vorschriften für das externe Rechnungswesen enthält die vereinheitlichte Datenbasis eines konvergenten Rechnungswesens im Regelfall pagatorische Rechengrößen, d.h. Aufwendungen und Erträge (accruals). Ausnahmsweise, so z.B. bei der o Segmentberichterstattung gem. IFRS 8/ SFAS 131 im Rahmen des o management approach, oder in Fällen von nicht wesentlicher Bedeutung innerhalb der Finanzberichterstattung können dies jeIntegrationsintensität bezogen auf den Zweckumfang

doch auch kalkulatorische Größen sein, die dann aus dem internen Rechnungswesen unverändert in die externe Finanzberichterstattung übernommen werden. In der Unternehmenspraxis sind neben dem konstituierenden Merkmal einer einheitlichen Datenbasis weitere Integrationsdimensionen beobachtbar. So kann sich die Konvergenz des Rechnungswesens lediglich auf ausgewählte Rechenzwecke (z.B. Dokumentation und Steuerung) bzw. Hierarchieebenen (z.B. nur Unternehmensspitze und Segmentebene) beziehen (vgl. Abb. 1). Eine nicht vollständige Vereinheitlichung in einer bzw. mehreren Dimensionen wird als partielle Integration bezeichnet. 2. Historische Gründe für die Konvergenz von externem und internem Rechnungswesen a) Traditionelle Separation des Rechnungswesens. Während im internen Rechnungswesen Überlegungen der Preiskalkulation und der Selbstinformation des

vollständige Integration

Kalkulation

Integrationsintensität bezogen auf die Hierarchiestufe

Steuerung

Kostenstelle

Cost Center/Profit Center Dokumentation Segment Unternehmensspitze

Zwei-KreisSystem

Brücken/ Überleitungen

Ein-KreisSystem

Integrationsintensität bezogen auf die Datenbasis

Abb. 1: Integrationsdimensionen im Konvergenzfeld des Rechnungswesens (entnommen aus Simons/Weißenberger, WiSt 2009, S. 392)

467

Konvergenz des Rechnungswesens Managements im Rahmen der Geschäftssteuerung im Vordergrund stehen, stellt das externe Rechnungswesen vor allem auf die Ermittlung eines objektivierten, vorsichtig bemessenen ausschüttungsfähigen Jahresergebnisses ab. Dahinter stehen Überlegungen des Gläubigerschutzes, aber auch die Verzahnung der externen Finanzberichterstattung mit steuergesetzlichen oder gesellschaftsrechtlichen Vorschriften. In Konsequenz sind die im externen Rechnungswesen verwendeten pagatorischen Rechengrößen, d.h. Aufwendungen und Erträge, nur sehr eingeschränkt für interne Kalkulations- und Steuerungszwecke geeignet. Praktisch resultiert aus dieser Zweckdivergenz im deutschsprachigen Raum die Umsetzung eines eigenständigen internen Rechnungswesens, in dem die Finanzdaten getrennt von den buchhalterischen Systemen des externen Rechnungswesens als kalkulatorische Kosten und Erlöse erfasst bzw. bewertet wurden (ZweiKreis-System). Damit sollte eine möglichst gute Anpassung dieser internen Rechengrößen an spezifischen Steuerungs- und Kalkulationsbedarfe bei gleichzeitiger Flexibilität und Schnelligkeit im internen Reporting erreicht werden. Zwar bestehen trotz der getrennten Erfassung von pagatorischen und kalkulatorischen Größen theoretisch formale Bezüge zwischen beiden Datenbasen. Die im internen Rechnungswesen verwendeten kalkulatorischen o Kosten und Erlöse können nämlich konzeptionell aus den Aufwendungen und Erträgen des externen Rechnungswesens durch Eliminierungen (neutrale Aufwendungen und Erträge) bzw. Anpassungen (Anderskosten und -erlöse) bzw. Hinzurechnungen (Zusatzkosten und -erlöse) übergeleitet werden (Schmalenbach’sche Treppe; o Grundgrößen des Rechnungswesens). Eine Überleitung der resultierenden pagatorischen Ergebnisgrößen für Gesell468

schaften mit den kalkulatorischen Bereichs- oder Produktergebnissen ist aus technisch-administrativen Gründen in einem separierten Rechnungswesen jedoch praktisch kaum durchführbar. So wird für ein möglichst zeitnahes Monats-Reporting u.a. die Kostenträgerbzw. Betriebsergebnisrechnung vielfach lediglich statistisch-tabellarisch über die Multiplikation von Mengen und Standardkosten bzw. -erlösen bzw. über die Auswertung ausgewählter Kosten- und Erlöskonten aufgestellt, ohne einen vollständigen Abschluss insb. der Bestandskonten durchzuführen. Andererseits werden Korrektur- und Abschlussbuchungen im externen Quartals- bzw. Jahresabschluss wegen fehlender Relevanz nicht mehr mit den dann zurückliegenden internen Auswertungsrechnungen abgestimmt. Zudem führt die interne Leistungsverrechnung auf Basis kalkulatorischer Kosten dazu, dass die intern ausgewiesenen Produktergebnisse nicht mehr in pagatorische und kalkulatorische Bestandteile zerlegt werden können. Vergleichbare Abstimmungsprobleme entstehen auf Gesellschafts- bzw. Bereichsebene durch Inkongruenzen zwischen der Legal- und Steuerungsstruktur im Konzern. b) Konvergenz des Rechnungswesens als aktuelle Entwicklung. Die in einem separierten Rechnungswesen zumindest stark eingeschränkte Abstimmbarkeit von externen Gesellschafts- und internen Bereichsergebnissen bzw. die fehlende Eignung kalkulatorischer Produktergebnisse für die Fundierung der Kommunikation mit unternehmensexternen Adressaten ist ein wichtiges Motiv für die Konvergenz des Rechnungswesens, die seit den 1990er Jahren im deutschsprachigen Raum zu beobachten ist. Verschiedene Kontextfaktoren begünstigen diese Entwicklung. So stellt die Durchsetzung kapitalmarktorientierter Konzepte der Unternehmens-

Konvergenz des Rechnungswesens führung erhöhte Anforderungen an die Investorenkommunikation. Um externe Ergebnisgrößen zu begründen, reicht das buchhalterische Input-Output-Modell der Ergebnisrechnung im externen Rechnungswesen nicht aus. Hierfür sind vielmehr differenzierte Finanzinformationen aus der Produkt- bzw. Bereichssteuerung des internen Rechnungswesens auf Istoder Planebene erforderlich, die dann aber in pagatorische Aufwands- und Ertragsgrößen überleitbar sein müssen. Zudem werden interne Performance-Größen nicht mehr produktionstheoretisch begründet, sondern aus den Wertsteigerungszielen der Anteilseigner hergeleitet (o Shareholder Value-Konzept). Eine formale Zielkongruenz, die konzeptionell über das Preinreich-Lücke-Theorem begründet wird, ist dabei insb. für Residualgewinne, die aus einem pagatorischen System externer Finanzdaten abgeleitet werden, gegeben. Bei traditionellen kalkulatorischen Ergebnisgrößen des internen Rechnungswesens ist dies im Regelfall dagegen nicht erfüllt. Ein weiterer bedeutsamer Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Durchsetzung der IFRS-Rechnungslegung. Damit steht im externen Rechnungswesen zum einen eine Finanzdatenbasis zur Verfügung, die deutlich besser als die Rechnungslegung unter HGB für Zwecke der internen Steuerung geeignet ist. Vielfältige Vorschriften und Prinzipien, wie z.B. der asset-Begriff, der risk and reward-approach oder die Bildung von Bewertungseinheiten korrespondieren eng mit den betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Bereichssteuerung. Zum anderen erzwingen die IFRS im Rahmen des management approach entweder faktisch, so z.B. durch die Regelungen des IFRS 8, aber auch durch regulatorische Zwänge, z.B. bei der Ermittlung des value in use gem. IAS 36, eine Angleichung von externen und internen Finanzdaten.

Indirekt spielen die IFRS auch in Zusammenhang mit der Internationalisierung von Unternehmensaktivitäten eine wichtige Rolle. Da die deutsche Ausprägung eines separierten Rechnungswesens den Mitarbeitern in ausländischen Konzerngesellschaften nur schwer vermittelbar ist, führt dies teilweise zu Zeitverzögerungen bzw. Unstimmigkeiten im internen Reporting, so dass steuernde Eingriffe der Konzernzentrale erst verspätet oder fehlerhaft greifen. Die Nutzung der IFRS als leading GAAP auch für Zwecke des internen Rechnungswesens kann hier Abhilfe schaffen. Weiterhin beeinflusst auch die Dezentralisierung von Führungsprozessen die Möglichkeit zur Konvergenz des Rechnungswesens. Während bei einer stark zentralisierten Führung operative Entscheidungsprobleme auch durch die Unternehmensspitze gelöst werden und damit auf allen Führungsebenen ein Bedarf an kalkulatorischen Finanzdaten besteht, nimmt diese Notwendigkeit mit zunehmendem Dezentralisierungsgrad ab. Bei umfassender Delegation von Leitungsrechten, wie sie heute in Großunternehmen üblich ist, besteht ein Bedarf an solchen kalkulatorischen Größen lediglich auf den unteren Hierarchieebenen. Für Zwecke der Bereichs- bzw. ProfitCenter-Steuerung durch die Konzernspitze reichen dagegen aus pagatorischen Finanzdaten abgeleitete Steuerungsgrößen aus. Diese können zwar, sofern erforderlich, innerhalb des Profit Centers in kalkulatorische Finanzdaten übersetzt werden, eine Aggregation dieser kalkulatorischen Größen in höheren Hierarchieebenen findet für Zwecke des o Controllings jedoch nicht mehr statt. Veränderte Rahmenbedingungen in der Produktkalkulation sind ein weiterer Treiber für die Konvergenz von externem und internem Rechnungswesen. In dem Maße, in dem Unternehmen auf Käufermärkten agieren, können Preisforderun469

Konvergenz des Rechnungswesens gen nicht mehr über kalkulatorisch ermittelte Selbstkosten verargumentiert werden. Den Anforderungen des Kostenmanagements mittels Zielkostenkalkulation (o Target Costing) werden pagatorisch begründete Kosten und Erlöse besser gerecht als intern nur schwer nachvollziehbare kalkulatorisch abgeleitete Finanzdaten. Schließlich wird die Konvergenz des Rechnungswesens maßgeblich auch durch den Wunsch nach Kosteneinsparungen bzw. Effizienzsteigerungen in den internen Finanzfunktionen getrieben. Durch die Vereinheitlichung der Datenbasis entfallen nicht nur Fehlerquellen bzw. Abstimmungsbedarfe, sondern es besteht auch die Möglichkeit zur Verschlankung von IT-Systemen. Durch die Bündelung bestimmter Aufgaben, z.B. die Erstellung von Standardberichten, in Shared Services Center können zusätzlich economies of scale bzw. scope realisiert werden. c) Kritische Würdigung. In der Literatur finden sich viele Argumente, die gegen eine Konvergenz des Rechnungswesens sprechen (so z.B. Pfaff, 1994 in Entgegnung zu Ziegler, 1994). Insb. im Kontext entscheidungsorientierter oder neo-institutionaler Forschungsparadigmata, die bezüglich des internen Rechnungswesens auf die Bereitstellung von Kosten- und Erlösinformationen zur sachgerechten Fundierung von Entscheidungs- und Steuerungsproblemen einzelner Handlungsträger abstellen, ist die Notwendigkeit einer eigenständigen internen Finanzdatenbasis unstrittig (Demski, 1973; Gjesdal, 1981). Allerdings werden in diesen Überlegungen verschiedene Aspekte ausgeklammert. Zum einen muss zwischen Nutzen versus Kosten eines eigenständigen internen Rechnungswesens abgewogen werden. Gerade wenn die Vorschriften des externen Rechnungswesens nur an wenigen Stellen steuerungsaverse Effekte 470

haben, ist zu vermuten, dass die Kosten der Separation deren Nutzen übersteigen. Zum anderen ist die traditionell instrumentelle Analyse kalkulatorischer Rechengrößen, die auf den Nutzen konkret spezifizierter Typen von Entscheidungsund Steuerungsproblemen abstellt, zu eng gegriffen. Die konzeptionelle Rolle der Rechnungslegung als Finanzsprache, mit deren Hilfe ein Abbild der betriebswirtschaftlichen Realität konstruiert wird und die Kommunikation über Vorgänge im Unternehmen so erst ermöglicht, wird dabei vernachlässigt. Gerade hierfür spielt die Konsistenz von externen und internen Finanzdaten jedoch eine bedeutsame Rolle. 3. Umsetzung in der Unternehmenspraxis Großzahlige empirische Untersuchungen der letzten Jahre bestätigen, dass sich in Großunternehmen, aber auch in mittelständischen IFRS-Bilanzierern, eine Integration des Rechnungswesens weitgehend durchgesetzt hat; allerdings dominiert dabei das Gestaltungsmuster einer partiellen Integration. So wird in den meisten Unternehmen die Finanzdatenbasis des externen Rechnungswesens mittels Brücken- oder Überleitungsrechnungen um ausgewählte Aufwendungen und Erträge bereinigt oder ergänzt, die für die interne Steuerung nicht geeignet sind. Bereinigungen betreffen u.a. fair-value-Änderungen oder bestimmte o Aufwandsrückstellungen, Ergänzungen z.B. den Ansatz kalkulatorischer Zinsen im Rahmen einer wertorientierten Steuerung. Anders als in einem separierten Rechnungswesen erfolgen diese Anpassungen jedoch nicht bereits innerhalb einer getrennten Basis, sondern erst, nachdem die Auswertungsrechnungen im internen Rechnungswesen, z.B. die Ermittlung eines Bereichsergebnisses, aus der vereinheitlichten Datenbasis hergeleitet wurden (vgl. Abb. 2).

Konvergenz des Rechnungswesens Separiertes Rechnungswesen Operating Front-End-Systeme

Integriertes Rechnungswesen Operating Front-End-Systeme

Externes Rechnungswesen

Internes Rechnungswesen

Integriertes Rechnungswesen

Data Base

Data Base

Data Base

Data Warehouse

Data Warehouse

Data Warehouse

Auswertungsrechnungen für externe Adressaten (Bilanzierung)

Auswertungsrechnungen für interne Adressaten (Kostenrechnung)

Auswertungs- ab- Auswertungsrechnungen stimm- rechnungen für externe bar/über- für interne Adressaten leitbar Adressaten (Bilanzierung) (Kostenrechn.)

Abb. 2: Umsetzung eines integrierten Rechnungswesens

Weiterhin erstreckt sich die Nutzung eines integrierten Rechnungswesens vor allem auf die oberen Hierarchieebenen bis hin zur Profit-Center-Ebene. Unterhalb von Werks-/Niederlassungsebene werden operative Steuerungsimpulse weiterhin mit kalkulatorischen Kosten und Erlösen oder aber über leistungswirtschaftliche Kennzahlen (Werttreiber) gegeben. Schließlich werden vielfach auch in der Produktkalkulation weiterhin kalkulatorische Wertgrößen verwendet. In diesen Fällen findet jedoch eine unternehmensweite Aggregation der kalkulatorischen Finanzdaten z.B. in Form einer traditionellen Kostenträgerzeitrechnung nicht mehr statt. Nachweisbare Kosteneinsparungen bzw. Effizienzgewinne werden vor allem über IT-technische Rationalisierungen im Rechnungswesen realisiert, d.h. über einheitliche Kontenpläne sowie Planungs-, Berichts- und Konsolidierungssoftware. Auch in einem integrierten Rechnungswesen bleibt der Methodenkern der Kostenrechnung, der die verschiedensten Kostenspaltungs-, -verrechnungs- und Kalkulationsschemata umfasst, unberührt, da sich die Konvergenz von externem und internem Rechnungswesen lediglich auf die Vereinheitlichung der zu-

grunde liegenden Finanzdatenbasis bezieht. Hierin besteht ein wesentlicher Unterschied zum Rechnungswesen angelsächsischer Tradition. Dort setzt das management accounting zwar seit jeher auf der Datenbasis des financial accounting auf, wertet diese aber durch ein deutlich weniger differenziertes Instrumentarium für interne Rechnungszwecke aus. So ist z.B. auch das Interesse US-amerikanischer Praktiker an der Grenzplankostenrechnung (vgl. z.B. Sharman/Vikas, 2004) weniger auf die in Deutschland früher übliche kalkulatorische Datenbasis zurückzuführen, sondern vielmehr auf die konzeptionelle Gestaltung und ITtechnische Umsetzung einer flexiblen Budgetierung. Lit.: Angelkort, H.: Integration des Rechnungswesens als Erfolgsfaktor für die Controllerarbeit, 2010; Demski, J.S.: The General Impossibility of Normative Accounting Standards, in: TAR 1973, S. 718-723; Gjesdal, F.: Accounting for Stewardship, in: JAR 1981, S. 208-231; IGC (Hrsg.)/Weißenberger, B.E.: Controller und IFRS, 2006; Jahnke, H./Wielenberg, S./Schumacher, H.: Ist die Integration des Rechnungswesens tatsächlich ein Motiv für die Einführung der IFRS in mittelständischen Unternehmen?, in: 471

Konzern KoR 2007, S. 365-376; Pfaff, D.: Zur Notwendigkeit einer eigenständigen Kostenrechnung, in: ZfbF 1994, S. 10651084; Müller, M.: Harmonisierung des externen und internen Rechnungswesens, 2006; Sharman, P.A./Vikas, K.: Lessons from German Cost Accounting, Strategic Finance 2004, S. 28-35; Simons, D./Weißenberger, B.E.: Die Konvergenz von externem und internem Rechnungswesen: Kritische Faktoren für die Entwicklung einer partiell integrierten Rechnungslegung aus theoretischer Sicht, in: BFuP 2008, S. 137-162; Simons, D./Weißenberger, B.E.: „Different costs for different purposes“ vs. „one version of the truth“, in: WiSt 2009, S. 390-395 (Teil 1), S. 446-459 (Teil 2); Wagenhofer, A. (Hrsg.): Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006; Weißenberger, B.E.: IFRS für Controller, 2007.; Ziegler, H.: Neuorientierung des internen Rechnungswesens für das Unternehmens-Controlling im Hause Siemens, in: ZfbF 1994, S. 175-188. Barbara Weißenberger Konzern Ein o Unternehmenszusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen unter wirtschaftlich o einheitlicher Leitung. Die einheitliche Leitung ist gem. § 18 AktG das konstituierende Merkmal für ein Konzernverhältnis. Sofern ein o Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) oder eine o Eingliederung (§§ 319 f. AktG) vorliegt, wird unwiderlegbar von einem Konzernverhältnis ausgegangen (o Vertragskonzern). Beim Vorliegen einer o Mehrheitsbeteiligung (§ 16 AktG) wird vermutet, dass zwischen den Unternehmen ein Abhängigkeitsverhältnis gem. § 17 AktG besteht. Kann die Abhängigkeit nicht widerlegt werden, so führt das zur Vermutung einer einheitlichen Leitung (§ 18 Abs. 1 AktG). Diese Vermutung ist kaum zu widerlegen, wenn die herrschende Gesellschaft kontinuierlich oberste Füh472

rungsaufgaben in dem abhängigen Unternehmen wahrnimmt. In solchen Fällen liegt ein faktisches Konzernverhältnis vor. Die Mehrheitsbeteiligung ist dann keine notwendige Voraussetzung, weil das Abhängigkeitsverhältnis auch entstehen kann, wenn z.B. ein Anteilspaket von weniger als 50 % gehalten wird, die verbleibenden Anteilseigner überwiegend jedoch von ihrem Stimmrecht regelmäßig keinen Gebrauch machen. Neben diesen Formen des o Unterordnungskonzerns (Vertragskonzern, faktischer Konzern) gilt auch für den o Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG) die einheitliche Leitung als konstituierendes Merkmal. Sie folgt hier nicht mehr aus dem beherrschenden Einfluss, sondern z.B. aufgrund eines vertraglich vereinbarten Gemeinschaftsorgans. Für Unternehmen, die in einem Unterordnungskonzern zusammengeschlossen sind, gelten die Konzernrechnungslegungsvorschriften der §§ 290 ff. HGB, die das o Mutterunternehmen zur Aufstellung eines o Konzernabschlusses verpflichten. Handelt es sich um einen kapitalmarktorientierten Konzern, sind die o IFRS im Konzernabschluss anzuwenden. Die Konzernbildung ist die von den Unternehmen eindeutig präferierte Form des Unternehmenszusammenschlusses. Innerhalb eines Konzerns können mehrere alternative Konzernverhältnisse auftreten. Dabei sind einstufige Konzerne, bei denen nur das Mutterunternehmen Anteile an Tochterunternehmen hält, und mehrstufige Konzerne, bei denen die Tochterunternehmen selbst auch Mutterunternehmen für weitere Konzernunternehmen sind, zu unterscheiden. Beschränkt sich das Mutterunternehmen auf die Leitungsfunktion, so bezeichnet man es als o Holding, produziert es selbst auch für Dritte, so nennt man eine

Konzernabschluss solche Aufbauorganisation Stammhauskonzern. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 57-60; Emmerich, V./Habersack, M.: Konzernrecht, 8. Aufl., 2005. Konzernabschluss 1. Aufgabe und rechtliche Grundlagen Der K. (group accounts, consolidated financial statements) soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der aus einem Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen bestehenden wirtschaftlichen Einheit „Konzern“ vermitteln. Diese Informationsfunktion entspricht der des o Jahresabschlusses. Andere o Funktionen des Jahresabschlusses (Grundlage der o Gewinnverwendung und der o Steuerbilanz) kommen dem K. nicht zu. Der K. ersetzt insofern nicht die Jahresabschlüsse der einbezogenen Unternehmen, sondern tritt als gesonderter Informationsabschluss für den Konzern neben diese, da die Einzelabschlüsse der den Konzern bildenden Unternehmen häufig durch konzerninterne Transaktionen und Verflechtungen verzerrt sind. So können etwa Erträge eines Tochterunternehmens durch die gezielte Gestaltung von o Verrechnungspreisen auf das Mutterunternehmen verlagert werden. Auch die Finanzlage des Mutterunternehmens erscheint in dessen Einzelabschluss möglicherweise zu positiv, wenn Tochterunternehmen in erheblichem Maße Fremdkapital nutzen. Durch Aggregation der Einzelabschlüsse stellt der K. den Konzern unter der „Fiktion der rechtlichen Einheit“ als ein einziges Unternehmen dar. Der K. findet seine rechtlichen Grundlagen für deutsche Unternehmen in erster Linie im Dritten Buch des o Handelsgesetzbuches (HGB). Innerhalb des Zwei-

ten Abschnitts regeln die §§ 290-314 HGB den K. und § 315 HGB den Konzernlagebericht. Für Österreich gelten die §§ 244-267 UGB in enger Anlehnung an die deutschen Vorschriften. Für NichtKapitalgesellschaften, deren Geschäftsbetrieb bestimmte Schwellenwerte übersteigt, regelt der Zweite Abschnitt des Publizitätsgesetzes (§§ 11-15 PublG) die Konzernrechnungslegung. Kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen in der Europäischen Union müssen nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 ihre K. nach den o International Financial Reporting Standards (IFRS) aufstellen. Für nicht-kapitalmarktorientierte deutsche Mutterunternehmen enthält § 315a Abs. 3 HGB ein Wahlrecht zwischen IFRS und HGB. Innerhalb der IFRS sind insbesondere IAS 27, Konzern- und separate Abschlüsse nach IFRS, SIC-12, Konsolidierung – Zweckgesellschaften, sowie ferner IFRS 3, Unternehmenszusammenschlüsse, IAS 21, Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse, IAS 28, Anteile an assoziierten Unternehmen, und IAS 31, Anteile an Joint Ventures, für den K. relevant. 2. Bestandteile Der K. erfüllt seine Informationsfunktion mit seinen in § 297 Abs. 1 HGB genannten Bestandteilen Konzernbilanz, Konzern- Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), Konzernanhang (o Anhang), o Kapitalflussrechnung und o Eigenkapitalspiegel. Er kann um eine o Segmentberichterstattung erweitert werden. Ergänzend informiert der Konzernlagebericht (o Lagebericht) über den Geschäftsverlauf und die Lage des Konzerns, ist selbst jedoch nicht Bestandteil des K. Der K. nach IFRS besteht im Wesentlichen aus den gleichen Bestandteilen wie der HGB-K. Während Bilanz, Ergebnis473

Konzernabschluss rechnung, Anhang und Eigenkapitalveränderungsrechnung in IAS 1, Darstellung des Abschlusses, geregelt sind, ist die Kapitalflussrechnung Gegenstand von IAS 7, Darstellung der Zahlungsströme. Die Segmentberichterstattung, welche von kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen verpflichtend anzugeben ist, findet ihre Regelung in IFRS 8, Geschäftssegmente. Da die IFRS keine Lageberichterstattung kennen, findet für nach IFRS bilanzierende deutsche Konzerne § 315 HGB über den Konzernlagebericht Anwendung. 3. Schritte der Konzernabschlusserstellung K. werden in der Praxis überwiegend aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Konzernunternehmen abgeleitet; eine originäre Konzernbuchführung existiert in der Regel nicht. Die Erstellung des K. erfordert die folgenden Schritte: – Prüfung der Aufstellungspflicht; – Festlegung des o Konsolidierungskreises; – Vereinheitlichung der Abschlussstichtage sowie der Bilanzansatz und -bewertungsmethoden der einzubeziehenden Einzelabschlüsse; – Umrechnung der vereinheitlichten Einzelabschlüsse in die Konzernabschlusswährung; – Horizontaladdition der Positionen der einzubeziehenden Einzelabschlüsse zum Summenabschluss; und – Eliminierung konzerninterner Geschäftsbeziehungen und Abschlusskorrekturen unter der Fiktion der rechtlichen Einheit durch Konsolidierung. Weiterhin sind im Rahmen der Erstellung des K. relevant: – Bildung latenter o Steuern, – Erstellung des Konzernanhangs (o Anhang) sowie 474

– Prüfung (o Prüfung des K.) und Offenlegung. 4. Aufstellungspflicht Nach § 290 Abs. 1 HGB sind inländische Mutterunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zur Erstellung eines K. verpflichtet. o Personenunternehmen bestimmter Größe prüfen ihre Aufstellungspflicht nach §§ 11, 12 PublG. Die Verpflichtung nach § 290 Abs. 1 HGB besteht bei Vorliegen einer Mutter-Tochter-Beziehung. Diese liegt vor, wenn ein Mutterunternehmen auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, ohne dass es auf die tatsächliche Ausübung der Beherrschung ankäme (sog. „Control“-Konzept). Beherrschender Einfluss liegt nach § 290 Abs. 2 HGB vor, wenn – dem Mutterunternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht; – dem Mutterunternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist; – dem Mutterunternehmen das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund eines Beherrschungsvertrages oder einer Satzungsbestimmung des Tochterunternehmens zu bestimmen; oder – das Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Chancen und Risiken eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft). Der K. ist innerhalb von fünf Monaten nach dem Konzernabschlussstichtag aufzustellen. Ist das Mutterunternehmen eine kapitalmarktorientierte Kapitalgesell-

Konzernabschluss schaft, so verkürzt sich diese Frist auf vier Monate (§ 290 Abs. 1 HGB).

ßenabhängige Befreiungen gibt es in den IFRS nicht.

Ein Mutterunternehmen, das zugleich Tochterunternehmen ist, braucht einen K. nicht aufzustellen, wenn ein befreiender K. auf höherer Ebene aufgestellt wird. Die Anforderungen an den befreienden K. sind in den §§ 291, 292 HGB je nach Sitz des den befreienden K. aufstellenden Mutterunternehmens (innerhalb oder außerhalb der EU/des EWR) gesondert geregelt.

5. Konsolidierungskreis

Mutterunternehmen, die bestimmte o Größenklassen für Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Arbeitnehmerzahl nicht überschreiten, sind nach § 293 HGB von der Pflicht zur Aufstellung eines K. befreit. Die Befreiung tritt nicht ein, wenn eines der einbezogenen Unternehmen kapitalmarktorientiert ist. Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen besteht unabhängig von Größe und Rechtsform Aufstellungspflicht (§§ 340 i, 341 i HGB). Für Unternehmen, die nach § 11 PublG konzernrechnungslegungspflichtig sind, gelten die größenabhängigen Befreiungen nach § 293 HGB nicht. Auch für deutsche IFRS-Anwender bestimmt sich, wie aus § 315a HGB hervorgeht, die Frage der Aufstellungspflicht des K. nach den §§ 290 ff HGB. Für Unternehmen, deren K.-Aufstellungspflicht sich aus den IFRS selbst ergibt, legt IAS 27.9 fest, dass diese Pflicht grundsätzlich jedes Mutterunternehmen (parent) trifft. Befreiungen von dieser Pflicht ergeben sich weitgehend analog zum deutschen Recht: Nach IAS 27.10 kann ein Mutterunternehmen auf die Aufstellung eines K. verzichten, wenn es als Tochterunternehmen in einen veröffentlichten IFRS-K. einbezogen wird, etwaige Minderheitsgesellschafter auf die Aufstellung eines K. verzichten, und es nicht selbst einen öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch nimmt oder eine solche Inanspruchnahme plant. Grö-

In den K. sind neben dem Mutterunternehmen grundsätzlich alle Tochterunternehmen einschließlich der ausländischen Töchter einzubeziehen (sog. Weltabschlussprinzip; § 294 HGB). Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen lediglich in Form der Konsolidierungswahlrechte des § 296 HGB. Praktische Relevanz besitzt dabei hauptsächlich das Konsolidierungswahlrecht bei untergeordneter Bedeutung des Tochterunternehmens (§ 296 Abs. 2 HGB). Während unter dem Begriff des Konsolidierungskreises gemeinhin der Kreis der im Wege der o Vollkonsolidierung (§§ 300-309 HGB) in den K. einzubeziehenden Tochterunternehmen gefasst wird, treten in einem umfassenderen Verständnis die im Wege der o Quotenkonsolidierung (§ 310 Abs. 1 HGB) oder der o Equity-Bewertung einbezogenen Gemeinschaftsunternehmen sowie die nach der Equity-Methode behandelten assoziierten Unternehmen (§§ 311-312 HGB) hinzu. Die IFRS gehen wie das HGB vom Weltabschlussprinzip aus (IAS 27.12). Für die Frage, wann ein Tochterunternehmen vorliegt, ist hier ebenfalls auf das Kriterium der Beherrschung (control) abzustellen. Dieses ist in IAS 27.13 weitgehend analog § 290 Abs. 2 HGB definiert, wobei die Spezialfrage des Einbezugs von Zweckgesellschaften in den K. in SIC-12 geregelt ist. Einbeziehungswahlrechte kennen die IFRS nicht. Ähnlich wie im HGB unterscheiden auch die IFRS zwischen durch Vollkonsolidierung einbezogenen Tochterunternehmen (IAS 27), nach der Equity-Methode (at equity) behandelten assoziierten Unternehmen (IAS 28) und Gemeinschaftsunternehmen, die nach IAS 31 entweder 475

Konzernabschluss durch Quotenkonsolidierung oder at equity einbezogen werden können. 6. Vereinheitlichung der Abschlussstichtage Der K. ist auf den Stichtag des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens aufzustellen (§ 299 HGB). Liegt der Abschlussstichtag eines Tochterunternehmens um mehr als drei Monate vor dem Stichtag des K., so ist für die Konsolidierung ein Zwischenabschluss aufzustellen. Bei kürzerer Abweichung kann auf einen Zwischenabschluss verzichtet werden; zwischenzeitlich eingetretene Vorgänge von besonderer Bedeutung für die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage eines Tochterunternehmens sind jedoch entweder in der Konzernbilanz und KonzernGuV zu berücksichtigen oder im Konzernanhang anzugeben. Auch nach IFRS sind die Abschlüsse von Mutter- und Tochterunternehmens auf den gleichen Stichtag zu erstellen, es sein denn, dies ist praktisch undurchführbar (IAS 27.22). Sollte es für ein Tochterunternehmen nicht durchführbar sein, seinen Abschluss auf den Stichtag des Mutterunternehmens aufzustellen, sind Berichtigungen für die Auswirkungen bedeutender Geschäftsvorfälle oder anderer Ereignisse, die zwischen den beiden Stichtagen stattgefunden haben, vorzunehmen. Die Spanne zwischen den beiden Stichtagen darf nicht mehr als drei Monate betragen (IAS 27.27). 7. Vereinheitlichung der Bilanzansatz und -bewertungsmethoden Um die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns als wirtschaftliche Einheit darzustellen, müssen die in den K. einzubeziehenden Abschlüsse hinsichtlich ihrer Bilanzansatz- und Bewertungsmethoden vereinheitlicht werden (Aufstellung der sog. Handelsbilanz II und GuV II). a) Bilanzansatz. Soweit nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Ansatz476

vorschriften Bilanzierungspflicht besteht, sind die Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten sowie die Erträge und Aufwendungen der Tochterunternehmen unabhängig von ihrer Berücksichtigung in den Einzelabschlüssen vollständig aufzunehmen. Ansatzwahlrechte, die nach den Vorschriften für das Mutterunternehmen gelten, sind auch im K. anwendbar und dürfen unabhängig vom Einzelabschluss ausgeübt werden (§ 300 Abs. 2 HGB). b) Bewertung. Bei der Bewertung ist einheitlich nach den für das Mutterunternehmen geltenden Methoden vorzugehen (§ 308 Abs. 1 HGB; Grundsatz der Einheitlichkeit der Bewertung). Auch die Bewertungswahlrechte dürfen grundsätzlich unabhängig von den Einzelabschlüssen im K. neu ausgeübt werden. Nach IFRS ergibt sich die Pflicht zur konzerneinheitlichen Bilanzierung und Bewertung aus IAS 27.28. 8. Währungsumrechnung Die Konsolidierung ausländischer Einzelabschlüsse setzt die vorherige Umrechnung der Fremdwährungsbeträge in Euro voraus (o Währungsumrechnung). Nach § 308a HGB erfolgt dies einheitlich nach der sog. modifizierten Stichtagskursmethode. Aktiva und Passiva sind mit Ausnahme des Eigenkapitals zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Das Eigenkapital muss zum historischen Kurs umgerechnet werden. Posten der GuV sind zum Durchschnittskurs umzurechnen. Umrechnungsdifferenzen sind innerhalb des Eigenkapitals als „Eigenkapitaldifferenzen aus Währungsumrechnung“ auszuweisen. Die Währungsumrechnung nach IFRS ist in IAS 21 geregelt. Deutsche Mutterunternehmen mit Sitz im Inland haben ihren IFRS-K. in Euro aufzustellen. Ist die sog. funktionale Währung eines Tochterunternehmens, also die Währung dessen pri-

Konzernabschluss mären Wirtschaftsumfeldes, jedoch eine andere, so ist dessen Einzelabschluss für Zwecke der Einbeziehung in den K. zunächst in die Darstellungswährung Euro umzurechnen (IAS 21.38). Wird ein Tochterunternehmen als „verlängerter Arm“ des Mutterunternehmens geführt, vermutet man als dessen funktionale Währung die des Mutterunternehmens. Dagegen hat ein in einem anderen Währungsraum relativ autonom agierendes Tochterunternehmen in der Regel eine eigene, von der des Mutterunternehmens abweichende funktionale Währung. Im ersten Fall (unselbständiges Tochterunternehmen) erfolgt die Umrechnung in die Darstellungswährung Euro so, als wären dessen Geschäftsvorfälle originär in Euro gebucht worden (IAS 21.23-34). In diesen Fällen ist daher die sog. Zeitbezugsmethode anzuwenden, nach der die Währungsumrechnung zu einem Bewertungsvorgang wird, mit dem die Geschäftsvorfälle des Tochterunternehmens als integraler Bestandteil der Tätigkeit des Mutterunternehmens abgebildet werden. Für selbständige Tochterunternehmen stellt hingegen deren eigene funktionale Währung das relevante Wertgerüst dar; Wechselkursschwankungen des Euro sind aus dessen Blickwinkel irrelevant. Die Währungsumrechnung hat folglich den Charakter einer strukturerhaltenden Lineartransformation und erfolgt damit, wie auch im HGB vorgesehen, nach der modifizierten Stichtagskursmethode. 9. Konsolidierung Nach der Vereinheitlichung und ggf. Währungsumrechnung der Einzelabschlüsse der einzubeziehenden Tochterunternehmen werden diese mit dem Einzelabschluss des Mutterunternehmens durch Horizontaladdition zum sog. Summenabschluss zusammengefasst. Anschließend folgen die eigentlichen Konsolidierungsmaßnahmen. Bei diesen

handelt es sich um die o Kapitalkonsolidierung, die Schuldenkonsolidierung, die Zwischenergebniseliminierung und die Aufwands- und Ertragskonsolidierung. a) Kapitalkonsolidierung. Gemäß § 300 Abs. 1 HGB wird der Buchwert der dem Mutterunternehmen gehörenden Anteile an einem Tochterunternehmen mit dem auf diese Anteile entfallenden beizulegenden o Zeitwert des Eigenkapitals des Tochterunternehmens verrechnet. In der Konzernbilanz erscheinen damit die beizulegenden Zeitwerte der Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten aus der Handelsbilanz II des Tochterunternehmens (Vollkonsolidierung). Für Anteile an Tochterunternehmen, die nicht (direkt oder indirekt) dem Mutterunternehmen gehören, ist gemäß § 307 HGB in Höhe ihres Anteils am Eigenkapital ein Ausgleichsposten unter entsprechender Bezeichnung innerhalb des Eigenkapitals auszuweisen (Vollkonsolidierung mit Minderheitenausweis). In der Konzern-GuV ist der den Minderheiten zustehende Anteil am Jahresergebnis gesondert auszuweisen (o Anteile in Fremdbesitz). Unterschiedsbeträge aus der Kapitalkonsolidierung sind gemäß § 301 Abs. 3 HGB zu behandeln: Ein aktivischer Unterschiedsbetrag ist als o Geschäftsoder Firmenwert auszuweisen und nach § 309 Abs. 1 i. V. m. § 246 Abs. 1, § 253 Abs. 5 HGB als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand planmäßig über die Nutzungsdauer abzuschreiben. Ein passivischer Unterschiedsbetrag ist unter dem Posten „Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung“ nach dem Eigenkapital auszuweisen und darf nur unter den Voraussetzungen des § 309 Abs. 2 HGB ergebniswirksam aufgelöst werden. 477

Konzernabschluss Die Regelungen zur Kapitalkonsolidierung nach IFRS entsprechen weitgehend den handelsrechtlichen. Unterschiede ergeben sich im Wesentlichen für den Wertansatz des Ausgleichspostens für Minderheitsgesellschafter, für die Behandlung eines Geschäfts- oder Firmenwerts in den Folgeperioden sowie für die Erfassung eines negativen Unterschiedsbetrags. b) Schuldenkonsolidierung. Unter Schuldenkonsolidierung wird die Aufrechnung der Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den in den K. einbezogenen Unternehmen verstanden (§ 303 Abs. 1 HGB). Entsprechend dem Grundsatz der Wesentlichkeit darf auf die Schuldenkonsolidierung insoweit verzichtet werden, als dies keine Auswirkungen auf die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns hat (§303 Abs. 2 HGB). Die Vorgehensweise bei der Schuldenkonsolidierung nach IFRS stimmt mit der nach HGB weitgehend überein, ohne dass IAS 27 hier detaillierte Vorschriften enthalten würde. c) Eliminierung von Zwischenergebnissen. Aus der Sicht der wirtschaftlichen Einheit Konzern sind Gewinne und Verluste, die aus Lieferungen und Leistungen zwischen den Unternehmen des Konsolidierungskreises entstehen (Zwischenergebnisse), erst zu realisieren, wenn die Lieferung oder Leistung den Konzern verlassen hat, also gegenüber einem Dritten realisiert wurde. Daher schreibt § 304 Abs. 1 HGB vor, dass Vermögensgegenstände keine Zwischenergebnisse enthalten dürfen. Die Eliminierung von Zwischenergebnissen wird in der Regel durch die Bewertung zu Konzernanschaffungs- bzw. -herstellungskosten erreicht. Auch die Zwischenergebniseliminierung unterliegt 478

dem Wesentlichkeitsgrundsatz Abs. 2 HGB).

(§ 304

Die Zwischenergebniseliminierung nach IFRS entspricht weitgehend derjenigen nach HGB. d) Aufwands- und Ertragskonsolidierung. Auch für die Konsolidierung der GuV ist die wirtschaftliche Einheit des Konzerns als Leitlinie heranzuziehen. Somit sind sämtliche Aufwendungen und Erträge, die aus Geschäften zwischen den einbezogenen Unternehmen entstanden sind, miteinander zu verrechnen. Eliminierungen in der GuV betreffen die Innenumsatzerlöse, die sonstigen betrieblichen Erträge und Aufwendungen (einschließlich Konzernumlagen), die Zinserträge und -aufwendungen (Konzernkontokorrente) und die Ergebnisübernahmen (§ 305 Abs. 1 HGB). Auch die Aufwands- und Ertragskonsolidierung unterliegt dem Wesentlichkeitsgrundsatz (§ 305 Abs. 2 HGB). Die Aufwands- und Ertragskonsolidierung nach IFRS entspricht weitgehend derjenigen nach HGB. 10. Latente Steuern Eine Abgrenzung o latenter Steuern ist vorzunehmen, wenn zwischen dem handelsrechtlichen Wertansatz und dem steuerlichen Wertansatz von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten Unterschiede bestehen und diese Abweichungen sich voraussichtlich in späteren Jahren ausgleichen (§ 306 HGB). Zukünftige Steuerbelastungen sind als passive latente Steuern, Steuerentlastungen als aktive latente Steuern in der Konzernbilanz anzusetzen. 11. Konzernanhang Der Konzernanhang (§§ 313, 314 HGB) ist Bestandteil des K. und bildet mit Konzernbilanz und Konzern-GuV eine Einheit. Der Konzernanhang ist in Funktion und Inhalt weitgehend mit dem o Anhang des Einzelabschlusses ver-

Konzernabschlussstichtag gleichbar. Darüber hinaus werden konzernspezifische Angaben verlangt, wie etwa Angaben zur Änderung des Konsolidierungskreises, zu Abweichungen von auf den vorhergehenden K. angewandten Konsolidierungsmethoden, Abweichungen des K.-Stichtages vom Bilanzstichtag des Mutterunternehmens. Nach IFRS sind die accounting policies und die explanatory notes Pflichtbestandteile des Abschlusses (IAS 1.7). Die notes sind nicht identisch mit dem handelsrechtlichen Konzernanhang, entsprechen diesem jedoch weitgehend. 12. Prüfung und Offenlegung Der nach § 290 HGB aufzustellende K. und der Konzernlagebericht sind durch einen Abschlussprüfer nach Maßgabe der §§ 316–324a HGB zu prüfen (§ 316 Abs. 2 HGB). Die Vorschriften über die o Prüfung des K. sind dabei weitgehend in die Vorschriften zur o Prüfung des Jahresabschlusses integriert. Der K. und der Konzernlagebericht sind mit dem o Bestätigungsvermerk oder dem Vermerk über dessen Versagung im Bundesanzeiger bekanntzumachen (§ 325 Abs. 1 HGB). Die Bekanntmachung ist unter Beifügung der bezeichneten Unterlagen zum Handelsregister des Sitzes des Mutterunternehmens einzureichen (o Publizität). Lit.: Baetge, J./Kirsch, J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009; Bieg, H./Hossfeld, C./Kußmaul, H./Waschbusch, G.: Handbuch der Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., 2009; Bohl, W./Riese, J./Schlüter, J.: Beck’sches IFRS-Handbuch, 3. Aufl., 2009; Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2009; Castan, E. et al. (Hrsg.): Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, 2009; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Ellrott, H. et al.: BeckBilKomm.,

6. Aufl., 2006; Heuser P.J./Theile, C.: IFRS Handbuch, 4. Aufl., 2009; Schildbach, T.: Der Konzernabschluss nach HGB, IFRS und US-GAAP, 7. Aufl., 2008. Julia Lerchenmüller/ Thorsten Sellhorn Konzernabschluss, befreiender 1. Befreiender IFRS-Abschluss Mutterunternehmen, die keine o kapitalmarktorientierten Unternehmen im Sinne von § 315a Abs. 1 und 2 HGB sind, besitzen ein Wahlrecht, K. entweder nach den Regelungen des o HGB oder der o IFRS aufzustellen (§ 315a Abs. 3 HGB). Wird der K. regelungskonform zu den IFRS erstellt, befreit dieser von der Aufstellung eines HGB-K. 2. Befreiung vom Teilkonzernabschluss Ist ein Mutterunternehmen zugleich Tochterunternehmen braucht es gem. §§ 291 und 292 HGB keinen eigenen K. aufstellen, wenn ein entsprechender Abschluss auf einer höheren Konzernebene erstellt wird, das zu befreiende Unternehmen kein kapitalmarktorientiertes Unternehmen ist und die übrigen Anteilseigner keine Aufstellung eines TeilK. verlangen. Der K. des Konzernmutterunternehmens besitzt unter diesen Voraussetzungen somit befreiende Wirkung. Konzernabschlussprüfung o Prüfung des Konzernabschlusses Konzernabschlussstichtag Der o Konzernabschluss ist gem. § 299 HGB grundsätzlich auf den Abschlussstichtag des Mutterunternehmens aufzustellen. Alternativ kann aber auch der Abschlussstichtag der bedeutendsten oder der Mehrzahl der einbezogenen Unternehmen gewählt werden, was dann im Anhang anzugeben und zu begründen ist. Grundsätzlich sollen die Abschlussstichtage der konsolidierten Unternehmen mit dem K. übereinstimmen. Ein o Zwischenabschluss bei einem vom K. abwei479

Konzernanhang chenden Geschäftsjahr ist gem. § 299 Abs. 2 HGB nur dann erforderlich, wenn der Abschlussstichtag des einbezogenen Unternehmens mehr als drei Monate vom K. abweicht. Konzernanhang o Konzernabschluss Konzernanschaffungskosten Bewertungsobergrenze für fremdbezogene Vermögensgegenstände im o Konzernabschluss. Die K. werden wie die Anschaffungskosten im Einzelabschluss unter der o Fiktion der rechtlichen Einheit aller Konzernunternehmen ermittelt (o Anschaffungs-/ Herstellungskosten). Konzernbilanz o Konzernabschluss Konzernbuchführung 1. Begriff und Verpflichtung Eine K. kann definiert werden als die Summe der organisatorischen Maßnahmen in den betrieblichen Teilgebieten des Rechnungswesens, die notwendig sind, damit der Abschluss der wirtschaftlichen Einheit Konzern seine Informations- und Entscheidungsfunktionen erfüllen kann. Der deutsche Gesetzgeber bezieht den Begriff Buchführung auf den Jahresabschluss eines Einzelunternehmens. Dies folgt mittelbar aus § 317 Abs. 1 Satz 1 HGB, der bestimmt, dass in die Prüfung des Jahresabschlusses die (Einzel-)Buchführung einzubeziehen ist. Eine Prüfungspflicht für die K. kann daraus nicht abgeleitet werden, da erst in Satz 2 der Gegenstand der Prüfung um den o Konzernabschluss erweitert wird. Auch § 298 Abs. 1 HGB, der die auf den Konzernabschluss anzuwendenden Vorschriften bestimmt, verweist nicht auf die Buchführungsvorschriften der §§ 238-241 HGB. Gleichwohl besteht eine Verpflichtung zur K. und zu deren Prüfung, da sich der Konzernabschluss ohne eine entsprechende Buchführung weder erstellen 480

noch inhaltlich nachvollziehen lässt. Auch die bei Erstellung eines internationalen Konzernabschlusses anzuwendenden IFRS verpflichten nicht explizit zu einer Buchführung. Gleichwohl gilt auch hier, dass sich ein IFRS-Konzernabschluss ohne zugrunde liegende Buchführung weder erstellen noch prüfen lässt. Die Verpflichtung zur Prüfung eines solchen Konzernabschlusses ergibt sich für einen deutschen IFRSBilanzierer aus § 315a Abs. 1 HGB. Diese Gesetzesnorm sieht vor, dass die Vorschriften außerhalb dieses Unterabschnittes (§§ 290-315a HGB) anzuwenden sind. Demnach besitzen die Ausführungen im dritten Unterabschnitt zur Abschlussprüfung (§§ 316-324a HGB) Anwendung. Folglich besteht nach § 316 Abs. 2 HGB eine Prüfungspflicht und eine solche Prüfung ist wiederum ohne eine K. nicht durchführbar. 2. Herleitung des Konzernabschlusses Eine originäre K. entwickelt den Konzernabschluss ausgehend von einer Konzerneröffnungsbilanz auf der Basis originärer Konzerngeschäftsvorfälle und -abschlussbuchungen direkt. Obwohl ein solches Vorgehen (einheits)theoretisch konsequent ist, wird die K. in der Praxis ausschließlich als derivative K. geführt. Eine derivative K. leitet die zu konsolidierenden Einzelabschlüsse (Handelsbilanz I) durch derivative Konzerngeschäftsvorfälle in den Konzernabschluss über. Derivative Konzerngeschäftsvorfälle stellen durch den Wechsel im rechtlichen (bzw. normativen) Bezugsrahmen bedingte Modifikationen der Geschäftsvorfälle auf Ebene des Einzelunternehmens dar und besitzen demzufolge vorwiegend Korrekturcharakter. Die Modifikationen setzen sowohl an den laufenden (Einzel-)Geschäftsvorfällen (z.B. Eliminierung einer konzerninternen Kreditvergabe) als auch an den (Einzel-)Abschlussbuchungen (z.B. Umbewertungen in der Handelsbilanz II) der einbezogenen Unternehmen an.

Konzernbuchführung Eine derivative K. umfasst alle Vorgänge und Rechenwerke, die dazu dienen, aus den Einzelabschlüssen den Konzernabschluss herzuleiten. Diese Erfordernisse betreffen den gesamten Prozess der Erstellung eines Konzernabschlusses. Dabei zielt die Erstellung einer Handelsbilanz II vor allem auf eine Angleichung der Einzelabschlüsse hinsichtlich Bilanzgliederung und -ansatz, Bewertung und Recheneinheit (Währungsumrechnung) an die konzerneinheitlichen Vorgaben ab (konsolidierungsvorbereitende Maßnahmen). Weiterhin kommt es im Rahmen der Kapitalkonsolidierung nach der Akquisitionsmethode (IFRS 3) bzw. Neubewertungsmethode (§ 301 Abs. 1 Satz 2 HGB) regelmäßig zu Neubewertungen der Vermögensposten und Schulden der Tochterunternehmen in einer Handelsbilanz III (Neubewertungsbilanz). Die Addition dieser Handelsbilanzen führt zur Summenbilanz. Anschließend werden innerkonzernliche Verbindungen eliminiert (Konsolidierungsmaßnahmen). Als zentrale Maßnahmen sind die o Kapitalkonsolidierung, die o Schuldenkonsolidierung, die o Zwischenergebniseliminierung sowie die o Aufwands- und Ertragskonsolidierung zu nennen. Insb. die Differenzen, die aus der Anpassung an die konzerneinheitlichen Bewertungsmethoden, den Neubewertungen in der Handelsbilanz III sowie der ergebniswirksamen Kapitalkonsolidierung, der Schuldenkonsolidierung und der Eliminierung von Zwischenergebnissen resultieren, erfordern umfangreiche Nebenrechnungen. Daher ist eine Vielzahl von Unterlagen und Aufzeichnungen zu erstellen, in denen die Wertansätze über die Rechnungslegungsperioden hinweg fortzuschreiben sind. 3. Organisation und technische Durchführung Zentrale Bestandteile einer K. sind vor allem die organisatorischen Regelungen zu ihrer Durchführung und die technische

Durchführung selbst. Der Rahmen für die praktische Ausgestaltung einer K. wird durch die o Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung bestimmt. Aufgabe der Konsolidierungsstelle ist es, die organisatorischen Regelungen, die der Erstellung des Konzernabschlusses dienen, vorzubereiten, zumindest die Konsolidierung i.e.S. durchzuführen und zu kontrollieren. Insbesondere dann, wenn eine Vielzahl von Unternehmen zu konsolidieren ist, bietet es sich an, möglichst viele Vorarbeiten auf Ebene des Tochterunternehmens zu verlagern, um die zentrale Konsolidierungsstelle zu entlasten. Der Kommunikationsprozess im Konzern ist durch klare Anweisungen und Berichterstattungssysteme zu regeln. Grundsätzlich ist es notwendig, den Informationsfluss zwischen der Konzernzentrale und den zu konsolidierenden Unternehmen über Grund- und Einzelanweisungen zu koordinieren. Dabei beziehen sich Grundanweisungen auf die regelmäßige Berichterstattung mit Dauercharakter und Einzelanweisungen auf spezielle Sachverhalte. Informationsmedium aller schriftlich fixierten Anweisungen ist die interne Konzernrichtlinie. Diese dient der zentralen Konsolidierungsstelle und vor allem den ausgelagerten Bereichen einer K. als Richtschnur und konkrete Arbeitsanleitung für die Abschlusserstellung und beinhaltet im Wesentlichen die folgenden Bestandteile: Beteiligungsverzeichnis, Terminplan, personelle Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, Richtlinie zur Durchführung der konsolidierungsvorbereitenden Maßnahmen und der Neubewertungen, Kontenplan (einschließlich Intercompany-Konten), Konsolidierungsrichtlinie, Inventurrichtlinie, Besonderheiten bei der Erstellung von unterjährigen Berichten sowie ein Formularwesen. Für die technische Durchführung einer K. kommt als o Buchführungstechnik neben Individual-Konsolidierungssoftware 481

Konzern-Controlling vor allem sog. Standard-Konsolidierungssoftware (z.B. SAP R/3, SAP ERP, IDLKONSIS) zum Einsatz. Beispielsweise ist es bei einzelnen Softwaresystemen möglich, unterschiedliche Rechnungslegungsnormen (z.B. HGB und IFRS) parallel abzubilden. Dabei werden für die Buchungen, die nach HGB und IFRS identisch zu behandeln sind, gemeinsame Konten geführt (Kontenkreis 1) und bei etwaigen Abweichungen spezielle HGB- oder IFRS-Konten (Kontenkreise 2 und 3). Ist die Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses beabsichtigt, lassen sich mittels dieser Drei-KreisLösung z.B. die HGB-Handelsbilanz I und die IFRS-Handelsbilanz II automatisch erstellen. Weiterhin besteht im Rahmen der Folgekonsolidierung auf Grund der nicht gegebenen Bilanzidentität auf Konzernebene (in jeder Folgeperiode ist der Konzernabschluss erneut aus den in der jeweiligen Folgeperiode erstellten Einzelabschlüssen herzuleiten) die Notwendigkeit, die bereits in den vorherigen Berichtsperioden getätigten Neubewertungen und Kapitalkonsolidierungsbuchungen automatisch vorzutragen. Dieser Vorgang lässt sich weitgehend automatisieren. Darüber hinaus kann das eingesetzte System den Benutzer z.B. bei der Bearbeitung der Binnenumsätze (Aufwands- und Ertragskonsolidierung) und bei der Klärung von etwaigen Differenzen unterstützen. Die Konsolidierungsfunktionalität der eingesetzten Software erlaubt teilweise auch eine automatische Aufbereitung der erfassten Daten in das Berichtsformat o XBRL (Extensible Business Reporting Language). Diese standardisierte Aufbereitung bietet Effizienzvorteile beim Austausch und der Analyse von Abschlüssen. Weiterhin können die für die Abschlusserstellung gesetzten Fristen die Ausgestaltung einer K. beeinflussen. Oftmals werden Konzernabschlüsse bereits 30 Tage nach dem Konzernbilanzstichtag 482

veröffentlicht. Dies setzt eine beschleunigte Vorlage des Abschlusses nebst einer Prüfung voraus, so dass wiederum erhöhte Anforderungen an die K. in zeitlicher Hinsicht zu stellen sind. Die damit verbundenen Fragestellungen werden oftmals unter dem Begriff fast close diskutiert. Ein Unterfall des fast close ist der hard close-Abschluss. In diesem Fall wird der Konzernabschluss zumeist bereits auf den Monatsstichtag, der dem Konzernbilanzstichtag vorausgeht, erstellt (zumeist der 30.11.). Die verbleibenden Erstellungs- und Abschlussarbeiten können sich dann auf die Geschäftsvorfälle beschränken, die im letzten Monat des Berichtsjahres zu erfassen sind, so dass sich auf diese Weise ein Beitrag zur Verkürzung dieser Arbeiten ergibt. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009; Krimpmann, A.: Konsolidierung nach IFRS/ HGB, 2009; Ruhnke, K.: Konzernbuchführung, 1995; Veit, K.-R.: Funktion, Struktur und Bereiche von Konzernabschluss-Richtlinien, 2002. Klaus Ruhnke Konzern-Controlling 1. Begriff, Konzeption und Kontextfaktoren des Konzern-Controlling a) Begriff und Aufgaben des K. Der Begriff des K. wird in der Literatur und Praxis nicht einheitlich verwendet. Als Oberbegriff für alle Aufgaben des o Controlling im o Konzern verstanden, umfasst das K. dem allgemeinen ökonomischen Verständnis eines Konzerns folgend, die Summe aller Controllingaufgaben, die in einem meist diversifizierten und international tätigen Großunternehmen zur Führungsunterstützung zu leisten sind. In Anknüpfung an die gesellschaftsrechtliche Definition eines Konzerns (§18 AktG) als Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung, umfasst demnach das K. die zentral oder

Konzern-Controlling dezentral wahrgenommenen Aufgaben des Controlling in einem Unternehmensverbund, in dem die Entscheidungsautonomie einzelner Konzernunternehmen zugunsten der einheitlichen Konzernleitung faktisch oder vertraglich eingeschränkt ist. Zu einer inhaltlichen Differenzierung von Aufgaben des K. gelangt man, wenn an den Objekten des K. angeknüpft wird. Als solche kommen der Konzern insgesamt oder Teileinheiten eines Konzerns in Betracht, wobei zur Abgrenzung rechtliche (Beteiligungen an Kapital- bzw. Personengesellschaften) oder ökonomische bzw. organisatorische (Sparten, Divisionen, Segmente oder Profit(Investment)-Center) Kriterien herangezogen werden können. In der Literatur werden Überlegungen zu Aufgaben des Controlling im Konzern oft unter die Überschrift des Beteiligungs-Controlling gestellt. Für das Verständnis und die begriffliche Abgrenzung von Konzern- und Beteiligungs-Controlling ist es zunächst sinnvoll, zwischen folgenden Interpretationen zu unterscheiden: – Beteiligungs-Controlling wird synonym zum Begriff des K. verwendet oder – Beteiligungs-Controlling ist das auf eine bestimmte Beteiligung bezogene Controlling. Wird Beteiligungs-Controlling im letztgenannten Sinne verstanden, so wird als Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung von Aufgaben des Controlling oft auf die Idee des Beteiligungslebenszyklus zurückgegriffen, wonach sich für das „Leben“ einer Beteiligung in der Konzernfamilie eine Akquisitions-, eine Beteiligungs- und eine Desinvestionsphase unterscheiden lassen. Das BeteiligungsControlling im weiteren Sinne umfasst die Aufgabenstellungen des gesamten Beteiligungslebenszyklus, während sich

das Beteiligungscontrolling i.e.S. ausschließlich auf die Beteiligungsführungsphase bezieht. Aufgaben des Controlling in der Akquisitionsphase bestehen in der strategischen sowie finanziellen Analyse einer Beteiligung und in der ex ante durchgeführten Bewertung potenzieller Akquisitionsobjekte. Dem Akquisitions-Controlling lässt sich auch die Kontrolle des Akquisitionserfolgs („Akquisitionsnachrechnung“) aus der ex post-Perspektive zurechnen. Innerhalb der Planung von Akquisitionen ist der Gesamtkontext des Konzerns, und damit das bereits bestehende Beteiligungsportfolio, zu berücksichtigen, weil Verbundbeziehungen zwischen den einzelnen Konzerneinheiten (Beteiligungen) sowohl für die Auswahl von Beteiligungen, als auch die Bewertung und Kaufpreisbestimmung von zentraler Bedeutung sind. Etwaige Synergieeffekte, die Gegenstand eines „Synergie-Controlling“ sein können, sind in die Analyse einzubeziehen. Da im Konzern auch Aufgaben des Controlling zu bewältigen sind, bei denen die Perspektive des Gesamtkonzerns einzunehmen ist, bietet sich dafür der Begriff des Konzern(Verbund-)Controlling i.e.S. an. Das in der Akquisitions-Phase erlangte Wissen prädestiniert das Controlling in der Beteiligungsführungsphase dazu, die Entwicklung des Beteiligungsobjektes mit seinen ergebniswirksamen Konsequenzen zu verfolgen, diese mit den beim Erwerb geplanten Zielsetzungen zu vergleichen und bei Abweichungen Gegensteuerungsmaßnahmen einzuleiten. Nach der Integration der Beteiligung in den Konzernverbund, die von einem Integrations-Controlling begleitet sein kann, ergeben sich in der Beteiligungsführungsphase insb. Aufgabenstellungen der Erfolgsplanung und -kontrolle, wofür die Charakterisierung als Performance-Controlling verwendet wird. Dieses kann bei geeigneter, also unternehmenswert483

Konzern-Controlling orientierter, Ausgestaltung auch Impulse für die Desinvestition einer Beteiligung liefern. Zum Desinvestitions-Controlling gehören die Aufgaben der Bewertung des Desinvestitionsobjekts, der Abschätzung des Desinvestitionserlöses sowie die Erfolgsprognose und Bewertung potenzieller Alternativ- oder Restrukturierungsprogramme, die mit dem freigesetzten Kapital finanziert werden können. Hieraus wird erkennbar, dass zum Beginn und Ende eines Beteiligungslebenszyklus spezifische Aufgaben des Controlling zu leisten sind, die mit einer Kapitalbindung oder Kapitalfreisetzung verbunden sind, also den Charakter eines Investitions- bzw. Desinvestitions-Controlling haben. Solche Aufgabenstellungen werden üblicherweise dem strategischen Controlling zugerechnet. Demgegenüber ist dem Controlling in der Beteiligungsführungsphase weitgehend ein operatives Aufgabenprofil zu eigen. Die Gesamtaufgabe des Konzern- und Beteiligungs-Controlling kann durch die Teil-Funktionen des Controlling mit Informationsversorgung, Planung und Kontrolle näher gekennzeichnet werden. Als Grundlage des Informationssystems dient dabei das o Konzernrechnungswesen, das um ein konzernweites Berichtssystem und ein computergestütztes Führungsinformationssystem im Hinblick auf die Bereitstellung von Informationen für das Management (i. S. eines o Management Accounting) zu ergänzen bzw. zu modifizieren ist. Planungsaufgaben des Controlling werden im operativen und strategischen K. mit unterschiedlichem Zeithorizont und Detaillierungsgrad erfüllt. b) Kontextfaktoren des K. Umfang und Inhalt der vom Controlling in einem Konzern zu leistenden Aufgaben sind von verschiedenen Kontextfaktoren bzw. Determinanten abhängig zu machen. Die strategische Ausrichtung des Konzerns (Corporate Strategy) manifestiert sich in 484

der Konfiguration des Konzern-Portfolios, wofür verschiedene Möglichkeiten in Betracht kommen, die sich darin unterscheiden, in welcher Intensität (von schwacher bis enger Verbundenheit) und Richtung (vertikal bzw. horizontal) Verbundbeziehungen zwischen den Geschäftseinheiten bestehen. Im Sinne eines „structure follows strategy“ führt mit zunehmendem Diversifizierungsgrad die organisatorische Ausgestaltung vom Stammhauskonzern zu o HoldingStrukturen, insb. in Form der Management-Holding. In der typischen Management-Holding konzentriert sich die Konzernleitung auf die strategischen Aspekte, während nur in Ausnahmefällen ein Eingriff in die operative Führung der weitgehend autonomen Konzernunternehmen stattfindet. Somit ermöglichen die auf der dezentralen Ebene eingeräumten Handlungsspielräume eine hohe Flexibilität, ohne zugleich die zentrale Koordination der konzerninternen Verbundeffekte aufzugeben. Enge Liefer- und Leistungsverflechtungen haben Konsequenzen für die Funktionen des K.: Für die strategische und operative Konzernsteuerung muss neben der konzerneinheitlichen bilanziellen Konzernrechnung (o Konzernabschluss) ein gesondertes, inhaltlich und methodisch auf das Management Accounting ausgerichtetes Planungs-, Abrechnungsund Berichterstattungssystem geschaffen werden, das auf den Methoden und Verfahren des internen Rechnungswesens (Konzern-Kostenrechnung) aufbaut. Dieses könnte zur Lösung der spezifisch im Integrationskonzern auftretenden Probleme der Bestimmung von (kostenorientierten) o Verrechnungspreisen und der Umlage von Kosten der Zentralbereiche auf die einzelnen Konzerneinheiten herangezogen werden. 2. Strategisches Konzern-Controlling Die Aufgaben des strategischen K. lassen sich als Unterstützungsfunktion für das

Konzern-Controlling strategische Management charakterisieren. Ein solches Aufgabenverständnis für das strategische K. umfasst die Mitwirkung bei der strategischen Konzernplanung, die notwendige Operationalisierung der strategischen Planung, die Koordination der strategischen Ziele für den Gesamtkonzern mit den davon abgeleiteten (Teil-) Zielen der einzelnen Konzernunternehmen und schließlich das Zusammenführen der strategischen und der operativen Gesamtkonzern- und Konzernunternehmensplanung. Insofern nimmt das K. eine Schnittstellen-Koordinationsfunktion wahr, die weit über die Anforderungen des Controlling in einem Einheitsunternehmen hinausgeht. Für das strategische K. ergeben sich periodisch wiederkehrende Aufgaben im Zusammenhang mit der Kapital-Allokation. Im Rahmen des Investitions-Controlling geht es darum, das (meist begrenzte) Investitionsbudget des Gesamtkonzerns im Sinne eines „internen Kapitalmarkts“ so auf die einzelnen Konzernunternehmen aufzuteilen, dass die Konzernziele in strategischer und finanzieller Hinsicht bestmöglich erreicht werden. Darüber hinaus umfasst das strategische Investitions-Controlling im Konzernkontext auch die Restrukturierung des Beteiligungsportfolios und somit sowohl das Akquisitions-Controlling, als auch das unternehmenswert-orientierte Controlling von Desinvestitionsentscheidungen. Als Instrumente des strategischen K. sind in der Vergangenheit vor allem verschiedene Varianten von Portfolio-Matrizen vorgeschlagen worden. Durch den Gedanken des Shareholder Value (o Shareholder Value-Konzept) wurde der Blick stärker auf wertorientierte Planungsinstrumente gelenkt, also Konzepte und Methoden, die zukunfts- und zahlungsstrombezogen eine Wertbestimmung von Unternehmen (o Unternehmensbewertung), oder strategischen Geschäftseinheiten usw. beabsichtigen.

Die unternehmenswert-orientierten Instrumente des Controlling sind dabei an die spezifischen Aufgabenstellungen des K. und die strategische Ausrichtung des Konzerns anzupassen. Daher ist bspw. eine Corporate Strategy, die auf die Reduktion des Risikos des Gesamtunternehmens durch negativ korrelierte Zahlungsüberschüsse ausgerichtet ist, durch ein individualistisches Bewertungskonzept (Ertragswertverfahren) zu fundieren, bei dem Risikodiversifikationseffekte im Konzern-Portfolio berücksichtigt werden. Für eine Kontrolle des Akquisitionserfolgs aus der ex post-Perspektive ist es erforderlich, dass im Rahmen der Akquisitionsnachrechnung auf die gleichen Bewertungskonzepte und Kalkülstrukturen zurückgegriffen wird, die der Akquisitionsentscheidung zugrunde lagen. Eine daran anknüpfende, unternehmenswert-orientierte Performanceanalyse sollte dann in der Lage sein, Informations- von Aktionseffekten, die durch strategische Entscheidungen des Managements ausgelöst wurden, zu separieren, wofür sich insb. das Instrument der o Erfolgspotenzialrechnung eignet. 3. Operatives Konzern-Controlling Operatives K. hat sowohl auf die einzelnen Konzernunternehmen bezogene (partikulare), als auch koordinierende Funktionen im Bereich der Informationsversorgung, Planung und Kontrolle zu erfüllen. Bei dem heute üblichen Vorgehen im Wege des Gegenstromverfahrens stellen die einzelnen Konzernunternehmen Unternehmenspläne auf, die vom zentralen K. einer Analyse und Plausibilitätsüberprüfung unterzogen werden. Die nach Monaten oder Quartalen untergliederten Planungsgrößen (Budgets) bilden den Referenzmaßstab für die tatsächliche Entwicklung in den einzelnen Konzernunternehmen. Der vom zentralen K. vorgenommene Soll-Ist-Vergleich dient vor allem dem Erkennen der Ursachen für Abweichungen (o Abwei485

Konzernerfolgsrechnung chungsanalyse). Die weitere Verwertung der erkannten Abweichungen und ihrer Ursachen wird einmal in entsprechenden Korrekturen der prognostizierten Zielgrößen (forecast) erfolgen. Das zentrale K. wird im Sinne einer internen Unternehmensberatung der einzelnen KonzernUnternehmung ggf. auch Hilfestellungen dafür anbieten, dass mit der Einleitung von Korrekturmaßnahmen die ursprünglichen Ziele weiter verfolgt werden können. Als Datenbasis für das operative K. stehen verschiedene Rechenwerke der Konzern-Publizität zur Verfügung, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Controlling nicht nur als Nutzer, sondern auch als Produzent von Daten für die retrospektiv-/ posten- bzw. prospektiv-/unternehmenswert-orientierte Konzernrechnungslegung in Betracht kommt. Dies gilt vor dem Hintergrund des o Management Approach insb. für bereichsbezogene Informationen im Zusammenhang mit der Segment-Berichterstattung (IFRS 8) und den Werthaltigkeitstests für Cash Generating Units (IAS 36). Damit wird ein integriertes, unternehmenswertorientiert ausgerichtetes System des PerformanceControlling, welches auf den Informationen der internen Unternehmens(wert)rechnung basiert, zum integralen Bestandteil des K. Als Steuerungsgrößen für das K. werden vor allem verschiedene Varianten von retrospektiv-operativ ausgerichteten, sog. „wertorientierten Kennzahlen“ propagiert, als deren prominentester Vertreter der o Economic Value Added (EVA) zu nennen ist. Diese Kennzahlen beruhen i.d.R. auf dem Konzept des betrieblichen Übergewinns. Ein solcher darf allerdings nicht als die während der abgelaufenen Periode eingetretene Veränderung des Unternehmenswerts fehlinterpretiert werden. Erkenntnisse über die Entwicklung des Unternehmenswerts während einer Periode können nur auf Basis eines stra486

tegisch-prospektiven Systems des Performance-Controlling gewonnen werden. Lit.: Dieckhaus, O.: Management und Controlling im Beteiligungslebenszyklus, 1993; Dirrigl, H.: Entwicklungsperspektiven unternehmenswertorientierter Steuerungssysteme, in: ZfbF-Sonderh. 51/2004, S. 93-135; Dirrigl, H.: Beteiligungscontrolling, in: Köhler, R./Küpper, H./Pfingsten, A. (Hrsg.): HWB, 2007, Sp. 113-125; Dolny, O.: Controlling von Beteiligungen auf Basis einer integrierten Unternehmenswertrechnung, 2003; Dinstuhl, V.: Konzernbezogene Unternehmensbewertung, 2003; Dreher, M.: Unternehmenswertorientiertes Beteiligungscontrolling, 2010; Funk, C.: Gestaltung effizienter interner Kapitalmärkte in Konglomeraten, 2007; Gebhardt, G.: Marktwertorientiertes Beteiligungscontrolling im internationalen Konzern, in: DB 1995, S. 2225-2231; Kremer, P.: Konzerncontrolling – Ein unternehmenswertorientierter und beteiligungsspezifischer Ansatz, 2008; Littkemann, J. (Hrsg.): Beteiligungscontrolling, Band I und II, 2009; Müller-Stewens, G./Brauer, M.: Corporate Strategy & Governance, 2009; Schumann, J.: Unternehmenswertorientierung in Konzernrechnungslegung und Controlling – Impairment of Assets (IAS 36) im Kontext bereichsbezogener Unternehmensbewertung und Performancemessung, 2008. Hans Dirrigl Konzernerfolgsrechnung o Konzernabschluss Konzernergebnis Das von den im o Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen insgesamt in einer Abrechnungsperiode erwirtschaftete Ergebnis. Das K. wird in der KonzernGewinn- und Verlustrechnung ermittelt und enthält auch die den Minderheitsgesellschaftern zustehende Ergebnisanteile (o Anteile in Fremdbesitz).

Kosten und Erlöse Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung o Konzernabschluss

Konzernvermutung o Konzern

Konzernherstellungskosten Bewertungsobergrenze für konzernintern hergestellte Vermögensgegenstände im o Konzernabschluss. Die K. werden äquivalent den Herstellungskosten im Einzelabschluss unter der o Fiktion der rechtlichen Einheit aller Konzernunternehmen ermittelt (o Anschaffungs- und Herstellungskosten).

Körperschaftsteuer Steuer auf den Ertrag von juristischen Personen, insb. von o Kapitalgesellschaften. Als Bemessungsgrundlage dient das zu versteuernde Einkommen der juristischen Person (§§ 7-22 KStG) Die K. wird derzeit (Stand: 2010) einheitlich mit einer Tarifbelastung von 15 % erhoben und wird bei der persönlichen Einkommensteuer der Anteilseigner nicht angerechnet (o Ertragsteuern).

Konzern-Kapitalflussrechnung o Kapitalflussrechnung, in der die Zahlungsvorgänge eines o Konzerns unter der o Fiktion der rechtlichen Einheit abgebildet werden. Besonderheiten gegenüber der Kapitalflussrechnung im o Einzelabschluss ergeben sich vor allem bei Änderungen des o Konsolidierungskreises und aus der o Währungsumrechnung. Konzernlagebericht Gem. § 315 HGB von o Mutterunternehmen in Analogie zum o Lagebericht (§ 289 HGB) aufzustellender Bericht, in dem zumindest der Geschäftsverlauf und die Lage des Konzerns darzustellen sind. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G,./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 621-630. Konzernprüfungsbericht o Prüfungsbericht o Prüfung des Konzernabschlusses Konzernrevision o Revision, interne Konzernunternehmen Bezeichnung aus dem Konzernrecht für ein rechtlich selbständiges Unternehmen, das unter einheitlicher o Leitung einer anderen Gesellschaft steht (§ 18 Abs. 1 AktG). K. sind auch Tochterunternehmen i.S. von § 290 HGB und daher grundsätzlich in den o Konzernabschluss einzubeziehen.

Korridoransatz o Pensionsrückstellungen Kosten o Kosten und Erlöse Kosten und Erlöse 1. Begriffsmerkmale K. und E. (costs and income) sind die grundlegenden Rechengrößen von o Kostenrechnungssystemen. Sie erfassen den bewerteten Input bzw. Output des Produktionsprozesses einer Unternehmung. Deshalb entsprechen sich ihre Begriffsmerkmale weitgehend. K. geben den bewerteten sachzielbezogenen Güterverbrauch wieder, die bewertete sachzielbezogene Gütererstellung bezeichnet man betriebswirtschaftlich als Erlöse oder (synonym) auch als Leistungen. Da der Begriff Leistung in der Physik (als Arbeit pro Zeiteinheit) und auch in der BWL z.B. bei Dienstleistungen für Mengengrößen verwendet wird, erscheint es zweckmäßig, für den bewerteten Output (also die bewerteten Leistungen) das Wort E. zu verwenden. Dies ist in der BWL aber (noch) nicht durchweg üblich. Für die Kennzeichnung und Abgrenzung von K. und E. sind drei Merkmale bestimmend: (1) Gütermengenbewegung, (2) Sachzielbezogenheit und (3) Bewertung. Das erste Merkmal betrifft bei K. den Gütereinsatz, d.h. den mengenmäßigen 487

Kosten und Erlöse Verbrauch an Gütern im Produktionsprozess. Dem steht die mengenmäßige Güterentstehung bei E. gegenüber. Die Messung dieses Merkmals bereitet bei einer Reihe von Gütern Probleme. Während sich z.B. der Verbrauch an Material sehr genau ermitteln lässt, ist die Abnutzung von Anlagen schwer messbar. Auch die Erfassung der Mengenkomponente bei der Nutzung sonstiger Gebrauchsgüter (Gebäude, Grundstücke, Werkzeuge u.ä.) sowie von menschlicher Arbeitskraft, Rechten, Informationen und Kapital verursacht Schwierigkeiten. Mit der Sachziel(bzw. Leistungs-)bezogenheit werden K. und E. gegenüber Güterverbräuchen und -entstehungen abgegrenzt, die nicht zum Produktionsprogramm als dem Sachziel der Unternehmung gehören. In einer Industrieunternehmung ist beispielsweise die Aktivität auf dem Kapitalmarkt nicht Teil ihres Produktionsprozesses. Die dort angefallenen und erhaltenen Zinsen sind deshalb keine K. und E., sondern nur Aufwendungen und Erträge (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Für die Bewertung der Mengenkomponente können unterschiedliche Ansätze gewählt werden. So kann man als o Marktpreise Anschaffungspreise sowie gegenwärtige oder zukünftige Tagesbeschaffungspreise verwenden. Daneben ist der Ansatz von o Verrechnungspreisen in Form von Fest-, Durchschnitts-, Schätz-, Grenz- und Lenkungspreisen möglich. Die o Kostenbewertung und die Erlösbewertung richten sich nach dem jeweils verfolgten Rechnungszweck. 2. Unterschiedliche betriebswirtschaftliche Kostenbegriffe In der Betriebswirtschaftslehre sind verschiedenartige K.-Begriffe vorgeschlagen worden, für die sich analoge E.-Begriffe bilden lassen. Sie unterscheiden sich insb. im Bewertungsansatz. Beim paga488

torischen K.-Begriff wird der Mengenverbrauch mit gegenwärtigen oder zukünftigen Anschaffungspreisen bewertet. Die K. geben also realisierte oder prognostizierte Ausgaben wieder. Man will empirische Gegebenheiten abbilden. In einer Modifikation wird vorgeschlagen, unter Einführung von Annahmen auch andere als faktisch bezahlte Beträge zuzuordnen. Eine Weiterführung besteht in dem entscheidungsorientierten K.Begriff, nach dem K. die durch eine Entscheidung über das betrachtete Objekt ausgelösten zusätzlichen Ausgaben sind. An die Stelle von Annahmen tritt hier die Ausrichtung auf Entscheidungen. Ein anderes Konzept liegt dem wertmäßigen K.-Begriff zugrunde. Mit ihm will man K. so festlegen, daß sie die günstigste Verwendung des betreffenden Einsatzgutes anzeigen. Sie sollen eine Lenkungsfunktion erfüllen. Der Wert ergibt sich aus den zusätzlichen Ausgaben (Grenzausgaben) für dieses Gut und dem zusätzlichen Nutzen (Grenznutzen), den sein Einsatz in der Produktion erbringt. Der Grenznutzen entspricht bei Gewinnmaximierung den Opportunitätskosten oder Grenzdeckungsbeiträgen. Seine Höhe ist bei nicht ausgelasteten Kapazitäten gleich Null, bei Vollauslastung entspricht er der Gewinnänderung, die sich durch den Einsatz einer weiteren Einheit des knappen Gutes erreichen ließe. Eine Verbindung zwischen diesen verschiedenen Ansätzen liefert der investitionstheoretische K.-Begriff. Er wird als die durch eine Entscheidung hervorgerufene Kapitalwertänderung definiert. Da der Kapitalwert aus Zahlungsgrößen hergeleitet wird, beruht er wie der pagatorische Kostenbegriff auf Ausgaben. Zugleich ist er auf Entscheidungen ausgerichtet. Die abgeleitete Kapitalwertänderung gibt die mit ihr verbundene Zieländerung an und liefert damit die wertmäßigen K. K. und E. lassen sich nach mehreren Merkmalen unterteilen. Die sich ergebenden speziellen K.- und E.-Begriffe

Kosten, fixe und variable kennzeichnen einzelne K.- und E.-Arten. Geht man von den verbrauchten Güterarten und dem Verbrauchscharakter aus, so gelangt man zu den natürlichen K.Arten. Hierzu zählen vor allem Material-, Personal-, Informations- und Wagniskosten sowie Abschreibungen, Abgaben und Zinsen. Bedeutsam sind insb. die Trennung zwischen o Einzel-K. und Gemein-K. sowie zwischen fixen und variablen K. (o Kosten, fixe und variable). 3. Abgrenzung gegenüber anderen Grundbegriffen des Rechnungswesens K. und E. stehen in enger Beziehung zu den anderen o Grundgrößen des Rechnungswesens, o Aufwand, Ausgaben, Auszahlungen einerseits sowie o Ertrag, Einnahmen, Einzahlungen andererseits. Sie werden als eigene Rechnungsgrößen geführt, weil sie im Unterschied zu Ausund Einzahlungen bzw. Ausgaben und Einnahmen nicht die zahlungswirksamen Vorgänge am Markt, sondern die gütermäßigen Bewegungen in der Unternehmung wiedergeben und eine periodische Gewinnermittlung ermöglichen sollen. Auf diese Zwecke sind Aufwand und Ertrag ebenfalls ausgerichtet. Daher besteht zwischen ihnen und den K. sowie E. der engste Zusammenhang. Jedoch erstrecken sich Aufwand und Ertrag nicht nur auf die sachzielbezogenen Güterbewegungen. Ferner unterliegt ihre Abgrenzung handelsrechtlichen Vorschriften. Jede Unternehmung kann die K.- und E.Rechnung im Unterschied zu der aus Aufwand und Ertrag gebildeten o Gewinn- und Verlustrechnung nach eigenen Zwecksetzungen gestalten. Dementsprechend kann sie K. und E. nach freiem Ermessen ansetzen. Dies wird an den kalkulatorischen K. besonders deutlich (o Kosten, kalkulatorische). Lit.: Hummel, S./Männel, W.: Kostenrechnung, Bd. 1, 4. Aufl., 1986 (Nachdruck 1990), S. 73-92; Riebel, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrech-

nung, 7. Aufl., 1994, S. 409 ff.; Schildbach, T./Homburg, C.: Kosten- und Leistungsrechnung, 10. Aufl., 2009, S. 30-45; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 12 ff. Hans-Ulrich Küpper Kosten, bestellfixe Von der Bestellmenge unabhängige, aber mit der Zahl der Bestellungen variierende Kosten (o Kosten, fixe und variable). Kosten, degressive o Kosten, fixe und variable Kosten, fixe und variable 1. Einführung Eine Klassifizierung von K. ist anhand verschiedener Kriterien möglich. Nach der Art der verbrauchten Güter und Leistungen können z.B. Personal- oder Materialkosten unterschieden werden (o Kostenarten). Bei der Zuordnung nach der Zurechenbarkeit auf o Kostenträger und o Kostenstellen erfolgt eine Einteilung in o Einzel- und Gemeinkosten. Darüber hinaus ist eine Klassifizierung aufgrund der Variation von K. in Abhängigkeit von einer bestimmten o Kosteneinflussgröße möglich. Anhand dieses Kriteriums lassen sich f. und v. K. unterscheiden. Im Allgemeinen wird als Kosteneinflussgröße die o Beschäftigung, z.B. als Ausbringungsmenge in Stück, unterstellt. Weitere Kosteneinflussgrößen sind z.B. die Bestellmenge, Losgrößen oder die Intensität von Anlagen. Im Folgenden wird die Beschäftigung zugrunde gelegt. 2. Fixe Kosten F. K., auch als konstante, zeitabhängige oder beschäftigungsfixe K. bezeichnet, sind unabhängig von der Beschäftigung. Sie fallen aufgrund der Kapazitätsbereitstellung für den Leistungserstellungsprozess an und bestehen, im Gegensatz zu v. K., auch wenn nicht produziert wird. Es wird deshalb teils auch von Stillstandsoder Bereitschaftskosten gesprochen. 489

Kosten, fixe und variable Hinsichtlich der Kapazitätsauslastung setzen sich f. K. aus den o Nutzkosten und den o Leerkosten zusammen und können ggf. langfristig abgebaut werden (o Deckungsbeitragsrechnung). In Bezug auf den Kostenverlauf, ergeben sich zwei Kategorien von f. K., die absolut f. K. und die sprungfixen K. a) Absolut fixe Kosten. Die absolut f. K. sind für jedes Beschäftigungsniveau in der Summe konstant. Die jedem produzierten Stück zugerechneten f. K. (o Stückkosten) hingegen sinken bei steigender Beschäftigung, da sich die f. o Gesamtkosten auf eine höhere Anzahl von Leistungseinheiten verrechnen. o Grenzkosten fallen nicht an. Beispiele für absolut f. K. sind Miet- oder Verwaltungskosten. b) Sprungfixe Kosten. Sprungfixe K., auch als intervallfixe K. bezeichnet, verhalten sich innerhalb bestimmter Beschäftigungsintervalle wie absolut f. K. Übersteigt die Beschäftigung eine kritische Grenze, steigen die f. Gesamtkosten jedoch sprunghaft auf die nächsthöhere Fixkostenstufe. Die f. Stückkosten sinken innerhalb der Beschäftigungsintervalle und erhöhen sich ab der kritischen Grenze ebenfalls. Grenzkosten entstehen hingegen nur, wenn eine Beschäftigungsveränderung zu einem Fixkostensprung führt. Sprungfixe K. liegen z.B. bei der Anschaffung einer weiteren Maschine oder der Einstellung einer zusätzlichen Arbeitskraft vor.

den gefahrenen Kilometern abhängig, wird jedoch auch durch Gewicht und Streckenbeschaffenheit beeinflusst. Ferner lassen sich bezüglich der Abhängigkeit gegenüber der Beschäftigung verschiedene o Kostenfunktionen der v. K. abbilden: proportionale, degressive, progressive und regressive Kostenverläufe. a) Proportionale (lineare) Kosten. Bei proportionalen Kostenverläufen bedingt eine Veränderung der Beschäftigung eine Variation der v. Gesamtkosten in derselben Höhe. Steigt die Beschäftigung um 1%, hat dies einen Anstieg der v. Gesamtkosten um ebenfalls 1% zur Folge. Die v. Stückkosten sowie die Grenzkosten verhalten sich hingegen konstant. Beispiele für lineare v. K. sind Fertigungslöhne oder Hilfsstoffe. Im industriellen Bereich sind Kostenabhängigkeiten am häufigsten durch proportionale K. gekennzeichnet.

3. Variable Kosten

b) Degressive (unterproportionale) Kosten. Ein degressiver Kostenverlauf liegt vor, wenn die v. Gesamtkosten in geringerem Maß als die Beschäftigung steigen, sich demnach unterproportional entwickeln. Ein Anstieg der Beschäftigung um 1 % impliziert eine Veränderung der v. Gesamtkosten um weniger als 1 %. Die v. Stück- und Grenzkosten sinken abhängig von der Beschäftigung, wobei die Grenzkosten unter den Stückkosten liegen. Degressive K. bestehen z.B. bei gesunkenem Benzinverbrauch aufgrund der optimalen Geschwindigkeit beim Lkw.

V. K., auch beschäftigungsabhängige oder veränderliche K. (direct costs) genannt, verändern sich in Abhängigkeit von der Beschäftigung und fallen nur bei Leistungserstellung an. Neben der Kosteneinflussgröße Beschäftigung lassen sich weitere Kosteneinflussfaktoren identifizieren, welche ursächlich für eine Veränderung der v. K. sein können. So ist der Benzinverbrauch eines Lkw von

c) Progressive (überproportionale) Kosten. Steigen die v. Gesamtkosten stärker als die Beschäftigung, handelt es sich um progressive K. Erhöht sich die Beschäftigung um 1 %, bewirkt dies einen Anstieg der v. Gesamtkosten um mehr als 1 %. Die v. Stückkosten sowie die Grenzkosten steigen bei einem Anstieg der Beschäftigung, wobei die Grenzkosten über den Stückkosten lie-

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Kosten, kalkulatorische gen. Progressive Kostenverläufe finden sich z.B. bei höheren K. durch Verschleißerscheinungen. d) Regressive Kosten. Liegt ein regressiver Kostenverlauf vor, sinken sowohl die v. Gesamt- als auch die Stückkosten mit zunehmender Beschäftigung. Die Grenzkosten werden negativ. Regressive K. bestehen z.B. bei gesunkenen Heizkosten aufgrund höherer Personenanzahl in einem Raum. Sie sind in der Praxis jedoch kaum von Bedeutung. 4. Abgrenzung gegenüber Einzel- und Gemeinkosten F. K. sind im Bezug auf die Kostenträger stets als Gemeinkosten zu bezeichnen (o Einzel- und Gemeinkosten). V. K. hingegen können Einzel- oder Gemeinkosten darstellen. Handelt es sich um Einzelkosten, werden diese direkt den Produkten zugerechnet. Liegen indes Gemeinkosten vor, wird von sog. unechten Gemeinkosten gesprochen, welche indirekt über die Kostenstellen zugerechnet werden müssen. Zur Aufspaltung der Gemeinkosten in f. und v. Bestandteile werden Verfahren der o Kostenspaltung bzw. -auflösung angewendet. Im Allgemeinen wird zwischen den buchtechnischen, statischen und mathematischen Verfahren differenziert. Bei Anwendung der buchtechnischen Methode erfolgt eine Schätzung der f. und v. Anteile anhand von kostentheoretischen Zusammenhängen, z.B. über Verbrauchsfunktionen. Die mathematische Methode hingegen unterstellt einen linearen Verlauf der K. zwischen zwei Beschäftigungswerten (z.B. Differenzquotientenverfahren) zur Herleitung der Kostenfunktion. Liegen mehr als zwei Beschäftigungswerte vor, kann mit Hilfe der statischen Methoden (z.B. Regressionsanalyse, Methode der kleinsten Quadrate) eine Kostenfunktion ermittelt werden. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kos-

tenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 62-72; Freidank, C.-C.: Kostenrechnung, 8. Aufl., 2008, S. 34-52; Götze, U.: Kostenrechnung und Kostenmanagement, 5. Aufl., 2010, S. 12-16; Haberstock, L.: Kostenrechnung, Bd. 1, 12. Aufl., 2005, S. 31-38; Olfert, K.: Kostenrechnung, 15. Aufl., 2008, S. 48-61; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kostenund Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 78 ff. Sarah Schalwat Kosten, kalkulatorische 1. Begriff und Zwecke K. K. ergeben sich aus der Durchführung zweier Erfolgsrechnungen innerhalb des Rechnungswesens, der kalkulatorischen kurzfristigen o Erfolgsrechnung und der o Gewinn- und Verlustrechnung. Deren Rechnungsgrößen o Kosten und o Aufwand liegen nur beim sachzielbezogenen, d.h. dem für die Erstellung des Produktionsprogramms anfallenden Güterverbrauch dieselben Einsatzmengen zugrunde. Wie aus nachfolgender Abbildung ersichtlich ist, nennt man jene Kosten kalkulatorisch, die vom Aufwand derselben Periode abweichen. Mit ihnen werden Güter(mengen)verbräuche erfasst, die aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften oder bilanzpolitischer Erwägungen in der betrachteten Periode nicht bzw. nicht in der kostenrechnerisch erwünschten Höhe als Aufwand angesetzt werden können. Sie sind darauf gerichtet, die spezifischen Zwecksetzungen der Kostenrechnung zu erfüllen. 2. Arten Die k. K. lassen sich in Anders- und Zusatzkosten einteilen. Anderskosten betreffen Güterverbräuche, die in anderer Weise als der Aufwand auf die Perioden verteilt und/oder in anderer Höhe bewertet werden. Zu ihnen gehören insb. kalkulatorische Abschreibungen, kalkulatorische Wagnisse und kalkulatorische Fremdkapitalzinsen. Zusatzkosten ergeben sich für 491

Kosten, kalkulatorische

Aufwand Neutraler Aufwand

Zweckaufwand Grundkosten

Kalkulatorische Kosten Anderskosten Zusatzkosten Kosten

Abb. 1.: Gegenüberstellung von Aufwands- und Kostenarten

Güterverbräuche, die überhaupt nicht als Aufwand behandelt werden können. Hierzu zählen vor allem kalkulatorische Eigenkapitalzinsen, kalkulatorische Mieten für betrieblich genutzte private Räume und kalkulatorische (Unternehmer-) Löhne. Weitere k. K.-Arten erhält man in allen Fällen, in denen man in der Kostenrechnung andere Beträge für Güterverbräuche als in der GuV ansetzt. Beispielsweise können aus kalkulatorischer Sicht sämtliche Steuern als Kosten behandelt werden, wenn man in der Kostenrechnung den Gewinn nach Steuern als Zielgröße ermitteln will. Dann zählen hierzu auch die gewinnabhängigen Steuern. (vgl. Abb. 1) 3. Erfassung a) Abschreibungen. Die kalkulatorischen o Abschreibungen können sich in der Abschreibungssumme, der angesetzten Nutzungsdauer und dem Abschreibungsverfahren von den handelsrechtlichen unterscheiden. In der Kostenrechnung verwendet man häufig den Wiederbeschaffungsneuwert als Ausgangsbetrag zur Abschreibungsberechnung. Dahinter steht die Zwecksetzung, über die verrechneten Kosten eine laufende Wiederbeschaffung der eingesetzten Güter zu ermöglichen (o Substanz- und Kapitalerhaltung). In diesem Fall übersteigt die Abschreibungssumme bei steigenden Preisen die Anschaffungskosten. Diese Wirkung wird vermieden, wenn man von Tagesgebrauchtwerten abschreibt. Die Nutzungsdauer orientiert man im Allgemeinen am tatsächlichen Einsatzzeit492

raum, ohne steuerrechtliche Normen zu berücksichtigen. Insb. verrechnet man kalkulatorische Abschreibungen unabhängig von der bisher erreichten Abschreibungssumme und ggf. auch dann, wenn diese die Anschaffungskosten erreicht haben. Das Abschreibungsverfahren richtet sich allein nach kostenrechnerischen Zwecken. Da keine steuerlichen Grenzwerte zu beachten sind, kann z.B. eine geometrisch-degressive Abschreibung mit relativ hohen Sätzen vorgenommen werden. b) Wagniskosten. Mit ihnen wird im Unterschied zum Aufwand, der nur aufgrund von Ausgaben für eingetretene Schäden ansetzbar ist, eine gleichmäßige Kostenverteilung auf die Perioden erreicht. Man verrechnet sie für die speziellen Wagnisse, die nicht durch Fremdversicherungen (z.B. für Brand, Betriebsunterbrechung usw.) abgedeckt sind. Hierzu gehören vor allem Bestandswagnisse für die Gefahr einer Minderung der Materialvorräte, Anlagenwagnisse für eine falsche Abschätzung der Nutzungsdauern, Mehrkostenwagnisse für unerwartete zusätzliche Produktionskosten, Gewährleistungswagnisse für Garantieleistungen und Debitorenwagnisse für Forderungsausfälle. c) Kalkulatorische Zinsen. Üblicherweise erfasst man in der Kostenrechnung Zinsen für das gesamte betriebsnotwendige Kapital, unabhängig vom Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital sowie von der Höhe der Fremdkapitalzinsen. Dahinter steht die Überlegung, dass ein-

Kosten, sekundäre gesetztes Eigenkapital bei anderweitiger Verwendung auch eine Verzinsung erbringen müsste und der Kapitaleinsatz im Produktionsprozess nicht nach Eigenund Fremdkapital differenziert werden kann. Von dem zur Erfüllung des Sachziels notwendigen Vermögen zieht man das zinslos zur Verfügung stehende Kapital ab. Dieses Abzugskapital umfasst insb. Kundenanzahlungen, Lieferantenkredite und langfristige Rückstellungen. Als Zinssatz (o Kalkulationszinsfuß) verwendet man häufig den landes- oder branchenüblichen Zins bzw. eine gewünschte Mindestverzinsung. d) Kalkulatorische Mieten. Ihre Höhe richtet sich nach den für vergleichbare Räume zu zahlenden Fremdmieten. e) Kalkulatorischer Unternehmerlohn. Er orientiert sich an dem Entgelt, das der Gesellschafter für eine gleichartige Tätigkeit außerhalb der Unternehmung erzielen würde. 4. Problematik Beim Ansatz von k. K. besteht ein großer Freiraum. Dies erscheint günstig im Hinblick auf die Erfüllung der eigenen Kostenrechnungszwecke. Da vielfach keine eindeutigen Kriterien für die Herleitung der jeweiligen Kostenwerte vorliegen, ist die Wahl geeigneter Ansätze oft schwierig, speziell bei der Bestimmung von Abschreibungen, Abzugskapital und dem kalkulatorischen Zinssatz. In der Praxis übliche Ansätze sind häufig konzeptionell wenig begründet. Genauere Kriterien lassen sich mit entscheidungstheoretischen Modellen herleiten, wie sie in modernen o Kostenrechnungssystemen entwickelt werden. Dabei wird deutlich, dass die Kostenhöhe von dem betrachteten (Entscheidungs-)Problem, dem zugrunde gelegten Erfolgsziel und den jeweiligen Situationsbedingungen abhängt. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 77-93;

Hummel, S./Männel, W.: Kostenrechnung, Bd. 1, 4. Aufl., 1986 (Nachdruck 1990), S. 63-76, 162-185; Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007, S. 310-330; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008, S. 12-26, 97-117, 629-634. Hans-Ulrich Küpper Kosten, intervallfixe = o Kosten, sprungfixe Kosten, pagatorische Bewertete sachzielbezogene Güterverbräuche (einer Periode), wobei der Wertansatz auf den mit der Beschaffung verbundenen Auszahlungen basiert (o Kostenbewertung). Lit.: Koch, H.: Zur Diskussion über den Kostenbegriff, in: ZfbF 1958, S. 355-399. Kosten, primäre Im Rahmen der o Kostenstellenrechnung K. für originäre Einsatzgüter, die von außerhalb des jeweiligen Abrechnungsbezirkes (z.B. von anderen Unternehmen) bezogen werden, im Unterschied zu sekundären o Kosten. Kosten, private Im Unterschied zu o volkswirtschaftlichen (sozialen) Kosten alle o Kosten, die in die private Wirtschaftsrechnung eingehen und vom Verursacher selbst getragen werden müssen. Kosten, progressive o Kosten, fixe und variable Kosten, regressive o Kosten, fixe und variable Kosten, sekundäre Im Rahmen der o Kostenstellenrechnung K. für derivative Einsatzgüter, die innerhalb des Abrechnungsbezirks erstellt und wieder eingesetzt werden (z.B. im unternehmenseigenen Kraftwerk er493

Kosten, sprungfixe zeugter Strom), im Unterschied zu primären o Kosten. Kosten, sprungfixe Kosten, die aufgrund der nicht beliebigen Teilbarkeit von Produktionsfaktoren innerhalb bestimmter Beschäftigungsintervalle konstant bleiben, bei Über- oder Unterschreiten der Intervallgrenzen jedoch sprunghaft steigen oder fallen (o Kosten, fixe und variable). Kosten, volkswirtschaftliche = Soziale Kosten. = Gesamtwirtschaftliche Kosten. Der Volkswirtschaft insgesamt entstehende K., die nicht von einzelnen Unternehmen oder Haushalten getragen werden (externe Effekte), z.B. aufgrund produktionsbedingter Umweltschädigung, für deren Beseitigung die Gesellschaft als Ganzes aufkommen muss. Kostenabweichung Differenz zwischen o Plankosten und o Istkosten. Im Rahmen einer o Abweichungsanalyse wird untersucht, inwieweit o Preisabweichungen oder o Mengenabweichungen ursächlich für die K. sind. Kostenallokation Auch als Kostenaufbereitung, Kostenverteilung oder Kostenzurechnung bezeichnet; Zuordnung der erfassten bzw. geplanten Kosten auf Bezugsgrößen nach bestimmten Prinzipien (o Kostenzurechnungsprinzipien). Kostenanalyse Analyse der Beziehungen zwischen Kostenhöhe und der für sie bestimmenden Ausprägungen der o Kosteneinflussgrößen; benötigt zur Durchführung der o Kostenplanung. Kostenarten Kategorien zur Einteilung von Kosten. Die Gliederung der K. kann nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Üblich ist die Einteilung nach der Art der Geschäftsvorfälle (z.B. Personalkosten, Ma494

terialkosten, Abschreibungen; sog. primäre K.) und nach Funktionsbereichen (z.B. Herstellungskosten, Verwaltungskosten, Vertriebskosten: sog. sekundäre K.). Kostenartenrechnung Teil der o Kostenrechnung, in dem die in einer Periode angefallenen o Kosten systematisch nach o Kostenarten erfasst und gegliedert werden. Kostenartenverfahren Methode der internen Leistungsverrechnung. Beim K. werden für eine innerbetriebliche Leistung nur die hierfür direkt als o Einzelkosten erfassbaren primären Kostenarten weiter verrechnet, nicht die o Gemeinkosten. Kostenaufbereitung = o Kostenallokation Kostenauflösung = o Kostenspaltung Kostenauswertung Durchführung zielgerichteter Analysen von o Kosten zur Planung, Steuerung und Kontrolle. Kostenbestimmungsgröße = o Kosteneinflussgröße Kostenbewertung 1. Notwendigkeit Kosten sind – unabhängig vom zugrunde liegenden Kostenbegriff – immer monetäre Ausdrücke für den Einsatz von Gütern und Geld zum Zweck der Erstellung betrieblicher Leistungen (o Kosten und Erlöse); im Folgenden soll wie üblich statt von Güter- und Geldeinsatz von Produktionsfaktoreinsatz gesprochen werden, ohne auf die Problematik einzugehen, jeder Kostenart einen Produktionsfaktor zuzuordnen. Obwohl es in vielen Fällen möglich wäre, den Faktoreinsatz auch in Mengengrößen darzustellen (Beispiel: Materialverbrauch), werden dennoch Geldgrößen zugrunde gelegt, um unterschiedliche Faktoreinsätze addierbar

Kostenbewertung zu machen und um den gesamten Faktoreinsatz eines Zeitraums den im gleichen Zeitraum erstellten, ebenfalls in Geldgrößen ausgedrückten Leistungen zum Zweck der Betriebsergebnisermittlung gegenüberstellen zu können. Sind Mengen- und Wertkomponenten nicht trennbar, wie bei einer großen Anzahl fremder Dienstleistungen, ist die Kostenbestimmung ohnehin direkt am Kostenwert zu orientieren. 2. Methoden Im einfachsten Fall sind die Wert- und die Mengenkomponenten trennbar und der Wert je Faktoreinheit konstant. Die Folge sind konstante Kosten je Faktoreinheit; ihre Multiplikation mit der Faktoreinsatzmenge ergibt die Gesamtkosten einer Kostenart. In den anderen Fällen der K. liegen die obigen Voraussetzungen nicht vor. Zunächst kann zwar eine separate Mengenerfassung möglich sein, ohne dass jedoch konstante Werte je Mengeneinheit gegeben sind. Beispiele dafür sind Arbeitskräfteeinsatz in Normal- und Überstunden, Materialbeschaffungen mit gestaffelten Mengenrabatten oder Mindestentgelte und sonstige vertragliche Besonderheiten beim Bezug elektrischer Energie. Die o Grenzkosten und die o Durchschnittskosten je Faktoreinheit sind nun nicht mehr konstant, sondern hängen von den Dispositionen über Faktorbeschaffung und -einsatz ab. Dies ist für zukunftsorientierte steuerungsunterstützende o Kostenrechnungssysteme insofern von Bedeutung, als nur die Zuordnung unterschiedlicher Werte je Faktoreinheit in der Kostenrechnung methodisch exakt wäre. Letztlich kann der oben bereits angesprochene Fall vorliegen, dass die Mengennicht von der Wertkomponente trennbar ist. Die Kosten werden dann unmittelbar durch den Ansatz eines Geldbetrages bestimmt (Methode der undifferenzierten Wertzuordnung). Dies erfolgt besonders häufig bei Kostenarten, die durch ver-

tragliche Bindungen entstehen, welche dem Betrieb einen Nutzen über abgegrenzte Zeiträume gewähren (Beispiel: Versicherungsverträge). Auch im Fall der undifferenzierten Wertzuordnung liegt ein Problem der K. vor, da ein Maßstab für die Bestimmung des die Kosten bildenden Geldbetrages gefunden werden muss. So können die Versicherungskosten durch Ermittlung der Anschaffungsausgaben oder einer anderen Wertgröße, wie beispielsweise der Wiederbeschaffungsausgaben, berechnet werden. K. ist somit aufgrund der vorstehenden Ausführungen in einem doppelten Sinn zu verstehen: (1) Wahl eines Wertmaßstabes pro Faktoreinheit. (2) Wahl eines Wertmaßstabes für die Bestimmung des die Kosten unmittelbar bildenden Geldbetrages. 3. Wertmaßstäbe Grundsätzlich ist für die K. kein Wertmaßstab von vornherein vorgegeben. Die Werte werden in Abhängigkeit von den zugrunde liegenden Rechnungszielen bestimmt. Als Wertansätze kommen o Marktpreise oder (innerbetrieblich gebildete) o Verrechnungspreise in Frage. Marktpreise können solche der Vergangenheit (Anschaffungspreise, o Anschaffungskosten), der Gegenwart (Tagespreise) oder der Zukunft (Wiederbeschaffungspreise) sein. Sofern nicht der Einsatz von Produktionsfaktoren vorgesehen ist, sondern ihre vorherige Veräußerung, können auch gegenwärtige oder zukünftige Veräußerungspreise relevant sein. Verrechnungspreise gehen im Unterschied zu Marktpreisen nicht aus Zahlungsvorgängen an Märkten hervor. Sie können als Schätz-, Fest- oder Lenkungspreise auftreten. Werden Schätzpreise verwendet, so stellen diese einen Ersatz für nicht existierende Marktpreise dar; ein typisches Beispiel bildet der Wertansatz für kalkulatorische Unternehmerlöhne (o Kosten, kalkulatorische). Festpreise haben den Zweck, trotz Um495

Kostenbewertung bewertung einer Faktoreinsatzmenge in eine Geldgröße, den Werteinfluss letztlich auszuschalten. Auf diese Weise sollen Faktorverbräuche mengenmäßig durch zwischenzeitliche, zwischenbetriebliche oder Soll-Ist-Vergleiche einer Kontrolle unterzogen werden, ohne die Gelddimension aufzugeben. Die Anwendung von Lenkungspreisen erfolgt bei dezentraler Planung mit dem Ziel, bei konkurrierenden Einsatzalternativen Faktoreinsätze an die Stelle ihrer optimalen Verwendung zu lenken, ohne unmittelbare Dispositionen über die Einsatzmengen zu treffen. 4. Die zweckadäquate Bestimmung der Kostenwerte Die Wahl des Wertansatzes hängt vom jeweiligen Zweck ab, für den die Kosten Verwendung finden sollen. Grundsätzlich soll die Kostenrechnung Informationen für extern bedingte Präsentationen und für die Steuerung der intern ablaufenden Leistungsprozesse bereitstellen. Extern durch gesetzliche Regelungen bedingt sind die Präsentation von o Herstellungskosten für die Bewertung selbsterstellter Bestände in Handels- und Steuerbilanzen sowie von Selbstkosten für die Kalkulation öffentlicher Aufträge. Die zielgerichtete Steuerung der betrieblichen Abläufe in den Phasen Planung, Entscheidung und Kontrolle wird von der Kostenrechnung durch die Bereitstellung von Informationen über die durch vorhandene Kapazitäten und ihre Nutzung entstehenden Kosten unterstützt. Der folgende knappe Abriss zeigt die für die einzelnen Rechnungszwecke relevanten Kostenwerte: a) Bilanzielle Bestandsbewertung. Aufgrund des Verbotes, nicht realisierte Gewinne auszuweisen und zur Förderung der intersubjektiven Nachprüfbarkeit der Wertansätze sind die in ihrer Summe die Herstellungskosten bildenden Faktoreinsätze mit Anschaffungswerten anzusetzen. 496

b) Kalkulation öffentlicher Aufträge. Im Rahmen der Ermittlung von Selbstkostenpreisen sind alle Faktormengen, die für einen Auftrag gesondert beschafft werden, mit Anschaffungspreisen zu bewerten; bei der Verwendung gelagerter Produktionsfaktoren gelten die Tagespreise bei der Lagerentnahme; für abzuschreibende Anlagen bilden grundsätzlich die Anschaffungspreise den Wertansatz, unter speziellen Voraussetzungen auch die Wiederbeschaffungspreise (o Leitsätze für die Preisermitlung auf Grund von Selbstkosten). c) Planung. Die Kostenrechnung übernimmt die für das erste Jahr der mittelfristigen (operativen) Planung (o Planungsrechnung) vom Management der verschiedenen Unternehmungsfunktionen (Einkauf, Fertigung, Vertrieb ...) prognostizierten und budgetierten Kostendaten, um im Vergleich mit der Planleistung eine Abschätzung des Planergebnisses zu ermöglichen und um die Grundlage für monatliche Soll-Ist-Vergleiche der Kosten im folgenden Jahr zu fixieren. Die zu speichernden Prognosekosten des Planjahres werden unter Zugrundelegung der zu erwartenden durchschnittlichen Anschaffungspreise abgeschätzt. Die betrieblichen Anlagen (o Anlagenrechnung) werden in Abhängigkeit von der Vorentscheidung, ob eine Nominal- oder Substanzgewinnrechnung durchgeführt wird (o Substanz- und Kapitalerhaltung), zur Berechnung der o Abschreibungen mit Anschaffungs- oder Wiederbeschaffungswerten angesetzt. d) Entscheidung. Für die K. ist es von wesentlicher Bedeutung, welches Entscheidungsfeld zugrunde gelegt wird. Einzusetzende Produktionsfaktoren können bereits vorhanden (z.B. gelagerte Rohstoffe) oder erst noch zu beschaffen sein, sie können verderblich und damit nur innerhalb des Entscheidungszeitraumes nutzbar sein oder auch darüber hinaus zur Verwendung stehen, vor allem

Kostenbewertung aber sind sie entweder knapp oder frei verfügbar.

unterzogen werden, um das Einkaufsgebaren zu untersuchen.

Sind Produktionsfaktoren noch nicht vorhanden, aber in dem benötigten Umfang beschaffbar, werden sie in Entscheidungsrechnungen mit zukünftigen Anschaffungswerten angesetzt. In einem für alle Verwendungsalternativen ausreichenden Umfang vorhandene Produktionsfaktoren werden zu Wiederbeschaffungswerten bewertet. Besondere Bewertungsprobleme treten auf, wenn Produktionsfaktoren knapp sind. Liegt ein Engpass vor, so erfolgt die Bewertung mit dem entgehenden Deckungsbeitrag (o Deckungsbeitragsrechnung) der besten nicht realisierbaren Verwendungsalternative (bei vorhandenem Faktorbestand) bzw. mit der Grenzausgabe zuzüglich dem entgehenden Deckungsbeitrag. Bestehen in Abhängigkeit von der Wahl zwischen den zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen mehrere Engpassmöglichkeiten, erlaubt nur ein simultanes Entscheidungsmodell auf der Grundlage der mathematischen Programmierung eine optimale Lösung. Gleichzeitig ermöglicht ein solches Modell durch die Berechnung der Dualwerte die Bestimmung der zum Optimum führenden Kostenwerte, die dann jedoch für die Entscheidungsfindung nicht mehr benötigt werden (Dilemma der o Opportunitätskosten). Für eine praktische Lösung ohne Aufstellung eines Simultanmodells verbleibt zur Gewinnung von Kostenwerten nur die Schätzung durch den Entscheidungsträger.

5. Organisatorische Probleme

e) Kontrolle. Soll die Kostenentstehung einer Kontrolle in Form von SollIst-Vergleichen unterzogen werden, werden im Soll wie im Ist die gleichen festen Verrechnungspreise angesetzt, wenn die Kontrolle des mengenmäßigen Faktoreinsatzes im Vordergrund steht und der Werteinfluss ausgeschaltet werden soll. Die Beschaffungspreise können einer gesonderten vergleichenden Betrachtung

Ein wesentliches Fazit der vorstehenden Ausführungen ist die zweckbedingte Vielfalt der in der Kostenrechnung zu berücksichtigenden Kostenwertansätze. Diese Problematik kann man auf dreierlei Weise einer Lösung zuführen: – Die laufende Kostenrechnung wird auf einen (Haupt-)Zweck ausgerichtet, an dem wiederum die K. orientiert ist. Um auch andere Zwecke zu erfüllen, muss im konkreten Einzelfall eine Umwertung erfolgen. Ein solches Vorgehen findet sich beispielsweise in der Grenzplankostenrechnung (o Grenzkostenrechnung). – Das Mengen- und das Wertgerüst der Kosten werden innerhalb der aufeinanderfolgenden Abrechnungsschritte der Kostenrechnung solange wie möglich getrennt. In einer auf einen bestimmten Zweck ausgerichteten Auswertungsrechnung werden zweckentsprechende Werte angesetzt. Dieser Weg wird beispielsweise in der Betriebsplankostenrechnung eingeschlagen, um die Wirkungen unterschiedlicher Wertansätze auf den Periodenerfolg ohne umständliche Sonderrechnungen aufzeigen zu können. – In einer Grundrechnung werden verschiedene für anwendungsrelevant erachtete Wertansätze vorrätig gehalten, um bei Bedarf für Auswertungsrechnungen bereitzustehen. Eine solche Konzeption ist in der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung mit ihrer Trennung der Grundrechnungen der „Entgelte“ und der Mengen verwirklicht und liegt datenbankgestützten Kostenrechnungssystemen zugrunde. Lit.: Adam, D.: Entscheidungsorientierte Kostenbewertung, 1970; Berens, W./ Schmitting, W.: Möglichkeiten einer ent497

Kostendeckungsprinzip scheidungsorientierten Kostenbewertung – beschaffungs- und absatzmarktorientierte Fundierung, in: Fischer, T.M. (Hrsg.): Kostencontrolling – neue Methoden und Inhalte, 2000, S. 53-77; Laßmann, G.: Plankostenrechnung auf der Basis von Betriebsmodellen, in: Kilger, W. (Hrsg.): Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung in der Praxis, 1980, S. 117-135; Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007, S. 164-190; Küpper, H.-U.: Kostenbewertung, in: HWR, 3. Aufl., 1993, S. 1179-1188; Riebel, P.: Einzelkostenund Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., 1994, S. 409-429; Schneeweiß, C.: Kostenbewertung, in: Küpper, H.-U./Wagenhofer, A. (Hrsg.): HWU, 4. Aufl., 2002, S. 1060-1069. Klaus-Peter Franz Kostendeckungsprinzip o Tragfähigkeitsprinzip Kosteneinflussgrößen Qualitativ und/oder quantitativ erfassbare Ursachen für die Höhe von o Kosten. Kosteneinwirkungsprinzip = o Einwirkungsprinzip Kostenerfassung In der o Kostenartenrechnung Ermittlung der Verbrauchsmengen der eingesetzten Produktionsfaktoren, deren Preise und daraus resultierende Werte sowie des sonstigen leistungsbezogenen Werteverzehrs (z.B. Abgaben, Abschreibungen). Kostenfunktion Gesetzmäßige (z.T. formelmäßige) Beziehung zwischen der Kostenhöhe und o Kosteneinflussgrößen. Kostenkategorie Nach der Zurechenbarkeit oder nach dem Ausgabencharakter gebildete Gattungen von o Kostenarten. 498

Kostenkontrolle Überwachung des (absoluten und relativen) Kostenanfalls. Die K. umfasst vor allem Kostenvergleiche (Soll-IstVergleiche, Zeitvergleiche, Betriebsvergleiche) und bildet den Ausgangspunkt für die Analyse von Abweichungsursachen (o Abweichungsanalyse). Kostenkontrollfunktion Neben der o Kostenvermittlungsfunktion eine Aufgabe der o Kostenstellenrechnung, nach der die Kostenstellenrechnung eine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Gütererstellung durch einen Vergleich der in den verschiedenen o Kostenstellen angefallenen o Istkosten mit den o Sollkosten ermöglichen soll. Kostenmanagement 1. Begriff K. bezeichnet die bewusste Beeinflussung der Kosten mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu erhöhen. Es dient damit der Erreichung unternehmerischer Oberziele, wie z.B. der Gewinnerzielung oder der Steigerung des Unternehmenswerts. Im Gegensatz zur o Kostenrechnung, die Informationen über die Kostensituation eines Unternehmens bereitstellt, geht es beim K. um die Verwendung dieser Informationen zur Anregung und Fundierung von Entscheidungen über kostenbeeinflussende Maßnahmen. Hierfür wird beim K. auch auf andere interne und externe Informationen zurückgegriffen (z.B. auf nicht-monetäre Kennzahlen wie Durchlaufzeiten und Ausschussquoten oder Kostenbenchmarks von Wettbewerbern). Auslöser für Maßnahmen des K. ist oftmals eine (drohende) Verfehlung der Gewinnziele. Eine solche Situation kann durch nicht vorhersehbare Ereignisse bedingt sein, wie z.B. einen starken Anstieg der Rohstoffpreise oder einen unerwarteten Rückgang der Nachfrage, aber auch

Kostenmanagement durch Versäumnisse der Vergangenheit, wie z.B. eine nicht rechtzeitige Anpassung an eine überlegene Kostenposition des Wettbewerbs. Der akute Handlungszwang verleitet dann häufig zu einem undifferenzierten Vorgehen, das sich in pauschalen Budgetkürzungen, einem generellen Einstellungsstopp und der Streichung oder Verschiebung von Projekten zeigt. Ein solches reaktives K. wirkt i.d.R. nicht nachhaltig und stößt häufig auf Akzeptanzprobleme bei den betroffenen Mitarbeitern. Es erscheint daher nur zur Bewältigung von Krisensituationen geeignet. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig zu stärken, ist hingegen ein proaktives K. zweckmäßiger. Dieses zeichnet sich durch Marktorientierung (Berücksichtigung der Kundenanforderungen und des Wettbewerbsverhaltens), Ganzheitlichkeit (Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette und aller Phasen des Produktlebenszyklus), Antizipation (frühzeitige Einflussnahme auf die künftige Kostensituation), Kontinuität (permanente Kostenbeeinflussung), Partizipation (Einbeziehung von Mitarbeitern aller Hierarchieebenen) und Interdisziplinarität (funktionsübergreifende Ausrichtung) aus. Diese sechs Merkmale bestimmen die inhaltliche Ausgestaltung der Aufgaben, Objekte, Instrumente und der Organisation des proaktiven K. 2. Aufgaben Zu den Aufgaben des K. gehören die Kostenplanung, -steuerung und -kontrolle, wobei die Kostensteuerung den Kern des K. darstellt. Sie umfasst die Kostenanalyse sowie die Formulierung und Implementierung von kostenbeeinflussenden Maßnahmen. Gegenstand der Kostenanalyse ist zum einen die Kostensituation und zum anderen die sie determinierenden o Kostentreiber (cost driver). Während die Analyse der Kostensituation darauf abzielt, Kostenschwerpunkte zu identifizieren

und mögliche Maßnahmen zur Kostenbeeinflussung abzuleiten, geht es bei der Analyse der Kostentreiber (Kosteneinflussgrößen) darum, die Ursachen der Kostenentstehung zu erkennen. Die Kostensituation lässt sich durch das Kostenniveau (absolute Höhe der Gesamt- oder Stückkosten), die Kostenstruktur (Zusammensetzung der Kosten nach verschiedenen Kategorien, wie z.B. o Einzel- und Gemeinkosten) und den Kostenverlauf (Kostenverhalten in Abhängigkeit von einem Kostentreiber) beschreiben. Jedes dieser Merkmale kann zunächst für das eigene Unternehmen betrachtet werden. Eine Beurteilung der eigenen Kostensituation erfordert jedoch auch den Vergleich mit anderen Unternehmen, vor allem mit Partnern in der Wertschöpfungskette (o Open-Book Accounting), Wettbewerbern und Best-PracticeUnternehmen (o Benchmarking). Ziel der Analyse der Kostentreiber ist es, die relevanten Kosteneinflussgrößen zu identifizieren und in ihrer Wirkungsweise zu beurteilen. Dies erweist sich in der Praxis aufgrund der vielfältigen UrsacheWirkungs-Zusammenhänge im Kostengefüge von Unternehmen als eine komplexe Aufgabe. Eine Hilfestellung bietet dabei die Differenzierung in operative (z.B. Beschäftigung), taktische (z.B. Anzahl an Prozessdurchführungen) und strategische Kostentreiber (z.B. Produktkomplexität, Lerneffekte o Erfahrungskurve). Die Kostenanalyse mündet in die Formulierung von kostenbeeinflussenden Maßnahmen. Sofern alternative Maßnahmen existieren, sind diese anhand definierter Kriterien (z.B. Wirtschaftlichkeit, Durchsetzbarkeit) zu bewerten, um eine Auswahl treffen zu können. Die anschließende Maßnahmenimplementierung umfasst Aufgaben, die die operative Umsetzung der verabschiedeten Maßnahmen sicherstellen. Hierzu gehört z.B. eine systematische Maßnahmenverfolgung, die ein 499

Kostenmanagement Versanden von Einzelmaßnahmen verhindert. Zudem ist vor allem bei umfangreicheren Veränderungen im Unternehmen die Akzeptanz für die geplanten Maßnahmen bei den betroffenen Mitarbeitern zu fördern, um möglichen Widerständen entgegen zu wirken.

Obgleich sich die Maßnahmen des produktorientierten K. in Abhängigkeit von der Art des Produktes im Einzelfall unterscheiden, lassen sich allgemein drei Ansätze zur Gestaltung kostenoptimaler Produkte differenzieren: – Marktgerechte Produktgestaltung: Oftmals sind (zu) hohe Produktkosten darauf zurückzuführen, dass Produkte Funktionen enthalten, die dem Kunden keinen oder nur einen geringen Nutzen stiften und deshalb ohne Erlöseinbußen eliminiert werden können. Solche Produktfunktionen sind i.d.R. auf eine übertriebene Technikund mangelnde Kundenorientierung zurückzuführen (Overengineering).

3. Objekte Inhaltlich können Maßnahmen des K. an Produkten, Prozessen und Ressourcen ansetzen. Diese drei Objekte beschreiben in allgemeiner Form den Wertschöpfungsprozess im Unternehmen. Sie bilden zusammen mit den Kunden und Lieferanten ein generisches Geschäftsmodell, das unabhängig von den Besonderheiten bestimmter Branchen drei zentrale Ansatzpunkte für kostenbeeinflussende Maßnahmen aufzeigt (vgl. Abb. 1). a) Produkte. Eine wichtige Erkenntnis für das produktorientierte K. besteht darin, dass ca. 70-80 % der Herstellkosten in der Phase der Produktentstehung festgelegt werden. Bemühungen des produktorientierten K. sollten daher auf diese Phase im Produktlebenszyklus fokussiert werden, weil das Kostenbeeinflussungspotenzial hier am größten ist. Dabei gilt es, unter Berücksichtigung der Kundenanforderungen die Produkte so zu gestalten, dass in den späteren Phasen der Herstellung, Vermarktung und ggf. Entsorgung der Kostenanfall möglichst gering ist. Zwischen den einzelnen Phasen des Produktlebenszyklus bestehende Interdependenzen können bei einer ganzheitlichen, lebenszyklusbezogenen Betrachtung zur Kostenoptimierung genutzt werden. So kann es u.U. vorteilhaft sein, höhere Entwicklungskosten zu akzeptieren, wenn sich dadurch die Herstellkosten überproportional senken lassen.

Lieferanten

Ressourcen

Abb. 1: Ansatzpunkte zum Kostenmanagement

500

– Fertigungs- und montagegerechte Produktgestaltung: Das Produkt, seine Baugruppen und Einzelteile sind so zu konstruieren, dass die Fertigung und Montage mit einem möglichst geringen Aufwand an Zeit, Flächenbedarf und Betriebsmitteln möglich ist. – Komplexitätsgerechte Produktgestaltung: Teile- und Variantenvielfalt bei Produkten wirken komplexitäts- und damit kostentreibend. Dem ist durch Maßnahmen des Komplexitätsmanagements, wie z.B. durch eine stärkere Standardisierung von Teilen oder die Eliminierung wenig nachgefragter Produktvarianten, zu begegnen. b) Prozesse. Prozesse bestehen aus sachlogisch miteinander verknüpften Aktivitäten, die in den einzelnen Abteilungen bzw. Kostenstellen durchgeführt werden. Für diese Verantwortungsbereiche werden im Rahmen der o Budgetierung regelmäßig Kostenbudgets geplant.

Prozesse

Produkte

Kunden

Kostenmanagement Ihre Einhaltung wird durch Soll-Ist- oder Plan-Ist-Vergleiche kontrolliert (o Abweichungsanalyse). Die kostenstellenbezogenen Soll-Ist-Vergleiche für einzelne Kostenarten sind ein traditioneller Ansatz zur Aufdeckung von Unwirtschaftlichkeiten in der Fertigung (o Verbrauchsabweichung). Das mit einem solchen bereichsbezogenen K. einhergehende Potenzial zur Kostenbeeinflussung ist jedoch eher gering, da bestehende Strukturen kaum hinterfragt und bereichsübergreifende Abläufe nicht optimiert werden. Prozessorientiertes K. fokussiert daher Prozessabläufe, die sich i.d.R. über mehrere Kostenstellen hinweg erstrecken (z.B. Auftragsabwicklung, Materialbeschaffung). Solche Prozesse entwickeln sich im Zeitablauf und können bei veränderten Rahmenbedingungen unwirtschaftlich werden. Insbesondere neue Technologien, wie z.B. das Internet, eröffnen immer wieder neue Möglichkeiten, Prozesse effizienter zu gestalten. Dazu kann eine kontinuierliche Verbesserung bestehender Prozesse oder in unregelmäßigen Zeitabständen eine grundlegende Neugestaltung von Prozessen beitragen. Maßnahmen des prozessorientierten K. lassen sich drei Kategorien zuordnen: – Bereinigung von nicht wertschöpfenden Aktivitäten (Aktivitäten, die weder direkt noch indirekt einen Kundennutzen stiften), – Änderung des Prozessablaufs (z.B. Parallelisieren von Aktivitäten), – Verlagerung von Aktivitäten und Prozessen innerhalb der unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette (Outsourcing und Insourcing). Gemeinsam mit Kunden und Lieferanten entwickelte Maßnahmen zur Prozessoptimierung bieten die Chance, Einsparungen zu realisieren, die sich einem einzel-

nen Unternehmen allein nicht eröffnen. Gegenstand einer solchen unternehmensübergreifenden Prozessoptimierung sind vor allem die Schnittstellen von miteinander verknüpften unternehmensinternen Prozessen (z.B. Ausgangslogistik eines Lieferanten und Eingangslogistik des Abnehmers). Ebenso ergeben sich Möglichkeiten zum unternehmensübergreifenden K. aus der Zusammenlegung von Prozessen im Rahmen von Fusionen und Akquisitionen von Unternehmen (Realisierung von o Synergien). c) Ressourcen. Kosten entstehen durch den Verbrauch von Ressourcen im Rahmen der Leistungserstellung. Da sie den bewerteten Ressourcenverzehr abbilden, hängt ihre Höhe sowohl von dem Preis als auch von der Menge der verbrauchten Ressourcen ab. Beide Einflussgrößen eröffnen Ansatzpunkte für Maßnahmen des ressourcenorientierten K. In einigen Fällen sind die Preise jedoch aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen nicht oder nur begrenzt vom Unternehmen beeinflussbar (z.B. bei tarifgebundenen Mitarbeitern), so dass sich der Gestaltungsspielraum auf die Mengenkomponente beschränkt (z.B. Personalabbau). Aus der Analyse der Kostenstruktur lassen sich die wertmäßige Bedeutung einzelner Ressourcen erkennen und Schwerpunkte für das ressourcenorientierte K. ableiten. Meist stellen die Material- und Personalkosten die bedeutendsten Kostenarten dar. Mit Maßnahmen des Material- und des Personalmanagements können daher regelmäßig starke Ergebniseffekte erzielt werden. Beispiele hierfür sind das Global Sourcing bzw. flexible Arbeitszeitmodelle und befristete Beschäftigungsverhältnisse. Mit Maßnahmen des ressourcenorientierten K. wird nicht nur das Kostenniveau, sondern auch die Kostenstruktur beeinflusst, z.B. das Verhältnis von fixen und variablen Kosten (o Kosten, fixe und 501

Kostenmanagement variable). Bei hoher Kapazitätsauslastung führen Fixkosten zwar zur Stückkostendegression, bei rückläufiger Beschäftigung bergen sie indes das Problem der Kostenremanenz, da Verträge i.d.R. nicht jederzeit kündbar und Eigentumspotenziale nicht jederzeit veräußerbar sind. Vor allem in fixkostenintensiven Unternehmen kommt daher einem systematischen Fixkostenmanagement eine hohe Bedeutung zu. 4. Instrumente Für das K. existieren zahlreiche Instrumente, die zumeist in der Praxis entwickelt wurden. Sie dienen zum einen dazu, Entscheidungen über kostenbeeinflussende Maßnahmen anzuregen und zu unterstützen. Zum anderen kommt den K.Instrumenten eine wichtige Funktion bei der Steuerung des Verhaltens von Mitarbeitern zu. Für beide Zwecke stellen sie entweder Kosteninformationen bereit (z.B. Kostenrechnung, entwicklungsbegleitende Kalkulation) oder strukturieren eine bestimmte Vorgehensweise (z.B. Wertanalyse). Ein zentrales K.-Instrument ist das o Target Costing. Seine Grundidee ist einfach: Anstatt den Preis als Ergebnis einer Kosten-Plus-Kalkulation zu betrachten, wird eine marktorientierte Vorgehensweise verfolgt: Ausgehend von dem Preis, den der Kunde für ein bestimmtes Produkt zu zahlen bereit ist, abzüglich einer geplanten Gewinnspanne, die sich aus den Renditeforderungen der Kapitalgeber ableitet, werden Zielkosten als Vorgabe für die Produktentwicklung festgelegt (retrograde Kalkulation, o Preiskalkulation). Die Zielkosten für das Gesamtprodukt sind im Rahmen der Zielkostenspaltung auf einzelne Baugruppen und Einzelteile herunterzubrechen. Durch einen Vergleich mit den Istkosten oder den geschätzten Kosten wird i.d.R. ein Kostensenkungsbedarf sichtbar. Dieser ist durch produkt-, prozess- und ressourcenorientierte Maßnah502

men des K. während der Produktentstehung zu realisieren. Dem Target Costing wird von Anwendern eine hohe Leistungsfähigkeit zugesprochen. Es ist vor allem in der Automobil-, Elektronik- und Maschinenbauindustrie weit verbreitet. Die klassische o Kostenrechnung, die entwicklungsbegleitende Kalkulation (Kurzkalkulationen, Relativkostenkataloge), die o Wertanalyse, das Benchmarking, die o Prozesskostenrechnung und das o Product Life Cycle Costing stellen weitere K.-Instrumente dar. Aufgrund ihrer unterschiedlichen, sich ergänzenden Schwerpunkte werden sie in der Praxis i.d.R. kombiniert eingesetzt. So unterstützt z.B. die entwicklungsbegleitende Kalkulation die Identifikation des Kostensenkungsbedarfs im Rahmen des Target Costing. 5. Organisation K.-Aufgaben werden von verschiedenen Personen oder organisatorischen Einheiten wahrgenommen. Dies erfolgt zumeist zusätzlich zu den anderen (originären) Aufgaben im Wertschöpfungsprozess (z.B. indem Konstrukteure die Kostenwirkungen eines neuen Produktes anhand eines Prototyps analysieren). Im Rahmen eines solchen funktionalen K. können Kostensenkungspotenziale i.d.R. unmittelbar erkannt und ausgeschöpft werden. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, dass dem K. aufgrund anderer Prioritäten, divergierender persönlicher Interessen, fehlendem Know-how oder mangelnder Entscheidungskompetenz (z.B. bei bereichsübergreifender Prozessoptimierung) nicht immer die erforderliche Aufmerksamkeit zukommt. Aus diesem Grunde bietet es sich an, (einzelne) Aufgaben des K. speziell dafür eingerichteten organisatorischen Einheiten zu übertragen (institutionales K.). Hierfür eignen sich vielfach Teamstrukturen. Die arbeitsteilige Aufgabenerfüllung beim K. induziert einen Abstimmungs-

Kosten-/Nutzen-Analyse bedarf. Hierfür sind geeignete Koordinationsmechanismen, wie z.B. Lenkungsausschüsse, Handbücher und Checklisten, erforderlich (K.-Koordination). Lit.: Arnaout, A.: Target Costing in der deutschen Unternehmenspraxis, 2001; Cooper, R./Slagmulder, R.: Interorganizational Cost Management, 1999; Ehrlenspiel, K./Kiewert, A./Lindemann, U.: Kostengünstig Entwickeln und Konstruieren, 6. Aufl., 2007; Franz, K.-P./ Kajüter, P.: Proaktives Kostenmanagement, in: Franz, K.-P./Kajüter, P. (Hrsg.): Kostenmanagement, 2. Aufl., 2002, S. 332; Franz, K.-P./Kajüter, P.: Kostenmanagement, in: HWB, 6. Aufl., 2007, Sp. 974-983; Friedl, B.: Kostenmanagement, 2009; Himme, A.: Kostenmanagement: Bestandsaufnahme und kritische Beurteilung der empirischen Forschung, in: ZfB 2009, S. 1051-1098; Kajüter, P.: Proaktives Kostenmanagement, 2000; Kajüter, P.: Kostenmanagement in der deutschen Unternehmenspraxis, in: ZfbF 2005, S. 79-100; Kajüter, P./Kulmala, H.: Open-Book Accounting in Networks, in: MAR 2005, S. 179-204; Kreuz, W.: Kosten-Benchmarking: Konzept und Praxisbeispiel, in: Franz, K.-P./Kajüter, P. (Hrsg.): Kostenmanagement, 2. Aufl., 2002, S. 91-103; Möller, K./Isbruch, F.: Interorganisationales Kostenmanagement – Erfolgspotenzial oder Kooperationsrisiko?; in: ZfP 2007, S. 387-406; Stoi, R.: Prozessorientiertes Kostenmanagement in der deutschen Unternehmenspraxis, 1999. Peter Kajüter Kosten-/Nutzen-Analyse 1. Begriff Unter „Kosten-/Nutzen-Analyse“ (KNA) oder „Nutzen-/Kosten-Analyse“ (NKA) oder „Cost-Benefit-Analysis“ versteht man eine Technik, die eine Bewertung von Vorteilen und Nachteilen eines Projektes zum Ziele hat. Der Unterschied zu o Investitionsrechnungen unter allein monetären Zielen besteht darin, dass man

bei K. nicht nur die in monetären Einheiten quantifizierbaren Vorteile und Nachteile eines Objektes in Ansatz bringt, sondern auch und vor allem seine nicht in monetären Einheiten quantifizierbaren Qualitäten (Vorteile, Nachteile) einer Bewertung (Punktesystem) zugänglich zu machen versucht, um so umfassender als es Investitionsrechnungen vermögen, die absolute und/oder relative Vorzüglichkeit eines Objektes zu ermitteln (o Mehrfachziele in der Investitionsrechnung). 2. Anwendung K. dienen sowohl der Entscheidungsvorbereitung als auch der nachträglichen Überprüfung von getroffenen und schon realisierten Entscheidungen. K. ist i.e.S. die Bezeichnung einer Technik, die von öffentlichen Haushalten angewandt wird, um durch Bewertung von mehreren Zielen gleichzeitig dienenden Objekten (Zielbündel) die Dringlichkeit (Nützlichkeit) ihrer Anschaffung erkennen zu können, um so die knappen Mittel (Budget) möglichst optimal einzusetzen (optimale Allokation der verfügbaren Ressourcen). Dies war und ist vor allem bei solchen (staatlichen) Objekten der Fall, die „öffentliche Güter“ produzieren, für die es keine Marktpreise gibt und für die von den Konsumenten kein oder nur ein geringes Entgelt geleistet wird (z.B. Bildung, soziale Sicherheit, öffentliche Sicherheit, Erholungs- und Sportanlagen etc.). In weiterer Bedeutung steht die Bezeichnung K. als Überbegriff für alle Techniken, die die Bewertung von Vor- und Nachteilen von erst anzuschaffenden Objekten, aber auch von vorhandenen und evtl. besser abzuschaffenden Objekten (Dienstleistungen) zum Ziel haben. Anwender der diversen Techniken der K. können nicht nur öffentliche Haushalte, sondern auch private Haushalte, Unternehmungen, Vereine, Interessenvertretungen, Kammern etc., aber auch einzelne Personen sein. 503

Kosten-/Nutzen-Analyse 3. Elemente „Kosten“, zumindest die durch das Objekt direkt anfallenden (Investitionsausgaben und Folgekosten), sind noch relativ leicht zu prognostizieren. „Nutzen“ hingegen ist stets etwas Subjektives, weil ein Gut bei verschiedenen Personen unterschiedlich geeignet ist, Bedürfnisse zu befriedigen. Dies hängt von der unterschiedlichen Höhe des Einkommens der einzelnen Menschen, von ihren unterschiedlichen Präferenzen, ihrem Lebensalter etc., aber insb. auch von der Menge der verfügbaren Güter oder Dienstleistungen ab: Je mehr Güter oder Dienstleistungen zur Verfügung stehen und schon konsumiert worden sind, umso kleiner wird der „Nutzen“ einer weiteren Einheit dieses Gutes bzw. dieser Dienstleistung (sinkender „Grenznutzen“) sein. Die einem Objekt zuordenbaren Nutzen können von unterschiedlichen Kategorien sein. Dies sei anhand des Beispiels „Nutzen des Baues eines Donaukraftwerkes“ erläutert: – Interner Nutzen des Projektträgers (z.B. Stromerlöse der Elektrizitätsgesellschaft); – Externer Nutzen der vorgesehenen Begünstigten (z.B. günstigerer Strompreis für die Abnehmer, Versorgungssicherheit); – Externer Nutzer bei anderen Begünstigten (z.B. Hochwasserschutz für die Unterlieger, Erleichterungen für die Schifffahrt, Stabilisierung des Grundwasserspiegels); – Externer, nicht in Geld messbarer Nutzen (z.B. Verschönerung der Landschaft, Verringerung des Feinstaubgehalts der Luft). 4. Bedeutung Das Besondere an K. ist, dass sie auch externe Effekte (externe Nutzen, externe Kosten) und darin auch die nur qualitativ beschreibbaren (oder in Punkten, Tabellenwerten ausdrückbaren) Vorteile (Nut504

zen) und Nachteile (Lasten, „Kosten“) in die Analyse und in die Entscheidungsgrundlagen einbeziehen können. Das Informationsziel solcher K. i.e.S. liegt in der Ermittlung des sozialen (i.S. gesellschaftlichen) Netto-Nutzens eines Projektes. Gesetzesprojekte sollten der gesetzgebenden Körperschaft nur unter Beischluss einer K. vorgelegt werden. Zahlreich sind die Projekte, die privatwirtschaftlichen Gewinn versprechen, aber öffentliche („soziale“) Kosten nach sich ziehen. Auch gibt es zahlreiche Fälle öffentlichen Nutzens und privater Kosten. So werden z.B. mit dem Argument des (angeblich durch die Menschen verursachten) „Klimawandels“ Projekte gefordert und umgesetzt, die öffentlichen Nutzen stiften sollen (z.B. zwangsweise wärmedämmende Ummantelung von Wohnhäusern), aber private Kosten verursachen (z.B. Verdoppelung der Miete). Nicht in monetären Einheiten quantifizierbare Eigenschaften (intangibles) eines Objektes sind z.B. Kompatibilität, Betriebssicherheit, Flexibilität, Elastizität, Kostenstruktur (Kostenremanenzen), Bedienungskomfort, Umweltverträglichkeit, Prestigeträchtigkeit etc. Ein wichtiges Einsatzgebiet der K. ist das Abwägen von Kosten und Nutzen von Sicherungsmaßnahmen. Zur Überprüfung der „IT-Security“ werden „Penetrationstests“ durchgeführt, dabei aufgedeckte Sicherheitslücken (mögliche Schadenshöhe, Eintrittswahrscheinlichkeit) bewertet und technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen überlegt („ROSIMethode“; „Return on Security Investments“). Es gilt die Summe der Kosten der Sicherungsmaßnahmen und der durch verbleibende Sicherheitsmängel entstehenden Schäden zu minimieren. Auch im privaten Bereich werden K. angestellt. Man spricht dann von der Ermittlung des „Preis-Leistungs-Verhält-

Kosten-/Nutzen-Analyse nisses“, z.B. bei der Anschaffung einer EDV-Anlage, einer Fotoausrüstung, eines Personenkraftwagens, einer Wohnung etc. Je mehr man in einer Volkswirtschaft bzw. in einer Betriebswirtschaft („pretiale Lenkung“, Konkurrenzierung durch Zukauf eines Teiles von Verwaltungsleistungen etc.) den Kräften des Marktes (Wettbewerb, Preisbildung) überlässt, und je mehr man öffentliche Dienste und Unternehmungen privatisiert (reprivatisiert), umso geringer wird das Anwendungsfeld der ob ihrer Wertungen und Zuschätzungen doch stets recht subjektiven K. sein. 5. Grobstruktur Eine K. kann man mit folgenden sieben Schritten (Phasen) skizzieren: (1) Problemdefinition, Festlegung des Hauptzieles; (2) Entwicklung (Konkretisierung) des Zielsystems und Gewichtung der einzelnen Teilziele nach der ihnen beigelegten relativen Bedeutung; (3) Entwicklung von Alternativen; (4) Ausscheiden von Alternativen, die gegen Restriktionen verstoßen oder Mindestzielerreichungsvorgaben (Pflichtenheft) nicht gerecht werden; (5) Abschätzen des Grades der wahrscheinlichen Erreichung der einzelnen Teilziele; (6) Durchführung formaler Kalküle wie Multiplikationen (der prognostizierten Zielerreichungsgrade mit dem Gewichtungsfaktor der relativen Bedeutung des jeweiligen Teilzieles; = Nutzenbeitrag), Additionen (der errechneten Nutzenbeiträge), Subtraktionen, Divisionen; evtl. Vornahme von o Sensitivitätsanalysen und Risikoanalysen (o Investitionsrechnung, dynamische); (7) Auswahl (Reihung). 6. Nutzwertanalysen Variationen der K. stellen die o „Nutzwertanalyse“ (NWA) und die „KostenWirksamkeits-Analyse“ (KWA) dar. Die Besonderheiten der NWA bestehen darin, dass nur Nutzwerte und keine Kosten

einbezogen werden. Die Nutzwerte werden nicht in monetären Größen, sondern nur in Punkten angegeben. Dabei stellen sie den Grad der Tauglichkeit eines Projektes hinsichtlich der Verwirklichung der vorgegebenen und nach ihrer Bedeutung gewichteten Ziele dar. Als Summe dieser Punkte ergibt sich ein dimensionsloser Ordnungsindex, der zumindest eine Reihung von sich gegenseitig ausschließenden Alternativen erlaubt. Der Vorteil der NWA liegt in der Offenlegung der Wertentscheidungen (Ziele, ihre Gewichtung, Schätzung des erwarteten Ausmaßes der Zielerreichung); ihr Nachteil ist im Fehlen der monetären Dimension zu sehen, was bei den üblichen budgetären Restriktionen schwer wiegt, weil eine Reihung von Objekten, die um knappe Ressourcen konkurrieren, nach ihrer relativen Vorzüglichkeit (Rentabilität i.S. erzielbare Nutzenpunkteanzahl pro z.B. 1 Mio. Euro) nicht möglich ist. 7. Kosten-Wirksamkeits-Analyse (KWA) Diesen Nachteil der NWA beseitigt die KWA, die die NWA durch eine Kostenanalyse ergänzt und dann den in einer Punktesumme ermittelten Nutzwert eines Objektes durch die ermittelte Kostensumme (Kostenbarwertsumme) des Objektes dividiert. Ausdruck der relativen Vorzüglichkeit eines Objektes ist somit der Quotient Nutzwert des Objektes (als Summe der erreichten Punkte) Kosten des Objektes (Kostenbarwertsumme des Objektes) Die schwer oder nicht quantifizierbaren (externen) Kosten des zu analysierenden Objektes werden dabei als Verringerung des Nutzwertes berücksichtigt. 8. Erweiterungen Bemerkenswert ist, dass die betriebswirtschaftlichen Techniken der „Wertanalyse“ mit dem Ziel Werkstoffersparnis, später auch Fertigungskostenersparnis („Value Analysis“), weiters des „ Value 505

Kosten-/Nutzen-Analyse Engineering” (Ziel: Fertigungskostensenkung und Steigerung der funktionalen Nützlichkeit) und insb. die Technik der „Overhead Value Analysis“ bzw. der „Gemeinkosten-Wert-Analyse“ und vor allem das „Zero-Base-Budgeting“ eine starke Affinität zur Technik der K. haben. Sie sind zur Gruppe der K.Techniken i.w.S. zu zählen. Das Besondere an diesen betriebswirtschaftlichen Techniken ist, dass nur betriebswirtschaftliche (interne) Kosten (Kostenersparnisse) und nur betriebswirtschaftliche Nutzen (Nutzenminderungen) in Ansatz gebracht werden und es sich in aller Regel nicht um zu analysierende Anschaffungen (Investitionsobjekte oder neue Dienste), sondern um Abschaffungen i.S. von Reduzierung oder gar Eliminierung von Dienstleistungen (Verrichtungen), insb. von Verwaltungsleistungen, somit um Einsparungen von Arbeitsplätzen (Arbeitskosten) und Sachmittelkosten handelt. Das Ermitteln oder „Zuschätzen“ von einsparbaren Kosten wird bei diesen betriebswirtschaftlichen Techniken leichter fallen als das Quantifizieren des wegfallenden Nutzens. Lit.: Abelson, P.: Cost benefit analysis of proposed major rail development in Lagos, Nigeria, in: Transport Reviews 3/1995, S. 265-289; Arnold, V.: Die Bewertung öffentlicher Zwischenprodukte in Nutzen-Kosten-Untersuchungen, eine theoretische Analyse, in: Finanzarchiv 3/1988, S. 417-432; Becker, M.: Strategien und Kosten-/Nutzenaspekte, in: Output 6/1990, S. 61-68; Schneeweiss, C.: Kostenwirksamkeitsanalyse, Nutzwertanalyse und Multi-Attributive Nutzentheorie, in: WiSt 1990, S. 13-18; Becker, W./Weber, J.: Scoring-Modelle, in: Szyperski, N. (Hrsg.): Handwörterbuch der Planung, 1989, S. 345-359; Braun, G.E.: Der Beitrag der Nutzwertanalyse zur Handhabung eines Multidimensionalen Zielsystems, in: WiSt 1982, S. 49-54; Braun, G.E.: Kosten-Nutzen-Analyse, in: 506

WISU 1986, S. 115-116; Dreyer, A.: Scoring-Modelle bei Mehrfachzielsetzungen, in: ZfB 1974, S. 255-274; Gattinger, M.: Kosten-Nutzen-Überlegungen zur internen Revision : Die Revisionsabteilung als Objekt von Wirtschaftlichkeitsanalysen und effizienzsteigernden Maßnahmen, 1991; Haffner, A.: Der monetäre Nutzen von Verbesserungen, in: REFA-Nachr. 2/2007, S. 4-13; Hanusch, H.: Nutzen-Kosten-Analyse, 2. Aufl., 1995; Informationszentrum Raum und Bau der Fraunhofer-Gesellschaft (Hrsg.): Kosten-Nutzen-Analyse, Grundlagen, Theorie, Modell, 1989; Informationszentrum Raum und Bau der FraunhoferGesellschaft (Hrsg.): Kosten-NutzenAnalyse im Verkehrswesen, 2. Aufl., 1989; Jehle, E.: Gemeinkosten-Management. Effizienzsteigerungen im Gemeinkostenbereich von Unternehmen durch Overhead-Value-Analysis (OVA), ZeroBase-Budgeting (ZBB) und Administrative Wertanalyse (AWA), in: Die Unternehmung 1982, S. 59-76; Kidokoro, Y.: Cost-benefit analysis for tansport networks – Theory and Application, in: Journal of Transport Economics and Policy 2/2004, S. 275-307; Knoflacher, H.: Eine Kosten-Nutzen-Analyse der Verkehrsüberwachung, in: Zeitschrift für Verkehrssicherheit 1/1998, S. 12-18; Körtgen, A.: Nachhaltiger Innovationsmotor Nutzen und Kosten von Corporate Governance, in: GoingPublic Magazin 11/2008, S. 72-73; Liebstückel, K.: Kosten-Nutzen-Analysen von Standard-Software zur Instandhaltung, in: krp 1990, S. 60-66; Lutz, H.: Quantitative und qualitative Kosten-Nutzenbetrachtungen bei Software-Investitionen, in: ZWF 3/2005; S. 141-144; Neumann, J.L.: OVA: Avoid Slash-And-Burn Management Reduction, in: Management Review 1/1987, S. 3439; Overdiek, H.: Die Rechnung geht auf: Kosten-Nutzen-Analyse einer CAD/ CAM-Einführung, in: Industrie-Anzeiger 97/1988, S. 16-23; Rinz, P./Schmitz, H.: Nutzwert-Kosten-Analyse, 2. Aufl., 1992;

Kostenrechnungssysteme Schadt, D.: Über die Ökonomie der ITSicherheit, in: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik 2/2006, S. 16-25; Schreiber, S.: Kosten und Nutzen von Penetrationstests, in: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik 2/2006, S. 86-91; Seicht, G.: Gemeinkostenwertanalyse, in: Seicht, G. (Hrsg.): Kostenrechnung und Controlling, 2. Aufl., 1994, S. 211-222; Stapf-Finé, H.: Umstrittene KostenNutzen-Bewertung von Arzneien, in: Soziale Sicherheit 7/2008, S. 227-232; Strebel, H.: Das betriebliche Rechnungswesen als Objekt von Nutzen-Kosten-Untersuchungen, in: DBW 1980, S. 279-294; Voigt, F./Witte, H.: Kosten-Nutzen-, Kostenwirksamkeits- und Nutzwertanalysen in der Wirtschaftspolitik, in: Wirtschaftsdienst VIII, 1978, S. 419-424; Walter, J.: Die Wertschätzung der Natur in der Kosten-Nutzen-Analyse, in: Internationales Verkehrswesen 2/1989, S. 103-106; Zangenmeister, C.: Nutzwertanalyse in der Systemtechnik, 4. Aufl., 1976. Gerhard Seicht Kostenplanung Planung der o Kosten einer zukünftigen Abrechnungsperiode (o Plankostenrechnung). Kosten-Plus-System Traditionelles Kalkulationsprinzip zur Bestimmung des Absatzpreises von Produktinnovationen. Der Absatzpreis ergibt sich beim K. aus der Summe von realisierten (vollen) Produktselbstkosten und einem (prozentualen) Gewinnzuschlag. Kostenpreisregeln Vorschriften, die für die Bestimmung administrierter Preise für Leistungen öffentlicher Unternehmen, Versorgungsbetriebe und Verwaltungsbetriebe sowie für nicht marktgängige Leistungen an die öffentliche Hand bestehen (o Entgeltregulierung; o Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten).

Kostenprognose Voraussage der zu erwartenden o Kosten. K. können durch eine Fortschreibung von Vergangenheitswerten unter Beachtung von Trends oder durch eine detaillierte Planung der zugrunde liegenden Einflussgrößen erstellt werden. Kostenrechnung Teilgebiet des betrieblichen o Rechnungswesens, das typischerweise in folgende Teilgebiete gegliedert wird: o Kostenartenrechnung, o Kostenstellenrechnung o Kostenträgerrechnung Praktisch relevante o Kostenrechnungssysteme und o Kalkulationsverfahren unterscheiden sich u.a. nach Detaillierungsgrad, der Verwendung von Plankosten neben den Istkosten und der Behandlung der o Gemeinkosten. Durch die Erfassung von Erlösen kann die K. zur o kurzfristigen Erfolgsrechnung erweitert werden. Kostenrechnungsgrundsätze Regeln (Richtlinien) zur Gestaltung der betrieblichen o Kostenrechnung, die von überbetrieblichen oder öffentlichen Institutionen erlassen werden; besondere Bedeutung besitzen die o Kostenpreisregeln nach den o Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP). Kostenrechnungssysteme 1. Grundlagen K. stellen Gestaltungsformen als auch Entwicklungsstufen von Kosten- und Leistungsrechnungssystemen dar. K. können durch die verfolgten Funktionen, den zugrunde liegenden Kostenbegriff, die Strukturelemente und Abrechnungstechniken sowie Prinzipien der Erfassung, der Verrechnung und des Ausweises beschrieben werden. Alle K. folgen weitgehend dem grundlegenden Aufbau der Kosten- und Leistungsrechnung in eine Kostenarten-, Kostenstellen- und 507

Kostenrechnungssysteme Kostenträgerrechnung. Neben der Betrachtung von Kosten als wertmäßiger, leistungsbezogener Ressourcenverbrauch i.S. des wertmäßigen Kostenbegriffs nach Schmalenbach werden dabei auch Leistungen betrachtet, wenngleich häufig verkürzend nur der Begriff K. gebraucht wird. K. stellen Ausprägungen des internen Rechnungswesens (o Betriebsbuchhaltung) in der Abgrenzung zum externen Rechnungswesen (o Finanzbuchhaltung) dar. Während letztere die Informations- und Zahlungsbemessungsfunktion übernimmt, kommt K. die Funktion der Planung, Kontrolle und Dokumentation zu. Planung ist dabei als gedankliche Vorwegnahme die Zukunft betreffender Entscheidungen (z.B. zur Preissetzung oder zu Eigenfertigung vs. Fremdbezug (make or buy)) zu verstehen und damit wesentliche Aufgabe zur Unterstützung des Managements. Kontrollrechnungen dienen der Information über tatsächliche Abläufe und Zustände im Unternehmen und der Überwachung der Zielerreichung im Unternehmen. Im Rahmen der Dokumentationsfunktion liefern K. Informationen für das externe Rechnungswesen (z.B. zur Bestimmung der Herstellungskosten) oder zur Selbstkostenbestimmung öffentlicher Aufträge. K. sind folglich prinzipiell keinen rechtlichen Regelungen oder Standards unterworfen. In einzelnen Branchen mit öffentlichem Interesse gibt es jedoch auch für die Kostenrechnung rechtliche Vorgaben (z.B. Anlage 4 und 5 zur Ausgestaltung der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung in der Krankenhausbuchführungsverordnung). K. werden als Zweckrechnungen verstanden, die so auszugestalten sind, dass die Erfüllung der drei genannten Funktionen des betrieblichen Rechnungswesens in einer Organisation am besten erfüllt werden kann. Durch die Einführung der internationalen Rechnungslegung durch IFRS und US508

GAAP kam es in vielen Unternehmen zu einer Angleichung des internen an das externe Rechnungswesen (Harmonisierung bzw. o Konvergenz des Rechnungswesens). Dabei wird in den K. i.d.R. mit pagatorischen statt mit kalkulatorischen Werten gerechnet (d.h. z.B. mit bilanziellen statt mit kalkulatorischen Abschreibungen). Die partielle Harmonisierung schlägt vor, auf unteren organisatorischen Ebenen weiter mit kalkulatorischen (Erfüllung der Planungsfunktion) und auf höheren mit pagatorischen Werten (Kontrollfunktion) zu arbeiten. 2. Ist-, Normal- und Plankostenrechnungen Nach dem Zeitbezug können Kosten und damit K. in Ist-, Normal- und Plankostenrechnungen differenziert werden. Bei einer reinen Ist-K. werden für eine vorgegebene Abrechnungsperiode (i.d.R. Monat oder Quartal) die tatsächlich angefallenen Kosten im Rückblick, d.h. vergangenheitsorientiert, betrachtet. Die Planungsfunktion der Kostenrechnung kann nur dann unterstützt werden, wenn sich die Kostenstrukturen nicht verändern werden (Zukunft = Vergangenheit), was jedoch in der Realität selten gegeben ist. Im Rahmen der Kontrolle ist allenfalls eine Nachkalkulation von Kostenträgern möglich, es fehlt jedoch bei reinen Ist-K. ein Vergleichsobjekt in Form von Plan- oder Sollkosten. Die Dokumentationsfunktion ist durch die Istkostenrechnung weitgehend erfüllt, da Istkosten für das externe Rechnungswesen geliefert werden können. Der Nachteil aller Ist-K. besteht darin, dass alle Einmaligkeiten und Zufälligkeiten, wie z.B. Schwankungen in der Leistungserstellung, der Auslastung, der Ausbeute, der Material- und Energiepreise etc. in die Kostenermittlung eingehen. Zudem ist häufig eine Istkostenermittlung ohne Planung gar nicht möglich. So muss z.B. bei Abschreibungen die Nut-

Kostenrechnungssysteme zungsdauer (Zeitabschreibung) oder das Leistungsvolumen (Leistungsabschreibung) „geplant“ werden, um Istkosten der Abrechnungsperiode zuordnen zu können. Bei Normalkosten werden daher Durchschnittswerte von vergangenheitsbezogenen Istkosten gebildet (z.B. der durchschnittliche Forderungsausfall für kalk. Debitorenwagnisse, durchschnittliche Zinssätze zur Bestimmung kalk. Kapitalkosten). Bei der Normal-K. wird daher mit Annahmen zur normalen Kapazitätsauslastung und zu festen Verrechnungspreisen gearbeitet, um eine Stabilisierung der Kostenermittlung zu erreichen und um damit die Kostenabrechung zu beschleunigen und zu vereinfachen. Normal-K. arbeiten jedoch wie die Ist-K. mit vergangenheitsorientierten Kosten und sind damit nur bei einem konstanten Umfeld in der Lage, die Planungsfunktion zu erfüllen. Eine Kontrolle ist nur insofern möglich als ermittelte Istkosten mit den durchschnittlichen Normalkosten vergangenheitsorientiert verglichen werden können. Damit sind allenfalls Zeit- oder Betriebsvergleiche, jedoch keine Soll-IstVergleiche möglich. Die Dokumentationsfunktion wird durch die Mittelung mehrerer vergangenheitsbezogener Werte beschnitten, wodurch reine Istkosten für das externe Rechnungswesen nicht mehr zur Verfügung stehen. Sowohl eine vernünftige Entscheidungsunterstützung des Managements (Planungsfunktion) als auch eine aussagefähige Kostenkontrolle (Kontrollfunktion) lässt sich nur durch eine o Plankostenrechnung erfüllen. Im Rahmen der jährlichen Planungsrunden wird nun auf der Basis geplanter Mengen und geplanter Preise eine komplette Kostenrechnung für das kommende Jahr durchgerechnet. Bei Plan-K. lassen sich damit die Zukunft betreffende Entscheidungen durchspielen, womit die Planungsfunktion der Kostenrechnung erst erfüllt wird. Zudem

lassen sich nach Ablauf der Abrechnungsperiode die Istkosten mit den Plankosten oder an die tatsächliche Beschäftigung angepassten Plankosten, den sog. Sollkosten, vergleichen. Damit wird erst eine vernünftige Kostenkontrolle ermöglicht, die zwischen Preis-, Mengen- und Verbrauchsabweichungen unterscheiden kann (o Abweichungsanalyse). Streng genommen setzt eine vernünftige Plankostenrechnung damit immer auch die Existenz einer Istkostenrechnung voraus. Wenn die Plankosten zukünftige Kosten darstellen, die sich als Folge unternehmerischer Entscheidungen und herrschender Betriebsverhältnisse ergeben, so spricht man von einer Prognosekostenrechnung. Wenn die Plankosten jedoch Budget-, Norm- oder Vorgabecharakter haben, dann bezeichnet man dies als Standardkostenrechnung. In der Praxis können beide Varianten auch gleichzeitig auftreten. Weiterhin lassen sich die Plan-K. in eine starre und flexible Plankostenrechnung unterteilen. Eine starre Plankostenrechnung gibt die Plankosten nur für ein einziges Beschäftigungsniveau an, während eine flexible Plankostenrechnung die Plankosten an beliebige Beschäftigungsniveaus durch Berechnung der Sollkosten anpassen kann. Dabei bestehen die Sollkosten aus einem Block gegebener Fixkosten zuzüglich variabler Kosten, die von der Ist-Beschäftigung abhängen. Bei der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkosten-Basis wird nur in der Kostenstellenrechnung eine Trennung der Kosten in einen fixen und variablen Teil (Kostenspaltung oder Kostentrennung) vorgenommen, um über die Berechnung der Sollkosten eine bessere Kostenkontrolle zu ermöglichen. In der Kostenträgerrechnung, d.h. sowohl in der Kalkulation (Kostenträgerstückrechnung) als auch in der kurzfristigen Ergebnisrechnung (Kostenträgerzeitrechnung) wird jedoch mit Vollkosten gerechnet. Erst die 509

Kostenrechnungssysteme flexible Plankostenrechnung auf Grenzkostenbasis (o Grenzplankostenrechnung) führt eine Spaltung in fixe und variable Kosten auch in der Kostenträgerrechnung durch. 3. Voll- und Teilkostenrechnungen Neben der Einteilung nach dem Zeitbezug lassen sich K. auch nach dem Sachumfang, d.h. nach der Art und dem Umfang der Kostenverrechnung in Voll- und Teil-K. unterteilen. Bei der Vollkostenrechnung werden sämtliche Kosten (Vollkosten) vollständig auf Kostenträger, d.h. Endprodukte und Aufträge, verrechnet. Dies erfolgt zum Teil direkt (o Einzelkosten als direkt dem Kostenträger zurechenbare Kosten) oder indirekt über die Bildung von Verrechnungssätzen in der Kostenstellenrechnung (o Gemeinkosten als nicht direkt dem Kostenträger zuordenbare Kosten). Die Verrechnung der Gemeinkosten auf Kostenträger ist in der praktischen Umsetzung problematisch, da einfache und in der Praxis häufig fiktive Verrechnungsmodi (wie z.B. über pauschalierte Zuschlagssätze in einer summarischen Zuschlagskalkulation) häufig nicht verursachungsgerecht sind. Aufgrund bestehender Fehlsteuerungsprobleme (Allokations-, Degressions-, und Komplexitätseffekt) werden alternativ Verfahren der prozessorientierten Kostenrechnung (Activity Based Costing, o Prozesskostenrechnung) vorgeschlagen. Wie der Name schon ausdrückt, wird bei Teil-K. nur ein Teil der Kosten auf die Kostenträger weiterverrechnet. Die nicht verrechneten Kostenkategorien werden anderen Kalkulationsobjekten zugerechnet (z.B. als Periodengemeinkosten in der Grundrechnung nach Riebel) oder an anderen Stellen im K. (z.B. als FixkostenBlock in der kurzfristigen Ergebnisrechnung) ausgewiesen. Bei Teil-K. gibt es grundsätzlich zwei typische Kostenzerlegungen. Zum einen kann in (beschäftigungs-)fixe und variable Kosten zerlegt 510

werden (Grenzkosten- oder Deckungsbeitragsrechnung). Zum anderen nimmt ein zweiter Typ von Teilkostenrechnungen eine Trennung nach Einzel- und Gemeinkosten vor (Riebel’sche o Einzelkosten- und o Deckungsbeitragsrechnung). Grenz-K. (auch Proportionalkostenrechnung) greifen die Kritik der Vollkostenrechnung auf, dass fixe Kosten über die Menge verteilt und damit ihrem Wesen widersprechend proportionalisiert werden. Daher werden in der Kostenspaltung (= Kostenauflösung oder Kostenzerlegung) von Vollkosten variable Kosten abgespalten und nur diese den Kostenträgern zugewiesen, da nur diese variablen Einzel- als auch Gemeinkosten proportional zur Menge schwanken. In der Kostenträgerstückrechnung werden daher nur variable Stückkosten ausgewiesen. Stellt man dem Stück-Nettoerlös die variablen Stückkosten gegenüber, ergibt sich als Bruttoerfolgsgröße der (Stück)-Deckungsbeitrag pro Stück. Analog werden in der Kostenträgerzeitrechnung (= kurzfristige Betriebsergebnisrechnung) in der Form der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung (Gesamt-)Deckungsbeiträge als Differenz von Umsatzerlösen und variablen Kosten ausgewiesen. Der Ausweis von Bruttoerfolgen als Zwischengrößen ist durch die Spaltung der Vollkosten in variable und fixe Kosten bedingt. Diese Bruttoerfolge nennt man Deckungsbeiträge, da sie den Geldbetrag angeben, mit dem das Kalkulationsobjekt (ein Produkt oder ein Produktbereich) zur Deckung nicht durch das Objekt bedingter Kosten (z.B. unternehmensfixe Kosten) sowie zur Erzielung eines Gewinns beiträgt. Dadurch werden die Begriffe Grenzkostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung häufig synonym verwendet. Im anglo-amerikanischen Sprachraum wird von Direct Costing bzw. Marginal Costing gesprochen. In der Praxis werden jedoch beim Direct

Kostenrechnungssysteme Costing häufig vereinfachend die variablen Stückkosten mit den Material- und Fertigungseinzelkosten gleichgesetzt, während bei der vor allem von Kilger entwickelten Grenzkostenrechnung auch variable Gemeinkosten einbezogen werden. Zerlegt man die fixen Kosten, die häufig einen hohen Kostenblock ausmachen, weiter nach dem Ort ihrer Entstehung (z.B. in Produktfixe, Produktgruppenund Unternehmensfixe Kosten), so erhält man eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung nach Agthe/Mellerowicz (Schichtkostenrechnung, stufenweise Fixkostendeckungsrechnung, Blockkostenrechnung). Abweichend von der Trennung in fixe und variable Kosten in der Grenzkostenrechnung schlug Riebel ein K. vor, das Teilkosten nach Einzel- und Gemeinkosten differenziert. Nach dem Identitätsprinzip sollen für jede Entscheidung diejenigen Kosten und Erlöse ausgewiesen werden, die durch sie bedingt sind. Damit führt Riebel anstatt der Einzelkosten als diejenigen Kosten, die direkt einem Produkt oder Auftrag zuordenbar sind, sog. relative Einzelkosten ein, d.h. diejenigen Kosten (z.B. umsatzbezogene Provisionskosten), die direkt einer bestimmten Bezugsgröße (= Kalkulationsobjekt) (z.B. Umsatz) zuordenbar sind, die durch diesbezügliche Entscheidungen beeinflussbar sind (z.B. Preiserhöhungen). Kosten, die einem bestimmten Kalkulationsobjekt nicht zuordenbar sind, d.h. dessen Gemeinkosten, werden in geeignet aufgebauten Bezugsgrößenhierarchien bei jenem umfassenden Kalkulationsobjekt erfasst, dem sie ohne Schlüsselung zuordenbar sind. Dieses K. dient primär der entscheidungsorientierten Kostenrechnung und weniger der Stückkostenkalkulation oder Ergebnisermittlung. Riebel unterscheidet zwischen einer Grundrechnung, in der alle Daten quasi in einem Data Warehouse vorgehalten

werden, und einer Auswerterechnung, in der die Kostendaten zur Entscheidungsunterstützung aufbereitet werden. Die Grundrechnung stellt eine Mischung aus Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung dar. Zeilenweise werden entsprechend der Logik der relativen Einzelkostenrechnung verschiedene „Kostenkategorien und Kostenarten“ dargestellt, die sowohl sachlich (Verhalten bzgl. einer Kostenbezugsgröße) als auch zeitlich (Zerlegung in Periodeneinzel- und Periodengemeinkosten) differenziert werden können. Spaltenweise werden frei wählbare Bezugsgrößenhierarchien (z.B. Zerlegung in Produkt-, Produktgruppen- und Unternehmenskosten) gebildet. Wesentliches Element der Kostenerfassung ist die Zuordnung der Kosten auf der niedrigst möglichen Ebene bei gleichzeitiger Vermeidung jeglicher Schlüsselungen und Proportionalisierungen. 4. Idealtypen und Realtypen Die zwei grundlegenden Klassifizierungen von K. nach Sachumfang (Voll- und Teilkostenrechnung) und Zeitbezug (Ist-, Normal- und Plankostenrechnung) können idealtypisch beliebig kombiniert werden, so dass sich theoretisch sechs K. ergeben. In der betrieblichen Realität dominiert vor allem in kleinen und mittelständischen Betrieben die Vollkostenrechnung auf Istkostenbasis. Reine Normalkostenrechnungen sind wegen der fehlenden Nachkalkulation auf Istkostenbasis ebenso ungebräuchlich wie reine Plankostenrechnungen. Als zweiter Realtyp ist vor allem in größeren Unternehmen in der Praxis eine Kombination aus Ist- und Plankostenrechnung sowohl auf Vollund Grenzkostenbasis zu finden, um alle Funktionen der Kostenrechnung erfüllen zu können. Die Normalkostenrechnung wird dabei zur Bildung durchschnittlicher Verrechnungs- und Kalkulationssätze integriert. In der betrieblichen Praxis sind eine Fülle von Misch- und Über511

Kostenremanenz gangsformen zu finden, da dadurch betriebliche und branchenbedingte Besonderheiten berücksichtigt werden können. Häufig wird auch ein System, wie z.B. die Vollkostenrechnung prioritär genutzt, das dann fallweise um entscheidungsbezogene Sonderrechnung z.B. auf der Basis von Grenzkosten ergänzt wird.

gungsmenge ist im Rahmen des o Kostenmanagements von zentraler Bedeutung, weil für die niedrigere Outputmenge die Kosten zunächst über dem erforderlichen Niveau liegen. Ursachen für einen schwierig bzw. verzögert realisierbaren Kostenabbau sind z.B. Kündigungsfristen.

5. Funktionale Kostenrechnungssysteme

Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 68.

Auf der Basis dieser grundlegenden K. sind spezielle Kosten- und Leistungsrechnungen entwickelt worden, die einzelne betriebliche Funktionen oder spezielle Branchenanforderungen berücksichtigen. So seien z.B. die Umwelt-, Logistik-, Qualitäts-, Zeit- und Gesundheitskostenrechnung als spezielle Anwendungen genannt, die jedoch auf die grundlegenden Elemente genereller K. zurückgreifen. Lit.: Agthe, K.: Stufenweise Fixkostendeckung im System des Direct Costing, in: ZfB 1959, S. 404-418; Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009; Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007; Mellerowicz, K.: Kosten und Kostenrechnung, Band II, Verfahren, 5. Aufl., 1974; Riebel, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., 1994; Schweitzer, M./Küpper, H.-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008; Weißenberger, B./Arbeitskreis „Controlling und IFRS“ der International Group of Controlling: Controller und IFRS: Konsequenzen einer IFRSFinanzberichterstattung für die Aufgabenfelder von Controllern, in: BFuP 2006, S. 342-364. Thomas Günther Kostenremanenz Zeitlich verzögerte Reaktion der Kosten auf die Erhöhung und insb. die Verminderung der Beschäftigung. Die Analyse dieses Effekts bei rückläufiger Ausbrin512

Kostensammelbogen Entspricht dem o Betriebsabrechnungsbogen; tabellarische Übersicht zur Durchführung der kombinierten o Kostenartenrechnung, o Kostenstellenrechnung und o Kostenträgerrechnung in der o Grundrechnung der Kosten innerhalb des Systems der relativen Einzelkostenrechnung. Kostenschlüssel Größe zur Verteilung der o Gemeinkosten auf o Vorkostenstellen bzw. o Endkostenstellen; zu unterscheiden sind Mengenschlüssel (z.B. Quadratmeter, Maschinenstunden, Prozessmengen) und Wertschlüssel (z.B. Wert des Lagerbestands, Einzelkosten). Kostenspaltung Auch als Kostenauflösung oder Kostenzerlegung bezeichnet; liegen unechte o Gemeinkosten (d.h. variable, aber nicht einzeln zurechnenbare Kosten) vor, enthalten die Gemeinkosten fixe und variable Bestandteile (o Kosten, fixe und variable). Im Rahmen der K. werden deren Anteile an den Gemeinkosten analytisch oder durch Einsatz statistischer Methoden (z.B. Regression) geschätzt. Die K. ist bei Vorliegen unechter Gemeinkosten Voraussetzung für den Einsatz der o Deckungsbeitragsrechnung. Kostenstelle Betrieblicher Teilbereich, dem in der Kostenrechnung zum Zweck der Budge-

Kostenüberdeckung tierung, Steuerung und Kontrolle Kosten zugerechnet werden. Kostenstellenausgleichsverfahren Methode zur Verrechnung der Kosten innerbetrieblicher Leistungen (o Leistungsverrechnung, innerbetriebliche). Die Höhe der verrechneten Kosten wird genauso kalkuliert wie für Leistungen der gleichen Kostenstelle, die an Kunden abgesetzt werden (o Kalkulationsverfahren). Kostenstellenblatt = o Kostenstellenplan Kostenstellenplan = Kostenstellenblatt Unternehmensspezifische Übersicht über sämtliche Kostenstellenbereiche, o Kostenstellen und Kostenplätze. Der K. enthält für jeden Bereich die o Gemeinkosten, die Bezugsgrößen zur Messung der o Beschäftigung, den Plankostenverrechnungssatz und ggf. die Kostenabweichungen. Kostenstellenrechnung Teil der o Kostenrechnung, im dem die o Gemeinkosten auf die o Kostenstellen zum Zweck der Budgetierung, Steuerung und Kontrolle sowie zur Ermittlung der Verrechnungssätze für innerbetriebliche Leistungen (o Leistungsrechnung, innerbetriebliche; o Betriebsabrechnungsbogen) und der Kalkulationssätze für die o Kostenträgerstückrechnung verteilt werden. Kostenstellenumlageverfahren Sammelbegriff für Methoden zur Verrechnung der Kosten innerbetrieblicher Leistungen (o Leistungsverrechnung, innerbetriebliche), bei denen die o Kosten einer o Kostenstelle einseitig auf andere Kostenstellen umgelegt werden. Zu den K. zählen insb. das o Anbauverfahren und das o Stufenleiterverfahren. Kostenstellenzuschlagskalkulation o Zuschlagskalkulation

Kostenträger Einzelne Produkte (oder Produktgruppen), die die von ihnen verursachten Kosten zuzüglich eines zur Gewinnerzielung notwendigen o Deckungsbeitrags durch die von ihnen erzielten Erlöse erwirtschaften („tragen“) sollen. K. können des Weiteren auch innerbetrieblich erbrachte Leistungen sein. Kostenträgerstückrechnung Teil der o Kostenrechnung, in dem die angefallenen oder geplanten Kosten unter Rückgriff auf die Daten der o Kostenartenrechnung und der o Kostenstellenrechnung einzelnen o Kostenträgern pro Stück zugerechnet werden. In der K. kommen verschiedene o Kalkulationsverfahren zum Einsatz, die auf die Komplexität der Betriebsabläufe abgestimmt sein müssen. Kostenträgerverfahren Methode zur Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen (o Leistungsverrechnung, innerbetriebliche). Die innerbetrieblichen Leistungen werden dabei wie für den Absatz bestimmte Endprodukte abgerechnet. Kostenträgerzeitrechnung Ermittlung der in einer Abrechnungsperiode anfallenden o Kosten, gegliedert nach betrieblichen Leistungen (o Kostenträgern). Kostentragfähigkeitsprinzip = o Tragfähigkeitsprinzip Kostentreiber Eine bei der o Prozesskostenrechnung verwendete o Bezugsgröße zur Verteilung der o Gemeinkosten auf die o Kostenträger. Kostenüberdeckung Eine K. liegt vor, wenn die Ist-Kosten in einer Abrechnungsperiode die Soll- bzw. Plan-Kosten übersteigen. 513

Kostenunterdeckung Kostenunterdeckung Eine K. ergibt sich, wenn die Ist-Kosten in einer Abrechnungsperiode unter den Soll- bzw. Plan-Kosten liegen. Kostenvergleichsrechnung o Investitionsrechnung, statische Kostenvermittlungsfunktion Neben der o Kostenkontrollfunktion eine Aufgabe der o Kostenstellenrechnung, nach der die Kostenstellenrechnung eine differenzierte Zurechnung der angefallenen o Gemeinkosten auf die o Kostenträger ermöglichen soll (Vermittlung zwischen Kostenträger und o Kostenstelle). Kostenverteilung = o Kostenallokation Kostenverursachungsprinzip = o Verursachungsprinzip Kostenvorgabe Ansatz von o Plankosten für o Kostenstellen als zu erreichende oder zu erwartende Werte für eine künftige Abrechnungsperiode. Kostenzerlegung = o Kostenspaltung Kostenzurechnung = o Kostenallokation Kostenzurechnungsprinzipien K. begründen und legen fest, wie o Kosten einzelnen Kalkulationsobjekten zuzuordnen sind. Sie stellen auf nachweisbare, sachlich erklärbare Zusammenhänge ab und streben eine möglichst wirklichkeitsgetreue Abbildung des Kostenanfalls an. Wichtige K. sind: o Verursachungsprinzip, o Einwirkungsprinzip, o Tragfähigkeitsprinzip, o Durchschnittsprinzip. Kredit Schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger, bei welcher der Gläubiger dem Schuldner einen Geldbetrag als o Fremdkapital für einen 514

bestimmten Zeitraum überlässt. Eine Differenzierung von K. kann nach der Fristigkeit (kurz-, mittel-, langfristig) sowie nach K.-form, -zweck, -besicherung oder auch nach der Art der K.-nehmer und -geber erfolgen. Bilanziell sind gewährte K. unter den o Forderungen, erhaltene K. unter den o Verbindlichkeiten auszuweisen. Kreditfähigkeitsprüfung o Sonderprüfungen Kreditinstitute, Rechnungswesen der 1. Besonderheiten im externen Rechnungswesen nach HGB a) Spezifika des Bank-Rechnungswesens. Im Rahmen der volkswirtschaftlichen Arbeitsteilung können Banken als Finanzintermediäre gesehen werden, die sich in der Öffentlichkeit anbieten, – Geld sicher zu deponieren (im Einlagen- und Wertpapiergeschäft), – Geld zur Verfügung zu stellen (im Kredit- und Emissionsgeschäft), – Geld unterschiedlicher Qualität und Form zu tauschen (z.B. im Devisengeschäft) sowie – Geld zu transportieren (vor allem im Zahlungsverkehr). Diese auf Geld in unterschiedlichen Formen bezogenen Dienstleistungen haben Auswirkungen auf den Bereich des Rechnungswesens, die insb. im Vergleich zu den in den Güterströmen produzierenden Industriebetrieben deutlich werden: – Die Aktiva in der Bankbilanz werden im Gegensatz zur Industriebilanz nicht durch das Sachvermögen, sondern eindeutig vom Geldvermögen (liquide Mittel sowie Forderungen in verbriefter und unverbriefter Form) beherrscht. – Im Hinblick auf die Erzielung von Umsatzerlösen und im Gegensatz zu Sachinvestitionen repräsentieren die

Kreditinstitute, Rechnungswesen der Finanzinvestitionen im Geldvermögen der Bank bereits vertraglich realisierte Absatzbeziehungen. Mit der Bilanzwirksamkeit von Krediten und übernommenen Wertpapieren treten unmittelbar Erlöseffekte auf. – Da Leistungen der Banken infolge ihrer weitgehenden Immaterialität nicht lagerfähig sind, gibt es in ihrer Erfolgsrechnung keine Bestandsveränderungen und Eigenleistungen. Die Bedeutung ihres Geldvermögens setzt sich vielmehr in dem überragenden Gewicht der Zinserträge fort. – Entsprechend der Dominanz der finanziellen Sphäre bei den Banken besteht ihre bedeutendste Aufwandsposition in den für die Bedienung des Kapitals der Einleger (für die die Bank aus informationsökonomischer Sicht Monitoring-Leistungen erbringt) eingegangenen Zinsaufwendungen; auch die Abschreibungen auf Forderungen, Wertpapiere und Beteiligungen haben einen größeren Umfang. – Der Eigenkapitalanteil der Banken liegt bei rund 4% der Bilanzsumme; im Übrigen wird ihre Kapitalstruktur von unverbrieften und verbrieften Gläubigerpositionen geprägt. b) Normenhierarchie und Jahresabschluss-Bild. Über die Basisnormen („Vorschriften für alle Kaufleute“, §§ 238-263 HGB) und die „Ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften“ (§§ 264-289 HGB) hinaus haben Kreditinstitute rechtsformspezifische Normen zu beachten, etwa wenn sie als eingetragene Genossenschaft (Volks- und Raiffeisenbanken), Sparkassen oder Aktiengesellschaften (Private Großbanken) operieren. Der bedeutendste Unterschied zu den Jahresabschluss-Vorschriften von Nicht-Banken wird jedoch durch branchenspezifische „Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute“ (§§ 340-340o HGB)

begründet. In Verbindung damit hat das Finanzministerium auch brancheneigene Formblätter für den Jahresabschluss der Banken vorgegeben („Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute“, RechKredV). Hieraus resultiert ein von Unternehmen aus anderen volkswirtschaftlichen Bereichen abweichendes Bild der o Bilanz (und der o Gewinnund Verlustrechnung), das z.B. eine Gliederung nach dem Grad der Liquiditätsnähe vorsieht. Auf der Aktivseite beginnt die Darstellung deshalb mit der Barreserve von Kreditinstituten und reicht bis hin zu Sachanlagen; die übliche Trennung in Anlage- und Umlaufvermögen ist bei Banken nicht ersichtlich. Die Darstellung der Passivseite nimmt bei Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Nicht-Banken ihren Ausgangspunkt und endet mit dem Ausweis des Eigenkapitals. c) Sonderbewertungsvorschriften. Banken wird international eine Sonderstellung in den Volkswirtschaften eingeräumt. Zum einen dienen sie den Notenbanken als Hebel für die monetäre Konjunkturpolitik. Zum anderen folgt aus ihrer auf das Geld gerichteten Tätigkeit eine Vertrauensempfindlichkeit, die in sog. Einlegerschutzbestimmungen der verschiedensten Form ihren Ausdruck gefunden hat. So finden sich auch in den §§ 340 HGB eine Reihe von Vorschriften, die im Detail zu Unterschieden im Jahresabschluss von Banken und Unternehmen aus anderen Branchen führen (z.B. mit Blick auf Pensionsgeschäfte, die Währungsumrechnung, Prüfung und Offenlegung). Materiell fallen jedoch die Bewertungs(und im Zusammenhang damit auch einige Ansatz-) Regeln nach den §§ 340e-g HGB, die eine sehr viel weitergehende Risikovorsorge ermöglichen, am stärksten ins Gewicht. Diese sind auf die für Kreditinstitute bedeutendsten Vermö515

Kreditinstitute, Rechnungswesen der genswerte, nämlich Forderungen unverbriefter (Buchkredite) und verbriefter Art (Wertpapiere) gerichtet. Unabhängig von der für die internen Zwecke vorgenommenen Zuordnung von Wertpapieren zum Anlage- und Umlaufvermögen gelten deren Anschaffungskosten als Bewertungsobergrenze. Des Weiteren dürfen unrealisierte Gewinne, die sich aus einem höheren Börsen- oder Marktpreis zum Bilanzstichtag ergeben, nicht ausgewiesen werden (Realisationsprinzip). Bei der Behandlung unrealisierter Verluste wird hingegen zwischen den beiden Wertpapiergruppen differenziert (Imparitätsprinzip): Bei Wertpapieren des Anlagevermögens können (müssen) unrealisierte Verluste ausgewiesen werden bei vorübergehender (dauerhafter) Wertminderung, indem die Positionen auf den niedrigeren Börsen- oder Marktpreis bzw. beizulegenden Wert abgeschrieben werden (gemildertes Niederstwertprinzip). Bei Wertpapieren des Umlaufvermögens müssen unrealisierte Verluste bei jeglicher Wertminderung abgeschrieben werden (strenges Niederstwertprinzip). Über die grundsätzliche Unterteilung in Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens hinaus haben Banken – im Unterschied zu Nicht-Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten – letztere Wertpapiergruppe zudem auf „Handelsbestand“ und „Liquiditätsreserve“ aufzuteilen. Der Handelsbestand umfasst den „von dem Kreditinstitut zu bestimmenden Bestand an Wertpapieren, den es vorhält, um seinen Wertpapierhandel zu betreiben“. Hier erfolgt die Bewertung nach dem strengen Niederstwertprinzip. Das Residuum ist der Liquiditätsreserve zuzuordnen. Hier besteht nun im Rahmen der Bewertung ein weiter Gestaltungsspielraum zur sog. (stillen) Vorsorgereservebildung (§ 340f HGB). Ebenso wie bei Forderungen gegenüber Kreditinstituten und Nicht-Banken räumt der Ge516

setzgeber die Möglichkeit ein, diese Vermögensposition mit einem niedrigeren als dem nach § 253 Abs. 1 HGB vorgeschriebenen oder zugelassenen Wert anzusetzen, soweit dies „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Sicherung gegen die besonderen Risiken des Geschäftszweigs der Kreditinstitute“ notwendig ist. Der Betrag, der nach dieser Vorschrift gebildeten Vorsorgereserven darf 4 % des Gesamtbetrags der nach § 253 Abs. 1 bewerteten Vermögensgegenstände nicht übersteigen. § 340f HGB sorgt im Zusammenhang damit dafür, dass diese Vorsorgereservebildung still erfolgt, denn im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung von Kreditinstituten ist es zulässig, die Aufwandsposition 7 („Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und bestimmte Wertpapiere sowie Zuführungen zu Rückstellungen im Kreditgeschäft“) und Ertragsposition 6 („Erträge aus Zuschreibungen zu Forderungen und bestimmten Wertpapieren sowie Auflösung von Rückstellungen im Kreditgeschäft“) vollständig miteinander zu verrechnen. Im Rahmen dieser einzigartigen „Überkreuzkompensation“ können also Aufwendungen und Erträge aus unterschiedlichen Geschäftsfeldern (Kreditund Wertpapiergeschäfte) gegeneinander saldiert werden, so dass dem Bilanzleser anhand des schlichten Nettoausweises keine Transparenz darüber gegeben wird, aus welchen Quellen Be- bzw. Entlastungen in welcher Höhe resultierten. Das Bruttoprinzip wird im Übrigen auch an zwei weiteren Stellen in der Gewinnund Verlustrechnung von Banken durchbrochen. Zum einen ist es vorgeschrieben, Aufwendungen und Erträge aus „Finanzgeschäften“, also Operationen des Handelsbereiches, miteinander zu verrechnen, so dass nur ein „Nettoaufwand aus Finanzgeschäften“ oder „Nettoertrag aus Finanzgeschäften“ in der GuV sichtbar ist. Darüber hinaus ist es zulässig,

Kreditinstitute, Rechnungswesen der „Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Beteiligungen, Anteile an verbundenen Unternehmen und wie Anlagevermögen behandelte Wertpapiere“ mit „Erträgen aus Zuschreibungen auf Beteiligungen, Anteilen an verbundenen Unternehmen und wie Anlagevermögen behandelten Wertpapieren“ zu verrechnen. Neben den erweiterten Möglichkeiten zur Bildung stiller Reserven räumt der Gesetzgeber den Banken einen ebenfalls in anderen Branchen nicht gegebenen Weg zur Bildung offener Risikovorsorge ein (§ 340g HGB). Wiederum „zur Sicherung gegen die besonderen Risiken des Geschäftszweigs der Kreditinstitute“ kann ein Passivposten mit der Bezeichnung „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ dotiert werden, periodisch kann die Geschäftsleitung (ohne separates Votum der Eigentümer) über eine Aufwandsbuchung dieses offene Vorsorgekonto bedienen. Ökonomisch stellt dieser Vorgang eine Gewinnthesaurierung dar, das Vorsorgekonto ist mithin eine „Gewinnrücklage“. Das Management kann auch über die Auflösung dieses Vorsorgekontos – im Gegensatz zu den „anderen Gewinnrücklagen“ – frei disponieren. Die Zuführungen zum Fonds für allgemeine Bankrisiken oder Erträge aus seiner Auflösung müssen indes in der Gewinn- und Verlustrechnung der Institute gesondert ausgewiesen werden. Eine steuerliche Anerkennung der Aufwandsbuchung bei Dotierung des Fonds erfolgt allerdings nicht. Dieser Fonds für allgemeine Bankrisiken stellt als Möglichkeit zur Bildung offener Vorsorgereserven also das strategische Pendant zum § 340f HGB (stille Reserven) dar. In der Koexistenz beider Vorschriften spiegelt sich der politische Ausgleich zwischen verschiedenen europäischen und nationalen Interessen wider. Die in Deutschland traditionell gegebene branchenspezifische Möglichkeit zur Bildung stiller Reserven ist in den

letzten beiden Dekaden vor dem Hintergrund des Transparenzdrucks globalisierter Finanzmärkte immer stärker kritisiert worden und besteht innerhalb Europas ansonsten nur noch in Österreich und Luxemburg. Um einen Anreiz zu mehr Transparenz zu geben, zählt der Fonds für allgemeine Bankrisiken zum aufsichtsrechtlich wertvolleren „Kernkapital“, die stille Vorsorgereserve nur zum „Ergänzungskapital“. Kreditinstitute müssen ihre Risikoaktiva nach Basel II mit mindestens 8% Eigenkapital unterlegen, wovon die Hälfte durch Kernkapital (also im Wesentlichen das eingezahlte Kapital sowie die ausgewiesenen Rücklagen und eben der Fonds für allgemeine Bankrisiken) zu bestreiten ist. Im derzeit erarbeiteten Regelungspaket Basel III wird dieser Pflichtanteil noch deutlich steigen. Diese Ressource stellt somit den limitierenden Faktor für die Höhe des gesamten Eigenkapitals und damit die Kreditvergabekapazität im aufsichtsrechtlichen Sinne dar. d) Kritische Würdigung der Möglichkeiten zur Reservebildung. Die Mitte 2007 einsetzende Finanzmarktkrise hat speziell bei den in hohem Maße international tätigen und nach internationalen Rechnungslegungs-Grundsätzen bilanzierenden Banken aufgrund rückläufiger Kurse von Finanztiteln zu massivem Abschreibungsbedarf und Erosionen der Eigenkapitalbasis geführt. Das in den IFRS verankerte Fair-Value-Prinzip (s. 2.) wird in Teilen der Öffentlichkeit und auch der Wissenschaft als „Brandbeschleuniger“ der Krise bezeichnet. Daher warnte auch die Deutsche Bundesbank immer wieder vor einer „zu schnellen Aufgabe des bewährten Instruments der stillen Reserven“. Es bestehe eine unverminderte Bedeutung der „Möglichkeiten zur Legung und Auflösung von Willkürreserven für die Stabilität des Finanzsystems“. Tatsächlich kommt der Möglichkeit zur Bildung (in „guten Jahren“) und vor al517

Kreditinstitute, Rechnungswesen der lem Auflösung (in „schlechten Jahren“) von stillen Reserven weniger eine systemstabilisierende als vielmehr eine reine Manager-Schutz-Funktion zu. Empirische Erkenntnisse aus vorangegangenen Bankenkrisen belegen nämlich, dass allenfalls für Kleinsparer zutreffen mag, dass sie volatile (Quartals-) Ergebnisse einer Bank nicht verkraften und sofort einen Bank Run beginnen, um ihre Einlagen abzuziehen. Vielmehr zeigt gerade die Subprime-Krise, dass sich die Unsicherheiten der professionellen Kapitalmarktteilnehmer immer dann verschärften, wenn über die Gewinne oder besser Verluste einer Bank gemutmaßt wurde. Eine frühzeitige, offene Informationspolitik hat dagegen – auch bei drastischen Abschreibungen – eher stabilisierenden Charakter als Gerüchte und Spekulationen über stille Lasten. Bank Runs als Herdenphänomene können demnach nur dann verhindert werden, wenn Investoren Bonitätsdifferenzen zwischen den Banken registrieren und sanktionieren können; werden diese eingeebnet, droht viel eher die Systemgefahr, ein Haus für so gut oder eben schlecht wie das andere zu halten (Headline-Risiko) und damit kollektiv das Vertrauen gegenüber allen Kreditinstituten zu verlieren (DominoSzenario). e) Problematik der Abbildung derivativer Finanzinstrumente. Der Ansatz und die Bewertung derivativer o Finanzinstrumente – die im Risikomanagement von Kreditinstituten eine herausgehobene Rolle spielen – sind im deutschen Handelsrecht nicht explizit geregelt. Aufgrund ausstehender Erfüllungshandlungen gelten Sicherungsgeschäfte als schwebend, sind grundsätzlich nicht bilanzwirksam und bleiben aufgrund des Realisationsprinzips im Jahresabschluss „unsichtbar“ (o Sicherungsbilanzierung). Ausnahmen davon ergeben sich, wenn die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erforderlich wird, Zahlungen 518

vor Glattstellungs- bzw. Erfüllungszeitpunkt anfallen oder Zinsabgrenzungen aufgrund fälliger, aber nicht erhaltener bzw. zu leistender Zinszahlungen bei Zins-Swaps notwendig werden. Nach einer intensiven Diskussion über Bewertungseinheiten hat sich herausgeschält, dass Grund- und Sicherungsgeschäfte durch die Aufrechnung der jeweils (un-)realisierten Gewinne und Verluste zusammengefasst werden dürfen, wenn ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang der Geschäfte vorliegt, eine Durchhalteabsicht über den Bilanzstichtag hinaus gegeben ist und eine Dokumentation der Sicherungsbeziehung besteht. Dies deutet jedoch schon auf den Erfassungsaufwand bei einer Eins-zu-eins-Absicherung (MikroHedge) sowie die Schwierigkeiten der Anerkennung von Sicherungsbeziehungen aus einer Vielzahl von Finanzinstrumenten (Makro- bzw. Portfolio-Hedge) hin. Unterschiede bei Ansatz und Bewertung von Grund- und Sicherungsgeschäften können aber zu einer nicht den tatsächlichen ökonomischen Verhältnissen entsprechenden Abbildung der Sicherungsbeziehungen im modernen Risikomanagement führen. 2. Banken-Rechnungslegung nach internationalen Vorschriften a) Globalisierung und Transparenzdruck. Die Globalisierung der internationalen Kapitalmärkte und der auf ihnen geltenden Usancen führten spätestens seit den 1990er Jahren zu tiefgreifenden Akzeptanzproblemen einer an rein nationalen Standards orientierten Rechnungslegung. Die Deutsche Bank, die 1995 als erstes Kreditinstitut hier zu Lande einen Abschluss nach internationalen Vorschriften vorlegte, begründete dies plakativ: „Man kann nicht global handeln und provinziell bilanzieren.“ Bis heute blieb jedoch die Zahl der deutschen Kreditinstitute, die diesen Weg beschritten, sehr klein, bilanzieren demgegenüber noch

Kreditinstitute, Rechnungswesen der immer über 80% der rund 2.000 verbliebenen Banken – nämlich insb. Sparkassen und Volksbanken – unverändert nach HGB. Im Interesse einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an ausländischen Kapitalmärkten wurde im Rahmen der Verabschiedung des KonTraG 1998 § 292a in das HGB eingefügt. Er kann als „Drehscheibe“ zur Internationalisierung der Bankkonzernrechnungslegung angesehen werden, denn er ermöglichte erstmals einen befreienden Konzernabschluss nach internationalen Standards. Im Jahre 2005 wurde dann (mit einer Übergangsregelung bis 2007) für kapitalmarktorientierte (Bank-)Unternehmensverbünde eine IFRS-Konzernabschluss-Pflicht verankert. Unabhängig davon, dass Banken vereinzelt die USGAAP anwenden, wird daher im Folgenden auf die IFRS abgestellt. b) Abbildung von Finanzinstrumenten. Neben den Leitprinzipien der Rechnungslegung nach IFRS (Fair Presentation, Decision Usefulness usw.) besitzt eine Reihe von – branchenübergreifenden – Standards eine besondere Relevanz für Kreditinstitute. Hierzu zählen etwa diejenigen über die Kapitalflussrechnung (IAS 7), die Leasingverhältnisse (IAS 10), die Auswirkungen von Veränderungen der Wechselkurse (IAS 21) usw. Materiell am gewichtigsten sind jedoch der IAS 39 über „Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten“ sowie der IFRS 7 „Finanzinstrumente: Offenlegung“, der die vormaligen IAS 30 (Angaben im Abschluss von Kreditinstituten und ähnlichen Institutionen) und IAS 32 (Finanzinstrumente: Angaben und Ausweis) ersetzt hat. Nach IAS 39 sind Finanzinstrumente (hier Financial Assets) in eine von vier Kategorien einzureihen, aus der sich dann entsprechende Konsequenzen für die Bewertung ergeben: – Loans and Receivables: Finanzielle Vermögenswerte (insb. Kredite und

sonstige Forderungen) mit festen oder bestimmbaren Zahlungen, die nicht auf einem aktiven Markt notiert sind und die nicht als „At fair value through profit or loss“ oder „Available for sale“ zu kategorisieren sind. Grundsätzlicher Wertmaßstab sind hier die fortgeführten Anschaffungskosten, so dass sich Fair-ValueÄnderungen nicht auswirken. – Held to maturity: Finanzielle Vermögenswerte mit festen oder bestimmbaren Zahlungen und einer festen Laufzeit, die mit der Absicht und Fähigkeit erworben wurden, sie bis zur Endfälligkeit im Bestand zu halten. Auch hier sind die fortgeführten Anschaffungskosten der grundsätzliche Wertmaßstab, Änderungen des Fair Value nicht erkennbar. – At fair value through profit or loss: In diese Kategorie werden zum einen finanzielle Vermögenswerte eingereiht, die mit Handels- bzw. Verkaufsabsicht erworben wurden (Held for trading). Dies umschließt auch sämtliche Derivate, es sei denn, sie würden im Rahmen eines Hedge Accounting separat verbucht. Zum anderen können Vermögenswerte in diese Kategorie designiert werden, sofern dadurch Bewertungs- und Ansatzinkonsistenzen vermieden werden bzw. die Bank bereits ein internes Management dieser Werte auf FairValue-Basis betreibt („Fair-ValueOption“). In dieser Kategorie findet eine Bewertung zum Fair Value statt und seine Veränderungen werden GuV-wirksam erfasst. – Available for sale: Finanzielle Vermögenswerte, die zur Veräußerung verfügbar sind und die nicht unter die ersten drei Kategorien fallen (Auffangtatbestand). Auch in dieser Kategorie findet eine Bewertung zum Fair Value statt, seine Veränderungen werden jedoch nicht durch die GuV 519

Kreditinstitute, Rechnungswesen der gezogen, sondern als Available-forsale-Rücklage im Eigenkapital gebucht. Es ist deutlich erkennbar, dass die IFRS mit Blick auf Finanzinstrumente keine einheitliche Bewertungskonzeption verfolgen, sondern vielmehr ein „Mixed Model“ existiert, das sowohl Bewertungen wie im deutschen HGB (fortgeführte Anschaffungskosten) als auch FairValue-Ansätze enthält. Dies lädt Kreditinstitute zu Umwidmungen von Vermögensgegenständen ein, um negative (positive) Marktwertänderungen nicht zeigen zu müssen (zeigen zu können). Vor der Finanzmarktkrise waren solche Umbuchungen nur zwischen den Kategorien 2 und 4 und unter restriktiven Bedingungen zulässig. Seit Oktober 2008 kann vor allem aus dem Trading-Bereich heraus in die Kategorien 1 und 2 umgebucht werden, wobei der Betrag der Umwidmung und die besondere Situation sowie die Fakten und Umstände, die diese begründen, zu veröffentlichen sind. Hiervon haben Kreditinstitute weltweit und auch in Deutschland umfangreich Gebrauch gemacht. Im Zuge der Finanzmarktkrise wurde zudem die Möglichkeit des Einsatzes von Bewertungsmodellen zur Ableitung des Fair Values dort, wo es quotierte IstPreise bzw. aussagefähige historische Preise nicht gibt, erweitert. Insbesondere zahlungsstromorientierte Bewertungstechniken (DCF-Ansätze, o Unternehmensbewertung; Optionspreismodelle, o Optionspreistheorie) können von Banken auf „inaktiven“ Märkten angewandt werden, wenn sich für bestimmte Finanzinstrumente eine erhebliche Ausweitung der Geld-Brief-Spanne bzw. ein deutlicher Rückgang des Handelsvolumens im Vergleich zur Vergangenheit zeigt. Unabhängig von der laufenden Bewertung müssen auch Kreditinstitute für ihre Vermögenswerte und Schulden regelmä520

ßig Werthaltigkeitstests (Impairments) durchführen, deren Ergebnisse losgelöst von der angesprochenen Kategorisierung die Bank-GuV beeinflussen. Im Kreditgeschäft können beispielsweise objektive Hinweise für ein Impairment von finanziellen Vermögenswerten sein: – Erhebliche finanzielle Schwierigkeiten des Emittenten oder Schuldners – Vertragsbruch wie beispielsweise Ausfall oder Verzug von Zins- und Tilgungszahlungen – Erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Insolvenzverfahren oder sonstige Sanierungsmaßnahmen – Zugeständnisse eines Kreditgebers an den Kreditnehmer, die nur aufgrund wirtschaftlicher oder rechtlicher Gründe im Zusammenhang mit finanziellen Schwierigkeiten des Kreditnehmers gewährt wurden. War es bis zur Finanzmarktkrise nur möglich, Wertberichtigungen für bereits eingetretene Ausfälle einzelner Engagements zu bilden, ist es seit 2009 auch erlaubt, prospektiv auf der Basis von Vergangenheitswerten mit Pauschalwertberichtigungen im Kreditgeschäft zu operieren („dynamic provisioning“). Nach IFRS sind erweiterte Möglichkeiten der bilanziellen Abbildung zweier oder mehrerer Finanzinstrumente, die in einem Sicherungszusammenhang stehen, gegeben (Hedge Accounting). Dies erlaubt es dem Rechnungslegenden, reale Kompensationswirkungen im Jahresabschluss zu zeigen und hilft damit, „künstliche“ Schwankungen von Gewinn und Eigenkapital zu vermeiden. Sowohl auf der Mikroebene (also bei einer Einzelzuordnung von Grund- und Sicherungsgeschäft) als auch auf Makro- bzw. Portfolio-Ebene können Geschäfte kombiniert werden durch – Fair Value Hedge: Marktbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäft

Kreditstatus führt bei perfekten Hedgebeziehungen zur Ergebnisneutralität. – Cash Flow Hedge: Eigenkapital (genauer: Neubewertungsreserve) wird als „Zeitpuffer“ verwendet, um Sicherungswirkung pro rata temporis auf zu sichernde Cash Flows zu verteilen. Alternativ dazu können Derivate und designierte Grundgeschäfte (wie angesprochen) unter Ausnutzung der Fair-ValueOption in einer Bewertungskategorie zusammengefasst werden. Nach einem im November 2009 veröffentlichten Entwurf wird der IAS 39 bis 2013 durch einen IFRS 9 ersetzt. Geplant sind dabei nur noch zwei Klassifizierungskategorien, in die die Finanzinstrumente einer (Bank-)Unternehmung einzuordnen sind. Dominiert dabei die Halteabsicht, ist zu fortgeführten Anschaffungskosten, ansonsten zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. c) Änderungen durch das BilMoG. Als IFRS-Annäherung ergeben sich aus dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz auch für Kreditinstitute zahlreiche Änderungen in der Rechnungslegung. Am gewichtigsten ist dabei die aus den IFRS übernommene Pflicht zur Zeitbewertung von zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumenten (für Nicht-Banken ist es dagegen bei der Anschaffungskostenbewertung geblieben). In der Bilanz ist im Sonderposten „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ nach §340g in jedem Geschäftsjahr ein Betrag, der mindestens 10% der Nettoerträge des Handelsbestands entspricht, zuzuführen und dort gesondert auszuweisen. Dieser Posten darf nur aufgelöst werden zum Ausgleich von Nettoaufwendungen des Handelsbestands oder sofern er 50% des Durchschnitts der letzten fünf jährlichen Nettoerträge des Handelsbestands übersteigt. Bedeutsam sind für Kreditinstitute auch die beiden neuen Objekte in der Berichterstattung im Rahmen des Lageberichts:

internes Kontroll- und Risikomanagementsystem sowie Corporate Governance. Lit.: Bieg, H.: Bankbilanzierung nach HGB und IFRS, 2. Aufl., 2010; Krumnow, J. et al. (Hrsg.): Rechnungslegung der Kreditinstitute, Kommentar, 2. Aufl., 2004; Löw, E.: Rechnungslegung für Banken nach IFRS, 2. Aufl., 2005; Süchting, J./Paul, S.: Bankmanagement, 4. Aufl., 1998. Stephan Paul Kreditor = Gläubiger Kreditsicherheitenprüfung o Sonderprüfungen Kreditstatus = Kreditbilanz Bilanzähnliche Aufstellung über Höhe, Zusammensetzung und Liquidierbarkeit des Vermögens und der Schulden mit dem Zweck, die Möglichkeiten zur Schuldendeckung darzustellen. Daneben werden Informationen über als Sicherheit gegebene Vermögensteile, Bürgschaften usw. und frei verfügbare Teile des Vermögens gegeben. Der K. wird zum einen gegliedert nach Kapitalherkunft und -verwendung und innerhalb dessen nach Fristigkeit und Fälligkeit des Eigenkapitals bzw. der Schulden sowie der Vermögensgegenstände. Die Bewertung erfolgt unter der Annahme der Unternehmensfortführung zum o Tageswert. Die Kreditbilanz wird um eine o Gewinn- und Verlustrechnung ergänzt, die eine Aussage über die Fähigkeit des Kreditnehmers zur Zins- und Tilgungszahlung aus den Überschüssen (o Cashflow) nach Abzug von Steuern machen soll. Der K. wird häufig ergänzt um einen Finanzstatus, der vom K. in der Weise abweicht, dass nur bestimmte Posten erfasst werden, die mit der Finanzgebarung der Unternehmen zusammenhängen. Beim 521

Kreditwürdigkeit Finanzstatus wird ein Liquiditätssaldo ermittelt durch Gegenüberstellung der vorhandenen Geldmittel zu den kurzfristig fälligen Verpflichtungen. Kreditwürdigkeit Fähigkeit eines Kreditnehmers, z.B. eines Unternehmens, zur fristgerechten Zinsund Tilgungszahlung von Krediten. Die K. wird im Rahmen einer Kreditwürdigkeitsprüfung (o Sonderprüfungen) durch den Kreditgeber oder durch eine RatingAgentur (o Rating) festgestellt. Häufig werden Bonitätsskalen zur Einordnung der K. verwendet. Es erfolgt außer der Beurteilung der konjunkturellen und branchenmäßigen Entwicklung auch eine betriebsindividuelle Einschätzung auf der Basis von veröffentlichten (insb. o Jahresabschluss, o Lagebericht, o Zwischenbericht) und vom Kreditnehmer speziell zur Verfügung gestellten internen Daten (z.B. o Finanzplanung). Dabei werden die Methoden der o Bilanzanalyse angewandt. Kulanzrückstellung o Rückstellung für übernommene Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtung. Kundencontrolling 1. Begriff und Zwecke Das K. ist die koordinierte Informationsversorgung zur Unterstützung des Kundenmanagements. Es ist ein Teilgebiet des Marketingcontrollings und mit weiteren Bereichen des o Controllings eng verzahnt. Es kann sowohl in der operativen als auch in der strategischen Unterstützung von Kundenbeziehungen angewandt werden. Das K. begleitet vor allem die Planung, Steuerung und Kontrolle der Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden von der Anwerbung bis hin zur Beendigung der Geschäftsbeziehung. Die Vorteilhaftigkeit von Kundenbeziehungen ist anhand des K. zu überprüfen und als Ent522

scheidungsgrundlage für ein zukünftiges Vorgehen heranzuziehen. Dafür werden Daten zur Analyse der Ist-Situation von Kundenerfolgspotenzialen und Kundenstrukturen benötigt. Diese werden im K. als Ausgangsbasis verwendet, um die Planung des Managements von Kundenbeziehungen zu unterstützen. Eine bedeutende Rolle nimmt der Kundenwert ein. Er soll über die Vorteilhaftigkeit einzelner Kunden(gruppen) Auskunft geben sowie als Zielgröße einer kunden- und wertorientierten Unternehmensführung dienen. 2. Funktionsbestimmte Arten a) Operatives K. Das operative K. befasst sich mit der Erarbeitung operativer Ziele und Pläne sowie deren Umsetzung. Dabei gilt es, für die Feinsteuerung zu sorgen sowie bei Fehlentwicklungen rechtzeitig gegenzusteuern. Diesem Zweck dienen die Ermittlung wert- und kundenorientierter o Kennzahlen in einer Periode und ihre Gegenüberstellung mit einer vergleichbaren Größe. Letzteres kann in der Weise erfolgen, dass eine Istgröße mit der entsprechenden Plangröße oder einer zwischenzeitlich oder zwischenbetrieblich gewonnenen Benchmark verglichen wird. Die maßgeblichen Instrumente zur Operationalisierung der Ziele sind die Erlös-, Kosten- und Erfolgsrechnung. Die erforderlichen Informationen lassen sich dem internen o Rechnungswesen entnehmen und beziehen sich auf alle betrieblichen Funktionsbereiche, angefangen bei der Beschaffung über die Produktion bis hin zum Absatz. Die Probleme kundenorientierter Rechnungen stecken im Detail. Während die Informationen zu o Umsätzen und Erlösschmälerungen zumeist auftrags- oder kundenspezifisch zur Verfügung stehen, sind klassische o Kostenrechnungssysteme häufig nicht in der Lage, zumindest den größten Teil der o Gemeinkosten Kundengruppen oder gar einzelnen Kun-

Kundencontrolling den zuzurechnen. Hilfestellung kann die Konzeption einer o Prozesskostenrechnung bieten. Grundlegend ist die Überlegung, dass Kunden Kosten verursachen, indem sie Aktivitäten, Teil- oder Hauptprozesse beanspruchen, die ihrerseits wiederum Ressourcen verzehren. Unternehmen werden so nicht mehr nur vertikal nach o Kostenstellen (Kostenplätzen oder Abteilungen) gegliedert und betrachtet, sondern (auch) horizontal nach Prozessen „durchschnitten“. Weiterhin tritt die Unterscheidung zwischen fixen und variablen Kosten (o Kosten, fixe und variable) zugunsten der Unterscheidung zwischen kundeninduzierten und kundenneutralen Kosten in den Hintergrund. Der Planungshorizont wird ausgedehnt: Als mittel- bis langfristig orientierte Rechnung entfernt sich die prozessorientierte Rechnung von der marginalen Sichtweise der flexiblen o Plankostenrechnung. Zum Instrumentarium des operativen K. gehört auch die o ABC-Analyse. Diese teilt Kunden nach dem Kriterium der Wesentlichkeit in die Kategorien A, B und C ein. Den einkriteriellen Maßstab bilden typischerweise o Deckungsbeitrag, Umsatz oder Absatzmenge. Erfahrungsgemäß tragen bereits wenige große Einzelkunden (A-Kunden) den Hauptteil der Menge und des Deckungsbeitrags des gesamten Kundenstamms, viele kleinere Kunden (B- und C-Kunden) tragen nur wenig dazu bei. Eine Sortimentsanalyse verfolgt gleichzeitig das Ziel der Festlegung eines Kernkundenstamms und das Ziel der Identifizierung der deckungsbeitragsschwachen Kunden. Ergänzt man die Analyse mit den Parametern Umsatzentwicklung, Möglichkeit der Geschäftsausweitung, Bonität des Kunden, Alter der Kundenbeziehung etc., erhält man weitere Hinweise, ob bestimmte Kunden(gruppen) wichtig sind und wie der Nachfragemarkt ergebnisoptimal bedient werden kann (mehrkriterielle Analysen).

Die Kundenportfolioanalyse betrachtet die Struktur der Zusammensetzung des Kundenkreises. Sie ist zweidimensional ausgestaltet anhand unternehmensinterner und -externer Faktoren. Dabei handelt es sich um die Marktposition des Unternehmens sowie die Kundenattraktivität. Nichtmonetäre Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit, Kundentreue oder Kundenakquisition lassen sich im Rahmen einer Balanced Scorecard abbilden. Ihre Kernidee besteht darin, den Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens über ein Modell hypothetischer UrsacheWirkungszusammenhänge abzubilden, aus dem dann „handfeste“ Ziele, Aktionen und Kennzahlen entwickelt werden. Die „abstrakte“ Vision und Strategie eines Unternehmens soll auf diese Weise an das operative Tagesgeschäft angebunden werden. Insgesamt gesehen finden im operativen K. vorwiegend quantitative Größen Verwendung. Der Zeithorizont beschränkt sich auf die vergangenheits- und gegenwartsbezogene Perspektive. Vorhandene Erfolgspotenziale sollen möglichst effektiv genutzt werden. b) Strategisches K. Das strategische K. generiert im Wesentlichen zukunftsgerichtete Informationen zur Erkennung, Erzeugung und Bewertung von Erfolgspotenzialen, z.B. durch Kundenkapitalwerte, Kundenzufriedenheits- und Kundenloyalitätsindikatoren. Dabei werden neben quantitativen Größen auch qualitative Faktoren herangezogen, um die langfristige Planung von Kundenbeziehungen sowie Kundenstrategien zu unterstützen. Dadurch soll ein nachhaltiger Unternehmenserfolg gewährleistet werden, was in direktem Zusammenhang mit der wertorientierten Unternehmenssteuerung steht. Das strategische K. bezieht typischerweise den Kundenlebenszyklus mit ein. Dabei ist die Dauer für jeden (größeren) Kunden oder eine Kundengruppe individuell zu prognostizieren. Eine SWOT 523

Kundencontrolling (Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats)-Analyse bestimmt die Stärken und Schwächen der Kundenbeziehung anhand strategischer Erfolgsfaktoren wie Kundenzufriedenheit und -loyalität. Ferner sind die Chancen und Risiken im Unternehmensumfeld zu berücksichtigen. Diese beinhalten u.a. die Wahl möglicher neuer Vertriebskanäle, aber auch die Gefahr des Preisdrucks durch Konkurrenten. Die Beendigung einer Kundenbeziehung ist nur dann vorteilhaft, wenn der o Unternehmenswert mit dem potenziellen Desinvestitionskunden kleiner ist als der Unternehmenswert ohne diese Kundenbeziehung abzüglich in Frage kommender Vertragsstrafen oder sonstigen Kosten, die einmalig mit der Beendigung der Beziehung anfallen. In einfachen Fällen, wenn etwa die Investitionen in die Erhaltung eines Kunden(stamms) über einen längeren Planungszeitraum nicht stark schwanken, sind einperiodische oder statische Überlegungen ausreichend. Hierzu genügt eine Dispositionsrechnung. Sie stellt Veränderungen der liquiditätswirksamen Fixkosten und Deckungsbeiträge gegenüber, die durch die Entscheidung, eine Kundenbeziehung zu beenden, hervorgerufen werden. Voraussetzung für die Aufgabe einer Kundenbeziehung ist, dass die Verringerung der Deckungsbeiträge kleiner ist als der mögliche Abbau der liquiditätswirksamen Fixkosten. In weniger einfachen Fällen muss der Differenzbetrag aufgrund der kapitaltheoretischen Fundierung des Kundenwerts mittels Discounted-Cashflow-Überlegungen berechnet werden. In der Praxis sind jedoch Fälle möglich, in denen die Kundenbeziehung auf den ersten Blick rechnerisch nicht lohnenswert ist, bei genauerer Betrachtung aber Steigerungspotenzial bietet. Denkbar ist z.B. eine Weiterführung einer defizitären Kundenbeziehung aufgrund einer Ge524

schäftsbeziehung zu einem Technologieführer, der wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Nachfragetrends liefert. Weiterhin sind auch Erfolgsveränderungen aufgrund von Verbundeffekten zu berücksichtigen. Demzufolge ist nicht jede kurz- oder mittelfristig defizitäre Kundenbeziehung zu beenden; entscheidend ist letztlich der Kundenkapitalwert, der im strategischen K. ermittelt wird. 3. Kundenwert Der Kundenwert ist der vom Anbieter wahrgenommene und bewertete Beitrag eines Kunden oder Kundenstamms zur Erreichung der monetären sowie nichtmonetären Ziele. Das K. liefert mit der Kennzahl des Kundenwerts eine Größe, die sich aus Unternehmenssicht zur Entscheidungsunterstützung heranziehen lässt. Kundenbeziehungen werden dadurch mit o Investitionsentscheidungen gleichgesetzt, die einen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswerts leisten sollen. Für die Berechnung des Kundenwerts können diverse Verfahren herangezogen werden. Sie lassen sich in quantitative und qualitative Verfahren gliedern. Quantitative Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Messgrößen, wohingegen qualitative Verfahren in Bezug auf die Art der Generierung von Informationen unterschieden werden. Die anzuwendende Bewertungsmethodik ist abhängig von der Verfügbarkeit der Informationen über das Bewertungsobjekt, der notwendigen Gründlichkeit der Bewertung sowie der Schnelligkeit, mit der die Bewertung erfolgen muss. a) Quantitative Verfahren. Im Bereich des operativen K. soll das Rechnungswesen die Daten zur Berechnung des Kundenwerts ermitteln. Die Kundenerfolgsrechnung ist der zentrale Ausgangspunkt hierfür. Allerdings ist die Bestimmung von Aufwendungen und Erträgen nicht unproblematisch. Beispielsweise müssen Verbundeffekte beachtet sowie Kundengruppenfixkosten zugeteilt werden. In

Kundencontrolling kurzfristig orientierten Verfahren bestimmt man Erfolgsgrößen wie Deckungsbeitrag oder Profitabilität. Mit der Deckungsbeitrags- und Teilkostenrechnung werden fixe und variable Kosten sowie Einzel- und Gemeinkosten unterschieden. Die Kundendeckungsbeiträge dienen als kurzfristige Entscheidungsgrundlage für die Annahme oder Ablehnung von Kundenaufträgen. Um jedoch den gesamten Erfolg von Kundenbeziehungen zu ermitteln, müssen im Bereich des strategischen K. zukunftsgerichtete Größen berechnet werden. Diese periodenübergreifenden Berechnungen beinhalten auch Potenziale und Risiken von Kunden. Die Deckungsbeitragsrechnung von Kunden kann hier nur als Ausgangspunkt zur Generierung von Zahlungsströmen dienen. Letztlich sollten die zu ermittelnden Kundenwerte in ihrer Summe – zumindest theoretisch – den Unternehmenswert ergeben. Dies bedeutet die Notwendigkeit der Berechnung des Kundenwerts auf Basis der o Discounted-Cash-Flow-Methode. Dadurch kommt es zu einer Konvergenz von kundenwertorientierter Steuerung sowie wertorientierter Unternehmensführung. Der Kundenkapitalwert (KKW; auch Customer Lifetime Value, CLV) ergibt sich dann als Differenz der diskontierten Einzahlungen (Et) und der diskontierten Auszahlungen (At), die durch einen Kunden verursacht werden. Als Diskontsatz r findet ein risikojustierter Zins Verwendung, der auf den jeweiligen Kunden individuell angepasst wird. Die Dauer der Kundenbeziehung wird mit T abgebildet. T

KKW=¦ t=0

E t -A t (1+r) t

Für die Berechnung des Grenzpreises, bis zu dem sich das Eingehen einer Kundenbeziehung lohnt, müssen die anfänglichen Auszahlungen für Neuakquisitionen und Kundenbindung abgezogen werden.

Bei der Umsatzbestimmung ist der spezifische Lebenszyklus der Kundenbeziehung zu berücksichtigen. Weitere Probleme der Ermittlung des Kundenkapitalwerts betreffen u.a. die Unsicherheit der zukünftigen Zahlungen als auch die Zuordnung von Ein- und Auszahlungen hinsichtlich einzelner Kunden(gruppen). Die aufgezeigten Zusammenhänge gelten zwar allgemein, jedoch kann es im Einzelfall notwendig sein, die Bewertungstechnik zu modifizieren. Beispielsweise können optionspreisbasierte Techniken zur Anwendung kommen, wenn Handlungsmöglichkeiten aus weiteren Geschäftspotenzialen mit dem Kunden beurteilt werden sollen. Die qualitativen Elemente einer Kundenbewertung sind auch bei quantitativen Verfahren zu integrieren; als Beispiel sei die Kundenlebenszyklusanalyse genannt. b) Qualitative Verfahren. Quantitative Verfahren alleine reichen nicht aus, um den Wert des Kunden abschließend zu bestimmen. Im strategischen K. ergänzen sog. weiche oder qualitative Faktoren die bisher genannten Verfahren zur Bestimmung von Kundenwerten. Mit qualitativen Verfahren sollen nichtmonetäre Erfolgspotenziale einbezogen werden. Teilweise werden qualitative und zunächst nichtmonetäre Bezugsgrößen in monetäre Werte überführt. Typische Beispiele für qualitative Verfahren sind Kundenportfolios, Radarcharts und Scoring-Methoden. Es handelt sich dabei sowohl um ein- als auch mehrkriterielle Ansätze der Kundenbewertung. Eine Schwachstelle der Verfahren ist die intersubjektive Nachprüfbarkeit vor allem über Perioden hinweg. Lit.: Breuer, W./Kreuz, C.: Kundenorientierung als Strategie – Auch im Rechnungswesen, in: Keuper, F./Neumann, F. (Hrsg.): Finance Transformation. Strategien, Konzepte und Instrumente, 2007, S. 343-362; Bruhn, M.: Das Konzept der kundenorientierten Unternehmensfüh525

Kuppelprodukt rung, in: Hinterhuber, H./Matzler, K. (Hrsg.): Kundenorientierte Unternehmensführung, 6. Aufl., 2009, S. 33-68; Bruhn, M.: Integrierte Kundenorientierung, 2002; Dwyer, F.: Customer Lifetime Valuation to Support Marketing Decision Making, in: Journal of Direct Marketing 1997, Nr. 4, S. 6-13; Fischer, T.M./von der Decken, T.: Kundenprofitabilitätsrechnung in Dienstleistungsgeschäften. Konzeption und Umsetzung am Beispiel des Car Rental Business, in: ZfbF 2001, S. 294-323; Günter, B./Helm, S. (Hrsg.): Kundenwert, 3. Aufl., 2006; Pfaff, D./Ising, P.: Kundencontrolling – Wichtige Methoden und Techniken, in: Georgi, D./Hadwich, K. (Hrsg.): Management von Kundenbeziehungen, 2010, S. 105-128; Preißner, A.: Kundencontrolling, 2003; Schmöller, P.: KundenControlling, 2001; Weber, J./Lissautzki, M.: Kundenwert-Controlling, Advanced Controlling 2004, Bd. 41. Dieter Pfaff/ Peter Ising Kuppelprodukt o Kuppelproduktion Kuppelproduktion = Komplementärproduktion Produktionsverfahren, bei dem zwangsläufig gleichzeitig unterschiedliche Produkte („Kuppelprodukte“), z.B. Gas und Koks oder Benzin und Heizöl, hergestellt werden. Für die Kostenermittlung bei K. gibt es spezielle o Kalkulationsverfahren. Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) = Price-Earnings-Ratio Kennzahl aus der Aktienanalyse, bei der der Preis je Aktie (Kurswert) zum o Gewinn je Aktie ins Verhältnis gesetzt wird. Aus dem Vergleich z.B. mit dem branchendurchschnittlichen KGV lässt sich näherungsweise abschätzen, ob eine Aktie eher überbewertet (überdurchschnittliches K.) oder eher unterbewertet 526

(unterdurchschnittliches K.) ist. Durch das KGV werden die Aussagen aus der o Bilanzanalyse ergänzt. Kurzfristige Preisuntergrenze o Preisuntergrenze Kurzkalkulation Vereinfachtes, schnell handhabbares Kalkulationsverfahren zur frühzeitigen Abschätzung der Produktkosten in der Phase der Entwicklung und Konstruktion eines Produkts. Hierzu gehört z.B. die Kilokostenmethode, bei der vereinfachend das Gewicht als (einzige) Einflussgröße der Kosten unterstellt wird. Lit.: Ehrlenspiel,K./Kiewert, S./Lindemann, U.: Kostengünstig Entwickeln und Konstruieren – Kostenmanagement bei der integrierten Produktentwicklung, 2007, S. 457-484.

L Lagebericht 1. Grundlagen Der L. ist eine schriftliche Darstellung des Geschäftsverlaufes und der Lage des Unternehmens. Er ist ein eigenständiger Teil der Rechenschaftslegung, der den o Jahresabschluss durch zeitliche und sachliche Informationen ergänzt und erweitert, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild des Unternehmens zu vermitteln. 2. Aufstellungspflicht Große und mittlere o Kapitalgesellschaften, diesen gleichgestellte Gesellschaften (§ 264a HGB), o Genossenschaften und große Unternehmen (§ 1 Abs. 1 PublG) haben innerhalb von drei bzw. im Fall einer Genossenschaft innerhalb von fünf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres einen L. aufzustellen (§§ 264 Abs. 1, 336 Abs. 1 HGB, § 5 PublG). Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) sind von dieser Pflicht befreit (§ 264 Abs. 1 S. 4 HGB). o Kreditinstitute und o Versicherungsunternehmen haben unabhängig von ihrer Rechtsform und ihrer Größe einen L. nach den Vorschriften einer großen Kapitalgesellschaft zu erstellen. (§§ 340a Abs. 1, 341a Abs. 1 HGB). Gem. § 297 Abs. 1 HGB hat jeder Konzernabschluss einen Konzernlagebericht zu enthalten. Der Inhalt des Konzernlageberichts, festgelegt durch § 315 HGB, ist in großen Teilen mit dem Inhalt des L. vergleichbar, so dass zur Konkretisierung der weiteren Ausführungen zum Inhalt des L. prinzipiell auch auf die Literatur zum Konzernlagebericht verwiesen werden kann. 3. Aufbau und Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung Es besteht grundsätzlich Gestaltungsfreiheit über Form, Aufbau und Umfang des L. Eine Gliederung nach wirtschaftlichen Kriterien wie Branchen, Produktgruppen oder Regionen kann geboten sein. Der

Umfang hat sich an dem Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit zu orientieren und muss geeignet sein, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln. Die allgemeinen Grundsätze der Vollständigkeit, Richtigkeit, Klarheit und Übersichtlichkeit sind zu beachten. Der L. muss deshalb beispielweise verständlich, präzise und prägnant sein. Der Aufbau sollte stetig beibehalten werden. Prognosen müssen intersubjektiv nachprüfbar und plausibel sein. Informationen zu verschweigen, zu selektieren oder ihre Darstellung derart zu gestalten, dass auf Seiten der Adressaten eine gewünschte Handlung erreicht wird, ist nicht erlaubt. Unwesentliche Angaben dürfen unterbleiben. 4. Inhalt a) Überblick. Durch § 289 HGB wird ein Mindestumfang des L. festgelegt. Dieser kann durch weitere freiwillige Angaben ergänzt werden. b) Geschäftsverlauf und Lage (Wirtschaftsbericht) § 289 Abs. 1 HGB. Im L. sind Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage des Unternehmens, so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird (§ 289 Abs. 1 S. 1 HGB). Dazu sind sowohl Geschäftsverlauf als auch Lage unter Einbeziehung der bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren (bspw. Liquiditätsgrade und Kapitalausstattung) und im Fall einer großen Kapitalgesellschaft auch nichtfinanziellen Leistungsindikatoren (bspw. Informationen über Umweltund Arbeitnehmerbelange) zu analysieren (§ 289 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 HGB). Der Geschäftsverlauf liefert einen Überblick über die wichtigsten Vorgänge in der abgelaufenen Periode. Es kann beispielsweise über – wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen, 527

Lagebericht – Tochtergesellschaften und Beteiligungen, – wesentliche Investitionen oder – die Entwicklung einzelner Funktionen im Unternehmen wie Materialwirtschaft, Produktion, Absatz oder Finanzwesen berichtet werden. Die Lage der Gesellschaft ist eine zusammenfassende Interpretation der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aus § 264 Abs. 2 HGB. Durch den Verzicht auf den Vorbehalt der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ist die Lage der Gesellschaft zukunftsbezogen darzustellen. Er stellt damit das Bindeglied zwischen dem realisierten, historischen Geschäftsverlauf und der erwarteten zukünftigen Entwicklung der Gesellschaft dar. c) Prognosebericht § 289 Abs. 1 S. 4 HGB. Im L. ist die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern (o Prognosebericht). Die Erläuterung beinhaltet auch die Darstellung der wesentlichen Ziele und Strategien der Gesellschaft. Der Berichtsinhalt orientiert sich am pflichtgemäßen Ermessen der Geschäftsleitung. Eine umfassende Berichterstattung über zukünftig erwartete Zahlungsströme oder eine umfassende Auflistung der den Unternehmenserfolg bestimmenden Faktoren kann dabei nicht erwartet werden, da die Gesellschaft auf diese Weise große Teile seiner internen Planungsinformationen preisgeben würde. Im L. sind die den Prognosen zugrunde liegenden Annahmen, beispielsweise die Art der Schätzung, der Zeithorizont und Wirkungszusammenhänge, anzugeben, damit die Prognosen intersubjektiv nachprüfbar sind. Die Berichterstattung hat grundsätzlich positive und negative Vorgänge zu beachten und alle Bereiche zu umfassen, über die im Zusammenhang mit dem Geschäftsverlauf 528

der abgelaufenen Periode zu berichten ist. Negative Entwicklungen können wegen der Schutzfunktion eine größere Bedeutung haben. d) Nachtragsbericht § 289 Abs. 2 S. 1 HGB. Im L. soll auf Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten sind, eingegangen werden, beispielsweise signifikante Wechselkursänderungen. Der L. unterliegt damit nicht dem Stichtagsprinzip. e) Finanzrisikobericht § 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB. Die Regelungen zum Finanzrisikobericht verlangen gesonderte Angaben über die Bedeutung und den Einsatz von Finanzinstrumenten. Es sollen die Risikomanagementziele und -methode der Gesellschaft, sowie die Absicherungsmethoden im Rahmen von Sicherungsgeschäften dargestellt werden. Dies umfasst beispielsweise Aussagen zur Risikobereitschaft des Unternehmens, zu den Sicherungszielen und zu den gesicherten Grundgeschäften. Des Weiteren sollen Angaben gemacht werden zu den Preisänderungs-, Ausfall-, Liquiditätsund Zahlungsstromschwankungsrisiken in Bezug auf die Verwendung von Finanzinstrumenten. Diese Angaben konkretisieren die Angaben im Prognosebericht über die Risiken und Chancen der künftigen Entwicklung. f) Forschung und Entwicklung § 289 Abs. 2 Nr. 3 HGB. Der L. soll auch auf den Bereich o Forschung und Entwicklung eingehen. Diese belasten zwar u.U. das Ergebnis, schaffen zugleich aber auch zukünftige Erfolgspotentiale. Neben dem Umfang der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen sollten Angaben über Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen, bestehende Forschungsund Entwicklungseinrichtungen, Mitarbeiter und bedeutende Zuwendungen von privaten Dritten oder öffentlichen Stellen (Forschungs- und Entwicklungsausgaben) gemacht werden. Konkrete Zahlen-

Lagebericht angaben sind nicht zwingend, jedoch sollte ein verbaler Vergleich mit den Vorjahreszahlen erfolgen. Eine Berichterstattung über konkrete Forschungsergebnisse, Entwicklungsprojekte oder einzelne Projektkosten kann aus Wettbewerbsgründen nicht erwartet werden. g) Zweigniederlassungen § 289 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Der L. soll bestehende in- und ausländische Zweigniederlassungen angeben. Dies ermöglicht einen Rückschluss auf die wirtschaftliche Bedeutung der Zweigniederlassungen und auf die geographische Verteilung der Unternehmenstätigkeit. h) Vergütungsbericht § 289 Abs. 2 Nr. 5 HGB. Handelt es sich bei der berichtenden Gesellschaft um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die die Vorstandsbezüge im Anhang individualisiert offenlegen muss, so sollen im L. auch die Grundzüge des Vergütungssystems erläutert werden. Im Einzelnen soll angegeben werden: – das Verhältnis von erfolgsunabhängigen und erfolgsbezogenen Vergütungsbestandteilen sowie Bestandteilen mit langfristiger Anreizwirkung, – einzelne Parameter zur Erfolgsbindung der Vergütung, – Bedingungen für Aktienoptionen, sonstige Bezugsrechte auf Aktien und für Bonusleistungen. Die Aufstellung der individuellen Vorstandsbezüge kann aus Transparenzgründen auch im Vergütungsbericht des L. erfolgen und dementsprechend im Anhang unterbleiben. Der Vergütungsbericht erleichtert die Feststellung, ob die Bezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen. i) Eigentumsstrukturbericht § 289 Abs. 4 HGB. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, die durch die Ausgabe von stimmberechtig-

ten Aktien einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 7 des WpÜG in Anspruch nehmen, haben erweiterte Angaben zu der Eigentumsstruktur zu machen. Es ist beispielsweise anzugeben: – Die Zusammensetzung des gezeichneten Kapitals, – Stimmrechts- und Übertragungsbeschränkungen von Aktien, – Stimmrechtsbeschränkungen bei Mitarbeiterbeteiligungen, – Inhaber von Aktien mit Sonderrechten, die Kontrollbefugnisse verleihen, – die Befugnisse des Vorstands insbesondere zur Ausgabe und Rückkauf von Aktien und – Bestimmungen über Ernennung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern und über Satzungsänderungen. Diese erweiterten, übernahmerelevanten Angaben dienen dazu, Aktionärsinteressen bei Übernahmeangeboten und anderen Kontrollerwerben zu schützen sowie die Transparenz bei Übernahmeverfahren zu erhöhen. Die Offenlegungspflichten bestehen dabei unabhängig davon, ob ein Übernahmeangebot vorliegt oder zu erwarten ist. k) Kontroll- und Risikomanagementbericht § 289 Abs. 5 HGB. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften haben die wesentlichen Merkmale, mithin die Strukturen und Prozesse, des internen Kontroll- und des Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess im L. anzugeben. Es ist nicht erforderlich, die Beschreibung auf das gesamte Kontroll- und Risikomanagementsystems auszudehnen oder die Effektivität einzuschätzen. Existiert kein solches System, so ist dies ebenfalls anzugeben. Die Beschreibung und die Offenlegung im L. zwingen die Organe der Gesellschaft zu einer Auseinandersetzung mit dem internen Kontroll- und Risikomanagementsystem, ohne dass eine Einrichtung oder ein Umfang gesetzlich 529

Lagebericht vorgeschrieben wird. Um eine doppelte Berichterstattung zu vermeiden, können die Angaben zum internen Risikomanagementsystem mit dem Finanzrisikobericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB) zu einem einheitlichen o Risikobericht zusammengefasst werden. l) Erklärung zur Unternehmensführung § 289a HGB. Börsennotierte Gesellschaften haben in einem gesonderten Abschnitt im L. eine Erklärung zur Unternehmensführung abzugeben, diese muss beinhalten: – Die Erklärung gem. § 161 AktG, ob und inwieweit den Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde, – relevante Angaben zu Unternehmensführungspraktiken und – eine Beschreibung der Arbeitsweise von Vorstand, Aufsichtsrat und ihren Ausschüssen. 5. Prüfungs- und Offenlegungspflicht, Sanktionen Durch den Abschlussprüfer ist zu prüfen, ob der L. mit dem Jahresabschluss und den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen in Einklang steht und er insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens, insbesondere hinsichtlich der Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung, vermittelt (§ 316 Abs. 1 HGB). Dies ist im Prüfungsbericht festzustellen (§ 321 Abs. 2 HGB). Im Prüfungsbericht hat der Abschlussprüfer auch zur Beurteilung der Lage des Unternehmens durch die gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft, insbesondere hinsichtlich Fortbestand und künftige Entwicklung, unter Berücksichtigung des L. Stellung zu nehmen (§ 321 Abs. 1 S. 2 HGB). Der L. ist innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf der Berichtsperiode im Bundesanzeiger bekannt zu machen und 530

beim Handelsregister einzureichen (§ 325 Abs. 1 S. 2 HGB, § 339 Abs. 1). Eine unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse der Gesellschaft oder eine unrichtige Versicherung durch die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft im L. wird gemäß § 331 Nr. 1 3a HGB mit Freiheits- oder Geldstrafen geahndet. Bußgelder nach § 334 Abs. 1 Nr. 3 HGB können verhängt werden, wenn die gesetzlichen Vertreter bei der Aufstellung die verpflichtenden Mindestangaben nicht erfüllen. Bei pflichtwidrigem Unterlassen der rechtzeitigen Offenlegung kann ein Ordnungsgeld festgesetzt werden (§ 335 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 3 PublG). 6. Vergleich mit den Vorschriften nach IFRS In den IFRS ist ein mit dem L. vergleichbarer Bericht bisher nicht vorgesehen. Das IASB hat einen Standardentwurf mit vorgeschlagenen, unverbindlichen Leitlinien für die Auf- und Darstellung eines Lageberichts herausgegeben. Die Entwicklung eines Tages einen Lagebericht nach IFRS veröffentlichen zu müssen, ist damit erkennbar. Den Unternehmen wird bisher empfohlen, einen Bericht über die Unternehmenslage zu veröffentlichen, in dem die wesentlichen Merkmale der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Risikosituation zu erläutern sind (IAS 1.9). Ein derartiger freiwilliger L. ist kein Bestandteil des Financial Statement (IAS F.7) und ist wie beim HGB außerhalb des Konzernabschlusses zu veröffentlichen (IAS 1.10). Der Bericht könnte beispielsweise eingehen auf: – wichtige Einflussfaktoren der Ertragslage, insbesondere Veränderungen der Umwelt, die Reaktionen der Gesellschaft darauf sowie Auswirkungen auf die Investitions- und Dividendenpolitik (IAS 1.9a).

Langfristfertigung – Angaben zur Finanzlage, insbesondere Finanzierungsquellen und Grundsätze der Finanzierung und Kapitalstrukturpolitik (IAS 7.50). – Grundsätze des Risikomanagements im Finanzierungsbereich (IAS 1.9(b)) und Ressourcen der Gesellschaft, die sich aufgrund der Rechnungslegungsvorschriften nicht im Jahresabschluss niederschlagen können (IAS 1.9(c)). Viele Informationen, die Bestandteil eines L. nach § 289 HGB sind, sind nach den IAS verpflichtend in den notes zu berichten: – Analog zum Nachtragsbericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB) verlangt IAS 10 Angaben zur Art und zu den finanziellen Auswirkungen von wichtigen, wertbegründenden Ereignisse nach dem Bilanzstichtag. – Analog zum Forschungs- und Entwicklungsbericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 3 HGB) kennt IAS 38 umfangreiche Offenlegungspflichten zu Forschungs- und Entwicklungsausgaben. – Analog zum Finanzrisikobericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB) sind nach IFRS 7 umfassende Angaben zur Risikosituation des Unternehmens insbesondere im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Finanzinstrumente und Absicherungsstrategien zu machen. Da die Regelungen nach IFRS keine Verpflichtung zur Erstellung eines L.s vorsehen und die Angaben in den notes nicht dem Umfang der Berichterstattung entsprechen, wird nach IFRS somit meist keine Gleichwertigkeit mit dem L. nach § 289 bzw. § 315 HGB erreicht. Nach § 315a Abs. 1 HGB ist daher bei Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses ein Konzern-L. nach § 315 HGB aufzustellen und zu veröffentlichen. Lit.: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): § 289 HGB, in: BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010;

Melcher, W.: Zum Referentenentwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG): Lageberichterstattung, Risikomanagement-Bericht und Corporate Governance-Statement, in: DB 2008, Beilage Nr. 1/2008, S. 52-55; Oser, P. et al.: Ausgewählte Neuregelungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG), in: WPg 2008, S. 49-62, 105-113. Dirk Hachmeister Lagerbuchhaltung Eine Buchhaltung, die der regelmäßigen Mengen- und wertmäßigen Erfassung des o Vorratsvermögens dient. Neben der laufenden Erfassung von Zu- und Abgängen im Vorratsvermögen kann die Ermittlung der Abgänge auch über die kontinuierliche Erfassung der Zugänge und der Bestandsermittlung aus der o Inventur erfolgen. Durch die Möglichkeit des EDV-Einsatzes dominiert heute die erste Form in der betrieblichen Praxis. Lagerinvestition Sach- oder Realinvestition in den Aufbau von Lagerbeständen. Lagerumschlag Kennzahl, die angibt, wie oft der durchschnittliche Lagerbestand im Jahr umgesetzt wird (o Kennzahlen). Langfristfertigung 1. Begriff und Problem Als L. wird die Herstellung und Lieferung von Anlagegütern dann bezeichnet, wenn sie sich über einen Abschlussstichtag oder über mehrere hinaus erstreckt. Die Anlagen bestehen gewöhnlich aus mehreren in sich komplexen Aggregaten oder Bestandteilen (z. B. ganze Fertigungsstätten, Staudämme). Der Lieferungsvertrag sieht i.d.R. auch die Erbringung umfangreicher, sich auch über längere Zeit erstreckender Dienstleistungen und die Übernahme von Funktionsgarantien vor. Der Vertrag hat gewöhnlich die Form eines Werklieferungs- oder eines 531

Langfristfertigung normalen Werkvertrages (§§ 631-651 BGB). Das Hauptproblem der Rechnungslegung bei L. besteht in der Zurechnung von Ausgaben und Einnahmen auf die einzelnen Perioden der Herstellung und Lieferung von Anlagegütern (Verarbeitungszeitraum). Dies ist gesetzlich kaum geregelt. Vor allem stellt sich das Problem, welcher Periode die Akquisitionsausgaben sowie die o Gemeinkosten und der o Gewinn aus dem Auftrag zugerechnet werden. Je später der Zeitpunkt der Abrechnung und damit der Entstehung des Erlöses und der Gewinnvereinnahmung innerhalb des Bearbeitungszeitraumes liegt, um so vorsichtiger ist einerseits die Bewertung i.S. des Gläubigerschutzes; denn es besteht die Gefahr, dass Gewinne ermittelt und ausgeschüttet werden, die durch später unerwartet auftretende Kosten des Auftrages aufgezehrt werden. Andererseits wird aber bei späterer Gewinnvereinnahmung wegen der unterschiedlich langen Bearbeitungszeiträume möglicherweise die Vergleichbarkeit der Periodenergebnisse und damit der Informationswert der Abschlüsse beeinträchtigt. 2. Handelsrechtliche Regelungen a) Sondereinzelkosten des Vertriebs. Eine L. wird in aller Regel erst nach Erteilung eines Auftrags durch einen Abnehmer aufgenommen. Der Auftragserteilung gehen häufig Vorverhandlungen und die Ausarbeitung von gewöhnlich umfangreichen Angebotsunterlagen voraus. Mit der Auftragserteilung werden mitunter Gebühren für die Versicherung, insb. politischer Risiken bei Lieferungen in das Ausland (z. B. Ausfuhrbürgschaften der Hermes-Kreditversicherungs AG) und Provisionen fällig. Ausgaben für die Auftragsakquisition, die vor der technischen Fertigung auftreten, gelten nach h.M. als Vertriebskosten; ihre Abgrenzung von den Fertigungskosten ist insoweit problematisch, als Kosten z.B. für 532

Konstruktionsunterlagen zwar im Angebotsstadium anfallen, aber für erhaltene Aufträge nutzbar sind. Gem. § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB (§ 203 Abs. 3 öUGB) dürfen Vertriebskosten nicht in die aktivierbaren o Herstellungskosten einbezogen werden. Nach h.M. gilt das Verbot auch für Sondereinzelkosten des Vertriebs. Soweit o Einzelkosten im Angebotsstadium als Herstellungskosten angesehen werden, besteht eine Aktivierungspflicht. b) Anteilige Zinsen. Bei L. ist in den unfertigen Erzeugnissen Kapital über einen im Vergleich zur kurzfristigen Fertigung langen Zeitraum gebunden. Der Einbeziehung effektiver Zinsen einzelner Fremdkapitalpositionen steht die grundsätzliche Unmöglichkeit entgegen, diese Finanzierungsquellen einzelnen Aktivpositionen verursachungsgemäß exakt zuzuordnen. Wenn das Unternehmen allerdings vom Auftraggeber Anzahlungen, von Zulieferern Zahlungsziele für Material oder von Dritten Kredite für genau bestimmte Aufträge erhalten hat, können dafür gezahlte Zinsen den Aufträgen ausnahmsweise eindeutig zugeordnet werden. In diesen Fällen dürfen gem. § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB (§ 203 Abs. 4 öUGB) Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstandes verwendet wird, angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen; in diesem Falle gelten sie als Herstellungskosten des Vermögensgegenstands. c) Gewinnrealisierung. Anteilige Gewinnvereinnahmung: Eine Gewinnvereinnahmung entsprechend dem Grad der Fertigstellung der Anlage (Percentage-of-Completion-Methode), wie sie z.T. nach internationalen Vorschriften üblich ist, entspricht nicht den Vorschriften des HGB. Erzeugnisse sind höchstens mit den Herstellungskosten anzusetzen, ein Gewinn ist gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB erst mit seiner Reali-

Langfristfertigung sierung auszuweisen. Eine anteilige Gewinnvereinnahmung ist ein Verstoß gegen die das deutsche Bilanzrecht beherrschenden Anschaffungswertund o Realisationsprinzipien. Auch Ausnahmen von diesen Prinzipien sind zumindest mit dem Wortsinn des HGB nicht vereinbar. Dies gilt auch z.B. dann, wenn die Endabrechnung erst nach längerer Zeit möglich ist, der Auftrag erhebliche Bedeutung hat und daher die spätere Vereinnahmung des Gewinns ein falsches Bild von der Ertragslage der Gesellschaft vermitteln würde oder wenn ohne anteilige Gewinnvereinnahmung eine erhebliche Schädigung des Unternehmens in Folge verminderter Kreditwürdigkeit einträte oder es sich um einen Auftrag auf Basis einer Selbstkostenerstattung mit Gewinnzuschlag handelte. Die Durchbrechung gesetzlicher Vorschriften und beherrschender Prinzipien der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bedürften überzeugender Begründungen. Diese sind jedoch für die anteilige Gewinnvereinnahmung unrealisierter Gewinne bei langfristiger Fertigung auch in diesen Fällen nicht gegeben. Die Nachteile können durch entsprechende Erläuterungen des Jahresabschlusses weitgehend vermieden werden. Für Kapitalgesellschaften kann sogar eine zusätzliche Angabe im o Anhang erforderlich sein, um der Verpflichtung des § 264 Abs. 2 HGB zu genügen, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Teilgewinnrealisierung: Wird für Produkte aus L. vereinbart, dass technisch in sich abgeschlossene Teile des Gesamtauftrages getrennt geliefert, ggf. montiert, vom Auftraggeber abgenommen und vom Lieferanten abgerechnet werden, bevor der Gesamtauftrag abgewickelt ist (z.B. einzelne Blöcke eines Kraftwerkes) und nimmt der Lieferant eine Teilabrechnung vor, so tritt bilanzi-

ell für die Teillieferung an die Stelle des Vorratsbestands eine o Forderung aus Lieferung und Leistung, ggf. abzüglich einer erhaltenen Anzahlung für die Teillieferung. Der Vorgang ist insoweit erfolgswirksam, als die Forderung den Wertansatz für den entsprechenden Erzeugnisbestand überschreitet. Bei der Abnahme wird gewöhnlich eine Mängelliste aufgestellt. Die für die Beseitigung der Mängel erforderlichen Ausgaben sind zurückzustellen. Zugleich sind weitere o Rückstellungen zu bilden, wenn mit der Teillieferung Gewährleistungsrisiken verbunden sind, und Wertberichtigungen, wenn ein Kreditausfallrisiko besteht; außerdem ist eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, wenn sich dieses Risiko für die restlichen Teile des Gesamtauftrags ergibt. Strittig ist, unter welchen Voraussetzungen eine Teilgewinnrealisierung durch Teilabrechnungen zulässig ist (Backhaus, 1980). Besonders bedeutsam ist, ob der Lieferer ein Gesamtfunktionsrisiko für den Gesamtauftrag übernommen hat. Ist dies der Fall, so können auch für die bereits abgenommene und abgerechnete Teillieferung noch Kosten anfallen, die sich daraus ergeben, dass die Gesamtanlage funktionsfähig gemacht werden muss. Weitere Risiken ergeben sich dann, wenn die Teilabnahme hinfällig wird, falls die Fertigstellung oder die Gesamtabnahme durch Dritte, z.B. staatliche Stellen, verhindert wird und wenn an Arbeitsgemeinschaften geliefert wird, die zwischen dem Bilanzierenden und dem Endauftraggeber geschaltet sind. Falls eine Teilgewinnrealisierung durch Teilabrechnung vorgenommen wird, erscheint für Kapitalgesellschaften eine Angabe im Anhang über diese Bewertungsmethode gem. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB erforderlich. Gesamtgewinnrealisierung: Die vorsichtigste Art der Gewinnrealisierung ist es, 533

Langfristige Forderungen die Abrechnung eines Auftrages erst dann vorzunehmen, wenn die vertraglichen Lieferungen und Leistungen vollständig erbracht und die Gesamtanlage vom letzten Auftraggeber endgültig abgenommen ist (Completed-ContractMethode). Sie entspricht ohne Zweifel den GoB. Falls in Folge der daraus resultierenden Ergebnisschwankungen das Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens beeinträchtigt wird, kann dies durch entsprechende Angaben im Anhang weitgehend gemildert werden. Wegen der mit der L. häufig verbundenen schwer überschaubaren Risiken bis zur endgültigen Abnahme sollte aber dem Gläubigerschutz durch strenge Beachtung des Realisationsprinzips Vorrang eingeräumt werden. 3. Regelungen nach IFRS Die einschlägigen Regelungen für Fertigungsaufträge in IAS 11 folgen bisher dem Prinzip der anteiligen Gewinnvereinnahmung nach Leistungsfortschritt in den Abrechnungsperioden (s.o. unter 2c). Die Regelung ist auf Verträge über kundenspezifische Fertigung einzelner oder mehrerer Gegenstände, die aufeinander abgestimmt sind, für die ein Festpreisoder Kostenzuschlagvertrag vereinbart ist und der auch Dienstleistungen umfassen kann, z. B. Bau von Brücken, Staudämmen, Fabrikanlagen, Schiffen oder Straßen (IAS 11.3.f.) Den einzelnen Abrechnungsperioden (Geschäftsjahre oder Quartale) werden außer den angefallenen Aufwendungen für den Fertigungsauftrag proportional zum vereinbarten Preis oder zu den gesamten Auftragskosten (IAS 11.16 ff.) die Auftragserlöse als Umsätze (IAS 11.11 ff.) und anteilig Gewinne, sofern sie zuverlässig geschätzt werden können, zugerechnet; geschätzt Verluste des Auftrags sind sofort erfolgswirksam zu erfassen (IAS 11.22 ff.). Allerdings ist offen, wie lange diese Regelungen noch gelten. Im Juni 2010 hat das IASB einen Exposure Draft „ED Re534

venue from Contracs with Customers (ED 2010/6)” veröffentlicht. Falls der Text diesen oder ähnlichen Inhalts als Standard verabschiedet werden sollte, würde sich die Regelung der Bilanzierung bei L. erheblich ändern. Lit.: Backhaus, K.: Die Gewinnrealisierung beim mehrperiodigen Lieferungen und Leistungen in der Aktienbilanz, in: ZfbF 1980, S. 347-360; Buhleier, C.: IAS 11, in: Münchener BilKomm., Band I: IFRS, 2009; Busse von Colbe, W.: Langfristige Fertigung, Prüfung der Rechnungslegung, in: HWRev, 2. Aufl., 1992, Sp. 1197-1207; Döll, B.: Bilanzierung langfristiger Fertigung, 1984; Ellrott, H./Brendt, P.: § 255 HGB, in: BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010, Tz. 457466; Leffson, U.: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl., 1987, S. 278-288; Patzak, K./Kerscher-Preis, B: IAS 11 in: Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., Stand 2008; Zieger, M.: Gewinnrealisierung bei langfristiger Fertigung, 1990. Walther Busse von Colbe Langfristige Forderungen o Forderungen Langfristige Preisuntergrenze o Preisuntergrenze Langfristige Verbindlichkeiten o Verbindlichkeiten Lasten, stille Aus der o Bilanz nicht zu erkennende Verpflichtungen des Unternehmens, die sich aus der Unterbewertung von Passivpositionen (z.B. unterdotierte o Rückstellungen) oder der Überbewertung von Aktivpositionen (z.B. bei Unterlassung einer außerplanmäßigen o Abschreibung bei nur vorübergehender Wertminderung) ergeben. Gegenbegriff zu den stillen o Rücklagen bzw. Reserven. Latente Steuern o Steuern, latente

Leasing Leasing 1. Einführung Neben die herkömmlichen Finanzierungsalternativen für Investitionsgüter – Kreditkauf oder Miete – ist das L. getreten. Der Begriff des L. scheint dabei allerdings nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Typisches Merkmal dieser Verträge ist eine entgeltliche Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassung von Vermögenswerten, die jedoch nicht (zumindest nicht sofort) gekauft, sondern gemietet werden. Bei der Abbildung von L.Geschäften im Jahresabschluss stellt sich die Frage, wem die L.-Gegenstände bilanziell zuzurechnen sind. Die Entscheidung, ob ein Vermögenswert in den Jahresabschluss aufgenommen wird oder nicht, richtet sich sowohl nach den handels- bzw. den steuerrechtlichen Vorschriften (§ 246 Abs. 1 S. 2 HGB bzw. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) als auch nach den IFRS/IAS (F.35) grundsätzlich nicht nach dem juristischen Eigentum, sondern wird anhand des wirtschaftlichen Eigentums entschieden. Der so genannte wirtschaftliche Eigentümer verfügt über das Verwertungsrecht, kommt in den Genuss von Wertsteigerungen und/oder trägt aber auch das Risiko von Wertminderungen bzw. Verlusten. Fallen das rechtliche und das wirtschaftliche Eigentum auseinander, werden dem Bilanzierenden alle Gegenstände und Rechte zugerechnet, die er wirtschaftlich nutzt. 2. Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach HGB a) Grundlagen. Mangels eigenständiger handelsrechtlicher Vorschriften zum L. befürwortet der Großteil des Schrifttums – in Übereinstimmung mit dem in der Praxis üblichen Vorgehen – die Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften auch in der Handelsbilanz. Daher sind für die bilanzielle Erfassung des L. die steuerrechtlichen Erlasse des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) bedeutsam.

b) Operate Leasing. Kennzeichnend für Operate L. ist eine im Verhältnis zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer relativ kurze Laufzeit der Verträge, die sowohl vom L.-Nehmer (= Mieter) als auch vom L.-Geber (= Vermieter) jederzeit gekündigt werden können. Das Investitionsrisiko und sämtliche Kosten trägt der L.-Geber, der das L.-Objekt in seiner Bilanz aktiviert und es über die Nutzungsdauer abschreibt. Die L.-Raten sind als Erträge zu verbuchen. Umgekehrt stellen die Raten seitens des L.Nehmers Aufwand dar. c) Finanzierungsleasing. Beim Finanzierungs-L. werden die Verträge über eine bestimmte Grundmietzeit abgeschlossen. Während der Vertragslaufzeit kann der L.-Nehmer den Vertrag nicht kündigen und muss die festgelegten L.-Raten zahlen. Bei Vollamortisationsverträgen decken die L.-Raten während der Grundmietzeit die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzüglich der Nebenkosten und der Verzinsung des vom L.-Geber eingesetzten Kapitals ab. Das gesamte Investitionsrisiko geht auf den L.-Nehmer über und er trägt die mit dem L.-Gegenstand verbundenen Kosten. Sofern die geleasten Gegenstände so stark auf die Wünsche des L.-Nehmers zugeschnitten werden, dass sie für andere kaum brauchbar scheinen, sind die L.Objekte unabhängig von der Länge der Grundmietzeit und etwaigen vertraglichen Optionsklauseln stets dem L.Nehmer zuzurechnen (Spezial-L.). Grund und Boden müssen hingegen grundsätzlich beim L.-Geber ausgewiesen werden. Ist jedoch der Boden bebaut und beinhaltet der L.-Vertrag eine Kaufoption, orientiert sich die Zurechnung des Bodens an der des Gebäudes. Beim L. von beweglichen Wirtschaftsgütern und Gebäuden, die nicht zum Spezial-L. gehören, gilt folgender Grundsatz: Beträgt die Grundmietzeit mindestens 40 % und höchstens 90 % der betriebsgewöhnli535

Leasing chen Nutzungsdauer, wird der L.Gegenstand vom L.-Geber bilanziert. Ist die Grundmietzeit kürzer als 40 % und größer als 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, erfolgt eine Zurechnung zum L.-Nehmer. Abweichend von diesem Grundsatz gelten bei speziellen Ausgestaltungen des L.-Vertrages wie vertraglich vereinbarten Kauf- oder Mietverlängerungsoptionen besondere Regeln für die Zurechnung. Im Falle der Zurechnung des L.-Objekts zum L.-Geber muss dieser den Gegenstand mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktivieren. Die L.Raten stellen beim L.-Geber Erträge dar. Für den L.-Nehmer sind sie Aufwand. Bei der Zurechnung des L.-Objekts zum L.-Nehmer hat dieser den Gegenstand zu aktivieren und nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben. In Höhe der aktivierten Anschaffungskosten passiviert der L.-Nehmer eine Verbindlichkeit gegenüber dem L.-Geber. Die L.Raten des L.-Nehmers bestehen aus einem Zins- und Kostenanteil sowie einem Tilgungsanteil. Der Zins- und Kostenanteil stellt beim L.-Nehmer Aufwand und beim L.-Geber Ertrag dar. d) Teilamortisationsverträge. Verträge, bei denen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des L.-Gebers zuzüglich der Neben- und Finanzierungskosten nicht durch die L.-Raten innerhalb der Grundmietzeit voll abgedeckt sind, werden Teilamortisationsverträge genannt. Der bei diesen Verträgen entstehende Differenzbetrag wird durch eine Abschlusszahlung des L.-Nehmers oder durch eine Weiterveräußerung des L.Gegenstandes beglichen. Im Falle der beweglichen Wirtschaftsgüter, bei denen von einer Grundmietzeit zwischen 40 % und 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ausgegangen wird, richtet sich die Zurechnung nach dem Vertragstyp. Grundsätzlich lassen sich dabei mit dem Andienungsrecht des L.-Gebers, der 536

Mehrerlösbeteiligung des L.-Nehmers sowie dem Kündigungsrecht des L.Nehmers drei Vertragsausgestaltungen mit jeweils eigenständigen Zurechnungsvorschriften unterscheiden. Bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern gehen die einschlägigen Regelungen von den gleichen Vertragstypen aus wie bei den Vollamortisationsverträgen. 3. Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS a) Grundlagen. Die Abbildung von L.-Verhältnissen wird in IAS 17 (leases) umfassend geregelt. Zu den L.Verhältnissen gehören danach alle Vereinbarungen (Verträge), bei welchen der L.-Geber (lessor) dem L.-Nehmer (lessee) gegen eine Zahlung oder eine Reihe von Zahlungen das Nutzungsrecht an einem Vermögenswert (asset) für einen vereinbarten Zeitraum überträgt (IAS 17.4). Dies gilt selbst dann, wenn wesentliche Leistungen des L.-Gebers für den Einsatz oder die Erhaltung des Vermögenswertes nötig sind. Für die Anwendung des Standards ist es unerheblich, ob L.-Vereinbarungen über Immobilien oder über Mobilien betroffen sind. Es werden allerdings auch bestimmte Vereinbarungen negativ abgegrenzt (IAS 17.2). Bei der Frage, ob ein L.Gegenstand in die Bilanz des L.-Gebers oder des L.-Nehmers aufgenommen werden muss, unterscheidet IAS 17 – in terminologischer, nicht zwingend aber in inhaltlicher Analogie zu den deutschen Vorschriften – zwischen FinanzierungsL. (finance lease) und Operating L. (operating lease) (IAS 17.4). Das Zuordnungskriterium zu einer der beiden Kategorien ist dabei der Umfang, in welchem die Chancen und Risiken, die mit dem Besitz an dem L.-Gegenstand verbunden sind, beim L.-Geber oder beim L.Nehmer liegen (IAS 17.8ff.). Hat der Bilanzierende zu Beginn des Vertragsverhältnisses das L.-Verhältnis als Operating L. oder als Finanzierungs-L. qualifiziert,

Leasing erfolgt im Falle des Operating L. die Bilanzierung beim L.-Geber. Wird das L.Verhältnis hingegen als Finanzierungs-L. eingestuft, ist der L.-Gegenstand dem L.Nehmer zuzurechnen. b) Finanzierungsleasing. Vergleichbar mit einem fremdfinanzierten Erwerb erfolgt die Bilanzierung des L.-Objektes im Falle des Finanzierungs-L. beim L.Nehmer (IAS 17.20). Dieser aktiviert das L.-Objekt zu Beginn der Laufzeit des L.Verhältnisses als Vermögenswert in seiner Bilanz und weist gleichzeitig auf der Passivseite eine Verbindlichkeit für die zukünftigen L.-Zahlungen in gleicher Höhe aus (IAS 17.20ff.). Der erstmalige Ansatz des L.-Objekts erfolgt zum niedrigeren Wert aus beizulegendem Wert des L.-Objektes bei Vertragsbeginn und Barwert der Mindestleasingzahlungen (IAS 17.20). Als beizulegender Wert wird der Wert verstanden, zu dem ein Vermögenswert unter fremden Dritten regelmäßig getauscht wird. Die Mindestleasingzahlungen des L.-Nehmers umfassen alle Zahlungen, die der L.-Nehmer während der Laufzeit des L.-Vertrages zu zahlen hat, zuzüglich sämtlicher vom L.Nehmer und seinen verbundenen Parteien garantierter Zahlungen. In den Folgeperioden werden Vermögensgegenstand und Verbindlichkeit nicht mehr in gleicher Höhe bilanziert, sondern voneinander getrennt behandelt. Die Bewertung des aktivierten Vermögenswertes erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie bei Vermögenswerten, die dem juristischen Eigentum des L.-Nehmers angehören. Für die fälligen L.-Zahlungen gilt nun, dass sie nicht vollständig als Mietaufwand, sondern – analog zum deutschen Recht – in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen sind (IAS 17.25). Die Verteilung des Zinsanteils über die L.-Laufzeit erfolgt dabei nach der so genannten Effektivzinsmethode. Der Tilgungsanteil der L.-Zahlungen verringert die verbleibende Verbindlichkeit, während der Zinsanteil erfolgswirksam als

Aufwand verbucht wird. Zur Verbesserung des Verständnisses der vermittelten Informationen sind gemäß IAS 17.31 zusätzlich zu den Angabepflichten des IAS 32 diverse Angaben im Anhang zu machen. Der L.-Geber aktiviert statt des L.-Objekts zu Beginn der Laufzeit des L.Verhältnisses gemäß IAS 17.36 eine Forderung für die zu erhaltenden L.Zahlungen. Die aktivierte Forderung soll beim erstmaligen Ansatz zum Nettoinvestitionswert (IAS 17.4) bewertet werden. Dieser Wert entspricht der mit dem internen Zinsfuß diskontierten Bruttoinvestition, d.h. dem Barwert, der dem L.-Geber erwartungsgemäß zufließenden Zahlungen. Der Bruttoinvestitionswert setzt sich dabei aus der Summe der Mindestleasingzahlungen, inklusive eines garantierten Restwertes, zuzüglich eines nicht garantierten Restwertes zusammen. Der Nettoinvestitionswert steht schließlich für den Tilgungsanteil des L.-Vertrages, der Zinsanteil hingegen wird durch die Differenz aus Brutto- und Nettoinvestitionswert dargestellt. Da der Nettoinvestitionswert die Rückgewinnung der Investitionsausgaben des L.-Gebers abbildet, entspricht dieser häufig den Anschaffungs- und Herstellungskosten des L.-Objektes. In den Folgeperioden wird die Forderung ähnlich der Folgebewertung der Verbindlichkeit seitens des L.-Nehmers bewertet. Die L.Zahlungen sind vom L.-Geber in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil aufzuspalten (IAS 17.37). Spiegelbildlich zum L.Nehmer mindert die Verbuchung des Tilgungsanteils die Forderung des L.-Gebers und ist somit erfolgsneutral. Der Zinsanteil wird hingegen erfolgswirksam verbucht. Im Falle eines Finanzierungs-L. hat der L.-Geber zusätzlich zu den Anforderungen des IAS 32 gemäß IAS 17.47 weitere Angaben im Anhang offenzulegen. c) Operating Leasing. Das Operating L. entspricht weitestgehend einem Mietverhältnis, so dass das L.-Objekt weiter537

Leasing hin beim L.-Geber aktiviert wird (IAS 17.49). Die Bewertung des L.-Objektes folgt den gängigen Vorgaben der IAS 16, IAS 38 und IAS 40. Darüber hinaus verbucht der L.-Geber die L.-Zahlungen als Erträge aus dem L.-Verhältnis. Der L.Nehmer ist hingegen weder wirtschaftlicher noch juristischer Eigentümer und nimmt folglich den Vermögenswert nicht in seine Bilanz auf. Er verbucht die L.Zahlungen erfolgswirksam als Aufwand (IAS 17.33). Weitere Aktiva und Passiva werden beim L.-Nehmer nicht erfasst. Sowohl L.-Nehmer (IAS 17.35) als auch L.-Geber (IAS 17.56) müssen zudem zusätzliche Angaben im Anhang machen. d) Besondere Leasingverhältnisse. Eine besondere Form von L. ist das „Sale-and-Leaseback“, bei dem der Eigentümer eines Vermögenswertes diesen verkauft und im Gegenzug die Nutzungsrechte an dem Vermögenswert in Form eines L.-Vertrages zurück erhält (IAS 17.58). Der Verkäufer des Vermögenswertes ist demnach der L.-Nehmer, während der Käufer der L.-Geber ist. Für die Einordnung dieser Transaktionen stellt IAS 17 auf die Verteilung der Risiken und Chancen an dem Vermögenswert ab. Die Besonderheit in der Bilanzierung dieser Transaktionen liegt dann in der bilanziellen Behandlung von Veräußerungsgewinnen oder -verlusten beim L.Nehmer, wenn der Buchwert des Vermögenswertes und der Veräußerungspreis auseinander fallen. Darüber hinaus gibt es sog. „Lease-and-Leaseback-Transaktionen“, bei denen ein L.-Objekt vermietet und im Gegenzug durch einen Untermietvertrag zurück vermietet wird. Eine solche Gestaltung wird oftmals grenzüberschreitend zur Erzielung steuerlicher Vorteile angewandt. Als weiteres besonderes L.-Verhältnis gilt schließlich das „Sublease-Verhältnis“. Hier vermietet der L.-Nehmer das L.-Objekt, welches sich im rechtlichen Eigentum des L.Gebers befindet, an einen Dritten weiter. e) Perspektiven der Leasingbilanzierung. Es gibt Bestrebungen, die Bilanzie538

rung von L.-Verhältnissen nach IAS 17 durch einen neuen Standard abzulösen. Grundlage dieser Reformbemühungen sind zum einen Konvergenzbestrebungen des IASB und des US-amerikanischen o Financial Accounting Standards Board (FASB). Zum anderen wird die L.-Bilanzierung nach IAS 17 inhaltlich stark kritisiert. Die Kritiker beziehen sich dabei vor allem auf drei Kritikpunkte: (1.) die Komplexität der derzeitigen Regelungen, (2.) die große Anzahl an Gestaltungs- und Ermessensspielräumen sowie (3.) den unvollständigen Ausweis von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten. Im März 2009 hat das IASB – in Kooperation mit dem FASB – deshalb ein Diskussionspapier „Leases – Preliminary Views“ veröffentlicht, in dem die L.-Bilanzierung beim L.-Nehmer behandelt und das so genannte „Right-ofuse“-Modell favorisiert wird. Danach bilanziert der L.-Nehmer grundsätzlich mit seinem Nutzungsrecht am L.-Objekt einen immateriellen Vermögenswert und parallel dazu eine entsprechende Verbindlichkeit für die Pflicht zur Zahlung der L.-Raten. Nach den Reformüberlegungen sollen demnach anstelle von körperlichen Vermögenswerten Nutzungsrechte beim L.-Nehmer bilanziert werden, so dass ein einheitliches Vorgehen die Unterscheidung zwischen Operating L. und Finanzierungs-L. ablöst. Lit.: Alvarez, M./Wotschofsky, S./Miethig, M.: Leasingverhältnisse nach IAS 17 – Zurechnung, Bilanzierung, Konsolidierung, in: WPg 2001, S. 933-947; Baetge, J./Kirsch, H.-J./ Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 635-646; Kleibold, T./Pfister, S.: Leasingbilanzierung nach dem Right-of-Use-Ansatz, in: ST 2009, S. 870-876; Krag, J./Mölls, S.: Rechnungslegung, 2001, S. 77-84; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2008, S. 615-653; Pferdehirt, H.: Die Leasingbilanzierung nach IFRS, 2007. Sascha Mölls

Leistungsverrechnung, innerbetriebliche Leasinggeber o Leasing

Leistungsabhängige Abschreibung o Abschreibungen

Leasingnehmer o Leasing

Leistungsabweichung = o Beschäftigungsabweichung = Ausbeuteabweichung.

Leasingobjekt o Leasing Lebenszykluskonzept = o Produktlebenszyklus. Lebenszykluskostenrechnung Instrument zur Planung, Steuerung und Kontrolle der Kosten eines Produkts über den gesamten Lebenszyklus, wobei die i.d.R. im Rechnungswesen dominierende strenge Orientierung an Kalenderperioden aufgehoben wird. Ausgangspunkt ist die Hypothese, dass höhere Vorlaufkosten in der Entstehungsphase durch entsprechende Kostenreduktionen in der Marktphase und der Nachlaufkosten überkompensiert werden. Lit.: Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008, S. 291-298. Leerkapazität Für die Produktion nicht genutzte Leistungskapazität. Leerkosten Teil der Fixkosten (o Kosten, fixe und variable), der auf nicht genutzte Kapazitäten entfällt; Differenz zwischen Fixkosten (Kfix) und o Nutzkosten. Unter Berücksichtigung der Ist-Beschäftigung (Bist) und der Maximalbeschäftigung (Bmax) werden die Leerkosten (Kleer) wie folgt bestimmt:

K leer

K fix u (1 

Bist ) B max

Leistung Unbewertete Ausbringung eines Unternehmens oder Betriebs; teilweise, insb. in der älteren Literatur als Synonym für „Erlöse“ verwendet (o Kosten und Erlöse).

Leistungsentsprechungsprinzip Prinzip der o Kostenverteilung, wonach jeder Leistungseinheit der relative Anteil an den Gesamtkosten zugeordnet wird, der ihrem Anteil an der Gesamtleistung entspricht. Leistungserfolgssatz o Leistungsertragssatz Leistungsertragssatz Summe aus Leistungskostensatz und Leistungserfolgssatz einer o Kostenstelle in der sog. Standard-Grenzpreisrechnung. Der Leistungskostensatz gibt die o Grenzkosten je Beschäftigungseinheit, der Leistungserfolgssatz den Grenzdeckungsbeitrag je Beschäftigungseinheit einer Kostenstelle an. Leistungskosten = Variable Kosten. o Kosten, fixe und variable. Im Gegensatz zu den o Bereitschaftskosten mit kleinsten Änderungen von Art, Menge oder Wert der erzeugten bzw. abgesetzten Leistung sowie mit Verfahrensbedingungen sich ändernde o Kosten. Leistungskostensatz o Leistungsertragssatz Leistungsverrechnung, innerbetriebliche Verrechnung von Kosten für Unternehmensleistungen, die nicht über den Absatzmarkt verkauft, sondern im Betrieb wiederverwendet werden. Die i. L. ist zur Bestimmung der o Selbstkosten der abgesetzten Produkte sowie zur Kontrolle der o Wirtschaftlichkeit der einzelnen Verantwortungsbereiche notwendig. Die i. L. wird wegen der Interdependenzen des betrieblichen Leistungsaustausches 539

Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) mit Hilfe linearer Gleichungen oder mit vereinfachenden Verfahren, insb. dem o Stufenleiterverfahren im o Betriebsabrechnungsbogen, dem o Anbauverfahren und dem o Gutschrift-/Lastschriftverfahren vorgenommen (o Verrechnungspreise). Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) 1. Regulierungsnotwendigkeit der Preisermittlung bei öffentlichen Aufträgen Als Anlage zur Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VPöA; Verordnung PR Nr. 30/53 vom 21.11.1953) regulieren die LSP in Verbindung mit der VPöA die Preisfindung bei öffentlichen Aufträgen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Im Unterschied zum marktwirtschaftlichen Wettbewerb greift der Gesetzgeber in die Preisgestaltung bei öffentlichen Aufträgen ein, da hier in aller Regel kein funktionsfähiger Markt vorliegt. Oftmals ist der Staat auf der Nachfrageseite Monopolist, während sich auf der Anbieterseite eine nur sehr eingeschränkte Anzahl an Anbietern für das gewünschte Gut bzw. die gewünschte Leistung findet. Da sich in einem solchen Umfeld ohne echten Wettbewerb zumeist keine fairen Marktpreise im Sinne von Wettbewerbspreisen bilden, wurden die zulässigen Preisfindungsverfahren durch die VPöA, unter anderem in Verbindung mit den LSP, staatlich reguliert. 2. Preistreppe nach VPöA Die VPöA legt in Form einer sog. Preistreppe fest, welche Art von Preisvereinbarung bei öffentlichen Aufträgen im Einzelfall zulässig ist. In erster Instanz ist auf Preise entsprechend staatlich regulierter Preisvorschriften zurückzugreifen (§ 3 VPöA), wie sie zum Beispiel in Form der Gebührenordnungen für Ärzte, Anwälte und Notare oder als Tarif im Postwesen zu finden sind. Sofern solche 540

Vorgaben nicht vorliegen, sind nach § 4 VPöA ggf. um Zu- oder Abschläge korrigierte Marktpreise heranzuziehen. Auf Preise auf Basis von o Selbstkosten in Form von Selbstkostenfestpreisen (§ 6 VPöA), Selbstkostenrichtpreisen (§ 6 VPöA) oder Selbstkostenerstattungspreisen (§ 7 VPöA) soll nur zurückgegriffen werden, wenn einerseits keine staatlichen Preisvorschriften existieren sowie andererseits ein Marktpreis nicht bestimmt werden kann. Sofern nach §§ 6-7 VPöA Selbstkostenpreise zur Anwendung kommen, ist nach § 8 VPöA auf die LSP zurückzugreifen. 3. Inhalt der LSP Die LSP beinhalten neben allgemeinen Grundsätzen zur geordneten Erfassung der der Selbstkostenermittlung zu Grunde zu legenden Vollkosteninformationen reine Preisermittlungsvorschriften. Unter die allgemeinen Grundsätze fällt beispielsweise die Forderung nach einem geordneten Rechnungswesen des Auftragnehmers (Nr. 2 LSP), um die Transparenz im Sinne der Nachprüfbarkeit hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Kostenverrechnung zu gewährleisten. Darüber hinaus finden sich in Nr. 4-10 LSP unter anderem Abgrenzungen und Definitionen, beispielsweise zu den in die Preisermittlung einzubeziehenden Kosten sowie dem Begriff des Selbstkostenpreises (Nr. 4 LSP). Auch zwischen den nach dem Zeitpunkt (Vor- bzw. Nachkalkulation) und dem anwendbaren Verfahren (Divisions-, Zuschlags- oder Mischkalkulation) differenzierten Arten der Preisermittlung (Nr. 5 LSP) sowie den Arten von Selbstkostenpreisen (Nr. 6 LSP) wird unterschieden. Unter Nr. 9 LSP finden sich allgemeine Angaben zu Preiskalkulationen im Sinne der LSP. Schließlich enthält Nr. 10 LSP (Mindest)Gliederungsvorschriften für die Preiskalkulation. Hieraus geht in Verbindung mit Nr. 4(b) LSP hervor, dass die nach den LSP zu ermittelnden Selbstkos-

Linear-variable Kosten tenpreise neben den reinen Selbstkosten zusätzlich einen kalkulatorischen Gewinnaufschlag enthalten. Die einzelnen Komponenten von Selbstkostenpreisen werden schließlich unter Abschnitt III. der LSP (Nr. 11-52 LSP) in Form eines Kostenartenkatalogs im Hinblick auf ihre Ansatzmöglichkeit dem Grunde und der Höhe nach näher aufgeschlüsselt. So finden sich unter Nr. 11-36 LSP zu einem überwiegenden Teil zunächst die Grundkostenarten, die zusammen mit den in Nr. 37-50 sowie Nr. 22 (1)a) LSP abgegrenzten kalkulatorischen Kostenarten die Selbstkosten bilden. Um zum Selbstkostenpreis zu gelangen, sind diese abschließend um einen in Nr. 51-52 LSP spezifizierten kalkulatorischen Gewinnaufschlag zur Abdeckung des allgemeinen Unternehmenswagnisses zu erhöhen. Lit.: Bontrup, H.-J./Marquardt, R.-M.: Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen, in: BuW 2001, S. 638-644, 661-672; Coenenberg, A.G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 5. Aufl., 2003, S. 114150; Däumler, K.D./Grabe, J.: Kalkulationsvorschriften bei öffentlichen Aufträgen, 1984. André Schmidt Leitung, einheitliche Nach § 18 AktG konstituierendes Merkmal eines o Konzerns; liegt grundsätzlich vor, wenn ein o Beherrschungsvertrag oder eine o Eingliederung bestehen (o Vertragskonzern). Eine e. L. liegt außerdem dann vor, wenn aufgrund einer o Mehrheitsbeteiligung von der Konzernleitung kontinuierlich oberste Führungsaufgaben in der Beteiligungsgesellschaft wahrgenommen werden (o Konzern, faktischer). Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 57 ff. Lenkungspreis Preis für Einsatzgüter, durch die im System der o pretialen Lenkung i.S. von

Eugen Schmalenbach (1873-1955) eine optimale Verwendung der Einsatzgüter und eine Steuerung des Unternehmungsprozesses (bei dezentraler Planung) erreicht werden soll. Lernkurve = o Erfahrungskurve Leverage-Effekt Der L. beschreibt den Zusammenhang zwischen der Gesamtkapitalrendite (rGK; o Rentabilität), dem o Verschuldungsgrad (= FK/EK) und der Eigenkapitalrendite (rEK). Ohne Verschuldung entsprechen sich rGK und rEK. Die Aufnahme von Fremdkapital zu einem Zins (iFK) unterhalb (oberhalb) von rGK entfaltet eine „Hebelwirkung“ (engl: leverage), die zu einem linearen Anstieg (Absinken) von rEK führt: FK rEK = rGK + (rGK – iFK) × . EK Leveraged Buy-Out o Management Buy-Out. Liability method o Latente Steuern Life-Cycle-Costing = o Lebenszykluskostenrechnung Lifo = Last in – first out Sammelbewertungsverfahren für gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens, wobei zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass die zuletzt angeschafften Vorräte im Produktionsprozess zuerst verbraucht werden. Die Bewertung des Endbestands erfolgt mit den Preisen der zuerst angeschafften und deshalb per Annahme zuletzt verbrauchten Vorräte. Lineare Abschreibung o Abschreibung, lineare Linear-variable Kosten = Proportionale Kosten. o Kosten, fixe und variable 541

Liquidation Liquidation Abwicklung der Geschäfte bei der Auflösung eines Unternehmens, Verkauf vorhandener Vermögenswerte (o Liquidationswert). Liquidationsbilanz Eine bei der geplanten Auflösung eines Unternehmens aufzustellende o Sonderbilanz, in der die o Vermögensgegenstände und o Schulden mit den voraussichtlichen Einzelveräußerungspreisen zu bewerten sind. Nach Abschluss der Liquidation enthält die L. auf der Aktivseite lediglich noch flüssige Mittel und evtl. von den Anteilseignern zu übernehmende Sachwerte. Die Passivseite enthält das Auseinandersetzungsguthaben der Anteilseigner. Lit.: Scherrer, G./Heni, B.: LiquidationsRechnungslegung, 3. Aufl., 2009. Liquidationserlös = o Restwert Liquidationswert Der Betrag, der sich bei Auflösung des Unternehmens zum Bewertungszeitpunkt durch den Verkauf der einzelnen Vermögensteile, die Einziehung der Forderungen und Begleichung der Verbindlichkeiten abzüglich der Auflösungskosten ergeben würde. Liquide Mittel Zahlungsmittel, d. h. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks (§ 266 Abs. 2 HGB Position B. IV. der Bilanz), häufig unter Einschluss von Wertpapieren des Umlaufvermögens. Liquidität (1) In qualitativem Sinn die Fähigkeit, jederzeit alle unabweisbaren Zahlungsverpflichtungen fristgemäß erfüllen zu können, damit zu jedem Zeitpunkt gilt: Anfangsbestand an Zahlungsmitteln + Einzahlungen - Auszahlungen > 0. 542

(2) In quantitativem Sinn: Verhältnis zwischen o liquiden Mitteln und kurzfristig zu verflüssigenden Vermögensgegenständen einerseits und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten andererseits (o Liquiditätsgrade). Liquiditätsanalyse Teil der o Bilanzanalyse, der sich mit der finanziellen Lage eines Unternehmens auseinandersetzt (o Cashflow; o Kapitalflussrechnung). Liquiditätsgrade Kennzahlen zur Beurteilung der o Liquidität eines Unternehmens im Rahmen einer Unternehmensanalyse (o Bilanzanalyse). Es werden üblicherweise unterschieden: Liquidität 1. Grades (cash ratio)

=

liq. Mittel kurzfrist. Verbindl.

Liquidität 2. Grades (quick ratio)

=

liq. Mittel + kurzfrist. Ford. kurzfrist. Verbindl.

Liquidität 3. Grades (current ratio)

Umlaufvermögen kurzfrist. Verbindl. Die einzelnen L. sind nicht einheitlich definiert. Problematisch ist ihr statischer Charakter, da sie aus einer zeitpunktbezogenen Vermögensaufstellung gebildet werden und – anders als die o Finanzplanung – noch nicht bilanzierte liquiditätswirksame Vorgänge nicht erfassen. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 1066; Wöhe, G. et al.: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Aufl., 2009, S. 28 f. Liquiditätsplanung o Finanzplanung

Lohnstückkosten Lofo-Verfahren = Lowest in - first out Sammelbewertungsverfahren für gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens, wobei zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass die zu den niedrigsten Preisen erworbenen oder hergestellten Vorräte im Produktionsprozess zuerst verbraucht werden. Der Endbestand besteht somit per Annahme aus den Vorräten, die zu den höchsten Preisen erworben oder hergestellt wurden. Logistikcontrolling Planung, Steuerung und Kontrolle der Logistiksysteme und -teilbereiche durch ein hierauf ausgerichtetes o Controlling. Lit.: Blum, H.S.: Logistik-Controlling, 2006. Lohmann-Ruchti-Effekt = Kapazitätserweiterungseffekt Mit dem nach Martin Lohmann und Hans Ruchti benannten L. wird die Möglichkeit zum Ausbau der Periodenkapazität durch eine Finanzierung von Investitionen aus den Abschreibungsgegenwerten bereits bestehender Produktionsanlagen beschrieben. Während der Nutzung einer Anlage werden ursprünglich durch die Investition gebundene finanzielle Mittel in Höhe der kumulierten Abschreibungen wieder freigesetzt. Werden diese nicht an die Investoren ausgeschüttet, können sie zur Anschaffung weiterer Anlagen genutzt werden (Finanzierung aus o Abschreibungen). Auf diese Weise kann die Periodenkapazität ohne Zuführung weiteren Kapitals von außen gegenüber der Anfangsausstattung um den Faktor 2n/(n+1) erweitert werden (Kapazitätserwieterungsfaktor bei linearer Abschreibung, mit n = Nutzungsdauer). Beispiel: Anfangsausstattung von vier Maschinen zum Preis von je 120.000 T€ und einer Nutzungsdauer von 3 Jahren. Bei Anwendung der linearen Abschrei-

bung beträgt die Jahresabschreibung pro Maschine 40.000 T€. Die Abschreibungen werden laufend in Maschinen gleichen Typs reinvestiert. Unter diesen Annahmen ist der Kapazitätserweiterungfaktor gleich [2 × 3/(3 + 1) = ] 1,5. Somit kann die Anzahl der Maschinen auf sechs gesteigert werden. Nachfolgende Tabelle veranschaulicht den Prozess der innenfinanzierten Investitionstätigkeit (Angaben in T€). Jahr

1

2

3

4

5

Maschinen (Jahresbeginn)

4

5

7

5

6

Jahresabschreibung

160

200

280

200

240

Liq. Mittel vor Investitionen (Periodenende)

160

240

280

240

240

Investitionen (Beginn des Folgejahres)

120

240

240

240

240

Verbleibende liq. Mittel (nach Investitionen)

40

0

40

0

0

Lit.: Lohmann, M.: Abschreibungen, was sie sind und was sie nicht sind, in: Der Wirtschaftsprüfer 1949, S. 353-357; Ruchti, H.: Die Bedeutung der Abschreibung für den Betrieb, 1942; Wöhe, G. et al.: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Aufl., 2009, S. 410-424. Lohnabweichung Differenz zwischen o Plankosten und o Istkosten, die auf Unterschiede zwischen geplantem und realisiertem Einsatz an Arbeitsleistung oder zwischen geplanter und tatsächlicher Höhe des Lohnsatzes zurückzuführen ist (o Plankostenrechnung). Lohnsteuer o Einkommensteuer o Ertragsteuern Lohnstückkosten Personalkosten oder -aufwand je Leistungseinheit, ermittelt durch Division der durch die Erstellung einer Menge von erzeugten Sachgütern oder Diensten an543

Lorie-Savage-Ansatz gefallenen Lohnkosten, i.d.R. einschließlich der Gehälter (zuzüglich evtl. der Personalnebenkosten), durch die Ausbringungsmenge. Lorie-Savage-Ansatz Nach James H. Lorie und Leonard J. Savage benannter Ansatz zur Bestimmung des optimalen o Investitionsprogramms. Danach werden die Anschaffungsausgaben a0j aller Projekte j mit einem parametrischen Faktor O gewichtet und vom jeweiligen Kapitalwert C0j abgezogen.

~ C0 j

C0 j  O a0 j .

O wird schrittweise erhöht und alle Projekte mit einem negativen Kapitalwert unter Berücksichtigung des Terms -Oa0j aus dem Investitionsprogramm gestrichen, bis das Budget ausreicht, die verbleibenden Objekte zu finanzieren. Das Verfahren führt zum gleichen Ergebnis wie die Auswahl der Investitionsobjekte nach ihrer o Kapitalwertrate und ist der gleichen Kritik zu unterwerfen. Lit.: Lorie, J.H./Savage, L.J.: Three problems in rationing capital, in: JoB 1955, S. 229-239. Losgröße Die L. gibt an, wie viele Produkteinheiten bei sog. Losfertigung in einem Los (synonym: Charge, Batch, Auftrag) den Fertigungsprozess durchlaufen. Losgrößenabweichung Unterschiede zwischen o Plankosten und o Istkosten, die sich aufgrund von Differenzen zwischen geplanter und tatsächlicher o Losgröße ergeben (o Plankostenrechnung). Lower-of-cost-or-market principle = o Niederstwertprinzip LSP = o Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten 544

Lücke-Theorem Nach dem L. entspricht der o Kapitalwert einer Zahlungsreihe dem Barwert der o Residualgewinne desselben Investitionsprojekts. Wichtige Annahmen stellen hierbei das o Kongruenzprinzip und die Definition des Residualgewinns dar. Lit.: Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 171-176; Lücke, W.: Investitionsrechnung auf der Basis von Ausgaben oder Kosten, in: ZfhF 1955, S. 310-324. Lucky Buy Der Begriff des L. umschreibt einen für den Erwerber von Unternehmensanteilen günstigen Kauf, bei dem dieser weniger für das anteilig erworbene o Eigenkapital hingeben muss als durch den o Zeitwert der erworbenen Vermögensanteile abzüglich o Schulden gerechtfertigt wäre, wobei dies nicht auf negative Ertragsaussichten zurückzuführen ist (o Badwill).

M Make or buy-Entscheidung Entscheidung über die Eigenfertigung oder den Fremdbezug von Erzeugnissen; kurzfristige M. sind ein typisches Anwendungsgebiet der o Deckungsbeitragsrechnung; eine dauerhafte Entscheidung für den Fremdbezug führt zu einer Verringerung der Wertschöpfungstiefe. Management Accounting 1. Begriff M. (synonym: Managerial Accounting) ist das anglophone Pendant zum o internen Rechnungswesen im deutschsprachigen Raum. Beide stellen dem Management Informationen zur Verfügung, um eigene Entscheidungen zu unterstützen (Entscheidungsfundierung) oder Entscheidungen nachgeordneter Entscheidungsträger im Sinne der Unternehmensziele zu beeinflussen (Verhaltenssteuerung). Trotz gleicher Zwecke besteht zwischen dem M. und dem internen Rechnungswesen eine Reihe von Unterschieden, die auf unterschiedliche nationale Traditionen im Rechnungswesen zurückzuführen sind. Sie manifestieren sich in den Aufgaben, Instrumenten und Trägern des M. sowie dessen Verhältnis zum Financial Accounting (Rechnungslegung; externes o Rechnungswesen). Während im deutschsprachigen Raum für das interne Rechnungswesen traditionell eine eigenständige Datenbasis geführt und die Rechengrößen Aufwand und Kosten differenziert werden (Zweikreissystem), herrscht in angloamerikanischen Ländern ein integriertes Rechnungswesen vor (Einkreissystem). M. und Financial Accounting erfüllen dabei ebenso wie das interne und externe Rechnungswesen unterschiedliche Aufgaben und richten sich an unterschiedliche Adressaten, greifen hierzu jedoch auf eine einheitliche pagatorische Datenbasis aus der Finanzbuchhaltung zurück (o Konvergenz des Rechnungswesens).

M. wird in der englischsprachigen Literatur unterschiedlich abgegrenzt. Die enge Definition des Begriffes beschränkt diesen im Wesentlichen auf die Kostenrechnung. Das weite und geläufigere Begriffsverständnis schließt auch Aufgaben des Financial Accounting sowie der operativen und strategischen Unternehmenssteuerung ein (z.B. Budgetplanung und kontrolle, Unterstützung der Strategieimplementierung, Gestaltung von Anreizsystemen). M. wird dabei weitgehend synonym zu dem Begriff Management Control verwendet, der die Steuerung durch Planung, Kontrolle, Informationsversorgung und Anreizgestaltung umfasst. In diesem Sinne entsprechen M. und Management Control dem Begriff o Controlling im deutschsprachigen Raum. Die hier geführte wissenschaftliche Diskussion um die theoretische Fundierung des Controllings, die zu unterschiedlichen Controllingkonzeptionen geführt hat (z.B. koordinationsorientierter und rationalitätssichernder Ansatz), findet sich in der angloamerikanischen Literatur zum M. hingegen nicht. Stattdessen entwickelten sich die Aufgaben und Instrumente des M. primär aus der Praxis heraus. 2. Geschichtliche Entwicklung Der Ursprung des M. lässt sich auf das frühe 19. Jahrhundert zurückverfolgen. In Neuenglands Textilindustrie ergab sich als Folge der industriellen Revolution die Notwendigkeit, die Wirtschaftlichkeit standardisierter Fertigungsprozesse zu steuern. Die Kostenrechnung diente dabei als Grundlage für Betriebs-, Zeit- und Produktvergleiche. Erkenntnisse des Scientific Management waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Wegbereiter für die Entwicklung des Standard Costing. Gemeinkosten wurden mit Hilfe einfacher Verfahren der Lohnzuschlagskalkulation auf Produkte verrechnet. In den 1920er Jahren entstanden o Kennzahlensysteme (ROI-Schema), Budgets 545

Management Accounting und Transferpreise als Antwort auf die Steuerungs- und Koordinationsprobleme in multidivisionalen Unternehmen wie DuPont und General Motors. In ihrem 1987 veröffentlichten Buch „Relevance Lost. The Rise and Fall of Management Accounting“ kritisieren Johnson und Kaplan, dass alle wesentlichen Instrumente des US-amerikanischen M. vor 1925 entwickelt wurden und sich seitdem keine wesentlichen Innovationen ergeben hätten. Sie führen dies auf die Dominanz des Financial Accounting seit den 1930er Jahren zurück. Dieses gewann durch regulatorische Vorschriften, die in Reaktion auf den Börsencrash von 1929 erlassen wurden, erheblich an Bedeutung. Im Vergleich dazu hat das M. in den USA und anderen anglophonen Ländern bis heute einen geringeren Stellenwert. Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen kam es seit den 1980er Jahren, ausgelöst durch die Diskussion um den Stand des M. in den USA, zu verschiedenen Weiterentwicklungen. Das Activity-based Costing (o Prozesskostenrechnung) zielte dabei auf eine Verbesserung der Produktkalkulation. Mit dem o Economic Value Added (EVA) und ähnlichen Wertbeitragskonzepten wurden primär von Unternehmensberatungen neue Kennzahlen zur Messung der Wertschaffung entwickelt. Hohe Aufmerksamkeit hat auch die o Balanced Scorecard erlangt. 3. Aufgaben M. umfasst dem weiten Begriffsverständnis folgend ein umfassendes Spektrum an Aufgaben. Neben Aufgaben, die primär dem internen Rechnungswesen und Controlling zuzuordnen sind (z.B. Produktkalkulation, Abweichungsanalyse, internes Berichtswesen), gehören auch Aufgaben des externen Rechnungswesens, der Liquiditätssteuerung und -kontrolle sowie der Steuerplanung und -verwaltung zum M. Zudem fallen teilweise Aufgaben in das Gebiet des M., 546

die im deutschsprachigen Raum nicht zum Rechnungswesen gezählt werden (z.B. Versicherungen, EDV und interne Revision). Die Aufgaben des M. sind traditionell eher operativer Natur. Sie fokussieren das eigene Unternehmen, vor allem den Fertigungsbereich, und stützen sich auf finanzielle, vergangenheitsorientierte Informationen. Mit der Fundierung strategischer Entscheidungen und der Unterstützung der Strategieimplementierung kommen dem M. jedoch auch strategische Aufgaben zu (Strategic Management Accounting). Dies schließt z.B. Wettbewerbsanalysen, die Ausrichtung des M. auf die Wettbewerbsstrategie sowie die Analyse der unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette ein. Hierbei werden auch nicht-finanzielle und zukunftsorientierte Informationen erhoben. 4. Instrumente Entsprechend dem breiten Aufgabenfeld existieren zahlreiche Instrumente des M. Sie sind grundsätzlich mit dem Methodenrepertoire des Controllings identisch. So stellen die o Kostenrechnung, die o Investitionsrechnung, die o Budgetierung, o Verrechnungspreise, Kennzahlensysteme, das Performance Measurement und die Balanced Scorecard zentrale Instrumente des M. und des Controllings dar. Aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen haben einige Instrumente des M. in anglophonen Ländern jedoch einen anderen Stellenwert und sind teilweise anders ausgestaltet. Die Kostenrechnung ist in den USA traditionell geprägt von der Anforderung, Vollkosteninformationen für die Bestandsbewertung im externen Rechnungswesen zu liefern. Sie verzichtet auf den Ansatz kalkulatorischer Kosten, beschränkt sich auf eine grobe Einteilung in Kostenstellen und verwendet i.d.R. einfache wertmäßige Zuschlagssätze für die

Management Accounting Kalkulation. Auch der hohe Stellenwert der Verhaltenssteuerung als Zweck des M. hat die Entwicklung der Vollkostenrechnung beeinflusst. Weit verbreitet ist das Standard Costing. Das Activitybased Costing wird demgegenüber in der Praxis nur relativ wenig angewandt. Zur Weiterentwicklung der Kostenrechnung wurden daher in jüngerer Zeit das TimeDriven Activity-Based Costing und die deutsche Grenzplankostenrechnung (GPK) diskutiert. Das aus den USA stammende Konzept des Economic Value Added (EVA) ermittelt einen o Residualgewinn (Wertbeitrag), indem von einem operativen Ergebnis die Kapitalkosten abgezogen werden. Es ist mit der Betriebsergebnisrechnung im deutschsprachigen Raum vergleichbar, sofern dort kalkulatorische Zinsen auf das betriebsnotwendige Kapital angesetzt werden. Während die Betriebsergebnisrechnung aber Bestandteil eines eigenständigen internen Rechnungswesens ist, wird der EVA auf der Grundlage von Daten des externen Rechnungswesens berechnet. 5. Träger Die Aufgaben des M. können von verschiedenen Stellen zusätzlich zu ihren originären Aufgaben wahrgenommen oder speziell dafür eingerichteten organisatorischen Einheiten übertragen werden (funktionales vs. institutionales M.). Letzteres ist in größeren Unternehmen meist der Fall. Die auf das M. spezialisierten Stellen oder Abteilungen werden vielfach Controller’s Department, Finance Department oder Accounting Department genannt. Aufgrund des größeren Aufgabenumfangs beschäftigen sie i.d.R. deutlich mehr Mitarbeiter als Controllingabteilungen in deutschen Unternehmen. Das breitere Aufgabenspektrum führt zudem dazu, dass M. und Financial Accounting oftmals organisatorisch in einer Einheit zusammengefasst sind.

Die auf das M. spezialisierten Mitarbeiter werden als Management Accountants bezeichnet. Sie erwerben die für ihre Tätigkeit erforderlichen Fachkenntnisse i.d.R. im Rahmen von Weiterbildungsprogrammen, die durch Berufsverbände angeboten werden (z.B. IMA in den USA oder CIMA in Großbritannien). Zudem erlernen Management Accountants häufig praxisnahes Wissen am Arbeitsplatz, indem sie Erfahrungen in verschiedenen Unternehmensbereichen sammeln. Controller im deutschsprachigen Raum qualifizieren sich dagegen für ihre Tätigkeit in erster Linie durch ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Sie werden dabei über einen längeren Zeitraum an einer Hochschule ausgebildet, wo ihnen solide theoretische Grundlagen vermittelt werden. Im Unternehmen übernehmen Controller dann häufig fachspezifische Aufgaben. Die verschiedenen Ausbildungswege führen in der Praxis zu einem unterschiedlichen Rollenverständnis. Controller sehen ihre Rolle häufig darin, systematisch ökonomische Zusammenhänge zu verstehen und ihr spezifisches Wissen Managern bereitzustellen, ohne an den operativen Aufgaben beteiligt zu sein. Management Accountants in anglophonen Ländern sehen sich demgegenüber stärker als Partner des Managers, die frühzeitig in operative Entscheidungen eingebunden werden. Diese arbeiten tendenziell enger mit dem Management zusammen, um ihr fachspezifisches Knowhow besser mit operativem Wissen verknüpfen zu können. 6. Comparative Management Accounting Comparative Management Accounting analysiert das interne Rechnungswesen und Controlling im Ländervergleich. Es beschreibt und erklärt internationale Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei den Aufgaben, Instrumenten und Trägern. Nationale Besonderheiten bei diesen 547

Management Accounting Merkmalen des internen Rechnungswesens und Controllings können durch verschiedene ökonomische, geschichtliche, kulturelle, gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen bedingt sein. Erkenntnisse hierüber dienen zum einen dazu, Anregungen für die Weiterentwick-

lung der eigenen Systeme zu gewinnen. Zum anderen können Kenntnisse aus dem Comparative Management Accounting dazu beitragen, Controller bei der Integration und Erfolgsbeurteilung ausländischer Tochterunternehmen für nationale Spezifika zu sensibilisieren.

Ebene

Perspektive

Analysefokus

Beispiel

1

MakroPerspektive

Verbreitung und allgemeine Beurteilung

Einsatz der Budgetierung Zufriedenheit mit der Budgetierung

2

MezzoPerspektive

Zwecke und Ausgestaltung

Entscheidungsfundierung, Verhaltenssteuerung, Komplexität des Budgetie-

3

MikroPerspektive

Anwendung und Bedeutung

Nutzung und Wahrnehmung von Budgetinformationen

Abb. 1: Ebenen des Ländervergleichs

M. kann auf verschiedenen Ebenen ländervergleichend analysiert werden (vgl. Abb. 1). Auf der obersten Ebene geht es um die Verbreitung und die allgemeine Beurteilung von Praktiken im internen Rechnungswesen und Controlling. Studien auf dieser Ebene ermöglichen erste Einblicke in Gemeinsamkeiten und Unterschiede des M. zwischen Ländern. Aussagekräftiger ist die zweite Ebene, bei der die Zwecke und Ausgestaltung der Praktiken im Rechnungswesen und Controlling untersucht werden. Auf der untersten Ebene werden verhaltensspezifische Aspekte sowie die tatsächliche Anwendung und Wahrnehmung von Praktiken länderübergreifend verglichen. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft stellt sich die Frage, welche Bedeutung länderspezifische Rahmenbedingungen für das interne Rechnungswesen und Controlling haben. Weltweit tätige Unternehmensberatungen, die Standardisierung von ERP-Systemen (EDV-gestütztes o Rechnungswesen) und die o Harmonisierung der Rechnungslegung (o IFRS) lassen eine zunehmende internati548

onale Konvergenz erwarten. Andere Faktoren, wie z.B. Branchenspezifika, gewinnen daher gegenüber Länderspezifika an Bedeutung und lassen in Zukunft eine größere Divergenz entlang der Branchengrenzen vermuten. Die geringsten Länderunterschiede sind auf der obersten Ebene zu beobachten, da Globalisierungstendenzen stärker auf Konzepte und Instrumente einwirken als auf Verhaltensweisen, wie z.B. die Nutzung von Informationen. Letztere sind kulturell, gesellschaftlich und institutionell tiefer verwurzelt und dadurch resistenter gegenüber globalen Konvergenztendenzen. Lit.: Ahrens, T.: Contrasting involvements. A study of management accounting practices in Britain and Germany, 1999; Bhimani, A.: Mapping methodological frontiers in cross-national management control research, in: AOS 1999, S. 413-440; Fleischman, R./Tyson, T.: The history of management accounting in the US, in: Chapman, C.S./Hopwood, A.G./Shields, M.D. (Hrsg.): Handbook of Management Accounting Research 2007, S. 1071-1089; Garrison, R.H./Noreen, E.W./Brewer, P.C.: Managerial Account-

Market-to-Book Ratio ing, 12. Aufl., 2008; Granlund, M./Lukka, K.: It's a Small World of Management Accounting Practices, in: JMAR, S. 153-179; Hoffjan, A.: Comparative Management Accounting. Vergleich des anglo-amerikanischen Management Accounting und des deutschen Controllings, in: Controlling 2008, S. 655-661; Johnson, H.T./Kaplan, R.S.: Relevance Lost. The Rise and Fall of Management Accounting, 1987; Lord, B.R.: Strategic management accounting, in: Hopper, T./Northcott, D./Scapens, R. (Hrsg.): Issues in Management Accounting, 3. Aufl., 2007, S. 135-153; Stoffel, K.: Controllership im internationalen Vergleich, 1995; Zirkler, B.: Führungsorientiertes US-amerikanisches Management Accounting, 2002. Peter Kajüter/ Matthias Moeschler Management Approach Konzept der IFRS, das in der externen Berichterstattung auf eine Abbildung des Unternehmens aus Sicht des Managements abzielt. Durch eine stärkere Orientierung der externen Berichterstattung an internen Steuerungsgrößen soll die Informationslage der Adressaten verbessert werden. Seinen Ursprung hat der M. in der o Segmentberichterstattung nach dem US-Standard SFAS 131 aus dem Jahr 1997. Lit.: Weißenberger, B.E.: IFRS für Controller, 2007, S. 169-190. Management Auditing o Revision, interne Management Buyout (MBO) Übernahme eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils durch dessen Management. Management-Holding o Holding MAPI-Methode Am Machinery and Allied Products Institute (MAPI) von G. Terborgh entwi-

ckelte Methode der Investitionsrechnung insb. für Ersatzinvestitionen. Zur Beurteilung eines geplanten Maschinenersatzes wird die unter bestimmten Standardisierungen ermittelte Veränderung des Periodengewinns im Jahr nach der Investition in Relation zur notwendigen Investitionsausgabe gesetzt. Praktisch ist die M. nur wenig verbreitet. Lit.: Perridon, L./Steiner, M./Rathgeber, A.W.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 2009, S. 76-77; Terborgh, G.: Business Investment Management, 1967. Marge Bezeichnung für die Differenz zwischen An- und Verkaufspreisen, Soll- und Habenzinsfüßen, Marktpreisen und Selbstkosten etc. Eine M. kann als absolute oder prozentuale Größe (z.B. in Prozent des Umsatzes) angegeben werden. Häufige Verwendung findet die sog. o Gewinnmarge. Marginalkostenrechnung = o Grenzkostenrechnung Marginalprinzip o Kostenzurechnungsprinzip, wonach einzelnen o Leistungen jene o Kosten zugerechnet werden, die durch Herstellung und Absatz dieser Leistung ausgelöst wurden, also bei Wegfall dieser Leistung nicht angefallen wären; deckt sich weitgehend mit dem o Identitätsprinzip. Mark-to-Market Bewertung von o Vermögenswerten oder o Schulden mit dem aus einem beobachteten Marktpreis abgeleiteten o Fair Value. Mark-to-Model Bewertung von o Vermögenswerten oder o Schulden mit dem aus einem Bewertungsmodell abgeleiteten o Fair Value. Market-to-Book Ratio = o Marktwert-Buchwert-Verhältnis 549

Marketingcontrolling Marketingcontrolling Teilgebiet des o Controllings, in dem die Planung, Kontrolle und Steuerung von Marketingaktivitäten im Vordergrund steht. Markt, aktiver Ein a. M. ist nach einigen Standards des IASB (u.a. IAS 38 o Immaterielle Vermögenswerte, IAS 39 o Finanzinstrumente) Voraussetzung für die Bewertung bestimmter o Vermögenswerte zum o Fair Value. Nach IAS 38.8 liegt ein a. M. vor, wenn die gehandelten Güter homogen sind, jederzeit vertragswillige Käufer oder Verkäufer gefunden werden können und die Preise der Öffentlichkeit bekannt sind. Marktorientiertes Zielkostenmanagement o Target Costing Marktpreis Der bei Markttransaktionen beobachtete Preis für Vermögenswerte oder einzelne Schulden. Der M. erlangt in Abschlüssen nach o IFRS als beizulegender Zeitwert (o Fair Value) Bedeutung für die Bewertung bestimmter o Vermögenswerte und o Schulden. Im handelsrechtlichen o Jahresabschluss und o Konzernabschluss ist er insb. über das o Niederstwertprinzip für die Bewertung von o Vermögensgegenständen relevant. Marktpreisverhältnisrechnung Verfahren zur o Kalkulation bei o Kuppelproduktion. Dabei werden die o Kosten des Produktionsprozesses im Verhältnis der Marktpreise auf die hergestellten Produkte aufgeschlüsselt. Marktwert Schätzgröße für den o Marktpreis eines o Vermögenswerts oder einzelner o Schulden, wenn dieser nicht durch Markttransaktionen beobachtbar ist. Der M. kann mit Bewertungsmodellen als o Barwert erwarteter zukünftiger Einzahlungsüberschüsse ermittelt werden. 550

Bei der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (o Fair Value) in Abschlüssen nach o IFRS kommt der M. zum Einsatz, wenn ein Marktpreis nicht zuverlässig ermittelt werden kann. Im handelsrechtlichen o Jahresabschluss und o Konzernabschluss ist er über das o Niederstwertprinzip für die Bewertung relevant. Marktwert-Buchwert-Verhältnis Das M. dient als Kennzahl zur Beurteilung des von einem Unternehmen erzielten Wertzuwachses über den Buchwert des Eigenkapitals hinaus. Es wird als Quotient aus dem aus Börsendaten abgeleiteten o Marktwert (= Anzahl Aktien u Aktienkurs) und dem o Buchwert des Eigenkapitals ermittelt. Ein hohes M. deutet auf einen hohen nicht bilanziell erfassten o Geschäftswert (originärer Goodwill) hin. Marktzinsmethode 1. Ziel Die M. wurde zu Beginn der achtziger Jahre als ein Instrument zur Kalkulation der Vorteilhaftigkeit von Bankgeschäften entwickelt. Seither wurde vorgeschlagen (und kontrovers diskutiert), die M. auch als Weiterentwicklung der herkömmlichen o dynamischen Investitionsrechnung bei Sicherheit anzusehen und einzusetzen. 2. Wichtige Annahmen Die M. ist ein Partialmodell, in dem Investitions- und Finanzierungsentscheidungen unabhängig voneinander getroffen werden. Damit diese Vorgehensweise, die auf dem o Separationstheorem von Fisher beruht, zulässig ist, muss angenommen werden, dass der o Kapitalmarkt vollkommen ist. Damit wird u.a. unterstellt, dass Anlage und Aufnahme von Finanzmitteln zum gleichen o Zins möglich ist, keine Volumensbeschränkungen vorliegen und keine Transaktionskosten existieren. Bislang wird die M.

Marktzinsmethode vornehmlich zur Bewertung sicherer Zahlungsströme (o Cashflow) eingesetzt. Für die Kalkulation zins- bzw. kapitalvariabler Geschäfte existieren konkurrierende Ansätze. Um die Arbitragetheorie anwenden zu können, wird weiterhin angenommen, dass eine zu beurteilende o Investition mit Kapitalmarkttiteln dupliziert werden kann („Spanning“; Vollständigkeit, falls die Duplizierbarkeit jeder denkbaren Investition verlangt wird) und dass die zu bewertende Investition die Zinssätze am Markt nicht beeinflusst („Competitivity“). Im Unterschied zu eher traditionellen Verfahren der Investitionsrechnung wird nicht ein für alle Laufzeiten einheitlicher o Kalkulationszinsfuß angenommen, sondern es wird eine Zinsstrukturkurve, die meist nicht flach ist, zur Bewertung herangezogen. 3. Vorgehen Die M. für Banken spaltet den Zinsüberschuss laut o GuV in zwei Komponenten auf: den Mehrertrag oder Minderaufwand aus dem Kundengeschäft gegenüber äquivalenten Geschäften am Geldund Kapitalmarkt (Konditionsbeitrag) sowie den Finanzierungserfolg aus Fristentransformation (Strukturbeitrag). Die Zahlungsreihe der zu beurteilenden Investition (cf0, cf1, ..., cfn) liege vor. Dann werden aus den Zinssätzen der aktuellen Zinsstrukturkurve (t=0) o Diskontierungsfaktoren qt berechnet. Diese entsprechen den Preisen reiner Wertpapiere aus der State-Preference-Theory und werden in der M. Zerobond-Abzinsfaktoren genannt. Die Multiplikation der einzelnen Zahlungen mit den jeweils zugehörigen Diskontierungsfaktoren und die anschließende Summation (analog der o Kapitalwertmethode) ergeben den o Kapitalwert (Net Present Value) der Investition, der in der M. Konditionsbeitrags-Barwert heißt:

n

C0

¦

qt ˜cf t .

t 0

Ist er positiv (negativ), so ist die Investition vorteilhaft (nachteilig). Alternativ kann man den Konditionsbeitrags-Barwert mit einem linearen Gleichungssystem über eine zahlungsstrukturkongruente Finanzierung ermitteln, mit der alle Zahlungssalden, außer dem im Kalkulationszeitpunkt t=0, auf Null gestellt werden. Umrechnungen in periodische Entnahmemöglichkeiten befriedigen den Wunsch der Bankpraxis nach Berechnung von Margen. Für die Entscheidung über die (Nicht-)Durchführung einer einzelnen Investition sind sie aber unerheblich. Zur Berechnung der effektiven Konditionsmarge m werden zunächst aus dem Zahlungsstrom die effektiven Kapitalsalden k1, ..., kn ermittelt. Daraus ergeben sich die Verrentungsbasis V sowie m gemäß n

V

¦

qt ˜kt und m = C0 / V.

t 1

Damit sind die KonditionsbeitragsRenten Rt = m ˜ kt. Deren Barwert ist wiederum C0. Der Strukturbeitrag ergibt sich aus unterschiedlichen Zinsbindungsfristen auf Aktiv- und Passivseite. Diese Fristentransformation zählt zu den typischen Bankfunktionen und ist mit Zinsänderungsrisiken verbunden. 4. Zukünftige Zinssätze In den Diskontierungsfaktoren sind implizite Terminzinssätze enthalten: Eine Abzinsung von T nach 0 mit qT und anschließende Aufzinsung von 0 nach T+1 mit 1/qT+1 bedeutet, dass man implizit von T nach T+1 mit qT/qT+1 aufzinst. Damit ergibt sich als impliziter Zinssatz für die Periode (T,T+1) 551

Marktzinsmethode rT

qT  1. q T 1

An den Geld- und Kapitalmärkten werden außer Kassageschäften auch Termingeschäfte durchgeführt. Arbitragefrei sind die angebotenen Forward Rates nur, wenn sie gleich den impliziten Terminzinssätzen sind. Bei der klassischen Kapitalwertmethode unterstellt man einen laufzeitunabhängigen Kalkulationszinsfuß i p.a., also eine flache Zinsstrukturkurve mit qt = (1+i)-t. Damit sind alle Kupon-Zinssätze, Zerobond-Renditen (Spot Rates) und vor allem auch alle impliziten Terminzinssätze rt p.a. identisch eben diesem i. Bei einer gekrümmten Zinsstrukturkurve gilt das offensichtlich nicht mehr. Theoretisch können implizite Terminzinssätze sogar negative oder „unendliche“ Werte annehmen. Sie weichen außerdem oft von den tatsächlichen zukünftigen Zinssätzen ab. Beides hat die Frage provoziert, ob die Abzinsung mit impliziten Terminzinssätzen dennoch sinnvoll sei. Zunächst ist festzustellen, dass synthetische Forward-Geschäfte zu den impliziten Terminzinssätzen tatsächlich durchgeführt werden können, selbst wenn am Markt keine entsprechenden Forward Rates angeboten werden. Das führt letztlich dazu, dass auch bei unsicheren zukünftigen Zinssätzen die Rechenweise der M. korrekt ist, sofern zusätzlich zu unseren Annahmen die Kenntnis der prinzipiell möglichen zukünftigen Zinssätze unterstellt wird. Bei Eintreten der impliziten Terminzinssätze ist der Barwert des Strukturbeitrages gleich Null. In diesem Fall ist auch bei nicht-flachen Zinsstrukturkurven kein barwertiger Ergebnisbeitrag aus Fristentransformation zu erzielen. Damit ist allein der Konditionsbeitrag für die Bewertung einer Einzelinvestition relevant. 552

5. Beziehung zur GuV Die M. ist auch mit Blick auf die Beziehung zur externen Rechnungslegung untersucht worden. Unterstellen wir hierzu einmal, dass der KonditionsbeitragsBarwert sofort entnommen wird und das auch handelsrechtlich zulässig ist. Bei Durchführung einer Investition und zahlungsstrukturkongruenter Finanzierung ergibt sich der KonditionsbeitragsBarwert dann als Summe der Periodenerfolge über die Laufzeit der Investition. Bei Eintreten der impliziten Terminzinssätze würde sich diese Summe sogar bei jeder beliebigen Finanzierung ergeben. Fristentransformation ist somit zum einen Spekulation auf das Nichteintreten der impliziten Terminzinssätze, zum anderen Gewinnverschiebung auf der Zeitachse. 6. Ausblick Die Annahmen, die der M. zugrunde liegen, sind in der Realität typischerweise nicht erfüllt. Für Unternehmen des Finanzsektors gelten sie näherungsweise. Die Realitätsferne der Annahmen ist allerdings nicht allein ein Merkmal der M., sondern ist beispielsweise auch für die klassische Kapitalwertmethode zu konstatieren. Theoretisch richtig wäre allein ein Totalmodell. Daraus folgt aber nicht automatisch, dass die Anwendung des Partialmodells M. unsinnig ist. Zukünftige Forschungen müssten sich z.B. noch mehr mit der „Approximationsgüte“ der M. als Heuristik sowie der Berücksichtigung von unsicheren Zahlungsströmen und diversen Marktunvollkommenheiten beschäftigen. Für den Bankbereich liegen erste Ansätze zur Einbeziehung aufsichtsrechtlicher Restriktionen ("erweitertes Marktzinsmodell") bereits vor. Lit.: Adam, D./Schlüchtermann, J./Hering, T.: Zur Eignung der Marktzinsmethode für Investitionsentscheidungen, in: ZfbF 1993, S. 3-17; Gaida, S./Homölle,

Maßgeblichkeitsprinzip S./Marusev, A.W./Pfingsten, A.: Das erweiterte Marktzinsmodell: Matrixdarstellung und Ablaufdiagramm, in: BFuP 1997, S. 76-99; Göbel, R./Sievi, C./Schumacher, M.: Wertorientiertes Management und Performancesteuerung, 1999; Gründl, H.: Marktzinsmethode und das Konzept effizienter Konsumpläne, in: ZfB 1995, S. 905-917; Hartmann-Wendels, T./Gumm-Heußen, M.: Zur Diskussion um die Marktzinsmethode: Viel Lärm um Nichts?, in: ZfB 1994, S. 12851301; Hartmann-Wendels, T./Pfingsten, A./Weber, M.: Bankbetriebslehre, 5. Aufl., 2010; Kruschwitz, L./Röhrs, M.: Debreu, Arrow und die marktzinsorientierte Investitionsrechnung, in: ZfB 1994, S. 655665; Pfingsten, A./Thom, S.: Der Konditionsbeitrags-Barwert in der Gewinnund Verlustrechnung, in: Die Bank 1995, S. 242-245; Rolfes, B.: Marktzinsorientierte Investitionsrechnung, in: ZfB 1993, S. 691-713; Schierenbeck, H.: Ertragsorientiertes Bankmanagement, 9. Aufl., 2008. Andreas Pfingsten Maschinenbuchhaltung Eine im Gegensatz zur manuellen Buchführung betriebene o Buchhaltung, bei der die täglich anfallenden Buchungen mit EDV-Anlagen, früher auch mechanischen Buchungsmaschinen, ausgeführt werden (o Buchführungstechnik; o Rechnungswesen, EDV-gestütztes). Maschinenstundensatzrechnung Verfahren zur o Kalkulation der Herstellungskosten eines Produkts, bei dem die Gemeinkosten der Fertigung über Maschinenstundensätze auf die hergestellten Produkte verteilt werden. Massenfertigung Produktion eines einzelnen Produkts in sehr großer Stückzahl. Bei M. können die Stückkosten durch einfache Divisionskalkulation ermittelt werden (o Kalkulation).

Maßgeblichkeitsprinzip 1. Geschichtliche Entwicklung und Rechtfertigung des Maßgeblichkeitsprinzips Historisch betrachtet ist das geltende M. ein Nachfolger des M. des Königreichs Sachsens, welches bestimmte, dass der steuerliche Gewinn „nach den Grundsätzen zu berechnen [sei], wie solche für die Inventur und Bilanz durch das Handelsgesetzbuch vorgeschrieben sind und sonst dem Gebrauche eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen“. Ab 1925 wurde dann im Reichs-EStG auf die „o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ (GoB) verwiesen. Damit stellen die handelsrechtlichen GoB seit jeher nicht nur die Grundlage der handelsrechtlichen Gewinnermittlung, sondern auch den Ausgangpunkt der steuerlichen Gewinnermittlung dar. Nur wenn steuerliche Regelungen eine von den handelsrechtlichen GoB abweichende Bilanzierung vorschreiben, wird das M. durchbrochen. Im Idealfall, ohne Vorliegen von steuerlichen Vorbehaltsregelungen, entsteht somit eine einzige Bilanz, die Einheitsbilanz, die den handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Ansprüchen genügt. Dies soll für das bilanzierende Unternehmen eine Vereinfachung bewirken. Daneben soll das M. eine Gleichstellung von Fiskus und Anteilseigner gewährleisten. Nach der Gleichstellungsthese (Teilhaberthese) greift der Fiskus auf denselben Gewinn für Besteuerungszwecke zurück, wie auch der Anteilseigner für seine Ausschüttungen oder Entnahmen. Demnach muss eine Steuervergünstigung, die den zu versteuernden Gewinn mindert, auch den handelsrechtlichen Gewinn mindern, da ansonsten der Anteilseigner besser als der Fiskus gestellt wäre. Diese Gleichschaltung von handels- und steuerrechtlichem Gewinn erfolgt jedoch nicht bei Vorliegen expliziter steuerlicher Vorbehaltsregelungen, 553

Maßgeblichkeitsprinzip die handelsrechtlich nicht nachvollzogen werden können. Durch eine aktuelle Gesetzesänderung (o BilMoG, BGBl. 2009 I, S. 1102) ist diese erzwungene Gleichschaltung hinsichtlich der Ausübung steuerlicher Wahlrechte durch den Verzicht auf die formelle Maßgeblichkeit aufgehoben worden. An der materiellen Maßgeblichkeit wird dagegen auch nach BilMoG festgehalten. Nach dieser sind die handelsrechtlichen GoB für die steuerliche Gewinnermittlung weiterhin maßgebend. Allerdings schränkt der Wahlrechtsvorbehalt in § 5 Abs. 1 S. 1, 2. HS EStG den Geltungsbereich der materiellen Maßgeblichkeit auf nicht im Steuerrecht geregelte Sachverhalte ein. Vor BilMoG durchbrachen nur steuerliche Gebote und Verbote die materielle Maßgeblichkeit. Nach BilMoG können dank des Wahlrechtsvorbehaltes in § 5 Abs. 1 S. 1, 2. HS EStG auch steuerliche Wahlrechte unabhängig vom Einfluss der materiellen Maßgeblichkeit ausgeübt werden. Nach dem BMF-Schreiben vom 12.03.2010 – IV C 6 – S 2133/09/10001 werden sowohl GoB-konforme als auch GoBinkonforme steuerliche Wahlrechte von dem Wahlrechtsvorbehalt erfasst. Daneben kann im Handelsrecht nach Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit und der Einführung des steuerlichen Wahlrechtsvorbehalts auf Öffnungsklauseln verzichtet werden. Insbesondere Begünstigungswahlrechte, die steuerlich aus subventionellen Motiven GoB-inkonforme Wertansätze zulassen, konnten vor BilMoG nur aufgrund handelsrechtlicher Öffnungsklauseln wahrgenommen werden. Diese Öffnungsklauseln erlaubten es, handelsrechtlich in bestimmten Fällen einen GoB-inkonformen Wert anzusetzen (z.B. aufgrund von Sonderabschreibungen). Nach Aufhebung der formellen Maßgeblichkeit und der Einfügung des neuen Wahlrechtsvorbehaltes in § 5 Abs. 1 S. 1, 2. HS EStG durch das BilMoG 554

wird für steuerliche Begünstigungswahlrechte auf eine handelsrechtliche Entsprechung verzichtet. Unabhängig von dieser grundlegenden Verankerung des M. existiert im EStG eine weitere spezielle Form der Maßgeblichkeit, die konkrete Maßgeblichkeit bzgl. o Bewertungseinheiten. Nach dieser sind die konkreten handelsrechtlichen Ergebnisse aus der Bildung von Bewertungseinheiten für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich (§ 5 Abs. 1a S. 2 EStG). 2. Inhalt Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG müssen alle Gewerbetreibenden, die gesetzlich verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen, oder dies freiwillig tun, bei Ermittlung ihres Betriebsvermögens das M. beachten. Die Buchführungs- und Abschlusserstellungspflicht ergibt sich entweder bereits nach Handelsrecht und wird durch § 140 AO zu einer steuerrechtlichen Pflicht transformiert, oder bei Überschreiten einer bestimmten Mindestgröße gemäß § 141 AO originär aus dem Steuerrecht. Mittels des M. wird die Ermittlung des laufenden Gewinns geregelt. Zu diesem Zweck inkorporiert das M. materielle Regelungen des Handelsbilanzrechts ins Steuerrecht, sofern diese handelsrechtlichen Regelungen selbst handelsrechtliche GoB darstellen oder Ausdruck dieser sind. Daher sind grundsätzlich handelsrechtliche Bilanzierungsgebote/-verbote und handelsrechtliche Bewertungsgebote/-verbote auch steuerlich zu beachten. Handelsrechtliche Wahlrechte werden dagegen nicht steuerlich übernommen, da sonst durch gezieltes Nichtaktivieren bzw. durch gezieltes Passivieren absichtlich ein niedrigerer steuerlicher Gewinn ausgewiesen werden könnte, was nicht dem Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung entspricht, den „vollen Gewinn“ auszuwei-

Maßgeblichkeitsprinzip sen. Gemäß dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 03.02.1969, müssen deswegen handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte steuerlich als Gebote und handelsrechtliche Passivierungswahlrechte steuerlich als Verbote verstanden werden (BFH vom 03.02.1969, Gr.S. 2/68, BStBl. II 1969, S. 291 – 294). Bei handelsrechtlichen Bewertungswahlrechten war diese steuerliche Umdeutung insbesondere im Rahmen der Ermittlung der Herstellungskosten mit Blick auf die Material- und Fertigungsgemeinkosten von Bedeutung. Umstritten ist, ob dieses Verständnis auch für die allgemeinen Verwaltungskosten gilt, wie dies im BMF-Schreiben vom 12.03.2010 vorgesehen ist. Eingeschränkt wird das M. durch übergeordnete steuerliche Gewinnermittlungsgrundsätze und durch steuerliche Vorbehaltsregelungen, die eine von den handelsrechtlichen GoB abweichende Bilanzierung vorschreiben. Insbesondere die Ansatzvorschriften des § 5 Abs. 2 bis 5 EStG und der Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG schränken das M. ein. Nach letzterem sind nicht nur steuerrechtliche Bewertungsnormen vorrangig zu befolgen, sondern ebenfalls die steuerrechtlichen Regelungen über o Entnahmen und o Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über Betriebsausgaben und über die o Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen. Sofern also beispielsweise eine steuerliche Regelung eine von den handelsrechtlichen GoB abweichende Abschreibung vorschreibt, ist die steuerliche Regelung einzuhalten. Das M. wird durchbrochen. Eine weitere Durchbrechung des M. kann bei der Wahrnehmung von steuerlichen Wahlrechten erfolgen. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1, 2. HS EStG können steuerliche Wahlrechte abweichend von den maßgebenden handelsrechtlichen GoB ausgeübt werden.

3. Eigenständige steuerliche rechtsausübung

Wahl-

Auch nach BilMoG wird an der materiellen Maßgeblichkeit festgehalten, wonach die handelsrechtlichen GoB für die steuerliche Gewinnermittlung heranzuziehen sind, allerdings modifiziert um einen steuerlichen Wahlrechtsvorbehalt. Der zweite Halbsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG bestimmt, dass steuerliche Wahlrechte abweichend von den maßgebenden handelsrechtlichen GoB ausgeübt werden können. Bei der Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist jedoch zu beachten, dass § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG verpflichtend für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte vorschreiben, dass „die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden“ müssen. In solch einem Verzeichnis „sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.“ Unter diesen Wahlrechtsvorbehalt sind alle steuerlichen Wahlrechte zu subsumieren, unabhängig davon, ob sie nur steuerlich existieren oder ob auch ein korrespondierendes handelsrechtliches Wahlrecht vorhanden ist (BMF-Schreiben vom 12.03.2010 – IV C 6 – S 2133/09/10001). Schwierigkeiten können sich jedoch bzgl. der eindeutigen Identifizierung steuerlicher Wahlrechte ergeben (siehe z.B. die Formulierung „darf nur, wenn“ des § 6a EStG). Wegen des steuerlichen Wahlrechtsvorbehalts ergeben sich Spielräume für eine autonome Handels- und Steuerbilanzpolitik, deren Nutzung die Erstellung einer eigenständigen Steuerbilanz zweckmäßig erscheinen lässt. Die auch weiterhin zulässige Überleitungsrechnung ist bei zunehmenden Abweichungen unübersichtlich und fehleranfällig. Außerdem erfordert die Ermittlung laten555

Maßgeblichkeitsprinzip ter Steuern eine eigenständige Steuerbilanz. 4. Reichweite des Maßgeblichkeitsprinzips: Auswirkungen auf Bilanzansatz und Bewertung Das M., welches im Idealfall zu einer Einheitsbilanz führen soll, ist durch verschiedene steuerliche Vorbehaltsnormen eingeschränkt. Auch die Möglichkeit steuerliche Wahlrechte unabhängig von den maßgebenden handelsrechtlichen GoB ausüben zu können, kann entweder einheitsbilanzstärkend oder -schwächend wirken. Für die Bereiche Ansatz und Bewertung gelten die nachfolgenden Regelungen. a) Bilanzansatzvorschriften. Über den Maßgeblichkeitsgrundsatz gelten grundsätzlich die handelsrechtlichen Ansatzvorschriften (§§ 242 bis 251 HGB) auch für die steuerliche Gewinnermittlung. Abweichungen von diesen sind insbesondere in folgenden Fällen gegeben: – § 246 Abs. 2 HGB: Saldierungspflicht von Altersversorgungsverpflichtungen mit dem Planvermögen, steuerrechtlich Verbot der Saldierung gemäß § 5 Abs. 1a S. 1 EStG. – § 248 Abs. 2 HGB: Aktivierungswahlrecht selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens; steuerrechtlich Aktivierungsverbot gemäß § 5 Abs. 2 EStG. – § 249 HGB: Ansatz von o Rückstellungen: steuerrechtlich Existenz von Sonderregelungen bzgl. Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG), Rückstellungen bei Verletzung von Schutzrechten (§ 5 Abs. 3 EStG) und Jubiläumsrückstellungen (§ 5 Abs. 4 EStG). – § 249 Abs. 1 S. 1 HGB: Ansatzpflicht von Drohverlustrückstellungen, steuerrechtlich Ansatzverbot gemäß § 5 Abs. 4a S. 1 EStG. 556

– § 250 HGB: o Rechnungsabgrenzungsposten: steuerrechtlich, abweichend vom Handelsrecht, gemäß § 5 Abs. 5 EStG Pflicht auch für aufwandswirksame Zölle/Verbrauchsteuern und für aufwandswirksame Umsatzsteuer auf Anzahlungen Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Daneben existieren noch subventionelle steuerliche Begünstigungsregeln, die handelsrechtlich nach Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit durch das BilMoG nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Dies ist z.B. bei § 6b EStGRücklagen sowie Rücklagen für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR) der Fall. b) Bewertungsvorschriften. Grundsätzlich sind die in den §§ 252 bis 256a HGB gegebenen Bewertungsvorschriften für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich. In § 5 Abs. 6 EStG ist ein Bewertungsvorbehalt verankert, der ausdrücklich den Vorrang steuerlicher Bewertungsnormen regelt. Demnach sind insbesondere die Regelungen der §§ 6 und 7 EStG (Bewertung und Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung) unabhängig von der handelsrechtlichen Bilanzierung innerhalb der steuerlichen Gewinnermittlung zu befolgen. Insbesondere folgende steuerlichen Bewertungsnormen weichen von den handelsrechtlichen Normen (§§ 252 bis 256a HGB) ab: – §§ 240 Abs. 4 und 256 HGB: Bewertung vom Vorratsvermögen: Durchschnittsbewertung oder Verbrauchsfolgeverfahren (o LiFo oder o FiFo), steuerrechtlich dagegen nur Durchschnittsverfahren oder LiFo gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG. – § 253 Abs. 3 S. 1 und 2 HGB: o Planmäßige Abschreibung bei abnutzbaren Vermögensgegenständen: linear, leistungsabhängig, degressiv oder progressiv, steuerrechtlich ist dagegen gemäß § 7 Abs. 1 S. 1, 6 und

Maßgeblichkeitsprinzip Abs. 2 EStG keine progressive und nur in Grenzen eine degressive Abschreibung möglich. – § 253 Abs. 3 S. 1 und 2 HGB: Planmäßige Abschreibung des o Geschäfts- oder Firmenwerts (GoF) anhand betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer (entgeltlich erworbener GoF gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand gemäß § 246 Abs. 1 S. 4 HGB). Steuerrechtlich dagegen lineare Abschreibung über 15 Jahre gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 EStG. – § 253 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 S. 1 HGB: Außerplanmäßige o Abschreibung bei dauerhafter Wertminderung (o Anlagevermögen und o Umlaufvermögen) handelsrechtlich als Pflicht und steuerrechtlich dagegen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 S. 2 EStG als Wahlrecht ausgestaltet. – § 253 Abs. 1 S. 2 HGB: Unverzinsliche o Verbindlichkeiten mit Laufzeit > 1 Jahr sind mit Erfüllungsbetrag anzusetzen, steuerrechtlich dagegen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit abgezinstem Erfüllungsbetrag (5,5 %). – § 253 Abs. 1 S. 2 HGB: Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen bei der Rückstellungsbewertung mit dem künftigen Erfüllungsbetrag, steuerrechtlich wird an einer Bewertung nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag (o Stichtagsprinzip) dagegen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG festgehalten. – § 253 Abs. 2 S. 1 HGB: Abzinsung von Rückstellungen (wenn Laufzeit > 1 Jahr oder wenn auf Anzahlung/Vorausleistungen beruhend oder bei Verzinslichkeit) mit laufzeitkongruentem durchschnittlichem Marktzinssatz der letzten sieben Geschäftsjahre, steuerrechtlich dagegen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG abweichender fester Zinssatz von 5,5 %

und gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e i.V.m. Nr. 3 S. 2 EStG Verbot der Abzinsung bei Anzahlung/Vorausleistung oder Verzinslichkeit. – § 253 Abs. 2 HGB: Allgemeine Rückstellungsbewertungsregeln die auch für Pensionsrückstellungen gelten. Abweichende steuerrechtliche Bewertung von Pensionsrückstellungen gemäß § 6a EStG, steuerlicher Zinssatz 6 %. – § 256a HGB: o Währungsumrechnung: Für Vermögensgegenstände und Schulden mit einer Laufzeit < 1 Jahr besteht Pflicht zur Nichtanwendung des Realisations-, Imparitätsund Anschaffungskostenprinzips. Steuerrechtlich besteht dagegen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG die Pflicht zur Anwendung des Anschaffungskostenprinzips. Daneben existieren noch steuerliche Bewertungsregelungen, die nach Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit handelsrechtlich nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies ist beispielsweise bei der Übertragung stiller Reserven gemäß § 6b EStG oder R 6.6 EStR und auch bei der Vornahme steuerlicher Sonderabschreibungen z.B. gemäß §§ 7c-k EStG der Fall. 5. Konsequenzen aus der Aufgabe der formellen Maßgeblichkeit Die Aufgabe der formellen Maßgeblichkeit entfaltet weit reichende Konsequenzen. Steuerliche Wahlrechte können durch das BilMoG erstmals unabhängig vom handelsbilanziellen Wertansatz wahrgenommen werden. Steuer- und Handelsbilanz müssen somit nicht zwangsweise übereinstimmen bzw. können bei der Wahrnehmung steuerlicher Begünstigungswahlrechte (z.B. § 6b EStG) nicht mehr übereinstimmen. Oft existieren jedoch in mittelständischen Unternehmen Gesellschaftsverträge, die eine Einheitsbilanzklausel enthalten und bei strengem Verständnis die Nutzung 557

Maßgeblichkeitsprinzip steuerlicher Begünstigungswahlrechte unterbinden und auch Rückwirkungen auf die Nutzung handelsbilanzieller Wahlrechte entfalten. Die handelsrechtliche Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens wäre dann aufgrund des steuerlichen Aktivierungsverbotes nicht möglich. GoB-konforme Wahlrechte, die handels- und auch steuerrechtlich existieren, müssten identisch ausgeübt werden. Um dies zu verhindern sollten die bestehenden Einheitsbilanzklauseln überarbeitet werden und z.B. durch spezifischer ausgestaltete Klauseln, etwa zum Rangverhältnis zwischen der Nutzung steuerlicher Vergünstigungen und der Verwirklichung einer Einheitsbilanz, ersetzt werden. Mit der eigenständigen Ausübung steuerlicher Wahlrechte (z.B. § 6b EStG) wird der handelsbilanzielle Überschuss das steuerliche Periodenergebnis nicht selten übersteigen. Denn eine handelsrechtliche Zwangsthesaurierung der steuerlich neutralisierten Gewinne findet nach Aufhebung der formellen Maßgeblichkeit nicht mehr statt, weshalb in diesen Perioden höhere Ausschüttungen möglich sind. Außerdem bekommt die handelsrechtliche Ergebnisziffer „o Jahresüberschuss“ eine neue Qualität, da diese nicht mehr durch die Zwangsthesaurierung steuerlich neutralisierter Gewinne verzerrt wird. 6. Internationale Aspekte und künftige Entwicklung des Maßgeblichkeitsprinzips Gewisse Verbindungen zwischen handelsrechtlicher und steuerlicher Gewinnermittlung sind im internationalen Vergleich in vielen Staaten anzutreffen. Die deutsche Besonderheit bestand bisher in der engen formellen Verknüpfung durch den Verweis in § 5 Abs. 1 EStG. Durch das BilMoG ist diese Verknüpfung gelockert worden. Für die weitere Entwicklung der Maßgeblichkeit in Deutschland 558

wird es entscheidend darauf ankommen, welchen Weg die handelsrechtliche Rechnungslegung geht. Bei Verstärkung der Informationsfunktion und zunehmender Anknüpfung an die Regeln der Internationalen Rechnungslegung (o IFRS) dürfte eine stärkere Emanzipation der steuerlichen Gewinnermittlung unausweichlich sein. Denn eine Maßgeblichkeit der IFRS-Regeln für steuerliche Zwecke widerspricht dem Charakter des Steuerrechts als Eingriffsrecht, das einer entsprechenden gesetzlichen Legitimation bedarf, der die IFRS-Regeln nicht genügen. Außerdem ist die steuerliche Gewinnermittlung insbesondere auf die Gewinnung zuverlässiger Daten gerichtet (o Reliability), während in der internationalen Rechnungslegung o Relevance im Vordergrund steht. Im Zuge der Diskussion um eine europäische Angleichung der steuerlichen Gewinnermittlung werden die IFRS zwar als starting point herangezogen, es werden jedoch vielfältige Anpassungen diskutiert, um der steuerlichen Zielsetzung zu genügen. Eine Europäisierung der steuerlichen Gewinnermittlung würde zu einer Abkehr von der Maßgeblichkeit nationaler handelsrechtlicher Regelungen führen müssen und endgültig eine eigenständige steuerliche Gewinnermittlung etablieren. Lit.: Barth, K.: Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts – und die ihm zugrundeliegenden Bilanzauffassungen handelsrechtlich und steuerrechtlich – Band II, 1 Steuerrecht, 1955, S. 186 ff.; Lauth, B.: Endgültiger Abschied von der Einheitsbilanz?, in: DStR 2000, S. 13651372; Bertl R./Eberhartinger E./Hirschler K.: Maßgeblichkeit in Deutschland und Österreich: Historische Entwicklung – Aktuelle Entwicklung – Zukünftige Entwicklung, in: Brähler, G./Lösel, C. (Hrsg.): Deutsches und internationales Steuerrecht, FS Djanani, 2008, S. 739764; Herzig, N./Briesemeister, S.: Das Ende der Einheitsbilanz – Abweichungen

MBO zwischen Handels- und Steuerbilanz nach BilMoG-RegE, in: DB 2009, S. 111; Herzig, N./Briesemeister, S.: Steuerliche Konsequenzen des BilMoG – Deregulierung und Maßgeblichkeit, in: DB 2009, S. 926-931; Herzig, N./Briesemeister, S.: Steuerliche Konsequenzen der Bilanzrechtsmodernisierung für Ansatz und Bewertung, in: DB 2009, S. 976-982; Herzig, N./Briesemeister, S.: Reichweite und Folgen des Wahlrechtsvorbehalts § 5 Abs. 1 EStG, in: DB 2010, S. 917-924; Dörfler, O./Adrian, G.: Steuerbilanzpolitik nach dem BilMoG, in: Ubg 2009, S. 385-394; Weber-Grellet, H.: § 5 Rn. 6 ff., 28 ff., in: Schmidt EStG Komm., 28. Aufl., 2009; Herzig, N.: BilMoG, Tax Accounting und Corporate Governance-Aspekte, in: DB 2010, S. 18; Herzig, N., in: Küting, K./Weber, C.-P.: Handbuch der Rechnungslegung, 5. Aufl., Bd. I, Stand 2010, Kap. 3 (im Erscheinen). Norbert Herzig Maßkosten = o Sollkosten Matching Principle Anglo-amerikanische Bezeichnung für den Grundsatz der periodengerechten Erfolgsermittlung (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung). Nach dem M. sind o Ausgaben denjenigen Perioden als o Aufwand bzw. o Kosten zuzurechnen, in denen korrespondierende o Einnahmen anfallen. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich, soll eine o Periodisierung (o Accrual Accounting) basierend auf systematischen und rationalen Überlegungen erfolgen. Lit.: Pellens, B./Füblier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 175. Materialabweichung Differenz zwischen o Istkosten und o Plankosten, die ihre Ursache in Unterschieden im Materialverbrauch oder in

den Materialpreisen hat (o Abweichungsanalyse). Materiality Grundsatz der o Wesentlichkeit oder der Wirtschaftlichkeit im Rechnungswesen (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung). Materialkosten o Kostenart, die im Wesentlichen Kosten für Betriebsmittel, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Energiekosten und Kosten für Verpackungsmaterial umfasst. Materialkostenstellen Kostenstelle, auf der bei der o Kostenstellenrechnung die Materialgemeinkosten erfasst und weiterverrechnet werden (o Betriebsabrechnungsbogen). Matrix-Buchhaltung Alternativ zur Erfassung auf Konten werden in der M. die Geschäftsvorfälle systematisch mit Hilfe von Matrizen abgebildet. In der Grundform der M. werden die im Soll gebuchten Konten als Zeilen und die im Haben gebuchten Konten als Spalten einer Matrix dargestellt. Jeder o Geschäftsvorfall wird durch nur eine Eintragung in der Matrix abgebildet. Die M. hat wohl bisher eher didaktischen als praktischen Wert, obgleich sie mit Hilfe der EDV leichter realisierbar ist als zur Zeit ihrer ersten Darstellung in der Literatur. Eine Erweiterung der MatrixBuchhaltung ist die Tensor-Buchhaltung, in der weitere Informationen mit den einzelnen Geschäftsvorfällen verknüpft werden. Lit.: Corcoran, A.W.: Buchführung mit Hilfe der Matrizenrechnung, in: WPg 1965, S. 85–92; Hartmann, T.: Ein Rechnungswesen-Informationssystem auf Basis der Tensorbuchhaltung, 2004; Kosiol, E.: Buchhaltung und Bilanz, 1964, S. 6981. MBO = o Management Buy-Out 559

Mehrfachziele in der Investitionsrechnung Mehrfachziele in der Investitionsrechnung 1. Erfassung nicht-monetärer Ziele Zur Beurteilung von Investitionsalternativen wird üblicherweise der o Kapitalwert herangezogen. Nach der zugehörigen Entscheidungsregel ist diejenige Alternative optimal, die den größten Kapitalwert besitzt. Diese auf nur ein Ziel ausgerichtete, monetäre Sichtweise ist oft nicht ausreichend für eine umfassende Bewertung der Alternativen. Häufig sind mehrere Aspekte bei der Beurteilung von Investitionsalternativen zu berücksichtigen: Die Auswahlentscheidung basiert dann auf einem Zielsystem, das neben weiteren monetären Zielen, wie Liquidität oder Umsatz, auch nicht-monetäre Zielgrößen beinhalten kann, z.B. die Erhöhung des Marktanteils, die Verbesserung des Kundendienstes oder auch soziale Ziele, wie die Verbesserung des Arbeitsschutzes (o Kosten-/Nutzen-Analyse). Traditionellerweise gehen nicht-monetäre Ziele in den Investitionskalkül nicht explizit ein. Es wird davon ausgegangen, dass diese Ziele in der Zahlungsreihe der betrachteten o Investition implizit berücksichtigt werden und somit in die o Investitionsrechnung einfließen. So führt eine Verbesserung des Arbeitsschutzes langfristig zu geringeren Auszahlungen aufgrund geringerer Ausfallzeiten der Mitarbeiter. Gegen diese Vorgehensweise lässt sich Folgendes einwenden: – Die Verfolgung eines zweiten Zieles kann einen zusätzlichen positiven oder negativen Nutzen haben, der sich nicht in monetären Größen widerspiegelt. Der Entscheider ist z.B. bei der Verbesserung des Arbeitsschutzes nicht primär an geringeren Ausfallzeiten, sondern am Wohl seiner Mitarbeiter interessiert. Dieses soziale Ziel hat für ihn einen positiven Nutzen, der im Kapitalwertkrite560

rium nicht abgebildet werden kann, obwohl er einen Beitrag zur Bewertung einer Investitionsalternative liefert. – Häufig ist es schwierig, die monetären Konsequenzen von Zielen zu quantifizieren. So vermag ein Entscheider bei der Verfolgung des Ziels „Verbesserung des Images“ die langfristigen Auswirkungen auf die Zahlungsströme des Investitionsprojektes nicht abzuschätzen. Dann ist eine Bewertung durch Nutzen, die dem Entscheider leichter fällt, sinnvoll. Der Nutzen kann in diesem Fall als Proxi-Variable für zukünftige Zahlungsströme aufgefasst werden. Eine Möglichkeit, den zusätzlichen Nutzen monetär nicht erfassbarer Ziele bei der Beurteilung von Investitionsalternativen zu berücksichtigen, ist die Darstellung in einem zweidimensionalen Nutzen-Kapitalwert-Diagramm. Auf der Abszisse wird der Nutzen u der nichtmonetären Ziele abgetragen, auf der Ordinate der Kapitalwert C0 (siehe Abb. 1).

C0 * *

A

C *

B u

Abb. 1: Nutzen-Kapitalwert-Diagramm

In einem Entscheidungskalkül, das auf Kapitalwert- und Nutzenmaximierung basiert, sind von den in der Abbildung 1 dargestellten Investitionsalternativen lediglich die Alternativen A und B interessant. Alternative A besitzt einen höheren Kapitalwert und auch einen höheren Nutzen als Alternative C, so dass Alternative C ineffizient ist. Die Darstellung im zweidimensionalen Diagramm ermög-

Mehrfachziele in der Investitionsrechnung licht es dem Entscheider, ineffiziente Alternativen zu eliminieren und dadurch das Entscheidungsproblem zu vereinfachen. Dies ist insb. beim Vergleich einer Vielzahl von Alternativen hilfreich. Eine eindeutige Wahl zwischen den effizienten Alternativen A und B ist dem Entscheider so jedoch noch nicht möglich. Dazu bedarf es zusätzlicher Informationen über die Wichtigkeit bzw. den Tradeoff der beiden Ziele „Kapitalwert“ und „Nutzen“. 2. Multiattributive Nutzentheorie Die multiattributive Nutzentheorie bietet einerseits die Grundlage zur Berechnung des Nutzens der nicht-monetären Alternativen und andererseits die Grundlage zur Bestimmung des Trade-off zwischen Kapitalwert und Nutzen. In der multiattributiven Nutzentheorie werden die Zielerreichungsgrade bzw. Teilnutzen der einzelnen Alternativen miteinander verglichen. Die Theorie dient dabei zur Auswahl einer – i.S. der Nutzenmaximierung – optimalen Alternative. Der Gesamtnutzen einer Alternative ergibt sich aus einer (i.d.R. einfachen) Funktion der Teilnutzen, die die Alternative bezüglich der Ziele des Zielsystems stiftet. Die unterschiedliche Wichtigkeit einzelner Ziele kann bei der Aggregation der Teilnutzen berücksichtigt werden. Die Teilnutzen der jeweiligen Alternativen, die Gewichte der Ziele sowie die geeignete Aggregationsfunktion können aus Präferenzaussagen des Entscheiders abgeleitet werden. Die Anwendung der multiattributiven Nutzentheorie zur Ermittlung der optimalen Investitionsalternative erfordert folgende vier Schritte: – Bestimmung des Zielsystems, – Bestimmung der Zielerreichungsgrade der Alternativen, – Abbildung der Präferenz des Entscheiders in Form einer Aggregationsfunktion,

– Berechnung des Nutzens der Alternativen mittels der Aggregationsfunktion und Auswahl der besten Alternative. a) Bestimmung des Zielsystems. Unter einem Zielsystem Z = (Z1, ..., Zn) wird die Menge aller für das Entscheidungsproblem relevanten Ziele verstanden. Unter Berücksichtigung von Eigenschaften der Ziele (Vollständigkeit, Operationalisierbarkeit, Dekomponierbarkeit, Redundanzfreiheit und Minimalität) werden umfassende Ziele in Unterziele aufgespalten und Ziele, die Teilaspekte eines gemeinsamen Oberzieles darstellen, unter diesem zusammengefasst. b) Bestimmung der Zielerreichungsgrade der Alternativen. Der Entscheider bewertet jede Alternative bezüglich des Zielsystems Z, d.h. er ordnet jeder Alternative a  A einen Vektor der Zielerreichungsgrade (a1, ..., an) zu. Dabei gibt die Größe ai an, welchen Beitrag die Alternative a zur Erreichung des Zieles Zi leistet. c) Abbildung der Präferenz des Entscheiders in Form einer Aggregationsfunktion. In diesem Schritt wird eine Nutzenfunktion u ermittelt, die es ermöglicht, eine Bewertung der Alternativen vorzunehmen und damit die für den Entscheider optimale Alternative zu bestimmen. Diese Funktion soll möglichst einfach sein. Unter der Annahme, dass der Entscheider die Elemente seines Zielsystems als wechselseitig präferenzunabhängig erachtet, ergibt sich die Nutzenfunktion aus der Addition der Teilnutzen: n

u (a )

¦ k i u i (a i ) .

i 1

Dabei geben die ui(ai) die auf das Intervall [0,1] normierten Teilnutzen der Alternative a bezüglich des Zieles Zi an, die ki sind die zugehörigen Zielgewichte. Die Summe der Gewichte ist gleich eins. Wechselseitige Präferenzunabhängigkeit 561

Mehrheitsbeteiligung ist dann gegeben, wenn die Präferenz für ein Ziel nicht von den Zielausprägungen der anderen Ziele abhängig ist. Zur Ermittlung der Teilnutzenfunktionen ui(ai) wird zunächst für jedes Ziel Zi die schlechteste (ziˉˉ) und die beste (zi+) Zielausprägung bestimmt. Normiert man die Teilnutzenfunktion auf das Intervall [0,1], so gilt ui(ziˉˉ) = 0 und ui(zi+) = 1. Eine Methode zur Bestimmung der Teilnutzenfunktion stellt z.B. die Midvalue Splitting Technique dar. Hierbei bestimmt der Entscheider zunächst den Zielerreichungsgrad, bei dem ihm der Übergang von ziˉˉ zu diesem Zielerreichungsgrad genauso viel wert ist wie der Übergang von diesem Zielerreichungsgrad zu zi+. Dieser subjektive Mittelwert des Intervalls [ziˉˉ,zi+] besitzt den Nutzen 0,5 und wird mit zi0,5 bezeichnet. Analog werden die Werte zi0,25 und zi0,75 ermittelt. Aus den Stützstellen kann die Teilnutzenfunktion für das Ziel Zi durch Interpolation abgeleitet werden. Die Zielgewichte können z.B. mit Hilfe der Trade-off-Methode bestimmt werden, die die Kenntnis der Teilnutzenfunktionen voraussetzt. Nachdem die Reihenfolge der Wichtigkeit der Ziele ermittelt wurde, muss der Entscheider angeben, welchem Intervall möglicher Zielerreichungsgrade eines wichtigeren Ziels die Bandbreite eines unwichtigeren Ziels entspricht. Werden die beiden Ziele „Kapitalwert“ von 500.000 bis 1.000.000 EUR und „Nutzen“ im Bereich 0 bis 1 betrachtet und sei angenommen, dass der Entscheider das Ziel „Kapitalwert“ wichtiger als das Ziel „Nutzen“ erachtet, so wird er zur Ermittlung des Zielgewichtes gefragt, für welche Erhöhung des Kapitalwertes (z.B. von 500.000 EUR auf x EUR) er eine Verringerung des Nutzens von 1 auf 0 in Kauf nehmen würde. Bei n Zielen können aus n-1 solcher Indifferenzaussagen die Gewichte mittels eines Gleichungssystems berechnet werden. 562

d) Berechnung des Nutzens der Alternativen. Sind die einzelnen Teilnutzenfunktionen und die zugehörigen Zielgewichte ermittelt, kann jede Alternative mit Hilfe der aggregierten Gesamtnutzenfunktion bewertet werden. Dem Entscheider wird empfohlen, diejenige Alternative auszuwählen, welche den höchsten Gesamtnutzen besitzt. 3. Sensitivitätsanalyse Wenn der Entscheider wissen will, wie stark die Entscheidung von der gegebenen Datenkonstellation des Entscheidungsproblems oder seinen geäußerten Präferenzen abhängt, kann er durch eine o Sensitivitätsanalyse untersuchen, bei welchen kritischen Werten die ausgewählte Alternative nicht mehr optimal ist. Kritische Werte können z.B. für die Zielgewichte oder die Zielerreichungsgrade berechnet werden. Lit.: Eisenführ, F./Weber, M./Langer, T.: Rationales Entscheiden, 5. Aufl., 2010; Franke, G./Hax, H.: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 6. Aufl., 2009; Keeney, R.L./Raiffa, H.: Decisions with Multiple Objectives, 1993; Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2008; Weber, M.: Entscheidungen bei Mehrfachzielen, 1983; Weber, M.: Nutzwertanalyse, in: HWO, 3. Aufl., 1992, Sp. 1435-1448. Martin Weber Mehrheitsbeteiligung Bezeichnung aus dem Konzernrecht für den Tatbestand, dass ein Unternehmen an einem anderen Unternehmen mit mehr als 50 % der Anteile oder des stimmberechtigten Kapitals beteiligt ist (§ 16 AktG). Gemäß § 17 Abs. 2 AktG wird bei einer M. von einer Abhängigkeitsvermutung ausgegangen. M. sind grundsätzlich in den o Konzernabschluss gem. §§ 290 ff. HGB einzubeziehen (o Konsolidierungskreis).

Moody‘s Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung o Deckungsbeitragsrechnung

Mietkauf o Leasing

Mehrstufiger Konzern o Konzern

Minderheitenanteile o Anteile in Fremdbesitz

Mehrwertsteuer Steuer, die auf den von einem Unternehmen geschaffenen Mehrwert erhoben wird. In Deutschland durch die o Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug für die auf bezogene Leistungen gezahlte Umsatzsteuer konkretisiert.

Mindestausschüttung o Gewinnverwendung

Mengenabweichung Differenz zwischen o Istkosten und o Plankosten, die auf Abweichungen der tatsächlichen Verbrauchsmengen von den geplanten Verbrauchsmengen zurückzuführen ist (o Abweichungsanalyse). Mengenrabatt Preisnachlass, der ab einer bestimmten Menge abgenommener Waren oder Dienstleistungen in einer bestimmten Zeit gewährt wird. Er wird insb. eingesetzt, um Anreize zur Abnahme großer Mengen zu setzen und somit über Degressionseffekte zu Kostenersparnissen zu führen. Mengenschlüssel o Kostenschlüssel für die Kostenverteilung bzw. Kostenzurechnung in Form einer Mengengröße. Methode der laufenden Einmalprämie o Pensionsrückstellungen Mezzanine-Kapital Hybride Finanzierungsform, die Eigenschaften von o Eigenkapital und o Fremdkapital aufweist. Das M. ist zeitlich befristet und flexibel ausgestaltbar. Aufgrund seiner charakteristischen Nachrangigkeit wird es nach dem Fremdkapital, aber vor dem Eigenkapital bedient. Als M. klassifiziert werden können z.B. o Wandelschuldverschreibungen und o Optionsschuldverschreibungen.

Mindestgewinn In einer Periode mindestens zu erreichender o Gewinn. Dient als Gewinnvorgabe der Unternehmenssteuerung. So wird im Rahmen des o ShareholderValue-Konzepts ein M. in Höhe der o Kapitalkosten erwartet. Mindestgliederungstiefe Gliederungstiefe, die nach den o Gliederungsvorschriften in der o Bilanz und der o GuV mindestens einzuhalten ist. Durch die M. wird der Gestaltungsspielraum bei der Abschlusserstellung reduziert. Mindestrendite Die M. ist die durch den Investor geforderte Effektivverzinsung, die durch die Investition mindestens erwirtschaftet werden muss. Bei der o dynamischen Investitionsrechnung kommt die M. im o Kalkulationszinsfuß zum Ausdruck. Mischkalkulation = o Ausgleichskalkulation = Kompensationskalkulation Mittelwertverfahren Verfahren zur Bewertung von Unternehmen. Danach ergibt sich der Unternehmenswert als einfaches oder gewichtetes arithmetisches Mittel aus o Substanzwert und o Ertragswert. Modifizierter interner Zinsfuß = o Baldwin-Zins = Kapitalwertzins Monte-Carlo-Simulation = o Risikosimulation Moody‘s o Rating 563

Multiplikatorverfahren Multiplikatorverfahren = Preisfindungsverfahren Verfahren der o Unternehmensbewertung, bei denen Finanzkennzahlen des Unternehmens (z.B. o Gewinn je Aktie) mit einem branchenüblichen, aus Marktpreisen abgeleiteten Multiplikator (z.B. o Kurs-Gewinn-Verhältnis) multipliziert werden. Lit.: Hillebrandt, F.: Multiplikatorverfahren, in: DBW 2001, S. 618-621. Mutterunternehmen Bezeichnung in § 290 HGB für ein Unternehmen, das einen beherrschenden Einfluss auf mindestens ein anderes Unternehmen ausübt und damit zusammen mit den o Tochterunternehmen einen o Konzern begründet. Von einem beherrschenden Einfluss ist gem. § 290 Abs. 2 HGB auf jeden Fall dann auszugehen, wenn das M. x unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit der Stimmrechte hält oder x das Recht besitzt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und gleichzeitig eine Kapitalbeteiligung vorliegt oder x aufgrund eines o Beherrschungsvertrages oder einer Satzungsbestimmung die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmen kann oder x bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Chancen und Risiken aus der Tätigkeit des anderen Unternehmens trägt (o Zweckgesellschaft). Die Abgrenzung des M. in § 290 HGB unterscheidet sich folglich von der Definition in § 18 AktG, da hier noch das im HGB nicht mehr vorhandene Konzept der einheitlichen Leitung Anwendung findet. § 290 HGB ist aber für die Aufstellung eines o Konzernabschlusses entscheidend. Nach o IFRS ist ein M. in IAS 27.4 als ein Unternehmen mit einem oder mehre564

ren Tochterunternehmen definiert, wobei das M. die Tochterunternehmen beherrscht. Um zu bestimmen, ob ein solches Beherrschungsverhältnis besteht, sind die Kriterien in IAS 27.13 und SIC12.10 zu prüfen. Da sich der deutsche Gesetzgeber bei der Überarbeitung des § 290 HGB im Rahmen des o BilMoG stark an die geltenden IFRS-Regelungen angelehnt hat, bestehen keine bedeutenden Unterschiede in den Beherrschungskonzeptionen.

N Nachaktivierung Nachträgliche o Aktivierung eines o Vermögensgegenstands bzw. o Vermögenswerts. Nachgründungsprüfung In § 52 AktG geregelte Prüfung, die bei Vertragsschluss mit Gründern oder mit mehr als 10% des Grundkapitals der Gesellschaft beteiligten Aktionären innerhalb der ersten zwei Jahre nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister unter bestimmten Bedingungen vorgeschrieben ist. Ziel dieser o Sonderprüfung ist es vor allem, einen Umgehungsschutz der bei bestimmten Sachgründungen vorliegenden Erschwernisse zu gewährleisten. Nachhaltigkeitsbericht 1. Einführung In einem N. legt ein Unternehmen freiwillig Rechenschaft über die Aktivitäten zur Nachhaltigkeit und deren Ergebnisse ab. Ein Unternehmen handelt nachhaltig, wenn es seine Aktivitäten nicht ausschließlich auf ökonomische Ziele ausrichtet, sondern sich auch an ökologischen und sozialen Zielen orientiert. Bezogen auf die ökonomische Ausrichtung eines Unternehmens bedeutet nachhaltiges Handeln, dass das Unternehmen sich mehr an langfristigen als an kurzfristigen Zielen orientiert. Im Englischen ist ein N. unter dem Begriff Sustainability Report bekannt. 2. Standardisierung und Inhalt a) Standardisierung. Ein N. hat ausschließlich eine Informationsfunktion. Damit unterscheidet sich der N. beispielsweise vom Jahresabschluss nach HGB, der auch zur Ausschüttungsbemessung herangezogen wird (o Jahresabschluss, (Funktionen)). Wie bei jeder Informationsvermittlung müssen auch bei der N.-Erstattung bestimmte qualitative Anforderungen erfüllt werden. Um sicherzustellen, dass die Adressaten des N. von den Unternehmen Informationen er-

halten, die diesen Anforderungen gerecht werden, kann die Erstellung von informationsvermittelnden Berichten standardisiert werden. Gleichzeitig kann durch die Standardisierung die Vergleichbarkeit der berichtenden Unternehmen gewährleistet werden. Zur Normierung der N.-Erstattung fand sich 1997 mit der Global Reporting Initiative (GRI) eine internationale, unabhängige Organisation zusammen. Ihre Leitlinien werden derzeit weltweit als Standard zur N.-Erstattung angesehen. Die GRI hat die Leitlinien so konzipiert, dass ihre universelle Anwendbarkeit für alle Organisationsformen und Branchen eines ihrer Hauptcharakteristika darstellt. b) Inhalt. Nach den Leitlinien der GRI setzt sich die Leistung eines Unternehmens im nachhaltigen Bereich aus der Leistung in der ökonomischen, in der ökologischen und in der gesellschaftlichen/sozialen Dimension zusammen. Die GRI beschreibt in ihren Leitlinien anhand von Leistungsindikatoren, welche Informationen in einem N. zu diesen drei Dimension zu veröffentlichen sind. Dem Ziel der Darstellung der ökonomischen Dimension von Nachhaltigkeit dienen die von der GRI definierten ökonomischen Leistungsindikatoren. Im Rahmen der ökonomischen Dimension soll das Unternehmen auf die von ihm ausgehenden Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Gruppen eingehen, die von den Unternehmensaktivitäten beeinflusst werden oder durch ihre Aktivitäten das Unternehmen beeinflussen. Diese Gruppen werden als Stakeholder des Unternehmens bezeichnet. Zudem ist über die Auswirkungen auf das lokale, nationale und internationale Wirtschaftssystem unter Zuhilfenahme ökonomischer Leistungsindikatoren zu berichten. Die ökonomischen Leistungsindikatoren verdeutlichen den Kapitalfluss zwischen dem Unternehmen und den verschiedenen Stakeholdern sowie die wesentlichen 565

Nachhaltigkeitsbericht wirtschaftlichen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf alle Ebenen der Gesellschaft. Die Betrachtung der finanziellen Leistung hilft den Nutzern des N., die Vorgänge im Unternehmen nachzuvollziehen und seine Leistung im Nachhaltigkeitsbereich zu bewerten. Informationen zur finanziellen Leistung eines Unternehmens sind im Jahresabschluss enthalten, jedoch sind dort meist keine Informationen über den Beitrag des Unternehmens zur Nachhaltigkeit eines größeren Wirtschaftssystems zu finden. Informationen dieser Art werden jedoch von den Nutzern der N. nachgefragt. Daher enthalten die GRILeitlinien ökonomische Leistungsindikatoren, mit denen die Veröffentlichung von Informationen über den Beitrag des Unternehmens zur Nachhaltigkeit eines größeren Wirtschaftssystems gefordert wird. Die ökonomischen Leistungsindikatoren geben beispielsweise Auskunft über „finanzielle Folgen des Klimawandels für die Aktivitäten der Organisation und andere mit dem Klimawandel verbundene Risiken und Chancen“, den „Umfang der betrieblichen sozialen Zuwendungen“ sowie „bedeutende finanzielle Zuwendungen der öffentlichen Hand (z.B. Subventionen)“. Hierbei fungieren auch die Informationen, die im Jahresabschluss nach o IFRS enthalten sind, als Basis für die Erstellung des N. Der Jahresabschluss nach IFRS, der wie der N. dem Ziel der Informationsvermittlung dient, wird mit einem N. um weitere Informationen ergänzt und erweitert. Eine optimale Erfüllung der Ergänzungs- und Erweiterungsfunktion kann mit einem jährlichen Berichtszyklus erreicht werden, wenn der N. zusammen mit dem Jahresabschluss veröffentlicht wird. Im Rahmen der ökologischen Dimension von Nachhaltigkeit sollen Unternehmen die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf lebende und nicht lebende Natursysteme quantifizieren und offenlegen. Diese Na566

tursysteme umfassen die Ökosysteme am Boden, in der Luft sowie im Wasser. Die Aufgabe der ökologischen Leistungsindikatoren besteht darin, die Leistung sowohl im Input-Bereich – dazu gehören Material-, Energie- und Wasserverbrauch – als auch die Leistung im OutputBereich – wie die Menge der Emissionen, des Abwassers und des Abfalls – darzustellen. Des Weiteren sollen die ökologischen Leistungsindikatoren die vom Unternehmen erbrachte Leistung im Bereich der Artenvielfalt und bei der Einhaltung umweltrechtlicher Vorschriften abbilden. In die Berichterstattung sollten auch Informationen über die Auswirkungen der eigenen Produkte und Dienstleistungen sowie über die Ausgaben für den Umweltschutz einfließen. Zu den ökologischen Leistungsindikatoren zählt beispielsweise die Auskunft über den Anteil von Recyclingmaterial am Gesamtmaterialeinsatz, oder die Auskunft, auf welche Art und in welchem Maße ein Unternehmen Energie durch einen umweltbewussten Einsatz und durch Effizienzsteigerungen eingespart hat. Die Berichterstattung über die Leistung des Unternehmens im gesellschaftlichen/sozialen Bereich umfasst die Auswirkungen eines Unternehmens auf das Gesellschaftssystem, in dem es tätig ist. Die diesbezüglichen Leistungsindikatoren beleuchten die Aspekte der Arbeitspraktiken, der Menschenrechte, der Gesellschaft und der Produktverantwortung. Beispielhaft kann hier ein Leistungsindikator angeführt werden, im Rahmen dessen ein Unternehmen den Prozentsatz der Mitarbeiter nennt, die unter Kollektivvereinbarungen fallen, welche das Unternehmen betreffen. Dieser Leistungsindikator soll Auskunft über das Arbeitnehmer-Arbeitgeberverhältnis geben. Der Leistung unter dem Aspekt des Arbeitsschutzes wird beispielsweise Rechnung getragen, indem ein Unternehmen über Verletzungen, Berufskrankheiten, Aus-

Nachhaltigkeitsbericht falltage und Abwesenheit sowie die kumulativen arbeitsbedingten Todesfälle sortiert nach der entsprechenden Region berichtet. Angaben zur Aus- und Weiterbildung erfolgen beispielsweise anhand der durchschnittlichen jährlichen Stundenzahl pro Mitarbeiter und Mitarbeiterkategorie, in der die Mitarbeiter aus- oder weitergebildet wurden. Auf die Leistung im Bereich der Menschenrechte geht ein Unternehmen z.B. unter dem Aspekt der Kinderarbeit ein. Vom Unternehmen sind die Geschäftstätigkeiten zu ermitteln, bei denen ein erhebliches Risiko auf Kinderarbeit besteht, und welche Maßnahmen ergriffen worden sind, die der Abschaffung von Kinderarbeit dienen. N. enthalten viele qualitative und zukunftsorientierte Angaben, die für den Adressaten relevant sein können, aber damit gleichzeitig an Verlässlichkeit einbüßen. Um der ggf. mangelnden Verlässlichkeit entgegenzuwirken, beauftragen einige Unternehmen inzwischen o Wirtschaftsprüfer zur Überprüfung der N. 3. Kreis der Adressaten und inhaltliche Schnittmengen zu anderen Berichtsinstrumenten Im Gegensatz zum Jahresabschluss nach IFRS, der primär alle aktuellen und potentiellen Investoren informieren soll, ist ein N. an alle Stakeholder des Unternehmens adressiert. Zu den Stakeholdern zählen beispielsweise Investoren, Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Regierungen und Handelsvereinigungen. Demnach soll ein N. konzeptionell den Informationsbedürfnissen aller Stakeholder gerecht werden, was sich in der Praxis jedoch als schwierig gestaltet. Meist muss ein Unternehmen daher seine wichtigsten Stakeholder identifizieren und die für diese Stakeholder relevanten Informationen im N. vermitteln. Da für viele Unternehmen die Investoren zu den bedeutendsten Stakeholdern gehören, lassen sich inhaltliche Schnittmengen insbesondere zwischen dem o Lagebericht

oder Management Commentary und dem N. finden. Vor allem die für große Unternehmen verpflichtende Berichterstattung über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren im Lagebericht überschneidet sich partiell mit den Themen des N. Der Lagebericht enthält aufgrund seiner Ausrichtung auf die Investoren, die primär ein finanzielles Interesse am Unternehmen haben, Informationen zu nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die einen direkten Bezug zur wirtschaftlichen Lage aufweisen. Ein N. umfasst sowohl ökologische und soziale Aspekte mit einem direkten Bezug zur wirtschaftlichen Lage als auch Leistungsindikatoren, die nur einen indirekten oder womöglich gar keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage haben. Damit vereint ein N. eine Teilmenge der Informationen, die Bestandteil eines Lageberichts sind, mit zusätzlichen Informationen, die auf die Bedürfnisse der Stakeholder des Unternehmens zugeschnitten sind. Insgesamt zeigt dies auch, dass ein N. durch Schnittmengen mit dem Lagebericht – z.B. mit dessen o Risikobericht – durchaus Nähe zur Finanzberichterstattung aufweist. Lit.: Crone, H.C. von der/Hoch, M.: Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsreporting, in: AJP 2002, S. 40-52; Global Reporting Initiative: Indicator Protocols Set: Economic, 3. Aufl., 2006; Global Reporting Initiative: Indicator Protocols Set: Environment, 3. Aufl., 2006; Global Reporting Initiative: Indicator Protocols Set: Labor Practices & Decent Work, 3. Aufl., 2006; Global Reporting Initiative: Indicator Protocols Set: Human Rights, 3. Aufl., 2006; Global Reporting Initiative: Sustainability Reporting Guidelines, 3. Aufl., 2006; Haller, A./ Ernstberger, J.: Global Reporting Initiative – Internationale Leitlinien zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten, in: BB 2006, S. 2516-2524; KPMG: KPMG International Survey of Corporate Res567

Nachkalkulation ponsibility, 2008; Lackmann, J.: Die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf den Kapitalmarkt, 2010; Schaltegger, S./Bennett, M./Burritt, R. (Hrsg.): Sustainability Accounting and Reporting, 2006. Julia Lackmann Nachkalkulation Berechnung der o Istkosten für ein Erzeugnis oder eine Leistungseinheit (o Kalkulation). Die N. dient zur Kontrolle der o Vorkalkulation. Nachrechnung o = Nachkalkulation Nachträgliche Anschaffungskosten o Anschaffungskosten Nachtragsbericht Nach § 289 II HGB Teil des o Lageberichts, der auf Vorgänge von besonderer Bedeutung eingehen soll, die nach Schluss des Geschäftsjahres eingetreten sind. Nebenkostenstellen Endkostenstellen, die direkt an der Erstellung absatzbestimmter sachzielbezogener Güter beteiligt sind, bei denen es sich – anders als bei den über o Hauptkostenstellen abgerechneten Gütern – um Nebenprodukte handelt. Nennkapital o Eigenkapital Nennwertlose Aktie Eine auch als Stück-, Anteils- oder Quotenaktie bezeichnete o Aktie, die nicht über einen bestimmten Nennwert ausgestellt ist, sondern einen prozentualen Anteil an einem Unternehmen verbrieft. Für den Ansatz des Gesellschaftskapitals im o Jahresabschluss muss allerdings ein Nennbetrag der Aktien festgelegt werden. Nach deutschem Recht sind nennwertlose Aktien seit 1998 erlaubt. Nennwertmethode o Anteile, eigene 568

Net asset value Bei Investment- und Immobilienfonds verwendete Bezeichnung für den Wert der o Vermögenswerte abzüglich der o Schulden. Die Bewertung erfolgt dabei typischerweise mit dem beizulegenden Zeitwert (o Fair Value). Der N. entspricht konzeptionell dem o Eigenkapital bzw. o Reinvermögen des Fonds. Net Income Ehemals offizielle, heute weiterhin erlaubte und in der Praxis übliche Bezeichnung für das Periodenergebnis der o Gewinn- und Verlustrechnung nach o IFRS. Net-of-tax method o Latente Steuern Net Operating Profit after Taxes (NOPAT) Operatives Ergebnis nach Steuern, das sich aus dem o EBIT abzüglich einer fiktiven, vollständige Eigenfinanzierung unterstellenden Steuerlast zusammensetzt und insb. zur Ermittlung wertorientierter Kennzahlen wie dem o Economic Value Added (EVA) verwendet wird. Net-Working Capital o Working Capital Netto-Cashflow Vielfältig verwendete, nicht eindeutig definierte Bezeichnung für einen Überschuss bestimmter o Einzahlungen über bestimmte o Auszahlungen. Für Zwecke der o Unternehmensbewertung ist der N. definiert als der o Cashflow nach Abzug von Zahlungen an die Fremdkapitalgeber. In der Unternehmens- und o Bilanzanalyse wird demgegenüber ein Cashflow nach Steuern und abzüglich der vorgesehenen Gewinnausschüttung als N. bezeichnet. Dieser stellt den Betrag dar, der für Investitionen und Schuldentilgung zurückbehalten werden kann.

NOPAT Nettoerlös Der Abzug von o Erlösschmälerungen und o Erlösberichtigungen vom Bruttoerlös ergibt den N. (o Erlösrechnung). Nettoinvestitionswert o Leasing Nettosubstanzerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Nettosubstanzwert o Substanzwert Nettoveräußerungswert Nach IAS 2.6 stellt der N. den geschätzten Verkaufspreis abzüglich noch anfallender Produktions- und Vertriebskosten dar. Neubewertungsmethode o Kapitalkonsolidierung Neubewertungsrücklage Bestandteil des o Eigenkapitals, in dem GuV-neutrale Umbewertungen von Vermögenswerten und Schulden erfasst werden. In der Rechnungslegung nach o IFRS wird eine N. insb. bei der Bilanzierung von bestimmten o Finanzinstrumenten sowie bei der o Sicherungsbilanzierung gebildet. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Wertveränderungen von o Sachanlagen und o immateriellen Vermögenswerten in einer N. zu erfassen. Aus bilanztheoretischer Sicht dient die Bildung einer N. bei steigenden Wiederbeschaffungskosten der o Substanz- und Kapitalerhaltung (o Bilanztheorien). Neutraler Aufwand o Ergebnis, neutrales Neutraler Ertrag o Ergebnis, neutrales Neutrales Ergebnis o Ergebnis, neutrales Nichtrendite-Investitionen o Investitionen, bei denen die Erzielung einer angemessenen Verzinsung auf das eingesetzte Kapital für die Investitions-

beurteilung eine nachgeordnete oder keine Rolle spielt, z.B. für den Umweltschutz und Sozialeinrichtungen. Niederstwertprinzip Ein aus dem o Imparitätsprinzip abgeleiteter o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung für die Bewertung von Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens im o Jahresabschluss und o Konzernabschluss. Nach dem N. sind Vermögensgegenstände mit dem niedrigeren Wert aus Börsen- oder o Marktpreis bzw. dem beizulegenden Wert am Abschlussstichtag und den fortgeführten o Anschaffungs- oder o Herstellungskosten zu bewerten. Dabei ist zwischen dem strengen N. für das Umlaufvermögen (§ 253. Abs. 4 HGB) und dem gemilderte, nur bei dauerhafter Wertminderung anzuwendenden N. für das Anlagevermögen (§ 253 Abs. 3 HGB) zu unterscheiden. In den IFRS gilt entsprechend das lower of cost or market-Prinzip (o Bewertungsprinzipien). Niederstwerttest o Impairment Test Nominalinvestition Investition in Nominalgüter (z.B. Geld, Kundenforderungen, Wertpapiere). Nominalkapitalerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Nominalzinssatz Der auf den Nominalwert einer o Anleihe oder eines o Kredits festgelegte o Zins (in Prozent pro Jahr). Der N. unterscheidet sich insb. dann vom o Effektivzinssatz, wenn der Auszahlungsbetrag vom nominalen Wert (und damit i.d.R. dem Rückzahlungsbetrag) abweicht. Weiterhin können Abweichungen durch unterjährige Zins- und Tilgungszahlungen entstehen. NOPAT = o Net Operating Profit after Taxes 569

Normalbeschäftigung Normalbeschäftigung Die unter üblichen Betriebsbedingungen erzielbare o Beschäftigung. Die N. liegt i.d.R. unter der technischen Höchstkapazität einer Anlage. Normalinvestition o Investitionen, deren Zahlungsreihen folgende Merkmale aufweisen, werden als N. bezeichnet: (1) Die Zahlungsreihe beginnt mit einer o Auszahlung (oder einem Auszahlungsüberschuss) in der ersten Periode bzw. den ersten Perioden. (2) Auf die Auszahlungen folgen nur noch Einzahlungsüberschüsse. Das Vorzeichen der Zahlungen wechselt somit nur einmal und das o Zeitzentrum der Auszahlungen liegt vor dem Zeitzentrum der Einzahlungsüberschüsse. (3) Die Summe der o Einzahlungen ist größer als die Summe der Auszahlungen (o Deckungskriterium). N. haben stets nur einen positiven o internen Zinsfuß. Lit.: Tietze, J.: Einführung in die Finanzmathematik, 10. Aufl., 2010, S. 396 f. Normalkalkulation o Kalkulation zukünftiger Kosten auf der Basis durchschnittlicher oder bereinigter o Istkosten vergangener Perioden (o Normalkosten). Normalkosten Aus den durchschnittlichen o Istkosten vergangener Perioden abgeleitete Kosten, die für Planungszwecke verwendet werden. Durch die Durchschnittsbildung soll der Einfluss zufälliger Schwankungen vermindert werden. Normalkostenrechnung o Kostenrechnungssysteme Norwalk Agreement Nach dem Unterzeichnungsort benannte Vereinbarung zwischen dem o International Accounting Standards Board 570

(IASB) und dem o Financial Accounting Standards Board (FASB), die 2002 mit dem Ziel der Annäherung zwischen o IFRS und o US-GAAP getroffen wurde. Nach einer Aktualisierung des N., der sog. Roadmap to Convergence, beschloss die o Securities and Exchange Commission (SEC) 2007, IFRS-Abschlüsse ausländischer Emittenten ohne o Überleitungsrechnung (reconciliation) auf US-GAAP zu akzeptieren. Notes Nach IAS 1.10(e) vorgeschriebener Teil eines IFRS-Abschlusses, der sich im Vergleich zum o Anhang nach HGB durch ausführlichere Offenlegungsbestimmungen in Umfang und Bedeutung unterscheidet. Ein separater Standard zu den N. existiert nicht. Die in IAS 1 allgemein formulierten Bestimmungen zu den N. werden in den einzelnen Standards weiter konkretisiert. Lit.: Leibfried, P./Weber, I.: Notes, 2. Aufl., 2009. Nutzen Die Erfassung des N. erfolgt im o Rechnungswesen üblicherweise durch monetäre Größen. Eine Erfassung auch nicht-monetärer Größen erfolgt z.B. bei der o Kosten-/Nutzen-Analyse; siehe auch: o Mehrfachziele in der Investitionsrechnung; o Wirtschaftlichkeit. Nutzkosten Teil der Fixkosten (o Kosten, fixe und variable), der auf die genutzte Kapazität entfällt; Differenz zwischen Fixkosten (Kfix) und o Leerkosten. Unter Berücksichtigung der Ist-Beschäftigung (Bist) und der Maximalbeschäftigung (Bmax) werden die N. (Knutz) wie folgt bestimmt:

K nutz

K fix u

B ist B max

Nutzschwelle = Break-Even-Punkt o Break-Even-Analyse

Nutzwertanalyse Nutzschwellenanalyse o Break-Even-Analyse = Gewinnschwellenanalyse Nutzungsabhängige Abschreibung = o Abschreibung, leistungsabhängige Nutzungsdauer Die N. beschreibt die technische oder wirtschaftliche Dauer der Verwendung eines Objekts in der Unternehmung. Da i.d.R. im Zeitablauf die Einzahlungsüberschüsse durch sinkende o Einzahlungen (z.B. aufgrund sinkender Absatzpreise) und steigende o Auszahlungen (z.B. aufgrund von Reparaturen) sinken, ist die wirtschaftliche N. regelmäßig kürzer als die technisch mögliche N. Für die Wahl der optimalen N. stehen verschiedene Verfahren der Investitionsrechnung zur Verfügung (o Investitionsrechnung, dynamische; o Investitionsrechnung, statische). Nutzungswert Barwert der zukünftig erwarteten Cashflows eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit bei fortgeführter Nutzung. Anwendung findet dieser Wert insb. bei der Bestimmung des o erzielbaren Betrags im Rahmen eines o Impairment Tests. Nutzwertanalyse o Kosten-/Nutzen-Analyse

571

O Obergesellschaft Ältere Bezeichnung für ein o Mutterunternehmen. Obligation o Schuldverschreibung

soweit der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt (§ 109 HGB). Bezüglich der o Rechnungslegung haben Personengesellschaften die §§ 238-263 HGB zu beachten, es sei denn, die OHG erfüllt die Größenkriterien des § 1 PublG.

Obligationenrecht o Schweiz

Offene Rücklagen o Rücklagen, offene

OCI = o Other Comprehensive Income

Offenlegung o Publizität

Off-Balance-Sheet-Finanzierung Formen der Fremdfinanzierung, die in der Bilanz nicht erfasst werden. Häufig erfolgt eine Auslagerung der o Vermögenswerte und o Schulden in eine o Zweckgesellschaft, die nicht in den o Konsolidierungskreis des berichtenden Unternehmens einbezogen wird. Ein Beispiel für O. ist das Sale-and-leaseback-Verfahren, bei welchem das Unternehmen Vermögenswerte an eine Leasinggesellschaft verkauft, diese jedoch über einen Leasingvertrag weiterhin nutzen kann. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dann eine bilanzielle Erfassung sowohl des Vermögenswerts als auch der Leasingverbindlichkeit unterbleiben (o Leasing).

Öffentliche Investition = o Investition, staatliche

Offene Handelsgesellschaft (OHG) Eine auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtete o Personengesellschaft, bei der alle Gesellschafter ohne Beschränkung, also auch mit ihrem Privatvermögen, gesamtschuldnerisch haften (§§ 105-160 HGB). Die OHG entsteht durch Abschluss des Gesellschaftervertrags, Eintragung in das Handelsregister und Aufnahme der Geschäfte. Geschäftsführung und Vertretung obliegen den Gesellschaftern, soweit im Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt wird (§§ 114-116, 125, 126 HGB); jeder Gesellschafter hat Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 4 % seines Kapitalanteils, der restliche Gewinn (oder ein auftretender Verlust) wird nach Köpfen verteilt (§§ 120, 121 HGB), 572

OHG o Offene Handelsgesellschaft Ohlson-Modell o Feltham/Ohlson-Modell Ökonomischer Gewinn o Gewinn, ökonomischer Ökonomisches Prinzip = Wirtschaftlichkeitsprinzip o Wirtschaftlichkeit One-Statement-Approach Für die Darstellung der o Gewinn- und Verlustrechnung besteht gemäß IAS 1.81 ein Wahlrecht zwischen dem O. und dem o Two-Statement-Approach. Bei Anwendung des O. werden alle o Aufwendungen und o Erträge in einem Rechenwerk erfasst. Der Saldo aus ergebniswirksamen Aufwendungen und Erträgen (Gewinn oder Verlust, Profit or Loss, oft bezeichnet als Net Income) wird dabei als Zwischengröße aufgeführt. Anknüpfend daran erfolgt die Auflistung der ergebnisneutralen Bestandteile (o Other Comprehensive Income, OCI). Als Schlusssaldo ergibt sich der Periodengesamterfolg (o Comprehensive Income). Open-book Accounting Bezeichnet die Offenlegung von Kosteninformationen über Unternehmensgrenzen hinaus. Die Herstellung von Transparenz über die Kostenstruktur auf verschiedenen Wertschöpfungsstufen wird

Optionspreistheorie vor allem im Bereich von o Supply Chains angewendet, um Kostentreiber aufzudecken. Lit.: Hoffjan, A./Kurse, H.: Open Book Accounting als Instrument im Rahmen von Supply Chains - Begriff und praktische Relevanz, in: ZfCM 2006, S. 94-99; Kajüter, P./Kulmala, H.: Open-book Accounting in networks, in: MAR 2005, S. 179-204. Operational Audit o Revision, interne Operate-Leasing o Leasing Operative Planung o Planung, operative Operativer Cashflow o Cashflow o Kapitalflussrechnung Operatives Controlling o Controlling, operatives Operatives Ergebnis o Ergebnis, operatives Opportunitätskosten Als O. wird der Erfolg bezeichnet, der bei einer alternativen Verwendung von Ressourcen hätte erzielt werden können. Die gewählte Alternative muss mindestens einen Erfolg in Höhe dieser O. versprechen, um im Sinne der Gewinnmaximierung als Unternehmensziel vorteilhaft zu sein. In der o Kostenrechnung werden O. durch den Ansatz kalkulatorischer o Kosten berücksichtigt, wie z.B. kalkulatorische Eigenkapitalzinsen zur Erfassung alternativer Anlagemöglichkeiten für das gebundene Kapital und der kalkulatorische Unternehmerlohn zur Erfassung alternativer Einsatzmöglichkeiten des Arbeitseinsatzes des Unternehmers. In der o Investitionsrechnung werden alternative Anlagemöglichkeiten der Investoren durch den o Kalkulationszins-

fuß erfasst. Im Sinne der modernen Kapitalmarkttheorie wird der Kalkulationszinsfuß als Kapitalkostensatz (o Kapitalkosten; o Capital Asset Pricing Model) verstanden, der die erwartete Rendite für eine Alternativanlage gleichen Risikos ausdrückt. Optimalbeschäftigung Wirtschaftlich günstigster o Beschäftigungsgrad. Option Eine O. verbrieft das Recht (nicht die Pflicht) des O.-Inhabers ein bestimmtes Bezugsgut (z.B. eine Aktie) zu einem festgelegten Basispreis innerhalb einer bestimmten O.-Frist zu kaufen (Call-O., Kauf-O.) bzw. zu verkaufen (Put-O., Verkaufs-O.). Ist der Ausübungszeitpunkt der O. auf den letzten Tag der O.Frist beschränkt, handelt es sich um eine europäische O. Ist die Ausübung zu einem beliebigen Zeitpunkt während der O.-Frist möglich, liegt eine amerikanische O. vor. Der O.-Inhaber befindet sich in der sog. Long-Position, der Verkäufer (Stillhalter) der O. in der Short-Position. Der Wert von O. kann mit Methoden der o Optionspreistheorie bestimmt werden. O. können sowohl zur Spekulation als auch zur Absicherung (o Risikomanagement) genutzt werden. Bilanziell sind O. als o Finanzinstrumente zu erfassen. Werden sie zur Absicherung genutzt, gelten die speziellen Vorschriften zur o Sicherungsbilanzierung. Lit: Hull, J.: Optionen, Futures und andere Derivate, 7. Aufl., 2009. Optionsanleihe o Optionsschuldverschreibungen Optionspreistheorie 1. Einleitung Bei Optionen handelt es sich um derivative Finanzinstrumente mit asymmetrischer Risikoverteilung. Ein Vertragspartner (Stillhalter) räumt dem anderen Vertragspartner (Optionsinhaber) das Recht 573

Optionspreistheorie ein, in der Zukunft ein Geschäft zu bei Vertragsabschluss festgelegten Konditionen zu tätigen. Der Optionsinhaber ist hierzu aber nicht verpflichtet, sondern wird sein Recht nur ausüben, wenn es für ihn profitabel ist. Als Kompensation für die Gewährung dieses Rechts zahlt der Optionsinhaber dem Stillhalter bei Abschluss des Vertrages den Optionspreis. Die Bestimmung des fairen Optionspreises ist Gegenstand der O. Frühe Arbeiten im Bereich der O. ermitteln den fairen Optionspreis durch Diskontierung der erwarteten zukünftigen Zahlungen der Option. Als Ergebnis liefern sie Optionspreise, die von der Risikoeinstellung der Anleger abhängen. Damit können sich Anleger mit unterschiedlicher Risikoeinstellung nicht zwingend auf einen für beide Seiten akzeptablen Optionspreis einigen. Erst Black und Scholes (1973) gelingt es, dieses Problem zu lösen und eine Optionspreisformel herzuleiten, die unabhängig von der Risikoeinstellung der Anleger Gültigkeit besitzt. Ihre Basisidee besteht darin, durch eine dynamische Handelsstrategie den Einfluss des Risikos – und damit auch der Risikoeinstellung der Anleger – auf den Optionspreis zu eliminieren. Als Verhaltensannahmen müssen sie lediglich unterstellen, dass den Anlegern mehr Geld lieber ist als weniger Geld, weshalb sie risikolose Gewinnmöglichkeiten ohne eigenen Kapitaleinsatz (Arbitragemöglichkeiten) ausnutzen. Auf diesem Konzept aufbauende Bewertungstheorien werden als No-Arbitrage-Theorien bezeichnet. Die heutige O. besteht zum größten Teil aus solchen NoArbitrage-Theorien, und wir konzentrieren uns im Folgenden auf diese Ansätze. 2. No-Arbitrage-Prinzip Die Grundidee des No-Arbitrage-Prinzips besteht darin, dass es an Märkten ohne Handelsfriktionen auf Dauer keine Arbitragemöglichkeit geben kann. Anleger würden diese nämlich so lange aus574

nutzen, bis sich die Preise der Wertpapiere so angepasst haben, dass die Arbitragemöglichkeit verschwunden ist. Das No-Arbitrage-Prinzip besagt also, dass sich Preise an Finanzmärkten so zueinander einstellen müssen, dass es keine Arbitragemöglichkeiten gibt. Es handelt sich bei der No-Arbitrage-Bewertungstheorie somit um eine Theorie, bei der Finanzinstrumente relativ zueinander bewertet werden. In der O. wird dabei der Preis des Basisinstruments als gegeben angenommen und untersucht, wie sich der Optionspreis relativ zum Basisinstrument einstellen muss. Merton (1973) bestimmt alleine mithilfe dieses No-Arbitrage-Prinzips eine Reihe von allgemein gültigen Ober- und Untergrenzen für Optionspreise. 3. Optionen auf Aktien Wir betrachten eine Kaufoption auf eine dividendenlose Aktie mit Kurs S. Die Option ist im Zeitpunkt T fällig und kann nur zu diesem Zeitpunkt ausgeübt werden, d.h. es handelt sich um eine europäische Option. Der Basispreis der Option, zu dem die Aktie im Zeitpunkt T erworben werden kann, beträgt X. Außerdem gibt es auf dem Markt ein risikoloses Instrument, das Geldmarktkonto, mit dessen Hilfe Geld zum Satz r angelegt oder aufgenommen werden kann. Die Kernfrage der O. lautet nun: Welchen Preis C muss die Kaufoption – gegeben S und r – auf einem arbitragefreien Markt haben? Um diese Frage zu beantworten, stellen wir zunächst ein Portfolio aus Option und Aktie so zusammen, dass jegliche Preisänderung der Option durch die Änderung des Wertes der Aktienposition im Portfolio vollständig kompensiert wird. Das Portfolio ist dann risikolos und muss die gleiche Verzinsung wie die risikolose Alternativanlage erwirtschaften. Ansonsten wäre Arbitrage möglich. Da sich der Preis einer Option aufgrund des asymmetrischen Chance-Risiko-Profils nicht linear mit dem Preis des Basisinstru-

Optionspreistheorie ments ändert, muss das Portfolio ständig umgeschichtet werden, um risikolos zu bleiben. Hierzu müssen wir wissen, wie sich der Aktienkurs in der Zukunft entwickeln kann, d.h. wir benötigen eine Annahme bezüglich der Verteilung der zukünftigen Aktienkurse. Wir erläutern das Bewertungsprinzip zunächst in einem zweiperiodigen Binomialmodell, in dem der Aktienkurs nach einer Periode nur zwei mögliche Werte annehmen kann. Dieses Modell lässt sich problemlos auf n Perioden erweitern wie in Cox, Ross und Rubinstein (1979). Der Grenzfall dieses Modells, in dem die Anzahl der Perioden gegen unendlich geht und dadurch die Binomialverteilung in die Log-Normalverteilung übergeht, führt zum berühmten Optionspreismodell von Black und Scholes (1973). Wir suchen den Preis einer bis T laufenden Kaufoption im Zeitpunkt 0. Wir bauen ein Portfolio in 0 auf, passen es in T/2 an und halten es dann bis T. Von einem Handelszeitpunkt zum nächsten kann der Aktienkurs entweder mit dem Faktor u steigen oder mit dem Faktor d fallen. Somit sind im Zeitpunkt T/2 nur zwei Aktienkurse möglich, nämlich uS(0) oder dS(0). Wir kennen also die möglichen Aktienkurse, aber nicht den sich tatsächlich einstellenden Kurs. Die zugehörigen Optionspreise C(u) und C(d) sind ebenfalls unbekannt. Diese müssen wir zuerst bestimmen, um anschließend den gesuchten Optionspreis C(0) ermitteln zu können. Betrachten wir zunächst den Fall, dass der Aktienkurs in T/2 auf uS(0) gestiegen ist. Bis T kann der Aktienkurs weiter auf uuS(0) steigen oder auf udS(0) fallen. In T wird die Option fällig, so dass ihr Wert einfach aus ihrer Auszahlungsfunktion ermittelt werden kann. Er beträgt C(uu) = max[0,uuS(0)-X] bzw. C(ud) = max[0,udS(0)-X].

Zur Ermittlung von C(u) stellen wir zunächst ein Portfolio aus Aktie und Option zusammen, das im Zeitraum von T/2 bis T risikolos ist. Hierzu erwerben wir die Option und verkaufen Aktien leer. Die benötigte Aktienmenge '(u ) , das sog. Delta der Option, wird bestimmt durch die Schwankungsbreite der Option relativ zur Schwankungsbreite der Aktie: '(u )

C uu C ud S ( uu )  S ( ud )

.

Da das so gebildete Portfolio risikolos ist, muss bei Arbitragefreiheit seine Rendite der Rendite r der risikolosen Anlage entsprechen. Der Wert des Portfolios in T und seine Rendite r sind bekannt, so dass sich der Wert des Portfolios in T/2 entsprechend einstellen muss. Der Wert des Portfolios in T/2 entspricht dem bekannten Wert der Aktienposition, '(u) S (u) , und dem noch zu bestimmenden Optionspreis C(u). Damit ist die No-Arbitrage-Bedingung zu einer Bedingung an den Optionspreis geworden. Arbitragefreiheit ist nur dann gewährleistet, wenn für den Preis der Kaufoption

C u

qC uu  1 q C ud (1 r )T /2

gilt mit q

1 r  d u d

.

Der Parameter q muss zwischen Null und Eins liegen und wird als risikoadjustierte Wahrscheinlichkeit für einen Kursanstieg bezeichnet. Es ist wichtig sich klarzumachen, dass die Größe q keinerlei Zusammenhang mit der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit eines Kursanstiegs der Aktie hat. Sie hängt lediglich vom risikolosen Zinssatz r und den Parametern u und d ab, die determinieren, wie stark der Aktienkurs schwankt. In analoger Weise können wir den Preis der Kaufoption im Zustand d bestimmen und erhalten:

C d

qC du  1- q C dd (1 r )T /2

.

Mithilfe der Preise C(u) und C(d) lässt sich im dritten Schritt der gesuchte Optionspreis im Zeitpunkt 0 ableiten. Wiede575

Optionspreistheorie rum bilden wir ein – jetzt anders zusammengesetztes – risikoloses Portfolio, das aus einer Kaufoption und '(0)

C u C d S (u )  S ( d )

leerverkauften Aktien besteht. Die Rendite dieses risikolosen Portfolios muss bei Arbitragefreiheit wieder derjenigen der risikolosen Anlage entsprechen. Dies ist dann erfüllt, wenn für den Preis der Option gilt: C 0 q 2C uu  2q 1- q C ud  1- q C dd 2

(1  r )T

Der Optionspreis im Zeitpunkt 0 entspricht also dem Gegenwartswert des mit der risikoadjustierten Wahrscheinlichkeit q gebildeten Erwartungswertes der möglichen Zahlungen der Option im Fälligkeitszeitpunkt. Die obige Bewertungstechnik kann problemlos auf eine beliebige Anzahl von Handelszeitpunkten zwischen 0 und T verallgemeinert werden. Das bekannte Modell von Black und Scholes (1973) stellt den Grenzfall dar, in dem die Anzahl der Handelszeitpunkte gegen unendlich strebt. Mit der Erhöhung der Handelsfrequenz konvergiert die Binomialverteilung der Aktienkurse gegen eine Normalverteilung der Renditen mit konstanter Volatilität σ. Die Black-ScholesBewertungsformel lautet: C 0

mit d1

S 0 N d1  X e rT N d 2 ln S 0 / X  rT  0.5V 2T

V T

,

d2 d1  V T und N als StandardNormalverteilung. Der faire Optionspreis hängt vom Aktienkurs S(0), der Volatilität der Aktienrendite σ, dem Basispreis der Option X und ihrer Laufzeit T sowie dem risikolosen Zinssatz r ab. Analog zum Binomialmodell entspricht der faire Optionspreis auch hier dem Gegen-

576

wartswert der unter dem risikoadjustierten Wahrscheinlichkeitsmaß erwarteten Zahlungen der Option bei Fälligkeit. Der erste Summand in der Black-ScholesFormel ist der Gegenwartswert des unter dem risikoadjustierten Wahrscheinlichkeitsmaß gebildeten Erwartungswertes der Zuflüsse aus der Option. Er entspricht dem mit der risikoadjustierten Eintrittswahrscheinlichkeit gewichteten Gegenwartswert des erwarteten zukünftigen Aktienkurses, bedingt darauf dass die Option im Geld endet. Der zweite Summand beschreibt den Gegenwartswert der erwarteten Auszahlungen durch Ausübung der Option. Er ergibt sich als der Gegenwartswert des Basispreises multipliziert mit der risikoadjustierten Wahrscheinlichkeit, dass die Option ausgeübt und der Basispreis gezahlt wird. Das Modell von Black und Scholes und seine Erweiterungen stellen in der O. den Marktstandard dar. Der Vorteil des Modells liegt vor allem in der geschlossenen analytischen Optionspreisformel, mit deren Hilfe direkt bestimmt werden kann, wie sich der Optionspreis ändert, wenn sich eine seiner Determinanten ändert. Diese Eigenschaft ist vor allem im o Risikomanagement von Bedeutung. Das Modell von Black und Scholes wird häufig kritisiert, weil in der Realität beobachtbare Kurssprünge bei Aktien nicht mit der Annahme normalverteilter Aktienrenditen kompatibel sind. Die Berücksichtigung von Sprüngen stellt jedoch kein konzeptionelles Problem dar, und schon Merton (1976) leitet eine analoge Optionspreisformel unter Berücksichtigung von Sprungrisiken her. Auch die im Black-Scholes-Modell getroffene Annahme einer konstanten Renditevolatilität ist fragwürdig. Lässt man im Modell zu, dass die Volatilität sich zufällig ändert, so ist es allerdings in vielen Fällen nicht mehr möglich, ein risikoloses Portfolio aus Aktie und Option zu bilden und mittels No-Arbitrage-Argumenten zu be-

Optionspreistheorie werten. Es existiert nämlich eine zusätzliche Risikoquelle, aber kein zusätzliches Instrument, um dieses Risiko zu eliminieren. Die Black-Scholes-Formel gilt nur für Optionen, die lediglich zum Fälligkeitstermin ausgeübt werden können und deren Auszahlung allein von der Differenz zwischen dem Aktienkurs im Fälligkeitstermin und dem Basispreis abhängt. Im Gegensatz hierzu können amerikanische Optionen jederzeit bis zum Fälligkeitstermin ausgeübt werden, und bei asiatischen Optionen hängt die Auszahlung im Fälligkeitszeitpunkt von Kursverlauf der Aktie bis zum Fälligkeitszeitpunkt ab. All diese Optionen können – wie andere exotische Aktienoptionen auch – typischerweise mittels No-Arbitrage-Argumenten bewertet werden, aber geschlossene Bewertungsformeln wie im BlackScholes-Modell sind nur in Sonderfällen zu finden. Meist erfolgt die Bewertung hier mittels des Binomialmodells oder durch Approximations- und Simulationstechniken. 4. Optionen auf sonstige Basisinstrumente Auch für Optionen auf andere Instrumente wie dividendenzahlende Aktien, Aktienindizes, Wechselkurse oder Futureskontrakte lassen sich über No-ArbitrageArgumente Bewertungsformeln ableiten, die derjenigen von Black und Scholes sehr ähnlich sind. Für Zinsoptionen ist die Bewertung deutlich komplexer. Die ersten Bewertungsansätze übertrugen direkt den BlackScholes-Ansatz, führten aber nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Eine Anleihe dient dort als Basisinstrument und wird mit einer Anleiheoption zu einem kurzfristig risikolosen Portfolio kombiniert, dessen Rendite dem risikolosen Zinssatz entsprechen soll. Zentrales Problem hierbei ist, dass die Annahme eines stochastischen Anleihewertes und eines kurzfris-

tig risikolosen Zinssatzes miteinander nicht vereinbar sind, die Modelle also in sich nicht konsistent sind. Short-Rate-Ansätze, beginnend mit Vasicek (1977), umgehen dieses Problem, indem sie anstelle des Anleihepreises einen sich zufällig ändernden kurzfristigen Zinssatz modellieren, der seinerseits die Preise aller Anleihen bestimmt. Das Problem dieser Modelle liegt darin, dass hierbei nur der Preis eines einzigen Instruments, der kurzfristigen risikofreien Anlage im Geldmarktkonto, exogen gegeben ist. Die Preise von Anleihen und Zinsoptionen ergeben sich hingegen endogen in Abhängigkeit des kurzfristigen Zinssatzes. Zur Erinnerung: Im Black-Scholes-Modell sind die Preise der Aktie und der risikolosen Anlage exogen gegeben, nur der Preis der Option ist endogen. Im Vergleich zu Black-Scholes fehlt in den Short-RateModellen also ein zweites exogenes Instrument. Deshalb gelingt es nicht, einen von der Risikoeinstellung der Marktteilnehmer unabhängigen Optionspreis herzuleiten. Dieses Problem wird von den Modellen der dritten Gruppe gelöst, die auf der grundlegenden Arbeit von Ho und Lee (1986) basieren. Hier werden die gesamte Zinsstruktur und damit die Preise beliebig vieler Instrumente exogen modelliert. Allerdings benötigen diese Modelle zusätzliche Annahmen, um sicherzustellen, dass all diese Preise zueinander konsistent sind. 5. Zusammenfassung Die Kernidee der O. mithilfe der NoArbitrage-Bewertung ist die Bildung eines kurzfristig risikolosen Portfolios aus Basisinstrument und Option, das die gleiche kurzfristige Verzinsung erzielen muss wie eine risikolose Alternativanlage. Dadurch ergibt sich eine Bewertungsformel, bei deren Anwendung die Risi577

Optionsschuldverschreibungen koeinstellung der Anleger nicht bekannt sein muss. Nicht in jedem Fall gelingt es aber, dieses Bewertungskonzept anzuwenden. So sind gerade bei o Realoptionen die zugrundeliegenden Basisinstrumente in der Regel nicht handelbar, weshalb das Risiko hier nicht durch Portfoliobildung eliminiert werden kann. Dann muss das klassische No-Arbitrage-Bewertungsmodell für Optionen verlassen und auf einen gleichgewichtsbasierten Bewertungsansatz zurückgegriffen werden. Lit.: Black, F./Scholes, M.: The pricing of options and corporate liabilities, JPE 1973, S. 637-654; Cox, J./Ross, S./Rubinstein, M.: Option pricing: A simplified approach, JFE 1979, S. 229-264; Ho, T./Lee, S.-B.: Term structure movements and pricing interest rate contingent claims, JoF 1986, S. 1011-1029; Hull, J.: Optionen, Futures und andere Derivate, 7. Aufl., 2009; Merton, R.: Theory of rational option pricing, Bell Journal of Economics and Management Science 1973, S. 141-183; Merton, R.: Option pricing when underlying stock returns are discontinuous, JFE 1976, S. 125-144; Vasicek, O.: An equilibrium characterization of the term structure, JFE 1977, S. 177-188. Alexander Kempf/ Monika Trapp Optionsschuldverschreibungen 1. Begriff O. (= Bezugsschuldverschreibungen) sind eine Art der o Wandelschuldverschreibungen i.w.S., die mit dem Recht ausgestattet sind, pro Teilschuldverschreibung von bestimmtem Nennwert eine bestimmte Anzahl von Aktien (Bezugsaktien) des Emittenten oder einer anderen Gesellschaft (meist der Konzernobergesellschaft) innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Optionsfrist) zu beziehen (Optionsrecht), wobei die Optionsrechte gewöhnlich verbrieft (Options578

schein, warrant) sind und von der Anleihe getrennt (detachable warrants) und dann gesondert gehandelt werden können; nach der Trennung spricht man von leerer Optionsanleihe, reiner Anleihe oder Optionsanleihe ohne Optionsrecht. Die Regelungen des AktG für Wandelschuldverschreibungen gelten auch für O. Das Optionsrecht hat insoweit einen Wert, als damit gerechnet wird, dass im Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts Aktien zu günstigeren Bedingungen erworben werden können als zum dann geltenden Börsenkurs. Deshalb werden O. gewöhnlich mit einem Aufgeld begeben oder mit einem unter dem geltenden effektiven Kapitalmarktzins liegenden Nominalzins ausgestattet (niedrigverzinsliche O.); auch eine Kombination dieser Emissionsbedingungen ist anzutreffen. Der Käufer der Anleihe entrichtet bei der Emission von O. einerseits einen Preis für die Zins- und Tilgungsansprüche als Gläubiger und andererseits einen Preis für die Anwartschaft auf Dividendenansprüche und sonstige Rechte als Aktionär. Bei Ausgabe der Anleihe werden beide Preise in einem Betrag gezahlt. Die beiden Komponenten des Emissionsbetrags sind bei der Wandelanleihe i.e.S. nicht ohne weiteres erkennbar, da sie durch ein einziges Papier repräsentiert werden. Bei der O. werden die Komponenten mit der Abtrennung der Optionsrechte und einer Börsenpreisbildung für die Optionsscheine dagegen klar ersichtlich, weil zwei verschiedene Papiere, der Optionsschein und die reine Schuldverschreibung, existieren. Mitunter wird in dem Recht, niedrigverzinsliches Kapital zu nutzen, ein immaterieller Vermögensgegenstand gesehen, der als Kapitaleinlage zu behandeln sei (Döllerer, 1986). 2. Bilanzierung Werden O. bei gleicher Bonität des Emittenten mit dem zum Emissionszeitpunkt

Optionsschuldverschreibungen geltenden effektiven Kapitalmarktzins verzinst und für das Optionsrecht ein Aufgeld erhoben, so ist dieses gem. § 272 Abs. 2 HGB in die Kapitalrücklagen (o Rücklagen) einzustellen; entsprechendes gilt für eine Zuzahlung bei der Ausübung des Optionsrechts. Bei niedrigverzinslichen O. ist als der in § 272 Abs. 2 HGB genannte Betrag, der bei der Ausgabe von O. für Optionsrechte erzielt wird, die für die Laufzeit der Optionsanleihe kapitalisierte Zinsdifferenz zwischen dem Anleihezins und dem marktüblichen Zins für Anleihen gleicher Bonität anzusehen. Dieser Betrag stellt den Wert der begebenen Optionsrechte dar und entspricht dem Aufgeld im Falle von O., die zu pari und zum Marktzins emittiert wurden. Er hat den Charakter einer Kapitaleinlage, unabhängig davon, inwieweit die Optionsrechte später ausgeübt werden. Damit sind niedrigverzinsliche O. im o Jahresabschluss des Emittenten wie folgt zu behandeln: a) Der Emissionsbetrag der O. muss in den rechnerischen Ausgabebetrag der niedrigverzinslichen reinen Anleihe und den erzielten Gegenwert der Optionsrechte aufgeteilt werden; b) der erzielte Gegenwert der Optionsrechte ist gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB der Kapitalrücklage zuzuführen, da es sich um eine Maßnahme der Außenfinanzierung durch o Eigenkapital handelt; c) die Optionsanleihe wird mit ihrem Rückzahlungsbetrag passiviert; d) das Disagio wird in Höhe der Differenz zwischen dem Ausgabebetrag für die reine Anleihe und dem Rückzahlungsbetrag ermittelt und e) die Tilgung eines aktivierten Disagios wird als Zinsaufwand verrechnet. Für die Aufspaltung des Emissionsbetrages von O. mit abtrennbaren Optionsscheinen sind unterschiedliche Ansätze möglich. Sie unterscheiden sich zum ei-

nen nach dem Zeitpunkt, auf den die Aufspaltung bezogen wird, wie dem der Entscheidung über Konditionen der O., der Veröffentlichung des Angebots der O., oder der ersten Notierung der O. und der Optionsscheine, und zum anderen nach der Bewertungsbasis. In letzterer Hinsicht sind insb. kalkulatorische Größen, die dem Kapitalmarkt entnommen sind, wie der Kapitalmarktzins, und tatsächliche Marktpreise der O. selbst zu nennen. Steuerrechtlich ist die Frage, ob das Entgelt für Optionsrechte, insb. bei niedrigverzinslichen O. in Höhe der kapitalisierten Zinsdifferenz, beim Emittenten als Kapitaleinlage oder steuerpflichtiges Einkommen zu behandeln ist, noch strittig. So wird vom BFH (BStBl. II 1988, S. 348) die Einlagefähigkeit eines Nutzungsrechtes für niedrigverzinsliches Kapital verneint. Lit.: Arndt, H./Muhler, M.: Optionsanleihen im Ertragsteuerrecht, in: DB 1988, S. 2167-2173; Busse von Colbe, W. et al.: Bilanzierung von Optionsanleihen im Handelsrecht, 1987; Döllerer, G.: Die Kapitalrücklage der Aktiengesellschaft bei Ausgabe von Optionsanleihen nach Handelsrecht und Steuerrecht, in: AG 1986, S. 237-243; Förschle, G./Hoffmann, K.: § 272 HGB, in: BeckBilKomm., 7. Aufl. 2010, Rd. Nr. 180198; Gebhardt, G./Entrup, U.: Kapitalmarktreaktionen auf die Ausgabe von Optionsanleihen, in: ZfbF-Sonderh. 31/1993, S. 1-33; Gebhardt, G.: Finanzwirtschaftliche Betrachtungen zur Emission von Optionsanleihen, in: ZfbF 1988, S. 896-914; Knobbe-Keuk, B.: Steuerrechtliche Fragen von Optionsanleihen, in: ZGR 1987, S. 312-323; Kropff, B.: Handelsrechtliche Bilanzierung von Optionsanleihen, in: ZGR 1987, S. 285-311; Lutter, M.: Die rechtliche Behandlung von Erlösen aus Bezugsrechten bei der Ausgabe von Optionsanleihen, in: DB 579

Ordentliches Ergebnis 1986, S. 1607-1614; Muhler, M.: Optionsanleihen im Ertragsrecht, 1988. Walther Busse von Colbe Ordentliches Ergebnis o Ergebnis, ordentliches Ordnungsmäßigkeitsprüfung o Prüfung des Jahresabschlusses o Prüfung des Konzernabschlusses Ordonnance de Commerce Bedeutendstes Handelsgesetzbuch des 17. Jahrhunderts; verpflichtet die Kaufleute, ein o Journal zu führen und alle zwei Jahre ein o Inventar aufzustellen. Lit.: Schneider, D.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., 1987, S. 96. Ordnungsmäßigkeit (der Buchführung) o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung o Grundsätze ordnungsmäßiger Konsolidierung Organisationsprüfung o Sonderprüfungen Organische Bilanztheorie o Bilanztheorien Originärer Geschäfts- oder Firmenwert o Geschäftswert Originärer Goodwill o Geschäftswert Other Comprehensive Income = Sonstiger Periodenerfolg o Gewinn- und Verlustrechnung Der O. umfasst die nicht bei der Ermittlung des Gewinns oder Verlusts (Net Income) berücksichtigten Aufwendungen und Erträge einer Periode. Zusammen mit dem Gewinn oder Verlust ergibt sich das Comprehensive Income. Output Mengenmäßige Ausbringung eines Unternehmens. o Leistung o Erlös 580

Outsourcing Auslagerung von unternehmerischen Wertschöpfungsaktivitäten auf Zulieferer, wodurch sich eine Reduktion der Fertigungs- und Leistungstiefe des Unternehmens ergibt. Overhead costs = o Gemeinkosten Overriding Principle Eine Rechnungslegungsnorm, die in begründeten Fällen Vorrang vor allen anderen Vorschriften der Rechnungslegung hat. Typisches Beispiel für ein O. ist das Prinzip des true and fair view in der britischen Rechnungslegung. Hiernach ist von Einzelnormen abzuweichen, wenn sie der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage entgegen stehen. In ähnlicher Weise ist der Grundsatz der o fair presentation in den o IFRS verankert, wenngleich Abweichungen von den Einzelnormen praktisch nur äußerst selten begründet werden können. Die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB ist hingegen nicht als O. zu verstehen, da sie explizit auf den Einklang mit den (kodifizierten und nicht kodifizierten) o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verweist. Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 122; Scholtissek, W.: True and fair view im Vereinigten Königreich und in der Bundesrepublik Deutschland, in: RIW 1986, S. 966-970.

P Pagatorik Prinzip der Gestaltung des o Rechnungswesens auf Basis von Zahlungen (o Rechnung, pagatorische). Nach dem Prinzip der P. werden keine o Opportunitätskosten oder kalkulatorischen o Kosten angesetzt (o Kostenbewertung). Pagatorische Bilanz o Bilanz, pagatorische Pagatorische Kosten o Kosten, pagatorische Pagatorische Rechnung o Rechnung, pagatorische Pagatorischer Gewinn o Gewinn PAAinE = o Proactive Accounting Activities in Europe Parent Company Theory o Interessentheorie Partialkalkulation Verfahren der o Preiskalkulation, wobei nur die proportionalen bzw. variablen Kosten (o Kosten, fixe und variable) den Produktarten zugerechnet werden. Mit der P. kann die kurzfristige o Preisuntergrenze ermittelt werden. Passiva Die auf der Habenseite der o Bilanz ausgewiesenen, dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Mittel (Mittelherkunft). Die als P. ausgewiesenen Positionen werden nach o Eigenkapital und o Fremdkapital untergliedert. Passive Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP) o Rechnungsabgrenzungsposten Passivierung In bilanziellem Sinne Ansatz von o Eigenkapital, o Rückstellungen, o Verbindlichkeiten und o Rechnungsabgrenzungsposten auf der Habenseite der o Bilanz.

Passivierungsgebot o Passivierungspflicht Passivierungspflicht Vorschrift, die eine passivseitige Erfassung eines Geschäftsvorfalls in der o Bilanz zwingend vorschreibt. Passivierungsverbot Vorschrift, die eine passivseitige Erfassung eines Geschäftsvorfalls in der o Bilanz verbietet. Beispielsweise dürfen nach o IFRS keine o Aufwandsrückstellungen gebildet werden. Passivierungswahlrechte Vorschrift, die eine passivseitige Erfassung eines Geschäftsvorfalls in der o Bilanz wahlweise erlaubt (o Bilanzierungswahlrechte). Passivtausch Buchhalterisches Ergebnis eines Geschäftsvorfalls, bei dem zwei Positionen der Passivseite der o Bilanz gegeneinander getauscht werden. Ein Beispiel ist die Umwandlung einer kurzfristigen Verbindlichkeit in eine langfristige Verbindlichkeit. Patronatserklärung Eine der Bürgschaft bzw. Garantie ähnliche Form der Kreditsicherung, die innerhalb eines o Konzerns z.B. von dem o Mutterunternehmen zugunsten eines o Tochterunternehmens zur Erhaltung bzw. Förderung von dessen Kreditfähigkeit gewährt wird. Die P. kann unmittelbar gegenüber dem Kreditgeber, aber auch gegenüber dem Konzernunternehmen abgegeben werden. Je nach drohender Inanspruchnahme ist die P. im o Jahresabschluss als o Rückstellung gem. § 249 HGB unter den Haftungsverhältnissen gem. § 251 HGB oder, wenn mit einer Inanspruchnahme nicht gerechnet wird, überhaupt nicht anzugeben. Lit.: Koch, J.: Die Patronatserklärung, 2005; Nitsch, K.: Bankrecht für Betriebswirte und Wirtschaftsjuristen, 2. Aufl., 581

Pauschalwertberichtigung (auf Forderungen) 2010, S. 150-152; Schellberg, B.: Sanierungsmanagement, 2008, S. 105-107. Pauschalwertberichtigung (auf Forderungen) Für o Forderungen, für die eine Einzelbewertung z. B. wegen der Menge kaum möglich ist, muss das durchschnittliche Ausfallrisiko über eine pauschale Korrektur berücksichtigt werden. Die P. werden aufgrund der Erfahrungen des Unternehmens bzw. des Wirtschaftszweigs gebildet und vom Forderungsbestand direkt abgezogen. Lit.: Kozikowski, M.: § 253 HGB in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 265-266. Payback-Periode = o Amortisationsdauer = Amortisationszeit = Kapitalrückflusszeit PCAOB = o Public Company Accounting Oversight Board Pensionsaufwand o Pensionsrückstellungen Pensionsgeschäft In § 340 b HGB definierter Vertrag, der typischerweise zwischen o Kreditinstituten abgeschlossen wird und bei dem der Pensionsgeber ihm gehörende o Vermögensgegenständen, insb. Wertpapieren, dem Pensionsnehmer gegen Barzahlungen überlässt und sich gleichzeitig zur Rücknahme verpflichtet. Beim echten P. ist der Pensionsnehmer zur Rückübertragung verpflichtet, beim unechten P. nur berechtigt. Beim echten P. verbleiben die in Pension gegebenen Vermögensgegenstände in der Bilanz des Pensionsgebers bei gleichzeitigem Ausweis einer Verbindlichkeit in Höhe des Rückkaufpreises. Unechte P. werden hingegen als Verkauf bilanziert. 582

Pensionsrückstellungen 1. Begriff der Pensionsrückstellung P. werden im HGB nicht definiert; explizit benannt werden sie in § 266 Abs. 3 HGB unter dem Bilanzposten B.1. „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“. Generell versteht man unter einer Pensionsverpflichtung eine rechtsverbindliche Zahlungszusage eines Arbeitgebers an einen Arbeitsnehmer zum Zwecke der Versorgung bei Eintritt des vereinbarten Versorgungsfalls (z.B. Erreichen der Altersgrenze, Erwerbsminderung). Charakteristisch für Pensionsverpflichtungen ist die Tatsache, dass deren Bestehen dem Grunde bzw. der Höhe nach vom Eintritt biologischer Ereignisse abhängig und folglich unsicher ist; Unsicherheit besteht regelmäßig hinsichtlich des generellen Bestehens, der Höhe, des Zeitpunkts und/oder der Dauer der Leistungspflicht. Daher handelt es sich bei derartigen Verpflichtungen grundsätzlich um ungewisse Verbindlichkeiten i.S.d. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB. § 6a Abs. 1 Satz 1 EStG definiert die Pensionsrückstellung als o Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung, in der einem Pensionsberechtigten ein schriftlich erteilter, nachvollziehbarer und i.d.R. unentziehbarer Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen zugesichert wird. 2. Bilanzierung dem Grunde nach Bei der Bilanzierung dem Grunde nach ist eine Unterscheidung in mittelbare und unmittelbare Pensionsverpflichtungen vorzunehmen. Bei mittelbaren Pensionsverpflichtungen wird die Altersversorgung durch einen externen Versorgungsträger (Direktversicherer, Unterstützungs-/Pensionskasse, Pensionsfonds) übernommen, der bei Eintritt des Versorgungsfalls die Zahlungen an den Versorgungsberechtigten leistet; beim Arbeitgeber kann eine Subsidiärverpflichtung

Pensionsrückstellungen verbleiben. Bei den unmittelbaren Pensionsverpflichtungen hingegen hat der Versorgungsberechtigte einen direkten Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, der die Zahlungen an den Arbeitnehmer zu erbringen hat; die Verpflichtung des Arbeitgebers entspricht der Pensionsverpflichtung. Für unmittelbare Versorgungszusagen, die vor dem 01.01.1987 vergeben wurden (sog. Altzusagen), sowie für mittelbare Pensionsverpflichtungen und für ähnliche Verpflichtungen besteht gem. Art. 28 Abs. 1 EGHGB ein Passivierungswahlrecht. Folglich greift die Passivierungspflicht des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB für ungewisse Verbindlichkeiten ausschließlich bei unmittelbaren Versorgungszusagen, die nach dem 31.12.1986 (sog. Neuzusagen) erteilt wurden. Trotz des generellen steuerrechtlichen Passivierungswahlrechts gem. § 6a EStG besteht für unmittelbare Versorgungszusagen, die nach dem 31.12.1986 gegeben wurden (Neuzusagen), infolge des o Maßgeblichkeitsprinzips eine Passivierungspflicht, wobei die engen steuerrechtlichen Voraussetzungen und Einschränkungen – z.B. Rechtsanspruch, Verpflichtung ohne Vorbehalt, Schriftform, Mindestalterklausel – zu beachten sind; für die sog. Altzusagen bleibt steuerrechtlich das Passivierungswahlrecht bestehen (vgl. im Einzelnen R 6a EStR). Für alle anderen Pensionsverpflichtungen dürfen steuerlich keine P. gebildet werden. 3. Bilanzierung der Höhe nach a) Handelsrecht. P. sind wie alle Rückstellungen mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag zu bewerten (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB); bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr ist zudem abzuzinsen. Bei der Frage der Abzinsung erfolgt keine Unterscheidung zwischen laufenden Verpflichtungen,

Versorgungsverpflichtungen gegenüber ausgeschiedenen Anwärtern und noch im Unternehmen aktiven Anwärtern. Die Abzinsung kann wahlweise entweder mit dem der Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB) oder aus Vereinfachungsgründen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich bei einer unterstellten Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt (§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB), vorgenommen werden. Die anzuwendenden Zinssätze werden von der Deutschen Bundesbank entsprechend der Rückstellungsabzinsungsverordnung (RückAbzinsV) ermittelt und monatlich bekannt gegeben; bei pauschal unterstellter Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt sich beispielsweise für den Stand 30.09.2010 ein Abzinsungszinssatz von 5,17 %. Bei der Berechnung des Barwerts sind die biometrischen Grundlagen des Berechtigten (Sterbe-, Invaliditäts- und Verheiratungswahrscheinlichkeiten) zu berücksichtigen, für deren Ermittlung entweder zeitnahe Beobachtungswerte heranzuziehen oder zur Vereinfachung auch auf anerkannte Tabellenwerke, wie z.B. die Richttafeln von Dr. Klaus Heubeck, zurückgegriffen werden. Darüber hinaus sind bei der Bewertung von Pensionsanwartschaften im Zusammenhang mit der Festlegung der Altersgrenzen Pensionierungswahrscheinlichkeiten und – sofern die in § 1b BetrAVG vorgesehenen Fristen zur Erreichung der Unverfallbarkeit der Anwartschaft nicht erfüllt sind – Fluktuationswahrscheinlichkeiten der zukünftigen Anwärter einzubeziehen. Auch zukünftige Renten-, Gehalts- und Karrieretrends sind aufgrund der Orientierung am Erfüllungsbetrag und der damit impliziten Einbeziehung zukünftiger Preisverhältnisse zu berücksichtigen. Im Falle einer laufenden Verpflichtung hat der Arbeitgeber gemäß § 16 BetrAVG alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Al583

Pensionsrückstellungen tersversorgung zu prüfen und ggf. zum nächsten Anpassungszeitpunkt (mindestens) den noch nicht ausgeglichenen Kaufkraftverlust seit Rentenbeginn zu berücksichtigen. Durch die Berücksichtigung auch zukünftiger Renten- und Gehaltsentwicklungen kann eine nicht unerhebliche Zuführung zu den P. erforderlich werden; ein solcher Einmaleffekt kann durch Ansammlung über max. 15 Jahresraten bis 31.12.2024 abgemildert werden (Art. 67 Abs. 1 EGHGB). Abweichend von obengenannten Grundsätzen orientiert sich die Rückstellungsbewertung bei wertpapiergebundenen Pensionszusagen, bei denen die Höhe der Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich vom Zeitwert dieser im Finanzanlagevermögen bilanzierten Wertpapiere abhängig ist, nicht am Erfüllungsbetrag, sondern am beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere; ein eventuell zugesagter Mindestbetrag bildet jedoch die Wertuntergrenze der P. (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB). Übersteigt der beizulegende Zeitwert die Anschaffungskosten der Wertpapiere, so orientiert sich die Höhe der P. trotz dieser Überschreitung der Anschaffungskosten am beizulegenden Zeitwert, während bei der Bewertung dieser Wertpapiere in der Bilanz weiterhin das Anschaffungskostenprinzip einschlägig und zwingend anwendbar ist. Vermögensgegenstände, welche ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen bzw. vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind (z.B. Treuhandmodelle wie Contractual Trust Arrangements (CTA) oder Rückdeckungskonzepte mit Verpfändung), sind mit diesen Schulden zu verrechnen; entsprechend sind auch die korrespondierenden Erträge und Aufwendungen zu saldieren (§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB). In einem solchen Fall sind die mit den Schulden zu verrechnenden Vermögens584

gegenstände mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten (§ 253 Abs. 1 Satz 4 HGB); übersteigt der beizulegende Zeitwert des Deckungsvermögens die Schulden, so ist dieser Unterschiedsbetrag in der Bilanz unter dem Posten „Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung“ gesondert auszuweisen (§ 246 Abs. 2 Satz 3 HGB). Überschreitet der beizulegende Zeitwert die Anschaffungskosten des Deckungsvermögens, unterliegt der übersteigende Betrag abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern einer Ausschüttungssperre (§ 268 Abs. 8 Satz 3 HGB). Grundsätzlich sind für die handelsrechtliche Bewertung von P. alle anerkannten versicherungsmathematischen Verfahren zulässig. Das Gegenwartswertverfahren sieht die gleichmäßige Verteilung des zu erwartenden Pensionsaufwands vom Zeitpunkt der Pensionszusage bis zum voraussichtlichen Eintritt des Versorgungsfalles vor, während das Teilwertverfahren auf den Zeitpunkt des Diensteintritts abstellt. Wird die Pensionszusage zum Diensteintritt erteilt, ergeben sich identische Rückstellungswerte. Erfolgt die Zusage nach Diensteintritt, erfordert das Teilwertverfahren die Bildung einer Einmalrückstellung in Höhe des zwischen Diensteintritt und Zusage erdienten Anwartschaftsbarwerts; folglich sind dann die laufenden Zuführungen beim Teilwertverfahren geringer als beim Gegenwartswertverfahren. Ebenfalls zulässig ist die Methode der laufenden Einmalprämien (Anwartschaftsansammlungsverfahren, Anwartschaftsbarwertverfahren, Projected Unit Credit Method) nach IAS 19, die in jeder Periode nach Maßgabe des Leistungsplans den jeweils erdienten Pensionsanspruch erfasst. Übersteigt der handelsrechtliche den steuerrechtlichen Rückstellungsansatz, so darf ein Aktivposten für latente Steuern angesetzt bzw. erhöht werden, da sich die Wertunterschiede – wenn auch erst in

Pensionsrückstellungen ferner Zukunft – wieder ausgleichen (§ 274 Abs. 1 HGB); erfolgt die Bewertungsänderung erst im Rahmen der Erstellung des Konzernabschlusses, besteht für die aufgrund dieser konzernspezifischen Anpassungsmaßnahme entstandenen sekundären latenten Steuern eine Bilanzierungspflicht (§ 306 HGB). Auch wenn der Gesamtunterschied aus der Zusammenfassung aller Einzelzusagen im Zeitablauf – außer im Falle der Veränderung einzelner Rechnungsgrundlagen oder des Wechsels des Bewertungsverfahrens – nur geringen Schwankungen unterliegt und es sich somit um sog. quasipermanente Differenzen handelt, können latente Steuern auf diese quasipermanenten Differenzen gebildet werden. b) Steuerrecht. In der o Steuerbilanz darf nach § 6a EStG die Pensionsrückstellung höchstens mit dem Teilwert angesetzt werden; bei dessen Berechnung ist auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag abzustellen (Stichtagsprinzip). Im Vergleich zur handelsrechtlichen Bewertung bestehen insb. Unterschiede hinsichtlich des Rechnungszinssatzes (anzuwendender Zinssatz 6 %), der Berücksichtigung des Fluktuations- und Pensionierungsverhaltens der Berechtigten sowie der Einbeziehung zukünftiger Lohn-, Gehalts- und Rentenentwicklungen, deren Einbeziehung nur möglich ist, sofern es sich dabei um feststehende Erhöhungen des Pensionsanspruchs handelt. Dem allgemeinen Fluktuationsverhalten wird durch das Verbot der Rückstellungsbildung vor dem Wirtschaftsjahr, bis zu dessen Mitte der Berechtigte das 27. Lebensjahr vollendet hat, Rechnung getragen; entsprechend bleiben Dienstzeiten vor dem 27. Lebensjahr bei der Teilwertberechnung grundsätzlich unberücksichtigt. Als Pensionierungsalter wird generell das vertraglich vereinbarte Alter angesetzt; alternativ können – bei entsprechender schriftlicher Fixierung – in Anlehnung an die Regelungen der ge-

setzlichen Rentenversicherung auch flexible Altersgrenzen angesetzt werden. Aufgrund des steuerrechtlichen Berechnungsmodus für den Teilwert im Falle einer Pensionsverpflichtung vor Beendigung des Dienstverhältnisses wird der Barwert der im Eintrittsalter des Anwärters in Aussicht gestellten Pensionsleistungen gleichmäßig über die gesamte Dienstzeit des Pensionsanwärters verteilt, sofern dieser sein 27. Lebensjahr vollendet hat und die Zusage nicht (nachträglich) erhöht wird; der Teilwert in der Anwartschaftsphase setzt sich dann regelmäßig aus den inzwischen angesammelten, gleichbleibenden Jahresbeträgen einschließlich der Verzinsung auf das mittlerweile angesparte Kapital zusammen. Dagegen ist der o Teilwert bei Eintritt des Versorgungsfalls als Barwert der künftigen Leistungen zu ermitteln. Scheidet ein Arbeitnehmer unter Aufrechterhaltung der unverfallbaren Pensionsanwartschaft aus, ergibt sich der Teilwert (Anwartschaftsbarwert) aus dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls durch Abzinsung auf den Bewertungsstichtag und Gewichtung mit biometrischen Wahrscheinlichkeiten; die künftigen Pensionsleistungen werden nach den Regelungen des § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmt, indem die ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistungen entsprechend dem Verhältnis der erdienten Dienstzeit (m) zur erdienbaren Dienstzeit (n) quotiert werden (statischer m/n-tel Anspruch). c) IAS 19 (,,Leistungen an Arbeitnehmer“) regelt die Verteilung der Lasten aus der betrieblichen Altersversorgung sowie weiterer Leistungen an Arbeitnehmer, indem die Versorgungskosten grundsätzlich den Perioden zuzurechnen sind, in denen die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung erbringen. Dabei werden beitragsorientierte und leistungsorientierte Pensionszusagen unterschieden. Bei 585

Pensionsrückstellungen beitragsorientierten Pensionszusagen verpflichtet sich das Unternehmen, festgelegte Beträge an eine eigenständige externe Versorgungsgesellschaft zu entrichten; außer der jährlichen Beitragsleistung besteht regelmäßig keine weitere Verpflichtung des Unternehmens (IAS 19.25 (a)). Beruht die Versorgungszusage auf leistungsorientierten Versorgungsplänen, in denen sich der Arbeitgeber zur Erfüllung einer bestimmten Versorgungsleistung verpflichtet und daher das versicherungsmathematische Risiko sowie das Anlagerisiko im Wesentlichen selbst übernimmt (IAS 19.27), sind P. zu bilden. Die Höhe der zu bilanzierenden Pensionsverpflichtung wird wie folgt ermittelt (IAS 19.54): Barwert der leistungsbezogenen Verpflichtung zum Abschlussstichtag ± etwaige versicherungsmathematische Gewinne/Verluste aus der Differenz der Barwerte der erwarteten zur tatsächlichen leistungsbezogenen Verpflichtung – etwaiger bislang noch nicht verrechneter Dienstzeitaufwand – am Abschlussstichtag beizulegender Zeitwert des tatsächlichen Pensionsvermögens (falls vorhanden), mit dem die Verpflichtungen unmittelbar abzugelten sind ± etwaige versicherungsmathematische Gewinne/Verluste aus der Differenz des erwarteten beizulegenden Zeitwerts des Pensionsvermögens zum tatsächlichen beizulegenden Zeitwert des Pensionsvermögens = Pensionsverpflichtung Ergibt sich aus dieser Berechnung ein negativer Wert, so muss nach IAS 19.58 ein sonstiger Vermögenswert angesetzt werden. 586

Der in der GuV zu erfassende Pensionsaufwand setzt sich nach IAS 19.61 wie folgt zusammen: + – ± + ± =

Dienstzeitaufwand der Periode Zinsaufwand erwartete Erträge aus bestehendem Pensionsvermögen und anderen Erstattungsansprüchen bestimmte versicherungsmathematische Gewinne und Verluste nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand Auswirkungen von Pensionskürzungen oder Pensionsabgeltungen Pensionsaufwand

Zur Bestimmung des Barwerts der leistungsbezogenen Verpflichtung ist die Methode der laufenden Einmalprämien (Anwartschaftsansammlungsverfahren, Anwartschaftsbarwertverfahren, Projected Unit Credit Method; IAS 19.65) anzuwenden, nach der die Versorgungsverpflichtungen und -aufwendungen auf Grundlage der erbrachten Dienstleistungen bzw. -zeiten bestimmt werden. Nach IAS 19.67 werden die Pensionsansprüche bzw. die Pensionsleistungen auf die gesamte Aktivitätszeit des Pensionsberechtigten nach Maßgabe der dazugehörigen Rentenformel (Benefit Formula) verteilt; entsprechend sind die jährlich erdienten Anwartschaftserhöhungen mit dem versicherungsmathematischen Barwert zu bewerten, bei dessen Ermittlung etwaige dynamische Rechnungsgrundlagen (z.B. Lohn-, Gehalts- und Preisentwicklungen sowie Rentenanpassungen und Kapitalrenditen) mit wirtschaftlich vertretbaren Trendannahmen einzubeziehen sind. IAS 19.78 ff. schreibt als Rechnungszins denjenigen Zinssatz vor, der am Bilanzstichtag für erstrangige, festverzinsliche Industrieanleihen am Markt erzielt werden könnte; dieser unterliegt erfahrungsgemäß im Zeitablauf starken Schwankungen. Hinsichtlich der Wahl der biometrischen Grundlagen (Sterbe-, Invali-

Periodenabgrenzung ditäts- und Verheiratungswahrscheinlichkeiten) ist auf die bestmöglichen Rechnungsgrundlagen abzustellen (für auf Deutschland bezogene Rechnungslegung beispielsweise die Richttafeln von Dr. Klaus Heubeck). Bezüglich der Fluktuation müssen entsprechende Wahrscheinlichkeiten für jeden Versorgungsplan in Abhängigkeit von Alter und Dienstzeit gesondert festgestellt und kalkulatorisch berücksichtigt werden. Weiterhin gilt es, zur Berücksichtigung der Gehaltsdynamik realistische Erfahrungswerte anzusetzen; darin sollen allerdings keine allgemeinen Trends, sondern altersmäßig abgestufte Karrieretrends einfließen. Schließlich wird der Rentendynamik durch Einbeziehung künftiger Rentenanpassungen Rechnung getragen. 4. Bilanzierung dem Ausweis nach Der Ausweis der P. erfolgt in der Bilanz unter dem Posten „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“. Zum Zweck eines besseren Bilanzausweises erfolgt gem. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB eine Saldierung der Altersversorgungsverpflichtungen mit zu deren Absicherung vorgesehenem Zweckvermögen, sodass letztlich nur noch die Nettoverpflichtung in der Bilanz auszuweisen ist. Das zu verrechnende Zweckvermögen ist dabei mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Übersteigt der Wert des Zweckvermögens den Wert der Verpflichtung, so ist dieser Differenzbetrag auf der Aktivseite unter dem Posten „Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung“ auszuweisen. In der Steuerbilanz hingegen ist gem. § 5 Abs. 1a Satz 1 EStG weiterhin zwingend der Bruttoausweis vorgesehen. IAS 19 enthält keine besonderen Ausweisvorschriften für Aktiva und Passiva, die im Zusammenhang mit Pensionszusagen zu bilden sind; auch eine Unterscheidung von Kurz- und Langfristigkeit ist nicht geregelt (IAS 19.118).

Lit.: Ahrend, P. et al.: Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, Losebl., 2. Teil, Stand: Dezember 2009; Bieg, H./Hossfeld, C./Kußmaul, H./Waschbusch, G.: Handbuch der Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., 2009; Coenenberg, A.G./ Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Kessler, M.: Pensionsverpflichtungen nach neuem HGB und IFRS, 2009; Kußmaul, H./Kihm, A.: Die Bewertung von Pensionsrückstellungen in Deutschland, Österreich und Luxemburg sowie nach IAS und USGAAP, in: Küting, K./Langenbucher, G. (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung, Festschrift Weber, 1999, S. 123-155; Kußmaul, H.: Betriebliche Altersversorgung von Geschäftsführern, 1995; Lüdenbach, N.: Der Ratgeber zur erfolgreichen Anwendung von IFRS, 6. Aufl., 2010; Petersen, K./Zwirner, C.: § 274 HGB Latente Steuern, in: Petersen, K./Zwirner, C. (Hrsg.): Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilMoG, 2009; Ruhnke, K.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2. Aufl., 2008; Walter, R.: Leistungen an Arbeitnehmer, in: Buschhüter, M./Striegel, A. (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung, 2009, S. 238-249. Heinz Kußmaul/ Axel Kihm Pensionsverpflichtung o Pensionsrückstellungen Pensionszusage o Pensionsrückstellungen Percentage-of-completion-Methode o Langfristfertigung Performance Erreichte Wertschaffung innerhalb eines bestimmten Zeitraums, die durch verschiedene o Kennzahlen abgebildet werden kann. Periodenabgrenzung o Accrual Principle o Periodisierung 587

Periodeneinzelerlöse/-kosten Periodeneinzelerlöse/-kosten Einzelnen Abrechnungszeiträumen auf der Basis des o Verursachungsprinzips direkt zurechenbare Erlöse/Kosten.

Nr. 5 HGB als o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung verankert. Permanent Differences o Steuern, latente

Periodenergebnis o Gewinn- und Verlustrechnung

Permanente Inventur o Inventur und Inventar

Periodenerlöse = Erlöse eines Abrechnungszeitraums

Personalcontrolling Planung, Steuerung und Kontrolle von Personalangelegenheiten durch ein hierauf ausgerichtetes o Controlling.

Periodenfremde Aufwendungen und Erträge = o Aufwendungen und Erträge, aperiodische Periodengemeinerlöse/-kosten Einzelnen Abrechnungszeiträumen auf der Basis des o Verursachungsprinzips nicht direkt zurechenbare Erlöse/Kosten, weil sie nicht allein durch die Erzeugung oder den Absatz von Produkten dieser Periode verursacht sind (z.B. o Abschreibungen). Periodengesamterfolg o Gewinn- und Verlustrechnung Periodenkosten = Kosten eines Abrechnungszeitraums Periodenrechnung Auf einen Abrechnungszeitraum (z.B. Jahr, Monat) bezogene Rechnung. Durch die Einteilung in Perioden ergibt sich – anders als in einer Totalrechnung – die Notwendigkeit der o Periodisierung von Zahlungen. Periodisierung Nach dem Prinzip der P. sind o Aufwendungen bzw. o Kosten und o Erträge bzw. o Erlöse eines Abrechnungszeitraums unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen zu berücksichtigen (siehe auch: o Accrual Accounting). Der Grundsatz der P. zielt auf eine von finanziellen Vorgängen losgelöste periodengerechte Erfolgsermittlung ab (o Matching Principle). Im deutschen Bilanzrecht ist das Prinzip der P. in § 252 Abs. 1 588

Personengesellschaft Im Gegensatz zur o Kapitalgesellschaft nur mit einer eingeschränkten eigenständigen Rechtsfähigkeit ausgestattete Gesellschaft. Zu den P. gehören insb. die o Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die o Offene Handelsgesellschaft (OHG) und die o Kommanditgesellschaft (KG) als sog. Personenhandelsgesellschaften sowie die o Stille Gesellschaft. Mindestens ein Gesellschafter der P. haftet mit seinem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Für P. gelten, sofern nicht die Größenkriterien des § 1 PublG überschritten werden, die erleichterten Rechnungslegungsvorschriften der §§ 238261 HGB (o Personenunternehmen). Personenunternehmen 1. Gesetzliche Grundlagen Das Rechnungswesen von P. wird durch die §§ 238–261 HGB, die für alle Kaufleute einschließlich der P. (§ 6 Abs. 1 HGB) gelten, beeinflusst. Sie enthalten Regelungen bezüglich der Buchführung, dem Inventar und dem Jahresabschluss. Auf P. in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft ohne persönlich haftenden Gesellschafter („unechte“ P. gem. § 264a Abs. 1 HGB) finden darüber hinaus die Vorschriften für Rechnungslegung, Prüfung und Offenlegung von Kapitalgesellschaften (§§ 264–330 HGB) Anwendung. Hiervon ausgenommen sind derartige P. nur, wenn sie in den Konzernab-

Personenunternehmen schluss eines Mutterunternehmens einbezogen werden. P., die Bank- oder Versicherungsgeschäfte betreiben oder keinen Abschluss nach § 264a oder § 264b HGB aufstellen und wegen Überschreitung der Größenmerkmale gem. § 1 PublG für das einzelne Unternehmen oder für einen Konzern unter das PublG fallen, haben zusätzliche Bilanzierungs-, Bewertungsund Gliederungsvorschriften zu beachten.

Buchführung nur bei besonderen Verhältnissen ausreichen dürfte.

2. Buchführung

Grundsätzlich ist jeder Kaufmann und jedes P. – soweit nicht die Befreiungskriterien des § 241a HGB erfüllt sind – verpflichtet, u.a. für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres ein Inventar (o Inventar und Inventur) aufzustellen. Darin sind seine Vermögensgegenstände und Schulden grundsätzlich einzeln zu verzeichnen und zu bewerten. Hauptzweck des Inventars ist insbesondere die Dokumentation des am Stichtag vorhandenen Vermögens und der Schulden nach Art, Menge und Wert zur Selbstinformation des Kaufmanns und aus Gläubigerschutzgründen.

Jeder Kaufmann und mithin jedes P. – soweit es sich nicht um Einzelkaufleute handelt, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren lediglich bis zu € 500.000 Umsatzerlöse und € 50.000 Jahresüberschuss erzielen (§ 241a HGB) – hat Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ersichtlich zu machen. Ein sachverständiger Dritter soll sich dabei in angemessener Zeit einen Überblick über die Entstehung und Abwicklung der Geschäftsvorfälle sowie über die Lage des Unternehmens verschaffen können (§ 238 Abs. 1 HGB). Hauptzweck der Dokumentationspflicht ist einerseits die Selbstinformation des Kaufmanns und andererseits der Schutz der Gläubiger des Unternehmens. Diesem Zweck dienen auch die weiteren gesetzlichen Buchführungsvorschriften, die u.a. fordern, dass die Bucheintragungen und Aufzeichnungen in einer lebenden – nicht unbedingt der deutschen – Sprache, mit eindeutig festgelegten Abkürzungen und Symbolen, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden müssen. Ein bestimmtes Buchführungssystem schreibt das Gesetz nicht vor. Im Regelfall ist allerdings die „doppelte“ Buchführung anzuwenden, da die „einfache“

Ebenso wenig wird durch das Gesetz eine bestimmte Buchführungsform vorgeschrieben. Zugelassen ist der Einsatz von Datenträgern sowie Loseblatt-, OffenePosten-Buchführung und ähnliche Formen, wodurch dem Wirtschaftlichkeitspostulat Rechnung getragen wird. 3. Inventar

Von diesem Grundsatz der Einzelerfassung und -bewertung sieht das Gesetz zwei Ausnahmen vor: Zum einen das Festwertverfahren (§ 240 Abs. 3 HGB) und zum anderen die Gruppenbewertung (§ 240 Abs. 4 HGB) Anstelle einer körperlichen Bestandsaufnahme am Stichtag lässt das Gesetz drei Inventurvereinfachungsverfahren zu, wenn die Anwendung dieser Verfahren den GoB entspricht und der Aussagewert dieser Verfahren im Ergebnis gleichwertig der Inventarisierung am Stichtag ist. Bei den Inventurvereinfachungsverfahren handelt es sich um die Bestandsermittlung durch Stichproben mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden (§ 241 Abs. 1 HGB), durch permanente Inventur (§ 241 Abs. 2 HGB) und aufgrund besonderen Inventars, das für einen Tag innerhalb der letzten drei Monate vor oder der ersten beiden Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres 589

Personenunternehmen aufgestellt und wertmäßig auf den Stichtag fortgeschrieben bzw. zurückgerechnet wird (§241 Abs. 3 HGB). 4. Jahresabschluss Jeder Kaufmann und jedes P. hat – soweit wiederum die Befreiungskriterien des § 241a HGB nicht erfüllt sind – für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen. Dies hat innerhalb einer dem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu erfolgen. Der o Jahresabschluss besteht aus der o Bilanz und der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV); er ist nach den GoB und – anders als die Buchführung – zwingend in deutscher Sprache und in Euro aufzustellen. Zu den Jahresabschlussfunktionen (o Jahresabschluss, Funktionen) gehört eine periodische Selbstinformation des Kaufmanns über das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden, seiner Aufwendungen und Erträge sowie über den im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten Reinvermögenszuwachs (o Gewinn), der als Richtgröße für Entnahmen dienen kann. Damit hat der Jahresabschluss zugleich Gläubigerschutzfunktion und rechtliche Bedeutung für die Ansprüche der Gesellschafter untereinander sowie für die Ansprüche des Fiskus (Unterzeichnungspflicht des Kaufmanns gem. § 245 HGB). Anders als bei Kapitalgesellschaften oder im Falle von P. im Sinne von § 264a Abs. 1 HGB, gehört die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht zu den Aufstellungserfordernissen. a) Bilanzierungsgrundsätze. Die Aktivierung und Passivierung („Erfassung dem Grunde nach“) wird durch die Ansatzvorschriften der §§ 246-251 HGB geregelt. In den Jahresabschluss sind (abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen) sämtliche Vermögensgegenstände, 590

Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge aufzunehmen (Vollständigkeitsprinzip). Ein entgeltlich erworbener o Geschäfts- oder Firmenwert wird durch gesetzliche Fiktion einem begrenzt nutzbaren Vermögensgegenstand gleichgestellt. Bei der Aktivierung von Vermögensgegenständen wird grundsätzlich nicht auf das rechtliche Eigentum, sondern auf die wirtschaftliche Zurechenbarkeit abgestellt. Bilanzierungsverbote bestehen für Gründungsaufwendungen eines Unternehmens, Eigenkapitalbeschaffungskosten sowie für Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen. In Bezug auf selbst geschaffene – nicht entgeltlich erworbene – immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht ein o Bilanzierungswahlrecht soweit es sich hierbei nicht um selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände handelt. Als Teil der Schulden sind o Rückstellungen zu passivieren, und zwar für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sowie für im Geschäftsjahr unterlassene und innerhalb der ersten drei Monate des Folgejahres nachgeholte Instandhaltungen, für die im Folgejahr nachgeholte Abraumbeseitigung und für freiwillig erbrachte Gewährleistungen. Eine Auflösung von zuvor gebildeten Rückstellungen erfolgt nur falls der Grund für die Rückstellung entfallen ist. Zudem sind o Rechungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand erst nach diesem Tag darstellen. Außerdem dürfen als aktive Rechnungsabgrenzungsposten Disagien ausgewiesen werden (Wahlrecht). Zu passivieren sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine

Personenunternehmen bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Das Vollständigkeitsprinzip wird ergänzt durch das Saldierungsverbot. Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden. Ein Saldierungsgebot besteht jedoch für Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbarer langfristig fälliger Verpflichtungen dienen (Zweckvermögen), mit diesen Schulden. Entsprechend ist mit den zugehörigen Aufwendungen und Erträgen aus der Abzinsung und aus dem zu verrechenden Vermögen zu verfahren. b) Bewertungsgrundsätze. Die Frage der Bewertung der Bilanzposten wird durch das Gesetz in den §§ 252-256a HGB geregelt. Als allgemeine Bewertungsprinzipien werden das Prinzip der formellen Bilanzkontinuität (Identität von Jahreseröffnungsbilanz mit Vorjahresschlussbilanz), das Going concernPrinzip (Bewertung unter der Annahme der Unternehmensfortführung), das Stichtags- und Einzelbewertungsprinzip, das Vorsichtsprinzip (konkretisiert durch das Imparitätsprinzip und das Realisationsprinzip), das Periodisierungsprinzip (zahlungsunabhängige Zuordnung der Aufwendungen und Erträge nach der wirtschaftlichen Verursachung) und das Methodenstetigkeitsprinzip (Beibehaltung der auf den Vorjahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden) vorangestellt. Von diesen Grundsätzen darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Für Vermögensgegenstände bilden deren o Anschaffungskosten/ Herstellungskosten die absolute Wertobergrenze und zugleich die Bewertungsbasis (Anschaffungswertprinzip) für die gesetzlich fest-

gelegten o Abschreibungen. Beim o Anlagevermögen ist die planmäßige Abschreibung nach der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzungsdauer, eine zusätzliche außerplanmäßige Abschreibung bei zu erwartender dauernder Wertminderung vorzunehmen. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden (Wahlrecht). Posten des o Umlaufvermögens sind abzuschreiben, sobald der Zeitwert unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt. Außerplanmäßige Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens dürfen nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen (Wertaufholungsgebot). In Bezug auf einen entgeltlich erworbenen Geschäftsoder Firmenwert müssen in Vorjahren vorgenommene außerplanmäßige Abschreibungen jedoch beibehalten werden (Wertaufholungsverbot). Anschaffungskosten sind die für den Erwerb und die Betriebsbereitschaft eines Vermögensgegenstandes geleisteten Aufwendungen. Als Herstellungskosten sind mindestens die dem Vermögensgegenstand zurechenbaren Einzelkosten (Material-, Fertigungs- und Sonderkosten der Fertigung) sowie angemessene Teile der Gemeinkosten (Material-, Fertigungsgemeinkosten und durch die Fertigung veranlasste Abschreibungen auf das Anlagevermögen) anzusetzen (Untergrenze); weitere Kosten dürfen im gesetzlich fixierten Rahmen einbezogen werden (Wahlrecht). In Abweichung vom Einzelbewertungsprinzip lässt das Gesetz verschiedene Vereinfachungsverfahren zu (§ 256 HGB). Bei selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens sind lediglich auf die Entwicklung entfallenden Aufwendungen in die Herstellungskosten einzubeziehen. 591

Phasenmethode Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen zum Ausgleich von Wertänderungen oder Zahlungsströmen aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken dürfen mit Finanzinstrumenten zur Absicherung dieser Risiken zu Bewertungseinheiten zusammengefasst werden (§ 254 HGB). Als Finanzinstrumente gelten hierbei auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren. Das Einzelbewertungs-, Vorsichts- und Anschaffungswertprinzip wird insoweit, in Bezug auf die einzelnen Komponenten der gebildeten Bewertungseinheiten, außer Kraft gesetzt. o Verbindlichkeiten und Rückstellungen sind mit dem Erfüllungsbetrag, d. h. ggf. unter Berücksichtigung von zukünftigen Preis- und Kostensteigerungen, anzusetzen. Rückstellungen sind, soweit sie eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr aufweisen, mit dem entsprechenden (fristenkongruenten) durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Hiervon abweichend darf bei Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen bei der Bestimmung des Marktzinssatzes pauschal von einer Restlaufzeit von 15 Jahren ausgegangen werden. Basiert die Erfüllung einer Altersversorgungsverpflichtung der Höhe nach ausschließlich auf dem beizulegenden Zeitwert von (tatsächlich oder fiktiv gehaltenen) Wertpapieren des Anlagevermögens (wertpapiergebundene Zusagen) so ist dieser für die Bewertung maßgeblich, soweit er einen ggf. garantierten Mindestbetrag übersteigt. Analog ist das hierfür gehaltene Zweckvermögen, für das ein Saldierungsgebot besteht, mit seinem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten 592

sind zum Devisenkassakurs am Abschlussstichtag umzurechen. Das Anschaffungswert- und Realisationsprinzip ist bei einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr nicht anzuwenden. c) Gliederungsvorschriften. Ein bestimmtes Gliederungsschema für P. ist durch das Gesetz nicht kodifiziert. Es schreibt lediglich vor, dass in der Bilanz das Anlage- und das Umlaufvermögen, das o Eigenkapital, die Schulden und die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern sind. Zudem sind beim Anlagevermögen nur die Gegenstände zu erfassen, die dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen sollen. Daneben gelten die GoB sowie das Postulat der Klarheit und Übersichtlichkeit. Hinweise für eine gesetzeskonforme Aufgliederung der Bilanz bieten die für kleine Kapitalgesellschaften geltenden Gliederungsvorschriften sowie die besonderen Bestimmungen für Personenhandelsgesellschaften im Sinne von § 264a HGB (§ 264c HGB). Die Bilanz wird üblicherweise in Kontenform aufgestellt. Für die GuV kommen einerseits die Konten- oder die Staffelform und andererseits das o Gesamtkosten- oder das o Umsatzkostenverfahren in Betracht. Unter der Bilanz sind außerdem Eventualverbindlichkeiten und Haftungsverhältnisse gem. § 251 HGB zu vermerken. Lit.: Duif, P./Martin, C./Wiegmann, T.: Bilanzierung von Personengesellschaften: Das neue Bilanzrecht richtig anwenden, 2010; IDW (Hrsg.): WP-Handbuch 2006 Bd. 1, 13. Aufl., 2006, S. 251-424; Müller, W./Hoffmann, W.-D. (Hrsg.): Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, 3. Aufl., 2009. Thomas Treß Phasenmethode Vorgehensweise bei der o Unternehmensbewertung mit investitionstheoretischen Methoden (insb. Ertragswertme-

Plankostenrechnung thode, Discounted-Cashflow-Methode), bei der die Zukunft in zwei oder drei Phasen eingeteilt wird. Bei einer Einteilung in zwei Phasen wird eine Detailprognosephase (i.d.R. 3 bis 5 Jahre) und eine Phase mit pauschalierter Cashflow-Prognose (i.d.R. als ewige Rente, ggf. mit Wachstum) unterschieden. Bei einer Einteilung in drei Phasen wird zusätzlich eine Zwischenphase eingefügt, in der die Detailprognose mit Trendannahmen fortgeführt wird. Planbeschäftigung In der o Plankostenrechnung für die Planperiode vorgegebene Beschäftigung. Dabei kann es sich um die erwartete Beschäftigung (Prognosekostenrechnung), die o Normalbeschäftigung oder die o Optimalbeschäftigung (Standardkostenrechnung) handeln (o Kostenrechnungssysteme). Plankalkulation In der o Plankostenrechnung Vorkalkulation für künftig zu erstellende o Kostenträger. Plankosten o Kosten, bei denen die Faktormengen und die Faktorpreise auf der Basis einer geplanten Ausbringung und einer geplanten Wirtschaftlichkeit für einen Planungszeitraum festgelegt werden. Bei einer Anpassung der P. an eine abweichende Ist-Beschäftigung durch Multiplikation der P. mit dem Verhältnis aus Ist- und Plan-Beschäftigung wird von verrechneten Plankosten gesprochen. Diese werden in der flexiblen o Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis zur Ermittlung der o Beschäftigungsabweichung benötigt. Plankostenrechnung 1. Aufgaben und Grundbegriffe Die Entwicklung der o Kostenrechnungssysteme von der Istkostenrechnung über die Normalkostenrechnung zur P. (sowie von der Voll- zur Teilkostenrech-

nung) ist unter anderem bedingt durch die stetige Veränderung der Kostenzusammensetzung hin zu gewichtigeren Gemeinkosten (die auch als Begründung für ein Vordringen der an mittel- oder langfristigen Zielen ausgerichteten o Prozesskostenrechnung herangezogen werden). Heute dominieren Plankostenrechnungssysteme, die weniger die (kaum lösbare) Frage nach der Höhe der tatsächlich entstandenen Stückkosten beantworten sollen, sondern die Kontrolle der o Wirtschaftlichkeit sowie die zukunftsorientierte Ermittlung von Kostendaten für die kurzfristige Planung und Entscheidungsvorbereitung (standard cost accounting) zum Gegenstand haben. Man versteht unter Plankosten (PK.) solche Kosten, bei denen die Mengen und Preise der für eine geplante Ausbringung (Beschäftigung) benötigten Produktionsfaktoren geplante Größen sind. Die Festlegung der PK. erfolgt also im Voraus unter weitgehender Loslösung von Vergangenheitswerten aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen, volkswirtschaftlicher Daten, technischer Berechnungen und Verbrauchsmessungen. PK. haben Vorgabecharakter, da sie auf der Basis eines angestrebten optimalen Betriebsablaufes für den Planungszeitraum festgelegt werden. Soll-, Standard- und Budgetkosten sind Unterbegriffe (bei einzelnen Autoren Synonyme) der PK.: Als Sollkosten bezeichnet man die planmäßigen Kostenvorgaben für die jeweilige Istbeschäftigung (in einer Kostenstelle). Rechnerisch ergeben sie sich durch Umrechnung der PK. auf die Istbeschäftigung. Die Sollkosten stimmen mit den PK. nur dann (zufällig) überein, wenn die (nachträglich festgestellte) Istbeschäftigung gleich ist der (im Voraus festgelegten) Planbeschäftigung. Unter Standardkosten (standard costs) versteht man in der Regel die auf eine Kostenträgereinheit bezogenen PK., insbesondere die ge593

Plankostenrechnung planten Herstellkosten pro Leistungseinheit. Der Begriff Budgetkosten wird für die PK. solcher Kostenstellen verwandt, für die sich keine verursachungsgerechten leistungsbezogenen Bezugsgrößen finden lassen, so insbesondere in vielen Stellen im Verwaltungs- und auch Vertriebsbereich; hier wird dann „budgetiert“ (= mehr oder weniger genaue Schätzung der PK.; o Budgetierung). 2. Grundriss der P. a) Kostenplanung. Die Kostenplanung (Vorrechnung in klassischen Systemen der Kostenrechnung) erfolgt für die Planungsperiode, die in der Regel ein Jahr beträgt. Hierzu ist zunächst für alle Kostenstellen die Planbeschäftigung (geplante Ausbringung, Leistung) festzulegen, die durch Bezugsgrößen ausgedrückt wird. Unter einer Bezugsgröße versteht man einen Maßstab der Kostenverursachung, wie z.B. produzierte Mengen/Stückzahlen, gefahrene Maschinenstunden oder geleistete Arbeitsverrichtungen, zu dem die verursachten Kosten einer Kostenstelle ganz oder teilweise in einer proportionalen (oder wenigstens bekannten) Abhängigkeit stehen. Entsprechend der obigen Definition der PK. müssen für die benötigten Produktionsfaktoren die Planpreise und Planmengen festgelegt werden. Man plant dabei die Einzelkosten(arten) pro Kostenträger und Gemeinkosten(arten) pro Kostenstelle (o Einzel- und Gemeinkosten, o Betriebsabrechnungsbogen). Gerade bei den Gemeinkosten liegen die Hauptprobleme der Kostenplanung, denn für manche Kostenstellen lassen sich keine oder nur sehr schwer verursachungsgerechte Bezugsgrößen finden. Als Ergebnis erhält man für jede Kostenstelle einen oder mehrere Gemeinkostenpläne, aus denen zum einen die Sollkosten (für den späteren Soll-Ist-Vergleich in der flexiblen P.) und zum anderen die Plankalkulationssätze (für die Plankalku594

lation) entnommen (o Kalkulation).

werden

können

Mit den geplanten Einzelkosten, den Plankalkulationssätzen für die Gemeinkosten und den entsprechenden Bezugsgrößen pro Leistungseinheit lassen sich die Plankalkulationen erstellen, die in der Regel für die gesamte Planungsperiode gelten. b) Kostenkontrolle. Die Kostenkontrolle erfolgt in jeder Abrechnungsperiode, die in der Regel einen Monat beträgt. Die Istkosten werden erfasst (Nachrechnung) und stets kostenstellenweise kontrolliert, weil man die Kosten am Orte ihrer Verursachung und damit das wirtschaftliche Verhalten der Kostenstellenverantwortlichen beeinflussen will; das gilt in Abweichung von der Planung auch für die Einzelkosten. Man vergleicht für jede Kostenart die Sollkosten mit „Istkosten“ (Ermittlung von Abweichungen), bei denen die Einflüsse veränderter Preise bereits durch die Ermittlung von Preisabweichungen (in der Kostenartenrechnung) ausgeschaltet sind. Das Ergebnis sind (mengenmäßige) Verbrauchsabweichungen als Maßstab der Wirtschaftlichkeit. Daneben werden je nach Plan-Kostenrechnungssystem, Branche und angestrebter Aussagefähigkeit der Kostenkontrolle noch weitere Abweichungen ermittelt. Es kann sich z.B. um Beschäftigungsabweichungen handeln (die allerdings nur in Vollkostenrechnungssystemen errechnet werden) oder um spezielle Abweichungen, die (ebenfalls) darauf zurückzuführen sind, dass bestimmte Kostenbestimmungsfaktoren in ihren Istwerten von den als optimal erachteten Plan- bzw. Sollwerten abgewichen sind. So gibt die Intensitätsabweichung beispielsweise an, wie viel Mehrkosten ein Abweichen von der Optimalintensität verursacht hat; die Arbeitsablaufabweichung zeigt an, was eine Änderung der optimalen Maschinenbelegung, etwa

Plankostenrechnung aufgrund eines Zusatzauftrages oder eines Maschinenausfalles, gekostet hat. Die Ergebnisse der Kostenkontrolle werden in Kostenberichten festgehalten und mit den jeweiligen Kostenstellenverantwortlichen unter Beachtung des Grundsatzes „mangement by exception“ analysiert (o Abweichungsanalyse). Während die Kostenkontrolle laufend und routinegemäß durchgeführt wird, erfüllt eine P. – wenn man einmal von der laufenden Verwendung der Plankalkulationen für Zwecke der Absatzsteuerung (mit Hilfe der kurzfristigen o Erfolgsrechnung) absieht – ihre Aufgaben als Dispositionshilfe nur von Fall zu Fall. Das Zahlenmaterial für besondere Planungsprobleme wird aus den verschiedenen Teilbereichen der P. (Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträger-Rechnung) immer dann von der o Planungsrechnung abgerufen, wenn es bestimmte kurzfristige unternehmerische Entscheidungen vorzubereiten gilt. 3. Systeme der P. a) Starre P. Hier werden die erwarteten (optimalen) Kosten, nämlich die PK., für die Planausbringung (-beschäftigung) festgelegt und – obwohl für Zwecke der Kostenkontrolle und Kalkulation eigentlich erforderlich – nicht auf die Istbeschäftigung umgerechnet. Diese fehlende Anpassung der Kostenwerte an Beschäftigungsschwankungen gestattet zwar eine schnelle und einfache Abrechnung, beeinträchtigt aber ganz erheblich die Aussagefähigkeit der Rechnungen, insbesondere die Möglichkeiten der Wirtschaftlichkeitskontrolle. Starre P. sind deshalb in der Praxis kaum noch zu finden, wenn man einmal davon absieht, dass es sich bei jenen Kostenstellen, in denen auch in der flexiblen P. „budgetiert“ werden muss (s.o.) im Prinzip um starre P. handelt. b) Flexible P. Hier ermittelt man – nach Kostenarten differenziert – für jede

Kostenstelle nicht nur die PK. für den Planbeschäftigungsgrad, sondern auch die Sollkosten für alle anderen Beschäftigungsgrade. Damit wird eine flexible Anpassung der Kostenvorgaben an die jeweilige Istbeschäftigung einer Abrechnungsperiode ermöglicht. Eine Aufteilung der Kosten in fixe und variable Bestandteile ist grundsätzlich in beiden Formen der flexiblen P., sowohl auf Vollals auch auf Grenzkostenbasis, erforderlich, denn anderenfalls lässt sich die Kostenfunktion (der Sollkostenverlauf) nicht ermitteln (o Kosten, fixe und variable). Bei genauer Betrachtung handelt es sich bei der bisher skizzierten flexiblen P. lediglich um eine einfach-flexible P., denn die Sollkosten sind nur als Funktion eines Kostenbestimmungsfaktors, der Beschäftigung, dargestellt. M.a.W.: Die Sollkosten geben jene Kosten an, die man unter der Voraussetzung wirtschaftlichen Verhaltens vorgeben kann (einhalten soll), wenn die Beschäftigung (Ausbringung) nicht ihren Planwert, sondern einen beliebigen Istwert annimmt. Alle anderen Kostenbestimmungsfaktoren, die bei der Ermittlung der PK. mit ihren (planmäßigen, d.h. anstrebenswerten, d.h. optimalen) Auswirkungen berücksichtigt wurden, werden bei der Ermittlung obiger Sollkosten so behandelt als seien sie unverändert (konstant, starr) geblieben. Will man für die Kostenkontrolle noch genauere und aussagefähigere Vergleichsmaßstäbe ermitteln, so muss man die Sollkosten weiter differenzieren, um auch die kostenmäßigen Konsequenzen von Planabweichungen bei anderen Kostenbestimmungsfaktoren zu erkennen. Die Sollkosten sollen dann nicht nur anzeigen, wie sich die PK. verändern, wenn – bei Konstanz aller anderen Kosteneinflussgrößen – die Istbeschäftigung von der Planbeschäftigung abweicht, sondern auch wie sich die PK. verändern, wenn weitere oder alle Kostenbestimmungsfaktoren im Ist vom Plan abweichende, 595

Planung d.h. nicht-optimale, Werte annehmen. Man spricht in diesen Fällen von einer teil-flexiblen bzw. voll-flexiblen P. Die Kostenfunktion zeigt die Beziehungen zwischen den Sollkosten als abhängiger Größe und mehreren Kostenbestimmungsfaktoren als unabhängigen Variablen (Einflussgrößenrechnung). Eine flexible P., in der nur die variablen Kostenteile auf die Leistungen (= Kostenträger) verrechnet werden, bezeichnet man als Grenzplankostenrechnung (o Grenzkostenrechnung). Sie unterscheidet sich von einer flexiblen P. auf Vollkostenbasis vor allem in der Kostenträgerrechnung, weniger in der Kostenkontrolle. Nur eine Grenz-P. Ist in der Lage, alle Aufgaben der Kostenrechnung zufriedenstellend zu erfüllen.

zer, M./Küpper, H-U.: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 9. Aufl., 2008. Volker Breithecker Planung Zukunftsbezogene, zielgerichtete Tätigkeit zur Entscheidungsvorbereitung und Auswahl einer Alternative aus verschiedenen Handlungsalternativen. Nach dem Zeithorizont und den Objekten der Planung wird typischerweise zwischen einer strategischen und einer operativen Planungsebene unterschieden (o Planung, operative; o Planung, strategische). Lit.: Baum, H./Coenenberg, A.G./Günther, T.: Strategisches Controlling, 4. Aufl., 2007, S. 7-8; Klein, R./Scholl, A.: Planung und Entscheidung, 2004, S. 1-28.

P.-Systeme gibt es neben der beschriebenen klassischen, für kurzfristige Planungsaufgaben relevanten Form der Grenz-P. auch in anderen Varianten. Die (regelmäßig als Vollkostenrechnung konzipierte) o Prozesskostenrechnung ersetzt die Kostenstellenrechnung durch fixkostenlastige Leistungsprozesse, denen Kostentreiber zugeordnet werden. Für kurzfristige Planungsaufgaben ist diese Rechnung ungeeignet. Sie bietet aber eine höhere Aussagefähigkeit für mittel- bis langfristige Programmentscheidungen.

Planung, operative Ausgestaltung der Ergebnisse der o strategischen Planung (und ggf. taktischen Planung) durch präzisere und detailliertere Vorgabe von Maßnahmen für die nähere Zukunft.

Eine Kombination der Grenz-P. und der Prozesskostenrechnung wird in der Prozesskonformen Grenzplankostenrechnung versucht. Ziel ist eine präzisere Abbildung der direkten und indirekten Leistungsbereiche einer Unternehmung. Empirische Untersuchungen über die Eignung des Systems in der Praxis liegen noch nicht vor.

Lit.: Baum, H./Coenenberg, A.G./Günther, T.: Strategisches Controlling, 4. Aufl., 2007, S. 7-8; Welge, M./AlLaham, A.: Strategisches Management, 5. Aufl., S. 191-288.

Lit.: Haberstock, L.: Kostenrechnung II – (Grenz-)Plankostenrechnung, 10. Aufl., 2008 (bearbeitet von Breithecker, V.); Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007; Schweit596

Planung, strategische Im Gegensatz zur o operativen Planung globale Analyse der Erfolgsquellen einer Unternehmung und Entwicklung langfristig angelegter Konzepte zur Schaffung und Sicherung der Erfolgspotenziale einer Unternehmung.

Planungsrechnung Die P. ist Teil einer umfassenden Unternehmensrechnung und dient als zukunftsbezogene Vorschaurechnung der Entscheidungsvorbereitung im Rahmen des Planungsprozesses. Häufig integriert in computergestützte Planungsmodelle erfasst sie fortlaufend zukünftig geplante und erwartete quantitative Kennzahlen und ermöglicht eine Abstimmung einzel-

Preiskalkulation ner Teilpläne während der Planungsperioden. Wichtige Bestandteile der P. sind neben Umsatz-, Kosten- und Ergebnisplänen Investitions-, Finanz- und Bilanzpläne sowie Produktions- und Absatzpläne. Je nach Entscheidungsmodell findet eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente zur Entscheidungsvorbereitung in der P. Anwendung (z.B. Sensitivitätsanalysen, Simulationen, Netzplantechniken). Unterschieden werden können P. hinsichtlich ihrer Fristigkeit (langfristig, mittelfristig, kurzfristig), ihres Umfangs (Teil-, Gesamtplanung) oder ihres Inhalts (Ziel-, Maßnahmen-, Ablaufplanung). Lit: Eiselt, H.A./Sandblom, C.-L.: Operations Research, 2010; Berens, W./Delfmann, W.: Quantitative Planung, 3. Aufl., 2002. Planmäßige Abschreibung o Abschreibungen

Die P. durfte zwischenzeitlich sowohl nach HGB als auch nach IFRS zur Abbildung eines Zusammenschlusses unter Gleichen angewandt werden und war aufgrund ihrer ergebnisneutralen Ausgestaltung in der Praxis beliebt. Beide Regelwerke haben die Anwendbarkeit der P. jedoch zu Gunsten einer einheitlichen Abbildung von Unternehmenszusammenschlüssen nach der Erwerbs- bzw. Akquisitionsmethode abgeschafft. Portefeuille = o Portfolio Portfolio Im Wertpapiermanagement und in der Kapitalmarkttheorie der von einem Anleger gehaltende Bestand an Wertpapieren („Effekten-P.“). Im Kontext der Unternehmensführung auch auf andere Objekte bezogen, z.B. Produkt-P., KundenP., und Beteiligungs-P.

Platzkostenrechnung Verfeinerung und Detaillierung der o Kostenstellenrechnung. Dabei werden einzelne o Kostenstellen untergliedert in Kostenplätze, z.B. einzelne Maschinen (-gruppen).

Portfolio-Bewertung Bewertung einer Gruppe von Vermögenswerten als Ganzes, so dass Wertminderungen einzelner Vermögenswerte durch Wertsteigerungen anderer Vermögenswerte kompensiert werden können.

Plausibilitätsprüfungen o Prüfung des Jahresabschlusses

PRAP = passiver o Rechnungsabgrenzungsposten

Pooling-of-Interest-Methode Methode der o Kapitalkonsolidierung, bei der nicht von einem Erwerb bzw. einer Akquisition eines Unternehmens durch ein anderes, sondern wie bei der o Fresh-Start-Methode von einem „Zusammenschluss unter Gleichen“ (merger of equals) ausgegangen wird. Da kein Erwerb angenommen wird, werden die Vermögensgegenstände und Schulden der beteiligten Unternehmen nicht neubewertet. Auch kann bei dieser Methode kein Goodwill entstehen. Unterschiedsbeträge im Rahmen der Konsolidierung sind ergebnisneutral mit dem Konzerneigenkapital zu verrechnen.

Preisabweichung Differenz zwischen o Plankosten und o Istkosten, die auf Unterschiede zwischen den geplanten und den tatsächlichen Preisen der Verbrauchsgüter zurückzuführen ist (o Abweichungsanalyse). Preiskalkulation Festlegung des Absatzpreises aufgrund der entstehenden Kosten. Der Preis wird dabei typischerweise durch einen Gewinnaufschlag auf die o Stückkosten ermittelt (Kosten-plus-Regel, cost-pluspricing). Typisches Vorgehen im Rahmen der o Entgeltregulierung. 597

Preisobergrenze Preisobergrenze Entgelt, das für ein Gut auf dem Beschaffungsmarkt höchstens gezahlt werden kann, ohne dass eine Alternative, z.B. Selbsterstellung oder Einstellung der Produktion, günstiger ist. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 408-410; Reichmann, T.: Kosten und Preisgrenzen, 1973. Preisprüfung o Sonderprüfung, bei der die Rechtmäßigkeit von Preisen, z. B. nach bestimmten staatlichen Festlegungsregeln zustande gekommener Preise wie etwa nach den o Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP), überprüft wird. Preissteigerungsrücklage Eine Rücklage, in der Gewinne aufgrund von Preissteigerungen vorübergehend erfolgsneutral erfasst werden. In Deutschland war eine P. bis 1990 steuerlich zulässig. Preisuntergrenze Preis für Absatzprodukte, der mindestens gefordert werden muss, damit der Verkauf kurz- oder langfristig kostendeckend ist (kostenmäßige P.) oder die Fortsetzung der Produktion vorteilhafter ist als ihre Aufgabe; die variablen o Stückkosten bilden die absolute (kurzfristige) P. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, S. 378-408; Reichmann, T.: Kosten und Preisgrenzen, 1973. Present value = o Gegenwartswert Pretiale Lenkung Von Eugen Schmalenbach (1873-1955) entwickeltes System der Unternehmenssteuerung bei dezentraler Planung mit Hilfe von o Lenkungspreisen für Ein598

satzgüter und Zwischenprodukte (o Verrechnungspreise). Lit.: Schmalenbach, E.: Pretiale Wirtschaftslenkung, 2 Bände, 1947/48. Price-Earnings-Ratio = o Kurs-Gewinn-Verhältnis Primärabweichung Abweichung, die nur auf eine Abweichungsursache zurückzuführen ist, z.B. eine Kostenabweichung beim Materialverbrauch aufgrund einer gestiegenen Verbrauchsmenge (o Abweichungsanalyse). Primäre Kosten o Kosten, primäre Primäre Kostenarten o Kostenarten Prime Standard Marktsegment der Frankfurter Wertpapierbörse, in dem Unternehmen strengere, über die gesetzlichen Mindestanforderungen für den regulierten Markt (o General Standard) hinausgehende Anforderungen wie z. B. Quartalsberichterstattung in deutscher und englischer Sprache erfüllen müssen. Eine Zulassung zum Prime Standard ist eine Voraussetzung, um in die Auswahlindizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX gelangen zu können. Principal-Agent 1. Agency-Theorie Auftragsbeziehungen prägen das Wirtschaftsleben. Die Beziehung zwischen Gesellschaftern oder Gläubigern einer Unternehmung und deren Management bzw. zwischen Vorgesetzten und Untergebenen innerhalb dieser Unternehmung lässt sich als eine Auftragsbeziehung betrachten. Die Analyse von Auftragsbeziehungen ist Gegenstand der AgencyTheorie. Aus deren Sicht nehmen die Gesellschafter oder Gläubiger bzw. die Vorgesetzten die Rolle der Auftraggeber oder Prinzipals (P.) ein, Management

Principal-Agent bzw. Untergebene sind deren Auftragnehmer oder Agents (A.). In den Untersuchungen der Agency-Theorie geht man davon aus, dass die A. über die von ihnen im Auftrag und Interesse der P. durchzuführenden Tätigkeiten besser informiert sind als ihre P. Aus Sicht der P. sollen die A. gerade diesen Informationsvorsprung zum Vorteil der P. nutzen. Ein Vorschreiben bestimmter Handlungen des A. durch den P. ist daher nicht sinnvoll. Durch die Handlungen des A. werden jedoch auch seine Eigeninteressen berührt. Daher entstehen Probleme, wenn die Interessen von P. und A. konfligieren. Dann kann der A. seinen Informationsvorsprung nutzen, um persönliche Ziele zum Nachteil des P. zu verfolgen. Dies ist selbst dann möglich, wenn der P. die Handlungen des A. beobachten kann. Denn der A. kann Informationen über den Umfang seiner Handlungsmöglichkeiten und deren Risiken vor dem P. verbergen (hidden information). Darüber hinaus kann der A. Handlungsalternativen wählen, die für den P. nicht beobachtbar sind (hidden action). Vor diesem Hintergrund untersucht die Agency-Theorie die institutionelle Gestaltung der Beziehung zwischen P. und A.: – aus einer normativen oder entscheidungslogischen Sicht (principalagent literature); – aus einer explikativen, auf Beschreibung und Erklärung ausgerichteten Sicht (positive agency literature). 2. Rolle des Rechnungswesens Das o Rechnungswesen kann als ein Instrument für die institutionelle Gestaltung der Beziehungen von P. und A. angesehen werden: Das interne Rechnungswesen z.B. für die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, das externe Rechnungswesen entsprechend für die Beziehungen zwischen Ge-

sellschafter oder Gläubiger und Management. In diesem Sinne lässt sich etwa die externe Rechnungslegung als gesetzlich geregelter Teil der allgemeinen Geschäftsbedingungen von Finanzierungsverträgen ansehen. Dabei hat das Rechnungswesen drei Funktionen (o Jahresabschluss, Funktionen): – Es dient als Informations-, Überwachungs- und Kontrollinstrument für den P. – Es ist Grundlage für die Abgrenzung der Kompetenzen von A. und P. im Hinblick auf die künftige Verfügung über finanzielle Ressourcen. – Es stellt die Bemessungsgrundlagen für ein Anreizsystem bereit, mit dem die P. die Handlungen der A. auf ihre Interessen ausrichten können. Auch Fragen der Kontrolle des Rechnungswesens, etwa die nach der Unabhängigkeit des o Wirtschaftsprüfers, können unter dem Aspekt von P.-A.-Beziehungen untersucht werden, wobei ebenfalls Information und Kontrolle, Kompetenzabgrenzung und Anreizwirkung die Agency-Überlegungen prägen. 3. Einzelfunktionen des Rechnungswesens a) Information und Kontrolle. Als Informationsinstrument verringert das Rechnungswesen den Informationsvorsprung des A. Es verhindert zumindest teilweise die unentdeckte Nutzung oder Nichtnutzung für den P. zunächst verborgener Informationen zu seinem Nachteil und macht verborgene Handlungen des A. in ihren Folgen für den P. offenbar. Das Rechnungswesen zwingt den A. aber nicht, alle ihm verfügbaren Informationen vor seinen Entscheidungen an den P. zu übertragen und damit eine vollständige Kontrolle des P. sicherzustellen. Nicht nur wegen der hohen Kosten für Informationsübertragung und -auswer599

Principal-Agent tung wäre eine solche Regelung ineffizient. Sie würde auch verhindern, dass P.-A.-Beziehungen zustande kämen. Dies wiederum hätte negative Folgen für die gesamte volkswirtschaftliche Arbeitsund Wissensteilung. Denn der A. tritt in eine solche P.-A.-Beziehung nicht ein, wenn er seinen Informationsvorsprung vor jeder Entscheidung ohne persönlichen Vorteil preisgeben müsste. Verbunden mit den dazugehörigen Informationspflichten ist das Rechnungswesen aus dieser Sicht ein „idealer“ Kompromiss zwischen dem Informations- und Kontrollbedürfnis des P. und dem Bedürfnis nach Handlungsfreiheit und wirtschaftlicher Verwertung der Informationsvorsprünge beim A. Für P. und A. ist es daher sinnvoll, sich freiwillig auf Rechnungslegungspflichten zu einigen, solange die Befolgungskosten für A. unter dem Nutzenzuwachs für P. liegen und eine Nutzenarbitrage möglich ist. Gesetzliche Publizitätsvorschriften sind dann nicht erforderlich. Solche Vorschriften können sogar schädlich sein, wenn die Befolgungskosten den Nutzenzuwachs übersteigen.

barungsabhängige Verhaltensbedingungen für den A. verknüpfen. Dies gilt besonders für die mit dem handelsrechtlichen Jahresabschluss verknüpfte Ausschüttungsbemessungsfunktion. Sie grenzt nicht nur die Mittelverwendungskompetenzen des Managements als A. und der Gesellschafter als deren P. gegeneinander ab. Sie schränkt auch die Kompetenzen von Managern und Gesellschaftern gegenüber den Gläubigern ein, die aufgrund der Fremdfinanzierungsverträge ebenfalls als P. der Manager gelten können. In diesem Sinne besteht eine mehrfache P.-A.-Beziehung für die Manager.

Eine großzügige Offenlegungspolitik des A. senkt die Informationsunsicherheit des P. Bei risikoabgeneigten P. erhöhen sich dadurch die Anteilswerte, für die Unternehmung vermindern sich die Kapitalkosten um die Senkung des Risikozuschlags. Knüpft das Vergütungssystem für A. an den o Shareholder Value an, so ergibt sich daraus ceteris paribus ein verstärkter Anreiz zu offener Informationspolitik. Die Art der Informationspolitik kann sogar die internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen. Länder mit traditionell offener Informationspolitik (USA) arbeiten mit geringeren Kapitalkosten als Länder mit bislang eher restriktiver Informationspolitik (BRD).

Insb. eine prozentuale Beteiligung durch Boni am handelsrechtlichen Jahresüberschuss wird dabei als fehllenkendes Anreizsystem dargestellt. Die wichtigsten Gesichtspunkte sind:

b) Kompetenzabgrenzung. Mit Messergebnissen des Rechnungswesens lassen sich allgemeine gesetzliche oder verein600

Die konkrete Kompetenzverteilung ist freilich davon abhängig, welche speziellen Anforderungen an die Ermittlung der Ergebnisse vom A. zu beachten sind (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung). c) Bemessungsgrundlage für Anreizsysteme. Anreizsystemen für den A. und ihrer Verträglichkeit mit den vom P. angestrebten Zielen gilt das Hauptaugenmerk vieler Agency-Theoretiker.

– Eine für ein Anreizsystem i.S. des P. für notwendig gehaltene Abbildung des Gesamtwertes der Unternehmung (o Unternehmensbewertung) bietet das handelsrechtliche Rechnungswesen nicht. Die Koppelung der Anreize an das handelsrechtliche o Realisationsprinzip führt insb. zur Belohnung kurzfristig realisierbarer Ergebnisse auf Kosten der Schaffung langfristiger Erfolgspotentiale, z.B. wegen der Nichtaktivierbarkeit von Forschungs- und Entwicklungsaufwand. Bei Management Accounting Systemen und beim Strategic Funds App-

Principles-Based Accounting roach hat man versucht, diesen Mangel durch Einrechnung strategischer Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage zu beheben. – Die Koppelung der Anreize an den Unternehmungserfolg oder den Erfolg großer Teilbereiche (z.B. ProfitCenter) statt an den individuellen Leistungsbeitrag reizt zum Trittbrettfahrerverhalten an. Um diese Wirkung einzuschränken, müsste das Rechnungswesen Indikatoren für den Leistungsbeitrag des einzelnen A. zum Gesamtergebnis der Unternehmung bereitstellen. – Das dabei zu lösende Zurechnungsproblem im Rechnungswesen setzen viele Befürworter strategisch-orientierter Anreizsysteme als gelöst voraus. Sie empfehlen als Berücksichtigung der Schaffung strategischer Erfolgspotentiale und individuelle Sollvorgaben. An der positiven Abweichung des individuellen Ist-Ergebnisses vom Sollergebnis soll der A. dann prozentual beteiligt werden. Eine entsprechende Beteiligung an Kollektivergebnissen tritt nur noch ergänzend hinzu. – P.-A.-Modellergebnisse deuten sogar auf eine 100-prozentige Beteiligung von A. an der Überschreitung einer hoch angesetzten Sollvorgabe als optimales Anreizsystem hin. Bei der Festlegung einer „realisierten“ Sollvorgabe gibt es allerdings wenig beachtete Informationsprobleme. Sind dabei Angaben des A. erforderlich, so stellt sich nämlich zusätzlich die Frage nach einem Anreizsystem für eine unverfälschte Informationsübertragung an den P. 4. Anwendungsbereich Die Agency-Theorie bietet im Hinblick auf das Rechnungswesen einen Bezugsrahmen für die Einordnung und die systematische Diskussion der Funktion des Rechnungswesens, insb. soweit sich das

Rechnungswesen als (impliziter) Bestandteil von vertraglich festgelegten P.A.-Beziehungen und nicht allein als eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung verstehen lässt. Sie untersucht Fragen der P.-A.-Beziehungen allerdings nur in einem allgemeinen Rahmen. Spezielle Aussagen, z. B. zum Inhalt von GoB, werden damit bislang nicht verbunden. I.d.R. bezieht sich die Analyse auch auf eine einzige P.-A.-Beziehung. Die Analyse mehrfacher P.-A.-Beziehungen steht noch in den Anfängen. Lit.: Ballwieser, W.: Auditing in an Agency Setting, in: Bamberg, G./Spremann, K. (Hrsg.): Agency Theory, Information, and Incentives, 1989, S. 327-346; Barnea, A./Haugen, R.A./Senbet, L.W.: Agency Problems and Financial Contracting, 1985; Elschen, R.: Shareholder Value und Agency-Theorie, in: BFuP 1991, S. 209-220; Ewert, R.: Rechnungslegung, Gläubigerschutz und Agency Probleme, 1986; Ewert, R.: The Financial Theory of Agency as a Tool for an Analysis of Problems in External Accounting, in: Bamberg, G./Spremann, K. (Hrsg.): Agency Theory, Information, and Incentives, 1989, S. 281-309; Fricke, F.: Asymmetric Information between Investors and Managers under the New German Accounting Legislation, in: Bamberg, G./Spremann, K. (Hrsg.): Agency Theory, Information, and Incentives, 1989, S. 311-326; HartmannWendels, T.: Agency-Theorie und Publizitätspflicht nicht börsennotierter Kapitalgesellschaften, in: BFuP 1992, S. 412425; Watts, R.L./Zimmermann, J.L.: Positive Accounting Theory, 1986. Rainer Elschen Principles-Based Accounting Rechnungslegungssystem, welches stark prinzipiengebunden ist, d. h. das nicht versucht, für jeden Einzelfall eine detaillierte Regel abzubilden. Das o RulesBased Accounting bildet das Gegenstück zum P. 601

Privateinlagen Lit.: Watrin, C./Strohm, C.: PrinciplesBased Accounting Standards – Paradigmenwechsel der US-Rechnungslegung?, in: KoR 2/2006, S. 123-127. Privateinlagen Geldmittel oder Gegenstände aus dem Privatvermögen des Unternehmens, die dem Unternehmen zur betrieblichen Nutzung überlassen werden (o Personengesellschaft). Private Kosten o Kosten, private Privatentnahmen Entnahme von Wirtschaftsgütern durch den Unternehmer für betriebsfremde Zwecke (o Personengesellschaft). Proactive Accounting Activities in Europe (PAAinE) Initiative der o European Financail Reporting Advisory Group (EFRAG) und einer Gruppe europäischer nationaler Standardsetzer. Ziel der Initiative ist es, eine europäische Sicht zu vertreten und sich verstärkt in den internationalen Standardsetzungsprozess einzubringen, indem Debatten um bedeutende Projekte auf der Agenda des o IASB bereits ab einer frühen Phase gefördert werden und somit pro-aktiver Beitrag geleistet wird. Aus der Arbeit der P.-Initiative sind mehrere Diskussionspapiere zu aktuellen Fragen der Rechnungslegung hervorgegangen. Produktionscontrolling Teilgebiet des o Controllings, in dem die Planung, Kontrolle und Steuerung von Produktionsaktivitäten im Vordergrund steht. Produktionserfolgsrechnung Nach dem o Gesamtkostenverfahren aufgestellte kurzfristige o Erfolgsrechnung, in die o Kosten und Erlöse der produzierten Leistungen erfasst werden. Durch die Erfassung der Kosten der Produktionsmenge ist es – anders als bei einer o Absatzerfolgsrechnung – notwen602

dig, Veränderungen der Lagerbestände als Bestandserhöhung oder -minderung auszuweisen. Produktionsprogrammplanung Typisches Anwendungsgebiet der (mehrstufigen) o Deckungsbeitragsrechnung. Kurzfristig sind alle Produkte mit positivem Deckungsbeitrag in das Programm aufzunehmen. Langfristig ist auch eine Deckung der Fixkosten anzustreben. In Engpasssituationen sind auch o Opportunitätskosten zu berücksichtigen, die durch die Verdrängung anderer Produkte entstehen. Produktivität o Wirtschaftlichkeit Profit Center Organisatorische Einheit eines Unternehmens, für dessen Gewinn oder Verlust der Leiter verantwortlich ist (häufig bei gegebener Kapazität). Pro-forma-Kennzahlen 1. Einführung und begriffliche Abgrenzung Unter den Begriff der P. werden rechnungswesenbasierte Kennzahlen gefasst, die durch bestimmte Anpassungen aus verpflichtend zu publizierenden Größen abgeleitet werden. Typischerweise handelt es sich bei P. um Ergebnisgrößen. Für sie hat sich daher auch der Begriff pro forma earnings (im angloamerikanischen Sprachraum auch non-GAAP earnings) durchgesetzt. P. werden meist durch Adjustierung um bestimmte Aufwands-, zum Teil aber auch Ertragsbestandteile aus dem normierten (z.B. nach HGB oder IFRS ermittelten) Jahresergebnis abgeleitet. Der Nutzen von P. für Investoren soll in einer erhöhten Prognosetauglichkeit liegen, die durch Bereinigung um Einmaleffekte sowie außerbetriebliche und andere Sondereinflüsse, welche für wenig prognoserelevant gehalten werden, angestrebt wird. Zu den häufigsten Bereini-

Pro-forma-Kennzahlen gungen zählen außerplanmäßige Wertberichtigungen (impairment losses), Veräußerungserfolge (disposal gains/losses) und Restrukturierungsaufwendungen (restructuring charges), mitunter aber auch regelmäßig wiederkehrende, jedoch zahlungsunwirksame Ergebniskomponenten wie Aufwendungen aus der Ausgabe von vergütungshalber gewährten Aktienoptionen. Im Gegensatz zu sog. Pro-forma-Abschlüssen, mit deren Hilfe Unternehmen im Rahmen einer Als-ob-Betrachtung die Auswirkungen von Unternehmenstransaktionen, Methodenwechseln oder anderen Diskontinuitäten auf Vorjahreszahlen darstellen, handelt es sich bei P. stets um verdichtete Einzelgrößen, die zusätzlich zu regulären Abschlüssen entweder von den Unternehmen selbst publiziert oder von Analysten bzw. Investoren auf der Grundlage publizierter Daten ermittelt werden. Weitgehend standardisierte earnings before-Kennzahlen, wie etwa das finanzierungs- und steuerneutrale operative Ergebnis (EBIT; earnings before interest and taxes) und das EBITDA, welches durch die zusätzliche Addition von Abschreibungen (depreciation and amortization) einer operativen Cashflow-Größe nahekommt, ergeben sich hingegen als Zwischensummen innerhalb der regulierten Gewinn- und Verlustrechnung. Sie sind damit keine P. im engeren Sinne. 2. Zwecke und Missbrauchspotential P. werden – meist in Geschäftsberichten, Pressemitteilungen oder o Börsenzulassungsprospekten – üblicherweise an hervorgehobener Stelle platziert. Da es sich um freiwillige Angaben handelt, unterliegen P. regelmäßig nicht der gesetzlichen Abschlussprüfung. Grundsätzlich können Unternehmen mit der Angabe von P. zwei idealtypische Zwecke verfolgen, deren Gewichtung für Außenstehende jedoch nicht ersichtlich ist.

a) Bereitstellung entscheidungsnützlicher Informationen. Zum einen können Unternehmen mit Hilfe von P. ihre nachhaltige operative Ertragskraft betonen, indem sie das regulierte Jahresergebnis (je Aktie) um Einmaleffekte und nichtoperative Komponenten bereinigen. Aus Investorensicht sind so verstandene P. positiv zu beurteilen, da sie häufig eine bessere Prognose künftiger Ergebnisse und Cashflows erlauben, als dies auf der Grundlage regulierter Ergebnisgrößen möglich ist. Ein verbreitetes Beispiel ist das Ergebnis nach DVFA/SG. Dieses von Sondereinflüssen bereinigte Jahresergebnis war von der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management gemeinsam mit der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. ursprünglich für HGBBilanzierer konzipiert worden. Später war die DVFA bestrebt, unter dem Titel value-based earnings (VBE) eine standardisierte P. für IFRS-Abschlüsse im europäischen Kapitalmarkt zu verankern. Auch die von der Rating-Agentur Standard & Poor’s propagierten core earnings verfolgen das Ziel einer verbesserten Prognosetauglichkeit. Die empirische Prognosekraft solcher Größen ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, da diese wesentlich von der Volatilität der zu Grunde liegenden Geschäftstätigkeit abhängt. Generell ist die Einordnung von Transaktionen und Ereignissen als (nicht) wiederkehrend bzw. (nicht) dem Kerngeschäft zugehörig für externe Bilanzleser schwierig, weil deren Zugriff auf interne Daten begrenzt ist. b) Opportunistische Darstellung der Ertragskraft. Entscheidet das Management, welche Bereinigungen für die Ermittlung von P. vorgenommen werden, besteht die Gefahr, dass es seine gegenüber dem Kapitalmarktpublikum bestehenden Informationsvorsprünge ausnutzt: So könnten Unternehmen bei der Ermittlung von P. opportunistisch Einmalerträge als wiederkehrend und regelmäßige 603

Pro-forma-Kennzahlen Aufwendungen als prognose-irrelevant behandeln, um ihre finanzielle Situation gegenüber den regulierten Ergebnisgrößen vorteilhafter erscheinen zu lassen. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn die Unternehmen die Ermittlungsweise ihrer P. nicht – beispielsweise im Rahmen einer Überleitungsrechnung zu den regulierten Größen – offen legen. Im Zusammenhang mit dem Anreiz, einen zeitlich geglätteten, stetig ansteigenden Ergebnisstrom auszuweisen, ergibt sich die Gefahr der Manipulation und in der Folge von Fehldispositionen auf Anlegerseite. c) Empirische Evidenz. Inwiefern P. in der Praxis tatsächlich eine höhere Prognosekraft als normierte Größen aufweisen (Signalisierung der nachhaltigen Ertragskraft) bzw. eher aus opportunistisch-manipulativen Motiven berichtet werden (Irreführung der Anleger), ist in einer Reihe empirischer Studien vor allem mit US-Daten untersucht worden. Tatsächlich gibt es stützende Befunde für beide Thesen. Für die Nachhaltigkeitsthese sprechen etwa Studien, die eine höhere Wertrelevanz und höhere Repräsentativität von P. für die nachhaltige Rentabilität im Vergleich zum Abschlussergebnis belegen konnten (vgl. z.B. Bhattacharya et al., 2003). Auch wurde gezeigt, dass gerade diejenigen Unternehmen, deren Abschlussergebnis einen geringeren Informationsgehalt für Anleger aufweist, häufiger P. berichten, die dann meist auch einen höheren Informationsgehalt haben (vgl. Lougee/Marquardt, 2004). Andere Befunde sind hingegen eher mit der Irreführungsthese konsistent. So wurde u.a. nachgewiesen, dass Manager zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedliche Aufwandspositionen aus dem Abschlussergebnis herausrechnen, z.T. auch um wiederkehrende Aufwendungen korrigieren, oder P. angeben, die nicht nachvollziehbar aus dem Abschlussergebnis hergeleitet werden können (vgl. Bhattacharya et al., 2004; Hitz, 2010). 604

Zur Auswirkung publizierter P. auf Investorenentscheidungen liegen experimentelle Studien vor. Sie zeigen, dass sich insbesondere nicht-professionelle Investoren von irreführenden P. täuschen lassen und durch sie zu verzerrten Urteilen und Kaufentscheidungen kommen (vgl. Elliot, 2006). Von wesentlichen Diskrepanzen zwischen (negativen) Abschlussergebnissen und (positiven) P. lassen sich selbst Finanzanalysten beeinflussen (vgl. Andersson/Hellman, 2007). Trotz der weiten Verbreitung von P. auch in Deutschland fehlt es hierzulande bisher weitgehend an empirischen Untersuchungen, die über deskriptive Bestandsaufnahmen (z.B. Hitz/Jenniges, 2008; Küting/Heiden, 2002) hinausgehen. Erste Hinweise bietet die Studie von Großmann (2007), die in einer Untersuchung für die Geschäftsjahre 2000 bis 2003 u.a. gezeigt hat, dass selbst in der Berichterstattung von earnings before-Kennzahlen wie dem EBITDA mit zukünftigen negativen Cashflows korrelierte Aufwendungen herausgerechnet werden. 3. Regulierung In den USA schreibt seit 2002 der Sarbanes-Oxley Act in Abschnitt 401(b) zwei Grundregeln zur Angabe von P. vor: Danach dürfen diese erstens keine irreführenden Angaben oder Auslassungen wesentlicher Tatsachen enthalten und müssen zweitens auf die regulierten Finanzkennzahlen übergeleitet werden. Diese Vorgaben wurden von der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) 2003 in Form der sog. Regulation G ausgestaltet. Seither müssen Unternehmen im Zusammenhang mit P. irreführende Bezeichnungen vermeiden, die entsprechenden regulierten Größen an zumindest gleichberechtigter Stelle ausweisen sowie die Nützlichkeit von P. aus Investorensicht begründen. Mittlerweile liegen einige empirische Studien vor, die den Erfolg der US-amerikanischen Regulierung zu bestätigen schei-

Pro-forma-Kennzahlen nen. So stellen weniger Unternehmen P. in einer potentiell irreführenden Weise – z.B. durch gezielte Betonung oder irreführende Begriffsverwendungen – dar und setzen sie in weniger starkem Ausmaß Gewinn steigernd ein (vgl. z.B. Heflin/Hsu, 2008). Derart weit reichende gesetzliche Restriktionen für die Berichterstattung von P. gibt es in Deutschland bislang nicht. Auf europäischer Ebene hat allerdings das Committee of European Securities Regulators (CESR) im Jahr 2005 Empfehlungen zur Publizität von P. verabschiedet, die jedoch (bisher) nicht verpflichtend sind. In Deutschland ist seit 2002 lediglich im Rahmen der Ad-hoc-Publizität vorgeschrieben, dass veröffentlichte Kennzahlen „im Geschäftsverkehr üblich sein und einen Vergleich mit den zuletzt genutzten Kennzahlen ermöglichen“ (§ 15 Abs. 1 S. 6 WpHG) müssen. Dadurch wird zumindest im Rahmen der Ad-hoc-Publizität eine völlige Beliebigkeit der Berichterstattung von P. unterbunden. Allerdings fehlen derzeit noch standardisierte Regeln für die Berechnung von P., zur Zulässigkeit bestimmter Bereinigungen oder auch nur für eine verpflichtende Überleitungsrechnung zu den regulierten Größen, um die Nachvollziehbarkeit der P. sicherzustellen. Lit.: Andersson, P./Hellman, N.: Does Pro Forma Reporting Bias Analyst Forecasts?, in: EAR 2007, S. 277-298; Arbeitskreis DVFA/Schmalenbach-Gesellschaft e.V.: Empfehlungen zur Ermittlung prognosefähiger Ergebnisse, in: DB 2003, S. 1913-1917; Bhattacharya, N./ Black, E.L./Christensen, T.E./Larson, C.R.: Assessing the Relative Informativeness and Permanence of Pro Forma Earnings and GAAP Operating Earnings, in: JAE 2003, S. 285-319; Bhattacharya, N./ Black, E.L./Christensen, T.E./Mergenthaler, R.D.: Empirical Evidence on Recent Trends in Pro Forma Reporting, in: Accounting Horizons 2004, S. 27-43;

CESR – The Committee of European Securities Regulators: CESR Recommendation on Alternative Performance Measures, Ref: CESR/05-178b; Elliott, W.B.: Are Investors Influenced by Pro Forma Emphasis and Reconciliations in Earnings Announcements?, in: TAR 2006, S. 113-133; Gronewold, U./Sellhorn, T.: Pro Forma Earnings, in: DBW 2009, S. 107-111; Großmann, B.: Die Proforma-Berichterstattung in Deutschland: Eine empirische Untersuchung zum Informationsgehalt und zur Bewertungsrelevanz von Pro-forma-Ergebnissen, 2007; Heflin, F./Hsu, C.: The Impact of the SEC’s Regulation of Non-GAAP Disclosures, in: JAE 2008, S. 349-365; Heiden, M.: Pro-forma-Berichterstattung: Reporting zwischen Information und Täuschung, 2006; Hillebrandt, F./Sellhorn, T.: Pro-Forma-Earnings: Umsatz vor Aufwendungen? – Eine kritische Analyse aktueller Forschungsergebnisse und Regulierungsbemühungen, in: KoR 2002, S. 153-154; Hitz, J.-M.: Press Release Disclosure of ‘Pro Forma’ Earnings Metrics by Large German Corporations – Empirical Evidence and Regulatory Recommendations, in: AiE 2010, S. 6386; Hitz, J.-M./Jenniges, V.: Publizität von Pro-forma-Ergebnisgrößen am deutschen Kapitalmarkt – empirischer Befund für die IFRS-Rechnungslegung großer deutscher Kapitalgesellschaften, in: KoR 2008, S. 236-245; Küting, K./Heiden, M.: Pro-Forma-Ergebnisse in deutschen Geschäftsberichten – Kritische Bestandsaufnahme aus Sicht der Erfolgsanalyse, in: StuB 2002, S. 1085-1089; Lougee, B.A./Marquardt, C.A.: Earnings Informativeness and Strategic Disclosure: An Empirical Examination of “Pro Forma” Earnings, in: TAR 2004, S. 769-795; SEC: Final Rule: Conditions for Use of Non-GAAP Financial Measures, 17 CFR PARTS 228, 229, 244 and 249 (Release No. 33-8176; 34-47226; FR-65; FILE NO. S7-43-02), RIN 3235-A169. Ulfert Gronewold /Thorsten Sellhorn 605

Prognosebericht Prognosebericht 1. Begriff und Abgrenzung zum Lagebericht Der P. ist Pflichtbestandteil des o Lageberichts gem. § 289 (1) S. 4 HGB bzw. § 315 (1) S. 5 HGB und wird im Deutschen Rechnungslegungsstandard (DRS) 15 konkretisiert. Er bildet die gesetzliche Grundlage der zukunftsorientierten Berichterstattung. 2. Phasen der gesetzlichen Normierung Die gesetzliche Entwicklung des Lageberichts und somit auch des P. kann in drei Phasen eingeteilt werden: Bis 1986 bestand für Kapitalunternehmen keine gesetzlich bindende Verpflichtung einer zukunftsgerichteten Berichterstattung (1. Phase). Mit der Normierung des Lageberichts durch das Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) im Handelsgesetzbuch im Jahre 1986 wurde diese obligatorisch (2. Phase). Schließlich wurde der P. durch die Neugestaltung des Lageberichts durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) als Folge der EU-Modernisierungsrichtlinie 2003/51/ER und die Verabschiedung des DRS 15 neu strukturiert (3. Phase). Dadurch wurde aus der bisherigen Kann-Vorschrift eine umfassendere Soll-Vorschrift. 3. Inhalt Nach § 289 (1) S. 4 soll „im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken beurteilt und erläutert und zugrunde liegende Annahmen angegeben werden“. Darüber hinaus regelt DRS 15, welche Informationen obligatorisch (DRS 15.8491) und fakultativ (DRS 15.120-123) zu berichten sind. Vor dem Hintergrund der erwarteten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind die wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern. Konkret sollen etwa Aussagen zur Geschäftspolitik, zu Absatzmärkten, Verfahren, neuen Produkten, zum Investitionsvolumen sowie insbesondere zur 606

Ertrags- und Finanzlage getroffen und in einer Gesamtaussage zusammengefasst werden. Ab Abschlussstichtag sollen mindestens 2 Jahre prognostiziert werden. Der P. soll eine fundierte Beurteilung der Unternehmenslage durch die Berichtsadressaten ermöglichen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass verschiedene Einflüsse den P. gegebenenfalls verzerren können. So kann die subjektive Wahrnehmung eines Unternehmens der eigenen zukünftigen wirtschaftlichen Lage oder die Intention zur Steuerung von Kapitalmarkterwartungen den Informationsgehalt für die Adressaten wesentlich beeinflussen. Auch die Finanz- und Wirtschaftskrise 2007-2009 behindert die Prognosefähigkeit vieler Unternehmen. Aus diesem Grund können nach der Verlautbarung des DRS vom 27.03.2009 die Trendaussagen für einen beschränkten Krisenzeitraum auch allgemeiner und weniger konkret gehalten werden. Nach herrschender Meinung wird dem Lagebericht und dem P. im Allgemeinen kein Schutzcharakter zugesprochen; die Adressaten können Bestandteile des Berichts also grundsätzlich nicht einklagen. 4. Empirische Erkenntnisse Die Bedeutung des P. wurde im Rahmen empirischer Untersuchungen sowohl für Unternehmen als auch für seine Adressaten bestätigt. Des Weiteren wurde gezeigt, dass die Art und Weise der Prognosetätigkeit des Managements einen bedeutenden Einfluss auf die Adressaten und insbesondere auf die Ertragsprognosen von Finanzanalysten hat. So wird die qualitative Prognose als einfach zu treffen und relativ verlässlich beschrieben, während die quantitative Prognose zwar eine größere Irrtumswahrscheinlichkeit impliziert, jedoch vom Kapitalmarkt als aussagekräftiger wahrgenommen wird. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen, dass Punktprognosen größeres Vertrauen bei Investoren hervorrufen als Intervallprognosen, obwohl letztere einen höhe-

Projektstandsrechnung ren Informationsgehalt aufweisen. Gegenstand der Forschung ist ebenso die Umsetzung der Pflicht zur Prognoseberichterstattung deutscher Unternehmen. Die Untersuchungen kommen sämtlich zu dem Schluss, dass die Anforderungen nur unzureichend erfüllt werden vor allem bei Unternehmen, die in einem weniger bedeutenden oder in keinem Börsenindex notiert sind. Die Güte der Prognoseberichterstattung nimmt jedoch im Zeitablauf zu. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 9. Aufl., 2007; Knauer, T./ Wömpener, A.: Prognoseberichterstattung nach DRS 15, in: CF biz 2010, S. 84-92; Sellhorn, T./Ruhwedel, F./Lerchenmüller, J.: Prognoseberichterstattung in Aufschwung und Krise – Eine empirische Untersuchung der DAX-Unternehmen, in: DB 2009, S. 1305-1313. Wolfgang Berens/ Andreas Wömpener Prognosekostenrechnung o Kostenrechnungssysteme Prognosepublizität Öffentliche, zukunftsorientierte Berichterstattung eines Unternehmens über seine erwartete wirtschaftliche Entwicklung an externe Adressaten. Die P. kann verbal (qualitativ) und/oder zahlenmäßig (quantitativ), periodisch (z.B. o Prognosebericht als Teil des o Lageberichts) und/oder fallweise (z.B. o Börsenzulassungsprospekt) erfolgen. Progressive Abschreibung o Abschreibung, progressive Progressive Kosten o Kosten, fixe und variable Progressive Prüfung o Prüfungsmethoden Projected Unit Credit Method = o Pensionsrückstellungen

Projektcontrolling Planung, Steuerung und Kontrolle von Projekten durch ein hierauf ausgerichtetes o Controlling. Lit.: Fiedler, R.: Controlling von Projekten, 5. Aufl., 2010. Projektspezifische Kostenstelle = o Ausgliederungsstelle Projektstandsrechnung 1. Einordnung und Zielsetzung Die P. ist eine Teilaufgabe des o Controllings von Projekten (Projekt- oder Multiprojektcontrolling). Als eine mehrperiodige, zahlungsorientierte Planungsund Kontrollrechnung zielt sie ab auf eine vorausschauende und projektbegleitende wertmäßige Beurteilung des periodisierten Stands (Fortschritts) einzelner oder mehrerer Projekte. Im Kontext des o Rechnungswesens hat die P. eine besondere Bedeutung innerhalb des Controllings von (Investitions-) Projekten in Form von Geschäftsbereichen oder Beteiligungsgesellschaften (o Beteiligung) erlangt. 2. Anwendung im Geschäftsbereichsoder Beteiligungscontrolling Auf der Planungsebene werden die vermeintlich jeweils von einzelnen Geschäftsbereichen bzw. Beteiligungen verursachten finanziellen Auswirkungen prognostiziert und mithilfe einer detaillierten (projekt- und periodenspezifischen) Finanzierungsrechnung erfasst. Aus dieser Finanzierungsrechnung werden die projektspezifisch jeweils erwarteten o Cashflows ermittelt und jeweils mit einer dem projektspezifischen Risiko vergleichbar ausgestatteten Kapitalmarktanlage, deren Volumen dem projektspezifisch eingesetzten o Kapital entspricht, gegenübergestellt. Dabei wird der Fortschritt der betreffenden Projekte jeweils gedanklich auf einem entsprechenden Projektkonto festgehalten, auf dem die zugehörigen Cashflows einge607

Proportionale Kosten zahlt und einer risikoadjustierten Verzinsung unterzogen werden. Auf dieser Basis kann für jedes einzelne Projekt zu jedem periodenspezifischen Referenzzeitpunkt der prognostizierte Projektstand des zugrunde liegenden Geschäftsbereichs (bzw. der zugrunde liegenden Beteiligung) verglichen werden mit dem Projektkontostand der zugehörigen alternativen Kapitalmarktanlage. Anhand des Vergleichs der betreffenden Kontostände lässt sich dann für ein jedes Projekt (Geschäftsbereich bzw. Beteiligung) als Projektstand die Wertentwicklung des jeweils eingesetzten Kapitals ermitteln. Dabei trägt ein Geschäftsbereich (bzw. eine Beteiligung) vermeintlich jeweils dann zur Wertsteigerung bei, wenn er (bzw. sie) auf Basis einer verlässlichen Prognose längerfristig die Wiedergewinnung des eingesetzten Kapitals inklusive der seitens der Kapitalgeber eingeforderten Kapitalverzinsung übersteigt.

lungsinstrumentarium dar, welches mit der Zielsetzung des Shareholder Value (o Shareholder Value-Konzept) konsistent ist. So basiert die Beurteilung des Beitrags einzelner Geschäftsbereiche (bzw. Beteiligungen) zum Unternehmenswert zu Planungs- und Kontrollzwecken auf einem gemeinsamen Instrumentarium. Zudem ermöglicht die P. detaillierte Einblicke in geplante sowie tatsächliche Entwicklungsverläufe von Projekten, da von einer Verdichtung der Projektinformationen in Form einer einzelnen Kennzahl abgesehen wird. Gleichwohl gehört die P. innerhalb der (deutschen) Unternehmenspraxis bisweilen eher selten zum implementierten (Standard-) Instrumentarium des internen o Rechnungswesens. Lit.: Busse von Colbe, W.: Finanzielle Steuerung und Kontrolle im internationalen Konzern unter besonderer Berücksichtigung von Diskontinuitäten, in: Macharzina, K. (Hrsg.): Diskontinuitätsmanagement, 1984, S. 141-170; Corsten, H./Corsten, H./Gössinger, R.: Projektmanagement: Einführung, 2. Aufl., 2008; Gebhardt, G.: Marktwertorientiertes Beteiligungscontrolling im internationalen Konzern, in: DB 1995, S. 2225-2231; Bergmann, J.: Shareholder Value-orientierte Beurteilung von Teileinheiten im internationalen Konzern, 1996; Pellens, B./Crasselt, N./Tomaszewski, C.: Marktwertorientiertes Controlling in Dienstleistungsunternehmen, in: Bruhn, M./Meffert, H. (Hrsg.): Handbuch Dienstleistungsmanagement. Von der strategischen Konzeption zur praktischen Umsetzung, 1998, S. 891-912.

Innerhalb der auf die Projektplanung folgenden (operativen) Kontrollrechnungen lassen sich mithilfe der projektspezifisch jeweils realisierten Cashflows IstProjektstände ermitteln. Letztere sind alsdann zu vergleichen mit den aus der zugrunde liegenden Projektplanung verabschiedeten Soll-Projektständen. Gegenüber den aus o Erfolgsrechnungen und o Bilanzen abgeleiteten periodischen o Rentabilitäten wird mithilfe der P. der Beitrag einzelner Geschäftsbereiche (bzw. Beteiligungen) zum Marktwert des zugrunde liegenden (Gesamt-) Unternehmens bestimmt. Durch Einbezug von geänderten Projektentwicklungsprognosen und zukünftigen Handlungsalternativen (z.B. Desinvestitionsmaßnahmen) können mithilfe der P. im Sinne einer strategischen Kontrolle zudem zukünftige (Projekt-) Entscheidungen unterstützt werden.

Proportionale Kosten = Linear-variable Kosten o Kosten, fixe und variable

Die P. stellt aufgrund ihrer Merkmale Zahlungsorientierung, Mehrperiodigkeit sowie Zukunftsbezogenheit ein Beurtei-

Proportionalitätsprinzip o Kostenzurechnungsprinzip, nach dem die o Kosten, insb. o Gemeinkosten,

608

Markus Pütz

Prozesscontrolling proportional zu bestimmten Bezugs- oder Maßgrößen auf die o Kostenstellen zu verteilen sind (o Betriebsabrechnungsbogen, o Kalkulationsverfahren). Proportionalkosten Variable Kosten, die sich proportional zur Ausbringungsmenge verändern (o Kosten, fixe und variable). Prospektprüfung o Sonderprüfung mit dem Ziel, den Emittenten vor Schadensersatzforderungen aufgrund unvollständiger oder fehlerhafter Prospektangaben abzusichern oder das anlagesuchende Publikum vor unseriösen Kapitalbedarfsträgern zu schützen. Prozentualkostenkalkulation Verfahren der o Preiskalkulation, bei dem unabhängig von der Ist-Beschäftigung die Kosten bei optimaler o Beschäftigung verrechnet werden. Als Differenz aus den Ist-Kosten und den Prozentualkosten ergeben sich die Residualkosten. Prozesscontrolling 1. Gegenstand und Zielsetzung Die Anwendung des o Controllings auf betriebliche Prozesse oder daraus gebildeter Geschäftsprozesse ist Gegenstand des P. Es zielt ab auf eine Unterstützung des Prozessmanagements zur effektiven Steuerung i.w.S. (Beschreibung oder Analyse sowie Prognose, o Planung und Koordination, Vorkopplung (Steuerung i.e.S.), Kontrolle und Adaption) und effizienten Durchführung betrieblicher Prozesse bzw. Geschäftsprozesse. 2. Aufgaben Das P. umfasst im Wesentlichen folgende, in idealtypischer Abfolge aufgelistete Aufgaben: a) Prozessbeschreibung und -analyse. Diese Aufgabe beinhaltet die Beschreibung oder Analyse der einen betrieblichen Prozess kennzeichnenden Parameter

in Form von Datenparametern (insb. Prämissen, Randbedingungen und Ziele), Aktionsparametern (Aktivität(en) des jeweiligen Prozesses und dadurch beeinflusste Größen, insb. die Verwendung oder auch der Verbrauch an Potenzialen sowie realisierte und gegebenenfalls (vorab) simulierte Prozessstart- und -endtermine) und Reaktionsparametern (Wirkungen des betreffenden Prozesses, insb. in Form von Potenzialeffekten (Potenzialwirkungen), o Kosten und o Erlösen oder Wertschöpfungsbeiträge, welche aufgrund von Beobachtungen oder Annahmen realisiert bzw. unterstellt werden oder zu prognostizieren sind). b) Prozessprognose. Zu prognostizieren ist dabei insb. die Nachfrage der verschiedenen betrieblichen Prozesse in operativer und langfristiger Hinsicht unter Berücksichtigung ihrer Potenzialwirkungen (Beiträge zur Nutzung oder dem Verbrauch von Potenzialen (Potenzialbedarfe); Beiträge zum Potenzialaufbau). c) Prozessplanung und -koordination. Bei einer operativen Ausrichtung enthält diese Aufgabe im Wesentlichen eine kapazitierte Prozessplanung mit Prozessterminierung oder prozessübergreifender Kapazitätsbelegungsplanung sowie einer Prozesskostenplanung (als Teil der o Prozesskostenrechnung), gegebenenfalls ergänzt um geplante (Prozess-) Budgets und Wertschöpfungsbeiträge oder prozessspezifische o Cashflows. Den Gegenstand einer strategischen Ausrichtung der Prozessplanung und -koordination bildet die Prozessprogramm- oder Prozessentwicklungsplanung. d) Prozesssteuerung (i.e.S.). Im Mittelpunkt dieser Aufgabe steht die Festlegung von Sollvorgaben für die konkrete Durchführung betrieblicher Prozesse in Form periodisierter Prozessablaufpläne oder (Prozess-) Prioritätsregeln. e) Prozesskontrolle und -adaption. In operativer Hinsicht beinhaltet diese Auf609

Prozesskostenrechnung gabe zunächst eine Überprüfung der Prozessdurchführungsbedingungen (als Teil der zugrunde liegenden Datenparameter). Bei Ermittlung entsprechender Verletzungen (Störungen), z.B. in Form unzureichender Material- oder Betriebsmittelverfügbarkeiten oder auch der Zahlungsunfähigkeit des (Prozess-) Auftraggebers, sind für eine Störungsbewältigung geeignete Anpassungsmaßnahmen (Prozessadaptionen) zu initiieren. Dazu zählen u.a. Prozessterminverschiebungen oder Prozessunterbrechungen (Pufferungen) bis hin zu Prozessabbruchmaßnahmen. Des Weiteren sind eine prozessbegleitende oder -folgende Ermittlung der IstAktionsparameter und Ist-Reaktionsparameter und entsprechende Soll-Ist-Vergleiche vorzunehmen. Bei eventuell ermittelten unzulässigen Abweichungen ist zusätzlich jeweils eine o Abweichungsanalyse durchzuführen, wobei insb. im Falle einer prozessbegleitenden Kontrolle wiederum die Initiierung geeigneter Anpassungsmaßnahmen erforderlich ist. Darüber hinaus ist generell ein Reporting der operativen Kontrollergebnisse (inklusive initiierter Anpassungsmaßnahmen) an das zuständige Prozessmanagement erforderlich. In strategischer Hinsicht beinhaltet die Aufgabe der Prozesskontrolle und -adaption eine Durchführung von simulationsgestützten Soll-Wird-Vergleichen im Rahmen simulierter Prozessdurchführungen mit entsprechenden Wird-Prozessparametern (simulierte Ist-Aktionssowie Ist-Reaktionsparameter) und darauf gerichteter Abweichungsanalysen. Dabei wird im Falle der Ermittlung von unzulässigen Abweichungen eine Initiierung von Anpassungsmaßnahmen im Bereich der (längerfristigen) Sollvorgaben der betreffenden Prozesse erforderlich. 3. Methoden und Instrumente Zu den Methoden und Instrumenten zur Unterstützung des P. zählen insb.: 610

– Formalisierungsansätze zur Prozessbeschreibung und Prozessmodellierung; – o Kostenrechnung (insb. Prozesskostenrechnung i.V.m. der o Plankostenrechnung) und o Erlösrechnung; – Netzplantechniken (Techniken des Projektcontrollings); – Methoden der Produktionsplanung und -steuerung (PPS), Betriebsdatenerfassungs- oder Workflowsysteme, PPS- oder Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme; – Simulationstechnik. Lit.: Corsten, H./Corsten, H./Gössinger, R.: Projektmanagement: Einführung, 2. Aufl., 2008; Gaitanides, M.: Prozessorganisation: Entwicklung Ansätze und Programme des Managements von Geschäftsprozessen, 2. Aufl., 2007; Krüger, A.: Projektcontrolling, in: Küpper, H.-U./ Wagenhofer, A.: (Hrsg.): HWU, 4. Aufl., 2002, Sp. 1582-1590; Law, A. M.: Simulation Modelling and Analysis, 2007; Matthes, W.: Produktionsfunktion/Prozessmodell vom Typ G – Erweiterung der Produktionsfunktion Typ F – eine Zusammenfassung, Betriebswirtschaftlicher Forschungsbericht Nr. 13/2008, Bergische Universität Wuppertal, 2008; Schwarze, J.: Projektmanagement mit Netzplantechnik, 10. Aufl., 2010; Zelewski, S./Hohmann, S./Hügens, T.: Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme: Konzepte und exemplarische Implementierungen mithilfe von SAP® R/3®, 2008. Markus Pütz Prozesskostenrechnung 1. Entstehung Die Prozesse der betrieblichen Wertschöpfung haben sich in vielen Unternehmen stark verändert. Die Fertigung ist i.d.R. durch einen hohen Automatisierungsgrad (CIM-Konzepte) gekennzeichnet. Folglich haben Aktivitäten zugenom-

Prozesskostenrechnung men, die der Fertigung vor- und nachgelagert sind, wie in der Beschaffung, Produktionsplanung und -steuerung, Qualitätsprüfung und Auftragsabwicklung. Von vielen Industrie-Unternehmen werden nicht nur differenzierte und komplexe Sachleistungen, sondern auch produktbegleitende Dienstleistungen in Form von Montage, Betrieb und Entsorgung angeboten. Ferner sind weltweit Unternehmen als Anbieter von standardisierten oder kundenbezogenen Dienstleistungen erfolgreich tätig, z.B. Banken, Versicherungen, Internet-Firmen. Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Gemeinkosten der Unternehmen absolut und relativ innerhalb der Gesamtkosten angestiegen sind. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, sowohl die Kostentransparenz zu verbessern als auch eine verursachungsgerechtere Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenträger zu erreichen. Das System der P. (Activity-Based Costing (ABC)) hat zum Ziel, die Kosten der betrieblichen Aktivitäten zu ermitteln und für die Produktkalkulation sowie für Aufgaben des Prozessmanagements nutzbar zu machen. 2. Aufbau a) Bestimmung der Prozesse und Prozesskosten. Prozesse sind repetitive Tätigkeiten, die in den Kostenstellen eines Unternehmens bei der Ausführung der übertragenen Aufgaben anfallen (z.B. Material einkaufen, Angebote bearbeiten). Die in den einzelnen Kostenstellen ablaufenden Prozesse werden anhand von Interviews mit den betreffenden Kostenstellenleitern erhoben, die auch den erforderlichen Einsatz an Personalund Sachmitteln angeben müssen, der die Höhe der jeweiligen Prozesskosten bestimmt. Durch eine Zusammenfassung von mehreren sachlich zusammenhängenden (Teil-)Prozessen entstehen kostenstellenübergreifend sog. Hauptprozesse, die als Grundlage der prozessorientierten Kalkulation dienen (z.B. Zusam-

menfassung der Teilprozesse „Material einkaufen“, „Material prüfen“ und „Material lagern“ zum Hauptprozess „Material beschaffen“). b) Identifikation von Prozessgrößen. Um die bei der Ausführung der Prozesse anfallenden Gemeinkosten verrechnen zu können, müssen sog. Prozessgrößen als geeignete Bezugsgrößen bestimmt werden. So ist z.B. die Höhe der zu verrechnenden Materialgemeinkosten im Allgemeinen nicht vom Wert des beschafften Materials, sondern vom Umfang der erforderlichen Bestellungen, Lagerbewegungen, Transportvorgänge etc. abhängig. c) Festlegung von Prozessmengen. Wenn sich die betrachteten Prozesse in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholen, können die Arbeitsergebnisse gezählt und sog. „standards of performance“ festgelegt werden (z.B. die Anzahl der Bestellungen, die Anzahl der Kundenaufträge usw.). d) Ermittlung der Prozesskostensätze und Prozesskostenkalkulation. Durch Division von Prozesskosten (Input) und -mengen (Output) werden sog. Prozesskostensätze als Bewertungsmaßstab für die Kalkulation gebildet. Ein Prozesskostensatz repräsentiert die Kosten je Prozessgröße, z.B. pro Materialbestellung. Auf ein Produkt, für dessen Herstellung z. B. drei (acht) Materialbestellungen erforderlich sind, wird entsprechend dreimal (achtmal) der für eine Bestellung ermittelte Prozesskostensatz verrechnet. 3. Prozessorientierte Kosteninformationen Bei den durch das System der P. zusätzlich generierten Kosteninformationen lassen sich im Wesentlichen drei Effekte unterscheiden: Allokationseffekt, Komplexitätseffekt und Degressionseffekt. Diese können dazu beitragen, strategische Entscheidungen im Unternehmen besser zu fundieren. 611

Prozesskostenrechnung a) Allokationseffekt. Bei der P. erfolgt die Verrechnung (Allokation) der Gemeinkosten auf die Kostenträger unabhängig von der wertmäßigen Höhe der Zuschlagsbasen. Stattdessen wird angestrebt, die Gemeinkosten mit Hilfe der Prozessmengen gem. der beanspruchten betrieblichen Ressourcen auf die einzelnen Kostenträger zu verteilen. Hohe bzw. niedrige Werte der Zuschlagsbasen (z.B. Materialeinzelkosten) führen bei Anwendung der P. folglich nicht zu proportionalen Verrechnungen von Gemeinkosten. b) Komplexitätseffekt. Die P. versucht insb. die Komplexität der Produkte als kostenbestimmenden Faktor in der Kalkulation abzubilden. Bei der Herstellung von komplexen Produktvarianten fallen gegenüber einfacheren Varianten i.d.R. mehr Aktivitäten, z.B. für Materialdisposition, Fertigungssteuerung und Qualitätsprüfung, an. Die Anwendung der P. trägt dazu bei, dass die Produktkosten bei niedriger Komplexität und geringer Wertschöpfung (Standardprodukte) im Vergleich zur o Zuschlagskalkulation geringer werden. Umgekehrt steigen die Produktkosten bei hoher Komplexität und umfangreicher Wertschöpfung (Spezialprodukte) gegenüber der Zuschlagskalkulation, da die P. die stärkere Inanspruchnahme der betrieblichen Ressourcen in Form höherer verrechneter Gemeinkosten zeigt. c) Degressionseffekt. Für betriebliche Tätigkeiten, die vorgangs- bzw. auflagenfixe Kosten verursachen, zeigt die P. in Abhängigkeit von der jeweiligen Prozessmenge unterschiedliche Prozesskosten pro Stück. Damit werden Fehlsteuerungen vermieden, die bei der Zuschlagskalkulation aufgrund der proportionalen Schlüsselung der Gemeinkosten entstehen. Dort wird für die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit jeweils ein konstanter Gemeinkostensatz pro Stück verrechnet. Dies bewirkt, dass auf Bestellungen oder Kundenaufträge mit kleinen 612

Stückzahlen insgesamt zu wenig Gemeinkosten verrechnet werden. In gleicher Weise würden die Gemeinkosten von großvolumigen Bestellungen oder Aufträgen zu hoch ausgewiesen. Die Prozesskosten pro Stück für die interne Abwicklung von Materialbestellungen, Fertigungslosen, Kundenaufträgen etc. verringern sich innerhalb der gegebenen Kapazitätsgrenzen mit steigendem Abwicklungsvolumen: Produkte, die in geringen (großen) Mengen nachgefragt werden, müssen entsprechend höhere (niedrigere) Prozesskosten pro Stück tragen. Demnach steigen die Kosten von Produkten mit selten beschafften oder hergestellten Einzelteilen im Vergleich zu solchen mit Norm- oder Mehrfachverwendungsteilen. Zusätzlich wird die größere (geringere) Wirtschaftlichkeit bei der internen Bearbeitung von großvolumigen (kleinvolumigen) Bestellungen oder Aufträgen deutlich. Anhand der ermittelten Prozesskostensätze können Informationen über Mindestbestellmengen oder -auftragsgrößen abgeleitet werden. 4. Anwendungen Die Kosten der betrieblichen Prozesse können in verschiedenen Stufen erfasst werden (hierarchisches Prozesskostenmodell). Für den Produktionsbereich lassen sich stückzahl-, losgrößen-, varianten- und fabrikabhängige Prozesskosten erfassen und mit spezifischen Prozessgrößen für Kalkulationszwecke nutzen. Im Marketing- und Vertriebsbereich können in gleicher Weise kunden-, marken-, segment- und regionenabhängige Prozesskosten ermittelt werden. Aus den identifizierten hierarchischen Prozesskostenkategorien können stufenweise Deckungsbeiträge durch Saldierung mit den erzielten Verkaufserlösen abgeleitet werden (o Deckungsbeitragsrechnung). Prozesskostensätze von kundenspezifischen Handlingskosten verbessern die Analyse der Kundenprofitabilität. Hohe (niedrigere) Kundenbedienungskosten

Prozesskostenrechnung und damit größere (geringere) Profitabilitätspotenziale entstehen durch aufwendigere (einfachere) Leistungen für Beratung, Produktspezifikation, Zahlungsabwicklung und After-Sales-Support (o Kundencontrolling). Durch die Prozesskostensätze entsteht Kostentransparenz sowohl bei den sog. „value activities“, d.h. Prozessen, die den vom Kunden gewünschten Produktnutzen schaffen (z.B. Farblackierung eines Pkw), als auch bei den sog. „non-value activities“, d.h. Prozessen, die aus Kundensicht entbehrlich sind (z.B. Nacharbeiten). Durch die zeitorientierte P. (Time-Driven ABC) werden unterschiedliche Bearbeitungszeiten der Prozesse berücksichtigt, die bei der Ausführung in den Kostenstellen anfallen, z.B. bei der Beratung eines Neukunden vs. Altkunden. Dies soll zur Verringerung von Leerkosten und somit zu einer verbesserten Auslastung der vorhandenen Prozesskapazitäten führen. Insofern eignen sich die in den verschiedenen Wertschöpfungsstufen ermittelten Prozesskostensätze auch für das interne oder externe Benchmarking. Die P. zeigt den Anteil der betrieblichen Ressourcen, die durch die Ausführung der Tätigkeiten jeweils gebunden sind, und liefert damit Anregungen für eine verbesserte Gestaltung der internen Abläufe (kontinuierliche Prozessverbesserung). Auf diese Weise kann die P. auch als Instrument zur Motivation der Mitarbeiter eingesetzt werden. Ein Ansatzpunkt zur Weiterentwicklung der P. wird darin gesehen, diese mit der o Grenzplankostenrechnung zu einer flexiblen Prozessplankostenrechnung zu verbinden. Durch die Verwendung von differenzierten Bezugsgrößen für die in einem Prozess gebündelten Kostenarten (Resource Consumption Accounting (RCA)) wird die implizit unterstellte Ab-

hängigkeit der Prozesskosten von jeweils einem einzigen Kostentreiber verringert bzw. eliminiert. 5. Beurteilung a) Aufbau und Methodik. Die P. ist ein Vollkostenrechnungssystem, das die Möglichkeiten für eine genauere kostenrechnerische Durchdringung der Gemeinkosten erweitern will. Der Gebrauch von Bezugsgrößen in den fertigungsunterstützenden Bereichen ist bereits in der Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung für Zwecke der Kostenkontrolle enthalten. An der P. wird vor allem kritisiert, dass im Rahmen der Prozesskostenkalkulation eine Proportionalisierung prozess- und produktfixer Kosten vorgenommen wird. Dadurch werden Kosten auf Produkte verrechnet, die nur bei Wegfall einer bestimmten Anzahl von Prozess- bzw. Produkteinheiten und zusätzlichen Dispositionen im Unternehmen abgebaut werden können. Die beeinflussbare Höhe der Kosten und das zeitliche Eintreten der Kostenveränderung sind im Allgemeinen aus der P. nicht zu ermitteln, sondern allenfalls in Nebenrechnungen, z. B. entsprechend ausgestalteten Fixkostendeckungsrechnungen. Häufig sind Fixkosten im Unternehmen kurzfristig nicht beeinflussbar. Deshalb kann die P. auch keine Grundlage für kurzfristige Entscheidungen sein, sondern allenfalls für mittel- und langfristig orientierte Programmentscheidungen im Produktions- und Absatzbereich. Hier bietet die P. wichtige Signal- und Anregungsfunktionen für die Untersuchung der betrieblichen Wertschöpfungsstruktur. b) Informationsgehalt. Die traditionellen Kostenrechnungssysteme sind durch eine starke Ausrichtung auf Produkte als Kostenträger gekennzeichnet. Demgegenüber orientiert sich die P. verstärkt an betrieblichen Aktivitäten. Die Prozessorientierung ist ein zweckmäßiger Ansatz, um die betrieblichen Gemeinkosten 613

Prozesskostenrückstellung und Dienstleistungen genauer durchdringen, planen und kontrollieren zu können (o Gemeinkostenmanagement). Weitere Einsatzmöglichkeiten der P. sind im Erkennen und Beeinflussen betrieblicher Kostenschwerpunkte, z. B. bei Restrukturierungen, zu sehen. Prozesskostenanalysen tragen dazu bei, markt- und wettbewerbsorientierte Zielkosten für Produkte zu bestimmen. Die kostenmäßigen Auswirkungen unterschiedlicher Konstruktions-, Design-, Beschaffungs-, Produktions- und Vertriebsalternativen können damit bereits in frühen Produktphasen abgeschätzt und bewertet werden. Zusätzlich ergeben sich Anregungen zur Kostenbeeinflussung bei alternativer Produktgestaltung, insbesondere bei Zulieferbeziehungen im Rahmen des o Target Costing. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009; Coenenberg, A.G./Fischer, T.M.: Prozesskostenrechnung – Strategische Neuorientierung in der Kostenrechnung, in: DBW 1991, S. 21-38; Cooper, R./Kaplan, R.: Profit Priorities from Activity-Based Costing, in: HBR 3/1991, S. 130-135; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008, S. 265-280, 680-690; Fischer, T.M./von der Decken, T.: Kundenprofitabilitätsrechnung in Dienstleistungsgeschäften, in: ZfbF 2001, S. 294-323; Fischer, T.M.: Kostenmanagement strategischer Erfolgsfaktoren, 1993, S. 190-268; Horváth, P./Mayer, R.: Prozesskostenrechnung, in: Controlling 1989, S. 214-219; Kajüter, P.: Prozesskostenmanagement, in: Franz, K.-P./Kajüter, P. (Hrsg.), Kostenmanagement, 2. Aufl., 2002, S. 249278; Kaplan, R.S./Anderson, S.R.: TimeDriven Activity-Based Costing, in: HBR 11/2004, S. 131-138; Kaplan, R.S./Narayanan, V.G.: Measuring and Managing Customer Profitability, in: JCM 5/2001, S. 5-15; Keys, D.E./Van der Merwe, A.: The Case for RCA, in: JCM, 4/2001, 614

S. 21-32; Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 12. Aufl., 2007. Adolf G. Coenenberg / Thomas M. Fischer Prozesskostenrückstellung o Rückstellungen Prudence Anglo-amerikanisches Synonym für das o Vorsichtsprinzip (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung), insb. das hieraus abgeleitete o Imparitätsprinzip. Da der Grundsatz der P. zu einer tendenziell pessimistischen Darstellung der gegenwärtigen Lage eines Unternehmens, in der Zukunft bei Umkehrung der Erfolgswirkung aber zur Beschönigung der Erfolgslage führt, wird er in den o USA und Großbritannien unter dem Begriff o Conservatism kritisch diskutiert. Ein stark ausgeprägter Grundsatz der P. wäre ein Widerspruch zur Forderung nach Relevanz und Neutralität der Jahresabschlussinformationen. Prüfung des Jahresabschlusses 1. Prüfungspflicht Die gesetzliche Pflicht, den o Jahresabschluss und ggf. den o Konzernabschluss durch einen sog. Abschlussprüfer prüfen zu lassen (Pflichtprüfung), ist an die Rechtsform, die Größe und/oder an die Branche des Unternehmens geknüpft. a) Rechtsform. Eine Prüfungspflicht besteht für Kapitalgesellschaften (z.B. AG, KGaA, GmbH), die nicht kleine i.S.d.. § 267 Abs. 1 HGB sind (§ 316 Abs. 1 S. 1 HGB) sowie für ihnen gleich gestellte Personenhandelsgesellschaften i.S.d.. § 264a Abs. 1 HGB (z.B. GmbH & Co. KG). Prüfungspflichtig sind ferner o Genossenschaften (§ 53 Abs. 2 GenG) sowie die Societas Europaea (SE, Art. 61 SE Verordnung i.V.m. § 316 Abs. 1 HGB). Nicht prüfungspflichtig sind Tochterunternehmen, die von den

Prüfung des Jahresabschlusses Befreiungsmöglichkeiten des § 264 Abs. 3 HGB bzw. § 264b HGB Gebrauch machen. b) Größenkriterien. Kleine Kapitalgesellschaften sowie ihnen gleich gestellte Personenhandelsgesellschaften i.S.d.. § 264a Abs. 1 HGB, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens zwei der drei Größenmerkmale des § 267 Abs. 1 HGB (Bilanzsumme: 4,84 Mio. €, Umsatzerlöse: 9,68 Mio. €; Arbeitnehmer: 50) nicht überschreiten, unterliegen keiner Prüfungspflicht. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i.S.d.. § 264d HGB gelten stets als große (§ 267 Abs. 3 S. 2 HGB) und sind damit unabhängig von Bilanzsumme, Umsatzerlösen und Anzahl der Arbeitnehmer prüfungspflichtig. Unternehmen, die unter das PublG fallen und die an den Abschlussstichtagen von drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens zwei der drei Schwellenwerte des § 1 Abs. 1 PublG (Bilanzsumme: 65 Mio. €, Umsatzerlöse: 130 Mio. €, Arbeitnehmer: 5.000) überschreiten, unterliegen einer Prüfungspflicht (§ 6 Abs. 1 PublG). c) Branche. o Kreditinstitute, § 340k Abs. 1 HGB; Finanzdienstleistungsinstitute, §§ 340 Abs. 4, 340k Abs. 1 HGB; o Versicherungsunternehmen, § 341k Abs. 1 HGB; ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen, § 316 Abs. 1 HGB, Art. 25 EGHGB; Kapitalanlagegesellschaften, § 19d InvG i.V.m. § 340k Abs. 1 HGB unterliegen der Pflicht-P. d) Öffentliche Unternehmen. Auch der Jahresabschluss der Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand sowie bestimmter Spezialinstitute wie der Deutschen Bundesbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau unterliegen einer P. e) Freiwillige Prüfung. Unternehmen, deren Jahresabschluss nicht prüfungspflichtig ist, können diesen freiwillig prü-

fen lassen. Eine freiwillige P. kann auch im Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung vorgesehen sein (sog. statutarische Prüfung). 2. Gegenstand und Zielsetzung Prüfungsgegenstand sind der Jahresabschluss (Bilanz, o GuV, o Anhang, bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften i.S.d.. § 264d HGB, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, auch die o Kapitalflussrechnung, der Eigenkapitalspiegel und ggf. die o Segmentberichterstattung) sowie der o Lagebericht. Gegenstand der Prüfung ist auch die dem Jahresabschluss zugrundeliegende Buchführung (o Buchhaltung, kaufmännische) und bei börsennotierten Aktiengesellschaften das Risikofrüherkennungssystem (§ 317 Abs. 4 HGB i.V.m. § 91 Abs. 2 AktG). Der Abschlussprüfer hat festzustellen, ob die sich auf die Rechnungslegung beziehenden gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung beachtet werden (Kontrollfunktion, § 317 HGB). Die P. wird daher auch als Gesetz- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung bezeichnet. Spezialgesetze können den Prüfungsumfang erweitern, z.B. um die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, § 53 Abs. 1 GenG, § 53 Abs. 1 HGrG. Die im o Prüfungsbericht erläuterten Ergebnisse der P. sollen die für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständigen Organe des Unternehmens dabei unterstützen, sich ein Urteil über den Jahresabschluss zu bilden (Informationsfunktion, §§ 170ff. AktG, § 42a Abs. 1 GmbHG). Dritten gegenüber erfüllt das im o Bestätigungsvermerk zusammengefasste Ergebnis der P. eine ähnliche Funktion (Beglaubigungsfunktion, § 322 Abs. 1 HGB). 3. Auswahl des Abschlussprüfers Die gesetzliche Pflichtprüfung ist o Wirtschaftsprüfern und Wirtschafts615

Prüfung des Jahresabschlusses prüfungsgesellschaften vorbehalten (§ 319 Abs. 1 S. 1 HGB). Die Pflichtprüfung einer mittelgroßen Kapitalgesellschaft oder GmbH & Co.KG darf auch von einem vereidigten Buchprüfer oder einer Buchprüfungsgesellschaft durchgeführt werden (§ 319 Abs. 1 S. 2 HGB). Die Haupt-/Gesellschafterversammlung wählt für jedes Geschäftsjahr den Abschlussprüfer (§ 318 Abs. 1 HGB); bei Versicherungsunternehmen bestimmt der Aufsichtsrat den Abschlussprüfer (§ 58 Abs. 2 S. 1 VAG). Der Prüfer darf den Prüfungsauftrag nicht annehmen, wenn zwischen ihm, einem Mitglied seiner Sozietät oder einem Mitglied seines Netzwerks und dem zu prüfenden Unternehmen eine Verbindung besteht, die die Unabhängigkeit des Prüfers gefährdet (§§ 319 Abs. 3, 319a, 319b HGB). Bei Besorgnis der Befangenheit ist der Prüfer ebenfalls von der P. ausgeschlossen (§ 319 Abs. 2 HGB, § 49 WPO). Regelmäßige Wiederwahl ist grundsätzlich zulässig und üblich. Ist bei einem kapitalmarktorientierten Unternehmen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Abschlussprüfer, so müssen aber die verantwortlichen Wirtschaftsprüfer nach sieben Jahren ausgetauscht werden; dies gilt nicht, wenn seit ihrer letzten Beteiligung an der P. zwei oder mehr Jahre vergangen sind, § 319a Abs. 1 Nr. 4 HGB (Abkühlungsphase). Ein erteilter Prüfungsauftrag kann nur in Ausnahmefällen widerrufen oder gekündigt werden (§ 318 Abs. 1 S. 5, Abs. 6 HGB). 4. Prüfungsnormen Bei der Durchführung der P. hat der Abschlussprüfer die gesetzlichen Vorschriften (§ 317 Abs. 1 S. 2 und 3 HGB) zu beachten sowie die berufsständischen Verlautbarungen, die als „state-of-theart“-Regelungen den gesetzlich vorgegebenen Sorgfaltsmaßstab („gewissenhafte Berufsausübung“) konkretisieren (IDW Prüfungsstandards). Die Verlautbarungen inkorporieren die International Stan616

dards on Auditing (ISA, o Prüfungsnormen, Internationale). Diese sollen künftig unmittelbar anzuwenden sein, soweit sie von der EU Kommission im Wege des Komitologieverfahrens in Europäisches Recht übernommen wurden (§ 317 Abs. 5 HGB). 5. Prüfungsansatz Die Abschlussprüfung wird an den Geschäftsrisiken des Unternehmens ausgerichtet (geschäftsrisikoorientierter Prüfungsansatz). Grundlage der Prüfungsplanung ist eine Risikobeurteilung. Ziel dieser Prüfungshandlungen ist es, die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie dessen rechtliches und wirtschaftliches Umfeld, einschließlich des internen Kontrollsystems (IKS) zu verstehen, so dass die Risiken einer wesentlichen Fehlaussage im Jahresabschluss und Lagebericht eingeschätzt werden können. Unter Berücksichtigung der identifizierten Risiken wesentlicher Fehlaussagen legt der Abschlussprüfer Prüfungsstrategie und Prüfungsplan fest. 6. Prüfungsplanung Prüfungsstrategie und Prüfungsplan sind zu Beginn der P. festzulegen und ggf. im weiteren Verlauf der P. zu aktualisieren. Festgelegt werden die Prüfungsschwerpunkte, die Wesentlichkeitsgrenzen, die Zeitplanung, eingesetzte Mitarbeiter, die Hinzuziehung von (IT-)Spezialisten, Maßnahmen zur Qualitätssicherung u.ä.. In dem detaillierteren Prüfungsplan legt der P. die bedeutenden Kontensalden und Angaben im Anhang und Lagebericht fest sowie die relevanten Aussagen in der Rechnungslegung (Vollständigkeit, Bestand, Genauigkeit, Wert/Bewertung, Eigentum und Ausweis). Bestimmt werden ferner Art und Umfang der vorzunehmenden Prüfungshandlungen. Die Vorgehensweise bei der Prüfung wird in einer sog. Planungs-Matrix dokumentiert. IT-gestützte Prüfungsprogramme unterstützen den Abschlussprüfer häufig bei der Durchführung der Prüfungshand-

Prüfung des Jahresabschlusses lungen (z.B. elektronische Datenanalyse) sowie der Dokumentation. In zunehmendem Maße stellen die IT-gestützten Prüfungsprogramme auch branchenspezifisches Wissen bereit und eröffnen die Möglichkeit einer vollständigen elektronischen Prüfungsdokumentation. 7. Prüfungshandlungen a) Vorbemerkungen. Der Abschlussprüfer hat durch geeignete Prüfungshandlungen ausreichende und angemessene Prüfungsnachweise einzuholen, um mit hinreichender Sicherheit ein Prüfungsurteil (§ 322 HGB) abgeben zu können. In Abhängigkeit von dem jeweiligen Zweck unterscheidet man Prüfungshandlungen zur Risikobeurteilung, Funktionsprüfungen und aussagebezogene Prüfungshandlungen (IDW PS 300 Tz. 14ff.). Die Prüfungshandlungen zur Risikobeurteilung beinhalten eine Beurteilung des Aufbaus und der Implementierung des rechnungslegungsbezogenen IKS. Darüber hinaus ist die Wirksamkeit der Kontrollen durch Funktionsprüfungen zu beurteilen, soweit sich der Prüfer im Weiteren auf die Kontrollen stützen will. Erforderlich sind Funktionsprüfungen für bestimmte Bereiche, die sich als besonders fehleranfällig erwiesen haben (z.B. Umsatzerlöse). Auf der Grundlage der dabei gewonnenen Prüfungsfeststellungen wird der Umfang der aussagebezogenen Prüfungshandlungen festgelegt. Aussagebezogene Prüfungshandlungen werden unterteilt in analytische Prüfungshandlungen (Trendanalyse, Verhältnisanalyse und Plausibilitätsbeurteilung) sowie Einzelfallprüfungen. Diese können je nach Prüfungsziel in der Einsichtnahme von Verträgen und anderen Dokumenten, der Beobachtung, Befragung, rechnerischen Kontrolle oder der Einholung externer Bestätigungen bestehen. Sie werden sich i.d.R. auf Stichproben beschränken, weil auch eine Vollprüfung nicht mehr als die hinreichende Sicherheit erbringen kann. Bei der Auswahl können Verfahren der

bewussten Auswahl (z.B. nach Alter, Größe etc.) oder statistische Stichprobenverfahren angewandt werden. b) Prüfung des Mengengerüsts. Vermögensgegenstände und Schulden sind jährlich durch o Inventur zu erfassen (§ 240 HGB) und in den Jahresabschluss aufzunehmen (§ 246 Abs. 1 HGB). Der Abschlussprüfer muss sich u.a. durch Prüfung des relevanten IKS und Beobachtung der Inventur davon überzeugen, dass die Aufnahme des Vorratsvermögens vollständig und ordnungsgemäß erfolgt (IDW PS 301). In Abhängigkeit des Fehlerrisikos sind für den Bestand der Forderungen und Verbindlichkeiten zumindest in Stichproben Saldenbestätigungen einzuholen (IDW PS 302 Tz. 6ff.). Von Dritten verwahrte Vermögensgegenstände sind in geeigneter Form, z.B. durch Bestätigungen der Verwahrer, nachzuweisen (IDW PS 302 Tz. 27). c) Prüfung der Bewertung. Im Mittelpunkt stehen die Bewertungsvorschriften der §§ 252 bis 256a HGB. o Abschreibungen, o Rückstellungen, o Pensionsrückstellungen, aktivierte Eigenleistungen und Zeitwerte (o Fair Value) enthalten oft geschätzte Werte, deren Angemessenheit zu prüfen ist. Hierzu hat der Abschlussprüfer u.a. den Aufbau des zugrunde gelegten Bewertungsverfahrens und die Angemessenheit der verwendeten Parameter zu beurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu prüfen, sowie die mathematische Richtigkeit der Berechnung (IDW PS 314). Zu prüfen sind weiterhin die Angemessenheit von o Anschaffungs- und Herstellungskosten; die Beachtung des Stetigkeitsgrundsatzes (o Bewertungsstetigkeit); Einzelbewertung; Prinzip der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit (going concern), Realisationsprinzip; Vorsichtsprinzip. Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen gelten z.T. besondere Bewertungsvorschriften 617

Prüfung des Konzernabschlusses (§§ 340e bis g HGB bzw. §§ 341b bis d HGB). d) Auskunfts- und Einsichtsrecht. Im Rahmen der P. stehen dem Abschlussprüfer umfangreiche Prüfungs-, Einsichts- und Auskunftsrechte zu, die zum Teil auch gegenüber Mutter- und Tochterunternehmen bestehen (§ 320 HGB). Der Abschlussprüfer und die von ihm zu überwachenden Mitarbeiter (sog. Gehilfen) sind zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 323 Abs. 1 S. 1 HGB, §§ 43 Abs. 1, 50 WPO). 8. Berichterstattung a) o Prüfungsbericht. In einem Prüfungsbericht fasst der Abschlussprüfer Gegenstand, Art und Umfang, Feststellungen sowie die Ergebnisse der Prüfung schriftlich zusammen (§ 321 HGB). Er ist den gesetzlichen Vertretern des zu prüfenden Unternehmens zuzuleiten; hat der Aufsichtsrat dem Prüfungsauftrag erteilt, ist der Bericht ihm zuzuleiten (§ 321 Abs. 5 HGB). Im Einzelnen hierzu Prüfungsbericht und IDW PS 450. b) Teilnahme an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats/Prüfungsausschusses. Der Abschlussprüfer hat an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses einer AG teilzunehmen und über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung, insb. über identifizierte wesentliche Schwächen des rechnungslegungsbezogenen IKS und Risikomanagementsystems, mündlich zu berichten (§ 171 Abs. 1 S. 2 AktG). c) o Bestätigungsvermerk. In dem Bestätigungsvermerk wird das Ergebnis der Prüfung formelhaft zusammengefasst (§ 322 HGB). Bei wesentlichen Einwendungen und/oder Prüfungshemmnissen ist das Testat einzuschränken oder zu versagen; im Versagungsvermerk sind alle wesentlichen Gründe für die Versagung zu beschreiben und zu erläutern. Ausführlich hierzu Bestätigungsvermerk und IDW PS 400. 618

9. Haftung Die Haftung des Abschlussprüfers für fahrlässige Pflichtverletzungen ist beschränkt auf eine Millionen Euro für eine P., bei P. einer AG, deren Aktien zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen sind, auf vier Millionen Euro für eine P. (§ 323 Abs. 2 HGB). Die Haftung besteht gegenüber dem geprüften Unternehmen; sie kann bei Pflichtprüfungen aber auch gegenüber Dritten bestehen (§§ 823 ff. BGB setzen in der Regel Vorsatz voraus; §§ 280, 311 BGB). Selbständige Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen (§ 54 Abs. 1 WPO). 10. Honorar Eine amtliche Gebührenordnung besteht nicht (§ 55 WPO). Üblich ist, dass ein Honorar auf Basis von Stundensätzen sowie Ersatz angemessener Auslagen vereinbart wurden. Das für das Geschäftsjahr berechnete Gesamthonorar des Abschlussprüfers hat das Unternehmen im Anhang anzugeben (§ 285 Nr. 17 HGB); kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften dürfen größenabhängige Erleichterungen in Anspruch nehmen (§ 288 HGB). Lit.: Förschle, G. et al.: § 316 bis § 322, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010; IDW: IDW Prüfungsstandards (IDW PS) IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), Loseblatt, ab Sept. 2007; IDW: WP Handbuch, Band I, 13. Aufl., 2006, Abschnitt R; Krommes, W.: Handbuch Jahresabschlussprüfung, 2. Aufl., 2008. Wienand Schruff Prüfung des Konzernabschlusses 1. Rechtliche Grundlagen a) Prüfungspflicht. Das HGB regelt die P. in §§ 316 bis 324a. Die Pflicht zur P. ergibt sich für Kapitalgesellschaften und Kapitalgesellschaften & Co (§ 264a

Prüfung des Konzernabschlusses HGB) als Mutterunternehmen aus § 316 Abs. 2 HGB. Daneben besteht eine Prüfungspflicht für bestimmte Konzerne nach § 14 PublG. b) Prüfungsberechtigte. Zur P. sind ausschließlich o Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften befugt (§ 319 Abs. 1 HGB). Als Konzernabschlussprüfer gilt, wenn kein anderer Prüfer bestellt wird, der Prüfer des Mutterunternehmens als bestellt (§ 318 Abs. 2 HGB). Für Konzernabschlüsse ausländischer Mutterunternehmen, die befreiende Wirkung im Inland entfalten sollen, sind wegen der notwendigen Qualifikation der ausländischen Konzernabschlussprüfer die §§ 291, 292 HGB zu beachten. c) Prüfungsgegenstand. Die P. erstreckt sich auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (insb. §§ 290-315 HGB; über § 315a HGB ggf. die o IFRS) und ergänzender Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung. Die Prüfung ist so anzulegen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf die Darstellung des sich nach § 264 Abs. 2 HGB ergebenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wesentlich auswirken, bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden (§ 317 Abs. 1 Sätze 2, 3 HGB). Der Konzernlagebericht ist in die Prüfung einzubeziehen (§ 317 Abs. 2 Satz 1 HGB), ebenso die im o Konzernabschluss zusammengefassten Jahresabschlüsse einschließlich der konsolidierungspflichtigen Anpassungen. Sind diese Abschlüsse von einem anderen Abschlussprüfer geprüft worden, hat der Konzernabschlussprüfer dessen Arbeit zu überprüfen und dies zu dokumentieren (§ 317 Abs. 3 HGB). d) Prüfungsquellen. Wesentliche Quellen der P. sind die International Standards on Auditing (ISA) als o internationale Prüfungsnormen, auf denen auch die Prüfungsstandards des o IDW basieren. Die ISA sind bei Abschlussprü-

fungen nach deren Anerkennung durch die EU verpflichtend anzuwenden (§ 317 Abs. 5 HGB). Besondere Bedeutung für die Prüfung des Konzernabschlusses hat ISA 600 RR, der für Zeiträume gilt, die nach dem 14. Dezember 2009 beginnen. ISA 600 RR definiert die Leitungs- und Überwachungspflicht des Konzernabschlussprüfers inhaltlich und weitreichend. Die folgenden Ausführungen beschreiben die Grundsätze der P. unter ISA 600 RR. 2. Prüfungsvorgehen durch den Konzernabschlussprüfer a) Verantwortlichkeit. Der Konzernabschlussprüfer leitet und überwacht die P. in Übereinstimmung mit den Berufspflichten. Er muss in Einklang mit den o Grundsätzen ordnungsgemäßer Abschlussprüfung ein angemessenes Prüfungsvorgehen planen und umsetzen, um auf die von ihm beurteilten Risiken wesentlicher falscher Angaben im Abschluss zu reagieren. Er trägt für den o Bestätigungsvermerk die ungeteilte Verantwortung. In der Praxis werden bestimmte Einheiten oder Geschäftstätigkeiten eines Konzerns, für die Finanzinformationen erstellt werden (Teilbereiche), regelmäßig durch Abschlussprüfer außerhalb des Konzernprüfungsteams untersucht. Diese können der gleichen Gesellschaft/dem gleichen Netzwerk angehören, es kann sich auch um dritte Abschlussprüfer handeln. Der Konzernabschlussprüfer muss sicherstellen, dass das Konzernprüfungsteam und die Teilbereichsprüfer gemeinsam über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. b) Auftragsannahme. Um sein Prüfungsurteil auf ausreichende geeignete Prüfungsnachweise zum Konsolidierungsprozess und zu den Finanzinformationen des Konzerns stützen zu können, benötigt der Konzernabschlussprüfer ein ausreichendes Verständnis vom Konzern, seinen bedeutsamen Teilbereichen und 619

Prüfung des Konzernabschlusses dem jeweiligen Umfeld (u.a. Geschäftstätigkeit, Organisationsstruktur, konzernweite Kontrollen, Shared Service Center), darüber hinaus ist uneingeschränkter Zugang zum Konzernmanagement und den Aufsichtsorganen des Konzerns erforderlich. Der Konzernabschlussprüfer muss weiterhin beurteilen, ob das Konzernprüfungsteam in dem Umfang in die Tätigkeit von Teilbereichsprüfern einbezogen werden kann, der zum Erlangen der erforderlichen Prüfungsnachweise notwendig ist. Bei Folgeaufträgen wird er sich im Rahmen der Auftragsannahme auf Änderungen konzentrieren sowie auf die Integrität und Kompetenz des Managements im Konzern. Der Auftrag zur P. ist grundsätzlich abzulehnen, wenn es nach Einschätzung des Konzernabschlussprüfers aufgrund von durch das Konzernmanagement auferlegten Prüfungshemmnissen nicht möglich sein wird, ausreichende geeignete Prüfungsnachweise zu erlangen, und dies möglicherweise dazu führt, dass das Prüfungsurteil über den Konzernabschluss verweigert wird. c) Prüfungsdurchführung im Konzern und in den Teilbereichen. Entsprechend den Grundsätzen bei der o Prüfung des Jahresabschlusses legt das Konzernprüfungsteam die Prüfungsstrategie für den Konzernabschluss fest und entwickelt das Prüfungsprogramm. Hierzu hat es sein vorläufiges Verständnis vom Konzern einschließlich der konzernweiten Kontrollen (vgl. Anlage 2 zu ISA 600, A23) und des Konsolidierungsprozesses zu vertiefen. Darauf aufbauend bestimmt es risikoorientiert, welche Teilbereiche aufgrund ihrer Größe oder möglicher Fehlerrisiken (einschließlich des FraudRisikos) bedeutsam und welche Tätigkeiten zu den Finanzinformationen aus diesen Teilbereichen durchzuführen sind. Möchte es Teilbereichsprüfer in die P. einbeziehen, hat es sich ein Bild von de620

ren Eignung zu verschaffen und seine Einbindung in deren Tätigkeit nach Art, Zeit und Umfang festzulegen. Bei der Ableitung der Prüfungsstrategie ist die Wesentlichkeitsgrenze für den Konzernabschluss als Ganzes vorzugeben, üblicherweise auf der Grundlage von Umsatz und/oder Ergebnisgrößen. Solche Geschäftsvorfälle, Kontensalden oder Abschlussangaben, die im Falle falscher Angaben auch bei Beträgen unterhalb dieser Wesentlichkeitsgrenze die Entscheidungen von Nutzern des Konzernabschlusses beeinflussen können, sind mit speziellen Wesentlichkeitsgrenzen zu belegen. Auf Grundlage der Konzernwesentlichkeit werden Wesentlichkeitsgrenzen für die Prüfung/prüferische Durchsicht von bedeutsamen Teilbereichen abgeleitet, um beurteilen zu können, ob nicht korrigierte aufgedeckte falsche Angaben (unadjusted differences) einzeln oder in der Summe einen wesentlichen Fehler darstellen. Die Teilbereichswesentlichkeit ist niedriger als die Konzernwesentlichkeit anzusetzen. Bei der Prüfung des Teilbereichs festgestellte unwesentliche Fehler, die oberhalb einer festzulegenden Grenze liegen, werden dem Konzernprüfungsteam mitgeteilt (sog. Summary of Unadjusted Differences, SUD). Deuten besondere Umstände darauf hin, dass ein Teilbereich wahrscheinlich bedeutsame Fehlerrisiken im Konzernabschluss beinhaltet (z.B. eine mit Derivaten befasste Einheit), sind diese Risiken durch geeignete Prüfungshandlungen speziell zu adressieren. Nicht bedeutsame Teilbereiche prüft das Konzernprüfungsteam im Regelfall durch analytische Prüfungshandlungen auf Konzernebene. Reichen vorstehende Prüfungshandlungen unter Einschluss der Tätigkeiten zum Konsolidierungsprozess und den konzernweiten Kontrollen für ein Gesamturteil über den Konzernabschluss nicht aus, sind weitere Prüfungshandlungen auf Ebene der nicht

Prüfung des Konzernabschlusses bedeutsamen Teilbereiche erforderlich. Diese sind im Zeitablauf zu verändern. Das Konzernprüfungsteam muss bei bedeutsamen Teilbereichen in die Risikobeurteilung des Teilbereichsprüfers einbezogen werden. Dies kann die Erörterung wesentlicher Risikobereiche beinhalten, die Teilnahme an wichtigen Besprechungen und andere Maßnahmen, etwa den Review der Arbeitspapiere. Grundsätzlich ist die Vorlage einer angemessenen Dokumentation, etwa in Form eines Memorandums, erforderlich. Liegen in dem Teilbereich wesentliche Fehlerrisiken aus Konzernsicht vor, muss das Konzernprüfungsteam die Angemessenheit der prüferischen Reaktion beurteilen und festlegen, ob es in die weiteren Prüfungshandlungen auf Teilbereichsebene eingebunden werden möchte. Funktionsprüfungen der konzernweiten Kontrollen sind dann vorzunehmen, wenn aus diesen eine Prüfungssicherheit abgeleitet wird. d) Prüfungshandlungen zum Konsolidierungsprozess. Um auf die aus dem Konsolidierungsprozess resultierenden Fehlerrisiken zu reagieren, sind Prüfungshandlungen zum Konsolidierungsprozess zu planen und durchzuführen. Ausgehend von der Prüfung der Vollständigkeit des Konsolidierungskreises muss das Konzernprüfungsteam die Angemessenheit, Vollständigkeit und Richtigkeit von Konsolidierungsbuchungen und Umgliederungen beurteilen und einschätzen, ob Risikofaktoren für Verstöße oder Anzeichen für eine mögliche Einseitigkeit des Managements (management bias) vorliegen. Es hat festzustellen, ob die geprüften und die konsolidierten Finanzinformationen der Teilbereiche identisch sind. Wenn die Finanzinformationen eines Teilbereichs nach anderen Rechnungslegungsmethoden erstellt wurden als denen, die auf den Konzernabschluss angewendet wurden, ist zu prüfen, ob die Finanzinformationen dieses Teilbereichs zum Zwecke der Erstellung des Konzernabschlusses zutreffend ange-

passt wurden ("Handelsbilanz II"). Entsprechendes gilt, wenn der Abschluss eines Teilbereichs auf einen anderen Stichtag als den des Konzerns erstellt wurde. Das Konzernprüfungsteam hat eigene Prüfungshandlungen durchzuführen oder solche der Teilbereichsprüfer zu veranlassen, um Ereignisse nach dem Bilanzstichtag festzustellen, da diese eine Korrektur oder eine zusätzliche Angabe im Konzernabschluss nach sich ziehen können. 3. Kommunikation a) Kommunikation mit dem Teilbereichsprüfer. Das Konzernprüfungsteam muss den Teilbereichsprüfer rechtzeitig über die Anforderungen bezüglich der durchzuführenden Tätigkeiten, deren Verwertung sowie über Form und Inhalt der Kommunikation informieren. Die zu diesem Zweck erstellten Instruction Letters beinhalten neben wichtigen Formalien wie der Aufforderung zur Bestätigung der Zusammenarbeit und der Einhaltung der Berufspflichten, insb. der Unabhängigkeit, die erforderlichen Angaben zu Wesentlichkeit und Meldeschwellen, eine Liste nahestehender Personen mit der Aufforderung, etwaige weitere zu melden, sowie Informationen über bedeutsame Risiken mit Relevanz für den Teilbereichsprüfer. Das Konzernprüfungsteam wird den Teilbereichsprüfer auffordern, ihm zeitgerecht andere in dem Teilbereich festgestellte bedeutsame Risiken sowie die prüferische Reaktion darauf mitzuteilen. Der Teilbereichsprüfer hat dem Konzernprüfungsteam die Sachverhalte mitzuteilen, die für dessen Schlussfolgerungen aus Konzernsicht relevant sind, insbesondere auch Informationen zu Rechtsverstößen, die eine wesentliche falsche Angabe im Konzernabschluss zur Folge haben könnten, sowie den SUD. Weitere Berichterstattungspflichten betreffen Anzeichen für eine mögliche Ein621

Prüfung des Konzernabschlusses seitigkeit des Managements, die Beschreibung von festgestellten wesentlichen Schwachstellen im rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsystem auf Teilbereichsebene sowie andere bedeutsame Sachverhalte, die der Teilbereichsprüfer dem Aufsichtsorgan des Teilbereichs mitgeteilt hat oder noch mitteilen will. Schließlich berichtet der Teilbereichsprüfer über seine zusammenfassenden Feststellungen, seine Schlussfolgerungen oder das Prüfungsurteil. Das Konzernprüfungsteam beurteilt die Arbeiten und die Berichterstattung des Teilbereichsprüfers. Gesichtspunkte sind dabei seine Erfahrung, eine etwaige Netzwerkzugehörigkeit und die Bedeutung des Teilbereichs. Es hat bedeutsame Sachverhalte je nach den Umständen mit dem Teilbereichsprüfer, dem Teilbereichsmanagement oder dem Konzernmanagement zu erörtern und festzustellen, ob eine Durchsicht anderer Teile der Prüfungsdokumentation des Teilbereichsprüfers erforderlich ist. Wenn das Konzernprüfungsteam zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Tätigkeit des Teilbereichsprüfers unzureichend ist, muss es festlegen, welche zusätzlichen Prüfungshandlungen durchzuführen sind und ob diese vom Teilbereichsprüfer oder vom Konzernprüfungsteam durchzuführen sind.

der Konzernabschlussprüfer die für die Konzernüberwachung Verantwortlichen über Prüfungstätigkeiten in den Teilbereichen, die geplante Einbindung des Konzernprüfungsteams und in diesem Zusammenhang über Fälle zu informieren hat, in denen sich aus der Beurteilung der Arbeitsergebnisse Bedenken zur Qualität der Tätigkeit eines Teilbereichsprüfers ergeben haben. Schwerpunkte der Kommunikation des Konzernabschlussprüfers sind darüber hinaus jegliche Beschränkungen der Konzernabschlussprüfung sowie Verstöße oder vermutete Verstöße, an denen das Konzernmanagement, das Teilbereichsmanagement, Mitarbeiter mit bedeutsamen Funktionen im Rahmen konzernweiter Kontrollen oder andere beteiligt sind und die eine wesentliche falsche Angabe im Konzernabschluss nach sich gezogen haben.

b) Kommunikation mit dem Konzernmanagement. Das Konzernprüfungsteam muss das Konzernmanagement zeitgerecht und auf angemessener Verantwortungsebene über wesentliche Schwachstellen in der Ausgestaltung oder der Wirksamkeit konzernweiter Kontrollen und aus Konzernsicht wesentlicher Schwachstellen im internen Kontrollsystem (IKS) von Teilbereichen in Kenntnis setzen. Dies gilt in besonderer Weise bei festgestelltem oder vermutetem Fraud.

4. Dokumentation und Berichterstattung Über die allgemeinen Dokumentationsanforderungen des Abschlussprüfers hinaus muss das Konzernprüfungsteam seine Analyse der Teilbereiche dokumentieren, in der die bedeutsamen Teilbereiche aufgezeigt werden, sowie die Art der zu den Finanzinformationen der Teilbereiche durchgeführten Tätigkeiten. Es hat ferner Art, zeitliche Einteilung und Umfang seiner Einbindung in die Tätigkeit der Teilbereichsprüfer zu bedeutsamen Teilbereichen nachzuweisen, ggf. einschließlich der Durchsicht von relevanten Teilen der Prüfungsdokumentation der Teilbereichsprüfer durch das Konzernprüfungsteam sowie diesbezüglicher Schlussfolgerungen. Schließlich sind die schriftlichen Mitteilungen zwischen dem Konzernprüfungsteam und den Teilbereichsprüfern zu den Anforderungen des Konzernprüfungsteams zu dokumentieren.

c) Kommunikation mit den für die Konzernüberwachung Verantwortlichen. Aus der Eigenart der P. ergibt sich, dass

Lit.: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm., 2010, insb. S. 1953-2000; IDW (Hrsg.).: WP-Handbuch 2006, Bd. I,

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Prüfungsbericht 13. Aufl., 2006, Abschnitt M, S. 1335-1340; IDW (Hrsg.): IDW Prüfungsstandards (IDW PS)/IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung, Loseblatt, Stand 2010; IFAC International Federation of Accountants (Hrsg.): Handbook of International Standards on Auditing and Quality Control, 2009; Link, R./Giese, A./Kunellis, A.: Geschäftsrisikoorientierte Prüfung des Konzernabschlusses: Neue Anforderungen und Handlungsspielräume bei einer Prüfung nach ISA 600, in: BB 2008, S. 378 ff., Schmidt, S.: Handbuch Risikoorientierte Abschlussprüfung, 2008. Norbert Schwieters Prüfung wegen unzulässiger Unterbewertung o Sonderprüfungen Prüfungsarten Die wirtschaftlichen Prüfungen lassen sich u.a. klassifizieren nach: (1) Beziehung des Prüfers zum Unternehmen: interne (o Revision, interne) und externe Prüfung; (2) Prüfungsrhythmus: periodische und aperiodische Prüfung; (3) rechtliche Grundlage: durch Gesetz/ Satzung vorgeschriebene, vertraglich vereinbarte, freiwillige Prüfung; (4) formale Qualifikation des Prüfers: bestimmten o Prüfungsträgern vorbehaltene Prüfungen (z.B. o Prüfung des Jahresabschlusses großer Kapitalgesellschaften gem. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB), Prüfungen, die jeder durchführen kann; (5) Gegenstand der Prüfung: Prüfung des Jahresabschlusses, o Prüfung des Konzernabschlusses, o Sonderprüfung, o Geschäftsführungsprüfung. Prüfungsbericht 1. Allgemeines Der P. ist die schriftliche Berichterstattung über Verlauf und Ergebnis einer

Prüfung, welche für Pflichtprüfungen gesetzlich gemäß § 321 HGB vorgeschrieben ist. Grundlage für den Bericht bildet der IDW Prüfungsstandard 450 (IDW PS 450). Empfänger des P. sind die gesetzlichen Vertreter (Vorstand, Geschäftsführung), der Aufsichtsrat der AG und die Gesellschafter der GmbH. Grund für die Beschränkung des Empfängerkreises ist, dass der Prüfungsbericht vertrauliche Daten und Informationen enthält, die nicht für Externe bestimmt sind. Besonderheiten bestehen bei Kreditinstituten, Versicherungen und Unternehmen der öffentlichen Hand sowie Genossenschaften, bei denen der P. speziellen Regularien genügen muss. 2. Aufgaben des Prüfungsberichts Die Aufgaben des P. sind abhängig von dem speziellen Prüfungsauftrag. Der P. hat jedoch unabhängig von dem jeweiligen Prüfungsauftrag im Wesentlichen folgende Funktionen: – Information über den Prüfungsgegenstand, und die Planung und Durchführung der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung – Begründung des Prüfungsurteils – Nachweis über die Erfüllung des Prüfungsauftrages Der P. zur Jahresabschlussprüfung hat die Aufgabe, den Aufsichtsrat und die Gesellschafter über Rechnungslegung, ordnungsgemäße Buchführungspflicht und festgestellte Mängel zu unterrichten. Der P. unterstützt dabei insbesondere diejenigen Mitglieder des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, die an der Erstellung des Jahresabschlusses nicht beteiligt sind und die Aufsichtsorgane, um ein objektives Bild von der Rechnungslegung zu erhalten. Weiterhin unterstützt der P. den Aufsichtsrat bei seinem allgemeinen Überwachungsauftrag insbesondere bei der 623

Prüfungsbericht Identifizierung etwaiger Risiken der zukünftigen Entwicklung oder möglicher Bestandsgefährdungen. Im P. ist auch auf festgestellte Mängel und Schwachstellen im Rechnungswesen, in internen Kontrollsystemen und in Risikofrüherkennungssystemen hinzuweisen. 3. Allgemeine Grundsätze für die Berichterstattung Der vom Prüfer zu erstattende Bericht über die Jahresabschlussprüfung muss im Wesentlichen den Grundsätzen der Unparteilichkeit, Vollständigkeit, Wahrheit und Klarheit genügen. Der Grundsatz der Unparteilichkeit (§ 43 WPO) verlangt, dass die Sachverhalte unter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen sachgerecht zu werten sind. Ggf. ist auf abweichende Auffassungen der gesetzlichen Vertreter des geprüften Unternehmens hinzuweisen. Der Grundsatz der Vollständigkeit verlangt, dass der Abschlussprüfer alle in den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften oder in vertraglichen Vereinbarungen geforderten Feststellungen zu treffen hat und dass über die wesentlichen Tatsachen, die die Prüfung erbracht hat, zu berichten ist. Als wesentlich sind solche Tatsachen anzusehen, die für eine ausreichende Information der Berichtsempfänger von Bedeutung sind. Der Grundsatz der Wahrheit verlangt, dass der Inhalt des P. nach der Überzeugung des Abschlussprüfers den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Der Grundsatz der Klarheit fordert eine verständliche und eindeutige Darlegung des Berichtsinhalts. Der Grundsatz verlangt einen einfachen und sachlichen Stil, die Hervorhebung des Wesentlichen, das Weglassen von Selbstverständlichkeiten und die Einordnung umfangreicher Zahlentabellen in die Anlagen zum P. 624

4. Inhalt des Prüfungsberichts Gemäß der §§ 321, 322 HGB muss der P. folgende Pflichtbestandteile enthalten: – Stellungnahme zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und des Geschäftsverlaufs des Unternehmens durch die gesetzlichen Vertreter unter Berücksichtigung des Lageberichts – Bericht über Tatsachen, die der Abschlussprüfer bei Wahrnehmung seiner Aufgaben feststellt und die den Bestand des geprüften Unternehmens gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können, oder die schwerwiegenden Verstöße der gesetzlichen Vertreter gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen. – Darstellung der Prüfungsdurchführung mit Erläuterungen zum Gegenstand der Prüfung sowie zu Art und Umfang der Prüfungsdurchführung – Feststellung, ob die Buchführung, der Jahresabschluss und der Lagebericht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögen-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln – Stellungnahme zur Gesamtaussage des Jahresabschlusses mit der Darstellung der wesentlichen Bewertungsgrundlagen und der sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen mit ihrer Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens – Feststellungen zum Risikofrüherkennungssystem (optional, bei börsennotierten Unternehmen Pflicht) – Wiedergabe des Bestätigungsvermerks 5. Erweiterte berufsstandübliche Anforderungen an den Prüfungsbericht Die im Gesetz aufgeführten Pflichtangaben stellen keine abschließende Regelung dar. Gesetzgeber wie auch der Berufsstand sehen es als notwendig an, dass

Prüfungsmethoden der P. über die ausdrücklich genannten Pflichtangaben hinaus weitere Ausführungen des Abschlussprüfers enthält. Dazu gehören insbesondere Angaben zum Prüfungsauftrag (einschließlich der Bestellung und Auftragserteilung) sowie zu den wesentlichen rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens und deren Veränderung. 6. Form des Prüfungsberichts Abgesehen von der Verpflichtung, den P. schriftlich zu erstatten, hat der Gesetzgeber keine Regelungen über den formellen Aufbau des P. getroffen. Daher liegt Gliederung und Aufbau des P. grundsätzlich im Ermessen des Abschlussprüfers. In der Praxis hat sich jedoch ein weitgehend einheitlicher Aufbau des P. durchgesetzt. Dieser Aufbau geht von einer Dreiteilung in Hauptteil, Erläuterungsteil und Anlagen aus. Für den Hauptteil hat sich nach der bisherigen Berufsübung folgende Gliederung als zweckmäßig erwiesen: – Prüfungsauftrag – Grundsätzliche Feststellungen – Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung – Feststellungen und Erläuterungen zur Rechnungslegung – Stellungnahme zur Gesamtaussage des Jahresabschlusses – Wiedergabe merks

des

Bestätigungsver-

Lit.: ADS, 6. Aufl., Teilbände I und 2 1995; IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450); IDW: WP-Handbuch, 13. Aufl., 2006. Rüdiger Reinke Prüfungsergebnis o Bestätigungsvermerk o Prüfungsbericht

Prüfungsgrundsätze = o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung Prüfungshandlungen Teil der o Prüfungsmethoden; Summe sämtlicher Handlungen zum Vergleich zwischen Soll- und Ist-Zustand, um eine sachgerechte Urteilsbildung zu ermöglichen. Man unterscheidet nach Art der Tätigkeit: (1) Übertragungsprüfung: Prüfung der Übereinstimmung von Zahlen, die von Dokument zu Dokument bzw. von Seite zu Seite übertragen werden. (2) Belegprüfung: Kontrolle der richtigen Erfassung von Daten. (3) Abstimmungsprüfung: Vergleich der Daten, die an verschiedenen Stellen im Unternehmen vorhanden sind, aber aufgrund systematischer Zusammenhänge übereinstimmen müssen. (4) Rechnerische Prüfung: Prüfung der zutreffenden Durchführung der Rechenoperationen. Prüfungskette Aneinanderreihung von Soll-Ist-Vergleichen, die dadurch verkettet sind, daß das Soll-Objekt des nachfolgenden Soll-IstVergleichs aus dem Ist-Objekt des vorhergehenden Soll-Ist-Vergleichs abgeleitet wird; das Ergebnis des letzten SollIst-Vergleichs einer solchen P. bestimmt jeweils das Gesamturteil über die zur P. verbundenen Einzelurteile. Prüfungsmethoden Bei der Abschlussprüfung können folgende Methoden nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden: (1) formelle, auf äußere Ordnungsmäßigkeit und rechnerischer Richtigkeit der Rechnungslegung ausgerichtete Prüfung, und materielle Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Zahlenmaterials; 625

Prüfungsnormen, Internationale (2) direkte, auf richtige Verbuchung, Bewertung und Ausweis einzelner Geschäftsvorfälle abstellende Prüfung, und indirekte Prüfung, bei der die Prüfung über Ersatzgegenstände erfolgt, bei denen ein Zusammenhang mit dem eigentlichen Prüfobjekt vermutet wird; (3) progressive Prüfung, die ausgeht vom wirtschaftlichen Tatbestand (Geschäftsvorfall) und diesen bis zum vorgelegten o Jahresabschluss verfolgt, und retrograde Prüfung, die umgekehrt von der Position im Jahresabschuss ausgeht und diese bis zum zugrunde liegenden Geschäftsvorfall nachprüft; (4) lückenlose und o Stichproben- oder Auswahlprüfung; (5) Einzelfallprüfung, wobei die tatsächlich anfallenden Geschäftsvorfälle geprüft werden und o Systemprüfung oder Verfahrensprüfung, bei der der Ablauf eines betrieblichen Prozesses geprüft wird; (6) standardisierte (z.B. standardisierte Fragebögen zur einheitlichen Prüfungsdurchführung und -qualität) und automatisierte (mit Hilfe der EDV durchgeführten) Prüfverfahren; (7) o Ex-ante-Prüfungen und o Expost-Prüfungen nach dem zeitlichen Ablauf. Lit.: Graumann, M.: Wirtschaftliches Prüfungswesen, 2. Aufl., 2009, S. 194-196; Marten, K./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschaftsprüfung, 3. Aufl., 2007, S. 252-256; Selchert, F.W.: Jahresabschlußprüfung der Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., 1996, S. 165-173. Prüfungsnormen, Internationale 1. Grundlagen P. sollen das Verhalten des Prüfers steuern (präskriptive Funktion) und den 626

Empfänger des Prüfungsurteils über Art und Umfang der durchgeführten Prüfung informieren (deskriptive Funktion). Für die o Prüfung des Jahresabschlusses und die o Prüfung des Konzernabschlusses kommen als nationale Normen neben dem o HGB und der o Wirtschaftsprüferordnung (WPO) vor allem die vom o Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) herausgegebenen Verlautbarungen in Betracht. Auf internationaler Ebene erhebt die o International Federation of Accountants (IFAC) den Anspruch, i. P. zu setzen. 2. Internationale Facharbeit Die internationale Facharbeit erfolgt in Ausschüssen. Herausragende Bedeutung haben die vom International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) erlassenen fachtechnischen P. sowie ferner Qualitätsnormen (zur internen Qualitätskontrolle vor allem ISA 220 und der International Standard on Quality Control 1), die vom International Ethics Standards Board for Accountants (IESBA) verlautbarten ethischen P. sowie die vom International Education Accounting Standards Board (IAESB) herausgegebenen Ausbildungsnormen. Die fachtechnischen P. behandelt Abschnitt 3. Alle seitens der IFAC bzw. in den jeweiligen Ausschüssen verlautbarten Normen sind kostenfrei auf der Homepage der IFAC unter www.ifac.org zugänglich. Die ethischen P. finden sich im IFAC Code of Ethics und betreffen vor allem die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers (in Abschnitt 290). Dabei gibt Teil A des Code of Ethics einen Bezugsrahmen für den Umgang mit ethischen Konflikten vor. Dieser Rahmen gibt keine spezifischen Regeln vor, sondern bietet Hilfestellung bei der Ermittlung und Beurteilung von Gefahrensituationen (threats), die zu einem Verstoß gegen fundamentale ethische Prinzipien führen können. Weiterhin werden geeignete Schutzmaß-

Prüfungsnormen, Internationale nahmen (safeguards) zu deren Beseitigung bzw. Reduzierung der Gefahr auf ein akzeptables Niveau angegeben. Teil B des Code of Ethics konkretisiert diesen threats and safeguards-approach anhand von Beispielen. Die Mitgliedsorganisationen der IFAC (hierzu zählen auch das IDW und die WPK) haben sich dazu verpflichtet, die internationalen ethischen P. in nationale Normenäquivalente zu transformieren (Statement of Membership Obligations 4.1 ff.). Dies ist weitgehend der Fall. Allerdings finden sich die konzeptionellen Überlegungen des threats and safeguards-approach nur ansatzweise in den nationalen Normen (§§ 21 ff. Berufssatzung Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer). Weiterhin gehen die internationalen Normen teilweise stärker ins Detail; insofern greifen die internationalen ethischen Normen vor allem dann, wenn die Anwendung der nationalen ethischen Normen zu keiner eindeutigen Lösung führt. Ausbildungsnormen betreffen den Zugang zum Beruf des Wirtschaftsprüfers und nach dieser beruflichen Qualifikation erworbene berufliche Handlungskompetenzen (Fortbildung). Die aktuellen Verlautbarungen des IAESB gliedern sich in International Education Standards (IES), ein Framework for International Education Standards for Professional Accountants (Framework for IESPA), International Education Practice Statements (IEPS) sowie International Education Information Papers (IEIP). Die IES sind von den Mitgliedsorganisation der IFAC bei Herausgabe nationaler Ausbildungsnormen zu berücksichtigen, obgleich explizit festgestellt wird, dass sie sich nicht über nationale P. mit öffentlich rechtlichem Charakter hinwegsetzen können (Framework for IESPA.42). Beispielsweise ist der Berufszugang national vor allem in der WPO sowie der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung und der Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung geregelt. Zudem sind

die nationalen Regelungen zum Berufszugang stark auf das Wirtschaftsprüferexamen fokussiert. Der Bereich der allgemeinen Fähig- und Fertigkeiten von Berufsangehörigen und die Entwicklung von ethischem Verhalten werden so gut wie gar nicht adressiert. Insofern besteht hier auf nationaler Ebene Handlungsbedarf. 3. Fachtechnische Prüfungsnormen a) Überblick. Das IAASB unterscheidet zwischen Prüfungsdienstleistungen (assurance engagements) und prüfungsnahen Dienstleistungen (related services). Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist, dass nur die Prüfungsdienstleistungen auf die Abgabe eines Prüfungsurteils mit einer bestimmten Prüfungssicherheit ausgerichtet sind. Prüfungsnahe Dienstleistungen werden zwischen Prüfer und einer anderen Partei frei vereinbart. Spezielle Normen hierzu finden sich in den International Standards on Related Services (ISRS) sowie den ergänzend beachtenswerten International Related Services Practice Statements (IRSPS). Beispiele für solche Dienstleistungen sind die Zusammenstellung von Rechnungslegungsdaten (engagements to compile financial information gem. ISRS 4410; auch Erstellungsaufträge) sowie die Durchführung bestimmter vereinbarter Prüfungshandlungen gem. ISRS 4410, wie z.B. das Einholen von Saldenbestätigungen anhand einer vom Unternehmen erstellten Liste wichtiger Lieferanten. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Prüfungsdienstleistungen. Die Erbringung von Prüfungsdienstleistungen regeln eine Rahmennorm, eine Generalnorm sowie stärker auf den Prüfungsgegenstand bezogene Normen. Es lassen sich drei Arten von Prüfungsdienstleistungen unterscheiden: die Jahresabschlussprüfung (audit), die prüferische Durchsicht (review) und die Er627

Prüfungsnormen, Internationale bringung weiterer Prüfungsdienstleistungen. – Die Jahresabschlussprüfung zielt darauf ab, ein Urteil darüber abzugeben, ob der Jahresabschluss in allen wesentlichen Aspekten den angewendeten Rechnungslegungsnormen (z.B. HGB, IFRS) entspricht. Dieses Urteil ist mit einer dem Prüfungsgegenstand angepassten relativen Prüfungssicherheit (reasonable assurance) verbunden, d.h. die geforderte absolute Prüfungssicherheit ist z.B. bei der Prüfung eines Nutzungswertes gem. IAS 36 auf Grund der hohen Ermessensspielräume (Bestimmung künftiger Cashflows sowie eines geeigneten Diskontierungszinssatzes) naturgemäß höher als bei der Prüfung des Kassenbestandes. Das Prüfungsurteil wird positiv formuliert. Zu beachten sind die International Standards on Auditing (ISA) und ergänzende International Auditing Practice Statements (IAPS). Die IAPS bieten dem Prüfer praktische Hilfestellung bei der Interpretation und Anwendung der ISA. Die Systematisierung der ISA folgt weitgehend dem Prüfungsprozess und gliedert sich vor allem in die Bereiche Allgemeine Prinzipien und Verantwortlichkeiten (ISA 200-299), Risikoeinschätzungen und Reaktion auf die beurteilten Risiken (ISA 300499), Prüfungsnachweise (ISA 500599), Verwendung der Arbeiten Dritter (ISA 600-699) sowie Prüfungsfeststellungen und Berichterstattung (ISA 700-799). Der Aufbau einzelner Normen (z.B. zur Prüfung geschätzter Werte in ISA 540.8 ff. und zur Konzernabschlussprüfung in ISA 600.17 ff.) orientiert sich oftmals an der Grundidee einer geschäftsrisikoorientierten Prüfung und ist dann wie folgt organisiert: 1) Risikoidentifikation einschließlich Aufbauprüfung, 2) Risikobeurteilung, 3) Reaktion auf die beurteilten Risiken einschließlich 628

Kontrolltests sowie 4) Gesamtwürdigung der erlangten Prüfungsnachweise. – Eine prüferische Durchsicht bezieht sich auf Abschlüsse (vor allem Jahresabschlüsse und unterjährige Berichte). Normiert werden die Durchsichten durch International Standards on Review Engagements (ISRE) und International Review Engagement Practice Statements (IREPS). Die gegebene Prüfungssicherheit ist wiederum dem Prüfungsgegenstand anzupassen und bewegt sich im Vergleich zu einer Jahresabschlussprüfung auf einem niedrigeren Niveau (IFAC Framework.11). Im Unterschied zu einem audit beschränken sich die Prüfungshandlungen im Wesentlichen auf Befragungen und analytische Prüfungen. Die Prüfungssicherheit ist negativ formuliert, d.h. der Prüfer stellt fest, dass keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Prüfungsgegenstand nicht den Beurteilungskriterien entspricht. – Weitere Prüfungsdienstleistungen können frei vereinbart werden. Diese Prüfungen werden durch International Standards on Assurance Engagements (ISAE) und ergänzende International Assurance Engagements Practice Statements (IAEPS) normiert. Als Beispiel ist die Abgabe von Prüfungssicherheit in Bezug auf zukunftsorientierte Finanzinformationen gem. ISAE 3400 zu nennen. b) Unterschiede zwischen den nationalen und internationalen fachtechnischen Jahresabschlussprüfungsnormen. Derzeit besteht in weiten Teilen Übereinstimmung. Deutliche Unterschiede bestehen z.B. in Bezug auf ISA 320 (materiality; im Vergleich zu IDW PS 250) sowie ISA 600 zur Prüfung von Konzernabschlüssen (der derzeit gültige IDW PS 320 beschränkt sich thematisch auf die Verwertung der Arbeit eines an-

Prüfungsnormen, Internationale deren Prüfers); auch findet sich kein deutsches Pendant zu IAPS 1012 (Prüfung derivativer Finanzinstrumente). Weiterhin bestehen einige nennenswerte Unterschiede im Detail (siehe hierzu z.B. die Regelungen zum o Bestätigungsvermerk in ISA 700, 705 im Vergleich zu § 322 HGB i.V.m. IDW PS 400). Insgesamt erfüllen die zumeist stärker detailliert ausgestalteten internationalen Normen ihre präskriptive und deskriptive Funktion deutlich besser als die Verlautbarungen des IDW. Gleichwohl sind die internationalen Normen nicht grundsätzlich überlegen; da ein Mehr an Detaillierung auch dysfunktional auf die Funktionserfüllung von Normen wirken kann. Weiterhin bestehen eigenständige nationale P. ohne internationales Pendant. Solche nationalen Normen müssen sich aus speziellen nationalen Erfordernissen im Hinblick auf den Prüfungsumfang ergeben. Als Beispiele sind die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems (§ 91 Abs. 2 AktG, § 317 Abs. 4 HGB i.V.m. IDW PS 340), die Prüfung der Auswirkungen des Deutschen Corporate Governance Kodex auf die Abschlussprüfung (§§ 285 Nr. 16, 289a Abs. 2 Nr. 1, 317 Abs. 2 HGB i.V.m. IDW PS 345) sowie die Prüfung des Lageberichts (§§ 289, 315, 317 Abs. 2 HGB i.V.m. IDW PS 350) zu nennen. c) Bindungswirkung für einen deutschen Prüfer. Die Mitgliedsorganisationen der IFAC sind dazu verpflichtet, im Zeitablauf die Inhalte der internationalen fachtechnischen P. in die nationalen P. aufzunehmen (Statement of Membership Obligations 3.4a). Beachtlich ist weiterhin, dass die Mitgliedstaaten der EU gem. Art. 26 der Abschlussprüfer-Richtlinie dazu verpflichtet sind, die internationalen fachtechnischen P. für alle Pflichtprüfungen vorzuschreiben. Nach Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie sind hierunter die ISA und die IAPS zu zählen. § 317

Abs. 5 HGB setzt Art. 26 der Richtlinie in nationales Recht um. Allerdings sind die internationalen Normen nicht direkt anzuwenden. Hier bedarf es einer expliziten Übernahme der internationalen Normen in das Gemeinschaftsrecht der EU im Wege einer vereinfachten Rechtssetzung (Komitologieverfahren). Nur die auf diesem Wege in europäisches Recht übernommenen internationalen fachtechnischen P. sind direkt anzuwenden. Der Zeitpunkt der Annahme der einzelnen fachtechnischen i. P. durch die EU ist derzeit offen. Um den mit der Übernahme verbundenen Harmonisierungseffekt auch zu erreichen, müssen Zusätze zu bestehenden internationalen Normen (add ons) oder die Nichtanwendung von Teilen dieser Normen in Ausnahmefällen (carve outs) auf nationalem Recht beruhen (Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Abschlussprüfer-Richtlinie). Solange die EU-Kommission diese Normen noch nicht angenommen hat, sind unverändert die nationalen fachtechnischen P. anzuwenden (Art. 26 Abs. 1 Satz 2 Abschlussprüfer-Richtlinie). Auch bei einer vollständigen Übernahme der internationalen fachtechnischen Normen können nach Abs. 3 ausnahmsweise spezielle nationale P. ihre Berechtigung besitzen, wenn diese sich aus speziellen, durch den Umfang der Abschlussprüfungen bedingten Anforderungen nationalen Rechts ergeben (siehe hierzu Abschnitt 2.b); siehe auch § 317 Abs. 6 HGB). Allerdings verpflichtet § 43 Abs. 1 WPO bereits jetzt den Wirtschaftsprüfer dazu, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. Nach § 4 Abs. 1 der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer sind einschlägige fachliche Regeln zu beachten. Hierzu gehören zweifelsfrei neben den IDW-Normen auch die internationalen fachtechnischen P. Aktuell sind die P. noch durch ein Nebeneinander von i. P. und den nationalen Normenäquivalenten (den bisherigen IDW PS 629

Prüfungspflicht und IDW PH, soweit sie i. P. umsetzen) geprägt. Wurde eine internationale sachgerecht in eine nationale Norm transformiert, ist Letztere auch anzuwenden (sog. Dominanz nationaler Normenäquivalente). Gehen die internationalen ausnahmsweise einmal über die nationalen Normen hinaus, muss ein i.S. von § 43 Abs. 1 WPO gewissenhaft agierender Prüfer sein Augenmerk auch derzeit schon direkt auf die internationalen Normentexte lenken. Existieren nur nationale Normen, sind diese naturgemäß zu beachten. Grundsätzlich ist es möglich, die Abschlussprüfung sowohl nach i. P. als auch nationalen P. durchzuführen; allenfalls sind die besonderen Berichterstattungserfordernisse in ISA 700.38 f. und 44 f. zu beachten (siehe auch IDW EPS 400.30a und 97a). Lit.: Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschaftsprüfung, 3. Aufl., 2007. Klaus Ruhnke Prüfungspflicht o Prüfung des Jahresabschlusses Prüfungstechnik 1. Begriff Der Begriff der P. ist nicht eindeutig definiert. Er wird in Theorie und Praxis für folgende Inhalte verwendet: (1) P. als gesamter Prüfungsprozess, d.h. die Gesamtheit der berufsüblichen Vorgehensweisen des o Wirtschaftsprüfers (WP) bei der Planung und Durchführung eines Prüfungsauftrags sowie (2) P. als Arten von Prüfungshandlungen i.S.d. konkreten Vorgehensweisen zur Einholung von Prüfungsnachweisen. Die Abgrenzungen sind teilweise fließend. P. sind insb. für gesetzliche Pflichtprüfungen des o Jahresabschlusses entwickelt worden, sie sind jedoch auch auf andere Prüfungsarten (z.B. o Sonderprüfungen, o Revision, interne etc.) übertragbar. 630

2. P. als gesamter Prüfungsprozess Nach diesem Begriffsverständnis umfasst die P. im weitesten Sinne den gesamten Prüfungsprozess von der Auftragsannahme einer Abschlussprüfung bis zur Berichterstattung. Der eigentliche Prüfungsprozess nach der Auftragsannahme lässt sich unterteilen in die Phasen der a) Informationsbeschaffung und Prüfungsplanung, b) der Durchführung von Funktionsprüfungen und aussagebezogenen Prüfungshandlungen sowie c) der abschließenden Prüfungshandlungen und Berichterstattung. Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungshandlungen ergeben sich aus den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA). a) Informationsbeschaffung und Prüfungsplanung. Die Informationsbeschaffung dient der Gewinnung eines Verständnisses über das Unternehmen, dessen Geschäftstätigkeit und dessen rechtliches und wirtschaftliches Umfeld. Auf dieser Grundlage erfolgt eine erste Einschätzung der Geschäftsrisiken und der daraus resultierenden Auswirkungen auf Fehler in der Rechnungslegung. Bei der Informationsbeschaffung kommen als Prüfungshandlungen insb. Befragungen und vorbereitende Plausibilitätsbeurteilungen zur Anwendung. Sodann werden als wesentliche Bestandteile des Grundsatzes der risikoorientierten Abschlussprüfung Wesentlichkeitsgrenzen bestimmt, wesentliche Jahresabschlussposten und Transaktionsklassen identifiziert, Risiken für wesentliche falsche Angaben in der Rechnungslegung ermittelt und klassifiziert sowie das Prüfungsvorgehen im Prüfungsteam besprochen. Da der Abschlussprüfer aufgrund des Grundsatzes der o Wirtschaftlichkeit keine lückenlose Prüfung durchführt, sondern nur in Stichproben prüft, müssen Art, zeitliche Einteilung und Umfang der Prüfungshandlungen so geplant werden, dass das Prüfungsrisiko, d.h. das Risiko,

Prüfungstechnik dass der Abschlussprüfer ein unzutreffendes Prüfungsurteil über den geprüften Abschluss abgibt, auf ein vertretbar niedriges Maß reduziert wird. Zu den Komponenten des Prüfungsrisikos gehören das Inhärente Risiko, das Kontrollrisiko sowie das Entdeckungsrisiko. Unter dem Inhärenten Risiko wird das dem Prüffeld innewohnende Risiko verstanden (Fehleranfälligkeit vor Berücksichtigung damit zusammenhängender Kontrollen). Das Kontrollrisiko bezeichnet das Risiko, dass wesentliche falsche Angaben in der Rechnungslegung vom o internen Kontrollsystem (IKS) des Unternehmens weder verhindert noch aufgedeckt und korrigiert werden. Da Unternehmen regelmäßig gerade vor dem Hintergrund der Inhärenten Risiken bestimmte interne Kontrollen einrichten, müssen das Inhärente Risiko sowie das Kontrollrisiko gemeinsam beurteilt werden. Sie werden miteinander zum sog. Fehlerrisiko verknüpft. Das Entdeckungsrisiko schließlich ist das Risiko, dass der Abschlussprüfer tatsächlich vorhandene wesentliche falsche Angaben in der Rechnungslegung, die für sich alleine oder kumuliert wesentlich sein könnten, nicht aufdeckt. Die Risikobeurteilung sowie Festlegung der Wesentlichkeitsgrenzen durch den Abschlussprüfer basieren auf dessen pflichtgemäßem Ermessen. Die festgestellten Risiken (Art, Höhe und Eintrittswahrscheinlichkeit) sind hinsichtlich ihrer möglichen Auswirkungen auf den Abschluss/o Lagebericht insgesamt (Risiken auf Abschlussebene) sowie auf einzelne Aussagen in der Rechnungslegung zu beurteilen. Sog. bedeutsame Risiken sowie Risiken, bei denen aussagebezogene Prüfungshandlungen für eine hinreichende Prüfungssicherheit nicht ausreichen (z.B. Risiken in Zusammenhang mit Massentransaktionen) sind gesondert zu erfassen. In beiden Fällen ist die Prüfung des IKS unerlässlich. In anderen Fällen kann auf die Prüfung des IKS verzichtet werden, wenn die erforderliche Prü-

fungssicherheit auf andere Weise erlangt wird. Um ein Verständnis über das IKS zu gewinnen, hat sich der Abschlussprüfer zunächst einen Überblick über die eingerichteten Kontrollen zu verschaffen und festzustellen, welche Kontrollen für die Abschlussprüfung relevant sind. Bei den relevanten Kontrollen ist eine Aufbauprüfung durchzuführen. Die Aufbauprüfung bezieht sich auf die Beurteilung der Angemessenheit des IKS und schließt die Beurteilung der Konzeption und Implementierung der Kontrollen mit ein. Aufbauend auf der Gewinnung des Verständnisses über das Unternehmen und der Risikobeurteilung einschließlich der Beurteilung des Aufbaus der internen Kontrollen sind sodann Prüfungsstrategie und Prüfungsprogramm als Reaktion auf die beurteilten Fehlerrisiken festzulegen. Dabei ist eine Verknüpfung der wesentlichen Fehlerrisiken mit den durchzuführenden Prüfungshandlungen sowie der durchzuführenden Prüfungshandlungen mit den relevanten Aussagen in der Rechnungslegung vorzunehmen, um das Prüfungsurteil mit hinreichender Sicherheit abgeben zu können. b) Durchführung von Funktionsprüfungen und aussagebezogenen Prüfungshandlungen. Sofern die Aufbauprüfung ergeben hat, dass geeignete interne Kontrollen vorhanden sind, sind zur Feststellung der Wirksamkeit des IKS Funktionsprüfungen durchzuführen. Als Prüfungshandlungen kommen hierbei insb. die Durchsicht von Nachweisen über durchgeführte Kontrollhandlungen und IT-gestützte Prüfungshandlungen in Betracht. Der Umfang der Funktionsprüfungen ist u.a. von der Art der Kontrollen abhängig, z.B. ob es sich um automatische (wie IT-Kontrollen) oder manuelle Kontrollen handelt. Der Prüfer wird den Schwerpunkt der Prüfung auf solche Kontrollen legen, die über eine hohe Kontrollspanne verfügen und/oder 631

Prüfungstechnik gleichzeitig mehreren Risiken wesentlicher falscher Aussagen in der Rechnungslegung entgegenwirken (sog. bedeutsame Kontrollen). Anhand von aussagebezogenen Prüfungshandlungen hat der Abschlussprüfer Prüfungsnachweise zu gewinnen, die eine hinreichende Sicherheit darüber verschaffen, dass die in der Rechnungslegung enthaltenen Angaben nicht wesentliche falsche Aussagen enthalten. Aussagebezogene Prüfungshandlungen können analytische Prüfungshandlungen enthalten oder auch als Einzelfallprüfungen (z.B. Einsichtnahme in Unterlagen, Befragungen etc.) durchgeführt werden. Auswahl, Art, Umfang sowie Zeitpunkt der aussagebezogenen Prüfungshandlungen erfolgen in Abhängigkeit vom Ergebnis der Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Angaben, zu dem auch das Ergebnis der Aufbauprüfung zählt, sowie von den Ergebnissen der Funktionsprüfungen. Für wesentliche Prüffelder (Arten von Geschäftsvorfällen, Kontensalden und Angaben) sind immer aussagebezogene Prüfungshandlungen durchzuführen. Ferner müssen die aussagebezogenen Prüfungshandlungen stets die Prüfung der Eröffnungsbilanzwerte, die Abstimmung des Abschlusses mit der zugrundeliegenden Buchführung sowie die Prüfung wesentlicher Journalbuchungen sowie sonstiger im Laufe der Abschlussaufstellung erfolgter Anpassungen enthalten. Ggf. können einzelne bei der Durchführung von Aufbau- und Funktionsprüfungen erlangte Prüfungsnachweise zugleich Prüfungsnachweise zu aussagebezogenen Prüfungshandlungen liefern (sog. dual purpose tests). c) Abschließende Prüfungshandlungen und Berichterstattung. Im Rahmen der abschließenden Prüfungshandlungen sind insb. abschließende analytische Prüfungshandlungen sowie eine abschließende Beurteilung vorzunehmen, ob die im Verlauf der Prüfung getroffe632

nen Einschätzungen zu den Fehlerrisiken und die als Reaktion auf die Fehlerrisiken vorgenommenen Funktionsprüfungen und aussagebezogenen Prüfungshandlungen angemessen sind und hinreichende Sicherheit für jedes Prüffeld erzielt wurde. Schließlich ist zu beurteilen, ob die Gesamtdarstellung des Abschlusses einschließlich der dazugehörigen Angaben im o Anhang ordnungsgemäß und die Darstellung im Lagebericht insgesamt zutreffend ist. Der WP hat ferner die Auswirkungen von Ereignissen nach dem Abschlussstichtag zu beurteilen sowie zusammen mit dem Jahresabschluss veröffentlichte zusätzliche Informationen kritisch zu lesen. Neben dem Abschluss der Dokumentation aller Prüfschritte sowie der einzelnen Prüfungsergebnisse in den Arbeitspapieren hat der Abschlussprüfer über Art und Umfang sowie Ergebnis der Prüfung einen o Prüfungsbericht zu erstellen (§ 321 HGB) sowie einen o Bestätigungsvermerk zu erteilen (§ 322 HGB). 3. P. als Oberbegriff für die Arten von Prüfungshandlungen zur Einholung von Prüfungsnachweisen Zur konkreten Durchführung von Prüfungshandlungen zur Risikobeurteilung (inkl. Aufbauprüfung), von Funktionsprüfungen sowie von aussagebezogenen Prüfungshandlungen kommen als Vorgehensweisen analytische Prüfungshandlungen sowie Einzelfallprüfungen in Betracht (IDW PS 300, Tz. 27). a) Analytische Prüfungshandlungen sind vom Abschlussprüfer in allen Phasen der Abschlussprüfung anzuwenden. Es handelt sich dabei um Plausibilitätsbeurteilungen von Verhältniszahlen und Trends, mit deren Hilfe Beziehungen von prüfungsrelevanten Daten eines Unternehmens zu anderen Daten aufgezeigt und auffällige Abweichungen festgestellt werden. Hierzu gehört z.B. die Untersuchung von Schwankungen bestimmter GuV-Posten, die im Widerspruch zu an-

Prüfungstechnik deren einschlägigen Informationen stehen oder von erwarteten Beträgen abweichen. Die Anwendung analytischer Prüfungshandlungen beruht auf der Erwartung, dass Zusammenhänge zwischen bestimmten Informationen und Daten vorhanden sind und fortbestehen. Hinsichtlich der Verfahren analytischer Prüfungshandlungen lassen sich insb. Trendund Kennzahlenanalysen sowie Plausibilitätsprüfungen mittels von der Finanzbuchhaltung unabhängiger Daten unterscheiden. Bei Trendanalysen werden Vergleichs- bzw. Fluktuationsanalysen von absoluten Werten von Abschlussposten bezogen auf eine oder mehrere Vorperioden vorgenommen. Bei Kennzahlenanalysen erfolgt ein Vergleich von Relationen zwischen Abschlussposten entweder intertemporär oder mit Benchmark-Werten. Bei Plausibilitätsprüfungen mittels von der Finanzbuchhaltung unabhängiger Daten werden Daten der Finanzbuchhaltung mit Daten außerhalb der Finanzbuchhaltung auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin überprüft (z.B. Plausibilisierung der den Umsatzerlösen zugrunde liegenden Absatzmenge mit Angaben über die Produktionskapazität und Lagerabgänge). b) Einzelfallprüfungen sind insb. dann erforderlich, wenn die Durchführung analytischer Prüfungshandlungen nicht möglich ist oder die durchgeführten analytischen Prüfungshandlungen keine ausreichende Prüfungssicherheit erbringen können. Als Einzelfallprüfungen kommen in Betracht: – Die Beobachtung von Verfahren oder einzelnen Maßnahmen. Hier sind beispielsweise die Beobachtung der körperlichen Bestandsaufnahme (Inventurbeobachtung) oder die Beobachtung von Arbeitsabläufen, einschl. der IT-gestützten Verfahren, zu nennen. – Die Einsichtnahme in Unterlagen und Belege. Hier ist im Gegensatz zur











Beobachtung von Abläufen und Verfahren keine Anwesenheit des Prüfers während der Bearbeitung notwendig, um Prüfungsnachweise zu erlangen. Die Inaugenscheinnahme von materiellen Vermögensgegenständen liefert dem Prüfer lediglich einen Prüfungsnachweis darüber, dass diese tatsächlich vorhanden sind, nicht notwendigerweise jedoch, in wessen Eigentum sie stehen. Durch Befragungen werden prüfungsrelevante Auskünfte von sachkundigen unternehmensinternen oder externen Personen eingeholt. Bestätigungen sind Antworten auf Befragungen zu in der Rechnungslegung enthaltenen Informationen. Hierzu gehört auch das Einholen von schriftlichen Saldenbestätigungen bei (Geschäfts-)Partnern des zu prüfenden Unternehmens (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Lieferanten, Kunden) über bestimmte Sachverhalte. Als Berechnungen kommen z.B. die Nachprüfung von Originalbelegen des Unternehmens oder die Durchführung von eigenen Berechnungen in Betracht. Unter Nachvollziehen wird die vom Abschlussprüfer unabhängig vorgenommene Anwendung von Verfahren oder solchen Kontrollmaßnahmen verstanden, die bereits i.R.d. IKS durchgeführt wurden. Es erfolgt entweder manuell oder IT-gestützt. Als besondere Methode, um nachzuvollziehen, wie bestimmte Geschäftsvorfälle im Rechnungslegungssystem verarbeitet werden, kommt i.R.d. Aufbauprüfung des IKS ein „Walkthrough“ der bedeutsamen Prozesse des Unternehmens in Betracht. Bei einem „Walk-through“ wird ein Geschäftsvorfall von der Entstehung bis zur Abbildung im Abschluss verfolgt, um Aufschluss darüber zu erhalten, 633

Prüfungstheorie ob der Prozess tatsächlich so abläuft und interne Kontrollen so durchgeführt werden, wie sie von den Mitarbeitern oder in den Organisationsrichtlinien dargestellt worden sind. c) Auswahl- und Auswertungsverfahren bei Stichprobenprüfungen. Als Auswahlverfahren für die Stichproben im Rahmen von Funktionsprüfungen und Einzelfallprüfungen kommen jeweils bewusste Auswahlverfahren (z.B. Auswahl nach der absoluten oder relativen Bedeutung der Elemente etc.) sowie zufallsgesteuerte Auswahlverfahren (echte Zufallsauswahl, systematische Auswahl mit Zufallsstart, wertproportionale Auswahl (bei Einzelfallprüfungen) oder sequentielle Zufallsauswahl) in Betracht. Unter den prüfungsrelevanten statistischen Verfahren sind insb. das Monetary- bzw. Dollar-Unit-Sampling und ähnliche Verfahren von praktischer Bedeutung. Dabei handelt es sich um eine wertproportionale Auswahl, bei der jedem Prüfobjekt eine Auswahlwahrscheinlichkeit proportional zu seinem Buchwert zugeordnet wird. Die so gewonnenen Stichproben werden durch entsprechende Verfahren zum Testen bzw. – bei Einzelfallprüfungen – ggf. auch zum Schätzen von Fehlern (Fehleranteilen, -zahlen und -werten) ausgewertet. Lit.: Förschle, G./Schmidt, G.: § 317, in: Ellrott, H. et al. (Hrsg.): BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010, S. 1973-1197; IDW (Hrsg.): IDW Praxishandbuch zur Qualitätssicherung 2010/2011 – Mit Arbeitshilfen zur internen Qualitätssicherung und zum risikoorientierten Prüfungsvorgehen bei der Prüfung kleiner und mittelgroßer Unternehmen, 5. Aufl., 2010; IDW (Hrsg.): IDW Prüfungsstandard: Feststellung und Beurteilung von Fehlerrisiken und Reaktionen des Abschlussprüfers auf die beurteilten Fehlerrisiken (IDW PS 261) (Stand: 09.09.2009); IDW (Hrsg.): IDW Prüfungsstandard: Prüfungsnachweise im Rahmen der Ab634

schlussprüfung (IDW PS 300) (Stand: 06.09.2006); Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschaftsprüfung: Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens nach nationalen und internationalen Normen, 3. Aufl., 2007; Wiedmann, H.: Prüfungstechnik, in: IDW (Hrsg.): WP Handbuch 2006, Band I, 13. Aufl., Abschnitt R, insb. S. 1985-2129. Norbert Breker Prüfungstheorie 1. Zu den Begriffen „Prüfung“ und „Theorie“ a) Prüfung. Betriebswirtschaftliche Prüfungen sind Soll-Ist-Vergleiche, bei denen ein Prüfer ein Ist-Objekt (z.B. ein internes Kontrollsystem, eine Buchung) mit einem Soll-Objekt, welches mit Hilfe relevanter (rechtlicher und/oder betriebswirtschaftlicher) Normen (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung; o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung, GoA; internationale o Prüfungsnormen) konstruiert wird, vergleicht, um zu beurteilen, ob das IstObjekt den relevanten Normen entspricht (o Prüfungstechnik). Betriebswirtschaftliche Prüfungen unterscheiden sich von technischen Prüfungen dadurch, dass ihr Gegenstand auf betriebswirtschaftliche Sachverhalte gerichtet ist. Im weiteren Sinne sind Prüfungsleistungen Dienstleistungen, die durch eine DreiparteienRelation beschrieben werden können. Eine verantwortliche Partei, z.B. der Vorstand einer AG oder ein Mitarbeiter, ist verantwortlich für einen Sachverhalt (Geschäftsvorfall) sowie für die Aussagen über den Sachverhalt, wie sie z.B. im o Rechnungswesen, im o Jahresabschluss (Funktionen, Regelung) und im o Lagebericht zu finden sind. Interne und externe Nutzer und Adressaten dieser Informationen können nicht ohne weiteres von ihrer Vollständigkeit und Glaubwürdigkeit ausgehen. Aufgrund

Prüfungstheorie von Eigeninteressen der für die Erstellung verantwortlichen Partei können z.B. Rechnungslegungsinformationen absichtlich verzerrt werden. Zudem können unbewusste Fehler auftreten. Damit lässt sich die Nachfrage nach unabhängigen Prüfungen durch die o Revision (interne) oder durch externe Prüfungsträger, wie z.B. o Wirtschaftsprüfer, begründen. Funktion von Prüfungen ist es somit, Informationsrisiken in o PrincipalAgent-Beziehungen zu reduzieren. Prüfungen sind so zu planen und durchzuführen, dass die Adressaten der Berichte mit einer gewissen Sicherheit davon ausgehen können, dass diese frei von wesentlichen Falschaussagen sind (o Anlegerschutz; o Publizität). In einer marktorientierten Sichtweise sind Prüfungen Dienstleistungen unterschiedlicher Qualität, die auf Märkten angeboten und nachgefragt werden. Bestimmte Prüfungsarten, z.B. die o Prüfung des Jahres- und Konzernabschlusses einschließlich der dazugehörigen o Lageberichte, werden jedoch vom Gesetzgeber stark reguliert. Die auf diesen Märkten auftretenden Anbieter (Wirtschaftsprüfer) sind Anbieter professioneller Dienstleistungen auf einem regulierten Markt. Prüfungen können in gesetzlich veranlasste (z.B. Prüfung des Jahresabschlusses, Gründungsprüfung) sowie freiwillige oder vertraglich vereinbarte Prüfungen (z.B. Kreditwürdigkeitsprüfung, Unterschlagungsprüfung, Investitions-, Organisationsund Kostenprüfungen; o Sonderprüfungen) unterschieden werden. b) Theorie. Aus kritischrationalistischer Sicht besteht eine Theorie aus einer Menge geordneter, hinreichend allgemeiner erfahrungswissenschaftlicher Hypothesen. Letztere sind gehaltvolle deskriptive Aussagen, die Vermutungswissen für zahlreiche Anwendungsfälle enthalten. Nach Popper (1984) sind Hypothesen dann empirisch bewährt, wenn sie ernsthaften und stren-

gen Widerlegungsversuchen standgehalten haben und zugleich nicht durch die Entwicklung allgemeinerer Theorien überholt wurden. Die kritischrationalistische Methodologie sieht sich jedoch schwerwiegenden Einwänden ausgesetzt (vgl. Lenz 2002; Fülbier/Weller 2008; jeweils m.w.N.). Insbesondere das modellorientierte ökonomische Vorgehen, welches auch in prüfungstheoretischen Ansätzen eingesetzt wird, ist mit dieser Methodologie kaum vereinbar. Sofern man mit der h.M. an einer realwissenschaftlichen Ausrichtung der P. festhalten möchte, wird man pragmatische Kriterien für die Beurteilung von Hypothesen und Theorien akzeptieren müssen. Eine allgemeine P., aus welcher sich die derzeit existierenden prüfungstheoretischen Ansätze als Spezialfälle herleiten ließen, existiert derzeit nicht. Vorherrschend in der empirischen Forschungspraxis sind eher isolierte Miniaturtheorien bzw. Einzelhypothesen, die teilweise nur in lockerer Verbindung zur jeweiligen Theorie bzw. zum jeweiligen Modell stehen. Dieses Forschungsvorgehen geht zu Lasten von Konsistenz und Allgemeingültigkeit. 2. Prüfungstheoretische Ansätze a) Erkenntnisgegenstand und generelle Perspektiven. Erkenntnisgegenstand der P. ist die Beschreibung, Erklärung und Prognose des Verhaltens und Handelns – unter Einschluss motivationaler und kognitiver Aspekte – von Prüfern bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen, um damit Bestimmungsfaktoren der Prüfungsqualität zu erkennen. Die Prüfungsqualität und damit der Wert einer (internen oder externen) Prüfung für deren Auftraggeber ist (i) von der Fähigkeit des Prüfers abhängig, Verstöße zu entdecken und (ii) seiner Bereitschaft, entdeckte Verstöße auch zu berichten. Ersteres meint die fachliche Kompetenz und Letzteres die Unabhängigkeit des Prüfers. 635

Prüfungstheorie Verhaltensorientierte Ansätze greifen hierbei auf Erkenntnisse der Psychologie und Sozialpsychologie zurück. Das ermöglicht es, auch begrenzt-rationales Verhalten von Prüfern zu berücksichtigen. In rein ökonomisch-verhaltensorientierten Ansätzen wird der Prüfer als eigennützig und rational handelnder Akteur modelliert, der i.d.R. sein monetäres Einkommen bei Berücksichtigung des hierfür notwendigen Arbeitseinsatzes und des damit verbundenen Risikos maximieren möchte. Der für die betriebswirtschaftliche P. zentrale Prozess der prüferischen Urteilsbildung über den Prüfungsgegenstand als Informationsverarbeitungsprozess einschließlich der Entscheidungen über den Einsatz von Prüfungstechnologien kann allerdings derzeit in rein ökonomischen Ansätzen nicht angemessen dargestellt werden. Ein wesentliches Kennzeichen informationsökonomischer P. ist die modelltheoretische Analyse prüferischer Handlungen unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen mit den Erwartungen und Handlungen der anderen Akteure, z.B. der Bilanzersteller und -adressaten (vgl. Ewert 2002). Hierbei wird allerdings i.d.R. die Entscheidung über die Prüfungstechnik stark vereinfacht modelliert, z.B. reduziert auf die Wahl eines geringen oder hohen Prüfungsniveaus, wobei Letzteres als perfekte Technologie jeden vorhandenen Fehler mit Sicherheit aufdeckt. In neueren Behavioral Economics Ansätzen ist eine Annäherung der beiden Sichtweisen festzustellen.

(Nelson 2009). Der Prüfer nimmt Informationen aus der Umwelt i.d.R. selektiv, sequenziell und hypothesengeleitet auf. Über Informationsverarbeitungsprozesse, die durch beschränkte Verarbeitungskapazitäten und durch Begrenzungen des Gedächtnisses gekennzeichnet sind, gelangt der Prüfer zu Aussagen (Urteilen), die Entscheidungen ermöglichen. Hierbei muss sich der Prüfer für die Äußerung eines bestimmten Urteils „entscheiden“ und die Entscheidung dann umsetzen, d.h. die Äußerung „kundtun“, z.B. im o Prüfungsbericht oder o Bestätigungsvermerk. Die Motivation, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, z.B. den Erhalt des Prüfungsmandats, beeinflusst – i.d.R. in unbewusster Weise – die Hypothesengenerierung, die Informationssuche und -bewertung sowie die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Hypothese („Motivated Reasoning“, vgl. Lenz/Bauer/Auerbacher 2006).

b) Untersuchungsgebiete und Ansätze der verhaltensorientierten Prüfungstheorie. Zentraler Gegenstand der verhaltensorientierten P. ist die Beschreibung, Erklärung und Vorhersage der motivationalen und kognitiven Vorgänge beim Erwerb, der Organisation und Verwendung von Informationen bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen. Der Schwerpunkt liegt auf einer Modellierung der individuellen prüferischen Urteilsbildung

Die kognitiven Verhaltenswissenschaften stellen eine Reihe theoretischer Ansätze zur Verfügung, auf die auch in der prüfungstheoretischen Forschung Bezug genommen wird, u.a. das Linsenmodell von Brunswik, der Bayes-Ansatz, die Urteilsbildungsheuristiken von Tversky/Kahnemann, das Modell der Überzeugungsgradrevision von Hogarth/Einhorn (vgl. Lenz 2002; Nelson 2009). Beispielsweise neigen Urteilende

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Die im Gedächtnis vorhandenen kognitiven und emotiven Strukturen ermöglichen die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen. Die epistemische Struktur enthält die Abbildung von Realitätsbereichen in Form sog. semantischer Netzwerke, das sind Verknüpfungen von Begriffsinhalten über Relationen (z.B. Oberbegriff/Unterbegriff-Relationen). Die heuristische Struktur enthält Heurismen, das sind Verfahren zur Konstruktion von Folgen mentaler Operatoren zur Lösung eines Problems.

Prüfungstheorie nach der Verankerungs- und Anpassungsheuristik dazu, Schätzungen, z.B. über die Höhe einer Rückstellung oder Wertberichtigung, auf einem Anker aufzubauen, der der Aufgabenstellung entnommen wird, z.B. dem ungeprüften Wert aus der laufenden Prüfung oder dem Vorjahreswert. Dieser Wert wird dann nach Verarbeitung weiterer Informationen angepasst. Ist der Anker für die Schätzung irrelevant oder nicht zuverlässig, können systematische Urteilsverzerrungen auftreten. Die Verwendung dieser und anderer Heuristiken konnte auch bei Prüfern nachgewiesen werden. Viele empirische Arbeiten in der verhaltensorientierten P. haben sich auch mit der moralischen Urteilsbildung („Ethical Reasoning“) von Wirtschaftsprüfern befasst, weil ein moralisch gestütztes Argumentieren die Fähigkeit von Prüfern reflektiert, Urteile unverfälscht durch Eigeninteressen abzugeben sowie den potentiellen Einfluss des prüferischen Urteils auf das Wohl anderer zu erkennen (vgl. Jones/Massey/Thorne 2003; Lenz 2008; Nelson 2009). c) Untersuchungsgebiete und Ansätze der ökonomischen Theorie der Prüfung. Untersuchungsziel der Neuen Institutionenökonomik ist die „Erklärung und Gestaltung vertraglicher, institutioneller oder gesetzlicher Regelungen zur Sicherung möglicher, aber gefährdeter Kooperationserfolge“ (Neuss 2009, S. 9). Unterstellt wird hierbei ein streng eigennütziges und rationales Verhalten der Individuen bei asymmetrischer Informationsverteilung zwischen den kooperierenden Individuen. Die Institution „Prüfung des Jahresabschlusses und Konzernabschlusses“, verstanden als Menge der formalen und informalen Regelungen, die sie konstituieren, ist ein Regelungssystem, das z.B. ein eigennützig agierendes Management im Zusammenspiel mit anderen Institutionen im Interesse der Kapitalgeber überwachen soll, um dadurch Kooperationserfolge abzusichern.

Innerhalb der ökonomischen Theorie der Prüfung lassen sich verschiedene Richtungen unterscheiden (vgl. Ewert 2002): – Kontrakt- bzw. agencytheoretische Ansätze: Wesentliche Funktion von Prüfungen ist es, Informationsrisiken in o Principal-Agent-Beziehungen zu reduzieren. Im Zentrum des modelltheoretischen Interesses steht die Bestimmung optimaler Anreizverträge zwischen Unternehmenseignern, Managern und Prüfern. Darüber hinaus werden die Modelle zur Begründung empirischer Hypothesen genutzt. Die Schwere der Interessenskonflikte, z.B. zwischen Eigenkapitalgebern und Gläubigern oder zwischen Eigentümern und Management, und damit die potentiellen AgencyKosten differieren von Unternehmen zu Unternehmen. Damit variiert auch die Nachfrage nach Prüfungen unterschiedlicher Qualität. So würde man etwa erwarten, dass bei Unternehmen mit einer hoher Verschuldung oder hohem Streubesitz ceteris paribus die Nachfrage nach einer Prüfung mit hoher Qualität größer ist, als bei Unternehmen mit nur geringer Verschuldung bzw. geringem Streubesitz. Diese Hypothesen können in empirischen Arbeiten zur Prüferwahl und zum Prüferwechsel überprüft werden. – Interdependenzorientierte Ansätze: Hier geht es darum, die jeweils wechselseitigen strategischen Erwartungen der Handlungsparteien (Bilanzersteller, -adressaten und -prüfer) bei Annahme rationalen Verhaltens adäquat abzubilden. Diese Modelle sind gut geeignet, um z.B. die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen o Bilanzpolitik des Managements und Entscheidungen über die Prüfungstechnik und -intensität zu analysieren. – Haftungsorientierte Ansätze: Gegenstand der Analyse sind die Auswirkungen unterschiedlicher Haftungs637

Prüfungstheorie systeme (Dritthaftung des Prüfers in Form der Verschuldens- oder Gefährdungshaftung, ggf. unter Berücksichtigung von Versicherungsmöglichkeiten gegenüber Haftungsrisiken) auf das prüferische Verhalten unter Berücksichtigung spieltheoretischer Abhängigkeiten. – Quasi-Renten-Ansätze: Die Beziehung zwischen Prüfer und Mandant führt zu ökonomischen Vorteilen („Renten bzw. Quasi-Renten“). Untersuchungsgegenstand sind die hieraus sich ergebenden Auswirkungen auf das prüferische Verhalten unter Einschluss von Unabhängigkeitsüberlegungen auf Wettbewerbsmärkten. Beispielsweise kann der Kostenvorteil eines amtierenden Prüfers gegenüber einem Mitbewerber im Wettbewerb um die Erstprüfung antizipiert werden. Dies führt dazu, dass das Honorar einer Erstprüfung unter deren Kosten liegt (sog. Low balling). – Disclosure- bzw. o Signalling-Ansätze: Hier wird nach Möglichkeiten gesucht, das Problem der Qualitätsunsicherheit auf Märkten, auf denen gleichartige Güter unterschiedlicher Qualität gehandelt werden und die Anbieter besser über die Qualität informiert sind als die Nachfrager, zu lösen. Glaubwürdige Signale für Güter höherer Qualität, z.B. die Wahl eines Wirtschaftsprüfers mit hoher Reputation im Vorfeld eines Börsenganges, könnten helfen. In vielen empirischen Studien werden z.B. die Größe und der Spezialisierungsgrad einer Prüfungsgesellschaft als Indikatoren für die nicht direkt beobachtbare Prüfungsqualität herangezogen. 3. Fazit Die verhaltensorientierte wie auch die ökonomische Sichtweise der betriebswirtschaftlichen P. bieten unterschiedliche Perspektiven zur Analyse von Prüfungsproblemen. Sie stehen gleichbe638

rechtigt nebeneinander und können sich – je nach Problemlage – auch gegenseitig ergänzen (vgl. Ewert 2002; Lenz/Bauer/Auerbacher 2006). Lit.: Ewert, R./Wagenhofer, A.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007, S. 417-558; Ewert, R.: Prüfungstheorie, spieltheoretischer Ansatz, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./v. Wysocki, K. (Hrsg.): HdR, 3. Aufl., 2002, Sp. 1908-1923; Fülbier, R.U./Weller, M.: Normative Rechnungslegungsforschung im Abseits? Einige wissenschaftstheoretische Anmerkungen, in: Journal of General Philosophy of Science, 2008, S. 351-382; Jones, D./Massey, D.W./ Thorne, L.: Auditors’ ethical reasoning: Insights from past research and implications for the future, in: JAL, 2003, S. 45-103; Lenz, H./Bauer, M./Auerbacher, C.: Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers aus der Perspektive der ökonomischen und verhaltensorientierten Prüfungstheorie am Beispiel gemeinsamer Beratung und Prüfung, in: Meeh, G. (Hrsg.): Unternehmensbewertung, Rechnungslegung und Prüfung, FS FischerWinkelmann, 2006, S. 175-229; Lenz, H.: Empirische Forschung in der Prüfung, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./v. Wysocki, K. (Hrsg.): HdR, 3. Aufl., 2002, Sp. 628-646; Lenz, H.: Ethische Grundlagen der Wirtschaftsprüfung, in: Der Konzern, 2008, S. 494-503; Lenz, H.: Prüfungstheorie, verhaltensorientierter Ansatz, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./v. Wysocki, K. (Hrsg.): HdR, 3. Aufl., 2002, Sp. 1924-1938; Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschaftsprüfung, 3. Aufl., 2007; Nelson, M.W.: A Model and Literature Review of Professional Skepticism in Auditing, in: Auditing: A Journal of Practice & Theory, 2009, S. 1-34; Neuss, W.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre aus institutionenökonomischer Sicht, 6. Aufl., 2009; Popper, K.R.: Logik der Forschung, 8. Aufl., 1984. Hansrudi Lenz

Publizität Prüfungsträger P. von o Sonderprüfungen können alle in der Buchführung ausreichend vorgebildeten und erfahrenen Personen sein (§ 143 AktG). P. für die gesetzliche o Prüfung des Jahresabschlusses und o Prüfung des Konzernabschlusses von großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften und von dem o Publizitätsgesetz (PublG) unterliegenden Unternehmen können dagegen nur o Wirtschaftsprüfer und o Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bzw. von mittelgroßen GmbH nach § 267 Abs. 2 HGB auch vereidigte o Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften sein (§ 319 Abs. 1 HGB). Die Pflichtprüfung von o Genossenschaften obliegt dem Prüfungsverband (§ 55 GenG). Prüfungswesen = Revisionswesen = o Wirtschaftsprüfung Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) Durch den o Sarbanes-Oxley Act of 2002 (SOX) in den o USA geschaffene unabhängige Aufsichtsbehörde für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die bei der o SEC einzureichende Abschlüsse von Unternehmen prüfen. Das PCAOB ist eine privatwirtschaftliche, gemeinnützige Institution mit dem Ziel, die Interessen der Anleger sowie das öffentliche Interesse hinsichtlich der Erstellung informativer, angemessener und unabhängiger Prüfberichte zu schützen. Publikumsgesellschaft Ein Unternehmen, meist in der Rechtsform der o Aktiengesellschaft (AG), seltener der o Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), o Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder o Kommanditgesellschaft, dessen Kapitalanteile sich in den Händen sehr vieler Gesellschafter befinden; i.e.S. eine AG, deren Aktien an der Börse gehandelt werden und weit gestreut sind.

Publizität 1. Grundlagen P. ist die öffentliche Bereitstellung von Nachrichten. Die hier betrachtete Unternehmens-P. umfasst damit alle von den Unternehmensvertretern öffentlich bekannt gemachten Nachrichten. Unternehmens-P. kann in gesetzlich erzwungene und freiwillige P. sowie hinsichtlich der Zielgruppe differenziert werden. Die Unternehmensnachrichten können über verschiedene Kanäle bereitgestellt werden. Neben der persönlichen Bekanntgabe von Informationen, z.B. auf der Hauptversammlung oder bei Analystentreffen, zählen hierzu insb. die Veröffentlichung von Geschäfts-, Halbjahresund Quartalsberichten, Aktionärsbriefen, Unternehmensbroschüren, Börsenprospekten, Ad-hoc-Mitteilungen und Presseerklärungen. Darüber hinaus nutzen vor allem börsennotierte Unternehmen das Internet, um Nachrichten entweder selbst oder durch Informationsdienste zur Verfügung zu stellen. Organisatorisch wird Unternehmens-P. häufig von in den Unternehmen eigens hierfür geschaffenen Public Relations bzw. o Investor Relations-Abteilungen durchgeführt. 2. Gesetzliche Publizitätspflichten Deutschland

in

a) Überblick. Grundsätzlich werden gesetzliche Publizitätspflichten mit dem Schutz schlechter informierter Stakeholder (Individualschutz) und/oder der Verbesserung der Funktionsfähigkeit von Märkten (Funktionenschutz) begründet. Im Rahmen des Individualschutzes sollen die Unternehmensstakeholder durch P. vor den Risiken geschützt werden, die aus dem Wissensvorsprung des Managements über Vertragsgegenstände sowie dessen Handlungen resultieren. Zusammen mit dem Abbau von Transaktionskosten soll das durch den Individualschutz gestärkte Vertrauen der Stakeholder zur besseren Funktionsfä639

Publizität higkeit z.B. der Arbeits-, Kapital- und Produktionsmärkte führen. Demnach sollen Marktpreise verlässliche Lenkungssignale darstellen und somit eine effiziente Güter- und Kapitalallokation sowie eine verbesserte Koordination von Angebot und Nachfrage erreicht werden. Gesetzliche P.-pflichten in Deutschland orientieren sich traditionell primär an der Rechtsform. Umfangreiche Vorschriften existieren für o Kapitalgesellschaften (AG, KGaA und GmbH) und o Genossenschaften. Den Kapitalgesellschaften gleichgestellt sind nach § 264a HGB „unechte“ Personengesellschaften in der Form einer OHG oder KG, deren unbeschränkt haftenden Gesellschafter als Kapitalgesellschaften organisiert sind (z.B. GmbH & Co. KG). o Personengesellschaften und Einzelunternehmen sind von der Pflicht zur P. befreit, es sei denn sie überschreiten an drei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen bestimmte Größenkriterien bezüglich Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Mitarbeiterzahl (§§ 1, 11 PublG). Branchenbedingt unterliegen o Kreditinstitute (§§ 340a, 340i, 340l HGB) und o Versicherungsunternehmen (§§ 341a, 341i, 341l HGB) besonderen P.-Vorschriften. Letztere sind z.B. verpflichtet, Zeitwerte von Kapitalanlagen gem. § 54 RechVersV anzugeben. Darüber hinaus stellt die Kapitalmarktorientierung eines Unternehmens ein Kriterium für P. dar. Als kapitalmarktorientiert gelten Unternehmen, deren Eigenund/oder Fremdkapitaltitel an einem organisierten Kapitalmarkt i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sind. b) Kapitalgesellschaften und aufgrund der Rechtsform gleichgestellte Gesellschaften. Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Personengesellschaften ohne natürliche Person als Vollhafter gem. §§ 325, 339 HGB haben regelmäßig Unternehmensdaten zu veröffentlichen. Große Kapitalgesellschaften i.S.v. § 267 640

HGB müssen innerhalb von zwölf Monaten nach Geschäftsjahresende den o Jahresabschluss, o Lagebericht, o Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers, Bericht des Aufsichtsrates und ggf. den Gewinnverwendungsbeschluss beim elektronischen Bundesanzeiger einreichen. Hierdurch sollen die Stakeholder über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informiert werden. Durch die P. im elektronischen Bundesanzeiger (www.ebundesanzeiger.de) soll jedem Interessierten der schnelle Zugriff auf die Unternehmensnachrichten ermöglicht werden. Für Offenlegungszwecke darf an Stelle des HGB-Jahresabschluss ein o IFRS-Einzelabschluss (§ 325 Abs. 2a HGB) treten. Für kleine und mittelgroße Gesellschaften bestehen gem. §§ 326 f. HGB vielfältige Erleichterungen hinsichtlich der Detailliertheit. Darüber hinaus existieren rechtsformabhängige Erleichterungen für Genossenschaften bzgl. Umfang und Inhalt der zu veröffentlichenden Unterlagen (§ 336 HGB). An der Spitze eines Konzerns stehende Kapitalgesellschaften müssen nach § 325 Abs. 3 HGB zusätzlich jährlich einen o Konzernabschluss und o Konzernlagebericht veröffentlichen, wenn sie die Größenkriterien des § 293 HGB überschreiten. Er soll über die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe informieren. Nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen besitzen gem. § 315a Abs. 3 HGB ein Wahlrecht den Konzernabschluss nach den Vorschriften des HGB oder der IFRS zu erstellen. Zwischenholdings, die selbst keine Aktien zum amtlichen Handel zugelassen haben, können i.d.R. auf die Aufstellung eines Konzernabschlusses verzichten, wenn sie in den veröffentlichten Konzernabschluss des übergeordneten Mutterunternehmens einbezogen sind (§§ 291 f. HGB). Zu den unregelmäßigen Publizitätspflichten zählt für alle Kapitalgesellschaften die Bekanntgabe rechtlich bedeutsamer

Publizität Tatsachen wie z.B. Gründung, Kapitalerhöhung und -herabsetzung und Liquidation. c) Erweiterte Publizitätspflichten für kapitalmarktorientierte Gesellschaften. Als Teil der regelmäßigen Publizitätspflichten gilt für kapitalmarktorientierte Gesellschaften, die nicht ausschließlich grob gestückelte Schuldtitel i.S.d. § 327a HGB begeben, eine verkürzte Veröffentlichungsfrist von vier Monaten für den Jahres- und ggf. Konzernabschluss (§ 325 Abs. 4 HGB). Ist ein kapitalmarktorientiertes Unternehmen nicht konzernabschlusspflichtig, hat es seinen Jahresabschluss um eine o Kapitalflussrechnung und einen o Eigenkapitalspiegel zu ergänzen. Der Konzernabschluss hat zwingend den Regelungen der IFRS zu entsprechen. Darüber hinaus ist im Jahresabschluss eine Entsprechungserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex abzugeben (§ 161 AktG; o Corporate Governance). Sowohl für den Jahres- als auch den Konzernabschluss haben die gesetzlichen Vertreter kapitalmarktorientierter Unternehmen zu versichern, dass die Abschlüsse nach bestem Wissen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild darstellen (o Bilanzeid nach §§ 264 Abs. 2 Satz 3; 297 Abs. 2 Satz 4 HGB). Die strengeren P.-Pflichten für kapitalmarktorientierte Gesellschaften werden mit dem Institutionenschutz für einen funktionsfähigen Kapitalmarkt begründet. Börsennotierte Unternehmen sind zudem verpflichtet unterjährig o Zwischenabschlüsse zu erstellen. Gem. § 37w Abs. 1 Satz 1 WpHG ist ein verkürzter Halbjahresfinanzbericht, der einen konsolidierten Zwischenbericht nach IAS 34, einen Zwischenlagebericht und eine Erklärung zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen enthält, spätestens zwei Monate nach Ende der Berichtsperiode zu veröffentlichen. Unternehmen, deren Wertpapiere an der Frankfurter Börse im

sog. o Prime Standard gelistet werden, sind verpflichtet, Quartalsberichte ebenfalls innerhalb einer Frist von zwei Monaten bereitzustellen. Außerdem müssen sie einen Unternehmenskalender publizieren, mindestens eine Analystenkonferenz pro Jahr durchführen sowie die laufende Berichterstattung zusätzlich in englischer Sprache veröffentlichen. Auch hier werden die P.-Pflichten als Beitrag für möglichst informationseffiziente Aktienmärkte angesehen. Zu den unregelmäßigen Publizitätspflichten zählt im Falle der Börsenzulassung je nach Börsensegment die Herausgabe eines o Börsenzulassungsprospekts, Unternehmensberichts oder Verkaufsprospekts gem. § 30 Abs. 3 BörsG. Der Börsenzulassungsprospekt hat Angaben über den Emittenten, seine in Einzel- bzw. Konzernabschlüssen abgebildete Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, seine aktuelle wirtschaftliche Entwicklung und über Art und Ausgabemodalitäten der Wertpapiere zu enthalten. Nach § 15 WpHG besteht darüber hinaus die Pflicht zur o Ad-hoc-Publizität. Hiernach sind alle im Unternehmensbereich eingetretenen, den Anlegern nicht bekannten Tatsachen unverzüglich zu veröffentlichen, die zu erheblichen Aktienkursänderungen führen bzw. im Fall von Schuldverschreibungen die Zahlungsfähigkeit des Emittenten beeinträchtigen können. Durch die Ad-hoc-Publizität sollen die Kapitalmarktteilnehmer vor möglichen Risiken des Insiderhandels geschützt werden. 3. Freiwillige Publizität Insbesondere für das Management börsennotierter Gesellschaften aber auch für Unternehmen bestimmter Branchen bestehen Anreize, auch über die gesetzlichen Anforderungen hinaus Unternehmensnachrichten zu publizieren. So veröffentlichen viele Gesellschaften zusätzliche Informationen für ihre Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten oder für die 641

Publizitätsgesetz (PublG) breite Öffentlichkeit im Geschäftsbericht und in anderen Medien wie z.B. im o Corporate Social Responsibility-Bericht oder in Unternehmensbroschüren. Zu den primär an andere Stakeholder gerichteten Informationen zählen z.B. als Teil des Geschäftsberichts veröffentlichte Umwelt- und Sozialbilanzen sowie durch Mitarbeiterzeitschriften zugänglich gemachte Informationen für Arbeitnehmer. Als freiwillige Transparenzmaßnahme kann auch die Unterschreitung der gesetzlichen Veröffentlichungsfristen (Fast Close) angesehen werden, durch die ein Beitrag zur zeitnahen Informationsversorgung der Stakeholder geleistet wird. 4. Verlässlichkeit der publizierten Informationen Die P. von Unternehmensinformationen allein reicht nicht aus, um Transparenz im Sinne einer verantwortlichen Unternehmensführung zu schaffen. Aus Sicht der Adressaten besteht die Gefahr, dass unvollständige oder unzutreffende Nachrichten veröffentlicht werden. Folglich sind die im Rahmen der gesetzlichen P. veröffentlichten Informationen zu verifizieren. Daher erfolgt eine unabhängige Prüfung der Gesetzeskonformität von Unternehmensdaten durch Wirtschaftsprüfer (z.B. Jahresabschlussprüfung) und bei kapitalmarktorientierten Unternehmen zusätzlich durch die o Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Eine erhöhte Glaubwürdigkeit kann außerdem durch die persönliche Haftung der Unternehmensvertreter für Schäden aufgrund von Fehlinformationen erreicht werden. Dieser Aspekt wurde durch die Einführung des sog. o Bilanzeids durch die gesetzlichen Vertreter börsennotierter Kapitalgesellschaften berücksichtigt. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 26-52; Buchheim, R.: Die Publizität der Kapitalgesellschaften & Co. nach dem EHUG, in: DB 2010, S. 1133-1141; Christ, S.: Veröffentlichungspflichten nach dem 642

neuen EHUG, 2007; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 987-991; Heuser, P./Theile, C.: IFRS Handbuch – Einzel und Konzernabschluss, 4. Aufl., 2009, S. 29-36; Kötzle, A./Grüning, M.: Unternehmenspublizität aus Sicht der Praxis, in: KoR 2009, S. 33-44; Noack, U.: Neue Publizitätspflichten und Publizitätsmedien für Unternehmen eine Bestandsaufnahme nach EHUG und TUG, in: WM 2007, S. 377-381; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 47-57, 969-1001. Bernhard Pellens Publizitätsgesetz (PublG) Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15.08.1969. Nach dem P. sind Unternehmen verschiedener Rechtsformen (§ 3 PublG), insb. o Personengesellschaften, zur Aufstellung, Prüfung und Publizität eines o Jahresabschlusses (§§ 6-9) und evtl. eines o Konzernabschlusses (§§ 11-15) verpflichtet, wenn sie am Abschlussstichtag und an zwei darauf folgenden Abschlussstichtagen jeweils mindestens zwei der folgenden Größenkriterien erreichen (o Größenklassen): Bilanzsumme > 65 Mio. € Umsatzerlöse > 130 Mio. € Durchschnittliche Arbeitnehmerzahl > 5.000. Für die nach dem P. zu erstellenden Abschlüsse gelten die Rechnungslegungsvorschriften der §§ 242 ff. HGB. Purchase-Method = Erwerbsmethode o Kapitalkonsolidierung Purchase Price Allocation = o Kaufpreisallokation Put-Option (Verkaufsoption) o Optionen

Q Qualität der Rechnungslegung o Earnings Quality Qualitätscontrolling Teilgebiet des o Controllings, in dem die Planung, Kontrolle und Steuerung von qualitätssichernden Maßnahmen im Vordergrund steht. Quartalsbericht o Zwischenbericht Quartalsergebnis Für ein Kalenderquartal ausgewiesenes o Ergebnis. Quellensteuer Steuer auf Einkünfte, die nicht vom Steuerpflichtigen (z.B. Arbeitnehmer als Empfänger einer Lohnzahlung) selbst, sondern von der Quelle der Einkünfte (z.B. dem Unternehmen) an das Finanzamt abgeführt wird. Quick Ratio o Liquiditätsgrad Quotenaktie = o Stückaktie Quotenkonsolidierung 1. Wahlrecht zur Q. Nach § 310 Abs. 1 HGB bzw. IAS 31.30 i.V.m. IAS 31.38 besteht für den Einbezug von o Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture) in der Form gemeinschaftlich geführter Unternehmen in einen o Konzernabschluss ein explizites o Bilanzierungswahlrecht. Hat also ein Partnerunternehmen als o Mutterunternehmen selbst einen Konzernabschluss aufzustellen oder wird es selbst in einen Konzernabschluss einbezogen, so dürfen die Anteile an dem jeweiligen Gemeinschaftsunternehmen entweder per EquityMethode (o Equity-Bewertung) oder mittels der Q. im Konzernabschluss des Partner- bzw. übergeordneten Mutterunternehmens bilanziert werden.

2. Bilanzierungstechnik Nach § 310 Abs. 2 HGB bzw. IAS 31.33 ist die Q. entsprechend den Vorschriften zur o Vollkonsolidierung durchzuführen. Ausgehend hiervon werden sämtliche o Vermögensgegenstände bzw. o Vermögenswerte, o Schulden, o Erträge und o Aufwendungen des Gemeinschaftsunternehmens – im Unterschied zur Vollkonsolidierung – anteilsmäßig, und damit im Regelfall beteiligungsproportional entsprechend der eigenen Anteilsquote, in den Konzernabschluss des Partner- bzw. übergeordneten Mutterunternehmens einbezogen. In Konsequenz dessen entfällt der für die Vollkonsolidierung konstitutive Ausweis von o Anteilen anderer Gesellschafter in den Konzernbilanzen und Erfolgsrechnungen der Partnerunternehmen. Im Rahmen der Q. sind sämtliche – auch bislang nicht bilanzierte – Vermögensgegenstände bzw. -werte und Schulden des Gemeinschaftsunternehmens zum Zeitpunkt des erstmaligen Einbezugs im Wege der Q. mit ihren beizulegenden Zeitwerten (o Fair Value) anzusetzen bzw. neu zu bewerten. Das sich hieraus ergebende neubewertete anteilige Eigenkapital ist anschließend mit dem im Abschluss des Partnerunternehmens ausgewiesenen Beteiligungsbuchwert zu verrechnen. Ein sich hieraus ergebender positiver Unterschiedsbetrag ist analog zur Vollkonsolidierung auf Grundlage der Neubewertungsmethode als Geschäftsoder Firmenwert bzw. Goodwill zu aktivieren (o Geschäftswert). Dieser ist nach HGB in der Folgezeit planmäßig über seine Nutzungsdauer abzuschreiben und nach IFRS zumindest jährlich sowie fallweise bei Vorliegen bestimmter Indikatoren einem Werthaltigkeitstest (o Impairment Test) zu unterziehen. Ein ggf. entstehender negativer Unterschiedsbetrag ist nach § 301 Abs. 3 HGB als Unterschiedsbetrag aus der o Kapi643

Quotenkonsolidierung talkonsolidierung auf der Passivseite der Konzernbilanz auszuweisen, wohingegen dieser nach IFRS im Nachgang eines vorab durchzuführenden reassessment als Ertrag zu verbuchen ist (o Badwill). Sofern konzerninterne Lieferungs- und Leistungsverflechtungen zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und anderen Konzernunternehmen bestehen, sind diese im Zuge der sonstigen Konsolidierungsmaßnahmen (o Schuldenkonsolidierung, o Aufwands- und Ertragskonsolidierung, o Zwischenerfolgseliminierung) quotal zu eliminieren. 3. Kritik an der Q. und Ausblick Als zentrale Kritik an der Q. wird angeführt, dass diese der o Fiktion der rechtlichen Einheit widerspricht. So wird durch die quotale Einbeziehung der Vermögenswerte und Schulden in den Konzernabschluss suggeriert, dass der Konzern über die bilanzierten Vermögensgegenstände bzw. -werte und Schulden frei verfügen kann, obwohl die Verfügungsmacht durch die gemeinschaftliche Führung mehrerer Partnerunternehmen eingeschränkt ist. Insofern könne definitorisch auch kein Vermögenswert vorliegen, da es sich bei den bilanzierten Aktiva nicht um eine in der „Verfügungsmacht des Unternehmens stehende Ressource“ (IFRS Rahmenkonzept Tz. 49a) handelt. Darüber hinaus wird das generelle Wahlrecht zur Quotenkonsolidierung kritisiert, da dieses die Vergleichbarkeit von Konzernabschlüssen einschränke. Auf die dargestellten Kritikpunkte hat das IASB bereits 2007 mit dem o Exposure Draft ED 9 „Joint Arrangements“ reagiert, der eine Abschaffung der Q. vorsieht. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Konzernbilanzen, 8. Aufl., 2009, S. 316334; Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 491-512; 644

Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 698-701; Küting, K./Weber, C.-P.: Der Konzernabschluss, 11. Aufl., 2008, S. 511-518; Lüdenbach, N.: § 34 Anteile an Joint Ventures, in: Lüdenbach, N./Hoffmann, W.-D. (Hrsg.): Haufe IFRS-Komm., 8. Aufl., 2010, S. 1987-1994. André Schmidt

R Rabatt Preisnachlass; wird bei der Ermittlung der o Anschaffungskosten als Anschaffungspreisminderung berücksichtigt. Rahmenkonzept = o Framework RAP = o Rechnungsabgrenzungsposten RAROC = o Risk-adjusted Return of Capital Rating 1. Allgemeines Als R. wird im Allgemeinen die Beurteilung bestimmter Fähigkeiten oder Eigenschaften eines Objekts nach vorab festgelegten Kriterien bezeichnet. In der Finanzwelt bezieht sich der Begriff gängigerweise auf die Beurteilung der gegenwärtigen und künftigen Bonität eines Unternehmens. Es wird dessen Fähigkeit beurteilt, seinen finanziellen Verpflichtungen vollständig und rechtzeitig nachzukommen. Sowohl der Beurteilungsprozess als auch das resultierende Urteil wird als „R.“ bezeichnet. Das Urteil erfolgt durch die Zuordnung des R.Objekts zu einer R.-Klasse, welche durch eine Symbolkombination (z. B. AAA) ausgedrückt wird. Die Klassen sind ordinal skaliert, wodurch sich durch das R. (-urteil) nicht die exakte, metrisch skalierte, Ausfallwahrscheinlichkeit erkennen lässt. 2. Ratingkriterien Die Klassenzuordnung erfolgt anhand verschiedener Kriterien. Neben länderund branchenspezifischen Kriterien werden auch Unternehmenscharakteristika berücksichtigt. Hierbei lassen sich quantitative und qualitative Kriterien unterscheiden. Die quantitativen Kriterien sind kardinal messbar und somit objektiv vergleichbar. Neben den in der o Bilanzanalyse verwendeten o Kennzahlen des o Jahresabschlusses gehören beispielsweise auch makroökonomische Größen

zu den quantitativen Kriterien. Zu den qualitativen Kriterien gehören Kriterien, die nicht kardinal messbar sind. Häufig werden sie subjektiv ermittelt. Das Branchenumfeld und die Managementqualität gelten beispielsweise als qualitative Merkmale. 3. Ratingobjekte Das sog. Emittenten-R. prognostiziert die generelle Fähigkeit eines Schuldners, seine Zinszahlungs- und Tilgungsverpflichtungen zu erfüllen. Demgegenüber wird beim Emissions-R. die Zahlungsfähigkeit in Bezug auf einen separaten Schuldtitel beurteilt. Die Emissions-R. verschiedener Schuldtitel eines Unternehmens müssen dabei nicht übereinstimmen und können auch vom Emittenten-R. des Unternehmens abweichen. Der Grund liegt in einer möglichen unterschiedlichen Ausgestaltung der einzelnen Schuldtitel. Beispielsweise können sich Laufzeiten oder Besicherungen unterscheiden. Neben einem Emittenten oder einem Schuldtitel existieren weitere R.Objekte, wie Länder, Fonds oder Aktien. 4. Verwendung von Ratings im Rahmen von Basel II Die Bedeutung des R. hat durch o Basel II weiter zugenommen. Diese Vereinbarung besagt u. a., dass Kreditinstitute ihre entsprechend dem Kreditrisiko gewichteten Risikoaktiva mit mindestens 8 % o Eigenkapital unterlegen müssen. Die Gewichtung wird über die R. der Aktiva bestimmt. Zur Ermittlung der R. gibt Basel II zwei Möglichkeiten vor, aus denen sich eine weitere Differenzierung des R. ergibt. Beim IRB-Ansatz wird auf ein internes R. zurückgegriffen. Das interne R. erfolgt durch das jeweilige Kreditinstitut. Beim sog. Standardansatz werden externe R. verwendet. Die externen R. werden von unabhängigen R.-Agenturen durchgeführt. Zu den bekanntesten R.Agenturen, welche auch nach den Anforderungen der §§ 52, 53 SolvV in Deutschland anerkannt sind, gehören 645

Rationalisierungsinvestition Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch, Creditreform, DBRS und Japan Credit Rating Agency.

zum o Bilanzstichtag realisiert sind. Zusammen mit dem o Imparitätsprinzip konkretisiert es das o Vorsichtsprinzip.

Lit.: Behr, P./Güttler, A.: Interne und externe Ratings – Bedeutung, Entwicklung, Testverfahren, 2004; Crasselt, N./Thiele, S./Ohliger, T.: Das BilMoG vor dem Hintergrund der Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II), in: Fink, C./Schultze, W./Winkeljohann, N. (Hrsg.): Bilanzpolitik und Bilanzanalyse nach neuem Handelsrecht, 2010, S. 433-452; Keiner, T.: Rating für den Mittelstand, 2001; Oelerich, A.: Robuste Ratingverfahren, 2005; Wieben, H.-J.: Credit Rating und Risikomanagement, 2004.

Offenkundiger Bestandteil des R. ist das o Anschaffungswertprinzip, wonach o Aktiva (o Passiva) bis zum Realisationszeitpunkt maximal (mindestens) zu den fortgeführten o Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bilanzieren sind. Als Realisationszeitpunkt gilt der Verkaufsakt, da dieser eine Art Markttest für die erbrachten Leistungen bzw. Güter darstellt. Erst dann kommt es zu einer erfolgswirksamen Erhöhung des Nettovermögens über die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der eingesetzten Güter hinaus.

Thorsten Ohliger Rationalisierungsinvestition R. dienen der wirtschaftlichen Gestaltung von Vorgängen durch Nutzung des technischen Fortschritts. Reagibilitätsgrad Verhältnis der prozentualen Änderung einer abhängigen Größe von einer Einflussgröße, z.B. einer o Kostenart von der Änderung des o Beschäftigungsgrads; Maß für den variablen Kostenanteil an den Gesamtkosten. Reale Geldkapitalerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Real Estate Investment Trust (REIT) o Immobilien Realinvestition = Sachinvestition Im Gegensatz zur o Finanzinvestition handelt es sich bei einer R. um die o Investition in das Sachvermögen einer Unternehmung. Realisationsprinzip 1. Das R. im System der o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) Das in § 252 Abs. 4 S. 2 allgemeingültig verankerte R. besagt, dass o Gewinne nur zu berücksichtigen sind, wenn sie 646

Da sich das R. nicht nur auf o Erträge sondern explizit auf „Gewinne“ bezieht, regelt es indirekt auch den Erfassungszeitpunkt der zugehörigen o Aufwendungen. Somit konkretisiert das R. als umfassender Periodisierungsgrundsatz die Forderung in § 252 Abs. Nr. 5 HGB, wonach Aufwendungen und Erträge unabhängig vom Zeitpunkt des Zahlungsanfalls im o Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. Daraus folgt, dass Ausund Einzahlungen, die erst künftige Umsatzakte ermöglichen (alimentieren), bis zu diesem Zeitpunkt erfolgsneutral in der o Bilanz als Aktiv- bzw. Passivposten anzusetzen sind (z.B. erhaltene Anzahlungen). Somit wird das R. teilweise als ein grundlegendes Aktivierungs- und Passivierungsprinzip i.S.d. dynamischen o Bilanztheorie angesehen. 2. Konkretisierung des Realisationszeitpunkts in der HGB-Bilanzierungspraxis Der Realisationszeitpunkt ist grundsätzlich erreicht, wenn die Leistung bzw. Lieferung von Waren erbracht und der Anspruch auf die Gegenleistung wirtschaftlich entstanden ist. Im einfachen Fall der Veräußerung eines beweglichen Wirtschaftsgutes erfolgt die Realisation mit

Realoptionen Übergabe der Sache und Übertragung der Gefahr des zufälligen Untergangs (Preisgefahr) auf den Käufer (§ 446 BGB). Bei einem Versendungskauf nach § 447 BGB ist das Kriterium bereits mit Übergabe an den Spediteur erfüllt. Bei einem Werkvertrag geht die Preisgefahr mit der Abnahme durch den Auftraggeber auf Selbigen über. Darüber hinaus existieren (z.T. in der Kommentarliteratur) spezielle Regelungen u.a. für Dauerschuldverhältnisse, Mehrkomponentenverträge, Tauschgeschäfte und sale-and-buy-backVerträge. Weitergehende, mit der Abwicklung des Geschäfts verbundene Risiken, wie z.B. das Bonitätsrisiko des Käufers beim Verkauf auf Ziel oder das Risiko der Rückgabe bzw. Gewährleistung, sind für die Bestimmung des Realisationszeitpunktes i.d.R. unerheblich. Sie werden auf andere Weise berücksichtigt (z.B. Forderungsabschreibung, Rückstellungsbildung). Mit dem Inkrafttreten des o BilMoG wurde das R. in Form des Anschaffungswertprinzips an einigen Stellen aufgeweicht. Beispielsweise müssen Finanzinstitute die im Handelsbestand gehaltenen o Finanzinstrumente zum o beizulegenden Zeitwert (abzüglich eines Risikoabschlags) und damit ggf. oberhalb der Anschaffungskosten bewerten. 3. R. innerhalb der o IFRS Das Prinzip der o Periodenabgrenzung (Accrual Basis) stellt neben der Annahme der o Unternehmensfortführung den fundamentalen Grundsatz der Rechnungslegung nach IFRS dar (o Rahmenkonzept, Tz. 22). Die Regeln zu o Umsatzrealisation erstrecken sich über verschiedene Verlautbarungen, wobei IAS 18 das R. u.a. für gewöhnliche Umsatzakte konkretisiert. Da hier prinzipiell ebenfalls auf die Übertragung der Preisgefahr abgestellt wird, ergeben sich im Regelfall keine wesentlichen Unterschiede zur HGB-Vorgehensweise.

An anderer Stelle greift nach IFRS ein weniger strenges R. So ist bei periodenübergreifenden Dienstleistungs- oder kundenspezifischen Fertigungsprojekten (o Langfristfertigung) unter bestimmten Voraussetzungen die Umsatzrealisierung nach dem Fertigstellungsgrad (percentage of completion) vorgeschrieben, während nach HGB der Gewinn grundsätzlich erst bei Beendigung des Projekts auszuweisen ist. Zudem ist die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (o Fair Value) innerhalb der IFRS stärker verbreitet, so dass im größeren Umfang auch lediglich „realisierbare“ Gewinne ausgewiesen werden. Lit.: Beisse, H./Moxter, A.: Das Realisationsprinzip – 1884 und heute, in: BB 1984, S. 1780-1786; Siegel, T.: Das Realisationsprinzip als allgemeines Periodisierungsprinzip, in: BFuP 1994, S. 1-24; Pilhofer, J.: Umsatz- und Gewinnrealisation im internationalen Vergleich: Bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten nach HGB, US-GAAP und IFRS, 2002; Hoffmann, W.-D./Lüdenbach, N./Hommel, M./Berndt, T.: Das Realisationsprinzip – 1884 und heute, in: BB 2009, S. 2190-2194. Adam Strzyz Realoptionen 1. Idee und Begriff Als R. werden unternehmerische Handlungsspielräume bezeichnet, die das Management in die Lage versetzen, flexibel auf unsichere Zukunftsentwicklungen zu reagieren. Durch die Bezeichnung kommt zum Ausdruck, dass sich das Management bei der Entscheidung über die optimale Ausnutzung von Handlungsspielräumen in einer ähnlichen Situation befindet wie Inhaber von Finanzoptionen (o Optionen). So hat das Management bei der Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt eine Investition durchführen zu können, ähnliche Entscheidungen zu treffen wie der Inhaber 647

Realoptionen einer Kaufoption auf Aktien. Das Management wird die Investition nur bei hinreichend positiver Entwicklung des Marktumfelds durchführen. Eine Pflicht zur Durchführung der Investition auch bei negativer Entwicklung besteht hingegen nicht. Aufgrund der konzeptionellen Ähnlichkeit zu Finanzoptionen bietet es sich an, R. mit Methoden der o Optionspreistheorie zu bewerten. Aufbauend auf den Überlegungen der flexiblen Investitionsplanung mithilfe von Entscheidungsbäumen erlaubt der Realoptionsansatz eine kapitalmarkttheoretisch fundierte Bewertung von Handlungsspielräumen. Allerdings muss beachtet werden, dass die Analogie zwischen R. und Finanzoptionen durch die Komplexität und Unschärfe realwirtschaftlicher Entscheidungssituationen eingeschränkt wird. Weiterhin sind die Anwendungsvoraussetzungen optionspreistheoretischer Methoden bei der Bewertung von R. allenfalls näherungsweise erfüllt, so dass die Bewertung in höherem Maße subjektiven Einflüssen unterliegt. Trotz dieser Einschränkungen bietet der Realoptionsansatz hohes heuristisches Potenzial zur Fundierung komplexer Entscheidungen unter Unsicherheit. 2. Systematisierung Grundlegend können R. in Investitionsmöglichkeiten und Desinvestitionsmöglichkeiten unterteilt werden. Komplexere Entscheidungssituationen können als Umstellungsoptionen oder Verbundoptionen beschrieben werden. Erstere zeichnen sich dadurch aus, dass sowohl die aktuelle als auch die mögliche alternative Verwendung eines o Vermögenswerts mit Unsicherheit behaftet ist. Bei Letzteren eröffnet die Ausübung einer Option selbst wieder neue Handlungsspielräume. Eine weitergehende Systematisierung jedes Grundtypus kann nach konkreten Entscheidungssituationen erfolgen. 648

a) Investitionsoption. Als Investitionsoption wird die Möglichkeit bezeichnet, innerhalb eines bestimmten Zeitraums über eine Investition entscheiden zu können. Durch das Abwarten kann das Management seinen Informationsstand verbessern und bei konstanter Investitionsauszahlung einen Zinsgewinn realisieren. Gleichzeitig können aber auch Kosten des Abwartens entstehen. So können dem Unternehmen Einzahlungen entgehen, die bei früherer Investition bereits realisierbar wären, oder es kann eine Verschlechterung der Wettbewerbsposition eintreten. Ist die Investition nicht an bestimmte Fristen gebunden, besteht das zentrale Entscheidungsproblem des Managements darin, unter Abwägung von Kosten und Nutzen des Abwartens den optimalen Investitionszeitpunkt festzulegen. Eine Investitionsoption kann analog zu einer Kaufoption (Call) auf Aktien betrachtet werden. Der Barwert der durch die Investition zu erzielenden Zahlungsüberschüsse tritt hierbei an die Stelle des Aktienkurses. Die zu leistende Investitionsauszahlung entspricht dem für die Aktie zu zahlenden Basispreis. Als Optionslaufzeit ist derjenige Zeitraum zu interpretieren, bis zu dem ein Entscheidungsaufschub möglich ist. Eine exakte Festlegung der Optionslaufzeit kann z.B. durch vertragliche Vereinbarungen gegeben sein. Oftmals wird aber gerade die Optionslaufzeit nur näherungsweise bestimmbar sein. Mögliche Kosten des Abwartens können schließlich analog zu Dividenden, um die der Wert der Aktie während der Laufzeit sinkt, in die Betrachtung einbezogen werden. Alternativ können solche Kosten auch durch eine im Zeitablauf steigende Investitionsauszahlung berücksichtigt werden. Je nachdem, ob die Investitionsmöglichkeit nur zu einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. am Ende eines Genehmigungsverfahrens) oder jederzeit während der Optionslaufzeit wahrgenommen werden kann, wird

Realoptionen im Jargon der Finanzmärkte von einer europäischen Option (Ausübung nur am Ende möglich) oder einer amerikanischen Option (Ausübung jederzeit möglich) gesprochen. Investitionsoptionen können mit Blick auf die konkrete Entscheidungssituation weiter differenziert werden. Die Möglichkeit, erstmals in ein bestimmtes Produkt oder Geschäftsfeld zu investieren, wird in der Literatur als Aufschubsoption (option to wait, option to defer oder timing option) bezeichnet. Handelt es sich demgegenüber um Investitionsmöglichkeiten, die sich erst als Folge einer vorhergehenden Investition ergeben haben, wird von Erweiterungsoption (option to expand) bzw. Wachstumsoption (growth option) gesprochen. Dabei bezieht sich der Begriff der Erweiterungsoption auf Anschlussinvestitionen innerhalb eines Projekts, z.B. eine Kapazitätserweiterung von Produktionsanlagen bei positiver Nachfrageentwicklung. Als Wachstumsoption werden demgegenüber Möglichkeiten zur Investition in eigenständige Folgeprojekte verstanden. Beispielsweise kann eine Direktinvestition im Ausland die Möglichkeit schaffen, den ausländischen Markt durch weitere Investitionen auch für bereits im Inland vertriebene Produkte zu erschließen. b) Desinvestitionsoption. Als Desinvestitionsoption wird die Möglichkeit bezeichnet, den Umfang eines bereits laufenden Projekts bei negativer Entwicklung zu verringern. Ist die Desinvestitionsentscheidung nicht nur zu einem festen Zeitpunkt möglich, ist der optimale Zeitpunkt für die Desinvestition festzulegen. Einzahlungen aus dem noch laufenden Projekt stellen in diesem Fall einen Nutzen des Abwartens dar. Kosten des Abwartens ergeben sich demgegenüber aus einem Zinsverlust und darüber hinaus auch aus der möglichen Verringerung der Desinvestitionserlöse.

Bei einer Desinvestitionsoption befindet sich das Management in einer vergleichbaren Situation wie der Inhaber einer Verkaufsoption (Put) auf Aktien, wenn er gleichzeitig auch die Aktie selbst hält. An die Stelle des Aktienkurses tritt der Barwert der bei Projektfortführung erwarteten o Cashflows. Der Desinvestitionserlös entspricht dem Basispreis, der dem Optionsinhaber bei Ausübung zufließt. Die Optionslaufzeit ist wiederum mit dem Zeitraum gleichzusetzen, bis zu dessen Ende mit der Entscheidung gewartet werden kann, und nur bei Projektfortführung realisierbare Einzahlungen können analog zu Dividenden berücksichtigt werden. Auch bei Desinvestitionsoptionen ist eine weitere Differenzierung nach Entscheidungssituationen möglich. Kann das Projekt vollständig beendet werden, wird von einer Abbruchoption (option to abandon) gesprochen. Die Möglichkeit einer nur teilweisen Desinvestition wird hingegen als Einschränkungsoption (option to contract) bezeichnet. c) Umstellungsoptionen. Bei einfachen Investitions- oder Desinvestitionsoptionen wird davon ausgegangen, dass über die Investitionsauszahlung bzw. die Desinvestitionseinzahlung keine Unsicherheit herrscht. Viele reale Entscheidungssituationen werden jedoch treffender als Umstellungs-, Wechsel- oder Tauschoption (option to switch, exchange option) beschrieben, bei denen das Management darüber entscheiden muss, eine Alternative mit unsicherer Wertentwicklung gegen eine andere Alternative mit ebenfalls unsicherer Wertentwicklung zu tauschen. Eine solche Entscheidungssituation kann sowohl als Kauf- als auch als Verkaufsoption interpretiert werden. Beispielsweise kann die Möglichkeit, auf einer Produktionsanlage Produkt B anstelle von Produkt A herzustellen, einerseits als Kaufoption auf die Erlöse von Produkt B interpretiert werden. Die ent649

Realoptionen gehenden Erlöse von Produkt A zuzüglich der Umrüstkosten stellen dann den zu entrichtenden Basispreis dar. Andererseits kann diese Entscheidungssituation auch als Verkaufsoption auf die Erlöse von Produkt A angesehen werden, bei deren Ausübung dem Unternehmen die Erlöse von Produkt B abzüglich der Umrüstkosten zugehen. d) Verbundoptionen. Betriebliche Entscheidungssituationen sind oftmals dadurch gekennzeichnet, dass das Management nicht nur in der Ausgangssituation über eine gewisse Flexibilität verfügt, sondern durch die Entscheidung für eine Investition, Desinvestition oder Umstellung selbst neue Handlungsspielräume geschaffen werden. In diesem Fall liegt eine Verbundoption (compound option) vor. Beispielsweise kann es sich um folgende Entscheidungssituationen handeln: – Ein Unternehmen verfügt über ein Investitionsprojekt mit zeitlich flexiblem Startzeitpunkt, das später bei positiver Entwicklung ausgeweitet oder bei negativer Entwicklung eingeschränkt werden kann. – Ein Unternehmen verfügt über die Möglichkeit, den Betrieb eines Projekts bei negativem Verlauf einzustellen und anschließend bei positivem Verlauf wieder aufzunehmen. – Ein Unternehmen verfügt über eine flexible Technologie, die einen wiederholten Wechsel von einer Produktionsalternative zu einer anderen erlaubt. 3. Bewertung Aufgrund der asymmetrischen Risikostruktur von R. sind für ihre Bewertung die üblichen kapitalmarkttheoretisch fundierten Methoden der o dynamischen Investitionsrechnung, bei denen das bewertungsrelevante Risiko über einen konstanten, oftmals aus dem o Capital Asset Pricing Model (CAPM) abgeleiteten risikoadjustierten Kapitalkostensatz 650

berücksichtigt wird, nicht geeignet. Als zielführender erweisen sich die Methoden der Optionspreistheorie, die im Kern auf dem Prinzip der Arbitragefreiheit beruhen. Aufgrund der komplexen Entscheidungssituationen eignen sich dabei numerische Methoden wie das auf Cox, Ross und Rubinstein (1979) zurückgehende Binomialmodell besser als analytische Methoden in geschlossener Gleichungsform, zu denen das Bewertungsmodell von Black und Scholes (1973) gehört. Für die Bewertung mit dem Binomialmodell ist aus dem Marktpreis bzw. -wert des Bezugsguts und dessen erwarteter zukünftiger Entwicklung eine hypothetische Verteilung zu bestimmen, die bei Risikoneutralität aller Kapitalmarktteilnehmer gelten müsste. Wird von nur zwei möglichen Zuständen am Ende der Laufzeit mit zustandsabhängiger Rendite ru bei positivem Verlauf und zustandsabhängiger Rendite rd bei negativem Verlauf ausgegangen, ist jedem der beiden Zustände eine hypothetische Wahrscheinlichkeit pu bzw. pd („Pseudowahrscheinlichkeit“) zuzuordnen. Der mit diesen Faktoren gebildete Erwartungswert des Projektwerts entspricht dem Sicherheitsäquivalent der tatsächlichen Verteilung. Unter Berücksichtigung der risikofreien Rendite rf gilt pu = (rf – rd)/(ru – rd) und pd = (ru –rf)/(ru – rd) = 1 – pu. Mit diesen Faktoren können im nächsten Schritt die zustandsabhängigen Ausprägungen einer R., die mit dem Basisprojekt zusammenhängen, zu einem Sicherheitsäquivalent verdichtet und risikofrei abgezinst werden. Durch die Bezugnahme auf den aktuellen Marktpreis des zu beziehenden bzw. abzugebenden Vermögenswerts und dessen Volatilität kommen die auf dem Gedanken der Arbitragefreiheit beruhenden Optionsbewertungsmodelle ohne explizite Annahmen über Eintrittswahrscheinlichkeiten und die Risikopräferenzen der Ka-

Rechnung, pagatorische pitalmarktteilnehmer aus. Für das Bezugsgut von R. liegt aber in aller Regel kein Marktpreis vor. Um R. dennoch bewerten zu können, muss also zunächst der Marktpreis durch den Marktwert des Bezugsguts approximiert werden. Dieser ist auf Basis einer starren Investitionsplanung unter Annahme eines konstanten risikoadjustierten Kapitalkostensatzes zu ermitteln. Da hierfür doch Annahmen über Eintrittswahrscheinlichkeiten und Risikopräferenzen zu treffen sind, kann der Realoptionsansatz als theoretisch redundant angesehen werden. Unter Anwendungsgesichtspunkten stellt das zweistufige Vorgehen aber eine deutliche Komplexitätsreduktion gegenüber anderen Verfahren dar, bei denen das gesamte flexible Projekt in nur einem Schritt bewertet wird.

in: ZfbF 1993, S. 933-958; Laux, H.: Flexible Investitionsplanung : Einführung in die Theorie der sequentiellen Investitionsplanung, 1971; Magee, J.F.: How to use decision trees in capital investment, in: HBR 5/1964, S. 79-96; Tomaszewski, C.: Bewertung strategischer Flexibilität beim Unternehmenserwerb : Der Wertbeitrag von Realoptionen, 2000; Trigeorgis, L. (Hrsg.): Real Options in Capital Investment: Models, Strategies, and Applications, 1995; Trigeorgis, L.: Real Options: Managerial Flexibility and Strategy in Resource Allocation, 1996; Trigeorgis, L.: Real Options and Business Strategy: Applications to Decision Making, 1999.

Lit.: Black, F./Scholes, M.: The valuation of options and corporate liabilities, in: JPE 1973, S. 637-654; Brennan, M.J./ Trigeorgis L. (Hrsg.): Project Flexibility, Agency, and Competition : New Developments in the Theory and Application of Real Options, 2000; Copeland, T.E./ Antikarov, V.: Real Options: a Practitioner’s Guide, 2001; Cox, J.C./Ross, S.A./ Rubinstein, M.: Option pricing: a simplified approach, in: JFE 1979, S. 229-263; Crasselt, N./Tomaszewski, C.: Realoptionen – eine neue Methode der Investitionsrechnung?, in: WiSt 1999, S. 556559; Crasselt, N./Tomaszewski, C.: Realoptionen: Systematisierung und typische Anwendungsfelder, in: M&A Review 2002, S. 131-137; Dixit, A.K./Pindyck, R.S.: Investment under Uncertainty, 1994; Fischer, T.R./Hahnenstein, L./Heitzer, B.: Kapitalmarkttheoretische Ansätze zur Berücksichtigung von Handlungsspielräumen in der Unternehmensbewertung, in: ZfB 1999, S. 1207-1232; Kester, W.C.: Today’s options for tomorrow’s growth, in: HBR 2/1984, S. 153160; Laux, C.: Handlungsspielräume im Leistungsbereich des Unternehmens: Eine Anwendung der Optionspreistheorie,

Rechenwerke Sind Bestandteile eines vollständigen o IFRS-Einzel- oder o Konzernabschlusses. R. umfassen die o Bilanz, die Gesamterfolgsrechnung (o Gewinn- und Verlustrechnung), die o Kapitalflussrechnung sowie die o Eigenkapitalveränderungsrechnung. Zudem zählen zu einem vollständigen Abschluss erläuternde Angaben im o Anhang. Die R. dienen der Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen über die zukünftige Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage (o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage) sowie über die Entwicklung der künftigen o Cashflows des Unternehmens.

Nils Crasselt/ Claude Tomaszewski

Rechnerische Prüfung o Prüfungshandlungen Rechnung, kalkulatorische Gegensatz zur pagatorischen Rechnung (o Finanzbuchhaltung); baut auf o Kosten und Erlösen auf (o Kostenbewertung). Rechnung, pagatorische Auf Zahlungsvorgängen aufbauende Rechnung, z.B. die kaufmännische 651

Rechnungsabgrenzungsposten o Buchhaltung oder die o pagatorische Bilanz nach Kosiol; Gegensatz zur o kalkulatorischen Rechnung. Rechnungsabgrenzungsposten Eine im o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss auszuweisende Position, die wie o Rückstellungen und o Abschreibungen der Periodisierung von Vermögensänderungen dient. Bei transitorischen R. handelt es sich auf der Aktivseite um Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie o Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen (z.B. im Voraus gezahlte Miete), auf der Passivseite um Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie o Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (z.B. im Voraus erhaltene Miete). Sowohl im handelsrechtlichen Einzel- und Konzernabschluss (§ 250 Abs. 1 und 2 HGB) als auch in der o Steuerbilanz (§ 5 Abs. 5 EStG) besteht für transitorische R. eine Bilanzierungspflicht. Bei antizipativen R. handelt es sich um Ertrag bzw. Aufwand der Abrechnungsperiode, der aber erst nach dem Abschlussstichtag zu Einnahmen bzw. Ausgaben führt. Sie sind im Jahresabschluss nicht als R., sondern als o Forderungen bzw. o Verbindlichkeiten zu bilanzieren. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./ Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 459-462; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S.173f. Rechnungslegende Einheit o Einheit, rechnungslegende Rechnungslegung Teil des o Rechnungswesens, mit dem die Geschäftsführung Rechenschaft über abgewickelte und laufende Geschäfte durch Übermittlung nachprüfbarer Informationen gegenüber Rechenschaftsberechtigten, z.B. den Eigentümern oder 652

Gläubigern, ablegt. Die Begriffe der R. und des externen Rechnungswesens werden vielfach synonym verwendet. Teils werden aber auch an unternehmensinterne Empfänger gerichtete Rechenschaftsberichte als Teil der R. gesehen. Es ist dann zwischen interner R. (o Erfolgsrechnung, kurzfristige) und externer R. (o Jahresabschluss) zu unterscheiden. Rechnungslegungsadressaten = o Jahresabschlussadressaten Rechnungswesen 1. Begriff und Zweck Unter R. (Accounting) wird die Abbildung (= Ermittlung, Aufbereitung und Darstellung) von wirtschaftlichen Zuständen in einem Zeitpunkt und von Prozessen (= Vorgänge) während eines Zeitraums von gesamten Volkswirtschaften (= volks- oder gesamtwirtschaftliches R.) und von einzelnen Betrieben und deren Zusammenschlüssen z.B. zu o Konzernen (= betriebliches, betriebswirtschaftliches oder einzelwirtschaftliches R., Unternehmungsrechnung) vornehmlich in Geldeinheiten einschließlich von Erläuterungen verstanden. Die folgenden Ausführungen betreffen nur das betriebswirtschaftliche R. Die Abbildungen können mehr die Form von Beschreibungsmodellen, wie z.B. die kaufmännische o Buchhaltung, oder mehr die Form von Entscheidungsmodellen, wie z.B. die o Investitionsrechnung oder o Finanzplanung, haben. Im ersten Fall werden vornehmlich als Istgrößen vergangene, im zweiten vornehmlich als Sollgrößen zukünftige Zustände und Prozesse abgebildet. Doch dienen die Darstellungen des Ist, gewissermaßen als Teil eines Regelkreises, weitgehend auch der Unterstützung von unternehmerischen Entscheidungen. Die wichtigsten Zwecke des R. bestehen insgesamt darin, der Unternehmungsleitung einerseits auf den einzelnen Hierar-

Steuerbilanz

Nebenrechnungen, z.B. Umweltbilanzen

Lagebericht

Bilanz, Guv, Anhang z.T. Kapitalf lussrechnung

Zwischenberichte

Konzernabschluss

Jahresabschluss

Buchhaltung, kauf männische

Regelmäßige Erf assung

Kosten, Erlöse

Auf wendungen, Erträge

Einnahmen, Ausgaben

Ein- und Auszahlungen

Maßgrößen

Betriebsvermögensermittlung

Kreditstatus

Sonderbilanzen (z.B. bei Überschuldung)

Fallweise Erf assung

Externes Rechnungswesen

Finanzplanung

Finanzkontrolle

Finanz- und Liquiditätsrechnung

Betriebsbuchhaltung

Regelmäßige Erf assung

Betriebsergebnisrechnung

Ist-KER

Plan-KER

Kosten- und Erlösrechnung (KER)

Unternehmensbewertung

Investitionsrechnung, dynamische

Investitionsrechnung, statische

Wirtschaf tlichkeitsanalysen

Kostenkalkulation (f ür Auf träge)

Fallweise Erf assung

Internes Rechnungswesen

Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen

Rechnungswesen

Abb. 1: Das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen

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Rechnungswesen chieebenen als Instrument der Steuerung von o Liquidität und o Rentabilität (internes R.; o Management Accounting) und andererseits gegenüber Außenstehenden, insb. Kapitalgebern, als Mittel der Rechenschaftslegung (o Rechnungslegung; externes R.; Financial Accounting) zu dienen; außerdem bildet das R. die Basis für die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen (o Steuerbilanz) und einen Teil der Dokumentation des Unternehmens (o Jahresabschluss, Funktionen). Das externe R. erstreckt sich auf die Abbildung von Austauschvorgängen zwischen einer rechtlichen Einheit (Unternehmen) und Dritten und auf die daraus resultierenden Zustände (Bestände). Es ist weitgehend durch das o Handelsrecht (insb. o HGB, für kapitalmarktorientierte Konzerne mit Verweis auf die o International Financial Reporting Standards (IFRS)) und ergänzend durch das Steuerrecht (EStG, KStG) geregelt. Die Gestaltung des internen R. ist den Unternehmen überlassen, unterliegt aber bei Lieferung zu administrierten Preisen behördlichen Regelungen (o Entgeltregulierung; o Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten). Als o Grundgrößen des Rechnungswesens werden je nach den Funktionen der einzelnen Teile des R. – Ein- und Auszahlungen, – Einnahmen und Ausgaben i.S. von aus Zahlungen abgeleiteten monetären Gegenwerten an Güterausgängen und Gütereingängen, – Aufwendungen und Erträge i.S. von periodisierten Ausgaben und Einnahmen sowie – Kosten i.S. von Güterverzehr zum Zwecke der Leistungserstellung und die ihnen entsprechenden Erlöse als Maßgrößen für die Abbildung verwendet. 654

2. Bestandteile Das R. lässt sich außer nach internen und externen Aufgaben auch danach gliedern, ob die Erfassung der Zustände, wie Bestände an o Vermögensgegenständen und o Verbindlichkeiten, und Prozesse, wie die Geschäftsvorfälle in der Buchhaltung, laufend oder zumindest in regelmäßigen Abständen oder nur fallweise bei Auftreten bestimmter Anlässe, wie z.B. die o Unternehmensbewertung bei Planung eines Unternehmenskaufs, vorgenommen wird. Außerdem ist eine Einteilung des R. danach üblich, ob das Schwergewicht auf der Erfassung von Istgrößen zu Kontrollzwecken oder von Sollgrößen zu Planungszwecken liegt. Verwendet man die drei Gliederungskriterien, so lässt sich eine Übersicht über das R. mit Abbildung 1 geben. In ihr sind auch die unterschiedlichen Maßgrößen gekennzeichnet, die in den einzelnen Teilen des R. hauptsächlich verwendet werden. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass zwischen den Teilen des R. vielfältige Verbindungen bestehen. Manche Teile des R. sind auf Informationen aus anderen Teilen des R. angewiesen. Zum Beispiel beruht die o Steuerbilanz nach dem o Maßgeblichkeitsprinzip auf den Bilanzansätzen des o Jahresabschlusses. Die einzelnen Teile des R. werden unter den entsprechenden Stichworten in Übersichtsaufsätzen oder vertieft in Einzelbeiträgen behandelt. Hier soll anhand der Abbildung lediglich ein kurzer Überblick gegeben werden. Das externe R. beruht auf der kaufmännischen o Buchhaltung in Form der o Doppik. Aus ihr werden der handelsrechtliche o Jahresabschluss mit seinen Bestandteilen, der Bilanz, der Gewinnund Verlustrechnung und bei Kapitalgesellschaften dem o Anhang sowie für Muttergesellschaften der o Konzernabschluss mit den zusätzlichen Bestandtei-

Rechnungswesen len, o Kapitalflussrechnung und o Eigenkapitalspiegel sowie einer o Segmentberichterstattung (als freiwilliger Teil bei nicht kapitalmarktorientierten Konzernen), abgeleitet. Das externe R. ist weitgehend durch das HGB (öUGB) sowie die → Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung geregelt. Der Konzernabschluss ist von kapitalmarktorientierten Unternehmen (§ 264d HGB) zwingend und von anderen Mutterunternehmen freiwillig (§ 315a Abs. 2 HGB) nach den IFRS aufzustellen. Die Steuerbilanz nach EStG und KStG wird aus dem HGBJahresabschluss abgeleitet. Der o Konzernabschluss wird durch Anpassung und Konsolidierung der Jahresabschlüsse der einbezogenen Unternehmen entwickelt. Die Aufstellung von Jahres- und Konzernabschlüssen wirft eine Fülle von Einzelfragen auf, insb. bei der Wahrnehmung von o Bilanzierungswahlrechten, z.B. Ansatz latenter o Steuern oder die Bewertung des o Anlagevermögens und o Umlaufvermögens, zur Gestaltung der o Bilanzpolitik. Jahres- und Konzernabschluss unterliegen bei Kapitalgesellschaften gem. HGB und bei Großunternehmen anderer Rechtsform gem. PublG der o Prüfung und o Publizität und werden durch den o Lagebericht sowie bei börsennotierten AG durch den zumindest halbjährlichen o Zwischenbericht ergänzt. Insbesondere publizitätspflichtige Großunternehmen veröffentlichen freiwillig Nebenrechnungen, wie o Umweltbilanzen oder o Nachhaltigkeitsberichte, die z.T. auch auf Jahresund Konzernabschlüssen beruhen. Bei Auftreten außerordentlicher Finanzierungsfälle, wie Fusionen oder Sanierungen, sind fallweise o Sonderbilanzen oder ein o Kreditstatus aufzustellen und zu prüfen. o Sonderprüfungen werden auch aus anderen Anlässen, wie z.B. bei vermuteten Verstößen gegen Bewertungsvorschriften, Unterschlagungen oder Börseneinführung, durchgeführt.

Auch für steuerliche Zwecke werden Sonderrechnungen, wie die o Betriebsvermögensermittlung, für die Berechnung der Erbschaftsteuer erforderlich. Das interne R. fußt zu wesentlichen Teilen auf der o Betriebsbuchhaltung, die vielfach in statistischer Form geführt wird. Es umfasst im Bereich der regelmäßigen Datenerfassung und -verarbeitung die Finanzrechnung zum Zweck der kurzfristigen Steuerung und Kontrolle der Liquidität und zur mittel- und langfristigen Planung der Finanzierung (o Finanzplanung) sowie die Kosten- und Erlösrechnung zur kurzfristigen Steuerung und Kontrolle der Rentabilität. Beide Bereiche bilden einen bedeutenden Teil des o Controllings. Insbesondere für die o Kostenrechnung (Cost Accounting) haben sich unterschiedliche o Kostenrechnungssysteme herausgebildet, während die o Erlösrechnung in der Praxis nicht gleichweit entwickelt ist. Als Periodenrechnung wird aus beiden Elementen die kurzfristige o Erfolgsrechnung entwickelt. Die periodische Kostenrechnung bildet die Basis für die o Kalkulation, insb. die Zuschlagskalkulation zur Ermittlung der Kosten je Leistungseinheit (Stückkosten). Diese sind Instrumente zur Unterstützung von fallweisen Entscheidungen, z.B. über Annahme von Aufträgen bei gegebenen Marktpreisen, Abgabe von Angebotspreisen, Wahl zwischen alternativen Produktionsverfahren oder Einsatzstoffen, Feststellung von o Verrechnungspreisen und über andere Fragen der kurzfristigen Beschaffungs-, Produktions- und Absatzplanung. Die Kalkulation dient darüber hinaus der Ermittlung der o Herstellungskosten für den Ansatz von Erzeugnissen in der Bilanz. Die Investitionsrechnung (Capital Budgeting), ein weiteres wichtiges Gebiet des internen R., unterstützt die Beurteilung von Investitionsobjekten, in einfa655

Rechnungswesen, EDV-gestütztes cher Form als statische o Investitionsrechnung, in entwickelter Form, besonders unter expliziter Berücksichtigung der Unsicherheit als dynamische o Investitionsrechnung. Beurteilungskriterien sind der o Kapitalwert und der interne o Zinsfuß. Der Beurteilung ganzer Unternehmen im Rahmen der Kreditgewährung dient die Jahresabschluss- bzw. o Bilanzanalyse und im Hinblick auf Erwerb eines Unternehmens die o Unternehmensbewertung. Lit.: Bea, F.X.: Rechnungswesen, Grundbegriffe, in: HWB, 5. Aufl., 1993, Sp. 3697-3715; Coenenberg, A.G. et al.: Einführung in das Rechnungswesen, 3. Aufl. 2009; Coenenberg, A.G.: Rechnungswesen und Unternehmensrechnung, in: HWB, 5. Aufl., 1993, Sp. 3677-3696; Dellmann, K.: Rechnungswesen, Systematik des, in: HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 1692-1696; Eisele, W.: Technik des Betrieblichen Rechnungswesens, 7. Aufl. 2002; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Horváth, P.: Controlling, 10. Aufl., 2006; Lücke, W.: Rechnungswesen, in: HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 1686-1703; Ordelheide, D.: Externes Rechnungswesen, in: Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., 1993, S. 219-314; Pellens, B./Fülbier, R./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011; Ruhnke, K.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2005; Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007; Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungslegungsstandards, 6. Aufl., 2009; Weber, H.K.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen, Bd. 1, 4. Aufl., 1993, Bd. 2, 3. Aufl., 1991. Walther Busse von Colbe Rechnungswesen, EDV-gestütztes 1. Einführung Das gesamte o Rechungswesen ist ohne EDV-Unterstützung nicht mehr denkbar. Sowohl für Unternehmen als auch für 656

Non-Profit-Organisationen existiert eine Vielzahl an Softwarelösungen, die alle Bereiche des Rechnungswesens abdecken. Während die klassischen Bereiche des Rechnungswesens, die Buchhaltung (o Buchhaltung, kameralistische und kaufmännische) und das externe Rechnungswesen sowie die Kosten- und Erlösrechnung (o Kostenrechnungssysteme) in operativen Anwendungssystemen, so genannten Enterprise Resource Planning (ERP)-Systemen, abgebildet werden, wird das darauf aufbauende o Controlling durch Management Support Systeme (MSS) unterstützt. Die Nutzung von EDV-Lösungen für die Unternehmenssteuerung wird häufig auch mit dem Begriff Business Intelligence belegt. 2. Enterprise Systeme

Resource

Planning-

a) Überblick. ERP-Systeme integrieren mehrere betriebswirtschaftliche Anwendungsbereiche wie Rechnungswesen, Personalwesen, Beschaffung, Produktionsplanung und -steuerung, Vertrieb und Projektmanagement. Die Integration erstreckt sich auf eine gemeinsame Datenhaltung (Datenintegration) und die informationstechnische Verknüpfung der Funktionen (Funktionsintegration). ERPSysteme lassen sich darüber hinaus branchen- und länderübergreifend einsetzen, durch Customizing der Software an branchen- und firmenspezifische Besonderheiten anpassen sowie über eine grafische Benutzeroberfläche komfortabel bedienen. Wichtige Anbieter von ERPSystemen sind u.a. die Unternehmen SAP, Microsoft und Oracle. Bei der überwiegenden Mehrzahl deutscher Großunternehmen kommen ERP-Systeme dieser Anbieter zum Einsatz. b) Buchhaltung. Die o Buchhaltung bildet ein zentrales Element von ERPSystemen, weil Daten des Finanz- und Rechnungswesens schon aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen erhoben und verarbeitet werden müssen. Innerhalb der

Rechnungswesen, EDV-gestütztes Finanzbuchhaltung gibt es folgende Bereiche, die in der Regel in ERP-Systemen abgebildet sind: – In der Hauptbuchhaltung werden die Periodenabschlussbuchungen vorgenommen, die für die Erstellung von o Bilanz und o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) notwendig sind. Die meisten Inputdaten werden dabei von anderen Programmen geliefert, die ebenfalls der Buchhaltung angehören. – In der Debitorenbuchhaltung werden o Forderungen an Kunden verarbeitet. Die von der Fakturierung erstellten Daten werden verbucht, Rechnungen und Mahnungen erstellt und Zahlungen registriert. – Die Kreditorenbuchhaltung befasst sich mit o Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten. Häufig ist ein Zahlungszeitpunkt hinterlegt, der die von den Lieferanten eingeräumten Zahlungsziele in optimaler Weise und unter Beachtung etwaiger Skontoinanspruchnahmen ausnutzt. – Die Anlagenbuchhaltung (o Anlagespiegel) führt Buch über das o Anlagevermögen und ermittelt Anlagewerte und Abschreibungshöhen (o Abschreibung). Die Abschreibungsverläufe des externen Rechnungswesens können dabei von den in der Kostenrechnung verwendeten Abschreibungen abweichen. – Die Lohnbuchhaltung ist für die Abwicklung der Lohn- und Gehaltszahlungen zuständig. Sie greift dabei auf Daten der Arbeitszeitverwaltung zurück und hat eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf Steuern und Sozialabgaben zu beachten. Neben den Schnittstellen zwischen den einzelnen Bereichen der Buchhaltung sind in ERP-Systemen auch Schnittstellen zwischen der Buchhaltung und ande-

ren Anwendungsfeldern wie beispielsweise der Kosten- und Erlösrechnung vorgesehen, um eine problemlose Datenübernahme zu gewährleisten. c) Kosten- und Erlösrechnung. EDVProgramme zur Kosten- und Erlösrechnung umfassen in der Regel folgende Komponenten: – Die Kostenarten- und -stellenrechnung, in der die angefallenen Kosten (o Kosten und Erlöse) gegliedert und auf o Kostenstellen verteilt werden. In einem integrierten ERPSystem wird dabei häufig direkt auf Anwendungen der Produktionsplanung und -steuerung zurückgegriffen. – Die o Kostenträgerstückrechnung, die es erlaubt, Produkte und Dienstleistungen zu kalkulieren (o Kalkulationsverfahren). Dabei sind sowohl eine Vorkalkulation, eine mitlaufende Kalkulation und eine Nachkalkulation möglich. – Die Ergebnisrechnung (o Erfolgsrechnung, kurzfristige), in der neben den Kosten auch die Erlöse und das Betriebsergebnis dargestellt werden. Häufig besteht die Möglichkeit, die Ergebnisrechnung als o Deckungsbeitragsrechnung darzustellen. Darüber hinaus finden sich häufig zusätzliche Anwendungen zur Ermittlung der Kosten von Innenaufträgen oder zur Durchführung einer o Prozesskostenrechnung. In ERP-Systemen erfolgt die Eingabe von Kosten- und Erlösdaten nicht manuell, sondern über zahlreiche Schnittstellen zu Vorsystemen. Dies ist insbesondere die Buchhaltung einschließlich Anlagenbuchhaltung und Lohn- und Gehaltsabrechnung. Daten aus Materialwirtschaft und Produktionsplanung, z.B. Stücklisten und Arbeitspläne für die Kalkulation, fließen ebenfalls in die Kostenrechnung ein. Aus dem Vertriebsmodul schließlich kommen die für die Ergebnisrechnung notwendigen Erlösdaten. Für 657

Recognition die Verrechnung von Gemeinkosten (o Einzel- und Gemeinkosten) bieten ERP-Systemen zahlreiche Hilfsmittel. So erfolgt die Verteilung von Gemeinkosten auf Kostenstellen und -träger häufig automatisiert über vordefinierte Schlüssel. Die o innerbetriebliche Leistungsverrechnung im Rahmen der Kostenstellenrechnung ist auch in Unternehmen mit mehreren Tausend Kostenstellen über einfache Algorithmen leicht möglich. Viele ERP-Systeme erlauben die für eine Deckungsbeitragsrechnung notwendige Trennung von fixen und variablen Kosten (o Kosten, fixe und variable). 3. Management Support Systeme a) Überblick. Management Support Systeme erlauben eine umfassende Analyse und Aufbereitung der in den operativen Anwendungssystemen gespeicherten Daten. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Daten der operativen Anwendungssysteme gezielt für die Unternehmenssteuerung einsetzen. Zu den Management Support Systemen zählen Managementinformationssysteme (MIS) und Entscheidungsunterstützungssysteme (EUS). b) Managementinformationssysteme. Die Aufgabe von Managementinformationssystemen besteht in der rechtzeitigen Bereitstelllung von relevanten Informationen für das Management in der geeigneten Form. Datenquellen können dabei neben den häufig in Data Warehouses abgelegten Daten operativer Anwendungssysteme auch externe Datenbanken und über das Internet verfügbare Daten sein. Informationen werden häufig in Abweichungsberichten dargestellt, also nur dann, wenn eine Abweichung gegenüber dem ursprünglichen Plan vorliegt, die eine bestimmte Toleranzschwelle überschreitet. Managementinformationssysteme nutzen in der Regel hochaggregierte Informationen. Um das Management sinnvoll zu unterstützen, muss es allerdings möglich sein, die einzelnen Verdichtungshierarchien von oben nach 658

unten zu durchlaufen, z.B. von einem Absatzgebiet über Kundengruppen und Kunden zu einzelnen Artikeln. Dafür müssen Berichtsobjekte in geeigneten Hierarchien angeordnet werden (sog. Bezugsgrößenhierarchien). c) Entscheidungsunterstützungssysteme. Ein Entscheidungsunterstützungssystem verbindet Daten, Modelle und Auswertungsmöglichkeiten in einer Software zu einem integrierten System und hilft dem Management bei der Entscheidungsfindung. Man unterscheidet modellgestützte EUS und datengestützte EUS. Erstere erlauben die Abbildung bestimmter Entscheidungstatbestände, z.B. von Preisentscheidungen einschließlich der Simulation verschiedener Alternativen („Was wäre wenn“-Analyse). Letztere analysieren große Datenpools und unterstützen die Entscheidungsfindung durch die Extrahierung wichtiger Informationen aus sonst nutzlosen Datenmassen. Wichtige Techniken zur Datenanalyse sind Online Analytical Processing (OLAP) und Datamining. Lit.: Friedl, G. et al.: Stand und Perspektiven der Kostenrechnung in deutschen Großunternehmen, in: ZfCM 2009, S. 111-116; Friedl, G./Hilz, C./Pedell, B.: Controlling mit SAP, 5. Aufl., 2008, S. 17-33; Friedl, G./Hofmann, C./Pedell, B.: Kostenrechnung. Eine entscheidungsorientierte Einführung, 2010; Laudon, K.C./Laudon, J.P./Schoder, D.: Wirtschaftsinformatik. Eine Einführung, 2006, S. 504-519; Mertens, P. et al.: Grundzüge der Wirtschaftsinformatik, 9. Aufl., 2005, S. 82-127; Stahlknecht, P./Hasenkamp, U.: Einführung in die Wirtschaftsinformatik, 11. Aufl., 2004, S. 326-436. Gunther Friedl Recognition = Ansatz in der Bilanz oder GuV. Reconcilation = o Überleitungsrechnung

Relativkostenkatalog Recoverable Amount = o Erzielbarer Betrag Recycling In der o Rechnungslegung kann R. i.w.S. als die spätere Umklassifizierung von bereits einmal erfassten Erfolgskomponenten verstanden werden. Im engeren Sinne wird insb. die Rückführung einer zunächst außerhalb der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erfassten Erfolgskomponente in die GuV als R. bezeichnet. Die Buchung einer zuvor im Sonstigen Periodenerfolg (other comprehensive income) erfassten Erfolgskomponente, z.B. aus der Guvneutralen Umbewertung von o Finanzinstrumenten in der Kategorie Availablefor-Sale nach IAS 39, wird dann bei Erfüllung der Kriterien für die Erfasssung im Gewinn oder Verlust, z.B. beim Verkauf der Finanzinstrumente, im Sonstigen Periodenerfolg wieder rückgängig gemacht und in gleicher Höhe in die GuV eingebucht. Durch das R. werden temporäre Verstöße gegen das o Kongruenzprinzip (clean surplus principle) wieder geheilt. Das R. wird indes durch den ab 2013 anzuwendenden IFRS 9 bei der Folgebewertung von Finanzinstrumenten abgeschafft. In anderen Standards ist bereits heute ein R. von im Sonstigen Periodenerfolg erfassten Komponenten nicht vorgesehen (z.B. IAS 16, IAS 19, IAS 38), so dass das Kongruenzprinzip nur auf der Ebene des Periodengesamterfolgs erfüllt ist. Redepflicht des Abschlussprüfers Pflicht des Abschlussprüfers, in seinem o Prüfungsbericht gem. § 321 Abs. 1 HGB über bei der o Prüfung des Jahresabschlusses festgestellte Tatsachen zu berichten, die den Bestand des Unternehmens gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder die schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen.

Reinvermögen Bilanzielles o Vermögen abzüglich der o Schulden; entspricht dem o Eigenkapital. REIT = Real Estate Investment Trust o Immobilien Registerpublizität o Publizität Regressive Kosten o Kosten, fixe und variable Rekultivierungsrückstellungen o Rückstellungen, die zu bilden sind für bedeutende zukünftige Belastungen, welche sich aus der Verpflichtung ergeben, nach Einstellung des Betriebes bestimmter o Vermögenswerte, den Lebensraum von Pflanzen und Tieren wiederherzustellen. Lit.: Zülch, H./Willms, J.: Rückstellungen für Entsorgungs-, Wiederherstellungs- und ähnliche Verpflichtungen: Umstellung von HGB auf IFRS, in: DB 2005, S. 1178-1183. Relativer Deckungsbeitrag o Deckungsbeitrag je Engpasseinheit, z.B. je Maschinenstunde. Relatives Beitragsverfahren o Beitragsverfahren, relatives Relativkostenkatalog Kostentabellen, in denen die Kosten alternativer Konstruktions- oder Verfahrensvarianten gegenübergestellt sind. Relativkosten werden als Prozentzahl oder Äquivalenzziffern dargestellt: Die Kosten alternativer Lösungen werden im Verhältnis zu denen einer Basislösung, deren Kosten gleich 1 gesetzt werden, ausgedrückt. Lit.: Männel, W.: Einsatz von Relativkostenkatalogen zur Kostensteuerung in der Konstruktion, in: krp-Sonderh. 1/1996, S. 77-80. 659

Relevance Relevance = Relevanz Im o Framework des o IASB definiertes qualitatives Merkmal von Rechnungslegungsinformationen. Informationen gelten als relevant, wenn sie bei der Beurteilung der vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Entwicklung des Unternehmens die Adressaten unterstützen oder vorherige Beurteilungen korrigieren bzw. bestätigen können. Relevante Kosten o Kosten, die durch die jeweilige Entscheidung hervorgerufen werden (o Deckungsbeitragsrechnung; o Einzelkostenrechnung; o Grenzkostenrechnung). Lit.: Hummel, S.: Relevante Kosten, in: HWR, 3. Aufl., 1993, Sp. 1713-1717; Horngren, C.T. et al.: Cost Accounting, 13. Aufl., 2009, S. 414f. Relevanz = o Relevance Reliability = Verlässlichkeit Im o Framework des o IASB definiertes qualitatives Merkmal von Rechnungslegungsinformationen. Informationen gelten als verlässlich, wenn sie keinen verzerrenden Einflüssen unterliegen, keine erheblichen Fehler enthalten sowie Verlass besteht, dass alle Transaktionen und Ereignisse in den Informationen verlässlich dargestellt sind. Remanente Kosten o Kostenremanenz Rendite-Investitionen o Investitionen, die zum Zwecke der Erzielung einer angemessenen Verzinsung auf das eingesetzte Kapital getätigt werden. Rentabilität 1. Einführung Die R. eines Unternehmens oder Investitionsprojekts ist ein Maß für dessen o Wirtschaftlichkeit. Es existieren ver660

schiedene R.-Kennzahlen, bei denen im Allgemeinen eine Ergebnisgröße zu einer Einflussgröße ins Verhältnis gesetzt wird. Es handelt sich somit um relative o Kennzahlen, die üblicherweise in Prozent angegeben werden. Die wichtigsten R.-Kennzahlen sind die Umsatz-, die Eigenkapital- und die Gesamtkapital-R., die jeweils unter einer Reihe verschiedener Bezeichnungen in der Praxis vorzufinden sind. Zentrale Einsatzgebiete von R.-Kennzahlen sind die o Bilanzanalyse, das o Konzerncontrolling sowie die o statische Investitionsrechnung. 2. Umsatzrentabilität Die Umsatz-R. (rU), auch als Umsatzrendite, Gewinnmarge, Gewinnspanne, operating profit margin oder return on sales (ROS) bezeichnet, bestimmt sich aus dem Verhältnis des o Gewinns zum o Umsatz. Sie gibt an, wie viel Prozent des Umsatzes dem Unternehmen als Gewinn verbleiben. Um Steuer- und Kapitalstruktureffekte beim Unternehmens- und Betriebsvergleich auszuschließen, sollte das Ergebnis vor Abzug von Zinsen und Steuern (o EBIT) als Gewinngröße verwendet werden („EBIT-Marge“): rU = (EBIT / Umsatz) × 100 In der Praxis werden auch andere Gewinngrößen, wie das Ergebnis vor Abzug von Steuern (o EBT) oder der o Jahresüberschuss, herangezogen. Durch die Verwendung des Ergebnisses vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen (o EBITDA) kann eine o Cashflownahe Variante der Umsatz-R. ermittelt werden („EBITDA-Marge“). 3. Eigenkapitalrentabilität Die Eigenkapital-R. (rEK), auch als Eigenkapitalrendite oder return on equity (ROE) bezeichnet, bestimmt sich als Quotient aus dem Jahresüberschuss (JÜ) und dem o Eigenkapital (EK): rEK = (JÜ / EK) × 100

Rentabilität Varianten der Kennzahl ergeben sich durch die Verwendung des (Konzern-)Jahresüberschusses vor oder nach Steuern sowie durch Berücksichtigung von Bereinigungen (z.B. Ergebnisanteil von Minderheiten im Konzernabschluss, o außerordentliches Ergebnis). Die Eigenkapital-R. bildet die Verzinsung des Eigenkapitals innerhalb einer Periode ab. Darüber hinaus stellt sie eine Beurteilungsgröße für die Eigenkapitalgeber dar, welche mit der Verzinsung alternativer Kapitalanlagen verglichen werden kann. Die verwendete Kapitalgröße kann als Durchschnitt aus Periodenanfangs- und endwert bestimmt werden, bisweilen wird auch eine Durchschnittsbildung auf Quartals- oder Monatsbasis herangezogen. Wird auf eine Durchschnittsbildung verzichtet, verwendet die Praxis vielfach das Eigenkapital am Periodenende, wohingegen der Bezug zum Eigenkapital am Periodenanfang bei der Interpretation als Verzinsung konzeptionell überzeugender ist. 4. Gesamtkapitalrentabilität Zur Bestimmung der Gesamtkapital-R. (rGK) wird der Jahresüberschuss zuzüglich der Fremdkapitalzinsen ins Verhältnis zum o Gesamtkapital gesetzt. Letzteres ergibt sich als Summe aus Eigenund o Fremdkapital (FK). Wird der Jahresüberschuss vor Steuern als Ausgangsbasis gewählt, gilt: rGK = [EBIT / (EK + FK)] × 100 Varianten der Gesamtkapital-R. sind in der Unternehmenspraxis unter verschiedensten Begriffen wie return on capital employed (ROCE), return on invested capital (ROIC), return on investment (ROI), return on assets (ROA) oder return on net assets (RONA) zu finden. In den letztgenannten Bezeichnungen kommt zum Ausdruck, dass die Gesamtkapital-R. aufgrund des Bilanzzusammenhangs auch als R. des betrieblich genutzten Vermögens verstanden werden

kann. Eine Cashflow-orientierte Variante der Gesamtkapital-R. ist der o Cashflow Return on Investment (CFROI). Analog zur Eigenkapital-R. gilt, dass sich Varianten der Kennzahl durch unterschiedliche Bereinigungen ergeben. Entsprechend gelten die Überlegungen zur Verwendung des Anfangs-, End- oder Durchschnittsbestands des eingesetzten Kapitals. 5. Zusammenhänge zwischen den Kennzahlen a) Eigen- und Gesamtkapitalrentabilität. Die Höhe der Eigenkapital-R. wird maßgeblich durch die Gesamtkapital-R. und den Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital bestimmt. Formal kann der Zusammenhang wie folgt ausgedrückt werden: rEK = rGK + FK/EK × (rGK – FK-Zinssatz) Bei vollständiger Eigenfinanzierung (FK = 0) entspricht die Eigenkapital-R. der Gesamtkapital-R. Mit steigendem o Verschuldungsgrad (FK/EK) wirkt sich die Differenz zwischen Gesamtkapital-R. und Fremdkapitalzinssatz immer stärker auf die Eigenkapital-R. aus. Aufgrund dieser Hebelwirkung (engl. leverage) der Fremdfinanzierung wird auch vom o Leverage-Effekt gesprochen. Liegt die Gesamtkapital-R. über dem Fremdkapitalzinssatz, so steigt die Eigenkapital-R. mit zunehmendem Verschuldungsgrad. Ist die GesamtkapitalR. hingegen geringer als der Fremdkapitalzinssatz, wirkt sich ein steigender Verschuldungsgrad negativ auf die Eigenkapital-R. aus. b) Gesamt- und Umsatzrentabilität. Der Zusammenhang zwischen Gesamtkapital- und Umsatz-R. wird ersichtlich, wenn die Gesamtkapital-R. wie folgt unter Rückgriff auf den o Kapitalumschlag (= Umsatz/Gesamtkapital; KU) aufgespalten wird: rGK = rU × KU 661

Rentabilitätsvergleichsrechnung Eine sinkende Umsatz-R. kann demnach durch einen steigenden Kapitalumschlag kompensiert werden. Anknüpfend an diese Aufspaltung der Gesamtkapital-R. kann ein hierarchisches, in der Literatur oft als ROI-Schema oder nach seinen historischen Ursprüngen im DuPontKonzern auch als DuPont-Schema bezeichnetes o Kennzahlensystem entwickelt werden. Dabei werden die Grundgrößen EBIT, Umsatz und Gesamtkapital über mehrere Ebenen in ihre Komponenten (z.B. Erlösarten, o Kostenarten, einzelne Positionen des Anlage- und Umlaufvermögens) bis hin zu Absatz- und Einsatzmengen sowie -preisen zerlegt. Anhand eines solchen Systems lässt sich erkennen, wie sich Veränderungen der Einflussgrößen auf die Spitzenkennzahl auswirken.

durch die Altersstruktur des Vermögens. Unternehmen mit älteren Anlagen weisen aufgrund des gesunkenen Buchwerts ceteris paribus eine höhere R. auf. Diesem Problem kann jedoch durch Durchschnittsbetrachtungen und alternative Abschreibungsverfahren (o Abschreibungen) gemindert werden. Zu beachten ist schließlich, dass eine Steuerung mit relativen Kennzahlen zu Fehlanreizen führen kann. So ist es möglich, dass es für das Management hochrentabler Bereiche kurzfristig attraktiv erscheint, auf Wachstum zu verzichten, da Neuinvestitionen trotz absoluter Wertzuwächse ein Absinken der R. nach sich ziehen können. Es wird deshalb vielfach empfohlen, auch absolute Kennzahlen, wie den o Residualgewinn, zur Unternehmenssteuerung einzusetzen.

6. Kritische Würdigung

Lit.: Chmielewicz, K.: Unternehmensanalyse mit Hilfe von Kennziffern: Rentabilität, in: WISU 1982, S. 271-275, 323325; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 11321149; Coenenberg, A.G./Mattner, G.R.: Rentabilitätsanalyse von Segmenten, in: Loitlsberger, E./Wagner, U. (Hrsg.): Zum Erkenntnisstand der Betriebswirtschaftslehre am Beginn des 21. Jahrhunderts, 2001, S. 61-77; Dearden, J.: The case against ROI control, in: HBR, 3/1969, S. 124-145; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008, S. 481 f., 528-534; Küting, K.: Die Rentabilitätsrechnung als Instrument der Bilanzanalyse, in: WiSt 1984, S. 125130. Sarah Schalwat

R.-Kennzahlen basieren auf Bilanzdaten und unterliegen somit den Einflüssen der o Bilanzpolitik. Zudem besteht bei IstRechnungen ein genereller Vergangenheitsbezug der Bilanzierung. Gleichwohl können R.-Kennzahlen wertvolle Informationen über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens oder Geschäftsbereichs liefern und sind in der Praxis weit verbreitet. Insbesondere unter Beachtung der beschriebenen Zusammenhänge ermöglichen sie detaillierte Analysen des Geschäftsmodells, die zur Fundierung von Anlageentscheidungen für externe Investoren und als Grundlage für die Steuerung des Unternehmens durch das Management hilfreich sind. Jedoch sollten verschiedene Aspekte Beachtung finden, um Fehlentscheidungen zu vermeiden: So weist die Umsatz-R. keinen Bezug zum eingesetzten Kapital auf und ist isoliert betrachtet für die Planung oder Kontrolle von Investitionen ungeeignet. Vergleiche anhand der Eigenkapital-R. können durch unterschiedliche Kapitalstrukturen verzerrt sein. Problematisch sind auch Verzerrungen der Kapital-R. 662

Rentabilitätsvergleichsrechnung o Investitionsrechnung, statische Rente In gleichen Zeitabständen (von gewöhnlich einem Jahr) regelmäßig wiederkehrende, gleichhohe Zahlung (o Annuität). Man spricht von einer ewigen R., wenn

Residualgewinn die R. über eine unendliche Zeitdauer gezahlt wird. Rentenbarwertfaktor = Diskontierungssummenfaktor Handelt es sich bei einer Zahlungsreihe um eine o Rente, lässt sich zur Ermittlung des o Barwerts mit dem Zinssatz i die Summe aller o Abzinsungsfaktoren (1+i)-n bis zum Jahr n ableiten als:

(1  i) n  1 . i u (1  i) n Der Barwert ergibt sich durch Multiplikation des jährlichen Zahlungsbetrags mit dem R. Rentenendwertfaktor Faktor zur Ermittlung des o Endwerts einer o Rente im Zeitpunkt n als Summe aller Aufzinsungsfaktoren qn

(1  i) n  1 . i Der Endwert ergibt sich durch Multiplikation des jährlichen Zahlungsbetrags mit dem R. Reporting Unit = o Einheit, rechnungslegende Reproduktionswert = o Substanzwert Reserven, stille o Rücklagen, stille Residualgewinn 1. Begriff Als R. (residual income, residual earnings) wird ein Periodenergebnis nach Abzug der o Kapitalkosten für alle eingesetzten Kapitalbestandteile (o Eigenkapital, o Fremdkapital) verstanden. In der Literatur wird der R. auch als Übergewinn oder abnormaler Gewinn (abnormal earnings) bezeichnet. Bei den in der praxisnahen Literatur zur wertorientierten Unternehmenssteuerung diskutierten Kennzahlen wie Economic Value

Added (EVA™) oder Cash Value Added (CVA) handelt es sich konzeptionell ebenfalls um R.; gleiches gilt für unternehmensindividuelle Varianten dieser Kennzahlen. Der R. kann ausgehend vom operativen Ergebnis vor Zinsen oder ausgehend vom bilanziellen Jahresergebnis ermittelt werden. Die zur Berechnung der o Kapitalkosten verwendete Kapitalgröße und der Kapitalkostensatz sind entsprechend anzupassen. Wird vom operativen Ergebnis ausgegangen, sind kalkulatorische Zinsen als Produkt aus dem Buchwert des gesamten eingesetzten Kapitals bzw. des Vermögens und dem Gesamtkapitalkostensatz ( o WACC) zu verrechnen. Wird hingegen vom Jahresergebnis ausgegangen, bei dem bereits Fremdkapitalzinsen auf pagatorischer Basis abgezogen wurden, sind nur noch kalkulatorische Eigenkapitalzinsen als Produkt aus dem Buchwert des Eigenkapitals und dem Eigenkapitalkostensatz zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des R. spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es sich um ein Ergebnis vor oder nach Abzug von Steuern handelt. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die verwendeten Kapitalkostensätze in gleicher Weise mit Steuern belastet sind wie das verwendete Ergebnis. Der R. kann auch berechnet werden, indem die Differenz aus der erzielten Kapitalrendite (o Rentabilität) und dem Kapitalkostensatz mit der Kapitalbasis multipliziert wird. Exemplarisch seien die beiden Berechnungsmöglichkeiten für den R. auf Basis des operativen Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (o EBIT, earnings before interest and taxes) aufgezeigt: R. = EBIT – CE x WACC R. = (ROCE – WACC) x CE Dabei wird die Renditekennziffer ROCE (return on capital employed) als Quotient aus EBIT und dem operativ eingesetzten 663

Residualgewinn Kapital (CE, capital employed) ermittelt. Für andere Varianten des R. gilt dieser Zusammenhang entsprechend, sofern die verwendete Rentabilitätskennzahl konsistent definiert ist. So ist bei einer Anknüpfung an das bilanzielle Jahresergebnis die Eigenkapitalrendite nach Steuern zu verwenden. 2. Barwertkompatibilität Eine wichtige Eigenschaft des R. ist die Barwertkompatibilität. Unter bestimmten Voraussetzungen entspricht der Barwert der erwarteten R. zuzüglich des aktuellen Werts der Kapital- bzw. Vermögensbasis dem Barwert der erwarteten Zahlungsüberschüsse eines Projekts (o Investitionsrechnung, dynamische) oder eines Unternehmens (o Unternehmensbewertung). Wesentliche Voraussetzungen sind: (1) Die Gewinnermittlung erfolgt unter Beachtung des o Kongruenzprinzips, d.h. über die gesamte Nutzungsdauer des Projekts bzw. Lebensdauer des Unternehmens entspricht die Summe der Periodenerfolge der Summe der periodischen Einzahlungsüberschüsse; (2) die kalkulatorischen Zinsen werden jeweils auf die Kapitalbasis zu Periodenbeginn berechnet; (3) der Zinssatz zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen entspricht dem bei der Barwertermittlung verwendeten Kalkulationszinsfuß. Die Art der Vermögensbewertung spielt für die Barwertkompatibilität grundsätzlich keine Rolle, solange das Kongruenzprinzip eingehalten wird. Aus dieser Eigenschaft können somit keine über die Einhaltung des Kongruenzprinzips hinausgehenden normativen Empfehlungen für die Ermittlung des Periodenerfolgs abgeleitet werden. Wird das eingesetzte Kapital zu o Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet, führt die Eigenschaft der Barwertkompatibilität für ein einzelnes Investitionsprojekt dazu, dass der Barwert der R. genau dem o Kapitalwert entspricht (sog. Lücke-Theorem). 664

3. Typische Einsatzgebiete a) Wertorientierte Unternehmenssteuerung. Varianten des R. werden von vielen Unternehmen zur periodischen Beurteilung des Gesamtunternehmens, von Divisionen und des jeweils verantwortlichen Managements verwendet. Dabei dient der R. oftmals als zentrale Kenngröße in einem umfassenden Planungs-, Kontroll- und Anreizsystem. Über o Kennzahlensysteme ist es möglich, die Spitzenkennzahl auf operative Werttreiber herunter zu brechen, die Managern auf unteren Hierarchieebenen konkrete Stellhebel für wertsteigerndes Verhalten aufzeigen. Um die operative Tätigkeit und die Investitionstätigkeit der Bereiche unabhängig von Finanzierungsaspekten zu beurteilen, kommen in der wertorientierten Unternehmenssteuerung zumeist R. auf Basis operativer Ergebnisse vor Zinsen zum Einsatz. Von der Finanzstruktur abhängige Ertragsteuern werden entweder nicht berücksichtigt oder kalkulatorisch unter der Annahme einer vollständigen Eigenfinanzierung berechnet. Positive, im Zeitablauf steigende R. werden bei der Beurteilung als Indiz für eine Wertsteigerung des Unternehmens angesehen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass auch bei positiver Gesamtbeurteilung über die Gesamtdauer eines Projekts in einzelnen Perioden negative R. ausgewiesen werden können. Entscheidend hierfür ist unter anderem die Wahl des Abschreibungsverfahrens (o Abschreibungen). Insbesondere führt die von den meisten Unternehmen eingesetzte lineare Abschreibung im Zeitablauf zu einer sinkenden Belastung mit kalkulatorischen Zinsen. Dem kann durch eine annuitätische Verteilung des Kapitaldienstes, also der Summe aus Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen, entgegengewirkt werden. Eine solche Verteilung liegt dem von der Boston Consulting Group propagierten und von einigen Großunternehmen eingesetzten o Cash

Residualgewinn Value Added zugrunde. Eine andere Möglichkeit zur zeitlichen Glättung besteht in der Berechnung kalkulatorischer Zinsen auf den durchschnittlichen Buchwert des Vermögens. Die idealtypische Situation, dass für Investitionsprojekte mit positivem Kapitalwert in jeder Periode der Nutzungsdauer auch ein positiver R. erwartet werden kann, lässt sich mit der sog. Tragfähigkeitsabschreibung bzw. Abschreibung nach dem relativen Beitragsverfahren erreichen (o Beitragsverfahren, relatives). Dabei wird der Kapitaldienst den einzelnen Perioden nach der Höhe der erwarteten Cashflows zugeordnet. Hierdurch wird der ökonomische Wertzuwachs entsprechend der Cashflow-Realisation ausgewiesen, weshalb der resultierende R. in der Literatur auch als earned economic income bezeichnet wird (Grinyer, 1985). Durch dieses Abschreibungsverfahren kann im Rahmen einer an den R. geknüpften variablen Managementvergütung o Zielkongruenz erreicht werden (Reichelstein, 1997; Rogerson, 1997). Eine exakte Umsetzung des Verfahrens scheitert indes in der Praxis aufgrund von Informationsproblemen. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden o Konvergenz des Rechnungswesens leiten viele Unternehmen zur wertorientierten Steuerung genutzte R. unmittelbar aus Daten des externen Rechnungswesens, zumeist aus IFRS-Abschlüssen, ab. Demgegenüber werden in der Literatur zahlreiche Anpassungen der Daten vorgeschlagen, um eine ökonomisch zutreffendere Abbildung zu erreichen. Besonders umfangreich ist die Liste der vorgeschlagenen Anpassungen von Stern Stewart & Co. für den EVA™. Empfohlen wird insb. die Beschränkung auf betriebliche Sachverhalte, die Berücksichtigung bilanziell nicht erfasster Finanzierungsverhältnisse und korrespondierender Vermögenswerte (o Leasing), die Aufdeckung stiller Reserven

sowie die Aktivierung investitionsähnlicher Ausgaben (o Forschung und Entwicklung). In der Unternehmenspraxis sind solche Anpassungen jedoch nur selten vorzufinden, zumal einige der Vorschläge mittlerweile durch die Fortentwicklung der Rechnungslegungsstandards überholt sind. b) Empirische Kapitalmarktforschung. Während sich Unternehmensbewertungsmodelle auf Basis von R. in der Unternehmens- und Beratungspraxis gegenüber zahlungsbasierten Modellen bislang nicht haben durchsetzen können, haben sie im Rahmen der empirischen Kapitalmarktforschung große Beachtung gefunden. Dabei kommen typischerweise R. zum Einsatz, bei denen von einem – ggf. bereinigten – bilanziellen Jahresergebnis kalkulatorische Eigenkapitalzinsen in Abzug gebracht werden. In zahlreichen Studien wird untersucht, wie gut der aktuelle Buchwert des Eigenkapitals zuzüglich des Barwerts der erwarteten R. aktuelle Aktienkurse zu erklären vermag. Dabei zeigt sich, dass Modelle auf Basis erwarteter R. tendenziell einen höheren Erklärungsgehalt besitzen als Modelle auf Basis erwarteter Dividenden oder Cashflows. Zur Schätzung der erwarteten R. wird vielfach auf öffentlich verfügbare Prognosen von Finanzanalysten zurückgegriffen oder es werden standardisierte Annahmen über die weitere Entwicklung getroffen. Als besonders einflussreich hat sich dabei das von Ohlson (1995) vorgeschlagene Bewertungsmodell erwiesen, in dem – ausgehend vom aktuellen R. – im Zeitablauf sinkende und gegen null tendierende R. unterstellt werden. Weitere Anwendung findet das R.-Modell auch bei der empirischen Schätzung impliziter Eigenkapitalkosten. Hierbei wird derjenige Zinssatz ermittelt, bei dem die Summe aus Eigenkapitalbuchwert und dem Barwert der erwarteten R. gerade gleich dem aktuellen Aktienkurs ist. 665

Residualgewinnmodell Eine Weiterentwicklung des R.-Modells ist das von Ohlson/Jüttner-Nauroth (2005) vorgeschlagene o Abnormal Earnings Growth Model (AEG-Modell), für das nicht die R., sondern deren Veränderungen im Zeitablauf zu prognostizieren sind. Ankerpunkt dieses Modells ist das aktuelle Jahresergebnis, das mit dem Eigenkapitalkostensatz in Form einer ewigen Rentenzahlung kapitalisiert wird. Hinzu kommt ein Term, in dem die erwarteten abnormalen Gewinnzuwächse durch Diskontierung auf das Ende des ersten Prognosejahres und anschließende Kapitalisierung erfasst werden. Solange das Kongruenzprinzip eingehalten wird, entsprechen die abnormalen Gewinnzuwächse genau der erwarteten R.-Veränderung. Aufgrund seiner Komplexität und der Anfälligkeit für Abweichungen des aktuellen Jahresergebnisses vom nachhaltig erzielbaren Ergebnis hat das AEG-Modell allerdings bislang keine weite Verbreitung gefunden. Lit.: Bromwich, M./Walker, M.: Residual income past and future, in: MAR 1998, S. 391-419; Crasselt, N.: Wertorientierte Managemententlohnung, Unternehmensrechnung und Investitionssteuerung, 2003; Crasselt, N.: Managementvergütung auf Basis von Residualgewinnen – Zur Gefahr von Fehlanreizen durch praktisch relevante Abschreibungsverfahren, in: FB 2004, S. 121-129; Crasselt, N./ Nölte, U.: Aktienbewertung mit dem Abnormal Earnings Growth Model, in: FB 2007, S. 523-531; Crasselt, N./Pellens, B./Schremper, R.: Konvergenz wertorientierter Erfolgskennzahlen, in: WISU 2000, S. 72-78 (Teil 1), S. 205-208 (Teil 2); Crasselt, N./Schmidt, A.: Ökonomische Fundierung buchwertbasierter Performancekennzahlen, in: WiSt 2007, S. 222-227; Gebhardt, W.R./Lee, C.M.C./ Swaminathan, B.: Toward an implied cost of capital, in: JAR 2002, S. 135-176; Grinyer, J.R.: Earned economic income – a theory of matching, in: Abacus 1985, S. 230-148; Henselmann, K.: Economic 666

Value Added – Königsweg zur Integration des Rechnungswesens?, ZfP 2001, S. 159-186; Lücke, W.: Investitionsrechnungen auf der Grundlage von Ausgaben oder Kosten?, in: ZfhF 1955, S. 310-324; O’Hanlon, J./Peasnell, K.: Wall Street’s contribution to management accounting: the Stern Stewart EVA® financial management system, in: MAR 1998, S. 421444; O’Hanlon, J./Peasnell, K.: Residual income and value-creation: the missing link, in RASt 2002, S. 229-245; Ohlson, J.A.: Earnings, book values, and dividends in equity valuation, in: CAR 1995, S. 661-687; Ohlson, J.A.: Accounting data and value: the basic results, in: CAR 2009, S. 231-259; Ohlson, J.A./JüttnerNauroth, B.: Expected EPS and EPS growth as determinants of value, in: RASt 2005, S. 349-365; Plaschke, F.: Die Gestaltung wertorientierter Management-Incentivesysteme auf Basis interner Wertkennzahlen, 2003; Reichelstein, S.: Investment decisions and managerial performance evaluation, in: RASt 1997, S. 157-180; Rogerson, W.P.: Intertemporal cost allocation and managerial investment incentives: a theory explaining the use of economic value added as a performance measure, in : JPE 1997, S. 770-795; Solomons, D.: Divisional Performance: Measurement and Control, 1965; Stewart, G.B.: The Quest for Value, 1991; Zimmermann, J./Prokop, J.: Unternehmensbewertung aus Sicht des Rechnungswesens, in: WiSt 2002, S. 272-277. Nils Crasselt Residualgewinnmodell Modell zur Investitions- und insb. o Unternehmensbewertung; der o Marktwert des o Eigenkapitals wird im R. als Summe aus dem aktuellen o Buchwert des Eigenkapitals und dem o Barwert erwarteter o Residualgewinne bestimmt. Konzeptionell entspricht das R. älteren Ansätzen der Übergewinnkapitalisierung (o Übergewinnverrentung). Intensive

Return on Risk-adjusted Capital (RORAC) Anwendung hat das R. im Rahmen der empirischen Rechnungslegungsforschung gefunden. Lit.: Zimmermann, J./Prokop, J.: Unternehmensbewertung aus Sicht des Rechnungswesens – Das Residual Income Model, in: WiSt 2002, S. 272-277. Restbuchwert Der im o Jahresabschluss ausgewiesene o Buchwert eines o Vermögenswerts, der sich am o Bilanzstichtag durch Abzug aller bis dahin angefallenen planmäßigen und außerplanmäßigen o Abschreibungen von den o Anschaffungskosten bzw. o Herstellungskosten sowie durch Addition evtl. o Zuschreibungen ergibt. Restwert = Liquidationserlös Der R. einer Anlage entspricht dem Verkaufserlös einer Anlage nach Ablauf ihrer Nutzungszeit vermindert um ihre Abbruchkosten und evtl. Steuerzahlungen. Restwertrechnung = Subtraktionsmethode Verfahren zur o Kalkulation von o Kuppelprodukten. Dabei werden die o Erlöse der Nebenprodukte (abzüglich noch entstehender Weiterverarbeitungsund Vertriebskosten) von den Gesamtkosten subtrahiert und nur die restlichen Kosten dem Hauptprodukt angelastet. Retrograde Prüfung o Prüfungsmethoden Return of Capital Rückzahlung des Kapitals, bei o Fremdkapital als Tilgung bezeichnet; begrifflich abzugrenzen von der auf („on“) das Kapital erzielten Verzinsung bzw. o Rentabilität. Return on Assets (ROA) Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des Vermögens bzw. des betragsmäßig identischen Gesamtkapitals.

Return on Capital Employed (ROCE) Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des i.d.R. um unverzinsliche Bestandteile (Abzugskapital) gekürzten Gesamtkapitals, hier bezeichnet als „eingesetztes Kapital“. Return on Equity (ROE) Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des o Eigenkapitals. Return on Invested Capital (ROIC) Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des i.d.R. um unverzinsliche Bestandteile (Abzugskapital) gekürzten Gesamtkapitals, hier bezeichnet als „investiertes Kapital“. Return on Investment (ROI) Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des Vermögens bzw. des betragsmäßig identischen Gesamtkapitals. Return on Net Assets (RONA) Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des Vermögen vermindert um das Abzugskapital bzw. der betragsmäßig identischen Summe aus Eigenkapital und verzinslichen Fremdkapital. Return on Risk-adjusted Capital (RORAC) Ist den o Risikoadjustierten Performance-Maßen (RAPM) zuzuordnen; wurde zur wertorientierten Steuerung im Bankensektor entwickelt und berücksichtigt bankenspezifische Risiken. Der R. berechnet sich, indem das erwartete Nettoergebnis eines Investitionsprojektes ins Verhältnis zum investierten Risikokapital gesetzt wird. Das Risikokapital kann anhand des o Value at Risk bestimmt werden. Zur Beurteilung der Performance anhand des R., wird im Rahmen der risikoadjustierten Erfolgssteuerung eine entsprechende o Mindestrendite bestimmt. Ein Investitionsprojekt ist absolut vorteilhaft, wenn der R. über der Mindestrendite liegt. Lit.: Pfaff, D./Kühn, J.: Gesamtbanksteuerung und Performancemessung, in: 667

Revaluation Surplus Neupel, J./Rudolph, B./Hahnenstein, L. (Hrsg.): Aktuelle Entwicklungen im Bankcontrolling – Rating, Gesamtbanksteuerung und Basel II, ZfbF-Sonderh. 52/2005, S. 183-212; Schierenbeck, H.: Risikokalküle im ertragsorientierten Bankmanagement, in: Schierenbeck, H./Rolfes, B./Schüller, S.: Handbuch Bankcontrolling, 2. Aufl., 2001, S. 722729. Revaluation Surplus = o Neubewertungsrücklage Revenue Recognition = o Umsatzrealisation Revision, interne 1. Einführung Die i. R. ist eine unabhängige Institution, die im internen Überwachungssystem eines Unternehmens eine zentrale Position einnimmt. Die Arbeitsschwerpunkte der i. R. haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend von der Ordnungsmäßigkeitsprüfung vergangenheitsbezogener Daten zu einer die Unternehmensführung unterstützenden Beratung verlagert. In jüngster Vergangenheit hat die Bedeutung der Prüfung der Finanzberichterstattung jedoch wieder zugenommen. 2. Begriff Die i. R. ist ein zentraler Bestandteil des internen Überwachungssystems eines Unternehmens. Bislang existiert für die Funktion der i. R. keine einheitliche Terminologie, so dass der Begriff häufig synonym zur „Innenrevision“ oder dem „Internen Revisionssystem“ verwendet wird. Die am meisten beachtete Definition der i. R. wurde durch das IIR (Deutsches Institut für Interne Revision e.V.) in Zusammenarbeit mit der IIRÖ (Arbeitsgemeinschaft Interne Revision Österreich), dem SVIR (Schweizerischer Verband für Interne Revision) und dem IIA (Institute of Internal Auditors) entwickelt. Sie gilt für alle Unternehmen, unabhängig von 668

Größe und Branche: "Die Interne Revision erbringt unabhängige und objektive Prüfungs- ("assurance"-) und Beratungsdienstleistungen, welche darauf ausgerichtet sind, Mehrwerte zu schaffen und die Geschäftsprozesse zu verbessern. Sie unterstützt die Organisation bei der Erreichung ihrer Ziele, indem sie mit einem systematischen und zielgerichteten Ansatz die Effektivität des o Risikomanagements, der Kontrollen und der Führungs- und Überwachungsprozesse bewertet und diese verbessern hilft." (IIR, 2002). Diese Definition macht den Wandel der Aufgaben und Funktionen der i. R. sichtbar. So ist nicht mehr ausschließlich die Unterstützung der Unternehmensführung bei der Überwachung unternehmensinterner Prozesse von Bedeutung, sondern auch die Unterstützung der verantwortlichen Einheiten bei der Optimierung der geprüften Prozesse auf Basis der Prüfungsergebnisse. Damit werden prüferische Tätigkeiten um Beratungsaufgaben ergänzt, die letztlich das Wertsteigerungspotential der Prüfungsfunktion realisieren. 3. Aufgaben Die traditionellen Aufgabenfelder der internen Revision erstrecken sich vom Financial Auditing, über das Operational Auditing bis zum Management Auditing. Daneben tritt nun das Internal Consulting. – Das Financial Auditing bezeichnet Ordnungsmäßigkeitsprüfungen im Finanz- und → Rechnungswesen inkl. der Prüfung zur Aufdeckung doloser Handlungen. Es handelt sich um eine vergangenheitsorientierte, unabhängige Prüfung finanzieller Daten, um deren Angemessenheit, Korrektheit und Verlässlichkeit zu beurteilen, das Vermögen des Unternehmens zu sichern und die Funktionsfähigkeit des

Revision, interne o internen Kontrollsystems zu beurteilen. – Das Operational Auditing umfasst Prüfungen im organisatorischen Bereich. Dabei geht es um die Prüfung von gegenwarts- und zukunftsorientierten Daten und Prozessen, die über das Finanz- und Rechnungswesen hinausgehen und die sich sowohl auf die Ordnungsmäßigkeit als auch das Verbesserungspotential der Aufbauund Ablauforganisation beziehen. – Das Management Auditing umfasst die Ordnungsmäßigkeits- und Leistungsbeurteilung von Führungspersonen und -gremien sowie deren Entscheidungsprozesse. – Das Internal Consulting umfasst unternehmensinterne Beratungsleistungen sowie die Entwicklung und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen. Im Zuge der nationalen und internationalen Entwicklungen der i. R. in den letzten Jahren findet die nachfolgend aufgeführte alternative Systematisierung des Tätigkeitsspektrums der i. R. zunehmend Beachtung: – Ordnungsmäßigkeitsprüfungen – Risiko- und Chancenprüfungen – Sicherheitsprüfungen – Wirtschaftlichkeitsprüfungen – Prüfungen der Zukunftssicherheit – Zweckmäßigkeitsprüfungen – Prüfungen auf soziale Effizienz Die wesentlichen inhaltlichen Aufgabenstellungen der i. R. umfassen dabei die Prüfung von Risikomanagement-, Kontroll- und Überwachungssystemen. Die drei - nicht überschneidungsfreien - Aufgabenfelder lassen sich grob wie folgt abgrenzen: – Risikomanagementsysteme: (Beitrag zur) Entwicklung, Prüfung, Beurteilung und Optimierung von Risikoma-

nagementsystemen; insbesondere Unterstützung bei der Identifikation und Evaluation wesentlicher, (bestandsgefährdender) Risiken. – Kontrollsysteme: Prüfung und Verbesserung der internen Kontrollsysteme; insbesondere kontinuierliche Erhöhung deren Effizienz und Effektivität. – Überwachungssysteme: Bewertung und Verbesserung der Überwachungssysteme des Unternehmens; insbesondere Hinweise an die Unternehmensführung, das Management und die Mitarbeiter auf relevante Normen, Identifikation von normenabweichendem Verhalten und Implementierung entsprechender Anpassungsmaßnahmen. 4. Organisatorische Eingliederung Die i. R. ist i.d.R. einem Führungsorgan z.B. dem Vorstand oder der Geschäftsführung als Stabsstelle zugeordnet und wird üblicherweise von diesem Führungsorgan zur Durchführung der beschriebenen Aufgaben autorisiert. Eine effektive Aufgabenerfüllung setzt voraus, dass die i. R. unabhängig vom Prozess der betrieblichen Leistungserstellung und Leistungsverwertung ist. 5. Rechtliche Grundlagen Bislang existiert in Deutschland keine explizit formulierte gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung einer i. R. Gleichwohl sind einzelne Aufgaben, die üblicherweise von einer i. R. wahrgenommen werden, verpflichtend. Auch die durch das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) kodifizierten Anforderungen (s. Abschnitt 7) legen die Institutionalisierung bestimmter Kontrollaufgaben z.B. im Rahmen einer i. R. nahe. Eine wichtige gesetzliche Grundlage für die Tätigkeitsfelder der i. R. bildet § 91 Abs. 2 AktG. Danach ist der Vorstand einer o Aktiengesellschaft verpflichtet, 669

Revision, interne geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, um den Fortbestand des Unternehmens gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Der Gesetzgeber weist in seiner Begründung zu dem der Einführung des Absatzes 2 in den § 91 AktG zugrunde liegenden o KonTraG darauf hin, dass der Vorstand für ein angemessenes Risikomanagementsystem und eine angemessene i. R. zu sorgen hat. Gem. § 317 Abs. 4 HGB ist für kapitalmarktorientierte Gesellschaften die Einhaltung des § 91 Abs. 2 AktG für im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zu beurteilen. Die Ergebnisse sind gem. § 321 Abs. 4 HGB im o Prüfungsbericht darzustellen. Für einzelne Industriezweige existieren weitere Anforderungen: Die Einrichtung einer i. R. ergibt sich für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen aus dem Kreditwesengesetz (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 KWG) und dem Versicherungsaufsichtsgesetz (§ 64a Abs. 1 VAG) unabhängig von der Rechtsform. Die Aufgaben der i. R. werden darüber hinaus in den von der o Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) herausgegebenen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) für Banken bzw. den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) für Versicherungen genauer beschrieben. Weitere Anforderungen bestehen außerdem für Unternehmen, die der USamerikanischen Börsenaufsicht (o SEC) unterliegen. 6. Interne Revision als Element der Corporate Governance Eine stetige und gründliche Unternehmensüberwachung ist für eine effektive, effiziente und zukunftsorientierte Unternehmensführung zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmenserfolges unerlässlich. Die o Corporate Governance umfasst sowohl die Geschäftsführung als 670

auch Überwachung der Geschäftsführung – z.B. durch externe Überwachungsorgane. Mit der Delegation von Aufgaben an die i. R. wird die i. R. direkt als Element bzw. Instrument im Rahmen der Corporate Governance sichtbar. 7. Auswirkungen des BilMoG auf die Interne Revision Mittelbare Auswirkungen auf die Einrichtung und Tätigkeitsfelder der i. R. hat die 8. EU-Richtlinie, die in Deutschland durch das BilMoG umgesetzt wird. Das BilMoG enthält u.a. Bestimmungen, die die Corporate Governance insbesondere o kapitalmarktorientierter Unternehmen weiter ausbauen und verbessern sollen. Im Kontext der i. R. sind folgende Neuerungen bedeutsam: – § 289 Abs. 5 HGB: Der o Lagebericht von kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften muss eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale des internen Risikomanagementsystems (inkl. des internen Kontrollsystems) im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess beinhalten. – § 107 Abs. 3 S. 2 AktG: Der Aufsichtsrat kann einen Prüfungsausschuss bestellen, der mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems betraut ist. Nach der Gesetzesbegründung ist mit einer solchen Überwachung stets die Frage verbunden, ob Ergänzungen, Erweiterungen oder Verbesserungen bzw. eine Einrichtung notwendig sind. Wird kein Prüfungsausschuss eingerichtet, obliegt diese Aufgabe dem Aufsichtsrat. – § 171 Abs. 1 S. 2 AktG: Der Abschlussprüfer hat an Verhandlungen des o Aufsichtsrats oder des Prüfungsausschusses teilzunehmen und über wesentliche Ergebnisse der Prüfung, insbesondere festgestellte we-

Richtlinien der EU sentliche Schwächen des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems bezogen auf den Rechnungslegungsprozess zu berichten. Nach der Gesetzesbegründung zählt zur internen Kontrolle des Rechnungslegungsprozesses neben dem internen Kontrollsystem und dem zugehörigen internen Revisionssystem auch das interne Risikomanagementsystem, sofern Berührungspunkte mit dem Rechnungslegungsprozess bestehen. Insgesamt dürfte durch die aus den Bestimmungen des BilMoG resultierende Konkretisierung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats und der Prüfungs- und Berichtspflicht des Abschlussprüfers der Druck auf den Vorstand erhöht werden, eine angemessene und wirksame i. R. einzurichten. Zusätzlich wird durch das BiMoG die Bedeutung der i. R. als wesentliches Element der Corporate Governance gestärkt. Lit.: Amling, T./Bantleon, U.: HIR, 2007; Bungartz, O.: Einflüsse des BilMoG auf die Arbeit der Internen Revision, in: Freidank, C.-C./Altes, P. (Hrsg.): Das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG), 2009, S. 377-406; Deutscher Bundestag: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz - BilMoG), BT-Drucks. 16/10067, 2008, S. 102; Deutsches Institut für Interne Revision e.V. (IIR): Grundlagen der Internen Revision - Basics of Internal Auditing, 2002; Förschle, G./Peemöller, V.: Wirtschaftsprüfung und Interne Revision, 2004; Deutsches Institut für Interne Revision e.V. (IIR): Die Interne Revision, 2005; Förschler, D.: Auswirkungen der achten EU-Richtlinie auf die Interne Revision, in: RC&A 2009, Heft 5, S. 41-45; Freidank, C.-C./Peemöller, V.: Corporate Governance und Interne Revision, 2008; Heineck, D.: Interne Revision und Abschlussprüfung, in: Freidank, C.-C./ Lachnit, L./Tesch, J. (Hrsg.): Vahlens

Großes Auditing Lexikon, 2007, S. 698699; Jung, M.: Interne Revision, in: Küpper, H.-U./Wagenhofer, A. (Hrsg.): HWU, 4. Aufl., 2002, S. 797-805; Lück, W.: Anforderungen an die Interne Revision, 2009; Lück, W.: Interne Revision, in: Freidank, C.-C./Lachnit, L./Tesch, J. (Hrsg.): Vahlens Großes Auditing Lexikon, 2007, S. 697-698. Annette Köhler Revisionswesen = Prüfungswesen o Wirtschaftsprüfung o Revision, interne Richtlinien der EU 1. Grundlagen Seit dem Inkrafttreten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Vertrag von Lissabon) am 1. Dezember 2009 sind R. (früher auch EG-Richtlinien oder EWG-Richtlinien) in Artikel 288 dieses Vertrags geregelt. Sie sind ein Instrument zur Harmonisierung des juristischen Umfelds in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). Die R. entfalten keine unmittelbare Rechtswirkung, sie bedürfen der Transformation in nationales Recht durch die Mitgliedsstaaten. Dabei sind lediglich die Ziele der R. verbindlich umzusetzen. Die Art und Weise der Umsetzung wird nicht vorgeschrieben. Üblicherweise wird jedoch ein Zeitpunkt festgelegt, bis zu dem eine R. in nationales Recht umzusetzen ist. R. unterscheiden sich somit von EU-Verordnungen, die in allen Mitgliedstaaten mit ihrer Veröffentlichung unmittelbar rechtskräftig sind und somit keiner Umsetzung bedürfen. R. werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. 2. Vierte, siebte und achte R. Für die (internationale) o Harmonisierung der Rechnungslegung von o Kapitalgesellschaften sind insbesondere die vierte, siebte und achte R. von Bedeutung. Die 1978 verabschiedete vierte R. 671

Richtlinien der EU (78/660) thematisiert grundsätzliche Regeln des o Jahresabschlusses, die 1983 verabschiedete siebte R. (83/349) die des o Konzernabschlusses und die 1984 veröffentlichte achte R. (84/253) die Qualifikation der Pflichtprüfer für Einzel- und Konzernabschlüsse. Durch das o Bilanzrichtlinien-Gesetz von 1985 wurden diese R. in deutsches Recht transformiert. Für o Kreditinstitute und o Versicherungsunternehmen erfolgten durch die Bankbilanz-R. (86/635) von 1986 bzw. die Versicherungsbilanz-R. (91/674) von 1991 branchenspezifische Anpassungen, die durch das Bankbilanzrichtliniengesetz im Jahr 1990 und das Versicherungsaufsichtsgesetz im Jahr 1994 in deutsches Recht transformiert wurden. Weiterhin sind 1990 die vierte und siebte R. einerseits mit einer R. hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605) auf die o GmbH & Co. KG erweitert worden. Andererseits wurden Ausnahmen für kleinere und mittlere Gesellschaften sowie die Offenlegung von Abschlüssen in ECU (Mittelstandsrichtlinie; 90/604) eingeführt. Die Mittelstandsrichtlinie wurde 1994 durch das „Gesetz zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen“ in deutsches Recht umgesetzt. Die GmbH & Co. KG-R. ist im Jahr 2000 mit dem o KapCoRiLiG in deutsches Recht umgesetzt worden. Seitdem werden Personengesellschaften ohne vollhaftenden Gesellschafter (z.B. GmbH & Co. KG) bezüglich ihrer Rechnungs- und Offenlegung wie Kapitalgesellschaften behandelt. Im Jahr 2001 wurden mit der Fair ValueR. die Regelungen bzgl. des Ansatzes und der Bewertung von o Finanzinstrumenten in der vierten und siebten R. modifiziert. Mit der o IAS-Verordnung im Jahr 2002 ergab sich zudem ein erneuter Überarbeitungsbedarf der vierten und siebten R. Hierzu wurde von der EU 672

2003 die Modernisierungsrichtlinie (2003/51) verabschiedet. Diese sah eine Ausweitung der Wahlrechte für die Mitgliedsstaaten vor, um sicherzustellen, dass die o IFRS mit der R. vereinbar sind. 2006 wurde die achte R. neu formuliert (2006/43) und an aktuelle Begebenheiten im Rahmen der Abschlussprüfung angepasst. Ebenso wurde eine zugehörige Änderungsrichtlinie (2006/46) verabschiedet. Die Umsetzung dieser R. im HGB erfolgte 2004 durch das o Bilanzrechtsreformgesetz und 2009 durch das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz. 3. Andere für die Rechnungslegung wesentliche R. Die Zwischenberichts-R. von 1982 (82/121) schreibt für AG, deren Aktien zum amtlichen Handel an einer Börse in der EU zugelassen sind, die Publikation eines o Zwischenberichtes für die erste Hälfte des Geschäftsjahres vor. Diese R. ist 1987 durch § 44 b BörsG und die Börsenzulassungsverordnung in deutsches Recht umgesetzt worden. Mit der elften R. (89/666) von 1989 wurde die Offenlegung von Informationen über Zweigniederlassungen reguliert. In deutsches Recht sind die Regelungen 1993 mit den §§ 13-13h HGB umgesetzt worden. Eine Verbesserung der Transparenz sowie der Information der Kapitalmarkteilnehmer hatte 2004 die Transparenz-R. (2004/109) zum Ziel. So ist bspw. eine Meldepflicht für Beteiligungen über 3 % vorgesehen. Diese R. wurde in Deutschland 2007 mit dem o Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz in deutsches Recht transformiert. Lit.: Küting, K./Weber, C.-P.: Der Konzernabschluss, 12. Aufl., 2010, S. 2-4, 15-18; Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 1-4, 12-17. Holger Amshoff

Risikobericht Risikoadjustierte Performance-Maße (RAPM) o Kennzahlen, welche insb. im Bankenbereich zur wertorientierten Steuerung eingesetzt werden. R. ähneln klassischen Renditekennzahlen (o Rentabilität), da eine Ergebnisgröße zu einer Kapitalgröße ins Verhältnis gesetzt wird. Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass R. um das Risiko bereinigt werden. Wird die Risikoadjustierung in der Kapitalgröße vorgenommen, ergibt sich der o Return on Risk-adjusted Capital (RORAC). Erfolgt hingegen eine Bereinigung der Erfolgsgröße, spricht man vom o Riskadjusted Return on Capital (RAROC). Lit.: Paul, S.: Risikoadjustierte Gesamtbanksteuerung, 2001, S. 102ff.; Schierenbeck, H.: Ertragsorientiertes Bankmanagement, Band 2, 7. Aufl., 2001, S. 42f.; Scherpereel, P.: Risikokapitalallokation in dezentral organisierten Unternehmen, in: Homburg, C. (Hrsg.): Quantitatives Controlling, 2006, S.68f. Risikoanalyse o Risikosimulation Risikobericht 1. Begriff und Historie Betriebswirtschaftlich informieren R. über Risiken (i.w.S. d.h. auch über Chancen) – als mögliche Abweichungen von Referenzwerten – ökonomischer Aktivität oder Entwicklung, deren Einflussfaktoren und Handhabung (risk reporting). R. bezwecken Entscheidungsunterstützung und Rechenschaft. Unternehmensintern dienen sie der Unternehmenssteuerung, inkl. des → Risikomanagements (z.B. §§ 91 Abs. 2, 93 Abs. 1 S. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG) und der Überwachung, auch durch den o Aufsichtsrat (z.B. § 90 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG, Ziff. 3.4 DCGK), sowie als Grundlage der externen o Rechnungslegung. Hierbei gelten in Deutschland nach h.M. risikoorientierten Aussagen im o Lagebericht oder Konzernlagebericht als R. Da-

neben sind risikoorientierte Berichtsinhalte in anderen periodischen oder fallweisen Rechnungslegungsinstrumenten vorgeschrieben (z.B. im o Anhang des Abschlusses oder im o Börsenzulassungsprospekt). Der Begriff „Risikobericht“ (Küting/Hütten, 1997, S. 251) ist in Deutschland etabliert, seit das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (o KonTraG) 1998 die Pflicht explizierte, im Lagebericht „auch auf die Risiken der künftigen Entwicklung einzugehen“ (§§ 289 Abs. 1 2. Hs., 315 Abs. 1 2. Hs. HGB-KonTraG). Er impliziert zwar einen in sich geschlossenen Berichtsbestandteil. Ein solcher ist innerhalb des Lageberichts aber gesetzlich ebenso wenig geboten wie eine Fokussierung des R. auf Risiken im engen Sinn. Dies ist bereits dem sachlichen Verbund mit anderen, insb. zukunftsbezogenen Berichtsgegenständen (o Prognosebericht) geschuldet und wird durch Neufassung der Lageberichtspflichten vom Gesetzgeber verdeutlicht. 2. Nationale Berichtsnormen a) HGB. Nach dem o BilMoG ist im (Konzern-)Lagebericht „die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben“ (§§ 289 Abs. 1 S. 4, 315 Abs. 1 S. 5 HGB). Das stellt klar, dass der R. im Wesentlichen zukunftsorientiert sein und Chancen wie Risiken im engen Sinn gleichermaßen erfassen muss. Die breite R.-Pflicht folgt konzeptionell dem Leitbild für „probabilistische Prognosepublizität“ (Dobler, 2004, S. 44). Sie umschließt die voraussichtliche Entwicklung (und die Lage) der Gesellschaft oder des Konzerns als Referenz sowie paritätisch mögliche günstige und ungünstige Abweichungen davon; die Angabe der Prognoseargumente dient der Nachvollziehbarkeit und Plausibilisierung. Der 673

Risikobericht sachliche Zusammenhang von R. und Prognosebericht ist dadurch betont. Über das Vorsichts- und Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung) lässt sich aufgrund des Informationszwecks des (Konzern-)Lageberichts keine Ungleichbehandlung von Chancen und Risiken im engen Sinn begründen. Spezielle R.-Pflichten im (Konzern-)Lagebericht betreffen zudem Folgendes: – Angaben zu mit dem Einsatz von Finanzinstrumenten verbundenen Risiken und dem korrespondierenden o Risikomanagement (§§ 289 Abs. 2 Nr. 2, 315 Abs. 2 Nr. 2 HGB); – Beschreibung des rechnungslegungsrelevanten internen Kontroll- und Risikomanagementsystems (§§ 289 Abs. 5, 315 Abs. 2 Nr. 5 HGB für Gesellschaften i.S.v. § 264d HGB); – Entsprechenserklärung (§ 289 Abs. 1 S. 5 HGB für Kapitalgesellschaften i.S.v. § 264 Abs. 2 S. 3 HGB; § 315 Abs. 1 S. 6 HGB für Mutterunternehmen i.S.v. § 297 Abs. 2 S. 4 HGB). Die Angaben müssen nur nach Maßgabe des § 286 Abs. 1 HGB unterbleiben. Spezielle Schutzklauseln für den R. oder seine Elemente bestehen nicht. b) DRS. Eine Auslegung der handelsrechtlichen R.-Pflichten bieten mehrere Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS) des Deutschen Standardisierungsrats (o DRSC). Diese entfalten für den Konzernlagebericht ggü. den Gesetzesnormen schwächere rechtliche Bindungswirkung und sind für den einzelgesellschaftlichen Lagebericht nur zur Anwendung empfohlen: – DRS 5 – Risikoberichterstattung; – DRS 5-10 – Risikoberichterstattung von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten; – DRS 5-20 – Risikoberichterstattung von Versicherungsunternehmen. 674

Auf Basis einer wirkungsbezogenen Risikodefinition verlangt DRS 5, im Kern über Risiken, die für die Adressaten entscheidungsrelevant sein können, in kategorisierter Form zu berichten. Risikokonzentrationen und bestandsgefährdende Risiken sind zu betonen. Mögliche Konsequenzen aus den Risiken gilt es, unter Berücksichtigung risikopolitischer Maßnahmen zu erläutern; eine allgemeine Quantifizierungspflicht besteht nicht. Zudem ist das Risikomanagement über das gesetzlich verankerte Maß hinaus zu beschreiben. Querverweise auf andere Lageberichtsteile und den Anhang sind begrenzt zulässig. DRS 5-10 und 5-20 ergänzen branchenspezifische Regeln. Die genannten DRS korrespondieren mit DRS 15 zur Lageberichterstattung und werden derzeit, auch vor dem Hintergrund des BilMoG überarbeitet. Mit dem Änderungsstandard DRÄS 5 vom 05.01.2010 löste man sich bereits von der vormals von den DRS vorgegebenen formalen Trennung des R. vom Prognosebericht und nahm Auslegungen spezieller R.-Pflichten in DRS 15 auf. IDW RS HFA 1 mit Regeln auch zum R. war schon 2005 zu Gunsten der DRS aufgehoben worden. 3. Internationale Berichtsnormen a) IFRS. Gesellschaften, welche gem. § 315a HGB Konzernabschlüsse nach IFRS aufstellen oder gem. § 325 Abs. 2a HGB Einzelabschlüsse nach IFRS offen legen, sind nicht davon befreit, handelsrechtliche (Konzern-)Lageberichte aufzustellen und zu veröffentlichen. Die IFRS selbst verlangen kein dem Lagebericht vergleichbares Publizitätsinstrument (IAS 1.13-14). Im Projekt Management Commentary des o International Accounting Standards Board (IASB) werden unverbindliche Leitlinien für Finanzberichte außerhalb des Abschlusses erarbeitet. Sie umfassen auch risikoorientierte Berichterstattung, bleiben aber überwiegend hinter den nationalen Be-

Risikobericht richtsanforderungen in Deutschland zurück.

and Financial Review and Prospects (Item 5);

Im Anhang von IFRS-Abschlüssen sind kasuistische unsicherheits- und risikobezogene Angaben obligatorisch. Diese beziehen sich insb. auf:

– Darstellung und Analyse der Marktrisiken aus Finanzinstrumenten (Item 11);

– Unsicherheiten der Unternehmensfortführung (IAS 1.25-26); – Hauptquellen von Schätzunsicherheiten (IAS 1.125-133); – Eventualschulden und Eventualvermögenswerte (IAS 37.86-92); – Finanzrisikomanagement im Kontext landwirtschaftlicher Tätigkeit (IAS 41.49(c));

– Beurteilung des rechnungslegungsrelevanten internen Kontrollsystems (Item 15). Zukunftsorientierte Aussagen – insb. nach Item 5 – unterliegen der Haftungsbefreiung durch safe harbor rules (Sec. 27A Securities Act, Sec. 21E Securities Exchange Act). 4. Abschlussprüfung

b) SEC-Regulations. Auslandslistings erfordern oft risikoorientierte Angaben der fremden Jurisdiktion. In den o USA verlangt die o Securities and Exchange Commission (SEC) abseits des Abschlusses von ausländischen Gesellschaften in Form 20-F eine auf mehrere Abschnitte verteilte R.-Erstattung: – Zusammenschau wesentlicher Risikofaktoren und deren möglicher Einflüsse (Item 3.D);

a) Gegenstand und Umfang. Die (Konzern-)Lageberichte deutscher Gesellschaften sind Gegenstand der Abschlussprüfung (§§ 316 Abs. 1 und 2, 317 Abs. 1 und 2 HGB, o Prüfung des Jahresabschlusses, o Prüfung des Konzernabschlusses). Speziell sind R. daraufhin zu beurteilen, „ob die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind“ (§ 317 Abs. 2 S. 2 HGB). Die Prüfungshandlungen orientieren sich an IDW PS 350. Bei prognostischen Aussagen beschränkt sich die Prüfung im Wesentlichen auf eine Plausibilitätsbeurteilung. Während das Risikofrüherkennungssystem (§ 91 Abs. 2 AktG) nur bei einer börsennotierten AG oder KGaA gem. § 317 Abs. 4 HGB zu prüfen ist (IDW PS 340), erfordert schon die Prüfung des R. eine spezifische Auseinandersetzung mit dem Risikomanagementsystem. Dabei bestehen Verbindungen zu risikoorientierten Prüfungsansätzen im Allgemeinen (IDW PS 261, ISA 315) und zur Beurteilung der Unternehmensfortführung im Besonderen (IDW PS 270, ISA 570).

– Erläuterung von Zukunftstrends und Determinanten, inkl. des Einflusses bilanzunwirksamer Geschäfte und einer tabellarischen Zusammenschau vertraglicher Verpflichtungen, im lageberichtsähnlichen Teil Operating

b) Berichterstattung. Der o Bestätigungsvermerk hat auf die zutreffende Darstellung der Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung im (Konzern-)Lagebericht (§ 322 Abs. 6 S. 2 HGB) sowie separat auf bestandsgefähr-

– Risiken und deren Management bei Finanzinstrumenten (IFRS 7); – Abhängigkeit von dominanten Kunden (IFRS 8.34). IFRS 7.B6 erlaubt, Angaben zur Art und zum Ausmaß von Risiken aus Finanzinstrumenten statt im Anhang im R. oder Lagebericht zu liefern und auf diese zu verweisen. Dadurch lassen sich Doppelangaben teilweise vermeiden. Für bestimmte Angaben gem. IAS 37 besteht eine eng auszulegende Schutzklausel (IAS 37.92).

675

Risikobericht dende Risiken einzugehen (§ 322 Abs. 2 S. 3 und 4 HGB, IDW PS 400). Im o Prüfungsbericht sind darüber hinaus unter Einbezug der geprüften R. die künftige Entwicklung sowie Bestandsgefährdungen zu würdigen (§ 321 Abs. 1 S. 2 und 3 HGB, IDW PS 450). Insofern ergeben sich aus den Berichtspflichten des Abschlussprüfers über § 317 Abs. 2 HGB hinausgehende Prüfungspflichten mit Bezug zum R. 5. Wesentliche ökonomische Aspekte a) Verbund zum Risikomanagement. Auch abseits von Rechtsnormen hängt der R. in doppelter Weise vom unternehmerischen Risikomanagement ab: – Das Risikomanagementsystem ist Informationsquelle für den R.; Mängel in Risikoidentifikation, -analyse und -bewertung sowie interner Risikokommunikation beschneiden den möglichen Informationsgehalt des R. – Risikomanagement kann den R. begrenzt als Instrument der Risikohandhabung nutzen, soweit verschiedene Gestaltungsvarianten des R. unterschiedliche Handlungen der Berichtsempfänger induzieren. Gestaltungsmöglichkeiten sind insb. den subjektiv und prospektiv geprägten Berichtsgegenständen immanent. Sie sind durch umfassende, aber auslegungsbedürftige (z.B. HGB) oder kasuistische, aber lückenhafte R.-Pflichten (z.B. IFRS) inhaltlich und formal nur teilweise beschnitten. Konsistent zu kommunikationswissenschaftlichen Ansätzen lässt sich der R. insofern begrenzt als Steuerungsinstrument einsetzen, dessen Ausgestaltung von Publizitätsanreizen bestimmt wird. b) Bedeutung von Publizitätsanreizen. Anreize zur R.-Erstattung hängen von Rahmenbedingungen und unternehmensindividuellen Faktoren ab. Neben anderen ökonomischen Ansätzen offenbaren Modifikationen der Annahmen des 676

unraveling-Prinzips drei wesentliche Gründe für unterlassene oder vage R.Erstattung: – direkte und drohende indirekte Kosten (Vermögensschutz); – Unsicherheit der Externen, ob und inwiefern Risikoinformation unternehmensintern verfügbar ist (Informationsstand); – Unverifizierbarkeit prognostischer Teile des R. (Glaubwürdigkeit). Regulierung kann den adversen Publizitätsanreizen durch Verschärfung der R.Pflichten, der Anforderungen an das interne Informationssystem sowie der Prüfungs- oder Haftungsmechanismen nur teilweise entgegenwirken. Konsistent dazu sind empirische Befunde, die eine trotz Regulierung sehr unterschiedliche formale und inhaltliche Gestaltung der R. zeigen, welche neben der Unternehmensgröße mit der unternehmensspezifischen Risikosituation und o Corporate Governance zusammenhängen. Die empirische Forschung zur R.Erstattung steht erst am Anfang. Die meist auf Inhaltsanalysen der R. fußenden Studien werden kritisiert, nicht die Qualität, sondern nur die Quantität der Angaben im R. zu erfassen. Diese zutreffende Kritik verdeutlicht auch für die Praxis, dass der Informationsgehalt des R. keineswegs zwingend mit seinem Umfang steigt. 6. Entwicklungen Analytische und empirische Studien sowie die Erfahrungen in der Finanzkrise verdeutlichen die Grenzen und Defizite von R. Daher befassen sich Regulierer auf nationaler wie internationaler Ebene – auch abseits der Finanzbranchen – mit Änderungen, meist Ausweitungen der R.Pflichten. Zudem bilden R. regelmäßig einen Prüfungsschwerpunkt der o Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Das kann dazu beitragen, den bisweilen vernachlässigten Stellenwert

Risikomanagement des R. (und des Prognoseberichts) auch in Deutschland weiter aufzuwerten. Eine materielle Harmonisierung der R.-Erstattung durch das IASB-Projekt Management Commentary hingegen nicht zu erwarten (o Harmonisierung der Rechnungslegung). Lit.: Abraham, S./Cox, P.: Analyzing the Determinants of Narrative Risk Information in UK FTSE 100 Annual Reports, in: BAR 2007, S. 227-248; Baetge, J./Schulze, D.: Möglichkeiten der Objektivierung der Lageberichterstattung über „Risiken der künftigen Entwicklung“, in: DB 1998, S. 937-948; Dobler, M.: Zum Verständnis von Prognose- und Risikoberichterstattung zwischen Finanzkrise und Bilanzrechtsmodernisierung, in: ZfCM-Sonderh. 3/2010, S. 98-104; Dobler, M.: Incentives for Risk Reporting – A Discretionary Disclosure and Cheap Talk Approach, in: TIJA 2008, S. 184206; Dobler, M.: Safe Harbor Rules, in: DBW 2008, S. 749-753; Dobler, M.: Risikoberichterstattung – Eine ökonomische Analyse, 2004; Kajüter, P. et al.: Die DRS zur Lageberichterstattung auf dem Prüfstand – Empirische Befunde zur Beurteilung und Anwendungspraxis der DRS, in: DB 2010, S. 457-465; Kajüter, P./Esser, S.: Risiko- und Chancenberichterstattung im Lagebericht, in: IRZ 2007, S. 381-390; Kajüter, P./Winkler, C.: Die Risikoberichterstattung der DAX100-Unternehmen im Zeitvergleich, in: KoR 2003, S. 217-228; Küting, K./ Hütten, C.: Die Lageberichterstattung über Risiken der künftigen Entwicklung, in: AG 1997, S. 250-256; Lajili, K./Zéghal, D.: Content Analysis of Risk Management Disclosures in Canadian Annual Reports, in: CJAS 2005, S. 125-142; Lenz, H./Diehm, J.: Einfluss der Finanzund Wirtschaftskrise auf die Risikoberichterstattung im SDAX, in: KoR 2010, S. 385-394; Müßig, A.: Bilanzielle Risikovorsorge und außerbilanzielle Risikoberichterstattung, 2006; Vielmeyer, U.: Risikoorientierte Unternehmenspublizität

– Theorie und Empirie, 2004; Withus, K.H.: Lageberichterstattung über Chancen und Risiken im Fokus des Enforcementverfahrens, in: KoR 2010, S. 237-240. Michael Dobler Risikoprofil Grafische Methode zur Auswertung einer o Risikosimulation. Ein R. gibt die kumulierte Wahrscheinlichkeit dafür an, dass die Zielgröße (z.B. o Deckungsbeitrag) einen gegebenen Wert mindestens erreicht. Risikomanagement 1. Begriff R. bezeichnet den systematischen Umgang mit Risiken, denen Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit ausgesetzt sind. Es stellt einen Prozess dar, der die Identifikation, Bewertung, Kommunikation, Steuerung und Kontrolle von Risiken umfasst. Im weiteren Sinne wird auch die Überwachung dieses Prozesses zum R. gezählt. Risiken weisen eine ursachen- und eine wirkungsorientierte Dimension auf. Wird Erstere fokussiert, werden Risiken als künftige Entwicklungen und Ereignisse verstanden, die aufgrund unvollkommener Information die Erreichung der angestrebten Ziele beeinträchtigen können. Die Möglichkeit einer solchen Zielabweichung stellt die Wirkung in den Mittelpunkt. Mögliche negative Abweichungen von einem Ziel sind dabei Risiken i.e.S. (Gefahren), mögliche positive Abweichungen hingegen Chancen. Ökonomisch ist R. auf Unternehmensebene unter der Prämisse vollkommener Kapitalmärkte irrelevant, da Investoren unsystematische, unternehmensspezifische Risiken durch Diversifikation vollständig eliminieren können und sich systematische Risiken, denen alle Unternehmen gleichermaßen ausgesetzt sind, durch derivative Finanzinstrumente auf Dritte übertragen lassen (o Capital As677

Risikomanagement set Pricing Model). Werden die restriktiven Annahmen der neoklassischen Kapitalmarkttheorie aufgegeben und Marktunvollkommenheiten unterstellt, gibt es indes eine Reihe von Gründen für ein R. im Unternehmen. Beispielsweise verfügen Manager hinsichtlich der unternehmensspezifischen Risiken über bessere Informationen als die Investoren. Aus diesen Informationsasymmetrien resultieren komparative Kostenvorteile bei der Identifikation, Bewertung und Steuerung von Risiken, die ein unternehmerisches R. ökonomisch erklären. 2. Rechtliche Anforderungen und Standards zum Risikomanagement Trotz der ökonomischen Vorteilhaftigkeit eines R. auf Unternehmensebene sind in Deutschland und vielen anderen Ländern – meist als Reaktion auf Unternehmenskrisen und Insolvenzen – rechtliche Vorschriften zum Umgang mit Risiken im Rahmen der Unternehmensführung und -überwachung erlassen worden. Sie werden aus Sicht der normativen Regulierungstheorie mit dem Hinweis auf allgemeine Wohlfahrtsverluste, Marktversagen und den Schutz bestimmter Interessengruppen gerechtfertigt. a) Gesetzliche Pflichten. In Deutschland ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft seit 1998 explizit verpflichtet, „geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen

früh erkannt werden“ (§ 91 Abs. 2 AktG). Nach h.M. resultiert aus dieser im Gesetz nur abstrakt formulierten Anforderung für den Vorstand eine zweistufige Verpflichtung: Erstens muss er ein Risikofrüherkennungssystem und zweitens ein darauf ausgerichtetes internes Überwachungssystem einrichten. Beide Aufgaben sind Teil der allgemeinen Leitungspflicht des Vorstands nach § 76 AktG und konkretisieren dessen Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 AktG. Das Risikofrüherkennungssystem dient dazu sicherzustellen, dass der Vorstand frühzeitig über bestandsgefährdende Entwicklungen informiert ist. Das Gesetz stellt damit auf Gefahren und somit Risiken i.e.S. ab. Entscheidungen über Art und Umfang risikoreduzierender Maßnahmen liegen allein im Ermessen des Vorstands. Allerdings kann sich aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 93 Abs. 1 AktG eine Pflicht zur Risikobewältigung ergeben, da es unzulässig ist, unangemessene oder den Bestand des Unternehmens gefährdende Risiken einzugehen. Das interne Überwachungssystem soll nicht die Risiken, sondern die Einhaltung der vom Vorstand ergriffenen Maßnahmen zur Risikofrüherkennung und Risikobewältigung gewährleisten. Insgesamt kann ein Risikomanagementsystem, verstanden als die Gesamtheit aller Regeln und Maßnahmen zum strukturierten Umgang mit Risiken, somit in drei Subsysteme differenziert werden (vgl. Abbildung 1).

Risikomanagementsystem Risikofrüherkennungssystem Risikoidentifikation

Risikobewertung

Risikokommunikation Dokumentation

Abb. 1: Teilbereiche eines Risikomanagementsystems

678

Risikobewältigungssystem

Überwachungssystem

Risikosteuerung

Systemkontrolle

Risikokontrolle

Systemprüfung

Risikomanagement Für die Leitungsorgane von Unternehmen mit anderer Rechtsform, vor allem für Geschäftsführer von GmbH, bestehen aufgrund der Ausstrahlungswirkung des § 91 Abs. 2 AktG analoge Pflichten, sofern die Gesellschaften eine bestimmte Größe aufweisen oder den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen. In Mutterunterunternehmen i.S.v. § 290 HGB müssen die Leitungsorgane das Risikofrüherkennungs- und interne Überwachungssystem im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten konzernweit einrichten, sofern von den Tochtergesellschaften bestandsgefährdende Entwicklungen für das Mutterunternehmen ausgehen können.

higkeit des Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems prüfen (§ 317 Abs. 4 HGB, IDW PS 340) und auf das Ergebnis seiner Prüfung in einem gesonderten Teil des o Prüfungsberichts eingehen (§ 321 Abs. 4 HGB). Die nach § 91 Abs. 2 AktG zu ergreifenden Maßnahmen unterliegen ferner der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats (§ 111 AktG).

Wie der Vorstand die aus § 91 Abs. 2 AktG resultierenden Pflichten erfüllt, liegt in seinem Ermessen. Es liegt jedoch nahe, die mit der Risikofrüherkennung einhergehenden Aufgaben dem o Controlling, die mit der Überwachung derselben verbundenen Aufgaben – zumindest in größeren Unternehmen – der o internen Revision zu übertragen. Um die Erfüllung der Pflichten aus § 91 Abs. 2 AktG nachweisen zu können, kommt der Dokumentation des Risikomanagementsystems eine hohe Bedeutung zu.

b) Vorgaben aus dem Corporate Governance Kodex. Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) greift die gesetzlichen Pflichten zum R. auf, ohne über das Gesetz hinausgehende Anforderungen zu definieren. Auf diese Weise hebt er nochmals hervor, dass der Vorstand „für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling“ sorgt (DCGK 4.1.4) und „den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevanten Fragen […] der Risikolage, des Risikomanagements und der Compliance“ informiert (DCGK 3.4). Weiterhin wird verlangt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende mit dem Vorstand das R. beraten (DCGK 5.2) und der Aufsichtsrat ein Audit Committee (Prüfungsausschuss) einrichten soll (DCGK 5.3.2), das sich u.a. mit Fragen des R. auseinandersetzt.

§ 91 Abs. 2 AktG wird durch weitere gesetzliche und berufsständische Normen ergänzt. Hierzu gehört die Pflicht, im (Konzern-)Lagebericht (o Lagebericht) die mit der voraussichtlichen Entwicklung verbundenen Chancen und Risiken darzustellen und zu beurteilen (§§ 289 und 315 HGB; DRS 5 und 15). o Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen dabei auch die wesentlichen Merkmale ihres internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den (Konzern-)Rechnungslegungsprozess beschreiben (§§ 289 Abs. 5 und 315 Abs. 2 Nr. 5 HGB). Bei börsennotierten Aktiengesellschaften muss der Abschlussprüfer die Existenz, Eignung und Funktionsfä-

c) Standards und Empfehlungen. Bei der Ausgestaltung von Risikomanagementsystemen können Unternehmen auf verschiedene Standards und Empfehlungen zurückgreifen. Hierzu gehört vor allem das COSO Enterprise Risk Management – Integrated Framework. Dieser unverbindliche Standard wurde im Jahr 2004 von COSO in den USA veröffentlicht und richtet sich an alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe, Rechtsform oder Kapitalmarktorientierung. Ein gemäß dem COSO Rahmenkonzept ausgestaltetes Risikomanagementsystem geht jedoch über den von § 91 Abs. 2 AktG definierten Mindeststandard hinaus, da es auch die Risiko679

Risikomanagement bewältigung einschließt und einen weiten Risikobegriff (inkl. Chancen) zugrunde legt. Neben dem COSO Standard bietet der 2009 veröffentlichte Standard ISO 31000 eine Orientierungshilfe bei der Implementierung von Risikomanagementsystemen. Mit dem Position Statement „The Role of Internal Audit in Enterprise-wide Risk Management“ des britischen Institute of Internal Auditors und dem IIR Revisionsstandard Nr. 2 „Prüfung des Risikomanagement durch die Interne Revision“ des Deutschen Instituts für Interne Revision liegen weiterhin berufsständische Verlautbarungen für die interne Überwachung des R. vor. 3. Aufgaben und Instrumente des Risikomanagements In Abhängigkeit davon, ob ein Risikomanagementsystem lediglich den gesetzlichen Mindeststandard erfüllen oder als betriebswirtschaftliches Steuerungsinstrument dienen soll, sind die Aufgaben und Instrumente des R. nur auf Risiken oder auf Risiken und Chancen ausgerichtet. Nachfolgend wird vereinfacht nur von Risiken gesprochen. a) Risikoidentifikation. Der Risikomanagementprozess beginnt mit der Risikoidentifikation. Sie zielt darauf ab, alle wesentlichen Risiken möglichst vollständig zu erfassen. Da stets neue Risiken auftreten und sich bekannte Risiken in ihrer Bedeutung verändern können, muss die Risikoidentifikation regelmäßig bzw. kontinuierlich erfolgen. Sie umfasst daher eine stichtagsbezogene Risikoinventur und eine permanente Suche und Erfassung von Risiken im Rahmen der Frühaufklärung. Bei der Risikoinventur kommen häufig Checklisten und Brainstorming zum Einsatz. Die Frühaufklärung stützt sich auf o Kennzahlen, Hochrechnungen, Indikatoren oder sog. „schwache Signale“, die Diskontinuitäten und daraus resultierende Risiken andeuten. 680

Durch die Analyse der Risikoursachen können oftmals weitere Risiken erkannt und ein vertieftes Verständnis von der Risikolage gewonnen werden. Um die Übersichtlichkeit zu wahren, empfiehlt es sich, die identifizierten Risiken einzelnen Risikokategorien zuzuordnen. Auf diese Weise werden bereits unabhängig von der Risikobewertung einzelne Risikoschwerpunkte sichtbar. b) Risikobewertung. Bei der Risikobewertung geht es darum, die Bedeutung der identifizierten Risiken zu ermitteln und damit eine Entscheidungsgrundlage für ggf. erforderliche Maßnahmen zur Risikosteuerung zu schaffen. Entsprechend dem ursachen- und wirkungsorientierten Risikobegriff können zwei Bewertungsdimensionen differenziert werden: Mit der Eintrittswahrscheinlichkeit wird auf die unvollkommene Information über künftige Entwicklungen und Ereignisse abgestellt, wohingegen die mögliche Schadenshöhe das potenzielle Ausmaß der Zielverfehlung beschreibt. Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe bestimmen zusammen den Grad der Bedrohung, der von einem Risiko ausgeht. Sie lassen sich anschaulich in einem Risikoportfolio visualisieren. Die multiplikative Verknüpfung beider Größen ergibt den Schadenserwartungswert. Seine Aussagekraft für das R. ist jedoch begrenzt, da durch die Verdichtung zu einer Kennzahl wichtige Informationen verloren gehen. Problematisch ist zudem, dass regelmäßig nur unvollkommene Informationen über die Ausprägungen der beiden Risikodimensionen vorliegen, so dass meist subjektive Schätzungen erforderlich sind. Nur in wenigen Fällen lassen sich auf der Grundlage empirischer Daten objektive Wahrscheinlichkeitsverteilungen für Risiken ableiten. Um Aussagen zur Risikolage und zu einer eventuellen Bestandsgefährdung zu ermöglichen, ist neben den Einzelrisiken auch das Gesamtrisiko des Unterneh-

Risikomanagement mens bzw. Konzerns zu bewerten. Dieses ergibt sich als Aggregat der vielfältigen Einzelrisiken und kann entweder durch ein Rating (top-down) oder durch eine qualitative oder quantitative Zusammenfassung der Einzelrisiken (bottom-up) ermittelt werden. Eine qualitative Risikoaggregation kann z.B. über eine Zusammenfassung von Risikoportfolios einzelner Unternehmenseinheiten zu einem Gesamtrisikoportfolio erfolgen, das nur solche Risiken enthält, die aus Unternehmens- bzw. Konzernsicht wesentlich sind. Mit einer Monte-Carlo-Simulation (o Risikosimulation) ist dagegen eine quantitative Risikoaggregation möglich; sie berechnet ein Risikomaß (z.B. o Cashflow at Risk), das einen Höchstschaden beschreibt, der mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) in einem definierten Zeitraum nicht überschritten wird.

d) Risikosteuerung. Die Risikosteuerung umfasst die Entwicklung, Auswahl, Umsetzung und Koordination von Maßnahmen, die die Gesamtrisikolage des Unternehmens so beeinflussen, dass eine Bestandsgefährdung oder wesentliche negative Auswirkungen vermieden werden. Risikobeeinflussende Maßnahmen setzen bei den identifizierten Einzelrisiken an. Ursachenbezogene Maßnahmen sind darauf gerichtet, die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken zu reduzieren. Sie haben präventiven Charakter, da sie den Risikoeintritt unwahrscheinlicher machen sollen. Wirkungsbezogene Maßnahmen versuchen, die negativen Konsequenzen eines Risikoeintritts zu mindern. Sie sind daher reaktiver Natur. Insgesamt lassen sich vier Handlungsalternativen für den Umgang mit Risiken differenzieren:

c) Risikokommunikation. Gegenstand der Risikokommunikation ist es, die im Rahmen der Risikobewertung generierten Informationen an die verantwortlichen Entscheidungsträger zu übermitteln. Dies kann durch Standardberichte erfolgen, mit denen die Berichtsempfänger regelmäßig über die Risikolage informiert werden. Der Berichtszyklus variiert dabei i.d.R. in Abhängigkeit von der Art des Risikos. Daneben sollte durch eine sog. Ad-hoc Risikoberichterstattung sichergestellt sein, dass die Entscheidungsträger umgehend und direkt über bedeutsame Veränderungen der Risikosituation unterrichtet werden. Unregelmäßig können zudem in Sonderberichten die Ergebnisse spezieller Risikoanalysen dargestellt werden (z.B. aus einer o Due Diligence im Rahmen einer Unternehmensakquisition).

– Risikovermeidung: Ausschluss von Risiken durch Verzicht auf risikobehaftete Geschäfte oder Technologien; – Risikoreduzierung: Verringerung der Wahrscheinlichkeit des Risikoeintritts und/oder der Schadenshöhe; – Risikoüberwälzung: Übertragung von Risiken auf Dritte (z.B. Versicherungen), die im Fall des Risikoeintritts den Schaden übernehmen; – Risikoakzeptanz: Bewusstes Eingehen von Risiken. e) Risikokontrolle. Da die ergriffenen Maßnahmen zur Risikosteuerung möglicherweise nicht die angestrebte Wirkung entfalten, ist eine Risikokontrolle erforderlich. Mit ihr werden eingetretene oder absehbare Abweichungen identifiziert, so dass ggf. notwendige Korrekturmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden können.

Die interne Risikokommunikation kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Sie bildet die Grundlage für die externe Risikoberichterstattung im Lagebericht.

f) Überwachung. Die interne Überwachung des Risikomanagementprozesses soll dessen Wirksamkeit als Ganzes sicherstellen und eventuell vorhandene Schwachstellen aufdecken. Hierfür 681

Risikosimulation kommen zum einen laufende, in die betrieblichen Abläufe integrierte, prozessabhängige Kontrollen und organisatorische Sicherungsmaßnahmen in Betracht (Systemkontrolle). Zum anderen können prozessunabhängige Prüfungen des Risikomanagementsystems erfolgen (o Systemprüfung). Hierbei handelt es sich um ein wichtiges Aufgabenfeld der o internen Revision. Lit.: AKEIÜ: Aktuelle Herausforderungen im Risikomanagement – Innovationen und Leitlinien, in: DB 2010, S. 12451252; COSO: Enterprise Risk Management – Integrated Framework, 2004; Gleißner, W.: Die Aggregation von Risiken im Kontext der Unternehmensplanung, in: ZfCM 2004, S. 350-359; Kajüter, P.: Rolle der Internen Revision im Risikomanagementsystem, in: Freidank, C.-C./Peemöller, V.H. (Hrsg.): Corporate Governance und Interne Revision, 2008, S. 109-126; Kajüter, P.: Risikomanagement als Controllingaufgabe im Rahmen der Corporate Governance, in: Wagenhofer, A. (Hrsg.): Controlling und Corporate-Governance-Anforderungen, 2009, S. 109-130; Kajüter, P.: Risikomanagement im Konzern, 2011; Kajüter, P. (Hrsg.): Risikomanagement in der Konzernpraxis, 2011; Kajüter, P./Esser, S.: Risiko- und Chancenberichterstattung im Lagebericht – Eine empirische Analyse der HDAX-Unternehmen, in: IRZ 2007, S. 381-390; Winter, P.: Risikocontrolling in Nicht-Finanzunternehmen, 2007; Withus, K.-H.: Neue Anforderungen nach BilMoG zur Beschreibung der wesentlichen Merkmale des internen Kontrollund Risikomanagementsystems im Lagebericht kapitalmarktorientierter Unternehmen, in: KoR 2010, S. 440-451; Woods, M./Kajüter, P./Linsley, P. (Hrsg.): International Risk Management, 2008. Peter Kajüter Risikosimulation = Monte-Carlo-Simulation 682

Verfahren zur Berücksichtigung der Unsicherheit bei (Investitions-)Entscheidungen. Die R. erzeugt aufgrund geschätzter Verteilungen der einzelnen Einflussgrößen unter Benutzung von Zufallszahlen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zielgröße einer Strategie. Das Verfahren läuft in folgenden Schritten ab: (1) Ermittlung der relevanten unsicheren Einflussgrößen (Verkaufspreise, Anschaffungsausgabe, Nutzungsdauer usw.). (2) Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die einzelnen Einflussgrößen. (3) Ermittlung von Werten der Einflußgrößen mit Hilfe eines Zufallszahlengenerators. (4) Berechnung der Zielgröße für jede Wertekombination. (5) Wiederholung des Simulationsprozesses bis genügend Werte zur Bestimmung der Häufigkeitsverteilung der Zielgröße vorliegen. (6) Ableitung der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Zielgröße. Die Vorteile der R. liegen vor allem in der Berücksichtigung einer Vielzahl von Einflussgrößen und der Anwendung auf alle Typen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Hinreichend viele Simulationsläufe sind mit EDV-Programmen mit vertretbarem Rechenaufwand möglich. Lit.: Busse von Colbe, W./Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 3, 3. Aufl., 1990, S. 178-184; Hummeltenberg, W.: Risikosimulation mit MS Excel, in: WISU 2006, Heft 4, Vol. 35, S. 504-523; Jödicke, D.: Risikosimulation in der Unternehmensbewertung, in: FB 2007, Heft 3, S. 166-171. Risk-adjusted Return on Capital (RAROC) Ist den o Risikoadjustierten Performance-Maßen (RAPM) zuzuordnen. Wurde zur wertorientierten Steuerung im

Rohertrag Bankensektor entwickelt und berücksichtigt bankenspezifische Risiken. Der R. ist definiert als das risikoadjustierte Nettoergebnis im Verhältnis zum investierten Kapital. Zur Bestimmung des risikoadjustierten Nettoergebnisses wird, analog zu einem o Sicherheitsäquivalent, ein Risikoabschlag, z.B. basierend auf dem o Value at Risk, vorgenommen. Zur Beurteilung der Performance anhand des R., wird im Rahmen der risikoadjustierten Erfolgssteuerung eine entsprechende o Mindestrendite bestimmt. Ein Investitionsprojekt ist absolut vorteilhaft, wenn der R. über der Mindestrendite liegt. Lit.: Paul, S.: Risikoadjustierte Gesamtbanksteuerung, 2001, S. 104ff.; Steiner, M./Rathgeber, A.: Kennzahlensysteme in der Bankensteuerung, in: Rolfes, B.: Herausforderung Bankmanagement Entwicklungslinien und Steuerungsansätze, 2006, S. 475-490. ROA = o Return on Assets ROCE = o Return on Capital Employed ROE = o Return on Equity Rohaufwand o Rohertrag Rohbetriebsvermögen o Betriebsvermögensermittlung Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Finden sich in der o Bilanz unter dem Posten der o Vorräte. Rohstoffe sind Güter, welche als Hauptbestandteil in ein Produkt einfließen (z.B. Holz). Hilfsstoffe stellen demgegenüber nur einen untergeordneten Bestandteil eines Produktes dar (z.B. Nägel). Betriebsstoffe sind kein unmittelbarer Bestandteil des Produktes, sondern fließen in den Produktionsvorgang ein (z.B. Schmiermittel).

Rohergebnis Nach § 276 HGB dürfen kleine und mittelgroße o Kapitalgesellschaften (o Größenklassen) die Posten entsprechend § 275 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 HGB (Umsatzerlöse, Bestandsveränderung, aktivierte Eigenleistungen, sonstige betriebliche Erträge, Materialaufwand) bei Anwendung des o Gesamtkostenverfahrens bzw. Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 6 (Umsatzerlöse, Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen, Bruttoergebnis vom Umsatz, sonstige betriebliche Erträge) bei Anwendung des o Umsatzkostenverfahrens zu einem Posten „R.“ in der o Gewinnund Verlustrechnung (GuV) zusammenfassen. Rohertrag Positiver Saldo aus den in der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) nach dem o Gesamtkostenverfahren ausgewiesenen Positionen: Umsatzerlöse + Bestandsveränderung an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + andere aktivierte Eigenleistungen - Materialaufwand Sofern der Saldo einen negativen Wert annimmt, wird die Größe als Rohaufwand bezeichnet. Obwohl der R. z.B. in Relation zu den Umsatzerlösen im Rahmen der o Bilanzanalyse vor allem bei Handelsunternehmen wichtige Anhaltspunkte über die Entwicklung der Gewinnspanne liefert, ist er nach dem Gliederungsschema des § 275 Abs. 2 HGB nicht als eigenständige Größe auszuweisen. Dem R. ähnelt in der GuV nach dem o Umsatzkostenverfahren dem „Bruttoergebnis vom Umsatz“, das allerdings außer um den Materialaufwand auch um weitere Aufwendungen der Fertigung, insb. die dort angefallenen Personalaufwendungen und o Abschreibungen, gemindert ist (§ 275 Abs. 3 HGB). 683

ROI ROI = o Return on Investment ROIC = o Return on Invested Capital

– Beträge, die bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungs- oder Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt werden;

RONA = o Return on Net Assets

– Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten und

RORAC = o Return on Risk-adjusted Capital

– andere Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten.

Rückbauverpflichtung o Rückstellungen Rückflusszeit = Kapitalrückflusszeit = Pay-off-Periode o Amortisationsdauer Rücklagen 1. Begriff Mit offenen R. (surplus, reserves) werden die in den Einzel- und Konzernbilanzen von o Kapitalgesellschaften offen ausgewiesenen Kapital- und Gewinn-R. bezeichnet. Sie sind Teil des o Eigenkapitals und dienen dazu, auftretende Verluste auszugleichen, ohne das Nominalkapital des Unternehmens anzugreifen. Die Untergliederung der R. in Kapital-R. und Gewinn-R. wird in der EU durch die 4. und 7. EG-Richtlinie vorgegeben und in Deutschland durch § 266 Abs. 3 HGB umgesetzt. Hierdurch wird es ermöglicht, zwischen von Anteilseignern eingezahltem und erwirtschaftetem Kapital zu unterscheiden. Abzugrenzen sind diese offenen R. von den nicht aus der Bilanz ersichtlichen stillen o Rücklagen. 2. Kapital-Rücklage Die Kapital-R. umfassen den über das o gezeichnete Kapital hinausgehenden Teil des von Anteilseignern zugeführten Eigenkapitals. Gem. § 272 Abs. 2 HGB enthalten sie: – Beträge, die bei der Ausgabe von Anteilen einschließlich von Bezugsanteilen über den Nennbetrag hinaus erzielt werden (Agio); 684

Eine Auflösung der Kapital-R. ist an restriktive Bedingungen gemäß § 150 AktG bzw. § 58b GmbHG geknüpft. Zwar wird nach o IFRS die Kapital-R. (capital reserve) nicht näher definiert, jedoch fordert IAS 1.78(e) vor dem Hintergrund einer fair presentation ebenfalls einen separaten Ausweis in der Bilanz oder im Anhang. 3. Gewinn-Rücklagen Gewinn-R. entstehen durch nicht ausgeschüttete Unternehmensgewinne vergangener Perioden (o Gewinnverwendung). Sie sind gem. § 272 Abs. 3 und 4 HGB wie folgt zu untergliedern: a) Gesetzliche R. Als gesetzliche R. werden Teile der Gewinn-R. bezeichnet, welche aufgrund von gesetzlichen Vorschriften zu bilden sind. Die Höhe dieser R. bestimmt sich bei einer AG bzw. KGaA gem. § 150 AktG, bei einer GmbH gem. § 5a Abs. 3 GmbHG. b) R.. für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen. Werden Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen gehalten, so ist gem. § 272 Abs. 4 HGB eine entsprechende Rücklage in Höhe dieser Anteile zu bilden. c) Satzungsmäßige R. Die satzungsmäßigen R. stellen den Anteil dar, welcher aufgrund von Satzungsbestimmungen einer Kapitalgesellschaft zusätzlich zu den gesetzlichen R. gebildet werden muss.

Rückstellungen d) Andere R. In die anderen R. wird derjenige Anteil des einbehaltenen Jahresüberschusses eingestellt, der nicht in einer der übrigen Kategorien zu erfassen ist (§ 58 AktG; § 29 GmbHG). Eine Auflösung der gesetzlichen R. ist aufgrund der strengen Kriterien des § 150 AktG bzw. § 58b GmbHG nur restriktiv möglich. Demgegenüber kann die Auflösung anderer R. recht willkürlich erfolgen. Auch im IFRS-Abschluss können nationale (steuer-)rechtliche Regelungen ggf. eine Untergliederung der Gewinn-R. (retained earnings) notwendig machen, um dem Bilanzleser entscheidungsnützliche Informationen bereitzustellen (Rahmenkonzept Tz. 65-66). In Anlehnung an das o HGB könnte in Deutschland eine Untergliederung in gesetzliche, satzungsmäßige und andere R. erfolgen. 4. Sonstige Rücklagen nach IFRS Aufgrund der Erfassung bestimmter Aufwendungen und Erträge im sonstigen Ergebnis und somit direkt im Eigenkapital (GuV-neutral), ist nach IFRS ggf. die Bildung weiterer Rücklagenpositionen erforderlich. Hierunter fallen bspw. die o Neubewertungsrücklage bei der Folgebewertung des Sachanlagevermögens oder des immateriellen Anlagevermögens mittels der o Neubewertungsmethode sowie weitere Positionen für kumulierte Gewinne oder Verluste aus der Bewertung von bestimmten o Finanzinstrumenten und für versicherungsmathematische Gewinne und Verluste bei der Bilanzierung von o Pensionsverpflichtungen. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./ Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 485-496; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 327-337; Förschle, G./Hoffmann, K.: § 272 HGB, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sell-

horn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 496-503, 509-511. Tom Jungius Rücklagen, stille = Stille Reserven Aus der o Bilanz nicht zu erkennendes Vermögen des Unternehmens, das sich aus der Unterbewertung von Aktivpositionen oder der Überbewertung von Passivpositionen ergeben. Gegenbegriff zu den stillen o Lasten. Die Bildung s. R. ist oftmals das Ergebnis einer vorsichtigen Rechnungslegung (o Vorsichtsprinzip), kann aber auch im Rahmen der o Bilanzpolitik bewusst gesteuert werden. Rückrechnung o Werkstoffkosten Rückstellungen 1. Begriff und Arten Grundsätzlich lassen sich zwei Beweggründe für die Bilanzierung von R. und damit zusammenhängend auch zwei verschiedene R.-Arten unterscheiden. Zum einen kann die R.-Bildung aus dem Bilanzzweck der korrekten Darstellung des o Reinvermögens eines Unternehmens gerechtfertigt werden (statische Interpretation: R. aufgrund einer Verpflichtung gegenüber Dritten), zum anderen ergibt sich die Notwendigkeit der R.-Bildung aber auch aus dem Zweck, den Unternehmenserfolg in der Bilanz periodengerecht auszuweisen (dynamische Interpretation: o Aufwands-R. bzw. R. ohne Verpflichtung gegenüber Dritten). Trotz dieser unterschiedlichen Begründungen haben beide R.-Arten zwei wesentliche Gemeinsamkeiten. Beide R.-Arten leiten sich aus dem o Vorsichtsprinzip ab, das sich u.a. durch das Imparitätsprinzip konkretisiert; ferner beziehen sich beide auf zukünftige Belastungen des Unternehmensvermögens und damit zusammenhängende Aktivitäten des Bilanzierenden. Entsprechend lässt sich für den Begriff der R. auch eine umfassende De685

Rückstellungen finition formulieren, die beiden R.-Typen gleichzeitig gerecht wird: R. sind Passivposten, die solche Wertminderungen der Berichtsperiode als Aufwand zurechnen, die durch künftige Handlungen (Zahlungen, Dienstleistungen, Eigentumsübertragungen an Sachen und Rechten) bedingt werden und deshalb bezüglich ihres Eintretens oder ihrer Höhe nach nicht völlig, aber dennoch ausreichend sicher sind. Sie dienen dabei nicht zur Korrektur des Bilanzansatzes bestimmter Vermögensgegenstände, d.h. sie sind keine Wertberichtigungen, obwohl sie, wie etwa bei den Altlasten, in Konkurrenz zur Abschreibung treten können. 2. Bilanzierung nach HGB a) Ansatz und Ausweis. Im HGB wird der Passivposten R. nicht definiert. § 249 HGB zählt lediglich den Kreis der handelsrechtlich zulässigen R. abschließend auf. Hierbei ist zu erkennen, dass sich der Gesetzgeber nicht auf einen engen R.Begriff festlegt, sondern sowohl die statische als auch die dynamische R.Begründung als berechtigt anerkennt. Gem. § 249 Abs. 1 HGB hat jeder Kaufmann für ungewisse o Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften R. zu bilden. Neben den auf rechtlichen Verpflichtungen beruhenden ungewissen Verbindlichkeiten sind auch all jene künftigen Verbindlichkeiten aus Gewährleistungen vom Kaufmann in die Bilanz aufzunehmen, zu denen der Kaufmann zwar rechtlich nicht verpflichtet ist, die er aber gleichwohl übernimmt (Kulanzleistungen). In der Handelsbilanz unterliegen somit sämtliche R., die aufgrund einer Verpflichtung einem Dritten gegenüber bestehen, einer Passivierungspflicht. Dabei sind allerdings nach ausdrücklichem Wortlaut des Gesetzestextes (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB) die ungewissen Verbindlichkeiten ohne rechtliche Verpflichtungen auf die Gewährleis686

tungen beschränkt. Bei der Bilanzierung von o Pensions-R. besteht hier insoweit eine Ausnahme, als der Gesetzgeber für Altzusagen (vor dem 1.1.1987) ein Passivierungswahlrecht formuliert (Art. 28 EGHGB). Die R. für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften wird im Gesetzestext explizit erwähnt, obwohl sie nach h.M. durch den Terminus ungewisse Verbindlichkeiten bereits abgedeckt ist. Neben diesen am Imparitätsprinzip orientierten statisch geprägten R. enthält § 249 HGB aber auch nur dynamisch interpretierbare R. Die zulässigen Aufwands-R. werden durch den Gesetzgeber seit dem o BilMoG jedoch sehr stark eingeschränkt. So werden in § 249 HGB nur zwei Arten von Aufwands-R. genannt, nämlich R. für Instandhaltungsmaßnahmen sowie für Abraumbeseitigung. § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB bestimmt, dass ein Kaufmann für im abgelaufenen Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die innerhalb der ersten drei Monate im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, eine R. zu bilden hat. Das Gleiche gilt für Aufwendungen für im Geschäftsjahr unterlassene Abraumbeseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden. Abbildung 1 fasst die Passivierungsfähigkeit für R. gem. § 249 HGB zusammen. Der bilanzielle Ausweis der R. ist lediglich für o Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften nach § 264a HGB geregelt. Diese haben gem. § 266 Abs. 3 HGB die R. in die drei folgenden Gruppen unterteilt auszuweisen: R. für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen, Steuer-R., sonstige R. (z.B. aus Produkthaftung, o Umweltschutz). Der Sammelposten „Sonstige R.“ ist (bei nicht unerheblichem Umfang) von mittelgroßen und großen Gesellschaften zu

Rückstellungen erläutern (§ 285 Nr. 12 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften können sämtliche R. unter einem Posten ausweisen (§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). b) Bildung und Auflösung. Die Bildung von R. erfolgt durch eine Gegenbuchung auf einem sachlich zugehörigen Aufwandskonto. Wird der Kaufmann in den Folgeperioden in Höhe der R. in Anspruch genommen, so werden GuV und Eigenkapital von der Auflösung der R. nicht berührt. Ist die Inanspruchnahme hingegen geringer oder höher als der Wert der gebildeten R. oder fällt der Grund für die Bildung der R. völlig weg, so werden die nicht mehr benötigten oder nicht erfassten Werte GuV-wirksam verbucht. c) Bewertung. Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB sind R. in Höhe des Erfüllungsbetrages anzusetzen, der nach vernünfti-

ger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Dies macht deutlich, dass je nach Ungewissheit der Daten bei der Bewertung von R. mehr oder weniger große Schätz- und Ermessensspielräume gegeben sind. Bei bestimmten Versorgungsverträgen richtet sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen nach dem beizulegenden Zeitwert bestimmter Wertpapiere (sog. wertpapiergebundene Zusagen). Entsprechende R. sind zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit dieser einen garantierten Mindestbetrag übersteigt (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB). Können aufgrund bestehender Erfahrungen und Daten statistische Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden, so sind die daraus resultierenden Erwartungswerte anzusetzen. Dies tritt u.a. bei den Pen-

Rückstellungen für…

ungewisse Verbindlichkeiten Schuldcharakter

drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Gewährleistung ohne rechtliche Verpflichtung (Kulanz)

„reine“ Aufwandsrückstellungen

unterlassene AbraumBeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird unterlassene Instandhaltung bei Nachholung innerhalb von drei Monaten unterliegen einer Passivierungspflicht

Sonstige Zwecke unterliegen einem Passivierungsverbot

Abb. 1: Passivierungsfähigkeit für Rückstellungen gem. § 249 HGB 687

Rückstellungen sions-R. und den R. für Garantie- und Kulanzleistungen auf. Soweit weder vertrauenswürdige noch statistische Werte bestimmt werden können, muss nach den individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls die zukünftige Wertminderung möglichst genau geschätzt werden (glaubwürdige Daten). So ist die Unternehmung hinsichtlich der R. für Garantieverpflichtungen und Kulanzleistungen bei neu eingeführten Produkten lediglich auf Vermutungen angewiesen, die sich insb. am konstruktiven und fertigungstechnischen Ausreifungsgrad des betreffenden Produktes orientieren können. Demzufolge sind solche R. im Allgemeinen höher zu bemessen als entsprechende R. für bereits jahrelang verkaufte Produkte. Kann bei den zuletzt genannten Fällen die erwartete zukünftige Wertminderung nicht mit einem einzigen Wert, sondern nur mit einem Schätzintervall bestimmt werden, so ist nach dem Grundsatz der Vorsicht normalerweise der höchste Wertansatz anzusetzen. Werden aber mehrere Risiken gleicher Beschaffenheit durch derartige R. abgedeckt, so würde die bloße Addition der Höchstbeträge zu einer überhöhten R. führen, da im Allgemeinen nicht angenommen werden kann, dass bei jedem Risiko der betrachteten Art die ungünstige Alternative eintritt. R. können sowohl zur Abdeckung einzelner Risiken wie auch zur pauschalen Deckung einer Gruppe gleichartiger Risiken gebildet werden. Insoweit besteht also eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Dies ist beispielsweise bei gleichen R. der Fall, die mit Hilfe statistischer Methoden gebildet werden. Diese Methoden erlauben nämlich eine weitgehend sichere Aussage nur bei Gruppen gleichartiger Fälle (z.B. Garantie- und Kulanz-R.). 688

Die Verwendung des Begriffs „o Erfüllungsbetrag“ bringt zum Ausdruck, dass künftige Preis- und Kostensteigerungen bzw. -senkungen bei der R.-Bewertung zu berücksichtigen sind. Diese sind zu schätzen, wobei vom Eintritt künftiger Änderungen der Verhältnisse nur bei Vorliegen entsprechender objektiver Hinweise ausgegangen werden kann. Gleichwohl ergeben sich daraus nicht unerhebliche Ermessensspielräume. § 253 Abs. 2 HGB schreibt die Abzinsung von R. mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr vor. Grundlage für die Abzinsung ist der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre unter Berücksichtigung der Restlaufzeit der den R. zugrunde liegenden Verpflichtungen. Die zu verwendenden Marktzinssätze werden von der Deutschen Bundesbank bekannt gegeben. Vereinfachend ist es für R. für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen erlaubt, pauschal den durchschnittlichen Marktzinssatz auf alle R. anzusetzen, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Besondere Bewertungsprobleme ergeben sich außer für Pensions-R., insb. auch für die R. für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Ihre Höhe entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der eigenen Leistung und dem Wert der Gegenleistung. Bei Beschaffungsverträgen ergibt sich der R.-Betrag aus der Differenz des vertraglich fixierten Preises und der gesunkenen Wiederbeschaffungskosten. Bei drohenden Verlusten aus Absatzgeschäften (z.B. wegen Faktorpreissteigerungen oder Mehrverbrauch von Faktoren) hingegen errechnet sich die R. grundsätzlich aus der zu o Vollkosten (Selbstkosten) bewerteten Leistung und dem vereinbarten Verkaufspreis. Wird in Verbindung mit dem verlustbringenden schwebenden Geschäft ein (halb-)fertiges Erzeugnis im Umlauf-

Rückstellungen vermögen aktiviert, ist der drohende Verlust zunächst als außerplanmäßige Abschreibung auf der Aktivseite zu erfassen. Eine R. kommt nur für einen über den Wert der aktivierten Vermögensgegenstände hinausgehenden Verlustanteil in Frage.

lassene Abraumbeseitigung dürfen demzufolge grundsätzlich nicht passiviert werden, da keine Außenverpflichtung besteht (IAS 37.20). IAS 37 umfasst nicht die Bilanzierung von Pensions-R. (IAS 19) und bestimmten Steuer-R. (IAS 12).

3. Bilanzierung nach Steuerrecht

R. sind nach IFRS eine besondere Art von o Schulden (liabilites), die sich durch Ungewissheit bezüglich ihrer Höhe oder ihres Eintritts auszeichnen (IAS 37.10). R. stellen gegenwärtige Verpflichtungen eines Unternehmens dar, die aufgrund eines Ereignisses in der Vergangenheit entstanden sind und denen sich das Unternehmen aus rechtlichen (legal obligation) oder wirtschaftlichen/faktischen Gründen (constructive obligation) nicht entziehen kann. Die Begleichung der Verpflichtung wird wahrscheinlich (probable) zu einem messbaren Abfluss ökonomischer Ressourcen führen, d.h. die Höhe des Ressourcenabflusses muss sich verlässlich ermitteln lassen.

Über das o Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 Abs. 1 EStG) gelten die handelsrechtlichen Vorschriften grundsätzlich auch für die o Steuerbilanz. Einschränkungen ergeben sich jedoch durch die Finanzrechtsprechung, die im Laufe der Jahre die Schaffung bestimmter steuerrechtlicher Sondervorschriften zur Folge hatte. Daher sind grundsätzlich alle R., die nach HGB passivierungspflichtig sind, auch in der Steuerbilanz zu bilden, wenn kein konkretes steuerrechtliches Verbot greift. Ein Beispiel für eine explizite steuerrechtliche Sondervorschrift ist das Verbot der Passivierung von R. für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 5 Abs. 4a EStG). Darüber hinaus sind R. für Geld- und Sachleistungsverpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen. Der Diskontierungssatz für Pensions-R. beträgt 6% (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG). Pauschal-R., R. mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr und R., denen eine verzinsliche Verbindlichkeit zugrunde liegt, sind hingegen nicht abzuzinsen. Im Gegensatz zu den Bewertungsregeln des HGB, dürfen künftige Preis- und Kostenänderungen nicht in die Bewertung von R. einfließen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Bst. f EStG). 4. R. nach internationalen Rechnungslegungsstandards IAS 37 regelt die Bilanzierung von R. (provisions) im Rahmen der o IFRS. Im Gegensatz zum HGB sind nach IFRS nur Verpflichtungen gegenüber Dritten passivierungsfähig und passivierungspflichtig. Die nach HGB gebotenen R. für unterlassene Instandhaltung und für unter-

Dem Wahrscheinlichkeitsbegriff kommt nach IFRS eine besondere Bedeutung zu, da für den Ansatz einer R. sowohl das Bestehen einer Verpflichtung (IAS 37.15) als auch ein Ressourcenabfluss (IAS 37.23) „more likely than not“ sein müssen, d.h. es muss mehr dafür als dagegen sprechen. Dies ist dann der Fall, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeiten der Verpflichtung und des Ressourcenabflusses größer als 50% sind. IAS 37.84 ff. fordert umfassende Angabepflichten für jede R.-Gattung im Anhang. Das Prinzip der Bildung bzw. Auflösung von R. nach IFRS unterscheidet sich nicht von dem nach HGB. Eine R. ist aufzulösen, sobald Auszahlungen, für die die R. gebildet wurde, anfallen. Damit werden weder GuV noch Eigenkapital bei der Auflösung berührt. R. sind mit dem bestmöglichen Schätzwert (best estimate) anzusetzen, also dem 689

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Betrag, der aufgrund vernünftiger Betrachtung zur Erfüllung der Verpflichtung am Stichtag nötig wäre. Bei der Bewertung ist zwischen Einzel- und Massenverpflichtungen zu unterscheiden. Einzelverpflichtungen sind mit dem wahrscheinlichsten Ergebnis, ggf. mit gewissen Zu- und Abschlägen, zu bewerten (IAS 37.40). Bei mehreren gleich wahrscheinlichen Ergebnissen ist das arithmetische Mittel heranzuziehen. Bei Massenverpflichtungen ist hingegen der Erwartungswert heranzuziehen (IAS 37.39). Unvermeidbare Risiken und Unsicherheiten sind bei der Ermittlung des best estimate zu berücksichtigen (IAS 37.42). R. sind abzuzinsen, soweit die Diskontierung einen wesentlichen Effekt auf die Höhe der Verpflichtung hat (IAS 37.45). Davon ist regelmäßig bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr auszugehen. Als Rechnungszins wird ein laufzeitkongruenter Marktzins vor Steuern definiert. Es ist darauf zu achten, dass eine mögliche Risikoanpassung nicht beim Zinssatz vorgenommen wird, wenn diese schon bei der Ermittlung von Cashflows durchgeführt wurde und umgekehrt (IAS 37.47). Mit der Rückstellung in Verbindung stehende, so gut wie sichere Rückgriffs- und Erstattungsansprüche werden auf der Aktivseite separat als Forderung ausgewiesen, sie dürfen aber den Betrag der R. nicht übersteigen. Die Bilanzierung von R. nach o USGAAP entspricht im Wesentlichen der Vorgehensweise nach IFRS, d.h. R. sind für wahrscheinliche Verpflichtungen gegenüber Dritten zu bilden. Der Ansatz von Aufwands-R. ist damit ebenfalls ausgeschlossen. Im Gegensatz zu den IFRS gibt es in den US-GAAP keinen eigenständigen R.-Begriff. Ein weiterer Unterschied ergibt sich dadurch, dass nach US-GAAP die Wahrscheinlichkeitsschwelle (ca. 70-80%) deutlich über 690

der 50%-Grenze nach IFRS liegt. Wie nach IFRS auch, kommt bei der Bewertung von R. der wahrscheinlichste Wert einer Bandbreite möglicher Werte zum Ansatz. Bei mehreren gleich wahrscheinlichen Ansatzmöglichkeiten wird nach US-GAAP allerdings der niedrigste Wert bilanziert. Zudem wird in den US-GAAP die Frage der Abzinsung von R. nicht konkretisiert. Für Pensions-R. gelten die Vorschriften der FASB ASC 715. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 405-458; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 399-457; Hebestreit, G./Schrimpf-Dörges, C.E.: in: Beck-IFRS-HB, 3. Aufl., 2009, § 13; IDW (Hrsg.): WP-Handb. 2006, Bd. I, 13. Aufl., 2006, E 87-203; Keitz, I. v. et al.: IAS 37, in: Baetge, J. et al. (Hrsg.): Rechnungslegung nach IFRS, Loseblatt., 2. Aufl., ab 2002, Bd. 2, 2009; Kozikowski, M./Pastor, C.: § 249 HGB, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010,; KPMG (Hrsg.): US-GAAP, 4. Aufl., 2006, S. 91-144; Küting, K./Cassel, J./Metz, C.: Die Bewertung von Rückstellungen nach neuem Recht, in: DB 2008, S. 2317-2324; Mayer-Wegelin, E./Kessler, H./Höfer, R.: § 249 HGB, in: Küting, K./Pfitzer, N./Weber, C.-P. (Hrsg.): HdR, Loseblatt., 5. Aufl., ab 2005, Bd. 1, 2010; Pellens, B./Fülbier, RU./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2008, S. 415-443; Tanski, J.S.: Rückstellungen nach BilMoG – eine Annäherung an die IFRS?, in: IRZ 2009, S. 367-371; Weigl, R./Weber, H.-G./Costa, M.: Bilanzierung von Rückstellungen nach dem BilMoG, in: BB 2009, S. 1062-1066. Adolf G. Coenenberg/ Axel Haller/Marco Wittmann Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Gem. § 249 Abs. 1 HGB im o Jahresabschluss zu bildende o Rückstellung

Rüstkosten für o Verbindlichkeiten, deren Höhe, Auszahlungszeitpunkt oder tatsächlicher Anfall noch ungewiss ist. Rückwärtsverteilungsfaktor Der reziproke Wert des o Rentenendwertfaktors heißt R. Mit diesem lässt sich die Höhe der Rentenzahlungen in jeder Periode bei gegebenem o Endwert ermitteln:

i (1  i) n  1

.

Rules-Based Accounting Rechnungslegungssystem, welches stark regelgebunden ist. R. lässt sich vor allem nach o US-GAAP finden, welches detaillierte Regelungen festlegt und alle Einzelfälle versucht zu erfassen. Ziel ist die Schaffung einer hohen Rechtssicherheit. Das o Principles-Based Accounting bildet das Gegenstück zum R. Lit.: Leibfried, P./Meixner, P.: Konvergenz der Rechnungslegung, in: Der Schweizer Treuhänder, Heft 4, 2006, S. 210-215. Rumpf-Geschäftsjahr Ein o Geschäftsjahr mit weniger als 12 Monaten, für das ein o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss aufzustellen ist. Abschlüsse für ein R. können z.B. dann notwendig sein, wenn ein Unternehmen zu einem vom Abschlussstichtag abweichenden Zeitpunkt gegründet, aufgelöst oder veräußert wird. Rüstkosten o Kosten für die zur Durchführung der Leistungserstellung notwendigen vorbereitenden und nachbereitenden Maßnahmen, z.B. Kosten für Umstellung einer Maschine von einem auf ein anderes Produkt.

691

S SAB = o Staff Accounting Bulletin SAC = o Standards Advisory Council Sachanlagevermögen Nach dem Gliederungsschema in § 266 HGB auf der Aktivseite der Bilanz unter dem o Anlagevermögen gesondert auszuweisende o Vermögensgegenstände. Das S. ist in (1) Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken; (2) technische Anlagen und Maschinen; (3) andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung; (4) geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau zu untergliedern. Sacheinlage Einbringung von Gebäuden, Maschinen, Grundstücken oder Ähnlichem anstatt einer Bareinzahlung als Einlage in eine o Kapitalgesellschaft. Eine S. kann sowohl bei Gründung als auch bei einer o Kapitalerhöhung erfolgen. Sachinvestitionen = o Realinvestitionen Sachkapitalerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Sachkonten Auch als Hauptbuchkonten bezeichnete o Bestandskonten und o Erfolgskonten, aus denen die Bilanz und GuV abgeleitet werden (o Buchhaltung, kaufmännische). Sachverhaltsgestaltung Ausprägung der Bilanzpolitik, auch als reale Bilanzpolitik bezeichnet; anders als bei der Ausnutzung von o Bilanzierungswahlrechten (buchmäßige Bilanzpolitik) wird bei der S. nicht nur die Abbildung betrieblicher Sachverhalte verändert, sondern es wird bewusst in die 692

betrieblichen Sachverhalte selbst eingegriffen, um ein gewünschtes Bilanzbild zu erhalten. Typische Beispiele für kurzfristig wirksame S. sind die Aufdeckung stiller Reserven durch Veräußerung von Vermögensteilen zur Erhöhung des Gewinns sowie der Abbau von Forderungen und Vorräten zum Bilanzstichtag zur Reduktion der Bilanzsumme. Möglichkeiten zur langfristig wirksamen S. entstehen demgegenüber beim Abschluss von Verträgen (z.B. Leasingverträgen, o Leasing). Der S. kommt umso größere Bedeutung zu, je weniger Möglichkeiten für eine buchmäßige Bilanzpolitik bestehen. Sie ist mit der Gefahr verbunden, dass Betriebsabläufe zugunsten der bilanzpolitischen Ziele suboptimal gestaltet werden. Es ist dann die Frage zu stellen, ob die realen ökonomischen Kosten der S. durch die bilanzpolitischen Vorteile aufgewogen werden. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004, S. 157159; Ewert, R./Wagenhofer A.: Economic Effects of Tightening Accounting Standards to Restrict Earnings Management, in: TAR 2005, S. 1101-1124. Sachwertverfahren o Betriebsvermögensermittlung Sachzielbezogenheit Definitionsmerkmal von o Kosten und Erlösen; Ausgaben und Einnahmen, die nicht im Zusammenhang mit dem Sachziel der Unternehmung stehen, führen nicht zu Kosten oder Erlösen. Sachzielnotwendiges Kapital = o Kapital, betriebsnotwendiges Saldierung Zusammenfassung zweier Position, z.B. der o Aktiva und o Passiva der o Bilanz oder der o Erträge und o Aufwendungen der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), zu einem Saldo. Gemäß § 246 Abs. 2 HGB besteht jedoch grund-

Schmalenbach Gesellschaft – Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. sätzlich ein Saldierungsverbot, wobei Ausnahmen (z.B. beim Ausweis latenter o Steuern) zulässig sind. Auch nach IFRS sind Saldierungen nur in Ausnahmen zulässig. Saldo Differenzbetrag zwischen zwei gegenüberstehenden Größen. Beispielsweise wird das o Eigenkapital als Saldo aus bilanziellem o Vermögen und o Schulden ermittelt. Sale-and-lease-back-Verfahren o Leasing Sammelbewertung Vereinfachungsverfahren zur Bewertung gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens (o Umlaufvermögen). Zu den S.-Verfahren zählen das o Fifo-, o Lifo-, o Hifo- und o Kifo-Verfahren sowie die o Durchschnittsmethode. Auch der Ermittlung der o Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen liegt die S. zugrunde. Sanierungsprüfung o Sonderprüfungen Sanierungsrechnung Rechnung zur Erfassung und Beurteilung von Sanierungsmaßnahmen. Die S. ist wesentliche Grundlage der Sanierungsprüfung (o Sonderprüfungen). Sarbanes-Oxley Act Als Reaktion auf die Zusammenbrüche der Unternehmen Enron und Worldcom verabschiedete der US-amerikanische Kongress im Jahr 2002 den S., häufig verkürzt auch als SOX bezeichnet, der als wichtige Neuordnung der Finanzberichterstattung für börsennotierte Unternehmen in den o USA angesehen wird. Der S. zielte insb. auf die Wiederherstellung des Anlegervertrauens in die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzdaten von Unternehmen, die den US-amerikanischen Rechtsvorschriften unterliegen, sowohl durch weitere Verhaltensregulie-

rungen als auch durch umfangreichere Publizitätspflichten (o Publizität). SARG = o Standards Advice Review Group Satzungsmäßige Rücklagen o Rücklagen Schachtelprivileg Prinzip zur Vermeidung von Doppel- und Mehrfacherfassungen bei unbeschränkt steuerpflichtigen verschachtelten Gesellschaften. Schattenpreis o Opportunitätskosten Scheingewinn Überschuss des zu Tagespreisen bewerteten Güterverzehrs über den zu Anschaffungspreisen bewerteten Güterverzehr (o Substanz- und Kapitalerhaltung). Schiedswert o Arbitriumwert Schlüsselungsverfahren Verfahren zur Kalkulation von Kuppelprodukten analog der Äquivalenzziffernkalkulation (o Kalkulationsverfahren). Bei Anwendung der S. werden die Kosten proportional zu einer Schlüsselgröße verteilt. Hierbei kann es sich um technische Größen (z.B. Volumen, Brennwert) oder aber auch um den o Marktpreis der Produkte handeln. Schlussbilanz Gegenüberstellung von o Aktiva und o Passiva zum Ende einer Rechnungsperiode. Kaufleute haben gem. § 242 Abs. 1 HGB für den Schluss jedes Geschäftsjahres eine S., kurz als o Bilanz bezeichnet, aufzustellen. Die S. ist obligatorischer Teil des o Jahresabschlusses. Schmalenbach Gesellschaft – Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. Wissenschaftliche Gesellschaft mit Sitz in Köln und Berlin, die 1978 aus dem Zusammenschluss der SchmalenbachGesellschaft zur Förderung der be693

Schulden triebswirtschaftlichen Forschung und Praxis e.V., Köln, und der Deutschen Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., Berlin, entstanden ist. Sie hat die Aufgabe, den Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu fördern, Stellungnahmen zu aktuellen betriebswirtschaftlichen Fragen zu erarbeiten, betriebswirtschaftliche Forschungen zu fördern und deren Erkenntnisse zu verbreiten. Die Gesellschaft hat ca. 1.700 Mitglieder. Sie unterhält zahlreiche Arbeitskreise und veranstaltet Kongresse (Deutscher Betriebswirtschafter-Tag) und Tagungen (Schmalenbach-Tagung). Sie ist Herausgeber der renommierten Fachzeitschriften Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (ZfbF) und Schmalenbach Business Review (SBR).

957 I für Unternehmen, die verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen, wobei nach kaufmännischer Art geführte Gewerbe stets eintragungspflichtig sind (OR 934 I). Die Buchführungspflicht umfasst die Führung von Geschäftsbüchern, die Erstellung einer Bilanz, einer Erfolgsrechnung (Gewinnund Verlustrechnung) und eines Inventars (OR 957f.). Nur im Aktienrecht – einem Teilbereich des Obligationenrechts – wird eine minimale Gliederung der Bilanz (OR 663a) und der Erfolgsrechnung (OR 663) vorgeschrieben. Die bilanzierungsbezogenen aktienrechtlichen Vorschriften sind auch für andere Kapitalgesellschaften anzuwenden, etwa für die GmbH (OR 801), und für bestimmte Genossenschaften (OR 858 II).

Schulden Oftmals als Synonym für das o Fremdkapital des Unternehmens verwendeter Begriff. Offizielle Übersetzung des in den IFRS verwendeten Begriffs der liabilities. Siehe auch: o Verbindlichkeiten, o Rückstellungen.

Aktiengesellschaften müssen spätestens sechs Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres die ordentliche Generalversammlung durchführen (OR 699 II). Diese entscheidet über die Abnahme des Jahresabschlusses (Jahresrechnung genannt) und die Verwendung des Bilanzgewinns. Die Jahresrechnung und gegebenenfalls die Konzernrechnung sind deshalb innerhalb dieses Zeitraums zu erstellen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Prüfung der Jahresrechnung und der Konzernrechnung einige Zeit in Anspruch nimmt. Zudem muss der von den Abschlussprüfern bereits revidierte o Jahresabschluss spätestens 20 Tage vor dem Versammlungstermin den Gesellschaftern vorliegen (OR 696 I). Für die GmbH gelten für das Vorliegen des revidierten Jahresabschlusses analoge Vorschriften (OR 801a I i.V.m. OR 805 III). Andere Gesellschaften haben den Abschluss „innerhalb einer dem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Frist“ zu erstellen (OR 958 II).

Schuldenkonsolidierung Aufrechnung der konzerninternen Kreditgeschäfte (z.B. Ausleihungen, Rückstellungen, geleistete und erhaltene Anzahlungen, o Forderungen und o Verbindlichkeiten, o Rechnungsabgrenzungsposten) zur Erstellung des o Konzernabschlusses. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 345-372. Schweiz 1. Rechtsgrundlagen a) Vorschriften zur ordnungsgemäßen Buchführung und zum Einzelabschluss im Obligationenrecht. Die relevanten Vorschriften im Obligationenrecht (OR) sind im Vergleich zum deutschen Handelsrecht sehr sparsam gehalten. Die o Buchführungspflicht besteht nach OR 694

Ob und in welchem Umfang eine Gesellschaft ihren Jahresabschluss und gegebenenfalls den Konzernabschluss durch eine Revisionsstelle (Abschlussprüfer) prü-

Schweiz fen lassen muss, ergibt sich nach dem Aktienrecht (OR 727ff.) aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung (o Prüfung des Jahresabschlusses). Bei der Abschlussprüfung (Revision) wird zwischen ordentlicher und eingeschränkter Revision unterschieden. Ohne die Unterschiede zwischen diesen beiden Revisionsarten detailliert darstellen zu wollen, kann man festhalten, dass die ordentliche Revision umfangreicher und tiefgehender ist und höhere formelle Qualifikationsanforderungen an die Revisionsstelle stellt. Eine ordentliche Revision wird nach OR 727 bei börsennotierten bzw. konsolidierungspflichtigen Gesellschaften verlangt. Zudem wird sie gefordert bei nicht börsennotierten, aber wirtschaftlich bedeutenden Gesellschaften, d.h. wenn zwei der folgenden Größen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschritten werden: Bilanzsumme von 10 Mio. Franken, Umsatzerlöse von 20 Mio. Franken, 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Bei anderen Gesellschaften ist eine eingeschränkte Revision vorzunehmen (OR 727a I). Bei Gesellschaften mit bis zu zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt kann selbst auf eine eingeschränkte Revision verzichtet werden, wenn alle Aktionäre zustimmen (OR 727a II). Verlangt das Gesetz keine ordentliche Revision, so kann die Satzung eine solche vorsehen. Zudem kann die Generalversammlung der Gesellschafter jederzeit die Durchführung einer ordentlichen Revision beschließen. Letztlich können Aktionäre, die zusammen mindesten 10 Prozent des Aktienkapitals vertreten, eine ordentliche Revision des Jahresabschlusses verlangen (OR 727 II und III). Für GmbHs, Kommanditaktiengesellschaften, Genossenschaften, Vereine und Stiftungen sind grundsätzlich die Revisionspflichten nach Aktienrecht anzuwenden (OR 764 II, OR 818, OR 906, ZGB (Zivilgesetzbuch) 69b, ZGB 83b), mitun-

ter gibt es im Detail abweichende Regelungen. Kollektivgesellschaften (vergleichbar mit Personenhandelsgesellschaften) und Einzelkaufleute unterliegen keiner Revisionspflicht. Im Allgemeinen müssen Geschäftsbücher und Jahresabschlüsse für Dritte nicht zugänglich gemacht werden. Nur börsennotierte Aktiengesellschaften, Banken und indirekt auch Versicherungsunternehmen sind zur Veröffentlichung des Jahresoder Konzernabschlusses verpflichtet (Bankengesetz 6 IV, OR 697h I, Kotierungsreglement (KR) 49 I). b) Besondere Vorschriften für börsennotierte Gesellschaften und für einzelne Wirtschaftszweige. Für börsennotierte Gesellschaften gelten nach dem Kotierungsreglement der Schweizer Börse SWX weiter reichende Informationspflichten, etwa zur Veröffentlichung von Halbjahresabschlüssen (KR 50 I) und zur o Ad-hoc-Publizität (KR 53). Ein Abschluss nach Obligationenrecht ist nicht ausreichend, gefordert wird indes ein Jahres- oder Konzernabschluss nach o IFRS oder o US-GAAP, im Nebensegment kleiner Unternehmen (local caps) auch nach Swiss GAAP FER (siehe unten). Zu beachten ist, dass auch Unternehmen, die Gläubigertitel an der Börse kotiert haben, die Vorschriften einzuhalten haben. Für Unternehmen der Finanzbranche (Banken und Versicherungen) und für solche der Verkehrsbranche (Eisen-, Straßen- und Luftseilbahngesellschaften, Schifffahrtsunternehmen) bestehen besondere Rechnungslegungsvorschriften. Bei Börsennotierung sind darüber hinaus die Vorschriften für Publikumsgesellschaften zu erfüllen. c) Fachkommission für Empfehlungen zur Rechnungslegung und TreuhandKammer. Eine andere wichtige Institution ist die „Fachkommission für Empfehlungen zur Rechnungslegung“ (FER), die 695

Schweiz privat organisiert ist und seit 1984 – gesetzlich nicht bindende – Vorschläge zu einer „verbesserten“ Rechnungslegung macht, die die Aussagekraft und die Vergleichbarkeit von Jahres- und Konzernabschlüssen erhöhen soll. Dabei lehnen sich die Fachempfehlungen (Swiss GAAP FER) an die internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) an, allerdings mit einem deutlich geringeren Grad an Detailliertheit. Die Swiss GAAP FER werden eher von kleineren und mittelgroßen Unternehmen verwandt und als Minimalstandard in den Börsennebensegmenten der Schweizer Börse akzeptiert (SWX Local Caps). In der alltäglichen Buchführungspraxis trägt insbesondere die Treuhand-Kammer als Standesorganisation der o Wirtschaftsprüfer zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der gesetzlichen Vorschriften bei. Ein wesentliches Ergebnis dieser Arbeit ist das von der TreuhandKammer herausgegebene „Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung“. d) Entwicklungen im Rechnungslegungsrecht. Eine größere Reform des Obligationen- und insbesondere des Aktienrechts wurde Ende 2007 angestoßen, befand sich aber im November 2010 noch im Gesetzgebungsprozess. Geplant ist die Schaffung eines eigenständigen, umfassenderen und rechtsformneutralen Rechnungslegungsrechts, wobei die Börsenkotierung und die Größe eines Unternehmens die Rechnungslegungspflichten definieren sollen. 2. Einzelabschluss a) Funktionen und Prinzipien. Grundsätzlich sind Erfolgsrechnung und Bilanz nach allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen vollständig, klar und übersichtlich so aufzustellen, dass die Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens erhalten (Bilanzwahrheit und -klarheit gem. OR 959). Das Aktienrecht präzisiert insofern, dass der Jahres696

abschluss so aufzustellen ist, dass die „Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft möglichst zuverlässig beurteilt werden kann“ (OR 662a I). Dabei sind folgende Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung zu beachten (OR 662a II): „Vollständigkeit der Jahresrechnung, Klarheit und Wesentlichkeit der Angaben, Vorsicht, Fortführung der Unternehmenstätigkeit, Stetigkeit in Darstellung und Bewertung, Unzulässigkeit der Verrechnung von Aktiven und Passiven sowie von Aufwand und Ertrag.“ Dem Vorsichtsprinzip wird dabei eine noch größere Bedeutung beigemessen als es nach deutschem Handelsrecht der Fall ist. Obwohl nicht gesetzlich explizit geregelt, gilt der Grundsatz zeitlicher und sachlicher Abgrenzung. Dieser hat einen geringeren Stellenwert als nach IFRS. Die Informationsfunktion spielt eine untergeordnete Rolle, nicht nur wegen der starken Stellung des Vorsichtsprinzips, sondern auch wegen der relativ beschränkten Veröffentlichungspflichten. Bedeutsamer ist die Anspruchsbemessungsfunktion (o Jahresabschluss, Funktionen). Der handelsrechtliche Abschluss stellt die Grundlage für die o Steuerbilanz dar (o Maßgeblichkeitsprinzip). Zudem knüpft sich die Höhe der an die Aktionäre ausschüttbaren Dividende nach OR 675 II an die Höhe des Bilanzgewinns und der dafür gebildeten Reserven (OR 671 II), eine ähnliche Regelung findet sich für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (OR 798). Das Bilanz- und Gesellschaftsrecht dient ähnlich wie in Deutschland primär dem Gläubigerschutz, indem Jahresergebnis und Ausschüttung vorsichtig bemessen werden. b) Bilanzierung der Aktiven. Im Weiteren werden die Regelungen des Aktienrechts dargelegt, da die meisten Unternehmen sich an diesen orientieren (müssen) und die generellen Vorschriften wenig aussagekräftig sind. Verglichen zum

Schweiz deutschen Handelsrecht sind o Vermögenswerte und Schulden weniger scharf definiert. Dennoch gibt es kaum Unterschiede zum deutschen Handelsrecht bezüglich des Ansatzes von Gegenständen des Umlaufvermögens und des Sach- und Finanzanlagevermögens. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten werden zum (Umlauf-)Vermögen gerechnet. Aktivierungswahlrechte bestehen beim derivativen o Geschäftswert und bei Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten (OR 664), beide sind im Falle der Aktivierung planmäßig über maximal fünf Jahre abzuschreiben. Die Aktivierung von Kosten für o Forschung und Entwicklung ist gesetzlich nicht geregelt, wird aber in der Literatur befürwortet, sofern die Leistungen klar zuordenbar sind, ein konkreter Nutzen feststellbar ist (dies schließt Grundlagenforschung aus) und die Finanzierung der Entwicklungskosten sichergestellt ist. Anders als im deutschen Handelsrecht werden die Aktiven in der Bilanz in der Schweiz nach abnehmender Liquidierbarkeit geordnet. Die Bewertung der Aktiven orientiert sich am Anschaffungskosten- und Niederstwertprinzip. Ausnahmsweise können Wertpapiere des Umlaufvermögens zum (höheren) Durchschnittskurs im Monat vor dem Bilanzstichtag bewertet werden, sofern der Kurs regelmäßig festgestellt wird (OR 667). Eine andere Ausnahme betrifft Unternehmen mit einem Bilanzverlust, der mehr als die Hälfte des o Eigenkapitals aufzehrt. In diesem Fall kann es Wertaufholungen bei Grundstücken und Beteiligungen bis zum Marktwert vornehmen (OR 670), welche jedoch gesondert und erfolgsneutral als „Aufwertungsreserve“ im Eigenkapital auszuweisen sind. Bei der Vorratsbewertung sind die gängigen Verbrauchsfolgeannahmen zulässig. Häufig genutzt wird das nach IFRS verbotene LIFO-Verfahren. Üblich ist auch eine pauschale Wertberichtigung

auf Vorräten im Umfang von bis zu einem Drittel der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die von den Steuerbehörden anerkannt wird (sogenanntes Warendrittel). Ebenso erkennt die Steuerbehörde pauschale Wertberichtigungen von 5% auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (in der S. „Debitoren“ genannt) an, 10% sind es für ausländische Forderungen. Diese Wertansätze werden in der Handelsbilanz übernommen. Wertberichtigungen der Debitoren werden üblicherweise offen vom Nominalwert abgezogen. Abnutzbare Gegenstände des Anlagevermögens sind nach allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen planmäßig abzuschreiben, dies gilt auch für den derivativen Geschäftswert. Hinsichtlich der Abschreibungsverfahren orientieren sich die Unternehmen an den Vorgaben der Steuerbehörden. Wegen des Vorsichtsprinzips ist die Wahl relativ kurzer Nutzungsdauern und degressiver Abschreibungsmethoden verbreitet und steuerlich anerkannt. Im Aktienrecht (OR 669 II) ist es dem Verwaltungsrat erlaubt, zum Zwecke der Wiederbeschaffung über die wirtschaftlich notwendigen o Abschreibungen und Wertberichtigungen weitere Abschreibungen vorzunehmen (sogenannte Wiederbeschaffungsreserven). Darüber hinausgehende stille Reserven sind praktisch unbegrenzt zulässig (OR 669 III), sind der Revisionsstelle jedoch im Einzelnen mitzuteilen (OR 669 IV). Ähnliches gilt für Wertberichtigungen auf Positionen des Umlaufvermögens und für die Bildung und Auflösung von o Rückstellungen. Sofern die Auflösung stiller Reserven nach OR 669 III und IV das Jahresergebnis wesentlich günstiger darstellt, ist der Nettobetrag der aufgelösten stillen Reserven im Anhang zur Jahresrechnung auszuweisen (OR 663b Ziff. 8). c) Bilanzierung der Passiven. Schulden sind nicht gesetzlich definiert, fak697

Schweiz tisch wird aber zwischen o Verbindlichkeiten und Rückstellungen unterschieden. Passive Rechnungsabgrenzungsposten werden dem Fremdkapital zugerechnet. Analog zum Niederstwertprinzip bei den Aktiven gilt das Höchstwertprinzip für die Schulden. Dem Vorsichtsprinzip folgend, werden Rückstellungen eher und im Zweifel auch zu höheren Werten ausgewiesen als nach IAS 37 (Stand Nov. 2010). Nach Aktienrecht ist die Bildung zusätzlicher Rückstellungen für Wiederbeschaffungszwecke möglich (OR 669 II). Die Steuerbehörden erkennen Rückstellungen nur zu einem gewissen Umfang an. Die Positionen des o Eigenkapitals ähneln denjenigen im deutschen Handelsrecht. Neben dem Grundkapital, das je nach Rechtsform anders genannt wird (z.B. Aktienkapital bei der AG oder Stammkapital bei der GmbH), besteht es im Wesentlichen aus verschiedenen Rücklagenpositionen, etwa dem Agio (Kapitalrücklage), gesetzlichen, statutarischen und anderen Reserven sowie dem Bilanzgewinn. Rücklagen werden als Reserven bezeichnet. Die allgemeine Reserve wird nach den Vorschriften des Gesetzes aus dem Jahresgewinn gebildet (OR 671 I und II). Das Partizipationskapital (OR 656a) umfasst Anteilsscheine ohne Stimmrecht und ist vergleichbar mit Vorzugsaktien ohne Stimmrecht nach deutschem Aktienrecht. Zuweilen findet man auch Abschlüsse, in denen Mischformen von Fremd- und Eigenkapital (Mezzanine-Kapital) separat ausgewiesen werden. Wegen der Dominanz des Vorsichtsprinzips, welches sich auch in verschiedenen postenspezifischen Bewertungsvorschriften, insbesondere jedoch in OR 669 II und IV, niederschlägt, werden regelmäßig beachtliche stille Reserven gebildet. d) Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung, Anhang und Lagebe698

richt. Die Mindestpositionen der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) – in der S. als Erfolgsrechnung bezeichnet – werden im Aktienrecht (OR 663) genannt. Ähnlich wie im deutschen Handelsrecht gelten ein strenges Imparitätsund Realisationsprinzip. Das Realisationsprinzip kann lediglich bei börsennotierten Wertpapieren des Umlaufvermögens durchbrochen werden. Eine o Kapitalflussrechnung – in der S. als Geldflussrechnung bezeichnet − wird bisher nicht vom Gesetzgeber gefordert, wird aber zuweilen freiwillig erstellt und voraussichtlich nach der anstehenden Revision des Obligationenrechts für größere, d.h. einer ordentlichen Revision unterliegenden Unternehmen, verpflichtend zu erstellen sein. Der Anhang muss nach OR 663b u.a. Angaben zu Bürgschaften und Garantien, zu nicht bilanzierten Leasingverbindlichkeiten, zu Brandversicherungswerten der Sachanlagen, Aufwertungen und aufgelösten stillen Reserven enthalten. Bei börsennotierten Gesellschaften sind auch Angaben zur fixen und erfolgsabhängigen Vergütung von Geschäftsleitung und Verwaltungsrat und zu Darlehen an Mitglieder der Leistungsorgane zu machen. Der Jahresbericht nach OR 663d stellt Informationen zum Geschäftsverlauf und zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage der Gesellschaft dar, wird aber bei größeren Unternehmen voraussichtlich von einem umfassenderen Lagebericht abgelöst werden. 3. Konzernabschluss Nach OR 663e muss die Muttergesellschaft eine Konzernrechnung (d.h. ein o Konzernabschluss) erstellen, sofern diese einen Unternehmensverbund wegen Stimmenmehrheit oder auf andere Weise einheitlich leitet. Im deutschen Handelsrecht und in IAS 27.13 wird indes auf das Konzept des beherrschenden Einflusses abgestellt. Kleinere Konzerne sind

Securities and Exchange Commission (SEC) grundsätzlich vom Konzernabschluss befreit, wenn auf Konzernebene zwei der folgenden Größen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht überschritten werden: Bilanzsumme von 10 Mio. Franken, Umsatzerlöse von 20 Mio. Franken, 200 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Bei Gesellschaften mit börsennotiertem Beteiligungs- oder Fremdkapital ist stets ein Konzernabschluss zu erstellen, ebenso, wenn dies mindestens 10 % des Aktienkapitals einfordert (Minderheitenschutz). Der Konzernabschluss kann nach Obligationenrecht oder nach Swiss GAAP FER, IFRS oder US-GAAP erstellt werden. Die Konsolidierungs- und Bewertungsregeln sind im Anhang offenzulegen, besondere Prinzipien nennt das Aktienrecht indes nicht (OR 663g). Es finden sich auch keine Einschränkungen hinsichtlich der Wahl der Konsolidierungsmethoden, etwa bei der Währungsumrechnung oder bei der Kapitalkonsolidierung. Nach der geplanten Reform des Obligationenrechts werden die Vorschriften zur Konzernrechnungslegung unabhängig von der Rechtsform gelten, d.h. es sind auch Regelungen zum Minderheitenschutz für Vereine und Stiftungen zu erwarten. Lit.: Honsell, H./Vogt, N./Walter R. (Hrsg.): Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht: Obligationenrecht II, Art. 530-1186 OR, 3. Aufl., 2008; KPMG: Neuerungen im Gesellschaftsund Revisionsrecht 2007/08, 2007; Meier-Hayoz, A./Forstmoser, P.: Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., 2007; Meyer, C.: Konzernrechnung, Schriftenreihe der Treuhand-Kammer, Bd. 179, 2007; Schellenberg, A.C.: Rechnungswesen: Grundlagen, Zusammenhänge, Interpretationen, 4. Aufl., 2010, Schüle, K.: Unternehmensgrösse und Minderheiten als Schwellenwerte im Gesellschaftsrecht, in: Schweizer Treuhän-

der 2009, S. 245-252; Treuhand-Kammer: Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, 2. Aufl., 2009; von Büren, R./Stoffel, W./Weber, R.: Grundriss des Aktienrechts, 2. Aufl., 2007. Jochen Bigus SE = o Societas Europaea SEC = o Securities and Exchange Commission Securities and Exchange Commission (SEC) 1. Grundlagen Die SEC ist die zentrale Aufsichtsbehörde für das einzelstaatenübergreifende Wertpapier- und Börsenwesen in den o USA. Die SEC wurde als Reaktion auf den Börsenkrach von 1929 gegründet und ist als unabhängige Bundesbehörde lediglich dem US-amerikanischen Kongress unterstellt. Im Hauptsitz in Washington und den elf regionalen Geschäftsstellen beschäftigt die SEC ca. 3500 Mitarbeiter. Die Finanzierung der SEC erfolgt aus US-amerikanischen Haushaltsmitteln. 2. Aufgaben Die zentrale Aufgabe der SEC ist die Überwachung der Einhaltung der Registrierungs- und Offenlegungspflichten. Dazu ist sie mit weitreichenden exekutiven, judikativen und legislativen Kompetenzen ausgestattet. Exekutive Aufgaben: Die SEC entscheidet über die Registrierung von Wertpapieren. Zudem nimmt sie sämtliche Unternehmensberichte entgegen und prüft, ob die Informationen vollständig und ordnungsgemäß sind. Legislative Aufgaben: Die SEC kann im Rahmen der Konkretisierung, Auslegung und Ergänzung allgemeiner Gesetzesbestimmungen konkretisierende Verordnungen erlassen, welche im Grundsatz 699

Segmentberichterstattung die Emission und den Handel mit Wertpapieren betreffen. Zudem kann die SEC die Rechnungslegungspflicht für o kapitalmarktorientierte Unternehmen definieren. Diese Aufgabe hat die SEC jedoch an das o Financial Accounting Standards Board (FASB) übertragen. Judikative Aufgabe: Der SEC obliegen diverse Sanktionsinstrumentarien, mit denen die Einhaltung der Registrierungs-, Berichts- oder sonstigen Pflichten erzwungen oder entsprechende Verstöße geahndet werden können. Insbesondere kann die SEC Verwaltungsstrafen, wie z.B. der vorübergehende Ausschluss vom Börsenhandel, verhängen. 3. Verlautbarungen Nach abnehmenden Verpflichtungsgrad geordnet können die Verlautbarungen der SEC in rules and regulations, forms, releases und staff accounting bulletins untergliedert werden. Die rules sind dreistellig nummeriert und werden zu größeren Gruppen mit gleichem Regelungsgegenstand zusammengefasst, die wiederum als regulation bezeichnet werden. Für die unterschiedlichen Registrierungsberichte sowie die Jahres, Zwischen- und Ad-hoc-Berichte hat die SEC Formblätter (forms) erlassen. Diese Formblätter geben Reihenfolge und Inhalt der einzelnen Positionen verbindlich vor, um eine einheitliche und vergleichbare Berichterstattung zu gewährleisten. Der Jahresbericht an die SEC wird i.d.R. gem. Form 10 K angefertigt. Für ausländische Gesellschaften dient Form 20 F gleichzeitig als Registrierungs- und Jahresbericht. Für den vierteljährlichen Zwischenbericht ist regelmäßig Form 10 Q zu befolgen, Adhoc-Berichte sind nach Form 8 K anzufertigen. Als Mittel zur Kommunikation bzw. Ankündigung neuer oder geänderter rules oder forms oder zur Interpretation bestehender Regeln veröffentlicht die SEC Verlautbarungen (releases). Zudem werden o staff accounting bulletins herausgeben. Dabei handelt es sich um Mit700

teilungen informeller Art an den Mitarbeiterstab der SEC zu offenen Fragen bei der Auslegung der offiziellen Verlautbarungen. Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./ Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 62-67; Rappaport, L.: SEC Accounting Practice and Procedure, 3. Aufl., 1972; Skousen, F.: An Introduction to the SEC, 5. Aufl., 1991. Torben Rüthers Segmentberichterstattung 1. Überblick o Bilanz, o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sowie o Anhang stellen den Abschlussadressaten insbesondere bei diversifizierten Unternehmen nur sehr beschränkt Informationen über die Lage der einzelnen Geschäftsbereiche zur Verfügung. Diesen Mangel von konsolidierten Abschlüssen soll die S. ausgleichen, indem sie disaggregierte Informationen auf der Ebene einzelner Segmente bereitstellt und somit den Adressaten eine bessere Einschätzung der Risiken und Chancen der Geschäftsbereiche eines Unternehmens und damit des Gesamtunternehmens ermöglicht. Die S. kann grundsätzlich dem risk and reward approach oder dem management approach folgen. Bei ersterem erfolgt die Abgrenzung von Segmenten nach deren Chancen und Risiken und es werden nach vorgegebenen Regelungen ermittelte Segmentdaten präsentiert, die eine Vergleichbarkeit mit ähnlichen Segmenten anderer Unternehmen bzw. mit nichtdiversifizierten Unternehmen derselben Branche ermöglichen sollen. Der management approach hingegen soll die Segmente aus der Sicht der Unternehmensleitung darstellen und nimmt demnach deren Abgrenzung nach der internen Reporting-Struktur vor bzw. berichtet diejenigen Kennzahlen, die auch unternehmensintern zur Steuerung verwendet

Segmentberichterstattung werden. Sowohl IFRS 8 als auch SFAS 131 folgen konsequent dem management approach, während der DRS 3 Elemente beider Ansätze vereint. 2. Regelungen nach IFRS a) Anwendungsbereich. Die S. nach IFRS wird in IFRS 8 Geschäftssegmente geregelt, der den Vorgängerstandard IAS 14 ablöst und für nach dem 1. Januar 2009 beginnende Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden ist. Zur S. nach IFRS 8 sind Unternehmen verpflichtet, deren Wertpapiere öffentlich gehandelt werden oder die ihren Einzel- bzw. o Konzernabschluss einer Wertpapieraufsichtsbehörde oder einer anderen Regulierungsbehörde zwecks Emission von Wertpapieren an einem organisierten Markt vorlegen. Für Unternehmen, die in ihrem Geschäftsbericht zusätzlich zum Einzelabschluss einen konsolidierten Abschluss publizieren, ist eine Berichterstattung über die Geschäftssegmente nur im Rahmen des Konzernabschlusses erforderlich. b) Abgrenzung von Segmenten. Als Geschäftssegment wird jeder Unternehmensbestandteil verstanden, – der Geschäftstätigkeiten betreibt, mit denen Umsatzerlöse generiert werden und bei denen Aufwendungen anfallen können, – dessen Betriebsergebnisse zwecks Ressourcenallokation und Messung der Ertragskraft managementseitig regelmäßig überprüft werden, und – für den separate Finanzinformationen vorliegen. Eine Zusammenfassung zweier oder mehrerer Geschäftssegmente ist möglich, sofern die Segmente vergleichbare wirtschaftliche Merkmale aufweisen und hinsichtlich der Art der angebotenen Produkte und Dienstleistungen, der Produktionsprozesse, der Kunden, der Vertriebsmethoden sowie der regulatorischen Rahmenbedingungen vergleichbar sind.

c) Identifizierung berichtspflichtiger Segmente. Separat berichtspflichtig ist ein Geschäftssegment bzw. eine Zusammenfassung mehrerer Segmente nur dann, wenn einer der folgenden drei quantitativen Schwellenwerte überschritten wird: – die Umsatzerlöse des Geschäftssegments aus Transaktionen mit externen Kunden und anderen Segmenten betragen mindestens 10 % der gesamten internen und externen Umsätze aller Geschäftssegmente; – der absolute Betrag des ausgewiesenen Segmentergebnisses beträgt mindestens 10 % des höheren absoluten Betrags aus der Summe der o Gewinne aller Geschäftssegmente, die keinen Verlust ausweisen und der Summe der Verluste aller Geschäftssegmente, die einen Verlust erwirtschaften; oder – die o Vermögenswerte des Geschäftssegments betragen mindestens 10 % der kumulierten Vermögenswerte aller Geschäftssegmente. Machen die gesamten, in den nach den obigen Kriterien abgegrenzten und als berichtspflichtig identifizierten Geschäftssegmenten ausgewiesenen externen Umsatzerlöse weniger als 75 % der Umsatzerlöse des berichtenden Unternehmens aus, können weitere Geschäftssegmente unabhängig von den oben genannten Schwellenwerten als berichtspflichtige Segmente deklariert werden bis mindestens 75 % der Umsatzerlöse des Unternehmens auf berichtspflichtige Segmente entfallen. Informationen über andere Geschäftstätigkeiten sowie über nicht berichtspflichtige Geschäftssegmente werden in einer separaten Kategorie zusammengefasst, wobei über die Herkunft der Umsatzerlöse in diesem Sammelposten separat zu berichten ist. Um die ausgewiesenen Segmentinformationen im Falle einer hohen Zahl berichtspflichtiger Geschäftssegmente nicht 701

Segmentberichterstattung zu detailliert werden zu lassen, wird unverbindlich eine Zahl von zehn Geschäftssegmenten als Obergrenze vorgeschlagen, deren Überschreitung das berichtende Unternehmen zu einer entsprechenden Überprüfung veranlassen sollte. d) Segmentangaben. Um dem Grundprinzip der S. nach IFRS zu genügen, wonach ein Unternehmen Informationen anzugeben hat, anhand derer die Abschlussadressaten die Art und finanziellen Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeiten sowie seines wirtschaftlichen Umfelds beurteilen können, müssen für jedes berichtspflichtige Geschäftssegment Angaben in folgenden drei Kategorien erfolgen: – „Allgemeine Informationen“, insbesondere Faktoren, die zur Identifizierung der berichtspflichtigen Segmente des Unternehmens verwendet werden, die organisatorischen Grundlagen des Unternehmens sowie die Art von Produkten und Dienstleistungen, die die Grundlage der Umsatzerlöse jedes berichtspflichtigen Segments darstellen; – Informationen über das ausgewiesene Segmentergebnis, wobei bestimmte Ergebniskomponenten grundsätzlich separat anzugeben sind (z.B. interne und externe Umsatzerlöse, Zinserträge und -aufwendungen, planmäßige o Abschreibungen, Steueraufwand), sowie über die ausgewiesenen Vermögenswerte bzw. Schulden jedes Segments und die angewandten o Bewertungsprinzipien; – Überleitungsrechnungen von den Summen der Einzelpositionen (Umsatz, Ergebnis, Vermögenswerte, Schulden) auf die entsprechenden Beträge des Gesamtunternehmens, wobei Informationen über frühere Perioden im Falle eines Wechsels der internen Organisations- und Berichtsstruktur entsprechend anzupassen sind, es sei denn, die hierfür erforder702

lichen Informationen sind nicht verfügbar bzw. nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu beschaffen. Alle unter den Anwendungsbereich von IFRS 8 fallenden Unternehmen sind – auch wenn sie nur über ein berichtspflichtiges Segment verfügen – zudem zu folgenden produkt- und kundenbezogenen sowie geographischen Angaben auf Unternehmensebene verpflichtet: – Umsatzerlöse von externen Kunden für jedes Produkt und jede Dienstleistung bzw. für jede Gruppe vergleichbarer Produkte und Dienstleistungen, es sei denn, die erforderlichen Informationen sind nicht verfügbar bzw. nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ermittelbar; – Umsatzerlöse von externen Kunden, die dem Herkunftsland des Unternehmens und allen Drittländern, in denen das Unternehmen Erlöse erwirtschaftet, insgesamt bzw. bei Wesentlichkeit des jeweiligen Landes einzeln zugewiesen werden, wiederum unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit der erforderlichen Informationen bzw. ihrer Beschaffbarkeit mit vertretbarem Aufwand; – Betrag der langfristigen Vermögenswerte, die im Herkunftsland des Unternehmens und in allen bzw. – wiederum bei Wesentlichkeit – in einem Drittland gelegen sind; – Informationen über den Grad der Abhängigkeit des berichtenden Unternehmens von seinen wichtigen Kunden; im Einzelnen ist anzugeben, ob Umsatzerlöse mit einem einzigen externen Kunden 10 % der Umsatzerlöse des Gesamtunternehmens übersteigen, sowie der Gesamtbetrag der Umsätze mit jedem derartigen Kunden und deren Segmentzugehörigkeit. 3. Regelungen nach HGB und DRS Für deutsche nicht-kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, die ihren Kon-

Segmentberichterstattung zernabschluss weiterhin nach den Vorschriften des HGB erstellen, besteht gem. § 297 Abs. 1 Satz 2 HGB ein Wahlrecht zur Erweiterung des konsolidierten Abschlusses um eine S. In Ermangelung konkreter Vorschriften zur Ausgestaltung einer S. gemäß HGB wird hierbei auf DRS 3 des o Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) zurückgegriffen, der allerdings bereits 1999 in Anlehnung an den inzwischen aufgehobenen Vorgängerstandard IAS 14 sowie an SFAS 131 herausgegeben wurde und insofern nicht mehr dem „state of the art“ der internationalen S. entspricht. Im Gegensatz zu IFRS 8 und SFAS 131 orientiert sich DRS 3 nicht strikt am management approach, sondern stellt einen Mix unterschiedlicher Konzepte dar: Während die Segmentdefinition und -abgrenzung grundsätzlich dem management approach folgen, sind für die Ermittlung der Segmentangaben weitestgehend die Bewertungsmethoden heranzuziehen, die bei der Aufstellung des externen Abschlusses anzuwenden sind. Des Weiteren gilt, dass die im Segmentbericht nach DRS 3 ausgewiesenen Beträge vor segmentübergreifenden Konsolidierungsmaßnahmen zu ermitteln sind, allerdings innerhalb eines anzugebenden Segments grundsätzlich eine Kapital-, Schuldensowie Aufwands- und Ertragskonsolidierung vorgenommen werden soll. Schließlich schreibt DRS 3.22 vor, dass die segmentspezifischen Aktiva und Passiva sowie die Aufwendungen und Erträge miteinander korrespondieren müssen, weshalb Vermögensgegenstände und Schulden, die mehr als einem Segment zuzurechnen sind, nach einem sachgerechten Schlüssel aufzuteilen und die zugehörigen Erträge und Aufwendungen nach den gleichen Kriterien zuzuordnen sind. Im Hinblick auf die quantitativen Grenzen und die weiteren Kriterien, die eine Berichtspflicht bedingen oder ermöglichen, sowie bezüglich der einzeln

auszuweisenden Informationen stimmen DRS 3 und IFRS 8 weitestgehend überein. Neben der Möglichkeit, den konsolidierten Abschluss um einen Segmentbericht zu erweitern, bestehen nach deutschem Recht S.-spflichten im Anhang gemäß § 285 Nr. 4 für den Einzel- bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 3 HGB für den Konzernabschluss, allerdings nur im Hinblick auf Umsatzerlöse: Im Einzelnen wird eine Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen einerseits sowie nach geographisch bestimmten Märkten andererseits verlangt, soweit sich diese unter Berücksichtigung der Verkaufsorganisation unternehmenstypischer Sachgüter und Dienstleistungen erheblich voneinander unterscheiden. 4. Regelungen nach US GAAP Der SFAS 131 unterscheidet sich nur in sehr wenigen Detailfragen von IFRS 8. Beispielsweise hat bei einer Matrixstruktur die Abgrenzung von Geschäftssegmenten nach SFAS 131 auf der Grundlage der angebotenen Produkte und Dienstleistungen zu erfolgen, während in IFRS 8 keine spezielle Vorschrift existiert. Lit.: Baetge, J./Haenelt, T.: Kritische Würdigung der neu konzipierten Segmentberichterstattung nach IFRS 8 unter Berücksichtigung prüfungsrelevanter Aspekte, in: IRZ 2008, S. 43-49; Blase, S./Müller, S.: Empirische Analyse der vorzeitigen IFRS-8-Erstanwendung – Eine Analyse der Harmonisierung von interner und externer Segmentberichterstattung im Rahmen der vorzeitigen Umstellung auf IFRS 8 bei DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen, in: WPg 2009, S. 537-544; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 903-928; Fink, C./Ulbrich, P.: IFRS 8: Paradigmenwechsel in der Segmentberichterstattung, in: DB 2007, S. 981-985; 703

Sekundärabweichung Geiger, T.: Segmentberichterstattung nach dem Deutschen Rechnungslegungsstandard Nr. 3 des DRSC (DRS 3), in: StuB 2000, S. 772-779; Kajüter, P./Barth, D.: Segmentberichterstattung in diversifizierten Konzernen – Eine Fallstudie zur Anwendung der neuen Regelungen nach IFRS 8, in: KoR 2007, S. 110-116; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2008, Kapitel 29; Richter, F./Rogler, S.: Erstellung einer Segmentberichterstattung nach IFRS – Eine Fallstudie zur Anwendung von IFRS 8, in: KoR 2009, S. 74-83; Schöb, O.: Aufbau einer Segmentberichterstattung – Problemstellung und Lösungsansätze, in: IRZ 2009, S. 71-76. Jürgen Ernstberger/ Marcus Bieker Sekundärabweichung Abweichung, die auf zwei Abweichungsursachen gleichzeitig zurückzuführen ist, z.B. eine Kostenabweichung beim Materialverbrauch aufgrund einer gestiegenen Verbrauchsmenge und eines gestiegenen Einkaufspreises (o Abweichungsanalyse). Sekundäre Kosten o Kosten, sekundäre Sekundäre Kostenarten o Kostenarten Selbstkosten Gesamtheit der Kosten, die bei Erstellung und Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung anfallen (Summe der Herstell-, Vertriebs- und Verwaltungskosten). Die S. dienen insb. der Ermittlung von o Preisuntergrenzen und zur o Preiskalkulation. Sensitivitätsanalyse 1. Einführendes Beispiel Wenn eine Entscheidung mithilfe eines Modells getroffen werden soll, ist es häufig von Interesse zu erfahren, was passiert, wenn bestimmte Eingangsgrößen 704

eines Entscheidungsmodells nicht so eintreten, wie zur Zeit der Planung erwartet. Die Vorgehensweise der S. (sensitivity analysis) lässt sich am Fall einer Planung mit einer Gewinngleichung zeigen: G = (p – kv) ˜ x - KF Ein Einproduktbetrieb erwartet einen Absatzpreis (p) von 4 €/Stück und eine Absatzmenge (x) von 1.500 Stück, die variablen Kosten (kv) schätzt er mit 2 €/Stück und die Fixkosten (KF) mit 2.000 Euro. Sein erwarteter Gewinn (G) beträgt daher 1.000 Euro [= (4 – 2) ˜ 1.500 – 2.000]. Nun ist es nicht sicher, ob alle in das Modell fließenden Größen auch tatsächlich, wie angenommen, eintreten werden. Es ist beispielsweise unsicher, ob der Absatzpreis aufgrund zunehmenden Wettbewerbs nicht doch geringer sein wird. Daher wird gefragt, wie der Gewinn als abhängige Variable darauf reagiert, wenn der Absatzpreis als unabhängige Variable geringer ist als 4 €/Stück. Im Beispiel führt ein zehnprozentiger Preisrückgang zu einem Gewinneinbruch von 60 % [400 = (3,6 – 2) ˜1.500 – 2.000]. Der Gewinn reagiert also sehr sensibel (engl. sensitive) auf die Änderung des Absatzpreises: Einer zehnprozentigen Änderung einer Eingangsgröße steht eine sechzigprozentige Änderung der Zielgröße gegenüber. 2. Zwecke der Sensitivitätsanalyse Verallgemeinert man dieses einfache Beispiel, so zeigt sich, dass mithilfe von S. untersucht wird, wie empfindlich eine oder mehrere Zielgrößen eines Entscheidungsmodells auf Veränderungen von einer oder mehreren Eingangsgrößen reagieren. Zumeist wird jedoch wie im einführenden Beispiel nur eine Eingangsgröße (unabhängige Variable) variiert, alle anderen werden als unverändert angenommen (ceteris-paribus-Annahme) und somit lässt sich die Veränderung der Zielgröße Gewinn (abhängige Variable) ausschließlich auf die Veränderung des

Sensitivitätsanalyse Absatzpreises (unabhängige Variable) zurückführen. S. beantworten auch die Frage nach der notwendigen Veränderung einer Eingangsgröße, wenn ein bestimmter Wert der Zielgröße angestrebt wird. Im Beispiel lässt sich dies mit einer Elastizität (ε) bestimmen, welche die relative Veränderung der Zielgröße in Beziehung zur relativen Veränderung der Eingangsgröße setzt: § ¨¨ H ©

'G 'p y ;6 G p

 60% · ¸  10% ¸¹

Zur Beantwortung der Frage, wie hoch der Absatzpreis steigen muss, um eine Gewinnerhöhung von 120 Euro zu erhalten, wird die angestrebte Erhöhung von 12 % durch eine zweiprozentige Erhöhung des Absatzpreises erreicht (2 % = 12 % /6). Grundsätzlich ist es möglich, die ceterisparibus-Annahme aufzugeben und mehrere Eingangsgrößen zu variieren, um ihre kombinierte Wirkung auf die Zielgröße zu betrachten. Es müssen dann allerdings Kombinationen von Eingangsgrößen bestimmt werden. Bei mehr als zwei Größen, die variiert werden, sind die Kombinationen allerdings zunehmend unanschaulich. 3. Anwendungen der Sensitivitätsanalyse Wie das Eingangsbeispiel zeigt, wird zuerst ein Entscheidungsmodell erstellt, dann die optimale Lösung berechnet und in der Phase der Auswertung und Interpretation wird die S. zur systematischen Analyse herangezogen. S. lassen sich somit für viele Probleme verwenden, für deren Lösung Entscheidungsmodelle eingesetzt werden, wie z.B. Investitionsrechenverfahren, Break-even-Analysen und Planungsrechnungen zur operativen Programmoptimierung. So wird z.B. bei einer Investitionsentscheidung auf Basis des Kapitalwertverfahrens analysiert, wie sich der Kapitalwert der Investition

ändert, wenn die Absatzpreise von ihren prognostizierten Werten um einen bestimmten Betrag abweichen. In Breakeven-Analysen können Absatzpreise, variable Kosten je Stück und Fixkosten variiert werden, um die Veränderung der Gewinnschwelle zu analysieren. Ähnlich sind für die Frage nach dem gewinnoptimalen Produktionsprogramm, Variationen der variablen Kosten und der Stückerlöse auf die Deckungsbeitragsänderungen zu untersuchen. Da die meisten Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden, stellt sich das Problem, wie sie in Entscheidungsmodellen berücksichtigt wird. S. vereinfachen die Berücksichtigung der Unsicherheit insb. in zweifacher Hinsicht: Erstens werden für die S. keine Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Eingangsgrößen benötigt und zweitens muss für ihre Anwendung die Risikoeinstellung des Managements nicht erfasst werden. 4. Methoden der Sensitivitätsanalyse Es gibt zwei Methoden, die unterschiedliche Fragen zur Sensitivität von Zielgrößen in Entscheidungsmodellen beantworten. Mit der Bandbreitenmethode wird untersucht, wie sich die Zielgrößen verändern, wenn sich die Eingangsgrößen in einem vorgegebenen Intervall bewegen. Wenn hingegen ein bestimmter Zielwert angestrebt wird, dann ist mithilfe der Methode der kritischen Werte festzustellen, wie sehr die Eingangsgrößen variieren dürfen, ohne dass sich der vorgegebene Zielwert ändert. a) Die Bandbreitenmethode: Da die Intervalle der Eingangsgrößen sehr umfangreich sein können, wird häufig eine Vereinfachung vorgenommen. Es wird eine Bandbreite der Eingangsgrößen festgelegt, indem eine Untergrenze und eine Obergrenze bestimmt werden. Sie sind je nach Art der Eingangsgröße als pessimistische (worst case) und optimistische Schätzungen (best case) zu inter705

Sensitivitätsanalyse pretieren. Das Ergebnis der Bandbreitenmethode ist ein Intervall, in welchem sich die Zielgröße bewegen wird. Werden für das Beispiel die Kosten pessimistisch geschätzt, indem eine Kostenerhöhung der variablen Kosten von 10 % (worst case) angenommen wird, und erfolgt eine optimistische Schätzung dadurch, dass eine Kostensenkung von 5 % (best case) angenommen wird, so erhält man als Gewinnintervall 820 bis 1.270 Euro [820 = (4 – 2,2) ˜ 1.500 – 2.000; 1.270 = (4 – 1,9) ˜ 1.500 – 2.000]. Am Beispiel von Investitionsentscheidungen lässt sich auch eine zentrale Schwierigkeit dieser Methode aufzeigen. Sind für beide Schätzungen die Kapitalwerte positiv, kann die Investition durchgeführt werden (und im negativen Fall ist sie abzulehnen). Wenn bei der optimistischen Schätzung ein positiver Kapitalwert und bei der pessimistischen Schätzung ein negativer Kapitalwert berechnet wird, dann ist keine eindeutige Entscheidung möglich. Letztlich hängt die Entscheidung dann von der Risikoeinstellung des Managements ab. b) Mithilfe der Methode der kritischen Werte wird überprüft, ab welchem Wert einer Eingangsgröße eine Veränderung der Entscheidung vorzunehmen ist, weil ein vorgegebener Wert der Zielgröße nicht erreicht wird. Sie ist daher besonders geeignet zu zeigen, wie robust eine Entscheidung gegen die Änderung einzelner, als relevant angesehener Eingangsgrößen ist. Ein kritischer Wert der Eingangsgröße ist ein Grenzwert, bei dessen Über-/Unterschreiten die Entscheidung nicht mehr vorteilhaft ist. So darf im Eingangsbeispiel der Absatzpreis nicht unter 3 1/3 €/Stück fallen oder die variablen Kosten nicht über 2 2/3 €/Stück steigen, da sonst ein Verlust eintritt [0 = (3 1/3 – 2) ˜ 1.500 – 2.000; 0 = (4 – 2 2/3) ˜ 1.500 – 2.000]. Bei einem Investitionsprojekt erhöht man z.B. den Zinssatz solange, bis der Kapi706

talwert den Wert Null annimmt oder die Kapitalwerte zweier Investitionen den gleichen Wert annehmen. Im ersten Fall erkennt man, ab welchem Zinssatz die Investition nicht durchgeführt werden sollte, im zweiten Fall entscheidet man sich ab dem kritischen Wert für die andere Investitionsalternative. Als kritische Werte bei Entscheidungen über Investitionen werden neben dem betrachteten Zinssatz noch Absatzmengen, -preise, Investitionsauszahlungen, variable Betriebsauszahlungen und Amortisationsdauern betrachtet. 5. Sensitivitätsanalyse und lineare Planungsrechnungen Gegenstand von S. kann auch die optimale Lösung einer linearen Programmierung sein (postoptimale Rechnung). Prinzipiell lassen sich alle Eingangsgrößen eines linearen Modells untersuchen, von besonderem Interesse sind jedoch häufig die Koeffizienten der Zielfunktion und die Koeffizienten der rechten Seite der Restriktionen. So ist beispielsweise nach einer Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms von Interesse, wie weit der Absatzpreis eines Produktes aus dem Programm sinken kann, ohne dass sich das vorher bestimmte optimale Programm ändert. Für diese postoptimalen Analysen wird die Grundidee der Methode der kritischen Werte analog angewendet, indem Ober- und Untergrenzen für die Eingangsgrößen ermittelt werden, bei deren Über- oder Unterschreiten sich die optimale Lösung ändert. In der speziellen Form der parametrischen Programmierung wird untersucht, wie sich die Zielkoeffizienten oder die Koeffizienten der rechten Seite der Restriktion in Abhängigkeit von einem Parameter verändern und wie die optimalen Lösungen für einzelne Werte dieses Parameters aussehen. 6. Beurteilung der Sensitivitätsanalyse Ein großer Vorteil der S. ist ihre intuitive Verständlichkeit, die insbesondere dann

Sensitivitätsanalyse gegeben ist, wenn nur eine Eingangsgröße verändert wird. Ihre Verständlichkeit beruht zum Teil auf ihrer Einfachheit, die durch rigorose Vereinfachungen in ihrer Vorgehensweise erreicht wird. Die damit einhergehenden Grenzen der S. sollen insbesondere für die Frage der Berücksichtigung der Unsicherheit diskutiert werden. S. für eine Eingangsgröße zeigen, wie relevant die Unsicherheit einer einzelnen Größe in einem Entscheidungsmodell ist. Für den Fall der geringen Sensitivität aller wesentlichen Einflussgrößen wäre somit die Möglichkeit gegeben, Planungsrechnungen unter Sicherheit zu verwenden. Wenn jedoch eine hohe Sensitivität wie im Eingangsbeispiel hinsichtlich des Absatzpreises (p) festgestellt wird, legt dieser Fall die explizite Berücksichtigung der Unsicherheit nahe. Dies ist mit der S. nicht möglich, denn ihr Vorteil, auf Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Eingangsgrößen zu verzichten, führt dazu, dass die in die Analyse eingehenden Größen als quasi-sicher bezeichnet werden müssen: Sie werden vorher festgelegt und sind daher deterministisch. Am Beispiel des Kapitalwertverfahrens zeigt sich, dass nicht immer eindeutige Entscheidungen getroffen werden können, denn die S. stellt kein Entscheidungskriterium zur Verfügung. Letztlich wird nicht das gesamte Risiko der Situation erkannt, es werden nur einzelne Abweichungen aufgrund bestimmter Veränderungen der Eingangsgrößen gesehen. Es ist zwar prinzipiell möglich, die Auswirkungen von einigen oder sogar allen Eingangsgrößen zu berücksichtigen. Allerdings wird das Management mit einem prinzipiellen Dilemma konfrontiert: Entweder werden nur die Auswirkungen der einzelnen untersuchten Eingangsgrößen aufgelistet, was den Nachteil hat, dass kombinierte Wirkungen von Eingangsgrößen nicht erkannt werden, oder es

wird versucht, auch die kombinierten Wirkungen zu erfassen, was allerdings sehr unübersichtlich ist. Abschließend lässt sich konstatieren, dass die Einfachheit der S. und ihre Anschaulichkeit bei der Variation nur einer Eingangsgröße sicherlich zu ihrer Beliebtheit in der Praxis führt, dass es andererseits aber Situationen unter Unsicherheit gibt, für die es ratsam ist, dass die unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten der Eingangsgrößen ermittelt werden und dass die Risikoeinstellung des Managements in die Entscheidung explizit einfließt. Lit.: Breuer, W.: Investition II. Entscheidungen bei Risiko, 2001, S. 7-26; Dinkelbach, W.: Sensitivitätsanalysen und parametrische Programmierung, 1969; Franke, G./Hax, H.: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 6. Aufl., 2009, S. 253-262; Gal, T.: Betriebliche Entscheidungsprobleme, Sensitivitätsanalyse und parametrische Programmierung, 1973; Götze, U.: Investitionsrechnung. Modelle und Analysen zur Beurteilung von Investitionsvorhaben, 6. Aufl., 2008, S. 363-376; Hax, H.: Entscheidungsmodelle in der Unternehmung. Einführung in Operations Research, 1974; Kilger, W.: Kritische Werte in der Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung, in: ZfB 1965, S. 338-353; Müller-Merbach, H.: Operations Research. Methoden und Modelle der Optimalplanung, 3. Aufl., 1973, S. 149156; Rappaport, A.: Sensitivity analysis in decision making, in: TAR 1967, S. 441-456; Stepan, A./Fischer, E.O.: Betriebswirtschaftliche Optimierung. Einführung in die quantitative Betriebswirtschaftslehre, 8. Aufl., 2009, S. 155-179; Wallace, S.W.: Decision making under uncertainty: is sensitivity analysis of any use?, in: Operations Research 2000, S. 20-25. Rolf Brühl 707

Serienfertigung Serienfertigung Fertigungstyp, bei dem unterschiedliche Produktarten simultan oder sukzessive wiederholt hergestellt werden. Es wird zwischen Groß- und Kleinserienfertigung unterschieden. Service-Center o Cost-Center SFAC = o Statement of Financial Accounting Concepts SFAS = o Statement of Financial Accounting Standards Share deal Erwerb eines Unternehmens durch Übernahme der Kapitalanteile (insb. Aktien, GmbH-Anteile) des Unternehmens. Shareholder Value Added (SVA) Von Rappaport (1998) vorgeschlagene Kennzahl zur wertorientierten Performancebeurteilung von Geschäftseinheiten. Anders als beim o Economic Value Added erfolgt die Bewertung des betrieblichen Vermögens hierbei nicht mit dem (modifizierten) Buchwert. Stattdessen wird der Wert des Vermögens am Periodenende durch Kapitalisierung des in der Periode erzielten o EBIT mit dem Gesamtkapitalkostensatz (o WACC) bestimmt. Die dem SVA zugrunde liegende Gewinnermittlung kann als Annäherung an das ökonomische Gewinnkonzept (o Gewinn) verstanden werden. Kritisch zu sehen ist, dass sich Schwankungen des EBIT durch die Kapitalisierung verstärkt auf die Vermögensbewertung übertragen. Hierdurch wird der Informationsgehalt des SVA einzelner Perioden geschmälert und es eröffnen sich Manipulationsmöglichkeiten. Lit: Crasselt, N.: Rappaports Shareholder Value Added – Eine Alternative zum Economic Value Added?, in: FB 2001, S. 165-171; Rappaport, A.: Creating Share708

holder Value, 2. Aufl., 1998, S. 49ff., 119ff. Shareholder Value-Konzept 1. Ziel und Ursprung Das S. ist ein Ansatz zur strategischen Unternehmensführung, dessen Ziel die langfristige Steigerung des den Eigentümern zustehenden Unternehmenswerts, des sog. Shareholder Value, ist (o Unternehmensbewertung). Das von den Eigentümern eingesetzte Management hat Entscheidungen darauf zu überprüfen, ob diese zum Ziel der Shareholder ValueSteigerung beitragen und somit aus Sicht der Eigentümer lohnenswert sind. Grundsätzlich soll das Management nur solche Entscheidungen treffen, die den Shareholder Value steigern. Das S. geht im Wesentlichen auf Rappaport zurück, der die Wertsteigerung für die Eigentümer im Jahr 1981 als fundamentale Pflicht des Managements bezeichnete und somit die bis heute anhaltende Diskussion um die wertorientierte Führung von Unternehmen einleitete. Auslöser für die Entstehung des S. war die mangelnde Tauglichkeit der oftmals auf Jahresabschlussdaten beruhenden o Kennzahlen wie z.B. der o Rentabilität des Eigenkapitals für die Erfolgsbeurteilung. Die Verwendung dieser vergangenheitsorientierten und aufgrund bilanzieller Vorschriften verzerrten Kennzahlen kann zu Fehlentscheidungen und einer zu starken Kurzfristorientierung führen. Das S. soll an dieser Stelle ansetzen. 2. Bestimmung des Shareholder Value Der Shareholder Value ist der o Barwert der den Eigentümern zukünftig zustehenden relevanten Überschüsse. Somit entspricht der Shareholder Value bei vollkommenem o Kapitalmarkt dem Börsenwert. Als relevante Überschüsse werden die zukünftigen freien o Cashflows (Free Cash-Flows) angesehen, die sich aus zu schätzenden Einzahlungsüberschüssen abzüglich durchzuführen-

Sicherheitsäquivalent der Investitionen ergeben. Werden die Free Cash-Flows nach Abzug von o Fremdkapitalkosten ermittelt, ist als o Kalkulationszinsfuß der Eigenkapitalkostensatz zu wählen (o Kapitalkosten). In diesem Fall ergibt sich nach Diskontierung der Free Cash-Flows unmittelbar der Shareholder Value (Equity-Ansatz). Werden die Free Cash-Flows hingegen vor Abzug von Fremdkapitalkosten bestimmt, ist mit dem gewichteten Gesamtkapitalkostensatz (o Weighted Average Cost of Capital, WACC) abzuzinsen. Hier ergibt sich der Wert des gesamten Unternehmens, von dem der Marktwert des Fremdkapitals zu subtrahieren ist, um zum Shareholder Value zu gelangen (Entity-Ansatz). Eine Risikoberücksichtigung findet meist auf Basis des o Capital Asset Pricing Model (CAPM) im Kalkulationszinsfuß statt. 3. Beurteilung Dem S. liegen eine Reihe von problematischen Annahmen wie z.B. die strengen Kapitalmarktannahmen zugrunde. Dennoch stellt es ein praktisch anwendbares Konzept der strategischen Planung, Steuerung und Kontrolle dar, das die langfristige Unternehmenswertsteigerung für die Eigentümer in den Fokus der Unternehmensführung rückt. Die Durchführung obliegt dabei dem Management, das mitunter von den Interessen der Eigentümer abweichende Ziele wie die Maximierung der eigenen Vergütung verfolgen kann (o Principal-Agent-Theorie). Dies macht wertorientierte Vergütungsvereinbarungen erforderlich, die zwischen Management und Eigentümer vorliegende Interessendivergenzen abbauen und Anreize zur Wertsteigerung schaffen. Zur Messung des Erfolgs und als Basis für eine Vergütung werden in der Praxis oftmals Performancemaße wie der o Economic Value Added (EVA) oder der o Cash Value Added (CVA) verwendet, die langfristig mit dem S. korrespondieren, aber

auf Daten des Rechnungswesens basieren und somit einfacher zu berechnen sind. Kritiker des S. werfen diesem eine zu einseitige Ausrichtung auf die Interessen der Eigentümer vor und präferieren das sog. o Stakeholder Value-Konzept, das die Interessen weiterer Unternehmensbeteiligter wie Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden mit berücksichtigen soll. Anzumerken ist jedoch, dass die Ziele anderer Stakeholder oftmals vertraglich abgesichert sind und somit als zu erfüllende Nebenbedingungen auch im Shareholder Value-Konzept Berücksichtigung finden. Fraglich ist auch, ob trotz eines Ignorierens der Interessen anderer Stakeholder langfristig der Unternehmenswert überhaupt gesteigert werden kann. Lit.: Busse von Colbe, W.: Was ist und was bedeutet Shareholder Value aus betriebswirtschaftlicher Sicht?, in: ZGR 1997, S. 272-290; Hax, A.C./Majluf, N.S.: Strategisches Management, 1991; Pellens, B.: Editorial: Shareholder Value - Was ist nach dem Börsencrash davon geblieben?, in: DBW 2003, S. 1-4; Rappaport, A.: Selecting strategies that create shareholder value, in: HBR 3/1981, S. 139-149; Rappaport, A.: Creating Shareholder Value, 2. Aufl., 1998; Reimann, B.C.: Managing for Value: A Guide to Value-Based Strategic Management, 1989; Schmidt, R.: Das Shareholder Value-Konzept, in: Fritsch, U./Liener, G./Schmidt, R. (Hrsg.): Die deutsche Aktie – Festschrift zum vierzigjährigen Bestehen des deutschen Aktieninstituts e.V., 1993, S. 277-296; Wagenhofer, A./ Hrebicek, G. (Hrsg.): Wertorientiertes Management, 2000. Henric P. Fründ SIC = o Standing Interpretations Committee Sicherheitsäquivalent Mit Sicherheit eintretendes Ergebnis, das einer (unsicheren) Verteilung alternativ möglicher Ergebnisse äquivalent ist. 709

Sicherungsbeziehung Sicherungsbeziehung o Sicherungsbilanzierung Sicherungsbilanzierung 1. Einführung Eine zentrale Grundvoraussetzung in der Unternehmenssteuerung bildet das Management und Controlling finanzieller Risiken (o Risikomanagement). In Industrie- und Handelsunternehmen ist das Tragen finanzieller Risiken vielfach untersagt. Hauptrisikoeinflussfaktor finanzieller Risiken sind Marktrisiken. Sie beschreiben Verlustrisiken als Folge von Marktpreisänderungen. Während im Bankenbereich Zinsrisiken die Hauptquelle für Marktrisiken darstellen, begründen sich in der übrigen Industrie Marktrisiken vor allem aus Warenpreisänderungen (Rohwarenpreisrisiken) und Währungskursveränderungen (Devisenoder Währungsrisiken). Aktienkursrisiken spielen eine eher untergeordnete Rolle. Neben der Absicherung traditioneller Bilanzposten kennzeichnet das Risikomanagement von Industrie- und Handelsunternehmen zunehmend eine Reduzierung künftiger Marktrisiken noch nicht abgeschlossener Geschäfte (so genannte antizipative Sicherungsbeziehungen). Das Kreditrisiko, das im Zusammenhang mit Transaktionen entsteht, aus welchen sich Ansprüche gegenüber einem Kreditnehmer ergeben, unterteilt sich in das Ausfallrisiko, das Länderrisiko und das Abwicklungsrisiko. Auch in Industrieund Handelsunternehmen kommt dem Kreditrisiko eine gravierende Bedeutung zu. Gleichwohl erfolgt dort i.d.R. keine aktive Risikosteuerung. 2. Rechnungslegung nach IFRS a) Rechtsgrundlagen. Die Bilanzierung finanzieller Risiken basiert nach IFRS auf zwei Standards, IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung sowie IAS 21 Auswirkungen von Wech710

selkursänderungen. Nach IAS 39 unterliegen alle Derivate der gleichen Bilanzierungsregel. Wertänderungen haben die o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zu durchlaufen. b) Fremdwährungsbilanzierung nach IAS 21. Die Bilanzierung eines Währungsgrundgeschäftes richtet sich nach IAS 21 (o Währungsumrechnung). Geschäftsvorfälle in fremden Währungen sind nach IAS 21.21 zum Kassakurs in die funktionale Währung umzurechnen. Dabei beschreibt die funktionale Währung nach IAS 21.9 die Währung des Wirtschaftsraums, in dem ein Unternehmen primär tätig ist. Für die Folgebewertung sind monetäre und nicht-monetäre Fremdwährungsposten zu unterscheiden. Wesentliches Merkmal monetärer Posten ist nach IAS 21.16, dass i.d.R. ein Recht auf Erhalt (oder Verpflichtung zur Bezahlung) einer festen oder bestimmbaren Anzahl von Währungseinheiten gegeben ist. Monetäre Posten sind aufgrund von IAS 21.23(a) stets mit dem Kassakurs des Bilanzstichtags umzurechnen. Bei nicht-monetären Posten richtet sich die Folgebilanzierung nach der grundsätzlichen Bilanzierung des auszuweisenden Postens. Währungsschwankungen von monetären Posten, die durch Umrechnung zum Stichtagskurs entstehen, sind erfolgswirksam zu behandeln. Hierdurch kann es zum Ausweis unrealisierter Verluste wie auch unrealisierter Gewinne kommen, selbst bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Eine erfolgswirksame Verrechnung von Währungsunterschieden hat ebenfalls zu erfolgen, wenn sich eine nicht-monetäre Bilanzposition in einer effektiven buchhalterischen Sicherungsposition befindet und das Währungsrisiko abgesichert wird. Sollte demgegenüber von einer Fremdwährungsposition lediglich das Zinsrisiko gesichert werden, richtet sich die Umrechnung des Währungseffektes nach den allgemeinen Regeln von

Sicherungsbilanzierung IAS 21. In diesem Fall wäre lediglich die zinsinduzierte Fair-Value-Änderung des Grundgeschäftes erfolgswirksam zu erfassen. Wegen der unterschiedlichen Bilanzierungsfolgen zum einen in Abhängigkeit davon, ob es sich um monetäre oder nicht-monetäre Posten handelt, zum anderen bei den nicht-monetären Posten in Abhängigkeit der Folgebewertung der Grundposition entsprechend der zugrunde liegenden Standards zu fortgeführten Anschaffungskosten oder nach der erfolgsneutralen versus der erfolgswirksamen Neubewertungsmethode, gestaltet es sich als schwierig, das Risikomanagement zur Absicherung von Währungsrisiken bilanziell den ökonomischen Gegebenheiten entsprechend abzubilden. c) Voraussetzungen und Arten von Hedge Accounting nach IAS 39. Die Steuerung von Zinsrisiken erfolgt üblicherweise durch den Einsatz von Derivaten. Aufgrund der unterschiedlichen Bilanzierung von Derivaten und abgesicherten Grundgeschäften nach IAS 39 kommt es in der GuV zu Volatilitäten (o Finanzinstrumente), ausgelöst mithin durch die Verpflichtung, Derivate zum o Fair Value zu bilanzieren und die Fair-Value-Änderungen in die GuV aufzunehmen. Gerade, weil die meisten Derivate in der Praxis der Absicherung dienen, wurde dies als unsachgemäß empfunden. Die Bilanzierenden begehrten Regelungen, die es ihnen ermöglichen sollten, Sicherungsbeziehungen auch als S. wirksam werden zu lassen. Einer kompletten Fair-Value-Bilanzierung, wie es der Steuerung der Treasury entspricht, wollten die Bilanzierenden (bislang zumindest) nicht zustimmen. Insofern kann nicht verwundern, dass die Regelungen von IAS 39 zur S. mit dem modernen Risikomanagement nicht kompatibel sind. Im Vordergrund steht nämlich weniger die Übertragung der ökonomischen Sicherungsbeziehungen in die Außendar-

stellung in Form einer S. als die Vermeidung von Volatilitäten der GuV. An die S. werden zahlreiche kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft, insb. hinsichtlich der Dokumentation und der Effektivität. Zunächst ist die Annahme einer hoch effektiven Sicherungsbeziehung für den Zeitpunkt des Abschlusses der Sicherung und über die gesamte Laufzeit nachzuweisen. Die Effektivität ist mindestens an jedem Berichtsstichtag, i.d.R. wegen der Veröffentlichung von Quartalsberichten vierteljährlich, nach IAS 39.88(e) i.V.m. IAS 39.AG106AG108 retrospektiv und rechnerisch zu ermitteln. Eine Sicherungsbeziehung wird während der Laufzeit nach IAS 39.AG105 als hoch effektiv eingestuft, wenn sich Fair-Value-Änderungen der abgesicherten Position und FairValue-Änderungen des Sicherungsinstrumentes in einer Bandbreite von 80125 % ausgleichen. Vom Standard wird keine bestimmte Methode zur Beurteilung der Hedge-Effektivität vorgeschrieben. In bilanzieller Hinsicht werden faktisch nur Mikro-Hedge-Beziehungen zugelassen. Die Steuerung von Zins- und Währungsrisiken, wie von anderen Preisrisiken, erfolgt demgegenüber in der Praxis auf der Grundlage einer PortfolioBetrachtung von aktiven und passiven Positionen, bei welchen nur der Saldo durch (ein oder mehrere) HedgeGeschäfte abgesichert wird. Hedge Accounting weicht mithin regelbedingt vom praktizierten Hedging im Risikomanagement ab. Hedge Accounting wird prinzipiell nur für zwei Arten, formal für drei Arten, von Hedge-Beziehungen gestattet. So enthält der Standard Regelungen zum Fair Value Hedge, zum Cash Flow Hedge sowie zum Hedge zur Absicherung von Währungsrisiken einer Nettoinvestition in ein Auslandsgeschäft, der allerdings wiederum als Cash Flow 711

Sicherungsbilanzierung Hedge abzubilden ist. Im Rahmen der Fair-Value-Hedge-Regelungen gestattet der Standard auf der Grundlage des Fair Value Hedges sogar einen Portfolio Hedge, allerdings nur für Zinsrisiken. Fair Value Hedge und Cash Flow Hedge unterscheiden sich nach der Sicherungsabsicht. Beim Fair Value Hedge wird ein identifiziertes Marktrisiko abgesichert, während der Cash Flow Hedge eine Absicherung von zukünftigen, der Höhe nach unsicheren Zahlungsströmen intendiert. d) Fair Value Hedge Accounting. Ein Fair Value Hedge umfasst nach IAS 39.89 die Absicherung des Fair Values eines erfassten o Vermögenswerts, einer o Verbindlichkeit oder eines genau bezeichneten Teils eines solchen Vermögenswerts oder einer solchen Verbindlichkeit, der einem bestimmten Risiko zugeordnet werden kann und Auswirkungen auf das ausgewiesene Ergebnis haben wird. Auf diese Weise können etwa festverzinsliche Kredite oder aufgenommene, festverzinsliche Verbindlichkeiten gegen Marktwertänderungen, die sich aus der Veränderung der Zinsen ergeben, abgesichert werden. Zusätzlich dient der Fair Value Hedge gemäß IAS 39.86(a) der Absicherung von festen Verpflichtungen. Wird indes das Fremdwährungsrisiko einer festen Verpflichtung gesichert, besteht ein Wahlrecht zwischen der Anwendung eines Fair Value Hedges und eines Cash Flow Hedges. Die Buchungen bei einem Fair Value Hedge verändern lediglich das Grundgeschäft. Das Derivat wird unverändert mit seinen Fair-Value-Änderungen in der GuV gezeigt. Haben sich jedoch bei dem Grundgeschäft Wertänderungen ergeben, die auf das abgesicherte Risiko zurückgeführt werden können (bei Sicherung mittels eines Swaps also zinsinduzierte FairValue-Änderungen), wird dieser Teil der Wertänderung sowohl am Grundgeschäft erfasst als auch in die GuV gebucht. Die 712

restliche Fair-Value-Änderung bleibt entweder unberücksichtigt – wenn das Grundgeschäft nämlich (ansonsten) zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert wird, also etwa bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen – oder sie spielt sich in der Neubewertungsreserve ab – wenn das Grundgeschäft zwar zu Fair Values in der Bilanz angesetzt wird, die Fair-Value-Änderungen aber zunächst erfolgsneutral „geparkt“ werden, also etwa bei Schuldverschreibungen, die der Kategorie „Available-for-Sale Financial Instruments“ zugeordnet wurden. Separates Hedge Accounting für bestehende Fremdwährungsforderungen ist nicht erforderlich, da sowohl das Derivat (i.d.R. das Devisentermingeschäft) als auch die Fremdwährungsforderung (wegen der Umrechnung der monetären Position zum Stichtagskurs) ohnehin in der GuV einander gegenüberstehen. Dies gilt allerdings nicht für erwartete Forderungen oder Umsätze. Ihnen mangelt es an einer gebuchten Bilanzposition, die zu bewerten wäre. Die S. solcher antizipativer Geschäfte kann nur über einen Cash Flow Hedge gelingen. e) Cash Flow Hedge Accounting. Bei einem Cash Flow Hedge geht es nach IAS 39.95 um die Absicherung des Risikos von Schwankungen der Zahlungsströme. Dabei kann das Risiko, das der S. zugeführt werden soll, einem bestimmten, mit dem Vermögenswert oder der Verbindlichkeit verbundenen Risiko oder dem mit einer vorhergesehenen Transaktion verbundenen Risiko zugeordnet werden. Insofern dient der Cash Flow Hedge der Absicherung von unsicherheitsbehafteten künftigen Zahlungsströmen. Im Gegensatz zum Fair Value Hedge setzt der Cash Flow Hedge buchhalterisch nicht auf dem Grundgeschäft auf. Einige der abzusichernden unsicherheitsbehafteten zukünftigen Zahlungsströme zeigen sich auch gar nicht in einem

Sicherungsbilanzierung Grundgeschäft (etwa zukünftige zu zahlende Provisionen in Fremdwährung). Stattdessen wird die Neutralität der GuV durch Buchungsvorgänge am Sicherungsinstrument erreicht. Die effektiven Teile der Fair-Value-Änderungen des Derivats werden aus der GuV herausgenommen und in der Neubewertungsreserve des Eigenkapitals so lange „geparkt“, bis sich die Zahlungsströme der gesicherten Position (mithin des Grundgeschäftes oder der zukünftigen Transaktion) in der GuV (in der Zukunft) zeigen. Die effektive Fair-Value-Änderung des Derivats wird in eine künftige GuV transformiert. f) Sonstiges und Ausblick. Die Regelungen des Fair Value Hedge sowie des Cash Flow Hedge basieren auf dem Gedanken einer Mikro-Beziehung. Gerade hieran entzündete sich heftige Kritik aus dem Bankensektor. Die wertkompensierende Wirkung von ökonomischen Nettopositionen spiegelt sich in der GuV nicht erfolgsneutral wider. Allenfalls bei Zuordnung von Finanzinstrumenten zur Fair-Value-Option kann ein natürlicher Ausgleich gelingen, ohne Verpflichtung zur Einhaltung der restriktiven Anforderungen des Hedge Accounting. Auf die Kritik reagierte der Standardsetter mit der Einführung des Portfolio Hedges für Zinsrisiken. Da die zugestandenen Regelungen sehr komplex sind und auch nur bei der Absicherung von Zinsrisiken genutzt werden dürfen, ergibt sich für Industrie- und Handelsunternehmen keine tiefer gehende praktische Beschäftigung mit den Anforderungen. In der Folge der Finanzmarktkrise, die Mitte des Jahres 2007 ihren Anfang nahm, wurde der politische Druck auf das o International Accounting Standards Board (IASB), insb. durch die EU, die Regelungen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten zu modifizieren, verstärkt. Hinsichtlich der S. ist eine Entscheidung über die neuen Regelungen

noch nicht getroffen. Es wird allerdings erwartet, dass insb. die Anforderungen an die Effektivitätsmessung gelockert werden. Im Gespräch ist eine Anknüpfung an Kennzahlen, etwa einer Hedge Ratio. Die genaue Ausgestaltung der Regelungen steht noch aus. 3. Rechnungslegung nach HGB a) Rechtsgrundlagen. Der deutsche Gesetzgeber hat durch das o Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) mit § 254 HGB erstmals eine gesetzliche Norm zur S. geschaffen. Mit Einführung dieser Vorschrift zur Bilanzierung von Bewertungseinheiten wurde vom Mitgliedstaatenwahlrecht nach Artikel 2 Abs. 5 Satz 3 der Vierten EU-Richtlinie (78/660/EWG vom 25.07.1978) Gebrauch gemacht, wonach für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften Ausnahmeregelungen von den allgemeinen o Bewertungsprinzipien festgelegt werden dürfen, sofern dies der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage dienlich ist. Die Vorschrift wurde vom deutschen Gesetzgeber allerdings in den allgemeinen Teil der Bilanzierungsvorschriften aufgenommen und ist daher von allen Kaufleuten unabhängig von ihrer Rechtsform, Größe und Branchenzuordnung zu beachten. Als Bewertungseinheit wird in § 254 S. 1 HGB die für handelsbilanzielle Zwecke vorgenommene Zusammenfassung von o Vermögensgegenständen, Schulden, schwebenden Geschäften oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen (Grundgeschäfte) mit derivativen oder originären Finanzinstrumenten (Sicherungsinstrumente) zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken bezeichnet. Das IDW hat einen Entwurf zur Interpretation von § 254 HGB herausgebracht – 713

Sicherungsbilanzierung IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Handelsrechtliche Bilanzierung von Bewertungseinheiten (IDW ERS HFA 35). b) Pflicht oder Wahlrecht? Nach IDW ERS HFA 35 Tz. 12 sind (zutreffend) zwei Ebenen zu unterscheiden. Auf der ersten Ebene wird seitens des Unternehmens im Risikomanagement die Entscheidung getroffen, ob ein bestimmtes Risiko abgesichert werden soll (ökonomische Sicherungsbeziehung). IDW ERS HFA 35 Tz. 12 unterscheidet davon die Abbildung in der Rechnungslegung durch Bildung einer Bewertungseinheit i.S.d. § 254 HGB auf der zweiten Ebene (S.). Dort ist zu hinterfragen, ob für eine im Risikomanagement eingegangene Sicherungsbeziehung bei der Bilanzierung zur Bildung einer Bewertungseinheit ein Wahlrecht oder eine Pflicht besteht (o Bilanzierungswahlrechte). Unter Bezugnahme auf die Platzierung innerhalb der Bewertungsvorschriften kommt IDW ERS HFA 35 Tz. 12 zu einem Wahlrecht. Das Wahlrecht dürfe auch bei gleichartigen Sachverhalten jeweils unterschiedlich ausgeübt werden. Risikomanagement und Bilanzierung könnten demnach auseinanderlaufen, obwohl die Vorschrift eigentlich eine weitestgehend vollständige Abbildung des tatsächlich praktizierten Risikomanagements gestatten würde. Es fehle insoweit jedoch an einer expliziten Nennung im Gesetzeswortlaut, wonach eine Zusammenfassung in der Risikosteuerung gemeint sei, die es abzubilden gelte. Der Sinn und Zweck der Bilanzierung als Abbildung der Realität (vorliegend also einer ökonomisch eingegangenen Sicherungsbeziehung) sowie die Begründung für die Implementierung von § 254 HGB mit Verweis auf das Mitgliedstaatenwahlrecht, bestimmte Vorschriften zur Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage als 714

Ausnahmen von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zuzulassen, hätte wohl auch eine Auslegung als Pflicht zur Nachvollziehung ökonomisch gebildeter Sicherungsbeziehungen in Form einer S. zugelassen. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber aus den allgemeinen Bewertungsvorschriften zahlreiche Wahlrechte zur Unterbewertung gestrichen hat, ist zumindest schwer verständlich, weshalb es ihm gerade in dieser Vorschrift darum gehen sollte, ein verstecktes, eigenständig nutzbares Wahlrecht zu implementieren. Zusätzlich erstaunt, dass bei einem gewollten Wahlrecht nicht einer der Begriffe „können“, „dürfen“ oder wenigstens „sollen“ verwendet wurde, wie es ansonsten üblich ist. Insofern könnte der Wortlaut von § 254 HGB ebenfalls dahingehend verstanden werden, eine Bewertungseinheit verpflichtend bilanziell nachzuvollziehen, wenn – im Risikomanagement – Vermögensgegenstände oder andere Grundgeschäfte mit Derivaten oder anderen Sicherungsinstrumenten zusammengefasst wurden (Bilanzierungspflicht). Nach IDW ERS HFA 35 Tz. 14 folgt aus dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) und dem Willkürverbot (§ 243 Abs. 1 HGB) immerhin, dass der Bilanzierende bei unveränderter Sachverhaltslage an die Entscheidung zur handelsbilanziellen (Nicht-) Zusammenfassung im Zeitablauf gebunden bleibt. c) Arten von Bewertungseinheiten und absicherbare Risiken. Aufgrund von § 254 HGB ist die Bildung aller Arten von Bewertungseinheiten (Mikro-, Makro- und Portfolio-Bewertungseinheiten) zulässig, sofern eine eindeutige Zuordnung von Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten dokumentiert wird. § 254 HGB bezieht sich ausschließlich auf die Absicherung finanzieller Risiken. Der Gesetzeswortlaut unterscheidet in Übereinstimmung mit IAS 39 Wert- und

Sicherungsbilanzierung Zahlungsstromänderungsrisiken (FairValue-Risiken und Cash-Flow-Risiken). Nach IDW ERS HFA 35 Tz. 25 ist die Bildung einer Bewertungseinheit nur bei der Absicherung eindeutig ermittelbarer Einzelrisiken zulässig. Dies könnte z.B. ein Zins, Währungs-, Ausfall- oder Preisänderungsrisiko sein. Dabei kann sich die Absicherung etwa auf den risikolosen Zins, aber auch auf den ganzen oder teilweisen Risikoaufschlag (Spread) beziehen. Das Zins-, das Aktienkurs- oder das Währungsrisiko darf vollständig oder unter- bzw. oberhalb einer bestimmten Grenze abgesichert werden (vgl. hierzu IDW ERS HFA 35 Tz. 27). Sollen mehrere Grundgeschäfte gleichzeitig abgesichert werden, also etwa mehrere verzinsliche Wertpapiere oder Aktien, ist über IDW HFA 35 Tz. 26 eine hochgradige Homogenität der in einem Portfolio zusammengefassten Risiken notwendig. Darüber hinaus ist es über IDW ERS HFA 35 Tz. 32 zulässig, eine Bewertungseinheit zu bilden, wenn die Sicherungsbeziehung von vornherein nur für eine bestimmte Laufzeit von Grundgeschäft und/oder Sicherungsinstrument hergestellt wurde. d) Grundgeschäfte. Als Grundgeschäfte kommen nach § 254 HGB Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen in Betracht. Neben Grundgeschäften finanzieller Art (wozu Geldleistungsforderungen und Geldleistungsverbindlichkeiten, aber auch Wertpapiere gehören) dürfen auch Grundgeschäfte nicht finanzieller Art (z.B. Rohstoffe, halbfertige und fertige Erzeugnisse, Edelmetalle, landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Sachanlagen) in eine Bewertungseinheit einbezogen werden. Anders als nach IAS 39 dürfen auch Derivate als Grundgeschäfte dienen. Zusätzlich lässt § 254 HGB expressis verbis die Einbeziehung von mit hoher

Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen in eine Bewertungseinheit zu (antizipative S.). Die Klarstellung ist insofern zu begrüßen, als die Zulässigkeit im Schrifttum nicht völlig unumstritten war. Der tatsächliche Abschluss der Rechtsgeschäfte hat bei antizipativen Sicherungsbeziehungen jedoch so gut wie sicher zu sein (vgl. IDW ERS HFA 35 Tz. 31). e) Sicherungsinstrumente. Als Sicherungsinstrumente sind in einer Bewertungseinheit nach § 254 Satz 1 HGB ausschließlich Finanzinstrumente zulässig. Allerdings gelten durch ausdrückliche Nennung in § 254 Satz 2 HGB auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren als Finanzinstrumente zur Bildung von Bewertungseinheiten. Schwebende Wareneinund -verkaufsgeschäfte dürfen demzufolge als Sicherungsinstrumente in eine Bewertungseinheit einbezogen werden, obwohl diese selbst keine Finanzinstrumente sind. Die als Sicherungsinstrumente vorgesehenen Finanzinstrumente haben zur Absicherung gegen das spezifizierte Risiko des Grundgeschäfts geeignet zu sein. f) Dokumentation. Eine Dokumentation gehört nach der Gesetzesbegründung nicht zu den Tatbestandsmerkmalen für die Zulässigkeit der Bildung von Bewertungseinheiten. Dies könnte als Hinweis verstanden werden, dass durch ein bewusstes Unterlassen einer Dokumentation die bilanzielle Bildung einer Bewertungseinheit nicht verhindert werden kann (was für eine Pflicht zur Bildung einer Bewertungseinheit entsprechend der Risikosteuerung sprechen würde). IDW ERS HFA 35 geht hierauf indes nicht ein. Insgesamt kann auf eine Dokumentation dennoch nicht verzichtet werden. In die Dokumentation ist die Zusammenfassung des Grundgeschäfts und des Sicherungsinstruments aufzunehmen. Zu715

Sicherungsbilanzierung sätzlich hat die Dokumentation der Sicherungsbeziehung sowohl die wesentlichen Vertragsdaten des Grundgeschäftes als auch des Sicherungsinstrumentes zu enthalten. Darüber hinaus hat die Dokumentation nach IDW ERS HFA 35 Tz. 41) vor allem die Art des abzusichernden Risikos anzugeben sowie die Ziele (einschließlich des geplanten Sicherungszeitraums) und Strategie(n) des Bilanzierenden bezüglich der Absicherung des Risikos zu beschreiben, die getrennte Bestandsführung von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument nachzuweisen, Angaben zur prospektiven Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung zu enthalten, sowie die Methode(n) der prospektiven Beurteilung der Wirksamkeit und die Methode(n) zur rechnerischen Ermittlung des Betrags der retrospektiven Effektivität, bezogen auf das abgesicherte Risiko, zu erläutern. g) Wirksamkeit (Effektivität). Die Wirksamkeit einer Sicherungsbeziehung bezeichnet den Umfang, in dem sich die verlässlich gemessenen gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme in Bezug auf das abgesicherte Risiko in gleicher Höhe gegenüberstehen (vgl. IDW ERS HFA 35 Tz. 46) (Risikokompensation). Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Kompensation von Aufwendungen und Erträgen nach § 254 HGB nur in dem Umfang und für den Zeitraum zulässig, in dem sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme – hinsichtlich des abgesicherten Risikos – tatsächlich ausgleichen, und in diesem engen Sinne die Sicherungsbeziehung wirksam ist. IDW ERS HFA 35 Tz. 4 stellt zutreffend fest, dass bei Bildung einer Bewertungseinheit das Grundgeschäft und das Sicherungsinstrument in der Weise miteinander verknüpft werden, als bestünde ein einheitliches neues Bewertungsobjekt. Auf die bilanzielle Erfassung unrealisierter Verluste, die aus den abge716

sicherten Risiken resultieren, wird (nur) insoweit verzichtet, als ihnen unrealisierte Gewinne in gleicher Höhe gegenüberstehen. Für den Zeitpunkt der Bildung einer Bewertungseinheit und zumindest für jeden nachfolgenden Abschlussstichtag ist nach IDW ERS HFA 35 Tz. 48 zu beurteilen und zu dokumentieren, ob sich gegenläufige Wertänderungen oder Zahlungsströme im Rahmen der Sicherungsbeziehung voraussichtlich in Zukunft ausgleichen werden (prospektive Beurteilung der Wirksamkeit) und der Betrag der bisherigen Unwirksamkeit für die Berichtsperiode rechnerisch zu ermitteln (retrospektive rechnerische Ermittlung der Wirksamkeit). Für die retrospektive Ermittlung der Wirksamkeit hat die herangezogene Methode mithin den Betrag der Unwirksamkeit festzustellen. Der erreichte unwirksame Teil von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument unterliegt als Saldogröße einer imparitätischen Einzelbewertung. Ergibt sich aus der Verrechnung (Kompensation) der Wertänderungen von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument, die sich auf das abgesicherte Risiko beziehen, ein Verlustüberhang, ist dieser als Rückstellung für Bewertungseinheiten erfolgswirksam zu erfassen. Dies gilt völlig unabhängig davon, ob der Verlust aus dem Grundgeschäft oder dem Sicherungsinstrument resultiert, weil die Bewertungseinheit als neues Bewertungsobjekt anzusehen ist. Die Rückstellung selbst gibt den Betrag an, der als Verlust aus gebildeten Bewertungseinheiten (noch) droht und ist damit aus sich heraus interpretierbar. h) Nicht abgesicherte Risiken. Sowohl beim Grundgeschäft als auch beim Sicherungsinstrument ist zwischen der vollständigen Änderung des (beizulegenden) Zeitwerts und der Änderung des (beizulegenden) Zeitwerts auf Basis des abgesicherten Risikos zu unterscheiden, was der Betrachtungsweise nach IAS 39 ent-

Sicherungsbilanzierung spricht. Der Bestimmung des abzusichernden Risikos kommt mithin ganz entscheidende Bedeutung zu. Entsprechendes gilt bei der Absicherung von Zahlungsstromänderungsrisiken. Die nicht in die Bewertungseinheit einbezogenen Wertkomponenten sind stets einer gesonderten Analyse zu unterziehen. Es handelt sich um nicht abgesicherte Risiken. Eine Saldierung eines (positiven) Betrags der bisherigen Unwirksamkeit aus dem abgesicherten Risiko mit dem Betrag der Zeitwertänderung aufgrund der nicht abgesicherten Risiken ist unzulässig. Wertänderungen aufgrund der nicht abgesicherten Risiken sind unter Beachtung des Grundsatzes der Einzelbewertung nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften (z.B. nach dem strengen oder gemilderten Niederstwertprinzip oder nach dem Höchstwertprinzip) zu behandeln. i) Einfrierungsmethode (Festbewertung) vs. Durchbuchungsmethode. Nach § 254 Satz 1 HGB sind die §§ 249 Abs. 1, 252 Abs. 1 Nr. 3, 4, 253 Abs. 1 Satz 1 und 256a HGB in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden, in dem sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme ausgleichen. IDW ERS HFA 35 Tz. sieht grundsätzlich zwei Methoden als zulässig an, nach welchen der wirksame Teil einer Bewertungseinheit bilanziell abgebildet werden könne, die so genannte Einfrierungsmethode (Festbewertung) sowie die sog. Durchbuchungsmethode. Die Einfrierungsmethode (Festbewertung) ist dadurch gekennzeichnet, dass die sich ausgleichenden Wertänderungen aus dem abgesicherten Risiko nicht bilanziert werden. Die Ermittlung des negativen Überhangs erfolgt in einer Nebenbuchführung, gebucht wird lediglich die Rückstellung für Bewertungseinheiten. Die alternative Methode wird als Durchbuchungsmethode bezeichnet. Hier würden die sich ausgleichenden Wertände-

rungen aus dem abgesicherten Risiko sowohl des Grundgeschäfts als auch des Sicherungsinstruments bilanziert. Nach IDW ERS HFA 35 Tz. 74 ist klar, dass die Anwendung der Durchbuchungsmethode in den Fällen unzulässig ist, in welchen sie gegen § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB verstößt. Die bilanzielle Abbildung von antizipativen Bewertungseinheiten ist entsprechend IDW ERS HFA 35 Tz. 74 nur nach der Einfrierungsmethode (Festbewertung) zulässig, da andernfalls handelsrechtlich nicht vorgesehene Abgrenzungsposten zu erfassen wären. Umgekehrt ist nach IDW ERS HFA 35 Tz. 75 die Anwendung der Einfrierungsmethode (Festbewertung) unzulässig, wenn die Bewertung des abgesicherten Postens zum Zeitwert durch spezielle Regelungen vorgegeben ist. Dazu gehört die Passivierung von Rückstellungen für wertpapiergebundene Versorgungszusagen i.S.d. § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB. Bei Anwendung der Durchbuchungsmethode entsteht ein Konflikt mit fundamentalen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, etwa dem Prinzip der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte. Wird z.B. der positive Marktwert eines Derivats gebucht, gibt es hierfür im Gliederungsschema von § 266 HGB keine Zeilenangabe. Es handelt sich weder um einen Vermögensgegenstand im bilanzrechtlichen Sinne noch um einen Rechnungsabgrenzungsposten. Die Methode entspricht nicht der bisherigen Bilanzierungspraxis. Sie dürfte in einer Vielzahl von Fällen abzulehnen sein. j) Auflösung einer S. Eine Bewertungseinheit darf laut IDW ERS HFA 35 Tz. 45 nur aufgelöst werden bei einem Wegfall des Grundgeschäfts und/oder des Sicherungsinstruments bzw. bei Ausfall oder akut drohendem Ausfall eines Kontrahenten, bei Ablauf des in der Dokumentation ex ante definierten Sicherungszeitraums oder, sofern die prospektive Beurteilung der Wirksamkeit ergibt, 717

Sicherungsinstrument dass von einer wirksamen Sicherungsbeziehung in der Zukunft nicht mehr ausgegangen werden kann oder, falls sich der Betrag der bisherigen Unwirksamkeit zum Abschlussstichtag nicht mehr verlässlich rechnerisch ermitteln lässt. Lit.: Ernst & Young LLP (Hrsg.): International GAAP 2010, Vol. 1 and 2, 2010; Gebhardt, G./Mansch, H. (Hrsg.): Risikomanagement und Risikocontrolling in Industrie- und Handelsunternehmen, ZfbF-Sonderh. 46/2001; Kopatschek, M./Struffert, R./Wolfgarten, W.: Bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten nach BilMoG, Teil 1 und 2, in: KoR 2010, S. 272-279, 328-352; KPMG IFRG Ltd. (Hrsg.): Insights into IFRS, 6. Aufl., 2009; Löw, E.: Verlustfreie Bewertung antizipativer Sicherungsgeschäfte nach HGB, in: WPg 2004, S. 1109-1123; Löw, E./Lorenz, K.: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten, in: Löw, E. (Hrsg.), Rechnungslegung für Banken nach IFRS, 2. Aufl., 2005, S. 415-604; Löw, E.: Risikomanagement, Risikocontrolling und IFRS, in: Wagenhofer, A. (Hrsg.), Controlling und IFRS-Rechnungslegung, 2006, S. 169-201; Löw, E./Scharpf, P./Weigel, W.: Auswirkungen des Regierungsentwurfs zur Modernisierung des Bilanzrechts auf die Bilanzierung von Finanzinstrumenten, in: WPg 2008, S. 1011-1020; PWC (Hrsg.): Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtmodernisierungsgesetz, Kommentar, 2009, Kapitel H; Scharpf, P.: § 254 HGB, in: Küting, K./Pfitzer, N./Weber, C.-P.: HWR, Einzelabschluss, 5. Ergänzungslieferung, 2010; Scharpf, P./Schaber, M./Löw, E./Treitz, C./Wiegel, W./Goldschmidt, P.: Bilanzierung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands bei Kreditinstituten – Erläuterung von IDW RS BFA 2, Teil 1 und 2, in: WPg 2010, S. 439-453, 501-506. Edgar Löw Sicherungsinstrument o Sicherungsbilanzierung 718

Sicherungsinvestition o Investition zur Sicherung der Beschaffungs- und Absatzmärkte sowie des Fertigungsprozesses. Signalling-Ansätze 1. Grundlagen Zustandekommen und Abwicklung von ökonomischen Austauschprozessen werden in vielen Fällen durch eine ungleiche Informationsverteilung zwischen den Vertragspartnern erschwert. So ist meist der Verkäufer eines Gutes besser über die Qualität des von ihm angebotenen Gutes informiert als die potentiellen Käufer, der Kreditnehmer kann im allgemeinen die Wahrscheinlichkeit des Insolvenzeintritts besser prognostizieren als der Gläubiger, und eine Unternehmensleitung kann die Ertragslage der von ihr geführten Unternehmung besser beurteilen als außenstehende Unternehmensbeteiligte. In allen geschilderten Fällen muss der schlechter Informierte damit rechnen, dass der besser informierte Vertragspartner seinen überlegenen Informationsstand zu dessen eigenem Vorteil auf Kosten des anderen nutzt. Vertragsbeziehungen kommen daher bei Vorliegen einer asymmetrischen Informationsverteilung nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zustande, sofern der schlechter Informierte seinen Informationsnachteil und die damit verbundenen Gefahren erkennt. Scheidet eine Übermittlung objektiv nachprüfbarer Informationen zur Überwindung der Informationsasymmetrie aus, so ist eine Informationsübermittlung mit dem Problem behaftet, dass der schlechter Informierte befürchten muss, bewusst irreführend informiert zu werden. Die Glaubwürdigkeit von Informationen ist nur dann gewährleistet, wenn der besser Informierte einen Anreiz hat, korrekt zu informieren. Die Bedingungen, unter denen eine anreizkompatible Informationsübermittlung möglich ist,

Signalling-Ansätze werden im Rahmen der SignallingTheorie herausgearbeitet. Im Allgemeinen ist es für den besser Informierten vorteilhaft, eine hohe Qualität – d.h. gute Eigenschaften des Produkts, geringe Insolvenzwahrscheinlichkeit oder günstige Ertragsaussichten – zu behaupten. In diesen Fällen kommt es vor allem darauf an, diejenigen mit schlechter Qualität davon abzuhalten, die Signalling-Entscheidungen derjenigen mit besserer Qualität nachzuahmen. Daher reicht eine bloße Mitteilung über die Qualität, ohne dass daran finanzielle Konsequenzen geknüpft sind, nicht aus, um Anreizkompatibilität zu gewährleisten. Stattdessen müssen mit dem Signalisieren Erträge und Kosten verbunden sein, wobei die Kosten des Signalisierens einer hohen Qualität umso höher sein müssen, je niedriger die tatsächliche Qualität ist. Nur dann kann sichergestellt werden, dass kein Anreiz besteht, die SignallingEntscheidungen derjenigen mit besserer Qualität nachzuahmen. Eine anreizkompatible Informationsübertragung ist gegeben, wenn der besser Informierte das für ihn optimale Signal wählt und wenn die schlechter Informierten aufgrund der Beobachtung des Signals korrekt auf die private Information des besser Informierten schließen können. 2. Anwendung auf die Rechnungslegung Für die Theorie der externen Rechnungslegung können Signalling-Ansätze im Rahmen der Diskussion um eine Entobjektivierung der Bilanz nutzbar gemacht werden. Da die externe Rechnungslegung u.a. auch zur Erfolgskontrolle der Unternehmensleitung dient, liegt es nahe, nur objektiv überprüfbare Bilanzansätze zuzulassen. Verblieben der Unternehmensleitung dagegen große Bewertungsspielräume, so ist zu befürchten, dass die Unternehmensleitung diese Spielräume dazu nutzt, sich der Kontrolle zu entziehen, indem sie stets ein günstiges Bild ihrer Tätigkeit vortäuscht. Ob-

jektiv nachprüfbare Bilanzwerte sind allerdings nur bedingt für eine Erfolgskontrolle geeignet. So wird der Gesamterfolg einer Maßnahme, die auch in künftigen Perioden Überschüsse erbringt, im Jahresabschluss nicht bereits schon im Jahr der Durchführung dieser Maßnahme ausgewiesen, sondern erst nach Realisation der Überschüsse. Durch dieses zeitliche Auseinanderfallen von Erfolgsverursachung und Erfolgsausweis wird die Möglichkeit, die Tätigkeit der Unternehmensleitung zu kontrollieren, erheblich eingeschränkt. Der Zusammenhang zwischen Erfolgsverursachung und Erfolgsausweis bliebe dagegen gewahrt, wenn durch eine am Prinzip des o ökonomischen Gewinns orientierte Rechnungslegung der Barwert aller künftigen Überschüsse im Jahr der Durchführung einer Maßnahme ausgewiesen werden würde. Dies allerdings impliziert die Verwendung von Prognosewerten, d.h. eine Zulassung extremer Bewertungsfreiheiten. Dies kann in Kauf genommen werden, wenn der Unternehmensleitung finanzielle Anreize gesetzt werden, die sowohl von dem zunächst ausgewiesenen als auch von dem dann später realisierten Erfolg abhängen. Die finanziellen Anreize müssen dabei derart ausgestaltet werden, dass es für die Unternehmensleitung stets optimal ist, entsprechend ihren Erwartungen korrekt zu informieren. Daneben muss ein solches Anreizsystem auch sicherstellen, dass die Unternehmensleitung sich um die Durchführung erfolgreicher Projekte bemüht. Die Anreizkompatibilität kann gewährleistet werden, wenn die Entlohnung der Unternehmensleitung teilweise erfolgsabhängig ist, wobei der erfolgsabhängige Anteil an der Entlohnung zunimmt, wenn hohe Erträge ausgewiesen werden. In der Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung liegen zugleich auch die Kosten des Signalisierens, denn eine erfolgsabhängige Entlohnung bedeutet für die Unternehmenslei719

Simultane Investitions- und Finanzierungsplanung tung zugleich auch die Übernahme von Risiken. Dazu wird die Unternehmensleitung um so eher bereit sein, je höher ihre Ertragserwartungen sind. Somit kann durch eine in Abhängigkeit vom ausgewiesenen Erfolg steigende Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung prinzipiell erreicht werden, dass die Unternehmensleitung ihre Einschätzungen über künftige Überschüsse korrekt anzeigt.

diert werden. Die S. hat gegenüber der Kettenkonsolidierung den Vorteil, dass

Die Vorteilhaftigkeit eines entobjektivierten Jahresabschlusses ist bislang nur unter restriktiven Voraussetzungen nachgewiesen worden, inwieweit diese Vorteilhaftigkeit auch unter realen Bedingungen Bestand hat, ist kaum abschätzbar.

Anders als bei der Kettenkonsolidierung entsteht bei der S. aber nicht mehr auf jeder Zwischenstufe ein o Teilkonzernabschluss, der zur internen Steuerung herangezogen werden kann.

Lit.: Dye, R.A.: Communication and Post-Decision Information, in: JAR 1981, S. 524-533; Hartle, J.: Möglichkeiten der Entobjektivierung der Bilanz – eine ökonomische Analyse, 1984; Hartmann-Wendels, T.: Rechnungslegung der Unternehmen und Kapitalmarkt aus informationsökonomischer Sicht, 1991; Riley, J.G.: Informational Equilibrium, in: Econometrica 1979, S. 331-360; Spence, A.M.: Market Signaling: Informational Transfer in Hiring and Related Processes, 1974. Thomas Hartmann-Wendels Simultane Investitions- und Finanzierungsplanung o Investitions- und Finanzierungsplanung, simultane Simultane Investitions- und Produktionsplanung o Investitions- und Produktionsplanung, simultane Simultankonsolidierung Verfahren für die o Kapitalkonsolidierung, bei dem im Gegensatz zur o Kettenkonsolidierung alle Konzernunternehmen gleichzeitig mit Hilfe eines simultanen Gleichungssystems konsoli720

- alle denkbaren Verflechtungsformen konsolidiert werden können, - auch gegenseitige Beteiligungen berücksichtigt werden und - die Rechenverfahren schematisierbar und so für EDV-Anlagen programmierbar sind.

Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 309f. Single Statement Approach = o One-Statement Approach Skontrationsrechnung o Werkstoffkosten Small and medium-sized entity (SME) o IFRS für SME SME = o Small and medium-sized entity Societas Europaea (SE) Europäische o Aktiengesellschaft, die im Rahmen der Bestrebungen um eine Harmonisierung des europäischen Gesellschaftsrechts eingeführt wurde. Das Mindestkapital dieser o Kapitalgesellschaft beträgt 120.000 Euro, der Sitz der Gesellschaft muss in einem Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums liegen. Die rechtliche Einführung in Deutschland fand durch das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft vom 22.12.2004 statt. Software o Vermögenswerte, immaterielle Solldeckungsbeitrag Dient der o Preiskalkulation; Zuschlag pro Produkteinheit zur anteiligen Deckung der Fix- oder Gemeinkosten sowie

Solvenztest für einen anteiligen Gewinn (o Deckungsbeitragsrechnung). Soll-Ist-Vergleich Vergleich einer Ist- mit einer Soll-Größe. Die Soll-Größe kann aus Planungsdaten (z.B. vom o Beschäftigungsgrad abhängige o Sollkosten) oder normativ aus einer Zielsetzung (z.B. kalkulatorische o Zinsen als mindestens zu erreichender Soll-Gewinn) abgeleitet werden. Die Ergebnisse eines S. können Anlass für eine Veränderung der Unternehmensplanung sein (o Abweichungsanalyse). Sollkonto Im System der doppelten Buchführung (o Buchführung, kaufmännische) verwendete Bezeichnung für das im Soll, also bei einer Darstellung in Form von T-Konten auf der linken Seite, gebuchte Konto. Dem S. steht im Buchungssatz die Buchung auf einem o Habenkonto gegenüber. Sollkosten In der flexiblen o Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis diejenigen o Kosten, die in Abhängigkeit vom o Beschäftigungsgrad erwartet werden. Sollzinssatz = Aufnahmezinssatz o Zins Sollzinssatzmethode Verfahren zur Beurteilung von Investitionen. Der kritische Sollzinssatz ist definiert als derjenige Zinssatz, bei dem sich ein Vermögensendwert von Null ergibt. Nach der S. ist eine Investition dann vorteilhaft, wenn der kritische Sollzinssatz größer oder gleich dem von der Unternehmung geforderten Sollzinssatz ist. In der Literatur sind Spezialfälle der S. mit spezifischen Annahmen über die Finanzierung von Ausgabenüberschüssen und die Verwendung von Einnahmenüberschüssen behandelt worden (z.B. Berechnung des o Baldwin-Zins, Methode der o vollständigen Finanzpläne).

Solvenztest 1. Einführung Seit über zehn Jahren wird in Europa über eine grundlegende Reform der EUKapitalrichtlinie (Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13.12.1976) kontrovers diskutiert. Sie kodifiziert für o Aktiengesellschaften europaweit ein System des Gläubigerschutzes durch bilanzielle Kapitalerhaltung, das neben der Aufbringung eines Mindestkapitals vielfältige Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsregeln vorsieht. Dividendenausschüttungen dürfen beispielsweise nur erfolgen, wenn die Gesellschaft den in der EU-Kapitalrichtlinie geregelten Bilanztest auf Basis ihres Einzelabschlusses erfüllt. Danach müssen im Anschluss an die Ausschüttung das o gezeichnete Kapital und die ausschüttungsgesperrten Rücklagen erhalten bleiben. Die Grundlage für den Bilanztest bilden grundsätzlich Rechnungslegungsvorschriften, die mit der EU-Bilanzrichtlinie (Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25.07.1978) im Einklang stehen (z.B. HGB in Deutschland). Seit der IAS-Verordnung im Jahr 2002 haben die EU-Mitgliedstaaten alternativ die Möglichkeit, IFRS-Einzelabschlüsse für Ausschüttungszwecke vorzuschreiben bzw. zu gestatten, wovon rund zwei Drittel der EU-Staaten Gebrauch machen. In Deutschland ist ausschließlich der HGBEinzelabschluss die Grundlage für Ausschüttungen. Gegen das bestehende Kapitalsystem wird eingewandt, es sei kompliziert, zeitaufwendig und kostenintensiv und erschwere folglich Unternehmensgründungen und Kapitalbeschaffungen. Zudem wird seine gläubigerschützende Wirkung bezweifelt. Dazu gehören die ausschließliche Zugrundelegung des Einzelabschlusses zur Ausschüttungsbemessung im Konzern sowie die Verwendung von informationsorientierten Rechnungslegungssystemen (z.B. o IFRS) beim Bi721

Solvenztest lanztest. Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Kritik und der zunehmenden Verbreitung der IFRS-Rechnungslegung in Europa haben verschiedene europäische Arbeitsgruppen Alternativkonzepte entwickelt. Den zentralen Baustein dieser Vorschläge stellt ein zukunfts- und liquiditätsorientierter S. dar, der beispielsweise in den o USA als Kapitalschutzinstrument seit langem weit verbreitet ist. Zusätzlich zum Gläubigerschutz durch Information auf Basis der Informationsfunktion des o Jahresabschlusses (Funktionen) wird in einem S. ein flankierender Schutzmechanismus gesehen. Der S. wird insbesondere als ein Instrument diskutiert, das es erlauben würde, IFRS-Abschlüsse als Ausschüttungsbasis heranzuziehen. 2. Solvenzbegriff und Zielsetzung des Solvenztests Eine einheitliche Definition des Begriffs S. existiert nicht. Zu unterscheiden sind im Wesentlichen zwei Varianten, deren Bezeichnungen im US-amerikanischen Schrifttum weit verbreitet sind und auf die historischen Wurzeln im Richterrecht Englands hindeuten: bankruptcy insolvency test und equity insolvency test. Die englischen common law courts wandten in Insolvenzverfahren den so genannten bankruptcy insolvency test an. Danach ist eine Gesellschaft insolvent, wenn ihre Schulden die Vermögenswerte übersteigen. Für die Fälle, in denen common law-Rechtsbehelfe unzureichend waren, entstand zusätzlich zur Rechtsprechung durch die common lawGerichte ein System von equityRechtsprechung und -Rechtsmitteln. Die Ursprünge der equity gehen zurück auf das Billigkeitsrecht der englischen Krone. Wer sich aufgrund der Formstrenge der Klagearten des common law im Stich gelassen fühlte, konnte sich an den König als „Quelle aller Gerechtigkeit und Gnade“ wenden (equity leitet sich von lat. „aequitas“ – Gleichheit ab). Später wurde 722

diese Funktion vom König delegiert, und es entstanden die so genannten equity courts. Sie gingen von der Insolvenz eines Unternehmens aus, wenn es nicht in der Lage war, seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu tilgen. In Anspielung auf diese Gerichte wird das Testverfahren als equity insolvency test bezeichnet. Die beiden Insolvenzdefinitionen, die denen der deutschen Insolvenzordnung (InsO) ähneln (Zahlungsunfähigkeit bzw. drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung, §§ 17-19 InsO), unterscheiden sich grundlegend. Der bankruptcy insolvency test analysiert, ob die Gesellschaft überschuldet ist und stellt hierfür auf Bilanzdaten ab. Aus diesem Grund wird dieses Testverfahren auch als balance sheet test bezeichnet. Im Gegensatz dazu geht der equity insolvency test der Frage nach, ob die Gesellschaft illiquide wird und zieht hierfür grundsätzlich Plan-Cashflow-Rechnungen heran. Im Mittelpunkt der Reformdiskussion in Europa steht der zahlungsgrößenorientierte S. im Sinne des equity insolvency test. Mit seiner Zukunfts- und CashflowOrientierung zeichnet sich der S. grundsätzlich durch eine besondere Praxisausrichtung aus: Die Unternehmen lassen sich traditionell bei Finanzierungs- und Ausschüttungsentscheidungen nicht nur von (tendenziell vergangenheitsorientierten) Bilanzdaten leiten, sondern z.B. auch von der Marktkapitalisierung und der Einschätzung zukünftiger Cashflows. Auch Gläubiger, Lieferanten, Arbeitnehmer etc. sind insbesondere daran interessiert, dass ihre Forderungen bei Fälligkeit durch das Unternehmen beglichen werden. Der S. kann somit einen Schutzmechanismus darstellen, der zu einer Balance von Unternehmensinteressen (z.B. Flexibilität in der Ausschüttungspolitik) und den Interessen der Stakeholder (z.B. Schutz der Gläubiger vor übermäßigen Ausschüttungen) führt. Darüber hinaus kann der S. einen Siche-

Solvenztest rungsmechanismus zur Abfederung der tendenziell stärkeren Schwankungsanfälligkeit informationsorientierter Rechnungslegungsysteme (z.B. o US-GAAP, IFRS), ausgelöst durch deren stärker ausgeprägte o Fair-Value-Bilanzierung, darstellen. 3. Solvenztests in Rechtssystemen

außereuropäischen

a) Gesetzliche Anforderungen. S. sind im außereuropäischen Rechtsraum weit verbreitet. Sie stellen beispielsweise in Australien, Kanada und Neuseeland ein (Kern-)Element der gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsrestriktionen dar. In den USA, in denen das Gesellschaftsrecht in den Kompetenzbereich der Einzelstaaten fällt, sind S. in allen Bundesstaaten entweder im jeweiligen Gesellschaftsrecht kodifiziert oder aufgrund von Gerichtsurteilen (case law) zwingend zu beachten. Bei bestimmten Unterschieden im Detail, weisen die gesetzlichen Vorschriften zum S. in den genannten Ländern starke Parallelen in den Grundzügen auf. Der S. ist knapp und in nahezu identischer Weise kodifiziert. In § 6.40(c)(1) des Model Business Corporation Act (MBCA), einem Modellgesetz, dessen Ausschüttungsregeln von rund 80 % der Staaten der USA in das Kapitalgesellschaftsrecht übernommen wurden, heißt es beispielsweise: „No distribution may be made if, after giving it effect, the corporation would not be able to pay its debts as they become due in the usual course of business.“ Eine Ausschüttung kann also nur erfolgen, wenn die Gesellschaft auch im Anschluss daran ihre im gewöhnlichen Geschäftsverlauf fällig werdenden Verbindlichkeiten begleichen kann. Fraglich ist in den betrachteten außereuropäischen Rechtssystemen, unter welchen Voraussetzungen der S. als erfüllt gilt. Der Gesetzeswortlaut ist unbestimmt. Weder in den Gesetzen selbst, noch in der Kommentarliteratur oder in

der Rechtsprechung sind allgemeingültige konkrete Handlungsanweisungen zur Durchführung des S. formuliert. In den meisten Fällen wird von der Solvenz auszugehen sein, wenn das Unternehmen in regelmäßigen Abständen von o Wirtschaftsprüfern geprüfte Bilanzen vorlegt, der jüngste Bestätigungsvermerk die Prämisse der Unternehmensfortführung (going concern) nicht in Frage stellt und es seitdem zu keinen wirtschaftlich ungünstigen Ereignissen gekommen ist. Eine Besonderheit besteht im Gesellschaftsrecht Kaliforniens, das im Konzernverbund die Anwendung des S. auf Konzernebene vorschreibt. Nach der herrschenden Meinung im USSchrifttum muss das Management die zukünftige finanzielle Lage der Gesellschaft genauer analysieren, wenn Indikatoren für Liquiditätsprobleme vorliegen. Soll eine Dividende trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten ausgeschüttet werden, wird es für die Unternehmensleitung zur Vermeidung eines Haftungsfalls ratsam sein, eine detaillierte Cashflow-Rechnung für einen angemessenen Zeitraum durchzuführen. In Neuseeland muss das Management die Beachtung des S. bei der Festlegung der Ausschüttungsentscheidung in einer Solvenzbescheinigung schriftlich bestätigen. Welchen Zeitraum eine ggf. zu erstellende Cashflow-Analyse umfassen sollte, ist nicht vorgegeben. Die gesetzliche Ausgestaltung des S. lässt dem Management somit weitgehende Ermessensspielräume, so dass unternehmensindividuell ausgestaltete Planungsrechnungen aus dem internen Rechnungswesen auch für Zwecke des gesellschaftsrechtlichen S. herangezogen werden können. Zu beachten ist aber, dass in außereuropäischen Rechtssystemen weitere Elemente des Kapitalschutzes existieren, die zumindest indirekt den Handlungsspielraum der Unternehmensleitung begrenzen. Dazu zählen Sanktionsmechanismen wie persönliche Haf723

Solvenztest tung bei Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen, insolvenzrechtliche Vorschriften, zwingend zu beachtende Gerichtsentscheidungen und privatvertragliche Absprachen z.B. in Form von sog. covenants.

externe Bewertungsgutachten einzuholen. Mangels konkreter gesetzlicher Vorgaben können die Unternehmen dabei unternehmensindividuelle Kalkulationsmethoden auch für den gesetzlichen S. heranziehen.

b) Ausgestaltung in der Unternehmenspraxis. Erfahrungen mit S. als Instrument der Ausschüttungsrestriktion existieren in außereuropäischen Staaten teilweise seit Jahrzehnten. Befragungen von hochrangigen Vertretern börsennotierter Unternehmen in Australien, Neuseeland, Kanada und in den USA deuten darauf hin, dass die gesetzlichen Vorgaben zum S. mit einer gleichförmigen Herangehensweise umgesetzt werden. Die Unternehmenspraxis greift bei der Festlegung der Ausschüttungshöhe bei guter wirtschaftlicher Lage der Gesellschaften aus Vereinfachungsgründen vielfach auf den von Wirtschaftsprüfern testierten o Konzernabschluss zurück. Weist der jüngste Konzernabschluss sowohl eine hohe o Eigenkapitalquote als auch einen hohen Bestand an liquiden Mitteln auf, wird auf weitergehende Analysen – zusätzlich zu den Prognoserechnungen und Soll-Ist-Abweichungsanalysen des internen Rechnungswesens – im Hinblick auf die Erfüllung gesetzlicher Anforderungen zumeist verzichtet. Gleichwohl führen die befragten Unternehmen teilweise mehrjährige CashflowPrognosen durch, um sicherzustellen, dass eine dem Kapitalmarkt kommunizierte Dividendenpolitik auf Dauer durchzuhalten ist.

4. Ansätze von Solvenztests im deutschen und europäischen Rechtssystem

Nach Einschätzung der Befragten verursacht die Erfüllung des gesetzlichen S. allerdings in den Fällen größeren Aufwand, in denen sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens verschlechtert hat, eine Ausschüttung aber dennoch erfolgen soll. Um im Nachhinein eine persönliche Haftung auszuschließen, seien z.B. detaillierte Berechnungen durchzuführen und zu dokumentieren sowie ggf. 724

S. als eine Form des gesetzlichen Kapitalschutzes existieren in Europa bislang nicht. Sollte der im Juni 2008 veröffentlichte Vorschlag einer EU-Verordnung über das Statut einer Europäischen Privatgesellschaft (EPG, offiziell „Societas Privata Europaea“, SPE) umgesetzt werden, gelangte dieses international weit verbreitete Instrument des Kapitalschutzes erstmals in europäisches Gesellschaftsrecht. Der Statutsentwurf sieht vor, dass eine SPE bereits mit einem Kapital in Höhe von einem Euro gegründet werden kann, wenn die Geschäftsleitung vor jeder Ausschüttung in einer Solvenzbescheinigung die Durchführung eines S. schriftlich bestätigt; beträgt das Stammkapital mindestens 8.000 Euro, ist der S. fakultativ. Nach diesem S. wäre eine Ausschüttung nur dann möglich, wenn die SPE ihre im normalen Geschäftsverlauf fällig werdenden Verbindlichkeiten innerhalb eines Jahres nach der Ausschüttung begleichen kann. In Deutschland ist die Einführung eines S. im Rahmen des Referentenentwurfs zum o BilMoG im Jahr 2007 diskutiert und verworfen worden. Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) sind im Jahr 2008 das GmbHund das Aktiengesetz ergänzt worden, wonach die Geschäftsführer einer GmbH bzw. die Vorstände einer Aktiengesellschaft keine Zahlungen an die Gesellschafter bzw. Aktionäre leisten dürfen, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten (§ 64 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 3 AktG). Zahlungsunfähigkeit stellt darüber hinaus

Solvenztest den allgemeinen Eröffnungsgrund des Insolvenzverfahrens dar (§ 17 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann nach § 18 InsO auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Gesetzliche Vorgaben, wie (drohende) Zahlungsunfähigkeit festzustellen ist, existieren nicht. Im Fachschrifttum wird die Bestimmung anhand von Finanzplänen mit einem Prognosezeitraum von bis zu drei Jahren diskutiert, welche die in dem Zeitraum verfügbaren liquiden Mittel den innerhalb desselben Zeitraums fällig werdenden Verbindlichkeiten gegenüberstellen. Zudem existieren auch in Europa vielfältige Ansätze von S. Große oder kapitalmarktorientierte Unternehmen haben in der Regel eine Finanzabteilung (Treasury), die unter anderem mit zukunfts- und liquiditätsorientierten Finanzplänen nach unternehmensinternen Vorgaben den Bedarf an Zahlungsmitteln bestimmt und die jederzeitige Zahlungsfähigkeit sicherstellt. Cashflow-Prognoserechnungen kommen zudem regelmäßig im Rahmen der Bilanzerstellung zur Anwendung (z.B. bei der Durchführung von Werthaltigkeitstests und der Bestimmung des Nutzungswerts nach IAS 36). Darüber hinaus existieren in der Unternehmenspraxis vielfältige weitere Instrumente der Solvenzeinschätzung, die z.B. im Rahmen von Kreditwürdigkeitsanalysen, Ratingverfahren, o Unternehmensbewertungen und Going-Concern-Prüfungen zur Anwendung kommen. LitLit.: Black, B.: Corporate Dividends and Stock Repurchases, 2010; Blumenwitz, D.: Einführung in das anglo-amerikanische Recht, 7. Aufl., 2003; Fuchs, M./Stibi, B.: Solvenztests als Grundlage der Ausschüttungsbemessung – Anforderungen und betriebswirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten, in: BB 2007, Special 5/2007 zu H. 17, S. 19-24; IDW: Vorschläge des IDW zur Neukonzeption der Kapitalerhaltung und zur Ausschüt-

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Sonderabschreibungen bilanziellen Kapitalerhaltung?, in: DB 2005, S. 1393-1401; Pellens, B./Sellhorn, T.: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes, in: Lutter, M. (Hrsg.): Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, in: ZGR-Sonderh. 17/2006, S. 451-487; Richard, M.: Kapitalschutz der Aktiengesellschaft. Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse deutscher und USamerikanischer Kapitalschutzsysteme, 2007; Rickford, J.: Reforming Capital. Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, in: European Business Law Review 2004, S. 919-1027; Scholz, A.: Kapitalerhaltung durch Solvenztests, 2008; Schruff, W./Lanfermann, G.: EU-Machbarkeitsstudie für ein alternatives Kapitalschutzsystem, in: WPg 2008, S. 1099-1109; Weiss, M.: Erfahrungen mit dem „solvency test“ in Neuseeland, in: Der Konzern 2007, S. 109-118. Georg Lanfermann/ Marc Richard Sonderabschreibungen Steuerlich zulässige Abschreibungen über die normale o Abschreibung hinaus (o Steuerbilanz). Sonderbetriebsvermögen o Steuerbilanz Sonderbilanzen Bezeichnung für o Bilanzen, die von Unternehmen unterschiedlicher Rechtsformen im Gegensatz zum regelmäßig aufzustellenden o Jahresabschluss nur zu besonderen Anlässen aufzustellen sind. Zu den S. gehören die o Gründungsbilanz, Umwandlungsbilanz, Fusionsbilanz, Sanierungsbilanz, o Liquidationsbilanz, o Überschuldungsbilanz, o Auseinandersetzungsbilanz, o Konkursbilanz (Insolvenzstatus) und Vergleichsbilanz. Teilweise gelten für die S. von den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften abweichende Bilanzierungs- und Bewertungsregeln. 726

Lit.: Budde, W.D./Förschle, G./Winkeljohann, N.: Sonderbilanzen, 4. Aufl., 2008. Sondereinzelkosten o Sonderkosten Sondergemeinkosten o Sonderkosten Sonderkosten o Kostenarten, die aus verfahrenstechnischen Gründen ausgesondert werden; z.B. Kosten für auftragsspezifische Werkzeuge, Konstruktionsmodelle, Lizenzen, Versandverpackung, Ausgangsfracht. S. können für eine einzelne Produktart (Sondereinzelkosten) oder für

mehrere Produkte (Sondergemeinkosten) entstehen. Sonderposten mit Rücklageanteil S. waren bis zur Verabschiedung des o BilMoG eine besondere Art von o Rücklagen im HGB-Abschluss. Sie dienten dazu, einen verzerrten Vermögensausweis aufgrund von lediglich steuerlich zulässigen Abschreibungen oder steuerfreien Rücklagen zu korrigieren. Für o Kapitalgesellschaften durften entsprechende Positionen steuerrechtlich nur geltend gemacht werden, wenn sie in Form von S. auch in der Handelsbilanz Berücksichtigung fanden. Diese sog. umgekehrte o Maßgeblichkeit wurde mit dem BilMoG abgeschafft. Generell dürfen S. ab dem 1. Januar 2010 nicht mehr neu gebildet werden. Für vorher gebildete S. gelten Übergangsregelungen. Sonderprüfungen 1. Grundlagen Zu den S. gehören sämtliche Formen von aperiodischen Prüfungen. Das heißt sie werden einmalig oder in unregelmäßigen Abständen durchgeführt. Daneben sind sie anlassbezogen und daher an bestimmte Voraussetzungen, Motive und Rechtsformen gebunden. Unterschieden werden können S. in gesetzlich vorgeschriebene S., gesetzlich vorgesehene S. und freiwil-

Sonderprüfungen lige S. Die erstgenannte Gruppe ist verpflichtend durchzuführen, sofern die im dritten Abschnitt beschriebenen normierten Tatbestände erfüllt werden. Dazu gehört neben der Gründungs- und Umwandlungsprüfung auch die Prüfung bei Kapitalerhöhung. Dabei ist eine starke Fragmentierung der Regulierung der gesetzlichen Sonderprüfungen festzustellen. Die gesetzlich vorgeschriebenen S. sind z.T. im Aktiengesetz – wie die Gründungsprüfung gem. §§ 33-35 AktG und die Prüfung der Kapitalerhöhung nach § 183 Abs. 3 AktG, z.T. aber auch wie im Falle der verschiedenen Formen der Umwandlungsprüfung – beispielsweise der Verschmelzungsprüfung gem. §§ 912 UmwG im Umwandlungsgesetz festgeschrieben. Ferner sind die zentralen Arten gesetzlich vorgesehener Prüfungen, die auf Veranlassung der gesetzlich Befugten ebenfalls verpflichtend durchzuführen sind, in drei Rechtsinstitute eingeteilt. Neben der allgemeinen S. gem. §§ 142-146 AktG normierte der Gesetzgeber im Aktiengesetz auch die bilanzrechtliche S. nach §§ 258261a AktG und die konzernrechtliche S. nach § 315 AktG, die im vierten Abschnitt sukzessive dargestellt werden. Im Gegensatz dazu stellen freiwillige S. rein fakultative Aufträge dar, die es der Unternehmensführung möglich machen, zusätzliche Informationen für den betrieblichen Entscheidungsfindungsprozess zu gewinnen. Als relevante Beispiele sind hier die Unterschlagungs-, Kreditwürdigkeits- und Sanierungsprüfungen sowie die o Due Diligence Untersuchungen zu nennen, die im fünften Abschnitt veranschaulicht werden. 2. Sonderprüfer Von Ausnahmen abgesehen (z.B. bei der bilanzrechtlichen S. nach § 258 AktG oder der Verschmelzungsprüfung nach §§ 9-12 UmwG), ist zur Durchführung einer S. grundsätzlich jede Person mit ausreichender Vorbildung und Erfahrung

im Bereich der Buchführung berechtigt, sowie jede anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (§§ 33 Abs. 4, 143 Abs. 1 AktG). Der Gegenstand der jeweiligen S. kann jedoch Spezialkenntnisse erfordern. Weiterhin sind Personen bzw. Prüfungsgesellschaften von der S. ausgeschlossen, falls sie oder ein Mitglied ihres Netzwerks einen der handelsrechtlich normierten Gründe der (Besorgnis der) Befangenheit (gem. § 319 Abs. 2 und 3 HGB, § 319a Abs. 1 HGB und § 319b Abs. 1 HGB) erfüllen, der sie von der Durchführung einer Abschlussprüfung ausschließt. 3. Gesetzlich vorgeschriebene S. a) Gründungsprüfung. Unter den in § 33 Abs. 2 AktG aufgeführten Gründen ist der Hergang der Gründung einer Aktiengesellschaft einer externen Prüfung zu unterziehen. So soll die ordnungsgemäße Einrichtung der Gesellschaft im Sinne des Schutzes der zukünftigen Gläubiger und Aktionäre garantiert werden. Die gem. § 33 Abs. 1 AktG obligatorische, interne Prüfung durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats ist demnach nicht ausreichend, wenn diese selbst zu den Gründern gehören (§ 33 Abs. 2 Nr. 1 AktG) oder für ihre Rechnung Aktien übernommen wurden (§ 33 Abs. 2 Nr. 2 AktG). In diesen Fällen genügt es jedoch, den beurkundenden Notar mit der Gründungsprüfung zu beauftragen. Ein externer Gründungsprüfer hingegen ist zwingend zu bestellen, wenn durch den Vorgang der Gründung einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats ein besonderer Vorteil zu Teil wurde oder eine Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen vorliegt (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AktG). Das Ausbleiben einer erforderlichen Gründungsprüfung führt zu einem Eintragungshindernis der Gesellschaft im Handelsregister gem. § 38 Abs. 1 AktG. b) Prüfung bei Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen. Analog zum Verfahren der 727

Sonderprüfungen Gründungsprüfung hat auch bei dem Vorliegen einer Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen gem. § 183 Abs. 3 AktG eine S. durch einen oder mehrere Prüfer zum Schutz der Gläubiger und Aktionäre stattzufinden. Dabei ist vor der Eintragung der Erhöhung insbesondere zu prüfen, ob der Wert der Sacheinlagen mindestens dem Nennbetrag oder dem auf die einzelne Stückaktie entfallenden Wert der im Gegenzug gewährten Anteile genügt. Die Bestellung eines externen Sonderprüfers wird von der Aktiengesellschaft beantragt, jedoch durch das Registergericht am Satzungssitz unter Anhörung der Industrie- und Handelskammer vollzogen. Ferner kann das Gericht unabhängig von der externen Prüfung selbst die angemessene Bewertung überprüfen. Sieht das Gericht eine wesentliche Überbewertung der Sacheinlage als erwiesen an, ist der Erhöhungsbeschluss nichtig und die Eintragung ist zu versagen. Sollte die verpflichtende Prüfung dennoch ausbleiben, bleibt der Beschluss grundsätzlich bestehen. Somit wird auch die Kapitalerhöhung durch Eintragung wirksam. Die wirksame Erhöhung des Kapitals führt zu einer verschuldungsunabhängigen Differenzhaftung des Einlegers auf den geringsten Ausgabebetrag. Das heißt der Einleger muss für einen wesentlichen Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Sacheinlage und den dafür ausgegebenen Aktien in Geld aufkommen. Dies trifft bei einer Anfechtung bzw. eines für nichtig erklärten Erhöhungsbeschlusses nicht zu. c) Umwandlungsprüfung. Unternehmen können auf vier verschiedene Formen umgewandelt werden. Neben der Verschmelzung und den verschiedenen Arten der Spaltung gibt es die Vermögensübertragung und den Formwechsel. Die Prüfungspflicht ergibt sich grundsätzlich bei Umwandlung in eine gründungsprüfungspflichtige Gesellschaft, um die Umgehung dieser Pflicht durch nachträgliche Rechtsformwechsel zu 728

vermeiden. Auch diese Form der S. dient somit dem o Anlegerschutz. Dabei hängt die Pflicht und Art der Prüfung stark von den Rechtsformen der betrachteten Unternehmen ab. So definiert das Umwandlungsgesetz in § 9 Abs. 1 UmwG eine Prüfungspflicht für eine Verschmelzung, die jedoch nur für bestimmte Rechtsformen Geltung findet. So unterliegen gem. § 48 UmwG Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf Antrag, sowie nach § 60 UmwG und § 78 UmwG alle Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien der Prüfungspflicht. Auf diese kann laut § 9 Abs. 2 UmwG verzichtet werden, wenn sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers bereits in der Hand des Übernehmenden befinden. Genossenschaften müssen ohne Verzichtsmöglichkeit nach § 81 UmwG vor dem Beschluss über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag durch die Generalversammlung ein Prüfungsgutachten einholen. Bezüglich der Prüfungspflicht bei Spaltungen wird gem. § 125 UmwG grundsätzlich auf die Verschmelzungsprüfung verwiesen. Der Gegenstand dieser Prüfungen ist der jeweils ausgearbeitete Vertrag (zur Verschmelzung oder Spaltung) bzw. dessen Entwurf, der ebenfalls rechtsformabhängige Mindestbestandteile aufweisen muss. Aufgrund dessen können die erforderlichen Prüfungshandlungen variieren. 4. Gesetzlich vorgesehene Prüfungen a) Die allgemeine S. Diese S. bezieht sich gem. § 142 Abs. 1 Satz 1 AktG auf einzelne Vorgänge im Rahmen der Gründung, der Geschäftsführung sowie bei Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und -herabsetzung. Insofern grenzt sich die allgemeine S. beispielsweise von der Gründungsprüfung nach § 33 AktG ab, welche die Gründung als Ganzes zum Gegenstand hat. Durch das Instrument der allgemeinen S. können die Aktionäre selbst bei vorliegenden Verdachtsmo-

Sonderprüfungen menten eine Überprüfung des Vorstands initiieren. So kann diese Prüfung von der Hauptversammlung durch einfachen Mehrheitsbeschluss veranlasst werden. Alternativ können im Sinne des Minderheitenschutzes nach § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG auch Aktionäre, die mit ihren Anteilen bei Antragstellung über mindestens ein Prozent des Grundkapitals oder über einen Betrag von 100.000 Euro verfügen, das zuständige Registergericht beauftragen, einen Sonderprüfer zu bestellen. Diese Minderheit ist ferner gem. § 142 Abs. 4 Satz 1 AktG dazu ermächtigt, die Bestellung eines anderen als den von der Hauptversammlung gewählten Prüfer beim Gericht zu veranlassen. Die häufiger anzutreffenden internen, durch Vorstand oder Aufsichtsrat anberaumten Prüfungen, stellen keine S. im Sinne der §§ 142ff. AktG dar und unterliegen somit nicht der Veröffentlichungspflicht nach § 145 Abs. 6 AktG. b) S. bei unzulässiger Unterbewertung. Hierfür haben Anzeichen für eine wesentliche Unterbewertung bestimmter Abschlussposten bzw. eine unvollständige Berichterstattung im Rahmen des o Anhangs gem. § 258 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG bzw. § 258 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AktG vorzuliegen. Zusätzlich muss gem. § 258 Abs. 2 Satz 1 und 3 AktG innerhalb eines Monats nach der Hauptversammlung durch Aktionäre, deren Anteile zusammen den Schwellenwert des § 142 Abs. 2 AktG erreichen, ein Antrag auf S. gestellt werden. Die Bestellung des Prüfers wird dann gerichtlich nach Anhörung von Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer veranlasst. Die bilanzrechtliche S. soll einerseits die korrekte Anwendung der Bewertungsvorschriften und die Pflicht zur vollständigen Berichterstattung wahren, andererseits die Kompetenz der Hauptversammlung schützen. Eine unzulässige Unterbewertung verfälscht den ermittelten Bilanzgewinn, wodurch die Basis für die o Gewinnverwendung nicht der tatsäch-

lichen Ertragslage des Unternehmens entspricht. Für einen entstehenden Ertrag aus einer höheren Bewertung besteht kein Ausschüttungszwang; die Hauptversammlung kann über diesen grundsätzlich frei verfügen. c) S. der geschäftlichen Beziehung zum herrschenden oder mit einem verbundenen Unternehmen. Gem. § 315 Satz 1 Nr. 1-3 AktG müssen zur Veranlassung dieser Prüfung durch einen Aktionär bereits Verdachtsmomente in Form eines hinsichtlich der Beziehungen zu verbundenen Unternehmen eingeschränkten oder versagten o Bestätigungsvermerks durch den Abschlussprüfer (Nr. 1) oder entsprechenden Beanstandungen seitens des Aufsichtsrats (Nr. 2) oder der Unternehmensführung selbst (Nr. 3) vorliegen. Gibt es sonstige Tatsachen, die auf eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Gesellschaft schließen lassen, gelten die Vorschriften zur allgemeinen S. nach § 142 Abs. 2 AktG bzw. § 142 Abs. 4 AktG, wonach bestimmte Aktionärsgruppen die Bestellung eines Sonderprüfers beantragen, bzw. einen von der Hauptversammlung bestellten Prüfer ersetzen können. Ziel der konzernrechtlichen S. ist die Information der Aktionäre und damit verbunden die einfachere Geltendmachung von Ansprüchen nach §§ 317 f. AktG gegenüber einer herrschenden Gesellschaft bzw. dem Vorstand bei Benachteiligung einer verbundenen, nicht unter einem Beherrschungsvertrag stehenden Gesellschaft. d) Praktische Bedeutung. In der Praxis werden die gesetzlich vorgesehenen S. nur selten veranlasst. Demnach ist eine hinreichende Einigkeit für einen Beschluss der Hauptversammlung oder einer ausreichenden Aktionärsvertretung trotz der vereinzelt gewährten Einschränkungen zu Gunsten der Minderheiten nicht sehr häufig zu erzielen. Die Wirkung der gesetzlich eingeräumten 729

Sonderprüfungen Rechte für die Aktionäre und die Hauptversammlung entfaltet sich daher vielmehr in der Prävention. So beugt die Möglichkeit auf Veranlassung einer S. pflichtverletzendem Verhalten der Unternehmensführung insbesondere durch die verpflichtende Veröffentlichung des Prüfungsberichts der S. gem. § 145 Abs. 6 AktG vor. Dieser ist neben dem Vorstand und dem Aufsichtsrat auf Antrag auch jedem Aktionär auszuhändigen und im Handelsregister des Unternehmenssitzes zu veröffentlichen. Zudem muss er in die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung aufgenommen werden. 5. Fakultative S. a) Unterschlagungsprüfung. Bei Vorliegen von konkreten Verdachtsmomenten kann zur Prophylaxe von Fehlverhalten oder zur Quantifizierung entstandener Schäden auf freiwilliger Basis eine entsprechende S. durch die Leitung des Unternehmens beauftragt werden. Der Begriff der Unterschlagung ist dabei weiter gefasst als der Begriff des fraud nach ISA 240, der nur auf wesentliche Auswirkungen unrechtmäßiger Handlungen auf den Abschluss abstellt. Häufig wird die o interne Revision des Unternehmens mit diesem Auftrag betraut, da diese eine Untersuchung unauffälliger durchführen kann als es bei externen Prüfern der Fall ist. Die Prüfungsdurchführung unterscheidet sich insofern von der Jahresabschlussprüfung, da bei identifizierten Deliktbereichen diese in der Regel lückenlos mittels einer Vollprüfung bearbeitet werden. Für den Fall, dass die Prüfung auf eine Verwendung vor Gericht abzielt, wird die Unterschlagungsprüfung auch als forensic auditing bezeichnet. b) Kreditwürdigkeitsprüfung. Diese liefert für verschiedene Adressatenkreise Informationen, um über eine Kreditvergabe zu entscheiden. Dabei wird die Bonität (Kreditwürdigkeit) des Antragstel730

lers beurteilt. Im weiteren Sinne schließt diese S. auch eine Evaluation der Kreditfähigkeit sowie gewährter Sicherheiten ein. Kreditinstitute müssen gem. § 18 KWG eine solche Prüfung für Kredite über mehr als 750.000 Euro oder 10 % des haftenden Eigenkapitals des Instituts durchführen. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass o Wirtschaftsprüfer hauptsächlich in Kreditengagements über sehr hohe Beträge einbezogen werden, während die Banken für das Tagesgeschäft selbst eine Risikoeinschätzung durchführen. c) Sanierungsprüfung. Die Sanierungsprüfung zielt auf die Evaluierung der Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens im Sinne einer nachhaltigen Wettbewerbs- und Renditefähigkeit ab. Dazu ist zunächst festzustellen, ob das Unternehmen sanierungsbedürftig ist, d.h. wie groß die Gefahr einer Unternehmenskrise bzw. Insolvenz ist. Anschließend ist die Sanierungsfähigkeit zu prüfen, die bei einer mit hinreichender Sicherheit zu erteilenden Fortführungsprognose als gegeben anzusehen ist. Als sanierungsfähig stellt sich ein Unternehmen dar, wenn das erstellte Sanierungskonzept zu einer Gesundung der Gesellschaft führen kann. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die entwickelten Maßnahmen voraussichtlich zu höheren Erträgen als den durch die Zerschlagung erzielten Liquidationswert führen. Als Prüfungsträger werden häufig Wirtschaftsprüfer als objektive, externe Sachverständige gewählt. d) Due Diligence Prüfung. Bedingt durch das steigende Aufkommen von Unternehmensübernahmen gewannen Due Diligence Prüfungen im letzten Jahrzehnt an Bedeutung. Durch diese Form der freiwilligen S. können Informationsasymmetrien zwischen den potenziellen Käufern und den zu übernehmendem Unternehmen abgebaut werden. Der Verkäufer gewährt beauftragten Personen Einblick in interne Unternehmensdaten.

SPE Dies ermöglicht zunächst die Abgabe einer Einschätzung über die mit dem Kauf verbundenen Risiken, sowie im Weiteren die Findung eines angemessenen Kaufpreises und der sachgerechten Ausgestaltung des Kaufvertrags. Dabei werden neben dem Rechnungswesensystem inklusive der internen Kontrollen auch das o Bild der Finanz-, Vermögens- und Ertragslage sowie die Liquiditäts- und Finanzierungsverhältnisse untersucht. Daneben werden auch das rechtliche Umfeld, die Geschäftsstrategie und die unternehmerischen Potenziale des Zielobjekts analysiert. Ferner sind je nach Rahmenbedingung der Transaktion auch weitere Zielobjekte denkbar, weshalb zur Durchführung der S. neben Wirtschaftsprüfern und Anwälten auch weitere Fachleute mit spezifischen Kenntnissen benötigt werden. In der Praxis sind diese Prüfungen weit verbreitet. Lit.: Busch, H.: Due Diligence: Nachhaltigkeit ist der Blick aufs Ganze, in: Immobilien & Finanzierung 2009, S. 332333; Eisolt, D.: Erstellung von Sanierungskonzepten nach dem neuen IDW S 6, in: BB 2010, S. 427-432; Fachausschuss Sanierung und Insolvenz (FAS): Sanierungen erfolgreich konzipieren – Wesentliche Hintergründe und Neuerungen des IDW Standards „Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten“ (IDW S 6), in: Der Betrieb 2010, S. 1413-1418; Henkel, N.-F.: Rechnungslegung bei Verschmelzungen nach dem deutschen Umwandlungsrecht, in: M&A Review 2007, S. 438-448; Hüffer, U.: AktG § 315 Sonderprüfung, in: Hüffer, U.: Aktiengesetz, 8. Aufl., 2008; IDW (Hrsg.): WP Handbuch 2008, Band II, 13. Aufl., 2007, S.197-209, 211-274, 275-345; Jänig, R.: Bilanzrechtliche Sonderprüfung (§ 258 AktG), in: NZG 2008, S. 257-260; Kropff, B.: AktG § 315 Sonderprüfung, in: Münchener Komm. zum AktG, 2. Aufl., 2000; Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschafts-

prüfung – Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens nach nationalen und internationalen Normen, 3. Aufl., 2007, S. 639-641, 667-669, 730741; Schaal, H.J.: AktG § 258, in: Erbs, G./Kohlhaas, M.: Strafrechtliche Nebengesetze, 176. Aufl., 2009; Schröer, H.: § 142 AktG Bestellung der Sonderprüfer, in: Münchener Komm. zum AktG, 2. Aufl., 2004; Wilsing, H.-U./Neumann, K.-U.: AktG § 142, in: Heidel, T.: Aktienrecht, 2. Aufl., 2004; Zeidler, G.W.: UmwG § 9 Prüfung der Verschmelzung, in: Semler, J./Stengel, A. (2007): Umwandlungsgesetz, 2. Aufl., 2007. Kai-Uwe Marten Sonstige betriebliche Aufwendungen und Erträge o Aufwendungen und Erträge, sonstige betriebliche Sonstiger Periodenerfolg = o Other Comprehensive Income Sortenfertigung o Massenfertigung von verschiedenen Produktarten innerhalb einer einheitlichen Erzeugnisgattung, wobei sich die Produkte nur nach Dimension und/oder Qualität unterscheiden. Die einzelnen Produkte können simultan oder sukzessive hergestellt werden. SOX = o Sarbanes-Oxley Act Sozialbilanz o Corporate Social Responsibility o Nachhaltigkeitsbericht Soziale Kosten = o Kosten, volkswirtschaftliche = Gesamtwirtschaftliche Kosten Sozialabgaben o Arbeitskosten SPE = Special Purpose Entity o Zweckgesellschaft 731

Special Purpose Entity Special Purpose Entity = o Zweckgesellschaft Sperrminorität Minderheitenanteil am Kapital einer Gesellschaft, mit dem Beschlüsse, die eine qualifizierte Stimmenmehrheit verlangen, verhindert werden können. Nach dem AktG gewährt ein Stimmenanteil von mehr als 25 % des in der o Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals eine S. (insb. §§ 179 Abs. 2, 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Sprungfixe Kosten o Kosten, sprungfixe Sprungkonsolidierung Vorgehensweise bei der o Kapitalkonsolidierung, wenn eine o Zwischenholding nicht in den o Konsolidierungskreis einbezogen wird, deren o Tochterunternehmen aber nach § 301 HGB im o Konzernabschluss konsolidiert werden. Bei der S. wird der Beteiligungsbuchwert an der Zwischenholding gegen das anteilige o Eigenkapital ihrer Tochterunternehmen aufgerechnet. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 318-321. Staatliche Investition o Investition, staatliche Staff Accounting Bulletin (SAB) Veröffentlichungen der o Securities Exchange Commission (SEC) zur Umsetzung bestimmter Standards der o USGAAP. Sie werden seit 1975 veröffentlicht. Stakeholder Value-Konzept Managementkonzept, das explizit die Interessen aller Unternehmensbeteiligten (stakeholder) einbezieht. Dazu zählen Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, Kunden, Zulieferer und der Staat. Anders als beim o Shareholder Value-Konzept werden deren Interessen nicht nur als Nebenbedingung bei der Erfüllung der Interessen 732

der Eigentümer berücksichtigt, sondern sollen in einer Mehrfachzielsetzung münden. Eine solche Unternehmenspolitik ist in Deutschland bereits von Schmalenbach und Nicklisch in der ersten Hälfte des Jahrhunderts unter der Bezeichnung Gemeinwirtschaftlichkeit gefordert worden und entspricht auch heute noch dem Selbstverständnis vieler Unternehmer. Lit.: Busse von Colbe, W./Perlitz, M.: Unternehmenspolitik, in: HdWW, Bd. 8, 1980, S. 145-154; Janisch, M.: Das strategische Anspruchsgruppenmanagement: Vom Shareholder Value zum Stakeholder Value, 1993, S. 211-426; Bischoff, J.: Das Shareholder ValueKonzept: Darstellung - Probleme - Handhabungsmöglichkeiten, 1994, S. 168193. Standard and Poor’s (S&P) o Rating Standard Cost Accounting = o Standardkostenrechnung o Kostenrechnungssysteme Standardentwurf = o Exposure Draft Standard-Grenzpreisrechnung System der o Grenzkostenrechnung mit Ansatz von o Leistungsertragssätzen. Standardkosten S. werden zu Beginn einer Abrechnungsperiode basierend auf geplanten Mengen, Preisen sowie Kapazitätsauslastungen bestimmt und als während der Periode unverändert angesetzt. Eine Überprüfung der zugrundegelegten Einflussfaktoren erfolgt regelmäßig. Lassen sich wesentliche Abweichungen erkennen, sind die S. anzupassen. Die sog. S.-Methode kann nach o US-GAAP und o IFRS zur Bewertung der o Vorräte angewendet werden, wenn die S. im Wesentlichen den tatsächlichen Kosten entsprechen. Standardkostenmethode o Standardkosten

Stetigkeitsprinzip Standardisierte Prüfung o Prüfungsmethode Standardkostenrechnung o Kostenrechnungssysteme Standards Advice Review Group (SARG) Aus unabhängigen Sachverständigen und hochrangigen Vertretern nationaler Standardsetter bestehendes Gremium, das im Rahmen des Verfahrens zur Anerkennung der o IFRS in der EU (o Anerkennungsverfahren) tätig wird. Ihre Aufgabe besteht darin, die von der o EFRAG abgegebenen Empfehlungen zur Übernahme in EU-Recht auf Ausgewogenheit und Objektivität zu prüfen. Hierdurch soll die Qualität, Transparenz und Glaubwürdigkeit des Anerkennungsverfahrens sichergestellt werden. Die Stellungnahme der SARG soll im Regelfall innerhalb von drei Wochen nach einer EFRAG-Empfehlung vorliegen. Standards Advisory Council (SAC) o IFRS Advisory Council Standardsetzungsverfahren = Due Process o Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) o Financial Accounting Standards Board (FASB) o International Accounting Standards Board (IASB) Standing Interpretations Committee (SIC) Vorgängerorganisation des heutigen o IFRS Interpretations Committee. Die Abkürzung SIC wird weiterhin als Bezeichnung für die bis 2002 von diesem Gremium veröffentlichten Interpretationen verwendet. Starre Plankostenrechnung o Plankostenrechnung

Statement of Financial Accounting Concepts (SFAC) Verlautbarung des o FASB. Statement of Financial Accounting Standards (SFAS) Verlautbarung des o FASB. Statische Bilanztheorie o Bilanztheorien Statische Investitionsrechnung o Investitionsrechnung, statische Stelleneinzelerlöse Den in einer Erlösstelle zusammengefassten Produkten direkt zurechenbare Erlöse (o Erlösrechnung). Stellengemeinerlöse Den in einer Erlösstelle zusammengefassten Produkten nicht direkt zurechenbaren Erlöse, z.B. Erlöse aus dem kombinierten Verkauf mehrerer, verschiedenen Erlösstellen zugerechneter Produkte zu einem einheitlichen Angebotspreis (o Erlösrechnung). Stetigkeitsprinzip Das S. besagt, dass gleichartige Bilanzierungssachverhalte zu einem Zeitpunkt und auch im Zeitablauf grundsätzlich gleichartig (konsistent) abgebildet werden sollen. Zu unterscheiden sind ein stetiger Ausweis im o Jahresabschluss (formales S.), ein stetiger Bilanzansatz, eine stetige Bilanzbewertung (o Bewertungsstetigkeit, o Einheitlichkeit der Bewertung) sowie eine stetige Anwendung der Methoden der o Währungsumrechnung und der o Konsolidierung. Nach HGB ist das S. für Ausweis-, Bewertungs- und Konsolidierungsmethoden in den §§ 265 Abs. 1, 252 Abs. 1 Nr. 6 und § 297 Abs. 3 HGB kodifiziert; Abweichungen vom S. sind nur in Ausnahmefällen zulässig und bedürfen dann der Erläuterung. Ein stetiger o Bilanzansatz wird seit dem o BilMoG nach § 246 Abs. 3 HGB gefordert. Nach o IFRS ist das S. in IAS 1.45 kodifiziert, wonach Ansatz-, Bewertung-, Ausweis- und 733

Steuerabgrenzung Konsolidierungsmethoden im Zeitablauf beizubehalten sind. Lit.: Ruhnke, K.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2. Aufl., 2008. Steuerabgrenzung o Steuern, latente Steuerbilanz 1. Steuerlicher Gewinnbegriff Für die Besteuerung des Erfolgs von gewerblichen Unternehmen stellt der o Gewinn die zentrale Größe dar. Bei der o Einkommensteuer wird er zur Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von Einzelunternehmern und Gesellschaftern einer Personengesellschaft herangezogen. Bei der o Körperschaftsteuer wird aus dem Gewinn das zu versteuernde Einkommen einer Kapitalgesellschaft abgeleitet. Der einkommenoder körperschaftsteuerliche Gewinn bildet gleichzeitig die Ausgangsgröße zur Ermittlung der Gewerbesteuer (o Ertragsteuern). Bei Gewerbetreibenden ist der Gewinn regelmäßig durch einen o Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, dem folgende Gewinndefinition zugrunde liegt:



Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres Betriebsvermögen zu Beginn des Wirtschaftsjahres Veränderung des Betriebsvermögens (Eigenkapitals) Entnahmen bzw. (offene und verdeckte) Gewinnausschüttungen Einlagen bzw. Kapitalerhöhungen, sonstige Gesellschaftereinlagen, verdeckte Einlagen Gewinn des Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 1 EStG) steuerfreie Betriebseinnahmen

+

nichtabziehbare Betriebsausgaben

±

Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1-4 EStG steuerpflichtiger Gewinn

– = + –

=

=

734

2. Maßgeblichkeitsprinzip Das Steuerbilanzrecht knüpft über das o Maßgeblichkeitsprinzip an die handelsrechtliche Rechnungslegung an. Inhalt des Maßgeblichkeitsprinzips ist, dass die den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) entsprechenden handelsrechtlichen Wertansätze für die steuerliche Gewinnermittlung dem Grunde und der Höhe nach zu übernehmen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 HS 1 EStG). Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen: a) Besteht eine steuerliche Regelung, die für die Bilanzierung oder die Bewertung eine abweichende Regelung vorschreibt, geht für die S. diese spezielle steuerliche Norm vor. b) Gilt für die Handelsbilanz ein Bilanzierungswahlrecht und existiert steuerrechtlich keine Vorschrift, sind Wirtschaftsgüter, für die handelsrechtlich ein Aktivierungswahlrecht besteht, in der S. aktivierungspflichtig. Für passive Wirtschaftsgüter, die handelsrechtlich bilanziert werden können, gilt steuerrechtlich ein Passivierungsverbot. c) Besteht für die S. ein Wahlrecht, kann dieses in der S. eigenständig ausgeübt werden; die handelsrechtliche Behandlung dieses Sachverhalts ist für die S. nicht bindend (§ 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 EStG). 3. Ansatz dem Grunde nach Im Steuerrecht hängt die Bilanzierungsfähigkeit davon ab, ob ein Wirtschaftsgut vorliegt. Der gesetzlich nicht definierte Begriff wird durch die Rechtsprechung konkretisiert: (Positive) Wirtschaftsgüter sind Sachen und Rechte im bürgerlichrechtlichen Sinne sowie sonstige wirtschaftliche Vorteile, die durch Aufwendungen erlangt werden, nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertungsfähig sind und dem Betrieb einen über das Ende des Wirtschaftsjahres hinausgehenden Nutzen zu bringen verspre-

Steuerbilanz chen. Ein negatives Wirtschaftsgut liegt vor, wenn eine Verpflichtung besteht, die vor dem Abschlussstichtag (wirtschaftlich) verursacht und hinreichend konkretisiert ist. Eine Verpflichtung ist hinreichend konkretisiert, wenn der Steuerpflichtige ernsthaft damit rechnen muss, aus der Verpflichtung in Anspruch genommen zu werden. Nach herrschender – jedoch nicht unbestrittener – Meinung decken sich die Begriffe o Vermögensgegenstand und positives Wirtschaftsgut sowie bilanzielle Schuld und negatives Wirtschaftsgut. Sonderregelungen für die konkrete Bilanzierungsfähigkeit von Wirtschaftsgütern in der S. enthalten insbesondere § 5 Abs. 2-4b sowie § 6a EStG. Die Periodisierung über (aktive und passive) Wirtschaftsgüter wird ergänzt durch o Rechnungsabgrenzungsposten (§ 5 Abs. 5 EStG). Steuerfreie Rücklagen beruhen auf speziellen steuerlichen Regelungen, nach denen realisierte Erträge nicht sofort versteuert werden müssen oder Aufwendungen bereits vor ihrem Anfall verrechnet werden dürfen. Die Differenz zwischen aktiven Wirtschaftsgütern zuzüglich der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten vermindert um die passiven Wirtschaftsgüter sowie die sonstigen passiven Abzüge ergeben das Eigenkapital (Betriebsvermögen). Für die persönliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern wird unterstellt, dass das wirtschaftliche Eigentum mit dem zivilrechtlichen Eigentum übereinstimmt. Von dieser Vermutung wird abgewichen, wenn ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut ausübt und den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann oder der Herausgabeanspruch wirtschaftlich wertlos ist (§ 39 AO).

Zur Abgrenzung der in den Betriebsvermögensvergleich einbezogenen Wirtschaftsgüter wird bei Einzelunternehmen unterschieden in: notwendiges Betriebsvermögen, notwendiges Privatvermögen und gewillkürtes Betriebsvermögen (sachliche Zurechnung). Dem notwendigen Betriebsvermögen werden Wirtschaftsgüter zugerechnet, die objektiv erkennbar zum Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind. Wirtschaftsgüter, die ausschließlich privaten Zwecken dienen und die in keinem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit dem Betriebszweck stehen, sind als notwendiges Privatvermögen in der S. nicht enthalten. Wirtschaftsgüter, die weder zum notwendigen Betriebsvermögen noch zum notwendigen Privatvermögen zählen, können gewillkürtes Betriebsvermögen sein, sofern sie objektiv geeignet und dazu bestimmt sind, die betriebliche Tätigkeit zu fördern, und in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. Bei Personengesellschaften stellt das Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen dar. Darüber hinaus gehören bei Personengesellschaften auch die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters stehen und den Gesellschaftszweck fördern, sowie Wirtschaftsgüter, die der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dienen, zum Betriebsvermögen (Sonderbetriebsvermögen). Die im Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft enthaltenen Wirtschaftsgüter sind notwendiges Betriebsvermögen. Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören, bleiben bei der Ermittlung des Gewinns der Kapitalgesellschaft auch dann außer Ansatz, wenn sie den Betrieb der Kapitalgesellschaft fördern. Eine Entnahme liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen für betriebsfremde Zwecke verlässt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Dabei lassen sich Bar-, 735

Steuerbilanz Sach-, Nutzungs- und Leistungsentnahmen unterscheiden. Einlagen sind als Zuführung von Wirtschaftsgütern (Bareinzahlung, sonstige Wirtschaftsgüter) in das Betriebsvermögen definiert (§ 4 Abs. 1 Satz 7 EStG). Analog beeinflussen bei Kapitalgesellschaften (offene und verdeckte) Gewinnausschüttungen sowie Kapitalerhöhungen, sonstige Gesellschaftereinlagen und verdeckte Einlagen die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht (§ 8 Abs. 3 KStG). Bei steuerfreien Betriebseinnahmen handelt es sich beispielsweise um im Ausland erzielte Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland von der Besteuerung freigestellt sind, Investitionszulagen und die (40%ige bzw. wirtschaftlich 95%ige) Steuerbefreiung für Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft (§ 3 Nr. 40 EStG, § 8b KStG). Nichtabziehbare Betriebsausgaben sind beispielsweise die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer, Bestechungsgelder, Werbegeschenke mit einem Wert von über 35 €, 30% der angemessenen Bewirtungskosten und bei Kapitalgesellschaften die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen. Fremdkapitalaufwendungen dürfen nur bis zu 30% des steuerpflichtigen Gewinns vor Abzug der Zinsaufwendungen sowie planmäßigen Abschreibungen („EBITDA“: Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortisation) abgezogen werden (Zinsschranke, § 4h EStG, § 8a KStG). 4. Ansatz der Höhe nach Ausgangspunkt zur Bewertung von (aktiven) Wirtschaftsgütern bilden die Basiswerte. Im Zeitpunkt des Zugangs werden Wirtschaftsgüter nach den Periodisierungsgrundsätzen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG). Dabei handelt es sich um die Ausgaben, die anfallen, um ein Wirtschaftsgut von einem Dritten zu erwerben (Anschaffungskosten) bzw. 736

selbst zu erstellen (Herstellungskosten). Beide Bewertungsmaßstäbe stimmen weitgehend mit den entsprechenden handelsrechtlichen Begriffen überein. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen (Absetzung für Abnutzung: AfA) zu vermindern (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Auf diese Weise wird der durch die Nutzung des Wirtschaftsguts eintretende Wertverzehr erfasst (fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten). Die Abschreibungsdauer bestimmt sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Diese wird bei beweglichen Wirtschaftsgütern üblicherweise in den von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen konkretisiert. Bei Gebäuden und beim Geschäfts- oder Firmenwert wird die Nutzungsdauer in § 7 Abs. 4-5 EStG (zwischen 25 und 50 Jahren) bzw. in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG (15 Jahre) gesetzlich vorgegeben. Die Abschreibungsmethode kann unabhängig von der Vorgehensweise in der Handelsbilanz festgelegt werden. Bei beweglichen Wirtschaftsgütern besteht ein Wahlrecht zwischen linearer Abschreibung, Leistungsabschreibung und geometrischdegressiver Abschreibung. Bei Gebäuden und immateriellen Wirtschaftsgütern ist dagegen die lineare Abschreibung vorgeschrieben (§ 7 EStG). Negative Wirtschaftsgüter sind in der S. unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften zu bewerten, die für aktive, nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter gelten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 i.V.m. Nr. 2 EStG). Die Grundstruktur der Bewertung von bilanziellen Schulden für die steuerliche Gewinnermittlung ist dadurch gekennzeichnet, dass von einer Bewertung nach den am Abschlussstichtag geltenden Verhältnissen auszugehen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG) und dass unverzinsliche Verbindlichkeiten sowie Rück-

Steuerbilanz stellungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr grundsätzlich mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3a Buchst. e EStG). Die Basiswerte bilden nicht nur die Ausgangsgröße, sondern aufgrund des Anschaffungswertprinzips (eine Unterform des Realisationsprinzips: Ertragsantizipationsverbot) auch die Wertobergrenze der Bewertung. Sie sind an jedem Abschlussstichtag einem Vergleichswert gegenüberzustellen. Der wichtigste Vergleichswert für die S. ist der Teilwert. Der Teilwert ist ein ausschließlich im Steuerrecht verwendeter Bewertungsmaßstab. Er ist definiert als der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Aufgrund der praktischen Probleme bei der Umsetzung dieser theoretischen Konzeption wurden von der Rechtsprechung Teilwertvermutungen aufgestellt. Als Teilwert gelten bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die (fortgeführten) Anschaffungsoder Herstellungskosten und bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens die Wiederbeschaffungskosten. Der Steuerpflichtige kann die Teilwertvermutungen widerlegen, wenn eine Fehlmaßnahme vorliegt, wenn das Wirtschaftsgut nachhaltig nicht voll genutzt werden kann oder wenn die Wiederbeschaffungskosten gesunken sind. Ist durch außergewöhnliche Umstände der Wert eines aktiven Wirtschaftsguts voraussichtlich auf Dauer unter die (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunken, können die eingetretenen Wertverluste durch eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert antizipiert werden. Im Gegensatz zur Handelsbilanz besteht in der S. keine Abwertungspflicht, sondern ein Abwertungswahlrecht. Bei voraus-

sichtlich vorübergehenden Wertminderungen gilt in der S. ein Abwertungsverbot (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG). Entfallen die Gründe, die zu einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert geführt haben, ist eine Zuschreibung zwingend vorzunehmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG). Analog darf bei Verbindlichkeiten und Rückstellungen der höhere Teilwert angesetzt werden, wenn eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Werts der Verpflichtung vorliegt. Voraussichtlich nur vorübergehende Erhöhungen des Werts einer Verpflichtung können (noch) nicht aufwandswirksam erfasst werden. Reduziert sich in späteren Jahren der Wert der bilanziellen Schuld wieder, muss insoweit eine Abwertung erfolgen. Die dritte Bewertungsgruppe bildet der niedrigere steuerliche Wert. Während sich die Basiswerte und der Vergleichswert aus dem Nebeneinander von Periodisierungsgrundsätzen und Imparitätsprinzip (Kapitalerhaltungsgrundsätze) ableiten, wird darüber hinaus mit Hinweis auf den Lenkungszweck der S. den Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt, durch die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen, erhöhten Absetzungen und Bewertungsabschlägen stille Reserven zu bilden. Durch diese steuerlichen Sondervorschriften werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts früher aufwandswirksam verrechnet, als es den Periodisierungsgrundsätzen oder dem Imparitätsprinzip entspricht. Die überhöhten Abschreibungen lösen also einen Steuerstundungseffekt, d.h. einen positiven Zeiteffekt, aus. Finanzinstrumente, die von Kreditinstituten zu Handelszwecken gehalten werden, sind mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG). Der beizulegende Zeitwert entspricht grundsätzlich 737

Steuerfreie Rücklagen dem Marktpreis. Die Besonderheit besteht darin, dass bei diesen Wirtschaftsgütern die Begrenzung auf die Bewertung mit den Anschaffungskosten nicht gilt. Entnahmen und Einlagen werden grundsätzlich mit dem Teilwert bewertet (§ 6 Abs. 1 Nr. 4, 5 EStG). Der Investitionsabzugsbetrag ist dadurch gekennzeichnet, dass bereits vor Erwerb eines Wirtschaftsguts gewinnmindernd ein außerbilanzieller Abzug in Höhe von 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen wird. Bei Zugang des Wirtschaftsguts werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um 40 % gewinnmindernd herabgesetzt und der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell gewinnerhöhend hinzugerechnet. Durch den Investitionsabzugsbetrag werden also die Abschreibungen eines Wirtschaftsguts zum Teil bereits vor dessen Erwerb gewinnmindernd verrechnet (Steuerstundungseffekt durch Aufwandsvorverlagerung). Lit.: Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 20. Aufl., 2007, S. 398-1113; Federmann, R.: Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IAS/IFRS, 12. Aufl., 2010; Hayn, S./Graf Waldersee, G./Benzel, U.: HGB/HGB-BilMoG/ Steuerbilanz im Vergleich, 2009; Scheffler, W.: Besteuerung von Unternehmen, Band II: Steuerbilanz, 6. Aufl., 2010. Wolfram Scheffler Steuerfreie Rücklagen o Steuerbilanz Steuerlicher Gewinn o Steuerbilanz Steuern 1. Forschungsgegenstand der Steuerwissenschaften, Begriffsbestimmung und Kategorisierung von Steuern a) Forschungsgegenstand. S. sind Forschungsgegenstand der Steuerwissenschaften. Die Steuerwissenschaften un738

tergliedern sich in die drei Teildisziplinen Steuerrechtswissenschaft, Finanzwissenschaftliche Steuerlehre und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre. Die Steuerrechtswissenschaft beschäftigt sich vornehmlich mit der Stellung des Steuerrechts innerhalb der gesamten Rechtsordnung sowie der rechtlichen Ordnung einzelner Steuergesetze und Steuernormen untereinander. Demgegenüber stehen für die Finanzwissenschaftliche und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als Teilgebiete der Wirtschaftswissenschaft ökonomische Fragestellungen im Vordergrund. Die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre verknüpft ökonomische und steuerrechtliche Problemstellungen und analysiert diese aus einer betriebswirtschaftlichen (einzelwirtschaftlichen) Perspektive. Der Begriff betriebswirtschaftlich ist weit zu fassen, sodass hierunter auch die Analyse der Wirkungen von Steuern auf Individuen und Haushalte fällt. Die einzelnen Teilaufgaben der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre umfassen die deskriptive Steuernormendarstellung, die Steuerbelastungsmessung, die modellgestützte Steuerplanungslehre, die empirische Steuerwirkungslehre und die Steuerrechtsgestaltungslehre. Dabei wird zwischen Entscheidungswirkungen und Verteilungsfolgen der Besteuerung unterschieden. Die Finanzwissenschaftliche Steuerlehre beschäftigt sich aus volkswirtschaftlicher Perspektive sowohl mit der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite von Steuern sowohl auf Mikro- als auch auf Makroebene. b) Begriffsbestimmung von Steuern. S. als eine Form der öffentlichen Abgaben dienen dem modernen Steuerstaat vornehmlich zur Befriedung des finanziellen Bedarfs zur Finanzierung hoheitlicher Aufgaben. Neben diesem reinen Fiskalzweck können S. aber auch einem Lenkungs- oder Umverteilungszweck dienen. Mit dem Lenkungszweck soll ein bestimmtes Verhalten der Steuerbürger gefördert oder verhindert werden. Weiter-

Steuern hin können mit S. Umverteilungszwecke verfolgt werden, die auf eine Nivellierung von Einkommensunterschieden gerichtet sind, etwa mit Hilfe eines progressiven Tarifs. Eine Legaldefinition von S. findet sich in § 3 AO. Hiernach sind S. Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und die von einem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der im entsprechenden Gesetz genannte Tatbestand zutrifft. Der Fiskalzweck darf von weiteren Zwecken überlagert werden. Derzeit existieren in Deutschland über 60 verschiedene Steuerarten. Trotz dieser Vielfalt wird der Hauptteil der Steuereinnahmen hauptsächlich durch ca. zehn unterschiedliche Steuerarten bewirkt. c) Kategorisierung von Steuern. Einzelne Steuerarten lassen sich nach unterschiedlichen Merkmalen kategorisieren. So wird zwischen direkten und indirekten S., (nach dem Verhältnis von Steuerpflichtigem und Steuerdestinatar, also dem Wirtschaftssubjekt, das die Steuer tragen soll) sowie zwischen Subjekt/Personensteuern und Objektsteuern (nach dem Anknüpfungspunkt der Leistungsfähigkeit an Personen oder Objekte) unterschieden. Eine in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre übliche Unterscheidung gruppiert nach Ertrag-, Substanz- und Verkehr-/Verbrauchsteuern. o Ertragsteuern belasten den laufenden Ertrag und messen die steuerliche Leistungsfähigkeit folglich an einer Einkommensmehrung (wirtschaftlicher Gewinn einer Periode). Zu den Ertragsteuern zählen insbesondere die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer. Teilweise werden diese S. direkt an Quelle erhoben (Quellensteuer) oder dienen als Bemessungsgrundlage für weitere S. (Annexsteuern). Als bedeutende Quellensteuern können die Kapi-

talertragsteuern (bei abgeltender Wirkung der Kapitalertragsteuer häufig auch als Abgeltungsteuer bezeichnet) und die Lohnsteuer genannt werden. Weiterhin greifen der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuern als Annexsteuern auf entsprechende Ertragsteuern als Bemessungsgrundlage zurück. Demgegenüber belasten Substanzsteuern das Vermögen als Substanz, unabhängig von Vermögensänderungen. Ein Beispiel hierfür ist die Grundsteuer. Verkehrsteuern knüpfen die Steuerpflicht an das Vorliegen eines Leistungsaustausches am Markt (Rechtsoder Realakt) an (z.B. Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer). Verbrauchsteuern belasten hingegen den Verbrauch bestimmter Güter (z.B. Tabaksteuer, Stromsteuer, Branntweinsteuer). Darüber hinaus existieren weitere Möglichkeiten zur Einteilung von Steuern (z.B. nach der Ertragshoheit in Bundes-, Landes- und Gemeinsteuern). 2. Steuern im internen Rechnungswesen a) Einbezug von Steuern in die Investitionsrechnung. Mit Hilfe der o Investitionsrechnung sollen Aussagen über die Vorteilhaftigkeit von Investitionsprojekten hinsichtlich ihres Beitrags auf die (üblicherweise monetär gemessene) Zielgröße des Investors getroffen werden. Wirken sich S. als negativer Beitrag auf die Zielgröße aus, so kann die Nichtberücksichtigung von S. zu falschen Ergebnissen bei der Bewertung von Investitionsprojekten führen. Als monetäre Zielgrößen werden häufig das Endvermögen oder (unter Geltung der Fisher-Separation) der Kapitalwert, seltener die periodischen Konsumentnahmen verwendet. Der Kapitalwert unter Sicherheit ist der Saldo der abgezinsten Einzahlungsüberschüsse und der Investitionsausgabe. Bezeichne CFt die periodischen o Cashflows (Saldo aus Ein- und Auszahlungen), I0 die Investitionssumme und i den Zinssatz der Alternativanlage, so ermittelt sich der Kapitalwert C0 als: 739

Steuern T

C0

I0  ¦ t 1

CFt

1  i

t

.

Danach sind Projekte vorteilhaft, die einen positiven Kapitalwert aufweisen (finanzielle Erhöhung des Vermögens infolge der Unterlassung der Alternativanlage). Die Abstraktion von den intertemporalen Nutzenfunktionen der Investoren setzt dabei einen vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt voraus (Fisher-Separation). Für proportionale Steuersätze, symmetrische Steuerwirkungen von Haben- und Sollzinsen sowie eine entscheidungsneutrale Periodisierung der Alternativanlage (z.B. normal besteuerte Finanzanlage) gilt die Fisher-Separation auch nach S., wobei der Kalkulationszinsfuß um die S. auf die periodische Rendite der Alternativanlage zu reduzieren ist. Im Folgenden einfachen Modell gelten folgende Annahmen: Es existiert ein proportionaler Unternehmenssteuersatz ser (Ertragsteuersatz), der periodisch auf den Periodengewinn (= Cashflow – planmäßige o Abschreibungen) anzuwenden ist. Die Investitionssumme ist zu aktivieren und kann über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Demzufolge ermittelt sich die Bemessungsgrundlage aus den Cashflows abzüglich der jährlichen AbT

schreibung AfAt mit I 0

¦ AfA . Vert

t 1

luste können sofort und vollständig steuerlich verrechnet werden. Steuerzahlungen sind am jeweiligen Periodenende fällig. Die Rendite der Alternativanlage wird ohne Abzug von Freibeträgen etc. mit dem proportionalen Steuersatz si belastet. Der Kapitalwert nach S. stellt sich dann dar als T

C0

I0  ¦ t 1

740

CFt ˜ 1  ser  ser ˜ AfAt

1  i 1  s

t

i

.

Die entsprechenden Steuersätze werden zumeist unter Zuhilfenahme der Teilsteuerrechnung ermittelt. Diese ermöglicht es, Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Ertragsteuern zu berücksichtigen. Die Teilsteuerrechnung verwendet zur Ermittlung des Gesamtsteuersatzes gewöhnlich Grenzsteuersätze. Die Berücksichtigung von progressiven Tarifen, Freibeträgen oder abweichenden steuerlichen Behandlungen für Teile der Bemessungsgrundlage ist zwar möglich, erfolgt hier aber nicht. Folgende Teilsteuersätze werden hier verwendet, wobei se den Spitzeneinkommensteuersatz (2010 45%), sz den Solidaritätszuschlagssatz (2010: 5,5%), m die Steuermesszahl für den Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 2 GewStG (2010: 3,5%), h den Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinde (sg = m · h als effektiver Gewerbesteuersatz), sk den Körperschaftsteuersatz (2010: 15%) und sd den Abgeltungsteuersatz (2010: 25%) bezeichne. Je nachdem, worin die Alternativanlage besteht, können sich ser und si entsprechen. Die Einführung des Steuersatzes in das Modell wirkt auf drei Komponenten: Die o Cashflows (Einzahlungen abzgl. Auszahlungen) werden durch die Steuer gemindert. Die o Abschreibung wird steuerlich entlastet. Der Steuersatz wirkt auf die Alternativanlage, was zu einem Sinken des Kalkulationsfußes führt. Da die drei beschriebenen Effekte unterschiedlich wirken, kann durch die Berücksichtigung von S. der Kapitalwert sowohl sinken als auch steigen (Steuerparadoxon). Bestimmte weitere Besonderheiten (z.B. abweichende Besteuerung eines Liquidationserlöses am Ende des Betrachtungszeitraums, Freibeträge für die Besteuerung des Investitionsobjekts, bestimmte Investitionsförderungsmaßnahmen wie Investitionszuschüsse, Investitionszulagen oder Sonderabschreibungen) können durch Modifikation des Kapitalwerts be-

Steuern rücksichtigt werden. Weitere Steuerarten sind je nach Einzelfall (z.B. Umsatzsteuer, abziehbare oder nicht abziehbare Vorsteuer, Energiesteuern) einzubeziehen. Hingegen lassen etwa die Berücksichtigung eines progressiven Tarifs auf die Verzinsung der Alternativanlage oder Abzugsbeschränkungen für Sollzinsen die Fisher-Separation zusammenbrechen, sodass der Kapitalwert nicht mehr als allgemeines Vorteilhaftigkeitsmaß interpretiert werden kann. Hier bieten sich eher Endvermögensberechnungen an. Im Rahmen der entscheidungsorientierten o Unternehmensbewertung als Teilgebiet der Investitionsrechnung werden für Käufer und Verkäufer kritische Teilsteuersatz Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag Gesamtbelastung von Eigenkapital bei Körperschaften (Vollausschüttung) Gesamtbelastung von Eigenkapital bei Personenunternehmen (inkl. § 35 EStG, ohne § 34a EStG)

Grenzpreise ermittelt. S. haben regelmäßig Einfluss auf den Unternehmenswert (Unternehmenssteuern, Bewertung von Verlustvorträgen, persönliche S.). Für die Ermittlung der o Kapitalkosten wurde vorgeschlagen, das o CAPM um S. zu erweitert (Tax-CAPM). Die Berücksichtigung persönlicher S. ist teilweise strittig. Der IDW S1 hatte bisher eine typisierende Einkommensteuer von 35% angenommen. Durch die Einführung der Abgeltungsteuer sind die bisherigen Bewertungsgleichungen anzupassen. Dies betrifft u.a. die generelle Besteuerung von Kursgewinnen und die fehlende Differenzierung bei der Besteuerung von Kapitalüberlassungen (einheitlicher Abgeltungssteuersatz). Wert für 2010

sez

se ˜ 1  sz

47,48%

saz

se ˜ 1  sz

26,38%

sgkzaz = sg + sk · (1 + sz) + (1 – sgkz) · saz sgkz: Unternehmenssteuern

Belastung Ausschüttung

seffg : effektive Gewerbesteuerbelatung

sgez = sez + sg – m · Min(380%; h) · (1 + sz) Steuerermäßigung ( = Anrechnung) § 35 EStG

b) Einbezug von Steuern in die Kostenrechnung. Die o Kosten- und Erlösrechnung dient der Bereitstellung von planungsrelevanten Informationen zur Entscheidungsfindung und damit der Zielsteuerung des Leistungsprozesses im Unternehmen. Allgemein gilt für S., dass diese auf ihr Kostenelement hin zu überprüfen sind. Stehen die S. im Zusammenhang mit einer entsprechenden Leistung und beeinflussen sie die Entscheidung zwischen Handlungsalternativen, so

48,33% (h=400%)

sgkz

29,83%

47,44% (h=400%)

sgeff

0, 03%

sind sie in die Planung einzubeziehen. o Ertragsteuern sind in einer kurzfristigen entscheidungsorientierten Kostenrechnung allerdings häufig entscheidungsneutral, sodass sie nicht berücksichtigt werden müssen. Für Substanzund Verbrauchsteuern ist hingegen auf den Einzelfall abzustellen. Für die Berücksichtigung der Umsatzsteuer in der Preiskalkulation ist zu berücksichtigen, dass die Zahlungsbereitschaft der Kunden davon abhängen wird, ob sie vor741

Steuern steuerabzugsberechtigt sind. Weiterhin ist hier von Bedeutung, ob das Unternehmen Vorsteuern abziehen kann. 3. Steuern im externen Rechnungswesen a) Steuerliche Gewinnermittlung. Aufgabe der steuerlichen Gewinnermittlung ist die Ermittlung der Bemessungsgrundlage (bzw. eines Teils oder einer Ausgangsgröße der Bemessungsgrundlage) für Gewinneinkünfte natürlicher Personen, Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften. Ziel der steuerlichen Gewinnermittlung ist die Erfassung der steuerlichen Leistungsfähigkeit, die ein Betrieb in einem Veranlagungszeitraum für seine Eigentümer erwirtschaftet hat. Die Grundform ist der Betriebsvermögensvergleich. Gewinn ist demnach die Änderung des Netto-Betriebsvermögens zwischen zwei Zeitpunkten, korrigiert um Entnahmen und Einlagen. Das Einkommensteuergesetz sieht mehre Formen der Gewinnermittlung vor: Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, Betriebsvermögensvergleich aufbauend auf der Handelsbilanz (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG), Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG: gilt für Land- und Forstwirte) sowie Gewinnermittlung bei Handelsschiffen (§ 5a EStG: Tonnagebesteuerung). Nur die zweite und dritte Variante werden als typische Formen näher betrachtet. Die Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 i.V.m. 5 EStG findet dann Anwendung, wenn eine gesetzliche Buchführungspflicht (nach HGB oder § 141 AO) vorliegt oder für einen Gewerbebetrieb freiwillig Bücher geführt werden. Sie knüpft über das o Maßgeblichkeitsprinzip an handelsrechtliche o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (und damit an das Realisations- und das Imparitätsprinzip) und an die konkrete Handelsbilanz des Betriebs an. Gleichwohl konstatiert das EStG bestimmte Durchbrechun742

gen (z.B. bei o Rückstellungen, insb. Drohverlustrückstellungen, § 5 EStG). Die Verknüpfung zwischen Handels- und o Steuerbilanz (Maßgeblichkeit und umgekehrte Maßgeblichkeit) wurde in den letzten Jahren deutlich gelockert. Zuletzt wurde durch das o BilMoG die umgekehrte Maßgeblichkeit abgeschafft. Zur Reichweite der einfachen Maßgeblichkeit ist eine aktuelle Diskussion entstanden. Ursache hierfür ist die Divergenz zwischen Wortlaut (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG) und Gesetzesbegründung. Nach dem Wortlaut könnten steuerliche Wahlrechte unabhängig von handelsrechtlichen Vorgaben ausgeübt werden (völlige Entkopplung von Handels- und Steuerbilanz: GoB-widrige Ausübung möglich). Demgegenüber ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass die prinzipielle Geltung der GoB auch weiterhin für die Steuerbilanz bestehen sollte. Steuerliche Wahlrechte würden nur für (GoBwidrige) Steuervergünstigungsvorschriften gelten, hingegen seien ansonsten die steuerlichen Wahlrechte GoB-konform auszuüben. Ein hierzu ergangenes BMFSchreiben (12.03.2010) schließt sich der ersten Sichtweise (völlige Entkoppelung von Handels- und Steuerbilanz) an. Häufig führen Steuerpflichtige eigene Steuerbilanzen. Diese können originär oder derivativ aus der Handelsbilanz abgeleitet werden. Hierbei werden bestimmte Abweichungen von der Handelsbilanz direkt in der Steuerbilanz oder erst später in einer Anpassungsrechnung berücksichtigt. Die steuerliche Gewinnermittlung bei Mitunternehmerschaften erfolgt in einem mehrstufigen Prozess. Auf der ersten Stufe wird der gesamthänderische Gewinn ermittelt. Hierbei ist ggf. Mehr- und Minderkapital der einzelnen Mitunternehmer in entsprechenden Ergänzungsbilanzen zu berücksichtigen. Auf einer zweiten Stufe wird für die einzelnen Mitunternehmer ihr Ergebnis aus Leistungsvergütungen für die Überlas-

Steuern sung von Geld- und Sachkapital an die Mitunternehmerschaft und für Arbeitsleistungen im Dienst der Mitunternehmerschaft sowie Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrem Mitunternehmeranteil ermittelt (o Sonderbilanz). Beide Schritte zusammen ergeben die Bemessungsgrundlage des einzelnen Steuerpflichtigen. Die Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG enthält im Vergleich zur Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 i.V.m. 5 EStG deutlich weniger Periodisierungs- und mehr Zahlungselemente, z.B. für die meisten Vorräte, für Rechnungsabgrenzungsposten und für Rückstellungen, wobei der Totalgewinn jenem bei Betriebsvermögensvergleich entsprechen soll. Besteht für Steuerpflichtige keine Buchführungspflicht, so steht ihnen diese Methode offen. In den letzten Jahren hat der Gesetzgeber die Zahlungsorientierung der EinnahmeÜberschussrechnung beschnitten und Elemente der bilanzierenden Gewinnermittlung eingeführt (§ 4 Abs. 3 S. 3-6 EStG). Unter Steuerbilanzpolitik ist die Beeinflussung des auf- oder abgezinsten Werts der Steuerzahlungen im Planungszeitraum durch eine Verschiebung von Bemessungsgrundlagen zwischen Perioden zu verstehen. Neben Zins- und Liquiditätseffekten sind hier für progressive Tarife Progressionseffekte (Änderung des Grenzsteuersatzes durch Verschiebung der Bemessungsgrundlage) und für exogen vorgegebene Änderungen des anwendbaren Tarifs im Zeitablauf Tarifänderungseffekte zu beachten. b) Steuern im Jahresabschluss. In der handelsrechtlichen o Gewinn- und Verlustrechnung sind S. separat auszuweisen. Eine Untergliederung erfolgt nach § 275 Abs. 2, 3 HGB in die Positionen S. vom Einkommen und vom Ertrag (GKV: Nr. 18, UKV: Nr. 17) und sonstige S. (GKV: Nr. 19, UKV: Nr. 18). Unter S.

vom Einkommen und vom Ertrag fallen die Körperschaft- und Gewerbesteuer. Aufwendungen und Erträge aus Aktivierung und Passivierung o latenter Steuern sind hier ebenfalls anzugeben. Nach § 278 HGB sind die S. vom Einkommen und vom Ertrag auf der Grundlage des Beschlusses über die Verwendung des Ergebnisses zu ermitteln. Die Position wird in der Regel einen saldierten Posten enthalten, der auch S. aus vorherigen Perioden enthält (Steuererstattungen und Nachzahlungen). Die Position sonstige S. enthält weitere S., die nicht unter die Position S. vom Einkommen fallen. Dies sind vor allem Substanz- und Verbrauchsteuern. Im Rahmen des Umsatzkostenverfahren (UKV) wird es jedoch nicht beanstandet, wenn die sonstigen S. den einzelnen Unternehmensbereichen zugeordnet werden (§ 275 Abs. 3 Nr. 2, 4, 5 HGB), da beim UKV der Ausweis der betrieblichen Aufwendungen einer sekundären Gliederung nach Funktionsbereichen folgt. Latente S. haben die Funktion, bei Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanzgewinn künftige Steuerzahlungen der (gemäß dem Handelsbilanzgewinn) zutreffenden Periode zuzurechnen. Durch das BilMoG wurde eine Abkehr vom bisherigen Timing-Konzept zum Temporary-Konzept vorgenommen. Das weit gefasste Temporary-Konzept ist bilanzorientiert und sieht eine Bilanzierung von latenten S. vor, die durch unterschiedliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften entstehen, sofern sich die Steuerzahlungsunterschiede später wieder ausgleichen werden. Das HGB beschreibt in § 274 Abs. 1 HGB den Ansatz für aktive (Wahlrecht) und passive (Ansatzpflicht) latente S., die zeitlich begrenzt sind (Timing und quasi permanente Differenzen). Das Temporary-Konzept im HGB lehnt sich an die internationalen Rechnungslegungsvorschriften an (IAS/IFRS). 743

Steuern, latente Lit.: Arndt, H.-W./Jenzen, H.: Grundzüge des Allgemeinen Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2005, S. 45-68; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, S.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Auflage, 2009, S. 462-495, 509545; Homburg, S.: Allgemeine Steuerlehre, 6. Aufl., 2010, S. 1-20; Mumm, M.: Kosten- und Leistungsrechnung, 2008, S. 60-100; Schneider, D.: Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. Aufl., 1992, S. 65-252; Schneider, D.: Steuerlast und Steuerwirkung, 2002; Theile, C.: Totenglocken für das Maßgeblichkeitsprinzip - "Steuerbilanzgesetz" ante portas? – Zum Entwurf eines BMFSchreibens zum Maßgeblichkeitsprinzip, in: DStR 2009, S. 2384-2386; Wagner, F.W.: Ertragsteuern in der Kosten- und Erlösrechnung - Ein Beitrag zur Theorie des Partialkalküls, in: ZfbF 1998, S. 662-676; Wagner, F.W./Heyd, R.: Ertrag- und Substanzsteuern in der entscheidungsbezogenen Kostenrechnung, in: ZfbF 1981, S. 922-935; Wiese, J.: Unternehmensbewertung und Abgeltungssteuer, in: WPg 2007, S. 368-375.

nicht das Problem l. S. Umgekehrt gilt: In Abwesenheit einer Einheitsbilanz wird das handelsrechtliche Ergebnis vor Steuern aktuell und/oder in künftigen Perioden nicht mit der steuerlichen Bemessungsgrundlage übereinstimmen. Der in der handelsrechtlichen GuV ausgewiesene Steueraufwand lässt sich dann nicht (mehr) als handelsrechtliches Ergebnis vor Steuern multipliziert mit dem rechtlichen Steuersatz interpretieren; er ist stattdessen zu hoch oder zu niedrig. Diese Diskrepanz soll durch den Ansatz l. S. (Steuerabgrenzung) in der Handelsbilanz und Buchung entsprechender latenter Steueraufwendungen oder -erträge überwunden werden. Die gleichsam ästhetische Folge des Ansatzes l. S. ist die Interpretation der Handelsbilanz als (fiktive) steuerliche Bemessungsgrundlage und eine aus handelsrechtlicher Perspektive zutreffende o Periodisierung (matching principle) des Steueraufwands bzw. -ertrags.

Jochen Hundsdoerfer/ Frank Hechtner

a) Timing-Konzept. Nach dem GuVorientierten Timing-Konzept sind ausschließlich die Differenzen zwischen steuer- und handelsbilanziellem VorSteuer-Ergebnis Gegenstand der Steuerabgrenzung. Die nur zeitlich unterschiedliche Periodisierung von Betriebseinnahmen und -ausgaben auf der einen und Erträge und Aufwendungen auf der anderen Seite ist sowohl Ursache als auch Bedingung für den Ansatz l. S. Demnach muss es in künftigen Perioden einen GuV-wirksamen Umkehreffekt geben, so dass auf permanente Differenzen – das sind solche, die sich nie umkehren – ein Ansatz l. S. nicht in Betracht kommt (z.B. nichtabzugsfähige Betriebsausgaben wie die Hälfte der Aufsichtsratsvergütung). So abgegrenzt, lässt sich die Höhe l. S. nach folgender Formel bestimmen:

Steuern, latente 1. Überblick Die Ertragsteuerlast eines Unternehmens bestimmt sich summiert aus der Multiplikation des Steuersatzes mit der steuerlichen Bemessungsgrundlage („Steuerbilanz“) der jeweiligen Ertragsteuerart. Die so ermittelte Ertragsteuerlast wird in die handelsrechtliche o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ übernommen. Stimmen sowohl das handelsrechtliche Ergebnis vor Steuern mit der steuerlichen Bemessungsgrundlage als auch das Mengen- und Wertgerüst der Posten in der o Handelsbilanz mit denen aus der o Steuerbilanz überein, liegt eine sog. Einheitsbilanz vor, und es stellt sich 744

2. Konzepte der Steuerabgrenzung

Steuern, latente Latente Steuern = s u (GHB - GStB) mit s = Ertragsteuersatz GHB = Handelsbilanzgewinn vor Steuern GStB = Steuerbilanzgewinn vor Steuern Ist GHB größer als GStB (Fall 1), entstehen ein latenter Steueraufwand und ein korrespondierender Passivposten, umgekehrt (Fall 2) ein latenter Steuerertrag und ein korrespondierender Aktivposten. Fall 1 ergibt sich, wenn ein Ertrag früher als eine Betriebseinnahme (1.1) und/oder ein Aufwand später als eine Betriebsausgabe (1.2) erfasst wird. Umgekehrt ergibt sich Fall 2, wenn ein Ertrag später als eine Betriebseinnahme (2.1) und/oder ein Aufwand früher als eine Betriebsausgabe (2.2) erfasst wird. b) Temporary-Konzept. Nach diesem bilanzorientierten Konzept lösen vorübergehende bilanzielle Differenzen, das sind Ansatz- und Bewertungsdifferenzen zwischen den in der Handelsbilanz erfassten Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren entsprechenden Steuerwerten, die Steuerabgrenzung aus. Voraussetzung ist auch hier, dass es eine Umkehr der Differenz geben muss; sie darf nicht permanent sein. Handelsrechtliches Nettomehrvermögen (höheres Vermögen/niedrigere Schulden im Vergleich zu den Steuerwerten) führt so zu passiven und Nettomindervermögen zu aktiven l. S. Im Fokus steht hier der zutreffende Vermögensausweis. Die Handelsbilanz informiert über die zukünftig zu erwartenden Steuermehrzahlungen (bei handelsrechtlichem Nettomehrvermögen) bzw. -minderzahlungen (bei handelsrechtlichem Nettomindervermögen). c) Vergleich von Timing- und Temporary-Konzept. Sofern sich jede bilanzielle Differenz zwischen Handelsund Steuerbilanz bei ihrer Entstehung auch sofort in der jeweiligen Ergebnis-

rechnung niederschlägt, macht es keinen Unterschied, ob die Steuerabgrenzung nach dem Timing- oder dem TemporaryKonzept ermittelt wird. Das ist bei unterschiedlichem Ansatz von Rückstellungen oder bei Bewertungsunterschieden im abnutzbaren Anlagevermögen oft der Fall. Bilanzielle Differenzen können aber auch bei Zugangsbuchungen von Vermögen und Schulden entstehen, etwa bei Tauschgeschäften und Einbringungsvorgängen (UmwStG), vor allem auch bei der Aufdeckung stiller Reserven und Lasten im Rahmen der Kapitalkonsolidierung eines o share deals. Im Zeitpunkt der Entstehung der Differenz, bei Einbuchung des Vermögens oder der Schulden, schlägt sich diese in den genannten Fällen nicht ergebniswirksam nieder. Infolgedessen kann nach dem Timing-Konzept keine l. S. erfasst werden, wohl aber nach dem Temporary-Konzept. Hinzu kommt: Werden Aufwendungen und Erträge an der GuV vorbei unmittelbar im Eigenkapital erfasst, entstehen ebenfalls nur bilanzielle Differenzen, die nach dem Temporary-Konzept, nicht aber nach dem Timing-Konzept der Steuerabgrenzung zugänglich sind. Solche Sachverhalte sind insbesondere in IFRSAbschlüssen häufig zu beobachten, etwa bei o Finanzinstrumenten der Kategorie available-for-sale oder bei cashflowhedges. Das Temporary-Konzept umfasst daher das Timing-Konzept und geht über dieses hinaus. 3. Historische Entwicklung der Steuerabgrenzung In der anglo-amerikanischen Rechnungslegung hat die Bilanzierung l. S. eine lange Tradition, weil die steuerliche Gewinnermittlung von der handelsrechtlichen getrennt erfolgt (kein o Maßgeblichkeitsprinzip, keine Einheitsbilanz). Bereits im Dezember 1967 ist für o USGAAP-Abschlüsse mit APB Opinion No. 11 ein erstes Statement zur Bilanzierung l. S. nach dem Timing-Konzept her745

Steuern, latente ausgegeben worden. Seit 1988 ist hingegen das Temporary-Konzept anzuwenden (aufgrund von SFAS No. 96); derzeitige Grundlage zur Bilanzierung l. S. ist das 1992 erlassene SFAS No. 109. Ursprünglich sah IAS 12 aus dem Jahr 1979 die Ansatzpflicht l. S. ebenfalls nach dem Timing-Konzept vor. Seit der Neufassung des Standards in 1996 erfolgte auch hier die Übernahme des Temporary-Konzepts. Über die 4. und 7. EG-Richtlinie fand die Steuerabgrenzung Eingang in EUBilanzrecht, in Deutschland durch die §§ 274, 306 HGB, ebenfalls nach dem Timing-Konzept. Seit den erheblichen Änderungen durch das BilMoG gilt auch für HGB-Abschlüsse das TemporaryKonzept. 4. Latente Steuern nach HGB a) Rechtsnormen, persönlicher Anwendungsbereich. Die Steuerabgrenzung ist für den Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften in § 274 HGB geregelt. Als abzugrenzende Steuern vom Einkommen und vom Ertrag kommen somit die Körperschaft- und Gewerbesteuer (und der SolZ) in Betracht. Kleine Kapitalgesellschaften sind formal von der Steuerabgrenzung ausgenommen (§ 274a Nr. 5 HGB), sollen aber, soweit passive l. S. zugleich Rückstellungscharakter aufweisen, diese ansetzen. Für die den Kapitalgesellschaften gleichgestellten Unternehmen i.S.d. § 264a HGB und für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften nach PublG ist die Steuerabgrenzung beschränkt auf die Gewerbesteuer. Im Konzernabschluss richtet sich die Steuerabgrenzung bei der Erstellung der sog. HB II (konzerneinheitliche Bilanzierungsmethoden) ebenfalls nach § 274 HGB (§ 298 Abs. 1 HGB) und für die Erstkonsolidierung und sonstige Konsolidierungsmethoden (Zwischenerfolgseliminierung, Schuldenkonsolidierung) nach § 306 HGB. 746

b) Ansatz. Im Jahresabschluss besteht für einen Passivüberhang l. S. Ansatzpflicht und für einen Aktivüberhang ein Ansatzwahlrecht. Es besteht das Wahlrecht, statt ggf. nur des Überhangs l. S. auch unsaldiert anzusetzen. l. S., die nach § 306 HGB im Konzernabschluss entstehen, sind auch im Fall des aktiven Überhangs ansatzpflichtig. Es besteht das Wahlrecht des unsaldierten Ansatzes. Besondere, gesetzlich kodifizierte Ansatzvoraussetzungen bestehen nicht. Es entspricht aber h.M., Aktiv- und Passivüberhänge imparitätisch zu behandeln. Insoweit kommt der Ansatz eines Aktivüberhangs nur in Betracht, wenn hinreichend realistisch in künftigen Perioden Gewinne zu erwarten sind. Entsteht die Buchwertdifferenz als Ausgangspunkt l. S. erfolgsneutral – Beispiel: Aufdeckung stiller Reserven und Lasten bei der Erstkonsolidierung im Konzernabschluss – ist auch die Steuerlatenz erfolgsneutral einzubuchen. c) Ansatzverbote. Im Konzernabschluss ist der Ansatz l. S. auf einen Geschäfts- oder Firmenwert bzw. einen passiven Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung untersagt. Weil passive l. S. auf einen Geschäfts- oder Firmenwert diesen wiederum erhöhen würden, vermeidet das Verbot nicht nur die rechentechnische Iteration, sondern auch die Aufblähung der Konzernbilanz. Außerdem besteht im Konzernabschluss ein Ansatzverbot für l. S. auf sog. outside basis differences. Hierbei handelt es sich um eine Differenz zwischen dem Wertansatz eines Beteiligungsunternehmens im Abschluss seines Gesellschafters und seinem steuerlichen Buchwert. Wichtiger Anwendungsfall ist die erfolgsneutral im Eigenkapital erfasste Währungsumrechnungsdifferenz nach der modifizierten Stichtagskursmethode (§ 308a HGB), auf die keine l. S. zu berechnen sind. Ohne explizite Nennung eines Verbots in § 274 HGB wird diese Überlegung auch auf

Steuern, latente ausländische Betriebsstätten, die im Jahresabschluss abgebildet werden, zutreffend bezogen. d) Steuersatz. L. S. sind mit dem steuersubjektbezogenen Steuersatz zum Zeitpunkt der Umkehrung der Differenz zu bewerten und nicht abzuzinsen. Die Anwendung des künftigen Steuersatzes ist indes nur möglich bei bereits bekannten und beschlossenen Tarifänderungen. Erfolgt eine solche Steuersatzänderung, ist der Altbestand l. S. neu zu berechnen. Für den Konzernabschluss sind l. S. auf Bilanzierungs- und Bewertungsanpassungen (HB I/HB II-Anpassungen) gem. § 274 HGB mit den für die einzelnen Konzernunternehmen geltenden landesspezifischen Steuersätzen zu bemessen. Für die Steuerabgrenzung auf Konsolidierungsmaßnahmen gem. § 306 HGB kann zumindest bei nur geringen Steuersatzunterschieden ein Durchschnittssteuersatz des Konzerns angewendet werden. e) Verlustvortrag als Steuerabgrenzung. Der ökonomische Vorteil eines steuerlichen Verlustvortrags (analog: Zinsvortrag, Steuergutschrift) ist bei der Berechnung l. S. mit einzubeziehen. Die Aktivierung des Überhangs kommt nur in Betracht, wenn und insoweit in den nächsten 5 Jahren die Nutzung des Verlustvortrags wahrscheinlich ist. Damit ist aus handelsrechtlicher Perspektive eine Steuerplanung erforderlich, die wegen der Mindestbesteuerungsregelung (§ 8 Abs. 1 KStG iVm § 10d Abs. 2 EStG) zusätzliche Komplexität erlangt. Sollte aktiviert worden sein und sich in künftigen Perioden die ursprünglich geschätzten positiven Ergebnisse nicht einstellen, sind die l. S. außerplanmäßig abzuschreiben. f) Ausweis, Anhangangabe. Der Ausweis l. S. erfolgt in gesonderten Posten auf der Aktiv- wie Passivseite der Bilanz. In der GuV ist der latente Steueraufwand bzw. -ertrag gesondert unter den Steuern

vom Einkommen und Ertrag auszuweisen. § 285 Nr. 29 HGB für den Jahresabschluss der großen Kapitalgesellschaft und § 314 Abs. 1 Nr. 21 HGB für den Konzernabschluss sehen ausweislich der Begründung zum BilMoG Erläuterungspflichten zu l. S. auch dann vor, wenn keine l. S. angesetzt worden sind (o Anhang). 5. Latente Steuern nach IFRS a) Rechtsnormen, persönlicher Anwendungsbereich. Die Bilanzierung tatsächlicher und l. S. ist für IFRSAbschlüsse durch IAS 12 geregelt, wobei zwischen Einzel- und Konzernabschlüssen kein Unterschied gemacht wird. Die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich nur auf den gem. § 315a HGB aufzustellenden IFRS-Konzernabschluss und zeigen lediglich die Unterschiede zum HGB auf, weil letzteres seit BilMoG erkennbar IAS 12 zum Vorbild hatte. b) Ansatz. Im Gegensatz zum HGB besteht sowohl für aktive als auch für passive l. S. Ansatzpflicht. Voraussetzung für die Aktivierung ist die Erwartung künftiger zu versteuernder Ergebnisse. Es besteht ein Saldierungsgebot bei (fiktiver) Aufrechnungsmöglichkeit l. S. c) Ansatzverbote. Das Ansatzverbot für l. S. auf einen Unterschiedsbetrag bei der Kapitalkonsolidierung besteht auch nach IAS 12. Im Fall von outside basis differences ist hingegen zu prüfen, ob sich die temporären Differenzen in absehbarer Zeit umkehren; nur dann sind l. S. anzusetzen. Der Umkehreffekt tritt ein, wenn eine Ausschüttung der Tochtergesellschaft an die Mutter oder ihre Veräußerung geplant sind. Insoweit kann das Mutterunternehmen den Ansatz l. S. selbst steuern. Ohnehin kommt die Berechnung l. S. nur auf 5 % des Ausschüttungsbetrags bzw. des Veräußerungserfolgs in Betracht (§ 8b Abs. 5 KStG), so 747

Steuerparadoxon dass sich regelmäßig die Frage der Wesentlichkeit stellt. Besondere Ansatzverbote bestehen beim erfolgsneutralen Zugang (Erstansatz) von Vermögenswerten und Schulden außerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS 3. So kann eine Sacheinlagendifferenz zwar nach HGB, nicht aber nach IAS 12 zu l. S. führen. d) Steuersatz. Es bestehen keine Unterschiede zum HGB. e) Verlustvortrag als Steuerabgrenzung. Auch hier entsprechen die Überlegungen jenen nach HGB. Es gibt allerdings keine explizite 5-Jahres-Frist in der Beurteilung, wenngleich dieser Planungshorizont auch in IFRS-Abschlüssen herrschende Praxis ist. f) Ausweis, Anhangangabe. Der Ausweis l. S. erfolgt in gesonderten Posten auf der Aktiv- wie Passivseite der Bilanz jeweils im langfristigen Bereich. In der GuV ist der latente Steueraufwand bzw. ertrag zusammen mit den tatsächlichen Steuern auszuweisen und im Anhang zu erläutern. Dazu gehört vor allem die sog. steuerliche Überleitungsrechnung, die den Steuereffekt insbesondere auf jene Sachverhalte verdeutlicht, die nicht zu l. S. geführt haben. Außerdem sind temporäre Differenzen auf (aggregierte) Bilanzposten anzugeben. Die Erläuterungen nehmen oft drei und mehr Seiten im Anhang in Anspruch. g) Neuere Entwicklung. Nach dem vorerst gestoppten Entwurf ED/2009/2 aus März 2009 zur vollständigen Überarbeitung des IAS 12 hat das IASB im September 2010 einen Entwurf für geringe Änderungen an IAS 12 vorgelegt (ED/2010/11). Außerdem sind durch das Projekt Financial Statement Presentation Änderungen im Ausweis l. S. zu erwarten. Lit.: DRSC (Hrsg.): DRS 18; Karrenbrock, H.: Latente Steuern, in: HdJ, Abt. IIIa/1, 2007; Loitz, R.: Latente Steu748

ern und steuerliche Überleitungsrechnung – Unterschiede zwischen IAS/IFRS und US-GAAP, in: WPg 2004, S. 11771194; Meyer, M. et al.: Latente Steuern, 2. Aufl., 2010; Pawelzik, K.U.: Latente Steuern (IAS 12), in: Heuser, P.J./Theile, C. (Hrsg.): IFRS-Handbuch, 4. Aufl., 2009, Rz. 2600-2699; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., 2008, S. 213-236; Theile, C.: Latente Steuern im Jahresabschluss nach BilMoG, in: BBK 2010, S. 639-650. Carsten Theile Steuerparadoxon In der o Investitionstheorie Bezeichnung für die Umkehrung von Vorteilhaftigkeitsverhältnissen durch Einführung oder Veränderung von o Ertragsteuern. Die Gründe liegen in der unterschiedlichen zeitlichen Struktur von Sach- und/ oder Finanzinvestitionen und in der Möglichkeit von Abschreibungen auf Sachinvestitionen (o Steuern). Lit.: Schneider, D.: Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. Aufl., 1992, S. 246–250. Steuerpflichtiger Gewinn o Steuerbilanz Stewardship Nach den derzeit noch gültigen o Frameworks des o Financial Accounting Standards Board (FASB) und des o International Accounting Standards Board (IASB) soll die o Rechnungslegung nicht nur entscheidungsnützliche Informationen für Investoren (o Fair Presentation), sondern auch solche Informationen bereitstellen, die eine Beurteilung der Aufgabenwahrnehmung durch das Management in seiner Verantwortung (= S.) gegenüber den Eigentümern ermöglichen. In der aktuellen Reformdiskussion wird überlegt, S. nur noch als Unterziel der Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen zu formulieren.

Stock Options Lit.: Gassen, J.: Are stewardship and valuation usefulness compatible or alternative objectives of financial accounting?, Arbeitspapier, Humboldt-Universität zu Berlin, 2008; Gjesdal, F.: Accounting for stewardship, in: JAR 1981, S. 208-231. Stichprobeninventur o Inventar und Inventur Stichprobenprüfung Form der o Auswahlprüfung; aus dem gesamten Prüfungsfeld wird nur eine Stichprobe geprüft; man unterscheidet nach dem Einfluss des Prüfers auf die Auswahl der Elemente zwischen einer bewussten (bewusst gesteuerten) Auswahl und einer Zufalls- (zufallsgesteuerten) Auswahl (o Prüfung des Jahresabschlusses). Stichtagsinventur o Inventur und Inventar Stichtagsmethode o Währungsumrechnung Stille Lasten o Lasten, stille Stille Reserven o Rücklagen, stille Stille Rücklagen o Rücklagen, stille Stillsetzungskosten o Kosten, die durch den auftretenden Wechsel des Betriebszustands eines Aggregats bedingt sind. Stillstandskosten o Kosten, die direkt oder indirekt von der Dauer der Betriebsunterbrechung abhängig sind. S. können einmalig oder laufend während einer Betriebsunterbrechung anfallen. Stock Options 1. Begriff und Ausgestaltungsformen Als S. (Mitarbeiter-Aktienoptionen) werden o Bezugsrechte auf o Aktien bezeichnet, die Aktiengesellschaften ihren

Mitarbeitern, insb. Führungskräften, als Vergütungsbestandteil gewähren. Die Mitarbeiter erhalten das Recht, innerhalb einer Frist von mehreren Jahren Aktien zu einem im Voraus festgelegten Preis zu erwerben und können auf diese Weise an einem steigenden Aktienkurs partizipieren. In Deutschland erfolgt die Ausgabe von S. i.d.R. auf der Grundlage von § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG mit Lieferung der Aktien aus einer bedingten o Kapitalerhöhung oder § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG mit Lieferung zurückerworbener o eigener Anteile. In beiden Fällen sind nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG eine Sperrfrist bis zur ersten Ausübungsmöglichkeit von mindestens vier Jahren sowie vor der Ausübung zu erreichende Erfolgsziele festzulegen. Der Deutsche Corporate Governance Kodex (o Corporate Governance) enthält in Abschnitt 4.2.3 ähnliche Vorgaben. Neben S. existieren weitere Vergütungsinstrumente, die eine Anbindung an die Aktienkursentwicklung ermöglichen. Neben der Gewährung von verfügungsbeschränkten Aktien (restricted shares) zu einem gegenüber dem aktuellen Aktienkurs vergünstigten Preis, können hierbei auch sog. virtuelle Eigenkapitalinstrumente eingesetzt werden, mit denen die finanziellen Konsequenzen des Besitzes von Aktien oder Aktienoptionen durch Zahlungen des Unternehmens nachgebildet werden (share appreciation rights = virtuelle Aktienoptionen; phantom shares = virtuelle Aktien). Verbreitet ist auch die Vertragsgestaltung, dass das Unternehmen bei Ausübung von S. wahlweise Aktien liefert oder eine Ausgleichszahlung leistet. 2. Bilanzierung Vorschriften

nach

internationalen

a) Regelungsgrundlage. Nach o IFRS und o US-GAAP bestehen mit den Standards IFRS 2 „Anteilsbasierte Vergütung“ bzw. SFAS 123R „Share-based Payment“ detaillierte Regelungen für 749

Stock Options sämtliche Transaktionen, bei denen Unternehmen Anteile gewähren, um empfangene Güter, Dienst- oder Arbeitsleistungen zu vergüten. Damit fallen auch Kapitalerhöhungen gegen o Sacheinlage in den Anwendungsbereich der Standards. Die allgemeinere Bezeichnung der anteilsbasierten (anstelle von aktienbasierten; im englischen share-based anstelle von stock-based) Vergütung soll zum Ausdruck bringen, dass die Anwendung der Regelungen nicht auf die Rechtsform der o Aktiengesellschaft beschränkt ist. SFAS 123R ist inhaltlich nahezu identisch mit IFRS 2, so dass auf eine separate Darstellung im Folgenden verzichtet wird. b) Bilanzansatz. Gewährt ein Unternehmen Optionen auf Anteile am Unternehmen als Entgelt für empfangene Leistungen, kommt es nach IFRS 2.7 grundsätzlich zu einer ergebnisneutral in den Kapitalrücklagen zu vereinnahmenden Eigenkapitalerhöhung (o Eigenkapital). Die empfangene Leistung ist grundsätzlich zu aktivieren. Bei der Ausgabe von S. ist die empfangene Leistung, d.h. die Arbeitsleistung der vergüteten Mitarbeiter, jedoch nicht aktivierungsfähig. Es soll deshalb nach IFRS 2.8 gleichzeitig mit der ergebnisneutralen Eigenkapitalerhöhung ein Aufwand in gleicher Höhe erfasst werden. Hierin kommt der Verbrauch der zugegangenen, aber nicht aktivierungsfähigen Ressourcen zum Ausdruck. Werden S. wie nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG gefordert mit einer Sperrfrist versehen, ist nach IFRS 2.14 davon auszugehen, dass Leistungen über den gesamten Zeitraum bis zur ersten Ausübungsmöglichkeit vergütet werden. Sowohl die ergebnisneutrale Eigenkapitalerhöhung als auch die korrespondierende Aufwandsbuchung sind dann über den Leistungszeitraum linear zu verteilen. Bereits zu Beginn dieses Zeitraums soll berücksichtigt werden, dass ein Teil der Mitar750

beiter während der Sperrfrist ausscheiden und damit den Anspruch auf Ausübung der S. verlieren wird. Weicht die tatsächliche Ausfallrate von der erwarteten Ausfallrate ab, ist der insgesamt in Kapitalrücklage und Personalaufwand zu buchende Betrag später zu korrigieren. Eine Korrektur der Anzahl der ausgegebenen S. soll auch dann erfolgen, wenn nichtkapitalmarktbezogene Erfolgsziele, z.B. ein mindestens zu erreichender Ergebnisanstieg, nicht erreicht werden und S. deshalb verfallen. Für virtuelle S. ist nach IFRS 2.7 eine o Rückstellung zu bilden. Dienen die virtuellen S. als Vergütung für mehrere Jahre, ist die Rückstellung nach IFRS 2.32 ratierlich aufzubauen. Für den kombinierten Einsatz von echten und virtuellen Aktienoptionen sind in IFRS 2.34-43 detaillierte Regelungen vorgesehen, auf die an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen werden soll. c) Bilanzbewertung. Die Höhe der ergebnisneutralen Eigenkapitalerhöhung soll sich nach IFRS 2.10 grundsätzlich nach dem beizulegenden Zeitwert (o Fair Value) der erhaltenen Leistungen zum Zugangszeitpunkt richten. Handelt es sich hierbei jedoch – wie bei der Vergütung mit S. – um Arbeitsleistungen, soll ersatzweise der beizulegende Zeitwert der Eigenkapitalinstrumente zum Zeitpunkt der Gewährung ermittelt werden. Da für S. nur in den seltensten Fällen Marktpreise vorliegen dürften, ist der beizulegende Zeitwert nach IFRS 2.17 mit Optionsbewertungsmodellen zu schätzen (o Optionspreistheorie). Hierbei sind die Besonderheiten von S. zu beachten, wozu neben der Sperrfrist insb. auch kapitalmarktbezogene Erfolgsziele, wie z.B. ein zu erreichender Mindestaktienkurs oder das Schlagen eines Vergleichsindex, zählen. Die Bewertung der S. erfolgt einmalig zum Gewährungszeitpunkt. Eine Anpassung an spätere Veränderungen des Aktienkurses

Stock Options und anderer Einflussfaktoren soll nicht stattfinden. Rückstellungen für virtuelle S. sind ebenfalls mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Jedoch erfolgt hier eine fortlaufende Bewertung. Dabei sind die der Optionsbewertung zugrunde liegenden Annahmen und Einflussfaktoren zu jedem Bilanzstichtag auf Aktualität zu prüfen und anzupassen. Bei Ausübung ist die Rückstellung ergebniswirksam an den Zahlungsbetrag anzupassen. 3. Bilanzierung nach HGB Nach HGB gibt es zur Bilanzierung von S. keine expliziten Vorschriften. In der Literatur wird jedoch vielfach die Auffassung vertreten, dass § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB zur Bilanzierung bei der entgeltlichen Ausgabe von Options- und Wandelschuldverschreibungen analog anzuwenden sei, was zu einer weitgehenden Übereinstimmung mit den Regelungen nach IFRS 2 und SFAS 123R führt. Diese Auffassung lag auch dem vom o DSR 2001 vorgelegten und vom o IDW unterstützten Standardentwurf EDRS 11 „Bilanzierung von Aktienoptionsplänen und ähnlichen Entgeltformen“ zugrunde. Auch für die Bildung von Rückstellungen für virtuelle S. wurden mit den internationalen Vorschriften vergleichbare Regelungen vorgeschlagen. Nach der Neuausrichtung des o DRSC im Jahr 2003 ist das Standardisierungsprojekt jedoch nicht weiter verfolgt worden. Vielfach wird aber auch die gänzlich andere Auffassung vertreten, die Gewährung von S. berühre als Reichtumsverschiebung zwischen Altaktionären und potenziellen Neuaktionären allein die Gesellschaftersphäre und sei deshalb bilanziell nur insofern zu erfassen, als der Gesellschaft bei Ausübung der Optionen liquide Mittel zufließen. Diese Argumentation kann aber nicht überzeugen, da die Arbeitsleistungen der vergüteten Mitar-

beiter für die Gesellschaft erbracht werden und somit deren Leistungssphäre sehr wohl berührt wird. Vereinzelt wird die Meinung vertreten, für noch ausstehende S. solle eine Rückstellung gebildet werden, die bei Ausübung der Optionen in das Eigenkapital umzubuchen ist. Aufgrund der Klassifizierung ausstehender Optionsrechte als Fremdkapital steht dieser Vorschlag jedoch eindeutig im Widerspruch zur Bilanzierung entgeltlich gewährter Optionsrechte nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB. Bei der Bilanzierung virtueller S. besteht Einigkeit darüber, dass die unsichere Zahlungsverpflichtung durch eine Rückstellung abzubilden ist. Unterschiedliche Meinungen existieren jedoch zum relevanten Wertmaßstab. Neben der u.a. in E-DRS 11 vorgeschlagenen und mit IFRS 2 übereinstimmenden Bewertung zum zeitanteiligen Fair Value wird auch die Bewertung zum jeweils aktuellen inneren Wert der Optionsrechte vorgeschlagen. Der innere Wert ist der Betrag, um den der aktuelle Aktienkurs zum Bilanzstichtag den Ausübungspreis übersteigt, und entspricht somit der Zahlung, die das Unternehmen bei sofortiger Ausübung der virtuellen Optionen leisten müsste. Lit.: Herzig, N./Lochmann, U.: Steuerbilanz und Betriebsausgabenabzug bei Stock Options, in: WPg 2002, S. 325-344; IDW (Hrsg.): WP-Handbuch, Band I, 13. Aufl., 2006, S. 457-466; Küting, K./Dürr, U.: IFRS 2 Share-based Payment – ein Schritt zur weltweiten Konvergenz?, in: WPg 2004, S. 609-620; Lochmann, U.: Besteuerung aktienkursorientierter Vergütungsinstrumente, 2004; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, Kapitel 18; Pellens, B./Crasselt, N.: Virtuelle Aktienoptionsprogramme im Jahresabschluß, in: WPg 1999, S. 765-772; Pellens, B./Crasselt, N.: Bilanzierung von Stock Options: Sta751

Strategische Kalkulation tus quo und aktuelle Entwicklungen, in: Küting, K./Weber, C.-P. (Hrsg.): Vom Financial Accounting zum Business Reporting, 2002, S. 147-171; Pellens, B./Crasselt, N.: Exkurs: Bilanzierung von Aktienoptionsplänen, in: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Hrsg.): Bilanzrecht, 14. Aktualisierung 2006, § 272, Rz. 801-921; Rossmanith, J./Funk, W./ Alber, M.: Stock Options – Neue Bilanzierungs- und Bewertungsansätze nach IFRS 2 und SFAS 123 (R) im Vergleich, in: WPg 2006, S. 664-671; Schmidt, L.: Bilanzierung von Aktienoptionen nach IFRS 2 – Darstellung und ökonomische Analyse, 2006; Thiele, S.: Die Bilanzierung von Aktienoptionsplänen auf der Basis bedingter Kapitalerhöhungen vor dem Hintergrund des GoB-Systems – Ist die Kritik an E-DRS 11 gerechtfertigt?, in: WPg 2002, S. 766-769.

Jahreskosten) und für die Ermittlung von Gewinnen (Stückgewinne, Periodengewinne) einer simultanen Periodisierung durch Anwendung der Zinseszinsrechnung bedient. Die d. S. führt bei richtiger Anwendung zu rechnungstheoretisch exakten Lösungen und verkürzt die Lösungswege enorm.

Nils Crasselt

3. Theoretische Grundlegung Kosten ergeben sich aus einer isolierten Periodisierung (Zurechnung) und Normalisierung einzelner (vergangener, gegenwärtiger und zukünftig erwarteter) Ausgaben (transitorische und antizipative Abgrenzungen). „Kosten“ sind die Rechnungsgrößen einer „statischen“ Rechnungsweise, die den Zeitfaktor nicht oder in nicht hinreichender Weise berücksichtigt bzw. berücksichtigen kann. Die Kostenrechnung versucht, diesen gravierenden Mangel der Nichtberücksichtigung des Zeitfaktors durch die Verrechnung von kalkulatorischen Zinsen auf das (durchschnittlich) gebundene Kapital etwas zu korrigieren.

Strategische Kalkulation o Kalkulation, strategische Strategische Planung o Planung, strategische Strategisches Controlling o Controlling, strategisches o Konzern-Controlling Strenges Niederstwertprinzip o Niederstwertprinzip Stückdeckungsbeitrag o Deckungsbeitrag pro Produkteinheit. Stückerlöse o Erlöse pro Produkteinheit. Stückkosten o Kosten pro Produkteinheit. Stückkostenrechnung, dynamische 1. Begriff Die „d. S.“ ist ein Kalkulationsverfahren, das auf die mühselige und ungenaue „isolierte“ Periodisierung von Ausgaben (o „Kosten“) verzichtet und sich für die Ermittlung von „Kosten“ (Stückkosten, 752

2. Anwendung Als Beispiele für die Anwendungsmöglichkeiten der d. S. können genannt werden: die Stückkostenrechnung bei Monoproduktion (Stückkostennachweis in Preisverfahren!), die Ermittlung des Billigstbieters (Bestbieters) bei indexgeschützten Angebotspreisen, die Ermittlung der kostenminimalen Nutzungsdauer von Anlagen bei unterschiedlichen Jahresleistungen und die Lebenszykluskostenrechnung.

Die Zurechnung von Ausgaben auf Bezugsgrößen (Planungs- bzw. Abrechnungsperioden bzw. Leistungen) in Form ihrer Umrechnung in „Kosten“ besteht in der Lösung folgender Probleme: – erstens ist zu ermitteln bzw. zu prognostizieren, wann und wofür der für eine vergangene bzw. gegenwärtige bzw. zukünftig noch zu leistende Ausgabe erhaltene Gegenwert im

Stückkostenrechnung, dynamische Leistungsprozess verbraucht worden ist bzw. verbraucht werden wird.

ler Weise miteinander zu verknüpfen bzw. simultan zu periodisieren.

– zweitens ist zu ermitteln bzw. zu prognostizieren, wann die aus dem Güter- und Dienstleistungseinsatz resultierenden Leistungen erzielt worden sind bzw. noch zu erzielen sein werden und

4. Das klassische Anwendungsbeispiel Anlass für die Entwicklung der „d. S.“ durch den Verfasser war ein Preisverfahren beim österreichischen Verwaltungsgerichtshof (1979), das die „Rohölaufsuchungs-AG“ in Bekämpfung eines amtlichen Preisbescheides, Erdgas betreffend, veranlasst hatte.

– drittens ist zu ermitteln bzw. zu prognostizieren, wann die erstellten Leistungen verkauft worden sind bzw. noch verkauft werden können. Das grundsätzliche Bestreben der Zurechnung von Ausgaben bzw. von Kosten hat somit darin zu bestehen, sie in bestmögliche Korrelation mit den erzielten bzw. verkauften Leistungen zu bringen. Problematisch, weil kaum mehr überschaubar und handhabbar wird die konventionelle Technik der isolierten Periodisierung von Ausgaben (und Einnahmen) in Fällen jener Unternehmungen, in denen zwischen den betrieblichen Ausgaben und Einnahmen eine unüberschaubare Fülle von Interdependenzen besteht. In diesen Fällen ist die Umrechnung von vergangenen, gegenwärtigen und zukünftig erwarteten Ausgaben in „Kosten“ (gleiches gilt für die Umrechnung von Einnahmen in „Erträge“) unzweckmäßig, weil zu aufwendig und ungenau, da man bei der Unzahl isolierter Periodisierungen nicht allen Interdependenzen ausreichend Rechnung tragen kann. Auf Grund der Erfolgsverbundenheit der einzelnen Abrechnungsperioden (= Jahre) sind die einzelnen Ausgaben (und Einnahmen) zweckmäßigerweise nicht jeweils für sich den einzelnen Jahren und/oder Leistungen zuzurechnen (nicht isoliert zu periodisieren), sondern als Auszahlungen und Einzahlungen zu Zahlungsströmen (Outflow, Inflow, Cashflow) zusammenzustellen und durch ein „dynamisches“ Rechenverfahren in idea-

Ausgaben eines Kohlewasserstoffbergbauunternehmens für die Exploration können nur jenen Jahren sinnvoll zugerechnet werden, in denen gefördert wird, wobei jedoch die Belastung der Förderjahre mit Explorationsausgaben auch nicht gleichmäßig, sondern nach Maßgabe der jährlichen Fördermenge vorzunehmen wäre. Mit einer derartig gewogenen Zuordnung der Explorationsausgaben auf die Förderjahre bzw. Fördermengen ist das Problem der Durchführung einer ökonomisch sinnvollen Rechnung jedoch noch nicht vollständig gelöst, da ja für die Zeit, die zwischen den Zeitpunkten der Verausgabung der Explorationsausgaben und den Zeitpunkten ihrer anteiligen Verrechnung als Kosten Zinsen (auf die jeweils noch nicht als Kosten verrechneten Explorationsausgaben) in Ansatz gebracht werden müssten. Die dynamische Berechnung von Jahreskosten mittels der sog. Annuitätenmethode löst das Problem der Periodisierung von ungleichmäßig anfallenden Ausgaben (Exploration, Förderung), wenn die jährliche Förderleistung vom ersten bis zum letzten Jahr als konstant gegeben ist. Dieser einfache Fall liegt in der Realität jedoch nicht vor. Die dynamisch zu berechnenden Kosten sind somit noch mit den unterschiedlichen jährlichen Förderleistungen in eine vollständige Korrelation zu bringen. Die Lösung dieses speziellen Problems liegt darin, die dynamisch ermittelten 753

Stückkostenrechnung, dynamische (durchschnittlichen) Jahreskosten durch die dynamisch ermittelte durchschnittliche jährliche Förderleistung zu dividieren. Die dynamisch ermittelten durchschnittlichen Jahreskosten der Exploration und Förderung errechnen sich aus der Multiplikation der Summe aller auf den Explorationsbeginn t0 abgezinsten Explorations- und Förderungsausgaben (von t0 bis tn) mit dem sog. „Annuitätsfaktor“ r n r  1 rn  1

gem. Zinseszinsentabelle D Vnp .

Die dynamisch ermittelte durchschnittliche jährliche Förderleistung errechnet sich aus der Multiplikation der Summe der auf den Zeitpunkt t0 (Explorationsbeginn) diskontierten Förderleistungen mit dem Annuitätsfaktor ( D Vnp ). Die Kosten pro m3 geförderten (verkauften) Gases errechnen sich somit nach folgender Formel:

Kosten pro m3 v Dnp u ¦ Barwert aller Ausgaben

D u ¦ diskontierte gesamte Fördermenge v np

Da der Wert für D Vnp (für gleichen Zinssatz und gleiche Totalperiode) sowohl im Zähler wie auch im Nenner dieser Formel aufscheint, lassen sich die durchschnittlichen Kosten für 1 m3 gefördertes (verkauftes) Gas auch nach folgender Formel ermitteln: Kosten pro m3 ¦ Barwert aller Ausgaben ¦ diskontierte gesamte Fördermenge

Der Ansatz „kalkulatorischer Kosten“ für Abschreibung und Zinsen erübrigt sich, da an Stelle der Abschreibungen die Investitionsausgaben in Ansatz gebracht werden und die Zinsen in idealer Weise durch das Verfahren selbst (Abzinsung 754

sowie Multiplikation mit dem Annuitätsfaktor) berücksichtigt werden. Zu beachten ist, dass die in vergangenen Jahren angefallenen Ausgaben in aller Regel in Währungseinheiten höherer Kaufkraft geleistet wurden, als sie heute als Zahlungseinheit und Recheneinheit Verwendung finden. Vor Anwendung der „eigentlichen“ d. S. sind die nominellen Jahresausgabensummen noch auf Kaufkraftparität umzurechnen (Deflationierungstechnik). Das erhaltene Rechenergebnis (Stückkosten) ist in Währungseinheiten der (geringeren) Kaufkraft zukünftiger Perioden umzurechnen (zu inflationieren). 5. Ein Rechenbeispiel a) Angaben. Es sind unter Berücksichtigung von 4% realer Verzinsung p.a. und 6% Inflationsrate p.a. die jährlichen dynamischen Stückkosten (vollkostendeckende Preise) in Währungseinheiten der Kaufkraft des jeweiligen Jahres zu ermitteln. Der Rechnungszeitraum beträgt 6 Jahre. Jährliche Ausgaben in Euro: 10.000 bzw. 30.000 bzw. 50.000 bzw. 60.000 bzw. 40.000 bzw. 30.000 Jährliche Leistung in Stück: 0 bzw. 1.000 bzw. 2.000 bzw. 3.000 bzw. 4.000 bzw. 2.000. b) Barwert aller Ausgaben in Kaufkrafteinheiten zum Zeitpunkt t0: Siehe Tabelle 1. c) Diskontierte Mengen: Siehe Tabelle 2 d) Kosten pro Einheit in t0: Kosten / Stück Barwerte in t 0 in Kaufkrafteinheiten von t 0 Diskontierte Menge 152.984,54 15,09 10.135,30

Stückkostenrechnung, dynamische

t

Ausgaben nominell

Deflationierungsfaktor 1,06 -t

Ausgaben in Kaufkrafteinheiten zum Zeitpunkt t 0

Deflationierungsfaktor 1,04 -t

Barwert in t 0 in Kaufkrafteinheiten von t 0

1

10.000,-

0,943396

9.433,96

0,961538

9.071,11

2

30.000,-

0,889996

26.699,88

0,924556

24.685,53

3

50.000,-

0,839619

41.980,95

0,888996

37.320,90

4

60.000,-

0,792094

47.525,64

0,854804

40.625,11

5

40.000,-

0,747258

29.890,32

0,821927

24.567,66

6

30.000,-

0,704961

21.148,82

0,790315

16.714,23

220.000,-

176.679,57

152.984,54

Tab. 1: Barwert aller Ausgaben in Kaufkrafteinheiten zum Zeitpunkt t0 t

Deflationierungsfaktor 1,04 -t

Menge

Diskontierungsmenge

1

0

0,961538

0,00

2

1.000

0,924556

924,56

3

2.000

0,888996

1.777,99

4

3.000

0,854804

2.564,41

5

4.000

0,821927

3.287,71

6

2.000

0,790315

1.580,63

12.000

10.135,30

Tab. 2: Diskontierte Mengen

t

Menge

Preis

Erlös nominell

Deflationierungsfaktor 1,1024 -t

Barwert in t 0 in Kaufkrafteinheiten von t 0

1

0

16,00

0,00

0,907111

0,00

2

1.000

16,96

16.959,87

0,822851

13.955,45

3

2.000

17,98

35.954,94

0,746418

26.837,41

4

3.000

19,06

57.168,36

0,677085

38.707,85

5

4.000

20,20

80.797,92

0,614192

49.625,40

6

2.000

21,41

42.822,90

0,557141

23.858,40

12.000

233.703,99

152.984,51

Tab. 3: Probe

755

Stufenkonsolidierung e) Stückpreise in den diversen Jahren: in t0: in t1: 15,09 * 1,06 = in t2: 16,00 * 1,06 = in t3: 16,96 * 1,06 = in t4: 17,98 * 1,06 = in t5: 19,06 * 1,06 = in t6: 20,20 * 1,06 =

€ 15,09 € 16,00 € 16,96 € 17,98 € 19,06 € 20,20 € 21,41

f) Probe. Bei Umrechnung der Erlöse in Kaufkrafteinheiten von t0 und Diskontierung auf diesen Zeitpunkt t0 (siehe Tabelle 3) ergibt sich dieselbe Summe (152.984,51) wie bei der Umrechnung der Ausgaben in Kaufkrafteinheiten von t0 und Diskontierung auf den Zeitpunkt t0. Die Richtigkeit der Rechnung ist somit bewiesen. 6. Abschließende Hinweise Zusatzkosten, denen keine Ausgaben gegenüberstehen (z.B. „Unternehmerlohn“) sowie kalkulatorische Gewinnzuschläge (in absoluten Beträgen) können durch Einfügung entsprechender fiktiver Ausgaben in den Ausgabenstrom berücksichtigt werden. Scheingewinnsteuern lassen sich ebenfalls durch entsprechende Modifikationen des vorgestellten Verfahrens in Ansatz bringen. Sollen auch die kalkulatorischen Zinsen für die Lagerung der Fertigfabrikate in die Kalkulation einbezogen werden, so sind der d. S. nicht die hergestellten Mengen, sondern die abgesetzten Mengen zugrunde zu legen. Lit.: Seicht, G.: Die dynamische Stückkostenrechnung, in: krp 1979, S. 201-212; Seicht, G.: Dynamische Stückkostenrechnung und Anwendungsbeispiele, in: Seicht, G. (Hrsg.), Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen, 2002, S. 1-47; Seicht, G.: Moderne Kosten- und Leistungsrechnung, 11. Aufl., 2001, S. 324-340; Seicht, G.: Zur Dynamisierung der Kostenrechnung, in: Seicht, G. (Hrsg.): Kostenrechnung und Controlling, 1991, S. 13-67; insb. S. 55-67. Gerhard Seicht 756

Stufenkonsolidierung = o Kettenkonsolidierung Stufenleiterverfahren = Stufenverfahren = Treppenverfahren Verfahren zur mehrstufigen Kostenumlage. Wenn der innerbetriebliche Leistungsstrom über mehrere Stufen in eine Richtung fließt, lassen sich die Kosten abrechnungstechnisch sukzessive von einer Kostenstelle in die folgende transferieren (o Betriebsabrechnungsbogen). Stufenverfahren = o Stufenleiterverfahren Stufenweise Deckungsbeitragsrechnung = o Fixkostendeckungsrechnung Stuttgarter Verfahren Verfahren der o Unternehmensbewertung, dass von der Finanzverwaltung bis 2008 bei Erbschaften und Schenkungen zur Ermittlung des o gemeinen Werts von nicht notierten Aktien und Anteilen angewandt wurde. Beim S. handelte es sich um eine spezielle Variante der o Übergewinnverrentung. Das S. zum 01.01.2009 durch das vereinfachte Ertragswertverfahren (o Betriebsvermögensermittlung, steuerliche) abgelöst. Substance over form Grundsatz anglo-amerikanischer Bilanzierungssysteme. Hiernach soll für die Abbildung eines Sachverhalts in der Rechnungslegung nicht die rechtliche Gestaltung (legal form) ausschlaggebend sein. Vielmehr ist auf den wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen (economic substance). Beispielsweise erfolgt die Bilanzierung von Leasinggeschäften nicht beim rechtlichen, sondern wirtschaftlichen Eigentümer. Anhand dieses Grundsatzes der wirtschaftlichen Betrachtungsweise werden u.a. auch die Voraussetzungen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses sowie die Kriterien zur Abgrenzung des Konsolidierungskreises festgelegt.

Substanz- und Kapitalerhaltung Lit.: Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 170-172. Substanzerhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Substanzsteuer = Bestandssteuer o Steuern, die an das Vorhandensein eines Vermögensbestands anknüpfen und nicht am erzielten Erfolg einer Periode (Gegensatz zu o Ertragsteuern). Substanz- und Kapitalerhaltung 1. Begriffe Die S. sind Unternehmenserhaltungskonzeptionen, die der Gewinnermittlung zu Grunde liegen. Ein Gewinn entsteht dann, wenn ein Unternehmen über die reine Erhaltung eines bestimmten Anfangsbestandes (Unternehmenserhaltung) hinaus zusätzliches Vermögen bzw. Kapital erzielt. Die Unternehmenserhaltungskonzeption beeinflusst direkt die Gewinndefinition und ist deshalb im Rechnungswesen von besonderer Bedeutung. Die wesentlichen in der Literatur diskutierten Konzeptionen werden wie folgt systematisiert: – Geldkapitalerhaltung zielt auf die Erhaltung des Eigenkapitals des Unternehmens ab. Je nach der Zielstellung wird unterschieden zwischen der nominalen und der realen Geldkapitalerhaltung. Ziel der nominalen Geldkapitalerhaltung ist es, den Anfangsbestand des Eigenkapitals in Einheiten der effektiven Währung zu bewahren. Die reale Geldkapitalerhaltung dagegen hat zum Ziel, die Kaufkraft des Eigenkapitals zu erhalten. Der Geldkapitalerhaltung entspricht ein geldmäßiger Gewinnbegriff. – Substanzerhaltung zielt auf die Erhaltung der Aktiva des Unternehmens ab. Zielgröße ist demzufolge der Geldbetrag, der nötig ist, um die ge-

samten Vermögenswerte (BruttoSubstanzerhaltung) bzw. die eigenkapitalfinanzierten Vermögenswerte (Netto-Substanzerhaltung) nutzenidentisch wiederzubeschaffen, wobei der technische Fortschritt zu berücksichtigen ist. Der Substanzerhaltung entspricht ein gütermäßiger Gewinnbegriff. – Erfolgskapitalerhaltung zielt darauf ab, den Gegenwartswert des Erfolgskapitals (bestimmt durch zeitliche Verteilung, Höhe und Risiko der erzielbaren zukünftigen Free Cashflows) des Unternehmens zu erhalten. Der Erfolgskapitalerhaltung entspricht ein wertmäßiger Geldbegriff. Diese Konzeption stellt auf den Gesamtunternehmenswert ab und entspricht dem o Shareholder Value-Konzept. 2. Korrespondierende Bewertungsprinzipien Den unter 1. vorgestellten Unternehmenserhaltungskonzeptionen werden bestimmte Bewertungsprinzipien zugeordnet. Die nominale Geldkapitalerhaltung entspricht einer Bewertung zu o Anschaffungskosten. Bei steigenden Preisen entstehen jedoch Scheingewinne, d.h. zumindest Teile des Gewinns beruhen auf Inflationseffekten. Werden diese Scheingewinne ausgeschüttet, kommt es dadurch zu einer tatsächlichen Substanzverringerung. Deshalb wird nach der realen Geldkapitalerhaltung auf Basis von kaufkraftbereinigten Anschaffungskosten bewertet. Dies wird erreicht, indem als Maßgröße für die zu Grunde liegende Recheneinheit des Geldes entweder der Preis eines wertstabilen Gutes bzw. der Wechselkurs gegenüber einer stabilen Fremdwährung herangezogen wird oder generelle Preisindizes Anwendung finden. Die erste Möglichkeit ist nur von theoretischem Interesse, da tatsächlich keine völlig wertstabilen Güter und stabile Währungen existieren und darüber 757

Substanz- und Kapitalerhaltung hinaus die Preissituation sehr spezifisch betrachtet wird und nicht die gesamtwirtschaftliche Lage widerspiegelt. Die zweite Möglichkeit (Preisindex) wird deshalb in der Regel bevorzugt, wobei aus praktischer Sicht jedoch unklar ist, welcher Index zu wählen ist.

3. Anwendungsfelder

bzw. oberhalb des Buchwerts des Vorjahres kommen. Diese höhere Bewertung führt jedoch nicht direkt zu einem höheren Gewinn. Vielmehr ist der so entstandene Differenzbetrag als o Neubewertungsrücklage im o Eigenkapital zu berücksichtigen (zumindest in der Höhe, in der die aktuelle Werterhöhung eine vorherige Wertminderung übersteigt). Eine Verringerung des Buchwerts aufgrund der Neubewertung ist dagegen direkt ergebniswirksam zu berücksichtigen (zumindest in der Höhe, in der die Wertminderung die Neubewertungsrücklage übersteigt). Ein ähnliches Vorgehen erlaubt IAS 38 für immaterielle Vermögenswerte. Auch hier ist das Neubewertungsmodell erlaubt, jedoch nur dann, wenn ein o aktiver Markt für den immateriellen Vermögenswert vorliegt. Beide Beispiele zeigen, dass auch im externen Rechnungswesen in einigen Fällen die Substanzerhaltung in der Bilanz abgebildet wird (weitere Beispiele finden sich in IAS 39 und 40). Die Einrichtung der Neubewertungsrücklage zeigt, dass das Prinzip der Substanzerhaltung nicht gänzlich in die Gewinnkonzeption des externen Rechnungswesens übernommen wird.

Im externen Rechnungswesen wird nach HGB generell die nominale Geldkapitalerhaltung abgebildet. Die in den letzten Jahren zunehmende Fair Value-Bilanzierung (o Fair Value) in der internationalen Rechnungslegung zeigt, dass in einigen Fällen auch die Substanzerhaltung von Bedeutung ist. So ist nach IAS 16 (Sachanlagen) für die Folgebewertung von Sachanlagevermögen alternativ zum Anschaffungskostenmodell auch das o Neubewertungsmodell erlaubt. Nach dem Neubewertungsmodell wird laut IAS 16.32 f. eine marktbasierte Bewertung, die Anwendung eines Ertragswertverfahrens oder die Wiederbeschaffungswertmethode, durchgeführt. Dabei kann es zu einer Bewertung der Sachanlagen oberhalb der Anschaffungskosten

Obwohl im externen Rechnungswesen vorrangig auf die nominale Geldkapitalerhaltung und die Substanzerhaltung abgestellt wird, hat auch die reale Geldkapitalerhaltung ihre Berechtigung. So verdeutlicht das Aufkommen der Diskussion in der deutschen Fachliteratur in den 1920er Jahren die Bedeutung der realen Geldkapitalerhaltung – gerade bei hoher Inflation. In diesem Fall führt eine rein nominale Geldkapitalerhaltung real zu einem starken Rückgang des Eigenkapitals und gefährdet so den Fortbestand des Unternehmens. In der Literatur finden sich unter dem Stichwort „inflation accounting“ vielfältige Diskussionen zur möglichst objektiven Berücksichtigung der realen Geldkapitalerhaltung. Die

Die Substanzerhaltung wird abgebildet, wenn die Bewertung aller Vermögenswerte (Brutto-Substanzwert) bzw. der eigenkapitalfinanzierten Vermögenswerte (Netto-Substanzwert) zu o Wiederbeschaffungskosten erfolgt. Aus Praktikabilitätsgründen werden statt individueller Wiederbeschaffungskosten meist Preisindexgruppen für spezielle Gütergruppen verwendet. Insofern ergeben sich in der Umsetzung der Substanzerhaltung zwangsläufig Ähnlichkeiten zur realen Geldkapitalerhaltung. Während die Geldkapitalerhaltung und die Substanzerhaltung auf der Einzelbewertung beruhen, basiert die Erfolgskapitalerhaltung auf der Gesamtbewertung des Unternehmens, wobei Verfahren der Unternehmensbewertung zur Anwendung kommen.

758

Substanzwert Schwierigkeiten, den Kaufkraftverlust des Eigenkapitals objektiv zu bestimmen, führen jedoch dazu, dass bei niedriger Inflation die wesentlich einfachere nominale Geldkapitalerhaltung bevorzugt wird. Zur Berücksichtigung der Inflation im externen Rechnungswesen in den USA verlangte die o SEC in den 1970er Jahren die zusätzliche Angabe der Wiederbeschaffungskosten (replacement costs). In mehreren empirischen Studien konnte jedoch kein signifikanter Effekt dieser zusätzlichen Information auf die Aktienpreise der betroffenen Unternehmen festgestellt werden, d.h. diese Information ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung für Kapitalmarktteilnehmer irrelevant (eventuell aufgrund der Tatsache, dass Investoren die Auswirkungen von Inflation selbst berücksichtigen und somit die Information zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung schon eingepreist wurde). In Deutschland schlug Schmidt (1951) die organische Tageswertbilanz zur Kontrolle der Unternehmenserhaltung vor. Darauf basierend veröffentlichte der Hauptfachausschuss des o Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) in den 1970er Jahren eine Stellungnahme „Zur Berücksichtigung der Substanzerhaltung bei der Ermittlung des Jahresergebnisses“, worin eine Ergänzungsrechnung vorgeschlagen wird, die Zeit- und Wiederbeschaffungswerte berücksichtigt und somit die o Gewinn- und Verlustrechnung korrigieren soll. Diese Stellungnahme hat jedoch nur einen informativen Charakter. Obwohl die 4. EGRichtlinie (Richtlinie 78/660/EWG) ein nationalstaatliches Wahlrecht zur Einführung einer Substanzrücklage vorsah, wurde dieses in Deutschland nicht in Anspruch genommen. Im internen Rechnungswesen wird die Substanzerhaltung abgebildet. Dementsprechend erfolgt eine Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens auf Ba-

sis von Wiederbeschaffungskosten bzw., wenn diese nicht verfügbar sind, auf Basis von Zeitwerten. Deshalb entstehen Anderskosten, wenn die Abschreibungen auf Basis von Wiederbeschaffungskosten angesetzt oder die Materialverbräuche bei steigenden Einkaufspreisen mit den höheren Wiederbeschaffungskosten bewertet werden. D.h. die Kosten nach dem internen Rechnungswesen unterscheiden sich in ihrer Höhe von den Aufwendungen des externen Rechnungswesens. Darüber hinaus spielen die Wiederbeschaffungskosten in der Preiskalkulation eine wichtige Rolle. Dies verdeutlicht, dass die S. nicht nur die Gewinnkonzeption und darauf basierend die Ausschüttungsentscheidung eines Unternehmens beeinflussen, sondern auch direkt in unternehmerischen Entscheidungsprozessen Eingang finden. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 12291265; Lev, B./Ohlson, J.A.: MarketBased Empirical Research in Accounting: A Review, Interpretation, and Extension, in: JAR 1982, S. 249-322; IDW: HFA-Stellungnahme 2/1975: Zur Berücksichtigung der Substanzerhaltung bei der Ermittlung des Jahresergebnisses, in: WPg 1975, S. 614-616; Schmidt, F.: Die organische Tageswertbilanz, 1951. Frank Schiemann Substanzwert Im Kontext der o Unternehmensbewertung die Summe der einzelnen Marktwerte, die die Vermögensgegenstände eines Unternehmens bei Wiederbeschaffung haben (Reproduktionsneuwert); werden entsprechend dem Lebensalter der tatsächlich vorhandenen Wirtschaftsgüter die bisher eingetretenen Wertminderung abgesetzt, so entsteht der Reproduktionsaltwert. Bei Hinzufügung der geschätzten Wiederbeschaffungskosten aller nicht bilanzierungsfähigen Werte, wie z.B. geschätzte Ausgaben für den Neuaufbau 759

Subtraktionsmethode der Organisation (o Geschäftswert), erhält man den Gesamtreproduktionswert, anderenfalls einen Teilreproduktionswert. Der Bruttosubstanzwert entspricht der Summe der Wiederbeschaffungswerte des betriebsnotwendigen Vermögens, zuzüglich des Liquidationswerts des nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Beim Nettosubstanzwert wird die Summe aller Schulden subtrahiert. Dem S. als Reproduktionswert mangelt es am Bezug zu künftigen Zahlungsströmen und damit zum Gesamtwert der Unternehmung. Lit.: Sieben, G./Maltry, H.: Der Substanzwert der Unternehmung, in: Peemöller, V. (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 4. Aufl., 2009, S. 541-566. Subtraktionsmethode = o Restwertrechnung Subventionen Zahlungen (Zuwendungen) oder Verzicht auf Abgaben durch die öffentliche Hand zugunsten bestimmter Wirtschaftssubjekte ohne spezielle Gegenleistungen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, zum Teil nur bei Einhaltung von Auflagen, und ohne Rückerstattung. S. können zur Alimentierung von o Investitionen (o Investitionshilfen) oder von laufenden Aufwendungen (Betriebszuschüsse) geleistet werden. Summenabschluss Additive Zusammenfassung der jeweils gleichartigen Positionen der hinsichtlich möglicher Ansatz- und Bewertungswahlrechte vereinheitlichter Einzelabschlüsse (o Handelsbilanz II) aller zu konsolidierenden Unternehmen zur Vorbereitung des o Konzernabschlusses. Sunk costs o Kosten, die durch Entscheidungen in der Vergangenheit festgelegt wurden und durch künftige Entscheidungen nicht 760

mehr zu verändern sind (o Kosten, fixe und variable). Lit.: Krahnen, J.P.: Sunk Costs und Unternehmensfinanzierung, 1991. Swap Ein derivatives o Finanzinstrument, bei dem zwei Vertragsparteien wechselseitig Zahlungsströme der Gegenpartei übernehmen. Beispielsweise werden bei einem Zins-S. die variablen Zinsen für einen Kredit gegen feste Zinsen für einen Kredit der Gegenpartei eingetauscht. Gegenstand von S.-Geschäften können des Weiteren auch Zahlungsströme in unterschiedlichen Währungen (Währungs.-S.) und Kreditausfallrisiken (credit default swap, CDS) sein. S. werden von Unternehmen als Instrument des o Risikomanagements genutzt und unterliegen den Regeln der o Sicherungsbilanzierung. Synergieeffekte = Verbundeffekte = Economies of scope Als S. werden Werteffekte aus dem Zusammenschluss von Unternehmen bezeichnet. Sie können u.a. entstehen: – in der Produktion, z.B. aufgrund der Vorteile der Massenproduktion; – im Marketing, z.B. durch verstärkte Nutzung des Vertriebs- und Servicenetzes eines Partners; – in der Forschung und Entwicklung, z.B. durch gemeinsame Forschungsinvestitionen; – im Finanzbereich, durch gegenseitige Finanzierung der Unternehmen; – in der Verwaltung, durch eine bessere Auslastung. S. sind in der o Unternehmensbewertung durch eine Anpassung der erwarteten o Cashflows zu berücksichtigen und beeinflussen die Preisgrenzen von Käufer und Verkäufer bei Unternehmenstransaktionen. Lit.: Coenenberg, A.G./Sautter, M.T.: Strategische und finanzielle Bewertung

Systemprüfung von Unternehmensakquisitionen, DBW 1988, S. 691-710.

in:

Systematisches Risiko o Capital Asset Pricing Model Systemprüfung Prüfung von betrieblichen Prozessen nach Maßgabe des Verfahrensablaufs. Alternative zur o Einzelfallprüfung.

761

T Tageswert Als T. wird der Geldbetrag bezeichnet, für den ein o Vermögensgegenstand bzw. o Vermögenswert am Bewertungsstichtag ungebraucht (Tagesneuwert) oder gebraucht (Tagesgebrauchtwert) beschafft oder abgesetzt werden könnte. Vom Tagesneuwert kann durch den Ansatz von kumulierten o Abschreibungen entsprechend der bereits abgelaufenen Nutzungsdauer auf den Tagesaltwert geschlossen werden. Der T. wird für die o Kostenbewertung, zur Beachtung des o Niederstwertprinzips und in manchen o Bilanztheorien für die o Substanzund Kapitalerhaltung als Ansatz verwendet. Takeover Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes oder durch einzelne Personen, mitunter aufgrund eines öffentlichen Angebots zum Kauf oder Tausch der Anteile mit Einwilligung (freundliche Übernahme, friendly t.) oder gegen den Willen des Managements der zu übernehmenden Gesellschaft (feindliche Übernahme; hostile bzw. unfriendly t.). Tannenbaumprinzip Das sich aus der Systematik des o control-Konzepts ergebende T. besagt, dass bei einem mehrstufigen o Konzern nicht nur das sich an der Konzernspitze befindende o Mutterunternehmen, sondern auch die einzelnen o Tochterunternehmen zur Aufstellung eines o Teilkonzernabschlusses verpflichtet sind. Target Costing = Marktorientiertes Zielkostenmanagement 1. Grundlagen Mit T. wird ein umfassendes Kostenplanungs-, -steuerungs- und -kontrollinstrument bezeichnet, das ausgehend von einem wettbewerbsfähigen Marktpreis unter Berücksichtigung einer geplanten Gewinnmarge retrograd die Kostenober762

grenze eines Produktes und seiner Komponenten bestimmt. Es beeinflusst die Kosten eines Produktes bereits in seiner Entwicklungsphase, so dass sich die Kostensteuerung über den gesamten Produktlebenszyklus nicht nur auf der Ebene der Prozess-, sondern auch der Produktgestaltung vollzieht. T. wirkt im Sinne einer marktorientierten Steuerung als Bindeglied zwischen den Markterfordernissen und den betriebsinternen Prozessen. 2. Vorgehensweise Das T. umfasst folgende Schritte: a) Festlegung der Allowable Costs. Ausgehend von Marktanalysen wird zunächst der wettbewerbsfähige Preis eines Produktes ermittelt. Die Differenz aus diesem Marktpreis und einer geplanten Gewinnmarge entspricht den vom Markt erlaubten Zielkosten (Allowable Costs). b) Spaltung der Allowable Costs. Die zunächst für das Produkt ermittelten Zielkosten sind im nächsten Schritt auf die einzelnen Bestandteile des Produktes aufzuteilen. Mithilfe von Marktforschungsmethoden, z.B. der ConjointAnalyse, ist hierzu das Anforderungsprofil der Kunden zu bestimmen. Die identifizierten Produktfunktionen sind hinsichtlich der Kundenpräferenzen zu gewichten. c) Bestimmung der Drifting Costs. Unter Berücksichtigung der geforderten Produktfunktionen und deren Gewichtung wird für das Produkt ein erster Entwurf erstellt. Der Grobentwurf setzt sich aus Produktkomponenten zusammen, mit denen spezielle Produktfunktionen realisiert werden sollen. Hierbei ist festzuhalten, welchen Beitrag die einzelnen Komponenten zur Erfüllung der Produktfunktionen leisten. Schließlich sind die erwarteten Kosten der Produktkomponenten zu prognostizieren (Drifting Costs). d) Ermittlung der Zielkostenindizes. Der Zielkostenindex entspricht dem Verhältnis zwischen der Bedeutung einer

TEG Komponente für die Produktfunktionen und dem Kostenanteil der Komponente. Die durch eine Komponente verursachten Kosten sollten das gleiche Gewicht haben, wie die durch sie realisierten Produktfunktionen (entspricht einem Zielkostenindex von 1). e) Optimierung der Zielkostenindizes. Um den optimalen Zielkostenindex von 1 wird eine Zielkostenzone definiert, in der sich die einzelnen Zielkostenindizes befinden sollen. Ein Zielkostenindex mit einem Wert kleiner eins deutet auf eine zu teure Ausgestaltung einer Komponente hin. Nicht mehr tolerierbare Abweichungen definieren Schwerpunkte für Verbesserungsmaßnahmen. 3. Instrumentelle Unterstützung Zur Unterstützung des T. können verschiedene Methoden und Techniken eingesetzt werden: a) Zielkostenkontrolldiagramm. Im Zielkostenkontrolldiagramm wird dem Kostenanteil einer Komponente dessen Teilgewicht gegenübergestellt. Aus der Darstellung lassen sich Anhaltspunkte für Kostensenkungen und Verbesserungen der Komponenten gewinnen. b) Cost Tables. Cost Tables enthalten detaillierte unternehmensindividuelle Kostendaten. Die Kostengrößen werden für unterschiedliche Material-, Produktions- und Konstruktionsvarianten eines Teiles bestimmt. c) Value Engineering. Im Rahmen des Value Engineering erfolgt eine systematische Analyse der Produktfunktionen und der damit verbundenen Kosten mit dem Ziel, etwaige Einsparungspotenziale zu identifizieren. d) Prozesskostenrechnung. Bei der Bestimmung der Drifting Costs kann die o Prozesskostenrechnung eingesetzt werden, um die Gemeinkosten verursachungsgerecht auf die Kostenträger zu verteilen.

e) Ergänzende Instrumente. Darüber hinaus finden im Rahmen des TargetCosting-Prozesses beispielsweise das Benchmarking, das Erfahrungskurvenkonzept, das Qualitätsmanagement, die Break-Even-Analyse und das Simultaneous Engineering Anwendung. 4. Beurteilung T. ist die marktorientierte Ergänzung bestehender Kostenmanagementsysteme. T. sichert bereits in der Entwicklungsphase die Ausrichtung der Aktivitäten an den vom Kunden gewünschten Produktmerkmalen und -eigenschaften. Damit trägt T. dazu bei, die Produktrentabilitäten auch bei steigender Wettbewerbsintensität langfristig zu erhalten bzw. zu steigern. Insb. vermag das Konzept des T. durch die marktgerechte und produktfunktionale Betrachtung Anstöße zur Struktur- und Technologieveränderung zu geben. T. eignet sich insb. für wettbewerbsintensive Branchen mit geringen Gewinnmargen und kurzen Produktlebenszyklen. Lit.: Coenenberg, A.G./Fischer, T.M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 7. Aufl., 2009, Kap. 14; Sakurai, M.: Target Costing and how to use it, in: JCM 1989, Heft 2, S. 39-50; Seidenschwarz, W.: Target Costing, 2. Aufl., 2010. Wolfgang Berens/Andreas Hoffjan Technical Bulletins Verlautbarungen des o FASB, die sich auf Rechnungslegungsprobleme einzelner Unternehmen oder spezieller Branchen beziehen und somit nur für einen kleineren Kreis von Rechnungslegern Relevanz besitzen. T. durchlaufen nicht den Standardsetzungsprozess. Technical Expert Group (TEG) o European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) TEG = Technical Expert Group o European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) 763

Teilgewinnabführungsvertrag Teilgewinnabführungsvertrag o Gewinnabführungsvertrag Teilgewinnrealisierung o Langfristfertigung Teilkonzernabschluss Ein o Konzernabschluss, den ein o Mutterunternehmen, das gleichzeitig auch o Tochterunternehmen (o Zwischenholding) ist, aufstellen und publizieren muss. Für die Aufstellung, Prüfung und Publizität des T. gelten nach deutschem Recht grundsätzlich die Vorschriften der §§ 290-330 HGB. Von der Aufstellungspflicht eines T. kann die Zwischenholding befreit werden, wenn das übergeordnete Mutterunternehmen einen o befreienden Konzernabschluss gem. §§ 291, 292 HGB erstellt und publiziert. Teilkostenrechnung o Kostenrechnungssystem, in dem nur Teile der Gesamtkosten, insb. nur die variablen o Kosten (o Deckungsbeitragsrechnung, o Grenzkostenrechnung) oder die o Einzelkosten (o Einzelkostenrechnung) auf die Produkte oder Dienstleistungen verrechnet werden; Gegensatz: o Vollkostenrechnung. Teilreproduktionswert o Substanzwert Teilwert 1. Begriff Der T. ist ein speziell steuerlicher Wertbegriff, der erstmals im EStG und BewG von 1934 gesetzlich fixiert wurde. Die Definition in den §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG und 10 BewG hat sich seitdem nicht verändert. Der Wortlaut ist in beiden Vorschriften identisch, wenn man von den unterschiedlichen Bezeichnungen „Betrieb“ und „Unternehmen“ absieht. Nach herrschender Meinung bestehen auch inhaltlich keine Abweichungen zwischen dem T. im EStG und im BewG. Demnach ist der T. der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen 764

des Gesamtkaufpreises für das einzelne o Wirtschaftsgut ansetzen würde: es ist dabei von der Fortführung des Betriebes auszugehen. Der T. wird somit durch drei Annahmen geprägt: (1) fiktiver Verkauf des ganzen Betriebes, (2) Betriebsfortführung, (3) Verteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter. Durch den T. soll eine Verbindung zwischen Einzelbewertung und Gesamtbewertung hergestellt werden, wobei der T. den Wert eines einzelnen Wirtschaftsguts darstellt. Dabei ist der Zusammenhang zwischen dem Gesamtwert der Unternehmung (o Unternehmensbewertung) und dem T. der einzelnen Wirtschaftsgüter ungeklärt, worauf auch im Wesentlichen die am T.-Begriff geäußerte Kritik beruht. Den Gegensatz zum T. bildet der Gemeine Wert (§ 9 BewG), der dem Einzelveräußerungspreis eines Wirtschaftsguts entspricht, der – losgelöst vom ganzen Betrieb – im normalen Geschäftsverkehr erzielt wird. 2. Zweck Durch den Ansatz des T. soll berücksichtigt werden, dass der Wert eines Wirtschaftsgutes als Teil einer wirtschaftlichen Einheit ein anderer ist als der Einzelveräußerungspreis oder auch der Wert eines derartigen Wirtschaftsguts, wenn es nicht zu einem Betriebsvermögen gehört. Es ist also der Wert anzusetzen, der sich gerade wegen der Betriebszugehörigkeit ergibt, um auf diese Weise den wertbestimmenden Einfluss der Betriebszugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zu berücksichtigen. 3. Anwendung Der T. findet insb. Anwendung im Ertragsteuerrecht. Zum einen stellt er einen Korrekturwert zu den o Anschaffungs- und Herstellungskosten dar und zum anderen bildet er die Bewertungsgrundlage von o Einlagen und o Entnahmen.

Teilwert a) Korrekturwert. Die Wirtschaftsgüter des nichtabnutzbaren o Anlagevermögens und des o Umlaufvermögens sind mit ihren Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und die des abnutzbaren Anlagevermögens mit ihren fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Ist jedoch der T. aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger als diese Werte, so kann dieser niedrigere Wert beim Anlagevermögen und Umlaufvermögen angesetzt werden. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt dann vor, wenn der Wert eines Wirtschaftsguts voraussichtlich nachhaltig unter den Buchwert sinkt. Dies ist bei abnutzbarem Anlagevermögen dann anzunehmen, wenn der T. für die Hälfte der Restnutzungsdauer unterhalb des planmäßig abgeschriebenen Buchwertes liegt (BFH vom 14.03.2006, BStBl. 06 II, S. 680). Bei börsennotierten Aktien, die im Anlagevermögen als Finanzanlage gehalten werden, ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung keine konkreten Hinweise für eine baldige Werterholung vorliegen (BFH vom 26.09.2007, BStBl. 09 II, 294). Innerhalb des Umlaufvermögens wird eine voraussichtlich dauernde Wertminderung dann angenommen, wenn bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung oder bis zum Verbrauchs- oder Veräußerungszeitpunkt keine Werterholung eintritt. Eine Pflicht zur Teilwertabschreibung aufgrund des o Maßgeblichkeitsprinzips besteht durch Neuformulierung des § 5 Abs. 1 EStG nicht mehr (BMF-Schreiben vom 12.03.2010 – IV C 6 – S 2133/09/10001; s. 6.). Als spezielle steuerrechtliche Bewertungsnorm geht die T.-Definition dabei dem handelsrechtlichen niedrigeren beizulegenden Wert vor (s. 4. d)). In der Rechtsprechung und Literatur wird für den Ansatz des niedrigeren T. der Begriff der T.Abschreibung verwendet.

b) Bewertungsgrundlage. Einlagen und Entnahmen sind grundsätzlich mit dem T. anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 EStG), um die Wertentwicklungen im betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich voneinander abzugrenzen, die unterschiedliche steuerliche Konsequenzen entfalten können. Auch in den Fällen einer Betriebseröffnung oder eines entgeltlichen Betriebserwerbs werden die Wirtschaftsgüter grundsätzlich mit dem T. bewertet (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 und 7 EStG). 4. Ermittlung Probleme einer Operationalisierung der T.-Definitionen ergeben sich insb. bei der Verteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter und der Fixierung des Gesamtkaufpreises im Rahmen der fiktiven Veräußerung. Zunächst versuchte der Reichsfinanzhof den T. der einzelnen Wirtschaftsgüter mit Hilfe einer Differenzmethode zu bestimmen. Der T. wäre demnach der Betrag, den ein Erwerber des Betriebes weniger zahlen würde, wenn das zu bewertende Wirtschaftsgut nicht zum Betrieb gehören würde. Diese Methode ist ebenso gescheitert wie die Zurechnungsmethode, bei der der fiktive Gesamtkaufpreis so auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen wäre, wie es ihrer Bedeutung für den Gesamtwert entspricht. Trotz der offenbar unüberwindbaren theoretischen Probleme bei der Operationalisierung des T.-Begriffs halten Gesetzgeber und Rechtsprechung an diesem Konzept fest. Zur Praktizierung des T.-Begriffs hat die Rechtsprechung ein System von T.Vermutungen geschaffen, die innerhalb der T.-Grenzen liegen. Die T.Vermutungen haben sich jedoch von der T.-Definition entfernt. a) Teilwertgrenzen. Die Untergrenze für die Bemessung des T. ist der Einzelveräußerungspreis, der i.d.R. mit dem Verkehrswert oder dem gemeinen Wert identisch ist. Der Einzelveräußerungspreis kommt als T. insb. derjenigen Wirt765

Teilwert schaftsgüter in Betracht, die für den Betrieb entbehrlich oder jederzeit ersetzbar sind. Mindestens deckt sich der Einzelveräußerungspreis mit dem Material- oder Schrottwert abzüglich der Veräußerungskosten. Als Obergrenze des T. werden regelmäßig Wiederbeschaffungskosten angesehen. Das sind diejenigen Aufwendungen, die anfallen würden, um ein Wirtschaftsgut gleicher Art und Güte am Bewertungsstichtag wiederzubeschaffen oder wiederherzustellen. Bei der Ermittlung des T. sind die Wiederbeschaffungskosten maßgebend, die sich in dem betreffenden Betrieb ergeben, da der T.Begriff von einer Fortführung des Betriebes durch den Erwerber ausgeht. Bei diesen Grenzen handelt es sich um Eckwerte, so dass auch ein Zwischenwert als T. denkbar ist. b) Teilwertvermutungen. Von der Rechtsprechung sind folgende Vermutungen bezüglich des T. eines Wirtschaftsguts entwickelt worden: (1) Der T. zum Zeitpunkt der Anschaffung bzw. Herstellung ist gleich den Anschaffungsbzw. Herstellungskosten; an späteren Bilanzstichtagen entspricht der T. (2) bei nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, (3) bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens den um die AfA geminderten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und (4) bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens den Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten zum Bilanzstichtag. c) Widerlegung der Teilwertvermutungen. Diese Vermutungen können sowohl vom Steuerpflichtigen als auch vom Finanzamt entkräftet werden, wenn Tatsachen und Umstände dafür dargelegt werden können. Als ausreichende Gründe gelten im Allgemeinen: (1) gesunkene Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten, (2) Anschaffung bzw. Herstellung war Fehlmaßnahme, (3) 766

Wertminderung durch Mängel, Unbrauchbarkeit, technisches Veralten etc., (4) Verkaufserlöse sind zu gering zur Deckung der Selbstkosten und des Gewinnaufschlags, (5) mangelnde Rentabilität des gesamten Betriebs. d) Neuere Ansätze zur Teilwertermittlung. Der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Meinung zufolge ist der niedrigere steuerliche T. überwiegend aus den aktuellen individuellen Wiederbeschaffungskosten abzuleiten (vgl. insb. die Vermutung über den niedrigeren T. beim Umlaufvermögen und die Widerlegung der T.-Vermutung). Der niedrigere T. entspricht dabei i.d.R. zugleich dem niedrigeren beizulegenden Wert des Handelsrechts. Neueren Ansätzen zur T.Ermittlung liegt demgegenüber ein eher funktionales, d.h. auf den Sinn und Zweck der gesetzlichen T.-Konzeption gerichtetes T.-Verständnis zugrunde. Daraus wird dann etwa die Forderung abgeleitet, den T. nach Maßgabe einer an künftigen Aufwandsüberschüssen orientierten Verlustantizipation bzw. unter Einbeziehung anderer klar zuzuordnender Bewertungsfaktoren oder besonderer Vorteile zu ermitteln (Moxter). Dieser Auffassung folgt auch der BFH in seinem Urteil zur Bewertung unverzinslicher Arbeitnehmerdarlehen (BFH vom 30.11.1988, BStBl. 1990 II, S. 117), in dem er eine T.-Abschreibung mit Hinweis darauf ablehnt, dass auch ein gedachter Erwerber für aus sozialen Gründen gewährte unverzinsliche Darlehen an Arbeitnehmer sehr wohl den Nennwert vergüten würde. Dessen ungeachtet wäre handelsrechtlich allerdings tatsächlich von einem niedrigeren beizulegenden Wert auszugehen. 5. Folgebewertung Für die Folgebewertung ist zu unterscheiden, ob Wirtschaftsgüter bei der erstmaligen betrieblichen Erfassung mit dem T. angesetzt werden, oder ob Wirtschaftsgüter einer T.-Abschreibung un-

Teilwert terliegen. Sofern ersteres gegeben ist, erfolgt die Folgebewertung (hier: Vornahme planmäßiger Abschreibungen) abhängig von der Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen (abnutzbares / nicht abnutzbares Anlagevermögen) oder Umlaufvermögen. Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden planmäßig abgeschrieben. Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens unterliegen dagegen keiner planmäßigen Abschreibung. Falls bei Wirtschaftsgütern eine T.Abschreibung vorgenommen wird (s. 3. a)), ist für die Folgebewertung nicht die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Anlage- oder Umlaufvermögen relevant, sondern der Nachweis des Steuerpflichtigen über die Höhe des aktuellen Wertes. Der Steuerpflichtige muss, um weiterhin den niedrigeren T. ansetzen zu können, nachweisen, dass der niedrigere T. tatsächlich dauerhaft fortbesteht. Sofern eine Werterholung eingetreten ist, z.B. durch Wegfall des Abschreibungsgrundes oder aber auch durch Vorliegen einer Wertsteigerung des Wirtschaftsgutes, ist der höhere T. anzusetzen, maximal jedoch die fortgeführten Anschaffungsoder Herstellungskosten. Handelsrechtlich muss dagegen für das Beibehalten des niedrigeren Wertes nachgewiesen werden, dass der Grund der außerplanmäßigen Abschreibung weiter besteht. Da der ursprüngliche Grund der Abschreibung für den steuerrechtlichen Nachweis eines dauerhaft niedrigeren T. unerheblich ist, kann es steuerlich zu einer Wertaufholung kommen, die keiner handelsrechtlichen Wertaufholung gegenübersteht. Demnach unterscheiden sich die handelsrechtliche und steuerrechtliche Folgebewertung nach Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung bzw. Teilwertabschreibungen voneinander.

6. Teilwert und autonome Steuerbilanzpolitik Derzeit noch umstritten ist, ob das steuerliche Wahlrecht zur T.-Abschreibung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 S. 2 EStG nach Aufgabe der formellen Maßgeblichkeit durch das BilMoG unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden kann und insoweit eine autonome Steuerbilanzpolitik möglich wird. Vor dem BilMoG (BGBl. 2009 I, S. 1102) mussten steuerliche Wahlrechte wegen der formellen Maßgeblichkeit in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz ausgeübt werden. Dies bedeutete, dass beim Aufeinandertreffen einer handelsrechtlichen Abschreibungspflicht nach dem Niederstwertprinzip und einem steuerlichen Abschreibungswahlrecht auch steuerlich abgeschrieben werden musste und damit das steuerliche Wahlrecht von der handelsrechtlichen Abschreibungspflicht überlagert wurde. Da der Maßgeblichkeitsgrundsatz durch das BilMoG neujustiert wurde, können steuerliche Wahlrechte nach Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit m.E. eigenständig und ohne Einfluss des Maßgeblichkeitsprinzips ausgeübt werden. Zu diesen eigenständig ausübbaren steuerlichen Wahlrechte wird nach dem BMF-Schreiben vom 12.03.2010 – IV C 6 – S 2133/09/ 10001 auch das Wahlrecht zur T.-Abschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 S. 2 EStG gezählt. Offen ist bisher jedoch, inwieweit der Stetigkeitsgrundsatz Einfluss auf die Ausübung der steuerlichen Wahlrechte nimmt. § 5 Abs. 1 S. 1, 2. HS EStG bestimmt schließlich, dass i.R.d. steuerlichen Wahlrechtsausübung von den maßgebenden handelsrechtlichen GoB abgewichen werden kann, zu denen auch der Stetigkeitsgrundsatz zählt. Sofern der Stetigkeitsgrundsatz innerhalb der steuerlichen Wahlrechtsausübung keine Berücksichtigung findet, könnte dies dazu führen, dass das Wahlrecht zur T.-Abschreibung jährlich neu, also abweichend vom Vor767

Teilwertabschreibung jahr, wahrgenommen werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass neben dem handelsrechtlichen Stetigkeitsprinzip auch steuerlich ein Willkürverbot besteht, das eine gewisse Stetigkeit erzwingt. Dies folgt auch aus dem Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung, da auf eine gleichmäßige Besteuerung und eine Erfassung des vollen Periodenerfolges abgezielt wird. Lit.: Biergans, E.: Einkommensteuer, 6. Aufl., 1992, S. 421 ff.; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S: 106 ff.; Diller, M./Grottke, M.: Die Konzeption von Teilwert und gemeiner Wert – dargestellt am Beispiel des Wechsels vom Teilwert zum gemeinen Wert im Rahmen des SEStEG, in: Steuer und Studium 2007, S. 69-74; Herzig, N./Rieck, U.: Bilanzsteuerliche Aspekte des Wertaufholungsgebotes im Steuerentlastungsgesetz, in: WPg 1999, S. 305-318; Herzig, N.: BilMoG, Tax Accounting und Corporate Governance-Aspekte, in: DB 2010, S. 18; Knobbe-Keuk, B.: Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 1993, S. 174 ff.; Kozikowski, M./Roscher, K./Schramm, M.: § 253 HGB, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010, Rn. 20; 320 ff.; Moxter, A.: Funktionales Teilwertverständnis, in: Rückle, D. (Hrsg.): Aktuelle Fragen der Finanzwirtschaft und der Unternehmensbesteuerung, FS Loitlsberger, 1991, S. 473-481; MüllerDott, J.P.: Der steuerliche Teilwert, in: Kley, M.D. et al. (Hrsg.): Steuerrecht – Steuer- und Rechtspolitik – Wirtschaftsrecht und Unternehmensverfassung – Umweltrecht, FS Ritter, 1997, S. 215225; Wöhe, G.: Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. Aufl., 1997, S. 407ff., 457ff.; 473ff. Norbert Herzig Teilwertabschreibung o Teilwert 768

Teilwertvermutungen o Teilwert Temporary Differences o Steuern, latente Temporary-Konzept o Steuern, latente Tensor-Buchhaltung Erweiterung der o Matrix-Buchhaltung, bei der zusätzlich zu der Verknüpfung von den im Soll und im Haben gebuchten Konten Verknüpfungen zu weiteren Merkmalen (z.B. Prozess, Kunde) hergestellt werden. Lit.: Hartmann, T.: Ein Rechnungswesen-Informationssystem auf Basis der Tensorbuchhaltung, 2004. Termingeschäft o Finanzinstrumente Tertiärabweichung Abweichung höheren Grades, die auf drei Abweichungsursachen gleichzeitig zurückzuführen ist, z.B. eine Kostenabweichung beim Materialverbrauch aufgrund einer gestiegenen Verbrauchsmenge, eines gestiegenen Einkaufpreises und einer höheren Beschäftigung (o Abweichungsanalyse). Testat = o Bestätigungsvermerk Theorien des Rechnungswesens 1. Einführung Das R. (hier verkürzend für betriebliches R.) ist ein Informationssystem des Unternehmens, das Informationen – überwiegend monetäre, aber auch nichtmonetäre – für verschiedene Zwecke und Adressaten zur Verfügung stellt. Die R.Forschung beschäftigt sich daher ganz allgemein mit dem Aufbau und der Funktionsweise von Systemen des R., insb. im Hinblick auf die Wirkung der von ihr generierten Informationen in sozialen Systemen. Während im internen R. die Adressaten der Kommunikation Mitglieder

Theorien des Rechnungswesens der Organisation (Manager und Mitarbeiter) sind, weitet sich für das externe R. der Adressatenkreis auf relevante Stakeholder wie Eigentümer, Lieferanten, Kunden und Banken sowie die Öffentlichkeit, vertreten durch Medien oder Nichtregierungsorganisationen. Angesichts eines solch umfassenden Gegenstandes ist es nicht verwunderlich, dass es eine einheitliche Theorie des R. ebenso wenig gibt wie eine einheitliche Theorie der Betriebswirtschaftslehre. Anspruch der R.-Forschung ist es, mithilfe von Theorien ihre Ziele wie z.B. Erklärung, Prognose und Gestaltung von Phänomenen im R. zu erreichen. Unter Theorie soll im Folgenden eine Menge von Aussagen verstanden werden, die in einem systematischen Zusammenhang stehen. Aufgrund des umfassenden Gegenstands werden in der R.-Forschung eine Vielzahl von Theorien entwickelt,

was ein sehr vielfältiges und damit auch heterogenes Bild dieser Forschung vermittelt. Häufig findet sich jedoch eine Leitidee, die den Theorien gemeinsam ist, den Kern eines Wissenschaftsprogramms ausmacht und den Forschenden einen ähnlichen Blickwinkel auf ihren Forschungsgegenstand vermittelt. Neben den Wissenschaftsprogrammen lassen sich Theorien in der R.-Forschung nach weiteren Kriterien einteilen. 2. Theorienvielfalt Um Ordnung in die Vielfalt der Theorien zu bekommen, werden die Theorien im Hinblick auf drei Dimensionen eingeteilt, die nicht als Klassifikationen, sondern als Typologien zu verstehen sind (Abb. 1). Zuerst ist ein Akteursfokus einzunehmen: R.-Forschung betrachtet aus diesem Blickwinkel die Handlungen sozialer Akteure in Unternehmen. Hier lassen sich drei Typen von Theorien unterscheiden:

Theorie-Ebene Makro: Märkte/Gesellschaft/ Anspruchsgruppen

Handlungstheorien

Meso: Organisationen/ Netzwerke

normativ empirisch

Mikro: Individuum/ Gruppe

rational

ökonomisch

sozial- und verhaltenswissenschaftlich

Wissenschaftsprogramm

Abb. 1: Typologie der Theorien des R.

769

Theorien des Rechnungswesens

Mikro-Ebene

Meso-Ebene

Makro-Ebene

Entscheidungs- und Spieltheorie

Rationale Handlungstheorien

Neoklassik Prinzipal-Agenten-Theorie Transaktionstheorie

Empirische Handlungstheorien

Theorie der optimalen Anreizverträge

Produktions-/ Kostentheorie

Empirische Jahresabschlussforschung Investoren

Normative Handlungstheorien

Kapitalmarkt Bilanztheorien

Abb. 2: Theorien und Forschungsgebiete im ökonomischen Wissenschaftsprogramm

(1) Rationale (präskriptive) Handlungstheorien gehen von einem Rationalitätskonzept aus, auf dessen Basis Vorschriften über rationale Handlungen abgeleitet werden. (2) Empirische Handlungstheorien untersuchen die in der sozialen Realität beobachtbaren Handlungen, um Handlungen und ihre Wirkung zu verstehen und zu erklären. (3) Normative Handlungstheorien richten ihren Forschungsfokus explizit auf die Ziele, Werte und Normen und schlagen diejenigen explizit vor, die von sozialen Akteuren verfolgt werden sollen. Die drei Typen von Handlungstheorien sind in einem Wissenschaftsprogramm nicht unabhängig voneinander, vielmehr geben sie sich gegenseitig Impulse für ihre Weiterentwicklung.Ein zweites Einteilungskriterium ist die Betrachtungsebene der Theorien, wobei vereinfacht nur drei Ebenen unterschieden werden sollen: (1) Theorien, die Individuen oder Gruppen untersuchen (Mikro-Ebene: Individuum/Gruppe); (2) Theorien, die sich auf Unternehmen und Unternehmenskooperationen konzentrieren (Meso-Ebene: Organisation/Netzwerke); (3) Theorien, welche die Umfeldperspektive zu Organisationen einnehmen (Makro-Ebene: Märkte/Gesellschaft/Anspruchsgruppen). 770

In der R.-Forschung koexistieren verschiedene Wissenschaftsprogramme, die zur Vereinfachung in zwei generelle Typen unterschieden werden: (1) Das ökonomische Wissenschaftsprogramm legt ein Modell wirtschaftlicher Handlungen zugrunde, das sich am Rationalprinzip orientiert und von einer Nutzenmaximierung der nur von ihren eigenen Interessen geleiteten Akteure ausgeht. Das folgende Wissenschaftsprogramm zeichnet sich dadurch aus, dass es Theorien aus anderen Wissenschaftsdisziplinen für Fragen der R.-Forschung heranzieht: (2) Das sozial- und verhaltenswissenschaftliche Wissenschaftsprogramm bedient sich zum einen der psychologischen Forschung, um beispielsweise die kognitiven und affektiven Eigenschaften der Akteure im R. zu untersuchen, und zum anderen der Soziologie oder Politikwissenschaft, um beispielsweise die sozialen und politischen Funktionen des R. in Unternehmen und der Gesellschaft zu analysieren. Wenn die drei Dimensionen betrachtet werden, wird deutlich, dass die Vielfalt der Theorien sich aus der Komplexität des Gegenstandes der R.-Forschung und der von der Forschung gewählten Per-

Theorien des Rechnungswesens spektive ergibt. Beide Gründe führen zu einer Pluralität von Theorien und Methoden in der R.-Forschung, die sich verallgemeinern lässt: Die Komplexität der sozialen Realität und die menschliche perspektivische Sicht auf diese Realität verhindern, dass sie durch eine vereinheitlichende Theorie oder mittels einer einheitlichen Methode vollständig beschrieben oder erklärt werden kann. Im Folgenden werden wichtige Theorien des R. primär nach den Wissenschaftsprogrammen unterteilt und dann innerhalb der Wissenschaftsprogramme nach den Handlungstheorien und den Theorieebenen unterschieden. 3. Theorien des R. im ökonomischen Wissenschaftsprogramm Zentrale Annahmen des ökonomischen Wissenschaftsprogramms betreffen die wirtschaftlichen Handlungen der sozialen Akteure, z.B. ihrer Nutzenmaximierung und die Form ihrer Rationalität. Es beruht auf dem methodologischen Individualismus, der eine Reduktion aller sozialen Phänomene auf individuelle Entscheidungen postuliert. a) Rationale Handlungstheorien. Theorien, die als rationale Handlungstheorien konzipiert sind, teilen einige gemeinsame Modellvorstellungen für die Rationalität und die Nutzenvorstellungen von sozialen Akteuren, aus denen sich durch Variation ihrer Annahmen eine Vielzahl weiterer Modelle entwickeln lassen. Auf der Mikro-Ebene haben sich auf dieser Basis die Modelle der präskriptiven Entscheidungs- und Spieltheorie entwickelt, wobei insb. letztere auch die Interaktion zwischen Individuen und zwischen Organisationen modelliert (Meso). Um Hinweise zu geben, wie in Unternehmen individuelle Entscheidungen beispielsweise eine kostenorientierte Preispolitik zu unterstützen sind, müssen jedoch zusätzlich Kosten- und Markttheo-

rien berücksichtigt werden. In der Literatur des internen R. wird häufig auf Annahmen der Neoklassik zurückgegriffen; typisch hierfür ist die Empfehlung, dass bei einer kurzfristigen Betrachtung die variablen Kosten als Preisuntergrenze (o Grenzkostenrechnung) zu wählen sind (Meso). In der neuen Institutionenökonomie werden durch Abwandlung von Annahmen weitere Modelle rationalen Handelns erzeugt. Werden Informationsasymmetrien eingeführt, dann besteht die Möglichkeit soziale Akteure zu modellieren, die sich in Interaktionshandlungen opportunistisch verhalten, weil ein Akteur über mehr Informationen verfügt (o Prinzipal-Agent). Auf dieser Erkenntnis bauen o Signalling-Ansätze im R. auf, die Bedingungen untersuchen, wie es einem Berichtenden glaubwürdig gelingt, die Qualität seiner Leistungen zu übermitteln. In der Transaktionskostentheorie wird durch die Annahme der Spezifität das Problem diskutiert, dass in einer Supply Chain unterschiedliche Machtverteilungen zu verschiedenen Formen der Steuerung (o Controlling) führen (Meso). b) Empirische Handlungstheorien. Insb. die Prinzipal-Agenten-Theorie entwickelt Modelle, wie Anreize für individuelle Agenten so gesetzt werden, dass der Output für den Prinzipal optimal ist. Auf Basis ihrer rationalen Handlungstheorien werden unter verschiedenen Bedingungen solche optimalen Anreizverträge empirisch getestet, wobei bevorzugt experimentelle Designs zur Hypothesenprüfung eingesetzt werden (Mikro). Grundlage für Systeme der Kostenrechnung sind Produktions- und Kostentheorien, die Auskunft über die wesentlichen Einflussgrößen und die Art ihres Einwirkens auf die Kosten geben sollen; so beruht die Grenzplankostenrechnung weitestgehend auf der von Gutenberg entwi771

Theorien des Rechnungswesens ckelten Produktionsfunktion vom Typ B (Meso). In einem Zweig der empirischen o Jahresabschlussforschung wird untersucht, inwieweit die Informationen des Jahresabschlusses von Kapitalmarktteilnehmern als nützlich angesehen werden, indem auf Basis von Über-/Unterrenditen der Aktien auf die Nützlichkeit geschlossen wird; ihre Theorien sind auf der Mikro- und Makro-Ebene einzuordnen. Diese auch als positive R.-Forschung (positive accounting theory) bezeichnete Richtung geht auf eine Kritik an der normativen Rechungswesenforschung zurück und ruht auf ökonomischen Theorien wie der Prinzipal-Agenten-Theorie und Annahmen über den o Kapitalmarkt, insb. der Effizienz des Kapitalmarkts (Makro). c) Normative Handlungstheorien. Normative R.-Forschung stellt sich als eine ihrer zentralen Fragen, welche Ziele mit der Rechnungslegung verbunden sein sollen (o Bilanztheorien). Sie soll klären, welche Rechnungszwecke zu verfolgen sind und wie sie erreicht werden können. Die Diskussion konzentriert sich dabei auf Rechnungszwecke ausgewählter Stakeholder insb. der Kapitalgeber: Eigentümer/Aktionäre, potentielle Investoren sowie Banken. Weitere Stakeholder werden durch normative Handlungstheorien des im folgenden Abschnitt behandelten Wissenschaftsprogramms diskutiert. 4. Theorien des R. im sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Wissenschaftsprogramm Während sozialwissenschaftliche Forschung das Handeln kollektiver sozialer Akteure in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Umfeld untersucht (Meso-, Makro-Ebene), steht im Mittelpunkt verhaltenswissenschaftlicher Forschung das Handeln von Individuen und Gruppen in ihrem Um772

feld (Mikro). Beide Sichtweisen sind eher als Untersuchungsschwerpunkte zu verstehen und nicht als scharfe disziplinäre Grenzen, denn Individuen handeln in einem Rahmen, der durch soziale Akteure gesetzt wird, und soziale Akteure sind wiederum in ihrem Handeln auf Individuen angewiesen. Einige Ansätze in diesem Wissenschaftsprogramm verwenden rationale Handlungstheorien (rational choice), bedienen sich dann meist der Theorien, die für das ökonomische Wissenschaftsprogramm beschrieben werden (s. unter 3. a)). a) Empirische Handlungstheorien. Auf der individuellen Ebene gibt es eine reichhaltige Forschung zu den Wirkungen von Informationen auf Individuen und Gruppen. Eine große Rolle spielt z.B. die empirische Budgetforschung, die sich mit den Wirkungen partizipativer Budgeterstellung (o Budgetierung) beschäftigt, wobei dies auch im Hinblick auf die Motivationswirkung der beteiligten Manager erfolgt. Eine weitere, wesentliche Richtung ist die empirische Entscheidungsforschung im R., welche die Qualität der Entscheidungen von Managern, Investoren und o Wirtschaftsprüfern untersucht, die sie mit Hilfe von Informationen des R. in unterschiedlichen Situationen treffen (Mikro). Da die staatliche Gesetzgebung von der Normsetzung privater Organisationen (o FASB, o IASB) beeinflusst wird, widmen sich Forscher zunehmend dem Phänomen, wie Entscheidungen in diesen Organisationen getroffen werden und welche Organisationen in ihrem Umfeld darauf Einfluss nehmen (Meso). Mit dem Neo-Institutionalismus, ursprünglich als eine Theorie der Makro-Ebene in der Organisationstheorie/-soziologie entwickelt, lassen sich diese Einwirkungen des relevanten Umfeldes auch auf das R. von Unternehmen untersuchen.

Theorien des Rechnungswesens

Mikro-Ebene Empirische Handlungstheorien

Empirische Budget- und Entscheidungsforschung

Normative Handlungstheorien

Meso-Ebene

Makro-Ebene

Neo-Institutionalismus Stakeholder-Theorie Legitimitätstheorie kritische Rechnungswesenforschung

Abb. 3: Theorien im sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Wissenschaftsprogramm

b) Normative Handlungstheorien. Es gibt in diesem Wissenschaftsprogramm eine Reihe von Theorien, die normative Aussagen zum R. machen. Als erstes ist die Stakeholder-Theorie zu nennen, die den Kreis der Adressaten für das R., der über die Finanzmarktakteure (o Shareholder Value-Konzept) hinausgeht, erweitert. Zweitens wird mithilfe der Legitimitätstheorie begründet, warum Unternehmen freiwillig über die Nutzung natürlicher Ressourcen Bericht erstatten (o Nachhaltigkeitsbericht, o Umweltbilanzen). Unternehmen erhalten nach ihr die Legitimität von der Gesellschaft und haben sie ständig neu zu erwerben. Mit dieser Theorie lassen sich auch Forderungen erklären, die von Unternehmen verlangen, dass sie sich als verantwortungsvolle soziale Akteure verhalten und darüber in Form eines Corporate Social Responsibility Report (o Nachhaltigkeitsbericht) freiwillig darüber berichten (Meso/Makro). Als normative Handlungstheorie lässt sich auch die kritische R.-Forschung (critical accounting) auffassen, in der über Macht- und Konfliktverhältnisse in Unternehmen aufgeklärt werden soll, indem z.B. gezeigt wird, wie R. als Instrument genutzt wird, um Machtinteressen durchzusetzen. Ihre kritische Einstellung ist häufig mit zwei Aspekten verbunden: (1) einer kritischen Haltung gegenüber kapitalistisch organisierten Wirtschaftsordnungen, (2) einem emanzipatorischen Impetus, der sich für Belange von Min-

derheiten und Benachteiligten einsetzt (Meso/Makro). 4. Fazit und Ausblick Diese Kennzeichnung der R.-Forschung der letzten Jahrzehnte in groben Zügen zeigt mehrere Facetten: – Interdisziplinarität: Mit der sozialwissenschaftliche Öffnung und seinem Import von Theorien unterschiedlichster Herkunft ist ein Theorienpluralismus und ein Methodenpluralismus verbunden. Die empirische Forschung und auch einzelne Methoden wie z.B. das Experiment haben einen höheren Stellenwert erhalten. – Heterogenität: Mit diesem Pluralismus geht die Einheitlichkeit verloren und die Heterogenität erzeugt beim Betrachter den Eindruck von Unübersichtlichkeit. Der Wunsch der gegenseitigen Befruchtung von Theorien oder Methoden erfüllt sich nicht, da sich Forscher nicht in verschiedenen Theorie- und Methodentraditionen gleichzeitig bewegen wollen oder können. – Koexistenz der Wissenschaftsprogramme: In den Sozialwissenschaften ist der Normalfall der Wissenschaft die Koexistenz von Wissenschaftsprogrammen, die sich in ihren theoretischen Komponenten unterscheiden. Hierdurch entsteht ein durchaus angestrebter Wettbewerb, denn in der R.-Forschung versuchen die Wissenschaftsprogramme gleiche Phänome773

Thesaurierung ne mit ihren jeweiligen Theorien zu erklären. Wissenschaftstheoretisch lässt sich diese Koexistenz über längere Zeiträume mit zwei Eigenschaften von Wissenschaftsprogrammen verstehen: (1) Aufgrund der Unterbestimmtheit von Theorien lassen sich Phänomene der Realität durch unterschiedliche Theorien erklären, (2) Wissenschaftsprogramme bestehen aus Netzen von Theorien und deren holistischer Charakter macht es schwer, sie als Ganzes zu falsifizieren. In diesem Beitrag wird, um überhaupt in dieser Kürze eine Orientierung geben zu können, an vielen Stellen vereinfacht. Erstens sind natürlich nicht alle Theorien, die in der R.-Forschung eingesetzt werden, aufgenommen; an einigen Stellen wird nur auf den Zweig der Forschung hingewiesen, ohne explizit Theorien zu nennen. Es wurde zweitens verzichtet, darauf hinzuweisen, dass und welche Verbindungen zwischen den getrennt dargestellten Handlungstheorien bestehen. Auch wurden drittens einige weitere Theoriespender nicht dargestellt, wie z.B. die Unternehmensethik, aus der für normative Handlungstheorien wesentliche Impulse kommen. Trotz dieser Einschränkungen illustriert der Beitrag die Vielfalt der R.-Forschung und kann anregen, sich mit alternativen Theorien und Wissenschaftsprogrammen zu beschäftigen, um vielleicht neue Perspektiven auf altbekannte Phänomene im R. zu erhalten. Lit.: Birnberg, J.C./Luft, J./Shields, M.D.: Psychology theory in management accounting research, in: Chapman, C.S./ Hopwood, A.G./Shields, M.D. (Hrsg.): Handbook of Management Accounting Research, Band 1, 2007, S. 113-135; Bonner, S.E.: Judgment and decision making in accounting, 2008; Brühl, R.: Handlungserklärungen in einer erkenntnispluralistischen Methodologie. 774

Betriebswirtschaftliche Handlungstheorien und Methodenkombinationen, in: Wrona, T./Fandel, G. (Hrsg.): Mixed Methods – Konzeptionelle Überlegungen, ZfB-Sonderh. 4/2010, S. 44-76; Christensen, J.A./Demski, J.A.: Accounting theory. An information content perspective, 2003; Cooper, D.J./Hopper, T.: Critical theorising in management accounting research, in: Chapman, C.S./ Hopwood, A.G./Shields, M.D. (Hrsg.): Handbook of Management Accounting Research, Band 1, 2007, S. 207-245; Deegan, C./Unerman, J.: Financial accounting theory, 2006; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Raffée, H.: Gegenstand, Methoden und Konzepte der Betriebswirtschaftslehre, in: Bitz, M./Dellmann, K./Domsch, M./Egner, H. (Hrsg.): Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 3. Aufl., 1993, S. 1-46; Ryan, B./Scapens, R.W./Theobald, M.: Research method and methodology in finance and accounting, 2. Aufl., 2002; Schanz, G.: Wissenschaftsprogramme der Betriebswirtschaftslehre, in: Bea, F.X./Schweitzer, M. (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Band 1: Grundfragen, 10. Aufl., 2009, S. 81-162; Sy, A./Tinker, T.: Critical accounting, in: Clubb, C. (Hrsg.): The Blackwell encyclopedia of management: Accounting, 2. Aufl., 2005, S. 147-152; Watts, R.L./Zimmerman, J.L.: Positive accounting theory, 1986; Williamson, O.E.: The economic institutions of capitalism, 1985. Rolf Brühl Thesaurierung Einbehaltung von Gewinnen im Rahmen der o Gewinnverwendung von Kapitalgesellschaften. Tilgung Vertraglich vereinbarte Rückzahlung einer langfristigen Kapitalschuld (z.B.

Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) Kredit, Darlehen, Hypothek). Als Tilgungsformen lassen sich in Abhängigkeit von den Rückzahlungsmodalitäten einmalige, ratenweise oder unregelmäßige Rückzahlungen unterscheiden. Timing Differences o Steuern, latente Timing-Konzept o Steuern, latente Tochtergesellschaft = o Tochterunternehmen Tochterunternehmen Bezeichnung für ein rechtlich selbstständiges Unternehmen, das wirtschaftlich von einem anderen Unternehmen, dem o Mutterunternehmen, kontrolliert bzw. geleitet wird. Zusammen mit dem Mutterunternehmen bildet das T. einen o Konzern. Lit.: Busse von Colbe, W. et al.: Konzernabschlüsse nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sowie nach Vorschriften des HGB und der IAS/IFRS, 9. Aufl., 2010, S. 97-124. Tragfähigkeitsabschreibung = Abschreibung nach dem o relativen Beitragsverfahren Tragfähigkeitsprinzip o Kostenzurechnungsprinzip, nach dem die o Gemeinkosten entsprechend den Erlösen bzw. o Deckungsbeiträgen nach Anlastung der direkt zurechenbaren o Kosten auf die o Kostenträger verteilt werden. Transaktionskosten o Kosten für die Abwicklung von Transaktionen (z.B. für Vertragsabschlüsse, Qualitätsprüfungen, Gütertransport). Mit Hilfe von T. wird u.a. versucht, die Frage der Produktionstiefe zu beantworten. Der T.-Ansatz führt einen Wirtschaftlichkeitsvergleich verschiedener Organisationsformen durch. Die optimale Betriebsgröße ist dann erreicht, wenn der Zuwachs an internen T. (Orga-

nisationskosten) für die zusätzliche Produktion in der Unternehmung gerade der Einsparung an marktbezogenen T. entspricht. Lit.: Jost, P.-J. (Hrsg.): Der Transaktionskostenansatz in der Betriebswirtschaftslehre, 2001. Transitorische Rechnungsabgrenzungsposten o Rechnungsabgrenzungsposten TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz (TUG) Im Januar 2007 in Kraft getretenes Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des europäischen Parlaments in deutsches Recht. Das T. verfolgt u.a. das Ziel, die Transparenz von Beteiligungsverhältnissen zu erhöhen und die allgemeine Informationslage zu verbessern. Das T. stellt ein Artikelgesetz dar, durch welches sich zum größten Teil Änderungen im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) ergeben haben. Grundlegende Änderungen sind u.a. die Ausweitung der unterjährigen Berichtspflicht auf sämtliche Inlandsemittenten, die Pflicht zur Erstellung von Zwischenmitteilungen bei Eintreten wesentlicher Geschäftsereignisse für o Aktiengesellschaften, die Veröffentlichung des o Konzernabschlusses innerhalb einer viermonatigen Frist nach dem Abschlussstichtag für Inlandsemittenten sowie die Umsetzung des o Bilanzeids. Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) Im Juli 2002 in Kraft getretenes Gesetz, welches im Wesentlichen auf den Vorschlägen der Regierungskommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ aus dem Jahr 2000 basiert. Durch die Umsetzung des T. erhielt der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) eine gesetzliche Grundlage in § 161 AktG. Darüber hinaus wurde die Prüfung von Überwa775

TransPuG chungssystemen ausgeweitet sowie die in § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB verankerte Negativerklärung zugunsten einer positiven Berichtspflicht, bei welcher der Prüfers nur bei tatsächlicher Feststellung von Unregelmäßigkeiten zu berichten hat, ersetzt. TransPuG = o Transparenz- und Publizitätsgesetz Treasurership Amerikanischer Begriff für die Gesamtheit der finanzwirtschaftlichen Aufgaben: Aufgabenträger ist der Treasurer. Treppenverfahren = o Stufenleiterverfahren Treuhandwesen Teil der Betriebswirtschaftslehre, der i.e.S. Treuhandschaften analysiert. Die Treuhandschaft besteht in der Verwaltung oder Verfügung über fremde o Vermögenswerte im Interesse der Eigentümer oder anderer Personen wie z.B. Gläubiger. Das T. i.w.S. schließt auch die o Wirtschaftsprüfung mit ein. True and fair view Prinzip Generalnorm aus Art. 2 Nr. 2 der 4. und Art. 16 der 7. EG-Richtlinie; das T. beruht auf der britischen Rechnungslegungstradition, nach der es als o Overrinding Principle Vorrang vor einzelnen Rechnungslegungsvorschriften hat. In den IFRS findet das T. seine Entsprechung im Grundsatz der o Fair Presentation. In deutschem Recht ist das T. in § 264 Abs. 2 und § 297 Abs. 2 HGB verankert, wonach der Jahres- bzw. Konzernabschluss von Kapitalgesellschaften ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Dieser Generalnorm wird jedoch keine Vorrangstellung gegenüber Einzelregelungen eingeräumt. Lit.: Parker, R.H./Nobes, C.W.: An International View of True and Fair Accounting, 1994. 776

TUG = o Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz Two-Statement-Approach Für die Darstellung der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) besteht gemäß IAS 1.81 ein Wahlrecht zwischen dem o One-Statement-Approach und dem T. Bei Anwendung des T. werden die o Aufwendungen und o Erträge in zwei getrennten Aufstellungen erfasst. Die ergebniswirksamen Aufwendungen und Erträgen werden in einer traditionellen GuV aufgeführt. In einer separaten Überleitungsrechnung wird ausgehend vom Saldo der GuV (Gewinn oder Verlust, Profit or Loss, oft bezeichnet als Net Income) der Periodengesamterfolg (o Comprehensive Income) ermittelt. Dieser ergibt sich durch die Berücksichtigung der ergebnisneutralen Bestandteile (o Other Comprehensive Income, OCI).

U Überbewertung In bilanziellem Sinne Ansatz von o Aktiva zu einem höheren oder von o Passiva zu einem niedrigeren Wert als nach den jeweiligen Vorschriften zulässig ist. Die o Prüfung des Jahresabschlusses soll Ü. verhindern. Für Mitglieder eines Vertretungsorgans oder Aufsichtsrats einer o Kapitalgesellschaft gelten Ü. als Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bedroht ist (§ 334 HGB). Der o Jahresabschluss einer AG ist bei Ü. von Bilanzposten nichtig (§ 256 Abs. 5 Satz 1 AktG). Übergangskonsolidierung o Entkonsolidierung Übergangskosten Zusammenfassender Begriff für o Stillsetzungskosten und o Wiederanlaufkosten. Übergewinn = o Residualgewinn Übergewinnverrentung Verfahren der o Unternehmensbewertung, bei dem der Gesamtwert als Summe aus dem Substanzwert und den kapitalisierten Über- bzw. o Residualgewinnen ermittelt wird. Dabei wird von einem konstanten Übergewinn ausgegangen, der über mehrere, ggf. unendlich viele Jahre erzielt werden kann. Dieser ist mit dem für die Anzahl der Jahre und den relevanten o Zinsfuß geltenden o Rentenbarwertfaktor zu multiplizieren. In jüngerer Zeit hat das verwandte o Residualgewinnmodell größere Verbreitung gefunden. Überleitungsrechnung = Reconciliation Mithilfe einer Ü. werden die wesentlichen Bewertungsunterschiede zwischen verschiedenen Rechnungslegungssystemen quantifiziert und erläutert. So mussten ausländische, bei der o SEC registrierte Emittenten in den o USA bis zum 15.11.2007 ihre Jahresabschlüsse mit ei-

ner Ü. auf o US-GAAP versehen. Dabei wurden das Eigenkapital und das Ergebnis offen auf US-GAAP übergeleitet. Übernahme, feindliche Eine o Unternehmensakquisition gegen den Willen des Managements der übernommenen Gesellschaft. Übernahme, freundliche Eine o Unternehmensakquisition mit Zustimmung des Managements der übernommenen Gesellschaft. Überproportionale Kosten o Kosten, fixe und variable Überschuldung 1. Einführung Ü. ist im deutschen Gesellschaftsrecht einer von drei prinzipiell zu unterscheidenden Insolvenztatbeständen (Insolvenzauslösern, Insolvenzgründen). Neben Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) ist Ü. (§ 19 InsO) ein zusätzlicher Insolvenzauslöser, dessen Geltung auf alle Verbände beschränkt ist, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person unmittelbar oder mittelbar unbeschränkt haftet. Ein System, das dem Schutz der Gläubiger von haftungsbeschränkten Unternehmen einen hohen Rang einräumt und deshalb der Kapitalaufbringung, dem Entzug von bilanziellen Überschüssen durch Ausschüttungen und dem Entzug von Eigenkapital durch Kapitalherabsetzung große regulatorische Aufmerksamkeit widmet, muss auch dem Verzehr von Eigenkapital durch Verluste intensive Aufmerksamkeit schenken. Neben Warnregelungen wie der des § 92 Abs. 1 AktG oder des § 49 Abs. 3 GmbHG, die nahezu folgenlos übergangen werden können, ist das Konzept der Ü. prinzipiell geeignet, eine härtere Gangart auszulösen. Wird vom Management der Gesellschaft Ü. festgestellt hat es ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Ü., die Eröffnung eines Insolvenzver777

Überschuldung fahrens zu beantragen (vgl. etwa § 64 Abs. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG). Die Eröffnung bedeutet nicht das ökonomische Ende des Unternehmens, wohl aber den Entzug der Entscheidungs- und Verfügungsrechte von denjenigen, die den Eintritt des Ü.-Tatbestands nicht haben verhindern können, hin zu denjenigen, die jetzt als die Hauptfinanciers der Gesellschaft angesehen werden müssen und denen deshalb die Entscheidungsrechte zugestanden werden. Dass die gesetzliche Konstruktion in Deutschland fast immer einen Agenten in Form eines Insolvenzverwalters vorsieht, ist ein praktisch nicht unwichtiges Detail, ändert aber die intendierte Zuordnung der Entscheidungsrechte nicht im Kern. Die Ü.-Regelung ist somit ein wichtiger Baustein im Recht der haftungsbeschränkten Rechtsformen. Sie stellt eine Terminierungsregel dar, die anzeigen soll, unter welchen Bedingungen das Recht der Eigentümer eine haftungsbeschränkte Gesellschaft autonom zu führen, verwirkt ist mit der Folge, dass ihnen die Verfügungs- und Entscheidungsrechte entzogen werden. Der Insolvenztatbestand Zahlungsunfähigkeit des § 17 InsO entfaltet eine ganz ähnliche Wirkung. Warum also, so darf man fragen, besteht eine Sonderregelung in Form von Ü. für haftungsbeschränkte Gesellschaften? Zum einen hoffte der Gesetzgeber mit der Vorschrift zur Ü. eine Terminierungsregel gefunden zu haben, die zeitlich vor der Zahlungsunfähigkeit wirkt. Diese Überlegung verdient deshalb Unterstützung, weil der Zeitpunkt einer Insolvenzauslösung die Höhe der Wertverluste, die Folge eines Insolvenzverfahrens sind, stark beeinflusst. Zum anderen glaubte der Gesetzgeber, die Terminierungsregel Ü. für haftungsbeschränkte Gesellschaften an deren „Vermögen“ festmachen zu müssen, da nur dieses Vermögen den Gläubigern hafte. 778

Die Zahl der Literaturbeiträge zum Tatbestand der Ü. ist kaum zu überblicken. Gleiches gilt für die Meinungsvielfalt, die im Zeitablauf von mehreren Jahrzehnten sehr unterschiedliche Konzeptionen der Messung von Ü. hervorgebracht hat. Auf diese wird hier nicht eingegangen. 2. Definitionen von Überschuldung a) § 19 Abs. 2 InsO, in Kraft getreten zum 1.1.1999. Die Vorschrift lautet: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.“ Dieser Wortlaut des § 19 InsO löste eine Definition ab, die als „modifizierte zweistufige Ü.-Regelung“ bezeichnet und vom BGH im Urteil BGHZ 119, 201 in den Stand juristischer Geltung erhoben worden war. Die Begründung des Gesetzgebers für die Ablösung von der bis dahin weithin anerkannten Konzeption erfolgte in großer Klarheit: „Der Ausschuss (der Rechtsausschuss, J.D.) hat die Definition der Überschuldung in Abs. 2 um einen Satz ergänzt, aus dem sich ergibt, dass auch bei einer positiven Prognose für die Fortführung des Unternehmens nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass Überschuldung vorliegt. Allerdings ist bei einer solchen positiven Prognose das Vermögen mit Fortführungswerten anzusetzen. Dies wird häufig dazu führen, dass der Wert des Vermögens die Summe der Verbindlichkeiten übersteigt. Der Ausschuss weicht damit entschieden von der Auffassung ab, die in der Literatur vordringt und der sich kürzlich auch der Bundesgerichtshof angeschlossen hat (BHGZ 119, 201, 214). Wenn eine positive Prognose stets zu einer Verneinung der Überschuldung

Überschuldung führen würde, könnte eine Gesellschaft trotz fehlender persönlicher Haftung weiter wirtschaften, ohne dass ein die Schulden deckendes Kapital zur Verfügung steht. Dies würde sich erheblich zum Nachteil der Gläubiger auswirken, wenn sich die Prognose – wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – als falsch erweist.“ Die Vorschrift des § 19 Abs. 2 InsO verlangt ein zweistufiges Prüfverfahren. In der Literatur besteht keine völlige Übereinstimmung über die Reihenfolge der notwendigen Prüfschritte. Weil diese Meinungsdifferenzen nicht den Kern der Sache berühren, bleiben sie hier unbeachtet. Der Autor geht vielmehr davon aus, dass die Prüfung zweckmäßiger Weise mit der Prüfung der Möglichkeit der Fortführung der Gesellschaft beginnt. Abbildung 1 verdeutlicht die intendierten Prüfprozesse. Auf Stufe 1 ist eine Fortbestehensprognose zu erarbeiten. Hier geht es nicht darum, ob die Gesellschaft in einem zu prognostizierenden Planungszeitraum GuV-Überschüsse erzielt oder die Kapi-

talkosten erwirtschaftet, sondern allein darum, ob „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ die Zahlungsunfähigkeit vermieden werden kann. Als ausreichender Prognosezeitraum gelten das laufende Geschäftsjahr und das drauf folgende. Die Prüfung verlangt die Erstellung eines ggf. in Monatsintervallen zu untergliedernden o Finanzplans, der alle Einzahlungen und Auszahlungen, die für den Planungszeitraum zu erwarten sind, erfasst. Dieser Finanzplan muss mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ ausgeglichen sein. Diese Formulierung impliziert eine mehrwertige Fortführungsprognose, die Zahlungsfähigkeit bzw. -unfähigkeit als zustands- und/oder strategieabhängig ausweist. Diesen zustandsabhängigen, mehrwertigen Finanzplan-Ergebnissen sind subjektive Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen. Juristische Autoren definieren „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ mit Wahrscheinlichkeiten p, die den Wert von 0,5 übersteigen. Unabhängig vom Ausgang der Fortbestehensprognose ist generell ein bilanzieller Vermögens-Verbindlichkeiten-

Fortbestehensprognose i.S. einer Zahlungsfähigkeitsprognose positiv

negativ

Überschuldungsstatus basierend auf Fortführungswerten Vermögen > bestehende Verbindlichkeiten

Vermögen < bestehende Verbindlichkeiten

Überschuldungsstatus basierend auf Liquidationswerten Vermögen > bestehende Verbindlichkeiten

Vermögen < bestehende Verbindlichkeiten

Keine Überschuldung

Überschuldung

Keine Überschuldung

Überschuldung

FALL 1

FALL 2

FALL 3

FALL 4

Abb. 1: Überschuldungsprüfung gem. der zweistufigen Methode i.S.v. § 19 InsO, in Kraft seit 1.1.1999

779

Überschuldung Vergleich zu erstellen. Der Ausgang der Prognose entscheidet nur darüber, wie die Vermögensgegenstände und ggf. die Verbindlichkeiten zu bewerten sind. Weist die Zahlungsfähigkeitsprüfung (mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit) auf ausgeglichene Finanzpläne hin, sind Aktiva (Vermögen) und Passiva (bestehende Verbindlichkeiten) mit Fortführungswerten anzusetzen. Überwiegt die Wahrscheinlichkeit für nicht ausgeglichene Finanzpläne, also für nicht auffüllbare Finanzbedarfe, müssen Aktiva und Passiva unter Liquiditätsgesichtspunkten bewertet werden. Nicht die Fortbestehensprognose auf Stufe 1 entscheidet also, ob Ü. vorliegt oder nicht, sondern die Prüfungen auf Stufe 1 und auf Stufe 2 sind generell erforderlich. Ü. kann deshalb sowohl bei positiver als auch bei negativer Fortbestehensprognose vorliegen.

hensprognose den Fall 2 in Abbildung 1 nicht würden vermeiden können, wurde der Vergleich Vermögen mit bestehenden Verbindlichkeiten als nicht erforderlich erklärt. Diese „Lösung“ war zunächst befristet bis zum 31.12.2010 gemäß Art. 5 Abs. 3 FMStG; ab 1.1.2011 sollte die unter a) vorgestellte Definition wieder Platz greifen. Durch das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen wird das Inkraftreten der alten Fassung von § 19 Abs. 2 InsO um weitere drei Jahre auf den 1.1.2014 hinausgeschoben.

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 29 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.“

Die übereilte Entscheidung für diese Lösung bringt die Ü.-Definition zur Deckung mit der von K. Schmidt vorgeschlagenen „modifizierten zweistufigen Methode“. Dieser Autor hatte wiederholt vorgetragen, dass Ü. im Rechtssinne dann vorläge, wenn (1) das Vermögen bewertet zu Einzelveräußerungspreisen (Liquiditätswerten) nicht ausreiche, um die Verbindlichkeiten zu decken (rechnerische Ü.) und (2) keine positive Fortführungsprognose i.S.v. Zahlungsfähigkeit im Planungszeitraum bestehe. Die Konzeption besteht in der Prüfung, ob die Gesellschaft bei fiktiver Liquidation die Gläubiger auszahlen könnte oder ob sie bei Fortführung Zahlungsunfähigkeit vermeiden könnte. Ü. liegt demnach vor, wenn (1) rechnerische Ü. gegeben ist und (2) die Fortbestehensprognose negativ ausfällt. Abbildung 2 verdeutlicht die Verknüpfung der beiden Teilkriterien. Da beide Teilkriterien erfüllt sein müssen, um den Tatbestand der Ü. zu erfüllen, kann eine positive Fortbestehensprognose jede Form der Unterdeckung von Verbindlichkeiten durch vorhandenes Vermögen zur quantité négligeable machen.

Diese Fassung wird vom Gesetzgeber als vorübergehende Notlösung für die Zeit der Finanzkrise verstanden. Weil man befürchtete, dass Kreditinstitute auch bei befriedigendem Ausgang der Fortbeste-

Der Vorschlag von K. Schmidt und der der neuen (befristet geltenden) Fassung von § 19 Abs. 2 InsO haben somit ein markantes Defizit: Sie sehen überhaupt keine, eine positive Fortbestehensprog-

b) § 19 Abs. 2 InsO, geändert durch MoMiG und Finanzmarktstabilisierungsgesetz. § 19 Abs. 2 InsO lautet in der geänderten Fassung:

780

Überschuldung nose begleitende Bindung eines an die bestehenden Verbindlichkeiten gekoppelten Vermögensbestandes vor. Damit entfällt eine zentrale Eigenschaft der bei Haftungsbeschränkung im deutschen Gesellschaftsrecht geltenden Kapitalerhaltungsregeln ersatzlos. Die Folgen werden dann evident, wenn eine bislang mit der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“ erwartete positive Fortbestehensprognose, die von der Mehrheit der Kommentatoren (fast fahrlässig niedrig) mit dem Mindestwert p > 0,5 angesetzt wird, ins Negative kippt. Es ist eine kaum übertriebene Formulierung, dass der Insolvenztatbestand Ü. mit der neuen Formulierung von § 19 Abs. 2 InsO abgeschafft ist. Der faktisch implementierte Insolvenztatbestand ist „drohende Zahlungsunfähigkeit“, der bislang in § 18 InsO lediglich die Funktion einer Auslöseoption für den Schuldner darstellte. Kippt die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ für ausgeglichene Finanzpläne im Planungshorizont (von maximal zwei Jahren) auf Werte unter p = 0,5, ist die anzutreffende Relation von bestehenden Verbindlichkeiten zu Vermögen, da unkontrolliert, beliebig.

werden als Frage, ob die Gesellschaft im Zeitablauf finanzielle Überschüsse generieren kann, um die Ansprüche der Gläubiger vertragskonform zu bedienen. Gilt V < F, liegt Ü. vor. Interpretiert man V als Unternehmensgesamtwert, also als diskontierte Werte künftiger Überschüsse der Gesellschaft vor Bedienung der Ansprüche der Gläubiger, hätte man eine zweckkonforme Definition von Ü. In Abbildung 3 bezeichnet V den Fortführungswert des Unternehmens vor Abzug des an Gläubiger zu leistenden Kapitaldienstes; L bezeichnet den Liquidationswert; F steht für den Barwert der bei vertragskonformem Verhalten an die Gläubiger zu leistenden Zahlungen. Ein Insolvenztatbestand verlangt die Antwort auf zwei grundlegende Fragen: (1) Was ist die für die Kapitalgeber bessere Verwertungsoption: die Fortführung (in Form einer Reorganisation oder der Übertragung auf einen neuen Investor) oder die Abwicklung in Form einer Wertverluste minimierenden Liquidation? (2) Ist Frage (1) beantwortet, ist zu prüfen, ob die Gläubigerposition geschädigt bzw. entwertet ist, wenn die gemäß (1) bessere Strategie verfolgt wird.

3. Ökonomische Struktur und Umsetzbarkeit Die Absicht des historischen Gesetzgebers, den Schulden bzw. bestehenden Verbindlichkeiten (F) das Vermögen (V) gegenüberzustellen, kann interpretiert

Es sind also zwei Prüfebenen zu unterscheiden, nämlich die Frage, ob die Fortführungsoption besser ist als die Liquidation und die Frage, wie sich die Gläubigerposition in der jeweils besseren Option darstellt.

Überschuldungsstatus basierend auf Liquidationswerten Vermögen > Schulden

Keine Überschuldung

Fortbestehensprognose i.S. einer Zahlungsfähigkeitsprognose Vermögen < Schulden

negativ

Überschuldung

positiv

Keine Überschuldung

Abb. 2: Überschuldungsmessung gem. modifizierter zweistufiger Methode (K. Schmidt)

781

Überschuldung

(1)

Ist das Vermögen als Fortführungswert V größer als der Liquiditätswert L?

Ja

(2)

Nein

Ist V ≥ F?

Ja

Keine Überschuldung

(2)

Nein

Überschuldung

Ist L ≥ F?

Ja

Nein

Keine Überschuldung

Überschuldung

Abb. 3: Ökonomische Struktur des Problems

Abbildung 3 verdeutlicht, dass ein Vergleich von Vermögen, sei es V oder L mit F immer stattfinden muss: Der Vergleich von V bzw. L mit F ist der Kern der Ü.-Prüfung. Zugleich wird deutlich, dass insbesondere eine operable Messung von V zu bewerkstelligen ist. Die Literatur schließt bilanzielle, den o GoB entsprechende Wertansätze als nicht zweckkonform aus. Ebenso werden o Barwerte künftiger finanzieller Überschüsse (vor Abzug von an Gläubiger zu leistende Zahlungen) als nicht manipulationsimmun bezeichnet und ausgeschlossen. Eine Mehrheit der Autoren spricht sich für die Bewertung mit Fortbestehenswerten auf Basis der o Wiederbeschaffungskosten aus. Nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände sollen mit Einzelveräußerungspreisen bewertet werden. Schließt man nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände aus der weiteren Betrachtung aus, ist entscheidend, ob das zu Wiederbeschaffungskosten bewertete Vermögen, das mit VWBK bezeichnet werden soll, den Wert des gesamten Unterneh782

mens bei Fortführung V approximieren kann. Ist der Wert VWBK eine brauchbare Annäherung an (die nicht berechnete) Größe V? Nun kann sich ein Vermögen, definiert als Summe der Wiederbeschaffungswerte von zur Fortführung benötigter Vermögensgegenstände, in unkontrollierter Weise von dem ökonomischen Fortführungswert i.S.d. Barwertes künftiger entziehbarer Überschüsse entfernen. V > F oder V < F sind ökonomisch sinnvolle Signale. Das erste besagt, das (aus heutiger Sicht) bei Fortführung Gläubiger keinen Schaden nehmen werden; das zweite besagt das Gegenteil. Was aber besagt VWBK > F oder VWBK < F, wenn keine Garantie dafür besteht, dass VWBK wenigstens in der Nähe von V liegt? Und diese Garantie gibt es nicht: VWBK kann deutlich größer oder deutlich kleiner als V sein. VWBK ist somit keine sehr verlässliche Ersatzgröße für das ökonomische Vermögen V. Für rentable Unternehmen, deren Renditen die Kapitalkosten deutlich übersteigen, gilt V > VWBK. Für Unternehmen mit

Umkehrmaßgeblichkeit dürftiger Performance, die also ihre Kapitalkosten nicht decken, gilt, dass V kleiner ist als VWBK. Die Eignung des VWBK, den ökonomischen Wert zu signalisieren, ist also beschränkt. Kein Käufer würde einen Preis in Höhe von VWBK für ein Unternehmen bezahlen, dessen Gesamtwert V kleiner ist als VWBK. Kein Verkäufer würde zu VWBK verkaufen, wenn der Unternehmensgesamtwert höher als VWBK ist. Nun ist die Prüfung der Ü. besonders relevant für renditeschwache Unternehmen, deren Renditen die Kapitalkosten (während eines Teils ihrer Lebensspanne) nicht erreichen. Hier ist die Vermutung gerechtfertigt, dass VWBK > V gilt. Das Vermögen VWBK überschätzt dann das ökonomische Vermögen, womit die Warnfunktion des Überschuldungstatbestands ganz entgegen der Absicht des Gesetzgebers zu spät ausgelöst wird. Man muss auch die Justitiabilität von Kriterien bzw. Terminierungsregeln beachten. In großem Umfang gestaltbare Terminierungsregeln in den Händen derjenigen, deren Verhalten es zu kontrollieren gilt, sind in der intendierten Wirkung geschwächt. Nur ganz prägnante Manipulationen werden sich i.d.R. ex post belegen und sanktionieren lassen. Es ist vorrangig dieser Gedankengang, der die herrschende Meinung Abstand nehmen lässt von der Idee das Vermögen i.S.d. Terminierungsregel des § 19 Abs. 2 InsO in der alten Fassung als Unternehmensgesamtwert V zu interpretieren. Die Ersatzgröße VWBK ist vermutlich weniger anfällig für gezielte Gestaltungen, weshalb für sie plädiert wird. Die Unschärfe der Messung in Bezug auf V wird dann in Kauf genommen. Lit.: Drukarczyk, J./Schüler, A.: Kommentierung zu § 19 InsO, in: Kirchhof, H.-P./Lwowski, H.-J./Stürner, R. (Hrsg.): Münchener Komm. zur InsO, Bd. 1, 2007, S. 464–497; Drukarczyk, J./Schüler, A.: Die Eröffnungsgründer der InsO:

Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, in: Arbeitskreis für Insolvenzwesen (Hrsg.): Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., 2008, S. 28–84; Schmidt, K.: Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, 1990; Schmidt, K.: Kommentierung zu vor § 64 und § 64 GmbHG, in: Scholz, F. (Hrsg.): Komm. zum GmbHGesetz, Bd. 3, 10. Aufl., 2010, S. 41574199; Uhlenbruck, W.: Kommentierung zu § 19 InsO, in: Uhlenbruck, W. (Hrsg.): Insolvenzordnung, Komm., 13. Aufl., 2010, S. 349-392. Jochen Drukarczyk Überschuldungsbilanz Eine o Sonderbilanz zur Feststellung, ob eine o Überschuldung vorliegt. Die Bewertung von Vermögen und Schulden hängt davon ab, ob von einer Fortführung oder von einer Zerschlagung des Unternehmens auszugehen ist. Übertragungsprüfung o Prüfungshandlungen UEC = o Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers. UEC-Verfahren Von der o Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers (UEC) in den 1960er Jahren entwickelte Methode der o Unternehmensbewertung nach dem Prinzip der o Übergewinnverrentung. Lit.: UEC: Empfehlungen zur Vorgehensweise von Wirtschaftsprüfern bei der Bewertung ganzer Unternehmen TRC 1 Kommission für Fachfragen und Forschung, 1980, abgedruckt bei Bellinger, B./Vahl, G.: Unternehmensbewertung in Theorie und Praxis, 2. Aufl., 1992, S. 202-204. Umkehrmaßgeblichkeit o Maßgeblichkeitsprinzip 783

Umlaufvermögen Umlaufvermögen 1. Grundlagen Im U. werden im Umkehrschluss zu § 247 Abs. 2 HGB handelsrechtlich solche o Vermögensgegenstände ausgewiesen, die am Bilanzstichtag nicht bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Während o Rechnungsabgrenzungsposten nicht zum U. zählen (§ 247 Abs. 1 HGB), gilt für o Kapitalgesellschaften, dass o Vorräte, o Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände, Wertpapiere sowie Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks mit weiter gehenden Unterscheidungen Bilanzposten des U. sind (§ 266 Abs. 2 B HGB). Der handelsrechtlichen Definition des U. kommt die Definition kurzfristiger o Vermögenswerte (current assets) der IFRS nahe (IAS 1.66). Hierzu zählen Vorräte, Forderungen, aktivische Abgrenzungsposten, zu Handelszwecken gehaltene Vermögenswerte, Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente sowie zur Veräußerung gehaltene Vermögenswerte. 2. Bilanzierung nach Handelsrecht Grundsätzlich stellen die o Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten die Obergrenze der Bewertung des U. dar. Der Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten liegen dabei die Bewertungsmaßstäbe des § 255 HGB zugrunde. Liegt der Börsen- oder Marktpreis bzw. bei dessen Fehlen der o beizulegende Wert unter den Anschaffungsbzw. Herstellungskosten bzw. dem Buchwert des vorangegangenen Jahresabschlusses, ist unabhängig davon, ob es sich um eine dauernde oder nur vorübergehende o Wertminderung handelt unter Beachtung des strengen o Niederstwertprinzips auf diesen niedrigeren Wert außerplanmäßig abzuschreiben (§ 253 Abs. 4 HGB). Stellt sich zu einem späteren Zeitpunkt heraus, dass die 784

Gründe für eine o außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr bestehen, darf der niedrigere Wertansatz gem. § 253 Abs. 5 HGB nicht beibehalten werden (o Wertaufholungsgebot). Für Vermögensgegenstände des U. gilt der Grundsatz der o Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens können o Bewertungsvereinfachungsverfahren angewendet werden, soweit dies den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) entspricht (§ 256 Satz 1 HGB). Zulässige Bewertungsvereinfachungsverfahren sind hierbei das Fifo(first in-first out) und das Lifo- (last infirst out) Verfahren. Weiterhin können im Sinne einer o Gruppenbewertung gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden (§ 256 Satz 2 HGB i.V.m. § 240 Abs. 4 HGB). Für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe darf unter bestimmten Voraussetzungen zudem ein o Festwert angesetzt werden (§ 256 Satz 2 HGB i.V.m. § 240 Abs. 3 HGB). 3. Bilanzierung nach IFRS Die Bilanzierung kurzfristiger Vermögenswerte entspricht weitgehend der handelsrechtlichen Bilanzierung des U. Bezogen auf die häufig fokussierte Bilanzposition Vorräte nach IAS 2 sind diese analog zu dem handelsrechtlichen strengen Niederstwertprinzip mit ihrem niedrigeren Wert aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und o Nettoveräußerungswert zu bewerten (IAS 2.9). Sind die Gründe für eine durchgeführte Wertminderung entfallen, muss die Abwertung rückgängig gemacht werden (IAS 2.33), wobei als Wertobergrenze erneut die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu beachten sind. Unter-

Umsatzrealisation schiede zum Handelsrecht ergeben sich bei der Ermittlung der Herstellungskosten von Vorräten. Während das Handelsrecht bestimmte Wahlrechte zulässt (§ 255 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 HGB), verfolgt das IASB einen produktionsbezogenen Vollkostenansatz. Analog zum Handelsrecht sehen die IFRS einen Einzelbewertungsgrundsatz vor, allerdings sind unter bestimmten Voraussetzungen Bewertungsvereinfachungsverfahren anzuwenden, wobei zwischen dem o FifoVerfahren und der Durchschnittsmethode unterschieden wird (IAS 2.25). Das o Lifo-Verfahren ist nicht zulässig. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl, 2009, S. 345-378; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss- und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 134143, 207-221; Hayn, S./Hold-Paetsch, C.: Bilanz, in: Ballwieser, W. et al. (Hrsg.): Wiley Komm. zur internationalen Rechnungslegung nach IFRS 2009, S. 75-78; Ellrot, H. et al. (Hrsg.): §§ 247, 253, 255 und 256 HGB, BeckBilKomm, 7. Aufl., 2010. Thomas Kemper Umrechnungsdifferenz o Währungsumrechnung Umrechnung von Jahresabschlüssen o Währungsumrechnung Umrechnung von Valutaposten o Währungsumrechnung Umrüstungskosten o Kosten, die anfallen, wenn eine Produktionsanlage für eine andere Verwendung neu eingestellt und bestückt werden muss. Die U. fallen unabhängig von der Auftragsgröße an (o Kosten, fixe und variable). Umsatz Summe der mit den Netto-Verkaufspreisen multiplizierten Absatzmengen und -leistungen (o Erlöse) der gewöhnlichen Geschäftsfähigkeit; handelsrecht-

lich gem. § 277 Abs. 1 HGB als Umsatzerlöse bezeichnet. Umsatzerlöse o Umsatz Umsatzgewinnrate = o Umsatzrentabilität Umsatzkostenverfahren Verfahren zur Ermittlung des o Jahresüberschusses einer Unternehmung. Nach § 275 HGB neben dem o Gesamtkostenverfahren als eine von zwei möglichen Ermittlungsmethoden vorgesehen. Eine Erfolgsrechnung nach dem G. wird im internen Rechnungswesen auch als o Absatzerfolgsrechnung bezeichnet. Bei Anwendung des U. werden den Umsatzerlösen diejenigen Aufwendungen gegenübergestellt werden, die von den verkauften Produkten verursacht sind. Änderungen der Bestände an Halb- und Fertigerzeugnissen werden nicht ausgewiesen und die Aufwendungen werden nach Funktionen des Unternehmens (z.B. Herstellungs- und Verwaltungskosten) gegliedert. Umsatzrealisation 1. Umsatzrealisation nach HGB Die U. regelt insb. den Zeitpunkt der Erfassung von o Umsatzerlösen. Letztere sind gem. § 277 Abs. 1 HGB Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit einer o Kapitalgesellschaft typischen Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen. Ihr Ausweis erfolgt nach Abzug von Erlösschmälerungen und der o Umsatzsteuer in der ersten Zeile der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Der Zeitpunkt der U. leitet sich aus den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) bzw. dem in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB kodifizierten o Realisationsprinzip ab. Demnach sind Gewinne erst zum Zeitpunkt der Leistungserbringung mit Entstehung eines Anspruchs auf Gegenleistung und 785

Umsatzrealisation damit unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu realisieren. Bei einem Verkauf fällt der Zeitpunkt der U. für gewöhnlich mit dem Zeitpunkt der Lieferung und des Gefahrenübergangs auf den Käufer zusammen. Zahlungen, welche ein Kunde vor dem Zeitpunkt der U. für betriebliche Leistungen zahlt, sind als erhaltene Anzahlungen in der Bilanz nach § 266 Abs. 3 HGB unter den o Verbindlichkeiten zu passivieren. Eine Abweichung vom Realisationsprinzip sieht das Handelsrecht auch bei periodenübergreifenden Dienstleistungsverträgen sowie Fertigungsaufträgen nicht vor (o Langfristfertigung). Demnach ist eine vorzeitige U. grundsätzlich nicht gestattet und erst dann zulässig, wenn die Leistung vollständig erbracht wurde. Die hohe Bedeutung des Realisationsprinzips bei der U. ist Ausdruck des im Handelsrecht im Vordergrund stehenden Gläubigerschutz- und Kapitalerhaltungskonzepts. So werden durch Berücksichtigung des Realisationsprinzips der Ausweis und die Ausschüttung noch nicht realisierter Gewinne konsequent verhindert (o Gewinnverwendung). 2. Umsatzrealisation nach IFRS a) Vorschriften. Ausgangspunkt für die U. nach IFRS ist IAS 18 „Erträge“. Dieser legt den Zeitpunkt der U. für Erträge der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit aus dem Verkauf von Gütern, der Erbringung von Dienstleistungen sowie der Nutzung von Vermögenswerten des Unternehmens durch Dritte gegen o Zinsen, Nutzungsentgelte und o Dividenden fest. IAS 18 umfasst damit zwar einen Großteil der gewöhnlichen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen, allerdings enthalten einige andere IFRS weitere spezielle Vorschriften zur U. (z.B. IAS 11 „Fertigungsaufträge“ oder IAS 17 „Leasingverhältnisse“). Als Umsatzerlöse werden nach IAS 18.7 die aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens resultierenden Brutto786

zuflüsse wirtschaftlichen Nutzens während der Berichtsperiode, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führen, soweit sie nicht aus Einlagen der Anteilseigner stammen, abgegrenzt. Die Höhe der Umsatzerlöse bemisst sich dabei stets nach dem beizulegenden Zeitwert der erhaltenen oder zu beanspruchenden Gegenleistung (IAS 18.9). Dabei sind Preisnachlässe sowie bei längeren Zahlungszielen der Barwert der künftig erwarteten Einnahmen zu berücksichtigen (IAS 18.10-11). Hinsichtlich des Zeitpunkts sind Umsatzerlöse dann zu erfassen, wenn dem Unternehmen ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen hinreichend wahrscheinlich zufließen wird und dessen Höhe verlässlich ermittelt werden kann. Zu diesen allgemeinen Realisationskriterien treten für bestimmte Transaktionsarten (Tauschgeschäfte unterschiedlicher Güter, Verkauf von Gütern, Vereinnahmung bzw. Erhalt von Zinsen, Dividenden und Nutzungsentgelten sowie Erbringungen von Dienstleistungen) Sondervorschriften hinzu. Besondere Bedeutung hat in der Praxis außerdem die U. bei sog. Mehrkomponentenverträgen, d.h. Verträgen, bei denen mehrere Einzelleistungen gemeinsam verkauft werden und deren Vergütung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Im Gesamtbild ist die U. in den IFRS umfassender als im Handelsrecht geregelt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Handelsrecht und den IFRS existiert bei der bilanziellen Behandlung von mehrperiodigen Dienstleistungen bzw. Fertigungsaufträgen. Hier sehen die IFRS bei Vorliegen bestimmter Kriterien eine zeitanteilige U. nach dem Grad der Fertigstellung (percentage of completion method) vor. b) Ausblick. Es ist davon auszugehen, dass sich die Bilanzierung von Umsatzerlösen durch das bereits 2002 von o IASB und o FASB ins Leben gerufene Revenue Recognition Project künftig ändern

Umweltbilanzen wird. So soll ein neuer Standard insb. die bislang geltenden IAS 11 und IAS 18 ersetzen und die Bilanzierung einzelner Aspekte ändern. Lit.: Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl, 2009, S. 129-132; Bertram, K. et al.: Haufe HGB Komm., 2. Aufl., 2010, § 275, S. 1244-1250; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss- und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 520521, 550-554; Pellens, B./Fülbier, R.U./ Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 247284. Thomas Kemper Umsatzrentabilität Verhältnis von o Gewinn (i.d.R. vor Abzug von Zinsen) und o Umsatz. Unter anderem auch als Umsatzrendite, Umsatzgewinnrate und Gewinnmarge (profit margin) bezeichnet. Die U. drückt aus, wie viel Prozent des Umsatzes beim Unternehmen als Gewinn verbleiben (o Rentabilität). Umsatzsteuer o Verbrauchsteuer, durch die nach deutschem Recht die o Mehrwertsteuer konkretisiert wird. Nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) sind insb. Lieferungen und Leistungen mit der U. zu belegen. Dabei wird auf jeder Umsatzstufe der volle Umsatzwert besteuert, für bezogene Inputleistungen wird jedoch ein Abzug der vom Unternehmen der Vorstufe in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer eingeräumt. Die M. stellt im Rechnungswesen einen durchlaufenden Posten ohne Aufwands- bzw. Kostencharakter dar, da die U. direkt an das Finanzamt abgeführt werden muss. Umschlagshäufigkeit des Vermögens = o Kapitalumschlag Umschlagsteuer = o Verkehrsteuer

Umwandlung Wechsel der Rechtsform eines Unternehmens unter Aufrechterhaltung seiner Identität (formwechselnde U.) oder unter Übertragung seines Vermögens und seiner Schulden auf einen neuen Rechtsträger (übertragende U.). Die U. ist in Deutschland im Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt. Die U. ist Anlass für die Aufstellung einer Umwandlungsbilanz (o Sonderbilanz). Umwandlungsprüfung o Sonderprüfungen Umweltbilanzen 1. Begriffsbestimmungen U. bzw. Ökobilanzen dienen der systematischen Darstellung der Umweltwirkungen betrieblicher Aktivitäten. Die in der praktischen Anwendung verbreitete Norm ISO 14040 baut auf folgender Definition auf: „Die Ökobilanz ist eine Methode zur Abschätzung der mit einem Produkt verbundenen Umweltaspekte und produktspezifischen potentiellen Umweltwirkungen.“ Mit der Erstellung von U. wird das Ziel verfolgt, mithilfe einer größeren Transparenz hinsichtlich der von einem Unternehmen ausgehenden Umweltwirkungen unerwünschte Umweltbelastungen zu vermeiden, zu reduzieren oder zu beseitigen und dadurch zu einer (relativen) Umweltschonung beizutragen. Weitere Ziele sind die Offenlegung der eigenen Umweltposition und die Kommunikation über bereits ergriffene Maßnahmen. Adressaten von U. sind verschiedene interne und externe Stakeholder. Die Erstellung von U. erfolgt freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen, z.B. schreibt § 20 KrW/AbfG seit 1998 für bestimmte Unternehmen Abfallbilanzen vor. Freiwillig erstellte U. sind inzwischen weit verbreitet, wobei verschiedene Bezeichnungen wie Ökobi787

Umweltbilanzen lanzen, Umwelterklärungen, Umweltberichte, o Nachhaltigkeitsberichte, Sustainability Reports usw. verwendet werden. Für die meisten Ausprägungen von U. ist der Bilanzbegriff im Grunde nicht adäquat, da keine stichtagbezogenen Bestandsgrößen, sondern zeitraumbezogene Stromgrößen gegenübergestellt werden. Weitere Instrumente des Umweltmanagements, die in engem Zusammenhang mit U. stehen, sind Produktlinienanalysen, Umweltzeichen, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Technikfolgenabschätzungen, Ökoaudits, Life Cycle Assessments usw. 2. Erscheinungsformen von U. a) Standortbezogene U. Um die während einer Bilanzperiode auftretenden Umweltwirkungen eines Unternehmens vollständig und verursachungsgerecht zu erfassen, werden die folgenden sinnvoll miteinander verknüpften Bilanzen benötigt: – In der physischen Bestandsbilanz werden periodenbezogen die tatsächlichen Bestände, Zu- und Abgänge von Gegenständen des Anlagevermögens (Boden, Gebäude, Produktionsanlagen, Fahrzeuge usw.) erfasst. – In der kalkulatorischen Bestandsbilanz werden die Umweltwirkungen eines Anlagegegenstands, die seiner Erstellung und seinem späteren Abbau zuzurechnen sind, mithilfe von o Abschreibungen und o Rückstellungen auf die Perioden seiner Nutzung verteilt. Beim späteren Ausscheiden des Anlagegegenstands erfolgt eine Saldierung mit der entsprechenden Position der physischen Bestandsbilanz. – In der Input/Output-Bilanz werden die während der Periode eingesetzten und hervorgebrachten (erwünschten und unerwünschten) Umlaufgüter sowie deren Bestände am Periodenende mengenmäßig erfasst. Sie ent788

hält auf der Inputseite z.B. die Kontenklassen Einsatzmaterial (RHB, Bauteile, Handelswaren, Packstoffe usw.), Energieträger (Erdgas, Kohle, Heizöl, Treibstoffe usw.), Wasser (Trinkwasser, Brauchwasser, Oberflächenwasser, Regenwasser usw.), Luft (Druckluft). Typische Kontenklassen auf der Outputseite sind Produkte (gegliedert entsprechend dem Produktionsprogramm), Verpackungen (Papier, Pappe, Kunststoff, Glas, Metalle usw.), Abfall (Hausmüll, Sonderabfall, Bauschutt, Wertstoffe usw.), Abwasser (differenziert nach Schadstoffklassen), Abluft (differenziert nach Schadstoffarten und -konzentrationen), Abwärme. – Schließlich lassen sich in einer außerordentlichen Input/Output-Bilanz diejenigen Vorgänge erfassen, die zwar in der Periode aufgetreten sind, jedoch aufgrund ihrer Seltenheit bzw. ihrer Tragweite nicht die in der Input/Output-Bilanz ausgewiesenen Werte der normalen Betriebstätigkeit verzerren sollen, z.B. ungewöhnlich hohe Emissionen aufgrund des zeitweisen Ausfalls einer Filteranlage. b) Prozessbilanzen. Eine Prozessbilanz ist ein Ausschnitt aus der Input/Output-Bilanz eines Standorts, die die mit einem bestimmten Fertigungsprozess verbundenen Umweltwirkungen – aggregiert oder nach einzelnen Prozessschritten – darstellt. c) Produktbilanzen. Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich bei der Erstellung einer Produktbilanz, in der die mit der Herstellung und dem Gebrauch eines Produkts verbundenen Umweltwirkungen über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg offengelegt werden. Diese ergeben sich über die folgenden Wirkungsketten: – Faktorbezogene Umweltwirkungen lassen sich direkt dem Einsatz eines Produktionsfaktors zurechnen. Bei

Umweltbilanzen Rohstoffen sind neben den direkt durch ihren Einsatz ausgelösten Umweltwirkungen auch die durch ihre Gewinnung, bei eingesetzten Vorprodukten die durch ihre Erzeugung auf den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen verursachten Umweltbelastungen zu erfassen. – Prozessbezogene Umweltwirkungen wie Abfall, Verschnitt, Abwasser, Abluft, Abwärme fallen bei der Produktion, d.h. der Transformation der Einsatzfaktoren in Produkte, an. Um Doppelzählungen zu vermeiden, werden hierbei nicht mehr die mit den eingesetzten Faktoren verbundenen Umweltwirkungen berücksichtigt. – Direkte produktbezogene Umweltwirkungen entstehen aufgrund der vorgesehenen Nutzung eines Produkts sowie bei seiner Entsorgung. Wenn auch die zuvor bereits berechneten faktor- und prozessbezogenen Umweltwirkungen auf das Produkt abgerechnet werden, ist die sich ergebende Gesamtbelastung weitgehend unabhängig von der Ausgestaltung der Wertschöpfungskette. Durch eine geeignete Bewertung der dem Produkt zugerechneten Umweltwirkungen lässt sich eine produktbezogene Spitzenkennzahl ermitteln, die dem Verbraucher Auskunft über die mit einer Produkteinheit über den gesamten Lebenszyklus hinweg verbundenen Umweltbelastungen gibt. 3. Historische Entwicklung der Umweltbilanzierung Auslöser des Interesses an U. war das in den letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts aufkommende Umweltbewusstsein, das u.a. durch den Bericht des Club of Rome hinsichtlich der Grenzen des Wachstums ausgelöst wurde. Eine konzeptionelle Basis für U. bilden die seit den 1960er Jahren entwickelten Ansätze zur Sozialbilanzierung, die sich auf die gesellschaft-

lichen Aspekte der betrieblichen Tätigkeit beziehen. Durch die in den späten 1980er Jahren aufkommende Nachhaltigkeitsdiskussion (Brundtland-Kommission 1987, RioKonferenz der UNCED 1992) wurden die Bereiche Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft miteinander verknüpft. Die gleichzeitige Berücksichtigung aller drei Dimensionen führt zum Paradigma der Triple Bottom Line, das die Wertschöpfung eines Unternehmens unter Berücksichtigung seiner ökonomischen, ökologischen und sozialen Aktivitäten betrachtet. Daraus leitet sich eine umfassende Verantwortung des Unternehmens für seine Einwirkungen auf diese drei Bereiche ab (Corporate Social Responsibility, CSR). Wesentliche Elemente von U. sind die Bilanzierung von Stoff- und Energieflüssen, die Ausweitung der Betrachtung über den gesamten Produktlebenszyklus sowie die Entwicklung von Bewertungsmethoden für Umweltwirkungen. Es lassen sich die folgenden – teilweise einander überschneidenden – Phasen der Umweltbilanzierung unterscheiden: a) Pionierphase. In den 1970er und 1980er Jahren lag der Fokus der U. auf der möglichst exakten Erfassung der Stoff- und Energieflüsse eines Unternehmens. Ausgehend von technischen Konzepten wurden Stoffflussanalysen, Input/Output-Bilanzen und lebenszyklusorientierte Produktökobilanzen entwickelt. Von großer Bedeutung war die korrekte Abgrenzung des Bilanzraums, die sicherstellt, dass ein Unternehmen gerade mit den von ihm verursachten Umweltwirkungen belastet wird. In dieser Phase wurden auch erste Bewertungskonzepte entwickelt. Diese umfassen zum einen qualitative Bewertungen wie verbal-argumentative Verfahren, die ABC/XYZ-Analyse und die Nutzwertanalyse, zum anderen preisbasierte 789

Umweltbilanzen Verfahren wie Zahlungsbereitschaftsanalysen, erweiterte Wirtschaftlichkeitsrechnungen und marktpreisorientierte Bewertungen. Ein weiterer Schwerpunkt bei der Bewertung lag auf naturwissenschaftlich fundierten Knappheitskonzepten wie dem Entropieansatz, der ökologischen Knappheit, massen-, flächen-, stofffluss-, energiefluss- und grenzwertorientierten Ansätzen, Toxizitätsäquivalenten, ökologischen Fußabdrücken oder ökologischen Rucksäcken. Das bekannteste Konzept aus dieser Phase ist die von Müller-Wenk (1978) in St. Gallen entwickelte ökologische Buchhaltung, die in unterschiedlichen Einheiten gemessene Umweltwirkungen mithilfe von an der relativen Knappheit eines jeden Umweltgutes orientierten Äquivalenzkoeffizienten miteinander vergleichbar macht. b) Phase der Operationalisierung. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses wurden in den 1990er Jahren die zuvor konzipierten Instrumente ergänzt, verfeinert und für vielfältige Anwendungen nutzbar gemacht. Unterstützung aus dem politischen Raum erfolgte in Form einer Institutionalisierung und Operationalisierung des Umweltmanagements. Für die EU sieht die EG-ÖkoauditVerordnung (EMAS) seit 1995 die Zusammenstellung der wichtigsten standortbezogenen Umweltwirkungen in Form einer öffentlich zugänglichen Umwelterklärung vor. Aufbauend auf der weltweit gültigen Norm ISO 14001 zum Umweltmanagement befassen sich die ISO 14040 und die ISO 14044 mit Produktökobilanzen. 1993 gab die SETAC (Society of Environmental Toxicology and Chemistry) den folgenden strukturierten Code of Practice für die Umweltbilanzierung vor: – Zieldefinition: Zweck der Bilanzierung, spezifische Anforderungen 790

– Abgrenzung des Bilanzraums: Untersuchungsobjekte, Systemgrenzen, Bezugsgrößen (funktionelle Einheiten) – Sachbilanzierung: Beschreibung der relevanten Objekte und Prozesse auf der Input- und Outputseite, Ermittlung von Bezugsgrößen, Zuordnung von Stoff- und Energieflüssen, Datenbeschaffung – Wirkungsanalyse: naturwissenschaftlich basierte Wirkungsmodelle zur Zuordnung von Umweltwirkungen zu den bilanzierten Stoffen, Ableitung von Wirkungsketten – Gewichtung: soziale Bewertung der Umweltwirkungen zu einem Gesamtindikator Umweltbelastung – Interpretation: Sensitivitätsanalysen, Handlungsempfehlungen, ggf. Anstoß von Revisionen und Lernprozessen Als besonders problematisch erweisen sich die Bewertung sowie die Aggregation von detailliert erhobenen Umweltdaten und -wirkungen. c) Phase der Standardisierung. Aufgrund der Komplexität der naturwissenschaftlichen Wirkungsbeziehungen und der häufig unsicheren Datenlage ist eine vollständig objektive Bewertung der Umweltwirkungen eines Unternehmens letztlich nicht möglich. Daher kam es nach der Jahrtausendwende verstärkt zu einer Standardisierung der Umweltbilanzierung durch nationale und internationale Institutionen wie das Umweltbundesamt, die ISO, die SETAC, die Association of Chartered Certified Accountants (ACCA) sowie das von Schweden ausgehende Global Environmental Product Declarations Network GEDnet. Die inhaltliche Vereinheitlichung von U. wird über den Weg einheitlicher Vorgaben hinsichtlich ihrer Erstellung bis hin zur Wirkungsanalyse angestrebt. Eine Environmental Product Declaration (EPD) muss als Minimalanforderung die

Umweltbilanzen folgenden Angaben aufweisen: Ressourcenverbrauch (differenziert nach erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Ressourcen sowie Ressourcen mit Energiegehalt), Stromverbrauch und den Beitrag zu fünf ausgewählten Wirkungskategorien mit starkem Umweltveränderungspotenzial: – Treibhauseffekt (in CO2-Aquivalenten) – Versauerung (in kmol H+-Äquivalenten) – Ozonabbau (in CFC-11-Äquivalenten) – Überdüngung (in O2-Äquivalenten) – Photooxidation (in Ethylen-Äquivalenten) Für die Zukunft ist eine Verstärkung derartiger internationaler Standardisierungstendenzen zu erwarten. Die Ausrichtung an einer solchen Konvention erleichtert die Erstellung und vereinfacht den Vergleich von U. Weiter entwickelte sich seit Mitte der 1990er Jahre ein Markt für standardisierte Softwareprogramme zur Umweltbilanzierung. Angesichts der Menge an für die Erstellung einer Umweltbilanz erforderlichen Daten und der Komplexität der Basisoperationen Sachbilanzierung, Wirkungsanalyse und Gewichtung/Bewertung ist eine DV-Unterstützung unabdingbar. Ergänzend muss für das bilanzierende Unternehmen ein Zugriff auf Stoff- und Wirkungsdatenbanken gewährleistet sein. 4. Zukünftige Entwicklung U. bilden die Basis sowohl eines betrieblichen Stoff- und Energiestrommanagements als auch des Umweltmanagements und Umweltcontrollings. In den letzten beiden Jahrzehnten sind fast alle Großunternehmen und viele Mittelständler in Deutschland dazu übergegangen, ihre Umweltwirkungen – meist zusammen mit den gesellschaftlichen Auswirkungen

ihrer Tätigkeit in Form von Nachhaltigkeitsberichten (CSR Reports) – zu veröffentlichen. Der Aufbau eines solchen Berichts ähnelt dem des Geschäftsberichts: Ausgehend vom Leitbild der Unternehmensphilosophie und den Handlungsgrundsätzen des Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsmanagements werden zunächst die wichtigsten Ereignisse seit der letzten Berichtserstellung dargestellt. Anschließend folgt ein Datenteil u.a. mit der Umweltbilanz und wichtigen Schlüsselkennzahlen. Ergänzend werden z.B. in einem o Anhang einzelne Positionen und Bewertungsansätze kommentiert und weitere umweltrelevante Sachverhalte dargelegt. Auch wenn es sich bei der Umweltbilanzierung derzeit um eine freiwillige o Publizität der Unternehmen handelt, ist mittelfristig zu erwarten, dass es auf nationaler oder internationaler Ebene zu entsprechenden Berichtspflichten kommen wird. So besteht in Deutschland für große Kapitalgesellschaften seit dem o Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) von 2004 nach § 289 HGB die Verpflichtung, in ihrem o Lagebericht auf nichtfinanzielle Leistungsindikatoren wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange einzugehen, soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage von Bedeutung sind. Lit.: Elkington, J.: Cannibals With Forks: The Triple Bottom Line of 21st Century Business, 1997; Lundie, S.: Ökobilanzierung und Entscheidungstheorie, 1999; Meadows, D. et al.: Die Grenzen des Wachstums, 1973; Müller-Wenk, R.: Die ökologische Buchhaltung, 1978; Peemöller, V.H./Zwingel, T.: Ökologische Aspekte im Jahresabschluß, 1995; Schellhorn, M.: Umweltrechnungslegung, 2. Aufl., 1999; Schmidt-Bleek, F.: Das MIPS-Konzept, 1998; Siegenthaler, C.P.: Ökologische Rationalität durch Ökobilanzierung, 2006; Steven, M./Letmathe, P.: Umweltstücklisten als Daten791

Umweltschutz grundlage für umweltorientierte PPSSysteme, in: Albach, H./Dyckhoff, H. (Hrsg.): Betriebliches Umweltmanagement, 1996, S. 165-183; Steven, M./Schwarz, E.J./Letmathe, P.: Umweltberichterstattung und Umwelterklärung, 1997; Steven, M.: Integration der sozialen Dimension des Sustainable Development in Rechenwerke, in: UmweltWirtschaftsForum 9, 2001, S. 29-33; Strebel, H.: Umweltbilanz, in: Küpper, H.-U./Wagenhofer, A. (Hrsg.): HWU, 2002, S. 19791987. Marion Steven Umweltschutz Maßnahmen zum nachhaltigen Schutz der Umwelt sowie zur Behebung von bereits erfolgten Schäden. So sind Unternehmen nach der Stilllegung bestimmter Vermögenswerte (z.B. von Ölplattformen) zum Rückbau verpflichtet. In der Rechnungslegung manifestiert sich der U. somit z.B. in o Rekultivierungsrückstellungen. Unechte Gemeinkosten o Gemeinkosten Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk o Bestätigungsvermerk Unfertige Erzeugnisse o Erzeugnisse, unfertige

Unrealisierter Gewinn o Realisationsprinzip o Reserven, stille Unsystematisches Risiko o Capital Asset Pricing Model Unterbewertung In bilanziellem Sinne Ansatz von o Aktiva zu einem niedrigeren oder von o Passiva zu einem höheren Wert als nach den jeweiligen Vorschriften zulässig. Die o Prüfung des Jahresabschlusses soll U. verhindern. U. gelten für Mitglieder eines Vertretungsorgans oder Aufsichtsrates einer o Kapitalgesellschaft als Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bedroht ist (§ 334 HGB). U. von Bilanzposten einer AG führt zur Nichtigkeit des o Jahresabschlusses, wenn dadurch die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft vorsätzlich unrichtig wiedergegeben oder verschleiert wird (§ 256 Abs. 5 AktG). Unterbilanz Oberbegriff für eine nach handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften aufgestellte Bilanz, in der der ausgewiesene Verlust den evtl. vorhandenen Gewinnvortrag und die offenen o Rücklagen übersteigt. Eine U. hat für die Geschäftsleitung teilweise rechtliche Konsequenzen.

Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers Vorläufer der o Fédération des Experts Comptables Européens (FEE). 1986 aufgelöst.

Untergesellschaft Ältere Bezeichnung für ein o Tochterunternehmen.

United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) Rechnungslegungsvorschriften in den o USA, welche überwiegend vom o FASB verfasst werden. Die U. umfassen viele detaillierte Einzelfallregelungen und folgen demnach einem o RulesBased Accounting. Börsennotierte Unternehmen müssen über die U. hinaus weitere Anforderungen, wie z.B. Offenlegungspflichten, der o SEC erfüllen.

Unternehmen, abhängiges Bezeichnung aus dem Konzernrecht für ein Unternehmen, auf das ein anderes Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Nach § 17 Abs. 2 AktG wird die Abhängigkeit bei einer o Mehrheitsbeteiligung vermutet. Von a. U. wird gemäß § 18 Abs. 1 AktG angenommen, dass sie o Konzernunternehmen und damit in den o Konzernabschluss einzubeziehen sind.

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Unternehmensanalyse Unternehmen, assoziiertes Bezeichnung für ein Unternehmen, auf das ein anderes Unternehmen einen maßgeblichen Einfluss ausübt. Die Einflussmöglichkeit ist geringer als auf ein o abhängiges Unternehmen, auf das einen beherrschender Einfluss gem. § 17 AktG ausgeübt werden kann. Die Klassifizierung als a. U. wird nach § 311 HGB vermutet, wenn die Kapital- bzw. Stimmrechtsanteile 20 % oder mehr betragen. Im o Konzernabschluss ist die Beteiligung an einem a. U. gem. § 312 HGB nach der Equity-Methode zu bewerten (o Equity-Bewertung). Unternehmen, kapitalmarktorientiertes Unter einem k. U. ist nach § 264d HGB eine Kapitalgesellschaft zu verstehen, die einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 WpHG in Anspruch nimmt oder bis zum jeweiligen Bilanzstichtag die Zulassung eines Wertpapiers (Eigenkapital- und/oder Fremdkapitaltitel) zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder EU-Mitgliedsstaat beantragt hat. Unternehmen, verbundenes (1) Bezeichnung aus dem Konzernrecht für Unternehmen, die in einem in § 15 AktG genannten Beteiligungsverhältnis zueinander stehen, rechtlich jedoch selbständig sind. Zu den v. U. gehören Unternehmen, mit denen durch eine Mehrheitsbeteiligung ein Mutter-TochterVerhältnis besteht (sowohl als Mutterals auch als Tochterunternehmen), herrschende, abhängige und wechselseitig beteiligte Unternehmen, Konzernunternehmen sowie Unternehmen, mit denen eine Unternehmensvertrag besteht. (2) Bezeichnung aus dem Handelsrecht für Unternehmen, die gem. § 271 Abs. 2 HGB in einem in § 290 HGB bezeichneten Verhältnis zueinander stehen. Hiernach werden unter den v. U. alle Gesellschaften zusammengefasst, welche als o Mutterunternehmen oder o Tochter-

unternehmen grundsätzlich nach der o Vollkonsolidierung gem. §§ 300-307 HGB in den o Konzernabschluss einzubeziehen sind. Damit zählen zu den v. U. auch Gesellschaften, für die ein Konsolidierungsverbot bzw. -wahlrecht besteht. Von den v. U. abzugrenzen sind in diesem Verständnis Unternehmen, mit denen nur ein Beteiligungsverhältnis besteht (o Beteiligung). Lit.: Rübel, M.: Verbundene Unternehmen im Sinne des Dritten Buches des HGB, in: DBW 1989, S. 751-760. Unternehmensakquisition Übernahme eines Unternehmens oder von Unternehmensteilen (Sparten, Werke) durch Erwerb aller oder der Mehrheit der Anteile (Aktien, GmbH-Anteile; sog. o share deal) oder durch Erwerb der einzelnen o Vermögensgegenstände (sog. o asset deal), möglicherweise auch der o Verbindlichkeiten, z.B. mit dem Ziel schnellen Wachstums, Gewinnung von Marktanteilen oder der Diversifikation. Zur Vorbereitung einer U. wird das Akquisitionsobjekt i.d.R. umfassend geprüft (o Due Diligence) und anschließend zur Ermittlung des maximalen Kaufpreises bewertet (o Unternehmensbewertung). Lit.: Berens, W./Brauner, H.U./Strauch, J. (Hrsg.): Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, 4. Aufl., 2005. Unternehmensanalyse Je nach Blickwinkel der analysierenden Person kann eine U. unterschiedliche Ziele verfolgen. Eigenkapitalgeber interessieren sich primär für die Ertragsaussichten, Fremdkapitalgeber für die Bonität und Konkurrenten für die Ursachen von Wettbewerbsvorteilen (z.B. Kostenstrukturen). Ein wichtiges Instrument der U. ist die o Bilanzanalyse (empirischstatistisch und kennzahlenbasiert). Darüber hinaus werden vielfach auch nicht monetär quantifizierbare Informationen in U. einbezogen. Siehe auch: o Boni793

Unternehmensbewertung tätsprüfung bei Schuldscheindarlehen, o Due Diligence, o Prüfung des Jahresabschlusses, o Prüfung des Konzernabschlusses, o Rating, o Sonderprüfungen. Unternehmensbewertung 1. Begriff U. widmet sich der Bewertung ganzer Unternehmen oder wesentlicher Anteile an ihnen. Unternehmen sind dabei nicht im Rechtssinne zu verstehen, sondern werden ökonomisch abgegrenzt. Sie sind teils kleiner (z.B. als Betrieb), teils größer (z.B. als o Konzern) als eine Rechtseinheit. 2. Zwecke U. sind Grundlagen von Entscheidungen, dienen der Erfüllung von Verträgen und gesetzlichen Vorschriften sowie der Beeinflussung Dritter. Vernachlässigt man die im Allgemeinen unbekannten vertraglichen und die nur rudimentär vorhandenen gesetzlichen Vorschriften sowie die beliebig zu erfüllende Argumentationsfunktion zur Beeinflussung Dritter, dienen U. der Ermittlung von Grenzpreisen (Entscheidungswerten) und o Schiedswerten. Da letztere auf Grenzpreisen aufbauen müssen, ist deren Ermittlung zentral. 3. Relevanz der Barwertkalküle Der Unternehmenswert entspricht der Summe der Werte des fortzuführenden (= betriebsnotwendigen) und des zu veräußernden (= nicht betriebsnotwendigen) o Vermögens. Die Abgrenzung kann gelegentlich schwer fallen, z.B. bei einer Brauereigaststätte oder einer o Beteiligung, aber große Wertrelevanz aufweisen. Für das nicht betriebsnotwendige Vermögen gelten Veräußerungspreise. Für das fortzuführende Unternehmen bietet es sich an, o Marktpreise als Wertindikator zu suchen. Marktpreise für Unternehmen sind aber trotz zahlreicher Transaktionen nur schwer zu finden, weil 794

Unternehmen stark individuell gestaltbare und insoweit inhomogene Güter darstellen und vergleichbare Unternehmen und deren aktuelle und aussagekräftige Preise kaum zu finden sind. Versuche, U. mit Hilfe von o Multiplikatorverfahren vorzunehmen, sind in praxi zwar gang und gäbe, leiden aber an fehlender theoretischer Untermauerung. Vorzugswürdig ist deshalb die Anwendung von Barwertkalkülen. In Deutschland üblich ist das Ertragswertverfahren; international verwendet man verschiedene Varianten der o Discounted-Cash-Flow-Methode. Der Ertragswert ist der o Barwert der an die Eigentümer eines Unternehmens erwartungsgemäß fließenden Ausschüttungen (= Zukunftserfolge). Unter Berücksichtigung von nur finanziellen Zielen ist er für einen potentiellen Unternehmenskäufer der maximal zu entrichtende, für einen potentiellen Unternehmensverkäufer der mindestens zu erzielende Kaufpreis. Er stellt eine Preisgrenze dar, deren Über- bzw. Unterschreiten aus finanziellen Gründen nachteilig wäre, und heißt deshalb Grenzpreis oder Entscheidungswert. Der Grenzpreis entspricht allenfalls zufällig dem sog. objektivierten Unternehmenswert, der nach dem Bewertungsstandard der Wirtschaftsprüfer (IDW S 1 i.d.F. 2008) auf Basis enger Annahmen bei bestimmten Bewertungsanlässen zu berechnen ist. Dem o Ertragswert entspricht das Flow-to-Equity-Verfahren (FTE-Verfahren) der Discounted-CashFlow-Methoden. Weil der Unternehmenswert direkt berechnet wird, spricht man auch von einem Nettoansatz. Daneben umfassen die Discounted-CashFlow-Verfahren sog. Bruttoansätze, mit deren Hilfe zuerst der Wert des gesamten Kapitals berechnet wird, von dem sodann der Wert des o Fremdkapitals abgezogen wird, um zum Unternehmenswert i.S. des Werts des o Eigenkapitals zu gelangen. Zu ihnen gehören die WACCVerfahren (WACC = weighted average

Unternehmensbewertung cost of capital), bei denen Free o Cash Flows oder Total Cash Flows mit (unterschiedlichen) gewogenen o Kapitalkosten diskontiert werden, und das Adjusted-Present-Value-Verfahren (APV-Ansatz), das Barwerte von Free Cash Flows und von Steuervorteilen umschließt. Diese Verfahren unterscheiden sich vom Ertragswert- bzw. FTEVerfahren nicht nur durch die Zweistufigkeit der Berechnung des Unternehmenswerts, sondern auch durch die zu diskontierenden Größen und die Diskontierungssätze. 4. Komponenten des Ertragswerts und Ermittlungsprobleme Für die Berechnung des Ertragswerts sind die in Zukunft zu erwartenden Ausschüttungen (= Entnahmen oder Ausschüttungen; keine o Erträge i.S. der o Gewinn- und Verlustrechnung) zu schätzen und mit einem Zinsfuß (o Kalkulationszinsfuß, Kapitalisierungssatz) zu diskontieren. Die zukünftigen Ausschüttungen hängen ab von der Geschäftspolitik des zu bewertenden Unternehmens und von den Umweltentwicklungen, die das Unternehmen nicht beeinflussen kann. Zu letzteren zählen insb. die Gesetzgebung, die Regulierung, das Nachfrager- und das Mitanbieterverhalten. Die Umweltentwicklungen und der Erfolg der eigenen Geschäftspolitik sind nicht einwertig zu prognostizieren, und die zu erwartenden Ausschüttungen sind demgemäß unsicher. Ein Problem besteht deshalb in der Prognose der zu erwartenden Ausschüttungen und der anschließenden Verdichtung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen oder Bandbreiten auf stellvertretende Werte, die zu diskontieren sind. Szenario-Analysen können für die Prognose hilfreich sein. Die Diskontierung sorgt ökonomisch betrachtet für einen Vergleich der Mittelbindung in dem Unternehmen mit alternativen Geldverwendungen und den damit verbundenen Preisen. Der potentielle

Unternehmenskäufer prüft, welche Geldverwendungsmöglichkeiten er alternativ zum Unternehmenserwerb hat. Sie bestehen neben dem Konsum in der Tilgung von Schulden und der Anlage des Geldes in anderen Investitionsobjekten. Der potentielle Verkäufer prüft, wie er den durch Unternehmensverkauf erzielten Betrag verwenden kann. Auch er kann konsumieren, Schulden tilgen oder sein Geld in einem neuen Investitionsobjekt anlegen. Zumeist verengen wegen der nötigen Partial- statt Programmplanung beide Parteien die Geldverwendungsalternativen auf Investitionsobjekte. Für diese sind den prognostizierten Erträgen in vielerlei Hinsicht (wie Währung, Arbeitseinsatz, Laufzeit, Steuern und Risiko) äquivalente Renditen zu errechnen, um zum Kalkulationszinsfuß zu gelangen. 5. Prognose der Ausschüttungen (Ertragsprognose) Die Prognose der Ausschüttungen basiert auf einer Vergangenheitsanalyse. Hierzu zählt die Auseinandersetzung mit vergangenen Absatzmarkt- und Sortimentsentwicklungen, mit Beschaffungsmärkten (inkl. Arbeit und Kapital) und Vertriebswegen, mit Wachstums- oder Schrumpfungsprozessen, mit steuerlichen Gestaltungen, rechtlichen oder faktischen Auflagen und wahrgenommenen Optionen. Im finanziellen Bereich werden insb. die Posten der Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten Jahre um die bilanzrechtlich erzwungenen oder bilanzpolitisch zulässigen, aber für eine Prognose zukünftiger Ausschüttungen störenden Posten bereinigt. Die Analyse erfolgt im Hinblick auf die Extrapolierbarkeit von vergangenen Zahlungen und insb. die Erkenntnis von solchen Zahlungseinflussfaktoren der Vergangenheit, die erwartungsgemäß in die Zukunft fortwirken. Von besonderer Bedeutung ist die Analyse der Ausschüttungsmöglichkeiten im 795

Unternehmensbewertung letzten Jahr vor dem Bewertungsstichtag. Unter der Annahme, die Umwelt und die Geschäftspolitik blieben in Zukunft unverändert, lassen sich die letztjährigen Ausschüttungsmöglichkeiten als durchschnittliche Ausschüttungen in die Zukunft übertragen. Dies ist in den seltensten Fällen eine realistische Annahme. Man erhält durch diese Übertragung aber einen Referenzwert, an dem man Ausschüttungsschätzungen überprüfen kann, die aufgrund veränderter Umweltentwicklungen und neuer Geschäftspolitiken (inkl. Ausschüttungspolitiken) erwartet werden. Zu untersuchen sind sodann die erwarteten Umweltentwicklungen in der Zukunft. Es bietet sich hierbei meist an, die Zukunft in unterschiedlich gut überschaubare Zeiträume zu zerlegen (sog. o Phasenmethode), wobei zwei oder drei Phasen (Detailplanungsphase, Übergangsphase, Gleichgewichtsphase) relevant erscheinen können. Von Interesse sind angesichts der Komplexität des Prognoseproblems nur wesentliche Umweltfaktoren und deren Entwicklung. Zu fragen ist, wie sich die Ausschüttungen entwickeln werden, wenn die Geschäftspolitik gegenüber der Vergangenheit unverändert bleibt (= Trägheitsprojektion). Wiederum ist die Annahme einer unveränderten Geschäftspolitik häufig irreal; wiederum dient die Trägheitsprojektion nur als Referenzwert. Schließlich sind die bei realistisch erscheinender (zumeist neuer) Geschäftspolitik in Abhängigkeit der verschiedenen erwarteten Umweltentwicklungen denkbaren Ausschüttungen zu schätzen. Das Schätzergebnis ist mehrwertig (und bei Anwendung der Phasenmethode auch zeitabhängig) zu belassen, bevor es für den Bewertungsvorgang verdichtet wird. Anderenfalls werden die Risiken und Chancen der aus dem Unternehmen zu erwartenden Ausschüttungen nicht deutlich. Es lassen sich dann nur schwer begründete Aussagen über den Risikozu796

schlag als Element des Kapitalisierungszinssatzes machen (s.u. 6.). Für die Prognose zukünftiger Ausschüttungen unabdingbar ist die Kenntnis der Substanz (d.h. der einzelbewertbaren Vermögensgegenstände und Schulden) am Bewertungsstichtag. Das verlangt keineswegs die Kenntnis des o Substanzwerts. Hingegen benötigt man am Bewertungsstichtag die Kenntnis des o Liquidationswerts. Liegt er über dem Ertragswert, so ist unter finanziellen Gesichtspunkten die Unternehmensfortführung nachteilig und bei rechtlich wie faktischer Möglichkeit der Liquidation der Ertragswert aussagelos. 6. Bewertung der prognostizierten Ausschüttungen Regelmäßig werden die prognostizierten Ausschüttungen durch Rückgriff auf einen modular zusammengesetzten Kalkulationszinsfuß bewertet. Ausgangspunkt ist regelmäßig ein quasi-sicherer Zins, der um verschiedene Komponenten ergänzt wird. Zur Bestimmung des quasisicheren Zinses greift man auf Staatsanleihen der Bundesrepublik Deutschland oder des Euroraumes zurück. Statt sich eines flachen (laufzeitunabhängigen) Zinses zu bedienen, verwendet man heute mit Hilfe der Svensson-Methode geschätzte Zinsstrukturkurven für spot rates, die man aus börsentäglich zur Verfügung gestellten Daten der Deutschen Bundesbank oder der Europäischen Zentralbank generieren kann. Damit erhält man laufzeitabhängige quasi-sichere Zinsen, die man – sofern gewollt – in einen barwertidentischen Einheitszins transformieren kann. Der quasi-sichere Zins wird regelmäßig um einen Risikozuschlag erhöht, dessen Bestimmung oftmals auf dem o Capital Asset Pricing Model (CAPM) oder dem Tax-CAPM (es erfasst gegenüber dem CAPM auch persönliche Steuern) aufbaut. Bestandteile des Risikozuschlags

Unternehmensbewertung sind nach beiden Modelltypen der Betafaktor der Aktien des zu bewertenden Unternehmens und die Marktrisikoprämie, welche den Erwartungswert der Überrendite angibt, die man erzielt, wenn das Geld in riskanten Aktien statt in Staatsanleihen angelegt wird. Wichtig ist zu verstehen, dass diese Anpassung aufgrund der Modellwelt des CAPM oder Tax-CAPM nur Sinn gibt, wenn die prognostizierten Ausschüttungsverteilungen auf Erwartungswerte aggregiert worden sind. Für die Schätzung der Betawerte wie der Marktrisikoprämie gilt es zahlreiche Vorentscheidungen zu treffen, die selbst bei börsennotierten Unternehmen u.a. den Schätzzeitraum der Vergangenheit, das Renditeintervall, die Approximation des Marktportfolios und des risikolosen Zinses, die Berechnung von Mittelwerten für die Marktrisikoprämie und die Anpassung des Betafaktors an veränderte Kapitalstrukturen betreffen. Die Menge der Vorentscheidungen wächst, wenn bei der Bewertung von nicht börsennotierten Unternehmen oder zwar börsennotierten, aber nur schwach börsengehandelten Unternehmen in Ermangelung zuverlässiger Kapitalmarktdaten auf peer groups zurückgegriffen werden muss. In praxi werden weitere Zinsfußkomponenten wie Wachstumsraten der Erträge sowie Größen- oder Immobilitätszuschläge verwendet. Während Wachstumsraten der Erträge modelltechnisch relativ leicht begründet werden können (wenn man hierbei die Inkonsistenz vernachlässigt, dass ein Sicherheitsmodell mit einem Unsicherheitsmodell kombiniert wird), fehlt bei den beiden anderen Größen die theoretische Untermauerung, weil Größenzuschläge inkompatibel mit dem sonst favorisierten CAPM oder TaxCAPM sind und Größeneffekte selbst historisch nicht stabil zu sein scheinen sowie Immobilitätszuschläge konzeptionellen Mängeln und starken Problemen ihrer Dimensionierung ausgesetzt sind.

7. APV- und WACC-Verfahren Nach dem APV-Verfahren wird der Wert des fortzuführenden Vermögens additiv bestimmt aus dem Wert des fiktiv unverschuldeten Unternehmens und dem Wert der aus der Verschuldung resultierenden Steuervorteile. Für die erste Wertkomponente benötigt man die Prognose von Free Cash Flows und die Eigenkapitalkosten eines unverschuldeten Unternehmens, die nur modellhaft zu konstruieren sind, wobei neben dem CAPM oder TaxCAPM Modelle von Modigliani/Miller und anderen ins Spiel kommen. Die WACC-Verfahren werden unterteilt in das Free-Cash-Flow-Verfahren (FCFVerfahren) und das Total-Cash-FlowVerfahren (TCF-Verfahren). Bei dem FCF-Verfahren werden Cash Flows des unverschuldeten Unternehmens unter Vernachlässigung des Steuervorteils aus der Verschuldung mit einem gewogenen Kapitalkostensatz diskontiert, der den Steuervorteil erfasst. Bei dem TCFVerfahren werden Cash Flows des unverschuldeten Unternehmens unter Berücksichtigung des Steuervorteils mit einem gewogenen Kapitalkostensatz diskontiert, der keinen Steuervorteil mehr berücksichtigt. Das FCF-Verfahren ist konzeptionell stimmiger als das TCF-Verfahren und in praxi beliebter. 8. Wertübereinstimmung Die beschriebenen Verfahren haben unterschiedliche Annahmen über die Finanzierungspolitik. Daraus wird zum Teil in der Literatur hergeleitet, dass man in Abhängigkeit der geplanten Finanzierungspolitik das relevante Verfahren bestimmen müsse. Jedoch lässt sich bei sonst gleichen Annahmen der Unternehmenswert nach jedem der genannten Verfahren in identischer Höhe berechnen, sofern man die Zusammenhänge der zu verwendenden Gleichungen kennt. Wichtig ist hierbei die rekursive Bestimmung des Unternehmenswerts, d.h. eine rück797

Unternehmenserhaltung wärtsschreitende Berechnung vom Ende des Planungshorizontes auf den Bewertungszeitpunkt zu. 9. Rechtsprechungsakzeptanz Es gibt eine umfangreiche Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung, insb. aufgrund von familien-, erb- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Die Rechtsprechung wurde z.T. stark durch das Vorgehen der Wirtschaftsprüfer und deren Bestimmung des sog. objektivierten Unternehmenswerts geprägt. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass zahlreiche Urteile auch die dort zu beobachtende starke Hinwendung zur Verwendung des CAPM oder des Tax-CAPM bei der Bestimmung des risikoangepassten Zinsfusses mitgetragen oder gar verstärkt haben, finden sich in jüngerer Zeit auch Vorbehalte gegen diese Modellwelt wegen der bei der Übertragung in die Realität sich ergebenden Problemen und notwendigen Subjektivismen. Lit.: Ballwieser, W.: Unternehmensbewertung und Komplexitätsreduktion, 3. Aufl., 1990; Ballwieser, W.: Unternehmensbewertung – Prozeß, Methoden und Probleme, 3. Aufl., 2011; Ballwieser, W.: Die Erfassung von Illiquidität bei der Unternehmensbewertung, in: Schäfer, K. et al. (Hrsg.): Risikomanagement und kapitalmarktorientierte Finanzierung, FS Rudolph, 2009, S. 283300; Ballwieser, W./Leuthier, R.: Grundprinzipien, Verfahren und Probleme der Unternehmensbewertung, in: DStR 1986, S. 545-551, 604-610; Dörschell, A./Franken, L./Schulte, J.: Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung – Praxisgerechte Ableitung unter Verwendung von Kapitalmarktdaten, 2009; Drukarczyk, J./Schüler, A.: Unternehmensbewertung, 6. Aufl., 2009; Hachmeister, D.: Der Discounted Cash Flow als Maß der Unternehmenswertsteigerung, 4. Aufl., 2000; Hachmeister, D./Wiese, J.: Der Zinsfuß in der Unternehmensbewertung – Aktuelle Probleme 798

und Rechtsprechung, in: WPg 2009, S. 54-65; IDW: IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i.d.F. 2008), in: IDW-FN Nr. 7/2008, S. 271-292; Kruschwitz, L./Löffler, A.: Discounted Cash Flow – A Theory of the Valuation of Firms, 2006; Kuhner, C./Maltry, H.: Unternehmensbewertung, 2006; Matschke, M.J.: Der Entscheidungswert der Unternehmung, 1975; Moxter, A.: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 2. Aufl., 1983 (Nachdruck 1994); Wiese, J.: Komponenten des Zinsfußes in Unternehmensbewertungskalkülen – Theoretische Grundlagen und Konsistenz, 2006. Wolfgang Ballwieser Unternehmenserhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Unternehmensfortführung o Going-Concern-Prinzip Unternehmensmehrwert = o Geschäftswert Unternehmenspublizität o Publizität Unternehmensrechnung = Betriebliches o Rechnungswesen Unternehmensrentabilität o Rentabilität Unternehmensvergleich Auswertungsmethode im Rahmen der o Bilanzanalyse, bei der die wirtschaftliche Entwicklung des untersuchten Unternehmens an der eines vergleichbaren Unternehmens beurteilt wird. Unternehmensvertrag Oberbegriff für Verträge, die das Verhältnis zwischen zwei Unternehmen regeln. Zu den U. zählen: o Beherrschungsvertrag, o Gewinnabführungsvertrag (inkl. Teilgewinnabführungsvertrag), Gewinngemeinschaft, Betriebspacht- oder -überlassungsvertrag. Für o Aktiengesellschaften sind U. in den

USA §§ 291-307 AktG geregelt. Der Abschluss eines U. bzw. dessen Änderung bedürfen der Zustimmung einer ¾-Mehrheit der o Hauptversammlung und der Eintragung ins o Handelsregister. Besondere Schutzvorschriften gelten beim Abschluss eines U. für Minderheitsaktionäre. Unternehmenswert Wert eines Unternehmens aus Sicht der Eigentümer (Netto-Wert) bzw. aller Kapitalgeber (Brutto-Wert). Zentrale Zielgröße des o Shareholder-Value-Konzepts. Zur Ermittlung des U. existieren verschiedene Methoden der o Unternehmensbewertung. Unternehmenszusammenschluss Vertraglich vereinbarte, enge wirtschaftliche Zusammenarbeit oder Vereinigung von Unternehmen, wobei die rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit der Unternehmen beigehalten werden kann oder aufgehoben wird. Bleibt die rechtliche Selbstständigkeit erhalten, führen U. zum Entstehen eines o Konzerns und damit unter bestimmten Voraussetzungen zur Pflicht, einen o Konzernabschluss aufzustellen. Unternehmerlohn o Kosten, kalkulatorische Unterordnungskonzern Konzernverhältnis, bei dem das o Mutterunternehmen als herrschendes Unternehmen die einheitliche Leitung über ein o Tochterunternehmen ausübt (§ 18 Abs. 1 AktG; o Konzern). Unterproportionale Kosten o Kosten, fixe und variable Unterschiedsbetrag o Geschäftswert o Kapitalkonsolidierung Unterschlagungsprüfung o Sonderprüfungen Unverzinsliche Verbindlichkeiten o Verbindlichkeiten

USA 1. Grundlagen Bedingt durch das in den USA vorherrschende Rechtsverständnis des Common Law (Case Law) gibt es dort sehr wenig gesetzliche Regelungen zur externen Rechnungslegung. Die Autorität zur Verabschiedung von Rechnungslegungsnormen wurde vom Staat auf die o Securities and Exchange Commission (SEC), der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde, übertragen. Diese wiederum überlässt – abgesehen von konkreten Vorschriften zur formellen Gestaltung von Abschlüssen, die bei ihr aufgrund von Börsenaufsichtsbestimmungen einzureichen sind – diese Aufgabe insb. dem zu diesem Zwecke 1973 gegründeten o Financial Accounting Standards Board (FASB), das sich als private Institution professionell mit der Entwicklung von Rechnungslegungsnormen beschäftigt. Die vom FASB verabschiedeten SFAS (Statements of Financial Accounting Standards) sowie weitere Verlautbarungen des FASB und anderer Rechnungslegungsgremien sind in der sog. FASB Accounting Standards Codification zusammengefasst und stellen das als Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) bezeichnete System von Grundsätzen und Prinzipien zur materiellen und formellen Gestaltung von Unternehmensabschlüssen dar. Neben den Verlautbarungen des FASB und der Berufsorganisation der Wirtschaftsprüfer (AICPA) leiten sich die GAAP auch aus dem durch Einzelfallentscheidungen der o Wirtschaftsprüfer traditionell gewachsenen Gewohnheitsrecht ab. Die GAAP entfalten jedoch aus sich heraus keine Verpflichtungswirkung. Vielmehr ergibt sich diese durch die Prüfungsgrundsätze des AICPA und einzelstaatlicher Wirtschaftsprüfungsverbände, nach denen ein Unternehmensabschluss nur dann einen uneingeschränkten o Bestätigungsvermerk erhalten darf, wenn dieser GAAP799

USA konform erstellt wurde. Somit besitzen die GAAP lediglich für solche Unternehmen verpflichtenden Charakter, die aufgrund staatlicher Vorschriften (z.B. Börsen- und Kapitalmarktbestimmungen) oder vertraglicher Vereinbarungen (Gesellschafter- oder Gläubigervereinbarungen) das Testat eines Wirtschaftsprüfers vorweisen müssen. Eine generelle gesetzliche Verpflichtung für alle Unternehmen zur Anwendung der GAAP, vergleichbar zu den HGB-Regelungen in Deutschland, besteht nicht. In jüngster Zeit zeichnet sich eine Öffnung der USA für die o International Financial Reporting Standards (IFRS) ab. Seit Ende 2007 erkennt die SEC bei ausländischen Wertpapieremittenten Abschlüsse an, die in Übereinstimmung mit der vom o International Accounting Standards Board (IASB) veröffentlichten englischsprachigen Version der IFRS aufgestellt wurden, was bisher erforderliche Überleitungsrechnungen (o reconciliations) überflüssig macht. Die Verpflichtung zur Anwendung der IFRS für US-amerikanische Wertpapieremittenten wird derzeit in einem langfristigen Projekt von der SEC diskutiert und frühestens ab dem Jahr 2014 vorgesehen. Der Einzelabschluss (o Jahresabschluss (Funktionen)) spielt in den USA eine geringe Rolle, da ein Unternehmen, sobald es die Funktion eines Mutterunternehmens innerhalb eines Konzernverbundes ausübt, durch den aufzustellenden o Konzernabschluss von der Erstellung eines Einzelabschlusses befreit ist. Der Konzernabschluss steht im Mittelpunkt des Interesses. Er dient im Gegensatz zu Deutschland nicht als Ergänzung, sondern als Ersatz des Einzelabschlusses des Mutterunternehmens. Eine Ermittlung des Zahlungsanspruches der Eigentümer auf Grundlage des Jahresabschlusses entfällt. Der (Konzern-)Abschluss dient primär der Gewährung entscheidungsrelevanter Informationen für die Kapital800

geber. Dabei stehen die momentanen und potentiellen Eigenkapitalgeber als Adressaten gegenüber den Fremdkapitalgebern deutlich im Vordergrund. Dies beruht auf der traditionell überwiegenden Eigenkapitalfinanzierung der US-Unternehmen über Kapitalmärkte im Gegensatz zu einer wie bspw. in Deutschland traditionell vorherrschenden Bankenfinanzierung. Die Rechnungslegungsinformationen sollen im Wesentlichen eine Abschätzung zukünftiger Auszahlungen (o Cashflow) an die Anteilseigner ermöglichen. Somit liegt die zentrale Funktion der externen Rechnungslegung in der „fair presentation“, d.h. der realistischen Darstellung insb. der Ertrags-, aber auch der Finanzund Vermögenslage des Unternehmens (o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage).

Zentrale Prinzipien, die die USamerikanische Rechnungslegung prägen, sind: relevance (Entscheidungsrelevanz) comparability (Vergleichbarkeit der Daten), consistency (Stetigkeit der Rechnungslegungsmethoden), reliability (Verlässlichkeit der Daten), accrual principle (Prinzip der periodengerechten Erfolgsermittlung), realization principle (o Realisationsprinzip), matching principle (Prinzip der sachlichen Abgrenzung), going concern principle (Unterstellung einer Unternehmensfortführung), substance over form (Bedeutung der wirtschaftlichen Wirkung eines Sachverhaltes), materiality (Wesentlichkeit). Eine dem o Maßgeblichkeitsprinzip entsprechende Beeinflussung der Unternehmensbesteuerung durch die GAAP existiert in den USA nicht. Die Grundprinzipien der Rechnungslegung werden derzeit im Rahmen der Entwicklung eines einheitlichen Rahmenkonzeptes vom FASB gemeinsam mit dem IASB grundlegend überarbeitet. Dabei soll eine deutliche Verschiebung der Schwerpunktsetzung auf die Entscheidungsrelevanz von

USA Informationen und eine Herabstufung des Kriteriums der Verlässlichkeit erfolgen. Die Bestandteile eines annual report (o Jahresabschluss (Regelung)) sind: income statement (o Gewinn- und Verlustrechnung) bzw. statement of income and comprehensive income (o Gesamtergebnisrechnung), balance sheet/statement of financial position (o Bilanz), statement of cash flows (o Kapitalflussrechnung), statement of stockholders` equity (o Eigenkapitalveränderungsrechnung), notes to financial statements (o Anhang), einschließlich eines Segmentberichts (o Segmentberichterstattung), independent auditors‘ report (o Bestätigungsvermerk). Das income statement sowie das statement of cash flows besitzen die größte Bedeutung. Im Rahmen ihrer Konvergenzbestrebungen überarbeiten der FASB und der IASB derzeit die inhaltliche Struktur der Bestandteile eines Abschlusses und deren Bezeichnungen nach US-GAAP bzw. IFRS. 2. Einzelabschluss a) Ansatzregelungen. Die US-Rechnungslegung kennt praktisch keine Ansatzwahlrechte. Eine Ausnahme stellen selbsterstellte o immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. selbsterstellte Patente) dar. Für die dabei anfallenden direkten Aufwendungen (z.B. Gebühren der Registrierung), nicht aber für die damit im Zusammenhang stehenden Forschungs- und Entwicklungskosten, gilt ein Aktivierungswahlrecht. Der originäre Firmenwert (o Geschäftswert) unterliegt einem Aktivierungsverbot. Sämtliche Aktiva haben die Kriterien eines asset zu erfüllen. Demnach muss es sich dabei um eine zukünftige Nutzenstiftung (Erfolgspotential) eines in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts handeln, der Kosten verursachte (pagatorisches Prinzip). Für die Aktivierung gilt das wirtschaftliche Eigentum, d.h. dem bilanzierenden Un-

ternehmen muss das Verfügungsrecht über diesen zukünftigen Nutzen zustehen. Unter die asset-Definition fallen auch Abgrenzungsposten, die sog. deferred charges. Hierzu zählen insb. die aktiven o latenten Steuern (deferred tax assets). Die Definition der liabilities umfasst sowohl die rechtlich oder wirtschaftlich bereits entstandenen, in ihrer Höhe feststehenden Verpflichtungen, als auch die o Rückstellungen (accrued liabilities; contingent liabilities), soweit sie gegenüber einer dritten Person bestehen. Es gibt keine Passivierungswahlrechte. Alle Verbindlichkeiten und Rückstellungen sind passivierungspflichtig. Analog zu den deferred charges auf der Aktivseite gehören zu den liabilities auch die deferred credits. Unter diese passiven Abgrenzungsposten fallen z.B. die passiven latenten Steuern (deferred tax liabilities) und die Unterdeckungen von bestehenden Pensionsverpflichtungen (deferred pension costs). b) Gliederungssystematik. Üblicherweise werden sowohl Bilanz als auch GuV in Staffelform ausgewiesen. Die GuV wird gem. des Umsatzkostenverfahrens und zumeist unter Berücksichtigung einer Erfolgsspaltung in Betriebsergebnis, Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit und – im Gegensatz zu den IFRS – ein außerordentliches Ergebnis aufgestellt. Für die Bilanz gilt die strenge Anwendung des Liquiditätsgliederungsprinzips, demgemäß die Aktiva nach ihrer Umwandelbarkeit in liquide Mittel und die Passiva nach Restlaufzeiten angeordnet werden; d.h. das o Umlaufvermögen (current assets) wird vor dem o Anlagevermögen (non-current assets) und die kurzfristigen Verbindlichkeiten (current liabilities) werden vor den langfristigen Schulden (long term debts) und vor dem o Eigenkapital (stockholders` equity) ausgewiesen. Die Gliederungstiefe variiert in Bilanz und 801

USA GuV sowohl materiell als auch in der Darstellungsform. Für börsennotierte Unternehmen ist sie durch Rule 5-02 (Bilanz) und Rule 5-03 (GuV) der Regulation S-X der SEC festgelegt. Die Differenzierung zwischen Umlauf- und Anlagevermögen ergibt sich aus der Zweckbestimmung der Vermögensgegenstände. Alles, was dem Unternehmen kürzer als ein Jahr oder einem längeren operating cycle (dieser ist in den notes anzugeben) zur Verfügung stehen soll, ist grundsätzlich im Umlaufvermögen auszuweisen. Die Trennung von kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten erfolgt analog. c) Bewertungsgrundsätze. Die Bewertung erfolgt nicht einheitlich, sondern in Abhängigkeit von den Spezifika des jeweiligen Bilanzpostens kasuistisch und zweckorientiert. Für die Aktiva stellen wie bei den IFRS die historischen o Anschaffungskosten bzw. o Herstellungskosten (historical cost) sowie der o beizulegende Zeitwert (o fair value) die wichtigsten Bewertungsmaßstäbe dar. Daneben kommen auf der Aktiv- und der Passivseite als Korrekturwerte, teilweise aber auch als Ausgangswerte noch folgende Wertmaßstäbe zur Anwendung: replacement-/reproduction cost (Wiederbeschaffungs-/Reproduktionskosten), net realizable value/net settlement value (Nettoverkaufselös/Rückzahlungsbetrag), present value of future cash flows (Barwert zukünftiger Zahlungsströme). Die Herstellungskosten werden auf Vollkostenbasis ermittelt. Verwaltungskosten können nur einbezogen werden, wenn sie eindeutig im Zusammenhang mit dem Herstellungsprozess entstehen. Vorräte können nach der Fifo-, Durchschnittsund im Gegensatz zu IFRS auch nach der o Lifo-Methode bewertet werden. Grundsätzlich gilt in den USA das Niederstwertprinzip (principle of lower of cost or market) (o Bewertungsprinzipien), wobei dieses hinsichtlich der marketable securities nicht auf die ein802

zelnen Wertpapiere, sondern auf das jeweilige gesamte Wertpapierportfolio des Unternehmens anzuwenden ist. Die o Wertaufholung findet in den USA im Gegensatz zu den IFRS nur bei den Forderungen Anwendung. Finanzinstrumente werden je nach Verwendungsabsicht zu fortgeführten Anschaffungskosten (held-to-maturity securities), GuVwirksam zum beizulegenden Zeitwert (trading securities) oder GuV-neutral zum beizulegenden Zeitwert (availablefor-sale securities) bewertet. Ein Höchstwertprinzip auf der Passivseite fehlt. Abnutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind planmäßig abzuschreiben, wobei fast ausschließlich von den Unternehmen die lineare Methode gewählt wird (o Abschreibungen). Immaterielle Werte mit unbestimmter Nutzungsdauer sind nicht planmäßig abzuschreiben, sondern unterliegen einem jährlichen Niederstwerttest (o impairment test). Für Beteiligungen zwischen 20 % und 50 % gilt generell die o Equity-Bewertung. 3. Konzernabschluss a) Aufstellungspflicht und Einbeziehungskreis. Zentrale Konzernrechnungslegungsfiktion in den USA ist seit der Überarbeitung von SFAS 141 in 2007 die Einheitstheorie (entity theory), wonach der Konzernabschluss als Abschluss der Einheit „Konzern“ betrachtet wird und evtl. vorhandene Minderheiten als Eigenkapitalgeber des Konzerns gelten. Besteht ein sog. „control“-Verhältnis zwischen Unternehmen, d.h. besitzt ein Unternehmen von mindestens einem anderen Unternehmen direkt oder indirekt die Mehrheit der Stimmrechte, so hat dieses unabhängig von seiner Rechtsform einen o Konzernabschluss aufzustellen. Grundsätzlich sind alle in Mehrheitsbesitz eines Mutterunternehmens stehenden Tochterunternehmen im In- und Ausland in den Konzernabschluss einzubeziehen (Weltabschlussprinzip), es sei denn, die

US-GAAP Kontrolle über das einzubeziehende Unternehmen besteht voraussichtlich nur vorübergehend (o Konsolidierungskreis). Weisen Zweckgesellschaften bestimmte Kriterien auf und handelt es sich somit um sog. o variable interest entities (VIE), so müssen diese bei dem Unternehmen in die Vollkonsolidierung einbezogen werden, welches die wesentlichen Risiken und Chancen aus der Geschäftstätigkeit der VIE trägt. b) Konsolidierungsmaßnahmen. Für die o Kapitalkonsolidierung ist die acquisition method anzuwenden. Ganz selten (bei speziellen Joint Ventures) findet auch die Quotenkonsolidierung Anwendung. Der bei der acquisition method entstehende Goodwill ist zu aktivieren und auf der Ebene von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten jährlich bzw. bei Anzeichen einer Wertminderung einem Werthaltigkeitstest (o impairment test) zu unterziehen. Eine planmäßige Abschreibung findet wie bei IFRS 3 nicht statt. Besitzt ein Unternehmen nicht die Stimmrechtsmehrheit, kann es aber dennoch einen „significant influence over operating and financial policies“ (maßgeblichen Einfluss) auf ein anderes Unternehmen ausüben, so ist für das Beteiligungsunternehmen die o EquityBewertung anzuwenden. Die neben der Kapitalkonsolidierung durchzuführenden anderen Konsolidierungsmaßnahmen entsprechen weitestgehend den Vorschriften des HGB (o Konzernabschluss). Die Einheitlichkeit der Bilanzierungsmethoden zwischen Tochterund Mutterunternehmen ist im Gegensatz zum HGB nicht gefordert, wird aber zumeist von den Unternehmen praktiziert. c) Währungsumrechnung. Die Umrechnung von Jahresabschlüssen ausländischer Tochterunternehmen erfolgt analog zu IAS 21 anhand der functional currency nach SFAS No. 52 (o Währungsumrechnung).

Lit.: Alves, W.: Reporting nach USGAAP – Ein Überblick, 2007; Ballwieser, W. (Hrsg.): US-amerikanische Rechnungslegung, Grundlagen und Vergleiche mit deutschem Recht, 4. Aufl., 2000; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Eisolt, D.: US-amerikanische und deutsche Konzernrechnungslegung, 1992; Frankenberg, P.: Jahresabschlüsse im internationalen Vergleich – Analyse US-amerikanischer und deutscher Unternehmen, 1993; Gingele, R.: Der konsolidierte Abschluß in den USA, 1989; Gros, M./Unrein, D.: Zum Stand der Konvergenz von IFRS und US-GAAP, in: KoR 2010, S. 461-469; Haller, A./Ernstberger, J.: Abschlusserstellung nach US-GAAP, in: Häberle, S.G., (Hrsg.): Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 2008, S. 811; Haller, A.: Das Verhältnis von steuerrechtlicher und „handelsrechtlicher“ Rechnungslegung in den USA, in: DBW 1988, S. 723-733; Haller, A.: Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, 4. Aufl., 1994; Kieso, D.E./Weygandt, J.J./Warfield, T.D.: Intermediate Accounting, 13. Aufl., 2010; KPMG (Hrsg.): US-GAAP. Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen. Grundlagen der US-GAAP und SEC-Vorschriften, 4. Aufl., 2007; Schildbach, T.: US-GAAP – Amerikanische Rechnungslegung und ihre Grundlagen, 2. Aufl., 2002; Sonnemann, E.: Rechnungslegung, Prüfung, Wirtschaftsrecht und Steuern in den USA, 1989. Axel Haller/ Martin Wehrfritz US-GAAP = o United States Generally Accepted Accounting Principles

803

V Value Analysis = Wertanalyse Verfahren zur Erhöhung des Werts eines Produkts oder einer Leistung. Die Komponenten eines Produkts werden einzeln daraufhin überprüft, ob die gleiche Funktion zu günstigeren Kosten oder bei gleichen Kosten eine verbesserte Funktion erreichbar ist. Die Anwendung der V. kann auch bei Verwaltungstätigkeiten erfolgen, um diese kosten- und funktionsorientiert zu optimieren. Value at Risk (VaR) 1. Einführung Die Risiko-Kennzahl VaR hat sich seit Mitte der 90er Jahre zu einem Standard für die Messung von quantitativen Risiken entwickelt und ist seit der jüngsten Finanzmarktkrise stark in die Kritik geraten. Die Geburtsstunde kann auf die Jahre nach dem Börsencrash im Jahr 1987 datiert werden. Übersetzt bedeutet „VaR“ ein Vermögen, das einem Risiko ausgesetzt ist. Die Kennzahl drückt aus, welcher Verlust eines Vermögens innerhalb einer angegebenen Zeitdauer mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Ähnlich beschreibt der Cash Flow at Risk das Risiko einen geplanten o Cashflow nicht zu erreichen und die Earnings at Risk quantifizieren ein GuV-Risiko (o Gewinn- und Verlustrechnung). Diese Risikomodelle sind geeignet um Risiken sowohl auf Einzelpositionsebene als auch aggregiert zum Gesamtrisiko zu messen. Beispielhaft bedeutet die Information VaR = 1 Mio. EUR mit 95 % bei 1 Tag Haltedauer dass innerhalb eines Handelstages mit 95 % Wahrscheinlichkeit (Sicherheit) der Verlust nicht größer als 1 Mio. EUR sein wird, sofern überhaupt ein Verlust eintritt. Die statistische Wahrscheinlichkeit für einen höheren Verlust beträgt höchstens fünf Prozent. Alle VaR-Modelle liefern zuverlässige Risikoschätzungen unter normalen Markt- und Umweltbedingungen, sind jedoch zur Messung von 804

Extremereignissen ungeeignet. Häufig diskutierte Alternativen zum VaR sind Lower Partial Moment (LPM), Conditional VaR (CVaR) und Extreme Value Theory (EVT). 2. Funktionen der VaR-Modelle a) Seinen Ursprung hat die Kennzahl VaR im Investmentbanking. Der VaR beschreibt dort welcher Wertverlust eines Portfolios mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb einer definierten Periode nicht überschritten wird. Die Wahrscheinlichkeit wird auch als Sicherheitsniveau oder Konfidenzniveau bezeichnet. Sie liegt in der Regel bei 95 % oder 99 %. Teilweise wird statt der Wahrscheinlichkeitsaussage das Quantil einer Verteilung angegeben. Dies setzt beim Berichtsempfänger statistische Grundkenntnisse voraus. Die Haltedauer kennzeichnet die Reaktionszeit bis eine offene Risikoposition geschlossen werden kann und wird auch als Dispositionshorizont bezeichnet. Vor der Einführung des VaR wurden die Risiken in den einzelnen Assetklassen wie beispielsweise Aktien, festverzinsliche Wertpapiere oder Währungen mit unterschiedlichen Verfahren gemessen. Der Risikoausweis erfolgte je nach Kategorie als Volatilität, Duration oder Sensitivitätskennzahl wie beispielsweise das Delta. Eine Aggregation der Einzelrisiken zum Gesamtrisiko der Bank war daher kaum möglich. Der VaR ist die erste Kennzahl gewesen mit der sowohl das Risiko von Einzelpositionen als auch das Risiko jeder beliebigen Aggregationsstufe wie etwa eines Portfolios oder der Gesamtbank gemessen wurde. Nach der erfolgreichen Verbreitung der VaR-Modelle im Finanzsektor wird deren Übertragung in den Industrie- und Dienstleistungsbereich versucht. Deren Akzeptanz ist jedoch in diesen Bereichen eher gering, da Vermögenswerte und Barwerte sowie deren Risiken für NichtFinanzdienstleister von untergeordneter

Value at Risk (VaR) Bedeutung sind. Hier überwiegen unsichere Zahlungsströme aus dem operativen Geschäft: Einnahmen aus Umsatzerlösen und Ausgaben sowie Gewinne und Verluste der Jahreserfolgsrechnung. In Banken dominieren Geld- und Kapitalmarktgeschäfte. Diese haben den Vorteil dass viele Informationen über Produkteigenschaften wie beispielsweise Kurse, Laufzeit, Rendite, Volatilität und Korrelation zu anderen Produkten gesammelt werden können. Für die meisten Positionen aus dem Aktien-, Wertpapieroder Währungshandel sind tägliche Marktdaten verfügbar, die eine Parametrisierung der Modelle erleichtern. Entsprechend kann die Validität und Reliabilität der Modelle regelmäßig anhand von Marktbeobachtungen laufend überprüft und ggfs. verbessert werden. Anders verhält es sich bei Extremrisiken die nur selten auftreten. Hier versagen die VaR-Modelle mangels hinreichend großer Stichproben von Beobachtungen. Die drei Grundmodelle sind: Varianz-Kovarianz-Ansatz, Monte-Carlo-Simulation und Historische Simulation. b) Varianz-Kovarianz-Ansatz. Die Normalverteilungsannahme für Risikofaktoren liegt dem Varianz-KovarianzModell zu Grunde. Bei der Normalverteilung sind Werte um den Mittelwert am wahrscheinlichsten, die Verteilung ist symmetrisch und damit sind Abweichungen nach unten und oben vom Mittelwert möglich. In den Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften wird die Normalverteilung häufig als Näherung für die Verteilung von Unbekannten genutzt. Beispielsweise werden zufällige Messfehler bzw. Produktionsfehler mit der Normalverteilung beschrieben. In der Finanz- und Versicherungsmathematik können mit der Normalverteilung Verluste und Schäden im mittleren Bereich modelliert werden. Für die Messung extrem seltener Risiken ist die Normalverteilung ungeeignet.

Für die meisten Marktpreisrisiken kann beobachtet werden, dass die Marktpreise selbst zwar nicht normalverteilt sind, wohl aber deren Veränderungen. Das Risiko des Unternehmens besteht nicht in dem Wechselkurs selbst, sondern in seiner unerwarteten und wirtschaftlich ungünstigen Veränderung. Ausgehend von dieser Erkenntnis wird im Folgenden nur noch auf die Veränderungen der Risikofaktoren eingegangen. Der VaR einer einzelnen Vermögensposition ergibt sich im Varianz-KovarianzModell aus der Volatilität der Marktpreisänderungen. Beispielsweise soll für den Wechselkurs EUR/USD die durchschnittliche tägliche Wechselkursänderung 0,01 Cent betragen. Die einfache Standardabweichung der täglichen Wechselkursänderungen beträgt im Beispiel zwei Cent, d. h. eine Normalverteilung der Wechselkursschwankungen unterstellt, beträgt mit einer Wahrscheinlichkeit von circa zwei Dritteln (68,27 %) die Abweichung des Wechselkurses von seinem Ausgangswert zwischen -1,99 Cent und 2,01 Cent innerhalb eines Tages (= 0,01 ±2). Mit Hilfe für die Normalverteilung definierter Faktoren (z-Werte) wird gemessen, wie groß höchstens die Abweichung beispielsweise mit 95 % Wahrscheinlichkeit ausfällt. Dazu ist die einfache Standardabweichung (zwei Cent) mit dem Faktor z = 1,6449 zu multiplizieren. Die Aussage lautet, für den Fall dass das Risiko in einem steigenden Kurs besteht: Mit 95 % Wahrscheinlichkeit wird der Wechselkurs am nächsten Tag nicht mehr als 3,3 Cent steigen (= 1,6449 × 2). Mit dieser Information lässt sich das Risiko einer Position bewerten. Verkauft beispielsweise ein Unternehmen Waren in den USA zum Preis von 50.000 USD und der aktuelle Wechselkurs beträgt 1,50 EUR/USD, liegt der erwartete Erlös bei 33.333 EUR (= 50.000 USD / 1,50 EUR/USD). Zahlt der Kunde die 805

Value at Risk (VaR) Waren erst am nächsten Tag und der Zahlungseingang wird anschließend in EUR konvertiert, beträgt das Wechselkursrisiko mit 95 % Wahrscheinlichkeit nicht mehr als 717 EUR (= 33.333 EUR 50.000 USD / 1,533 EUR/USD). Das Risiko besteht in einem über Nacht steigenden Wechselkurs. Auf Grund der oben ermittelten Eigenschaften von EUR/USD ist bei Gültigkeit der Normalverteilungsannahme mit gegebener Wahrscheinlichkeit keine Erhöhung auf mehr als 1,533 EUR/USD zu erwarten. Die Risikoangabe von 717 EUR ist der VaR mit 95 % Wahrscheinlichkeit und einem Tag Haltedauer für die Fremdwährungsposition. Innerhalb des Varianz-Kovarianz-Ansatzes lässt sich die Delta-Normal- und die Delta-Gamma-Methode unterscheiden. Erstere unterstellt einen linearen Zusammenhang zwischen dem Risikofaktor und der zu Grunde liegenden Risikoposition. Damit ändert sich der Vermögenswert in der gleichen Relation wie der Risikofaktor. Die Delta-Gamma-Methode berücksichtigt einen konvexen Zusammenhang. Darin hat die Veränderung eines Risikofaktors um ein Prozent nicht zwingend die Änderung des Vermögenswertes um genau ein Prozent zur Folge. Insbesondere bei Portfolios mit Optionen ist wegen ihres asymmetrischen Gewinn-/ Verlustprofils die DeltaGamma-Methode innerhalb des VarianzKovarianz-Ansatzes zu präferieren. Für Risikopositionen mit mehr als einem Risikofaktor können Korrelationen zwischen den einzelnen Risiken betrachtet werden. Korrelationen beschreiben linear, d. h. mit vereinfachenden Annahmen, die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Risikofaktoren. Da Korrelationen im Zeitablauf instabil sind, eignen sie sich nur für kurzfristige Risikobetrachtungen. In der Praxis kann das Varianz-Kovarianz-Modell als schnelle Lösung dienen, 806

um beispielsweise einen ersten Eindruck von den aktuell bestehenden Risiken zu erhalten. c) Monte Carlo Simulation. Die Monte-Carlo-Simulation ist ein Simulationsverfahren auf der Basis von Zufallszahlen. Vermutlich wurde der Name als Synonym für einen Zufallszahlengenerator von dem Roulettespiel abgeleitet. Für die benötigten Marktbeobachtungen wird eine große Anzahl von Marktszenarien simuliert. Die Realisationen aus allen Marktszenarien ergeben eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die zukünftigen Gewinne und Verluste. Damit finden die „Marktbeobachtung“ und die Einschätzung zukünftiger Marktentwicklungen per Simulation statt. Das Einsatzgebiet der Monte-Carlo-Simulation ist groß. Sie kann zur Lösung von Integralen, im Operations Research, zur Bewertung komplexer Derivate wie beispielsweise bestimmte pfadabhängige Optionen und generell für umfangreiche Risikoberechnungen eingesetzt werden. Die Anzahl der zu berücksichtigenden Marktszenarien kann beliebig groß vorgegeben werden. Ebenso ist die Simulation von beliebigen Verteilungen für Wertänderungen möglich. Die MonteCarlo-Simulation gilt wegen ihrer Flexibilität gegenüber anderen Verfahren als überlegen, insb. bei der Risikomessung von komplexen Exposures, wie sie beispielsweise aus Derivaten resultieren. Die Monte-Carlo-Simulation kann Restlaufzeitverkürzungseffekte, Volatilitätsclustering, fat tails, nichtlineare Exposures und Extremszenarios in der Risikoberechnung berücksichtigen. Bei Portfolios mit einem erhöhten Anteil an Optionen ist eine Monte-Carlo-Simulation die einzige praktikable Methode. Gegenüber dem Varianz-KovarianzModell können mit der Monte-CarloMethode verhältnismäßig einfach alternative Verteilungen simuliert werden. Eine Umsetzung der Verteilungsfunktio-

Value at Risk (VaR) nen in das Risikomodell entfällt. In der Regel bieten hier Softwarelösungen, wie beispielsweise Risk Kit, zahlreiche Verteilungen für die Simulation der gewünschten Zufallszahlen. Auf diese Weise können die Verteilungen gewählt werden, die am besten zu den empirisch beobachteten Veränderungen der Risikofaktoren passen. d) Historische Simulation. Die Historische Simulation verzichtet auf eine analytische Untersuchung der Risikofaktoren und arbeitet stattdessen mit Daten der Vergangenheit. Der Ansatz kommt mit weniger Annahmen als die beiden zuvor vorgestellten Methoden aus. Entsprechend hoch ist jedoch der Aufwand für die Pflege des Datenhaushalts. Bezüglich des Datenhaushalts können Probleme bei der Risikoberechnung entstehen, wenn beispielsweise in der Vergangenheit bestimmte Risikofaktoren (etwa Produkte, Währungen, Fonds et cetera) noch nicht existiert haben, folglich auch keine Historie verfügbar ist. Während für die Anwendung des Varianz-Kovarianz-Ansatzes und der Monte-Carlo-Simulation die Schätzung der Volatilitäten und Korrelationen genügt, müssen für die Historische Simulation von allen Risikofaktoren alle Tageswerte der betrachteten Vergangenheit archiviert werden. Die Schwierigkeit besteht in der Auswahl eines optimalen Zeitfensters. Wenn die betrachteten Werte weit in die Vergangenheit zurückgehen, stellt sich die Frage, inwiefern sehr alte Beobachtungen für die aktuelle Risikomessung noch relevant sind. Wird die Historie jedoch zu kurz gewählt, stellt sich die Frage, ob die Anzahl der betrachteten Werte repräsentativ ist. Gleichzeitig vergrößert sich der Schätzfehler bei abnehmendem Stichprobenumfang. Der größte Nachteil der Historischen Simulation ist: Was es in der Vergangenheit nicht gab, wird es auch in der Zukunft nicht geben! Denn das Modell ar-

beitet mit historischen Beobachtungen und es lassen sich nur Dinge prognostizieren, die schon passiert sind. Zukunftsorientierte Marktdaten wie implizite Volatilitäten werden nicht berücksichtigt. Die Historische Simulation erfolgt auf der Basis von historischen, gleichgewichteten Beobachtungen. Falsche Risikoprognosen werden insb. dann entstehen, wenn es auf den Märkten zu temporär hohen Volatilitäten kommt. Das Konzept ist träge und kann sich daher nicht an schnell wechselnde Marktsituationen anpassen. Im Gegensatz zu den mächtigeren Simulationsverfahren wie beispielsweise der Monte-Carlo-Methode wird von der Historischen Simulation nur ein einziger Preispfad berücksichtigt, eben der historische Verlauf. Es handelt sich hierbei um das einfachste VaRModell mit den geringsten Ansprüchen an statistische Vorkenntnisse. Die geringe Komplexität ist jedoch nur mit zuvor beschriebenen Einschränkungen möglich. 3. Funktionen von Cash Flow at Risk Der Cash-Flow-at-Risk-Ansatz ist im Gegensatz zum VaR ein dynamisches Verfahren. Mit Hilfe von Zufallsprozessen werden für die Risiko-Faktoren Kurs- oder Preisentwicklungen für einen längeren Zeitraum simuliert. Sehr ähnliche Verfahren sind Earnings at Risk, EBIT at Risk oder Budget at Risk. Die Messmethode ist bei allen drei Verfahren gleich. Sie unterscheiden sich nur anhand der zu Grunde gelegten Messgröße Cash Flow, EBIT oder Budget. Während der Cash Flow at Risk aus den erwarteten Einnahmen und Ausgaben berechnet wird, gehen in die Earnings at Risk die erwarteten Erträge und Aufwendungen zur Simulation des handelsrechtlichen Jahresgewinns des Unternehmens ein. Zur Ermittlung des Risikos bedarf es eines Planwertes für die betrachtete Erfolgsgröße. Der CFaR- oder EaR-Betrag ist die mit einer bestimmten Wahrschein807

Value Driver lichkeit innerhalb des Prognosehorizonts mögliche Abweichung. Das Cash-Flow-at Risk-Konzept ist dem VaR-Ansatz im Unternehmensbereich deutlich überlegen, auf Grund seiner längeren Planungshorizonte von 12 bis 24 Monaten, der Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Marktpreisrisiken und Absatzrisiken sowie seinem Bezug zu Zahlungsströmen und Gewinnen/Verlusten statt Barwerten oder Vermögenswerten. Das Konzept kann sowohl für die strategische als auch operative Chancen-/Risikomessung herangezogen werden. Lit.: Hager, P.: Corporate Risk Management – Cash Flow at Risk und Value at Risk, 2004; Hull, J.: Options, Futures, and Other Derivatives, 7. Aufl., 2008; Jorion, P.: Value at Risk: The New Benchmark for Managing Financial Risk, 3. Aufl., 2006; Romeike F./Hager P.: Erfolgsfaktor Risiko-Management 2.0, 2. Aufl., 2009. Peter Hager Value Driver = o Werttreiber Value Engineering = o Value Analysis Value-based Management o Shareholder Value-Konzept Value in Use = o Nutzungswert Value Reporting 1. Definition und Zielsetzung V. bezeichnet die freiwillige Zusatzberichterstattung unternehmenswertrelevanter Informationen an den Kapitalmarkt. V. beinhaltet dabei Informationen über vergangene Wertschaffung in Form von Kennzahlen, über Instrumente der wertorientierten Steuerung sowie Informationen zur Abschätzung zukünftiger Cashflows. 808

Zielsetzung des V. ist die Verringerung von Informationsasymmetrien zwischen internen und externen Stakeholdern, um so den Unternehmenswert langfristig zu steigern. Insbesondere in großen Konzernen sind umfangreiche Wertmanagement-Systeme verankert, die mit Hilfe wertorientierter Steuerungskennzahlen und damit verknüpften Anreizsystemen eine Steigerung des Unternehmenswerts gewährleisten sollen (o Shareholder Value-Konzept). Damit die intern geschaffene Wertsteigerung auch in Kurssteigerungen am Kapitalmarkt ihren Niederschlag findet, müssen Wertsteigerungsmaßnahmen und daraus zu erwartende Konsequenzen den Kapitalmarktakteuren bekannt und glaubhaft gemacht werden. Die Beurteilung des Unternehmenswerts durch Externe soll mit Hilfe der wertorientierten Berichterstattung erleichtert werden, um eine mögliche Wertlücke zwischen aktuellem Börsenwert und dem inneren Wert eines Unternehmens zu verringern. Durch die Unsicherheitsreduktion sinken potenziell die durch die Kapitalgeber geforderte Risikoprämie und somit die Kapitalkosten des Unternehmens. Im engeren Sinne umfasst der Begriff V. die freiwillige Kommunikation wertrelevanter Zusatzinformationen und ergänzt somit das verpflichtende Financial Reporting. Entsprechend ist der Umfang des V. aufgrund des unterschiedlichen Umfangs der verpflichtenden Berichterstattung etwa nach o IFRS und o HGB nicht eindeutig abzugrenzen. V. ist klassischerweise Bestandteil des jährlichen Geschäftsberichtes, zunehmend enthalten jedoch auch Quartalsberichte Informationen die dem V. zuzuordnen sind. Abzugrenzen ist der Begriff V. von den o Investor Relations, die mit der Steigerung des Aktienkurses durch Kommunikationsmaßnahmen eine dem V. vergleichbare Zielsetzung aufweisen. Investor Relations umfasst jedoch die gesamte Kapi-

Value Reporting talmarktkommunikation, während unter V. nur der Teil der Kommunikation zu verstehen ist, der regelmäßig und strukturiert erfolgt und auf dem Rechnungswesen aufbaut. 2. Elemente Während hinsichtlich der begrifflichen Abgrenzung des V. in der Literatur inzwischen weitgehend Konsens herrscht, existieren nach wie vor sehr unterschiedliche Meinungen darüber, welche konkreten Elemente das V. im Rahmen des Geschäftsberichtes beinhalten sollte und wie die Informationen sinnvoll zu gliedern sind. Die verschiedenen Abgrenzungsversuche unterscheiden sich hinsichtlich des Informationsumfangs sowie insb. hinsichtlich der empfohlenen Strukturierung der Berichtsinhalte. Zur Entwicklung eines einheitlichen und akzeptierten Berichtsstandards hat der Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung (AKEU) der Schmalenbach-Gesellschaft im Jahre 2002 auf der Grundlage einer umfassenden theoretischen und empirischen Basis „Grundsätze für das V.“ (V.Grundsätze) vorgeschlagen, die hier stellvertretend für verschiedene Gliederungskonzepte dargestellt werden. Der AKEU schlägt vor, das V. am o Management Approach auszurichten und die externen Informationsadressaten in der gleichen Berichtsstruktur wie das Management des Unternehmens zu informieren. Die V.-Grundsätze bilden ein Rahmenkonzept für die externe Kommunikation freiwilliger wertorientierter Zusatzinformationen, die über die de jure notwendige Kommunikation des Unternehmens hinausgehen. Dabei werden drei Bereiche des V. unterschieden: Kapitalmarktorientierte Daten über die Wertentwicklung des Unternehmens am Kapitalmarkt (bspw. Börsenkapitalisierung, Kurs-Gewinn-Verhältnis oder branchenspezifische Multiplikatoren), Informationen über nicht bilanzierte Werte des Unternehmens (bspw. Anga-

ben zu Marktwerten von Vermögensgegenständen und Schulden oder nicht bilanzierten immateriellen Vermögenswerten) sowie Informationen über Strategie und Performance des Unternehmens einschließlich wertorientierter Kenngrößen und einer Erläuterung des wertorientierten Steuerungskonzepts. Innerhalb der drei Bereiche listet der AKEU exemplarisch Informationen auf, die konkret gegeben werden sollten. Neben der konkreten Vorgabe von zu berichtenden Größen werden im V.Konzept des AKEU sieben allgemeine Grundsätze für das V. vorgeschlagen: 1. Management Approach (Berichtsstruktur extern wie intern); 2. Klarheit (klare und nachvollziehbare Informationen); 3. Vergleichbarkeit (in sachlicher, zeitlicher und formaler Hinsicht); 4. Ausgewogenheit (bei der Darstellung von Chancen und Risiken); 5. Segmentierung (Bereitstellung segmentbezogener Informationen); 6. Regelmäßigkeit (regelmäßige Veröffentlichung der Informationen); 7. Prüfung (Empfehlung zur Aufnahme der wertorientierten Zusatzinformationen in den prüfungspflichtigen Lagebericht). Das Konzept des AKEU fordert nicht explizit die Kommunikation prognoserelevanter Planzahlen und bleibt in diesem Bereich hinter den Forderungen anderer Autoren – und auch hinter den seit 2005 geltenden Forderungen des DRS 15 (o Prognosebericht) – zurück. 3. Kritische Würdigung Während V. für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen bisher nach wie vor nur wenig Relevanz besitzt, ist die Kommunikation von Informationen über das durch den Rechnungslegungsstandard kodifizierte Maß hinaus für große, globale Konzerne inzwischen zur Notwendigkeit und zur Selbstverständlichkeit geworden, um den Anforderungen der internationalen Kapitalmarktteilneh809

Value to the Owner mer gerecht zu werden. Empirische Studien zeigen insb. seit der zunehmenden Umstellung der Rechnungslegung auf internationale Standards Ende der 1990er Jahre eine Zunahme des V. in Geschäftsberichten. Aus theoretischer Sicht werden die Güte und der Umfang der gelieferten Informationen indes nach wie vor häufig noch als unzureichend kritisiert. Aus Sicht der Informationsadressaten nicht wünschenswert ist insb. die Tatsache, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Informationsumfang regelmäßig deutlich zurückgeht, wie empirische Studien belegen. Gerade in ergebnisschwachen Jahren brauchen Kapitalmarktteilnehmer relevante und verlässliche Informationen, welche Unternehmensbereiche in welchem Maße Ursache der Krise sind und welche Maßnahmen zur Rentabilitätsverbesserung ergriffen werden sollen. Darüber hinaus sind in Krisenzeiten vor allem zukunftsgerichtete Informationen erforderlich, um eine Einschätzung der künftigen Unternehmenswertentwicklung vornehmen zu können. Obwohl empirische Studien auf einen positiven Zusammenhang zwischen V. und Kapitalmarktperformance hinweisen, gibt es dennoch in vielen Unternehmen eine Zurückhaltung bei der Kommunikation von Informationen aus der internen Steuerung. Neben der fehlenden Gewissheit über die tatsächlich vorhandenen positiven Auswirkungen des V. auf den Unternehmenswert stellt insb. die Sorge der Unternehmen über die Preisgabe von für den Wettbewerb relevanten Informationen ein wesentliches Hemmnis für die weitere Verbreitung des V. dar. In den letzten Jahren wird die Diskussion um eine wertorientierte Berichterstattung durch die an die Unternehmen heran getragene Forderung nach einer Berichterstattung über die Nachhaltigkeit der unternehmerischen Tätigkeit sowie über die o Corporate Governance ergänzt. Viele 810

Konzerne vervollständigen daher in jüngster Zeit die Liste ihrer Publikationen um einen Corporate Social Responsibility Report bzw. o Nachhaltigkeitsbericht und einen Corporate Governance Report. Parallel zu tendenziell immer umfangreicheren Anforderungen des Financial Reporting steigt somit die Fülle der zur berichtenden Informationen immer weiter an. Die Festlegung des zweckentsprechenden Umfangs des V. und die Integration mit den weiteren Berichtserfordernissen stellt vor diesem Hintergrund die größte Herausforderung für die Unternehmen dar. Lit: AKEU (Hrsg.): Grundsätze für das Value Reporting, in: DB 2002, S. 23372345; Henselmann, K.: Value Reporting und Konkurrenzanalyse, in: BFuP 2005, S. 296-305; ZfCM-Sonderh. „Value Reporting“ 3/2006; Wenzel, J.: Wertorientierte Berichterstattung (Value Reporting) aus theoretischer und empirischer Perspektive, 2005. Franca Ruhwedel/ Peter Ruhwedel Value to the Owner = o Deprival Value Valutapapiere Wertpapiere, die in ausländischer Währung notiert sind und deren Zinsen bzw. Dividenden in ausländischer Währung gezahlt werden. V. sind für die Aufnahme in den o Jahresabschluss in inländische Währung (bzw. die Währung des Jahresabschlusses) umzurechnen (o Währungsumrechnung). Variable Costing o Grenzkostenrechnung Variable Interest Entity o Zweckgesellschaft Variable Kosten o Kosten, fixe und variable Variationsform = o Anpassungsform

Verbindlichkeiten Variator Maßzahl für jede o Kostenart einer o Kostenstelle, die angibt, um wieviel Prozent die vorgegebene Kostenhöhe variiert, wenn die effektive o Beschäftigung von der Planbeschäftigung um 10 % abweicht; z.B. bedeutet ein V. von 0, daß es sich um fixe o Kosten handelt; ein V. von 4 sagt aus, daß bei Änderung des Beschäftigungsgrads um 10 % eine Änderung der Kostenart um 4 % eintritt (o Plankostenrechnung). Veränderungsbilanz o Bewegungs- und Veränderungsbilanz Verbindlichkeiten 1. Begriff Der Umfang der in o Handelsbilanzen und o Steuerbilanzen (o Jahresabschluss) auszuweisenden V. stimmt nicht völlig mit dem V.-Begriff des § 241 BGB überein, wonach eine V. vorliegt, wenn der Gläubiger kraft eines Schuldverhältnisses berechtigt ist, vom Schuldner die Erfüllung einer Leistung i.S. eines bestimmten Tuns oder Unterlassens zu verlangen. So sind einerseits Verpflichtungen aus schwebenden, d.h. beiderseits noch nicht erfüllten, gegenseitigen Verträgen nach derzeitiger Bilanzierungskonvention nicht in die Bilanz aufzunehmen; andererseits sind – unter Vernachlässigung der formalrechtlichen Situation – rechtlich noch nicht entstandene Schuldverhältnisse teilweise schon Bestandteil von Bilanzen. Die im Bilanzgliederungsschema des § 266 Abs. 3 HGB unter Position C. auf der Passivseite auszuweisenden V. sind durch drei Merkmale gekennzeichnet: (1) Aufgrund einer bürgerlichrechtlichen, öffentlich-rechtlichen oder lediglich wirtschaftlich unumgänglichen (faktischen) Verpflichtung ist die Leistung erzwingbar. (2) Die Erfüllung der V. stellt für den Schuldner eine wirtschaftliche Belastung dar. (3) Die V. ist eindeutig quantifizierbar.

Im Gegensatz zu den V. – lassen sich o Rückstellungen nicht eindeutig quantifizieren (aus § 253 Abs. 1 HGB ergibt sich, dass unter den Schulden des Bilanzierenden seine V. und Rückstellungen verstanden werden); – sind passive Rechnungsabgrenzungsposten zeitraumbezogene, aus Gründen der periodenrichtigen Erfolgsermittlung angesetzte Bilanzposten, die nicht in jedem Fall mit einer Leistung und damit mit einer wirtschaftlichen Belastung des Bilanzierenden verbunden sein müssen (z.B. zeitabhängig erhaltene Subventionen); – handelt es sich bei den unter dem Bilanzstrich (§ 251 HGB), bei Kapitalgesellschaften alternativ im Anhang (§ 268 Abs. 7 HGB) auszuweisenden Eventualverbindlichkeiten um bedingte Verpflichtungen. 2. Vollständigkeit des Ausweises und Saldierungsverbot Der Jahresabschluss hat sämtliche zum Bilanzstichtag bestehende Schulden zu enthalten (§ 246 Abs. 1 HGB). Somit müssen alle Verpflichtungen, die dem Grund und der Höhe nach feststehen, das Stadium eines schwebenden Geschäfts verlassen haben und keine transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten darstellen, als V. ausgewiesen werden. Die Saldierung von V. mit Forderungen ist wegen des Vollständigkeitsgebots i.V.m. dem Einzelbewertungsprinzip und dem Grundsatz der Klarheit grundsätzlich nicht erlaubt; klarstellend § 246 Abs. 2 HGB. Die Saldierung einer V. mit einer Forderung ist in der Bilanz des Schuldners nur möglich, wenn der Gläubiger der V. des Bilanzierenden gleichzeitig Schuldner einer Forderung des Bilanzierenden ist. Saldierungspflicht besteht, wenn die Partner vor dem Bilanzstichtag eine auflösende Verrechnung vereinbart haben 811

Verbindlichkeiten bzw. wenn die Forderung die Voraussetzung des § 387 BGB erfüllt und zwischen Bilanzstichtag und Bilanzerstellung tatsächlich eine Aufrechnung erfolgte. Ist mit der Aufrechnung für die nahe Zukunft ernsthaft zu rechnen (beide Posten besitzen annähernd gleiche Laufzeit und sind zum Bilanzerstellungstermin aufrechenbar), so besteht ein Saldierungswahlrecht. 3. Gliederung nach § 266 Abs. 3 HGB a) Grundsätzliches. Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften haben die in § 266 Abs. 3 C. HGB genannten und im Folgenden – b) - i) – behandelten Posten vollständig und in der angegebenen Reihenfolge aufzuführen. Eine Zusammenfassung ist nur unter den in § 265 Abs. 7 HGB genannten Voraussetzungen möglich. Kleine Kapitalgesellschaften können die V. in einer Summe ausweisen; dies gilt grundsätzlich auch für Einzelkaufleute und Personengesellschaften (Ausnahme: §§ 1, 5 Abs. 1 PublG). Der Betrag der V. mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr ist bei jedem gesondert ausgewiesenen Posten in der Bilanz zu vermerken (§ 268 Abs. 5 Satz 1 HGB). Der Gesamtbetrag der V. mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren ist im Anhang anzugeben (§ 285 S. 1 Nr. 1 Buchstabe a) HGB). Über V., die durch Pfandrechte oder ähnliche Rechte gesichert sind, ist unter Angabe von Art und Höhe der Besicherung zu berichten (§ 285 S. 1 Nr. 1 Buchstabe b) und Nr. 2 HGB). Sowohl die Angabe der V. mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren als auch der Vermerk der durch Pfandrechte oder ähnliche Rechte gesicherten V. kann auch in der Bilanz unter dem jeweils gesondert auszuweisenden Posten erfolgen. Eine systematische, klare und übersichtliche Darstellung dieser Pflichtinformationen kann in einem sog. Verbindlichkeitenspiegel erfolgen. b) Anleihen, davon konvertibel (Posten C.1.). Diese Fremdkapitalbeträge 812

wurden von emissionsfähigen Unternehmungen an organisierten Kapitalmärkten des In- oder Auslands gegen Ausgabe von Teilschuldverschreibungen, Gewinn-, Options- und Wandelschuldverschreibungen aufgenommen. Da für Genussrechte ein eigener Bilanzposten nicht vorgesehen ist, kann für sie entweder freiwillig eine Zusatzposition eingerichtet werden oder sie können in dem dann zu untergliedernden bzw. mit einem „davon-Vermerk“ zu versehenden Anleiheposten ausgewiesen werden, sofern sie Fremdkapitalcharakter besitzen, verbrieft und auf den organisierten Kapitalmärkten platziert sind. Auszugliedern sind Gläubigerpapiere, die mit einem Umtauschrecht in Anteilspapiere (Wandelanleihen) oder mit einem zusätzlichen Recht auf Bezug von Aktien der Schuldnerunternehmung (Optionsanleihen) ausgestattet sind. c) Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (Posten C.2.). Unabhängig von Laufzeit und Art des Kredits sind sämtliche V. gegenüber Kreditinstituten (und Bausparkassen) hier auszuweisen. d) Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen (Posten C.3.). Wurde aufgrund eines Vertrages an den Bilanzierenden eine Vorauszahlung geleistet, hat dieser aber seine Leistung noch nicht bzw. noch nicht vollständig erbracht, so ist die durch Sach- bzw. Dienstleistungen im Rahmen der eigentlichen Betriebsleistung zu tilgende V. hier auszuweisen. Wurden aufgrund des Vertrags bereits Vorräte beschafft oder hergestellt, so ist auch eine offene Absetzung der Anzahlung vom Vorratsvermögen zulässig (§ 268 Abs. 5 Satz 2 HGB). e) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (Posten C.4.). Sämtliche Verpflichtungen aus Kauf-, Miet-, Werk-, Dienst- und anderen Verträgen, bei denen die Unternehmung bereits die Leistung des Vertragspartners empfangen hat, ohne die eigene Gegenleistung,

Verbindlichkeiten meist in Form eines bestimmten Geldbetrags, erbracht zu haben, sind in dieser Position auszuweisen. Eine Beschränkung auf V. aus dem betrieblichen Produktions- und Leistungsprozess besteht hier – anders als bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen – nicht. f) Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener und der Ausstellung eigener Wechsel (Posten C.5.). Hier sind alle akzeptierten Tratten und alle Solawechsel auszuweisen. Vom Gläubiger (noch) nicht eingeforderte Depotwechsel sind vom Schuldner nicht zu passivieren. g) Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen (Posten C.6.). Um den Bilanzleser über die Struktur der finanziellen Verflechtungen mit anderen Unternehmungen zu informieren, sind alle V. gegenüber verbundenen Unternehmen (i.S. des 3. Buches des HGB, also entsprechend der Definition des § 271 Abs. 2 HGB) in einer gesonderten Position zu zeigen. Da dieser Ausweis der Zuordnung unter anderen Posten (auch dem unter Posten C.7.) vorgeht, kann bei sachlichen Überschneidungen ein Vermerk der Mitzugehörigkeit zu anderen Posten (unter Angabe des Betrags) erforderlich sein. h) Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (Posten C.7.). Hier sind alle V. gegenüber Unternehmungen, mit denen die bilanzierende Unternehmung in einem Beteiligungsverhältnis i.S. des § 271 Abs. 1 HGB steht, auszuweisen, soweit nicht ein Ausweis unter Posten C.6. erforderlich ist. Auch hier sollte bei nicht unerheblichen Beträgen die Mitzugehörigkeit zu anderen Posten vermerkt werden. i) Sonstige Verbindlichkeiten (Posten C.8.). V., die keinem der Posten C.1. bis C.7. zuzuordnen sind und nicht in einer freiwilligen Zusatzposition ausgewiesen werden, sind in dieser Sammelposition

aufzunehmen. Grundsätzlich sind SteuerV. und V. im Rahmen der sozialen Sicherheit in davon-Vermerken gesondert auszuweisen. 4. Bewertung a) Wertmaßstab: Erfüllungsbetrag. V. sind mit ihrem Erfüllungsbetrag anzugeben (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Damit ist der in Geldeinheiten ausgedrückte Wert der Leistung gemeint, welcher bei normaler Abwicklung aufgebracht werden muss, um die V. zum Erlöschen zu bringen. Ist der dem Schuldner bei Kreditauszahlung zufließende Betrag (Ausgabebetrag) geringer als der Erfüllungsbetrag, so darf der Unterschiedsbetrag (Disagio, Damnum) als Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert werden; dieser muss durch planmäßige jährliche Abschreibungen getilgt werden, die auf die gesamte Laufzeit der V. verteilt werden können (§ 250 Abs. 3 HGB). Für die Steuerbilanz ist der Ausweis als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zwingend vorgeschrieben. Anschaffungsnebenkosten von V. sind im Jahre der Kreditaufnahme als Aufwand zu verrechnen. Eine Besonderheit ergibt sich bei ZeroBonds (Null-Kupon-Anleihen). Hier erfolgen keine laufenden Zinszahlungen. Vielmehr wird das gesamte Entgelt für die Kapitalüberlassung (Zins und Zinseszins) zusammen mit dem Tilgungsbetrag in einem Betrag bezahlt. Dabei ist nach h.M. nicht die hinsichtlich des Schuldenausweises aussagefähigere Bruttomethode (Passivierung des gesamten Erfüllungsbetrags; Einstellung der gesamten Differenz zwischen Ausgabe- und Erfüllungsbetrag in den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, um diesen während der Laufzeit des Zero-Bonds periodengerecht durch Verrechnung der jeweils aufgelaufenen Zinsen als Aufwand, also erfolgsmindernd, aufzulösen), sondern die Nettomethode anzuwenden, bei der zu813

Verbindlichkeiten nächst nur der Ausgabebetrag passiviert wird, der in den Folgeperioden jeweils um die aufgelaufenen Zinsen (erfolgsmindernd) erhöht wird. b) Bewertungsprinzipien. o Realisationsprinzip und o Imparitätsprinzip gelten nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auch für V., obwohl ein – dem für Vermögensgegenstände (in § 253 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 und 4 HGB) kodifizierten Niederstwertprinzip analoges – Höchstwertprinzip nicht kodifiziert ist. Umstände, die zu einer Verminderung des Erfüllungsbetrags führen, z.B. Kurssenkungen bei Fremdwährungs-V., sind deshalb erst im Realisationszeitpunkt zu berücksichtigen, während Erhöhungen des Erfüllungsbetrags bereits (erfolgsmindernd) zu antizipieren sind, wenn nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung mit dem Eintritt des ursächlichen Ereignisses zu rechnen ist. Da bei den V. – anders als bei den Aktiva – eine Differenzierung entsprechend der Bindungs- bzw. Verfügungsdauer nicht vorgenommen wird, ist nach h.M. unabhängig von der Verfügungsdauer der höhere Wert anzusetzen (strenges Höchstwertprinzip). Allerdings wäre es konsequent und würde auch der Zielsetzung der handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften eher gerecht werden, bei langfristigen V. – entsprechend der Regelung für Aktiva – eine Verpflichtung zum Ansatz des höheren Wertes nur anzunehmen, wenn die Erhöhung des Erfüllungsbetrags voraussichtlich von Dauer ist. Grundsätzlich wird der Erfüllungsbetrag einer V. nicht durch ihre Verzinslichkeit bestimmt. Nur bei besonders krassen Fällen der Überverzinslichkeit langlaufender V. kann der drohende Verlust aufwandswirksam entweder in eine Rückstellung eingestellt oder mit einem aktivisch abgegrenzten Disagio/Damnum verrechnet werden. 814

c) Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten. Die strikte Anwendung des Prinzips der Einzelbewertung sowie des Höchstwertprinzips führen bei Fremdwährungs-V. dann nicht zu wirtschaftlich rationalen und bilanziell sachgerechten Ergebnissen, wenn den V. entsprechende Fremdwährungsforderungen gegenüberstehen. Deswegen können Bewertungseinheiten aus währungsidentischen V., Forderungen, schwebenden Valutaansprüchen und -verpflichtungen gebildet werden (§ 254 HGB). In der Konsequenz bedeutet dies eine bewusste und sachgerechte Durchbrechung des Grundsatzes der Einzelbewertung. Solange eine Fremdwährungsposition geschlossen ist, also Aktiva und Passiva in dieser Valuta sich betragsmäßig entsprechen, gleichen sich negative und positive Erfolge einer Wechselkursänderung stets genau aus; der negative Erfolgsbestandteil ist deshalb bilanziell nicht zu antizipieren. Insofern wird durch § 254 Satz 1 HGB eine Nichtanwendung des Realisations- und Imparitätsprinzips sowie des Anschaffungswertprinzips kodifiziert. Fristeninkongruenzen können allenfalls dann relevant werden, wenn sie nicht durch geeignete Anschlussmaßnahmen zur Vermeidung des Währungstransfers (z.B. Neuverschuldung bzw. Wiederanlage in fremder Währung, Abschluss von Devisentermingeschäften) überbrückt werden können. An die Bildung von Bewertungseinheiten sind zudem Berichtspflichten geknüpft. So muss der Anhang Informationen bezüglich Art und Umfang von Grund- und Sicherungsgeschäft sowie Angaben über die Effektivität und den Zeitraum der Wertkompensation beinhalten (§ 285 Nr. 23 HGB). Für Fremdwährungs-V., die nicht Teil einer Bewertungseinheit sind, ist die Bewertung nach § 256a HGB vorzunehmen. Weist die V. eine Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger auf, so setzt § 256a Satz 2 HGB die Anwendung des Realisations- und Anschaffungswertprinzips au-

Verfahrensabweichung ßer Kraft. Die Umrechnung am Abschlussstichtag hat zum Devisenkassamittelkurs zu erfolgen (§ 256a Satz 1 HGB). Der Kassamittelkurs ergibt sich als arithmetisches Mittel von Geldund Briefkurs. Dadurch werden alle schwebenden Währungsgewinne und -verluste in diesen Positionen antizipiert. Die Bewertung von Fremdwährungs-V. mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr hat ebenfalls zum Devisenkassamittelkurs zu erfolgen, jedoch unter Wahrung von Realisations- und Anschaffungswertprinzip. Zum Zeitpunkt ihrer Erstverbuchung sind alle Valuta-V. – ausnahmsweise § 254 HGB – i.d.R. einzeln und grundsätzlich mit dem Devisenkassamittelkurs zu bewerten. (o Währungsumrechnung). Lit.: ADS, 6. Aufl., Bd. 1, 1995, § 253 HGB, Tz. 62, 74-76, 78, 86, 90-95, 105; ADS, 6. Aufl., Bd. 5, 1997, § 265 HGB, Tz. 82, § 266 HGB, Tz. 190, 218, 223, § 271 HGB, Tz. 34; Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009, S. 379-403; Ballwieser, W.: Das Anschaffungs- und Höchstwertprinzip für Schulden, in: Moxter, A. et al. (Hrsg.): FS Forster, 1992, S. 45-62; Bieg, H./Kußmaul, H.: Grundlagen der Bilanzierung, 2000; Bieg, H./Kußmaul, H.: Externes Rechnungswesen, 5. Aufl., 2009, S. 164-174; Hüttemann, U.: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten, 2. Aufl., 1976, S. 8-18; Kessler, H./Cassel, J., in: Handbuch BilMoG, 2009, S. 417-446; Knop, W. et al.: § 268 HGB, in: Küting, K./Weber, C.-P.: HdR, Bd. 2, Loseblatt., Rn. 208-249, 5. Aufl., 2004; Kozikowski, M./Schubert, W.J.: § 253 HGB, Anm. 51, 64, 65, in: BeckBilKomm., 7. Aufl., 2010; Kußmaul, H.: Nutzungsrechte an Grundstücken in Handels- und Steuerbilanz, 1987. Hartmut Bieg

Verbindlichkeitenspiegel Eine meist im o Anhang aufgeführte systematische Darstellung der o Verbindlichkeiten, untergliedert nach Art der Verbindlichkeit, Restlaufzeit und Form der Sicherung. Verbrauchsabweichung Differenz zwischen Ist- und o Sollkosten eines Beschäftigungsgrads; Maß für die Kostenabweichung, die auf unwirtschaftlichen Einsatz der Verbrauchsgüter in einer o Kostenstelle zurückzuführen ist (o Plankostenrechnung). Verbrauchsfolgefiktionen Verfahren zur Bewertungsvereinfachung gem. § 256 HGB für gleichartige Gegenstände des o Umlaufvermögens (o Fifo, o Lifo,o Hifo, o Kifo). Verbrauchsteuer Alle Steuern auf die Einkommensverwendung, die den Verbrauch oder Gebrauch von Gütern und Dienstleistungen belasten. Die o Mehrwertsteuer ist ihrer ökonomischen Wirkung nach eine allgemeine V., rechtlich aber als o Verkehrsteuer klassifiziert. Für Unternehmen stellen V. o Kosten dar, deren Überwälzung auf den Abnehmer vom Gesetzgeber beabsichtigt ist, aber nicht immer gelingt. Verbundeffekte = Economies of scope = o Synergieeffekte Verbundene Unternehmen o Unternehmen, verbundene Vereidigter Buchprüfer o Buchprüfer, vereidigter Vereinfachtes Ertragswertverfahren o Betriebsvermögensermittlung Verfahrensabweichung Abweichung zwischen o Plankosten und o Istkosten, die auf ein gegenüber der Planung unterschiedliches Produktionsverfahren zurückzuführen ist (o Plankostenrechnung). 815

Verfahrensprüfung Verfahrensprüfung = o Systemprüfung

Verlustantizipation o Imparitätsprinzip

Verflechtungstabelle Tabellarische Darstellung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen zwischen einzelnen Kostenstellen.

Verlustübernahme Eine mit dem o Gewinnabführungsvertrag korrespondierende Verpflichtung der herrschenden Unternehmung gem. § 302 AktG, einen während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag der beherrschten Unternehmung auszugleichen.

Vergleichbarkeit Eine aus der Informationsfunktion des o Jahresabschlusses und o Konzernabschlusses abgeleitete Anforderung an die Rechnungslegung, um einen o Zeitvergleich bzw. o Unternehmensvergleich vornehmen zu können. V. erfordert die formelle und materielle Gleichartigkeit der Rechenwerke hinsichtlich der Ausübung von o Bilanzierungswahlrechten, o Bewertungswahlrechten und o Konsolidierungswahlrechten (o Stetigkeitsprinzip). Vergütungsbericht o Corporate Governance o Lagebericht Verkaufsoption = o Put-Option Verkehrsteuer = Umschlagsteuer Steuern die den Vermögensverkehr (Kapitalverkehrsteuer, Grunderwerbsteuer), den Verkehr auf öffentlichen Straßen (Kraftfahrzeugsteuer) und weitere Verkehrsvorgänge (Wechselsteuer, Versicherungsteuer) belasten. Auch die o Mehrwertsteuer wird rechtlich als V. klassifiziert. Zudem gibt es V. der Gemeinden wie Vergnügungssteuer und Hundesteuer. Verlässlichkeit = o Reliability Verlust Überschuss der Aufwendungen bzw. Kosten über die Erträge bzw. Erlöse; in der o Gewinn- und Verlustrechnung gem. § 275 HGB als Jahresfehlbetrag bezeichnet. 816

Verlustvortrag Übertrag von Verlusten aus vergangenen Perioden in zukünftige Perioden. Steuerlich dient der V. der Verrechnung der vergangenen Verluste mit zukünftigen Gewinnen und damit der Steuerminderung (o Steuerbilanz). Vermittlungsfunktion (der Unternehmensbewertung) o Funktionenlehre (der Unternehmensbewertung) Vermögen, betriebsnotwendiges = sachzielnotwendiges Vermögen Zur Erfüllung des Betriebszwecks der Unternehmung notwendiges Vermögen. In der o Kostenrechnung ist das b. V. die Ausgangsbasis zur Ermittlung des betriebsnotwendigen o Kapitals, auf das kalkulatorische Zinsen (o Kosten, kalkulatorische) berechnet werden. Vermögensendwert o Investitionsrechnung, dynamische Vermögensendwertmethode o Investitionsrechnung, dynamische Vermögenserhaltung o Substanz- und Kapitalerhaltung Vermögensgegenstand Der Begriff des V. wird nicht im HGB definiert, sondern leitet sich aus den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ab. Grundsätzlich sind V. Güter, die dem Unternehmen künftig Nutzen stiften (wirtschaftliche Werte). V. müssen zudem per Definition selbstständig bewertbar und selbstständig verwertbar

Vermögenswert sein. Die selbstständige Bewertbarkeit ergibt sich aus dem in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB kodifizierten Grundsatz der Einzelbewertung. Die selbstständige Verwertbarkeit zielt insb. auf den Gläubigerschutz ab, wonach einzelne V. durch Veräußerung oder Überlassung von Nutzungsrechten zur Schuldentilgung verwandt werden können. Die Definition des V. ist nicht deckungsgleich mit der seines steuerrechtlichen Pendants, dem positiven o Wirtschaftsgut, da dessen Definition auf die selbstständige Verwertbarkeit verzichtet. Auch der in der IFRS-Bilanzierung verwendete Begriff des o Vermögenswertes ist nicht mit dem des V. identisch, da dessen Definition auf den zukünftigen ökonomischen Nutzen abstellt und damit wesentlich weiter gefasst ist. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./ Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 78-79. Vermögenslage o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage Vermögensrentabilität Kennzahl zur Messung der o Rentabilität des Vermögens. Aufgrund der betragsmäßigen Identität von Aktiv- und Passivseite der Bilanz, entspricht die V. der Rentabilität des gesamten eingesetzten Kapitals. In der Praxis findet sich die V. unter Bezeichnungen wie o Return on Assets (ROA) und o Return on Net Assets (RONA). Vermögensstruktur Struktur des bilanziell ausgewiesenen Unternehmensvermögens. Zu unterscheiden sind o Anlagevermögen und o Umlaufvermögen. Vermögensstrukturanalyse Bestandteil der o Bilanzanalyse, mit dem Aussagen über die Art und Zusammensetzung des Vermögens im o Jah-

resabschluss bzw. o Konzernabschluss und die Dauer der Vermögensbindung getroffen werden. Vermögensteuer Die V. ist eine o Substanzsteuer, deren Bemessungsgrundlage das Vermögen des Steuersubjekts ist. In Deutschland wird seit 1997 keine V. mehr erhoben. Vermögensübertragung o Fusion Vermögenswert 1. Einführung Im System der IFRS stellt ein V. eine Ressource dar, „die auf Grund von Ereignissen der Vergangenheit in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht, und von der erwartet wird, dass dem Unternehmen aus ihr künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt“ (RK.49 (a)). Vorschriften zur Bilanzierung von V. finden sich in unterschiedlichen IFRS. Die Bilanzierung von Vorräten regelt IAS 2, die Bilanzierung von Sachanlagen richtet sich nach IAS 16 und die Bilanzierung von finanziellen V. behandelt IAS 39. Im Folgenden wird ausschließlich auf die Bilanzierung von immateriellen V. gemäß IAS 38 und den ergänzenden Regelungen des IFRS 3 zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen eingegangen, da diese zur Konkretisierung der V.-Eigenschaft die wesentlichen Ausführungen enthalten. Neben der genannten V.-Definition des Rahmenkonzepts, die der des IAS 38 entspricht, werden im IFRS-Rahmenkonzept auch allgemeine Ansatzkriterien als Aktivierungsvoraussetzung von V. festgelegt. Zum Ansatz muss danach der Nutzenzufluss aus dem V. wahrscheinlich und die verlässliche Bewertbarkeit der o Anschaffungs- und Herstellungskosten des V. gegeben sein. Diese allgemeinen Ansatzkriterien werden in IAS 38 für immaterielle V. in Abhängigkeit der Zugangsart konkretisiert. 817

Vermögenswert 2. Vermögenswertdefinition nach dem IFRS-Rahmenkonzept und IAS 38 a) Künftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss. Ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen im Sinne des Rahmenkonzepts und des IAS 38 liegt vor, wenn durch das immaterielle Gut im Unternehmen in Zukunft direkt oder indirekt Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente erwirtschaftet werden, der Zahlungsmittelabfluss sinkt oder „andere Vorteile“ (IAS 38.17) entstehen. Ziel dieser weiten Definition des künftigen wirtschaftlichen Nutzens ist keine objektivierte Quantifizierung, sondern vielmehr eine Plausibilisierung der erwarteten Nutzenzuflüsse. Die Auslegung des Definitionskriteriums des wirtschaftlichen Nutzens im Sinne der Identifizierung eines breiten Kreises potentieller V. ist somit vergleichbar mit dem V.-Prinzip nach o GoB, das ebenfalls keine objektivierte Einschränkung des Vermögensgegenstandsbegriffs beabsichtigt. Das weitere Definitionskriterium des Ereignisses der Vergangenheit verlangt lediglich, dass die Ressource zum Bilanzstichtag vorliegen muss, um nicht bloße zukünftige Erwartungen oder Absichten als V. zu qualifizieren. b) Beherrschung. Kann sich das Unternehmen den künftigen wirtschaftlichen Nutzen aus einer Ressource verschaffen und Dritte von diesem Nutzen ausschließen, ist das Definitionskriterium der Beherrschung bzw. der Verfügungsmacht gegeben. Dieses Definitionskriterium des V. hat eine größere Objektivierungswirkung als das Kriterium des künftigen wirtschaftlichen Nutzens. Beherrschung kann entweder aufgrund juristisch durchsetzbarer Ansprüche oder „auf andere Weise“ (IAS 38.13) gegeben sein. Im Regelfall liegt Beherrschung aufgrund juristisch durchsetzbarer Ansprüche vor. Alternativ ist jedoch auch die faktische Beherrschung eines V. möglich. Während geheime, rechtlich ungeschützte Betriebskenntnisse von ei818

nem Unternehmen wegen der Vertraulichkeitspflicht der Mitarbeiter beherrscht werden, wird Verfügungsmacht über Mitarbeiterfähigkeiten hingegen verneint. Eine faktische Beherrschung eines Kundenstamms ist nur dann gegeben, wenn Markttransaktionen für gleiche oder ähnliche nichtvertragliche Kundenbeziehungen existieren. Wegen der individuellen Eigenschaften immaterieller Werte sind derartige Transaktionen jedoch schwer belegbar. Liegen Markttransaktionen mit vergleichbaren V. vor, ist neben dem allgemeinen Definitionskriterium der Beherrschung zugleich das spezielle Definitionskriterium für immaterielle V., die Identifizierbarkeit konkretisiert durch Separierbarkeit, erfüllt. 3. Zusätzliche Definitionskriterien immaterieller V. nach IAS 38 a) Nicht-Monetarität und fehlende physische Substanz. Neben den allgemeinen Definitionskriterien eines V. nennt IAS 38 zusätzlich spezielle Definitionsmerkmale für immaterielle V. Danach stellt ein immaterieller V. einen „identifizierbare[n], nicht monetäre[n] Vermögenswert ohne physische Substanz“ (IAS 38.8) dar. Bei V., die sowohl materielle als auch immaterielle Bestandteile aufweisen, erfordert die Abgrenzung der fehlenden physischen Substanz, wie auch nach GoB die Prüfung, ob die materielle oder die immaterielle Komponente des V. wesentlicher ist. Bei dieser Klassifizierung wird Systemsoftware nach IFRS im Unterschied zu GoB als integraler Bestandteil der Hardware und damit als materielles Sachanlagevermögen klassifiziert. Dies verdeutlicht, dass bei der Bestimmung der Materialität oder der Immaterialität eines V. seine Funktion eine zentrale Rolle spielt. Die Definition von Nicht-Monetarität kann lediglich über eine Negativabgrenzung zur Monetarität ermittelt werden. Monetäre V. sind definiert als der Kassenbestand

Vermögenswert und die in festgelegter bzw. bestimmbarer Höhe zu erhaltenden Geldbeträge. b) Identifizierbarkeit. Das nicht im Rahmenkonzept aufgeführte zentrale Definitionskriterium immaterieller V. stellt das Kriterium der Identifizierbarkeit dar, das entsprechend der Greifbarkeit nach GoB die Abgrenzbarkeit vom Geschäftsoder Firmenwert bezweckt. Identifizierbarkeit liegt vor, wenn der V. separierbar ist, d.h. „vom Unternehmen getrennt und verkauft, übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden kann“ (IAS 38.12 (a)). Separierbarkeit kann nachgewiesen werden durch die Existenz von Verkaufstransaktionen mit vergleichbaren V. Maßgeblich ist keine tatsächliche Verwertungsabsicht, sondern relevant ist ausschließlich die Möglichkeit zur Verwertung. Neben einer derartigen Einzelverwertbarkeit des immateriellen Guts ist die Separierbarkeit auch erfüllt, wenn ein V. nur zusammen mit einem Vertrag, einem anderen V. oder einer Schuld übertragen werden kann. So ist die Separierbarkeit von nicht patentiertem Know-how zur Produktion eines rechtlich durch eine Marke geschützten Produkts nur in Kombination mit dieser Marke als weiterem V. erfüllt, da bei Verkauf der Marke das technische Know-how zwingend mit dieser übertragen werden muss (IFRS 3.B34 (b)). Kann der immaterielle V. jedoch nur gemeinsam mit einer Gruppe von V. in Form einer wirtschaftlich selbständigen Einheit übertragen werden, ist Separierbarkeit nicht gegeben. Somit ist die Separierbarkeit enger zu fassen als die Konkretisierung der Greifbarkeit eines Vermögensgegenstands nach GoB im Sinne der Übertragbarkeit mit dem gesamten Unternehmen. Alternativ zur Separierbarkeit kann die Identifizierbarkeit auch über das sog. Contractual-Legal-Kriterium erfüllt sein, d.h., wenn ein V. „aus vertraglichen oder anderen gesetzlichen Rechten entsteht“

(IAS 38.12 (b)). Die Konkretisierung des immateriellen Guts durch seinen Rechtscharakter soll als formaler Existenznachweis dienen. Bei Vorliegen eines Rechts ist stets das Kriterium der Identifizierbarkeit typisiert erfüllt. Im Gegensatz hierzu kann das Vorliegen der Greifbarkeit nach GoB auch bei Existenz eines Rechts widerlegt werden. Aufgrund des Contractual-Legal-Kriteriums sind somit Rechte, die nur mit dem gesamten Unternehmen übertragbar und folglich nicht separierbar sind, wie bspw. Rundfunklizenzen oder Lizenzen zum Betrieb von Kernkraftwerken, identifizierbar. Diese alternative Konkretisierung der Identifizierbarkeit führt in bestimmten Fällen dazu, dass die Identifizierbarkeit nach IFRS weiter ausgelegt wird als die Greifbarkeit nach GoB: Nicht mit dem gesamten Unternehmen übertragbare Rechte, die daher nach GoB nicht die Greifbarkeit erfüllen, wie bspw. Schankkonzessionen als besondere Personalkonzessionen, werden wegen ihrer rechtlichen Konkretisierung nach IFRS als identifizierbar qualifiziert. Bei Gewinnerwartungen aus Rahmenverträgen, die lediglich allgemeine Vertragsgrundlagen festlegen, bspw. zur Preisbestimmung oder zu Lieferbedingungen, wird wegen fehlender vertraglicher Festlegung von Abnahmemengen die Identifizierbarkeit jedoch verneint. 4. Aktivierung immaterieller V. in Abhängigkeit der Zugangsart a) Gesonderte Anschaffung. Bei Zugang eines immateriellen V. durch eine gesonderte Anschaffung wird das allgemeine Ansatzkriterium des wahrscheinlichen Nutzenzuflusses stets als erfüllt angesehen (IAS 38.25), weil die Entrichtung des Erwerbspreises Ausdruck des erwarteten zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens aus dem V. ist. Hinsichtlich des Ansatzkriteriums der verlässlichen Bewertbarkeit wird angenommen, dass die Anschaffungskosten „für gewöhnlich“ 819

Vermögenswert (IAS 38.26) verlässlich bestimmt werden können, vor allem wenn der Anschaffungspreis in Form von Zahlungsmitteln oder anderen monetären V. beglichen wird. b) Unternehmenszusammenschluss. Bei Zugang eines immateriellen V. durch einen Unternehmenszusammenschluss gelten die beiden allgemeinen Ansatzkriterien des wahrscheinlichen Nutzenzuflusses und der verlässlichen Bewertbarkeit der Anschaffungs- und Herstellungskosten als typisierend erfüllt (IAS 38.33). Der Verzicht auf die Prüfung des objektivierenden Ansatzkriteriums der verlässlichen Bewertbarkeit bei V. aus einem Unternehmenszusammenschluss hat zur Folge, dass nach IFRS immaterielle V. aktiviert werden, die nach GoB im Geschäfts- oder Firmenwert aufgehen, da mit einem Gesamtunternehmen erworbene immaterielle Güter nach GoB nur als separate Vermögensgegenstände aktiviert werden können, wenn ein abgrenzbares Anschaffungsentgelt vorliegt. Die Konkretisierung der Identifizierbarkeit erfährt durch die Anhangbeispiele des IFRS 3 eine beträchtliche Ausweitung. Danach erfüllen durch einen Unternehmenszusammenschluss zugegangene, lediglich mittelbar rechtlich abgesicherte Werte, wie bspw. der Auftragsbestand, der auch noch stornierbare Aufträge beinhalten kann, über das Contractual-Legal-Kriterium die Identifizierbarkeit. Außerdem wird sogar angenommen, dass ein bei einem Unternehmenszusammenschluss erworbener Kundenstamm ohne aktuelle Verträge aufgrund des Rechtscharakters der in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge mit den Stammkunden identifizierbar ist. Aufgrund von Separierbarkeit identifizierbar können bei einem Unternehmenszusammenschluss bspw. nicht-vertragliche Kundenbeziehungen, Kundenlisten, Datenbanken, Marken und ungeschützte 820

Erfindungen sein. Separierbarkeit bei nicht-vertraglichen Kundenbeziehungen nachzuweisen wird jedoch nur in den wenigsten Fällen möglich sein. Dagegen auch bei Erwerb durch einen Unternehmenszusammenschluss als nicht identifizierbar angesehen werden bspw. eine Werbekampagne, Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern oder ein Lieferantenstamm. c) Selbst geschaffene immaterielle V. Die Konkretisierung der allgemeinen Ansatzkriterien für selbst geschaffene immaterielle V. erfolgt durch spezifizierende Unterkriterien. Entsprechend den Regelungen nach GoB differenziert IAS 38 zwischen einer Forschungsphase und einer Entwicklungsphase bei der Entstehung eines selbst geschaffenen immateriellen V. Aufwendungen in der Entwicklungsphase sind unter der Voraussetzung, dass die konkretisierenden Kriterien erfüllt sind, zu aktivieren (IAS 38.57). Aufwendungen der Forschungsphase sowie Aufwendungen, die keiner der beiden Phasen zweifelsfrei zugerechnet werden können, sind von der Aktivierung als immaterieller V. ausgeschlossen. Aufwendungen der Entwicklungsphase sind dann zu aktivieren, wenn die Fertigstellung des immateriellen V. technisch realisiert werden kann, das Unternehmen die Fertigstellung beabsichtigt, die Möglichkeit zum Verkauf oder zur Nutzung des V. besteht, die Art und Weise der Nutzenerzielung mit dem immateriellen V. nachgewiesen wird, die nötigen technischen, finanziellen und sonstigen Ressourcen vorhanden sind und die Entwicklungsaufwendungen verlässlich bewertet werden können. Während die Erfüllung eines Teils der Kriterien oft unzweifelhaft dargelegt werden kann, stellen insbesondere die technische Realisierbarkeit und der Nachweis über die Erzielung eines künftigen Nutzens zentrale Aktivierungskriterien dar. Das Bewertbarkeitskriterium verhindert in der Regel nicht die Aktivierung von

Vermögenswert Entwicklungskosten. Nach GoB hingegen ist das Prinzip der selbständigen Bewertbarkeit zur Bestimmung der Vermögensgegenstandseigenschaft und Ansatzfähigkeit selbst geschaffener immaterieller Güter objektivierungsbedingt enger auszulegen. Explizite Ansatzverbote bestehen gemäß IAS 38.63 für „[s]elbst geschaffene Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten sowie ihrem Wesen nach ähnliche Sachverhalte“. Das Aktivierungsverbot wird mit der fehlenden Abgrenzungsmöglichkeit zu Aufwendungen, die auf die Entwicklung des Gesamtunternehmens entfallen, begründet; immaterielle V. liegen in diesen Fällen daher nicht vor. Ein selbst geschaffener Geschäfts- oder Firmenwert darf mithin ebenfalls nicht aktiviert werden (IAS 38.48). 5. Spezialprobleme IFRIC 12 regelt die Bilanzierung von öffentlich-privaten Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen, bei denen ein privates Unternehmen im Auftrag der öffentlichen Hand Infrastruktureinrichtungen, bspw. Straßen, Krankenhäuser oder ein Wasserversorgungsnetz, errichtet und betreibt. Dem privaten Betreiber kann im Rahmen einer solchen Vereinbarung von der öffentlichen Hand eine Konzession zur Gebührenerhebung bei Nutzern der öffentlichen Infrastruktureinrichtung erteilt werden. Diese Konzession zur Nutzungsgebührenerhebung ist gemäß IFRIC 12 i. V. m. IAS 38 als immaterieller V. zu aktivieren. Selbst entwickelte Internetseiten werden nach den Regelungen von SIC-32 bilanziert. Danach sind Kosten einer Internetseite, die lediglich zu Zwecken der Unternehmens- und Produktpräsentation erstellt wurde, als Aufwand zu erfassen, da hier das Aktivierungsverbot von Werbekosten gemäß IAS 38.69 (c) greift. Wird hingegen der Nachweis erbracht, dass die Aufwendungen zur Erstellung der Internetseite die Kriterien des

IAS 38.57 für selbst geschaffene immaterielle V. erfüllen, sind diese aktivierungspflichtig. Insbesondere ist eine selbst geschaffene Internetseite als V. zu aktivieren, wenn über die Seite OnlineBestellungen getätigt werden können. Lit.: Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der SchmalenbachGesellschaft: Immaterielle Werte im Rahmen der Purchase Price Allocation bei Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS – Ein Beitrag zur Best Practice, in: ZfbF-Sonderh. 60/2009; Dawo, S.: Immaterielle Güter in der Rechnungslegung nach HGB, IAS/IFRS und USGAAP, 2003; Duhr, A.: Grundsätze ordnungsmäßiger Geschäftswertbilanzierung, 2006; Hepers, L.: Entscheidungsnützlichkeit der Bilanzierung von Intangible Assets in den IFRS, 2005; Hommel, M.: Internationale Bilanzrechtskonzeptionen und immaterielle Vermögensgegenstände, in: ZfbF 1997, S. 345-369; Hommel, M.: Bilanzierung immaterieller Anlagewerte, 1998; Küting, K./Dawo, S.: Die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte nach IAS 38 – gegenwärtige Regelungen und geplante Änderungen: Ein Beispiel für die Polarität von Vollständigkeitsprinzip und Objektivierungsprinzip, in: BFuP 2003, S. 397-416; Lüdenbach, N./Freiberg, J.: Zweifelsfragen der abstrakten und konkreten Bilanzierungsfähigkeit immaterieller Anlagen, in: BFuP 2009, S. 131-151; Neumann, S.: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Nutzungsrechte nach GoB und IFRS, 2010; Powell, S.: Accounting for intangible assets: current requirements, key players and future directions, in: EAR 2003, S. 797-811; Velte, P.: Intangible Assets und Goodwill im Spannungsfeld zwischen Entscheidungsrelevanz und Verlässlichkeit, 2008; von Keitz, I.: Immaterielle Güter in der internationalen Rechnungslegung, 1997. Jens Wüstemann/ Simone Neumann 821

Vermögenswerte, immaterielle Vermögenswerte, immaterielle 1. Begriffliche Abgrenzung und Kategorisierung Der Begriff „immaterielle Vermögenswerte“ (iVW) wird im deutschen Sprachgebrauch als Übersetzung von „intangible assets“ im Regelwerk des o IASB verwendet und stellt somit einen technischen Begriff des IASB-Regelwerks dar. Diese Übersetzung wurde in Abgrenzung zu dem im HGB verwendeten Begriff der immateriellen Vermögensgegenstände (iVG) aufgrund der abweichenden Definition bewusst gewählt. Insofern wird hier zunächst normen- und bilanzierungsunabhängig der Begriff „immaterielle Werte“ (mögliche Synonyme u.a.: immaterielle Güter, immaterielle Ressourcen, Wissenskapital, intellectual capital, intellectual property, knowledge-based assets) definiert. Mangels einheitlicher Definition lassen sich immaterielle Werte indes allein durch folgende negative Abgrenzung und Kategorisierung umschreiben: a) Immaterielle Werte grenzen sich von den materiellen Werten dadurch ab, dass ihnen die physische Substanz fehlt. Sofern ein Wert sowohl materielle als auch immaterielle Werte aufweist, stellt dieser dann einen immateriellen Wert dar, wenn die materielle Komponente von untergeordneter Bedeutung ist. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn die materielle Komponente primär Transport-, Speicherungs- oder Lagerungszwecken dient (z.B. CD zur Speicherung von Software). Weiter sind immaterielle Werte von finanziellen Werten, wie z.B. Geldforderungen, Unternehmensanteilen und (sonstigen) Wertpapieren, abzugrenzen. Zusammenfassend lassen sich immaterielle Werte mithin als nicht monetäre Werte ohne körperliche Substanz negativ abgrenzen. b) Der Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der o Schmalenbach-Gesellschaft für Be822

triebswirtschaft e.V. hat folgende Kategorisierung entwickelt, mit der immaterielle Werte umfassend und bilanzierungsunabhängig umschrieben werden: – Innovation Capital (z.B. Rezepturen, Patente), – Human Capital (z.B. Mitarbeiterknow-how, Betriebsklima), – Consumer Capital (z.B. Kundenlisten, Marktanteile, Kundenzufriedenheit), – Supplier Capital (z.B. Beschaffungsverträge), – Investor Capital (z.B. Rating), – Process Capital (z.B. Vertriebsnetz, Qualitätssicherung), – Location Capital (z.B. Standort-, Steuervorteile). 2. Ansatz a) HGB. Der Ansatz von immateriellen Werten richtet sich nach HGB zunächst nach der abstrakten Aktivierungsfähigkeit. Immaterielle Werte, die selbständig verwertbar sind, sind grundsätzlich als iVG abstrakt aktivierungsfähig. Dabei ist die selbständige Verwertbarkeit nicht nur gegeben, wenn ein immaterieller Wert veräußerbar ist. Vielmehr liegt ein abstrakt aktivierungsfähiger iVG auch dann vor, wenn dieser durch die Einräumung eines Nutzungsrechts, durch bedingten Verzicht oder im Wege der Zwangsvorstreckung im Sinne der Schuldendeckungsfähigkeit in Geld transformiert werden kann. So stellen z.B. Softwarelizenzen, deren Veräußerung und Nutzungsüberlassung vertraglich ausgeschlossen sind, iVG dar. Das Mitarbeiter-Know how ist hingegen nicht selbständig verwertbar und demnach auch nicht abstrakt aktivierungsfähig. Alle abstrakt aktivierungsfähigen Vermögensgegenstände sind unter Berücksichtigung des Vollständigkeitsgrundsatzes grundsätzlich aktivierungspflichtig, sofern nicht abweichende konkrete HGB-

Vermögenswerte, immaterielle Regelungen Anderes bestimmen (konkrete Aktivierungsfähigkeit). Bezüglich der iVG finden sich entsprechende konkrete Regelungen in § 248 Abs. 2 HGB. Demnach gelten nach HGB abhängig von der Zugangsart und der Verwendungsabsicht folgende Ansatzvorschriften für iVG: – Ansatzpflicht für alle entgeltlich erworbene iVG: Sofern ein iVG von Dritten im Wege des Kaufs, Tausches, einer Schenkung oder einer Einlage zugegangen ist, ist dieser nach HGB verpflichtend zu aktivieren. Dabei ist unerheblich, ob der entgeltlich erworbene iVG dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zuzuordnen ist. Durch den entgeltlichen Erwerb ist hinreichend bewiesen, dass ein selbständig verwertbarer Vermögensgegenstand vorliegt. Auch wenn ein iVG nicht durch einen separaten Erwerb, sondern im Zusammenhang eines Unternehmenszusammenschlusses entgeltlich erworben wurde, ist dieser im Rahmen der o Kaufpreisallokation als iVG separat vom o Geschäftswert zu aktivieren. – Ansatzpflicht für selbst geschaffene iVG des Umlaufvermögens: Hat ein Unternehmen einen iVG selbst geschaffen und ist dieser dem Umlaufvermögen zuzuordnen, besteht ebenfalls eine Aktivierungspflicht. Dem Umlaufvermögen werden gerade zur Veräußerung bestimmte oder im Auftrag Dritter hergestellte iVG zugeordnet. Somit muss für eine Zuordnung zum Umlaufvermögen qua Definition die selbständige Verwertbarkeit vorliegen. – Grundsätzliches (für Ausnahmen siehe unten) Ansatzwahlrecht für selbst geschaffene iVG des Anlagevermögens: IVG, die im Sinne des § 247 Abs. 2 HGB bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, sind

dem Anlagevermögen zuzuordnen. Dies können iVG sein, die ein Unternehmen im Vertrieb oder der Verwaltung selbst nutzt (z.B. eine eigen genutzte Vertriebs- oder Buchführungssoftware) oder auch iVG, die im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit/Produktion langfristig genutzt wird (z.B. eine Produktinnovation, die anschließend im Rahmen der Serienfertigung langfristig genutzt wird oder ein Quellprogramm einer Software, das zig-fach als Lizenz vermarktet wird). Wurden die dem Anlagevermögen zugeordneten iVG selbst geschaffen, bestand bis zum Erlass des BilMoG für diese ein pauschales Aktivierungsverbot. Hintergrund war, dass für viele iVG aufgrund der fehlenden physischen Substanz in der Herstellungsphase unsicher war, ob überhaupt ein verwertbarer iVG entsteht und/oder ob die Ausgaben hinreichend eindeutig zurechenbar sind. Geprägt durch die hohe Bedeutung des Kapitalerhaltungszwecks im deutschen Bilanzierungsrecht, war im HGB a.F. wie schon im AktG 1965 das pauschale Aktivierungsverbot für alle selbst geschaffenen iVG des Anlagevermögens kodifiziert. Erst durch das BilMoG, mit dem die Informationsfunktion gestärkt und damit eine Annäherung an die IFRS erzielt werden sollen, wurde dieses pauschale Aktivierungsverbot in ein grundsätzliches Aktivierungswahlrecht gepaart mit einem partiellen Ansatzverbot (siehe unten) geändert. Demnach dürfen (Wahlrecht) nach HGB n.F. selbst geschaffene iVG grundsätzlich aktiviert werden. Anders als nach IAS 38 ist die Ansatzfähigkeit von selbst geschaffenen iVG des Anlagevermögens nach HGB nicht explizit an die Erfüllung von konkreten Kriterien geknüpft. Allein durch das Aktivierungsverbot von Forschungskosten gemäß § 255 Abs. 2 HGB wird kodifiziert, dass 823

Vermögenswerte, immaterielle sich ein ansatzfähiger iVG bereits in der Entwicklungsphase befinden muss. Der Gesetzesbegründung zum BilMoG ist zu entnehmen, dass eine Aktivierung von selbst geschaffenen iVG dann möglich ist, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass ein selbständig verwertbarer iVG entstehen wird. Mangels weitere operationaler Vorschriften, wie der Nachweis hinsichtlich der Prognose (Wahrscheinlichkeit) der Entstehung eines iVG zu führen, ist abzuwarten, ob sich die Praxis hierfür an den sechs Kriterien des IASB (siehe unten) orientieren wird. Da der Gesetzgeber mit der Änderung der Bilanzierung der iVG den IFRS annähern wollte, ist dies empfehlenswert. Anders als nach IFRS besteht nach HGB indes ein Wahlrecht, welches allerdings stetig auszuüben ist. Die künftige Praxis wird zeigen, ob bzw. in welchen Fällen dieses ausgeübt wird. Insbesondere für die Fälle/Situationen, in denen bis zum Erlass des BilMoG das Wahlrecht zur Aktivierung von Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen gemäß § 269 HGB a.F. genutzt werden konnte, ist dies nun vielfach eine Alternative solche Aufwendungen weiterhin zu aktivieren, nachdem das Wahlrecht zur Aktivierung von Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen mit dem BilMoG gestrichen wurde. Sofern Kapitalgesellschaften oder haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften selbst geschaffene iVG aktiviert haben, gilt für diese unter Berücksichtigung latenter Steuern eine Ausschüttungssperre im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB. Damit wird dem Kapitalerhaltungszweck Rechnung getragen. – Partielles Ansatzverbot für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare iVG des Anlagevermögens: Analog zu IAS 38 hat der deutsche Gesetzgeber für bestimmte iVG des Anlagevermögens ein Ansatzver824

bot erlassen, da für diese der Nachweis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein iVG entstehen wird, während der Herstellungsphase regelmäßig nicht hinreichend zuverlässig geführt werden kann. Ein Goodwill erfüllt zwar nicht das Kriterium eines Vermögensgegenstandes und ist somit nicht abstrakt aktivierungsfähig. Eine konkrete Aktivierungspflicht eines Goodwills, der gemäß § 266 Abs. 2 HGB grundsätzlich den iVG zuzuordnen ist, wird indes in § 246 Abs. 1 HGB bestimmt (ausführlich dazu o Geschäftswert). b) IFRS. Der Ansatz von immateriellen Werten ist im Regelwerk des o IASB insbesondere in IAS 38 geregelt. Vom Anwendungsbereich des IAS 38 sind iVW, die von einem Unternehmen zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden und damit dem kurzfristigen Vermögen zugeordnet werden, ausgeschlossen. Da sich der Ansatz dieser iVW, die dem kurzfristigen Vermögen zuzuordnen sind, indes nach den auch für IAS 38 relevanten allgemeinen Ansatzkriterien des IASBRahmenkonzepts richten und zudem ähnlich wie nach HGB grundsätzlich unproblematisch ist, soll im Folgenden der Fokus auf IAS 38 gelegt werden. Gemäß IAS 38.18 sind immaterielle Werte grundsätzlich aktivierungspflichtig, wenn sie folgende Kriterien kumulativ erfüllen: – es liegt ein iVW im Sinne des IAS 38.8 vor, – der Nutzenzufluss ist wahrscheinlich und – eine zuverlässige Ermittlung der o Anschaffungs-/Herstellungskosten ist möglich. Ein iVW wird gemäß IAS 38.8 als identifizierbarer, nicht monetärer o Vermögenswert ohne physische Substanz definiert. Mit dem Kriterium „nicht monetär“

Vermögenswerte, immaterielle werden die iVW von finanziellen und mit dem Kriterium „ohne physische Substanz“ von den materiellen Vermögenswerten abgegrenzt. Identifizierbar ist ein iVW gemäß IAS 38.12, wenn er entweder separierbar, d.h. selbständig verwertbar ist oder ein Recht darstellt.

sich in der Forschungsphase befinden, sind nach IAS 38.54 nicht aktivierungsfähig. Für iVW, die sich in der Entwicklungsphase befinden, besteht eine Aktivierungspflicht, wenn die folgenden sechs Kriterien gemäß IAS 38.57 kumulativ erfüllt sind:

Die beiden anderen Ansatzkriterien (Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses und Bewertbarkeit) werden in IAS 38 differenziert für die Zugangsarten weiter konkretisiert:

– Technische Durchführbarkeit des Projekts, – Absicht des Unternehmens, das Projekt zu vollenden, – Fähigkeit, den Vermögensgegenstand zu nutzen bzw. zu verkaufen, – Wie der Vermögenswert künftig Nutzen stiften kann, – Verfügbarkeit der adäquaten Ressourcen und – Fähigkeit, Kosten zuverlässig zu bestimmen. Sofern bzw. solange nur eines der sechs Kriterien nicht erfüllt ist, besteht hingegen ein Aktivierungsverbot. Da der Nachweis der sechs Kriterien den Unternehmen Ermessensspielräume eröffnet, wird vielfach resümiert, dass ungeachtet der expliziten Pflicht faktisch ein Ansatzwahlrecht besteht. Aufgrund der Best Practice in einzelnen Branchen gilt dieses faktische Wahlrecht indes zunehmend eingeschränkt.

– Gesonderte Anschaffung: Bei gesonderter Anschaffung eines iVW sind die Kriterien durch den Anschaffungsvorgang hinreichend nachgewiesen, so dass diese grundsätzlich aktivierungspflichtig sind. Für den Ansatz entscheidend ist insofern, ob ein iVW im Sinne des IAS 38.8 vorliegt. – Erwerb im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses: Entscheidend für den Ansatz von im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbenen iVW ist, dass dieser im Rahmen der Kaufpreisallokation als iVW identifizierbar ist. Ist dies möglich, sind gemäß IAS 38.33 regelmäßig auch die anderen beiden Ansatzkriterien (Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses und Bewertbarkeit) erfüllt. Im Anhang des IFRS 3.IE16-44 findet sich eine detaillierte Übersicht über die identifizierbaren iVW. – Selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte: Für den Ansatz von selbst geschaffenen immateriellen Vermögenswerten ist zunächst zwischen solchen, die sich noch in der Forschungsphase und solchen, die sich (bereits) in der Entwicklungsphase befinden, zu differenzieren (o Forschung und Entwicklung). Ist eine solche Trennung nicht möglich, sind diese im Zweifel der Forschungsphase zuzurechnen. IVW, die

Ungeachtet der Ansatzpflicht bei Erfüllung der sechs Kriterien besteht gemäß IAS 38.63 für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare iVW ein Ansatzverbot. Mit SIC-32 wurde konkretisiert, wann die Kosten zur Erstellung einer unternehmenseigenen Internetseite aktivierungspflichtig und wann diese direkt als Aufwand zu erfassen sind. 3. Bewertung a) HGB. Aktivierte iVG sind im Zugangszeitpunkt mit den Anschaffungsbzw. Herstellungskosten zu bewerten 825

Vermögenswerte, immaterielle (hierzu ausführlich o Anschaffungs/Herstellungskosten). Folgende Besonderheiten sind bei der Definition bzw. Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von iVG nach HGB zu beachten: – Die Anschaffungskosten von im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbenen iVG entsprechen dem Zeitwert (o Fair Value) der dem iVG im Rahmen der Kaufpreisallokation zugeordnet wird. – Forschungskosten dürfen gemäß § 255 Abs. 2 HGB nicht aktiviert werden. Fraglich ist, ob dieses Verbot ausschließlich für die selbst geschaffenen iVG des Anlagevermögens gilt oder auch für solche des Umlaufvermögens. Sofern sich dieses Verbot auch auf iVG des Umlaufvermögens bezieht, wären nach Erlass des BilMoG die im Rahmen einer Auftragsforschung angefallenen Forschungskosten nicht als Teil der Herstellungskosten der unfertigen Leistungen im Umlaufvermögen aktivierungsfähig. Für die Folgebewertung von iVG ist nach HGB die sog. fortgeführte Anschaffungs-/Herstellungskostenmethode anzuwenden. Demnach sind abnutzbare iVG planmäßig abzuschreiben. Dies betrifft grundsätzlich alle iVG des Anlagevermögens, da deren Nutzung in der Regel zeitlich begrenzt ist (für die Bestimmung der Abschreibungsmethode und -dauer vgl. ausführlich o Abschreibungen). Darüber hinaus ist an jedem Abschlussstichtag zu prüfen, ob ein iVG außerplanmäßig abzuschreiben oder zuzuschreiben ist. IVG des Anlagevermögens sind zwingend außerplanmäßig abzuschreiben, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung dürfen iVG des Anlagevermögens hingegen nicht außerplanmäßig 826

abgeschrieben werden. IVG des Umlaufvermögens sind hingegen ungeachtet der Dauerhaftigkeit der Wertminderung außerplanmäßig abzuschreiben. Wertmaßstab für eine außerplanmäßige Abschreibung ist grundsätzlich der niedrigere beizulegende Wert (zur Konkretisierung: Abschreibungen). Sofern zu einem späteren Zeitpunkt der Grund für eine vorher vorgenommene außerplanmäßige Abschreibung wieder weggefallen ist, ist eine Zuschreibung geboten. Allerdings darf maximal bis zu den fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zugeschrieben werden. Seit Erlass des BilMoGs sind die Bewertungsregeln grundsätzlich unabhängig von der Rechtsform des bilanzierenden Unternehmens. Zudem sind rein steuerliche Abschreibungen durch die Streichung der umgekehrten o Maßgeblichkeit im handelsrechtlichen Abschluss nicht mehr möglich. b) IFRS. Wie nach HGB sind aktivierte iVW nach IFRS im Zugangszeitpunkt mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu bewerten (zur Definition und zu den Unterschieden zu HGB ausführlich: Anschaffungs-/Herstellungskosten). Folgende Besonderheiten sind bei der Definition bzw. Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von iVW nach IFRS zu beachten: – Die Anschaffungskosten von im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbenen iVW entsprechen dem Zeitwert (Fair Value) der dem iVG im Rahmen der Kaufpreisallokation zugeordnet wird. – Der Herstellungszeitraum und damit der Zeitraum, ab dem Entwicklungskosten aktivierungspflichtig sind, beginnen, wenn die sechs Ansatzkriterien (siehe oben) kumulativ erfüllt sind. Kosten die davor anfallen, sind als Aufwand im Periodenergebnis zu

Vermögenswerte, immaterielle erfassen und dürfen nicht nachträglich aktiviert werden. Für die Folgebewertung von iVW darf nach IAS 38 grundsätzlich zwischen der sog. Fortgeführten Anschaffungskostenmethode und der Neubewertungsmethode gewählt werden. Wobei dieses Wahlrecht jeweils für gleichartige Gruppen von iVW einheitlich und stetig auszuüben ist. Die Anwendung der Neubewertungsmethoden ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die iVW auf einem aktiven Markt gehandelt werden und hat somit geringe praktische Relevanz. Wird in Ausnahmefällen bei Erfüllung der Voraussetzung (z.B. bei Emissionsrechten) die Neubewertungsmethode angewandt, ist der iVW mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich späterer kumulierter planmäßiger Abschreibungen und Wertminderungen zu bewerten. Der beizulegende Zeitwert ist in regelmäßigen Abständen unter Bezug auf den aktiven Markt zu ermitteln. Werterhöhungen sind grundsätzlich erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis zu erfassen und in der Neubewertungsrücklage (Unterposition des Eigenkapitals) zu kumulieren, es sei denn, mit der Werterhöhung wird eine in der Vergangenheit im Gewinn oder Verlust erfasste Abwertung rückgängig gemacht. Wertminderungen sind hingegen grundsätzlich erfolgswirksam im Gewinn oder Verlust zu erfassen, es sein denn, eine Neubewertungsrücklage kann zunächst erfolgsneutral aufgelöst werden. Bei Anwendung der fortgeführten Anschaffungskostenmethode sind die iVW mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich späterer kumulierter planmäßiger Abschreibungen und Wertminderungen zu bewerten. Ein iVW ist sowohl bei Anwendung der Anschaffungskostenmethode als auch bei Anwendung der Neubewertungsmethode dann planmäßig abzuschreiben, wenn die Nutzungsdauer des iVW begrenzt ist. In

dem Fall sind die Nutzungsdauer und die Abschreibungsmethode unter Berücksichtigung des unternehmensindividuellen Nutzenverbrauchs zu bestimmen (ausführlich: Abschreibungen). Darüber hinaus ist an jedem Abschlussstichtag zu prüfen, ob eine Wertminderung gemäß IAS 36 vorzunehmen ist (o Impairment Test). Eine Wertminderung ist grundsätzlich immer dann zu erfassen, wenn der erzielbare Betrag, als der Höhere des Zeitwertes abzüglich Verkaufskosten und des Nutzungswertes, niedriger als der Buchwert ist. Dieser erzielbare Betrag ist allerdings grundsätzlich nur dann zu ermitteln, wenn es am Abschlussstichtag Hinweise auf eine mögliche Wertminderung gibt. Abweichend davon ist für selbst geschaffene iVW, die noch in der Entwicklung befindlich sind, sowie für iVW mit unbegrenzter Nutzungsdauer, der erzielbare Betrag mindestens einmal jährlich zu bestimmen. Sofern der erzielbare Betrag für einen einzelnen iVW nicht hinreichend zuverlässig bestimmbar ist, ist der Wertminderungstest gegebenenfalls auf Basis von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten vorzunehmen. Für mögliche Werterhöhungen ist analog zu verfahren. Allerdings darf bei Anwendung der fortgeführten Anschaffungskostenmethode wie nach HGB maximal bis zu den fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zugeschrieben werden. 4. Ausweis und Berichterstattung a) HGB. IVG des Anlagevermögens sind gemäß § 266 Abs. 2 HGB als erster Posten in der Bilanz auszuweisen und grundsätzlich wie folgt zu untergliedern: – selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte, – entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten, 827

Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VPöA) – Geschäfts- oder Firmenwert – Geleistete Anzahlungen. Die Untergliederung in diese vier Unterpositionen kann und wird regelmäßig statt in der Bilanz aus Übersichtlichkeit im o Anlagespiegel erfolgen. Bemerkenswert ist, dass anders als bei den Sachanlagen, eine Unterposition „iVG in der Entwicklung“ nicht vorgesehen ist. Insofern sind diese gemeinsam mit den bereits fertig gestellten und genutzten selbst geschaffenen iVG auszuweisen, sofern nicht freiwillig eine Differenzierung erfolgt. Für iVG des Umlaufvermögens ist keine separate Position im Umlaufvermögen vorgesehen, diese werden regelmäßig in den entsprechenden Unterpositionen des Vorratsvermögens ausgewiesen. Abgesehen von den allgemeinen Angaben zur Bilanzierung und Bewertung von iVG gemäß § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB bzw. § 313 Abs. 1 Nr. 1 HGB wird bezüglich der iVG von Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften nur folgende Angabe im o Anhang bzw. Konzernanhang gefordert, wobei kleine Unternehmen i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB diese Angabe gemäß § 288 Abs. 1 HGB nicht machen müssen: Gemäß § 285 Nr. 22 HGB bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 14 HGB ist im Fall der Aktivierung von selbst geschaffenen iVG des Anlagevermögens der Gesamtbetrag der Forschungs- und Entwicklungskosten des Geschäftsjahres sowie der davon auf die selbst geschaffenen iVG des Anlagevermögens entfallene Betrag. Sofern ein Unternehmen von dem Wahlrecht gemäß § 248 Abs. 2 HGB keinen Gebrauch macht, ist die Angabe der Forschungsund Entwicklungskosten im Anhang indes nicht geboten. Zudem haben alle Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften im o Lagebericht gemäß § 289 HGB bzw. dem Konzernla828

gebericht gemäß § 315 HGB über den Bereich der Forschung und Entwicklung zu berichten. b) IFRS. IVW sind gemäß IAS 1.54 als separate Position in der Bilanz auszuweisen. Eine weitere Untergliederung in der Bilanz wird nicht zwingend gefordert. Allerdings sind die zahlreichen Angaben im Anhang bzw. Konzernanhang gemäß IAS 38.118 ff. jeweils getrennt für Gruppen von gleichartigen iVW zu machen. Zudem wird gemäß IAS 38.126 unabhängig von der Aktivierung die Angabe der Summe der als Ausgabe für Forschung und Entwicklung gefordert. Das Regelwerk des IASB sieht bisher nicht die Erstellung eines Lageberichts vor. Allerdings müssen IFRS-Anwender mit Sitz in Deutschland einen solchen nach HGB erstellen und demnach wie oben dargestellt im Lagebericht über den Bereich Forschung und Entwicklung berichten. Lit.: Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der SG (Hrsg.): Kategorisierung und bilanzielle Erfassung immaterieller Werte, in DB 2001, S. 989995; Baetge, J./Kirsch, H./Thiele, S.: Bilanzen, 10. Aufl., 2009; Baetge, J./von Keitz, I.: IAS 38, in: Baetge, J. et al. (Hrsg.): Rechnungslegung nach IFRS, Loseblattsammlung (Stand: Juli 2010); von Keitz, I.: Immaterielle Güter in der internationalen Rechnungslegung, 1997; Möller, K./Piwinger, M./Zerfaß, A. (Hrsg.): Immaterielle Vermögenswerte: Bewertung, Berichterstattung und Kommunikation, 2009; Wulf, I.: Immaterielle Vermögenswerte nach IFRS, 2008. Isabel von Keitz Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VPöA) Die VPöA regelt, zu welchen Preisen öffentliche Aufträge abzurechnen sind. Sie enthält als Anlage die o Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP).

Verrechnungspreise Verrechnete Plankosten o Plankosten Verrechnungspreise 1. Begriff und Funktionen Ähnlich dem Marktpreis als Entgelt für eine Wareneinheitsmenge stellt der V. (auch Lenkungs- oder Transferpreis) einen innerhalb einer Wirtschaftseinheit (Unternehmung) geltenden Wertmaßstab für den Austausch (innerbetrieblicher) Waren, Güter und Leistungen dar (vgl. auch die Übersichtsarbeiten von Göx/Schiller 2006, Pfaff/Pfeiffer 2004). V. fungieren vielfach als Rechenmittel, nicht aber als Zahlungsmittel. D.h. es kommt generell nicht zum Austausch von Geld gegen Leistung. Die Idee, unternehmensintern einen Markt für innerbetrieblich ausgetauschte Lieferungen und Leistungen zu rekonstruieren, wurde unter anderem bereits von Eugen Schmalenbach formuliert, der 1903 mit der Schrift „Die V. in großindustriellen Betrieben“ habilitierte. Organisationstheoretisch wird durch V. ein Markt für innerbetriebliche Leistungen imitiert, der gerade durch die Organisation der Unternehmung als hierarchische Einheit ausgeschlossen wurde. Vordergründig erscheint diese Argumentation problematisch zu sein. Denn ist eine vollständige Integration von Bereichen in eine Wirtschaftseinheit ökonomisch nicht vorteilhaft, könnte auf die Koordinationsfähigkeit des Marktes vertraut und die Wirtschaftseinheit in ihre Einzelteile zerlegt werden (vgl. Frese 2000, S. 232 ff.; Neus 1997). Dem gegenüber wird argumentiert, dass die Vorteile von V. in der Nutzung innerbetrieblicher Synergien bzw. der Steuerung und Koordination von Anreizproblemen und spezifischer Investitionen bestehen, die über Markttransaktionen alleine nicht erzielbar sind (Williamson 1975, S. 82 ff.). V. besitzen eine Reihe zum Teil konfliktärer Funktionen (vgl. etwa Ewert/Wagenhofer 2007, S. 575 ff.):

– Erfolgsermittlungsfunktion – Koordinations- und Lenkungsfunktion – Kalkulations- und Preisrechtfertigkeitsfunktion – Kalkulations- und bilanzielle Bewertungsfunktion – Steueroptimierungsfunktion a) Erfolgsermittlungsfunktion. Da V. buchhalterisch Erlöse für die liefernde Organisationseinheit und Kosten für die beziehende Einheit darstellen, kann mit V. aufgezeigt werden, wie viel eine Organisationseinheit zum Gesamterfolg beiträgt. Die Erfolgsermittlung dient als Grundlage für viele innerbetriebliche Entscheidungen, wie z.B. Eigenfertigung oder Fremdbezugs-, Mittelzuweisungsund Leistungsbeurteilungsentscheidungen. b) Koordinations- und Lenkungsfunktion. Da bei Dezentralisierung von innerbetrieblichen Entscheidungen die Organisationseinheiten selbstständig unternehmerisch agieren, achten sie bei ihren Entscheidungen nur auf die Auswirkungen auf ihre eigene Organisationseinheit, auch wenn dadurch Externalitäten für andere Einheiten oder das Gesamtunternehmen generiert werden. Mit geeigneten V. kann diese Problematik entweder gelöst oder zum Teil abgemildert werden, so dass dezentral Entscheidungen im Sinne des Gesamtunternehmens getroffen werden. c) Kalkulations-, Preisrechtfertigungs- und bilanzielle Bewertungsfunktion. V. werden öfters auch zur internen Kostenallokation und Kalkulation, wie etwa zur Rechtfertigung von Preisen bei (öffentlichen) Aufträgen verwendet (Pfaff/Weber 1998). Auch im Rahmen der regulatorischen Rechnungslegung, wie z.B. im Post- oder Elektrizitätswesen, dienen Segmentergebnisse als Grundlage für die Preisregulierung oder für die Ermittlung von Subventionen. V. 829

Verrechnungspreise werden zur Ermittlung von Herstellungskosten für die handelsrechtliche und steuerliche Bewertung von fertigen und unfertigen Produkten herangezogen. d) Steueroptimierungsfunktion. In einem Konzern können durch Erhöhung des V. o Gewinne zwischen juristisch selbstständigen Gesellschaften von der leistenden zur beziehenden Gesellschaft verlagert werden (und vice versa). Besitzen die Gesellschaften unterschiedliche Rechtsformen oder liegt der Sitz in Gebieten mit unterschiedlichen Steuerbelastungen, so kann innerhalb gewisser juristischer Regelungen über die Verrechnungspreispolitik der Steueraufwand optimiert werden (vgl. Lengsfeld 2005). Da die obigen Funktionen z.T. konfliktär sind, erfordert eine optimale Festlegung von V. entweder ein Abwägen der Auswirkungen auf die verschiedenen Funktionen oder den Einsatz verschiedener Verrechnungspreisverfahren gemäß dem Grundsatz „different costs for different purposes“. Letzteres Vorgehen wird oft von multinationalen Unternehmen angewendet, indem sie für steuerliche Zwecke andere V. als zur internen Steuerung nützen. 2. Verfahren In Theorie und Praxis hat sich eine Einteilung von V. nach nachfolgenden drei Grundtypen eingebürgert: – marktpreisorientierte V. – kostenorientierte V. – verhandlungsbasierte V. a) Markpreisorientierte V. Eine naheliegende Möglichkeit zur Festlegung von V. besteht darin, einen beobachtbaren Marktpreis (eventuell auch geeignet modifiziert) für eine möglichst äquivalente Leistung zu verwenden. Prinzipiell kann unterschieden werden, ob der Marktpreis vom Unternehmen beeinflussbar ist oder nicht. 830

Exogene, vom Unternehmen nicht beeinflussbare Marktpreise: Ein nicht beeinflussbarer Marktpreis stellt einen optimalen V. dar, wenn der Markt (weitgehend) vollkommenen ist. Voraussetzungen dafür sind unter anderem, dass viele Anbieter und Nachfrager am Markt agieren sowie ein homogenes Gut gehandelt wird (Hirshleifer 1956). Ist der Markt nicht vollkommen, so kann unter Umständen durch entsprechende Anpassungen ein geeigneter Verrechnungspreis gefunden werden. Wird etwa der Marktpreis von einem zum Unternehmen nicht in Verbindung stehenden Monopolisten festgelegt, so lassen sich die Stückkosten durch einen Abschlag in Höhe des Monopolaufschlages zurückrechnen. In der Praxis sind innerbetriebliche Leistungen jedoch häufig spezifisch und die Auswahl geeigneter V. hängt daher von vielen Kontextfaktoren ab, sodass geeignete Marktpreise nur schwer zu finden sind. In der betrieblichen Praxis ist es daher häufig schwierig, eindeutig zu bestimmen, welcher Marktpreis als V. verwendet werden soll. Ein in der Literatur oftmals genannter Vorteil von Marktpreisen, die Objektivierbarkeit bei der Bestimmung, ist deshalb nur bedingt gegeben. Der Markt dient nur als fiktiver Referenzpunkt, da er nicht genutzt wird. Marktpreisorientierte V. erfüllen die Erfolgsermittlungsfunktion mit dem vom Unternehmen ausgewählten Markt als Referenzpunkt. Marktpreisorientierte V. basieren auf der Annahme, dass zwischen den Organisationseinheiten keine Synergieeffekte existieren. Bestehen Synergien, können diese oftmals nur unzureichend realisiert werden. Die Lenkungsfunktion ist dann nur bedingt erfüllt. Endogene, vom Unternehmen beeinflussbare Marktpreise: Können Marktpreise von der liefernden Organisationseinheit beeinflusst werden, besteht die Gefahr, dass die liefernde Organisationseinheit den Marktpreis, auf Kosten des abnehmenden Bereichs, zu ihren Gunsten

Verrechnungspreise manipuliert. Liegen Engpasskapazitäten vor, kann dies disziplinierend wirken und sich eine Manipulation des Marktpreises für die liefernde Organisationseinheit als nicht optimal erweisen (Baldenius/Reichelstein 2006). b) Kostenorientierte V. Für den Fall, dass adäquate Marktpreise nicht existieren, wird oftmals vorgeschlagen, V. auf Basis von Kosten zu bestimmen. Die Klasse der kostenorientierten V. umfasst eine relativ heterogene Gruppe verschiedenster Verrechnungspreistypen. Dabei wird unterschieden, ob die V. auf Basis von – Grenz-, Voll- und Opportunitätskosten – Standard- versus Istkosten gebildet werden. Grenz-, Voll- und Opportunitätskosten: Grenz- plus Opportunitätskosten werden häufig als Lösung für Lenkungsaufgaben bei sachlichen Koordinationsproblemen vorgeschlagen, wenn von Verhaltensunsicherheitsproblemen abstrahiert wird. So stellte etwa Schmalenbach (1947, 1948) bereits folgende Regel auf: Der richtige V. ist bei Vorliegen von Engpässen in Höhe des Grenznutzens anzusetzen. Die Frage der Grenznutzenbestimmung beantwortete Schmalenbach für den Fall eines knappen Faktors mit Hilfe des von ihm entwickelten spezifischen Deckungsbeitrages. Die Entwicklung der Dualitätstheorie im Operations Research ermöglichte eine exakte allgemeine Bestimmung der Opportunitätskosten. In seinen Preistheoremen für lineare Optimierungsprobleme zeigte Koopmans (1951) als Erster, dass gerade die zum Optimierungsproblem gehörenden KuhnTucker-Bedingungen angeben, wann V. existieren. In diesem Zusammenhang wurde generell erkannt, dass die Verrechnungspreisbestimmung äquivalent zur Ermittlung des zur Ausgangssituation dualen Problems ist. Allerdings ergibt

sich dabei das Problem, dass die optimalen Bereichsentscheidungen bei der Ermittlung der V. mitbestimmt werden, wodurch eine Steuerung dezentraler Entscheidungen mit Hilfe von V. überflüssig wird (Dilemma der pretialen Lenkung). Für den Extremfall einer linearen Kostenfunktion und einer linearen Technologie ohne Engpässe können die optimalen V. über eine Verrechnung der Stückkosten entsprechend dem mathematischen Gleichungsverfahren der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung bestimmt werden. Dabei erhalten die beziehenden Bereiche i.d.R. den gesamten Vorteil aus der gemeinsamen Tätigkeit, während die liefernden Bereiche ihre Stückkosten, aber nicht ihre Fixkosten vergütet bekommen. Die Erfolgsermittlungsfunktion ist damit nicht sinnvoll erfüllt. Wird der V. in Höhe der Vollkosten des leistenden Bereichs festgelegt, so erhält dieser gerade seine Produktionskosten ersetzt. Je nachdem wie die Fixkosten verrechnet werden, können jedoch Produktionsanreize verzerrt werden, wodurch der Gesamterfolg reduziert wird. Werden Fixkosten en bloc verrechnet, so entstehen keine Fehlanreize (Poensgen 1973, S. 513 ff.). Werden sie hingegen proportionalisiert auf Basis von Normalmengen verrechnet, so entsteht eine Unterproduktionsproblematik, da Mehrkosten pro Stück verrechnet werden. Wird jedoch auf Basis von Istmengen proportionalisiert und verrechnet, entsteht keine Unterproduktionsproblematik, da die Fixkosten entscheidungsirrelevant sind (Pfeiffer/Wielenberg 2008). Als Grundlage für Entscheidungen sind Vollkosten nur bedingt geeignet. In der Praxis sind jedoch Vollkostenrechungen sehr verbreitet, wie etwa bei Kostenstellenrechungen. Vollkosten werden oftmals als Approximation der langfristig veränderlichen Kosten oder Opportunitätskosten interpretiert. 831

Verrechnungspreise Bei einer Gegenüberstellung von Standard- versus Istkosten kann folgendes festgehalten werden: Bei standardkostenbasierten V. werden V. auf Basis der geplanten Kosten bestimmt. Ein oft genannter Nachteil bei Standardkosten besteht darin, dass der beziehende Bereich von den tatsächlichen realisierten Kosten isoliert wird und daher nicht adäquat auf eine Veränderung dieser reagiert. Liegen die Standardkosten etwa über (unter) den Iststückkosten, entsteht eine Unterproduktionsproblematik (Überproduktionsproblematik) (vgl. Ewert/Wagenhofer 2007, S. 595). Da aber eine positive wie auch negative Kostenabweichung bei dem leistenden Bereich anfällt, besitzen Standardkosten den Vorteil, dass sie Anreize zur wirtschaftlichen Leistungserstellung bzw. Kostenreduktion induzieren. Ein V. auf Basis der realisierten Istkosten (Stück- bzw. Vollkosten) deckt exakt die im leistenden Bereich entstandenen Kosten ab. Werden Istkosten auf Basis von Teilkosten verrechnet, scheinen Istkosten den Vorteil zu besitzen, dass der beziehende Bereich von den Istkosten nicht isoliert wird und seine Entscheidungen auf diese basieren kann (vgl. Löffler et al. 2010). In der Praxis wird jedoch oft kolportiert, dass der beziehende Bereich seine Kosten zu spät kennt und daher das gesamte Kostenrisiko tragen muss (vgl. etwa Eccles 1983, S. 8). Ein weiteres Problem mit Istkosten besteht darin, dass für den liefernden Bereich kein Anreiz zu einer wirtschaftlichen Leistungserstellung bzw. Kostenreduktion besteht, wenn exakt die auftretenden Kosten intern verrechnet werden. Zur Lösung dieser Problematik werden in der Praxis verschiedene Kostenaufschlagssätze (cost-plus-pricing) diskutiert, bei denen der liefernde Bereich neben den (Ist-)Kosten auch einen Gewinnaufschlag erhält. Dafür sind eine Reihe von Verfahren, wie etwa additive, multiplikative oder umsatz- beziehungsweise deckungsbeitragsbezogene Auf832

schlagsätze, entwickelt worden. Es lässt sich zeigen, dass Kosten mit Gewinnaufschlag die optimale Lösung für Anreizund spezifische Investitionsprobleme darstellen (vgl. Amershi/Cheng 1990; Wagenhofer 1992; Löffler et al. 2010; Pfeiffer/Schiller/Wagner 2011). c) Verhandlungsbasierte V. Wenn kein Marktpreis vorhanden ist, kann die Unternehmung als Extremlösung einen internen Markt simulieren, indem sie die Bereiche selbstständig Preise und Mengen aushandeln lässt. Bei dieser Lösung besitzen die Bereiche größtmögliche Autonomie, sie können ihre bessere dezentrale Information über die Entscheidungssituation nützen, um zu einer optimalen Lösung zu gelangen. Allerdings hängt der V. sehr stark von der Verhandlungsmacht sowie den privaten Informationen der beteiligten Bereichsmanager ab. Die Zentrale kann die Verhandlungsmacht und den Informationsstand nur über organisatorische Rahmenbedingungen beeinflussen. Der Einsatz verhandelter V. wird oft bei speziellen, einmaligen Transaktionen vorgeschlagen. Ein Hauptproblem, welches bei verhandelten V. oft thematisiert wird, ist, dass sie zu innerbetrieblichen Konflikten führen können, die sich auch auf andere Entscheidungen im Unternehmen auswirken. Verhandlungsbasierte V. haben auch den Nachteil, dass zuvor getroffene Entscheidungen im Rahmen der Verhandlungen entscheidungsirrelevant sind und daher im V. nicht geltend gemacht werden können. Ein Beispiel dafür sind etwa zuvor getätigte spezifische Investitionen (vgl. Baldenius 2000; Baldenius/Reichelstein/Sahay 1999). Lit.: Amershi, A./Cheng, P.: Intrafirm Resource Allocation: The Economics of Transfer Pricing and Cost Allocation in Accounting, in: CAR 1990, Jg. 7, S. 61-99; Baldenius, T.: Intrafirm Trade, Bargaining Power, and Specific Investments, in: RASt 2000, Jg. 5, S. 27-56;

Verschuldungsgrad, dynamischer Baldenius, T./Reichelstein, S./Sahay, S.: Negotiated versus cost-based transfer pricing. RASt 1999, 67-91; Baldenius, T./Reichelstein, S.: External and Internal Pricing in Multidivisional Firms, in: JAR 2006, S. 1-28; Eccles, J.: Expectancies, values, and academic choice: Origins and changes, in: Spence J. (Hrsg.): Achievement and achievement motivation, 1983, S. 87-134; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2007; Frese, E.: Grundlagen der Organisation, 8. Aufl., 2000; Göx, R./Schiller, U.: An Economic Perspective on Transfer Pricing, in: Chapman, C./Hopwood, A./Shields, M. (Hrsg.): Handbook of Management Accounting Research, 2006, S. 673-693; Hirshleifer, J.: On the Economics of Transfer Pricing, in: JoB 1956, S. 172-184; Koopmans, T.C.: Analysis of Production as an Efficient Combination of Activities, in: Koopmans, T.C. (Hrsg.): Activity Analysis of Production and Allocation, 1951, S. 3397; Lengsfeld, S.: Verrechnungspreise und Organisationsstrukturen in multinationalen Unternehmen – Zum Erkenntnisstand formaltheoretischer Analysen, in: BFuP 2005, S. 137-155; Löffler, C. et al.: Zentralisierung, Transferpreise und spezifische Investitionen: Ein selektiver Verfahrensvergleich, erscheint in: ZfbF 2011; Neus, W.: Verrechnungspreise – Rekonstruktion des Marktes innerhalb der Unternehmung?, in: DBW 1997, S. 38-47; Pfaff, D./Pfeiffer, T.: Verrechnungspreise und ihre formaltheoretische Analyse: Zum State of the Art, in: DBW 2004, S. 296-319; Pfaff, D./Weber, J.: Zweck der Kostenrechnung?, in: DBW 1998, S. 151-165; Pfeiffer, T./Schiller, U./Wagner, J.: Cost-based Transfer Pricing, erscheint in: RASt 2011; Pfeiffer, T./Wielenberg, S.: Verbessern Periodenabgrenzungen die Fähigkeit von Verrechnungspreisverfahren zur Lösung spezifischer Investitionsprobleme?, in: ZfB 2008, S. 1143-1164; Poensgen, H.:

Geschäftsbereichsorganisation, 1973; Schmalenbach, E.: Pretiale Wirtschaftslenkung Bd. 1: Die optimale Geltungszahl, 1947; Schmalenbach, E.: Pretiale Wirtschaftslenkung Bd. 2: Die pretiale Lenkung des Betriebes, 1948; Wagenhofer, A.: Verrechnungspreise zur Koordination bei Informationsasymmetrie, in: Spreemann, K./Zur, E. (Hrsg.): Controlling – Grundlagen, Informationssysteme, Anwendungen, 1992, S. 637-656; Williamson, O.: Markets and Hierarchies. Analysis and Antitrust Implications, 1975. Clemens Löffler/ Thomas Pfeiffer Verrechnungssatzkalkulation o Kalkulationsverfahren, bei dem die o Gemeinkosten über Verrechnungssätze pro in Anspruch genommener Leistungseinheit (z.B. Maschinenstundensätze) verteilt werden. Versagter Bestätigungsvermerk o Bestätigungsvermerk Verschmelzung o Fusion Verschmelzungsmehrwert Der Betrag, um den die Gegenleistung der übernehmenden Gesellschaft bei einer Verschmelzung den Buchwert des übernommenen Reinvermögens aus der Schlussbilanz übersteigt. Der V. schlägt sich bilanziell als o Geschäftswert bzw. Goodwill nieder. Verschmelzungsprüfung o Sonderprüfungen Verschuldungsgrad Kennzahl, die bei der o Bilanzanalyse über die o Kapitalstruktur eines Unternehmens informiert. Der V. wird als Quotient aus o Fremdkapital und o Eigenkapital ermittelt. Verschuldungsgrad, dynamischer = Tilgungsdauer = Entschuldungsdauer 833

Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der Bei der o Bilanzanalyse eingesetzte Kennzahl zur Beurteilung der Finanzlage eines Unternehmens, die die Anzahl der Jahre angibt, die das Unternehmen c.p. benötigen würde, um aus der Innenfinanzierung durch den Umsatzprozess die o Verbindlichkeiten zu tilgen. Der d. V. wird als Quotient aus Verbindlichkeiten und o Cashflow gebildet. Lit.: Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 1077. Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der 1. Einführung und Überblick Unter V. werden i.d.R. Unternehmen der Vertrags-, Privat- oder Individualversicherung verstanden. Solche V. gibt es in Deutschland in den Rechtsformen AG, SE (Societas Europaea), VVaG (Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) und öffentlich-rechtliches V. Dieser Beitrag behandelt demnach nicht Sozialversicherungsträger und ähnliche Einrichtungen, obwohl dort zum Teil vergleichbare Verhältnisse vorliegen. Sein Schwerpunkt liegt beim internen (o Management Accounting) und externen Rechnungswesen (Rechnungslegung); kurz werden auch Controlling, Prüfung und Besteuerung angesprochen. V. weisen – nicht nur im Rechnungswesen – zahlreiche Besonderheiten auf. Diese beruhen einerseits auf den Charakteristika des Produkts Versicherungsschutz und der entsprechenden Geschäftsprozesse und andererseits auf der – wegen dieser Charakteristika weltweit bestehenden – sog. Versicherungsaufsicht. Darunter ist ein Überwachungssystem in Verbindung mit speziellen Vorschriften zu verstehen, die im EWR durch einschlägige Richtlinien geprägt sind. In Deutschland (und Österreich) sind sie hauptsächlich im VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) enthalten; zuständige Behörde ist in Deutschland in 834

erster Linie die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), in Österreich und Liechtenstein die jeweilige FMA (Finanzmarktaufsicht). Die Zusammenarbeit zwischen Versicherungs-, Bank- und Wertpapieraufsicht ist wegen der sog. Allfinanz-Konzerne wichtig; im EWR erfolgt sie ebenso wie die Versicherungsaufsicht auch staatenübergreifend. Für die Schweiz gilt nur ein Teil der erwähnten Richtlinien, die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA arbeitet aber eng mit ihren Schwesterbehörden im gesamten deutschsprachigen Raum zusammen. 2. Teile des Rechnungswesens, ihre Aufgaben und ihre Beziehungen Im Gegensatz zu einem internen muss jedes V. über ein externes Rechnungswesen verfügen: ein Buchführungssystem, aus dem die Jahresabschlüsse und in weiterer Folge gegebenenfalls die Konzernabschlüsse entwickelt werden, sowie eine ergänzende Berichterstattung an die Aufsichtsbehörde. Diese Berichterstattung heißt in Deutschland verwirrenderweise „interne Rechnungslegung“ (vgl. § 55a VAG). Da sie sehr detailliert zu erfolgen hat, ist das Interesse vieler, vor allem kleiner V. an zusätzlichen internen Rechnungen im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen relativ gering. Bei V., die nicht über ein geschlossenes System des internen Rechnungswesens verfügen, gibt es keine scharfen Grenzen zwischen externem und internem Rechnungswesen. Zumindest Strukturen einer Kostenrechnung existieren jedoch stets, weil sie für die Jahresabschlusserstellung benötigt werden (so wie in Industrieunternehmen zur Herstellungskostenermittlung, o Anschaffungs- und Herstellungskosten); die Betriebsaufwendungen müssen nämlich in der o Gewinn- und Verlustrechnung – international weitgehend einheitlich – Funktionsbereichen zugeordnet werden (ähnlich dem Umsatzkostenverfahren),

Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der und häufig sind auch entsprechende Angaben für Versicherungszweige bzw. -sparten vorgeschrieben. Vergleichbare Zurechnungsprobleme stellen sich bei gemeinsamer Aufgabenerfüllung für mehrere rechtlich selbständige V., vor allem bei Konzernbildung aufgrund der sog. Spartentrennung, wonach – abgesehen von alten Rechten – das Betreiben der Lebensversicherung und verwandter Versicherungszweige (hauptsächlich Krankenversicherung) vom Betreiben anderer Versicherungszweige ausschließt (o Verrechnungspreise). Auch wenn häufig mit Aufwendungen und nicht mit Kosten gerechnet wird, ist der Einsatz kostenrechnungsähnlicher Systeme für Planungs-, Budgetierungs-, Steuerungs- und Kontrollzwecke weit verbreitet (o Plankostenrechnung, o Budgetierung, o Controlling). Fast immer besteht eine Vollkostenrechnung, kombiniert mit unterschiedlichen Stufen von Deckungsbeiträgen (o Deckungsbeitragsrechnung). Alle gängigen o Kostenrechnungssysteme einschließlich der o Prozesskostenrechnung werden angewandt. Üblicherweise werden zahlreiche Kennzahlen ermittelt. Große Bedeutung besitzen darüber hinaus Statistiken einerseits über Versicherungsbestände und Vertragsabschlüsse, andererseits über Schadenfälle und die daraus resultierenden Zahlungen. Schadendaten gehen auch in überbetriebliche Statistiken, vor allem auf Verbandsebene, ein, um verlässlichere Schadentafeln als Grundlage der Prämienkalkulation zu erhalten (die allgemein bekannten Sterbetafeln enthalten demgegenüber nur Daten über die Häufigkeit von Todesfällen). Jener Teil der Prämie, der den zu erwartenden Schadenzahlungen entspricht, wird – häufig einschließlich eines Sicherheitszuschlags – als Bedarfs-, Risiko- oder Nettoprämie bezeichnet; die Ermittlung dieser Prämienteile für alle Versicherungsprodukte bildet die be-

tragsmäßig bedeutungsvollste Aufgabe des internen Rechnungswesens in V. (wenn man sie nicht per definitionem ausgrenzt). Für das V. kommt es vor allem auf die Schadenerwartung aus dem gesamten Versicherungsbestand an; deshalb gelangen nicht nur die Versicherungsmathematik, sondern auch Ansätze und Modelle der (mathematischen) Risikotheorie zum Einsatz. Wichtig für V. ist auch die Liquiditätsund o Finanzplanung. Wegen des – abgesehen von Immobilien – ganz geringen Umfangs von Sachanlagen kommt der klassischen o Investitionsrechnung dagegen weit unterdurchschnittliche Bedeutung zu. In den letzten Jahrzehnten ist jedoch ein Trend zu unternehmenswertbezogenen Rechnungen zu beobachten (o Shareholder Value-Konzept). Der Wert eines V. (oft: Appraisal Value) schließt nicht nur den Barwert künftiger Gewinne aus bereits abgeschlossenen Verträgen (Embedded Value), sondern auch den Barwert der erwarteten Gewinne aus dem zukünftigen Neugeschäft (Renewal Value) ein. Aus Sicht der Aktionäre ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass in der Lebensversicherung ein Großteil der Gewinne – die hauptsächlich aus der langfristigen Kapitalveranlagung herrühren – den Versicherungsnehmern gutgeschrieben, d.h. zu Fremdkapital wird. Unabhängig davon, inwieweit das Controlling als Bestandteil des (internen) Rechnungswesens angesehen wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Risikosteuerung bzw. das Risikocontrolling (o Risikomanagement) im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen überdurchschnittlich wichtig ist. Dazu gehören auch die Gestaltung der Rückversicherung („Versicherung der Versicherung“) und die das Risikokapital betreffenden Dispositionen. Das Risikokapital, die sog. Risikoreserve im Sinne der Risikotheorie, entspricht im Wesentlichen dem 835

Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der Eigenkapital des V. Zu dessen Bemessung kann u.a. das Konzept des o Value at Risk eingesetzt werden; dieser Begriff umschreibt den mit einer vorgegebenen (kleinen) Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Verlust innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Ceteris paribus sinkt bei zunehmender Aggregation von Geschäftsfeldern das benötigte Risikokapital. 3. Besonderheiten der Kosten- und Erlösrechnung a) Versicherungsspezifische Kostenarten. Die quantitativ bei weitem bedeutendste Kostenart bilden die Schadenkosten (wenn man nicht der in der Praxis ebenfalls verbreiteten Terminologie folgt, die die „Schäden“ den „Kosten“ gegenüberstellt und unter diesen nur die sog. Betriebskosten versteht, bei denen die Personalkosten dominieren). Zur Problematik der Ermittlung der Schadenkosten wird im nächsten Unterabschnitt Stellung genommen. Als Rückversicherungskosten wird i.d.R. der Saldo aller die Abrechnungsperiode bzw. den betrachteten Geschäftsbereich betreffenden Zahlungen zwischen V. und Rückversicherern mit Ausnahme der (anteiligen) Schadenvergütungen der Rückversicherer angesehen. Diese werden dementsprechend als durchlaufende Posten behandelt, d.h. die Schadenkosten werden „für eigene Rechnung“ (d.h. abzüglich des Anteils der Rückversicherer) statt „brutto“ (d.h. vor Abzug dieses Anteils) angesetzt. Provisionen bzw. Courtagen, mit denen Versicherungsvertreter bzw. Versicherungsmakler entlohnt werden, sind zwar nur in einem gewissen Sinn versicherungsspezifisch, besitzen aber in V. überdurchschnittliche Bedeutung. Ebenso wie Schaden- und Rückversicherungskosten lassen sie sich einzelnen Kostenträgern (Versicherungsverträgen) 836

zum Großteil verursachungsgerecht zurechnen. Nur selten werden selbsterstellte immaterielle Potentiale aktiviert und abgeschrieben. Vertragsabschlüsse stellen aber z.B. solche Potentiale dar: Die Abschlussprovisionen und anderen Abschluss„kosten“ bilden Investitionen für die gesamte (erwartete) Vertragslaufzeit. Werden sie – wie es in der Rechnungslegung (mit gewissen Einschränkungen bei der Lebensversicherung in Form der sog. Zillmerung) weitgehend üblich ist – in voller Höhe der Periode des Vertragsabschlusses oder dem ersten Vertragsjahr zugeordnet, entstehen bei einer Vergrößerung des Versicherungsbestandes „schlechte“ Periodenergebnisse, obwohl sich die Erfolgsposition des V. dadurch nachhaltig verbessert, wenn das Neugeschäft Gewinne erwarten lässt. b) Besonderheiten der Kostenträger/Erlösträger- und der Kostenträgererfolgsrechnung. Die wichtigsten Kostenund Erlösträger sind die Versicherungsverträge. Meist erstrecken sie sich über mehrere Geschäftsjahre, oft sogar über Jahrzehnte, besonders in der Lebens- und der Krankenversicherung. Die bekannten Probleme der Gemeinkostenschlüsselung (o Gemeinkostenmanagement) erhalten daher eine zusätzliche Dimension. Bei der Ermittlung der variablen Kosten ist zu berücksichtigen, dass sie sich aus einem vertragsgrößenfixen (z.B. Policenausdruck und -versand) und einem vertragsgrößenvariablen Teil (z.B. Aufsichtsgebühr) zusammensetzen. Variable Kosten werden u.a. zur Bestimmung von Prämienuntergrenzen, also zur Unterstützung der für V. zentralen Entscheidungen betreffend die Übernahme oder Ablehnung von Risiken benötigt. Plankalkulationen und -erfolgsrechnungen enthalten zwingend Schadenerwartungswerte. Da sich nur schwierig abschätzen lässt, inwieweit tatsächlich eingetretene Schäden darauf hindeuten, dass

Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der die Erwartungen korrigiert werden müssen, lassen sich kaum aussagefähige Erfolge abgelaufener Perioden ermitteln. Sollen dazu Schaden-Istwerte herangezogen werden, bietet sich eine Orientierung am Jahresabschluss an, für den die nach dem Abschlussstichtag zu leistenden Zahlungen für bis zu diesem Stichtag eingetretene Schäden geschätzt werden müssen (Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle). Dieser zufallsgeprägte Erfolg besitzt freilich nur geringe prognostische Relevanz und eignet sich nicht zur Beurteilung von Entscheidungsträger(inne)n. Überhaupt nicht aussagefähig sind auf diese Weise berechnete Erfolge einzelner Kostenträger; auch bei Betrachtung von Kollektiven stellt sich das Problem des adäquaten Umgangs mit Großschäden (deren immer noch verbreitete ersatzlose Eliminierung ist in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend). Kollektive werden traditionell nach Versicherungszweigen bzw. -sparten gebildet; als strategische Geschäftsfelder und als Profit Center erscheinen jedoch kundengruppenbezogene Marktsegmente wesentlich besser geeignet. Die Kapitalanlageerträge wurden lange Zeit nur bei langfristigen Verträgen, vor allem in der Lebensversicherung, in der Prämienkalkulation (pauschaliert) berücksichtigt. Angesichts ihrer großen Bedeutung (vgl. dazu gleich) ist ihre Nichteinbeziehung in das interne Rechnungswesen aber kaum vertretbar. Ihre Zuordnung zu einzelnen Kostenträgern (Zinsträgern) und zu weiteren Stufen einer o Deckungsbeitragsrechnung ist annähernd verursachungsgerecht möglich; auszugehen ist dabei von den jeweiligen Zahlungsströmen bzw. der jeweiligen Kapitalbindung. 4. Besonderheiten der Rechnungslegung a) Bilanzbild – grundlegende Zusammenhänge. Den Großteil der Aktivseite der Bilanz von V. nehmen die Kapitalanlagen ein. Sie besitzen zu einem erhebli-

chen Teil langfristigen Charakter, müssen aber zum Teil sehr kurzfristig verfügbar sein; da die Fristigkeit maßgeblich von der Häufigkeit großer Schäden abhängt, die für kurze Zeiträume schlecht prognostizierbar ist, entfällt die übliche Aufgliederung in Anlage- und Umlaufvermögen. Kapitalanlagen ergeben sich aus drei Gründen: weil die Prämienzahlung im Voraus üblich ist, weil die Abwicklung der Schadenfälle Zeit in Anspruch nimmt und weil viele Versicherungsverträge – vor allem in der Lebensversicherung – Sparkomponenten enthalten, sodass ständig umfangreiche Verpflichtungen gegenüber Versicherungsnehmern bestehen, wenngleich deren genaue Höhe und Fälligkeit zum Teil unsicher sind; dementsprechend dominieren die sog. versicherungstechnischen Rückstellungen die Passivseite der Bilanz. Dazu kommt die Anlage des Eigenkapitals. Wenn nicht außerordentlich hohe Schadenfälle eintreten, haben V. kein Finanzierungs-, sondern ein Investitionsproblem, wobei die besondere Herausforderung in der Abstimmung der Kapitalanlage auf die Zusammensetzung und die zeitliche Struktur der Verpflichtungen liegt („Asset-Liability-Management“). Für die Anlage des die Ansprüche von Versicherungsnehmern verkörpernden Fremdkapitals, besonders der versicherungstechnischen Rückstellungen, insb. der sog. Deckungsrückstellung, der die größte Bedeutung zukommt, bestehen i.d.R. aufsichtsrechtliche Vorschriften. Das VAG hebt im Rahmen des sog. gebundenen Vermögens das sog. Sicherungsvermögen hervor (§ 66; es hieß früher und heißt heute noch in Österreich „Deckungsstock“); für fonds- und indexgebundene Lebensversicherungen (vgl. dazu den nächsten Unterabschnitt) wird das Sicherungsvermögen als „Anlagestock“ bezeichnet (§ 54b). Für das gesamte gebundene Vermögen, insb. das Sicherungsvermögen, gelten Kapitalan837

Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der lagebeschränkungen (vgl. § 54; siehe auch o Bonitätsprüfung bei Schuldscheindarlehen). Das Sicherungsvermögen ist gesondert zu verwalten und „aufzubewahren“; in der Lebensversicherung und verwandten Versicherungszweigen darf darüber nur mit Zustimmung eines Treuhänders verfügt werden. Frei veranlagt werden darf im Wesentlichen das Eigenkapital. Für dessen Mindesthöhe bestehen aufsichtsrechtliche Vorgaben in Form der sog. Solvabilitätsvorschriften. Sie sollen die sog. Solvenz der V. gewährleisten, d.h. die Fähigkeit, ihre Verpflichtungen termingerecht zu erfüllen. Die Solvabilitätsvorgaben müssen auch auf Konzernebene und staatenübergreifend eingehalten werden. Die Abschlussanalyse (o Bilanzanalyse) weist zahlreiche Besonderheiten auf; z.B. besitzen Eigenkapitalquote und Verschuldungsgrad keine Aussagekraft. Wegen der Zufallsabhängigkeit der Ergebnisse erscheinen in erster Linie langfristige Analysen angemessen. b) Rechnungslegung nach deutschem Recht. V. gelten grundsätzlich als große Kapitalgesellschaften. Für die Konzernrechnungslegung bestehen ebenfalls keine größenabhängigen Erleichterungen; auch Versicherungs-Holdinggesellschaften, die selbst keine V. sind, gelten für Zwecke der Konzernrechnungslegung als solche. Die ergänzenden Rechnungslegungsvorschriften für V. enthalten einerseits ein eigener Unterabschnitt des HGB (§§ 341 ff.) und andererseits die Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV), die vor allem Ausweisfragen und Angabepflichten regelt, auch mittels vorgeschriebener Formblätter für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung. 838

Im gesamten Jahresabschluss wird zwischen Lebensversicherung und Nichtlebensversicherung unterschieden. Die Gewinn- und Verlustrechnung wird in einen sog. versicherungstechnischen Abschnitt und einen sog. nichtversicherungstechnischen Abschnitt gegliedert. Dieser enthält vor allem die Kapitalanlageerträge und -aufwendungen; in der Lebensversicherung und verwandten Versicherungszweigen wird deren Saldo in den versicherungstechnischen Abschnitt übertragen, weil dessen Ergebnis sonst regelmäßig negativ wäre. Bei fonds- und indexgebundenen Lebensversicherungen werden sowohl die Kapitalanlagen als auch die versicherungstechnischen Rückstellungen zu Zeitwerten bewertet, weil die Versicherungsnehmer das Kapitalanlagerisiko tragen. Dementsprechend werden für solche Kapitalanlagen auch nicht realisierte Gewinne und Verluste in der Gewinn- und Verlustrechnung gezeigt. Für alle übrigen Kapitalanlagen müssen die Zeitwerte im Anhang angegeben werden; jede(r) Abschlussleser(in) kann demnach die zum Abschlussstichtag vorhandenen stillen Reserven errechnen. V. „haben in dem Geschäftsjahr, das dem Berichtsjahr folgt, jedem Versicherten auf Verlangen den Jahresabschluß und den Lagebericht zu übersenden“ (§ 55 Abs. 3 VAG). c) Rechnungslegung nach IFRS. Der gültige IFRS 4 Versicherungsverträge besitzt lediglich rudimentären Charakter. Er betrifft die sog. versicherungstechnischen Posten, während für Kapitalanlagen und die anderen Posten die jeweils einschlägigen IFRS bzw. IAS gelten. Für die versicherungstechnischen Posten lässt er mit wenigen Ausnahmen die Übernahme der nationalen Rechnungslegungsvorschriften zu; gegebenenfalls kann auf international anerkannte einschlägige Rechnungslegungsvorschriften zurückgegriffen werden, also jene des

Versicherungsunternehmen, Rechnungswesen der o Financial Accounting Board (FASB).

Standards

Der gültige IFRS 4 bildet einen Zwischenschritt auf dem Weg zum endgültigen IFRS für Versicherungsverträge, dessen Inhalt seit Jahren intensiv diskutiert wird. Seine Verabschiedung scheint nun in relativ absehbarer Zeit bevorzustehen. 5. Besonderheiten der Prüfung a) Besonderheiten der Abschlussprüfung. Der Abschlussprüfer des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses von V. wird „vom Aufsichtsrat bestimmt“ (§ 341k Abs. 2 S. 1 HGB). Für die Abschlussprüfung und den Prüfungsbericht bestehen besondere Vorschriften; dabei geht es insb. um die Einhaltung von aufsichtsrechtlichen Vorgaben durch das V. Die Redepflicht ist auch gegenüber der Aufsichtsbehörde auszuüben. b) Prüfungen außer der Abschlussprüfung. Ungeachtet der Eigenheiten öffentlich-rechtlicher V. bestehen drei Besonderheiten gegenüber anderen Wirtschaftszweigen. Erstens müssen V. über eine interne Revision mit einer umfassenden Überprüfungskompetenz verfügen. Zweitens müssen Lebens-V. einen sog. Verantwortlichen Aktuar und Lebens- und Kranken-V. i.d.R. einen Treuhänder bestellen; diesen Personen obliegen verschiedene Prüfungspflichten, vor allem im Zusammenhang mit der Berechnung von Prämien und versicherungstechnischen Rückstellungen. Schließlich ist auf die Prüfungen durch die Aufsichtsbehörde, auch unabhängig von den an diese zu erstattenden umfangreichen Berichten, hinzuweisen. 6. Besonderheiten der Besteuerung a) Verkehrsteuern. Versicherungsumsätze sind im gesamten EWR von der Umsatzsteuer unecht befreit. Daher steht V. ein Vorsteuerabzug nur in jenem geringen Ausmaß zu, in dem ihre Umsätze umsatzsteuerpflichtig sind (z.B. Verwer-

tung beschädigter versicherter Gegenstände und Verkauf ausgeschiedener Büromöbel); im Übrigen stellt die von V. bezahlte Umsatzsteuer einen Kostenfaktor dar. Versicherungsumsätze unterliegen grundsätzlich der Versicherungsteuer. Deren Regelsatz beträgt in Deutschland 19 %, in Österreich 11 %. Wenngleich sie vom V. abgeführt werden muss, ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer; sie stellt daher für das V. lediglich einen Durchlaufposten dar. Während Versicherung(s)steuern weit verbreitet sind, gibt es eine Feuerschutzsteuer fast nur in Deutschland und Österreich. Steuerschuldner ist das V. In Deutschland unterliegen (anteilige) Umsätze aus Versicherungen, die (auch) das Feuerrisiko decken, gemeinsam mit der (ermäßigten) Versicherungsteuer einer Belastung von 22 %. In Österreich beträgt die Feuerschutzsteuer zusätzlich zur Versicherungssteuer 8 % auf die relevanten Umsätze; bis 4 % davon dürfen offen auf den Versicherungsnehmer überwälzt werden. Wirtschaftlich betrachtet, muss dieser freilich die Versicherung(s)- und die Feuerschutzsteuer in voller Höhe tragen. Da beide Steuern nicht als Vorsteuern abzugsfähig sind und Versicherungskosten in allen Produktions- und Handelsstufen auftreten, entstehen zum Teil extrem hohe kumulative steuerliche Belastungen für Versicherungsprämien. b) Ertragsteuern. V. sind grundsätzlich gewerbesteuer- und körperschaftsteuerpflichtig. Das KStG enthält einschlägige Sonderregelungen, vor allem zur Abzugsfähigkeit versicherungstechnischer Rückstellungen. Lit.: Altenburger, O.A.: Versicherungen, Unternehmensrechnung in, in: Küpper, H.-U./Wagenhofer, A. (Hrsg.): HWU, 4. Aufl., 2002, Sp. 2083-2091; Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 4. Aufl., 839

Vertragskonzern 2006; Farny, D.: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, versicherungsspezifisch, in: Freidank, C.-C./Lachnit, L./ Tesch, J. (Hrsg.): Vahlens Großes Auditing Lexikon, 2007, S. 590-595; Hesberg, D.: Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung, versicherungsspezifisch, in: Freidank, C.-C./Lachnit, L./ Tesch, J. (Hrsg.): Vahlens Großes Auditing Lexikon, 2007, S. 585-587; IDW (Hrsg.): Rechnungslegung und Prüfung der Versicherungsunternehmen, 4. Aufl., Stand nach der 3. Erg.-Lfg. 2008; Nguyen, T.: Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen, 2008; Rockel, W. et al.: Versicherungsbilanzen, 2. Aufl., 2007; Utecht, T.: Entwicklungstrends im Controlling von Versicherungsunternehmen, in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 2009, S. 91-118. Otto A. Altenburger Vertragskonzern Im Gegensatz zum faktischen o Konzern ein Konzern, der durch einen o Unternehmensvertrag gem. §§ 291 ff. AktG zwischen einem herrschenden und einem abhängigen Unternehmen begründet wird. Vertriebscontrolling Teilgebiet des o Controllings, in dem die Planung, Kontrolle und Steuerung von Vertriebsaktivitäten im Vordergrund steht. Vertriebskosten Eine in der o Gewinn- und Verlustrechnung nach dem o Umsatzkostenverfahren gesondert auszuweisende Position, die alle dem Vertrieb zuzurechnenden Aufwendungen, z.B. Löhne und Gehälter der Vertriebsmitarbeiter, Abschreibung auf im Außendienst genutzte Fahrzeuge, enthält. Die V. sind bei Anwendung des o Gesamtkostenverfahrens in den jeweiligen primären Aufwandsarten enthalten. Bei der Bestimmung der Herstellungskosten (o Anschaffungs- und Herstel840

lungskosten) dürfen V. nicht berücksichtigt werden. Verursachungsprinzip o Kostenzurechnungsprinzip, nach dem jedes Kalkulationsobjekt diejenigen o Kosten tragen muss, die es bei seiner Herstellung verursacht hat. Bei o Gemeinkosten scheitert eine verursachungsgerechte Zuordnung am fehlenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhang bei der Entstehung der Kosten. Verwässertes Ergebnis je Aktie o Gewinn je Aktie Verwaltungskosten Eine in der o Gewinn- und Verlustrechnung nach dem o Umsatzkostenverfahren gesondert auszuweisende Position, die alle nicht den einzelnen Produkten zugerechneten Aufwendungen, z.B. Löhne und Gehälter der Rechnungswesenabteilung, Abschreibung auf Verwaltungsgebäude, enthalten. Die V. sind bei Anwendung des o Gesamtkostenverfahrens in den jeweiligen primären Aufwandsarten enthalten. VIE = Variable Interest Entity o Zweckgesellschaft VOFI = o Vollständiger Finanzplan Volkswirtschaftliche Kosten o Kosten, volkswirtschaftliche Vollkonsolidierung Konsolidierungsmethode, bei der Vermögen, Schulden, Erträge und Aufwendungen der einbezogenen Unternehmen vollständig in den o Konzernabschluss einbezogen werden; die V. ist zu unterscheiden von der o Quotenkonsolidierung, bei der die Positionen nur anteilig entsprechend der Beteiligungsquote einbezogen werden (o Kapitalkonsolidierung). Vollkosten o Vollkostenrechnung

Vorräte Vollkostenrechnung o Kostenrechnungssystem, das auch nicht direkt zurechenbare bzw. mit der Beschäftigung veränderliche o Kosten bei der Ermittlung der Stückkosten (o Kalkulation) auf die Produkte und Dienstleistungen verteilt. Sie verstößt damit gegen das o Verursachungsprinzip. Von der V. zu unterscheiden ist die o Teilkostenrechnung. Vollprüfung Bei einer V. prüft der o Prüfungsträger alle Elemente des Prüfungsfeldes. Der Prüfungsträger kann das zu prüfende Prüfungsfeld dann mit einer sehr hohen Sicherheit und Genauigkeit beurteilen. Jedoch zwingen Zeit- und Kostenrestriktionen den Prüfer i.d.R. dazu, nur o Auswahlprüfungen vorzunehmen. Vollständiger Finanzplan (VOFI) Methode der dynamischen o Investitionsrechnung zur Bestimmung der Vorteilhaftigkeit eines Investitionsobjekts, bei der die einem Investitionsobjekt zurechenbaren Zahlungen einschließlich der zur Finanzierung und zur Sicherung des finanziellen Gleichgewichts notwendigen Zahlungen in tabellarischer Form abgebildet werden. Das Tabellenwerk erleichtert eine explizite Berücksichtigung der Finanzierungsseite und der Steuerzahlungen. Vergleichbar dem o Kapitalwert ist eine Investition vorteilhaft, wenn der o Endwert der Investition i.S. der am Ende der Nutzungsdauer verfügbaren liquiden Mittel größer ist als der Endwert der Opportunität i.S. der Rendite der Geldanlage der im Investitionszeitpunkt verfügbaren Finanzmittel. Lit.: Grob, H.L.: Investitionsrechnung auf der Grundlage vollständiger Finanzpläne – Vorteilhaftigkeitsanalyse für ein einzelnes Investitionsobjekt, in: WISU 1984, S. 16-23; Grob, H.L.: Investitionsrechnung mit vollständigen Finanzplänen, 1989.

Vollständigkeitserklärung Erklärung der Geschäftsführung eines zu prüfenden Unternehmens, dass nach ihrer persönlichen Überzeugung alle Geschäftsvorfälle in den Büchern erfasst, alle Risiken berücksichtigt und alle Vorgänge von besonderer Bedeutung, die sich nach Ende des zu prüfenden Geschäftsjahres ereignet haben, innerhalb der Unterlagen, die dem o Prüfungsträger zur Verfügung gestellt werden, erwähnt sind. Vorgangskostenrechnung Variante der o Prozesskostenrechnung, bei der deren Grundidee mit der Idee einer in eine stufenweisen o Deckungsbeitragsrechnung mündenden flexiblen Plankostenrechnung verbunden wird. Im Rahmen der V. wird eine doppelte Kostenspaltung nach der Dispositionsabhängigkeit (variabel, fix) und der Prozessabhängigkeit (leistungsmengeninduziert, leistungsmengenneutral, prozessunabhängig) vorgenommen. Vorkalkulation Berechnung der o Stückkosten für noch nicht erstellte Produkte auf Basis von o Plankosten (o Kalkulation). Vorkostenstellen = o Hilfskostenstellen Vorleistungskosten Kosten, die für die Schaffung von Erfolgs- bzw. Nutzenpotenzialen anfallen (z.B. Forschungs- und Entwicklungskosten, Kosten für die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter). Die V. sind wie Fixkosten (o Kosten, fixe und variable) nicht produktbezogen verursachungsgerecht zuordenbar. Die kalkulatorische Deckungskontrolle kann im Zuge einer mehrperiodigen stufenweisen o Fixkostendeckungsrechnung durchgeführt werden. Vorräte Bestandteil des o Umlaufvermögens im o Jahresabschluss bzw. o Konzernab841

Vorrechnung schluss. Zu den V. zählen gem. § 266 Abs. 2 HGB Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen, fertige Erzeugnisse, Waren und geleistete Anzahlungen für sie. Zur Ermittlung der o Anschaffungs- und Herstellungskosten darf abweichend vom Grundsatz der o Einzelbewertung auf o Sammelbewertungsverfahren zurückgegriffen werden. Für die Bewertung der V. gilt das strenge o Niederstwertprinzip. Nach IFRS folgt die in IAS 2 geregelte Bilanzierung der V. grundsätzlich ähnlichen Leitlinien. Die Bewertung erfolgt mit einem produktionsbezogenen Vollkostenansatz. Wesentliche Unterschiede ergeben sich aber bei der Bewertung unfertiger Erzeugnisse bei o Langfristfertigung. Hier schreiben IAS 11 und IAS 18 unter bestimmten Voraussetzungen eine Werterhöhung um anteilige Gewinne aus dem Gesamtauftrag. Vorrechnung = o Planungsrechnung Vorsichtsprinzip Ein in § 252 Abs. 1 Ziff. 4 HGB kodifizierter o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem im o Jahresabschluss und o Konzernabschluss vorsichtig und unter Berücksichtigung aller vorhersehbarer Risiken und Verluste zu bewerten ist. Das V. konkretisiert sich auch im o Realisationsprinzip und o Imparitätsprinzip. International wird eine in diesem Sinne vorsichtige Bilanzierung unter den englischen Bezeichnungen o Prudence und o Conservatism diskutiert. Vorsteuer Vom Unternehmen gezahlte o Umsatzsteuer, die mit der von Kunden erhaltenen Umsatzsteuer bei deren Weiterleitung an das Finanzamt verrechnet wird. VPöA = o Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen 842

W WACC = o Weighted Average Cost of Capital Wagniskosten o Kosten, kalkulatorische Wahlrechte o Bilanzierungswahlrechte o Konsolidierungswahlrechte Währungsumrechnung 1. Notwendigkeit der Währungsumrechnung § 244 HGB schreibt die Aufstellung des o Jahresabschlusses, § 298 i.V.m. § 244 HGB die Aufstellung des o Konzernabschlusses in Euro vor. Fragen der W. stellen sich damit zum einen im Zuge der Erstellung von Einzelabschlüssen bei jedem Geschäftsvorfall des bilanzierenden Unternehmens in einer anderen Währung. Zum anderen tritt das Problem der W. bei Erstellung des Konzernabschlusses auf, wenn die in anderen Währungen aufgestellten Einzelabschlüsse ausländischer Tochterunternehmen in den Konzernabschluss einzubeziehen sind. 2. Umrechnungsmethoden a) Art und Zeitbezug des Umrechnungskurses. Für die W. kommen grundsätzlich verschiedene Umrechnungsmethoden in Frage, die sich hinsichtlich der Art und des Zeitbezugs der verwendeten Umrechnungskurse unterscheiden können. Dabei kann hinsichtlich der Art des Umrechnungskurses zwischen Geld(Ankaufskurs für Euro), Brief- (Verkaufskurs für Euro) und Mittelkurs (arithmetisches Mittel zwischen Geldund Briefkurs) differenziert werden. Bezüglich des Zeitbezugs des Umrechnungskurses lassen sich historische Kurse, Stichtagskurse und Durchschnittskurse unterscheiden. Der historische Kurs ist der zum Zeitpunkt des Erwerbs, der Herstellung bzw. Entstehung eines Vermögenswertes oder der Abwicklung einer Transaktion gültige Kurs. Der Stichtagskurs ist der Wechselkurs am Abschluss-

stichtag. Bei Durchschnittskursen werden gewichtete oder ungewichtete Monatsoder Jahresdurchschnittskurse herangezogen. Werden für die Umrechnung von Bilanz- und GuV-Posten eines Fremdwährungsabschlusses zum Beispiel im Rahmen der Konzernabschlusserstellung verschiedene Kurse (historischer Kurs, Stichtagskurs, Durchschnittskurs) verwendet, so ergeben sich Währungsumrechnungsdifferenzen, die grundsätzlich GuV-wirksam oder -neutral berücksichtigt werden können. Folgende Umrechnungsmethoden haben sich in der internationalen Rechnungslegungspraxis durchgesetzt. b) Stichtagskursmethoden. Die Stichtagskursmethode tritt in zwei Varianten auf. Bei der reinen Stichtagskursmethode werden die betreffenden Bilanz- und GuV-Posten mit dem zum Abschlussstichtag geltenden Kurs umgerechnet. Zwar hat die reine Stichtagskursmethode bei Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen den Vorteil, dass durch die lineare Transformation keine Währungsumrechnungsdifferenzen entstehen und die ursprüngliche Struktur des Abschlusses erhalten bleibt. Diesen Vorteilen stehen allerdings gravierende Nachteile gegenüber. So kann es bei wechselkursbedingten Wertänderungen zu ökonomisch nicht mehr sinnvoll interpretierbaren Wertansätzen und Verstößen gegen die allgemeinen Bewertungsregeln, wie zum Beispiel das Anschaffungskosten- und Realisationsprinzip, kommen. Bei starker Inflation kann das Eigenkapital nach Umrechnung extrem stark sinken, was den ökonomischen Wertverhältnissen vielfach nicht entspricht. Ferner können schwankende Wertansätze beim Eigenkapital zu Problemen bei der o Kapitalkonsolidierung führen. Die sog. modifizierte Stichtagskursmethode versucht diese Mängel zumindest teilweise zu beheben, indem das Eigenkapital mit dem historischen Kurs umgerechnet wird. Dadurch bleibt das Eigenkapital erhalten, 843

Währungsumrechnung was insb. für die Kapitalkonsolidierung von Vorteil ist. Etwaige Umrechnungsdifferenzen werden bei der modifizierten Stichtagskursmethode GuV-neutral als Sonderposten im Eigenkapital erfasst. c) Zeitbezugsmethode. Einzel- und Konzernabschlüsse werden für einen bestimmten Zeitpunkt, den Abschlussstichtag, aufgestellt. Versteht man die W. nicht als reinen Transformationsprozess, sondern als echten Bewertungsvorgang, gelten die gleichen Rechnungslegungsprinzipien wie bei der Erstellung des jeweiligen Einzel- bzw. Konzernabschlusses. Es kommt zu einer um Währungskurse erweiterten Anwendung der bilanziellen Bewertungsregeln. Demnach sind grundsätzlich historische Werte mit den historischen Kursen und Zeitwerte mit dem Stichtagskurs umzurechnen. Die konkrete Ausgestaltung der Umrechnungsregeln für die Ermittlung der endgültigen Wertansätze sowie die Behandlung von Währungsumrechnungsdifferenzen hängen von den jeweils angewandten Rechnungslegungsnormen ab. Die sich bei der Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen in der Regel ergebenden Umrechnungsdifferenzen sind nach der Zeitbezugsmethode entsprechend der Betrachtung der W. als Bewertungsvorgang GuV-wirksam zu erfassen. d) Methode der funktionalen Währung. Die Methode der funktionalen Währung ist eine Kombination aus b) und c): Welche der beiden Methoden zur Anwendung kommt, hängt von der Bestimmung der funktionalen Währung ab. Die funktionale Währung eines Unternehmens wird durch sein primäres Wirtschaftsumfeld bestimmt. Damit ist in der Regel das Umfeld gemeint, in dem das Unternehmen hauptsächlich Zahlungsmittel erwirtschaftet und aufwendet. Bei Tochterunternehmen ist demnach zu differenzieren zwischen relativ unselbstständigen Tochterunternehmen, die als 844

„verlängerter Arm“ des Mutterunternehmens betrieben werden, und deren funktionale Währung folglich der des Mutternehmens entspricht, und selbstständigen, relativ autonom agierenden Tochterunternehmen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ihre Transaktionen eher nicht in der Währung des Mutterunternehmens, sondern in der Regel in ihrer Landeswährung erfolgen, so dass diese auch die funktionale Währung darstellt. Bei Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften bzw. Fremdwährungsabschlüssen in die funktionale Währung wird die Zeitbezugsmethode angewandt. Damit werden die Aktivitäten der unselbstständigen Tochterunternehmen wie Fremdwährungstransaktionen des Mutterunternehmens behandelt. Ist die funktionale Währung nicht zugleich die Berichtswährung, wie zum Beispiel bei den selbstständigen Tochterunternehmen, so ist für die Umrechnung in die Berichtswährung die modifizierte Stichtagskursmethode anzuwenden. 3. Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften im Einzelabschluss Da § 244 HGB die Aufstellung des Jahresabschlusses in Euro vorschreibt, entsteht das Problem der W. bei allen Geschäftsvorfällen, die entweder in fremder Währung abgewickelt werden oder deren Erfüllung in einer fremden Währung erfolgt (Fremdwährungsgeschäfte). a) Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften gemäß IAS 21. Nach IAS 21 sind Fremdwährungsgeschäfte nach dem Konzept der funktionalen Währung umzurechnen. Die Bestimmung der funktionalen Währung erfolgt nach IAS 21.9 zum einen danach, in welcher Währung die Umsatzerlöse vorwiegend erzielt werden und zum anderen danach, welche Währung für die Einkaufspreise (so z.B. Lohn- und Materialkosten) vorrangig maßgebend ist. IAS 21.10 hebt als weiteren Indikator auch die hauptsächlich als Zahlungsmittel aus Finanzierungsaktivi-

Währungsumrechnung täten gewonnene bzw. aus der operativen Tätigkeit einbehaltene Währung hervor. Im Zweifelsfall muss gemäß IAS 21.12 das Management die funktionale Währung bestimmen und hierbei jene Währung wählen, welche die ökonomischen Auswirkungen der zugrunde liegenden Geschäftsvorgänge, Ereignisse und Umstände am glaubwürdigsten wiedergibt. Nachdem ein Unternehmen seine funktionale Währung festgelegt hat, müssen alle Fremdwährungsposten in diese funktionale Währung nach der Zeitbezugsmethode umgerechnet werden. Fremdwährungstransaktionen, wie zum Beispiel Kauf oder Verkauf von Waren und o Vermögenswerten, Erbringung bzw. Inanspruchnahme von Dienstleistungen sowie Kreditaufnahme, -vergabe und tilgung in einer Fremdwährung, sind dabei nach den Regelungen des IAS 21.20 ff. konkret wie folgt umzurechnen: Der erstmalige Ansatz eines Fremdwährungsgeschäfts in der funktionalen Währung erfolgt, indem der Fremdwährungsbetrag mit dem am jeweiligen Tag des Geschäftsvorfalles gültigen Kassakurs der funktionalen Währung umgerechnet wird (IAS 21.21). Für die Folgebewertung unterscheidet IAS 21.23 in monetäre und nicht monetäre Werte. Monetäre Werte sind demgemäß Fremdwährungsbestände sowie Vermögenswerte und Schulden, die mit einem Recht auf Erhalt oder der Verpflichtung zur Bezahlung einer festen oder bestimmbaren Anzahl an Währungseinheiten ausgestattet sind, zum Beispiel o liquide Mittel, o Forderungen und o Verbindlichkeiten in fremder Währung (IAS 21.8 und 21.16). Derartige monetäre Posten sind nach IAS 21.23 in den Folgeperioden mit den betreffenden Stichtagskursen an den jeweiligen Bilanzstichtagen umzurechnen. Nicht monetäre Posten sind nach IAS 21.24 nach den für diesen Posten relevanten Standards umzurechnen. Grundsätzlich sind solche nicht monetären Pos-

ten, die zu historischen Kosten bewertet werden, zu historischen Kursen und solche, die zu Zeitwerten (o Fair Value) zu bewerten sind, zum Stichtagskurs umzurechnen. Gleiches gilt auch für die mit diesen Posten in Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Erträgen, wie zum Beispiel o Abschreibungen auf Sachanlagen. Ferner ist ein ggf. erforderlicher Wertminderungstest um Wechselkursentwicklungen zu erweitern. Umrechnungsdifferenzen, die sich in den Folgeperioden aus der Umrechnung von monetären Posten mit unterschiedlichen Wechselkursen ergeben, sind grundsätzlich GuV-wirksam zu erfassen (IAS 21.28). Differenzen aus der Umrechnung nicht monetärer Posten werden in Entsprechung der Gewinne oder Verluste aus der Bewertung dieser Posten entweder GuV-wirksam oder innerhalb des sonstigen Gesamterfolgs erfasst (IAS 21.30). IAS 21.19 gestattet Unternehmen, ihre Berichtswährung für den Einzelabschluss frei zu wählen. Weicht die Berichtswährung von der funktionalen Währung ab, muss der Abschluss in die Darstellungswährung umgerechnet werden. Dies erfolgt analog zu den Regeln der Umrechnung von Einzelabschlüssen unabhängiger Tochterunternehmen für den Einbezug in den Konzernabschluss nach der modifizierten Stichtagskursmethode (IAS 21.38-50). b) Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften nach HGB. Das o BilMoG hat mit § 256a HGB erstmals die Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften gesetzlich geregelt. Auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind GuV-wirksam zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Das Anschaffungskosten- und o Realisationsprinzip sind nur bei der Umrechnung von Vermögensgegenständen und Verbind845

Währungsumrechnung lichkeiten mit Restlaufzeiten von über einem Jahr zu berücksichtigen (§ 256a S. 2 HGB). Das heißt, bei der Umrechnung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten mit Restlaufzeiten von einem Jahr oder weniger kann es durch den Ausweis unrealisierter Gewinne zur Durchbrechung des Realisationsprinzips kommen. 4. Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen im Konzernabschluss § 298 i.V.m. § 244 HGB schreibt die Aufstellung des Konzernabschlusses in Euro vor. Für ein Mutterunternehmen mit ausländischen Tochterunternehmen stellt sich somit bei der Aufstellung des Konzernabschlusses das Problem der Umrechnung in fremder Währung erstellter Einzelabschlüsse (Fremdwährungsabschlüsse) in die Berichtswährung des Konzerns. a) Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen nach IAS 21. Nach IAS 21 ist für die Bestimmung der Umrechnungsmethode wiederum das Konzept der funktionalen Währung heranzuziehen. Zusätzlich zu den in IAS 21.9-10 angeführten Kriterien für die Bestimmung der funktionalen Währung im Einzelabschluss (vgl. 3.a)) formuliert IAS 21.11 weitere Faktoren, die bei der Festlegung der funktionalen Währung eines ausländischen Geschäftsbetriebs zu berücksichtigen sind. Hier geht es in erster Linie um die organisatorischen Beziehungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen. Relevant ist dabei insb., inwieweit das Tochterunternehmen von dem Mutterunternehmen unabhängig oder als integraler Bestandteil ohne eigene Entscheidungsgewalt anzusehen ist, d.h. im Einzelnen welchen Anteil Geschäftsvorfälle mit dem Mutterunternehmen am Gesamtgeschäftsvolumen des Tochterunternehmens haben, in welchem Ausmaß interne Lieferungs- und Leistungsbeziehungen mit dem Mutterunternehmen bestehen, inwieweit sich die 846

o Cash-Flows aus der Tätigkeit des Tochterunternehmens direkt auf die Cash-Flows des Mutterunternehmens auswirken bzw. diese jederzeit dorthin transferiert werden können und inwiefern das Tochterunternehmen finanziell vom Mutterunternehmen unabhängig ist. Wechselkursschwankungen zwischen der Landeswährung eines einzubeziehenden Unternehmens und der Berichtswährung des Konzerns sollen dem Ausmaß der finanzwirtschaftlichen Beziehungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen entsprechend Einfluss auf das Konzernergebnis nehmen. Demnach wird vermutet, dass die funktionale Währung von unselbstständigen Tochterunternehmen, die als verlängerter Arm des Mutterunternehmens betrieben werden, jener des Mutterunternehmens entspricht. Gemäß IAS 21.20 ff. ist für die Umrechnung in die funktionale Währung die Zeitbezugsmethode anzuwenden, was dazu führt, dass Transaktionen von integrierten Tochterunternehmen, deren funktionale Währung der des Mutterunternehmens entspricht, so zu behandeln sind, als wären sie von Anfang an Fremdwährungsaktivitäten des Mutterunternehmens gewesen. Dagegen hat ein selbstständig agierendes Tochterunternehmen in der Regel eine vom Mutterunternehmen abweichende funktionale Währung. Die Einzelabschlüsse dieser unabhängigen Tochterunternehmen sind entsprechend IAS 21.38 ff. in die Berichtswährung des Konzerns nach der modifizierten Stichtagskursmethode (vgl. 1.b)) umzurechnen, wodurch die Strukturen der Rechenwerke des Tochterunternehmens durch die Umrechnung in die Konzernberichtswährung weitgehend erhalten bleiben. Dabei sind Vermögenswerte und Schulden gemäß IAS 21.39 zum am Bilanzstichtag gültigen Stichtagskurs umzurechnen. Erträge und Aufwendungen sind zum Wechselkurs am Tag des Geschäftsvorfalls umzurechnen, wobei aus praktischen Gründen

Währungsumrechnung auch der Durchschnittskurs herangezogen werden kann, sofern ein stark schwankender Wechselkurs nicht zu einer Verzerrung der Darstellung führt. Die sich ergebenden Umrechnungsdifferenzen sind GuV-neutral im sonstigen Gesamterfolg auszuweisen. Die modifizierte Stichtagskursmethode ist ebenfalls anzuwenden, wenn ein Mutterunternehmen beschließt, eine von seiner funktionalen Währung abweichende Berichtswährung für den Konzernabschluss zu verwenden (vgl. IAS 21.38). Ist die funktionale Währung eines Unternehmens die Währung eines Hochinflationslandes, besteht das Problem, dass sich der reale Anstieg des Nettovermögens und der rasche Preisanstieg teilweise kompensieren. Beide Effekte sind jedoch zu beachten. Daher ist der Abschluss gemäß IAS 29 (Rechnungslegung in Hochinflationsländern) anzupassen. Dieser inflationsbereinigte Abschluss ist dann gemäß IAS 21.42 f. in eine andere Berichtswährung grundsätzlich wie folgt umzurechnen: Alle Bilanz- und GuVPosten, auch das Eigenkapital, sind zum Stichtagskurs der letzten Bilanz umzurechnen. Die Vergleichszahlen des Vorjahres sind aus dem Vorjahresabschluss zu übernehmen, es sei denn, die Umrechnung erfolgt in die Währung eines Landes, das ebenfalls ein Hochinflationsland darstellt. Dann sind auch die Vorjahreswerte mit dem Stichtagskurs umzurechnen (IAS 21.42b). b) Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen nach HGB. Mit dem durch das o BilMoG neu eingefügten § 308a HGB wurde für die Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen im Konzernabschluss die einheitliche Verwendung der modifizierten Stichtagskursmethode (vgl. 1.b)) festgelegt. Demnach sind Aktiv- und Passivposten mit dem Devisenkassamittelkurs am Bilanzstichtag, das o Eigenkapital zum historischen Kurs umzurechnen. Das gezeich-

nete Kapital und die Kapitalrücklage sind dabei mit dem Kurs zum Zeitpunkt der Kontrollerlangung über das Tochterunternehmen umzurechnen; bei den Gewinnrücklagen ist differenziert vorzugehen: Thesaurierte Jahresüberschüsse sind mit dem jeweiligen historischen Devisenkassamittelkurs umzurechnen. Die Aufwendungen und Erträge der GuVRechnung sind mit dem Durchschnittskurs umzurechnen. Eine sich ergebende Umrechnungsdifferenz ist GuV-neutral nach den Konzernrücklagen als „Eigenkapitaldifferenz aus Währungsumrechnung“ auszuweisen. Für die W. von Fremdwährungsabschlüssen in Hochinflationsländern gibt es im HGB keine gesonderten Regelungen. Da bis zur Verabschiedung des BilMoG keine handelsrechtlichen Vorschriften zur W. existierten, gab das o DRSC bereits 2004 den DRS 14 „Währungsumrechnung“ heraus, der die Währungsumrechnung im Konzernabschluss normierte und durch die Bekanntmachung durch das BMJ gemäß § 342 HGB den Charakter von Konzern-GoB angenommen hatte. Der DRS 14 folgte weitgehend den Regelungen des IAS 21, d.h. dem Konzept der funktionalen Währung, und stand damit seit Verabschiedung des BilMoG teilweise in Konflikt zu § 308a HGB, der für die Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen nun die modifizierte Stichtagskursmethode verbindlich vorschreibt. Aufgrund der entstandenen Widersprüche wurde der DRS 14 mit Bekanntmachung des Deutschen Rechnungslegungs Änderungsstandards Nr. 4 (DRÄS 4) durch das BMJ im Februar 2010 aufgehoben und ist letztmals auf vor dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. Lit.: Bohl, W./Riese, J./Schlüter, J.: Beck’sches IFRS-Handbuch, 3. Aufl., 2009, S. 1155-1175; Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, 847

Wandelanleihe Kap. 4; Coenenberg, A.G./Haller, A./ Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 624-649; Gebhardt, G.: Währungsumrechnung im Konzernabschluss, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./von Wysocki, K.: HdR, 2002, Sp. 2635-2651; Küting, K./Pfitzer, N./ Weber, C.-P.: Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl., 2009, S. 473-497; Oechsle, E./Müller, K./Holzwarth, J.: IAS 21 Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse, in: Baetge, J. et al. (Hrsg.): Rechnungslegung nach IFRS, Loseblatt, Stand 2006; Scherrer, G.: Währungsumrechnung im Einzelabschluss, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./von Wysocki, K.: HdR, 2002, Spalte 2626-2634; Strickmann, M.: in: Kessler, H./Leinen, M./Strickmann, M. (Hrsg.): Handbuch BilMoG, 2009, S. 621-630; Theile, C./ Pawelzik, K.U.: in: Heuser, P.J./Theile, C.: IFRS Handbuch Einzel- und Konzernabschluss, 4. Aufl., 2009, Rz. 31003163. Brigitte Eierle/ Petra Ritzer-Angerer Wandelanleihe o Wandelschuldverschreibung Wandelschuldverschreibungen Schuldverschreibungen, bei denen der Gläubiger pro Stück der W. das Recht auf Umtausch in (W. i.e.S.; Wandelanleihen) oder Bezug von (W. i.w.S.; Optionsanleihen bzw. o Optionsschuldverschreibungen) Aktien des Emittenten oder einer anderen Gesellschaft innerhalb einer bestimmten Frist hat; die Ausgabe von W. bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals; die Aktionäre haben ein Bezugsrecht (§ 186 AktG) auf die W. (§ 221 AktG). Zur Sicherung des Wandlungsrechts in Aktien kann die Hauptversammlung gem. §§ 192-201 AktG eine bedingte o Kapitalerhöhung beschließen. 848

W. werden gewöhnlich mit einem Aufgeld (o Agio) ausgegeben oder sind mit einem geringeren als dem Marktzins ausgestattet. Diesen finanziellen Nachteilen steht der mit Methoden der o Optionspreistheorie ermittelbare Wert des Wandlungsrechts gegenüber. Vom bilanzierenden Unternehmen gehaltene W. anderer Unternehmen sind als o Finanzinstrumente zu bilanzieren. Vom Unternehmen selbst begebene W. enthalten eine Fremdkapitalkomponente (Anleihe) und eine Eigenkapitalkomponente (Wandlungs- bzw. Optionsrecht). Der Wert der Eigenkapitalkomponente ist bei Begebung der W. in der o Kapitalrücklage zu erfassen. Warentermingeschäft Vertrag über den Kauf oder Verkauf einer Ware (z.B. Öl, Metalle, etc.) zu einem fest vereinbarten Preis und einem zukünftigen Lieferdatum. Häufig wird ein W. als o Finanzinstrument eingesetzt, bei dem zum Fälligkeitszeitpunkt anstelle der Warenlieferung ein finanzieller Ausgleich zwischen den Parteien erfolgt. Ein W. kann als unbedingter (o Forward, o Future) oder als bedingter Kontrakt (o Option) abgeschlossen werden. Weighted Average Cost of Capital (WACC) Ansatz zur Bestimmung der o Kapitalkosten unter Berücksichtigung der o Kapitalstruktur. Der WACC ergibt sich als mit den Anteilen des Eigen- und Fremdkapitals am Gesamtkapital (auf Basis von o Marktwerten) gewichtetes Mittel der Eigen- und Fremdkapitalkostensätze. Weitzman-Schema 1. Darstellung und Wirkungsweise Das W. ist ein ursprünglich in der ehemaligen Sowjetunion entwickeltes finanzielles Anreizsystem zur Lösung der Problematik der Ressourcenallokation in

Weitzman-Schema divisionalen Unternehmen. Es soll Bereichsmanager im Zuge der o Budgetierung dazu veranlassen, ihre erwarteten Bereichserfolge wahrheitsgemäß an die Zentrale zu berichten. Dem W. liegt die Annahme zugrunde, dass ein Bereichsmanager exakt über den in seinem Bereich erzielbaren Erfolg informiert ist und der Zentrale, die selbst über keine entsprechende Information verfügt, hierüber Bericht erstattet. Des Weiteren ist der realisierbare Bereichserfolg unabhängig von der Entscheidung, die die Zentrale nach Erhalt der Information treffen wird. Die Prämie des Bereichsmanagers wird ausschließlich durch bereichsbezogene Erfolgsgrößen bestimmt und besteht aus einem fixen Bestandteil und einer variablen Komponente, die zum einen von der absoluten Höhe der Bezugsgröße, zum anderen von der Plangenauigkeit hinsichtlich der Bezugsgröße abhängt. Formal lässt sich die Prämienfunktion des W. folgendermaßen darstellen: wenn yIst ≥ yPlan: B = Bfix + α0 × yPlan + α1 (yIst – yPlan) wenn yIst < yPlan: B = Bfix + α0 × yPlan + α2 (yIst – yPlan) mit: B = Entlohnung des Managers Bfix = Grundprämie yPlan = geplante Ausprägung der Bezugsgröße yIst = tatsächliche Ausprägung der Bezugsgröße α0, α1, α2 = Bonuskoeffizienten (α1 < α0 < α2)

Berichtet ein Bereichsmanager wahrheitsgemäß, so erhält er neben der Grundprämie einen durch den Koeffizienten α0 festgelegten Anteil am PlanErfolg des eigenen Bereichs. Die Grundprämie wird ebenso wie die Bonuskoeffizienten von der Zentrale vorgegeben und unterliegt nicht dem Einfluss des Unternehmensbereichs. Eine negative Abweichung zwischen tatsächlichem und gemeldetem Bereichserfolg wird mit einer Verminderung der Prämie um die mit dem Bonuskoeffizienten α2 gewichtete

Differenz zwischen Plan- und Ist-Erfolg bestraft. Um eine (unrealistische) überhöhte Meldung des Plan-Erfolgs zu vermeiden, muss der Bonuskoeffizient α2 größer sein als der berichtsabhängige Koeffizient α0. Eine positive Abweichung zwischen Ist- und Plan-Erfolg wird zwar grundsätzlich durch Zahlung eines zusätzlichen Bonus in Höhe von α1 × (yIst – yPlan) belohnt, da α1 jedoch kleiner ist als α0, ist es für den Bereichsmanager vorteilhaft, den erwarteten PlanErfolg zu melden. Das W. gibt folglich Bereichsmanagern, die eine möglichst hohe Vergütung realisieren möchten, einen Anreiz zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung. 2. Beurteilung Das W. hat eine nachvollziehbare Struktur und kann dadurch, dass Plangenauigkeit und Performance belohnt und Minderleistungen bestraft werden, als gerecht beurteilt werden. Durch die Erfolgsbeteiligung der Bereichsmanager ist beim Einsatz des W. zudem die Motivationswirkung gegeben. Außerdem entspricht es dem Grundsatz der Controllability, da die Vergütung der Bereichsmanager nur von Größen abhängig ist, die sie auch beeinflussen können. Dennoch weist das W. auch grundlegende Schwächen auf. Da Plangrößen verwendet werden, deren Wahrheitsgehalt von der Zentrale nicht vollkommen kontrollierbar ist, kann eine intersubjektive Überprüfbarkeit nicht vollständig gewährleistet werden. Ein Vergleich von Plan- und Istwerten ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch lassen mögliche Abweichungen angesichts unsichererer Umweltentwicklungen nicht eindeutig auf Manipulationen schließen. Die Problematik des W. besteht insb. darin, dass bei knappen Ressourcen ein Anreiz zur manipulierten Informationsweitergabe besteht, um eine möglichst hohe Ressourcenzuteilung zu Lasten anderer Bereiche zu erhalten. So kann es für einen Bereichsmanager vorteilhaft sein, 849

Weltabschluss überhöhte Erfolgsaussichten zu melden, wenn seinem Bereich bei wahrheitsgemäßer Berichterstattung keine finanziellen Ressourcen zugeteilt werden und er folglich auch keine Erfolgsbeteiligung erhält. Insofern birgt das W. die Gefahr einer suboptimalen Ressourcenallokation. Schließlich ist das W. unter Umständen nicht kollusionsresistent, wenn für Bereichsmanager unterschiedliche Entlohnungskoeffizienten gewählt werden. In diesem Fall könnten die die Ressourcen durch Absprachen unter Vereinbarung sog. Seitenzahlungen zwischen den Bereichsmanagern in den Bereich gelenkt werden, in dem die Erfolgsbeteiligung am höchsten ist. Lit.: Arbeitskreis „Finanzierung” der Schmalenbach-Gesellschaft: InvestitionsControlling – Zum Problem der Informationsverzerrung bei Investitionsentscheidungen in dezentralisierten Unternehmen, in: ZfbF 1994, S. 899-925; Ewert, R./Wagenhofer, A.: Interne Unternehmensrechnung, 7. Aufl., 2008; Laux, H.: Unternehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle, 3. Aufl., 2006; Loeb, M./Magat, W.A.: Success Indicators in the Soviet Union: The Problem of Incentives and Efficient Allocations, in: AER 1978, S. 173-181; Weitzman, M.L.: The New Soviet Incentive Model, in: Bell Journal of Economics 1976, S. 251-257. Nina Kalhöfer Weltabschluss o Konzernabschluss unter Einbeziehung von Tochterunternehmen mit Sitz im Ausland. Weltbilanz o Weltabschluss Werbungskosten Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG „Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen“. Zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte sind die W. von den Einnahmen der betreffenden Einkunftsart abzuziehen. 850

Wert, beizulegender Der Geldbetrag, der nach dem HGB den Gegenständen des o Anlagevermögens und des o Umlaufvermögens zuzuordnen ist, wenn ihr Wert für das bilanzierende Unternehmen unter die – ggf. fortgeschriebenen – o Anschaffungs-/Herstellungskosten gesunken ist und ein Börsen- oder Marktpreis für die Gegenstände nicht feststellbar ist. Abzugrenzen von diesem handelsrechtlichen Wertmaßstab ist der beizulegende Zeitwert (o Fair Value) nach IFRS, für den hinsichtlich Anwendung und Bedeutung innerhalb des Rechnungslegungssystems Unterschiede bestehen. Wertanalyse = o Value Analysis Wertaufhellung Berücksichtigung von Faktoren für die Bewertung im o Jahresabschluss, deren Entstehung im Abrechnungsjahr liegen, deren Wirkung aber erst nach dem Abschlussstichtag sichtbar wird. Wertaufholung Erhöhung des Buchwerts von o Vermögensgegenständen bzw. o Vermögenswerten als Korrektur bzw. bei Wegfall von in früheren Perioden vorgenommenen o Abschreibungen. Handelsrechtlich besteht gem. § 253 Abs. 5 HGB ein rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot gegenüber einem niedrigeren Wertansatz bei Wegfall der Gründe für eine frühere Abschreibung. Hiervon ausgenommen ist der entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwert (o Geschäftswert), dessen niedrigerer Wertansatz beizubehalten ist. Obergrenze von Wertaufholungen sind die fortgeführten o Anschaffungs-/Herstellungskosten. Analog zum Handelsrecht sehen die IFRS gem. IAS 36.110-125 Wertaufholungen vor, sofern sich seit der Erfassung des letzten Wertminderungsaufwands eine Änderung in den Schätzungen zur Bestimmung des erzielbaren Betrags er-

Wertberichtigung geben hat. Die Höhe der Wertaufholung ist dann von den speziellen Bilanzierungsvorschriften für den Vermögenswert abhängig (IAS 36.114, 117-118). Für Wertminderungen des Geschäftsoder Firmenwerts besteht auch nach IFRS ein Wertaufholungsverbot. Wertberichtigung Passivischer Korrekturposten zum unveränderten Ansatz der o Anschaffungs-/ Herstellungskosten eines o Vermögensgegenstandes, auch als indirekte o Abschreibung bezeichnet. Passivische W. sind nach HGB seit 1985 mit Ausnahme der o Pauschalwertberichtigung auf Forderungen nicht mehr zulässig. Im weiteren Sinne auch aktivische W. zu Passiva, z.B. o Verlustvortrag als W. zum o Eigenkapital. Werthaltigkeitstest = o Impairment Test Wertminderung Eine W. liegt vor, wenn der Börsen- oder Marktpreis eines Vermögensgegenstands bzw. sein beizulegender Wert seinen Buchwert vorübergehend oder dauerhaft unterschreitet. Die Bewertung bei W. orientiert sich im HGB am o Niederstwertprinzip. Nach den IFRS wird das Vorliegen einer W. durch einen o Impairment Test überprüft. Eine festgestellte W. führt zu einer außerplanmäßigen o Abschreibung. Wertpapier o Finanzinstrumente Wertschlüssel o Kostenschlüssel für die o Kostenverteilung bzw. o Kostenzurechnung in Form einer Wertgröße (z.B. Einzelkosten als Basis für die Verteilung der Gemeinkosten). Wertschöpfung Als betriebliche W. wird der durch die Unternehmenstätigkeit erzeugte Wertzuwachs einer Periode bezeichnet. Im Rahmen einer o Wertschöpfungsrech-

nung kann sie als Differenz der vom Unternehmen abgegebenen Gesamtleistungen und dem wertmäßigen Verbrauch der von außen bezogenen Vorleistungen ermittelt werden. Wertschöpfungsrechnung 1. Definition „Wertschöpfung“ Der Begriff „Wertschöpfung“ (value added) charakterisiert den durch ökonomische Aktivitäten geschaffenen Mehrwert einer Wirtschaftseinheit und findet sowohl für die Beschreibung des den Mehrwert schaffenden Prozesses als auch als Maßgröße für den geschaffenen Mehrwert an sich Verwendung. Er wird in der Betriebswirtschaftslehre sowie der Volkswirtschaftslehre gleichermaßen gebraucht. Die Wertmehrung wird dabei als die Differenz der von einer Wirtschaftseinheit erbrachten (Gesamt-)Leistung (Produktions-, Verarbeitungs-, Veredelungs- bzw. Dienstleistung) abzüglich der ihrerseits von anderen Wirtschaftseinheiten übernommenen Vorleistungen (Güter oder Dienstleistungen) definiert, was formal wie folgt zum Ausdruck gebracht werden kann: WS = GL - VL (indirekte Ermittlung bzw. Subtraktionsmethode) (wobei: WS = Wertschöpfung; GL = Gesamtleistung; VL = Vorleistungen) Die Wertschöpfung stellt somit die „Eigenleistung“ einer Wirtschaftseinheit dar. Aus diesem geschaffenen Mehrwert (erzeugtes Gütereinkommen) wird das Einkommen gespeist, das seitens der Wirtschaftseinheit den zentralen Partizipantengruppen, die an der Leistungserstellung durch die Bereitstellung der Produktionsfaktoren „Arbeit“, „Kapital“ und „gesamtgesellschaftliche Infrastruktur“ beteiligt sind, ausbezahlt werden kann (erzeugtes Geldeinkommen). Dieser als Dichotomie bezeichnete Zusammenhang (erzeugtes Gütereinkommen = erzeugtes Geldeinkommen) bewirkt, dass die Wertschöpfung auch durch die Addition der 851

Wertschöpfungsrechnung an die Partizipantengruppen fließenden Einkommensteile ermittelt werden kann, was sich formal wie folgt darstellt: WS = EA + EK + ES + UW (direkte Ermittlung bzw. Additionsmethode) (wobei: EA = Einkommen der Arbeitnehmer durch Löhne und Gehälter, Sozialabgaben, Altersversorgungsaufwendungen, sonstige Personalaufwendungen etc., EK = Einkommen der Kapitalgeber in Form von Gewinnausschüttungen bzw. Zinsen und Ähnlichem; ES = Einkommen des Staates durch Ertragsteuern, sonstige Steuern, Gebühren und ähnliche Abgaben; UW = unverteilte, in der Wirtschaftseinheit belassene Wertschöpfung) Die Wertschöpfung ist somit eine Maßgröße für wirtschaftlichen Erfolg, die – im Gegensatz zum Gewinn bzw. Jahresüberschuss nicht nur auf die Eigentümer (Eigenkapitalgeber) (o Shareholder Value-Konzept), sondern auf alle wesentlichen Stakeholder des Unternehmens bezogen ist. Sie basiert auf einem Unternehmenskonzept, das die Unternehmung primär als eine aus unterschiedlichen Interessengruppen bestehende soziale Gemeinschaft (Koalition) sieht, mit deren Hilfe verschiedene Personen bzw. -gruppen (sog. Partizipanten) ihre subjektiven, zumeist einkommensbezogenen Interessen zu verwirklichen versuchen (Stakeholder Konzept). Durch die Breite ihrer Ermittlung ist die Wertschöpfung als Erfolgsgröße von spezifischen Unternehmensparametern wie Finanzierungsstruktur, Form und Höhe der Besteuerung sowie Unternehmensrechtsform unbeeinflusst. Sie eignet sich deshalb insbesondere für den internationalen Leistungsvergleich. Makroökonomisch repräsentiert die Wertschöpfung den Beitrag eines Unternehmens zur volkswirtschaftlichen Produktion, und damit gleichzeitig – aufgrund der Verbindung zur Kreislauftheorie – zum Volkseinkommen, dem Sozial852

produkt. Das Erfolgsmaß Wertschöpfung verdeutlicht sowohl auf mikro- als auch makroökonomischer Ebene das Phänomen, dass die unternehmerische Leistung durch die dadurch verursachte Einkommensgenerierung soziale Implikationen besitzt. Sie hat somit eine Brückenfunktion zwischen der einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Erfolgsermittlung. Deshalb ist sie auch eine zentrale Leistungsgröße bei der Ermittlung der Nachhaltigkeitsleistung (sog. triple bottom line performance; o Nachhaltigkeitsbericht; o Umweltbilanz) eines Unternehmens, die sowohl die ökonomischen, als auch die ökologischen und sozialen Effekte der Unternehmenstätigkeit abzubilden versucht (GRI, 2006), sowie bei Unternehmenskonzepten, die die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in den Vordergrund rücken (z.B. Arbeitskreis „Das Unternehmen in der Gesellschaft“, 1975). 2. Berechnungsparameter schöpfung

der

Wert-

Die Höhe der Wertschöpfung bestimmt sich aus der mengen- und wertmäßigen Zusammensetzung der Inputkomponenten (Vorleistungen) sowie Outputkomponenten (Gesamtleistung). So lässt sie sich – je nach Ermittlungszweck – einerseits auf Basis von periodischen Erträgen und Aufwendung, Einzahlungen/Auszahlungen bzw. Einnahmen/Ausgaben (liquiditätsorientierte Wertschöpfung) oder auf Basis von o Kosten und Erlöse (betriebliche Wertschöpfung) bestimmen (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Andererseits kann der Umfang der unternehmerischen Leistung als Gesamtleistung (Umsatz plus Lagerproduktion) oder als am Markt erbrachte Leistung (realisierte Umsätze) bzw. der Umfang der Vorleistungen inklusive (sog. NettoWertschöpfung) oder exklusive der Abschreibungen (sog. Brutto-Wertschöpfung) definiert werden. Während man in Kontinental-Europa i.d.R. von der Ge-

Wertschöpfungsrechnung samtleistung sowie der Einbeziehung der Abschreibungen ausgeht (Netto-Wertschöpfung), definiert man in angloamerikanischen Kontexten i.d.R. die Abschreibungen nicht als Bestandteil der Vorleistungen und beschränkt die Leistung auf die Umsatzerlöse. 3. Anwendungsbereiche des Wertschöpfungskonzeptes National wie international wird die Wertschöpfung zur Messung der o Wirtschaftlichkeit (wertmäßige Produktivität) von unternehmerischen Prozessen verwandt, die als Vorraussetzung für eine kapitalbezogene Rentabilität gewertet wird. Dabei werden insbesondere folgende Produktivitätskennzahlen berechnet: Arbeitsproduktivität = WS/A (wobei: WS = Wertschöpfung; A = Arbeitseinsatz; gemessen an den Kosten der eingesetzten Arbeit, Anzahl der beteiligten Personen oder Anzahl der Arbeitsstunden)

Kapitalproduktivität = WS/K (wobei: K = Kapitaleinsatz; gemessen an der Anzahl von Maschinen bzw. Maschinenstunden oder an bewerteten Bestandgrößen unterschiedlicher Vermögenspositionen, dem gesamten Anlagevermögen oder dem Gesamtvermögen)

Diese Teilproduktivitäten lassen sich durch den sog. „Totalen Wertschöpfungsquotient“ (TWQ) miteinander kombinieren: TWQ = ((WS/K) x (WS/A))0,5 (wobei: WS = Nettowertschöpfung (d.h. nach Abzug der Abschreibungen); K = Kapitaleinsatz, gemessen an der Bilanzsumme; A = Arbeitseinsatz, gemessen an der Anzahl der Beschäftigten)

Daneben gilt das Verhältnis von Wertschöpfung zur Gesamtleistung als adäquate Messgröße zur Bestimmung der vertikalen Integration („Betriebstiefe“ oder „Fertigungstiefe“), deren Höhe den Anteil der „Eigenleistung“ eines Unter-

nehmens an seiner Gesamtleistung widerspiegelt. Darüber hinaus gilt die Bruttowertschöpfung als adäquatester Maßstab zur Bestimmung der Größe eines Unternehmens, da sie sowohl die sog. „Betriebstiefe“ (Grad der Eigenleistung) als auch die sog. „Betriebsbreite“ (Volumen der Gesamtleistung) mit einbezieht. Die Veränderung der Wertschöpfung über die Zeit verdeutlicht das Unternehmenswachstum. Setzt man die einzelnen Komponenten der Wertschöpfungs-(Einkommens-)verteilung, die im Rahmen der additiven (direkten) Ermittlung der Wertschöpfung zum Ausdruck kommen, ins Verhältnis zur Wertschöpfung, zeigt dies die anteilsmäßige Struktur der Einkommensgenerierung durch das Unternehmen. Insbesondere die Betrachtung der Veränderung des Anteils der Mitarbeitervergütung über die Zeit in Verbindung mit der Entwicklung der Arbeitsproduktivität gibt Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Lohnentwicklung. Außerhalb der Unternehmensrechnung findet das Wertschöpfungskonzept bei der Bemessung der Mehrwertsteuer Anwendung. Darüber hinaus wurde es in der Vergangenheit als adäquate Grundlage zur Quantifizierung fiskalischer und parafiskalischer Maßnahmen diskutiert. So z.B. als Bemessungsgrundlage für Ertragsteuern (als Ersatz für die Gewerbesteuer), zur Bemessung des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen der Mitarbeiter oder als Zielgröße für strukturfördernde, regionale wirtschaftspolitische Maßnahmen. 4. Wertschöpfungsrechnung richtsinstrument

als

Be-

Die formalisierte Erstellung einer Rechnung zur Ermittlung der Wertschöpfung wird weder im HGB noch in den IFRS gefordert. Gleichwohl findet ein solches Berichtsinstrument in der Unterneh853

Wertschöpfungsrechnung menspraxis Verwendung, worauf auch das IASB in IAS 1.14 explizit Bezug nimmt. Solche Wertschöpfungsrechnungen (value added statements) beinhalten i.d.R. die Darstellung sowohl der Entstehungs- als auch der Verteilungsseite der Wertschöpfung. Eine einheitliche Struktur der beiden Teilrechnungen hat sich – = + – = + – – = – = + = ± – =

bisher allerdings noch nicht herausgebildet. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf die internationale Vergleichbarkeit der gewährten Daten bietet sich die in Tab. 1 (Entstehungsrechnung) und Tab. 2 (Verteilungsrechnung) präsentierte Darstellungsform an (detailliert Haller, 1997).

Umsatzerlöse darauf entfallende Vorleistungen umsatzbezogene Brutto-Betriebswertschöpfung Bestandsmehrungen und andere aktivierte Eigenleistungen darauf entfallende Vorleistungen produktionsbezogene Brutto-Betriebswertschöpfung selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte und Erträge aus immateriellen Vermögenswerte darauf entfallende Vorleistungen Vorleistungen für Miete, Pacht, Leasing u.a. ordentl. Vorleistungen Brutto-Betriebswertschöpfung Abschreibungen auf materielle u. immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens Netto-Betriebswertschöpfung Erträge aus Finanzanlagevermögen Gewöhnliche Unternehmenswertschöpfung außergewöhnliche Erträge bzw. Aufwendungen Aufwendungen aus Verlustübernahmen Unternehmenswertschöpfung

Tab. 1: Entstehungsrechnung

Die „Netto-Betriebswertschöpfung“ repräsentiert dabei die (gewöhnliche) Leistungserstellung im Rahmen der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit, während die „Unternehmenswertschöpfung“ das verteilbare generierte Einkommen darstellt. Aperiodische Erträge bzw. Aufwendungen (z.B. Gewinne/Verluste aus dem Abgang von Vermögensgegenständen) bzw. solche Sachverhalte, die mit der Leistungserbringung des Unternehmens nichts zu tun haben (z.B. außerplanmäßige Ab- oder Zuschreibungen des Anlagebzw. Umlaufvermögens) sollten nicht in die Entstehungsrechnung aufgenommen und außergewöhnliche Komponenten sollten explizit ausgewiesen werden, um

854

die nachhaltige Unternehmensleistung zum Ausdruck zu bringen. Zur Erfüllung des Grundsatzes der Vollständigkeit (o Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung) muss die Wertschöpfungsrechnung auf den gleichen Sachverhalten aufbauen, die auch den anderen Instrumenten des o Jahresabschlusses zugrunde liegen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Überleitung von der „verteilbaren Wertschöpfung“ auf die „Unternehmenswertschöpfung“, da erstere im Gegensatz zur letzteren aperiodische Erträge und Aufwendungen sowie nicht leistungsbedingte Ab- bzw. Zuschreibungen enthält (diese sind Bestandteil des Jahresüberschusses).

Wertschöpfungsrechnung Anteil der Mitarbeiter: Nettolöhne u. -gehälter + Lohnsteuer + Sozialversicherungsbeiträge u. freiwillige Sozialleistungen + Dotierung von Pensionsanwartschaften + andere Lohnersatzleistungen + Tantiemen = Summe des Anteils der Mitarbeiter + Anteil des Staates und der Gesellschaft: Ertragsteuern + indirekte Steuern + Gebühren und andere öffentliche Abgaben ± latente Steuern – Subventionen + andere gesellschaftliche Beiträge = Summe des Anteils des Staates und der Gesellschaft + Anteile der Kapitalgeber: Zinsen und ähnliche Aufwendungen (Fremdkapitalgeber) + Dividenden etc. (Eigenkapitalgeber) = Summe des Anteils der Kapitalgeber + Unverteilte Wertschöpfung ± Zuführung/Auflösung von Rücklagen – Jahresfehlbetrag + Erträge aus Verlustübernahmen = Summe unverteilter Wertschöpfung = Verteilbare Wertschöpfung ± Überleitungsmaßnahmen zur Unternehmenswertschöpfung = Unternehmenswertschöpfung Tab. 2: Verteilungsrechnung

5. Ableitung der Wertschöpfung aus Abschlussdaten Wird keine Wertschöpfungsrechnung originär erstellt, so lässt sich sowohl die Entstehungsrechnung als auch die Verteilungsrechnung auf Basis von Daten des Abschlusses näherungsweise ermitteln. Die Genauigkeit der Rechnung hängt vom Ausmaß und Detaillierungsgrad der in der o Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) bzw. im o Anhang gewährten primären Aufwands- und Ertragsdaten

ab. Somit eignet sich eine nach dem o Gesamtkostenverfahren erstellte GuV besser zur indirekten Ermittlung einer Wertschöpfungsrechnung als eine nach dem o Umsatzkostenverfahren erstellte. Auf Basis der Gliederungsschemata des § 275 Abs. 2 u. 3 HGB sind zur approximativen Berechnung der Entstehung und Verteilung der Wertschöpfung (als Nettobetriebswertschöpfung) die in Abb. 1 und 2 aufgeführten Posten zu berücksichtigen (in Anlehnung an Coenen855

Wertschöpfungsrechnung berg/Haller/Schultze, 2009; hinsichtlich der vergleichbar konzipierten Ableitung der Wertschöpfungsrechnung aus einem IFRS-Abschluss siehe ebenda). Lit.: Arbeitskreis „Das Unternehmen in der Gesellschaft“ im Betriebswirtschaftlichen Ausschuss des Verbandes der Chemischen Industrie e.V.: Das Unternehmen in der Gesellschaft, in: DB 1975, S. 161-173; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009; Global Reporting Initiative (GRI): Sustainability Reporting Guidelines, 2006; Haller, A./Ernstberger, J.: Global Reporting Initiative – Internationale LeitGuV-Posten gemäß § 275 § 275 Abs. 2 HGB Abs. 3 HGB 1 1 2 Veränderung Aktiva D I 2 3 4

5a 5b 7a

8

6

Angabepflicht im Anhang gemäß § 285 Nr. 8a HGB dem Anlagespiegel zu entnehmen*

linien zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten, in: BB 2006, S. 25162524; Haller, A.: Die Wertschöpfungsrechnung – Ein Instrument zur Steigerung der Aussagefähigkeit von Unternehmensabschlüssen, 1997; Lehmann, M.: Leistungsmessung durch Wertschöpfungsrechnung, 1954; Meyer-Merz, A.: Wertschöpfungsrechnung in Theorie und Praxis, 1985; Pohmer, D./Kroenlein, G.: Wertschöpfungsrechnung, betriebliche, in: von Kosiol, E. (Hrsg.): HWR, 1970, Sp. 1913-1921; Weber, H.: Wertschöpfungsrechnung, 1980. Axel Haller

Entstehungsrechnung Umsatzerlöse +/(-) Erhöhung (Verminderung) des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + andere aktivierte Eigenleistungen + sonstige betriebliche Erträge (nur soweit die Bewertungs- und Liquidationserträge gemäß § 277 Abs. 4 Satz 3 HGB eliminiert werden können) = Gesamtleistung Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren Aufwendungen für bezogene Leistungen -

Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen

-

sonstige betrieblichen Aufwendungen (pauschal oder unter Eliminierung der Bewertungs- und Liquidationsverluste bei Angaben im Anhang gemäß § 277 Abs. 4 Satz 3 HGB)

=

(Unternehmens)Wertschöpfung

7

* Bei der Angabe der Abschreibungen im Anlagespiegel ist darauf zu achten, dass in den Abschreibungen des Geschäftsjahres die außerplanmäßigen Abschreibungen enthalten sind. Diese sollten in die Wertschöpfungsrechnung nicht mit aufgenommen werden. Abb. 1: Entstehungsrechnung – Schema zur Ermittlung der Wertschöpfung aus HGB-Abschlussdaten

856

Wertsteigerungsanalyse GuV-Posten gemäß § 275 § 275 Abs. 2 HGB Abs. 3 HGB 6a

Verteilungsrechnung

Angabepflicht + im Anhang gemäß § 285 + Nr. 8b HGB

Angabepflicht im Anhang gem. § 285 Nr. 9a und b HGB

+

Arbeitserträge: Löhne und Gehälter soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung Vergütungen an Mitglieder des Aufsichtsrates u. ä.

Gemeinerträge: 18

17

19

18

+ +

Steuern vom Einkommen und Ertrag sonstige Steuern Fremdkapitalerträge:

11 10 Offenlegungspflicht für den Gewinnverwendungsbeschluss gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 HGB

+ + + +

Übrige GuV-Posten =

Zinsen und ähnliche Aufwendungen Eigenkapitalerträge: a) Dividenden b) Thesaurierungsbetrag lt. GuV oder Gewinnverwendungsbeschluss c) Restbetrag (je nach Saldo der übrigen im Rahmen der Entstehungsrechnung unberücksichtigten GuVPosten: > 0 oder < 0) (Unternehmens)Wertschöpfung

Abb. 2: Verteilungsrechnung – Schema zur Ermittlung der Wertschöpfung aus HGB-Abschlussdaten

Wertsteigerungsanalyse o Shareholder Value-Konzept Wertstoffkosten W. geben den bewerteten sachzielbezogenen Verbrauch von Werkstoffen oder Materialien wieder. Für die Erfassung der Mengenkomponente der primären W. stehen folgende Verfahren zur Verfügung: 1. Skontrationsrechnung: Lagerzugänge und -abgänge werden laufend aufgeschrieben. Das Verfahren besitzt einen hohen Exaktheitsgrad mit dem Nachteil hoher Verwaltungskosten. 2. Befundrechnung: Es wird periodisch eine Inventur durchgeführt. Bei Erfas-

sung der Zugänge ergibt sich der Verbrauch aus der Lagerformel: Verbrauch einer Periode = Anfangsbestand + Zugang einer Periode ./. Endbestand Liegen keine nennenswerten Lagerbestände vor (z.B. bei Just-in-time-Lieferung), kann auch allein auf die Zugänge abgestellt werden. 3. Rückrechnung: Der Verbrauch einer Periode ergibt sich aus der Multiplikation von Verbrauch pro Stück gem. Stückliste mit der Anzahl der erstellten Produkteinheiten. 4. Schätzverfahren: Der Verbrauch für geringwertige Werkstoffe kann aus Wirtschaftlichkeitsgründen geschätzt werden. 857

Werttreiber Zur Bewertung der Mengenkomponente kommt neben einer Einzelbewertung auch die Bewertung nach einer o Verbrauchsfolgefiktion (z.B. o FiFo, o LiFo) sowie eine Bewertung zu Durchschnittswerten in Betracht. Dabei kann zwischen einer periodischen und einer gleitenden Durchschnittsbildung unterschieden werden. Bei der periodischen Durchschnittsbildung wird der durchschnittliche Beschaffungspreis auf Basis des Anfangsbestands und aller Zugänge der Periode ermittelt. Bei der gleitenden Durchschnittsbildung wird der durchschnittliche Beschaffungspreis nach jedem Zugang unter Berücksichtigung der zuvor noch verbleibenden Lagermengen neu berechnet. Werttreiber Faktor, mit maßgeblichem Einfluss auf den Unternehmenswert im Sinne des o Shareholder-Value-Konzepts. Im Rahmen der wertorientierten Steuerung sind relevante W. zu erkennen, um das Ziel der Unternehmenswertsteigerung zu operationalisieren. Typische W. sind nach Rappaport z.B. das Umsatzwachstum, die Gewinnmarge und die Kapitalkosten. Lit.: Rappaport, A.: Creating Shareholder Value, 2. Aufl., 1998.

(strenger W.) nicht überschritten werden dürfen. Wesentlichkeit Ein o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem die mit dem o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss vermittelten Informationen für den Adressaten von wesentlicher Bedeutung sein müssen. Sofern eine Information für ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes o Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von untergeordneter Bedeutung ist, darf auf die Anwendung der die Information auslösenden Rechnungslegungsvorschrift verzichtet werden (z.B. §§ 265 Abs. 7, 284 Abs. 1, 296 Abs. 2 HGB). Widerrufender Bestätigungsvermerk o Bestätigungsvermerk Wiederanlageprämisse Die W. liegt der o Kapitalwertmethode und der Methode des o Internen Zinsfußes zugrunde. Danach wird unterstellt, dass zwischenzeitlich anfallende Einzahlungsüberschüsse zum o Kalkulationszins bzw. internen Zinsfuß wiederangelegt werden. Wiederanlaufkosten o Kosten, die durch die Wiederinbetriebnahme eines Aggregates anfallen.

Werttreiberbaum o Kennzahlensysteme

Wiederbeschaffungswert o Substanzwert

Wertzusammenhang Ein mit der o Bilanzidentität verbundener o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem der Wertansatz eines o Vermögensgegenstandes zum Abschlussstichtag auch für die Bewertung der Folgeperiode maßgeblich ist. Im handelsrechtlichen o Jahresabschluss bzw. o Konzernabschluss und in der o Steuerbilanz konkretisiert sich der W. z.B. darin, daß die ursprünglichen o Anschaffungskosten bzw. o Herstellungskosten oder der letzte Bilanzansatz

Wiederbeschaffungskosten Bezeichnung für die zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt geltenden o Anschaffungskosten bzw. o Herstellungskosten von vergleichbaren Vermögensgegenständen. Hierbei können Tagesneuwerte und Tagesgebrauchtwerte unterschieden werden. Bei der Ermittlung letzterer ist von einer gleichen Altersstruktur bzw. gleichem technischen Stand auszugehen. Die W. sind für die verschiedenen Verfahren der o Kapitalund Substanzerhaltung, aber auch für die Bewertung im handelsrechtlichen o Jah-

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Wirtschaftlichkeit resabschluss bzw. o Konzernabschluss und die o Steuerbilanz relevant. Wiedergewinnungszeit = o Amortisationsdauer Wirtschaftliche Einheit o Konsolidierungskreis Wirtschaftliches Eigentum o Eigentum, wirtschaftliches Wirtschaftlichkeit W. wird in der Literatur in der Regel definiert als das Verhältnis von dem aus einer Handlung resultierenden Ertrag zu dem dafür eingesetzten Aufwand. Dabei sind Ertrag und Aufwand hier aber weiter gefasst, als die gleichlautenden Begriffe des externen o Rechnungswesens. Ertrag steht synonym für das Ergebnis eines Handelns, während Aufwand den Einsatz beschreibt, der für dieses Ergebnis geleistet wurde. So betrachtet zeigt die W. den wirtschaftlichen Leistungsgrad an (Mellerowicz, 1963, S. 134; Wöhe, 1959, S. 190).

W. =

Ertrag Aufwand

Eine inhaltliche Richtung erhält das Konstrukt W. durch das sogenannte W.Prinzip. Es wird auch als ökonomisches Prinzip oder Rationalitätsprinzip bezeichnet und ist dem Charakter nach eine normative Forderung. Danach sollen alle Handlungen auf Basis des erforderlichen Aufwands und des erzielten Ertrags beurteilt werden. Formuliert werden kann das W.-Prinzip als Maximumprinzip oder Minimum- bzw. Sparprinzip. Die Maximumvariante besagt, dass bei gegebenem Aufwand der größtmögliche Ertrag zu erzielen ist. Die Minimumvariante verlangt hingegen, dass ein vorgegebener Ertrag mit geringstmöglichem Aufwand zu erzielen ist. In der Ökonomie besteht Einigkeit darüber, dass es von größter Bedeutung ist, die W. des Handelns zu erfassen und das

Ausmaß der Beachtung des W.-Prinzips in unternehmerischen Entscheidungen und Tätigkeiten zu messen und zu kontrollieren (Betge, 1995, Sp. 2763). Vor dem Hintergrund von Knappheit an Geld, an qualifizierten Menschen, an sonstigen Produktionsfaktoren scheint es vernünftig, den Ressourceneinsatz zu minimieren bzw. das Ergebnis des Handelns zu maximieren. Damit wird auch deutlich, dass das W.-Prinzip seiner Natur nach immer komparativ ist. Entweder wird die W. im Zeitvergleich betrachtet: hier ist der Grundgedanke die Verbesserung. Oder es werden mehrere Alternativen bezüglich ihrer W. gegeneinander abgewogen (Hertlein, 1929, S. 135). Dabei ist zu unterscheiden, welche Art von Vergleichsmaßstab herangezogen wird. Von absoluter W. spricht man, wenn bestimmt wird, ob ein von der Unternehmensleitung vorgegebener Mindeststandard erreicht oder überschritten wird. Demgegenüber beschreibt die relative W. die Beziehung der absoluten W. einer Handlung zur absoluten W. einer anderen Handlung. (Warnecke et al., 1996, S. 14, Hertlein, 1929, S. 137-138). Diesem leicht nachvollziehbaren Grundgedanken steht vor allem die offensichtliche Unbestimmtheit der Definition von W. gegenüber. Vordergründig suggerieren die Begriffe Ertrag und Aufwand eine definitorische Klarheit. Bei näherem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass verschiedene Aspekte einer Klärung bedürfen: (i) Der Umgang mit den Zukunftseffekten – Wird ein heutiger W.-Nachteil einer Alternative überkompensiert durch zukünftige Vorteile? (ii) Die Berücksichtigung der externen Effekte des eigenen Handelns – Inwieweit geht z.B. eine erzeugte Umweltverschmutzung in die W.Rechnung des Verursachers ein? (iii) Der Umgang mit dem Risiko – Wie verändern Maßnahmen heute die Risikosituation des Unternehmens morgen und wie erfassen wir diese Effekte? Insoweit verwundert es nicht, dass sich in der wirt859

Wirtschaftlichkeit schaftswissenschaftlichen Literatur keine eindeutige und einheitliche Definition des Begriffs W. herausgebildet hat. Und auch die Abgrenzung zu anderen Begrifflichkeiten, wie bspw. Rationalität, ist unscharf (Forker, 1960, S. 24; Hertlein, 1929, S. 135). Gehen wir zurück auf den Grundgedanken, ist die mit dem Prinzip der W. angedachte Intention, eine bestmögliche Input-Output-Relation unternehmerischen Handelns anzustreben. Mit Blick auf die praktische Anwendbarkeit dieser normativen Forderung geht es im Kern also um nichts anderes, als den abstrakten Begriff W. zu konzeptionalisieren und zu operationalisieren. Konzeptionalisieren bedeutet hierbei, das Konstrukt in seinen Dimensionen zu bestimmen (Hildebrand, 2008, S. 88). Festzulegen ist zum ersten, was überhaupt als Output bzw. Input gelten soll. Werden reine Mengenbewegungen oder Wertbewegungen erfasst? Zum zweiten ist die zeitliche Reichweite der zu erfassenden Wirkungen zu bestimmen. Schauen wir nur auf die Konsequenzen, die sich in einer abgegrenzten Periode zeigen oder betrachten wir den gesamten Lebenszyklus z.B. einer Maschine? Zum dritten ist über die Abgrenzung des Objektbereiches zu entscheiden, für das die Frage der W. beantwortet werden soll. Geht es um eine isolierte Investition in eine bestimmte Anlage oder um die W. eines gesamten Standortes? Und auch die Art des Umgangs mit der Zukunft(-sunsicherheit) muss bestimmt sein. Wie sollen heute die Unwägbarkeiten von morgen erfasst werden? Ist man sich prinzipiell über den Umgang mit diesen Aspekten im Klaren, geht es an die Operationalisierung der Dimensionen. Operationalisierung bedeutet, einen oder mehrere Messansätze zu finden, mit denen das mit dem Begriff W. Intendierte in allen vorab benannten Dimensionen bestimmt werden kann (Homburg/Gie860

ring, 1996, S. 5). In der W.-Literatur werden die Messansätze als Erfolgsmesszahlen bezeichnet. Sie finden sich unter den Begriffen der W.-Analyse oder W.-Rechnung. Dem Grunde nach können hier zwei Arten von etablierten Ansätzen unterschieden werden: (i) Die statischen, auf eine Periode fokussierten Messkonzepte. Dies sind vor allem die o Kostenrechnung und die o Gewinn- und Verlustrechnung. (ii) Die o dynamischen Investitionsrechenverfahren in Form der Kapitalwertmethode oder der internen Zinssatzrechnung. Zunächst wird deutlich, dass die aktuell Verwendung findenden W.-Messansätze eher an Wertbewegungen denn an Mengenbewegungen ansetzen. Allesamt können für ganze Organisationen oder nur Organisationseinheiten angewandt werden. Die Spannweite der damit unterstützten Entscheidungen reicht von der Produktionsprogramm- oder der Prozessoptimierung bis zum ‚Merger‘ zwischen zwei Unternehmen. Dabei werden W.-Analysen als Entscheidungshilfe herangezogen, um diejenigen Maßnahmen für zukünftige Zeitabschnitte zu identifizieren, die die höchste W. erbringen, also aus einer einzelunternehmerischen Perspektive ökonomisch vernünftig sind. Der Grundgedanke, wonach die etablierten Erfolgsmesskonzepte lediglich verschiedene Operationalisierungen des Konstrukts W. darstellen, öffnet den Blick auf die wohl interessanteste Frage im Zusammenhang mit dem W.-Verständnis: Inwieweit repräsentieren die derzeit verwendeten Messansätze das Konstrukt W. tatsächlich? Und hier scheint besonders interessant, was von den Messansätzen nicht erfasst wird und insoweit Fehlentscheide auf Seiten eines Managers induzieren kann. Vor dem Hintergrund der drei genannten Herausforderungen (i) Erfassung von Zukunftseffekten, (ii) Erfassung der Externalitäten und (iii) Berücksichtigung

Wirtschaftlichkeit des Risikos ist mit Blick auf die statischen Messansätze festzustellen, dass alle drei Aspekte recht unbefriedigend abgebildet sind. Zukunftseffekte werden faktisch nicht erfasst. Insoweit werden Entscheidungen nur nach Ihrer periodischen Wirkung beurteilt. Der womöglich negative Einfluss einer Handlung heute auf zukünftige Perioden bleibt weitgehend unbeachtet. Dies kann die längerfristige Überlebensfähigkeit eines Unternehmens gefährden. Externe Effekte, die durch das Handeln des Unternehmens erzeugt werden/wurden, sind ebenfalls nur insoweit berücksichtigt, wie das institutionelle Umfeld verlangt, dass das Unternehmen aufgrund der Externalitäten Kosten aufwendet, die dann in der Kostenrechnung und der Gewinn- und Verlustrechnung Berücksichtigung finden. Der verpflichtende Kauf von CO2Zertifikaten für die verantwortete Treibhausgasentstehung ist ein solches Beispiel (Richter/Furubotn, 1999, S. 109). Und auch die Frage des Risikos einer Entscheidung für die Zukunft wird in der Kostenrechnung nur rudimentär über die kalkulatorischen Zinsen – Höhe des Zinssatzes – und die kalkulatorischen Wagnisse erfasst. In der Gewinn- und Verlustrechnung spielt das Risiko nahezu keine Rolle, da der Ansatz kalkulatorischer Größen und hier vor allem der Ansatz von Eigenkapitalzinsen unzulässig ist. Im Fazit ergibt sich insoweit, dass die statischen Messkonzepte nur sehr beschränkt der zu Grunde liegenden Idee der Messung einer W. in allen diskutierten Dimensionen gerecht werden. Sie sind allein für die periodische Steuerung gedacht. Eine Berücksichtigung der zeitlichen Unterschiede im Anfall der Einund Auszahlungen (o Grundgrößen des Rechnungswesens) findet nicht oder lediglich unvollkommen statt (Perridon/Steiner/Rathgeber, 2009, S. 30, 48). Die statischen Messansätze zeigen an, was ohne Rücksicht auf das Morgen heu-

te effizient ist bzw. eine sehr eng und unvollständig abgebildete W. steigern kann. Insoweit ist auch klar, dass eine solche Periodenorientierung, soll sie nicht zum Schaden des Unternehmens führen, begleitet werden muss von einer längerfristigen Erfolgsveränderungsmessung. Derart müssen die dynamischen Effekte, aber auch die Risikoentwicklung berücksichtigt werden. Das versprechen die dynamischen Investitionsrechenverfahren. Hier werden anhand von Prognosen über zukünftig zu erwartende Einzahlungen und Auszahlungen für eine bestimmte Zahl zukünftiger Perioden die Über- bzw. Unterschüsse errechnet und mittels eines Kalkulationszinses auf den heutigen Entscheidungszeitpunkt abgezinst. Die Beschreibung macht bereits deutlich, dass der Forderung nach Berücksichtigung der Zukunft dem Grunde nach Rechnung getragen wird. Ein Zahlungsunterschuss heute kann sehr wohl überkompensiert werden durch Zahlungsüberschüsse morgen und übermorgen. Jedoch stellt sich die Frage, ob durch das Vergleichen zweier Kapitalwerte tatsächlich eine langfristig gedachte W. und damit nachhaltige und zukunftsfähige Unternehmensentwicklung erreicht wird. Ganz generell gilt, dass Zahlungsüberschüsse umso unbedeutsamer werden, je weiter sie in der Zukunft liegen. Und dieser Effekt wird stärker mit zunehmender Höhe des Kalkulationszinssatzes. In der Konsequenz bedeutet das, dass c.p. Investitionen mit kürzerem Lebenszyklus attraktiver sind als solche mit einem längeren. Gerade wenn zwei Investitionsalternativen mit unterschiedlicher Laufzeit verglichen werden, kann dies zu Fehlentscheiden führen. Bahnbrechende, aber erst langfristig Erfolg bringende Innovationen werden systematisch benachteiligt gegenüber kurzfristig wirksamen inkrementellen Verbesserungen, wenn die unterschiedliche Periodisierung nicht be861

Wirtschaftlichkeit rücksichtigt wird. Die Beurteilung der Berücksichtigung externer Effekte des eigenen Handelns fällt für die dynamischen Investitionsrechenverfahren nicht anders aus, als für die statischen. Fragen einer ökologischen Nachhaltigkeit gehen beispielsweise nur dann ein, wenn sie per externer und/oder interner Regelung internalisiert werden und insoweit Bewegungen in den Cash In- und/oder Cash Out-Größen auslösen. Ganz generell wird offensichtlich, dass die Erfolgsmessansätze für das Konstrukt W. wertfrei sind. Sie bilden immer vor dem Hintergrund der gegebenen Regeln ab, welche Handlungsalternativen mehr oder weniger attraktiv sind. Die Regeln steuern, was in das W.-Kalkül einzugehen hat – Internalisierung externer Effekte – und was nicht. Die Frage der Berücksichtigung externer Effekte ist eine Frage der Gesetzgebung plus der unternehmerischen Spielregeln, in denen sich die Werthaltungen im Rahmen der Unternehmensführung widerspiegeln. Und auch hinsichtlich der Beachtung zukünftiger Risiken weist die klassische Kapitalwertrechnung Schwächen auf. Tatsächlich wandelt sich in Abhängigkeit von der Attraktivität der Investitionen das zukünftige unternehmerische Risiko. Dies müsste durch sich in der Zeit ändernde Risikoaufschläge auf den risikolosen Kalkulationszinssatz berücksichtigt werden. Jedoch wird in der überwiegenden Zahl der Fälle mit einem von Periode zu Periode einheitlichen und auch für jede Alternative gleichen Risikozins gerechnet, obwohl völlig verschiedene Investitionsalternativen mit unterschiedlichen Wirkungen auf das Unternehmensrisiko verglichen werden. Damit wird die Wirkung der Maßnahme selbst auf das Risiko negiert. Ein Vergleich der W. zweier Alternativen findet insoweit implizit unter der Annahme statt, dass es keinerlei Risikoeinfluss gäbe. Zwar stellt die wirtschaftswissenschaftliche Forschung auch Methoden bereit, in welchen perioden862

spezifische und auch schon projektbezogene Kalkulationszinssätze bestimmt werden. Doch sind diese Verfahren bisher kaum in der Unternehmenspraxis angenommen und weisen zu dem Schwächen bezüglich der Bestimmung und Umsetzung des Risikos auf. Es wird deutlich: Die Bestimmung der W. ist Dreh- und Angelpunkt der unternehmerischen Entscheidungsfindung. Für den praktischen Gebrauch des Konstrukts W. müssen vorab implizit zwei Fragen beantwortet werden: (i) Was soll im betrachteten Fall in das W.-Kalkül eingehen (und was nicht)? (ii) Wie soll dieses Verständnis von W. messtechnisch abgebildet werden? Die aktuelle Debatte um eine gesellschaftlich-verantwortliche Unternehmensführung setzt vor allem am ersten Punkt an: Berücksichtigung zusätzlicher Dimensionen im Entscheidungskalkül. Dies sind Fragen der ökologischen Konsequenzen unternehmerischer Handlungen, Nachhaltigkeitsaspekte, aber auch Fragen zur sozialen Verantwortung für die eigenen Arbeitnehmer und die Arbeitnehmer der Wertschöpfungspartner (Luo/Bhattacharya, 2006, S. 1; Wieland/ Schmiedeknecht, 2010, S. 78). Vor dem Hintergrund sind die existierenden Messansätze für die W. kritisch zu betrachten. Häufig sind Kostenrechnung oder Kapitalwertrechnung in ihrer unternehmerischen Umsetzung noch nicht darauf ausgelegt, diese zusätzlichen Aspekte einer immer umfassender verstandenen W. adäquat abzubilden. Und dies gilt auch für die adäquate Erfassung zukünftiger unternehmerischer Risiken, die durch das Handeln heute entstehen bzw. vermieden werden. Lit.: Betge, P.: Wirtschaftlichkeitsanalysen, in: Tietz, B./Köhler, R./Zentes, J. (Hrsg.): HWM, 2. Aufl., 1995, Sp. 27622776; Forker, H.-J.: Das Wirtschaftlichkeitsprinzip und das Rentabilitätsprinzip, 1960; Götzelmann, F.: Rationalität, in: Corsten, H. (Hrsg.): Lexikon der Be-

Wirtschaftsprüfer triebswirtschaftslehre, 4. Aufl., 2000, S. 827-831; Hertlein, A.: Die Kapitalund Erfolgsrechnung als Grundlage der Wirtschaftlichkeitsmessung, 1929; Hildebrandt, L.: Hypothesenbildung und empirische Überprüfung, in: Handbuch Marktforschung, 3. Aufl., 2008; Homburg, C./Giering, A.: Konzeptionalisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte. Ein Leitfaden für dir Marketingforschung, in: Marketing ZFP 1/1996, S. 5-24; Illetschko, L.L.: Rationales Handeln, in: Grochla, E. (Hrsg.): HWO, 1969, Sp. 1385-1394; Luo, X./Bhattacharya, C.B.: Corporate Social Responsibility, Customer Satisfaction, and Market Value, Journal of Marketing 4/2006, S. 1-18; Mayer, L.: Die Problematik der Wirtschaftlichkeitsmessung, in: Hochschule für Welthandel (Hrsg.): Der österreichische Betriebswirt, 1957, S. 130-145; Mellerowicz, K.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 11. Aufl., 1963; Richter, R./Furubotn, E.G.: Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl., 1999; Warnecke, H.J. et al.: Wirtschaftlichkeitsrechnung für Ingenieure, 3. Aufl., 1996; Wieland, J./Schmiedeknecht, M.: Verantwortungsvolle Unternehmensführung, in: Hardtke, A./Kleinfeld, A. (Hrsg.): Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, 2010; Wöhe, G.: Methodologische Grundprobleme der Betriebswirtschaftslehre, 1959. Mario Rese Wirtschaftlichkeitsgrundsatz Ein nicht kodifizierter o Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem zwischen den Kosten einer Informationsrechnung und den durch sie vermittelten Informationen ein angemessenes Verhältnis bestehen soll. Wirtschaftlichkeitskontrolle Eine Hauptaufgabe der o Kosten- und Erlösrechnung; Überwachung des Betriebsgeschehens daraufhin, ob der Kostenanfall auf das zur Leistungserstellung unabdingbare Maß reduziert wurde.

Wirtschaftlichkeitsprinzip = Ökonomisches Prinzip o Wirtschaftlichkeit Wirtschaftlichkeitsrechnung Im engeren Sinne = o Investitionsrechnung; im weiteren Sinne sämtliche Rechnungen, mit denen betriebliche Sachverhalte auf ihre o Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden. Wirtschaftsgut Der Terminus W. ist im Bilanzrecht dem Bereich des Steuerrechts zugeordnet und bezeichnet die einzelnen Bewertungsobjekte des Unternehmens aus steuerrechtlicher Perspektive. Konkret wird in §§ 4 und 6 EStG von einem W. gesprochen, ohne jedoch den Begriff zu definieren. Es sind positive (aktive) und negative (passive) W. zu unterscheiden. Abzugrenzen ist der Begriff des W. von seinen handelsrechtlichen Pendants o Vermögenswert nach IFRS und o Vermögensgegenstand nach HGB. Wirtschaftsjahr Im Steuerrecht die Bezeichnung für ein o Geschäftsjahr. Wirtschaftsprüfer 1. Aufgaben und Berufsbild Die zentrale Rolle des W. besteht darin, der Rechnungslegung von Unternehmen eine hohe Glaubwürdigkeit zu verleihen, indem durch die o Prüfung des Jahresabschlusses sicher gestellt wird, dass die vorgelegte Rechnungslegung mit den Standards, Gesetzen und Satzungsregelungen vereinbar ist, die für die jeweilige Situation relevant sind. Erst dadurch werden die Adressaten der Rechnungslegung in die Lage versetzt, sachgerechte Entscheidungen über ihre Anlagepolitik und die Beurteilung des Managements zu treffen, so dass der W. auch eine wichtige Funktion im Bereich der o Corporate Governance übernimmt. Der Gesetzgeber hat der besonderen Bedeutung dieser Aufgaben dadurch Rechnung getragen, 863

Wirtschaftsprüfer dass er die nach § 316 (1) und (2) HGB erforderlichen Pflichtprüfungen von Jahres- und Konzernabschlüssen gemäß § 319 (1) HGB als Vorbehaltsaufgabe grundsätzlich solchen Personen bzw. Unternehmen zugewiesen hat, die als W. bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG) bezeichnet werden. Hinter diesen Bezeichnungen verbirgt sich ein ganz bestimmtes Berufsbild – man wird nicht W. dadurch, dass man ein Praxisschild an der Haustür anbringt, sondern durch eine öffentliche Bestellung, die den vorherigen Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung durch ein umfangreiches Zulassungs- und staatliches Prüfungsverfahren voraussetzt (§ 1 (1) WPO). Auch die Zulassung einer WPG setzt ein Anerkennungsverfahren voraus, für das der Nachweis erforderlich ist, dass die WPG von W. verantwortlich geführt wird. Die für den W. innerhalb seines Berufsbilds zugelassenen Tätigkeiten gehen aber über den Bereich der Abschlussprüfung hinaus und umfassen auch die Befugnis der Steuer- und Unternehmensberatung, der Wahrung fremder Interessen und der treuhänderischen Verwaltung (§ 2 WPO). Die Tätigkeit des W. wird als freier Beruf und nicht als Gewerbe eingestuft (§ 1 (2) WPO). W. sind in ihrer Berufsausübung durch eine Fülle von nationalen und internationalen Richtlinien, Standards und Gesetzen betroffen, die der besonderen Bedeutung ihrer Tätigkeit für die effiziente Funktion von Kapitalmärkten Rechnung tragen. Besonders deutlich wird dies in den für W. geltenden Berufsgrundsätzen der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Gewissenhaftigkeit, Verschwiegenheit, Eigenverantwortlichkeit und des berufswürdigen Verhaltens (§ 43 WPO sowie ausführlich die Berufssatzung BS WP/vBP). In den letzten 10 Jahren hat sich dabei die gesamte Regulierungsstruktur im Bereich der Wirtschaftsprüfung laufend und teils dramatisch verändert, und auch derzeit (Stand Oktober 864

2010) ist eine erneute Veränderung – angestoßen durch internationale Impulse – absehbar. Die folgenden Abschnitte geben einen kompakten Einblick in diese Zusammenhänge. 2. Internationaler Rahmen a) Transatlantische Entwicklungen. Auslöser der wohl bedeutsamsten Veränderung im Bereich der Regulierung für W. waren die Bilanzskandale um Firmen wie Enron, WorldCom etc., die im Jahre 2001 das Vertrauen in die Rechnungslegung und Abschlussprüfung auf den internationalen Finanzmärkten erschütterten. Die USA reagierten auf diese Ereignisse sehr rasch mit dem Mitte 2002 in Kraft gesetzten Sarbanes-Oxley-Act (SOA). Die bisherige, international verbreitete berufsständische Selbstverwaltung und Überwachung der W. durch eigene Institutionen wurde damit in den USA abgelöst durch die Einrichtung des sogenannten Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB), einer von der SEC beaufsichtigten, berufsstandsunabhängigen privaten Non-ProfitOrganisation, die seitdem für die Überwachung des Berufsstands (insb. Zulassung und Registrierung, Entwicklung von Prüfungsstandards, Qualitätssicherung durch Inspektionen, Sanktionen) unmittelbar zuständig und mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet ist. Der SOA beinhaltet außerdem Regelungen, die das gleichzeitige Angebot von Prüfungs- und Beratungsleistungen durch den W. oder eine WPG beim selben Mandanten weitgehend untersagen, weil man aus dieser Verbindung spürbare Beeinträchtigungen der Unabhängigkeit befürchtet. b) Europäische Entwicklungen. Bilanzskandale waren nicht auf die USA beschränkt, gleichzeitig wurden die obigen Regelungen des SOA quasi als Prototyp für eine regulative Vorgehensweise angesehen, mit dem man das Vertrauen der Kapitalmärkte in die Rechnungsle-

Wirtschaftsprüfer gung und Abschlussprüfung wieder herstellen konnte. Darüber hinaus hat sich durch den SOA das Problem ergeben, dass sich W. und WPG aus Europa, die Abschlüsse von am US-amerikanischen Kapitalmarkt gelisteten Unternehmen (oder deren Tochterunternehmen) durchführen, beim PCAOB registrieren lassen müssen und demnach auch direkt dem dortigen Überwachungsprozess unterworfen sind, zusätzlich zu dem jeweils national gültigen Prozess. Das Bestreben der EU ging folglich dahin, eine für alle Mitgliedstaaten verbindliche Richtlinie zu verabschieden, in der wichtige, auch dem SOA zu Grunde liegende Prinzipien verankert sind, so dass einerseits das Vertrauen der Kapitalmärkte erhalten und andererseits ggf. die internationale Kompatibilität und Anerkennung durch den PCAOB ermöglicht wird. Die sog. EU-Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EG (APR) vom Mai 2006 markiert das wesentliche Ergebnis dieser Überlegungen. Art. 32 dieser APR schreibt demnach verbindlich eine Abkehr von der berufsständischen Selbstverwaltung und die Implementierung eines öffentlichen Aufsichtssystems vor, das in der Hand von „Nichtberufsausübenden“ liegt und in letzter Instanz für die Zulassung und Registrierung von W. und WPG, die Annahme von Berufsgrundsätzen und Prüfungsstandards, die Überwachung der kontinuierlichen Fortbildung, der Systeme zur Qualitätssicherung sowie der Untersuchungs- und Disziplinarsysteme zuständig ist. Art. 22 der APR beinhaltet allgemeine Prinzipien zur Interpretation der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, in denen die Erbringung von Nichtprüfungsleistungen ausdrücklich als ggf. problematisch eingestuft wird. Die APR ist im Jahre 2008 durch zwei Empfehlungen der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten ergänzt worden. Die Empfehlung 2008/362/EG vom Mai

2008 zu Qualitätssicherungssystemen (EQ) bezieht sich auf W. und WPG, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen. Die öffentliche Aufsichtsstelle sollte dabei letztinstanzlich für das System der Qualitätssicherung solcher W. und WPG zuständig sein, wobei die Überwachung durch ein System unabhängiger Inspektionen zu realisieren ist, die nicht von Personen durchgeführt werden dürfen, die ihren Beruf als W. ausüben oder bei einem W. bzw. einer WPG angestellt sind. Damit scheidet z.B. der sogenannte „Peer-Review“ als Element der Qualitätssicherung für den von der Empfehlung erfassten Bereich von Mandaten aus. Die EQ ist als Empfehlung – anders als eine EU-Richtlinie – zwar nicht verbindlich in den Mitgliedstaaten umzusetzen, sie hat aber insb. in Deutschland zu Veränderungen des für W. schon geltenden Überwachungssystems geführt und bildet derzeit einen wesentlichen Impuls zur erneuten Modifikation (s.u.). Eine zweite, die APR ergänzende Empfehlung 2008/473/EG der EUKommisison vom Juni 2008 zur Haftung empfiehlt den Mitgliedstaaten eine grundsätzliche Beschränkung der Prüferhaftung mit der gleichzeitigen Nennung bestimmter, dafür geeigneter Möglichkeiten. In Deutschland besteht gemäß § 323 (2) HGB bereits eine explizite Haftungsbeschränkung, so dass aus dieser Empfehlung national kein Änderungsbedarf resultiert. Mit einer weiteren Änderung der europäischen Rahmenbedingungen ist durch das am 13. Oktober 2010 von der EUKommission vorgelegte „Grünbuch: Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise“ zu rechnen, das eine (fachlich noch zu diskutierende) Agenda für künftige Maßnahmen zur Sicherung der Prüfungsqualität in der EU vorstellt. Hier wird unter anderem vorgeschlagen, dass der W. künftig nicht mehr vom zu prüfenden Unternehmen, sondern von einem Dritten 865

Wirtschaftsprüfer (etwa einer Regulierungsbehörde) bestellt wird, außerdem wird ein obligatorischer Prüferwechsel nach einer bestimmten Zeitspanne („externe Rotation“) angeregt, ebenso eine Prüfung durch mehrere W. oder WPG etc. c) Wichtige Internationale Organisationen. Die internationale Regulierung für W. wird unterstützt durch internationale Organisationen des Berufsstands – entweder weil sie für die Lösung bestimmter Fragen von den jeweiligen Standardsetzern direkt kontaktiert werden oder weil sie aus berufsständischer Sicht Einfluss auf die Gestaltung der künftigen Regelungen nehmen. Eine wichtige Rolle kommt der International Federation of Accountants (IFAC) zu. Dies ist der Weltverband der Abschlussprüfer, in dem derzeit 159 nationale Organisationen des Berufsstands aus 123 Ländern vereinigt sind (für Deutschland sind das o Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und die o Wirtschaftsprüferkammer (WPK) Mitglieder). Die Mitgliedsorganisationen verpflichten sich, die Grundsätze und Verlautbarungen der IFAC umzusetzen, soweit dem nicht nationales Recht entgegen steht. Die Arbeit der IFAC spielt sich vornehmlich im Rahmen von Fachausschüssen ab, in denen z.B. International Standards of Auditing (ISA) (o Internationale Prüfungsnormen, o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung) sowie Berufsgrundsätze und andere Publikationen erarbeitet werden, um eine internationale Stärkung, Harmonisierung und Qualitätssicherung der Prüfung zu gewährleisten. Die Bedeutung dieser Tätigkeiten zeigt sich aktuell etwa in Art. 26 der APR, wonach die ISA (die gerade im Rahmen eines sogenannten Clarity-Projekts überarbeitet wurden) grundsätzlich als für die EU verbindliche Prüfungsstandards zur Anwendung kommen können, wenn sie von der EU-Kommission in einem besonderen Verfahren anerkannt worden 866

sind, wobei eine angemessene öffentliche Aufsicht sichergestellt sein muss. Zu diesem Zweck wurde im Jahre 2005 der sogenannte Public Interest Oversight Board (PIOB) gegründet, der die im öffentlichen Interesse liegenden Aktivitäten der IFAC überwacht. Das rein europäische Pendant zur IFAC ist die Fédération des Experts Comptables Européens (FEE), die als Vereinigung des europäischen Berufsstands mit derzeit 43 Mitgliedsorganisationen aus den 27 EU-Mitgliedsstaaten (für Deutschland ist das IDW Mitglied) grundsätzlich ähnliche Ziele wie die IFAC unter Betonung der europäischen Note verfolgt. 3. Nationale Gegebenheiten und Entwicklungen a) Organisationen in Deutschland und deren Aufgaben. Die WPK ist eine der Rechtsaufsicht durch das BMWT unterliegende Körperschaft des öffentlichen Rechts, bei der alle W. zwangsweise Mitglied sind und die gemäß § 4 WPO in mittelbarer Staatsverwaltung tätig wird. Gemäß den §§ 4 (1) und 57 WPO und umfassen die Aufgaben unter anderem die Bestellung und Registrierung von W. und WPG, die Qualitätssicherung durch Implementierung eines Qualitätskontrollverfahrens, die Berufsaufsicht, den Erlass von Berufsausübungsregeln, die Wahrung der Belange der Mitglieder im Rahmen von öffentlichen Anhörungen und Gesetzgebungsverfahren. In Antizipation der Verabschiedung der APR wurde mit dem am 01.01.2005 in Kraft getretenen Abschlussprüferaufsichtsgesetz die sogenannte Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) eingerichtet, um im nationalen Rahmen ein System der öffentlichen, berufsstandsunabhängigen Aufsicht passend zu Art. 32 APR zu etablieren. Die APAK hat gem. § 66a WPO die Funktion einer öffentlichen fachbezogenen Aufsicht über die WPK insb. im Rahmen der Berufsaufsicht und Quali-

Wirtschaftsprüfer tätskontrolle. Sie ist mit sechs bis zehn vom Berufsstand unabhängigen (aber fachkundigen) Mitgliedern besetzt, und ihr steht die Letztentscheidungsbefugnis über alle von der WPK bearbeiteten Aufsichtsvorgänge zu. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat sie umfangreiche Informations- und Einsichtsrechte sowie Befugnisse, an Sitzungen der WPK-Gremien sowie Qualitätskontrollen teilzunehmen etc. Die WPK hat dabei die Primärzuständigkeit, die APAK kann aber Entscheidungen an die WPK zurück verweisen und sogar bei Nichtabhilfe eines empfundenen Mangels eine abweichende Letztentscheidung verfügen. Die APAK wiederum unterliegt wie die WPK der Staatsaufsicht durch das BMWT gemäß § 66 WPO. Sie nimmt außerdem die Vertretung Deutschlands in internationalen Gremien der Berufsaufsicht wahr, so etwa in der European Group of Auditors’ Oversight Bodies (EGAOB). In Antizipation der oben erwähnten Empfehlung EQ der EU-Kommission wurde die WPK mit dem am 6. September 2007 in Kraft getretenen Berufsaufsichtsreformgesetz über die §§ 61a und 62b WPO mit der Durchführung sogenannter anlassunabhängiger Sonderuntersuchungen beauftragt. Dabei handelt es sich faktisch um die in der Empfehlung EQ geforderten Inspektionen, und sie betreffen auch nur solche W. und WPG, die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 319a (1) Satz 1 HGB prüfen. Die direkt bei der WPK angestellten Inspektoren (welche über die Qualifikation als W. verfügen müssen) überprüfen das Qualitätssicherungssystem des W. bzw. der WPG sowie ausgewählte Aspekte (bei dieser Auswahl beteiligt sich die APAK) der Prüfungsdurchführung bei der Prüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse. Festgestellte Mängel werden von der WPK im Rahmen ihrer Sanktionsmöglichkeiten ggf. geahndet oder in schweren Fällen an die Berufsgerichtsbarkeit verwiesen.

In das Kontrollsystem der WPK fließen weiterhin auch Informationen des Enforcement im Bereich der Rechnungslegung durch die o Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ein, die durch das Bilanzkontrollgesetz vom 15.12.2004 installiert wurde. Sie prüft gemäß § 342b HGB den zuletzt festgestellten Jahresabschluss und Lagebericht bzw. Konzernabschluss und Konzernlagebericht von kapitalmarktorientierten Unternehmen nach bestimmten Grundsätzen in einem zweistufigen Verfahren unter Mitwirkung der o BAFin. Sofern sich dabei Anhaltspunkte für Mängel in der Abschlussprüfung ergeben, erfolgt gemäß § 342b (8) HGB eine Mitteilung an die WPK, die daraufhin mit eigenen Untersuchungen reagieren kann. Das IDW ist ein berufsständischer Verband auf freiwilliger Basis, in dem (Stand 01.10.2010) 12.051 W. (das sind 86,37% aller W.) und 1.037 WPG als Mitglieder eingetragen sind. Die Aufgaben des IDW bestehen nicht nur in der Interessenvertretung für den Berufsstand, sondern ebenso in der Facharbeit sowie in Angeboten zur Aus- und Fortbildung der Berufsangehörigen. Die Facharbeit findet – analog zur IFAC – in zahlreichen Ausschüssen statt, und die Ergebnisse finden sich unter anderem in Form sogenannter Prüfungsstandards, die als Präzisierung der o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung über den Berufsgrundsatz der Gewissenhaftigkeit bei Prüfungen anzuwenden und weitgehend mit den ISA kompatibel sind. Außerdem publiziert das IDW Stellungnahmen und Gutachten zu Fragen der Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung. b) Aktuelle Entwicklungen. Derzeit ist absehbar, dass das System der Berufsaufsicht in Deutschland im Sinne der EUEmpfehlung EQ zur Qualitätssicherung weiter entwickelt wird. Insbesondere das Nebeneinander eines peer reviewbasierten Verfahrens der Qualitätskon867

Wirtschaftsprüferkammer (WPK) trolle einerseits und der Inspektionen (anlassunabhängige Sonderuntersuchungen) andererseits soll in einem methodisch einheitlichen Verfahren zusammen gefasst werden. Dabei soll es dann nur noch Inspektionen geben, und die APAK soll auch die Primärzuständigkeit über diese Verfahren erhalten, um den Aspekt der Berufsstandsunabhängigkeit der Aufsicht noch deutlicher werden zu lassen und dadurch das System international besser vermitteln zu können. Die letztliche Ausgestaltung dieser Änderungen wird aber auch von den Ergebnissen der Diskussion des Grünbuchs der EU-Kommission abhängen, aus dem sich (siehe oben) auch noch weitergehende, bedeutsame Impulse für Modifikationen ergeben können. Lit.: Freidank, C.-C./Lachnit, L./Tesch, J.: Vahlen’s großes Auditing Lexikon, 2007; Hense, B./Ulrich, D.: WPOKommentar, Kommentar zum Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer – Wirtschaftsprüferordnung (WPO), 2008; International Federation of Accountants: IFAC-Handbook 2010 (http://www.ifac.org); Marten, K.U./Quick, R./Ruhnke, K.: Wirtschaftsprüfung, 3. Aufl., 2007; Wagenhofer, A./Ewert, R.: Externe Unternehmensrechnung, 2. Aufl., 2007, Kapitel 10-12; Wirtschaftsprüferkammer: Gremien und Organisationen im Bereich der Rechnungslegung und Prüfung, in: WPKMagazin 2/2008, S. 16-19; Wirtschaftsprüferkammer: Neuordnung der Berufsaufsicht und der Qualitätskontrolle – weitere Entwicklung, in: WPK-Magazin 1/2010, S. 6-9. Ralf Ewert Wirtschaftsprüferkammer (WPK) Die WPK mit Sitz in Berlin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder o Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, o Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften in Deutschland sind. Ge868

gründet wurde sie im Jahr 1961. Nach § 57 Wirtschaftsprüferordnung sind die Aufgaben der WPK unter anderem die Berufsaufsicht über ihre Mitglieder auszuüben, Qualitätskontrollverfahren durchzuführen, Wirtschaftsprüfer zu bestellen bzw. ihre Bestellung zu widerrufen, ihre Mitglieder zu beraten und zu belehren sowie Wirtschaftsprüfungsexamen durchzuführen. Unterstellt ist die WPK dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Wirtschaftsprüferordnung (WPO) Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer vom 24.07.1961 in der Fassung der Bekanntmachung vom 05.11.1975, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2010, zur Regelung der Berufsstellung, Bestellung, Rechte und Pflichten sowie beruflicher Organisationen des o Wirtschaftsprüfers. Sie schließt die Regelungen für o vereidigte Buchprüfer ein (§§ 128 ff. WPO). Wirtschaftsprüfung = Revisionswesen = Prüfungswesen Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre, das sich mit der Struktur und der Überwachung betriebswirtschaftlicher Überwachungsvorgänge beschäftigt (o Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung; o Prüfung des Jahresabschlusses; o Prüfung des Konzernabschlusses; o Revision, interne; o Wirtschaftsprüfer). Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Gesellschaft, die die Aufgabe eines o Wirtschaftsprüfers erfüllt und nach der o Wirtschaftsprüferordnung anerkannt ist. Die dem Wirtschaftsprüfer auferlegten Berufspflichten gelten sinngemäß für W. sowie deren Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und persönlich haftende Gesellschafter, die nicht Wirtschaftsprüfer sind. Der Wirtschaftsprüfer ist in einer W. eigenverantwortlich tätig. Ihm dürfen keinerlei Weisungen erteilt

Wurzeltheorie werden, die die Unterzeichnung von o Prüfungsberichten und Gutachten entgegen der eigenen Überzeugung zum Inhalt haben (§ 44 Abs. 2 WPO). Lit.: WP-Handbuch 2006, 13. Aufl., 2006, S. 29-46.

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Working Capital Anglo-amerikanische Bezeichnung für das gesamte o Umlaufvermögen. Durch Saldierung mit dem kurz- und mittelfristigen o Fremdkapital, ggf. beschränkt auf nicht zinstragende o Verbindlichkeiten, erhält man das Net W., dessen Veränderung zur o Liquiditätsanalyse ganzer Unternehmen oder Teilen davon verwendet wird. WPK = o Wirtschaftsprüferkammer (WPK) WPO = o Wirtschaftsprüferordnung (WPO) Wurzeltheorie Bei der Bewertung ganzer Unternehmen (o Unternehmensbewertung) insb. von Gerichten vertretene Theorie, nach der bei der Ermittlung des o Ertragswerts „Entwicklungen, deren Wurzel in der Zeit nach dem Bewertungsstichtag liegen außer Betracht bleiben“ (BGH IV, ZR 142/70 vom 17.01.1973, NJW 1973, S. 511). Danach werden i.d.R. o Synergieeffekte bei einer Abfindungsbemessung des Abzufindenden nicht vergütet. Lit.: Busse von Colbe, W.: Die Resonanz betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse zur Unternehmensbewertung in der zivilrechtlichen und steuerlichen Rechtsprechung, in: Busse von Colbe, W./Coenenberg, A.G. (Hrsg.): Unternehmensakquisition und Unternehmensbewertung, 1992, S. 173-186; Großfeld, B.: Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., 2002, S. 59-62.

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X XBRL Die eXtensible Business Reporting Language (XBRL) ist ein Standard, der ein vereinheitlichtes elektronisches Datenformat für Jahresabschlussinformationen (o Jahresabschluss) definiert, um damit den Austausch dieser Daten effizienter zu gestalten. Technologische Grundlage ist die im Internet weit verbreitete XMLSpezifikation. Von dieser übernimmt XBRL als wesentliches Merkmal die Verwendung sog. Tags, welche ähnlich einem Barcode eine eindeutige Zuordnung der hinterlegten Informationen ermöglichen. Zentraler Bestandteil von XBRL sind die Taxonomien, welche als standardisierte Kontenpläne zu verstehen sind. Sie geben zum einen die Positionen vor, in die die Daten eines Geschäftsberichts eingefügt werden können. Sie definieren darüber hinaus aber auch kontextspezifische Informationen, beispielsweise mehrsprachige Bezeichnungen, sowie rechnerische und hierarchische Beziehungen zwischen den einzelnen Positionen, die in Linkbases hinterlegt sind. Hierdurch sind in XBRL kodierte Daten automatisch mit einer semantischen Dimension versehen, die neben der eindeutigen Identifizierbarkeit der Positionen einen wesentlichen Vorteil von XBRL gegenüber unstrukturierten Datenformaten, wie z.B. PDF-Dokumenten, ausmacht. Ausgehend von dem zugrunde zu legenden o Rechnungslegungssystem kommen jeweils unterschiedliche Taxonomien zum Einsatz. Für die allgemeine o Publizität existieren heute zahlreiche Taxonomien für alle wichtigen Rechnungslegungsnormen. Aber auch Spezialtaxonomien, beispielsweise für die Berichterstattung im Bereich der Bankenaufsicht, sind im Einsatz. Entwickelt werden die Taxonomien in sog. Jurisdiktionen, privatrechtlichen Organisationen, in denen allen Interessierten Beteili870

gungsmöglichkeiten bei der Entwicklung offen stehen. Für die erstellenden Unternehmen ergibt sich durch XBRL die Notwendigkeit, nicht nur die IT-mäßigen Voraussetzungen für eine Anwendung zu schaffen, sondern sich auch inhaltlich insb. mit der verwendeten Taxonomie auseinanderzusetzen. Die wesentliche Aufgabe beim Erstellen eines XBRL-Abschlusses ist das sog. Mapping, bei dem jedes o Konto des o Kontenrahmens einer inhaltlich entsprechenden Position der Taxonomie zugeordnet werden muss. Erst danach ist das Tagging, das Auszeichnen der Jahresabschlussinformationen mit den passenden Tags, möglich. Anschließend kann mittels der in der Taxonomie definierten rechnerischen Zusammenhänge eine automatische Prüfung auf Einhaltung dieser Beziehungen im XBRLDokument durchgeführt werden, was als Validierung bezeichnet wird. Dazu zählt ebenfalls eine Kontrolle auf Einhaltung der zugrunde liegenden technischen Spezifikationen. Eine Feststellung der inhaltlichen Richtigkeit im Sinne einer Jahresabschlussprüfung (o Prüfung des Jahresabschluss) kann hierdurch allerdings nicht getroffen werden. International hat XBRL stark an Bedeutung gewonnen. Außer im Bereich der Bankenaufsicht, wo sich XBRL früh etablieren konnte, wird es inzwischen auch für viele andere Zwecke eingesetzt. In den USA wird XBRL von der Börsenaufsicht o Securities and Exchange Commission (SEC) seit Mitte 2009, nach einer mehrjährigen Testphase, als verpflichtendes Datenformat für die Einreichung von Geschäftsberichten genutzt. In Deutschland ist XBRL derzeit vor allem im Rahmen des Projektes E-Bilanz des BMF relevant. Mit dem Steuerbürokratieabbaugesetz (SteuBAG) vom Dezember 2008 sollen papierbasierte Abläufe im Besteuerungsverfahren durch elektronische Prozesse ersetzt werden.

XBRL Zu diesem Zweck hat die deutsche Jurisdiktion XBRL Deutschland e.V. eine Erweiterung der HGB-Taxonomie entwickelt, welche als Grundlage für die o Steuerbilanz dient. Das ursprüngliche Vorhaben, von allen Jahresabschlusserstellern in Deutschland einen XBRLAbschluss für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2010 beginnen, zu verlangen, wurde jedoch zunächst um ein Jahr verschoben. Anlass waren Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis, so dass ähnlich wie bei der SEC die breite Einführung in Deutschland nun mit einer freiwilligen Testphase beginnt. Als ein möglicher Vorteil von XBRL werden Effizienzpotentiale im betrieblichen Reportingprozess genannt. Durch einen konsequenten Einsatz könnten zudem Kommunikationsschnittstellen vereinheitlich und dadurch unterschiedliche Informationsansprüche leichter befriedigt werden. Auch positive Verbundeffekte könnten erzielt werden, die sich aus einer stärkeren Standardisierung von elektronisch gespeicherten Finanzinformationen ergeben. Insgesamt zeigt die aktuelle Verbreitung, dass sich XBRL als bedeutendster Standard in der elektronischen Finanzberichterstattung weltweit etabliert hat. Lit.: Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.: Finanzkommunikation mit XBRL, in: DB 2010, S. 1472-1479; Debreceny, R. et al.: XBRL for Interactive Data, 2009; Flickinger, N.: XBRL in der betrieblichen Praxis, 2007; für weitergehende Informationen: http://www.xbrl.org/home/. Ole Berger

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Z Zahlungsmittel Im bilanziellen Sinne Barmittel und Sichteinlagen eines Unternehmens. Diese umfassen im Wesentlichen Kassenbestände, Sichtguthaben, Postwertzeichen, verfügbare Frankiermöglichkeiten sowie erhaltene, bislang nicht eingelöste Barund Verrechnungsschecks. Die Veränderung der Z. sowie der o Zahlungsmitteläquivalente wird in der o Kapitalflussrechnung aufgeführt. Zahlungsmitteläquivalente Umfassen gemäß o IAS 7.6 äußerst liquide, kurzfristige o Finanzinvestitionen, welche stets in o Zahlungsmittel umgewandelt werden können und unwesentliche Wertschwankungsrisiken aufweisen. Wesentlich ist, dass die Finanzinvestitionen das Ziel verfolgen, kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und somit zur Zahlungsmitteldisposition zählen. Zudem ist unter Kurzfristigkeit der Finanzinvestitionen eine Restlaufzeit von höchstens drei Monaten ab dem Erwerbszeitpunkt zu verstehen. Die Veränderung der Z. sowie der o Zahlungsmittel wird in der o Kapitalflussrechnung aufgeführt. Zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZGE) Ist für einen o Vermögenswert der erzielbare Betrag im Rahmen des o Werthaltigkeitstests nach IAS 36 nicht separat ermittelbar, da dieser nur in Verbindung mit anderen Vermögenswerten Mittelzuflüsse generiert, so ist die ZGE zu bestimmen, welcher der Vermögenswert zuzuordnen ist. Gemäß IAS 36.6 ist eine ZGE als die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten definiert, die Mittelzuflüsse aus der laufenden Nutzung erwirtschaftet und von Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder Gruppen von Vermögenswerten weitgehend unabhängig ist. Nach IAS 36.70 liegt eine Z. immer dann vor, wenn für die hergestellten Erzeugnisse ein o aktiver Markt existiert. Ein erworbener 872

o Geschäftswert ist im Rahmen der o Kaufpreisallokation zum Erwerbszeitpunkt auf die ZGE oder Gruppen der ZGE aufzuteilen, welche voraussichtlich von den Synergien des Unternehmenserwerbs profitieren werden. Dabei darf die ZGE oder die Gruppe der ZGE nicht kleiner sein als die niedrigste Stufe des Unternehmens, auf welcher der Geschäftswert intern gesteuert wird und nicht größer als ein Geschäftssegment gemäß IFRS 8. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 238; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 762, 1009. Zahlungsreihe Die mit einem Investitionsobjekt verbundenen Zahlungen für mehrere Zeitpunkte oder Perioden lassen sich in Form einer diskreten Z. oder eines kontinuierlichen Zahlungsstromes darstellen. Dabei wird gewöhnlich mit einer Z. gerechnet, die auf einer Zeitskala mit gleichlangen Abschnitten (von meistens einem Jahr) abgebildet wird. Alle Zahlungen, die innerhalb einer Periode anfallen, werden aus Vereinfachungsgründen dem Periodenende zugerechnet. Zeitbezugsmethode o Währungsumrechnung Zeitlohn o Arbeitskosten Zeitpräferenz o Zins Zeitvergleich Auswertungsmethode im Rahmen der o Bilanzanalyse, bei der die wirtschaftliche Entwicklung des untersuchten Unternehmens an der eigenen Vergangenheit beurteilt wird.

Zins Zeitwert = o Tageswert In deutschsprachigen Übersetzungen internationaler Rechnungslegungsnormen wird der o Fair Value als beizulegender Z. bezeichnet. Zeitwert, beizulegender = o Fair Value Zeitzentrum Als Z. einer o Zahlungsreihe wird der Zeitpunkt bezeichnet, auf den bezogen der o Gegenwartswert gleich der einfachen Summe aller Zahlungen ist. Zero-Base-Budgeting Instrument der Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit dem Ziel der Gemeinkostensenkung bzw. -umverteilung im Sinne operativer und strategischer Ziele. Dabei hat jeder Bereichsleiter sein Budget detailliert von Grund auf (auf der Basis Null) zu begründen. Dazu ist eine detaillierte Aktionsplanung notwendig. Zwischen diesen Einzelplänen legt die Unternehmensleitung dann die Rangordnung fest und bestimmt das Budget für die einzelnen Bereiche neu (o Budgetierung; o Gemeinkostenmanagement). Lit.: Arnold, M.: Zero-Base Budgeting, 2. Aufl., 2005. Zerschlagungsbilanz Eine o Sonderbilanz, die dann aufzustellen ist, wenn das Unternehmen aufgrund eines Konkurses oder wegen einer freiwilligen Liquidation aufgelöst wird. In der Z. werden sämtliche o Vermögenswerte mit ihrem erwarteten Verkaufspreis bewertet. Das nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleibende Vermögen steht den Eigenkapitalgebern zu. Der durch Aufstellung einer Z. ermittelte Unternehmenswert wird als o Liquidationswert bezeichnet. Zerschlagungsstatik o Bilanztheorien

ZGE = o Zahlungsmittelgenerierende Einheit Zielkongruenz Kriterium zur Beurteilung der Anreizwirkung rechnungswesenbasierter Vergütungssysteme; Z. liegt vor, wenn sich der mit der Entscheidung Beauftragte durch eine Entscheidung entsprechend den Zielvorstellungen des Auftraggebers im Ein-Personen-Kontext nicht finanziell schlechter stellt und umgekehrt sich durch eine Entscheidung entgegen den Zielvorstellungen des Auftraggebers nicht besser stellen kann. Die Kosten der Vergütung selbst werden beim Z.Kriterium nicht berücksichtigt. Ein zielkongruentes Vergütungssystem liegt z.B. unter bestimmten Annahmen bei einer Vergütung anhand des o Residualgewinns unter Anwendung des o relativen Beitragsverfahrens vor. Lit.: Crasselt, N.: Wertorientierte Managementvergütung, Unternehmensrechnung und Investitionssteuerung, 2003, S. 86-90. Zielkostenrechnung = o Target Costing Zins Der Z. ist der Preis für die Überlassung einer Geldeinheit für eine bestimmte Zeit. Er drückt insofern eine Zeitpräferenz aus, als ein heute verfügbarer Betrag höher bewertet wird als ein gleichhoher Betrag, der erst später zur Verfügung steht. Analog weist eine später zu leistende o Auszahlung einen geringeren Wert auf als eine sofortige Zahlung in gleicher Höhe. Der Z. kann außer als Preis für die entgangenen anderweitigen Nutzungsmöglichkeiten des Geldes auch als Entgelt für Konsumverzicht und als Ausdruck der Liquiditätspräferenz interpretiert werden. Für die Aufnahme von Finanzmitteln hat der Investor einen bestimmten Soll- oder Aufnahmezinssatz zu zahlen, für die Ver873

Zinsdeckungsgrad gabe erhält er einen Haben- oder Anlagezinssatz. Der Zinssatz wird meistens in Prozent pro Jahr (per annum, p.a.) angegeben. Der Zinsbetrag richtet sich nach Zinssatz, Verzinsungsdauer und Höhe des zu verzinsenden Betrages sowie nach der Form der Verzinsung. Weiterhin ist zwischen o Nominalzinssatz und o Effektivzinssatz zu unterscheiden. Zinsdeckungsgrad Stellt eine grundlegende Kennzahl des o Ratings und der o Bilanzanalyse dar und bestimmt sich aus dem Verhältnis von o EBIT zu Zinsaufwand. Der Z. gibt an, inwieweit zu leistende Zinsaufwendungen aus dem erwirtschafteten EBIT gedeckt werden können und dient als Entscheidungshilfe bei zusätzlicher Fremdkapitalaufnahme. Zinsfuß, interner Der i. Z. ist derjenige Zins (r), bei dessen Anwendung als Kalkulationszinsfuß der Kapitalwert (C0) einer Investition gleich null ist (o Investitionsrechnung, dynamische). n

C0

 a 0  ¦ c t ˜ (1  r ) t

0

t 1

Der i. Z. gibt die Effektivverzinsung eines Investitionsobjekts unter der Annahme an, dass alle zurückfließenden liquiden Mittel (ct mit t = 1, 2, …, n) erneut zu i. Z. angelegt werden können. Durch diese implizite Wiederanlageprämisse kann die Beurteilung von alternativen Investitionen im Vergleich zu einer Beurteilung mit der o Kapitalwertmethode zu Wiedersprüchen führen. Diese lassen sich aber durch eine explizite Wiederanlageprämisse, wie sie der Berechnung des o modifizierten i. Z. (Baldwin-Zins) zugrunde liegt, vermeiden. Weitere Probleme der Methode liegen darin, dass unter bestimmten Umständen, insb. dann wenn keine o Normalinvestition vorliegt, mehrere Lösungen für den i. Z. existieren können. 874

Lit.: Bieg, H./Kußmaul, H.: Investition, 2. Aufl., 2009, S. 105-112; Hölscher, R.: Investition, Finanzierung und Steuern, 2010, S. 48-54; Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 12. Aufl., 2009, S. 102112. Zinssatz o Zins Zinseszinsen Z. fallen an, wenn bei der Berechnung der o Zinsen über mehrere Zinsperioden (gewöhnlich Jahre) hinweg schon angefallene Zinsen im weiteren Verlauf selbst verzinst werden. Zukunftserfolg o Zukunftserfolgswertverfahren Zukunftserfolgswertverfahren Verfahren der o Unternehmensbewertung, bei der die Wertermittlung auf zukünftigen Erfolgsgrößen (o Cashflows, o Residualgewinne) basiert. Lit.: Busse von Colbe, W.: Der Zukunftserfolg, 1957. Zulagen o Subventionen Zurechnungsmethode o Teilwert Zusatzerlöse o Erlöse, denen kein Ertrag gegenübersteht, z.B. für selbstgeschaffene, nicht abgesetzte Patente; bildet zusammen mit den o Anderserlösen die o kalkulatorische Erlöse. Zusatzkosten o Kosten für Güterverbräuche, die nicht als o Aufwand anfallen, z.B. kalkulatorische Eigenkapitalzinsen, kalkulatorische Mieten für betrieblich genutzte Privaträume (o Kosten, kalkulatorische). Zusatzleistung o Zusatzerlöse Zuschlagskalkulation Verfahren der o Kalkulation, bei dem zur Berechnung der Selbstkosten einer

Zweckgesellschaft Leistungseinheit die Einzelkosten den o Kostenträgern direkt zugerechnet und die Gemeinkosten über Zuschlagssätze indirekt verteilt werden. Die zugrundeliegende Art und Anzahl der Bezugsbasen bei der Verteilung der Gemeinkosten kann variieren. Über eine Differenzierung der Zuschlagsätze wird versucht eine möglichst verursachungsgerechte Zuordnung der Gemeinkosten zu erreichen. Lit.: Friedl, G./Hofmann, C./Pedell, B.: Kostenrechnung, 2010, S. 80 ff. Zuschlagsrechnung = o Zuschlagskalkulation Zuschlagssatz Prozentuales Verhältnis zwischen den o Gemeinkosten einer o Kostenstelle (oder Unternehmung) und den während einer Periode angefallenen Mengen- oder Werteinheiten einer Bezugsgröße. Zuschreibung Erhöhung des Bilanzwerts einer Aktivposition ohne Realisierung durch einen Umsatz; nach den o Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nur im Rahmen der o Wertaufholung bis zu den fortgeschriebenen o Anschaffungsoder Herstellungskosten zulässig, wenn der Grund für eine außerplanmäßige o Abschreibung entfallen ist. Nach IFRS teils auch über die fortgeschriebenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinaus möglich, z.B. bei der Bilanzierung von o Sachanlagen und o immateriellen Vermögenswerten nach der o Neubewertungsmethode. Zuschüsse Zuwendungen, die zur Alimentierung von Investitionen (z.B. Baukostenzuschüsse) oder laufende Betriebsausgaben von privater oder öffentlicher Hand geleistet werden. Von Unternehmen werden Z. als Erträge oder Minderungen von Aufwendungen behandelt (o Investitionshilfen, o Subventionen).

Zuwendung der öffentlichen Hand o Subventionen ZVEI-Kennzahlensystem Vom Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie (ZVEI) als Instrument zur Unternehmenssteuerung entwickeltes o Kennzahlensystem. Die Effizienz eines Unternehmens soll dabei mit Hilfe von Wachstums- und Strukturkomponenten ermittelt werden. Die Wachstumsanalyse soll Veränderungen der Zeitreihe mit Hilfe bestimmter Indexkennzahlen feststellen. In der Strukturanalyse sollen Risiken hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der Unternehmung identifiziert werden. Dazu werden aus Daten des betrieblichen Rechnungswesens Kennzahlen zur Ertragskraft (z.B. o Umsatzrentabilität, o Return on Investment) und zum Risiko (z.B. o Anlagendeckung) ermittelt. Lit.: Betriebswirtschaftlicher Ausschuss des ZVEI e.V. (Hrsg.): ZVEI-Kennzahlensystem: ein Instrument zur Unternehmenssteuerung, 4. Aufl., 1989. Zwangsrücklagen o Stille Rücklagen Zweckaufwand Jene Aufwendungen einer Periode, die innerhalb dieses Zeitraums für die Leistungserstellung und -verwertung angefallen sind und deshalb Kostencharakter haben. Der Z. entspricht den o Grundkosten und kann deshalb von der Aufwandsrechnung direkt in die Kostenrechnung übernommen werden (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Zweckertrag Jener Teil der Gesamterträge, der gleichzeitig o Erlös darstellt. Die Z. entsprechen den o Grunderlösen und können daher von der Ertragsrechnung direkt in die Erlösrechnung übernommen werden (o Grundgrößen des Rechnungswesens). Zweckgesellschaft Für einen zuvor definierten Zweck gegründete Gesellschaft, auch bekannt als 875

Zwischenabschluss Special Purpose Entity (SPE) oder Variable Interest Entity (VIE). Die Z. kann in unterschiedlichen Rechtsformen auftreten und liegt häufig in Form von Leasingobjektgesellschaften oder unter Verwendung von Asset-Backed-Securities vor. Der Sponsor/Initiator, welcher die Z. gründet und diese wirtschaftlich kontrolliert, und die Kapitalgeber, welche die Z. finanzieren, fallen i.d.R. auseinander. Die Gründung einer Z. dient häufig dem Zweck der o Off-Balance-Sheet-Bilanzierung, so dass o Vermögenswerte vom Sponsor auf die Z. übertragen werden und durch die Nichtkonsolidierung die o Eigenkapitalquote des Sponsors gestärkt wird. Obliegt der Geschäftsführung der Z. keine Entscheidungsmacht oder ist diese durch vertragliche Regelungen dauerhaft stark eingeschränkt, liegt ein Autopilotmechanismus vor. Da der Sponsor i.d.R. keine Stimmrechtsmehrheit an der Z. besitzt, liegt bei Bilanzierung nach o IFRS meist keine Konsolidierungspflicht gemäß IAS 27 vor. Aufgrund dessen wurde 1998 SIC 12 „Konsolidierung – Zweckgesellschaften“ verabschiedet, welcher den Begriff der o Beherrschungsmöglichkeit (Control-Konzept) nach IAS 27 erweitert. Im September 2010 wurde zudem vom IASB der Arbeitsentwurf eines neuen Standards veröffentlicht, welcher IAS 27 und SIC-12 ersetzen soll. Nach Inkrafttreten des o BilMoG, orientiert sich die Abgrenzung des o Konsolidierungskreises auch im HGB stärker an der wirtschaftlichen Beherrschungsmöglichkeit, wodurch die vorherige Beteiligungserfordernis nach § 290 Abs. 1 HGB entfällt und eine Annäherung an die IFRS- (und US-GAAP-) Regelungen erfolgt. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2010, S. 120-124; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sell876

horn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 155, 161, 164. Zwischenabschluss Ein gem. § 299 Abs. 2 HGB vom o Mutterunternehmen bzw. den o Tochterunternehmen dann aufzustellender o Jahresabschluss, wenn deren o Geschäftsjahr vom Konzerngeschäftsjahr um mehr als drei Monate abweicht. Der Z. ist auf den o Abschlussstichtag des o Konzernabschlusses aufzustellen; für ihn gelten die Bilanzierungs- und Prüfungsvorschriften der §§ 242 ff. HGB analog. Zwischenbericht 1. Aufgaben Z. sind viertel- bzw. halbjährliche Abbildungen der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens und bestehen aus einem verkürzten Einzel- bzw. Konzernabschluss. Sie dienen der regelmäßigen, unterjährigen o Publizität von Rechnungslegungsinformationen und sind somit von der o Ad-hoc-Publizität abzugrenzen, die der unregelmäßigen, fallweisen Übermittlung von Unternehmensinformationen dient. Z. sollen es den Investoren durch die unterjährige Informationsvermittlung ermöglichen, ihr finanzielles Engagement kontinuierlich und zeitnah zu bewerten. Insofern dient der Z. dem Individualschutz der Kapitalmarktteilnehmer. Darüber hinaus stärkt der Z. den Funktionenschutz des Kapitalmarkts, da er durch zeitnahe Informationsverbreitung zu dessen institutioneller, operativer und allokativer Effizienz beiträgt. Empirische Untersuchungen zeigen, dass Z. eine mit der Einzel(Konzern)abschluss vergleichbare Kapitalmarktrelevanz besitzen. 2. Ansätze der unterjährigen Erfolgsermittlung Unternehmerische Tätigkeiten unterliegen wirtschaftlich und vertraglich bedingten saisonalen Einflüssen. So

Zwischenbericht schwanken beispielsweise Umsatz-, Personal- und Materialzahlen im Jahresablauf und Verträge wie Miet- und Pachtverhältnisse werden jährlich beglichen. Bei der Ermittlung des Zwischenerfolgs kann, je nach Berücksichtigung dieser saisonalen Schwankungen, zwischen dem integrativen, dem eigenständigen und dem kombinierten Ansatz unterschieden werden. a) Integrativer Ansatz. Der integrative Ansatz zeichnet sich vereinfachend dadurch aus, dass als Ergebnisgröße das „halbe Jahresergebnis“ ausgewiesen wird. Der Z. stellt somit ein Instrument dar, welches zwei aufeinander folgende Jahresabschlüsse verbindet und den Adressaten eine Prognose auf das Jahresergebnis ermöglichen soll. Die unterjährig publizierten Erfolgsgrößen ergeben sich folglich durch die regelmäßige Glättung der im gesamten Geschäftsjahr erwarteten Ertrags- und Aufwandspositionen, unabhängig vom tatsächlichen Zeitpunkt ihres Anfallens während des Geschäftsjahres. b) Eigenständiger Ansatz. Im Gegensatz hierzu wird bei der eigenständigen Ermittlung der Z. von dem Jahresabschluss weitgehend gelöst. Hier soll nicht das „halbe Jahresergebnis“ sondern das „Ergebnis des Halbjahres“ ermittelt werden. Die Erfassung der Aufwendungen und Erträge erfolgt ausschließlich auf Basis der abgelaufenen Zwischenberichtsperiode. Insofern ist die Zwischenberichterstattung nicht wie bei der integrativen Ermittlung zukunftsorientiert, sondern eher vergangenheitsorientiert. Wird der Z. auf der Basis des eigenständigen Ansatzes erstellt, benötigen die Adressaten für die Prognose des Jahresergebnisses zusätzliche Informationen über die saisonale Verteilung der Aufwendungen und Erträge, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass saisonal bedingte Schwankungen falsch eingeschätzt werden.

c) Kombinierter Ansatz. Mittels des kombinierten Ansatzes wird versucht, die Vorteile der integrierten und der eigenständigen Ermittlung zu vereinen. Erträge sind hierbei grundsätzlich eigenständig abzugrenzen. Somit werden nur die in der jeweiligen Teilperiode realisierten Erträge im Zwischenberichtsergebnis erfasst. Aufwendungen hingegen werden tendenziell integrativ behandelt, also über das anteilige Periodenende hinaus auf das gesamte Geschäftsjahr verteilt. Diese Vorgehensweise entspricht gewissermaßen dem Imparitätsgedanken: Während für Erträge strikt das Realisationsprinzip gilt, können Aufwendungen flexibler den einzelnen Teilperioden zugeordnet werden. 3. Zwischenabschlüsse in Deutschland Die Zwischenberichterstattung wurde im Jahr 2004 durch das TransparenzUmsetzungsgesetzes (TUG) im Rahmen der Umsetzung der EG-Richtline zur „Harmoniserung der Transparenzanforderungen“ neu geregelt. Zuvor galten mit § 44b BörsG und §§ 53ff. BörsZulV lediglich rudimentäre Regelungen zur Erstellung von Z. Durch die Verabschiedung des TUG wurden die alten Regelungen gestrichen und konkretisierende Vorschriften in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) eingefügt. In diesem Zuge überarbeitete das o DRSC den auf die gesetzlichen Neuregelungen abgestimmten DRS 16. Für Unternehmen, die im o Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) gelistet sind, gelten ergänzende Regelungen. a) Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes. Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Halbjahresfinanzberichtes ergibt sich gemäß § 37w Abs. 1 Satz 1 WpHG für alle deutschen Unternehmen, die am inländischen geregelten Markt Aktien oder Schuldtitel begeben. Handelt es sich bei dem berichtenden Unternehmen um ein konzernabschlusspflichtiges Mutterunternehmen, haben dessen ge877

Zwischenbericht setzliche Vertreter den Z. auf Konzernebene aufzustellen. Der Z. ist für die ersten sechs Monate eines Geschäftsjahres zu erstellen und spätestens zwei Monate danach zu veröffentlichen. Er hat mindestens eine verkürzte o Bilanz, o Gewinn- und Verlustrechnung, o Kapitalflussrechnung und einen o Anhang sowie einen Zwischenlagebericht und eine Versicherung der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens (o Bilanzeid) zu enthalten. Eine konkrete Aussage, welcher Ansatz zur Erfolgsermittlung zu verwenden ist, findet sich im Gesetzestext nicht. Lediglich die Vorgabe, dass die gleichen Rechnungslegungsgrundsätze wie im vom Unternehmen aufzustellenden Jahres- bzw. Konzernabschluss zu beachten sind, lässt auf einen eigenständigen Ansatz schließen. Wird zum Geschäftsjahresende gem. § 315a Abs. 1 HGB ein IFRS-Konzernabschluss erstellt, hat das Unternehmen für den Z. IAS 34 „Interim Financial Reporting“ zu beachten. Nach IAS 34 ist für den unterjährigen Berichtszeitraum ein komprimierter Jahresabschluss gem. IAS 1 und damit eine Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Kapitalflussrechnung und o Eigenkapitalveränderungsrechnung auf Basis des Konzerns zu veröffentlichen. Erträge und Aufwendungen sind nach den gleichen Regeln abzugrenzen, wie im Rahmen des Jahresabschlusses. Ertragssteuern sind indes auf Basis des für das Geschäftsjahr erwarteten Steuersatzes zu ermitteln. Ergänzend dazu sind Angaben zu machen, die es dem Adressaten ermöglichen, die Rechenwerke insb. i.V.m. dem Einzel(Konzern)abschluss zu interpretieren (IAS 34.16). Neben dem Ergebnis je Aktie nach IAS 33 (o Gewinn je Aktie) sind für die primären Segmente (IAS 14) des Unternehmens die Umsätze und das Ergebnis zu publizieren. Durch die geforderten Anhangangaben soll es den Adressaten ermöglicht werden, die Veränderungen einzelner Posten 878

des Z. nachvollziehen zu können. Obwohl nicht explizit geregelt, wird davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung dieses Aspekts auch hier die Angabe eines verkürzten Anhangs im Vergleich zum Jahresabschluss ausreicht. Der Zwischenlagebericht hat die wesentlichen Ereignisse im Unternehmen und ihre Auswirkungen auf den verkürzten Abschluss des Berichtszeitraums darzustellen sowie die Chancen und Risiken für das zweite Geschäftshalbjahr zu beschreiben. Ferner haben Emittenten von Aktien wesentliche Geschäfte mit nahestehenden Personen anzugeben, um so die Chancen und Risiken aus Transaktionen, die lediglich aufgrund der besonderen Beziehung zustande gekommen sind, zu verdeutlichen. Der Halbjahresfinanzbericht unterliegt keiner generellen Prüfungspflicht durch einen Abschlussprüfer. Erfolgt keine prüferische Durchsicht ist dies im Bericht anzugeben. Wird der Z. einer Prüfung unterzogen, ist das entsprechende Ergebnis zwingend zu veröffentlichen. Emittenten von Aktien haben zusätzlich zum Zwischenfinanzbericht in jeder Geschäftsjahreshälfte eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung gem. § 37x Abs. 1 Satz 1 WpHG in einem Zeitraum von zehn Wochen nach Beginn und sechs Wochen vor Ende der jeweiligen Berichtsperiode zu veröffentlichen. Diese Zwischenmitteilung soll es den Adressaten ermöglichen, die wesentlichen Ereignisse und die aktuelle Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Mitteilungszeitraum zu beurteilen. Erstellt ein Unternehmen Quartalsberichte entfällt gemäß § 37x Abs. 3 WpHG die Pflicht zur Veröffentlichung der Zwischenmitteilungen. b) Vorschriften für den Prime Standard der FWB. Unternehmen, die im Prime Standard gelistet sind, haben gemäß § 66 BörsO der FWB neben den Halbjahresfinanz- zusätzlich Quartalsbe-

Zwischenbericht richte zu veröffentlichen. Die Quartalsberichte sind jeweils zum Ende des dritten und neunten Monats des Geschäftsjahres aufzustellen und innerhalb von zwei Monaten zu veröffentlichen. Erneut sind die gleichen Rechnungslegungsgrundsätze wie im Einzel- bzw. Konzernabschluss und im Halbjahresbericht heranzuziehen. Auch die Regelungen bezüglich Umfang, Offenlegung und Prüfung sind analog zum Halbjahresbericht ausgestaltet, lediglich auf einen Bilanzeid darf verzichtet werden. c) Vorschriften des DRS 16. DRS 16 „Zwischenberichterstattung“ gilt für alle Mutterunternehmen, die zur Aufstellung von Z. auf Konzernebene nach HGB verpflichtet sind. Die Regelungen des DRS 16 konkretisieren die WpHGRegelungen bezüglich der Quartalsberichterstattung und des Zwischenlageberichts. Für Unternehmen, die freiwillig einen Z. nach den Regeln des HGB erstellen, enthält DRS 16 darüber hinaus detailliertere Regelungen für die Aufstellung eines verkürzten Abschlusses. Die Erfolgsermittlung erfolgt dabei nach dem kombinierten Ansatz. Der Z. ist grundsätzlich eigenständig zu erstellen, d.h. unregelmäßig anfallende Aufwendungen und Erträge sind nach dem gleichen Vorgehen abzugrenzen, wie am Ende eines Geschäftsjahres. Allerdings werden Ertragssteuern aus Vereinfachungsgründen mit dem durchschnittlichen gewichteten jährlichen Ertragssteuersatz ermittelt. Durch die Einhaltung der Regelungen des DRS 16 gilt der aufgestellte Zwischenbericht widerlegbar als GoBkonform. 4. Zwischenberichte in den USA Die o SEC verpflichtet börsennotierte US-Unternehmen bereits seit 1970 quartalsweise mittels des Formblatts 10-Q über den Geschäftsverlauf zu berichten. Im vierten Quartal kann die Berichterstattung durch den Jahresabschluss ersetzt werden. Die 10-Q Berichterstattung

umfasst im Wesentlichen eine auf Konzerndaten basierende verkürzte Fassung der Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung sowie der Notes und des mit dem deutschen Lagebericht vergleichbaren Management Discussion & Analysis. In einem zweiten Teil des 10-Q sind weitere non-financial Informationen anzugeben, u.a. Informationen zu laufenden Gerichtsverfahren oder über Sachverhalte, die bereits während der Berichtsperiode in Form von Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht wurden. Die Quartalsberichte müssen 45 Tage nach Abschlusszeitpunkt bei der SEC vorliegen, wobei eine Prüfung der Berichte nicht gefordert wird. Bezüglich der unterjährigen Erfolgsabgrenzung sind die Regelungen von APB Opinion 28 maßgeblich. Hinsichtlich der Bewertung folgen diese in weiten Teilen einer gemäßigten integrierten Ermittlung. Während die Umsätze und Herstellungskosten nach der eigenständigen Methode ermittelt werden, sind die sonstigen Aufwendungen und Erträge überwiegend nach dem integrierten Ansatz zu bestimmen. Ertragsteuern sind grundsätzlich auf Basis des Gesamtjahres zu ermitteln. Lit.: Alvarez, M./Wotschofsky, S.: Zwischenberichtspublizität: Unterjährige Erfolgsabgrenzung, in: FB 2000, S. 35-43; Alvarez, M./Wotschofsky, S.: Zwischenberichterstattung nach Börsenrecht/DRS, IAS und US-GAAP, 2. Aufl., 2003; Coenenberg, A.G./Federspieler C.: Europäische Zwischenberichtspublizität, in: Hesse, H./Welzel, P. (Hrsg.): Wirtschaftspolitik zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen und ökonomischen Grenzen, FS Blum, 1998, S. 267-285; Coenenberg, A.G./Haller, A./Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Aufl., 2009, S. 957-974; Federspieler, C.: Zwischenberichtspublizität in Europa, 1999; Haenelt, T.: Die Zwischenberichterstattung nach IFRS, 2009; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, 879

Zwischenerfolgseliminierung J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 953-968; Strieder, T./Ammedick, O.: Die periodische unterjährige externe Rechnungslegung nach dem TUG und dem künftigen DRS 16, in: KoR 2007, S. 285-292. Bernhard Pellens Zwischenerfolgseliminierung = o Zwischenergebniseliminierung Zwischenergebniseliminierung Eliminierung der o Zwischengewinne und o Zwischenverluste aus Wertansätzen der konzernintern gelieferten Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens, die am Bilanzstichtag verarbeitet oder unverarbeitet im Bestand eines Konzernunternehmens sind, zur Aufstellung des o Konzernabschlusses (§ 304 HGB, IAS 27). Die Z. führt im Konzernabschluß zu Wertansätzen, die gem. der o Fiktion der rechtlichen Einheit des Konzerns analog zu den o Anschaffungskosten bzw. o Herstellungskosten im o Jahresabschluss zu ermitteln sind. Nach dem Grundsatz der o Wesentlichkeit kann auf die Z. verzichtet werden, wenn die Zwischenergebnisse für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden o Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns von untergeordneter Bedeutung sind. Lit.: Busse von Colbe, W./Ordelheide, D./Gebhardt, G./Pellens, B.: Konzernabschlüsse, 9. Aufl., 2009, S. 408-420; Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J./Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 8. Aufl., 2011, S. 780. Zwischengewinn Überschuss des Einzelbilanzansatzes eines konzernintern gelieferten o Vermögensgegenstandes/-werts über den nach der o Fiktion der rechtlichen Einheit des Konzerns zulässigen Wert der Konzernanschaffungs- oder Konzernherstellungskosten. Für die Erstellung des 880

o Konzernabschlusses sind grundsätzlich alle Z. im Rahmen der o Zwischenergebniseliminierung zu eliminieren. Zwischenholding Ein o Tochterunternehmen, das in einer Konzernstruktur selbst o Mutterunternehmen für von ihr abhängige Unternehmen ist. Zwischenprüfung o Prüfung des Jahresabschlusses Zwischenverlust Überschuss des nach der o Fiktion der rechtlichen Einheit des Konzerns zulässigen Wertes der Konzernanschaffungsoder Konzernherstellungskosten über den Einzelbilanzansatz oder den niedrigeren Tageswert eines konzernintern gelieferten o Vermögensgegenstandes/ -werts. Für die Erstellung des o Konzernabschlusses sind grundsätzlich alle Z. im Rahmen der o Zwischenergebniseliminierung zu eliminieren.