Grundlagen der organischen Chemie [Reprint 2019 ed.] 9783111586311, 9783110040302


212 22 52MB

German Pages 779 [784] Year 1980

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1. Einführung und Übersicht
Kapitel 2. Alkane
Kapitel 3. Alkene
Kapitel 4. Alkine
Kapitel 5. Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe
Kapitel 6. Polymerisation
Kapitel 7. Pericyclische Reaktionen
Kapitel 8. Cycloalkane
Kapitel 9. Benzoide aromatische Verbindungen
Kapitel 10. Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen
Kapitel 11. Enantiomerie
Kapitel 12. Nucleophile Substitutionen
Kapitel 13. Eliminierungen
Kapitel 14. Organische Halogenverbindungen
Kapitel 15. Metallorganische Verbindungen
Kapitel 16. Alkohole und Phenole
Kapitel 17. Ether
Kapitel 18. Aldehyde und Ketone
Kapitel 19. a,ß,-Ungesättigte Carbonylverbindungen
Kapitel 20. Carbonsäuren
Kapitel 21. Funktionelle Derivate von Carbonsäuren
Kapitel 22. Amine
Kapitel 23. Aminosäuren, Peptide, Proteine
Kapitel 24. Heterocyclische Verbindungen
Kapitel 25. Naturstoffe
Anhang: Lösung der Aufgaben
Sachregister
Recommend Papers

Grundlagen der organischen Chemie [Reprint 2019 ed.]
 9783111586311, 9783110040302

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Buddrus, Grundlagen der Organischen Chemie

Joachim Buddrus

Grundlagen der Organischen Chemie

w DE

G_ Walter de Gruyter • Berlin • New York 1980

Privatdozent Dr. Joachim Buddrus Institut für Spektrochemie und angewandte Spektroskopie Bunsen-Kirchhoff-Straße 11 4600 Dortmund

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen Bibliothek

Buddrus, Joachim: Grundlagen der organischen Chemie / Joachim Buddrus. - Berlin, New York : de Gruyter, 1980. ISBN 3-11-004030-1

© Copyright 1980 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Einbandgestaltung: Thomas Bonnie, Hamburg. Satz: W.Tutte Druckerei GmbH, Salzweg-Passau. Druck: Karl Gerike, Berlin. Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin.

Vorwort Das vorliegende Lehrbuch soll in die Grundlagen der Organischen Chemie einführen. Das erste Kapitel gibt nach einem Überblick über gängige Bindungsvorstellungen eine kurze Einführung in die Molekülspektroskopie (UV, IR, MS, NMR). Besonders die Kernresonanzspektroskopie (NMR) verhilft zum Verständnis wichtiger Erscheinungen in der Organischen Chemie, wie zum Beispiel Konformationsgleichgewicht, Tautomerie, Aromatizität, Antiaromatizität und andere. Die weiteren Kapitel behandeln in der Mehrzahl Stoffklassen der Organischen Chemie. Dazwischen findet der Leser Kapitel, in denen bestimmte Reaktionstypen im Vordergrund stehen: Polymerisationen, pericyclische Reaktionen, nucleophile Reaktionen, Eliminierungen, Enantiomerie. Im letzten Kapitel wird ein Überblick über Naturstoffe gegeben, soweit diese in vorangegangenen Kapiteln noch nicht behandelt worden sind. Die einzelnen Kapitel enden vielfach mit einem Abschnitt „Mehrstufensynthese", in welchem zuvor behandelte Reaktionen anhand einer mehrstufigen Synthese einer bestimmten Verbindung angewendet werden. Das Lehrbuch enthält 450 Aufgaben. Damit der Leser seinen Wissensstand unmittelbar überprüfen kann, sind die Lösungen sämtlicher Aufgaben im Anhang angegeben. Herr Privatdozent Dr. H. Kneifel, Dortmund, Mitautor des Kapitels „Naturstoffe", und viele andere Kollegen haben Teile des Buches kritisch gelesen. Frau L. Völkel, Dortmund, hat mit Geduld und Geschick das Manuskript in eine klare und ansprechende Form gebracht. Ihnen allen sei gedankt. Dem Verlag de Gruyter danke ich für die außerordentlich gute Zusammenarbeit. Dortmund, Februar 1980

Joachim Buddrus

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einführung und Übersicht 1 1.1 1.2 1.3

Einleitung Bedeutung der Organischen Chemie Entwicklung der Organischen Chemie Sonderstellung des Kohlenstoffs gegenüber anderen Elementen

1 1 1 2

2

Ionische und kovalente Bindung

2

3 3.1 3.2

Elektronenpaarabstoßung und Stereochemie Einfachbindungen Mehrfachbindungen

4 4 7

4 4.1 4.2

Atomorbitale Einfache Atomorbitale Hybridorbitale

8 8 8

5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.2.1 5.1.2.2 5.2

Molekülorbitale und chemische Bindung Lokalisierte Molekülorbitale Einfachbindungen Mehrfachbindungen Ethylen Acetylen Delokalisierte Molekülorbitale

10 10 10 13 13 14 15

6 6.1 6.2

Bindungsenergie Homolytische Spaltung Heterolytische Spaltung

19 19 20

7

Polarität und Polarisierbarkeit

20

8 8.1 8.2

Induktiver und mesomerer Effekt Induktiver Effekt Mesomerer Effekt

24 24 25

9

Zum Ablauf chemischer Reaktionen

26

Spektroskopische Methoden zur Erkennung der Struktur organischer Moleküle Massenspektrometrie Grundlagen Massenspektren einfacher Verbindungen

30 31 31 33

10 10.1 10.1.1 10.1.2

VIII

Inhaltsverzeichnis

10.2 10.2.1 10.2.2 10.3 10.3.1 10.3.2 10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.3 10.4.4

Ultraviolettspektroskopie Elektronenübergänge in Molekülen Ultraviolettspektren ungesättigter Verbindungen Infrarotspektroskopie Grundlagen Interpretation von IR-Spektren Kernmagnetische Resonanzspektroskopie Physikalische Grundlagen Chemische Verschiebung Kopplung Kernresonanzspektroskopie von Kohlenstoff

35 35 38 41 41 44 46 47 49 51 53

Kapitel 2 Alkane 1

Einteilung der Kohlenwasserstoffe

59

2

Alkane, Isomerie

60

3

Nomenklatur

61

4

Homologe Reihe

65

5 5.1 5.2 5.3

Physikalische Eigenschaften Konformation Löslichkeit, Siedepunkte Molekülspektren

65 65 69 70

6

Vorkommen

71

7

Darstellung

71

8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.1.4 8.2 8.3 8.3.1 8.3.2 8.4

Chemisches Verhalten Halogenierung Mechanismus der Halogenierung Reaktivität der Halogene Orientierung bei der Halogenierung Reaktivität und Selektivität Sulfochlorierung Oxidation mit Sauerstoff Autoxidation Verbrennung Pyrolyse

73 73 75 77 79 80 80 81 81 82 84

Inhaltsverzeichnis

IX

Kapitel 3 Alkene 1

Übersicht

85

2

Nomenklatur

85

3 3.1 3.2

Physikalische Eigenschaften cis-trans-Isomerie Molekülspektren

87 87 89

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8

Darstellung Übersicht Aus Alkylhalogeniden und Basen Aus Alkoholen durch Wasserabspaltung Aus Acetaten durch Erhitzen Aus quartären Ammoniumhydroxiden durch Erhitzen Aus Carbonylverbindungen und Yliden (Wittig-Reaktion) Aus Alkinen durch Wasserstoffaddition Aus Alkanen durch Pyrolyse

92 92 93 93 93 94 94 94 94

5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.3.1 5.3.3.2 5.3.3.3 5.3.3.4 5.3.3.5 5.3.4 5.3.4.1 5.3.5 5.3.5.1 5.3.5.2 5.3.5.3 5.3.6 5.4 5.4.1 5.4.2

Chemisches Verhalten Zur Reaktivität von Alkenen Hydrierung Zum Ablauf der metallkatalysierten Hydrierung Hydrierungswärme und Stabilität von Alkenen Elektrophile Additionen Addition von Halogen Addition von unterhalogeniger Säure Addition von Säuren Übersicht Addition von Halogenwasserstoff an alkylsubstituierte Alkene Addition von Halogenwasserstoff an weitere Alkene Addition von Schwefelsäure Addition von Wasser Hydroborierung Oxidation von Alkylboranen Addition von Carbenen Was sind Carbene? Elektronenverteilung in Carbenen Erzeugung von Carbenen und Addition an Alkene Elektrophile Additionen - ein stereochemischer Vergleich Radikalische Additionen Radikalische Addition von Brom Radikalische Addition von Bromwasserstoff

95 95 97 98 100 102 102 103 103 103 104 107 108 109 110 112 114 114 115 116 119 119 120 120

X

Inhaltsverzeichnis

5.4.3 5.5 5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4 5.7 5.7.1 5.7.2

Radikalische Addition weiterer Verbindungen Nucleophile Addition Oxidation an der Doppelbindung Oxidationszustand Oxidation mit Persäuren Oxidation mit Osmiumtetroxid und Kaliumpermanganat Oxidation mit Ozon Substitution in Allylstellung Autoxidation in Allylstellung Halogenierung in Allylstellung

122 122 124 124 125 126 127 129 129 129

Kapitel 4 Alkine 1

Übersicht

133

2 2.1 2.2

Physikalische Eigenschaften Geometrie Molekülspektren

134 134 135

3 3.1 3.2

Darstellung Aus 1,2-Dihalogenalkanen und Basen Aus 1-Alkinen und Alkylhalogeniden

136 136 138

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.4 4.5 4.5.1 4.6

Reaktionen Addition von Wasserstoff Elektrophile Additionen Addition von Halogen Addition von Wasser. Tautomerie Nucleophile Additionen Zusammenfassung der Additionsreaktionen Substitution des Wasserstoffs in 1-Alkinen durch Metalle. Acetylide . . . Reaktionen von Acetyliden Oxidative Dimerisierung von 1-Alkinen

138 138 140 140 141 143 144 145 146 146

5

Acetylen

148

6

Mehrstufensynthese: ein Insekten-Sexuallockstoff

149

Kapitel 5 Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe 1

Übersicht

153

2

Konjugierte Diene

154

Inhaltsverzeichnis

XI

2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.4 2.5 2.6 2.6.1 2.6.1.1 2.6.1.2 2.6.2 2.6.3 2.6.3.1 2.6.3.2 2.6.3.3 2.6.3.4

Struktur und Bindung Konformation Ultraviolettspektren Konstitution und Farbe Darstellung Bedeutung Reaktionen 1,2-Addition und 1,4-Addition von Bromwasserstoff Mesomerie Konkurrenz zwischen 1,2-Addition und 1,4-Addition Weitere Additionen Dien-Synthese (Diels-Alder-Reaktion) DasDienophil Das Dien Anwendung der Dien-Synthese Stereochemie. cis-Prinzip

154 155 156 156 158 159 159 159 160 163 164 165 165 166 166 167

3 3.1 3.2

Kumulene Struktur und Bindung Darstellung

170 170 171

4

Mehrstufensynthese: ein Polyen

172

Kapitel 6 Polymerisation 1

Polymerisation und Polymere

175

2

Einteilung von Polymerisationsreaktionen

176

3 3.1 3.2 3.3 3.4

Polymerisation von Alkenen Kationische Polymerisation Anionische Polymerisation Radikalische Polymerisation Koordinative Polymerisation

177 177 178 179 180

4

Polymerisation von konjugierten Dienen

181

5

Verwendung von Polymeren

183

Kapitel 7 Pericyclische Reaktionen 1

Definition

185

XII

Inhaltsverzeichnis

2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3

Elektrocyclische Reaktionen Stereochemie. Konrotatorische und disrotatorische Drehung Orbitalsymmetrie und Drehsinn Ringschluß Ringöffnung Regeln

186 187 188 188 190 191

3 3.1 3.2 3.3

Konzertierte Cycloadditionen Stereochemie konzertierter Cycloadditionen Erlaubte und verbotene konzertierte Cycloadditionen Regeln

192 193 195 198

4

Konzertierte und stufenweise Cycloadditionen

198

5 5.1 5.2 5.3

Sigmatrope Wanderungen Stereochemie. Suprafaciale und antarafaciale Wanderung Orbitalsymmetrie und Art der Wanderung Regeln

200 200 201 204

Kapitel 8 Cycloalkane 1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.5

Monocyclische Alkane Übersicht. cis-trans-Isomerie Physikalische Eigenschaften Konformationen der Cycloalkane Konformationen des Cyclohexans Axiale und äquatoriale Bindungen im Cyclohexan Konformation substituierter Cyclohexane Ringspannung und Verbrennungswärme Darstellung der Cycloalkane Cyclopropanverbindungen Cyclobutanverbindungen CyclopentanVerbindungen Cyclohexanverbindungen Cyclooctan- und Cyclododecanverbindungen Mittlere und große Ringe Reaktionen der Cycloalkane

205 205 208 208 210 212 212 214 216 216 217 217 218 218 219 219

2

Spirocyclische und polycyclische Alkane

220

Inhaltsverzeichnis

XIII

Kapitel 9 Benzoide aromatische Verbindungen 1

Einleitung

225

2

Übersicht und Nomenklatur

226

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2

Physikalische Eigenschaften Bindung im Benzol Bindungsabstände Delokalisierungsenergie Kernresonanzspektren

229 229 230 230 231

4

Gewinnung aromatischer Verbindungen

232

5

Einteilung der Reaktionen aromatischer Verbindungen

232

6 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.4.1 6.1.4.2 6.1.4.3 6.2 6.2.1 6.2.2 6.3

Elektrophile Substitution an Aromaten Reaktionen des Benzols Nitrierung Halogenierung Sulfonierung Friedel-Crafts-Alkylierung und-Acylierung Übersicht Friedel-Crafts-Alkylierung Friedel-Crafts-Acylierung Reaktionen des substituierten Benzols Ursache der Orientierung Sonderstellung des Halogens Reaktionen mehrkerniger Aromaten

233 236 236 237 238 239 239 240 245 250 253 255 256

7 7.1 7.2 7.3

Additionsreaktionen an Aromaten Lichtinduzierte Halogenierung Reduktion durch solvatisierte Elektronen Katalytische Hydrierung

261 261 262 264

8

Mehrstufensynthese: Darstellung von Vanillin

265

Kapitel 10 Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen 1 Definition aromatischer Verbindungen. Hückel-Regel

269

2 Grenzen der Hückel-Regel

271

3 Antiaromatische Verbindungen

271

4 Ringgröße, Ringwinkel und Planarität

273

5 Kernresonanzspektren

274

XIV

Inhaltsverzeichnis

6 Darstellung

277

7 Reaktionen nichtbenzoider aromatischer Verbindungen

281

8 Vergleich aromatischer, antiaromatischer und olefinischer Verbindungen . . . 282

Kapitel 11 Enantiomerie 1

Definition

285

2

Nomenklatur

286

3

Physikalische Eigenschaften

288

4 Enantiomere mit mehreren asymmetrischen Kohlenstoffatomen 4.1 meso-Verbindungen

289 291

5 5.1 5.2 5.3

Enantiomere ohne asymmetrisches C-Atom Kulumene Biphenylverbindungen Helicene

292 293 293 294

6

Verbreitung von Enantiomeren

295

7

Enantiomerentrennung

296

8

Übersicht über Isomerie

298

Kapitel 12 Nucleophile Substitutionen 1

Allgemeines über nucleophile Substitutionen

301

2

Das Nucleophil

302

3

Die Austrittsgruppe

305

4 4.1 4.1.1 4.2 4.2.1

Zum Ablauf nucleophiler Substitutionen Die S N 2-Reaktion Stereochemie der S N 2-Reaktion. Inversion Die S N 1 -Reaktion Stereochemie der S N l-Reaktion. Racemisierung

306 306 307 308 309

5

Einfluß gesättigter Alkylreste auf den Ablauf von Substitutionsreaktionen

311

6

Einfluß von Benzyl- und Allylresten auf den Ablauf von Substitutionsreaktionen

313

7

Gegenüberstellung: radikalische, elektrophile und nucleophile Substitution

314

Inhaltsverzeichnis

XV

Kapitel 13 Eliminierungen 1

Definition

317

2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.3 2.4

ß-Eliminierungen 318 Synchrone ß-Eliminierungen (E2-Reaktionen) 319 Richtung der synchronen /i-Eliminierung 319 Stereochemie der synchronen ß - E l i m i n i e r u n g 322 Stufenweise ß-Eliminierungen über Carbenium-Ionen (El-Reaktionen) . 325 Stufenweise ß-Eliminierung über Carbanionen (ElcB-Reaktionen) 326 Kinetische Isotopeneffekte bei /?-Eliminierungen 328

Kapitel 14 Organische Halogenverbindungen 1

Übersicht und Nomenklatur

331

2

Physikalische Eigenschaften

333

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Darstellung Aus Alkanen und Halogen Aus Aromaten und Halogen Aus Alkenen und Halogenwasserstoff Aus Alkoholen und Halogenwasserstoff bzw. Säurehalogenid Aus Verbindungen mit einem elektronenanziehenden Substituenten und Halogenid-Ionen

334 334 334 335 335

4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.4

Reaktionen Reaktionen von Alkyl- und Allylhalogeniden Reduktion durch komplexe Hydride Reaktion mit Carbanionen: Knüpfung neuer C — C-Bindungen Reaktionen von Vinyl- und Phenylhalogeniden Substitution Eliminierung. Arine Reaktionen mit Metallen. Grignard-Verbindungen Reaktion mit metallorganischen Verbindungen

337 338 338 338 340 340 343 345 347

5

Polyhalogenverbindungen und ihre technische Bedeutung

348

336

Kapitel 15 Metallorganische Verbindungen 1

Einteilung metallorganischer Verbindungen nach den Bindungstypen . . . 353

XVI

Inhaltsverzeichnis

1.1 1.2 1.3 1.4

Die Die Die Die

2

Physikalische Eigenschaften

359

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Darstellung metallorganischer Verbindungen Aus C — H-aciden Verbindungen Aus organischen Halogen Verbindungen Aus Alkenen und Metallhydriden Aus anderen metallorganischen Verbindungen und Metallhalogeniden . . Darstellung von Metall-Alken-Komplexen

360 360 361 363 363 364

4 4.1 4.2

Reaktionen metallorganischer Verbindungen Allgemeines chemisches Verhalten Alkali- und Erdalkali-metallorganische Verbindungen. Grignard-Reaktion Grignard-Reaktion mit Aldehyden und Ketonen Grignard-Reaktion mit weiteren Carbonylverbindungen Zusammenfassung Bororganische Verbindungen Aluminiumorganische Verbindungen Übergangsmetall in der homogenen Katalyse Dimerisierung von Ethylen Polymerisation von Ethylen und anderen Alkenen Oligomerisation von Acetylen Homogene Hydrierung von Alkenen Hydroformylierung von Alkenen Reduktion von molekularem Stickstoff

364 365

4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.4 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.5.6

kovalente Metall-Kohlenstoff-Bindung ionische Metall-Kohlenstoff-Bindung Mehrzentrenbindung in metallorganischen Verbindungen Bindung in Metall-Alken-Komplexen (71-Komplexe)

353 354 355 357

366 366 369 371 371 373 375 375 376 377 378 379 380

Kapitel 16 Alkohole und Phenole 1

Übersicht und Nomenklatur

383

2 2.1 2.2

Physikalische Eigenschaften Wasserstoffbrücken Kernresonanzspektren

386 387 389

3

Physiologische Eigenschaften und technische Verwendung

390

4 4.1 4.2

Darstellung von Alkoholen Aus Alkenen durch Anlagerung von Wasser Aus Alkenen durch Hydroborierung

391 391 391

Inhaltsverzeichnis

XVII

4.3 4.4 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4

Aus Alkylhalogeniden und Alkalimetallhydroxid Aus Carbonylverbindungen durch Reduktion Aus Carbonylverbindungen durch Grignardreagenz Darstellung in großtechnischem Maßstab Methanol Ethanol Propyl- und Isopropylalkohol Butylalkohole

391 391 393 393 393 393 394 395

5 5.1 5.2

Darstellung von Phenolen Direkte Hydroxylierung Substitution eines bereits vorhandenen Restes durch die Hydroxylgruppe Substitution der Sulfonsäuregruppe Substitution von Chlor Substitution der Diazoniumgruppe Substitution der Isopropylgruppe . . : Vergleich der Darstellungsmethoden von Phenolen

396 396

5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.3 6 6.1 6.2

396 396 397 397 398 399

6.3 6.3.1 6.3.1.1 6.3.1.2 6.3.2 6.3.2.1 6.3.2.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3

Reaktionen Acidität und Basizität von Alkoholen und Phenolen Nucleophiles Verhalten von Alkoholen und Phenolen und deren konjugaten Basen Reaktionen von Alkoholen Allgemeines zur Reduktion und Oxidation von Alkoholen Reduktion Oxidation Austausch der Hydroxylgruppe gegen Halogen Mit Hilfe von Halogenwasserstoff Mit Hilfe von anorganischen Säurehalogeniden Dehydratisierung zu Alkenen Dehydratisierung zu Ethern Reaktion zwischen Alkoholen und Säuren: Ester Reaktionen von Phenolen Oxidation Phenole als Radikalfänger Substitution an Phenolen und Phenolaten

399 399 402 403 403 404 405 406 406 408 408 410 412 414 414 415 416

7 7.1 7.2 7.3

PolyhydroxyVerbindungen Darstellung einiger Polyhydroxyverbindungen Dynamit und die Nobelstiftung Reaktionen

418 418 419 420

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 17 Ether 1

Übersicht

423

2

Physikalische Eigenschaften

425

3

Verwendung

425

4 4.1 4.2 4.3

Darstellung Ethersynthese nach dem Schwefelsäureverfahren Ethersynthese nach Williamson Herstellung einzelner Ether in technischem Maßstab

425 425 425 426

5 5.1 5.2 5.3

Reaktionen Reaktion mit Sauerstoff (Autoxidation) Bildung von Oxoniumsalzen Etherspaltung

428 428 428 429

6 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.2 6.2.1 6.2.2

Epoxide Darstellung Aus Alkenen und Peroxycarbonsäuren Aus a, ^-ungesättigten Carbonylverbindungen und Wasserstoffperoxid . . Aus 2-Halogenalkoholen und Basen Technische Herstellung einiger Epoxide Reaktionen Addition von H - X Polymerisation

431 431 431 432 432 433 433 433 435

7

Mehrstufensynthese: cis-Benzoltrioxid

436

Kapitel 18 Aldehyde und Ketone 1

Definition und Übersicht

439

2

Nomenklatur

441

3 3.1 3.2

Physikalische Eigenschaften Struktur und Bindung Siedepunkte. Wasserlöslichkeit

442 442 443

4

Eigenschaften, Vorkommen, Verwendung

444

5 5.1 5.2

Darstellung Aus Alkoholen durch Oxidation Aldehyde aus Carbonsäurechloriden und komplexen Hydriden

445 446 446

Inhaltsverzeichnis

5.3

XIX

5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9

Ketone aus Carbonsäurechloriden und metallorganischen Verbindungen Aus Alkenen und Ozon Aldehyde aus Alkenen durch Hydroformylierung Acetaldehyd und Ketone aus Alkinen durch Wasseraddition Aromatische Aldehyde aus Ameisensäurederivaten und Aromaten . . . . Aromatische Ketone aus Aromaten durch Friedel-Crafts-Acylierung . . Spezielle Verfahren

447 447 447 448 448 448 449

6 6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.4.1 6.2.4.2 6.2.4.3 6.2.4.4 6.3 6.3.1 6.3.1.1 6.3.1.2 6.3.2 6.3.3 6.3.3.1 6.3.3.2 6.3.3.3 6.4 6.5 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.2 6.5.2.1 6.5.2.2 6.6

Reaktionen Übersicht Additionen an die Carbonylgruppe Addition von Wasser Addition von Alkoholen. Acetale Addition von Aminen Addition von Carbanionen Addition von Cyanwasserstoff Addition von 1-Alkinen Reaktion mit Yliden. Wittig-Reaktion Addition von metallorganischen Verbindungen. Grignard-Reaktion .. Substitution des a-Wasserstoffatoms Keto-Enol-Tautomerie Das Gleichgewicht Die Lage des Keto-Enol-Gleichgewichts Aldol-Reaktion Halogenierung Zum Ablauf der Halogenierung unter sauren Bedingungen Zum Ablauf der Halogenierung unter basischen Bedingungen Reaktivität von oe-Halogencarbonylverbindungen. Haloform-Reaktion Oxidation Reduktion Reduktion zu Alkoholen Mit molekularem Wasserstoff Mit komplexen Hydriden Reduktion zu Kohlenwasserstoffen Clemmensen-Reduktion Wolff-Kishner-Reduktion Oligomerisation und Polymerisation

450 450 450 452 453 456 458 458 459 460 463 464 464 464 465 468 470 471 472 472 474 475 475 475 476 477 477 477 479

7 7.1 7.2 7.2.1 7.2.2

Kohlenhydrate Einleitung Monosaccharide Ring-Kettentautomerie. Mutarotation Glykoside

479 479 480 484 487

XX

Inhaltsverzeichnis

7.3 7.4 7.5

Oligo- und Polysaccharide Die wichtigsten Kohlenhydrate und ihr Vorkommen Reaktionen

488 489 492

8

Mehrstufensynthese: Vitamin A

493

Kapitel 19 а,/¡-ungesättigte CarbonylVerbindungen 1

Übersicht und Darstellung

499

2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3

Reaktionen Elektrophile Additionen Nucleophile Additionen Michael-Addition Addition metallorganischer Verbindungen Addition von Aminen, Thiolen und weiteren Verbindungen

501 501 503 503 505 506

Kapitel 20 Carbonsäuren 1

Übersicht und Nomenklatur

509

2

Physikalische Eigenschaften

511

2.1

Wasserstoffbrücken

511

3

Physiologische Eigenschaften

512

4

Vorkommen

512

5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6 б.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.3.1 6.2.3.2

Darstellung Aus Kohlenwasserstoffen durch Oxidation Aus primären Alkoholen durch Oxidation Aus metallorganischen Verbindungen und Kohlendioxid Aus Estern oder Nitrilen durch Verseifung Synthesen in technischem Maßstab Reaktionen Übersicht Acidität Ursache der Acidität Einfluß von Substituenten auf die Acidität Salze von Carbonsäuren. Seifen Seifenlösungen und Waschvorgang Weitere Detergentien

513 513 514 514 515 515 517 517 517 518 519 520 521 522

Inhaltsverzeichnis

XXI

6.3 6.4 6.5 6.6

Veresterung Umwandlung in Säurehalogenide Decarboxylierung Halogenierung in a-Stellung

524 525 526 528

7 7.1 7.1.1 7.1.2 7.2

Dicarbonsäuren Darstellung Aus Nitrilen durch Verseifung Synthesen in technischem Maßstab Reaktionen

529 529 530 531 531

Kapitel 21 Funktionelle Derivate von Carbonsäuren 1

Übersicht

535

2

Allgemeines chemisches Verhalten

537

3 3.1 3.2 3.2.1 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4

Carbonsäurechloride Übersicht und Eigenschaften Darstellung Aus Carbonsäuren und anorganischen Säurechloriden Reaktionen Substitution des Chlors Friedel-Crafts-Acylierung Umsetzung mit metallorganischen Verbindungen Reduktion

539 539 539 539 541 541 542 542 543

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3

Carbonsäureanhydride Übersicht Darstellung Aus Dicarbonsäuren durch Wasserabspaltung Aus Carbonsäurechloriden und Natriumcarboxylat Darstellung von Essigsäureanhydrid Reaktionen

544 544 546 546 546 547 548

5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3 5.4 5.4.1

Carbonsäureamide Übersicht Physikalische Eigenschaften Bindung Aggregatzustand. Wasserstoffbrücken Kernresonanzspektren von Amiden Vorkommen Darstellung Aus Ammoniumsalzen durch Erhitzen

548 548 550 550 550 551 552 553 553

XXII

Inhaltsverzeichnis

5.4.2 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4

Aus anderen Carbonsäurederivaten und Ammoniak bzw. Aminen . . . . Reaktionen Basizität und Acidität ' Hydrolyse Hofmannscher Säureamid-Abbau Reduktion

554 555 555 556 556 558

6 6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.4 6.4.1 6.4.1.1 6.4.1.2 6.4.1.3 6.4.1.4 6.4.2 6.4.2.1 6.4.2.2 6.5 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.2

Carbonsäure-ester Übersicht Vorkommen Darstellung Aus Carbonsäure und Alkoholen Aus Carbonsäurechloriden oder -anhydriden und Alkoholen Reaktionen Reaktionen an der Estergruppe Verseifung Umesterung Reaktion mit Grignard-Verbindungen Reduktion Reaktionen am a-Kohlenstoffatom Claisen-Kondensation Malonester- und Acetessigestersynthesen Fette, Öle, Wachse Fette und Öle Reaktionen an der Estergruppe Reaktionen an der Seitenkette. Fetthärtung. Trocknende Öle Wachse

559 559 560 561 561 561 562 562 562 563 564 564 565 568 571 575 575 577 578 579

7

Kohlensäurederivate

579

8 8.1 8.2 8.3

Polyester und Polyamide Polyester Polyamide Herstellung der Ausgangsverbindungen für Polyester und Polyamide .

580 581 582 583

9 10

Reaktivitätsvergleich : Acyl- und Alkylverbindungen Mehrstufensynthese: Darstellung des Süßstoffs Saccharin

586 587

Kapitel 22 Amine

1

Übersicht und Nomenklatur

591

2

Physikalische Eigenschaften

593

Inhaltsverzeichnis

XXIII

2.1 2.2

Geometrie und Inversion Wasserstoffbrücken

593 595

3 3.1 3.2

Darstellung Aus Halogenverbindungen und Ammoniak bzw. Aminen Aus Carbonsäureamiden und Natriumhypobromit (Hofmannscher Säureamid-Abbau) Aus Carbonsäureamiden durch Reduktion Aus Verbindungen mit einer N = X-Gruppe durch Reduktion Reduktion von Nitrilen Reduktive Aminierung von Carbonylverbindungen Reduktion von Nitroverbindungen

596 596

3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 4 4.1 4.2 4.2.1 4.3 4.3.1 4.4

597 597 598 598 598 599

Reaktionen Basizität von Aminen, Alkylammoniumsalze Alkylierung von Aminen Quartäre Ammonium-, Phosphonium- und Arsoniumsalze Reaktion zwischen Aminen und Säurechloriden Sulfonamide Reaktion zwischen Aminen und Aldehyden bzw. Ketonen in Gegenwart von Wasserstoff 4.5 Reaktion von Aminen mit salpetriger Säure 4.5.1 Aromatische Diazoniumsalze 4.5.1.1 Substitution der Stickstoffgruppe. Sandmeyer-Reaktion 4.5.1.2 Diazoniumsalze als elektrophile Verbindungen: Azofarbstoffe 4.5.1.3 Reduktion aromatischer Diazoniumsalze zu substituierten Hydrazinen 4.6 Elektrophile Substitution aromatischer Amine

600 600 602 603 605 605

5

Enamine

618

6

Übersicht über organische Stickstoffverbindungen

621

607 608 610 610 613 616 616

Kapitel 23 Aminosäuren, Peptide, Proteine 1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.4 1.4.1 1.4.2

Aminosäuren Übersicht Physikalische Eigenschaften Darstellung Aminosäuren aus Carbonsäuren Aminosäuren aus Aldehyden (Strecker-Synthese) Reaktionen Amphoteres Verhalten von Aminosäuren Weitere Reaktionen von Aminosäuren

623 623 624 627 627 628 628 628 629

XXIV

Inhaltsverzeichnis

1.5

Nachweis von Aminosäuren: Ninhydrin-Reaktion

629

2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3

Peptide Übersicht und Nomenklatur Darstellung von Peptiden Übersicht Schutz der funktionellen Gruppe Knüpfung der Peptidbindung Entfernung der Schutzgruppen Sequenzanalyse von Peptiden

631 631 634 634 636 637 638 639

3 3.1

Proteine Struktur der Proteine

641 641

Kapitel 24 Heterocyclische Verbindungen 1

Übersicht

2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

645

Furan, Thiophen und Pyrrol Bindung Darstellung Darstellung von Furanverbindungen Darstellung von Thiophenverbindungen Darstellung von Pyrrolverbindungen Vergleich der Darstellungsmethoden von Furanen, Thiophenen und Pyrrolen 2.3 Reaktionen 2.3.1 Zur Reaktivität von Furan, Thiophen und Pyrrol 2.3.1.1 Aromatisches Verhalten 2.3.1.2 Ungesättigtes Verhalten 2.3.1.3 Basisches und saures Verhalten 2.3.2 Reaktionen des Furans 2.3.3 Reaktionen des Thiophens 2.3.4 Reaktionen des Pyrrols

646 646 647 647 648 648

3 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3

Pyridin Bindung Gewinnung und Darstellung Reaktionen Basisches und nucleophiles Verhalten Aromatisches Verhalten Oxidation substituierter Pyridin Verbindungen

656 656 656 659 659 659 662

4

Mehrstufensynthese: der Farbstoff Indigo

665

649 650 650 650 652 652 654 654 655

Inhaltsverzeichnis

XXV

Kapitel 25 Naturstoffe 1

Einteilung der Naturstoffe

667

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

Terpene Monoterpene Sesquiterpene Diterpene Triterpene Tetraterpene Polyterpene

668 668 669 669 670 671 671

3

Steroide

672

4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.3

Hormone Steroidhormone Sexualhormone Nebennierenrindenhormone (Corticoïde) Prostaglandine Weitere Hormone

674 674 675 676 677 677

5

Pheromone

678

6 6.1 6.2

Stickstoffheterocyclen Alkaloide Porphinfarbstoffe

679 679 682

7

Vitamine

685

8

Antibiotika

689

Anhang: Lösung der Aufgaben

691

Kapitel 1 Einführung und Übersicht 1

Einleitung

1.1 Bedeutung der Organischen Chemie Unter Organischer Chemie versteht man die Chemie der Kohlenstoffverbindungen. Die Zahl dieser Verbindungen und deren Bedeutung ist so groß, daß eine von den übrigen Elementen gesonderte Behandlung gerechtfertigt erscheint. Es sind gegenwärtig etwa vier Millionen Kohlenstoffverbindungen bekannt (jedes Jahr kommen über 100000 hinzu!) gegenüber etwa 300000 Verbindungen der übrigen Elemente. Sie nehmen in der Biologie, Medizin und Technik einen hervorragenden Platz ein. Alle Lebensvorgänge beruhen auf Auf- und Abbau solcher Verbindungen. In der Medizin werden natürliche und künstliche Kohlenstoffverbindungen zur Heilung herangezogen. Schließlich prägen sie unsere technische Welt durch Farbstoffe, Kunststoffe usw. 1.2 Entwicklung der Organischen Chemie Bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts glaubte man, daß organische Verbindungen nur von der Pflanze oder von Lebewesen, nicht aber künstlich im Reagenzglas erzeugt werden können. Sie sollten sich damit von anorganischen Verbindungen unterscheiden, die sowohl in der (unbelebten) Natur als auch im Reagenzglas entstehen. 1828 zeigte F.Wöhler (geb. 1800 in Eschersheim/Frankfurt, gest. 1882), daß organische Verbindungen auch in der Retorte gebildet werden können. Er erhitzte eine wäßrige Lösung von Ammoniumcyanat und erhielt beim Eindampfen Harnstoff, eine Verbindung, die im Urin vorkommt. /NH 2 NH 4 ®

e

O—C=N



0=C

N

NH2 Ammoniumcyanat

Harnstoff

Heute ist die Herstellung von organischen Verbindungen auf „künstliche" Weise kein Geheimnis mehr, sie ist lediglich eine Frage der Erfahrung und des Geschicks.

2

Einführung und Übersicht

1.3 Sonderstellung des Kohlenstoffs gegenüber anderen Elementen Kohlenstoff nimmt gegenüber den anderen Elementen eine Sonderstellung ein. 1. Er verbindet sich mit seinesgleichen zu langen beständigen Ketten und Ringen. Zwar bilden auch bestimmte andere Elemente wie Bor, Silizium oder Stickstoff Ketten bzw. Ringe, diese sind aber wenig beständig. Der Unterschied beruht darauf, daß die C-Atome in solchen Ketten nach Absättigung der freien Valenzen mit Wasserstoff koordinativ gesättigt sind, während andere Atome in vergleichbaren Ketten weiterhin bestimmte Angriffszentren wie Elektronenlücken (Bor), freie Elektronenpaare (Stickstoff) oder leere d-Orbitale (Silizium) aufweisen, die alle den Zerfall erleichtern. H

H

H

v

H

H

| | H—C—C—H

.... H—N—N—H

H H | | H_Sj_si_H

koordinative Sättigung

freie Elektronenpaare

| e e r e d-Orbitale

H

Elektronenlücke

H

U

2. Der Wasserstoff in den Kohlenwasserstoff ketten und -ringen kann durch eine Vielzahl anderer Elemente ersetzt werden, ohne daß dadurch die Stabilität wesentlich herabgesetzt wird. Deshalb ist eine schier unendliche Zahl von Kohlenstoffverbindungen möglich, z.B.:

H H H H H H H H H

i

i

i

i

i

i

i

i

i

H—C—C—C—C—C—C—C—C—C—H I I I I I I I I I H H H H H H H H H

H f"3 H H H H O H Q H

i

i

i

i

i

i T i

N—CH3

i

H—C—C—C—C—C—C—C—C—C—H I I I I I I I I I H H H N H H O H H CH3

unsubstituierter Kohlenwasserstoff

vielfach substituierter Kohlenwasserstoff

2 Ionische und kovalente Bindung 1916 stellten W.Kossei (geb. 1888 in Berlin, gest. 1956) und G.N.Lewis (geb. 1875 in Weymouth/Mass., gest. 1946) eine Theorie auf, wonach sich Elemente deshalb zu Molekülen vereinigen, weil sie dadurch Elektronenanordnungen erlangen, die denen der Edelgase ähneln. Hierbei wird die Elektronenanordnung desjenigen Edelgases angestrebt, das dem betreffenden Element am nächsten steht. Auf die zweite Periode des

Ionische und kovalente Bindung

3

Periodensystems angewendet, heißt das, die Elemente Lithium bis Fluor streben die Elektronenanordnung des Heliums (ls 2 ) oder Neons (ls 2 2s 2 2p 6 ) an. HLi-

He: Be-

-B

-C-

-N-

Ö

:F-

:Ne:

Anzahl der Elektronen in der äußeren (oder Valenz-)Schale

So gibt Lithium (ls 2 2s 1 ) bei der Reaktion mit geeigneten Reaktionspartnern das Elektron der äußeren Schale (2s1) ab, Li-

Li® + 1 e

wobei Li® mit der Elektronenanordnung des Heliums entsteht. Umgekehrt nimmt Fluor (ls 2 2s 2 2p 5 ) bei der Reaktion mit geeigneten Reaktionspartnern ein Elektron auf :F- + 1 e

> :F:e

und erlangt die Elektronenanordnung des Neons. Die Reaktion zwischen Lithium und Fluor verläuft dann wie folgt: Li- + :F-

Li® + : F : e

Kohlenstoff (ls 2 2s 2 2p 2 ) müßte entweder 4 Elektronen abgeben unter Bildung von C4® (Elektronenanordnung des Heliums) oder 4 Elektronen aufnehmen unter Bildung von C 4 0 (Elektronenanordnung des Neons). Beide Vorgänge sind wegen der großen Ladungsanhäufung energetisch ungünstig. Stellen dagegen Kohlenstoff und sein Bindungspartner, z.B. Wasserstoff, ihre äußeren Elektronen gegenseitig zur Verfügung, so erreichen beide ebenfalls Edelgas-ähnliche Elektronenanordnungen.

4H- +

C

H • H:C:H H Methan

Kohlenstoff erweitert hierbei seine äußere Schale um 4 Elektronen und besitzt damit wie Neon 8 Elektronen in der äußeren Schale. (Die innere Schale des Kohlenstoffs ist mit 2 Elektronen ohnehin voll besetzt und nimmt an der Bindung nicht teil.) Wasserstoff erweitert seine Elektronenschale um ein Elektron und ist dann wie Helium von 2 Elektronen umgeben. Normalerweise verzichtet man auf die Wiedergabe jedes einzelnen Bindungselektrons und verwendet stattdessen Valenzstriche, wobei ein Valenzstrich zwei Bindungselektronen darstellt.

4

Einführung und Übersicht

«

V

H:C:H

H—C—H

"

H

Lewis-Strukturformel des Methans

Valenzstrich-Strukturformel des Methans

Die Valenzstrich-Strukturformel läßt klar die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs erkennen. C 2 H 6 (Ethan), der nächsthöhere Kohlenwasserstoff, ist genauso zu formulieren :

1 1

H H H:C:C:H H H

H—C—C—H

Lewis-Strukturformel des Ethans

Valenzstrich - Strukturformel des Ethans

i .A

Verbindungen mit Doppel- und Dreifachbindungen bilden sich formal wie folgt:

4H- + 2 C -

H . . H C::C. H ' H

oder H

ValenzstrichStrukturformel des Ethylens

Lewis-Strukturformel des Ethylens

2 H- + 2 C -

H:C:::C: H Lewis-Strukturformel des Acetylens

H

oder

H—C=C—H ValenzstrichStrukturformel des Acetylens

Der Leser überzeuge sich, daß im Ethan, Ethylen und Acetylen jedes der beiden CAtome von 8 Elektronen und jedes H-Atom von 2 Elektronen umgeben ist.

3 Elektronenpaarabstoßung und Stereochemie 3.1

Einfachbindungen

Die Theorie von Lewis erklärt zwar die Wertigkeit der Elemente, sie besagt aber nichts über die Anordnung der Elemente in Molekülen. Ist das Molekül H 2 0 linear oder gewinkelt? Befinden sich die Atome des Moleküls CH 4 in einer Ebene oder nicht?

Elektronenpaarabstoßung und Stereochemie

5

H planar?

tetraedrisch?

Abbildung Wie sind die Wasserstoffatome in C H 4 um den Kohlenstoff angeordnet, planar oder tetraedrisch?

Es sollen im folgenden zwei Modelle bzw. Theorien behandelt werden, die die beobachtete Anordnung der Atome in Molekülen erklären: das Elektronenpaarabstoßungsmodell (an dieser Stelle) und die Hybridisierungstheorie (s. Kap. 1, Abschn. 4.2). Nach R. J.Gillespie (geb. 1924 in London) stoßen sich Elektronenpaare, die von einem Zentralatom ausgehen, ab und nehmen dabei die Lage ein, in der sie möglichst weit voneinander entfernt sind. Diese Abstoßung kann man klassisch physikalisch verstehen : Ladungen gleichen Vorzeichens stoßen sich ab. Gehen von einem Zentralatom A zwei Bindungen aus (Molekül AX 2 ), so nehmen diese eine lineare Anordnung mit einem Bindungswinkel von 180° ein. In jeder anderen Anordnung befanden sich die beiden Bindungen näher zueinander. Ein Zentralatom mit 3 Bindungen (Molekül AX 3 ) besitzt eine trigonale Anordnung mit Bindungswinkeln von 120°, da nur in dieser Anordnung die Bindungen maximal voneinander entfernt sind. Ist das Zentralatom Ausgangspunkt von vier Bindungen (Molekül AX 4 ), SO gewährleistet nur die tetraedrische Anordnung (Bindungswinkel 109,5°) und nicht etwa die planare Anordnung (Bindungswinkel 90°) eine maximale

AX2 linear

AX.'4 tetraedrisch

AX3 trigonal

AX 5 trigonal-bipyramidal

AX ('6 oktaedrisch

6

Einführung und Übersicht

hÀ"

.C H

H

7og^r\

H

Ammoniak (Typ AX 3 E)

Methan (Typ AX 4 )

Wasser

(Typ AX 2 E 2 )

Abbildung Der Tetraederwinkel von 109,5° (Methan) wird durch ein nichtbindendes Elektronenpaar auf 107,3° (Ammoniak) und durch zwei nichtbindende Elektronenpaare gar auf 104,5° (Wasser) zusammengedrängt. Tabelle

Geometrie der Moleküle vom Typ AX n und AX n E,

Typ

Geometrie des Molekuls

Beispiele

AX 2

linear

H 3 C—Hg—CH 3

CI—Zn—CI

CI—Be—CI

F

H3C

H3C

AX 3

trigonal

AX 4

tetraedrisch H

AX 5

trigonal-bipyramidal

AX 6

oktaedrisch

AX2E2

V-formig

AX 3 E

trigonal-pyramidal

H

F

,CH 3

I F

I CH 3

H I C.

CH 3 I

V

H

I CH 3

SK

H

H3C

H

H

\ "CH 3 CH 3

CH 3 :0:

H

XH3

V H H

H3C

H3C

CH 3 :0:

V~CH3 CH 3

Elektronenpaarabstoßung und Stereochemie

7

Entfernung der Bindungen voneinander. Moleküle vom Typ AX 5 bilden eine trigonal-bipyramidale Anordnung (Bindungswinkel 90° und 120°) und Moleküle vom Typ AX 6 eine oktaedrische Anordnung (Bindungswinkel 90°). Nichtbindende (freie) Elektronenpaare, wie sie z.B. im Ammoniakmolekül :NH 3 oder Wassermolekül H 2 Ö: vorkommen, verhalten sich prinzipiell genau so wie bindende Elektronenpaare. Allerdings ist ihr Raumbedarf größer, da sie nur einem Kern angehören - im Gegensatz zu bindenden Elektronenpaaren, die sich über zwei Kerne erstrecken. Dadurch werden bindende Elektronenpaare, die vom selben Zentralatom wie die nichtbindenden ausgehen, etwas zusammengedrängt. Im Molekül AX 3 E (E gleich nichtbindendes Elektronenpaar) beträgt deshalb der Winkel nicht 109,5° wie bei AX 4 , sondern nimmt einen kleineren Wert an: Im Ammoniak beobachtet man einen Winkel von 107,3°; im Molekül AX 2 E 2 weicht der Bindungswinkel noch stärker vom Tetraederwinkel ab, der Winkel im Wassermolekül beträgt nur noch 104,5°.

3.2 Mehrfachbindungen Das Elektronenpaarabstoßungsmodell sagt für Verbindungen mit 4-bindigem Kohlenstoff (CX4) tetraedrische Anordnung voraus. Auf ungesättigte Kohlenstoffverbindungen, in denen der Kohlenstoff nur 3-bindig (Beispiel: H 2 C = C H 2 ) oder gar 2bindig (Beispiel: H—C=C—H) ist, läßt sich dieses Modell nicht ohne weiteres übertragen. Zu einer richtigen Vorhersage der Anordnung der Atome in diesen Verbindungen gelangt man aber dadurch, daß man die Doppelbindung formal in 2 gleichwertige Bindungen und die Dreifachbindung/omza/ in 3 gleichwertige Bindungen aufteilt. Dann ist der Kohlenstoff wie bei den gesättigten Verbindungen von vier Elektronenpaaren umgeben, die sich tetraedrisch um das C-Atom anordnen. Da hier zwei

H—C=C—H Ethylen

Acetylen

8

Einführung und Übersicht

(bzw. drei) Bindungen zum selben Bindungspartner führen, ergeben sich nach dieser Vorstellung gebogene Bindungen. Das Modell gestattet die richtige Vorhersage der räumlichen Anordnung von Atomen in ungesättigten Molekülen. Im Ethylen befinden sich alle 6 Atome in einer Ebene, im Acetylen liegen die 4 Atome auf einer Geraden. Die Wasserstoffatome des Allens befinden sich paarweise in zwei senkrecht zueinander stehenden Ebenen, während die 4 Wasserstoffatome des Butatriens zusammen mit den 4 C-Atomen alle in derselben Ebene angeordnet sind. Aufgabe Welche Vorhersage über die räumliche Anordnung der Atome in nebenstehenden Ionen bzw. Molekülen kann man aufgrund des Elektronenpaarabstoßungs-Modells geben? H 3 C® Methyl-Kation :SnCI 2

H3C:e Methanid-Ion Pb(CH3)4

H2C=C=C=C=CH2 Pentatetraen 0=P(C6H5)3

(gasförmig) :SF 4

:P(CH3)3

4 Atomorbitale 4.1 Einfache Atomorbitale Nach der Quantenmechanik halten sich die Elektronen eines Atoms in bestimmten Räumen, die allerdings keine scharfen Grenzen aufweisen, um den Kern auf. Diese Räume nennt man Atomorbitale. Die Gestalt dieser Räume hängt von der Nebenquantenzahl s, p, d ... ab. s-Orbitale besitzen eine kugelförmige Gestalt. p-Orbitale sind hanteiförmig und zudem gerichtet, d.h. sie nehmen eine bestimmte Lage im Raum ein; man unterscheidet zwischen p x -, p y -und p z -Orbitalen. Die folgenden Zeichnungen geben die Gestalt von s- und p-Orbitalen wieder. Man beachte, daß es sich hierbei um Räume handelt, in denen das einzelne Elektron nur mit einer bestimmten, wenn auch großen Wahrscheinlichkeit (z. B. mit 90 %iger Wahrscheinlichkeit) anzutreffen ist. Auch außerhalb dieses Raumes kann es sich aufhalten, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dazu sehr gering.

4.2 Hybridorbitale Atomorbitale können sich formal miteinander vermischen, wobei neue Atomorbitale, Hybridorbitale genannt, entstehen (griech. hybris heißt Überheblichkeit oder auch

Atomorbitale

9

Z

X

z

z

X

z

- Q C J - *

/

Abbildung Gestalt des s-Orbitals (oben) und der drei p-Orbitale (unten). Der Atomkern befindet sich jeweils im Nullpunkt des Koordinatensystems.

Zustand, der über das Normale hinausgeht). Diese nehmen eine ganz bestimmte Lage zueinander ein und bestimmen damit die Geometrie des Moleküls. Die mathematische Behandlung der Mischung oder Hybridisierung eines s-Orbitals mit einem p-Orbital führt zu zwei neuen Orbitalen, sp-Orbitale genannt. Wie Berechnungen auf quantenmechanischer Grundlage zeigen, bilden sp-Orbitale einen Winkel von 180°.

Hybridisierung

Der Atomkern ist von 2 Atomorbitalen umgeben, einem s- und einem p-Orbital.

Nach dem Hybridisierungsvorgang ist der Atomkern von 2 sp-Orbitalen umgeben, die linear angeordnet sind (Winkel: 180°).

Die Hybridisierung eines s-Orbitals mit zwei p-Orbitalen führt zu drei sp 2 -Hybridorbitalen. Die mathematische Behandlung dieses Mischungsvorganges ergibt eine trigonale Anordnung der Orbitale (Winkel: 120°)

10

Einführung und Übersicht

Nach der Hybridisierung ist der Atomkern von 3 sp 2 -0rbitalen, die trigonal angeordnet sind (Winkel: 120°), umgeben.

Der Atomkern ist von 3 Atomorbitalen umgeben, einem s-, einem p x - und einem p z -Orbital.

Bei der Hybridisierung eines s-Orbitals und dreier p-Orbitale bilden sich vier sp3Orbitale. Diese sind laut Berechnungen tetraedrisch angeordnet.

Hybridisierung ^ Py (Draufsicht)

Der Atomkern ist von 4 Atomorbitalen umgeben (s, p „ p v , p 2 ).

Nach der Hybridisierung ist der Atomkern von vier sp 3 -Orbitalen umgeben, die tetraedrisch angeordnet sind (Winkel: 109,5°).

5 Molekülorbitale und chemische Bindung 5.1 Lokalisierte Molekülorbitale Nähern sich zwei Atome gegenseitig, so tritt eine Überlappung ihrer Atomorbitale ein. Hierbei entstehen Molekülorbitale, die sich über beide Atome erstrecken und die eigentliche Bindung darstellen. Im folgenden wird an Beispielen gezeigt, wie sich dadurch Einfach- und Mehrfachbindungen bilden.

5.1.1 Einfachbindungen a) Wasserstoff. Bei der Annäherung zweier H-Atome tritt Überlappung der beiden lsOrbitale, die mit je einem Elektron besetzt sind, ein. Daraus gehen zwei Molekülorbitale (MO) hervor, ein bindendes und ein antibindendes. Das bindende ist mit den beiden Elektronen besetzt und stellt die eigentliche Bindung ( H3C—CH2—C—CHf + • H2C—CH2—CH3 c h

3

m/e = 85 (nicht begünstigt)

Aufgabe siehe nächste Seite.

10.2 Ultraviolettspektroskopie 10.2.1 Elektronenübergänge in Molekülen Das Elektronengerüst eines Moleküls kann durch ultraviolettes oder sichtbares Licht angeregt werden. Dabei wird ein Elektron aus einem besetzten Molekülorbital in ein unbesetztes überführt. Den Zusammenhang zwischen der aufzuwendenden Energie und der Wellenlänge des absorbierten Lichts regelt die Einstein-BohrFrequenzgleichung. E = h•v= h • y a

(E = Energiezufuhr, h = Plancksches Wirkungsquantum, c = Lichtgeschwindigkeit, v = Frequenz und A = Wellenlänge des absorbierten Lichts )

Gesättigte Moleküle wie Alkane enthalten nur besetzte (x-Orbitale und leere

o

20-

11 71 /

20 Abbildung

30

40

50

60

70

m/e

80

i, r 90

100

110

Massenspektren von 2,2-, 2,3- und 2,4-Dimethylpentan

Spektroskopische Methoden zur Erkennung der Struktur organischer Moleküle

37

Orbitale. Bei der Absorption von Lichtquanten erfolgen a —7t*- und 7t —> 7t*-Übergänge erfolgen durch längerwelliges UV-Licht. Die Übergänge sind leichter zu messen, und man erhält einen wertvollen Einblick in die Elektronenverteilung eines Moleküls. In der nebenstehenden Tabelle ist angegeben, bei welcher Wellenlänge die einzelnen „Chromophore" absorbieren. Chromophore sind Molekülabschnitte, die für die Absorption von Licht verantwortlich sind. Tabelle

Beziehung zwischen Chromophor und Wellenlänge der absorbierten Strahlung

Chromophor

Art des Übergangs

Wellenlänge in nm der absorbierten Strahlung

C—C oder C—H

a n - > = 77*

>220

n -^77*

~ 300

(1,3-Diene) Y

C

=Q

10.2.2 Ultraviolettspektren ungesättigter Verbindungen Ethylen wird durch kurzwelliges UV-Licht der Wellenlänge 163nm angeregt, wobei ein 71 —• 7i*-Übergang erfolgt. Im Butadien liegen die entsprechenden Energieniveaus näher beieinander, zur n —> 7i*-Anregung reicht längerwelliges UV-Licht der Wellenlänge 217 nm.

E 11 JJ;

V, oder n* 217nm

163nm Lf^.

tp2 oder n



Abbildung /r-Elektronenanregung in Ethylen (links) und Butadien (rechts). Zur Bedeutung von tp s. Kap. 1, Abschn. 5.2

Spektroskopische Methoden zur Erkennung der Struktur organischer Moleküle

39

Allgemein gilt: Je größer die Anzahl der konjugierten Doppelbindungen, desto kleiner ist die Anregungsenergie und desto größer ist die Wellenlänge (angegeben mit Amax; siehe unten) des absorbierten UV-Lichts. H2C=CH2

H2C=CH—CH=CH2

Ethylen A roax = 1 6 3 n m

1,3-Butadien 217nm

H2C=CH—CH=CH—CH=CH2 1,3,5-Hexatrien 2 6 8 nm

H2C=CH—CH=CH— CH=CH— CH=CH2 1,3,5,7-Octatetraen 3 0 4 nm

Die untenstehende Abbildung gibt das UV-Spektrum von 1,3,5-Hexatrien wieder. Bei der Aufnahme eines UV-Spektrums trägt man die Höhe der Absorption einer bestimmten Wellenlänge gegen diese Wellenlänge selbst auf. Als Maß für die Absorption dient der sogenannte Absorptionskoeffizient e, der durch das LambertBeersche Gesetz definiert ist: log y - = e • c • d ( l 0 und I sind die Intensitäten des monochromatischen Lichtstrahls vor und hinter der absorbierenden Probenlösung; d gleich W e g l ä n g e des Strahls in der Lösung; c gleich Konzentration der Lösung.)

Häufig beobachtet man statt eines einzigen Absorptionsmaximums deren mehrere. (Das untenstehende UV-Spektrum weist drei Maxima auf.) Die Ursache dafür liegt in der Aufspaltung eines bestimmten elektronischen Zustandes in mehrere Schwingungsniveaus und Aufspaltung dieser Schwingungsniveaus in mehrere Rotationsniveaus (Abbildung).

T

Abbildung Zur Elektronenanregung ip, 220 nm. H2C=CH—CH2—CH=CH2 1,4-Pentadien Amax\ /

Atomkern ohne Spin: nicht magnetisch; z. B. 1 2 C, 1 6 0 und andere Atomkerne mit gerader Protonen- und Neutronenzahl

Atomkern mit Spin: magnetisch; z.B. 1 H, 2 H, 1 3 C

t

'

*\ s

'

\

Stabmagnet

Bringt man Atomkerne mit einem Spin in ein äußeres Magnetfeld, so richten sie sich darin aus, ähnlich wie es mit einer Kompaßnadel im Magnetfeld der Erde geschieht.

48

Einführung und Übersicht

Allerdings gibt es nicht nur eine stabile und eine labile Einstellung, wie im Falle der Kompaßnadel, sondern aufgrund der Gesetze der Quantenmechanik mehrere Einstellungen. Wir beschränken uns zunächst auf den Wasserstoffkern (Proton), der die Spinquantenzahl I = \ und somit 21 + 1 = 2 Einstellungen aufweist, eine weitgehend parallele und eine weitgehend antiparallele. Die „parallele" Einstellung ist die energieärmere. Strahlt man Radiowellen passender Energie ein, so erfolgt Absorption und Übergang in den energiereicheren, „antiparallelen" Zustand.

energiereich „antiparallel"

labil

f r

AE

stabil

Kompaßnadel im Magnetfeld der Erde. Zur Umkehr der Kompaßnadel (stabil labil) ist die Energie AE erforderlich.

AE

energiearm „parallel"

V

Proton in einem äußeren Magnetfeld H 0 . Zum Umklappen des Kerns ist die Energie AE' erforderlich.

in „Knaurs Buch der modernen Chemie", Droemersche Verlagsanstalt (Aus J.Rudolph München/Zürich; Copyright.)

Die Absorption von Radiowellen passender Frequenz ist ein Resonanzvorgang. Zur Erläuterung desselben soll mit der Beschreibung eines Vorgangs ebenfalls aus dem Alltag begonnen werden. Ein rotierender Kinderkreisel, dessen Achse eine schräge Anordnung zur Richtung des Schwerefeldes einnimmt, führt bekanntlich zwei Drehbewegungen aus, eine Rotation um die eigene Achse und eine „Torkelbewegung", bei welcher das obere Ende der Achse eine Kreisbahn um die Richtung des Schwerefeldes der Erde beschreibt. Letztere Bewegung nennt man Präzession. Ähnlich verhält sich ein Proton in einem Magnetfeld. Auch hier sind zwei Drehvorgänge zu unterscheiden, die Rotation um die eigene Achse (Spin) und die Präzession dieser Achse um die Feldrichtung, Larmor-Präzession genannt.

Spektroskopische Methoden zur Erkennung der Struktur organischer Moleküle Richtung der Präzessionsbewegung

Richtung des Schwerefeldes—• Präzession eines Kreisels um die Richtung des Schwerefeldes ( N a c h J. Rudolph)

49

Richtung der Präzessionsbewegung

Richtung des Magnetfeldes Präzession eines Protons um die Richtung eines Magnetfeldes. Im Resonanzfall klappt das Proton von der „parallelen" in die „antiparallele" Lage um.

Die Frequenz v, mit welcher Atomkerne einer bestimmten Atomsorte präzessieren, hängt nur von der Stärke des angelegten Magnetfeldes H 0 ab. Es gilt die Frequenzgleichung: Y oder w = y • H0 2 TT ( w = Kreisfrequenz, v = Frequenz; y = magnetogyrisches Verhältnis)

Strahlt man Radiowellen ein, die exakt diese Frequenz besitzen, so erfolgt Absorption (Resonanzfall), wobei ein Teil der Protonen aus der energiearmen „parallelen" Lage in die energiereiche „antiparallele" Lage wechseln. Diese Absorption wird in Form eines Signals registriert. Bei einer magnetischen Feldstärke H 0 von etwa 25 000 Gauß beträgt die Larmorfrequenz von Protonen ca. 100000000 pro Sekunde.

10.4.2 Chemische Verschiebung Nach der Frequenzgleichung müßten alle Protonen eines Moleküls bei ein und derselben Frequenz absorbieren. Wie in der Einleitung schon erwähnt beobachtet man aber mehrere Signale, sofern das Molekül mehrere Sorten von Protonen enthält. Dabei ist die Intensität der einzelnen Signale proportional zur Anzahl der jeweiligen Protonen. An zwei Beispielen sollen Zahl und Intensität der Signale erläutert werden. 1,4-Dimethylbenzol besitzt 2 Sorten von Protonen, die im Verhältnis 4:6 stehen. Man erhält deshalb ein Kernresonanzspektrum mit 2 Signalen im Verhältnis 2:3. Essigsäure-ter/-butylester weist ebenfalls zwei Sorten von Protonen auf, jetzt aber im Verhältnis 3:9. Das Kernresonanzspektrum besteht deshalb aus zwei Linien im Verhältnis 1:3.

50

Einführung und Übersicht

(a)

(a)

ch

(a)

I

3

o

II

(b)

CH3—C—O—C—CH,

I

ch

(a)

3

u

(bl

9H

6 (ppm)

1

Abbildung H-Kernresonanzspektrum von 1,4-Dimethylbenzol (oben) und Essigsäure- tertbutylester (unten) Weshalb verursachen chemisch verschieden gebundene Wasserstoffatome unterschiedliche Signale? Das äußere Magnetfeld H 0 induziert in den Bindungselektronen, die ein Proton umgeben, eine kreisförmige Ladungsbewegung und damit ein zusätzH

ind.

Abbildung Das äußere Magnetfeld H 0 induziert eine kreisförmige Ladungsbewegung und damit ein zusätzliches Magnetfeld Hjnd.- Am Ort des Protons (•) wird H 0 durch H¡nd. schwächt. (Man beachte die an dieser Stelle gegenläufigen Feldlinien der beiden Magnetfelder!)

Spektroskopische Methoden zur Erkennung der Struktur organischer Moleküle

51

liches Magnetfeld H i n d . Dieses zusätzliche Magnetfeld schwächt gemäß der Lenzschen Regel am Ort des Protons das verursachende Magnetfeld, so daß dort nicht die magnetische Feldstärke H 0 sondern die kleinere Feldstärke H 0 — H 0 • a(a = Abschirmungskonstante) herrscht. Die Verminderung der magnetischen Feldstärke hat nach der Frequenzgleichung eine Verminderung der Resonanzfrequenz zur Folge. Es gilt: H0(1 - a )

Die Verschiebung der Resonanzfrequenz durch die chemische Umgebung des betreffenden Protons nennt man chemische Verschiebung. Die chemische Verschiebung wird nicht - wie man annehmen könnte - in Hertz angegeben, da sie dann vom Magnetfeld H 0 abhängig wäre (siehe vorstehende Gleichung). Man hat dafür eine dimensionslose Größe ö eingeführt, die wie folgt definiert ist: ¿

v

=

Probe ~ ^Standard

V0

(v S t a n d a r d = Absorptionsfrequenz des Standards, meist Tetramethylsilan TMS, v 0 = Meßfrequenz des Spektrometers)

Maßeinheit für die ¿-Skala ist 10" 6 oder ppm (parts per million). In der nebenstehenden Tabelle sind die chemischen Verschiebungen wichtiger Protonen enthaltender Gruppen angegeben. H3—R, R—CH2—R'

i

1

—C=C—H —CH,—X

c=c^ H

10

Abbildung

10.4.3

9

8

7

6

5

1

.

3

_i

2

_J

1

i

0

i

6( ppm]

Bereich chemischer Verschiebungen von Protonen (R = A l k y l , X = Halogen, 0 , N )

Kopplung

Unter Kopplung versteht man die Wechselwirkung zweier benachbarter Atomkerne, die zur Aufspaltung der Kernresonanzsignale derselben führt. So ergibt die Kopplung zweier benachbarter Protonen H a und H b je ein „Dublett" (2 Linien) für H a und H b (Abbildung).

52

Einführung und Übersicht

Hbt l Hj 1

Ü1L &b

6Q

Abbildung: Wechselwirkung zweier Protonen H a und H b . Links: keine Kopplung, da Entfernung der Protonen zu groß. Rechts: Kopplung mit Kopplungskonstante J. Die Pfeile geben die Orientierung des benachbarten Protons im äußeren Magnetfeld an.

Wie kommt die Aufspaltung zustande? Wir betrachten zunächst das Proton H a . Das Magnetfeld H 0 wird am Ort des Protons H a geschwächt oder verstärkt, je nachdem, ob das benachbarte Proton H b eine „parallele" oder „antiparallele" Lage zum Magnetfeld H 0 einnimmt (siehe Pfeile über den Signalen in der Abbildung). Daraus resultieren nach der Frequenzgleichung zwei neue Frequenzen für das Proton H a und damit zwei Signale. Die Flächen dieser beiden Signale verhalten sich wie 1:1, da die Wahrscheinlichkeit praktisch gleich groß ist, daß das benachbarte Proton H b eine „parallele" oder „antiparallele" Lage im Magnetfeld H 0 einnimmt. Für das Proton H b gilt sinngemäß das gleiche, dessen Signal spaltet daher ebenfalls in ein Dublett auf. Regeln zur Kopplung: (1) Äquivalente Protonen zeigen im NMR-Spektrum keine Aufspaltung durch Kopplung. (2) Nicht äquivalente Protonen koppeln miteinander. Die Kopplung ist um so kleiner, je mehr Bindungen dazwischen liegen. In der Regel wird bei mehr als 3 2 + 3 + 5 ist)

Prinzipiell genauso werden Verbindungen benannt, die anstelle eines Kohlenwasserstoffrestes andere Reste oder Gruppen wie — Cl, — N H 2 (Aminogruppe), — N O z (Nitrogruppe) usw. tragen.

CL CH 3 5 4 3I I 1 H 3 C CH2 CH CH CH3

CH 3 Ji H 3 C—CH al 4 H3C CH—CH CL

3-Chlor-2-/r?ethylpentan

5 6 CH2 " CH3

NH 2

4-/4mino-3-chlor-2,3-di/nethylhexan

64 Alkane Abschließend sei vermerkt, daß bestimmte niedermolekulare Alkane und Alkylreste auch mit den Vorsilben Neo, Iso, sec und tert charakterisiert werden können. CH, H3O

CH,

CH,

I

CH

CH3

2-Methylpropan oder Isobutan

2-Methylbutan oder Isopentan

2-Methylpentan oder Isohexan

CH 3 H,C

l_

C

CH-»

1

CH 3 2,2- Dimethylpropan oder Neopentan CH 3

I

CH,

CH,

H

CH,

I C I

H3C—C—

I

H Isopropyl-

sec-Butyl -

tert- Butyl -

Iso besagt, daß sich zwei Methylgruppen am Ende der Alkankette befinden. See und tert bedeutet, daß die Verknüpfungsstelle von einem sekundären oder tertiären CAtom ausgeht. Unter einem primären, sekundären, tertiären oder quartären C-Atom versteht man ein C-Atom, an das ein, zwei, drei bzw. vier andere C-Atome gebunden sind. Wasserstoffatome, die an ein so definiertes C-Atom gebunden sind, bezeichnet man ebenfalls mit primär, sekundär oder tertiär. cp

cp p

s

s

s

p

c—c—c—c—c

p

|

s

p

P

c—c—c—c

In

p

c—c—c

t

cP p

CH,

Einteilung von C-Atomen (oben) und H-Atomen (unten) in p = primär, s = sekundär, t = tertiär, p = quartär

Aufgaben 1)4 -Ethyl-2-methylheptan könnte man auch 4 -Ethyl-6-methylheptan oder 2-Methyl4-propylhexan nennen. Warum entsprechen die beiden zuletzt genannten Namen nicht den IUPAC-Regeln?

Physikalische Eigenschaften

65

2) Man gebe den Namen folgender Verbindung an: H 3, C — C( H — C H 2 — C| H — C H 2 — F

CH 2

I

NO 2

CH 3

3) Warum gibt es keine quartären H-Atome?

4 Homologe Reihe Alkane bilden eine homologe Reihe. Darunter versteht man eine Reihenfolge von Verbindungen, in der sich ein Glied vom nächsten jeweils nur durch eine bestimmte Atomgruppe, meistens CH 2 , unterscheidet. CH 4

C2H6

C3H8

C4H10

homologe Reihe der Alkane

CH 3 CI

C 2 H 5 CI

C 3 H 7 CI

C 4 H 9 CI

homologe Reihe der Chloralkane

Die Glieder einer homologen Reihe besitzen physikalische und chemische Eigenschaften, die in charakteristischer Beziehung zueinander stehen. So steigen die Siedepunkte der geradkettigen Alkane C n H 2n +2 kontinuierlich mit wachsendem n. Chemisch verhalten sich Homologe sehr ähnlich.

5 Physikalische Eigenschaften 5.1

Konformation

Im Methan sind die Wasserstoffe tetraedrisch angeordnet. Damit ist die Geometrie des Moleküls festgelegt.

H

I c H Vh H Verschiedene räumliche Darstellungen des tetraedrischen Methans

66

Alkane

Im Ethan sind die Liganden zwar ebenfalls tetraedrisch um die C-Atome angeordnet, dennoch sind viele Anordnungen denkbar, da um die C—C-Bindung freie Drehbarkeit herrscht. Durch die Lage der Wasserstoffe ausgezeichnet sind die gestaffelte Konformation und die verdeckte Konformation. Dazwischen sind unendlich viele andere Konformationen denkbar.

Abbildung Konformationen des Ethans. Die jeweils darunter stehende Zeichnung gibt die sogenannte Newman-Projektion wieder. In dieser Anordnung erscheinen die Atome, wenn man in Richtung der C — C - A c h s e blickt. In der gestaffelten Konformation stehen benachbarte H-Atome auf Lücke, in der verdeckten Konformation verdecken sich die H-Atome.

Unter einer Konformation versteht man eine der (unendlich vielen) Molekülformen, die durch Rotation um Einfachbindungen ineinander übergehen können. Die zu einer Konformation gehörigen Moleküle nennt man Konformere oder Konformationsisomere oder Rotationsisomere. Die gestaffelte Konformation des Ethans ist wegen der Abstoßung gegenüberstehender C—H-Bindungen um ca. 12,5 kJ/mol energieärmer als die verdeckte Konformation. Durch Aufnahme von Energie (z.B. bei Zusammenstößen mit anderen Molekülen) wandelt sich die gestaffelte Konformation über die verdeckte Konformation als Übergangszustand in eine weitere gestaffelte Konformation um. Die folgende Abbildung zeigt den periodischen Wechsel der potentiellen Energie E bei der Drehung einer CH 3 Gruppe gegen die andere. Energiemaxima entsprechen verdeckten Konformationen, Energieminima gestaffelten Konformationen. Man erkennt, daß es drei verdeckte und drei gestaffelte Konformationen gibt, die jeweils energiegleich sind.

Physikalische Eigenschaften E CkJ/moM

67

4 (1)

Jfc"2

0

60

120,

300

180

360

uri»]

Abbildung Änderung der potentiellen Energie E des Ethans mit dem Diederwinkel w. Ein Diecteminkel bedeutet wörtlich übersetzt ein Winkel zwischen zwei Flächen. Hier sind die beiden Flächen gemeint, die durch die C — C - und C — H ( 1 ) - B i n d u n g einerseits und die C — C und C — H ( 2 ) - B i n d u n g andererseits verlaufen.

Beim Butan führt die freie Drehbarkeit um die zentrale C—C-Einfachbindung ebenfalls zu 3 gestaffelten Konformationen.

windschief

anti

windschief

Diese Konformationen, genannt windschief und anti, sind aber nicht mehr energiegleich. In den beiden windschiefen Konformationen behindern sich die beiden Methylgruppen stärker, als es in der anti-Konformation der Fall ist. Das windschiefe Konformere und das anti-Konformere wandeln sich bei Raumtemperatur sehr rasch ineinander um, da sie nur eine kleine Energiebarriere trennt, wie auch die folgende Abbildung zeigt (s. nächste Seite). Bei sehr tiefer Temperatur hört diese Umwandlung auf, da die Translationsenergie der Moleküle kleiner als die Energie ist, die die Konformeren trennt. In günstigen Fällen ist es daher möglich, Konformationsisomere bei tiefer Temperatur zu isolieren. Sie haben voneinander verschiedene physikalische Eigenschaften, wie man es von Isomeren erwartet. Beim Butan selbst ist die Trennung allerdings bisher noch nicht gelungen. Die Zahl der Konformeren, die zu einer bestimmten Summenformel C n H 2 n + 2 gehören, wächst mit n, da viele Kombinationen von windschief und anti möglich sind.

68

Alkane

LO C°1 Abbildung

Änderung der potentiellen Energie E des Butans mit dem Diederwinkel w

Trotzdem gibt es bei Raumtemperatur nur eine Flüssigkeit Pentan, bestehend aus mehreren, sich rasch ineinander umwandelnden Konformeren, und nur eine Flüssigkeit Isopentan, ebenfalls aus mehreren Konformeren bestehend. Einfacher werden die sterischen Verhältnisse erst wieder bei einem Alkan, das sich im kristallinen Zustand befindet. Hier beobachtet man Ketten, in denen ausschließlich anti-Konformationen vorliegen.

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die verschiedenen Konformationen leichter an Modellen als durch eine Beschreibung zu erfassen sind. Deshalb sei dem Leser dringend geraten, sich solche Modellbaukästen auszuleihen.* Aufgaben 1) Was versteht man unter einem Konstitutionsisomeren und einem Konformationsisomeren? 2) Wieviel voneinander verschiedene verdeckte Konformationen des Butans gibt es?

* Einen Molekülbaukasten aus Plastikteilen liefert u. a. der Verlag Chemie, Weinheim, Preis ca. 30 DM.

Physikalische Eigenschaften

69

5.2 Löslichkeit, Siedepunkte Alkane sind aus unpolaren C—C- und C—H-Bindungen zusammengesetzt und somit auch selbst unpolar. Sie lösen sich in wenig polaren Lösungsmitteln wie Benzol, Tetrachlormethan u.a. gut und in bestimmten polaren Lösungsmitteln wie Wasser praktisch überhaupt nicht. Dieses Verhalten folgt einer Regel, die sich gleichermaßen auf polare und unpolare Verbindungen anwenden läßt: Unpolare Verbindungen lösen sich besonders gut in unpolaren Lösungsmitteln, polare Verbindungen in polaren Lösungsmitteln. Die Alkane Methan, Ethan, Propan, Butan und Isobutan stellen Gase dar. Die Alkane C 6 H 1 4 bis etwa C 1 6 H 3 4 sind flüssig und die ab etwa C 1 7 H 3 6 fest. Diese Angaben beziehen sich auf Raumtemperatur und 1 atm (Zahlen-Werte siehe Tabelle). Bereits aus dem Alltag kennen wir die physikalischen Eigenschaften einiger Alkane; Propan (für Heiz- und Kochzwecke verwendet) ist ein Gas, Autobenzine sind flüssig und Paraffinkerzen sind fest. Die Tatsache, daß die meisten Alkane flüssig oder gar fest sind, zeigt, daß zwischen den einzelnen Molekülen Anziehungskräfte vorhanden sein müssen, obwohl sie selbst unpolar sind. Man nennt diese Kräfte van der WaalsKräfte. Erhitzt man ein Alkan bis zum Siedepunkt, so erlangen die einzelnen Moleküle soviel Translationsenergie, daß sie imstande sind, diese Kräfte zu überwinden, um in den Dampfraum zu gelangen. Je größer ein Molekül, umso stärker sind die Anziehungskräfte und umso höher liegt der Siedepunkt. Die nebenstehende Abbildung zeigt den kontinuierlichen Anstieg der Siedepunkte und den Zickzackanstieg der Schmelzpunkte mit steigendem Molekulargewicht.

A n z a h l der C - A t o m e

Abbildung Beziehung zwischen Siedetemperatur (bzw. Schmelztemperatur) und Anzahl der C-Atome in n-Alkanen

70

Alkane

Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich konstitutionsisomere Verbindungen u. a. in ihren Siedepunkten. Im allgemeinen sieden Isomere mit kugelähnlicher Gestalt bei tieferer Temperatur als langgestreckte Isomere. CH-i CH3—CH2—CH2—CH2—CH3

I

CH3—CH2—CH—CH3

CHq

I

CH3—c—CH3 CH 3

Pentan, Sdp. 36°

Isopentan, Sdp. 28°

Neopentan, Sdp. 10°

Das kugelförmige Isomere besitzt nämlich die kleinste Oberfläche unter den Isomeren, erfährt darum die kleinsten Anziehungskräfte von seinesgleichen und ist deshalb am leichtesten flüchtig.

5.3 Molekülspektren Die UV-, IR- und Raman-Spektren der Alkane unterscheiden sich nur wenig voneinander. Deshalb ist es nicht möglich, die Struktur eines bestimmten Alkans aufgrund dieser Spektren anzugeben. Dagegen gelingt die Strukturbestimmung eines Alkans häufig mit Hilfe der Massenspektroskopie oder Kernresonanzspektroskopie. Die nebenstehende Abbildung zeigt die XH- und 1 3 C-NMR-Spektren von 3-Methylheptan. Das 'H-NMR-Spektrum ist wenig aussagekräftig. Es zeigt lediglich drei breite Banden, die von den Protonen der CH 3 -Gruppen ( R—SO2—Cl + H—Cl

Alkansulfonsäurechlorid Die Auslösung der Reaktion durch Lichtquanten weist darauf hin, daß es sich hier ebenfalls um eine radikalische Kettenreaktion mit den dafür typischen Schritten Kettenstart, Kettenfortpflanzung und Kettenabbruch handelt.

2 er

Cl—Cl R-- H

+ er

R'

+ S0 2 + Cl2

R--SO 2

R' + HCl R—S02 > R—so 2 —ci + er

Kettenstart



Radikale •

Neutralmoleküle

Kettenfortpflanzung Kettenabbruch

Alkansulfonsäurechloride besitzen praktische Bedeutung. Durch die Reaktionsfolge R—S02—Cl

+H

2 ° > R—S02—OH

+N a 0 H

> R—S02—OeNa®

werden sie in Natriumsalze von Sulfonsäuren überführt. Solche Salze dienen als Waschmittel. Aufgaben 1) Man formuliere alle Reaktionen, die zum Abbruch der Sulfochlorierung führen können.

Chemisches Verhalten

81

2) Welche beiden Sulfonsäurechloride entstehen bei der Sulfochlorierung von Propan? In welchem Verhältnis werden sie gebildet?

8.3 Oxidation mit Sauerstoff Man unterscheidet zwei Fälle: Einwirkung von Sauerstoff bei Raumtemperatur oder wenig höher („Autoxidation") und Einwirkung von Sauerstoff bei höherer Temperatur („Verbrennung").

8.3.1 Autoxidation Verbindungen mit besonders reaktionsfähigen Wasserstoffatomen reagieren mit molekularem Sauerstoff zu Hydroperoxiden. Zum Start sind auch hier Radikale Y' erforderlich. R—H

+ 02

Y

>

R—0—0—H Hydroperoxid

Dazu leitet man Luft bei Raumtemperatur oder wenig höherer Temperatur durch die zu oxidierende Verbindung. Zu den Verbindungen mit den erforderlichen reaktionsfähigen Wasserstoffatomen gehören: gesättigte Kohlenwasserstoffe mit tertiärem Wasserstoff; ungesättigte Kohlenwasserstoffe mit allylständigem Wasserstoff (s. Kap. 3, Abschn. 5.7.1); Ether mit a-ständigem Wasserstoff (s. Kap. 17, Abschn. 5.1) und andere. Beispiele: H

0 0 4

H Y' H Perhydronaphthalin (gesättigter Kohlenwasserstoff mit 2 tertiären H-Atomen

4a-Hydroperoxynaphthalin

l-L

Cyclohexen (ungesättigter Kohlenwasserstoff mit 4 allylständigen H-Atomen)

0—0—H

3-Hydroperoxycyclohexen

82

Alkane

O—O—H I H,C—CH2—0—CH— CH,

Diethylether

(Ether mit 4«-ständigen H-Atomen)

vermutetes Primärprodukt, instabil

Die Bildung von Peroxiden folgt dem bekannten Schema der vorstehend behandelten Radikalreaktionen. r

+

R—H

R'

+

•0—0

R—0—0-

+

R—H

>• Y—H schnell

R— 0 --0-

langsam ^ R—0--OH

2 R—0—0-

+ R"

+ R'

R—0—0—0—0—R +

Kettenstart Kettenfortpflanzung Kettenabbruch

Man beachte, daß das Biradikal O—O • nicht imstande ist, mit dem Molekül R—H zu reagieren, wohl aber das Monoradikal R—O—O-, Peroxide sind häufig explosiv. Deshalb sollen bestimmte Alkane, Alkene, Ether, Aldehyde u. a. Verbindungen so aufbewahrt werden, daß sie mit Luft und Licht nicht in Berührung kommen können. Aufgabe Welche Hydroperoxide entstehen, wenn man Luft in ein Flüssigkeitsgemisch leitet, das neben einer geringen Menge einer Radikal-erzeugenden Verbindung folgende Komponenten enthält:

8.3.2 Verbrennung Während nur bestimmte Kohlenwasserstoffe Autoxidation eingehen, können alle Kohlenwasserstoffe verbrannt werden. Die Verbrennung eines Kohlenwasserstoffs ist eine komplizierte Radikalreaktion, bei der Kohlendioxid und Wasser entstehen, z. B.: C7H16 + 11 0 2

• 7C0 2 + 8H 2 0 + 4815 kJ

Hierbei wird sehr viel Wärme frei. Diese nutzt man in Ölöfen zur Raumbeheizung und

Chemisches Verhalten

83

in Verbrennungsmotoren zur Expansion eines Gasgemisches und damit zum Antrieb von Automobilen aus. Deshalb sind solche Reaktionen von großer technischer Bedeutung. Bei Oi-Unterschuß entsteht zu einem erheblichen Anteil das außerordentlich giftige Kohlenmonoxid CO. Die Giftigkeit beruht darauf, daß Kohlenmonoxid mit dem Eisen im Hämoglobin einen Komplex bildet, wodurch die lebensnotwendige Fixierung des Sauerstoffs an das Eisen unterbunden wird. Klopffestigkeit und Oktanzahl von Kohlenwasserstoffen. Der Wirkungsgrad von Benzinmotoren steigt mit der Verdichtung des Benzin-Luftgemisches. Hohe Verdichtung führt aber leicht zum „Klopfen" des Motors, worunter man Geräusche versteht, die durch spontane und nicht durch den Zündfunken herbeigeführte Entzündung bei der Kompression verursacht werden. Das Klopfen steigert den Benzinverbrauch und setzt außerdem die Lebensdauer des Motors herab. Wenig klopffest sind geradkettige Kohlenwasserstoffe, klopffest dagegen verzweigte und aromatische Kohlenwasserstoffe. Heptan erhält willkürlich die Oktanzahl 0 und 2,2,4-Trimethylpentan (fälschlicherweise „Isooctan" genannt) die Oktanzahl 100. CHQ

C H 3—C H 2—C H 2—C H 2 C H 2—C H 2—C H3

CHQ

_ I I ^ H 3C C C H 2 C H C H 3 CH3

Heptan (Oktanzahl = 0)

2,2,4-Trimethylpentan (Oktanzahl = 100)

Die Oktanzahl einer beliebigen Kohlenwasserstoffmischung (Benzin) gibt dann den Prozentgehalt an „Isooctan" eines Heptan-„Isooctan"-Gemisches an, das die gleiche Klopffestigkeit besitzt. Die Oktanzahl eines Benzins läßt sich durch Zusatz bestimmter Verbindungen erhöhen. So ist Bleitetraethyl Pb(C 2 H 5 ) 4 ein wirksames Antiklopfmittel. Über die Wirkungsweise des Bleitetraethyls gibt es zwei Vorstellungen. Nach der einen zerfällt es in der Hitze in Radikale, die sich mit den bei der spontanen Entzündung ebenfalls gebildeten Radikalen der Alkane vereinigen und damit das Klopfen unterdrücken. Nach der anderen Vorstellung wird es zu Bleioxid verbrannt, das ebenfalls als Radikalfänger dient. Da sowohl Pb(C 2 H 5 ) 4 als auch seine Verbrennungsprodukte giftig sind, versucht man in neuerer Zeit, dieses Antiklopfmittel durch rein organische Verbindungen (z.B. H 3 C—O— C(CH 3 ) 3 ) zu ersetzen. Aufgabe Aus den tabellierten Bindungsenergien ist ZlH folgender Reaktion zu berechnen. H

H

H

I I I H—C—C—C—H (g) + 50 2 (g) H H H Ergebnis: 2106kJ/mol

z25° o

> 3C0 2 (g) + 4H 2 0(g)

84

8.4

Alkane

Pyrolyse

Unter Pyrolyse versteht man die Zersetzung einer Verbindung durch Erhitzen (pyro = Feuer, lysis = Trennung; vgl. Hydro/jje, Elektro/jse). Erhitzt man Kohlenwasserstoffe auf 500-600°, so werden C— C- und C— H-Bindungen gesprengt, und es bilden sich niedermolekulare Verbindungen. So fuhrt die Pyrolyse von Propan u.a. zu Ethylen und Methan. 600°

H3C—CH=CH2 + H2 Auch hier liegen Radikalreaktionen vor, wobei Einzelheiten noch ungeklärt sind. Man stellt sich die Pyrolyse eines Alkans etwa wie folgt vor: R—CH2—CH2—R

>•

R—CH2- + CH2—R

> R—CH, + R—CH2—CH—R Aus dem Molekül R—CH 2 —CH 2 —R entsteht dabei das Molekül R—CH 3 mit etwa dem halben Molekulargewicht, das seinerseits ebenfalls fragmentieren kann. Die Pyrolyse von Kohlenwasserstoffen wird cracken (to crack = zerlegen) genannt und großtechnisch durchgeführt. Hierbei werden Erdölfraktionen, die hochmolekulare Alkane enthalten, in Fraktionen umgewandelt, die aus niedermolekularen Alkanen bestehen. Dadurch wird ein größerer Teil des Erdöls für die Gewinnung von Benzin (enthält hauptsächlich C 5 bis C12-Kohlenwasserstoffe) ausgenutzt. C15H32,C16H34,C17H36 USW. Alkangemisch, als Kraftstoff wenig geeignet

Crackung

> C5H12, C6H14 usw. + C Alkangemisch, als Kraftstoff geeignet

Petrokohle

Man kann die Crackvorgänge und damit die Endprodukte durch geeignete Katalysatoren (Oxide von Si, AI, Cr) beeinflussen. Auf diese Weise lassen sich Alkan-AlkenGemische herstellen, die entweder stark verzweigt sind oder einen Benzolring besitzen (Benzol, Toluol, Naphthalin). Aufgabe Wieviel kJ/mol sind aufzuwenden, um a) eine C—C-Bindung, b) eine C—H-Bindung zu spalten?

Kapitel 3 Alkene 1 Übersicht Unter Alkenen oder Olefinen* versteht man Kohlenwasserstoffe, die eine C=C-Bindung enthalten. Sie besitzen die Summenformel C n H 2 n . Die einfachsten Alkene sind Ethen und Propen. H

H

H /

C=C

H

yCH

3

C=C \

H

H

Ethen, C 2 H 4

/

\

H

Propen, C 3 H 6

Es folgen die C 4 -Alkene, von denen es bereits vier isomere Verbindungen gibt. H

2

C=C/

H

2

C=CH—CH

2

—CH

3

H

3

C—CH=CH—CH

3

CH3 2-Methylpropen

1-Buten

2-Buten

Die nebenstehende Tabelle enthält die einfachsten Alkene mit den dazu gehörigen Siedepunkten.

2 Nomenklatur Zur Benennung von Alkenen ersetzt man die Endung -an im Namen des entsprechenden gesättigten Kohlenwasserstoffs durch die Endung -en und gibt die Lage der Doppelbindung durch eine vorangestellte Zahl an.

1-Buten

2-Buten

Verzweigte Alkene werden als Derivate desjenigen Alkens aufgefaßt, das die längste Kette im Molekül darstellt.

* Der N a m e Olefin rührt von der Eigenschaft des Gases Ethen her, mit Halogenen ölige, wasserunlösliche Flüssigkeiten, z.B. 1,2-Dibromethan, zu bilden (franz. gaz olefiant gleich Ölbildendes Gas).

86

Alkene

Tabelle (Fortsetzung) Konstitution

\X / H

H.

H H

H

Y

C=C

/

Ethen (Ethylen)

- 120

Propen

-

1-Buten

-

CH3 \

=

47

H

>


C

(£)-2-Buten

1

CH 3

2-Methylpropen

\

.CH7~~ CHO /

X

-

6,6

H CHO 1 -Penten

30

2 - M e t h y l - 1 -buten

31

3 - M e t h y l - 1 -buten

20

Cyclohexen

83

H

Hv

,CH 0

\ c=c /

H

3,7

H

H. \ H

(Z)-2-Buten H H

c=c

H3C

/

\

H

H

Siedepunkt (in °C)

H

H3C H

Name

H

CHo

CH 3 CH(CH3)2

/

0

C

=

\

Physikalische Eigenschaften 1

87

CH2

2

CH

3

7

6

5

CH2 4I

C H 3 — C H2 — C H 2 — C H — C H 2 — C H3 4-Ethyl-1 -hepten (nicht: 4-Propyl-1-hexen)

Zur Benennung ungesättigter Kohlenwasserstoff>e.s7e fügt man die Endung -yl an den Namen des zugrunde liegenden Alkens, wobei die Numerierung stets am Kohlenstoffatom mit der freien Valenz beginnt. 3

H -1C—C H 2-Butenyl-

2

CH5

1

CH5

3-Butenyl-

Abweichend davon werden bestimmte einfache ungesättigte Kohlenwasserstoffreste mit Trivialnamen bezeichnet. CH 3

I

H2C=C— Vinyl

Allyl

Isopropenyl

Beispiele: H

\= Br)

XI

(Z)-1 -Brom-2-chlor-1 -iodethan

Sind die a-Atome zweier Substituenten gleich, so werden die nächstfolgenden Atome (ß, y usw.) zur Entscheidung herangezogen.

Y

H.

CH2—CH2 CH3

/

C=C

\

H3C CH2—CH2 (£) - 3- Ethyl -2-hexen (C>H)

y H

H.

.CH2 CH2 H C=c

/ \ H3C CH2—CH2—CH3 (Z) - 3- Ethyl -2-hexen

Aufgaben 1) Es sind die Namen der cwrirani-Isomeren (a) und (b) anzugeben: H / Cl

Br C=C

\

(CH2)6—CH3

(a)

H / CI

c=c

(CH 2 ) 6 -CH 3 \ Br

(b)

2) Welche Art der Isomerie besteht zwischen (Z)-2-Buten und den anderen drei isomeren Butenen?

3.2 Molekülspektren Das Infrarotspektrum eines Alkens zeigt in der Regel eine Bande bei 1650 c m - 1 . Diese rührt von der C=C-Streckschwingung her. Die Bande fehlt, wenn das Alken eine symmetrische Struktur besitzt, genauer gesagt, wenn das Alken ein Symmetriezentrum enthält (Beispiel : (E)-2-Buten). Zur Bestimmung der Konfiguration substituierter Alkene zieht man das Ultrarot- oder das Kernresonanzspektrum heran. Im folgenden soll erläutert werden, welche Information das Kernresonanzspektrum (sowohl von ' H als auch von 13 C) liefert.

90

Alkene

Sind zwei Substituenten und damit 2 H-Atome an die olefinischen C-Atome gebunden, so können insgesamt drei isomere Verbindungen auftreten (A, B, C), von denen zwei cw-frans-Isomere darstellen (A, B). Diese Isomeren kann man durch die Kopplungskonstante J H H unterscheiden. R

R

R

H

C — C /

R

H

C = C \

H

/ H

C — C \

H

A

/ R

B

JH.H = 6 -

12

H

C 3

HZ

\

R

J

H

H

= 1 2 -

18

2

Hz

JH.H = C

2

Kopplungskonstanten zwischen zwei H - A t o m e n , die durch 2 ( J ) bzw. 3 ( 3 J ) Bindungen voneinander getrennt sind.

So betragen die entsprechenden Kopplungskonstanten in den cw-irawi-isomeren Crotonsäure-methylestern 11 und 15,5 Hz. O

\

> = < , ( /

/H

K

Y

A

0

0 — C H /

H,C

\

3

H

Isocrotonsäure-methylester,

Crotonsäure-methylester,

3

3

JH,H =

11HZ

Jh,

h

= 15,5

Hz

Sind drei verschiedene Substituenten an die olefinischen C-Atome gebunden, können insgesamt sechs isomere Verbindungen auftreten (siehe Aufgabe). Zu diesen gehören - falls es sich bei den a-Atomen um Kohlenstoffatome handelt - die cis-trans-Isomeren F und G. Eine Unterscheidung durch die Größe der H— H-Kopplungskonstanten ist nicht möglich, da nur ein olefinisches H-Atom vorhanden ist. Jedoch gelingt eine Zuordnung hier - aber auch schon bei disubstituierten Alkenen - durch die 13 C-Kernresonanzspektren. Stehen zwei Alkylsubstituenten cw-ständig zueinander, so liegen die Signale der beiden a-C-Atome wegen der gegenseitigen Abstoßung der Bindungselektronen und somit höheren Kernabschirmung um 5 bis 8 ppm höher (bei höherem Feld) als die Signale bei /ram-Anordnung der Alkylsubstituenten. Man nennt diese Wechselwirkung y-Effekt.

\ H

/ )

C

=


H

> R

\

/

H

C = C

/ \

R

R

Diese Verlangsamung beruht darauf, daß die Annäherung des Alkens an die Katalysatoroberfläche durch Alkylgruppen sterisch gehindert ist. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann man wegen dieser unterschiedlichen Reaktivität selektiv hydrieren.

+ 4-Vinylcyclohexen

H2

I! 4 - Ethylcyclohexen

Allerdings muß man den Hydrierungsvorgang spätestens nach Aufnahme eines mol Wasserstoff abbrechen, da andernfalls auch die andere Doppelbindung hydriert wird (wenn auch langsamer). 3. Die Hydrierung verläuft reversibel. Die Umkehrung nennt man Dehydrierung.

\ = c ( / \

+

H2 2

Hydrierung, < 2 5 0 ° Dehydierung, > 2 5 0

H

H

|

|

+

1 2 5

kJ

100

Alkene

Im Gegensatz zur Hydrierung verläuft die Dehydrierung erst oberhalb 250°. Beispiele:

St ro1

Ethylbenzol

y

Die Dehydrierung von Ethylbenzol wird großtechnisch zur Gewinnung von Styrol durchgeführt. Als Katalysator verwendet man hier Metalloxide. Von der thermodynamischen Seite her betrachtet, erscheint die Dehydrierung überraschend. Da die Hydrierung eine stark exotherme Reaktion ist (bei 25°: AH = — 125 kJ/mol), müßte umgekehrt die Dehydrierung stark endotherm und damit wahrscheinlich gar nicht verlaufen. Daß sie dennoch abläuft, erklärt sich aus der Zunahme der Entropie bei der Wasserstoffabspaltung. Bei hoher Temperatur ist der Betrag von TzlS sehr hoch. Es resultiert daher gemäß der Gleichung AG = J H - T J S für A G ein negativer Wert, was bedeutet, daß die Reaktion im Sinne der Dehydrierung abläuft. 5.2.2 Hydrierungswärme und Stabilität von Alkenen Die Hydrierungswärme pro Doppelbindung ist kein konstanter Wert, sondern hängt von der Anzahl der Alkylgruppen ab, die an die olefinischen C-Atome gebunden sind. Folgende Werte (in kJ/mol) sind repräsentativ: CHo i

H-aC CH, i i

H3C—CH2— C H = C H 2 H 3 C — C H = C H — C H 3

H3C—CH=C—CH3

H3C—C=C—CH3

125,8

112,4

111,2

(Z): 119,5 (E): 11 5,4

Wird bei der Hydrierung eines Alkens vergleichsweise viel Hydrierungswärme abgegeben, so bedeutet es: Das Alken besitzt vergleichsweise viel potentielle Energie und steuert diese zur eigentlichen Hydrierungswärme (Reaktionswärme beim Absättigen der Doppelbindung durch Wasserstoff) bei (Abbildung). Es gelten folgende Regeln: 1. Je größer die Anzahl der Alkylgruppen an den olefinischen C-Atomen, umso thermodynamisch stabiler ist das Alken. 2. trans-Alkene sind thermodynamisch stabiler als eis-Alkene (Ausnahmen siehe unten).

Chemisches Verhalten

101

H3C—CH=CH—CH3(C/S) H 3 C — C H = C H — C H 3 (trans)

119,5 k J / m o l

4,2 k J / m o l

115,4 k J / m o l

H3C OH2 OH2 CH3 Abbildung

Stabilitätsunterschiede z w i s c h e n (E)- u n d ( Z ) - 2 - B u t e n

Die höhere potentielle Energie des cü-Isomeren gegenüber dem irans-Isomeren beruht auf der gegenseitigen Abstoßung der Alkylgruppen. Abstoßung H

ß\

XX X \

H

H

\

hX h /

H

H

H / K/ C

W

H

Man kennt aber auch Alkene, in denen das cw-Isomere die niedrigere potentielle Energie besitzt. Es handelt sich u.a. um Alkene, an deren olefinische C-Atome Halogenatome gebunden sind. C
\

Cl

(£)-1,2-Dichlorethen, t h e r m o d y n a m i s c h w e n i g e r stabil

Stärker als die sterischen Abstoßungskräfte sind hier elektronische Anziehungskräfte, die sich aus der Symmetrie der Molekülorbitale herleiten (N.D. Epiotis, 1973). Aufgaben

1) Es gibt 3 Alkene, die je ein mol H 2 aufnehmen und Butan liefern. Welche? 2) Wieviel Liter Wasserstoff unter Normalbedingungen nehmen 10 g 2,4,4-Trimethyl-2-penten auf? 3) Welches der C 5 -Alkene a bis c besitzt die größte thermodynamische Stabilität?

102

Alkene ,C H 2

C H 2

H

C H3

H

H3C-

a

h

2

h

3

c

c h .

c

b

c

4) M a n berechne die Hydrierungswärme eines Alkens aus den tabellierten Bindungsenergien und vergleiche den so berechneten Wert mit dem experimentellen Wert von ca. 120 kJ/mol.

5 . 3 Elektrophile A d d i t i o n e n 5.3.1 A d d i t i o n v o n H a l o g e n Halogene X — X lagern sich an die Doppelbindung von Alkenen an, wobei 1,2-Dihalogenalkane gebildet werden. H

3

C — C H = C H

2

+

Cl2



H

3

C — C H — C H

Cl

2

Cl

Propen

1,2-Dichlorpropan

Cyclohexen

iAans-1,2-Dibromcyclohexan

Die Addition könnte in einem Schritt verlaufen: Zusammenstoß zwischen Alken und Halogen, z. B. Brom, unter Vereinigung. Tatsächlich verläuft sie in zwei Schritten. I m ersten Schritt lagert sich ein Bromkation als elektrophiles Reagenz an die Doppelbindung an, wobei eine in der Regel instabile Zwischenstufe mit Bromonium-Struktur entsteht. Im zweiten Schritt öffnet ein Bromid-Ion den Dreiring der Zwischenstufe, woraus das Endprodukt hervorgeht.

+

Br Br

Br Br® Zwischenstufe mit Bromonium-Struktur

1,2-Dibromalkan

Führt man die Bromierung in Gegenwart von Chlorid-Ionen durch, so reagiert die Zwischenstufe nicht nur mit Bromid-Ionen, sondern auch mit Chlorid-Ionen. Es entsteht neben dem erwarteten 1,2-Dibromalkan auch das l-Brom-2-chloralkan,

Chemisches Verhalten

103

z.B.: 2H2C=CH2

+ 2 Br2 +

LiCI

H2C—CH2

+

I I

Br Br Br Br

H2C—CH2

I I

+

LiBr

Br Cl

1e t, h2 a- Dn i b r o m -

e1t-hBarno m - 2 - c h l o r -

Die Addition von Halogen an ein Alken stellt eine irans-Addition dar. So führt die Bromierung von Cyclopenten ausschließlich zu trans-1,2-Dibromcyclopentan. Diese Stereospezifität erklärt sich zwanglos aus einem Angriff des Anions ( B r e , C l e ) von der dem Halonium-Ion abgewandten Seite.

BromoniumZwischenstufe

transA

,2-Dibromcyclopentan

Aufgaben 1) Welche Verbindungen entstehen bei der Bromierung von Cyclopenten in Gegenwart von Lithiumchlorid? 2) Man zeichne das Energieprofil der Bromierung. Dabei gehe man davon aus, daß der erste Schritt relativ langsam und der zweite Schritt relativ schnell verläuft.

5 . 3 . 2 A d d i t i o n v o n unterhalogeniger Säure Bei der Addition von unterhalogeniger Säure (Cl—OH, Br—OH) bilden sich 2-Halogenalkohole. Auch hier liegt eine elektrophile Addition vor, eingeleitet durch das partiell positive Halogen. H3C—CH=CH—CH3

+

Br—OH

>

H3C—CH—CH—CH3 Br

2-Buten

OH

3-Brom-2-butanol

2-Halogenalkohole sind reaktionsfähige Verbindungen, die mit Natronlauge in Epoxide übergehen (s.Kap. 17, Abschn. 6.1.3).

5 . 3 . 3 A d d i t i o n v o n Säuren 5.3.3.1

Ubersicht

Säuren wie Halogenwasserstoff, Schwefelsäure u. a. lagern sich an die Doppelbindung von Alkenen an ; ebenso wird Wasser addiert, sofern Protonen als Katalysatoren an-

104

Alkene

wesend sind. Bei der Addition der genannten Verbindungen entstehen Halogenalkane, Schwefelsäure-monoalkylester bzw. Alkohole.

I I

H

X

Halogenalkan ( X = C I , Br, I)

X

x

I I

-C—C—

/ C c -= cC x

I I

H

Alken

0 — S O 2 -OH

Schwefelsäure-monoalkylester

H20

(H^r

I I - ? - r H

H

OH

Alkohol

5.3.3.2 Addition von Halogen Wasserstoff an alkylsubstituierte Alkene Addition an symmetrisch substituierte Alkene. Alkene setzen sich mit Halogenwasserstoff zu Halogenalkanen um. Dazu leitet man den gasförmigen Halogenwasserstoff in das flüssige Alken oder in eine Lösung, die das Alken enthält. Br H—Br Cyclohexen

Bromwasserstoff (gasförmig)

Bromcyclohexan H

H—Cl

1,2,3,4,5,6,7, 8-Octahydronaphthalin

Chlorwasserstoff (gasförmig)

Cl

Cl

eis-

trans-

9-Chlorperhydronaphthalin

Die Reaktion wird durch den elektrophilen Angriff des Protons eingeleitet, wobei als Zwischenstufe wahrscheinlich ein Carbenium-Ion auftritt.

Chemisches Verhalten

105

—C—C— I I H

X

Zwischenstufe: ein Carbenium-Salz

Carbenium-Ionen sind sehr reaktionsfähig, da die äußere Schale des Kohlenstoffatoms, das die positive Ladung trägt, nur 6 Elektronen enthält. Sie reagieren daher schnell mit dem Nucleophil X e unter Bildung des Endproduktes. Dabei greift das Nucleophil das eben angeordnete Carbenium-Ion sowohl von der Vorderseite als auch von der Rückseite an, so daß ein cw-iraws-Gemisch entsteht. Deshalb verläuft die Addition von Halogen Wasserstoff im Gegensatz zur Halogenaddition, bei der kein Carbenium-Ion auftritt, nicht stereospezifisch.

Abbildung Angriff des Nucleophils bei der Halogenierung (links) und bei der Hydrohalogenierung (rechts) von Bicyclo[3.3.0]oct-1 -en. Bei der Halogenierung erfolgt Angriff von der Rückseite (Bildung der trans-Verbindung), bei der Hydrohalogenierung von beiden Seiten (Bildung des eis frans-Gemischs).

Addition an unsymmetrisch substituierte Alkene. Markownikoff-Regel. Bei der Addition an unsymmetrisch substituierte Alkene sollten zwei isomere Halogenalkane entstehen. Tatsächlich beobachtet man ganz überwiegend eines. So entsteht bei der Addition an Propen hauptsächlich 2-Brompropan und nur wenig 1-Brompropan. H®

®

C H 3 — C H — CH3

Bre *

C H 33 — C H — C H 3

I

Br 3

H3C

2

Isopropyl-Kation, vergleichsweise stabil

1

CH—CH2—



CH3

CH2

®

CH2

Propyl-Kation, weniger stabil

2-Brompropan (Hauptprodukt)

Bre

2

1 -Brompropan (Nebenprodukt)

106

Alkene

Diese Bevorzugung ist in der sogenannten Markownikoff-Regel festgehalten (W.M. Markownikoff, geb. 1838 bei Nishni-Nowgorod, gest. 1904) deren erweiterte Fassung wie folgt lautet: Bei der Addition unsymmetrischer Verbindungen an unsymmetrische Alkene wird der Teil des Moleküls, der eine positive oder partiell positive Ladung trägt, an das C-Atom mit den meisten H-Atomen angelagert. Auf die Addition von Halogen Wasserstoff bezogen, bedeutet das: Das Proton wandert an das C-Atom, das ohnehin die meisten H-Atome besitzt. („Wer hat, dem wird gegeben werden".) Welche Ursache hat diese Regioselektivität? Das Proton (oder ein anderes elektrophiles Reagenz) greift bevorzugt das C-Atom 1 in Propen an, weil die erforderliche Aktivierungsenergie Ej* vergleichsweise gering ist. Um das wiederum zu verstehen, nehmen wir gemäß dem Hammond-Postulat (s. Kap. 1, Abschn. 9) an, daß der Übergangszustand dem als Zwischenstufe auftretenden Carbenium-Ion ähnlich ist. Carbenium-Ionen sind nun um so beständiger, je mehr Alkylgruppen an das C-Atom gebunden sind, das die positive Ladung trägt.

H

H

x

Cffi H

H^
H

3-Methyl-2-butanol (BH,), ,

1 -Methylcyclohexen

H a C

H,0„0H

9e

.

,CH3 H H *0H fAa/7s-2-Methylcyclohexanol

Chemisches Verhalten

113

Zwar gelingt die Umwandlung auch unmittelbar durch säurekatalysierte Wasseraddition, die hieraus hervorgehenden Alkohole sind jedoch isomer zu denen, die aus der Oxidation von Alkylboranen hervorgehen. Beide Methoden ergänzen sich demnach, wie das folgende Beispiel zeigt.

CH33—CH—CH, J OH 2-Propanol Propen 1)

(BH„

CH3—CH2—CH20H

2) H 2 0 2 /0H 6

1 -Propanol

Wie verläuft die oxidative Spaltung der C— B-Bindung? Zunächst tritt ein Hydroperoxid-Anion H — O — 0 : 9 in die Elektronenlücke des Bors. Der hierbei gebildete Boranat-Komplex lagert sich unter gleichzeitiger Abgabe eines Hydroxyl-Ions um. Dieser Vorgang (Addition von H — O — O : e und Umlagerung) wiederholt sich noch zweimal, danach liegt ein Borsäure-trialkylester vor, der schließlich mit Wasser zu Alkohol und Borsäure hydrolysiert. - \ H—0—Olev +

/

R

I

R le H—0—0—B—R

/ \

-* H—0: e + R—0—B

k * >

Der Alkylrest R wandert mit dem Elektronenpaar R—0—B

/

Reaktionen wie zuvor -> R—0—B^

OR > 3R—OH + B(0H) 2 OR

Da der Alkylrest mit dem Elektronenpaar wandert, bleibt die Konfiguration am wandernden C-Atom erhalten, so daß der Sauerstoff und damit die OH-Gruppe genau an die Stelle des Boratoms tritt. CH, (BH,) 5

,ch 3 H H "B—

H 7 0 2 /0H € -OH Die OH-Gruppe ist genau an die Stelle des Bors getreten.

114

Alkene

a-Pinen

3-Hydroxypinan

Aufgaben 1) Man formuliere die Reaktion von 2-Methyl-2-buten mit a) verdünnter Schwefelsäure, b) (BH 3 ) 2 /H 2 0 2 . 2) Es sind drei Reaktionen anzugeben, bei denen aus C 4 H 8 2-Butanol entsteht. 3) Wie stellt man aus 1-Phenylcyclohexen nebenstehende Verbindungen her?

OH

H| OH

(a)

(b)

4) Welches Produkt liefert die Hydroborierung/Oxidation des Naturstoffs Cholesterin? (Hinweis: Die Methylgruppe in 10-Stellung blockiert den vorderseitigen Angriff!)

Strukturformel des Cholesterins

5.3.5 Addition von Carbenen 5.3.5.1 W a s sind Carbene? Unter Carbenen versteht man Kohlenstoffverbindungen mit zweibindigem Kohlenstoff. Eine lange bekannte Verbindung mit formal zweiwertigem Kohlenstoff ist das Kohlenmonoxid. Dennoch wird diese Verbindung nicht zu den zweiwertigen Kohlenstoffverbindungen gezählt, da ihre physikalischen Eigenschaften (Bindungslänge, Kraftkonstante) und ihr chemisches Verhalten hauptsächlich durch den Anteil der mesomeren Grenzform l b bestimmt wird.

1a

1b

Chemisches Verhalten

115

Das einfachste Carben ist Methylen :CH 2 . Ersetzt man den Wasserstoff darin durch andere Substituenten, so gelangt man zu weiteren Carbenen, z.B.: :CH 2

:CH(CsH5)

:C(C6H5)2

:CHCI

:CCI 2

Methylen

Phenylcarben

Diphenylcarben

Chlorcarben

Dichlorcarben

Wie in Carbenium-Ionen besitzt der Kohlenstoff auch in Carbenen nur sechs Valenzelektronen und somit eine Elektronen/wc/ce. Carbene sind deshalb äußerst reaktionsfähig. In der Gasphase ist ihre Lebensdauer naturgemäß länger, so daß in einigen Fällen ihre UV-Spektren aufgenommen werden konnten, deren Feinstruktur Aufschluß über ihre Geometrie gibt.

5.3.5.2 Elektronenverteilung in Carbenen Die beiden an der Bindung nicht beteiligten Elektronen in Carbenen können gepaart oder ungepaart sein. I

T

R 2 C: U

R2C-T

R 2 C'T

Gepaart und Spin entgegengesetzt (Singulett-Carben)

Ungepaart und Spin entgegengesetzt (Slngulett-Carben)

Ungepaart und Spin gleichgerichtet (Triplett-Carben)

Gepaart halten sich die beiden Elektronen im selben Atomorbital auf und besitzen notwendigerweise entgegengesetzten Spin (Pauli-Prinzip). Ungepaart besetzen sie zwei verschiedene Atomorbitale, und ihre Spins können entweder gleichgerichtet oder entgegengesetzt sein; bei gleichgerichteten Spins liegt ein Diradikal vor. Methylen tritt je nach Art der Erzeugung als Singulett- oder als Triplett-Carben auf, Dihalogencarben (ein weiteres wichtiges Carben) nur als Singulett. Die nebenstehende Abbildung zeigt zwei extreme Elektronenverteilungen in Carbenen. Im einen Fall besetzen die beiden nicht bindenden Elektronen gemeinsam ein sp 2 -Orbital, im anderen Fell getrennt zwei senkrecht zueinander stehende p-Orbitale. leeres p-Orbital

Singulett-Carben

besetzte p-Orbitale

Triplett-Carben

116

Alkene

5.3.5.3 Erzeugung von Carbenen und Addition an Alkene Carbene werden durch Abspaltung geeigneter Substituenten vom selben Kohlenstoffatom erzeugt (a-Eliminierung). Bei den Substituenten handelt es sich häufig um das Paar Wasserstoff/Halogen oder um Stickstoff. Erzeugung von Carbenen durch a-Eliminierung:

Axa/H B

Y^' / \

A

H X (Pyrolyse oder Base)

X

/ B

X = Halogen

V Y> m B

vJ i

Carben

- N ^ (Pyrol. oder Bestrahlg.)

2

c* + 1r I—|

A N \

B

/

r- + N

2

Carben

Wegen ihrer Elektronenlücke verhalten sich die meisten Carbene elektrophil. Am wichtigsten ist die Reaktion mit Alkenen, bei der Cyclopropane entstehen. Methylen. Methylen wird durch Bestrahlung einer Lösung, die Diazomethan enthält, erzeugt. Hierbei entsteht Singulett-Methylen. Führt man die Bestrahlung in Gegenwart eines Sensibilisators*, z.B. Benzophenon (H 5 C 6 — CO— C 6 H 5 ), durch, so bildet sich Triplett-Methylen. H.

e

H—C—N=N|

A

- r ^ H

'

v

>

C: +

IN=NI

H

Diazomethan H

h

N

|

Singulett-Methylen (C6Hs)2C=0 -

H

" CH3—CH2—o—C—C—H + eo—C2H

F

Bei der Addition an Acrylnitril tritt das Alkanolat-Ion nur an das ß— C-Atom, weil allein hierbei ein Carbanion gebildet wird, dessen negative Ladung durch die CyanidGruppe delokalisiert ist. H e

H,C—CH,—o

+

,c=c; H

H

C=H\ H3 C — C H

H

2

I I I

n

— 0 — C — N : H

H

H H 3 C — CH2— 0 — C — C = C = N :e

I I

H

H

Zwischenstufe (2 mesomere Grenzformen eines Carbanions)

Besonders wichtig sind nucleophile Additionen bei oe,ß-ungesättigter Carbonylverbindungen (s.Kap. 19, Abschn. 2.2).

124

Alkene

Aufgabe Warum gelingt folgende Reaktion nicht? ^

0He

^

5.6 Oxidation an der Doppelbindung Alkene werden durch zahlreiche Oxidationsmittel angegriffen. Der bevorzugte Angriffspunkt ist wiederum die Doppelbindung, in einigen wenigen Fällen aber auch die allylständige CH 2 -Gruppe.

5.6.1 Oxidationszustand Die Begriffe Oxidation und Reduktion sind uns aus der anorganischen Chemie wohlbekannt. Oxidation bedeutet Verlust von Elektronen, Reduktion Gewinn. Na'

Oxidation (-1e)

Na a

Oxidationszustand: 0

ICT

Oxidationszustand: +1 Reduktion

( + 1e)

> ICII®

Oxidationszustand: 0

Oxidationszustand: - 1

Auch auf Atome in Molekülen mit kovalenten Bindungen kann man den Begriff Oxidationszustand anwenden. Zur Ermittlung des Oxidationszustandes verteilt oder verschiebt man die Bindungselektronen nach folgenden Regeln: 1. Bei kovalenten Bindungen ohne polaren Anteil (—C—C—; — N = N — ) verteilt man die Bindungselektronen gleichmäßig auf die beiden Atome, z. B.: Br— Br Br' + Br. | 2. Bei kovalenten Bindungen mit polarem Anteil ( — C — B r ; ^ C = 0 ) verschiebt man die Bindungselektronen zugunsten des elektronegativeren Atoms, z. B.: CH 3 —Br CH3® + B r e . Es läßt sich dann der Oxidationszustand sofort ablesen. Hierzu drei Beispiele: H® H®

:C:

:CI:

CH, H®

H® Methan. Formaler Oxidationszustand des Kohlenstoffs: - 4

H,C-

•CH, CH,

Neopentan. Formaler Oxidationszustand des zentralen Kohlenstoffs: 0

:CI:

C

:CI:

:CI: Tetrachlormethan. Formaler Oxidationszustand des Kohlenstoffs: + 4

Chemisches Verhalten

125

Verallgemeinernd läßt sich sagen: Der Oxidationszustand des Kohlenstoffs ist umso höher, je mehr elektronegative Reste (— Cl, —OH, = 0 , —NH 2 , —SH usw.) daran gebunden sind: H I H—C—H HI

H I H—C—OH

-4

-2

H

1

\

H

,C=0

„H/ 0

H

\ ,C=0 un/ HO +2

0=C=0 +4

Man beachte, daß Additionen von H—X (X = elektronegativer Rest) an Doppelbindungen insgesamt gesehen keine Änderung des Oxidationszustandes verursachen: 2

V

~2/

/C=C'

H

\-3

+H—OH

-1/

• H^C—C^OH H H

H

formaler Oxidationszustand der 2 C-Atome: -2 + - 2 = - 4

formaler Oxidationszustand der 2 C-Atome: - 3+- 1 =- 4

Im engeren Sinn versteht man unter Oxidation die Aufnahme von Sauerstoff oder Abgabe von Wasserstoff. Aufgabe Man gebe die Änderung des formalen Oxidationszustandes der beiden olefinischen CAtome des Propens bei folgenden Reaktionen an: a) Absättigung mit Wasserstoff b) Hydratisierung c) Bromierung

5.6.2 Oxidation mit Persäuren Peroxycarbonsäuren wandeln Alkene in Oxirane (Epoxide) um. Dabei wird ein Sauerstoff der Peroxidgruppe auf das Alken übertragen.

ff

ff

A

R—CH=CH—R + R—C—O—0—H -»• R— CH— CH—R + R—C—OH Die Reaktion wird durch den nucleophilen Angriff der Doppelbindung auf den hydroxylischen Sauerstoff der Peroxidgruppe eingeleitet.

v /

/ »o \

\

& II H

0

v / •

V\® f H

jC.

/ N

... 90-C—R 0

v /

K I /0

» /

C

\

o

II + HO—C—R

126

Alkene

Es ist aber nicht auszuschließen, daß die Reaktion in einem Schritt verläuft.

Die Reaktion verläuft stereospezifisch: (Z)-2-Buten liefert c/s-2,3-Dimethyloxiran, (£')-2-Buten ergibt /ra«.v-2,3-Dimethyloxiran.

5.6.3 Oxidation mit Osmiumtetroxid und Kaliumpermanganat Osmiumtetroxid (0s0 4 ) und Kaliumpermanganat (KMn0 4 ) oxidieren Alkene zu 1,2Diolen (auch Glykole genannt).

+ 20s0,

Os

\HO

Os

OXO

l

OH

H

/

H

Osmiumsäureester | 4 H20

^^JUOH

+

2H 2 0S0 4

c/s-1,2-Cyclopentandiol

Chemisches Verhalten

127

Mangansäureester (unbeständig)

Auch hier handelt es sich um c/s-Additionsvorgänge.

5.6.4 Oxidation mit Ozon Ozon addiert sich schon bei ca. — 70° an die Doppelbindung von Alkenen. Dabei entstehen zunächst sogenannte Primärozonide, die sich rasch in die Endprodukte, Ozonide genannt, umlagern.

Primärozonid

Ozonid

In den Ozoniden sind die C-Atome der ursprünglichen Doppelbindung durch Sauerstoffatome voneinander getrennt. Diese ungewöhnliche Reaktion verläuft nicht in einem Schritt, sondern in mehreren. Zunächst addiert sich Ozon als 1,3-Dipol (das ist ein Dipol, dessen Ladungen auf die Atome 1 und 3 verteilt sind) Oö

.

S



X

E

?

- V ° Ozonid (ein 1,2,4-Trioxolan)

führt zu Aldehyden bzw. Ketonen einerseits und H 2 0 2 andererseits. Da H 2 0 2 einen Teil des gebildeten Aldehyds oxidiert und damit die Produktzusammensetzung verändert, führt man die Hydrolyse entweder in Gegenwart eines Reduktionsmittels durch, welches H 2 0 2 zerstört, oder aber man läßt die Hydrolyse gleich zu Anfang'in einem Überschuß von H 2 0 2 ablaufen, so daß die gesamte Menge an gebildetem Aldehyd zur entsprechenden Carbonsäure oxidiert wird.



)c=

0 +

0=c(

CH 3

Acetaldehyd

CH,

H3C .

3. X

CH,

H3C H

7

0-0

V

/ \

0

/

x

C

CH 3

\ CH,

H30®/Zn

Aceton

,CH,

H3CS "C=0 + 0=C' H

CH a

H3C

\=0 OH^

.CH 3 +

o=c{ Ns CH3

Essigsäure

Die Bedeutung der Ozonierung liegt darin, daß man die Position einer Doppelbindung in einem Alken anhand der gebildeten Aldehyde und Ketone ermitteln kann. So liefert Penten je nach Lage der Doppelbindung folgende Aldehyde:

C h e m i s c h e s Verhalten

OHG—CH2—OH2—CH—CH2

^

CHG - * - CH2

1-Penten

CH3— C H 2 — C H = C H — C H 3

CH2—C

Butanal



2-Penten

129

CH3—CH2—C Propanal

\ H n

+

Formaldehyd

%

C—CH3

Acetaldehyd

Aufgaben 1) Die Ozonolyse von (£)-Stilben C 6 H 5 — C H = C H — C 6 H 5 führt zu einem Gemisch aus eis- und trans-Ozonid. Wie lauten die Strukturformeln? Warum verläuft die Reaktion nicht sterisch einheitlich? 2) Die Ozonolyse eines Alkens liefert ( C H 3 ) 2 C = 0 und (CH 3 ) 3 C—CHO. Um welches Alken handelt es sich? 3) Welche Verbindung wird durch Ozonolyse und anschließende Oxidation mit H 2 0 2 in H O 2 C - ( C H 2 ) 1 0 - C O 2 H überführt? 4) Bei der Oxidation von (Z)-2-Buten mit 0 s 0 4 entsteht ein Diol, das andere physikalische und chemische Eigenschaften besitzt als das aus der Oxidation von (£)-2-Buten. Warum? 5) Welche eis- und welche irans-Additionen an Alkene kennen Sie?

5.7 Substitution in Allylstellung 5.7.1 Autoxidation in Allylstellung Die Autoxidation reaktiver C—H-Gruppen mit Luftsauerstoff zu C—O—O—IiGruppen ist bereits im Kap. 2, Abschn. 8.3.1 behandelt worden und soll an dieser Stelle nur mit einem Beispiel belegt werden.

0—0—H

Cyclohexen

3 - Hydroperoxycyclohexen

5.7.2 Halogenierung in Allylstellung Bei der radikalischen Halogenierung von Alkenen kann außer Addition auch Substitution eintreten.

130

Alkene H3C—CH- -CH,

Addition

I

X H,C—CH=CH,

*

H2C—CH=CH2

+

HX

Substitution

X

Ob der eine oder andere Weg beschritten wird, hängt von den Reaktionsbedingungen ab. Addition findet bei hoher Halogenkonzentration statt, Substitution bei geringer Halogenkonzentration und gleichzeitigem Abfangen des gebildeten Halogenwasserstoffs. Bei geringer Halogenkonzentration ist nämlich die Chance der kurzlebigen Zwischenstufe I, mit X 2 zusammenzustoßen, klein, und I zerfällt in die Ausgangskomponenten zurück. Für die Zwischenstufe II sind dagegen die Chancen zum Zusammenstoß mit X 2 in derselben geringen Konzentration größer, da II langlebiger ist: Ein Zerfall ist hier nicht möglich, und die Rückreaktion mit Halogen wasserstoff kann durch dessen fortlaufende Entfernung unterdrückt werden.

I

X

->

H,C—CH—CH, X

I

+

X'

X

Addition x

+

CH3—CH=CH2

HX +

H,C—CH=CH, Substitution

Bei hoher Temperatur (500°) findet nur noch Substitution statt, gleichgültig wie hoch Halogen- und Halogenwasserstoffkonzentration sind. Je höher nämlich die Temperatur, umso kleiner ist die Konzentration von I (Gleichgewichtsverschiebung nach links). Die Hochtemperaturhalogenierung ist ein wichtiges technisches Verfahren zur Herstellung von Allylchlorid und -bromid. Im Laboratorium führt man die Bromierung von Alkenen in Allylstellung nicht mit Brom selbst durch, sondern mit N-Bromsuccinimid.

Chemisches Verhalten

/V-Bromsuccinimid

3-Brom-1cyclohexen

131

Succinimid

Nach neueren Untersuchungen verläuft die Reaktion in mehreren Schritten. Zunächst reagieren Spuren von H—Br mit 7V-Bromsuccinimid zu Succinimid und Brom. Die Konzentration des so erzeugten Broms ist äußerst gering, womit eine wesentliche Voraussetzung zur allylischen Bromierung erfüllt ist. Das Brom reagiert mit dem Alken wie beschrieben zum allylsubstituierten Alken. 0

O II H2C^ 2 |

C

H

V

»

C

\

N—Br

+

HBr

H

2

C -

C

\ Br,

O Aufgaben 1) Man erkläre mit Hilfe der tabellierten Bindungsenergien, weshalb Cyclohexen in 3und nicht in 4-Stellung durch /V-Bromsuccinimid bromiert wird. 3

2) Die Verbindung H 3 C—CH 2 —CH 2 C1 soll aus Propen dargestellt werden.

Kapitel 4 Alkine 1 Übersicht Alkine sind ungesättigte Kohlenwasserstoffe, die eine Kohlenstoff-KohlenstoffDreifachbindung enthalten. Sie besitzen die Summenformel C n H 2 n _ 2 und enthalten damit 4 Wasserstoffe weniger als Alkane. Das einfachste Alkin ist Acetylen, es folgen Propin, 1-Butin, 2-Butin usw. (Tabelle). H—C=C—H

H3C—C=C—H

H3C—CH2—C=C—H

H3C—C=C—CH3

Acetylen (Ethin)

Propin

1-Butin

2-Butin

Die Benennung der Alkine erfolgt nach zwei verschiedenen Regeln. Nach der ersten Regel (IUPAC-Regel) werden Alkine wie Alkene benannt, nur steht anstelle der Endung -en jetzt die Endung -in. Nach der zweiten Regel betrachtet man Alkine als Derivate des Acetylens, dessen Wasserstoffatome durch Alkylgruppen ersetzt sind. H,C CH—C=C—CH,—CH,

H,C—CH,—C=C—H H,C 1-Butin oder Ethylacetylen

2-Methyl-3-hexin oder Ethyl - isopropylacetylen

Sind Doppel- und Dreifachbindungen gleichzeitig vorhanden, so verwendet man die Nachsilbe -en-in. h3c—ch=ch—c=c— h 3-Penten-1 -in

(nicht 1 -Pentin-3-en)

Aufgaben 1) Man zeichne die Levra-Formel von Acetylen. 2) Welche offenkettigen, unverzweigten Verbindungen besitzen die Summenformel C5H8?

134 Tabelle

Alkine Alkine

Konstitution

Name

Schmp. °C

H—C=C—H H—C=C—CH3 H—C=C—CH2—CH3 H3C—C=C—CH3 H—C=C—CH2—CH2—CH3 H3C—C=C—CH2—CH3 H—C=C—(CH2)3—CH3 H-C=C-C(CH3)3 H—C=C—(CH2)4—CH3 H-C=C-(CH2)5-CH3

Acetylen (Ethin) Propin 1 - Butin 2-Butin 1 - Pentin 2-Pentin 1 - Hexin 3,3-Dimethyl-1 -butin 1 - Heptin 1-Octin 1 -Nonin 1 - Decin

-82 -101 -125 -32 -98 -101 -132 -81 -80 -70 -65 -35

H C=C (CH2)6 CH3 H—C=C—(CH2)7—CH3

Sdp. °C -75 -23 9 27 40 55 71 38 100 126 151 182

2 Physikalische Eigenschaften 2.1 Geometrie Als Folge der sp-Hybridisierung am Kohlenstoff sind die vier Atome des Acetylens linear angeordnet. Das gleiche gilt für die 4C-Atome a - d von Alkinen, deren Dreifachbindung sich im Inneren einer Kette oder eines großen Ringes befindet. 180'

180"

H—C=C—H

H3 3 C — H2 , C - C = C — C H2 . — C H 3, a

Acetylen, linear

b

c

d

3-Hexin, C - A t o m e a — d linear angeordnet

Bei kleineren Ringen ist eine solche lineare Anordnung nicht mehr möglich. Im Cyclooctin beträgt der Winkel am acetylenischen C-Atom laut Experiment (Elektronenbeugung) nur 160° (statt 180°), und im Cycloheptin ist die Abweichung von der geforderten Linearität so groß, daß das Molekül nicht mehr beständig ist. Mit anderen Worten: Cycloalkine sind nur beständig, wenn die Anzahl der C-Atome im Ring mindestens 8 beträgt.

/

C

"

C

\

/

HOC

CHO

H,C

H2C.ieo-

CH2

H,C.

i

Vv

C=C

i

/

Cyclooctin, beständig

c

x

CH5

i

\

i

CEEC

/

,CH 2

Cycloheptin, unbeständig

Physikalische Eigenschaften

135

Aufgaben 1) Ebenso wie H — C = C — H ist auch gasförmiges BeCl 2 linear. Man erkläre diese Befunde mit Hilfe (a) des Elektronenpaarabstoßungsmodells, (b) der Hybridisierungstheorie. 2) Welche Anordnung besitzen die sechs Kohlenstoffatome in C H 3 - ( C = C ) 2 - C H 3 ?

2.2 Molekülspektren Verbindungen mit einer Kohlenstoff-Kohlenstoff-Dreifachbindung zeigen im IRSpektrum eine charakteristische Bande zwischen 2100 und 2250 cm" 1 . Lediglich bei Alkinen mit einem Symmetriezentrum (z.B. bei 2-Butin) fehlt sie. Die Bande wird der Kohlenstoff-Kohlenstoff-Valenzschwingung (v c = c ) der Dreifachbindung zugeordnet. Eine weitere typische Bande tritt auf, wenn die Dreifachbindung endständig ist: Es handelt sich um die C—H-Valenzschwingung (v= c _ H ) bei 3300 c m - 1 . Natürlich zeigt das IR-Spektrum noch weitere Banden. Diese sind aber nicht mehr spezifisch für Dreifachbindungen. Die folgende Abbildung zeigt das IR-Spektrum von 1Hexin mit diesen beiden typischen und weiteren Banden.

Abbildung

IR-Spektrum des 1-Hexins. Bande 1: v c = H , Bande 2: v c = c

Vergleicht man die Lagen der Kohlenstoff-Kohlenstoff-Valenzschwingung in Alkinen mit denen in Alkanen und Alkenen, so fällt die große Wellenzahl (gleichbedeutend mit großer Frequenz) auf.

—c—c—

I I I I

\ / ,c=c; / \

—c=c—

800-1200 cm"1

1650 c m " 1

2200 c m " 1

Worauf beruht die Verschiebung nach größeren Wellenzahlen? Die Dreifachbindung besteht aus drei Elektronenpaaren, deshalb ist die Bindung sehr fest. Eine feste Bindung bedeutet aber eine große Kraftkonstante k und damit nach der Frequenzgleichung (s. Kap. 1) 2nV V auch eine große Frequenz v.

136

Alkine

3 Darstellung 3.1 Aus 1,2-Dihalogenalkanen und Basen

(s. Kap. 13, Abschn.2)

Läßt man auf 1,2-Dihalogenalkane Basen einwirken, so werden 2 mol Halogenwasserstoff abgespalten, und es entstehen Alkine. H

H

I I

R—C—C—R'

I I Cl Cl

+

2 NaNH,

>

R—C=C—R'

1,2-Dihalogenalkan

+

2NaCI

+

2 NH,

Alkin

Die Abspaltung der beiden mol Halogenwasserstoff erfolgt nacheinander und zudem mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Das erste mol wird bereits durch wäßrige Natronlauge eliminiert, woraus Vinylhalogenide hervorgehen. H

H

I I

R—C—C—R'

I I Cl Cl

+

NaOH

>

R—CH=CCI—R'

+

NaCI

+

H,0

ein Vinylchlorid, reaktionsträge

Vinylhalogenide sind zwar reaktionsträge (s. Kap. 14, Abschn. 4.2), können aber durch starke Basen wie Natriumamid, gelöst in Ammoniak, in Alkine umgewandelt werden. R—CH=CCI—R'

+

NaNH 2

>

R—C=C—R'

+

NaCI

+

NH 3

Alkin

Der Wert dieser Darstellungsmethode besteht hauptsächlich darin, daß die erforderlichen Ausgangsverbindungen (1,2-Dihalogenalkane) aus Alken und Halogen leicht erhältlich sind. Somit ist es möglich, ein Alken in ein Alkin umzuwandeln. Die folgenden Beispiele zeigen die Umwandlungen 1-Buten —> 1-Butin und Ölsäure (reichlich in Fetten vorhanden) —• Stearolsäure.

H3C—CH2— CH=CH2

Br,2

>

Br Br I I H3C—CH2—CH—CH2

1 - Buten KOH

H3C—CH2—c=c—H 1 - Butin

I

2

CH 2 I

cIII III cI

I H

H II

H l I

cIII III c

cIII III c

+

I CH 2

I

2

CH

I CH

+ I

CH

|

C

CH II II CH

CH 2

1,5-Hexadien

2NaNH,

Na® : C = C — C H 2 — C H 2 — C = C : Na«

H—C=C—CH2—CH2—C=C— H 1,5-Hexadiin

138

Alkine

Stoffen in Gegenwart starker Basen besteht, zugunsten des 1-Alkins verschoben. Das ist am Beispiel der Darstellung von 1,5-Hexadin gezeigt (s. oben), einer Acetylenverbindung, die u.a. als Baustein zur Synthese von Annulenen dient (s. Kap. 10, Abschn. 6).

3.2 Aus 1 -Alkinen und Alkylhalogeniden (s. Kap. 4, Abschn. 4.5.1)

Beispiele: H—C=C—H

Q



H — C = C : Na®

LI

p

pi_l

3

D

2

r

>

Acetylen

H—C=C—CH2—CH3 1-Butin

H5C2—C=C—H

>

H 5 C 2 — C E E C : Na

H3G—CH2—Br>

1-Butin

3-Hexin

4 Reaktionen Fast alle Verbindungen, die sich an Alkene addieren, gehen auch mit Alkinen eine Reaktion ein. Man kann die Reaktion so steuern, daß entweder nur ein mol oder zwei mol addiert werden. R—C=C—R

X2

>

R—CX=CX—R

*2 >

R—CX2—CX2—R

Endständige Alkine weisen darüber hinaus ein weiteres reaktives Zentrum auf: Der endständige Wasserstoff reagiert sauer und kann durch ein Metall ersetzt werden. R—C=C—H

+

Na



R — C = C : Na®

+

1/2 H 2

Wir wollen uns zunächst mit Additionen, danach mit Substitutionen befassen. Am Schluß dieses Kapitels wird die Chemie des Grundkörpers Acetylen behandelt, das unter den Alkinen eine Sonderstellung einnimmt.

4.1 Addition von Wasserstoff In Gegenwart eines metallischen Katalysators wie Pd, Pt, Ni usw. werden zwei mol Wasserstoff aufgenommen, wobei Alkane entstehen. H3C

CH2

3-Hexin

C=C

CH2

CH3

+

2 H2

>

H3C Hexan

CH2

CH2

CH2

CH2

CH3

Reaktionen

139

Will man nur bis zur Stufe des Alkens hydrieren, so bedient man sich desaktivierter Katalysatoren. Dazu zählt metallisches Palladium, das durch Spuren von Chinolin oder Bleiacetat („Lindlar-Katalysator") verunreinigt ist. H3C—CH2—C=C—CH2—CH3

+

Pd/Chln

H2

°'ln >

H3C—H2C

N

C=C/

H^ 3-Hexin

CH2—CH3

\ l

(Z)-3-Hexen

Hierbei nutzt man die Tatsache aus, daß Alkine leichter hydriert werden als Alkene. —C=C—

>

C=C

Reaktivität bei der Hydrierung

Bei der partiellen Hydrierung entstehen m-Alkene, da die beiden Wasserstoffatome an dieselbe Seite des Alkins angelagert werden. Der Hydrierungsablauf entspricht somit dem von Alkenen, wo man ebenfalls cw-Hydrierung beobachtet (s. Kap. 3, Abschn. 5.2.1). Eine andere Möglichkeit, Alkine partiell zu Alkenen zu hydrieren, bietet sich durch das Reduktionsmittel Natrium in flüssigem Ammoniak. Interessanterweise entstehen j6tzt /rans-Alkene. H3C—CH2—C=C—CH2—CH3 H

+

2 Na

+

+

2 NaNH2

2NH3

CH2-CH3

C=C

^

\

(E)-3-Hexen

Die Reduktion wird von solvatisierten Elektronen verursacht, die bei der Auflösung von Natrium in flüssigem Ammoniak entstehen und im übrigen der Lösung eine blaue Farbe verleihen. Na

NH3"ÜSS>

Na®(NH 3 ) n solvatisierte Natrium-Ionen, farblos

+

ee(NH3)m solvatisierte Elektronen, blau

Zwei dieser Elektronen addieren sich nacheinander an das Alkin, wobei zunächst ein Radikalanion, danach ein Dianion entsteht. i>p2

R ,C=C

R—C=C—R Radikalanion

Dianion

+2 NH 3 -2NH«

R

/

C = C

\

H

140

Alkine

Das Dianion (oder bereits das Radikalanion) wird durch Protonenaufnahme (aus NH 3 ) neutralisiert, woraus das /ra«s-Alken hervorgeht. Der ira/u-Mechanismus der Reaktion kann als eine Folge der sich abstoßenden Elektronenpaare im Dianion angesehen werden. Wir fassen zusammen: Alkine kann man zu Alkenen oder gar Alkanen hydrieren. Die Konfiguration des Alkens hängt vom verwendeten Reduktionsmittel ab. Zu cisAlkenen gelangt man durch katalytische Hydrierung, zu irans-Alkenen durch Reduktion mit Natrium in flüssigem Ammoniak. Aufgabe 2-Pentin ist umzuwandeln in (a) 2,3-Dibrompentan, (b) l-Ethyl-2-methyloxiran (sowohl in der eis- als auch der iraws-Form).

4.2 Elektrophile Additionen Ebenso wie an der Doppelbindung von Alkenen beobachtet man auch an der Dreifachbindung von Alkinen elektrophile Additionen. Allerdings verlaufen solche Additionen langsamer als bei Alkenen.

4.2.1 Addition von Halogen Halogen addiert sich an die Dreifachbindung von Alkinen, wobei Dibromalkene mit überwiegender /ra«.s-Stellung der Halogenatome entstehen.

H3C—C=C—CH3

+

Br2

*

H3

^

R—CBr2—CBr2—R Tetrabromalkan

R—CH,—C—R Keton

R—S—H (R—S°)

\ RS

/

H

R

Alkylthioalken Vergleicht man die Additionsgeschwindigkeit an Alkine mit der an Alkene, so stellt man fest: 1. Wasserstoff (durch Metalle aktiviert) wird an Alkine schneller addiert als an Alkene. 2. Elektrophile Verbindungen (HBr, Br 2 u. a.) reagieren mit Alkenen schneller als mit Alkinen. 3. Nucleophile Verbindungen vereinigen sich mit Alkinen schneller als mit Alkenen. Eine (teilweise) Erklärung für dieses unterschiedliche Verhalten wird im folgenden Abschnitt gegeben.

Reaktionen

145

4.5 Substitution des Wasserstoffs in 1 -Alkinen durch Metalle. Acetylide Der Wasserstoff von Alkinen mit endständiger Dreifachbindung (1-Alkine) besitzt sauren Charakter. Er läßt sich durch Natrium oder starke Basen substituieren, wobei die präparativ wertvollen Acetylide entstehen. R—C=C—H

+

Na



R—C=C:eNa®

1 -Alkin

+

\ H/

+

NH 3

ein Na-Acetylid

R—C=C^H^+~^NH®Na®

*

R—C=C:eNa®

Natriumamid

Neben den Alkalisalzen von Acetylenverbindungen besitzen noch die Silbersalze eine gewisse (analytische) Bedeutung. Sie sind in Alkohol unlöslich, worauf die Unterscheidung zwischen endständigen und nicht endständigen Acetylenen beruht. R—C=C—H

+

AgN03

c 2 h5 n H

>

R—C=C—Ag j

+

HN03

ein Silberacetylid, unlöslich und explosiv

Worauf beruht die gegenüber Alkanen und Alkenen höhere C—H-Acidität von Acetylen und 1-Alkinen? Die Acidität einer C—H-Bindung wird u.a. von der Elektronegativität des betreffenden Kohlenstoffatoms bestimmt. Diese ist umso größer, je größer der s-Anteil der Bindung ist (Tabelle). Da der s-Anteil eines acetylenischen CAtoms den maximalen Wert von 50 % besitzt, ist der Wasserstoff in H — C = C — R unter den verglichenen H—C-Verbindungen am stärksten sauer.

Tabelle

Hybridisierung, Elektronegativität und Dissoziationskonstante in Ethan, Ethylen und Acetylen

H3C-CH3

H2C=CH2

H—C=C—H

Hybridisierung des Kohlenstoffatoms

SP 3

sp 2

sp

s-Anteil

25%

33%

50%

Elektronegativität des Kohlenstoffatoms (Fluor = 4.0)

2.5

2.75

3.1

Dissoziationskonstante K (bezogen auf Wasser)

1 0

-44

1 0

-4O

10"22

146 Alkine Auch die geringere Elektrophilie und größere Nucleophilie der Dreifachbindung kann man mit der größeren Elektronegativität des Kohlenstoffs erklären: Die tiElektronen werden vom acetylenischen Kohlenstoff so stark angezogen, daß der Angriff von Elektrophilen wie „Br®" erschwert, der von Nucleophilen wie O H e aber erleichtert ist.

4.5.1

Reaktion v o n A c e t y l i d e n

Acetylide enthalten Carbanionen und reagieren deshalb mit Verbindungen, die ein Carbenium-Ion oder ein Kohlenstoffatom mit einer partiellen positiven Ladung aufweisen; hierbei entstehen neue Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindungen. Wichtig sind die Reaktionen mit Carbonylverbindungen und Halogenalkanen. Die zuerst genannte Reaktion wird im Kap. 18, Abschn. 6.2.4.2 behandelt, die mit Halogenalkanen an dieser Stelle.

R—C=C: e Na®

+

R'—CH2—X



R—C=C—CH2—R'

+

NaX

Hierbei verdrängt der Kohlenstoff mit der negativen Ladung das Halogen. Mit primären Halogeniden erzielt man die höchsten Ausbeuten, während sekundäre und tertiäre Halogenide Eliminierungen zu Alkenen erleiden. Vorstehende Reaktion gestattet die Darstellung von Alkinen mit endständiger Dreifachbindung, wenn man von Acetylen ausgeht, und von Alkinen mit einer Dreifachbindung im Inneren der Kette, wenn man 1-Alkine einsetzt. Beispiele: H—C=C—H

Na

—m*

H—C=C: e Na®

Mac—CH2—Br

•>

H—C=C—CH2—CH 3 1-Butin

H5C2—C=C—H

Na

*

H 5 C 2 —C=C: e Na e

H3°

' > H3C—CH2—C=C—CH 3 2-Pentiri

4 . 6 O x i d a t i v e Dimerisierung v o n 1 - A l k i n e n Die Oxidation von 1-Alkinen führt zur Verknüpfung zweier Moleküle: R—C=C—H

+

H—C=C—R

-2H

•>

R—C=C—C=C—R ein 1,3-Dün

Als Oxidationsmittel haben sich Sauerstoff in Gegenwart von Kupfer-I-chlorid oder Kupfer-II-acetat bewährt. Genaues über den Ablauf der Reaktion weiß man noch nicht. Die Verknüpfung führt zu Ketten, wenn man von 1-Alkinen ausgeht (vor-

Reaktionen

147

stehende Gleichung) oder zu Ringen, wenn man a,'/

?

\ V C.v ^

\

HjC— C=C-C=C— CH2 1,3,7,9,13,15-Cyclooctadecahexain 1,3-Diine und erst recht solche mit zusätzlichen Doppelbindungen sind auf andere Weise nur schwer zugänglich. Sie dienen als Ausgangsverbindungen zur Darstellung von Polyenen und Annulenen (s. Kap. 5, Abschn. 4 und Kap. 10, Abschn. 6). Aufgaben

1) Warum ist H — C = N saurer als H — C = C — H ? 2) Durch welche einfachen Reaktionen kann man folgende Verbindungen voneinander unterscheiden? H3C CH2—CH2 CH3, H3C CH 2 —CH=CH 2 , H3C—CH2—C=CH, H 3 C—C= C—C H 3 3) Ausgehend von 1-Butin sind folgende Verbindungen herzustellen: Butan, 1-Buten, 1,1,2,2-Tetrachlorbutan, 2-Butanon, 2-Pentin. Wie lauten die Reaktionsgleichungen?

148

Alkine

5 Acetylen Der Grundkörper der Alkine, das Acetylen, unterscheidet sich hinsichtlich Darstellung, Reaktivität und Bedeutung von den übrigen. Eine gesonderte Beschreibung erscheint deshalb sinnvoll. Die Chemie des Acetylens ist insbesondere von W. Reppe (geb. 1892 in Göringen/Eisenach) bei der I.G. Farbenindustrie, Ludwigshafen, mit großem Erfolg untersucht worden. Acetylen stellt man großtechnisch entweder aus Kohlenwasserstoffen durch Pyrolyse her 1250

2CH 4

° > H—C=C—H

+

3H 2

Acetylen (Hauptprodukt) oder aus Calziumcarbid und Wasser (früher ausschließlich): Ca® e :C=C: e e

+

2H 2 0



H—C=C—H

Calciumcarbid

+

Ca(OH)2

Acetylen

Acetylen ist ein farbloses Gas von etherischem Geruch. Wenn das im Handel befindliche Gas dennoch einen unangenehmen Geruch aufweist, so deshalb, weil es durch geringe Mengen H 2 S, PH 3 u.a. Verbindungen verunreinigt ist. Acetylen wird als Schweißgas und zur Herstellung von Grundchemikalien verwendet. Die Verwendung als Schweißgas beruht darauf, daß die bei der Verbrennung mit Sauerstoff gebildete Flamme heißer ist (2800°) als die von vergleichbaren Gasen wie Ethylen und Ethan. Die folgenden Verbrennungswärmen beziehen sich auf gasförmige Ausgangs- und Endprodukte. C2H2

+

§02



2C0 2

+

H20

AH = -1254 kJ/mol

+

3 02



2C0 2

+

2 H20

äH = -1317 kJ/mol

+

102



2C0 2

+

3 H20

AH = -1421 kJ/mol

Acetylen C2H4 Ethylen C2H6 Ethan Zwar ist die Verbrennungswärme AH mit 1254 kJ/mol am kleinsten, ebenso aber auch die Wärmekapazität der Endprodukte, da bei der Verbrennung von Acetylen nur ein mol Wasser entsteht. Acetylen läßt sich durch geeignete Katalysatoren dimerisieren, trimerisieren und tetramerisieren.

Mehrstufensynthese: Ein Insekten-Sexuallockstoff

2H—C=C—H

149

HCI/CU 2 CI 2 Vinylacetylen (Dimerisierung)

3 H—C=C—H

Ni-Verb.

Benzol (Trimerisierung)

4 H—C=C—H

Ni-Verb.

Cyclooctatetraen (Tetramerisierung)

Der Mechanismus dieser Reaktionen wird im Kap. 15, Abschn. 4.5.3 diskutiert. Ebenso wie an substituierten Alkinen beobachtet man auch an Acetylen selbst zahlreiche elektrophile Substitutionen. Bei der Addition von H—X entstehen Verbindungen mit der Vinylgruppe C H 2 = C H - . Man spricht von Vinylierung. Die folgenden Reaktionen sind von großer technischer Bedeutung. H,0

h3c—

\>

Acetaldehyd HCl

H 2 C = C H — Cl Vinylchlorid

H—C=C—H H—C=N (H®/Cu®

H2C=CH—CN Acrylnitril

(RO ) Ethyl(vinyl) ether

6 Mehrstufensynthese: ein Insekten-Sexuallockstoff Insekten sondern Geruchsstoffe ab, durch die sie das andere Geschlecht anlocken. Solche Geruchsstoffe gehören zu den Pheromonen (Kap. 25, Abschn. 5). Der Sexual-

150

Alkine

lockstoff des weiblichen Schwammspinners besitzt folgende K o n s t i t u t i o n :

H3C-(CH2)8-H2Cv

/>CH2-(CH2)3-CH^

,c—C. H

Ö

CH3

H

eis-7,8 - Epoxy - 2 - methyloctadecan Stellt m a n einen Behälter mit einer winzigen M e n g e dieser Verbindung ins Freiland, so sammeln sich darin die männlichen S c h w a m m s p i n n e r . A u f diese Weise k ö n n t e m a n gezielt Schädlinge b e k ä m p f e n , ohne die Umwelt d u r c h Insektizide wie D D T zu belasten, von denen m a n weitaus größere Mengen einsetzen m u ß . Die Synthese verläuft folgendermaßen (K.Eiter, 1972): CH3-(CH2)8-CH2Br +

Na—C=C— H

-

NaBr

CH 3 —(CH 2 ) 8 —CH 2 —C=C—H +

/?-C4H9-Li

-

aj-C 4 H 10

CH 3 —(CH 2 ) 8 —CH 2 —C=C—Li +

(CH 3 ) 2 CH

-

LiBr

(CH 2 ) 3

CH 3 —(CH 2 ) 8 —CH 2 —C=C-CH 2 —(CH 2 ) 3 —CH(CH 3 H 2 /Pd-Bleiacetat CH3-(CH2)8-H2C / H

CH2-(CH2)3-CH(CH3)2 C

=

\

H

+ CH3-(CH2)8-H2CV c—c H Ö H

O II R—C—0—0—H R—C—0—H II 0

.CH2-(CH2)3-CH(CH3)2

CH2

Br

Mehrstufensynthese: Ein Insekten-Sexuallockstoff

151

Die einzelnen Reaktionsschritte haben wir bereits kennengelernt. Neu ist lediglich die Metallierung mit Butyl-Lithium. (Näheres hierzu s. Kap. 15, Abschn. 3.1). Aufgabe Wie stellt man ;raws-7,8-Epoxy-2-methyloctadecan her?

Kapitel 5 Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe 1 Übersicht Kohlenwasserstoffe, die mehr als eine Doppelbindung enthalten, gehören zu den mehrfach ungesättigten Kohlenwasserstoffen. Je nach Anzahl der Doppelbindungen unterscheidet man zwischen Dienen, 7Vzenen, Tetraenen usw. und schließlich Polygnen.

H2C=CH—CH=CH2 Dien (1,3-Butadien)

Trien (1,3,6-Cyclooctatrien)

CH,OH

Pentaen (Vitamin A )

Polyen (Ausschnitt) (fra/w-Polyacetylen)

Das physikalische und insbesondere chemische Verhalten ungesättigter Kohlenwasserstoffe hängt vom gegenseitigen Abstand der Doppelbindungen ab. Man unterscheidet zwischen kumulierten Doppelbindungen, konjugierten Doppelbindungen und isolierten Doppelbindungen. Im ersten Fall grenzen die Doppelbindungen aneinander, im zweiten Fall sind sie durch eine Einfachbindung voneinander getrennt, und im dritten Fall liegen mehrere Einfachbindungen dazwischen. Das soll am Beispiel Pentadien illustriert werden. H3C—CH2— CH=C=CH2

H3C— CH=CH—CH=CH2

H2C=CH—CH2— CH=CH2

1,2-Pentadien (kumulierte Doppelbindungen)

1,3-Pentadien (konjugierte Doppelbindungen)

1,4-Pentadien (isolierte Doppelbindungen)

Das vorstehende Beispiel zeigt außerdem, wie man derartige Kohlenwasserstoffe benennt: Man ersetzt den Endbuchstaben -n des zugrunde liegenden Alkans durch die Silben -dien,-trien usw. und gibt die Lage der Doppelbindungen durch vorangestellte Zahlen an. In der nebenstehenden Tabelle sind einige mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe aufgeführt.

154

Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe

Tabelle

Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe

Konstitution

Name

H 2C

1,3-Butadien

-4,5

2-Methyl-1,3-butadien

34

2-Chlor-1,3-butadien

59,5

1,3-Cyclohexadien

80,5

1,4-Cyclohexadien

85,5

(Z)-1,3,5-Hexatrien (£)-1,3,5-Hexatrien

78 78,5

C H — 0 H —-C H 2 c h

1 1 H 2 C —— C

3

C H ——0 H 2

CI 1 1 H 2 C — C CH — C H 2

0 0 H

2

Siedepunkt in °C

C = C H —

c h = c h — c h = c h

2

H2C=CH—(CH=CH)2—CH=CH2

1,3,5,7-Octatetraen

H2C=CH—(CH=CH)3—CH=CH2

1,3,5,7-Decapentaen

H2C=CH—(CH=CH)n^„—CH=CH2

„Polyacetylen"

sublimiert

Aufgaben 1) Man zeichne alle Diene auf, denen das Gerüst eines Achtringes zugrunde liegt. Wieviel Diene mit kumulierten, konjugierten und isolierten Doppelbindungen gibt es davon? 2) Man benenne folgende Verbindung: h3C / H3Cx

, c = c — c h

I CI

2

— c h = c = c h

2

2 Konjugierte Diene 2.1 Struktur und Bindung Das einfachste konjugierte Dien ist 1,3-Butadien. Es besitzt die Strukturformel I. Allerdings kann man mit dieser Strukturformel nicht alle physikalischen und chemischen Eigenschaften erklären. Oft verhält sich Butadien so, als läge darin eine Angleichung von Einfach- und Doppelbindungen vor (vgl. II). Zwischen den Atomen 1 und 2 (bzw. 3 und 4) existiert eine Bindung, die schwächer als die Doppelbindung ist, und zwischen den Atomen 2 und 3 eine Bindung, fester als eine Einfachbindung. h

I

2

1 2 3 4 c = c h — c h = c h

2

H 2 C=ch=CH^CH 2 II

Konjugierte Diene

155

Offenbar überlappen die 4p z -Orbitale nicht nur paarweise (vgl. III), sondern zumindest zum Teil in der Weise, daß jedes p z -Orbital mit seinem Nachbarn überlappt (vgl. IV). Im zuletzt genannten Fall stehen alle vier P z -Orbitale parallel zueinander, weil dadurch eine maximale Überlappung gewährleistet ist.

(ro 9""0

g w o

HCH—CH—CH—CH2

0000

HCH—CH—CH—CH2

III

IV

Abbildung Überlappungsmöglichkeiten 2.2 Konformation

0000

der p 2 -0rbitale im Butadien

Butadien ist wegen der zwischen den beiden Doppelbindungen befindlichen Einfachbindung beweglich. Theoretisch sind unendlich viele Konformere denkbar, existent laut Infrarot- und Ramanspektrum aber nur die beiden Konformeren, in denen die vier ungesättigten C-Atome in einer Ebene liegen. Es handelt sich um das sogenannte s-trans- und s-m-Isomere. Beide Isomere stehen in einem für Konformere typischen schnellen Gleichgewicht, das ganz auf der Seite des s-irans-Isomeren liegt (bei Raumtemp. s-trans: s-cis ca. 95:5). Die Bevorzugung der beiden ebenen Konformeren gegenüber allen übrigen beruht auf der Parallelstellung und Überlappung der 4p z -Orbitale. H

hr

\

H—C H

c=c

/

\

C—H

\ i

s-i/»/7s-Butadien; bezüglich s (engl. Single bond) sind die Doppelbindungen trans-ständig angeordnet.

s-trans- Butadien

s-cis-Butadien; bezüglich s sind die Doppelbindungen c/s-ständig angeordnet.

s-cis-Butadien

Abbildung Parallelstellung der 4p z -Orbitale und gegenseitige Überlappung im s-trans und s-cis-Butadien.

156

Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe

Aufgabe Handelt es sich bei den Komponenten des Gleichgewichts .y-cz'v-Butadien ?± s-transButadien um cis-/rans-Isomere?

2.3

Ultraviolettspektren

Bereits im Kapitel 1 wurde darauf hingewiesen, daß Kohlenwasserstoffe mit konjugierten Doppelbindungen oberhalb 220nm absorbieren. Die genaue Lage des längstwelligen Absorptionsmaximums hängt von der Anzahl der konjugierten Doppelbindungen, ferner von der Anzahl der Substituenten, die mit dem Chromophor verbunden sind, ab: 1) Jede zusätzliche Doppelbindung verschiebt die Lage des längstwelligen Absorptionsmaximums um etwa 30 nm nach größerer Wellenlänge. Die Faustregel gilt für Polyene mit bis zu 7 Doppelbindungen. H 3 C—(CJH=CH) 3 —CH 3

H3C—(CH=CH)4—CH3

H3C—(CH=CH)5—CH3

/lmax = 275 nm

/tma„ = 310nm

/lmax= 342 nrn

2) Sind Substituenten wie Alkyl, Alkoxy, Chlor oder Brom an den Chromophor gebunden, so erfolgt pro Substituent eine Verschiebung um ca. 5 nm nach größerer Wellenlänge. H2C=CH—CH=CH—CH=CH2

H3C—CH=CH—CH=CH—CH=CH—CH3

Amax = 265 nm

/lma„ = 275 nm

2.3.1 Konstitution und Farbe Eine Verbindung erscheint unserem Auge farbig, wenn sie einen Teil des „weißen" Lichts (ca. 400-750 nm) absorbiert. Dabei nehmen wir diejenige Farbe wahr, die komplementär zur absorbierten Farbe ist. Absorbiert eine Verbindung z. B. violettes Licht (400-430 nm), so erscheint sie unserem Auge in der Komplementärfarbe grüngelb (Tabelle). Tabelle

Absorbierte Wellenlänge und Komplementärfarbe

absorbierte Wellenlänge in nm

Farbe des absorbierten Lichts

Komplementärfarbe

400-430 430-480 480-490 490-510 510-530 530-570 570-580 580-600 600-680 680-750

violett blau grünblau blaugrün grün gelbgrün gelb orange rot purpur

grüngelb gelb orange rot purpur violett blau grünblau blaugrün grün

Konjugierte Diene

157

Olefine, die mindestens 5 bis 6 in Konjugation zueinander stehende Doppelbindungen enthalten, sind farbig. Farbige Polyene können synthetisch hergestellt werden, kommen aber auch in der N a t u r vor. Ein farbiges Polyen synthetischen Ursprungs ist z.B. das Dodecahexaen (Abschnitt4). Zu den bekannten Polyenen natürlichen Ursprungs gehören ^-Carotin und Lycopin, beides Farbstoffe, die zu den sogenannten Carotinoiden zählen (Kap. 25). H

H 1,3,5,7,9,11 - Dodecahexaen, orange, längstwelliges Maximum bei 364 nm, Endabsorption bis in den sichtbaren Bereich; synthetisches Produkt

/ff-Carotin, rot, Amax bei 466 und 497 nm; in Mohrrüben („Karotten")

OH3

CHg

CHg

CHg

Lycopin, tief rot; in Tomaten, Hagebutten

Besonders anschaulich drücken die a,o>Diphenylpolyene die Beziehung zwischen Konstitution und Farbe aus, wie K. W. Hausser und R. Kuhn 1935 zeigten. Diese Kohlenwasserstoffe sind umso tiefer gefärbt, je mehr Doppelbindungen sie enthalten. Tabelle

n

1 2 3 4 5 6 7 11

Beziehung zwischen Anzahl der Doppelbindungen n und Farbe in C6H8-(CH=CH)-C6H8 'Lax

in

n m

319 352 377 404 424 445 465 530

Farbe der Verbindung farblos farblos schwachgelb gelbgrün orange braunorange kupferfarben violett

158

Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe

Außer Polyenen kennt man weitere Substanzklassen, die farbig sind. Wir greifen zwei heraus: die mehrkernigen Aromaten und die Azofarbstoffe. Mehrkernige Aromaten sind farbig, wenn sie aus mindestens vier Benzolkernen zusammengesetzt sind. Wie bei den Polyenen finden auch hier k -> rc*-Übergänge statt.

Anthracen, farblos /l max bei 380 nm

Pentacen, blau Amax bei 533, 574 u. 580 nm

Naphthacen, orange

Azofarbstoffe besitzen die Konstitution R — N = N — R . Hier beruht die Farbe nicht wie bisher auf einem n —* 7t*-Übergang, sondern auf einem n —> 7r*-Übergang. Offenbar ist die Energiedifferenz zwischen einem Orbital, besetzt mit 2 freien Elektronen, und einem unbesetzten rc-Orbital besonders gering (Kap. 1). Azomethan ist farbig, obwohl es nur eine Doppelbindung besitzt!

/ % /CH3 H3C n' Azomethan, gelb ^ma* ~ 355 nm, Endabsorption bis in den sichtbaren Bereich hinein

Azobenzol, rot

Aufgaben 1) Wie kann man folgende Olefine spektroskopisch unterscheiden?

a

b

c

2) Aus wieviel Doppelbindungen besteht der Chromophor von Lycopin?

2.4 Darstellung Butadien kann nach mehreren Verfahren hergestellt werden. 1. Technisch aus Butan durch Dehydrierung: H3C-CH2-CH2-CH3

Cf

q60^

Q

>

H2C=CH-CH=CH2

+

2H2

Konjugierte Diene

159

2. Aus Acetaldehyd durch Aldolreaktion (s. Kap. 18, Abschn. 6.3.2) 0

\

Q 0 H

2H3C—Cf

>

OH O H3C-6-CH2-cf

I

H

\

^

Acetaldehyd

+2 H (Ni) '

H

3-Hydroxybutanal

OH I H 3 C—C—CH 2 —CH 2 —OH H



>

H2C=CH—CH=CH2

1,3-Butandiol

+

2 H20

1,3-Butadien

Isopren: Technisch aus Propen, das mit Hilfe von Ziegler-Katalysatoren zu 2-Methyl1-penten dimerisiert. Letzteres wird der Crackung bei 650-800 °C unterworfen, wobei sich Methan abspaltet. CH,

I

CH,

I

2 H 2 C=CH—CH 3 — •

H 3 C—CH 2 — CH 2 — C = C H 2 — •

H 2 C = C H — C = C H 2 + CH 4

Propen

2-Methyl-1 -penten

2-Methyl-1,3-butadien Methan (Isopren)

2.5 Bedeutung Konjugierte Diene wie Butadien und Isopren sind wichtige Monomere zur Herstellung von Polymeren, näheres siehe Kapitel „Polymerisation". Darüber hinaus bildet Isopren den Baustein vieler Naturstoffe (s.Kap. 25, Abschn. 2). CH 33

I

H2C=C—CH=CH5 Isopren

C

H,C

CH,0H

I c—c—c—c IsoprenBaustein

Naturstoff Farnesol, bestehend aus 3 IsoprenBausteinen

2.6 Reaktionen 2.6.1 1,2-Addition und 1,4-Addition von Bromwasserstoff Das chemische Verhalten von Dienen hängt vom Abstand der Doppelbindungen ab. Kumulierte und isolierte Doppelbindungen gehen wie Doppelbindungen in Alkenen

160

Mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe

eine normale Addition ein, nunmehr mit 1,2-Addition bezeichnet. Konjugierte Diene hingegen liefern nicht nur Produkte der 1,2-Addition, sondern auch solche einer 1,4Addition. CH,=C=CH 2

+ H—Br

• CH2— C=CH, I I H Br 1,2-Addition

CH2=CH—CH2— CH=CH 2 + H—Br

> CH2—CH—CH2—CH=CH2 H

Br

1,2-Addition CH2=CH— CH=CH 2

+ H—Br

> CH22—CH—CH=CH2 + CH2—CH=CH—CH22 I I I I H Br H Br 1,2-Addition

1,4-Addition

Wie die 1,2-Addition besteht auch die 1,4-Addition aus zwei Schritten. Im ersten Schritt greift das Proton das Ende des konjugierten Diens an. Dabei entsteht ein substituiertes Allylkation. (Das Allylkation selbst besitzt die Strukturformel H 2 C = C H — C H 2 f f i . ) Im zweiten Schritt addiert sich das Bromid-Ion an die 2- oder 4-Position des substituierten Allylkations.

¿H3—CH—CH=CH2 Br® 1 2 3 4 CH,=CH—CH=CH,

HBr

A g if " ; ^> CH33—CH—CH=CH22 auf C-2 | Br 1,2-Addition

: CH3—CH=CH—CH2 Br®

A g if " I l> CH,—CH=CH—CH, auf C-4 Br 1,4-Addition

mesomere Grenzformen des substituierten Allylkations

2.6.1.1

Mesomerie

Bei der Addition von H—Br an Butadien reagiert der Wasserstoff stets mit dem endständigen C-Atom. Warum? Die Addition des Protons an das C-Atom 1 erfordert

Konjugierte Diene

161

die geringere Aktivierungsenergie, da das daraus hervorgehende Carbenium-Ion I einen geringeren Energieinhalt als das Carbenium-Ion II besitzt. ch 3

konrotatorisch

H (Z),(£)-2,4-Hexadien

c/'s-3,4-Dimethylcyclobuten /H,

h- v, V 7 (£),(£)-2,4-Hexadien

disrotatorisch

c/'s-3,4-Dimethylcyclobuten

Führt man die gleichen Überlegungen an Hexatrien durch, so gelangt man zu entgegengesetzten Drehrichtungen: Die thermische Anregung führt zum disrotatorischen, die photochemische zum konrotatorischen Ringschluß.

disrotatorisch

(f),(£)-2,4,6-Octatrien

c/'s-5,6-Dimethyl-1,3-cyclohexadien

,h- v W (£),(£)-2,4,6-Octatrien

2.2.2

konrotatorisch ira/7s-5,6-Dimethyl-1,3-cyclohexadien

Ringöffnung

Auf die RingÖffnung läßt sich das HO MO-Konzept nicht direkt anwenden (höchstens unter Hinzuziehung des LUMO, darauf soll aber nicht eingegangen werden). Hier hilft uns das Prinzip der mikroskopischen Reversibilität weiter: Stehen zwei Verbindungen A und B im Gleichgewicht miteinander, so ist der Übergangszustand der Reaktion A —> B identisch mit dem Übergangszustand der Reaktion B —> A. Zur Erläuterung sei ein Beispiel aus dem Alltag angeführt. Hat jemand den niedrigsten Paß beim Überqueren eines Gebirges in Nord-Süd-Richtung gefunden, kennt er damit auch den niedrigsten Paß in Süd-Nord-Richtung. Wendet man dieses Prinzip auf elektrocyclische Reaktionen an, so gilt: Die R.ingöffnung hat den gleichen Übergangszustand und damit den gleichen Drehsinn wie der dazu gehörige Ringschluß.

Elektrocyclische Reaktionen

191

Damit wird verständlich, weshalb die Ringöffnung der Cyclobutenverbindung I (s. oben) nur zu einem Dien führt: An der Ringöffnung sind insgesamt 4 Elektronen beteiligt (2 7i- und 2 R

1,3-dipolare Verbindung

3.2 Erlaubte und verbotene konzertierte Cycloadditionen Während elektrocyclische Reaktionen sowohl thermisch als auch photochemisch erlaubt sind (es sei denn, die Geometrie des Moleküls gestattet nur eine bestimmte Drehung und damit nur eine bestimmte Anregungsart), gilt für konzertierte Cycloadditionen ein Alternatiwerbot: Sie sind entweder thermisch erlaubt und damit photochemisch verboten oder umgekehrt. Wie bei den elektrocyclischen Reaktionen liefert auch hier die Symmetrie der beteiligten Orbitale den Schlüssel zum Verständnis. Allerdings betrachtet man jetzt nicht allein die HOMO's (wie bei elektrocyclischen Reaktionen), sondern HOMO und LUMO. Bei der Annäherung zweier ungesättigter Moleküle „taucht" das Elektronen-gefüllte HOMO des einen Moleküls in das leere LUMO des anderen Moleküls und umgekehrt. Stimmen die Vorzeichen der Phasen von HOMO und LUMO an denjenigen Atomen, zwischen denen eine Bindung hergestellt werden soll, überein, so erfolgt eine bindende Wechselwirkung und daraus eine Vereinigung der beiden Moleküle. Besitzen die Vorzeichen an den genannten Stellen entgegengesetztes Vorzeichen, so unterbleibt die Vereinigung.

196

Pericyclische Reaktionen

Ethylen plus Ethylen: Eine Cycloaddition zwischen zwei Molekülen Ethylen, die sich im Grundzustand befinden, ist symmetrieverboten, da die Vorzeichen von HOMO und LUMO nicht übereinstimmen.

HOMO (N)

LUMO (/T*)

Abbildung Annäherung zweier Ethylenmoleküle, die sich beide im Grundzustand befinden, führt zu keiner bindenden Wechselwirkung.

Befindet sich dagegen eines der beiden Ethylenmoleküle im angeregten Zustand, was durch Aufnahme eines Lichtquants möglich ist, so erlaubt die Symmetrie der beiden beteiligten Orbitale jetzt eine Vereinigung der Moleküle.

HOMO (77*)

LUMO (77*)

Abbildung Annäherung des unteren Ethylenmoleküls (im Grundzustand, 77* nicht besetzt) an das obere (im angeregten Zustand, 77* mit einem Elektron besetzt) führt zu einer bindenden Wechselwirkung.

Ergebnis: Eine synchrone Vereinigung zweier Alkene ist nur photochemisch möglich. Bei Ethylen selbst ist die photochemische Dimerisierung noch nicht beobachtet worden, wohl aber bei substituierten Ethylenverbindungen. Auch w/ramolekulare [2 + 2]-Cycloadditionen sind bekannt. Im folgenden ist je ein Beispiel für eine intermolekulare und eine intramolekulare [2 + 2]-Cycloaddition aufgeführt.

H5C6 /CGHS

^c6H5

+

H5C6^

C6H5

O ^ [Z

H5C6/ H5C6

C6H5

Konzertierte Cycloadditionen

197

hv

Ethylen plus Butadien: Diese Cycloaddition ist erlaubt, wenn sich beide Moleküle im Grundzustand befinden, da die entsprechenden Phasenvorzeichen übereinstimmen. Dabei ist es gleichgültig, ob man H O M O (Ethylen) mit L U M O (Butadien) oder L U M O (Ethylen) mit H O M O (Butadien) kombiniert. Befindet sich dagegen eine der beiden Verbindungen im elektronisch angeregten Zustand, so stimmen die entsprechenden Phasen nicht mehr überein (Aufgabe).

Abbildung Annäherung des Ethylenmolekiils (jeweils unten) an das Butadienmolekül (jeweils oben) führt zu einer bindenden Wechselwirkung, gleichgültig, welche H O M O / L U M O Beziehung man heranzieht.

Ergebnis: Die [2 + 4]-Cycloaddition ist thermisch erlaubt und photochemisch verboten. Damit wird verständlich, weshalb die Dien-Synthese durch bloßes Erhitzen von Dien und Dienophil gelingt.

Aufgaben 1) Sind folgende Reaktionen thermisch oder photochemisch (Symmetrie)erlaubt?

a) C 0

t>CH3

198

Pericyclische Reaktionen

b)

0

C=0

H

H

H

2) Man zeige anhand der entsprechenden Phasen Vorzeichen, daß die Dien-Synthese photochemisch (Symmetrie) verboten ist.

3.3 Regeln Auch für konzertierte Cycloadditionen gibt es Regeln, die ebenfalls von Woodward und Hoffmann aufgestellt worden sind. Diese sind in untenstehender Tabelle zusammengefaßt. Konzertierte Cycloadditionen sind photochemisch erlaubt, wenn die Gesamtzahl der beteiligten ir-Elektronen 4n, d.h. 4, 8, 12 usw. beträgt. Beläuft sich die Gesamtzahl auf 4n + 2 rc-Elektronen, d. h. auf 6, 10, 14 ... n-Elektronen, so ist die Addition allein thermisch erlaubt. Tabelle

Woodward-Hoffman-Regeln für Cycloadditionen

Anzahl^^^ Art der b e t e i l i g t e r ^ ^Anregung TT- Elektronen

thermisch

photochemisch

4 n

verboten

erlaubt

4 n+2

erlaubt

verboten

n = 1, 2, 3 ...

4 Konzertierte und stufenweise Cycloadditionen Außer den konzertierten Cycloadditionen kennt man auch stufenweise verlaufende Cycloadditionen. Hier werden die beiden fr-Bindungen nacheinander geknüpft. Dabei tritt eine Zwischenstufe auf, die ein Radikal oder einen 1,4-Dipol darstellt. Stufenweise Cycloadditionen verlaufen in der Regel nicht stereospezifisch, da in der Zwischenstufe freie Drehbarkeit herrscht (vgl. Pfeil in untenstehendem Formelschema). Konzertierte Cycloaddition: stereospezifisch

+

ein c/s-Alken

II

Ethylen

h • v

R A

ein c/'s-Cyclobutan

Konzertierte und stufenweise Cycloadditionen

199

Stufenweise Cycloaddition: nicht stereospezifisch

\ \

H

H' oder

/

ein c/s-Cyclobutan H

\

R

\ RA W 1,4-dipolare oder biradikalische Zwischenstufe

ein

frans-Cyclobutan

Stufenweise verlaufende Cycloadditionen treten besonders häufig bei der Bildung von Cyclobutanringen auf, wie auch die folgenden Beispiele zeigen. Beispiele: CN H2C=CH—CN + H2C=CH—CN

CN

Acrylnitril

1,2-Dicyanocyclobutan

( eis, trans -Gemisch)

C

'\

CI

/ C = C

/

\

F

ci2 ci

C ,

CI

/

\

2

C^;f

CI,

/ C = C

\

H3C

/

1,1,2,2-Tetrachlortetrafluorcyclobutan

F

H3-

Deutero/'soinden, abfangbar mit Dienophilen

2-Deuteroinden

5.1 Stereochemie. Suprafaciale und antarafaciale Wanderung Ebenso wie die anderen pericyclischen Reaktionen verlaufen auch sigmatrope Wanderungen stereospezifisch. Man unterscheidet zwischen suprafacialen und antarafacialen Wanderungen. Im erstgenannten Fall wandert der Wasserstoff entlang ein und derselben Seite eines ungesättigten Moleküls, im zweitgenannten Fall wechselt der Wasserstoff auf die andere Seite des Moleküls.

Sigmatrope Wanderungen

201

R [1,5]-antarafaciale Wanderung: Der Wasserstoff wechselt die Seite (vor der Wanderung: oberhalb der Papierebene; nach der Wanderung: unterhalb der Papierebene).

5.2 Orbitalsymmetrie und Art der Wanderung Ob eine Wanderung suprafacial oder antarafacial erfolgt, wird von der Orbitalsymmetrie desjenigen Radikals bestimmt, das formal bei der Homolyse der wandernden H

V,C-> \ - C /

H''

H

oder

H H 2 CX ——^CH^,

oder

z

/ \x

H Strukturformeln des Cyclopropans

Es folgen Cyclobutan, Cyclopentan, Cyclohexan, Cycloheptan usw.



Cyclobutan

Cyclopentan

Cyclohexan

Cycloheptan

Die Nomenklatur dieser und weiterer Cycloalkane ist einfach: Man setzt die Silbe Cyclo- vor den Namen des Kohlenwasserstoffs, der die gleiche Anzahl von C-Atomen besitzt. Demnach ist Cyclodecan ein Ring, der 10 C-Atome enthält. Je nach Anzahl der C-Atome im Ring unterscheidet man zwischen kleinen, normalen, mittleren und großen Ringen, wie in der Tabelle (folgende Seite) gezeigt ist. Die Einteilung mag willkürlich erscheinen. Sie ist aber aufgrund unterschiedlicher physikalischer und chemischer Eigenschaften sinnvoll, wie im folgenden noch erläutert wird.

206

Cycloalkane

Anzahl der C - A t o m e im Ring

Bezeichnung

3,4 5,6,7 8,9,10,11 12,13

kleine Ringe normale Ringe mittlere Ringe große Ringe

Die Summenformel der monocyclischen Kohlenwasserstoffe lautet C n H 2 n ; sie enthält somit 2 Wasserstoff-Atome weniger als die der offenkettigen Alkane. offenkettige Kohlenwasserstoffe: C n H 2 n + 2 monocyclische Kohlenwasserstoffe: C n H 2 n Das Minus von 2 Wasserstoffen ist eine Folge des Ringschlusses, bei dem formal 2 Wasserstoffe frei werden:

•|

I

H

H

l2C CH2 C4H10 (Butan)



I

I

+

H2C—CH2

2H

C4H8 (Cyclobutan)

Ersetzt man ein Wasserstoff-Atom oder mehrere in einem Cycloalkan durch Substituenten wie Alkyl, Halogen usw., so gelangt man zu substituierten Cycloalkanen. Sind mindestens zwei Substituenten vorhanden, so können cis-trans-Isomere auftreten. Betrachten wir die 3 isomeren Verbindungen A, B und C von Dibromcyclopropan:

Br

Bj

yBr

H

z c - / \

>s

'

Br

A 1,1-Dibromcyclopropan

^

H'' B

v^

Br

/ Br

'h

C c/'s-1,2-Dibromcyclopropan

trans-1,2-Dibromcyclopropan

A und B sind Konstitutionsisomere, so wie z. B. 2-Methylbutan und Neopentan (siehe Kapitel „Alkane"). Das gleiche gilt für A und C. Dagegen handelt es sich bei B und C um cis-trans-Isomere, die man wie cis-trans-isomere Alkene zu den Diastereomeren zählt. Im m-Isomeren B befinden sich die Substituenten auf derselben Seite der Ringebene, im irani-Isomeren C auf entgegengesetzten Seiten.

Monocyclische Alkane

207

Vom Dibromcyclobutan kennt man bereits fünf Isomere:

Br

\

A

B

1,1 - D i b r o m cyclobutan

c/s-1,2-Dibromcyclobutan

Br

Br C i/-a/7s-1,2-Dibromcyclobutan

W Br

Br

H

D

E

c/s-1,3-Dibromcyclobutan

f/-ans-1,3-Dibromcyclobutan

Sowohl B und C als auch D und E sind cis-trans-Isomere. In welchem Isomerenverhältnis weitere Paare stehen, ist Gegenstand einer Aufgabe (s. unten).

Aufgaben 1) Welche Konstitution besitzt eis-1,5-Diäthylcyclononan 2) Benennen Sie die folgenden Verbindungen:

?

3) In welchem Isomeren Verhältnis stehen die Dibromcyclobutane A und B, ferner B und E zueinander? 4) Wieviel bezüglich der Konstitution isomere Difluorcyclohexane gibt es insgesamt und wieviele davon sind m-iraws-Isomerenpaare?

208 Cycloalkane 1.2 Physikalische Eigenschaften 1.2.1

Konformationen der Cycloalkane

Cyclopropan besitzt notwendigerweise eine ebene Anordnung, da 3 Atome stets in einer Ebene liegen. Der Winkel zwischen den C—C-Bindungen sollte 60° betragen. Da dieser Winkel stark vom Tetraederwinkel (109,5°) abweicht, sind die Bindungen gebogen („Bananenbindungen"). Mit Hilfe der Röntgenbeugung kann man die gebogenen Bindungen experimentell nachweisen (Abbildung).

Abbildung Gebogene Bindungen („Bananenbindungen") im Cyclopropan. Links: Modell. Rechts: Röntgenbeugungsbild von c/s-1,2,3-Tricyanocyclopropan. Der Übersicht halber sind nur die Elektronendichten der Bindungen wiedergegeben, wobei Orte gleicher Dichte durch Linien verbunden sind. M a n erkennt, daß die größten Dichten außerhalb des Dreiecks liegen (A. Hartmann und F. C. Hirschfeld, Acta Cryst. 20, 8 2 ( 1 9 6 6 ) ) . Genehmigung zum Nachdruck erteilt durch International Union of Crystallography, ehester.

In den gebogenen cr-Bindungen ist die Überlappung der Orbitale kleiner als in normalen SbCI5 > FeCI3 > SnCI4 > TiCI4 > ZnCI2

Meistens wählt man Aluminiumchlorid. Auch diese Reaktion verläuft in mehreren Schritten. Zunächst dissoziiert das dimere Aluminiumchlorid. CI.

-CI.

A . CI.

Al/

CI

CI I Al

CI Cl^

CI

CI

Das monomere A1C13 besitzt wie BF 3 eine Elektronenlücke, die durch Koordination mit dem Chlor des Alkylhalogenids geschlossen wird. Hierbei wird die C—Cl-Bindung zusätzlich polarisiert, im Falle tertiärer Halogenide sogar ionisiert (warum gerade hier?). CH3—CH2— CI

+

AICL^

(CH3)3C — Cl

+

AICI3


(CH3)3Cffi

+ AICI®

Der so positive Kohlenstoff vermag nunmehr den Benzolkern elektrophil anzugreifen.

Solche Friedel-Crafts-Alkylierungen sind aus zwei Gründen von nur begrenztem synthetischen Wert. Erstens: Es tritt neben Monosubstitution auch Mehrfachsubstitution ein. Zweitens: Es treten Isomerisierungen der Seitenkette auf.

244

Benzoide aromatische Verbindungen

R MonoDiSubstitution ÇH

3

40

60

n-Propylbenzol

Isopropylbenzol

So liefert n-Propylchlorid neben dem erwarteten n-Propylbenzol auch das unerwartete Isopropylbenzol. Die Isomerisierung des Propylrestes erfolgt vor der eigentlichen Reaktion: H

H

H3C—C—C—Cl H

H . . . AICI3




H

3

H

H

C — C - £ ® . . . Cl—AICI® (

H

primäres

)

H

Carbenium-Ion

H H ö3 C — C H — C H J,

| Cl




H 3 C — C — C HJ3 *

©

Cl—AICI® AICI3

sekundäres

Carbenium-Ion

Hierbei wandert ein Hydrid-Ion H e , wodurch aus einem weniger stabilen Carbeniumsalz (primäres Carbenium-Ion) ein stabileres Carbeniumsalz (sekundäres Carbenium-Ion) entsteht. Aufgaben (Forts.) 6) Bei der Hydroborierung ist nur das Monomere des Diborans B 2 H 6 und bei der Friedel-Crafts-Reaktion nur das Monomere von AljCl^ wirksam. Warum? 7) Handelt es sich bei der vorstehend beschriebenen Hydridwanderung um eine Tautomerie?

Elektrophile Substitutionen an Aromaten

245

8) Man formuliere die Friedel-Crafts-Reaktion zwischen Benzol und a) n-Butylchlorid, b) ieri-Butylchlorid. 9) Man erkläre den Reaktionsablauf folgender Reaktion.

6.1.4.3

Friedel-Crafts-Acylierung

Carbonsäurechloride und Carbonsäureanhydride setzen sich in Gegenwart von Aluminiumchlorid mit aromatischen Verbindungen zu Ketonen um.

+

_ c ( °

R

AICI

3>

+

HCl

Cl Carbonsäurechlorid

,C

+

Alkylphenylketon

R A I C I

0

3

c—R

offenes Carbonsäureanhydrid

+

0 jj

V

r

/

Ii o

—' A I C I

cyclisches Carbonsäureanhydrid (Bernsteinsäureanhydrid)

3

jff-Benzoyl-propionsäure

246

Benzoide aromatische Verbindungen

O II In allen Fällen tritt eine Acylgruppe (R—C— = Acyl) an den aromatischen Ring. Deshalb nennt man die Reaktion Friedel-Crafts-Acylierung. Eine Zweitsubstitution tritt nicht ein (Begründung im nächsten Abschnitt). Der erste Schritt besteht in der Bildung eines Acylium-Ions.

R—C^

+

AICIj

Cl




R—C=0

+

AICI©

| ©

R—C=0| Acylium-Ion

Im zweiten Schritt substituiert das Acylium-Ion ein aromatisches Proton. O

AICI©

O

AICI©

AICI3

Bei der Friedel-Crafts-zi//cj//erM«g benötigt man nur katalytische Mengen von Aluminiumchlorid, bei der Acylierung dagegen größere Mengen, da die gebildeten Ketone und Carbonsäuren mit Aluminiumchlorid Komplexe bilden. AICI3

cA-

R—C

S

,0-•• AICI,3

\>H

Koordination zwischen AICI 3 (Lewis-Säure) und der Carbonylgruppe (Lewis-Base)

Die Acylierung mit einem mol Carbonsäurechlorid erfordert etwa 1,1 mol A1C13 und die mit einem mol Carbonsäureanhydrid etwa 2,1 mol A1C13 (siehe Aufgabe). Friedel-Crafts-J4cj>//erw«gen sind aus zwei Gründen von präparativem Interesse. Einmal lassen sich auf diese Weise eine Vielzahl von aromatischen Ketonen (Ar-COAlkyl) herstellen, zum anderen kann man diese Ketone mit Zink in Salzsäure (Reduktion nach Clemmensen) in Alkylbenzole überführen. Man umgeht so die direkte Alkylierung, die ja durch Mehrfachsubstitution und Umlagerung beeinträchtigt ist.

Elektrophile Substitutionen an Aromaten

CH 3

247

CH 3

Es entsteht ein Produkt.

O II Verwendet man statt der Carbonsäurederivate der Konstitution R—C—X solche der Konstitution H—CO—X (d.h. Derivate der Ameisensäure H—CO—OH), so erhält man statt Ketone Aldehyde. Als geeignete Ameisensäurederivate erweisen sich:

H-C'

H—C' Cl

Formylchlorid (nur unterhalb - 1 8 0 ° C beständig)

N(CH3)2 Dimethylformamid

Allerdings ist Formylchlorid nur unterhalb — 180°C beständig. Deshalb verwendet man eine Mischung aus Kohlenoxid und Chlorwasserstoff, die sich wie Formylchlorid verhält. Die Einführung einer Aldehydgruppe mit Kohlenoxid und Chlorwasserstoff nennt man Gattermann-Koch-Reaktion, die mit Dimethylformamid Vilsmeier-Reaktion. Beide Reaktionen werden im folgenden kurz vorgestellt. Gattermann-Koch-Reaktion. L. Gattermann (geb. 1860 in Goslar, gest. 1920) und J. A. Koch beobachteten, daß sich Aromaten mit Kohlenoxid und Chlorwasserstoff zu aromatischen Aldehyden umsetzen, sofern Katalysatoren (A1C13, CuCl) anwesend sind.

248

Benzoide aromatische Verbindungen

CH, +

|C=0|

AICI

HCl

+

3-

CuCI

,

+

HCl

O H—C Cl

p-Toluylaldehyd

Vilsmeier-Reaktion. Wie A. Vilsmeier (geb. 1894 in Burgweinting/Regensburg) feststellte, werden reaktive Aromaten (Phenolether, Dialkylaniline, Anthracen) durch Dimethylformamid und Phosphoroxidchlorid (1:1) in Aldehyde überführt. .CH, r. ä. H CH3 H3C—0 .X ^ H 3 C - O / \ < H - < + X (/ \ H , \ = / N> CH3 Die Reaktion verläuft in zwei Schritten: Bildung des Carbeniumsalzes I und elektrophile Reaktion von I mit dem Aromaten.

-TS • W

Schritt 1: Herstellung des Salzes

Cl 0=P— Cl

3CV ? ^N—C—H H,C

H,C

h

+

0

0=P^— Cl Cl

r

H3C

Schritt 2: Umsetzung des Salzes mit dem Aromaten und Hydrolyse

H,C

\

uH3C r /

Xe

®C—H 1

/CH 3

Cl

"M

Anisol

H

+

HCl

+

H—N /

,CHCH,

Anisaldehyd

\ ^N—C—H © +

I Cl I Chlor-dimethylaminomethylium-Salz Ii

Phosphoroxidchlorid

Dimethylformamid

3

->

;N—c—H II r / I H3C Cl

Cl

CH,

/

Elektrophile Substitutionen an Aromaten

249

Abschließend seien die wichtigsten elektrophilen Substitutionen am Benzol in einem Reaktionsschema zusammengefaßt.

NO,

HNO, (H2S04)

+

H,0

Nitrierung

+

HBr

Bromierung

+

H,0

Sulfonierung

+

HCl

Alkylierung

Br Br, (FeBr 3 )

CH, I CH,

(AICI3)

CH, I CHAlkylierung

(H 9

,0 CH3-C^

CH,

c=o

Cl

+

(AICI3)

HCl

Acylierung

V CO (HCl, AIBr 3 )

HCl, ZnCI 2

Formylierung

+

H,0

Chlormethylierung

250 Benzoide aromatische Verbindungen Aufgaben

1) Die Röntgenstrukturanalyse des Salzes CH3CO® SbF 6 e ergab für C — C = 0 eine lineare Struktur. Wird diese auch durch das Elektronenpaarabstoßungsmodell vorhergesagt? 2) Man erkläre den Ablauf folgender Reaktion:

0C>-

1. A I C I 3

H30

2. H 2 S 0 a

O Phthalsäureanhydrid

0 Anthrachinon

3) Wie kann man Pentylbenzol isomerenfrei darstellen? 4) Weshalb benötigt man bei der Acylierung mit Carbonsäureanhydriden etwas mehr als zwei mol Aluminiumchlorid? 5) Man gebe einen Mechanismus für den Ablauf der Formylierung nach GattermannKoch an. 6) Leitet man Deuteriumchlorid in Benzol ein, so beobachtet man keinen H/D-Austausch. Ist dagegen A1C13 vorhanden, so wird D eingeführt. Warum? 7) Warum kann man Methoxybenzol nach Vilsmeier formylieren, nicht dagegen Benzol?

6.2 Reaktionen des substituierten Benzols Die bisher behandelten Substitutionsreaktionen betrafen Benzol selbst. Nunmehr wollen wir uns Reaktionen an Benzolkernen zuwenden, die bereits einen Substituenten tragen. Führt man eine elektrophile Substitution an einem Benzolkern durch, der einen Substituenten trägt, so beobachtet man, daß dieser Substituent auf zweifache Weise den Reaktionsablauf beeinflußt. Erstens beschleunigt oder verlangsamt er den Substitutionsvorgang. Zweitens dirigiert er den neu hinzukommenden Substituenten in die ortho-, meta- bzw. para-Stellung. Man unterscheidet drei Gruppen von Substituenten. Gruppe 1: Substituenten, die beschleunigen und vorzugsweise in die o- und p-Stellung dirigieren. Gruppe 2: Substituenten, die verlangsamen und ebenfalls vorzugsweise in die o- und p-Stellung dirigieren. Gruppe 3: Substituenten, die verlangsamen und in die m-Stellung dirigieren. Zur Gruppe 1 und 2 gehören Substituenten, die an der Verknüpfungsstelle ein freies Elektronenpaar besitzen (—O—R, —Brl usw.) oder aber Alkylreste. Zur Gruppe 3 zählen Substituenten mit einer ganzen oder partiellen positiven Ladung an der Ver-

Elektrophile Substitutionen an A r o m a t e n

251

knüpfungsstelle (—N®—Oe, — CF 3 usw.). Die nebenstehende Tabelle zeigt, welche Substituenten zu welcher Gruppe gehören. Tabelle Einfluß wichtiger Substituenten auf Geschwindigkeit und Orientierung bei der elektrophilen Substitution Gruppe 1. Beschleunigung und o,p-Orientierung:

Gruppe 2. Verlangsamung und o,p-Orientierung:

Gruppe 3. Verlangsamung und m-Orientierung

— A l k y l ( + l, + M )

—F|

-CF3

-C6H5

—EIL

(-I, +M)

_/R —N'

(-I, +M)

—ÖR

R (-I, +M)

—Ö|e

( + l, + M )

i+

(-I, +M)

— N ^ \

(-I, +M)

-CH2-CI

(-I)

-NR3 x

(-I, +M)

-BR| ( - I , + M )

—Ii

6 -

e

(-I)

(-I, - M )

6 -

(-I, +M)

—S^-OH (-I, - M ) x

o 6 -

- C ^

(-I, - M ) R

25°

+

HBr

9-Bromphenanthren

Einige mehrkernige aromatische Kohlenwasserstoffe besitzen gefahrliche Eigenschaften: Sie wirken krebserregend (carcinogen). Meistens handelt es sich um Verbindungen mit dem Benz[a]anthracengerüst:

Benz[a]anthracen, carcinogen

Pyren, carcinogen

Methylcholanthren, sehr carcinogen

Benzo[a]pyren, carcinogen

Bestreicht man die Haut einer Maus mehrmals mit einer Lösung von Methylcholanthren in Benzol, so entsteht nach einiger Zeit Hautkrebs. Man vermutet, daß Angehörige bestimmter Berufe, die Steinkohlenteerprodukten ausgesetzt sind, eher von Hautkrebs befallen werden als andere. Sicherheit darüber besteht noch nicht.

Additionsreaktionen an Aromaten

261

Aufgaben 1) Nitrobenzol wird gelegentlich als Lösungsmittel bei Friedel-Crafts-Reaktionen verwendet (s. Acylierung von Naphthalin). Warum wird es nicht selbst alkyliert bzw. acyliert? 2) Folgende Verbindungen sind herzustellen:

9,10-Anthrachinon

3-Methylanthron

3) Wie stellt man Benz[a]anthracen her?

7 Additionsreaktionen an Aromaten Trotz der Stabilität des Benzolringes gelingen einige Additionen. Dabei handelt es sich meistens um radikalische Additionen. Die angreifenden Reagenzien sind entweder Halogenatome, solvatisierte Elektronen oder Wasserstoffatome.

7.1 Lichtinduzierte Halogenierung Chlor und Brom werden bei Bestrahlung mit UV-Licht an Benzol addiert. H

Cl

Lichtquants. Cl—Cl



2

er

262

Benzoide aromatische Verbindungen

Hexachlorcyclohexan kann in 8 eis-someren der Chlorierung, unter diesen das Gammexan.

auftreten. Allein 6 entstehen bei

Cl

Gammexan

Gammexan ist das einzige unter den 6 Isomeren, das kontaktinsektizide (Insekten durch Kontakt tötende) Eigenschaften besitzt. Leider kommt es nur zu 10 % im Gemisch der 6 Isomeren vor. Aufgaben 1) Man zeichne die 8 isomeren Formen des 1,2,3,4,5,6-Hexachlorcyclohexans. 2) Führt man die Chlorierung von Benzol in Gegenwart von Maleinsäureanhydrid durch, so isoliert man außer Hexachlorcyclohexan auch a-Chlor-ß-phenylbernsteinsäureanhydrid.

Man erkläre die Entstehung dieser Verbindung.

7.2 Reduktion durch solvatisierte Elektronen Aromatische Verbindungen werden durch Alkalimetall und Alkohol zu 1,4-Dihydroverbindungen reduziert (U/rcA-Reduktion). Als Lösungsmittel wählt man flüssiges Ammoniak.

+

2 Li

+

2 C2H5OH

NH

H

H

H

H

3'flüssig>

1,4-Dihydrobenzol

Die eigentliche Reduktion geschieht durch solvatisierte Elektronen, deren Reduktionsvermögen wir bereits im Kapitel „Alkine" bei der Umwandlung Alkine —• trans-

Additionsreaktionen an Aromaten

263

Alkene kennengelernt haben. Der Vergleich mit der Alkin-Reduktion zeigt, daß die einzelnen Schritte sehr ähnlich sind.

Wie Benzol werden auch substituierte Benzole und Naphthalin reduziert. In allen Fällen tritt letzten Endes 1,4-Addition von Wasserstoff ein. OCH,

OCH,

COOH

^^j-COOLi

Die 1,4-Addition erfolgt in der Weise, daß elektronenabstoßende Reste (—CH 3 , —OR, —NH 2 u.a.) weiterhin an eine Doppelbindung gebunden sind, während elektronenanziehende Reste (—COOH) von der Doppelbindung getrennt werden. Weshalb tritt 1,4- und nicht 1,2-Addition ein ? Nach Berechnungen von H. E. Zimmermann (1961) ist die Elektronendichte des Radikalanions I in 2-Stellung und die des daraus hervorgehenden Radikalanions II in 5-Stellung am höchsten. Deshalb greifen hier die Protonen an, woraus eine 1,4-Addition resultiert.

(7 n-Elektronen)

(6 TT-Elektronen)

Aufgaben 1) Man formuliere die Umwandlung von Benzol in ein Radikal-Kation, in ein Radikal und in ein Radikal-Anion.

264

Benzoide aromatische Verbindungen

2) Welche Verbindungen entstehen bei der Reduktion nach Birch von a) 2-Methoxytoluol, b) 3-Methoxytoluol? 3) Weshalb sind 1,2-Dihydroaromaten thermodynamisch stabiler als 1,4-Dihydroaromaten?

7.3 Katalytische Hydrierung Ebenso wie Alkene und Alkine werden auch aromatische Verbindungen katalytisch hydriert.

Pt: 25° Ni: 200°

H2/Ni 150° 1,2,3,4-Tetrahydronaphthalin H H2/Ni

H +

200° H

H

eis-

transPerhydronaphthalin

Die Hydrierung aromatischer Verbindungen erfolgt allerdings langsamer als die von Alkenen und Alkinen. Man beobachtet folgende Abstufung: -C=C—

>

C=C

>

Während Alkine und Alkene bereits bei Raumtemperatur durch Wasserstoff/RaneyNickel hydriert werden, erfordern Aromaten unter diesen Bedingungen eine Reaktionstemperatur von 150°-200°. Aufgabe Wie stellt man 1,2,3,4,5,8-Hexahydronaphthalin her?

Mehrstufensynthese: Darstellung von Vanillin

265

8 Mehrstufensynthese: Darstellung von Vanillin Vanillin ist ein viel verwendeter Geschmacks- und Geruchsstoff (s. Kap. 18, Abschn. 4). Man kennt mehrere Darstellungsmethoden, von denen hier diejenige beschrieben werden soll, die von Benzol selbst ausgeht. Diese Synthese demonstriert auf anschauliche Weise die synthetischen Möglichkeiten, die elektrophile Substitutionen an aromatischen Verbindungen bieten. (Technisch wird Vanillin allerdings einfacher hergestellt: Man oxidiert Ligninsulfonsäure, welche beim Holzaufschluß anfallt, mit Luft im alkalischen Medium.)

H2S04

Benzolsulfonsäure 1. NaOH 2. H®

Phenol

H2S04

OH

S03H Phenol-2,4-disulfonsäure 1. NaOH 2. H®

Reaktionstemperatur: 300°. Hierbei wird nur die 2-Sulfogruppe substituiert.

Benzoide aromatische Verbindungen OH OH

S03H 4-Sulfobrenzcatechin verd. H 2 S 0 4

OH

H3C—0—S02—O—CH3

Zur Umwandlung von Phenolen in Ether nach dem Schema Ar—OH A r — 0 — R siehe Kap. 17, Abschn. 4.2.

OH OCH,

Brenzcatechin-monomethylether H—CO—N(CH3)C6H5 3

Die Vilsmeier-Reaktion wird hier statt mit Dimethylformamid mit Methylphenylformamid durchgeführt.

y OH

Vanillin (4-Hydroxy-3-methoxybenzaldehyd)

Mehrstufensynthese: Darstellung von Vanillin

267

Man mag einwenden, daß zur Umwandlung von Phenol in Brenzcatechin Afo«osulfonierung genügt. Bekanntlich entsteht aber bei der Monosulfonierung von Phenol ein Gemisch (o- und /^-Isomeres), dessen Alkalischmelze ebenfalls ein Gemisch aus Brenzcatechin (erwünscht) und Hydrochinon (1,4-Dihydroxybenzol; unerwünscht) ergibt. Deshalb wählt man Bedingungen, unter denen Phenol gleich cfeulfoniert wird. Die Umwandlung von Phenol-2,4-disulfonsäure in Brenzcatechin bereitet keinerlei Schwierigkeiten.

Kapitel 10 Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen 1 Definition aromatischer Verbindungen. Hückel-Regel Im vorstehenden Kapitel wurden solche aromatischen Verbindungen behandelt, die einen oder mehrere Benzolkerne enthalten. Man kennt nun auch Verbindungen, die überhaupt keinen Benzolring besitzen und dennoch aromatisch sind. Nach E. Hückel (geb. 1896 in Berlin) sind alle monocyclischen Verbindungen, die ein ebenes Ringgerüst mit (4n + 2) n-Elektronen in durchgehend konjugierter Anordnung enthalten, aromatisch {Hückel-Regel), n bedeutet eine ganze Zahl. Es gehören hierzu Ringe mit 2, 6, 10, 14, 18 und 22 rc-Elektronen. Ringe mit mehr als 22 rc-Elektronen verhalten sich nicht mehr aromatisch, sondern wie Polyene. Die wichtigsten aromatischen Ringe sind in der nebenstehenden Tabelle aufgeführt. Zu den 2n-Verbindungen (n = 0) gehört das Cyclopropenyl-Kation, das sich durch die drei mesomeren Grenzformen 1-3 beschreiben läßt.

BF?

oder

Cyclopropenylium-tetrafluoroborat

Zu den Verbindungen mit örc-Elektronen (n = 1) zählen Benzol, das Cyclopentadienid-Anion und das Tropylium-(Kat)ion, ferner Furan, Thiophen und Pyrrol (Tabelle). Bei den zuletzt genannten Verbindungen steuert das Heteroatom (O, N oder S) die beiden fehlenden Elektronen dazu.

-N'

V

I

H Das Elektronenpaar am N und die 4 77-Elektronen bilden ein aus 6/r-Elektronen bestehendes aromatisches System, das sich über alle Ringatome erstreckt.

270

Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen

Die wichtigsten I O T C - , 147t-, 187t-, und 227t-Aromaten sind ebenfalls in der nebenstehenden Tabelle aufgeführt. Monocyclische Ringe, die nur aus C = C - und C—C-Bindungen bestehen, werden auch [n ]Annulene genannt, n gibt die Zahl der 7t-Elektronen an. Nach dieser Nomenklatur ist Benzol ein [6]Annulen.

[6]Annulen Tabelle

[14]Annulen

[10]Annulen

Aromatische Verbindungen mit ( 4 n +

CyclopentadienidAnion

10/7

10/7 1,6-Methano[10]annulen

10/7 CyclooctatetraenDianion

[14]Annulen

6/7 Tropyliumlon

6/7

2n

Cyclopropenyl-Kation

14/7

2)n-Elektronen

14/7

f/-«?/?s-15,16Dimethyldihydropyren

Azulen

18/7 [18]Annulen

22/7 [22]Annulen

Antiaromatische Verbindungen

271

2 Grenzen der Hückel-Regel Die Hückel-Regel gilt definitionsgemäß für Mowocyclen, sinngemäß aber auch für höhergliedrige Ringe, sofern die Doppelbindungen darin an der Peripherie (am „Rand") angeordnet sind. Beispiele hierzu sind 1,6-Methano[10]annulen, Azulen und trans-15,16-Dimethyldihydropyren. Dagegen läßt sich die Regel nicht auf solche benzoiden Verbindungen anwenden, die aus mehreren Benzolkernen aufgebaut sind, selbst wenn eine Übereinstimmung zwischen Stabilität und Zahl der 7i-Elektronen gemäß 4n + 2 vorliegt. So sind Naphthalin, Diphenylen und Pyren stabile Kohlenwasserstoffe mit aromatischen Eigenschaften, nach der Zahl der n-Elektronen sollte aber nur Naphthalin aromatisch sein.

Aufgaben 1) Warum ist die 67i-ElektronenVerbindung Cycloheptatrien nicht aromatisch? 2) Man gebe die mesomeren Grenzformen des Cyclopentadienid-Anions an. 3) Warum vermindern größere Abweichungen von der Planarität die Aromatizität? 4) Tropon besitzt ein Dipolmoment von 4.3 Debye, Cycloheptanon ein solches von nur ca. 3 Debye. Erkläre.

Tropon, 4.3 D

Cycloheptanon, ca. 3 D

3 Antiaromatische Verbindungen Antiaromatische Verbindungen enthalten 4n jc-Elektronen in cyclischer, ebener, durchgehend konjugierter Anordnung.

272

Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen

aromatisch: 4 n + 2 = 2,6,10,14 ... rc-Elektronen antiaromatisch: 4n = 4,8,12,16 ... K-Elektronen Auch in den antiaromatischen Verbindungen sind die K-Elektronen delokalisiert. Die Delokalisierung führt jedoch nicht zur Stabilisierung sondern überraschenderweise zur Destabilisierung. Deshalb sind antiaromatische Verbindungen sehr unbeständig. Die einfachsten antiaromatischen Verbindungen enthalten 47i-Elektronen (n = 1). Hierzu gehören das Cyclopropenid-Anion, das Cyclobutadien und das Cyclopentadienyl-Kation. V« / 4n Cyclopropenid-Anion

An Cyclobutadien

CyclopentadienylKation (eine der 5 mesomeren Grenzformen)

Cyclobutadien ist nur bei sehr tiefer Temperatur (20 K) in einer festen Matrix beständig. Dagegen kennt man einen Komplex mit Eisentricarbonyl, der auch bei Raumtemperatur haltbar ist. Er dient als Quelle zur Erzeugung von freiem Cyclobutadien (siehe Abschnitt „Darstellung"). Beständig ist auch die Cyclobutadienverbindung mit 3 ieri-Butylresten.

Cyclobutadien, unbeständig

Tri-fert-butylcyclobutadien, einige Stunden bei Raumtemp. beständig

CyclobutadienEisentricarbonyl, beständig

Zu den 8 n- Verbindungen (n = 2) gehört Pentalen. Pentalen ist bei Raumtemperatur unbeständig, wird aber ebenfalls durch /m-Butylreste stabilisiert (s. nächste S.). Damit haben wir zugleich zwei Möglichkeiten kennengelernt, ungesättigte Moleküle, die unbeständig sind, zu stabilisieren, nämlich durch Verknüpfung mit sperrigen Gruppen oder durch Komplexbildung mit Übergangsmetallen. Sperrige Gruppen schirmen das Molekül gegen den Angriff eines anderen Moleküls ab. Bei der Komplexbildung mit einem Übergangsmetall werden die Ji-Elektronen einer instabilen olefinischen Verbindung durch das Metall beansprucht und damit desaktiviert. (Ein-

Ringgröße, Ringwinkel und Planarität

273

zelheiten über die Bindung zwischen einem Alken und einem Übergangsmetall siehe Kapitel „Metallorganische Verbindungen".)

8/7

Pentalen, unbeständig

HqC

CH-q

H,C

CHo 8/7

1,3,5-Tri-fert-butylpentalen, beständig

4 Ringgröße, Ringwinkel und Planarität Es mag aufgefallen sein, daß bei der Aufzählung einfacher antiaromatischer Ringe das [8] Annulen (Cyclooctatetraen) und bei der Aufzählung einfacher aromatischer Ringe das [10] Annulen (Cyclodecapentaen) fehlten.

[8]Annulen, Cyclooctatetraen

[10]Annulen, Cyclodecapentaen

Der Grund ist wie folgt: Cyclooctatetraen und Cyclodecapentaen besitzen keine ebene Anordnung. Gerade diese ist aber zur Ausbildung von Aromatizität oder Antiaromatizität unerläßlich. Deshalb sind die beiden Verbindungen nicht aromatisch bzw. antiaromatisch, sondern ähneln Polyolefinen. Ebenes Cyclooctatetraen besäße aus zwei Gründen eine höhere Energie als nichtebenes Cyclooctatetraen. Erstens träte Winkelspannung auf. Der Winkel am sp 2 -hybridisierten Kohlenstoff beträgt 120°, der im gleichseitigen Achtring dagegen 135° (zur Geometrie von Ringen siehe Kapitel „Cycloalkane"). Zweitens wäre es durch Delokalisierung seiner it-Elektronen destabilisiert (8rc-Elektronen!). Anders liegen die Verhältnisse bei seinem Dianion (Tabelle). Hier kompensiert die Delokalisierungsenergie (lOji-Elektronen!) die Energie, die zur Winkelaufweitung erforderlich ist. (Das gleiche gilt auch für das Tropylium-Ion).

274

Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen

Ebenes Cyclodecapentaen besäße einen Ringwinkel von 144°. Diese energetisch aufwendige Winkelaufweitung wird offenbar auch nicht durch die Energie kompensiert, die bei der Aromatisierung (lOrc-Elektronen) frei wird. Aufgaben 1) Welche der folgenden Verbindungen sind olefinisch, aromatisch bzw. antiaromatisch?

Pentalen 2) Es wurden bei —60° zwei isomere [10]Annulene dargestellt, die all-cis-Verbindung und die cis-cis-cis-cis-trans-Verbindung. Man zeichne die Strukturformeln beider Verbindungen. 3) Warum erfolgt der über ein Carbanion verlaufende H/D-Austausch in I viel schneller (ca. 6000 mal) als in II? H

H

H5C6 y

C6H5

H

H5 C

fi-C6H5 0

H5Cr.

(CH 3 ) 3 C-0 e "® +(CH 3 ) 3 C-0D '

(CH3)3C—0®K® + (CH 3 ) 3 C-OD

H C

* * D

5

r 6 H5

D' ^C-C 6 H 5 O

I C6H5

/

C—C6H5

Kernresonanzspektren

Protonen, die außerhalb des aromatischen Ringes angeordnet sind, absorbieren im Kernresonanzexperiment bei vergleichsweise hoher Frequenz (gleichbedeutend mit großen ¿-Werten), während Protonen innerhalb oder oberhalb des Ringes zu kleinen ¿-Werten führen. Für Protonen an antiaromatischen Ringen gilt genau das Umgekehrte. Die nebenstehende Abbildung zeigt die 1 H-Kernrcsonanzspektren einer aromatischen und einer antiaromatischen Verbindung.

Kernresonanzspektren

Jk

TMS aromatisch

1

275

L

o' S (ppm ]

Abbildung P r o t o n e n k e r n r e s o n a n z s p e k t r u m v o n 1 , 6 - M e t h a n o [ 1 0 ] a n n u l e n ( o b e n ) u n d 1,7M e t h a n o [ 1 2 ] a n n u l e n ( u n t e n ) . N a c h E. Vogel, J. F. Oth etal., A n g e w . C h e m i e 80, 2 2 9 ( 1 9 7 4 ) ; C o p y r i g h t Verlag Chemie.

Woher rührt das unterschiedliche Verhalten aromatischer und antiaromatischer Verbindungen im Kernresonanzexperiment? Bringt man aromatische oder antiaromatische Moleküle in ein starkes Magnetfeld H 0 hinein, so setzen sich deren rc-Elektronen in eine kreisförmige Bewegung. Interessanterweise ist die Richtung des Ringstromes für aromatische Moleküle entgegengesetzt zu der für antiaromatische Moleküle. In (4n + 2) rc-Elektronensystemen wird ein diamagnetischer Ringstrom induziert. Sein Magnetfeld H ind schwächt das angelegte Magnetfeld H 0 innerhalb, oberhalb und

276 Nichtbenzoide aromatische Verbindungen und antiaromatische Verbindungen unterhalb der „Stromschleife" und verstärkt es an der Peripherie des Moleküls. Dieses Verhalten ist eine Folge der Lenzschen Regel (siehe Lehrbücher der Physik). In 4n n-Elektronen wird dagegen ein paramagnetischer Ringstrom erzeugt. Sein Magnetfeld H i n d verstärkt das äußere Magnetfeld innerhalb, oberhalb und unterhalb der „Stromschleife" und schwächt es an der Peripherie des Moleküls. Die nebenstehende Abbildung zeigt die Richtung des induzierten Magnetfeldes zweier (4n + 2) und einer 47t Elektronenverbindung. Das zusätzliche Magnetfeld H i n d führt gemäß w = y (H 0 ±H ind .) zu einer höheren Resonanzfrequenz co, wenn H i n d positiv ist (das ist am Ort äußerer Protonen von Aromaten der Fall) oder zu einer niedrigeren Resonanzfrequenz co, wenn H i n d negativ ist (am Ort der äußeren Protonen antiaromatischer Verbindungen). Deshalb sind die ¿-Werte aromatischer Protonen größer und die von antiaromatischen Protonen kleiner als die ¿-Werte olefinischer Protonen. Das Umgekehrte gilt für Protonen, die innerhalb eines Ringes (aromatisch oder antiaromatisch) liegen. Abschließend seien die NMR-Spektren einer olefinischen, einer antiaromatischen und einer aromatischen Verbindung verglichen. Man beachte die chemische Verschiebung der einzelnen Protonen und vergleiche sie mit der chemischen Verschiebung der Benzolprotonen bei ö = 7,25 ppm. H

[8]Annulen (Cyclooctatetraen). Nicht eben, deshalb auch nicht antiaromatisch.

) c = c ( H

Cl

+ +

H3C—OH NaCI

Vinylchlorid y-Eliminierung: H2 H,C—CH —CH22 2 22 | I Cl Br

+

H,C-

Zn

-CH,

+

ZnCIBr

Cyclopropan

Die a-Eliminierung ist bereits im Kap. 3, Abschn. 5.3.5.3 behandelt worden. In diesem Kapitel soll nur die durch Basen verursachte ß-Eliminierung erörtert werden. Dabei stehen mechanistische Betrachtungen im Vordergrund. Aufgabe Handelt es sich bei den folgenden Reaktionen um eine a-, ß- oder y-Eliminierung? a)

Br H5C6—Hg—C—Br Br

erhitzen ^

H5C6—Hg—Br

+

[:CBr2]

318

Eliminierungen

b)

^

^>-CHBr-CH 2 Br

c)

H 5 C 6 —CH=N—0—C-CH 3

N a N H

,,

2

^>-C=C-H

erh tZen

'

>

H 5 C 6 —C=N

+

HO—C—CH3

0

O

2 yff-Eliminierungen /?-Eliminierungen spielen bei der Herstellung von Alkenen eine wichtige Rolle (s. Kap. 3, Abschn. 4). M a n setzt Verbindungen mit einer geeigneten Austrittsgruppe (Halogen, Tosylgruppe) ein und spaltet mittels Basen ein mol Säure ab. Oder man eliminiert aus Alkoholen Wasser, wobei Protonen als Katalysator dienen. Schließlich besitzt die Eliminierung (von Amin und Wasser) aus quartären Ammoniumhydroxiden noch eine gewisse Bedeutung. Beispiele für /?-Eliminierungen:

^CH—CH2—CH2—Br + KOH



H3C

h3Cx /CH~CH=CH2 H3C/

+

KBr

+

H



3-Methyl-1 -buten

1 -Methylcyclohexen

H H T^H

OH« |

|l

+

:N(CH 3 ) 3

+

H20

Cyclobuten Die /?-Eliminierung von H — X kann auf dreifache Weise erfolgen. Fall 1: H und X werden gleichzeitig eliminiert; Zwischenstufen treten nicht auf. M a n nennt diese Reaktion eine synchrone /i-Eliminierung (E2-Reaktion). Fall 2: Zuerst tritt die Austrittsgruppe X aus. Es hinterbleibt ein Carbenium-Ion, das anschließend das Proton an eine Base abgibt. Diese Reaktion verläuft im Gegensatz zur erstgenannten über eine Zwischenstufe und wird ß-Eliminierung über ein Carbenium-Ion (El-Reaktion) genannt. Fall 3: Zuerst wird das Proton an eine Base übertragen. D a s zurückbleibende Carbanion verliert danach die Austrittsgruppe X. Auch diese Reak-

/i-Eliminierungen

319

tion verläuft über eine Zwischenstufe. Sie wird /i-Eliminierung über ein Carbanion (ElcB-Reaktion) genannt. Man kann die unterschiedlichen Vorgänge, die alle zur ß-Eliminierung führen, auch mit einem Satz ausdrücken: Entweder wird die C—H-Bindung gleichzeitig mit der C—X-Bindung gespalten (E2) oder danach (E1) oder davor (E1 cB).

2.1 Synchrone /?-Eliminierungen ( E 2 - R e a k t i o n e n ) Die meisten /i-Eliminierungen verlaufen nach dem Synchron-Mechanismus. R—0®

s I I H—C—C—X

I I I I

c—c •

R—0-

Übergangszustand; die Bindungen H—C und C—X sind gelockert.

R—0—H +

+

In dem Maße, wie die angreifende Base die H—C-Bindung lockert, wird auch die C—X-Bindung gedehnt. Diese Vorstellung basiert u.a. auf reaktionskinetischen Untersuchungen, die folgende Gleichung für die Reaktionsgeschwindigkeit ergeben: d [A

^en]

= k • [R0 e ] • [ H - C - C - X ]

Die Gleichung besagt: Die Reaktionsgeschwindigkeit verläuft nach der 1.Ordnung sowohl bezüglich der Konzentration des Alkylhalogenids oder -tosylats als auch bezüglich der Konzentration des Alkoholats. Man nennt diese ¿sliminierung auch EiReaktion, da der reaktionsgeschwindigkeitsbestimmende Schritt ¿/molekular verläuft.

2.1.1 Richtung der synchronen /?-Eliminierung Ist die Austrittsgruppe X ans Ende der Kohlenwasserstoffkette gebunden, so liefert die durch Basen verursachte ß-Eliminierung zwangsläufig nur ein Alken, nämlich das 1-Alken. Daneben beobachtet man in einer Parallelreaktion die Substitution der Austrittsgruppe. R—CH=CH, Xe HÖR R—CH2—CH2—X

+

e

0R >

R—C H 2—C H 2—0 R + X®

320 Eliminierungen Ist die Austrittsgruppe mit einem im Inneren einer Kette befindlichen C-Atom verknüpft, so entstehen mehrere Alkene. h3Cx H3C/

:CH—CH=CH,

+

+ X6

HÖR

Hofmann-Produkt h3C

^CH—CH—CH, / I

h3Cx

ROe-

+

J C=CH—CH, H C

+

HÖR

+

Xe

S

Saytzeff-Produkt H,C. CH—CH—CH, I OR Substitutionsprodukt H3c

Je nach der Natur der Austrittsgruppe X bildet sich entweder hauptsächlich das Alken, dessen Ethylenteil möglichst wenig Alkylreste trägt, genannt Hofmann-Produkt, oder hauptsächlich das Alken, dessen Ethylenteil mit möglichst vielen Alkylresten verknüpft ist, genannt Saytzeff-PTO&ükl. Das Saytzeff-Produkt ist thermodynamisch stabiler als das Hofmann-Produkt, eben weil an die olefinischen C-Atome mehr Alkylreste gebunden sind. Hofmann-Produkte entstehen immer dann, wenn X eine austrittsträge Gruppe darstellt, und Saytzeff-Produkte bilden sich, wenn es sich bei X um austrittsfreudige Gruppen handelt. CH, I —N—CH3, I

-s—CH,

I

quartäre Oniumgruppen, austrittsträge — CI,

-Br,

—I,

—0—C—R,

—0—S—C6H4—CH3(p),

— Ö—H

neutrale Austrittsgruppen und -OH, austrittsfreudig Zwei Beispiele sollen diese Abhängigkeit von der Austrittsgruppe X verdeutlichen. Die quartäre Ammoniumverbindung I liefert als Hauptprodukt 3-Methylen-l-buten und nur als Nebenprodukt das isomere 2-Methyl-2-buten. Bei der entsprechenden Bromverbindung II liegen die Verhältnisse genau umgekehrt.

ß-Eliminierungen H

H

I

r\

H

- - — X

H3C—C—CH—CH2

\

+

e

I

H3C— C—CH=CH2

0H

+

H20

H3C ® f e c H 3 ) 3 B r 6

3-Methyl-2-trimethylammoniobutan-bromid

H3CX

hI K

H„C

+

:N(CH3)3

+

Br e

3-Methyl-1 -buten (Hauptprodukt)

H-*-

H3C—C—CH—CH3

321

+

CH3

OR€ "

BR

+

/ C = < H3C

2-Brom-3-methylbutan

HÖR

Br s

+

H

2-Methyl-2-buten (Hauptprodukt)

Man erklärt die Abhängigkeit der Eliminierungsrichtung von der Austrittsgruppe X wie folgt. Bei Molekülen mit einer schlechten Austrittsgruppe X ist die Trennung der C—H-Bindung im Übergangszustand stärker vorangeschritten als die der C—XBindung. Es wird bevorzugt H (1) eliminiert, da das zurückbleibende Carbanion weniger als das alternative Carbanion destabilisiert ist (Methylgruppen stabilisieren zwar ein Carbenium-Ion, destabilisieren aber ein Carbanion). Als Folge erhält man das Hofmann-Produkt mit endständiger Doppelbindung: H—0

H-0® HL1)

H

I

I

H3C—C—CH—CH, 3

!

H3C

J

N(CH3)3

I

H — 06~ H

I

H

H3C—C—CH 3

J

H3C

CH,

N(CH,)A o+

H H

I

H3C—C—CH=CH2 H3C N(CH3)3

Ü bergangszustand, C—H-Bindung stärker gedehnt als C—N-Bindung

Dagegen ist bei Molekülen mit einer austrittsfreudigen Gruppe X die Trennung sowohl der C—H- als auch der C—X-Bindung beträchtlich vorangeschritten. Im Übergangszustand ist deshalb die Doppelbindung bereits vorgebildet. Von zwei Wasserstoffen wird dann bevorzugt derjenige abgespalten, der zum thermodynamisch stabileren, nämlich höhersubstituierten Alken führt (Saytzeff-Reget). Bei der folgenden Verbindung führt die Eliminierung von H (31 zu einem Alken mit drei Alkylresten, die von H (1) aber zu einem Alken mit nur einem Alkylrest an der Doppelbindung. Neben diesen elektronischen Faktoren spielen auch sterische eine Rolle. Man beobachtet, daß der Wasserstoff am weniger substituierten Kohlenstoff (in der folgenden Verbindung H (1) ) umso bevorzugter eliminiert wird, je voluminöser die angreifende Base und die Abgangsgruppe X sind.

322

Eliminierungen

C H 3,

'I

I

I

•C:

H

H R—Öe

I

h3c—c—ch—ch2 H(3)

+ e

h3c—c=ch—ch3 H +

Übergangszustand 1. 3 Alkylreste stabilisieren die sich bildende Doppelbindung.

R—O

i H3C—C I

CH,

;

CH— CH2

H3C— C—CH=CH3

I

H

H

R—Öe

+

H

Bre

Hauptprodukt

C H , Br

0R

+

Übergangszustand 2. Nur 1 Alkylrest stabilisiert die sich bildende Doppelbindung.

H

I

R—Ö + Bre

Nebenprodukt

2.1.2 Stereochemie der synchronen /?-Eliminierung Synchrone ß-Eliminierungen verlaufen über einen Übergangszustand, in dem die C—H- und die C—X-Bindung entweder ani/-coplanar oder jjw-coplanar angeordnet sind.

i i i i H

i H

B a/?f/-coplanarer Übergangszustand

sy/7-coplanarer Übergangszustand

Nur diese beiden Konformationen gestatten den glatten Übergang der u-Elektronen in 7t-Elektronen. Man beobachtet vorwiegend anti-coplanare Eliminierungen, die offensichtlich deshalb bevorzugt sind, weil im Übergangszustand die restlichen Substi-

ß-Eliminierungen

323

tuenten gestaffelt angeordnet sind. Sy«-coplanare Eliminierungen treten nur bei ganz bestimmten Verbindungen auf (z. B. bei bicyclischen Verbindungen). Die folgenden Beispiele geben zwei anft-Eliminierungen wieder. erji/zro-l-Brom-1,2diphenylpropan liefert nur das m-Alken, während die diastereomere threo-Form nur in das trans-Alken überführt wird.

HbC6

+ ROH + Br

H5

"CH, R-0

e-1

R-0

Q'

erythro-} -Brom-1,2-diphenylpropan

(Z)-a- Methylstilben

P

6X>rCH3

'5 C 6

H

5C6\^CH3

anti

+ ROH + Br C6H5

„R - 0- q )

R-0

threo-1 -Brom-1,2-diphenylpropan

(£)-er-Methylstilben

Die Stereospezifität der ß-Eliminierung offenbart sich auch bei cyclischen Verbindungen. So liefert ira«s-2-MethylcyclohexyltosyIat ausschließlich 3-Methylcyclohexen, während die isomere eis- Verbindung ein Gemisch aus 3- und 1-Methylcyclohexen ergibt. H CHo OTs

OTs

¿rh x ß

f/,a/?s-2-Methylcyclohexyltosylat

NQQCH? CH-, 3- Methylcyclohexen

OTs

CH-, CH3 NQOCH3

CH-, c/s-2-Methylcyclohexyltosylat

3-Methyl1-Methylcyclohexen

324

Eliminierungen

Von den beiden Konformationsisomeren A und B der trans- Verbindung reagiert nur B, da allein in diesem Konformeren die zu eliminierenden Substituenten die notwendige ann'-coplanare Anordnung einnehmen. D a r a n ändert auch nichts die Tatsache, daß B in geringerer Menge als A vorkommt. (In B besetzt nämlich die sperrige Tosylatgruppe die ungünstige axiale Position). Von den beiden Konformationsisomeren der eis-Verbindung reagiert nur D, diesmal aber zu zwei Produkten, da auch zwei axiale Wasserstoffe (gekennzeichnet mit (H)) zur Auswahl stehen. Wir fassen das Reaktionsverhalten substituierter Cyclohexanverbindungen zusammen: Synchrone ß-Eliminierungen bei Cyclohexanderivaten treten nur dann ein, wenn beide Substituenten axial stehen. Wie eingangs dargelegt, sind syrc-Eliminierungen selten. M a n beobachtet sie bei bestimmten bicyclischen Verbindungen, in denen die zu eliminierenden Gruppen nur ci'j-ständig angeordnet sein können.

RO®

H Bicyclo[2.2.1

e x o - 2 - B r o m - e x o - 3 - d e u t e r i o -

] h e p t - 2 - e n

b i c y c l o [2.2.1 ] h e p t a n

Aufgaben 1) Welche Substituenten X in R — X führen hauptsächlich zu Hofmann-Produkten? 2) Die Verbindungen a bis c ergeben beim Erhitzen bzw. bei der Einwirkung von Natriumethanolat Alkene. Welches Isomere überwiegt jeweils?

C H

I

C H

3

— C H

2

3

— N — C H

,CH 3 2

— C H

2

— C H 3

O H

e

Cl

C H

3

— C H — C H

2

— C H

2

— C H

3

Br

C H ,

3) Cyclohexylbromid wird mit K O H in Cyclohexen überführt. Welche Lage muß das Brom im Cyclohexylbromid einnehmen, damit eine anii'-Eliminierung stattfinden kann? Ist auch eine sjw-Eliminierung möglich?

ß-Eliminierungen

325

4) Man gebe an, welche der folgenden Reaktionen Synchron-Additionen sind.

H3C

uH 3 C

c

H

1

BH 2

2.2 Stufenweise /?-Eliminierungen über Carbenium-Ionen (E1 -Reaktionen) Ist die Abgangsgruppe X an ein tertiäres C-Atom gebunden, so verläuft die ßEliminierung stufenweise. Zuerst tritt die Abgangsgruppe X aus dem Molekül, wobei ein tertiäres Carbenium-Ion zurückbleibt. Dieses gibt anschließend an eine Base wie O H 9 oder H 2 0 ein Proton ab. Das Carbenium-Ion kann sich aber auch mit einem Nucleophil, z.B. H 2 0 , vereinigen. Das Ergebnis ist dann eine nucleophile Substitution. El-Reaktionen gehen alle die Verbindungen ein, an denen man auch SN1Reaktionen beobachtet. Dissoziation: langsam

k

Eliminierung:

Substitution:

H

CH schnell

H3C—C—OH 2

H

Sofern eine Eliminierung nach mehreren Seiten hin möglich ist, bildet sich gemäß der Saytzeff-Regel vorzugsweise das höher substituierte Alken.

326

Eliminierungen

+ H20 (E1) ' H3C—CH=C Hauptprodukt

Nebenprodukt

ch3

Den langsamsten Schritt bei dieser stufenweisen Eliminierung stellt die Dissoziation der C—X-Bindung dar (Geschwindigkeitskonstante k^. Die anschließende Abgabe des Protons (bzw. die Substitution) erfolgt schnell. Für den Fall, daß die Substitution keine Rolle spielt, gilt: d[(H3C)3CX] _ d[(H3C)2C=CH2] dt dt Da der geschwindigkeitsbestimmende Schritt monomolekular verläuft, wird diese ß•Eliminierung auch El-Reaktion genannt.

2.3 Stufenweise /?-Eliminierungen über Carbanionen (E1cB-Reaktionen) Einige der zur ß-Eliminierung befähigten Verbindungen reagieren mit Basen in der Weise, daß zuerst das betreifende Proton übertragen wird. Als Zwischenstufe tritt hierbei ein Carbanion auf, das anschließend die Austrittsgruppe X entläßt. Beispiel 1: R—Oe +

I I H—C—C—F Cl F

R—OH

langsam

+

I I :C—C—F



Cl Cl 1,1 -Dichlordifluorethen

ß-Eliminierungen

327

Beispiel 2: O R—0®

+

:0:

R—0—H

H 2C—C H 2—C—C H 3 0 I CH,

+

II H2C—CH—C—CH,

4I>

CH, langsam 0 H2C=CH— C—CH3 + e 0—CH 3 Methylvinylketon

Cl NaNH,

-Cl®,

Dehydrobenzol, sehr reaktionsfreudig In allen Fällen erfolgt die Bildung des Carbanions schnell und reversibel (Gleichgewichtskonstante K) und der Zerfall des Carbanions langsam (mit der Geschwindigkeitskonstanten k). Die Geschwindigkeitsgleichung für die Entstehung von C1 2 C=CF 2 lautet: d[cci 2 =CF a ] dt

= k . [ : 3C, 2 -CF 3 ]

= k• K• [RQ9] [CHCI2-CF3] [ROH]

Diese Gleichung vereinfacht sich, wenn ROH nicht nur Reaktionspartner, sondern auch Lösungsmittel ist: [ROH] = konstant. « C C V - C F J = k '- [ROe] [CHCI2—CF3] Danach handelt es sich um eine Reaktion zweiter Ordnung, jedoch mit einem monomolekularen geschwindigkeitsbestimmenden Schritt. Solche isliminierungen werden mit ElcB bezeichnet, weil im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt die conjugate .Base (hier :CC12—CF3) in einer monomolekularen Reaktion zerfällt. Die vorstehenden Beispiele zeigen außerdem, daß Ordnung und Molekularität einer Reaktion verschiedene Zahlenwerte haben können. Die Ordnung bezieht sich auf die Summe der Exponenten derjenigen Konzentrationen, die in einfachen Geschwindigkeitsgleichungen auftreten. Dagegen bezieht sich die Molekularität auf die Anzahl der Moleküle im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt. Bei Sj^l, S ^ , El und E2 Reaktionen stimmen die Zahlenwerte überein, bei der ElcB-Reaktion nicht!

328

Eliminierungen

2.4 Kinetische Isotopeneffekte bei ß-Eliminierungen Vorstehend haben wir 3 Mechanismen kennengelernt, nach denen ß-Eliminierungen ablaufen können. Sie wurden hauptsächlich aufgrund kinetischer und sterischer Untersuchungen aufgestellt. Führt man die kinetischen Untersuchungen nicht nur mit den Wasserstoff-haltigen Verbindungen I sondern auch mit der entsprechenden Deuterium-haltigen Verbindung II durch, I I I I I

H—C—C—X

I I I I II

D—C—C—X

so beobachtet man zwar die gleiche Reaktionsordnung, aber in einigen Fällen kleinere Geschwindigkeitskonstanten, die wir mit k D bezeichnen wollen. In diesen Fällen liegt ein kinetischer Isotopeneffekt vor, der folgendermaßen definiert ist: k

kinetischer Isotopeneffekt = —ü-

K, Bindungen mit einem schweren Isotop reagieren langsamer als solche mit einem leichten Isotop, da sie aufgrund der größeren Masse m nach der Frequenzgleichung 1 l /k v=

/ — (k = Kraftkonstante oder „Feder"-Konstante der Schwingung)

2ny m langsamer schwingen und deshalb nach E = 1 ¡2 • h • v eine geringere Schwingungsenergie besitzen. Mehr Aktivierungsenergie ist dann erforderlich, um die Bindung zu lösen. Einen kinetischen Isotopeneffekt beobachtet man immer dann, wenn die Isotopensubstituierte Verbindung im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt gelöst wird. Der Effekt ist bei Wasserstoff vergleichsweise groß, k H /k D liegt je nach Austrittsgruppe X zwischen 2 und 8, d.h. eine C—H-Bindung reagiert maximal 8mal schneller als eine C—D-Bindung. Ferner beobachtet man einen kinetischen Isotopeneffekt, wenn die isotopensubstituierte Bindung in einer Gleichgewichtsreaktion gelöst wird, die vor dem geschwindigkeitsbestimmenden Schritt liegt. Der Wert k H /k D ist dann allerdings klein, er liegt zwischen 1-2. Welche Werte besitzt der kinetische Isotopeneffekt bei den verschiedenen Eliminierungen? Bei der synchronen ß-Eliminierung geht die C—H-Bindung in den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt ein, deshalb beobachtet man hier einen großen kinetischen Isotopeneffekt (s. Tabelle). Beim zweistufigen Carbenium-Ion-Mechanismus erfolgt die Lösung der C—H-Bindung nach dem geschwindigkeitsbestimmenden Schritt. Deshalb verläuft die Reaktion mit der C—D-Bindung genau so schnell, k H /k D = 1. Die Eliminierung nach dem zweistufigen Carbanion-Mechanismus zeigt nur einen kleinen Isotopeneffekt, da die Lösung der C—H-Bindung nicht im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt, sondern in einem vorgelagerten Gleichgewicht erfolgt.

ß-Eliminierungen Tabelle

Kinetische Isotopeneffekte bei

ß-Eliminierungen.

Reaktion

Symbol

k H /k D

Synchron-Mechanismus Carbanion-Mechanismus Carbenium-Ion-Mechanismus

E2 E1 cB E1

2-8

1-2 1

Kapitel 14 Organische Halogenverbindungen 1 Übersicht und Nomenklatur Organische Halogenverbindungen enthalten eine Kohlenstoff-Halogenbindung. Zur Bezeichnung setzt man den Namen des Halogenatoms entweder an den Anfang (vor den Namen des Kohlenwasserstoffs) oder ans Ende (nach dem Namen jetzt des Alkylrestes). H3C—CH2—CH2—CH2—Cl 1-Chlorbutan oder Butylchlorid

Cl I H3C—CH2—CH-CH3 2-Chlorbutan oder 1 -Methylpropylchlorid

In den nebenstehenden Tabellen sind einige niedermolekulare Halogenverbindungen zusammen mit den Siedepunkten und Dichten aufgeführt. Die erste Tabelle enthält die gesättigten Vertreter, d.h. Verbindungen ohne Doppelbindungen, die zweite Tabelle ungesättigte. Tabelle

Gesättigte Halogenverbindungen

Konstitution

Name

Siedepunkt in °C

H3C-F

Methylfluorid

-78

H3C—Cl

Methylchlorid

-24

H3C—Br

Methylbromid

5

H3C-I

Methyliodid

43

H3C—CH2—Cl

Ethylchlorid

12

H3C—CH2—Br

Ethylbromid

38

H3C—CH2—I

Ethyliodid

72

H3 C — C H2 — C H 2 — C l

Propylchlorid

47

Isopropylchlorid

36.5

Dichte bei 20 °C in g / m l

H3C \;h—ci h

3

c

X

H3C-(CH2)3-CI

Butylchlorid

H3C

Pentylchlorid

108

(CH2)4

Cl

78.5

H3C-(CH2)5-CI

Hexylchlorid

134

0.880

ch2ci2

Dichlormethan

40

1.336

CH2Br2

Dibrommethan

99

2.501

332

Organische Halogenverbindungen

CH2I2

Diiodmethan

CHCI3

Chloroform

CHBr3

Bromoform

151

2.891

CHI3

lodoform

subì.

4.008

CCI4

Tetrachlormethan

77

1.595

180 (Zers.) 62

3.326 1.488

CBr 4

Tetrabrommethan

189

3.421

Cl 4

Tetraiodmethan

subì.

4.322

Tabelle

Ungesättigte Halogenverbindungen

Konstitution

Name

Siedepunkt in °C

H2C=CH—CI

Vinylchlorid

-14

H 2 C = C H — Br

Vinylbromid

16

F

Fluorbenzol

85

Chlorbenzol

132

Brombenzol

156

lodbenzol

189

1,2-Dichlorbenzol

180

1,3-Dichlorbenzol

173

1,4-Dichlorbenzol

175

G

Cr

CJ 1 a ¿r vrti Ac, CI 1

N /

CI i

CI

0 T CI

Physikalische Eigenschaften

333

2 Physikalische Eigenschaften Die Dichten von Halogenalkanen erstrecken sich über den weiten Bereich von ca. 0,9 (Monochloralkan) bis hin zu dem für organische Stoffe ungewöhnlichen Wert von 4,32 (Tetraiodmethan). Unter den Siedepunkten sorgen die von Fluoralkanen für eine Überraschung: Fluoralkane sieden in der Regel tiefer als die entsprechenden Kohlenwasserstoffe,obwohl die Molekulargewichte viel höher liegen (s. Abbildung).

/

A kane

\

s

5

6

s

s *

yy

>

/ y / /

Per luor alkan e

//

f/ /

/

1

2

3

4

7

8

9

10

Zahl der C-Atome Abbildung

Siedepunkte von geradkettigen Alkanen und geradkettigen Perfluoralkanen

Das ungewöhnliche Siedeverhalten der fluorierten Kohlenwasserstoffe wird unterschiedlich gedeutet. Nach T. M. Reed verhalten sich Fluorkohlenwasserstoffe normal, nicht dagegen die Kohlenwasserstoffe, deren Moleküle sich wegen des geringen Wasserstoffradius anziehen.

Aufgabe Man vergleiche Molekulargewichte und Siedepunkte von Decan und Perfluordecan. Was überrascht?

334

3

Organische Halogenverbindungen

Darstellung

3.1 Aus Alkanen und Halogen

(Kap.2, A b s c h n . 8 . 1 )

Hierbei fallen Isomerengemische an, in denen sekundäre (bzw. tertiäre) Alkylhalogenide vorherrschen. n-C5H12

^

=•

H3C—(CH2)3—CH,

h v ; 1 3 0 "

+

H3C—(CH2)2—CH—CH,

|

|

Br +

H5C2

CH

3

Br C2H5

Br Gemisch aus 1 -, 2 - und 3 - B r o m p e n t a n

Einheitlich verläuft die Halogenierung nur dann, wenn der Kohlenwasserstoff eine C—H-Gruppe besitzt, deren Reaktivität die anderer übertrifft. Hierzu zählen Verbindungen mit tertiären, allylständigen und benzylständigen C—H-Gruppen. CH3 H

3

CH3

C-C-H

+

h v

Br 2

13QO

>

..



H3C

CH3

i

C

Br

+

HBr

CH3

Isobutan

iert-Butylbromid

H

I

H,C—C— CH3

3

Isopropylbenzol

+

Br 2

2

h -v 80°

Br

>

I

H,C—C—CH,

+

HBr

2 - Brom-2-phenylpropan

3.2 Aus Aromaten und Halogen Enthält die zu halogenierende Verbindung sowohl einen aliphatischen als auch einen aromatischen Teil, so wird der Ort der Substitution von den Reaktionsbedingungen bestimmt. Es gilt die Regel: Sonne, Siedehitze : Seitenkette. Aalte, Katalysator : Kern. Sonne und Siedehitze erzeugen Halogenatome, welche nur den Seitenketten-Wasserstoff substituieren. Dagegen entstehen in Gegenwart von Katalysatoren wie FeCl 3 , A1C13 usw. elektrophile Halogenmoleküle, die umgekehrt nur den aromatischen Wasserstoff substituieren (s. Kap. 9, Abschn. 6.1.2).

Darstellung CH 2 CI

335

CCI,

CHCI,

Cl, hv, 100° Benzylchlorid

Trichlormethylbenzol

Benzylidendichlorid

CH,

Toluol CH,

CH, Cl

Cl, FeCL, 0°

Cl 42

58 o-Chlortoluol

p-Chlortoluol

3.3 Aus Alkenen und Halogenwasserstoff

(s. Kap. 3, Abschn. 5.3.3)

Beispiel: H3C—CH=CH2

+

H—X

>

H3C—CH—CH3

(X = F, Cl, Br)

X Propen

2-Halogenpropan

Sind beide Seiten der Doppelbindung substituiert, so erhält man Isomerengemische. H

H,C—CH=CH—C,HR

X

>

HaC—CH—CH2—C2H5

+

H3C—CH2—CH—C2H5 X

2-Penten

3-Halogenpentan

2-Halogenpentan

3.4 Aus Alkoholen und Halogenwasserstoff bzw. Säurehalogenid (s. Kap. 16, Abschn. 6.3.2)

Diese Reaktion besitzt eine große Anwendungsbreite.Beispiele: OH H

Cyclohexanol

+

H—Br(Gas)

Br H

+

Bromcyclohexan

H,0

336

Organische Halogenverbindungen H3C

OH ^c'

H3C

H3C +

S0CI2



Cl ^o'

H

H3C

Isopropylalkohol

+

S02

+

HCl

H

2-Chlorpropan

3.5 Aus Verbindungen mit einem elektronenanziehenden Substituenten und Halogenid-Ionen Bei der Einwirkung von Alkalihalogeniden auf Verbindungen mit einem elektronegativen Substituenten (—Cl, —Br, — I,—O—S0 2 —CH 3 ) tritt eine nucleophile Substitution ein, wobei das Halogenid-Ion den Platz des Substituenten einnimmt. FluoridIonen verdrängen als nucleophilste unter den Halogenid-Ionen alle anderen Halogenatome, so daß man auf diese Weise bequem Fluoralkane herstellen kann.Die anderen Halogenalkane gewinnt man häufig aus Sulfonsäureestern. K®Fe

+

H3C

(CH2)6

CH2-Br

>

1-Bromoctan

K®Br e +

H3C-(CH2)6-CH2-F

+

KBr

1-Fluoroctan

H3C-(CH2)5-CH-CH3

Kronenether — •

Ö—S02—CH3

"671

H3C-(CH2)5-CH-CH3 Br

Methansulfonsäure-2-octylester

2-Bromoctan

Wie man den vorstehenden Reaktionsgleichungen entnimmt, benötigt man zur Durchführung der Reaktion Kronenether. Diese komplexieren das Alkali-Ion und bewirken dadurch die Auflösung des anorganischen Salzes in einem organischen Lösungsmittel.

+

Kronenether (18-Crown-6)

KF

v

v



Kronenether-Salz-Komplex

F

e

Reaktionen

337

Aufgaben 1) Wie stellt man Bromcyclohexan, 1,2-Dibromcyclohexan und 1,2,3-Tribromcyclohexan her? 2) Ausgehend von Brombenzol bzw. Nitrobenzol sind folgende Verbindungen herzustellen :

Br

3) Wie kann man 3-Methyl-l-buten in Isopentylchlorid umwandeln?

4 Reaktionen Halogenverbindungen gehen hauptsächlich drei Reaktionsarten ein: Substitution durch ein nucleophiles Reagenz, Eliminierung durch eine Base und Einschiebung eines Metalls in die Kohlenstoff-Halogen-Bindung.

— C — C-

I



I

Substitution

H

I I

r

r

+

Ye

X

\ = c / / \ R—X

Mg

R—Mg—X

+

HY

+

Xs

Eliminierung Einschiebung

Die Reaktivität einer Halogenverbindung hängt häufig davon ab, ob das Halogenatom mit einem aliphatischen oder mit einem olefinischen Kohlenstoffatom verknüpft ist. Im ersten Fall handelt es sich um reaktionsfähige Verbindungen, besonders wenn das Halogenatom allylständig ist. Im zweiten Fall liegen wenig reaktive Verbindungen vor. Die folgende Reihe enthält die wichtigsten Typen organischer Halogenverbindungen, geordnet nach abfallender Reaktivität.

338

Organische Halogen Verbindungen

X

X

CH,2 I CH II CH

CH,

R Allylhalogenid, reaktiv

Benzylhalogenid

X

X

R

R

Alkyl halogenid

Vinylhalogenid

X

Phenylhalogenid, reaktionsträge

4.1 Reaktionen von Alkyl- und Allylhalogeniden Die meisten der in den beiden vorangehenden Kapiteln behandelten Substitutionsund Eliminierungsreaktionen lassen sich auch mit Alkyl- und Allylhalogeniden durchführen. Hierbei geht man häufig von Iod- oder Bromalkanen aus, da diese besonders reaktionsfähig sind, wie auch die folgende Reihe abnehmender Reaktivität zum Ausdruck bringt. R—I

>

R—Br

>

R—Cl

>

R—F

Von den vielen möglichen Substitutionsreaktionen seien im folgenden die Reaktionen mit komplexen Hydriden und mit Carbanionen behandelt.

4.1.1 Reduktion durch komplexe Hydride Komplexe Hydride wie LiAlH 4 reduzieren Halogenalkane zu Alkanen. R—CH2—X

+

Li®[AIH4]°



Halogenalkan

R—CH3

+

Li®[AIH3X]e

Alkan

Das nucleophile Zentrum ist hier ausnahmsweise kein freies Elektronenpaar, sondern eine (Wyänd)Bindung: H H—AI^H

+

R—CH2-^X

>

[AIH3]

+

R—CH3

+

:Xe

H Primäre Alkylhalogenide werden schnell, sekundäre langsam und tertiäre sehr langsam reduziert.

4.1.2 Reaktion mit Carbanionen: Knüpfung neuerC—C-Bindungen Carbanionen substituieren das Halogenatom in Halogenalkanen, wobei eine neue C—C-Bindung gebildet wird.

Reaktionen

—r> —C—X I

-C:e

Na«

I

—C—c—

+

I I

339

Na®X:e

Die Knüpfung von C—C-Bindungen gehört zu den wichtigsten Syntheseschritten in der organischen Chemie, gestattet sie doch die Darstellung größerer Kohlenstoffketten aus kleineren. Zu den Carbanionen, die am häufigsten verwendet werden, zählen:

e

e

: C = C - -H

:C=N:

0 ,C—OR

K AY

e

:C=C—R

Acetylid-Ion (unsubstituiert und substituiert)

Cyanid-lon

-OR

Anion des Malonsäurediethylesters

Beispiele: : N = C : Na

+

Natriumcyanid

H—O—CH 2 —CH 2 -^-CI

H—O—C H 2 —C H 2—CEE N

2-Chlorethanol

ß- Hydroxypropionitril

Methyliodid

Natriumsalz von 1-Butin

NaCI

2-Pentin

h5C2-O-Cx^ H5C2—O—C

H 5 C 2 —0—Ç 0

+

V /

\ CH —CH —CH 2 2 3

Na

Natriumsalz von Malonsäure-diethylester

Propylmalonsäurediethylester

Die Umsetzung mit Acetyliden ist im Kap. 4, Abschn. 4.5.1 und die mit dem Natriumsalz von Malonsäure-diethylester im Kap. 21, Abschn. 6.4.2.3 näher beschrieben. In allen Fällen verläuft die Substitution am besten mit primären Alkylhalogeniden. Tertiäre Alkylhalogenide gehen keine Substitution ein, sondern erleiden eine ß-Eliminierung, da Carbanionen neben nucleophilen auch basische Eigenschaften besitzen. CH3 I

H 3 C—C—Br CH,

+

e

Na® : C = C — H

H,C=C

/

.CH, + CH,

H—C=C—H

+

Na®Br e

340

Organische Halogen Verbindungen

Aufgaben 1) Ausgehend von Acetylen und anorganischen Stoffen ist 1-Butin herzustellen. 2) Es sind zwei Substitutionsreaktionen anzugeben, die zu H3 C — C H2 — C H2 — 0 — C H 2 — C H 2 — C H 2 — C H 3

führen. 3) Wie überführt man 1-Buten in folgende Verbindungen? OCH,

I

CH3—CH2—CH2— CH2—O—CH3

CH3—CH2—CH—CH3

4.2 Reaktionen von Vinyl- und Phenylhalogeniden Ist das Halogenatom an ein Kohlenstoffatom gebunden, von dem eine Doppelbindung ausgeht, so reagiert es entweder langsam oder gar nicht. Es soll zunächst das Verhalten bei Substitutionsreaktionen, danach bei Eliminierungen beschrieben werden.

4.2.1 Substitution Substitutionen treten nicht oder erst bei hoher Temperatur ein. So verläuft die Substitution des Broms in C H 2 = C H — B r durch Iodid-Ionen erst oberhalb 150° und selbst nach mehrtägigem Erhitzen zu weniger als 5 Prozent. Auch das Chloratom in Chlorbenzol wird erst oberhalb 350°C durch Hydroxid-Ionen substituiert.

Die Trägheit von einfachen Vinyl- und Phenylhalogeniden bei Substitutionen wird hauptsächlich auf zwei Ursachen zurückgeführt. Erstens besitzt die Bindung zwischen einem Halogen und einem olefinischen C-Atom partiellen Doppelbindungscharakter, eine Folge des mesomeren Gleichgewichts: s+

H2C=CH^-CI:

I

e

®

H2C—CH=CI:

II

mesomere Grenzformen des Vinylchlorids

Zur Trennung der Kohlenstoff-Halogenbindung ist daher mehr Energie aufzuwenden als bei gesättigten Halogenalkanen. Der partielle Doppelbindungscharakter geht sowohl aus den gemessenen Bindungslängen als auch aus den Dipolmomenten hervor.

Reaktionen

341

In der folgenden Tabelle sind diese Werte denen gesättigter Halogenalkane gegenübergestellt. Wie erwartet, verursacht die partielle Doppelbindung eine Abstandsverkürzung und Dipolmomentserniedrigung. Tabelle

Bindungslängen und Dipolmomente einiger Halogenverbindungen

Halogenverbindung

Abstand Kohlenstoff-Halogen

Dipolmoment in Debye

C2H5—CL

1.77

2.05

C2H5-Br

1.91

2.02

CH2=CH—CL

1.70

1.44

CH2=CH—Br

1.86

1.44

C6H5-CI

1.69

1.73

C6H5-Br

1.86

1.71

Zweitens erschwert die negative Ladungswolke der n-Bindung des Ethylenteils den Angriff des Nucleophils: Beide sind elektronenreich und stoßen sich damit ab. Eine wesentliche Beschleunigung der Substitution tritt erst ein, wenn in /¡-Stellung

,0 D elektronenanziehende Gruppen wie —C , —N , — C = N u.a. vorhanden X OR Oe sind. So wird das Chlor in jß-Chloracrylsäure-methylester bereits bei 0 °C und das in oNitrochlorbenzol bei 160° substituiert. (Man vergleiche diese Temperaturen mit denen bei den unsubstituierten Verbindungen Vinylchlorid und Chlorbenzol!) 0

O

H3C—o—C—CH=CH—Cl

+

H3C—0®

C

°' >

/?-Chloracrylsäure-methylester

Cl

H 3 C — 0 — C — C H = C H — O — CH 3 + Cl® /?-Methoxyacrylsäure-methylester

OH +

o-Nitrochlorbenzol

OH 6

16Q-C.

NO,

+ Cl® o-Nitrophenol

Im Gegensatz zur Substitution bei Alkylhalogeniden vom Typ R ^ C H 2 — X erfolgt hier der Angriff des Nucleophils annähernd senkrecht zur C—X-Bindung. Ferner bildet sich eine carbanionische Zwischenstufe. Diese spaltet anschließend in ein Halogenid-Ion und in das Substitutionsprodukt.

342

Organische Halogenverbindungen

CI

£ 1 OH NO,

HO®

+

OH NO,

Addition

Eliminierung,

NO, +

Cl€

Zwischenstufe

Die Substitution des an Aromaten gebundenen Halogens stellt somit keine direkte Substitution dar, sondern einen Additions-Eliminierungs- Vorgang. In günstigen Fällen kann man Zwischenstufen dieser Art, auch Meisenheimer-Komplexe genannt, isolieren: H 3 CO 0,N

OCH, Na a

gelbes Salz, ein Meisenheimer Komplex

Die Beschleunigung der Substitution durch ^-ständige elektronegative Substituenten beruht darauf, daß diese Substituenten die negative Ladung durch Delokalisierung stabilisieren (Resonanzstabilisierung). CI OH

ne

V

Cl OH

Cl OH N®

V

0€

\

Cl OH

Oe

0

Delokalisierung der negativen Ladung über die beiden o-Stellungen, die p-Stellung und die

Nitrogruppe

Sehr schnell verläuft die Substitution, wenn 2 oder gar 3 Nitrogruppen die ortho- und para-Stellung besetzen, wie das folgende Beispiel zeigt. NH 2 Cl

NH NO,

NO, 2,4-Dinitrochlorbenzol

NO,

20 ° C ! ,

+

[HCl]

-r

NO,

2,4-Dinitrophenylhydrazin

Reaktionen

343

Aufgabe Erfolgt die Substitution des Chlors in Verbindung I oder II schneller? Cl

Cl NO,

NO,

4.2.2 Eliminierung. Arine Bei der Einwirkung von Basen auf Verbindungen vom Typ Vinylhalogenid entstehen Alkine, z.B.: H3C—CH=CH—Br 1 - Brompropen

+

ROe

100°

*

H3C—C=C—H

+

ROH

+

Br®

Propin

Auch Phenylhalogenide liefern Alkine, allerdings nur mit besonders starken Basen wie Na®NH 2 e . Solche speziellen Alkine nennt man Arine oder Dehydrobenzole.

Br +

+

:NH® Na®

NH3

+

Na® B r e

Dehydrobenzol C 6 H 4 .

Dehydrobenzol enthält zwei ungesättigte ir-Systeme: das Ji-System eines normalen Benzolkerns und ein zweites, dazu senkrechtes 7t-System. Letzteres entsteht durch die schwache Überlappung zweier benachbarter sp 2 -Orbitale.

Abbildung /7-Elektronen im Dehydrobenzol C ( H 4 . Die beiden überlappenden sp 2 -0rbitale sind schraffiert gezeichnet.

Dehydrobenzol ist äußerst reaktionsfähig und kann deshalb nicht isoliert werden. Es reagiert sofort mit überschüssigem Amid weiter, wobei Anilin entsteht.

344

Organische Halogenverbindungen

Die Reaktionsgleichung für den Umsatz von Brombenzol mit Natriumamid lautet somit folgendermaßen:

Brombenzol

Anilin

Diese Gleichung täuscht eine einfache Substitution vor, tatsächlich handelt es sich um eine Eliminierung, gefolgt von einer Addition (Eliminierungs-Additions- Vorgang). p-Bromtoluol setzt sich mit Natriumamid zu zwei Aminen um, da der Angriff des Nucleophils N H 2 e sowohl auf die m- als auch auf die p-Stellung des Arins (man formuliere dasselbe!) erfolgen kann.

p-Bromtoluol

p-Toluidin

m-Toluidin

Die intermediär gebildeten Arine kann man nicht nur wie gezeigt durch Basen abfangen, sondern auch durch Diene, da Arine durch die gespannte Dreifachbindung dienophile Eigenschaften besitzen. Mit Furan tritt folgende Reaktion ein: .Br m o m u

*

.L.

¡1

-i-

NaBr

+

NH3

er Brombenzol

Furan

1,4-Dihydro1,4-epoxynaphthalin

Wir fassen zusammen: Die Substitution eines aromatisch gebundenen Halogens (oder einer anderen geeigneten Austrittsgruppe) verläuft langsamer als die des Halogens in einem Halogenalkan. Dabei erfolgt sie entweder über einen Additions-EliminierungsMechanismus (insbesondere wenn in o- oder p-Stellung Gruppen mit —M-Effekt vorhanden sind) oder über einen Eliminierungs-Additions-Mechanismus (wenn die genannten Gruppen fehlen). Im ersten Fall tritt die nucleophile Verbindung an die Stelle des Halogenatoms, im zweiten Fall auch in die dazu gehörende o-Stellung.

Reaktionen

345

Aufgaben 1) Wie stellt man 2,3-Dibrompropen her? 2) Es ist die Reihenfolge abnehmender Reaktivität der Bromatome in CH,—C=CH—CH,—CH 2 I 2 I I Br Br Br anzugeben. Man begründe die vorgeschlagene Reihenfolge. 3) Warum verläuft folgende Reaktion bereits bei 0°C, obwohl Vinylchlorid unter den gleichen Bedingungen praktisch nicht reagiert. O H3C—0—C—CH=CH—Cl

+

ROe

0 °° C > H3C—0—C—CH=CH—OR

+

Cle

4) Die Hydrolyse von Chlorbenzol, dessen C—1-Atom mit 14 C markiert ist, führt mit 4-normaler Natronlauge bei 340° zu Phenol, das folgende 14C-Verteilung aufweist.

58

42

Wieviel Prozent des Phenols entsteht nach dem Additions-Eliminierungs- und wieviel Prozent nach dem Eliminierungs-Additions-Vorgang (Arin-Mechanismus)? 5) Welches Bromtoluol liefert mit Natriumamid alle drei möglichen Toluidine? 6) Folgende Verbindung ist herzustellen:

4.3 Reaktion mit Metallen. Grignard-Verbindungen Halogenalkane reagieren mit unedlen Metallen wie Li, Na, Mg, Zn u. a., wobei metallorganische Verbindungen, das sind Verbindungen mit einer Kohlenstoff-Metall-Bindung, entstehen. R—CH2—Br

+ 2 Li



R—CH2—Li

+ LiBr

Alkyllithium Bei dieser Reaktion geht die Hälfte der Metallatome eine kovalente und die andere Hälfte eine ionische Bindung ein. Triebkraft der Reaktion ist die stark exotherme

346

Organische Halogenverbindungen

Bildung des ionischen Anteils (im vorstehenden Beispiel LiBr). Die meisten Lithiumund Magnesium-organischen Verbindungen werden nach dieser Reaktion hergestellt. Magnesium-organische Verbindungen nennt man auch Grignard-Verbindungen. H3C— CH2—CH2—CH2—Br

+

2Li

Ether

>

H3C—CH2—CH2—CH2—Li

Butylbromid

+

LiBr

Butyllithium

H C

5 2\

/C 2 H 5 Ö

H3C—CH2— I

+

Fthpr e

Mg

"

>

^

H3C—CH2—Mg—I

1 Ethyliodid

H5C2

C2H5

Ethylmagnesiumiodid-etherat, eine Grignard-Verbindung

Häufig führt man solche Reaktionen in einem Ether, z. B. Diethylether, durch. Dieser dient nicht nur als Lösungsmittel, sondern komplexiert auch mit den unbesetzten Koordinationsstellen des Metalls in der metallorganischen Verbindung. Da die maximale Koordinationszahl von Magnesium vier beträgt, lagern sich zwei mol Ether an die metallorganische Verbindung. Reaktionsträge Halogenide wie Vinylbromid oder Brombenzol reagieren ebenfalls mit Magnesium, allerdings nur, wenn man den stärker basischen Ether Tetrahydrofuran als Lösungsmittel und Komplexpartner verwendet.

CH2=CH—Br

+

Mg

m T H F

>

Q ö T

CH2=CH—Mg—Br

i

Die Umsetzung von organischen Halogenverbindungen mit Metallen gelingt verständlicherweise nicht mit den edleren Metallen wie Hg, Tl, Pb, Bi. Erst Legierung mit Natrium führt zur gewünschten Reaktion. Triebkraft ist auch hier die stark exotherme Bildung von Natriumhalogenid. 4C2H5CI Ethylchlorid

+

4PbNa



(C2H5)4Pb Bleitetraethyl

+

4NaCI

+

3Pb

Reaktionen

3ArX

+

Na3Bi

*

Ar3Bi

+

347

3NaX

(Ar = Aryl) Auf diese Weise stellt man das als Benzinzusatz verwendete Antiklopfmittel Bleitetraethyl her.

4.4 Reaktion mit metallorganischen Verbindungen Halogenverbindungen reagieren nicht nur mit Metallen, sondern auch mit metallorganischen Verbindungen. Hierbei entsteht eine neue C—C-Bindung. Substitution 6+

S-

S-

6+

R—CH2—CH2—X + R —CH2—M /?-Eliminierung Daneben tritt ß-Eliminierung ein; der Kohlenstoff, an welches das Metallatom gebunden ist, trägt eine partielle negative Ladung und stellt somit einen starken Protonenakzeptor dar. Die Substitutionsreaktion ähnelt der Wurtz-Reaktion (s. Kap. 2, Abschn. 7). Sie tritt nur dann ein, wenn einer der beiden Reaktanden genügend reaktionsfähig ist, entweder die Halogenverbindung (CH 2 =CH—CH 2 —Br, C 6 H 5 —CH 2 —Br) oder die metallorganische Verbindung (Natrium- oder Kalium-organische Verbindungen). CHfNa®

+

CH3—CI



CH3—CH3

+

CH2=CH— CH2—Br + CH2=CH—CH2—MgBr

NaCI

—» CH2=CH—CH2—CH2—CH=CH2 -MgBr2 1,5-Hexadien

Ist weder die Halogenverbindung noch die metallorganische Verbiftdung besonders reaktiv, so muß man eine Cu-I-Verbindung als Katalysator hinzufügen, um eine Substitution zu erreichen. C6H13—Mg— Br

+

n-C4H9—Br

Cu-I-Verb. >

Aromatisch gebundenes Halogen wird nicht substituiert. Stattdessen beobachtet man einen Austausch, bei dem Halogen und Metall ihre Plätze wechseln (Metall-HalogenAustausch). Br^/^

Lu |

"N

1

+ n-C4H9 Br

348

Organische Halogenverbindungen

Hierbei verbindet sich das Metall vorzugsweise mit dem elektronegativeren Kohlenstoffatom, d. h. mit dem Kohlenstoffatom, welches das stabilere Anion bildet. Das vorstehende Gleichgewicht liegt auf der rechten Seite, da die CH-Acidität des Pyridins größer als die des Butans ist. Aufgaben 1) Weshalb tritt bei der Reaktion CH3—CH2—CH2—Br

+

Mg



CH3—CH2—CH2—Mg—Br

praktisch kein Hexan als Nebenprodukt auf? 2) Welche Verbindungen entstehen bei der Einwirkung von Mg auf Benzylbromid? 3) Ausgehend von (H 3 C) 3 CBr ist folgende Verbindung herzustellen: 3 H,C » /CH 3

H

3

C/\H

3

5 Polyhalogenverbindungen und ihre technische Bedeutung Organische Monohalogenverbindungen lassen sich bequem herstellen und leicht in andere Verbindungen umwandeln. Sie nehmen deshalb eine zentrale Stellung bei der Synthese organischer Moleküle ein. Ebenso wichtig sind die Po/yhalogenVerbindungen, worunter man Moleküle mit mehr als einem Halogenatom versteht. Ihre Bedeutung liegt auf dem Gebiet der technischen Verwendung. Chlorierte Kohlenwasserstoffe sind hervorragende Lösungsmittel. Besonders häufig werden Dichlormethan (CH2C12), Chloroform (CHC13), Tetrachlormethan („Tetrachlorkohlenstoff", CC14) und Trichlorethylen verwendet. Trichlorethylen und Tetrachlorethylen dienen zur „Trockenreinigung" (Reinigung von Kleidungsstücken in chlorierten Kohlenwasserstoffen). Chlorierte Methane wie CH 2 C1 2 , CHC13 und CC14 erhält man durch Chlorierung von Methan (s. Kap. 2, Abschn.8). Käufliches Chloroform enthält etwa 1% Ethanol, welches das höchst giftige Phosgen unschädlich macht, das sich spurenweise aus Chloroform und Sauerstoff in Gegenwart von Licht bildet (vermutlich über die Stufe des Hydroperoxids): Cl - HOCI 2/h v H—CCI3 ° ' > H—0—0—C—Cl > I Cl Phosgen, sehr giftig

Polyhalogenverbindungen und ihre technische Bedeutung Cl 0=c(

\

.0 +

2C2H5OH



0=C^

Cl

\

349

C2H5 +

2 HCl

O—C2H5

Kohlensäure-diethylester

Zur Herstellung chlorierter Ethylene geht man von Ethylen bzw. Acetylen aus. Es wird zunächst Chlor addiert, danach durch Pyrolyse oder mit einer Base Chlorwasserstoff abgespalten. Gegebenenfalls wiederholt man diese Reaktionsfolge bis zum gewünschten Chlorierungsgrad. -HCl

\

Ca(OH)2

H

/

H

Cl

Vinylchlorid

H

X

Cl, H

CH2CI— CH2CI 1,2-Dichlorethan H

-HCl 500°

H

H =

>

C

\

Cl

H H—C=C—H

C

'z/N2* >

CHCL-CHCL 2

2

— C a ( O H ) 22

1,1,2,2 -Tetrachlorethan

CHCI2-CCI3

Cl

V ,Cl

HCI

Ca(0H)2 Pentachlorethan

Cl \ = c { / \

er

Cl

Trichlorethylen

>

\ = c {

Cl

V Cl

Tetrachlorethylen

* Stickstoff dient zur Verdünnung des explosiven Gemisches Acetylen/Chlor.

Einige Fluorkohlenwasserstoffe der Methan- und Ethanreihe werden wegen ihrer niedrigen Siedepunkte, chemischen Trägheit und der Tatsache, daß sie nicht giftig sind, als Kältemittel für Haushaltskühlschränke, Klimaanlagen und als Treibmittel in Sprühdosen verwendet. Hierzu zählen Dichlorfluormethan (CHC12F), Dichlordifluormethan (CC12F2), Trichlorfluormethan (CC13F), 1,2-Dichlortetrafluorethan (CF2C1— CF2C1) u.a. Man nennt diese Verbindungen auch Frigene. Die nebenstehende Tabelle gibt die Siedepunkte einiger Frigene und weiterer Polyhalogenverbindungen an.

350

Organische Halogenverbindungen

Tabelle

Siedepunkte einiger technisch interessanter Polyhalogenkohlenwasserstoffe

Name

Formel

Siedepunkt (°C)

Chlordifluormethan Dichlorfluormethan Trichlormethan (Chloroform)

CHCIF 2 CHCI 2 F CHCI3

-41 9 61

Dichlordifluormethan Trichlorfluormethan Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff)

CCI 2 F 2 CCI3F CCI 4

-30 24 77

CI

CI

CI

H

CL

C,

Trichlorethylen

87

Tetrachlorethylen

>=
Katalysator

CHCIF,

+

2 HCl

SbCIR -HCl

Polymere Ketten mit Halogenatomen als Liganden haben günstige Eigenschaften: Sie werden von Chemikalien nicht angegriffen und sind nur schwer entzündbar. Die bekanntesten Halogen-haltigen Kunststoffe sind Polyvinylchlorid („PVC") und Polytetraethylen („Teflon"). CH2— CH—CH2—CH

Cl

CF2—CF2—CF2—CF2

Cl

PVC (Ausschnitt)

Teflon (Ausschnitt)

Beide polymeren Ketten stellt man durch radikalische Polymerisation von Vinylchlorid bzw. Tetrafluorethylen her. Vinylchlorid entsteht - wie oben formuliert - aus 1,2Dichlorethan durch Chlorwasserstoffabspaltung (mittels einer Base oder pyrolytisch). Tetrafluorethylen gewinnt man durch Pyrolyse von Chlordifluormethan bei 700 °C. F

2CHCIF 2

70 °°

>

F

/C=C\

+

F F Tetrafluorethylen

2HCI

Polyhalogenverbindungen und ihre technische Bedeutung

351

Höherchlorierte cyclische Verbindungen zeichnen sich in einigen Fällen durch insektizide Eigenschaften aus. Bekannte Insektizide dieser Art sind DDT, Chlordan, Aldrin und Dieldrin.

DDT

Chlordan

VI

Aldrin

Dieldrin

Synthese und Eigenschaften des DDT sind bereits in Kap. 9, Abschn. 6.1.4.2 behandelt worden . Die anderen drei Verbindungen werden mit Hilfe der Dien-Synthese hergestellt, wobei Perchlorcyclopentadien als Dien dient. Zur Benennung wählte man einfach die Namen der Entdecker der Dien-Synthese (O.Diels und K.Alder), da eine rationelle Bezeichnung umständlich, wenn auch möglich ist.

CI

CI Perchlorcyclopentadien (aus Cyclopentadien und Chlor in alkalischem Medium)

CI H

Aldrin

Chlordan

RC03H _ , . . — • Dieldrin

352

Organische Halogenverbindungen

Aufgaben 1) Wie lautet die exakte Bezeichnung für Tetrachlorkohlenstoff? 2) Warum bewahrt man Chloroform in dunklen Flaschen auf? 3) Sprühdosen enthalten meistens Dichlorfluormethan. Warum gerade dieses Treibgas? 4) Wie gewinnt man Cyclopentadien und Norbornadien?

Norbornadien

5) Weshalb reagiert Chlor bevorzugt mit der unsubstituierten Doppelbindung von A (s. vorstehende Seite)?

Kapitel 15 Metallorganische Verbindungen 1 Einteilung metallorganischer Verbindungen nach den Bindungstypen Eine metallorganische Verbindung enthält eine Bindung zwischen einem Metall und einem Kohlenstoffatom. Diese Bindung kann verschiedener Natur sein. Man kennt vier Typen: 1. kovalente Bindung

M

C—

2. ionische Bindung



3. Mehrzentrenbindung

M- - — C — - -M

4. //-Bindung

lu-

I

ll

Die Bindungstypen 1, 2 und 3 beobachtet man vorwiegend bei Hauptgruppenmetallen, seltener bei Übergangsmetallen, den Bindungstyp 4 fast ausschließlich bei Übergangsmetallen. In den folgenden Abschnitten werden die verschiedenen Typen getrennt beschrieben. Aufgabe Ist Quecksilber-II-acetat eine metallorganische Verbindung?

1.1 Die kovalente Metall-Kohlenstoff-Bindung Ist das Metallatom über eine ex-Bindung an ein Kohlenstoffatom gebunden, so spricht man von einer kovalenten Metall-Kohlenstoff-Bindung. Diese Bindung besitzt im allgemeinen einen beträchtlichen ionischen Anteil - entsprechend der unterschiedlichen Elektronegativität eines Kohlenstoffatoms und eines Metallatoms. (Man vergleiche hierzu die Elektronegativitätsskala im ersten Kapitel.) 6 -

6 -

6 -

6*

•c—M

3

354

Metallorganische Verbindungen

Je größer der ionische Anteil einer Metall-Kohlenstoff-Bindung, umso reaktionsfähiger ist die Verbindung im allgemeinen. Darum sind natriumorganische Verbindungen reaktiver als lithiumorganische. I —C—Na I

>

I —C—Li I

>

I — C—Mg— I

Aufgabe Man vergleiche die Richtung der Polarität einer metallorganischen Bindung mit der einer Kohlenstoff-Halogen-Bindung.

1.2 Die ionische Metall-Kohlenstoff-Bindung Früher nahm man an, daß die meisten metallorganischen Verbindungen ähnlich den Metallsalzen ionischen Aufbau besitzen. Heute weiß man, daß ein solcher Aufbau selten ist. Die ionische Bindung tritt nur bei solchen Verbindungen auf, die entweder ein stark elektropositives Metall enthalten oder deren Anion eine große Bildungstendenz aufweist. So besitzt Methylfca/i'wm sehr wahrscheinlich eine ionische Metall-Kohlenstoffbindung, da Kalium zu den elektropositivsten Metallen gehört. Methyl/zi/izi/m ist dagegen schon nicht mehr ionisch aufgebaut, es enthält nichtionische Mehrzentrenbindungen (siehe unten). Lithiumacetylid besitzt im Gegensatz zu £Y/i>>/lithium einen ionischen Aufbau, da die Bildungstendenz des Acetylid-Ions größer als die des Ethylid-Ions ist (vergleiche Kapitel „Alkine"). Auch Magnesiumcyclopentadienid weist wegen der großen Bildungstendenz des Cyclopentadienyl-Anions einen ionischen Aufbau auf (siehe Aufgabe).

H H—C:e K® I H

H—C=C:e Li®

Methylkalium

üthiumacetylid

Mg®®

Magnesium-cyclopentadienid

Aufgabe Worauf beruht die große Bildungstendenz des Cyclopentadienid-Anions?

Einteilung metallorganischer Verbindungen nach den Bindungstypen

355

1.3 Die Mehrzentrenbindung in metallorganischen Verbindungen Einige metallorganische Verbindungen „assoziieren" sowohl in Lösung als auch in festem Zustand zu Dimeren, Trimeren usw. [AI(CH3)3]2

[AI(CHR2)3]3

[LiCH3]4

[Be(CH3)2]n

dimer

trimer

tetramer

polymer

Die Ursache der Assoziation soll am einfachsten der genannten Beispiele, am Trimethylaluminium erläutert werden. In der monomeren Form besitzt das Aluminium eine Elektronenlücke. Diese wird aufgefüllt, indem zwei Moleküle AI (CH 3 ) 3 assoziieren. leer / "3 n

"F

® AI

v-'

3

• C

Abbildung Trimethylaluminium in der monomeren Form (links oben) und in der dimeren Form (rechts oben). Die Zeichnung rechts unten gibt schematisch die Bindungsorbitale der Brücke der dimeren Form wieder.

Im A12(CH3)6 begegnen wir einer einfachen Mehrzentrenbindung, nämlich einer Dreizentren-Zweielektronen-Bindung. Solche Bindungen werden auch Elektronenmangelbindungen genannt, da mehr Bindungen gebildet werden als Elektronenpaare vorhanden sind. Die folgenden Beispiele zeigen den Unterschied zwischen einer normalen Bindung (Zweizentren-Zweielektronen-Bindung) und einer Elektronenmangelbindung.

356

Metallorganische Verbindungen

H3 [H—H]®

H—H

I / —C—AI, I \

ZweizentrenEinelektronenBindung

Zweizentren ZweielektronenBindung

ZweizentrenZweielektronenBindung

>/\< DreizentrenZweielektronenBindung. (Die zweite Dreizentren-Zweielektronen-Bindung ist weggelassen.)

Aufgaben 1) Dimethylberyllium ist im festen Zustand polymer und im gasförmigen Zustand dimer. CH,

AH, H 3 C—Be'/

;Be—CH 3

:Be:

c'H3

'Be'

CH CH 3

dimer

CH,

;Bet 'CH3

polymer

Welche Bindungstypen kommen in der dimeren und polymeren Struktur vor? 2) Das 1 H-NMR-Spektrum des dimeren Trimethylaluminiums weist unterhalb —45°C, wie zu erwarten, zwei Singuletts im Intensitätsverhältnis 2 : 1 auf, bei Raumtemperatur dagegen nur ein Singulett. Warum?

—i 1

1 0

1 -1

1— -2 cflppm)

Abbildung Temperaturabhängigkeit des thylaluminium

1

H-Kernresonanzspektrums vom dimeren Trime-

Einteilung metallorganischer Verbindungen nach den Bindungstypen

357

1.4 Die Bindung in Metall-Alken-Komplexen (77-Komplexe) Übergangsmetalle besitzen innere Elektronenschalen, die nur teilweise mit Elektronen besetzt sind. Sie reagieren daher mit Molekülen, welche 71-Elektronen oder freie Elektronenpaare besitzen. Diese füllen die Elektronenlücken des Übergangsmetalls auf. So reagiert Platin-II-chlorid mit Ethylen zum sogenannten Zeise-Salz: H

\

C=C

/

H

C l — P t — C l K® I Cl Zeise-Salz

Die Bindung darin besteht aus zwei Anteilen. Anteil 1: Es überlappt das mit 2 Elektronen besetzte u-Orbital des Ethylens mit einem leeren Orbital des Metalls. Anteil 2: Es überlappt ein mit 2 Elektronen besetztes Orbital des Metalls mit dem unbesetzten 7t*-OrbitaI des Ethylens (sogenannte Rückbindung). In beiden Anteilen überlappen somit besetzte Orbitale des einen Bindungspartners mit unbesetzten Orbitalen des anderen Partners.

Abbildung Bindung im Zeise-Salz K®[PtCI 3 - C 2 H 4 ] e . Die Wasserstoffe des Ethylens stehen oberhalb und unterhalb der Papierebene. Besetzte Orbitale erscheinen schraffiert, unbesetzte weiß. Pfeil 1 gibt den Anteil 1 der Bindung, Pfeil 2 den Anteil 2 der Bindung (Rückbindung) an. + und - beziehen sich auf die Phase der Orbitale

358

Metallorganische Verbindungen

Im folgenden sind einige typische Metall-Alken-Komplexe aufgeführt. Das Übergangsmetall kann darin entweder null- oder höherwertig sein. Die olefinische Komponente ist mit einer oder gar mehreren Doppelbindungen an das Metall gebunden. Wieviel Doppelbindungen beteiligt sind, hängt von der Anzahl freier Plätze in der Elektronenschale des Metallatoms ab. In der Regel werden soviel Alkene (aber auch andere Lewis-Basen wie CO, Halogenid etc.) addiert, bis das Übergangsmetall die Elektronenschale des nächsthöheren Edelgases erlangt hat. So benötigt nullwertiges Fe zur Erlangung der Elektronenschale des Kyptons 10 Elektronen oder 5 Elektronenpaare. Diese werden im Cyclooctatetraen-Eisentricarbonyl von drei Kohlenoxidmolekülen und zwei (nicht etwa vier) Doppelbindungen des Cyclooctatetraens zur Verfügung gestellt. Hingegen benötigt zweiwertiges Eisen (Fe®®) 12 Elektronen oder 6 Elektronenpaare. Genau soviel besitzen 2 Cyclopentadienid-Ionen. Deshalb besitzt Eisen auch im Ferrocen Edelgaskonfiguration.

C l — P ? — C l K'9

Cl Zeise-Salz Formale Pt-Ladung: +2. Zahl der beteiligten 77-Elektronen: 2

Cyclooctatetraeneisentricarbonyl. Formale Fe-Ladung: 0. Zahl der beteiligten tt-Elektronen: 4

1,5,9-Cyclododecatriennickel. Formale Ni-Ladung: 0. Zahl der beteiligten 77-Elektronen: 6

i »/ v

Cyclobutadieneisentricarbonyl. Formale Fe-Ladung: 0. Zahl der beteiligten 77-Elektronen: 4

i

Fe

Ferrocen.

Bis(benzol)chrom.

Formale Fe-Ladung: +2. Zahl der beteiligten 77-Elektronen: 12

Formale Cr-Ladung: 0. Zahl der beteiligten 77-Elektronen: 12

Physikalische Eigenschaften

359

Ferrocen und Bis(benzol)chrom gehören zu den sogenannten „sandwich"-Verbindungen (sandwich = belegtes Brot), bei denen sich ein Übergangsmetall zwischen zwei Ringen befindet. Bis(benzol)chrom wurde von E.O.Fischer (geb. 1918 in München) dargestellt, der dafür und für die Herstellung anderer ungewöhnlicher metallorganischer Verbindungen 1973 den Nobelpreis erhielt.

Aufgaben 1) Besitzt das Cr in Bis(benzol)chrom eine dem Edelgas Krypton ähnliche Elektronenschale? 2) Unter den 6 vorstehend aufgeführten Metall-Alken-Komplexen zeichnet sich 1,5,9-Cyclododecatrien-nickel durch besondere Reaktivität aus (es oligomerisiert z.B. 1,3-Diene). Worauf beruht die Reaktivität?

2 Physikalische Eigenschaften Die physikalischen Eigenschaften metallorganischer Verbindungen hängen von der Art der Bindung ab. Das ionische Methylkalium besitzt die Eigenschaften eines Salzes : Es ist nicht flüchtig und unlöslich in organischen Lösungsmitteln. Die meisten anderen metallorg. Verbindungen sind aber nicht ionisch und ähneln deshalb in ihren physikalischen Eigenschaften denen organischer Verbindungen. Sie sind häufig flüchtig und lösen sich vielfach in organischen Lösungsmitteln. So kann man die Eisen enthaltende Verbindung Ferrocen schon bei 100° im Vakuum sublimieren, bei 173° schmelzen und in Benzol, nicht dagegen in Wasser, lösen. Dieses Verhalten steht im krassen Gegensatz zu einer typischen anorganischen Eisen Verbindung, etwa FeBr 2 . FeBr 2 Eisen-ll-bromid

Ferrocen

Schmp. 6 8 4 ° (Zersetzung), in Wasser löslich, in Benzol schwer löslich.

Schmp. 173°, in Wasser schwer löslich, in Benzol leicht löslich.

360

Metallorganische Verbindungen

3 Darstellung metallorganischer Verbindungen 3.1 A u s C — H - a c i d e n Kohlenwasserstoffen C—H-acide Verbindungen reagieren mit Metallen oder metallorganischen Verbindungen nach folgendem Schema: R—H

+

M

R—H

+

R'—M


R—M

+

R'—H

Je geringer die C—H-Acidität ist, um so schwieriger erfolgt die Substitution des Wasserstoffs durch ein Metall. So gelingt die Substitution des CH 3 -Wasserstoffs in Toluol nur durch besonders elektropositive Metalle wie Caesium. R—C=C—H

+

Na



R—C=C:e Na®

+ K

+

1/2H^



+

1/2H

Cs

(C2H5)2TICI Diethylthalliumchlorid

364

Metallorganische Verbindungen

Aufgabe Man gebe an, ob eine Austauschreaktion zu erwarten ist. a)

CH3—Mg—Cl

+

HgCI 2



b)

CH3—Mg—Cl

+

NaCI



3.5 Darstellung von Metall-Alken-Komplexen Metall-Alken-Komplexe werden in einfachen Fällen direkt aus Metallatomen bzw. Metallsalzen und ungesättigten Verbindungen hergestellt, wie die folgenden Beispiele zeigen: c,

+

,0-

Bis(benzol)chrom, 60 % Ausbeute

(atomarer Dampf)

K 2 PtCI 4

+

'

CH2=CH2

K®[PtCI 3 • C 2 H 4 ) e

+

KCl

Zeise-Salz

2 //

\\

+ Fe



Fe

+ H

Ferrocen

Im ersten Beispiel ist das Metallatom „nackt", es komplexiert deshalb begierig mit der ungesättigten Verbindung, im zweiten Beispiel ist das Metallatom zwar bereits von Komplexpartnern umgeben, es tauscht aber einen vorhandenen gegen einen geeigneteren aus. Im dritten Beispiel werden zwei Reaktionstypen beschrieben, die formal nacheinander verlaufen: Substitution des C—H-aciden Wasserstoffs durch das unedle Metall Eisen und anschließende Komplexierung zwischen Cyclopentadienid- und Eisen-Ionen.

4 Reaktionen metallorganischer Verbindungen Metallorganische Verbindungen zählen zu den reaktionsfreudigsten Verbindungen in der Chemie. Die Art der Reaktion hängt vom Metall und den daran gebundenen Liganden ab. Reaktionen, die allen metallorganischen Verbindungen gemeinsam sind, werden zuerst behandelt. Anschließend folgt die Beschreibung des chemischen Verhaltens einzelner metallorganischer Verbindungen.

Reaktionen metallorganischer Verbindungen

365

4.1 Allgemeines chemisches Verhalten Metallorganische Verbindungen enthalten ein Kohlenstoffatom mit einer partiellen negativen Ladung oder - im Extremfall - mit einer vollen negativen Ladung. Sie sind deshalb starke Basen (Protonenakzeptoren). Mit Wasser, Alkoholen und anderen Verbindungen mit acidem Wasserstoff reagieren sie meist heftig, wobei Kohlenwasserstoffe entstehen. Deshalb ist Vorsicht beim Umgang mit metallorganischen Verbindungen geboten. R—H2C—Li

+

H— OH

R—H2C—Li

+

H—OR



R—CH3

+

LiOH

—» R—CH3

+

LiOR

Mit Sauerstoff (und damit auch mit Luft) tritt folgende Reaktion ein. 2 R—M

+

02

> 2R—0—M

Die Reaktion verläuft in mehreren Schritten. Im ersten Schritt bildet sich wahrscheinlich ein Donor-Akzeptorkomplex mit 0 2 , dann aus diesem ein Peroxid. Letzteres setzt sich im nächsten Schritt mit weiterem R—M zum Alkoholat um (Alkoholate sind Salze von Alkoholen, Kapitel „Alkohole"). R—M

+

02

ä. R—M

R—0—0—M

+

RM



02

> R—o—o—M Peroxid

2R—0—M Alkoholat

Gelegentlich wendet man diese Reaktion zur Umwandlung einer Organometall-Verbindung in einen Alkohol an, z. B.: 2R—Mg—X

2R—0—Mg—X

H2

° > 2 ROH

+

MgX2

+

Mg(0H)2

Fazit: Viele metallorganische Verbindungen sind feuchtigkeits- und luftempfindlich, man bewahrt sie deshalb am besten unter einer Inertgasatmosphäre (N 2 , Ar) auf. Eine Ausnahme bilden einige metallorganische Verbindungen der. Gruppe IV B und V B des Periodensystems. Sie sind gegenüber Wasser und Luft weitgehend stabil. Man verwendet sogar bestimmte siliziumorganische Verbindungen wie Silikonöl zum Beschichten von Regenmänteln! CH, CH3 Tetramethylsilan, beständig gegen Wasser und Luft

CH„

CH, CH, • — Si—0—Si—0—Si—0I I I CH, CH, CH, Polysiloxan (Siliconöl). Siliconöl dient u.a. zum Beschichten von Regenmänteln.

CH, H,C—Sn—CH, I CH3 Tetramethylstannan, beständig gegen Wasser

366

Metallorganische Verbindungen

Aufgabe Man formuliere die Reaktion zwischen Ethylmagnesiumbromid und Essigsäure (H 3 C—COOH).

4.2 Alkali- und erdalkaliorganische Verbindungen. Grignard-Reaktion Im Laboratorium werden unter allen metallorganischen Verbindungen lithiumorganische Verbindungen und magnesiumorganische Verbindungen (Grignard-Verbindungen) am häufigsten verwendet. Besonders wichtig ist die Reaktion zwischen Grignard-Verbindungen und Carbonylverbindungen. Diese Reaktion heißt GrignardReaktion und soll ausführlich behandelt werden.

4.2.1 Grignard-Reaktion mit Aldehyden und Ketonen Grignard-Verbindungen lagern sich an die Carbonylgruppe von Aldehyden oder Ketonen an. Dabei entstehen Magnesiumalkoholate. Lithiumorganische Verbindungen liefern analog Lithiumalkoholate.

6+ SI—Mg—CH3 +

C2H5

5 2

\ R'—C—OH I R sekundärer Alkohol

X—Mg—R'

+

R

\ \=0 4 » R Keton

R I > R'—C—0—Mg—X I R"

H2

R ° > R —IC—OH I R" tertiärer Alkohol

Bei der Darstellung eines sekundären Alkohls RR'CH(OH) oder eines tertiären Alkohols RR'R"C(OH) nach der Grignard-Methode gibt es mehrere Möglichkeiten, da der Alkylrest R entweder von der Grignard-Verbindung oder von der Carbonyl-

368

Metallorganische Verbindungen

Verbindung stammen kann. Ein sekundärer Alkohol kann durch zwei verschiedene Grignard-Reaktionen, ein tertiärer Alkohol gar durch drei verschiedene GrignardReaktionen hergestellt werden, wie im folgenden durch je ein Beispiel belegt ist zwei

Synthese eines sekundären A l k o h o l s durch

MgBr

H

I

0

/

verschiedene Grignard-Reaktionen:

C-CH,

I

-MgBr

OH 1 -Phenylethanol (sekundär)

drei v e r s c h i e d e n e

S y n t h e s e e i n e s tertiären A l k o h o l s d u r c h

0 II

H5C2—C—C3H7

r °

H3C—C=0

+

H3c—Mg—Br

5

r

+ C3H7—Mg—Br

Grignard-Reaktionen:

H3C—C—OH

H3C—C=0 C

C3H7

+

H5C2—Mg—Br

3H7

3-Methyl-3-hexanol (tertiär)

Das eingangs geschilderte Bild über den Mechanismus ist sehr grob und soll im folgenden durch ein genaueres ersetzt werden. Zunächst wird ein komplex gebundenes Ethermolekül der Grignard-Verbindung reversibel durch die Carbonylverbindung ersetzt, die ja ebenfalls eine Lewis-Base darstellt. ..

R'

I

..

R20:->- M g - » - : 0 R 2

..

+

..

R2C=0:

R'

I

R2C=0:->-Mg-

R2R'C—0—MgR'

+

MgX2

Reaktionen metallorganischer Verbindungen

369

Schließlich reagiert das Alkylmagnesiumalkanolat mit dem Magnesiumhalogenid, wobei das Grignard-Reagenz teilweise regeneriert wird. R' I R— C—0—Mg—R'

+

R' I R—C—0—Mg—X

MgX2

R

+

R'—Mg—X

R

(Der Übersicht halber ist die Komplexierung mit Ether im zweiten Teil des Reaktionsgeschehens weggelassen.)

4.2.2 Grignard-Reaktion mit weiteren Carbonylverbindungen Außer mit Aldehyden und Ketonen reagieren Grignard-Verbindungen auch mit anderen Carbonylverbindungen wie Estern, Carbonsäurechloriden, Kohlendioxid usw. Bei der Reaktion mit Estern entstehen tertiäre Alkohole. Dabei werden zwei mol Grignard benötigt: ein mol zur Addition an die Carbonylgruppe des Esters und ein weiteres mol zur Addition an das als Zwischenstufe auftretende Keton. 0 II Cx

/CH3 ~0R

H3C—Mg

SR

IMg—OR Acetophenon

Benzoesäurealkylester

H3C—Mg—I

H 0

\

/CHa ^ + H20

2-Phenyl-2-propanol (tertiärer Alkohol) Was entsteht, wenn man nur ein mol hinzufügt? Nur Keton? Auch jetzt bildet sich allein der tertiäre Alkohol, dafür bleibt die Hälfte des eingesetzten Esters unumgesetzt. Der Grund liegt in der gegenüber Estern größeren Reaktivität von Ketonen: In dem Maße wie das Keton sich bildet, reagiert es mit der Grignard-Verbindung weiter. Säurechloride werden mit einem mol Grignard-Verbindung in Ketone und mit zwei mol in tertiäre Alkohole überführt.

370

Metallorganische Verbindungen

1

ö

-Mg—Br -MgBrCI

XI

^C2H5

1. H5C2—Mg—Br 2. H,0

HO. ^C2H5 3-Phenyl-3-pentanol (tertiär) Wünscht man, daß die Reaktion nur bis zur Stufe des Keton verläuft, muß man die sogenannte Inversmethode anwenden. Man legt eine etherische Lösung des Säurechlorids vor und tropft die etherische Lösung der Grignard-Verbindung dazu. Wegen der höheren Reaktivität der Carbonylgruppe in Carbonsäurenchloriden gemäß O R—C^

O >

0

R—C^

Cl

>

R—C^ OR

R

Abnahme der Reaktivität der Carbonylgruppe reagiert die zugetropfte Grignard-Verbindung zuerst mit dem Säurechlorid und nicht mit dem dabei gebildeten Keton. Verfahrt man bei der Vereinigung der Reaktanden umgekehrt, so entsteht allein der tertiäre Alkohol, selbst wenn man nur ein mol Grignard-Verbindung verwendet. Kohlendioxid setzt sich mit Grignard-Verbindungen zu Magnesiumsalzen von Carbonsäuren um, aus denen durch Ansäuern die entsprechenden Carbonsäuren freigesetzt werden.

AI-(CH

C2H5

\

-CH2)-C2H5

(CH2-CH2)C-C2H5

Bei dieser bemerkenswerten Reaktion werden bis zu 100 Ethylenmoleküle aneinandergereiht. Über den Mechanismus herrscht noch keine volle Klarheit. Die so hergestellten langkettigen Alkylaluminiumverbindungen gehen drei technisch wichtige Reaktionen ein. Erstens reagieren sie mit Wasser zu einem Gemisch von Kohlenwasserstoffen. Zweitens werden sie durch Sauerstoff und anschließende Hydrolyse in ein Gemisch aus primären Alkoholen überführt. Drittens spalten sie bei kurzzeitigem Erhitzen auf 300° in ein Gemisch von 1-Alkenen und Dialkylaluminiumhydrid. (Die AI—H-Bindung des Hydrids addiert sich anschließend an Ethylen, und die dadurch gebildete Triethylaluminiumverbindung nimmt erneut Ethylen auf.) In allen Fällen entstehen Kohlenwasserstoffketten, die un verzweigt und geradzahlig sind. H,0 ^

• AI(0H)3 +

n-Kohlenwasserstoffe, geradzahlig

(CH2-CH2)M-C2HB AI

\

(CH2

CH2)N—C2H5

CH3—CH2—(CH2—CH2)x—C2H5

21

2

>

AI(0H)3

+ HO—(CH2—CH2)x—C2H5 primäre Alkohole, geradzahlig

(CH2-CH2)0-C2H5 /

H

300° / — • AI—R' 1 sec. \ R"

+ C H 2 = C H — (CH2—CH2) — C2H5 2 5 ^ " 1 -Alkene, geradzahlig

Bei den beiden zuerst aufgeführten Reaktionen ist die Aluminiumverbindung Reaktionspartner. Dagegen hat die Aluminiumverbindung bei der zuletzt genannten Reaktion ausschließlich katalytische Funktion, etwa nach folgender Gleichung: n CH,=CH,

R' R " A I — H

>

C H 2 = C H — (CH2—CH2)n_2— C2H5

Reaktionen metallorganischer Verbindungen

375

Von den drei Reaktionen ist die zu Alkoholen führende Reaktion die technisch wichtigste. Solche Alkohole (es bilden sich hauptsächlich Q 2- bis C16-Alkohole) werden in großer Menge zur Herstellung von Waschmitteln benötigt (s. Kap. 20, Abschn. 6.2.3.2). Aufgaben (Fortsetzung) 2) Handelt es sich bei der Bildung von 1-Alkenen aus Trialkylaluminiumverbindungen um eine a-, ß- oder y-Eliminierung? 3) Man gebe eine Reaktion an, bei der ein Gemisch von primären, geradkettigen Alkoholen entsteht, deren C-Anzahl ungeradzahlig ist (Ausgangsverbindung: Ethylen). 4.5 Übergangsmetalle in der homogenen Katalyse Man kennt gegenwärtig etwa 105 Elemente. Über die Hälfte, nämlich 56, besitzen innere (d- oder f-)Elektronenschalen, die nur unvollständig mit Elektronen aufgefüllt sind. Es sind dies die Übergangselemente, auch Übergangsmetalle genannt. Die Übergangsmetalle gehen nicht nur durch die Elektronen ihrer Außenschale Bindungen ein, sondern auch durch die in inneren, unvollständig besetzten d- oder f-Schalen. Als Reaktionspartner kommen selbst Moleküle wie molekularer Wasserstoff, Stickstoff, Kohlenoxid, Alkene und Alkine in Frage. Besonders wichtig sind die Metall-AlkenKomplexe. Übergangsmetallverbindungen haben als homogene Katalysatoren in der organischen Synthese große technische Bedeutung erlangt. Die Reaktionen verlaufen häufig in zwei Schritten. Zunächst wird die ungesättigte Verbindung (Alken, Kohlenoxid) an eine freie Koordinationsstelle unter Bildung eines n-Komplexes gebunden. Dieser Schritt stellt eine Addition dar. Danach reagiert dieser Ligand mit einem schon vorhandenen ff-gebundenen Liganden unter Einschiebung. R

R

R Addition

Leerstelle der Metallverbindung

Einschiebung

77-Komplex

Leerstelle der Metallverbindung

Dieses Schema liegt den meisten der folgenden Reaktionen zugrunde. 4.5.1 Dimerisierung von Ethylen Einige Nickelverbindungen sind imstande, Ethylenmoleküle miteinander zu verbinden. Dabei bildet sich hauptsächlich 1-Buten, das Produkt der Dimerisierung.

376

Metallorganische Verbindungen 2 H2C=CH2

Ni-Verbindung ^

C

H2=CH-CH2-CH3

Nach G. Wilke sind dabei nebenstehende Reaktionsschritte anzunehmen, bei denen es sich um Addition, Einschiebung und ß-Eliminierung handelt.

Aufgabe Warum entsteht bei der Dimerisierung von Ethylen durch Nickelverbindungen kein 2-Buten? 4.5.2 Polymerisation von Ethylen und anderen Alkenen Wie wir bereits im Kapitel „Polymerisation" erfuhren, werden bestimmte Alkene durch Übergangsmetallverbindungen polymerisiert („koordinative Polymerisation"). Der Polymerisationsvorgang beginnt auch hier mit der Addition des Alkens an eine leere Koordinationsstelle, hier des Titans. Es folgt eine Einschiebung, wodurch die Koordinationsstelle wieder frei wird. Der Vorgang wiederholt sich unzählige Male, wobei lange Ketten entstehen.

Aufgabe Polymerisationen von Molekülen mit C=C-Bindungen laufen nach vier Mechanismen ab. Man gebe sie an.

Reaktionen metallorganischer Verbindungen

377

4.5.3 Oligomerisation von Acetylen Bestimmte Metallverbindungen katalysieren die Oligomerisation von Acetylen zu Vinylacetylen, Benzol bzw. Cyclooctatetraen. 2 H—C=C—H

CU 2 CI 2 /HCI

^

C H

__

C H

_

C

=

C

_

H

Dimerisierung

Vinylacetylen

3H—C=C—H

Ni-Verbindung ^

Trimerisierung Benzol

4H—C=C—H

Ni-Verbindung ^

|

j

Tetramerisierung

Cyclooctatetraen

Die zuletzt genannte Reaktion gestattet die Herstellung von Cyclooctatetraen auch in größerer Menge, was durch andere Reaktionen nicht gelingt. Für die Tetramerisierung nimmt G.Schrauzer folgenden Ablauf an ( L = Ligand).

Hier tritt nach der K-Bindung des Acetylens an das Nickelatom keine Einschiebung in eine c-Bindung ein (wie bei der Di- und Polymerisation von Ethylen), sondern Bindung zu den anderen drei (ebenfalls koordinativ gebundenen) Acetylenmolekülen. Blockiert man eine Koordinationsstelle durch einen Liganden Y (z.B.: PR 3 ), so können sich nur drei Acetylenmoleküle addieren. Das Endprodukt heißt dann Benzol. Bei der Bildung sowohl von Cyclooctatetraen als auch von Benzol dient das Ni-Atom quasi als Matrize. Aufgaben 1) Wie stellt man H — C = C — H her? 2) Wie verhält sich Cyclooctatetraen chemisch?

378

Metallorganische Verbindungen

4.5.4 Homogene Hydrierung von Alkenen Im Kapitel „Alkene" lernten wir zwei Arten von Hydrierungskatalysatoren kennen: homogene und heterogene. An dieser Stelle sollen die homogenen Hydrierungskatalysatoren ausführlicher behandelt werden. Bestimmte Verbindungen des Rhodiums und Rutheniums katalysieren die Anlagerung von Wasserstoff an Doppelbindungen. Zu ihnen gehört die Rhodium-I-Verbindung RhCl[(C 6 H 5 ) 3 P)] 3 , im folgenden mit RhXL 3 wiedergegeben. RhXL,

w

/

\

I I I I

-C—CH

H

Die Reaktion verläuft in vier Schritten: Addition von H 2 (unter Verdrängung eines Liganden L), Addition von Alken, Einschiebung des komplexgebundenen Alkens in die Rh—H-Bindung und schließlich Eliminierung. RhXL,

+ H, -L

RhXL

,H,-X

H

Einschiebung

I I I ,^Rh—C—C—H I I I

H

I I I J^Rh—C—C—H I I I

Eliminierung

Freie Valenzen am Rh sind mit X und L besetzt.

RhXL,

+

M }

I I

H—C—C—H

I I

Hydrierungsprodukt

Wie bei der heterogenen Hydrierung beobachtet man auch hier eis-Addition der Wasserstoffatome. So ergibt die Hydrierung des nebenstehenden Steroids mit Deuterium eine Verbindung, die die beiden Deuteriumatome auf derselben Seite des Ringes A enthält.

Die homogenen Hydrierungskatalysatoren wurden von G.Wilkinson (geboren 1921) entdeckt, der dafür und für andere Arbeiten auf dem Gebiet der metallorganischen Verbindungen 1973 den Nobelpreis erhielt.

Reaktionen metallorganischer Verbindungen

379

Aufgabe Warum muß man bei der Hydrierung des vorstehenden Steroids Deuterium verwenden, um den cw-Additionsvorgang als solchen zu erkennen?

4.5.5 Hydroformylierung von Alkenen In Gegenwart bestimmter Kobalt- oder Rhodiumverbindungen reagieren Alkene mit Kohlenmonoxid und Wasserstoff zu Aldehyden. Dabei entsteht ein Gemisch aus 2 Aldehyden, in welchem der weniger verzweigte Aldehyd überwiegt (Tabelle).

R—CH=CH,

+

H,

+

Rh

CO

"

Verb

0 ' >

R—CH,—CH2—cf^ + \ H Hauptprodukt

c=CH2

+

H—OH

H3 O®

H 3

>

°\ .C—CH 3

H3C/ ¿ H

H3C

feAf-Butylalkohol

4.2 Aus Alkenen durch Hydroborierung (Kap. 3, Abschn. 5.3.4)

Beispiel: H 3 C. )C=CH2 l3

/ H3C

- J ™ ^

\ / C H — C H — j3B

H3C H 2

°

2

>

j

C

^CH—CH2—OH "s^ Isobutylalkohol

Man beachte, daß die Richtung der Wasseraddition entgegengesetzt zu der verläuft, die man bei der säurekatalysierten Addition beobachtet (Anti-Markownikoff-Addition).

4.3 Aus Alkylhalogeniden und Alkalimetallhydroxid R—CH2—X

+

Na®OHe



R—CH2—OH

+

Na®Xe

Neben der Substitution tritt auch Eliminierung von H—X ein, die zu Alkenen führt. 4.4 Aus Carbonylverbindungen durch Reduktion (Kap. 18, Abschn. 6.5 und Kap. 21, Abschn. 6.4.1.4)

O II R—C—H

Aldehyd

H 2,

>

OH I R—C—H I H primärer Alkohol

392

Alkohole und Phenole 0 II R—C—R'

OH I R—C—R'

Keton

sekundärer Alkohol OH I R—C—H I H

2 H,

R—C—OR'

Ester

+

H—O—R'

primärer Alkohol

Alkohol (primär, sekundär oder tertiär)

Als Reduktionsmittel kann man - wie in den Formeln gezeigt - molekularen Wasserstoffverwenden, sofern dieser durch Metalle wie Raney-Nickel, Platin oder Palladium aktiviert ist. Im Laboratorium führt man die Reduktion allerdings meistens mit komplexen Hydriden wie LiAlH 4 , NaBH 4 u.a. durch.

4.5 Aus Carbonylverbindungen und Grignardreagenz (Kap. 15, Abschn. 4.2)

>

H^

:c=o

H

+

R—MgX

""

H

/

0—MgX C

\

H20

R

\c = o

OH

H

R

* primärer Alkohol

Formaldehyd K

Hx

H +

O-MgX

R—MgX

R"

^

h 2 C)

H

\

\

/ R' x

A

/ / \

0 H

R

sekundärer Alkohol

Aldehyd R^

r;

:c=o

+

^0—MgX

R—MgX R"

H20

R

OH

X

R"/

R

\

tertiärer Alkohol

Keton R^ R'—c:

\ OR"

+

2R—MgX

yO—MgX

h2o

.Ar

rA,

tertiärer Alkohol

Ester 0 r'—c:

R' +

X

CI

Säurechlorid

2R—MgX

.0—MgX C

r /

X

R

R h2o

OH

x

C r /

\

tertiärer Alkohol

Darstellung von Alkoholen

393

Ausgehend von geeigneten Carbonylverbindungen lassen sich mit dieser Methode wahlweise primäre, sekundäre oder tertiäre Alkohole herstellen.

4.6 Darstellung in großtechnischem Maßstab Zur Herstellung von Alkoholen in größerer Menge bedient man sich hauptsächlich zweier Verfahren: der Addition von Wasser an Alkene und der Hydroformylierung (s.Kap. 15, Abschn. 4.5.5). Daneben kennt man spezielle Verfahren. Im folgenden wird die Herstellung der wichtigsten niedermolekularen Alkohole beschrieben.

4.6.1 Methanol Aus Kohlenoxid und Wasserstoff CO

+

2H2

Zn0/Cr °3 ^ 400°, 200 atm

H - L H I H Methanol

Bei Verwendung von Fe 2 0 3 als Katalysator entsteht statt Methanol ein Kohlenwasserstoffgemisch (Fischer- Tropsch-Verfahren). nCO + (2n + 1)H2

^ " 200°, 20atm

Die Wahl des Katalysators ist demnach entscheidend für den Verlauf der Reaktion. Die Hydrierung des Kohlenoxids zu Kohlenwasserstoffen wurde bis vor 25 Jahren in Deutschland zur Produktion großer Benzinmengen durchgeführt. Heute gewinnt man Benzin aus Erdöl. Wegen der Erdölverknappung ist aber das Fischer-TropschVerfahren wieder aktuell geworden. Da beide Reaktionen unter Volumenabnahme verlaufen, arbeitet man unter Druck, um das Gleichgewicht nach rechts zu verschieben (Prinzip des kleinsten Zwanges).

4.6.2 Ethanol 1. Aus Ethylen und Wasser in Gegenwart eines sauren Katalysators. H2C=CH2

+

H,0

„ H 3 P _°*—H^C—CH,—OH 300", 70 at

Das so gewonnene Ethanol wird hauptsächlich als Lösungsmittel verwendet. Es darf nicht zur Herstellung alkoholischer Getränke herangezogen werden. 2. Durch Vergärung von Zuckerlösungen. Hierzu wird zunächst eine Stärkelösung, die man aus Kartoffeln, Getreidekörnern, Reis usw. gewinnt, zu Glucose C 6 H 1 2 0 6 hydrolysiert. Anschließend erfolgt „Ver-

394

Alkohole und Phenole

gärung" der Glucose zu Ethanol durch Hefeenzyme. Man spricht von Vergärung, weil ein Gas (C0 2 ) entweicht. Der gebildete Alkohol wird schließlich vom Rückstand (Schlempe) abdestilliert. Das so gewonnene Ethanol dient hauptsächlich zur Herstellung alkoholischer Getränke. Bei der Gewinnung von Ethanol sind demnach zwei Vorgänge zu unterscheiden: Vorgang 1: Hydrolyse der Stärke (C6H1005)n

+

Enzyme

n H20

*

n C6H1206

Stärke in Kartoffeln, Getreide usw.

Glucose

Vorgang 2 : Vergärung der Glucose C6H1206

- Ü H ™

Glucose

2C2H5—OH

+

2C02Î

Ethanol

Beide Vorgänge bestehen aus vielen Einzelschritten.

4.6.3 Propyl- und Isopropylalkohol l-Propanol durch Hydroformylierung von Ethylen.

CH2=CH2

+

CO

+

H2

H3C—CH2—CH2—OH 1 -Propanol

2-Propanol durch Hydratisierung von Propen.

H3C—CH=CH2

+

H20

— ^

H 3 C — C H — CH 3 OH 2-Propanol

Darstellung von Alkoholen

395

4.6.4 Butylalkohole Die isomeren Butylalkohole erhält man durch Hydroformylierung bzw. durch Hydratisierung der entsprechenden Alkene.

y

Hj H C—CH —CH —CH —OH 3 2 2 2

Butanal

1 -Butanol

H 3 C—CH—CH 3

H 3 C—CH—CH 3

H 3 C — C H = C H 2 + CO + H2-

0

/ X

I

CH,OH

H

Isobutanal H 3 C—CH 2 — C H = C H 2

+

H20

H

•>

Isobutylalkohol H 3 C—CH 2 —CH—CH 3 OH 2-Butanol

H3C\

Hffi

C=CH2

+

H20

—-—•

H3C

H 3 C—C—CH 3 OH iert-Butylalkohol

Aufgaben 1) Es sind die Strukturformeln von 1,3-Pentandiol und 2-Penten-l,4-diol anzugeben. 2) Warum ist 1-Penten-l-ol unbeständig? 3) Man nenne alle 8 gesättigten C 5 -Alkohole, klassifiziere sie (primär, sekundär oder tertiär) und gebe für jeden Alkohol eine Synthese an. 4) Folgende Alkohole sind aus Carbonylverbindungen herzustellen: OH

I

CH 3

I

CH—CH—CH,

H3C.

/

H5C2

CH2 CH3

\OH

(3 Darstellungswege angegeben I)

396

Alkohole und Phenole

5 Darstellung von Phenolen Die meisten der vorstehend genannten Methoden zur Darstellung von Alkoholen sind zur Darstellung von Phenolen nicht geeignet. Hier geht man einen der im folgenden beschriebenen Wege.

5.1 Direkte Hydroxylierung Die einfachste Darstellung von Phenolen bestünde in der elektrophilen Substitution eines aromatischen Wasserstoffs durch ein Reagenz, welches H—O e -Ionen liefert. Dieses Reagenz ist Peroxytrifluoressigsäure. Allerdings gelingt die Hydroxylierung nur, wenn der Benzolring Substituenten trägt, die eine elektrophile Substitution fördern. Benzol selbst läßt sich auf diese Weise nicht hydroxylieren.

O H 70 Anisol

Peroxytrifluoressigsäure

30

o-Methoxyphenol

p-Methoxyphenol

5.2 Substitution eines bereits vorhandenen Restes durch die Hydroxylgruppe 5.2.1 Substitution der Sulfonsäuregruppe Man erhitzt das Natriumsalz der Arylsulfonsäure in einer Schmelze aus wasserfreiem Natriumhydroxid auf 300°. Unter diesen drastischen Bedingungen wird die —S0 3 NaGruppe durch die OH 8 -Gruppe substituiert, vermutlich nach dem Additions-Eliminierungsmechanismus (s.Kap.14, Abschn.4.2.1). OH

OeNa®

0=S=0

0=S=0

Benzolsulfonsäure

Natriumbenzolsulfonat

OeNa®

Natriumphenolat

Natriumsulfit

Darstellung von Phenolen

397

Das freie Phenol erhält man daraus durch Ansäuern, z. B. mit Kohlensäure. Weitere Beispiele: CH, NaOH

Toluol

p-Toluolsulfonsäure (daneben entsteht o - T o l u olsulfonsäure) SO,H

H2S04

NaOH

150-160° Naphthalin

>ff-Naphthalinsulfonsäure

5.2.2 Substitution v o n Chlor

(Kap.14, Abschn.4.2.1) OeNa®

Cl +

2 Na®OHe

Chlorbenzol

J

^

+

Na®CI®

+

H20

Natriumphenolat

Hier verwendet man keine NaOH-Schmelze, sondern konzentrierte Natronlauge. Zum Mechanismus siehe Aufgabe 2. 5.2.3 Substitution der Diazoniumgruppe (Kap. 22, Abschn. 4.5.1.1)

Man erhitzt eine wäßrige Lösung eines aromatischen Diazoniumsalzes auf60-100 °C. Die erforderlichen Diazoniumsalze erhält man aus Nitroaromaten. Beispiele: N® C l e

NH2 Fe/HCI_^

HN02/Ha

f

5

^ : !

OH H20.

Phenol

398

Alkohole und Phenole N02

NO, H ,2S

NO,

NO,

>• k

-N0 2

\iSs^OH

m-Nitrophenol

5.2.4 Substitution der Isopropylgruppe Isopropylbenzol, welches in einer Friedel-Crafts-Reaktion aus Propen und Benzol entsteht, reagiert mit Sauerstoff zu einem Peroxid. Dieses lagert sich in Gegenwart von Säuren um, wobei zwei begehrte Verbindungen, nämlich Phenol und Aceton, entstehen (Hocksche Phenolsynthese). +

H,C—CH=CH,

H3PO4



,

.0^0—H / H5C6—C—CH3

CHO

. *

H5C6—0 EL C—CH3

CHO

H5°6

°

H

0=(P—CH3 CH 3

,

*

5 6

+

H I .0—H

¿HO

T

HO—C—CH3 CH 3 instabil gemäß Erlenmeyer-Regel



^H^ *

H5 „ C - 0

;° 1

H2O—C—CH3 CH3

Reaktionen

399

5.3 Vergleich der Darstellungsmethoden von Phenolen Die Herstellung von Phenolen aus aromatischen Verbindungen und Peroxytrifluoressigsäure gelingt nur, wenn an den aromatischen Ring Substituenten gebunden sind, die elektrophile Substitutionen beschleunigen (Alkyl, -O—R). Allgemeiner ist dagegen die Gewinnung von Phenolen aus Arylsulfonsäuren durch Alkalischmelze oder aus aromatischen Diazoniumsalzen durch Erhitzen in Wasser. Die Umwandlung von Chlor-, ferner Isopropylbenzol in Phenol ist eine sehr spezielle Methode, die im übrigen auch großtechnisch durchgeführt wird. Aufgaben 1) Welche Strukturen besitzen folgende Verbindungen: m-Kresol, Hydrochinon, Pikrinsäure. 2) Ausgehend von Benzol sind folgende Phenole darzustellen.

3) Es sind die beiden Mechanismen anzugeben, nach denen die Umwandlung von Chlorbenzol in Phenol abläuft. 4) Wie wandelt man Chlorbenzol in Pikrinsäure um?

6 Reaktionen 6.1 Acidität und Basizität von Alkoholen und Phenolen Wasser ist bekanntlich eine Verbindung, die sowohl Protonen abgeben als auch aufnehmen kann. Das gleiche Verhalten zeigen Alkohole und Phenole. Abgabe eines Protons (:B bedeutet Protonenakzeptor): H—0—H R—0—H

+ +

:B :B

<


H—0: e

+

H—B®

>

e

+

H—B®

R—0:

Aufnahme eines Protons (H—X bedeutet Protonendonator): H U H—0—H + H—X < > H—0—H Xe R—0—H

+

H—X
• R—0—H

Xe

400

Alkohole und Phenole

Die Acidität der Alkohole äußert sich u.a. darin, daß diese - ähnlich wie Wasser - mit Alkalimetallen reagieren. Hierbei bilden sich Salze, die man Alkoholate oder Alkanolate nennt. Alkoholate sind die am häufigsten verwendeten Basen bei organisch-chemischen Reaktionen. C2H5—0—H

+

Na



Ethanol

C2H5—0:e

Na®

+

1/2 W f

Natriumethanolat

N o c h saurer sind Phenole. Sie reagieren bereits mit verdünnter Natronlauge zu sogenannten Phenolaten (das sind Salze der Phenole). he NaOH

+

Phenol

H,0

Natriumphenolat

Darum kann man Natronlauge zur Unterscheidung von Alkoholen und Phenolen heranziehen: Alkohole lösen sich darin nicht (es sei denn, sie sind in Wasser ohnehin löslich), während man bei Phenolen eine Auflösung unter Salzbildung beobachtet. Weshalb reagieren Phenole saurer als Alkohole? Die Antwort lautet: Sie sind stärkere Säuren, weil das Phenolat-Ion schwächer basisch als das Alkoholat-Ion ist. Die geringere Basizität des Phenolat-Ions beruht auf der Delokalisierung der negativen Ladung unter Einbeziehung der o- und p-Position des Benzolringes, ein Vorgang, der beim Alkoholat-Ion nicht möglich ist. H

H

I I - Q H—C—C—0:® I I H

H

Ethanolat-Ion. Die negative Ladung ist am Sauerstoff lokalisiert, deshalb stellt das Anion einen wirksamen Protonenakzeptor dar. 06-

Phenolat-Ion. Die negative Ladung ist delokalisiert, deshalb ist das Anion nur ein schwacher Protonenakzeptor.

Abschließend soll die Acidität der verschiedenen Alkohole und Phenole miteinander verglichen werden. Man beobachtet folgende Zunahme der Acidität. CH, I H,C—C—OH I CH3


"TÖ-

rO

-2H. +2H

C r /

\

R^

a)

+0

>

\ Aldehyd

X

+0

, -0a)

>



J

R—C'

\

OH Carbonsäure

(:c=o

R Keton

^OH

•A, tertiärer Alkohol

Alkan a)

OH

+2 H

sekundärer Alkohol

H

V

R

,0

-2H

Die Entfernung des Sauerstoffs gelingt nicht direkt, sondern nur auf Umwegen.

6.3.1.1

Reduktion

Die Reduktion eines Alkohols zu einem Alkan gelingt nicht direkt, sondern erst nach Umwandlung der Hydroxylgruppe in eine Sulfonsäureestergruppe. Die Sulfonsäureestergruppe ist nämlich im Gegensatz zur OH-Gruppe eine ausgezeichnete Austrittsgruppe und läßt sich durch die nucleophilen Hydrid-Ionen (in Li® A l H 4 e ) verdrängen. Schritt 1 : Herstellung des Esters 0 R—CH—OH

Alkohol

+

Cl—S

/

\ CH,

-HCl

R—CH,

40"

Ester der p-Toluolsulfonsäure

p-Toluolsulfonsäurechlorid

Schritt 2: Reduktion des Esters

le a II / H—AhdH + R—CH,—0—S—(\ i ^ — ^ II H 0 Li®

\ //"CH,

-[AIH3]

fl / \ • R—CH, + Li—O—S~(\ />-CH3 3 || \ _ J 0 Kohlenwasserstoff

Reaktionen

405

Aufgaben 1) Man nenne zwei Möglichkeiten, Cyclohexanol in Cyclohexan zu überführen. 2) Welche Verbindung entsteht bei der Reduktion von

mit LiAlD 4 ?

6.3.1.2 Oxidation Die Oxidation von primären und sekundären Alkoholen zu Aldehyden bzw. Ketonen gelingt mit Oxidationsmitteln wie K M n 0 4 , K 2 Cr 2 07,Cr03, M n 0 2 , A g 2 0 , A g 2 C 0 3 u.a. Mechanistisch verläuft sie nach folgendem Schema: H I R—C—OH I R

R

R I > H—C—0—X I



R—C=0 I R

+

H—X

X bedeutet eine Gruppe, welche bestrebt ist, die Elektronen in O—X gemäß O-0«C aufzunehmen. Häufig handelt es sich bei X um ein Metall in höherwertigem Zustand. Oxidation mit Kaliumbichromat. Die Oxidation von Alkoholen mit Kaliumbichromat verläuft nach folgender Gleichung: H3C

M

3

+ H3C

K2Cr207

+

4 H 2 S0 4

>

OH

Isopropylalkohol

Aceton Es werden 3 mol Alkohol zu 3 mol Aceton oxidiert (das entspricht 3 x 2 = 6 Oxidationsstufen), gleichzeitig wird ein mol K 2 C r 2 0 7 zu einem mol Cr 2 (S0 4 ) 3 reduziert (das entspricht ebenfalls 6 Oxidationsstufen). Die Reaktion verläuft über einen Chromsäureester, der zum Keton und zu einer Chrom-IV-Verbindung fragmentiert. H3C H—C—OH H3C

+

0 II H—0—Cr—OH II 0

I Ii H—C—0—Cr—OH I II H3C 0

+

H,0

406

Alkohole und Phenole

—• H 2 0: +

I

H

ril Cr—OH

V

H,0® +

ii

H3C

0

3C\

H r

3

/

,C=0

y1 :Cr—OH

e

+

ji

0

o H,0®

+

e

:Cr—OH > H,0 + H2Cr03 II O H 2 C r 0 3 ist nicht beständig, es wird durch Chromat zu Cr-V oxidiert, welches ebenso wie Cr-VI - Alkohol zu oxidieren vermag. Während die Oxidation sekundärer Alkohole auf der Stufe der Ketone stehen bleibt, wie am Beispiel des Isopropylalkohols gezeigt, werden primäre Alkohole z. T. zu Aldehyden, z. T. zu Carbonsäuren oxidiert. R-CH-OH

^

^

^

,

R-c(°

,

R-c(°

H primärer Alkohol

OH

Aldehyd

Carbonsäure

Wünscht man allein die Oxidation zum Aldehyd, so verwendet man als Oxidationsmittel einen Komplex aus Chromtrioxid und Pyridin, C r 0 3 -2C 5 H 5 N. O CH33—(CH22)55—CH,—OH 2

Cr0 3 - 2C5H5N > in CH,CL, 2 2' 25"

1-Heptanol

) —cf C H3 3 (CH 2 25 5 \

H

Heptanal

Aufgabe Ausgehend von Butenen sind folgende Verbindungen herzustellen: 0 H3C—CH2—CH2—C^ H

H 3C—C H 2—C—C H 3 O (a)

(b)

O H3C—CH2—CH2—C^ OH (c)

6.3.2 Austausch der Hydroxylgruppe gegen Halogen 6.3.2.1 M i t Hilfe von Halogenwasserstoff Alkohole reagieren mit HalogenwasserstofT zu Halogenalkanen. R—OH

+

H—X

*

R—X

+

H-OH

Reaktionen

407

Da Alkohole leicht zugänglich sind, kann man auf diese Weise bequem Halogenverbindungen herstellen. Auf die umgekehrte Reaktion, nämlich die Überführung von Halogenalkanen in Alkohole, ist bereits im Kap. 12, Abschn. 1 hingewiesen worden. Alkohole und Halogenverbindungen sind demnach gegenseitig umwandelbar. Die folgenden Beispiele sollen die Anwendungsbreite dieser Reaktion demonstrieren: CH3—CH2—CH2—CH2—CH2—OH 1 -Pentanol CH 33

HCI-Gas > CH3—CH2—CH2—CH2—CH2CI + H 2 0 ZnCI, 1 -Chlorpentan konz. Salzsäure

I

H3C—C—OH

I

CH 3

CH, H 3 C - C - -Cl

CH3 ie/i-Butylchlorid

iert-Butylalkohol OH H

Br H + H,0

HBr-Gas

Cyclohexanol

Cyclohexylbromid

Tertiäre Alkohole sind besonders reaktionsfähig und reagieren sogar mit einer wäßrigen Lösung von Halogenwasserstoff. Die Reaktion wird durch die Addition eines Protons an die OH-Gruppe eingeleitet. Hierbei geht die als Austrittsgruppe ungeeignete OH-Gruppe in die wirksame AusH "e trittsgruppe — O—H über. Letztere weicht einem nucleophilen Angriff des Halogenid-Ions, der entweder nach dem SN2- oder S N 1-Mechanismus erfolgt. H—X

R—O—H

R—O—H

+

H—X

X® + R-^-O—H

R—0—H

SN2

X—R

H,0

xe

-SMI

+

H20

R—X

Methanol und primäre Alkohole werden nach dem S N 2-Mechanismus substituiert, tertiäre Alkohole nach dem S N 1-Mechanismus. Die Substitution sekundärer Alkohole verläuft je nach den Reaktionsbedingungen (Lösungsmittel, Temperatur, Konzentration) nach dem einen oder anderen Mechanismus. Damit liegen die gleichen Reaktionsabläufe vor, die man auch bei der Substitution primärer, sekundärer und tertiärer Halogenalkane und anderer Verbindungen vom Typ R—X beobachtet (Kapitel „Substitution").

408

Alkohole und Phenole

Die Reaktion zwischen Alkohol und Halogenwasserstoff verläuft umso schneller, je höher die Ordnungszahl des Halogens ist. H—Cl




R^OT-S-Cfcl

• R—Cl

+

S0 2

Ester der hypothetischen Chlorsulfinsäure H—O—SO—Cl.

Aufgabe Ausgehend von 1-Brompropan ist 2-Brompentan herzustellen. 6.3.3 Dehydratisierung zu Alkenen Alkohole werden durch saure Katalysatoren wie Phosphorsäure, Oxalsäure etc. zu Alkenen dehydratisiert, wie das folgende Beispiel zeigt.

Reaktionen

409

Besonders leicht werden tertiäre Alkohole dehydratisiert. Man benutzt diese Reaktion zur Darstellung von Alkenen. Die erforderlichen Alkohole werden häufig mit Hilfe der Grignard-Reaktion gewonnen.

1 -Methylcyclohexen (Hauptprodukt)

Methylencyclohexan (Nebenprodukt)

Die Dehydratisierung eines Alkohols verläuft in 2 Schritten. Zunächst wird die OHGruppe protoniert, anschließend erfolgt Eliminierung, entweder nach dem E2-, wenn es sich um einen primären Alkohol handelt, oder nach dem El-Mechanismus, wenn der Alkohol tertiär ist. Sekundäre Alkohole werden auch hier entsprechend den Reaktionsbedingungen nach E2 oder El dehydratisiert. H

®

OH

I I

R — C — C H .2

R—C-3-CH

H

H

E2

H

H

R

H

+

H20

+

H—X

primärer Alkohol

H—X

tertiärer Alkohol H +

H—X

H Der Leser mag fragen, weshalb X e hier nicht substituierend wirkt (Bildung von R—X) sondern eliminierend (Bildung von Alken). Grundsätzlich ist beides möglich.

410

Alkohole und Phenole

Durch Auswahl bestimmter Säuren H—X und damit bestimmter Anionen X e kann man aber die Reaktion in die eine oder andere Richtung lenken. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Phosphorsäure (H 3 P0 4 ) und Oxalsäure (H0 2 C—C0 2 H) vorwiegend zu Eliminierungen führen. In manchen Fällen gelingt die protonenkatalysierte Dehydratisierung von Alkoholen nicht, weil der Katalysator unerwünschte Nebenreaktionen verursacht. Hier führt der Umweg über das Bromid, welches unter basischen Bedingungen zum Alken reagiert, zum Ziel. Beispiel:

In der Technik verwendet man zur Wassereliminierung auch Metalloxide als Katalysatoren. CH3—CH2—OH

Al203, 375° ^

C H 2 =CH 2

+

H20

6.3.4 Dehydratisierung zu Ethern Läßt man konzentrierte Schwefelsäure auf Alkohole einwirken, so bilden sich nicht nur Alkene (siehe vorstehender Abschnitt) sondern in bestimmten Fällen auch Ether, z.B.: h H3C—CH2—O—CH2—CH3 + H20

Ethanol Diethylether Die Wasserabspaltung erfolgt nicht innermolekular (wie bei der Alkenbildung) sondern /Hiermolekular, d.h. zwischen zwei Molekülen Alkohol. Ob Alken oder Ether entsteht, hängt vom Alkohol, ferner von den Reaktionsbedingungen ab. So wird Ethanol bei 180 °C zu Ethylen dehydratisiert, während bei tieferer Temperatur (125 °C) Etherbildung eintritt.

Reaktionen

H,S0

4

,

411

180°

Ethylen 2

H

C—CH

3

2

—OH

H

2

S0

4

,

125°

H3 C — C H2 — O — C H2 — C H3

+

H

2

0

Diethylether

Wie Ethanol lassen sich auch andere primäre Alkohole in Ether überführen. h

3

h3Cx

c / C H — C H

h

3

2

H 2 S

— O H

°

4

,CH, . C H — C H

>

2

— 0 — C H

2

— C H '

/

c

CH,

Isobutylalkohol

Diisobutylether

Sekundäre und tertiäre Alkohole sind hingegen zur Etherbildung wenig geeignet bzw. ungeeignet, da sie durch Säure leicht in die entsprechenden Alkene überführt werden (warum?). Die Etherbildung verläuft nach dem nebenstehenden Schema. Zunächst wird ein Alkoholmolekül protoniert. Danach erfolgt ein nucleophiler Angriffeines (unprotonierten) Alkoholmoleküls auf das protonierte Alkoholmolekül. Hierbei entsteht ein protoniertes Ethermolekül, das sein Proton an einen Protonenakzeptor der Lösung abgibt. |_| H

3

C — C H

2

— 0 — H



+ H® ^

H

3

C — C H

I ®

2

H H , C — C H , — Ö — H

H

3

+

H S |

H,C—CH-r^Ö—H

C — C H

2

— o — C H

2

— O — H

— C H

"

2

>

H , C — C H , — 0 — C H , — C H ,

+

H , 0

- H « a

H

Wie bei der Reaktion R — O H —• R—Hai (Abschn. 6.3.2.1) besteht auch hier der entscheidende Vorgang in der nucleophilen Substitution der protonierten OHGruppe. Aufgaben 1) Es ist folgender Reaktionsablauf zu erklären: H,C

I

H

H

OH

'

H 33 C — C| — C| — C H ,

( C H

(a)

3

)

2

C H — C H = C H

CH, I 2

+

( C H

(b)

3

)

2

C = C H — C H

3

+

C H

(c)

2

= C —

CH

2

—CH

3

412

Alkohole und Phenole

2) Bereits 1827 beobachtete Zeise, daß beim Erhitzen einer Lösung von PtCl 2 und KCl in Salzsäure/Ethanol das nach ihm benannte Salz K® [PtCl 3 C 2 H 4 ] e ausfällt. Man formuliere die Reaktionsgleichung. 3) Ausgehend von Ethylen ist folgender Ether herzustellen: Cl—C H 2—C H — O—C H 2—C H 2—Cl

6.3.5 Reaktion zwischen Alkoholen und Säuren: Ester Alkohole reagieren mit Säuren unter Wasserabspaltung zu Estern. R—0—H

+

Alkohol

R—0—H

+

H—Cl

R—Cl

Chlorwasserstoff (anorganische Säure)

Alkylchlorid (Ester)

0 II H—O—C—CH3

0 II R—O—C—CH3

Essigsäure (organische Säure)



+

H20

+

H20

Essigsäure-alkylester (Ester)

Ester stellen Verbindungen dar, die sich von Säuren dadurch ableiten, daß der acide Wasserstoff durch einen Alkyl- oder Arylrest ersetzt ist. Bei den Säuren handelt es sich um anorganische Säuren wie Halogenwasserstoff, Schwefelsäure, Phosphorsäure u.a. oder um organische Säuren wie Ameisensäure, Essigsäure usw. Die folgende Tabelle enthält einige typische Säuren und davon sich ableitende Ester. Der Mechanismus der Esterbildung hängt von der reagierenden Säure ab. Den Reaktionsablauf mit Halogenwasserstoff haben wir bereits kennengelernt, den mit Carbonsäuren werden wir später im Kapitel „Carbonsäuren" diskutieren.

Aufgabe Welche der folgenden Verbindungen ist ein Ester? CH3 I h3c—p=o I ch3

0—CH, I H3C—o—P=O I o—ch3

(1)

(2)

(3)

Reaktionen Tabelle

413

Säure, Alkohol und der daraus entstehende Ester

Säure

Alkohol oder Phenol

Ester

H—Br

H3C—OH

H3C—Br Methylbromid

H—0— N 0 2

H3C—CH2—OH

H 3 C—CH 2 —0—N0 2 Salpetersäure-ethylester

0 II H—0—S—OH II II 0

H3C—OH

0 II H 3 C—o—s—OH II II 0 Schwefelsäure-monomethylester 0 Y H,C—0—S—0—CH, II II 0 Schwefelsäure-dimethylester

0 II H—0—P—OH |

0 H3C—OH

OH

H 3 C—0—P—OH OH Phosphorsäure-monomethylester 0 H 3 C—0—P—0—CH 3 OH Phosphorsäure-dimethylester 0 II H 3 C—o—P—OCH 3 OCH 3 Phosphorsäure-trimethylester

0 II H—0—C—CH 3

CH 3 1 H—C—OH

|

CH 3

CH 3 0 1 II H—C—0—C—CH, 1 CH 3 Essigsäure-isopropylester

0 0 II IIIL II HO^C—C—OH

C6H5-OH

0 0 II II C 6 H 5 —o—c—C—0—C 6 H 5 Oxalsäure-diphenylester

414

Alkohole und Phenole

6.4 Reaktionen von Phenolen Die Reaktionen von Alkoholen lassen sich teilweise auch auf Phenole übertragen. So kann man Phenole mit Carbonsäuren verestern und mit bestimmten Säurehalogeniden in Arylhalogenide überführen. Die zuletzt genannte Reaktion bedarf aber einer höheren Reaktionstemperatur, da die Spaltung einer /Iz-yZ-O-Bindung langsamer als die einer ^/fcj/-0-Bindung erfolgt: CH 3

I

H3C—C—CH2—OH

+ (H5C6)3PBr2

50°

CH3

I

H3C—C—CH2—Br

CH 3

CH 3

Neopentylalkohol

Neopentylbromid OH +

(H5C6)3PBr2

oon®

2-Naphthol

r^

yf

+ HBr +

(H5C6)3P=0

+ HBr +

(H5C6)3P=0

2-Bromnaphthalin

Andererseits kann man die säurekatalysierte Wasserabspaltung aus Alkoholen, bei der Alkene entstehen, auf Phenole nicht übertragen. Im folgenden sind einige typische Phenolreaktionen beschrieben.

6.4.1 Oxidation Phenole mit nur einer OH-Gruppe werden zunächst zu Phenoxyl-Radikalen oxidiert. Diese Radikale sind in bestimmten Fällen beständig, z.B.: OH

:Ö:

phenol

:0:

(2 mesomere Grenzformen von 4 möglichen gezeigt); beständig

Die Stabilität des vorstehenden Radikals beruht darauf, daß die sperrigen tert-Butylgruppen die reaktiven o- und p-Positionen sterisch abschirmen. Fehlt diese Abschirmung wie im Phenoxyl-Radikal selbst, so erfolgt Weiterreaktion unter Bildung dimerer und polymerer Verbindungen.

o

Phenoxyl-Radikal; unbeständig

Reaktionen

415

Phenole mit zwei OH-Gruppen werden zu Chinonen oxidiert, sofern die beiden OHGruppen ortho- oder para-ständig zueinander angeordnet sind.

cx

OH + 2 Ag + H 2 0

+ Ag20

1,2-Dihydroxybenzol (Brenzcatechin)

+ Na2Cr207 + 4 H 2 S 0 4

1,4-Dihydroxybenzol (Hydrochinon)

o-Benzochinon

• 3 |

+ Cr2(S04)3 + Na2S04 + 7 H 2 0

p-Benzochinon

Dagegen läßt sich 1,3-Dihydroxybenzol (Resorcin) auf ähnliche Weise nicht oxidieren. Der Leser überzeuge sich, daß eine derartige Oxidation (Resorcin minus 2 H) kein plausibel erscheinendes Molekül liefern kann.

6.4.2 Phenole als Radikalfänger Reaktionen, die über Radikale verlaufen, werden durch Zugabe eines Radikalfangers gestoppt. Zu geeigneten Radikalfangern gehören u. a. Phenole. Sie geben an Radikale Wasserstoff ab und verursachen dadurch den Kettenabbruch. H

Zwar entsteht bei dieser Reaktion ein neues Radikal, dieses ist aber wegen Resonanzstabilisierung sehr reaktionsträge und somit nicht imstande, neue Radikale zu erzeugen. Radikalfanger werden u. a. zur Fettkonservierung herangezogen. Das Ranzigwerden von Fett beruht entweder auf Hydrolyse der Esterbindung oder auf Autoxidation bei solchen Fetten, die ungesättigte Fettsäureester, z.B. Ölsäure-ester, enthalten.

416

Alkohole und Phenole

I H3C—(CH2)6— C—CH=CH—(CH2)7— C ^ H

Luft:

0-R

Ölsäure-ester

•— C — C H = C H I O—O—H partiell oxidierter Ölsäure-ester (Strukturformel nur teilweise wiedergegeben)

Zur Verhinderung dieser Oxidation setzt man Fetten geeignete Antioxidantien zu, wie 7. B.:

CH,

CH, 2,6-Di(fert-butyl)p-kresol

Tocopherol (Vitamin E), ein natürlich vorkommendes Antioxidans

Aufgabe Tocopherol ist als Antioxidans weniger wirksam als 2,6-Di(ier/-butyl)/)-kresol. Warum?

6.4.3 Substitution an Phenolen und Phenolaten Im Kapitel „Aromatische Verbindungen" wurde gezeigt, daß die Hydroxylgruppe den Benzolring gegenüber elektrophilen Reagenzien stark aktiviert. So reagiert Phenol mit Brom in Wasser unter Aufnahme von drei Bromatomen, ohne daß ein Katalysator zugegen ist. OH

OH + 3 Br2

Phenol

>

B r ^ ^ j / B r II

V

+ 3 HBr

Br 2,4,6-Tribromphenol

Im Phenolat-Ion ist diese Reaktivität noch ausgeprägter, da der Substituent —O den Benzolring durch den + M- und + I-Effekt aktiviert. OH

Substituent besitzt + M-Effekt und-I-Effekt.

101®

Substituent besitzt + M-Effekt und + I-Effekt.

e

Reaktionen

417

Es reagieren jetzt bereits so schwach elektrophile Reagenzien wie Kohlendioxid.

OH

0'

Enolisierung Hauptprodukt 0

I

Natriumsalz der o-Hydroxybenzoesäure (Salicylsäure)

Na®

1+

OSII C«+

1 2 5 °C

06-

2

CIH,C—CH=CH2

2

Polyhydroxyverbindungen

| + C-CH 3 H—C—OH I I 0 R' H

langsam

R H—r-n H—c=o

?I 0 c SEUF ff „ H— "TOV .0—C—CH, + : Pb(—O—C—CH3)2 < S c h n e " " U ^ b '

I

H—C+O

R

0—C—CH 3

I R'

II 0

Aufgaben 1) Welche der folgenden Verbindungen sind instabil? H3C—C—CH3

F3C—C—CF,

i,

¿H

V

1

0

(a)

(b)

(c)

2) Man gebe zwei voneinander unabhängige Verfahren zur C=C-Spaltung gemäß folgender Gleichung an: H3C—CH2—CH=CH—CH2—CH2



2 H3C—CH2— C.

\

Kapitel 17 Ether 1 Übersicht Unter Ethern versteht man Verbindungen mit der Konstitution R—O—R. Man unterscheidet zwischen offenkettigen und cyclischen Ethern. H,C—0—CH,

H , C ~ 0 ~ /

N

0 0'

offenkettige Ether

cyclische Ether

Zur Benennung eines offenkettigen Ethers setzt man entweder die Namen der Alkylbzw. Arylreste in alphabetischer Reihenfolge vor die Bezeichnung -ether\ H3C—CH2—O—CH2—CH3

H3C—O—CH^ CH3

Diethylether

lsopropyl(methyl)ether

oder aber man schreibt die Vorsilbe Aryloxy- oder Alkoxy- vor den Namen der Stamm-Verbindung.

2- Ethoxycyclohexanol

Der Name eines cyclischen Ethers setzt sich aus der Vorsilbe Ox- (aus Oxygenium) und einer Nachsilbe zusammen, die von der Ringgröße abhängt (Tabelle). Die einfachsten offenkettigen und cyclischen Ether sind in der nebenstehenden Tabelle aufgeführt.

424

Ether

Tabelle

Ether

Konstitution

Name

Siedepunkt in °C

H3C—0—CH3

Dimethylether

-25

HoC—0—CH2—CH,

Ethylmethylether

- 8

Diethylether

34,5

Dipropylether

91

Diisopropylether

69

H3C—C H2—C H2 — 0 — 0 H2—C H2 h

3

. c. h

C

3

X H — o—CH:

\ CH

CH3

S

H3C—(CH2)3—0—(CH2)3—CH3

Dibutylether

142

Methylphenylether (Anisol)

154

Diphenylether

259

Oxiran (Ethylenoxid)

11

Oxetan (Trimethylenoxid)

50

Oxolan (Tetrahydrofuran)

65,5

Oxan (Tetrahydropyran)

88

Dioxan

101

Darstellung

425

2 Physikalische Eigenschaften Ether sieden wegen der polaren C—O-Bindung höher als Kohlenwasserstoffe mit vergleichbarem Molekulargewicht. Die niedermolekularen Vertreter lösen sich ähnlich wie die niedermolekularen Alkohole teilweise in Wasser. Dafür sind in beiden Fällen Wasserstoffbrücken verantwortlich.

3 Verwendung Ether, insbesondere Diethylether und Tetrahydrofuran, werden häufig als Lösungsmittel für chemische Reaktionen verwendet, da sie organische Verbindungen gut lösen und zudem verhältnismäßig reaktionsträge sind. Epoxide (Oxirane) dienen als Monomere zur Herstellung polymerer Verbindungen.

4 Darstellung 4.1 Ethersynthese nach dem Schwefelsäureverfahren (Kap. 16, Abschn. 6.3.4)

Beispiele: H3C

H3C , C H — CH2—OH

H3C/ 2CL—CH2—CH2—0H

> H

'SO


HO—CH2—C=C—CH2—OH 2-Butin-1,4-diol

>

HO—(CH2)4—OH 1,4-Butandiol

100

° >/

\+

H20

0

Zunächst addiert sich das Acetylid-Ion (gebildet aus Acetylen und dem basischen Katalysator) an das Formaldehydmolekül, näheres s. Kap. 18, Abschn. 6.2.4.2. Es entsteht 2-Butin-l,4-diol, welches zum 1,4-Butandiol hydriert wird. Letzteres spaltet beim Erhitzen ein mol Wasser unter Bildung von Tetrahydrofuran ab. Die Etherbildung erfolgt hier ohne Schwefelsäure, da es sich um einen innermolekularen Vorgang handelt, der zudem zu einem spannungsarmen Fünfring führt. Aufgaben 1) Man gebe je ein Beispiel für einen (a) aliphatischen, (b) aromatischen, (c) symmetrischen, (d) unsymmetrischen, (e) offenkettigen und (f) cyclischen Ether an. 2) Folgende Verbindungen sollen dargestellt werden: (a) Isobutyl(phenyl)ether, (b) Isobutyl(isopropyl)ether, (c) Bis(2-bromethyl)ether und (d) Methyl(ß-naphthyl)ether.

428

Ether

5 Reaktionen Ether sind gegenüber Basen (NaOH, NaOR) beständig und auch sonst nicht besonders reaktionsfähig. Zu den wenigen Reaktionen gehört die Substitution des a-Wasserstoffs (die anderen Wasserstoffatome lassen sich nicht substituieren) und die Komplexbildung zwischen dem Ethersauerstoff und Lewis-Säuren. Substitution

-Komplexbildung

H H H / H H H I I I ./ I I I R—C—C—C—0—C—C—C—R I I I I I I H H H H H H Ether 5.1 Reaktion mit Sauerstoff (Autoxidation) Bereits im Kap. 2, Abschn. 8.3.1 wurde die Autoxidation reaktiver C—H-Bindungen, wozu auch die a-C—H-Bindung von Ethern gehört, behandelt. Bei der Einwirkung von Sauerstoff auf Ether wird der a-Wasserstoff durch die Hydroperoxygruppe H—O—O— ersetzt. Das hierbei entstehende Hydroperoxid reagiert nach einem komplizierten Mechanismus zum polymeren, äußerst explosiven Etherperoxid.

HoC—C H o 0—C H 2—C H g

H 3C—C H —0—C H 2—C H 3 00H

->

Etherperoxid, explosiv

Hydroperoxid, explosiv Diese Reaktionen treten bereits mit Ethern ein, die sich in ungenügend geschlossenen Gefäßen befinden. Beim Eindampfen werden die Etherperoxide konzentriert, wobei Explosionen eintreten können. Peroxide in Ethern lassen sich durch Reduktion mit wäßrigen Lösungen von Eisen(II)- oder Titan(III)salzen zerstören. Aufgabe Unter allen Ethern bildet Diisopropylether besonders leicht Peroxide (von denen bekanntlich große Gefahr ausgehen kann). Erkläre. 5.2 Bildung von Oxoniumsalzen Die freien Elektronenpaare am Sauerstoff im Ethermolekül befähigen Ether zur Komplexbildung mit Lewis-Säuren. Dabei bilden sich Verbindungen mit 3-bindigem Sauerstoff, die man Oxoniumverbindungen nennt.

Reaktionen

429

Beispiele: F—B—F I

H3C—CH2—O—CH2—CH3 ®

Ether-Bortrifluorid-Komplex H3C

H3C

YCH3 Ö — C H ^

H,C

+

H

CH3 CLE • ( H C I ) N

^CH— 0—CH^

(N + 1 ) H — C L

CH,

H3C

CH3

Diisopropyloxoniumsalz

H 3 C^

H3C

CH3

CH

/ ~

ö—

C—H

HOG. \

CH

/

CHI

Xß ^CH—0—CH^

CH3 BFI CH,

BF? Triisopropyloxoniumtetrafluoroborat

Die Fähigkeit des Ethersauerstoffs, mit Säure zu reagieren, nutzt man zur Unterscheidung zwischen Ethern und Alkanen aus. So löst sich Diethylether in konzentrierter Schwefelsäure, während das im Molekulargewicht ähnliche Pentan darin unlöslich ist. H5C2—0—C2H5

+

H2S04

H5C2—Ö—C2H5

(konz.)

H

HS04S

Diethyloxoniumbisulfat, löslich in konz. Schwefelsäure H3C—CH2—CH2

CH2

CH3

+

H2S04

keine Reaktionen

(konz.)

5.3

Etherspaltung

Halogenwasserstoffsäuren spalten die C—O-Bindung in Ethern, wenn auch erst unter drastischen Bedingungen (130°; mehrere Stunden). Die Produkte sind verschieden, je nachdem ob es sich um aliphatische oder aromatisch-aliphatische Ether handelt. Aromatisch-aliphatische Ether ergeben ein Phenol und Halogenalkan. In Analogie "CH,

Anisol

+

H—I ^ konz. wässr. lodwasserstoffsäure

Q

F

Phenol

+

H3C-I

430

Ether

dazu sollten aliphatische Ether zu einem Alkohol und einem Halogenalkan führen. Da sich der Alkohol aber unter den Reaktionsbedingungen in ein Halogenalkan umwandelt (s. Kap. 16, Abschn. 6.3.2.1), erhält man nur Halogenalkan, insgesamt zwei mol. H3C

^C H—C H 2—O—C H 2—C H 3 H 3

\:H—CH 2 —I H,cr

+

H3C—CH2— I

+

H20

Die Reaktion wird durch Protonierung des Ethersauerstoffs eingeleitet. Es schließt sich eine nucleophile Substitution an, bei welcher das Halogenid an die Stelle des Sauerstoffs tritt. Die Substitution erfolgt entweder nach dem S^-Mechanismus, wenn das an den Sauerstoff gebundene C-Atom leicht ein Carbenium-Ion bildet (z. B. bei /eri-Butylethern), andernfalls nach dem S N 2-Mechanismus.

R—0—R'

+

H—I

Protonierunga

>

H R

ie

H

^ X i r >

SN2-Subst. >

H R—0^-R'

H L R—O—R

R—0:

+

R'—I

+

®R'

H I

s

SN1-Subst. >

R—0:

+



R'—I Voraussetzung für die Etherspaltung ist eine vorangegangene Protonierung des Sauerstoffs. Natriumiodid spaltet Ether nicht!

le H3C—CH2—0—CH2—CH3 \ Na® I®

I // > keine Spaltung H

Man kann diesen Sachverhalt auch anders ausdrücken: Nur die Gruppe —O®—R ist als Abgangsgruppe geeignet, nicht die Gruppe —O—R.

Epoxide

431

Aufgaben 1) Welcher Ether wird durch Erhitzen mit HBr in 1,4-Dibrombutan überführt? 2) Die Spaltung eines Ethers mit Bromwasserstoff liefert Isobutylbromid und Phenol. Um welchen Ether handelt es sich? Tritt eine SN1- oder eine S N 2-Reaktion ein?

6 Epoxide Unter Epoxiden versteht man cyclische Ether, deren Ring aus 2 Kohlenstoffatomen und einem Sauerstoffatom besteht. Epoxide stellen (ähnlich wie Cyclopropane) gespannte Moleküle und damit besonders reaktive Moleküle dar. Eine von den übrigen Ethern getrennte Behandlung erscheint deshalb sinnvoll. Zur Benennung substituierter Epoxide geht man vom Oxiranring oder vom entsprechenden Kohlenwasserstoff als Grundgerüst aus. Bei der zuletzt genannten Benennungsweise setzt man die Vorsilbe Epoxy- vor den Kohlenwasserstoff und gibt mit Zahlen die C-Atome an, an die der Sauerstoff gebunden ist. H3C^2

1 CIH,C\2

i

cr

1,2-Epoxypropan

6.1

o

N

o

1-Chlor-2,3-epoxypropan

1,2-Epoxycyclohexan

Darstellung

6.1.1 Aus Alkenen und Peroxycarbonsäuren (Kap. 3, Abschn. 5.6.4)

Beispiele: H3C

CH3

c=c{ H

O +

H3C

H3C—C—O—0—H H

H

(Z)-2-Buten

Peroxyessigsäure

CH 3 „C—C.

"

V

c/'s-2,3-Epoxybutan

Cl Cyclohexen

m-Chlorperoxybenzoesäure

^

Cl 1,2-Epoxycyclohexan

m-Chlorbenzoesäure

432

Ether

6.1.2 Aus a,ß-ungesättigten Carbonylverbindungen und Wasserstoffperoxid (Kap.19, Abschn. 2.2.3) CC-Doppelbindungen, die in Konjugation zu einer Carbonylgruppe stehen, werden durch Peroxycarbonsäuren nur schwer angegriffen. Hier gelingt die Epoxidierung mit alkalischem Wasserstoffperoxid. Beispiel: ,0 // H2C=CH—C \H

+

H202

DU® — (p„ = 8)

H2Cr \

0

o /P >CH—C, / \H

+

H20

2,3- Epoxypropanal

6.1.3 Aus 2-Halogenalkoholen und Basen Alkohole mit einem Halogenatom oder einer anderen geeigneten Austrittsgruppe in 2-Stellung werden durch Basen in Epoxide überführt. 1H C—CH 2 ¿I

+

NaOH

> H2C

CH2

+

NaCI

+

H20

Hierbei wird der Halogenwasserstoff nicht wie üblich von benachbarten Atomen abgespalten, sondern von Atomen, die 1,3-ständig zueinander angeordnet sind. Wie verläuft die 1,3-Eliminierung von Halogen Wasserstoff? Im ersten Schritt bildet sich aus dem Alkohol die konjugate Base, das Alkoholat-Ion. Dieser Schritt verläuft schnell, da das alkoholische Proton ähnlich wie das Proton im Wassermolekül eine große Beweglichkeit besitzt. Im zweiten, langsamen Schritt verdrängt das AlkoholatIon das eigene Halogen. Dabei erfolgt der Angriff des negativ geladenen Sauerstoffatoms stets von der Seite, welche der Kohlenstoff-Halogenbindung abgewandt ist (wie bei einer SN2-Substitution). Man kann diese Epoxidbildung als eine Ethersynthese nach Williamson auffassen, die innermolekular verläuft, da das reagierende Molekül sowohl das erforderliche Alkoholat-Ion als auch die Austrittsgruppe (Halogen) enthält. OH 0® Na® schne (kl) H2C—¿H2 + NaOH " > H2C—¿H2 + H20 | schnell (k2) | Cl Cl 0® Na®

4,

langsam (k3

o H2C

CH,

+

NaCI

Epoxide

433

Der Wert dieser Darstellungsmethode besteht u. a. darin, daß die erforderlichen 2Halogenalkohole aus Alken und unterhalogeniger Säure leicht zugänglich sind.

ex

•OH

Br—OH

KOH "H 1,2- Epoxycyclohexan

—Br

Br—OH.

NaOH 1,2-Epoxyindan

Aufgabe Man gebe das Geschwindigkeitsgesetz an, nach welchem sich Ethylenoxid aus 2Chlorethanol und Natronlauge bildet.

6.1.4 Technische Herstellung einiger Epoxide Ethylenoxid. Aus Ethylen und Luft in Gegenwart von fein verteiltem Silber. H,C=CH,

+

O,

Ag 250°

H2C

CH2

Ethylenoxid

Propylenoxid. Die Oxidation mit Luft liefert neben dem erwarteten Epoxid noch weitere Verbindungen. Deshalb geht man hier den Weg über den entsprechenden Chloralkohol. Cl I H,C—CH=CH2 + HO—Cl H,C—CH—CHo I OH Cl I H,C—CHCH2 + NaCI + H,0 H3C—CH—CH2 + NaOH I 3 2 2 OH X 0 X Propylenoxid

6.2 Reaktionen 6.2.1 Addition von H—X Ein Oxiranring ist sehr gespannt und läßt sich deshalb leicht öffnen. Die Ringöffnung erfolgt durch eine Vielzahl von Verbindungen vom Typ H — X . Hierbei entstehen ßsubstituierte Alkohole.

434 Ether /

O \

— H

OH I

2

C — C H

I

2

X

/?-substituierter Alkohol

Die Palette der Moleküle vom Typ H—X erstreckt sich von den starken Säuren H—Cl, H—Br und H—I über die schwachen Säuren H—OH, H—OR bis hin zu den sehr schwach sauren (aber stark basischen) Aminen. OH H—Br

>

I

H OC

CHO

i

Br 2-Bromethanol

OH H 2C

CH2

H—OH/H® >

I

H-»C—C H 2

i

OH 1,2-Ethandiol (Ethylenglykol)

OH NH3

>

I

H OO

i

0 H9

NH2 2-Aminoethanol

Technisch wichtig ist die Addition von Wasser an Ethylenoxid, bei der Ethylenglykol entsteht. Ethylenglykol wird u.a. in großer Menge als Antifrostschutzmittel bei wassergekühlten Automobilen verwendet. Wie verläuft die Öffnung des Oxiranringes? Bei der Addition starker Säuren wird zunächst der Sauerstoff des Oxirans protoniert. Anschließend erfolgt nucleophile Substitution durch die konjugate Base der Säure. H

Co® H PC

C HN

H—Br

3=

H2C

?

CH,

H

H2C—CH2 Br

Br

Schwache Säuren werden nach dem gleichen Mechanismus addiert. Die Geschwindigkeit der Ringöffnung ist allerdings klein, da hier nur wenige Oxiranmoleküle protoniert sind. Zur Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit setzt man deshalb als

Epoxide

435

Katalysator eine starke Säure zu (Erhöhung der Konzentration an protonierten Oxiranen). H

Ö / \

H2C-

CH2


H2C~

\ -CH2

H

• 0•

A

+

H2C

-CH,

-».

:0H I H2C-CH2

-H®

I

OH I H2C-CH2

I

H—0—H

HO

ffl

Ethylenglykol Amine, obwohl noch weniger sauer, bedürfen keiner Katalyse, da sie so nucleophil sind, daß selbst unprotonierte Oxiranringe geöffnet werden.

. ®/n N—C2H5 ^H Ethylamin

1,2- Epoxycyclohexan

-Cr

OH

I HfC2 f/-a/?s-2-Ethylaminocyclohexanol

Der Angriff des Nucleophils auf den Oxiranring (gleichgültig, ob dieser protoniert ist oder nicht) verläuft stets von der Seite, die der C—O-Bindung abgewandt ist. Deshalb erhält man nur irans-Produkte wie die Bildung von trans-2- Ethylaminocyclohexanol zeigt.

6.2.2 Polymerisation Ethylenoxid und andere Epoxide werden durch saure oder basische Katalysatoren zu langen Ketten polymerisiert. C H 2—C H 2—O—C H 2—C H 2—0—C H 2—C H 2 —0 Polyethylenoxid (Teilstruktur) Polymerisation durch Basen: R—OE

R — 0 — C H2 — C H2 — 0

+

p b

E ^ T H

R—0^—C H 2—C H 2—0—C H 2—C H 2 —0 e usw.

436

Ether

Polymerisation durch Protonen:

H - Ö - C H

2

- C H

2

+ ö ^

-»•

H-0-CH

- 0 ^ ] ^ J J ) ( ]



H-Ö-CH

2

2

-CH

-CH

2

2

-Ö^j

-Ö-CH

2

-CH

2

-ÖC]

USW.

Polyethylenoxid besitzt eine für organische Polymere bemerkenswerte Eigenschaft: Es ist wasserlöslich. Die Wasserlöslichkeit beruht auf der Bildung von Wasserstoffbrücken zwischen Sauerstoffatomen der Kette und Wasser.

/H

0 1 H i

O I

/H

H j

C H2 — C H2 — O — C H2 — C H2 — 0 — C H2 — C H2 — O — Polyethylenoxid: löslich in Wasser

— C H2 — C H2 — C H 2 — C H2 Polyethylen: unlöslich in Wasser

Aufgabe Es sollen zwei Wege für die Darstellung von 2-Bromcyclopentanol aus Cyclopenten angegeben werden.

7 Mehrstufensynthese: cis-Benzoltrioxid ds-Benzoltrioxid besitzt folgende Struktur:

c/s-Benzoltrioxid

Die Verbindung enthält drei Epoxidringe und läßt deshalb hohe Reaktivität erwarten. Ihre Darstellung erschien deshalb lohnend, sie gelang E.Vogel und H.Prinzbach erst kürzlich. Die einfachste Darstellung bestünde in der Epoxidierung von Benzol. Diese gelingt aber nicht, da Benzol Additionsreaktionen nur schwer zugänglich ist. Aber selbst wenn diese Addition eintreten sollte, würde man wahrscheinlich nur ein Gemisch der beiden möglichen Isomeren erhalten. Die Synthese geht dennoch von Benzol aus, das durch Birch-Reduktion aber erst in 1,4-Dihydrobenzol überführt wird. Wir erinnern

Mehrstufensynthese: cis-Benzoltrioxid

437

uns: Unter radikalischen Bedingungen treten Additionsreaktionen an Benzol ein, Kap. 9, Abschn. 7. Die weiteren Reaktionen sind in nebenstehendem Schema, versehen mit Anmerkungen aufgeführt.

Li

+

C2H5—OH

Birch-Reduktion

1,4-Dihydrobenzol

1,2-Epoxy-4-cyclohexen NBS/CCI 4

Allylbromierung durch /V-Bromsuccinimid (NBS)

Die gleichzeitig entstehenden t,c- und c,c-lsomeren werden durch fraktionierte Kristallisation abgetrennt.

3t,6t-Dibrom-/--1,2-epoxy-4-cyclohexen KMn0 4 , Ethanolw Wasser

c/'s-Hydroxylierung. Die sperrigen Bromatome verhindern den Angriff des K M n 0 4 auf ihrer Seite.

Br HO HO Br 3t, 6t-Dibrom- 4c, 5c- dihydroxy-/ - -1,2-epoxi cyclohexan

438

Ether

KOH

Angriff des Alkoholat-Ions von der der C—Br-Bindung abgewandten Seite führt ausschließlich zu:

eis-Benzoltrioxid Schmp. 242° C

Aufgabe Wie stellt man iraws-Benzoltrioxid her?

o-

Kapitel 1 8 A l d e h y d e und Ketone 1 Definition und Übersicht

o

Unter Aldehyden versteht man Verbindungen der Konstitution R—C—H.Man unterscheidet zwischen aliphatischen Aldehyden (R gleich H oder Alkyl) und aromatischen Aldehyden (R gleich Aryl). Die einfachsten aliphatischen und aromatischen Aldehyde besitzen die nebenstehende Konstitution. O

o

O H—C

"H

H3C—C

'H

H

Formaldehyd (aliphatischer Aldehyd)

Acetaldehyd (aliphatischer Aldehyd)

Benzaldehyd (aromatischer Aldehyd)

O Ketone besitzen die Konstitution R—C—R. Auch hier unterscheidet man zwischen aliphatischen Ketonen (R gleich Alkyl) und aromatischen (R gleich Aryl). Die einfachsten Ketone haben folgende Konstitution: O "CH,

CH,

Aceton (aliphatisches Keton)

Benzophenon (aromatisches Keton)

Acetophenon (aliphatischaromatisches Keton)

Die nebenstehenden Tabellen enthalten die Anfangsglieder der Aldehyde bzw. Ketone.

440

Aldehyde und Ketone

Tabelle

Aldehyde

Konstitution

H-c(

Name (in Klammern Trivialname)

Siedepunkt in °C

Löslichkeit in g pro 100 g Wasser

Methanal (Formaldehyd)

-21

oo

Ethanal (Acetaldehyd)

20

00

Propanal (Propionaldehyd)

49

16

Butanal (n-Butyraldehyd)

70

7

Isobutanal (Isobutyraldehyd)

61

*)

Propenal (Acrolein)

52,5

*)

H 0 H,C—Q.{ \

H

H 3 C — C H 2—C. H

H3C—C H2—C H2

C H

H3C

0 CH-C(

H3C

H

H2C=CH—c^ H

H3C—CH=CH—

\

2-Butenal (Crotonaldehyd)

104

Benzaldehyd

178

0,3

o-Hydroxybenzaldehyd (Salicylaldehyd)

197

1,7

*)

H

0

QA" 0 1

OC™ * wenig löslich

Nomenklatur Tabelle

441

Ketone

Konstitution

Siedepunkt in °C

Löslichkeit in g pro 1 0 0 g Wasser

2-Propanon (Aceton)

56

00

2 - B u t a n o n oder Ethylmethylketon

80

26

3 - P e n t a n o n oder Diethylketon

101

5

3 - B u t e n - 2 - o n oder Methylvinylketon

3 2 / 6 0 Torr

Name (in Klammern Trivialname) h3c H3c h3c

H 3O—H2C H 0 0 — C H •>.

\ ^c=o

H 3O—0 H 2 h

2

c=ch \ ; = o h3c

0\

Cyclohexanon

157

Acetophenon

202

Benzophenon

306

«! 0 II

0

C/TD * wenig löslich

2 Nomenklatur Zur Benennung von yl/dehyden fügt man die Endung -al an den Namen des Kohlenwasserstoffs, der die gleiche Anzahl von C-Atomen besitzt. Daneben verwendet man für die Gruppe — C—H die Bezeichnung -carbaldehyd. O

Zur Bezeichnung von Ketonen setzt man entweder die Endung -on an den betreffenden Kohlenwasserstoff oder man schreibt die Namen der beiden Alkylreste vor die Bezeichnung -keton.

442

Aldehyde und Ketone 0 H,C

0Ho CHo

0 H 2 C,

Pentanal

cx:

Cyclohexancarbaldehyd

0 3II 2

1

H oC—C H2—C—C Ho C H Cyclohexylmethylketon

3-Pentanon oder Diethylketon

Daneben werden Trivialnamen verwendet, insbesondere für die Anfangsglieder. Diese sind zusammen mit den exakten Bezeichnungen in den vorstehenden Tabellen aufgeführt. Aufgaben 1) Welche Konstitutionen besitzen Isohexanal, Butylisopropylketon und 3-Vinyl-2heptenal? 2) Welchen Namen trägt die Verbindung folgender Konstitution? 0 H,C CH 3

3 Physikalische Eigenschaften 3.1 Struktur und Bindung Struktur und Bindung einer Carbonylverbindung ähneln denen eines Alkens. In beiden Fällen sind die Liganden näherungsweise trigonal um dasjenige Kohlenstoffatom angeordnet, von dem die Doppelbindung ausgeht.

Formaldehyd

Ethylen

Abbildung Die Liganden H, H und 0 (bzw. = C H 2 ) sind näherungsweise trigonal um das C - A t o m angeordnet.

Die Doppelbindung besteht in beiden Fällen aus einer cr-Bindung und einer it-Bindung. Im Falle der Carbonylgruppe wird die 71-Bindung aus je einem p-Orbital des

Physikalische Eigenschaften

443

Kohlenstoffs und Sauerstoffs und im Falle des Alkens aus je einem p-Orbitalen der beiden Kohlenstoff-Atome gebildet. Die u-Bindung liegt zusammen mit den anderen (7-Bindungen in der Ebene, die rc-Bindung steht senkrecht dazu. Einzelheiten zur Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung, auf die hier Bezug genommen wurde, findet der Leser im Kap. 1, Abschn. 5.1.2.1.

Trotz dieser strukturellen Parallelität besteht ein wesentlicher Unterschied in der Polarität der beiden Doppelbindungen. Die C=0-Bindung ist polar, die C = C Bindung ist unpolar. Ursache der Polarität der C=0-Bindung ist die gegenüber Kohlenstoff größere Elektronegativität des Sauerstoffs (siehe Tabelle in Kap. 1, Abschn. 7). \

Addition R

O II

R—C—CH—R

I Cl

+

HCl

Substitution

Dieses Verhalten erinnert an das der Alkene, bei denen man ebenfalls Addition und Substitution feststellt. H 2 C = C H — CH3

+

Cl 2

H 2 C = C H — CH3

+

Cl 2

0 °C

500

Cl Cl

>

°C >

I I H2C—CH—CH3 H2C=CH—CH2CI

Addition +

HCl

Substitution

Es gilt allgemein: An Verbindungen mit Mehrfachbindungen beobachtet man Addition an die Mehrfachbindung und Substitution des a-ständigen Wasserstoffs. Allerdings sind die Ursachen der Addition und Substitution an Carbonylverbindungen völlig anders als die bei Alkenen, wie im folgenden noch ausführlich dargelegt wird. Es wird zunächst die Addition, danach die Substitution behandelt. Anschließend folgen Oxidation und Reduktion, ferner Oligomerisation.

6.2 Additionen an die Carbonylgruppe Bestimmte Verbindungen vom Typ H—X addieren sich an die C=0-Doppelbindung. Dazu gehören H—OH, H—OR, H—NH 2 , H—NHR, H—SR u.a. Im folgenden wird der Additionsvorgang mit Wasser als nucleophiler Verbindung beschrieben, es sei aber betont, daß die anderen Verbindungen nach dem gleichen Mechanismus reagieren. Zunächst greift das nucleophile Zentrum des Moleküls H—X den positiv polarisierten Kohlenstoff der Carbonylgruppe an, wobei ein Zwitterion entsteht. Ein Zwitterion (auch Betain genannt), ist ein Molekül mit einer positiven und einer negativen Elementarladung. Durch Wanderung eines Protons im Zwitterion bildet sich schließlich das Endprodukt.

Reaktionen

451

0" Carbonylverbindung, C - A t o m sp 2 -hybridisiert

Zwitterion, C-Atom sp 3 hybridisiert

Endprodukt, C - A t o m sp 3 hybridisiert

Bei der Addition ändert sich die Hybridisierung des Kohlenstoffs der Carbonylgruppe und damit der Bindungswinkel am Kohlenstoffatom. In der Carbonylgruppe besitzt der Kohlenstoff die Hybridisierung sp2, im Additionsprodukt dagegen die Hybridisierung sp3. Dadurch verkleinert sich der Bindungswinkel von ca. 120° auf ca. 109°. Ist das angreifende Reagenz nur schwach nucleophil, so muß die C = 0 - G r u p p e aktiviert werden. Das geschieht durch Addition eines Protons, wodurch die partielle positive Ladung des Kohlenstoffs beträchtlich erhöht wird. ) c = 0

\® r / c o—H

H—O—H

I

H partielle positive Ladung am C-Atom vergleichsweise klein

/

c=0—H

partielle positive Ladung am C-Atom vergleichsweise groß

Die Reaktivität einer Carbonylgruppe bei Additionen wird von den Substituenten bestimmt, die an die Carbonylgruppe gebunden sind. Man beobachtet folgenden Reaktivitätsabfall : F3C—CH=0 > H2C=0 > Alk—CH=0 > A r — C H = 0 > Alk2C=0 > Ar2C=0 Ketone

Aldehyde

1. Aldehyde sind reaktionsfähiger als Ketone. Dieser Unterschied beruht u. a. auf einem sterischen Effekt. Im Übergangszustand stehen die Substituenten näher zueinander als im Ausgangszustand und stoßen sich demzufolge stärker ab. 6 -

B€

B

14=

i-i j£c=o

ofC—0 R'

Ausgangszustand,

a « 120°

Übergangszustand, a Endzustand, a »! 109° (Tetraederwinkel)

452

Aldehyde und Ketone

Diese Abstoßung ist zwischen den beiden Alkylgruppen im Keton größer als zwischen der Alkylgruppe und dem kleinen Wasserstoffatom im Aldehyd. Deshalb reagieren Ketone langsamer. 2. Aldehyde und Ketone mit aliphatischen Substituenten sind reaktionsfähiger als solche mit aromatischen Substituenten. Die C=0-Doppelbindung eines aromatischen Aldehyds oder Ketons steht in Konjugation mit dem aromatischen Substituenten. Beim Additionsvorgang wird diese Konjugation teilweise unterbrochen, wozu Energie erforderlich ist. Dieser zusätzliche Energieaufwand entfallt beim Angriff auf eine aliphatische Carbonylverbindung. H

I C*^

OR ^

+

H

H20

(2)

OR

Acetal

Halbacetale enthalten ein C-Atom, an das gleichzeitig eine H—O- und eine R—OGruppe gebunden ist, während Acetale ein C-Atom mit zwei R—O-Gruppen besitzen. Auch hier liegen Gleichgewichte vor, in denen die Ausgangsverbindungen überwiegen. Durch kontinuierliche Entfernung des Reaktionswassers gelingt eine Verschiebung des Gleichgewichts (2) zugunsten des Acetals, das man schließlich in reinem Zustand isolieren kann. Besitzt die Carbonylverbindung selbst eine OH-Gruppe, so können sich cyclische Halbacetale bilden, z.B.: H2C

CH2

C H 2—C H 2 — C ^

|Ö|—

I

H

OH

H 5-Hydroxypentanal ( 6 % )

a-Hydroxytetrahydropyran ( 9 4 % )

Besonders häufig begegnet man cyclischen Halbacetalen in der Zuckerchemie. So liegt Glucose, der bekannteste Zucker, fast ausschließlich ( ^ 99,5 %) in der Halbacetalstruktur vor.

CH20H

r

HO

Glucose (offenkettige Struktur, < 0 , 5 % )

0

OH

OH

Glucose (Halbacetal-Struktur, >99,5%)

Acetale sind gegen Alkalien beständig. Dagegen werden sie leicht durch verdünnte Säuren hydrolysiert (Umkehrung der Gleichung 2). Dieses chemische Verhalten erinnert an das der Ether, mit denen sie auch konstitutionell verwandt sind. Acetalbildung und Hydrolyse verlaufen nach dem gleichen Mechanismus. Die Reaktionen, die zum Acetal führen, sind mit -» gekennzeichnet, und die Hydrolysereaktionen des Acetals durch den Pfeil H5C6—C—C—OH + [NH3] ^ Phenyl-hydroxyessigsäure (Mandelsäure)

6.2.4.2 Addition von 1 - A l k i n e n Die Addition von 1-Alkinen an Aldehyde oder Ketone führt zu a-Hydroxyalkinen. R—C=C—H

+

R ^C=0 R

e :NHz

R >

OH ^C^ R C=C—R o-Hydroxy-alkin

460

Aldehyde und Ketone

Die Rolle des Katalysators (z.B. Amid-Ionen) besteht darin, aus dem 1-Alkin die konjugate Base zu erzeugen, die als nucleophile Verbindung die Carbonylgruppe angreift. Die einzelnen Schritte möge der Leser selbst formulieren. Wendet man diese Reaktion auf das Steroidketon Östron an, so erhält man 17aEthinyl-östradiol, ein therapeutisch wertvolles Östrogen, das u.a. Bestandteil der empfängnisverhütenden Pille ist.

Aufgabe Wie stellt man 1-Vinylcyclohexanol her?

6.2.4.3 Reaktion mit Yliden. Wittig-Reaktion Definition und Herstellung von Yliden. Unter einem Ylid versteht man eine Verbindung, in der ein Carbanion direkt an ein Heteroatom X® gebunden ist. ®

e

/

X—C^ Ylid Bei X handelt es sich in der Regel um Elemente wie Stickstoff, Phosphor oder Schwefel. si ® —N—C— I I Ammonium-Ylid

®l S —P—C— I I Phosphonium-Ylid

S S —S—C— I I Sulfonium-Ylid

Man kann ein Ylid durch folgende mesomere Grenzformen beschreiben. ® c®/ < X-^C^



x = c ^/

Der Name Ylid bringt zum Ausdruck, daß die Bindung zwischen Kohlenstoff und Heteroatom sowohl kovalent (wie in Methj/bromid) als auch salzartig (wie in Natriumacetyk'i/) ist. Ylide sind Spezialfälle von Zwitterionen oder Betainen. Phosphonium-Ylide stellt man aus Phophinen durch Alkylierung und anschließende Deprotonierung her.

Reaktionen

461

1. Herstellung des Phosphoniumsalzes: R

\ R—pP: R

R

\ +

R ' — C H2 — C H 2 — X

*

v

R-^P—CH2—CH2—R'

+ X®

R

Phosphin (in der Regel Triphenylphosphin)

Halogenalkan

quartäres Phosphoniumhalogenid

2. Deprotonierung des Phosphoniumsalzes

R



H

I

H

R-^P—C—C—R'X®

D /

R

I

H

H S | R-^P—C—C—R'

R

I

+

I

:B

e

7

»



I I

r\

H

R

Phosphoniumhalogenid

H

+

H—B

+

Xe

H

Ylid

Es werden nur cc-ständige Wasserstoffe angegriffen, da allein hierbei ein Carbanion entsteht, das durch die zuvor formulierten mesomeren Grenzformen stabilisiert ist. Ylide sind wie andere Carbanionen feuchtigkeits- und luftempfindlich. Mit Wasser reagieren sie im Sinne der Umkehr des vorstehenden Gleichgewichtes. Wittig-Reaktion. Ylide enthalten Carbanionen und reagieren deshalb nucleophil. Mit Aldehyden bzw. Ketonen entstehen Alkene und Phosphinoxide.

(H5C6)3P=CHR

+

(H5C6)3P=0

Triebkraft dieser Reaktion ist die große Affinität des Phosphors zum Sauerstoff, die u. a. auch für die Umwandlung von Alkoholen in Halogenalkane mit Phosphortrihalogenid verantwortlich ist (s. Kap. 16, Abschn. 6.3.2.2). OH 3R—OH

PCL

3 R—Cl

HO—P: OH

Die Wittig-Reaktion verläuft wahrscheinlich über ein Betain und über einen Vierring (Oxaphosphetan). Dieser läßt sich in einigen Fällen bei tiefer Temperatur ( — 70 °C) nachweisen.

462

Aldehyde und Ketone R (H 5 C 6 ) 3 P

ÖRR'

+

->

^C=0

R"

I I

R'—C—C—R'

I I :0: © e

(H 5 C 6 ) 3 P

ein Betain

R / R'

R

R" C =

\

+

R"

I I — R'—C—;C—R'" k^l

O=P(C6H5

R'"

(H5C6)3P—0:

ein Oxaphosphetan, unterhalb - 7 0 °C in einigen Fällen beständig

Die Reaktion wurde 1953 von G. Wittig (geb. 1897 in Berlin) beobachtet*. Ihre Bedeutung liegt darin, daß man eine Vielzahl von Alkenen, ausgehend von Carbonylverbindungen, herstellen kann. Dabei gelingt die Synthese eines bestimmten Alkens auf zweierlei Weise, wie anhand der Darstellung von 5-Methyl-2-hexen gezeigt ist. .CH3 H3C—CH=PR, + 0=HC—CH

\ CH 3

R 3 P0 H3C—CH=CH—CH

/ \

4-Methyl-2-penten

CH, CH,

R3P0 H,C—CH=0

+

R,P=CH—CH

/

CH, CH,

Weitere Beispiele: O H3C—CH=CH— Q.{ \

er

+

+ R3P=CH— H

RAP=CH-CBHR

\

OR

-> H , C — C H = C H — C H = C H — C . R3P=0 2,4-Hexadiensäure-ester

cj

+

R3P=0

Benzalcyclohexan

* Für die Entdeckung dieser Reaktion und weiterer erhielt G. Wittig 1979 den Nobelpreis.

OR

Reaktionen

463

Aufgaben 1) Welche Konstitution besitzen ein Arsonium-, ferner ein Iodonium-ylid? 2) Beim Angriff einer Base auf ein quartäres Phosphoniumsalz wird nur ein a-ständiges Proton abstrahiert. Warum? 3) Es ist die Synthese von Benzalcyclohexan, ausgehend von 2 verschiedenen Phosphonium-yliden, anzugeben. 4) Ausgehend von Naphthalin und einer C 2 -Verbindung ist die folgende Verbindung herzustellen.

6.2.4.4 Addition von metallorganischen Verbindungen. Grignard-Reaktion Die Addition metallorganischer Verbindungen an Carbonylverbindungen ist bereits in Kap. 15, Abschn. 4.2.1 eingehend behandelt worden. An dieser Stelle sei lediglich darauf hingewiesen, daß auch hier ein nucleophiler Angriff auf die Carbonylgruppe vorliegt.

..

Br-Mg-R

+

[

]



X " [

M g

J

- \ -3—»o .

|

X

H

|

Die Bedeutung der Grignard-Synthese liegt darin, daß man neue C—C-Bindungen knüpfen und somit aus kleineren Molekülen größere herstellen kann. Aufgaben 1) Wie kann man einen Alkohol R—OH in den homologen Alkohol R—CH 2 —OH überführen? 2) Ausgehend von Propen und 4-Brombutanal soll folgende Verbindung hergestellt werden: H3C

X

OH

//>

H3C

C H 2—C H 2—C H 2—C. H 3) Folgende Verbindungen sind mit Hilfe der Grignard-Reaktion darzustellen: OH CH=CH—C2H5

a

(2 Wege angeben!)

a

b

c

464

Aldehyde und Ketone

6.3 Substitution des or-Wasserstoffs 6.3.1

Keto-Enol-Tautomerie

6.3.1.1 Das Gleichgewicht Der Wasserstoff a-ständig zur Carbonylgruppe ist schwach acide und kann deshalb von einer angreifenden Base als Proton abgelöst werden (Gleichgewichtsreaktion).

H—0|

+

E

H3

1 T C—C—C I H

\ HH




H—O—H

+

-

e

/>

I H

\ Hu

H33 C — C — C

ein Enolat-Ion

Der Grund für die C—H-Acidität des a-ständigen Wasserstoffs liegt in der Stabilisierung des entsprechenden Carbanions durch Delokalisierung der negativen Ladung.

H

. 3

C I

— < \ H

H

^

s?

H3C—c=cf I \H

H

H

s

H33 C — C — c f I V,

=

H

H

H

mesomere Grenzformen des Enolat-Ions

Diese Stabilisierungsmöglichkeit entfallt für Carbanionen, deren Ladung sich am ß-, y- usw. C-Atom befindet. Deshalb besitzen ß-, y- usw. ständige Wasserstoffe keine erhöhte Acidität mehr, sondern nur die normale C—H-Acidität von Alkanen. Bei der Reprotonierung kann sich das Proton entweder an den Kohlenstoff oder Sauerstoff anlagern. Im ersten Fall bildet sich die eingesetzte Carbonylverbindung zurück, im zweiten Fall entsteht eine neue Verbindung, die man Enol nennt (abgeleitet von Alken und Alkoho/). ^ 1

H3C—C—C

I

H

^

#

\



/dl

H3 3 C — c = C R

I

H

Enolat-Ion

H

\

/

u

H

Enol

Bei der Reprotonierung entsteht demnach ein Gemisch aus Carbonylverbindung und Enol, wobei erstere in der Regel überwiegt. Damit ist es möglich, mit einer Base und deren konjugater Säure (z.B. O H e / H 2 0 oder R O e R O H ) ein Gleichgewicht zwischen Keto- und Enolform herzustellen. 0

R-JUH,-R

OH 0 H E / H





R - I = C H - R

Reaktionen

465

Zum gleichen Ergebnis gelangt man mittels eines Protonendonators und dessen konjugater Base. 0 R—C—CH2—R

H

OH ^¿=C

e H

. 30 / 20 ,

H

_

R

Hierbei treten folgende Protonierungs- und Deprotonierungsvorgänge ein:

H3C—C—C{ i

x

+

H30®




Reaktionen

469

Alle Reaktionen stellen Gleichgewichtsreaktionen dar. Im Falle der Aldehyde liegen die Gleichgewichte auf der Seite der Aldole, im Falle der Ketone dagegen auf der Seite der Ausgangsverbindungen. Die Aldol-Reaktion weist Parallelen zur Grignard-Reaktion auf: In beiden Fällen greift ein nucleophiler Kohlenstoff eine Carbonylgruppe an und in beiden Fällen bildet sich eine neue C—C-Bindung. Grignard-Reaktion:

Aldehyd

0

ii

R—C—OH Carbonsäure

Bei Ketonen ist diese Oxidation wegen des fehlenden Wasserstoffs nicht möglich. Zur Oxidation von Aldehyden verwendet man neben den gebräuchlichen Oxidationsmitteln ( K M n 0 4 , K 2 C r 2 0 7 ) auch milde Oxidationsmittel wie Ag-I- und Cu-II-Salze. Das hierbei verwendete Silberreagenz besitzt die Zusammensetzung Ag(NH 3 ) 2 ®N 0 3 e (Tollens-Reagenz) und wird zu metallischem Silber reduziert, das sich als Metallspiegel an der Glaswand niederschlägt. H—C^

+ 2Ag(NH3)f

H Formaldehyd

+ 30H®

• H—C^ \ ) e Anion der Ameisensäure

+ 2Ag

+ 4NH3

(Silberspiegel)

+

2H20

Reaktionen

475

Die Oxidation mit Silbersalzen dient einmal zur Unterscheidung zwischen Aldehyden und Ketonen: Aldehyde bilden mit dem Tollens-Reagenz einen Silberspiegel, Ketone nicht. In der Technik werden auf diese Weise große Spiegel hergestellt. Zum anderen dient sie zur Darstellung von Carbonsäuren aus den entsprechenden Aldehyden. 0 H 3 C-CH=CH—cf \

Ag(NH3)

O

e

^ >

H 3 C-CH=CH-Cf

H

Crotonaldehyd (2-Butenal)

\ OH

Crotonsäure (2-Butensäure)

Aufgabe Eine unbekannte Verbindung der Zusammensetzung C 4 H 10 O liefert mit dem Oxidationsmittel C r 0 3 • 2 Pyridin die Verbindung C 4 H 8 O, welche mit dem Tollens-Reagenz nicht reagiert. Welche Konstitution besitzt die unbekannte Verbindung?

6.5

Reduktion

Die Reduktion von Aldehyden und Ketonen führt je nach Reduktionsmittel zu Alkoholen oder gar Kohlenwasserstoffen (vgl. das Reduktions-Oxidations-Schema im Kap. 16, Abschn. 6.3.1).

6.5.1 Reduktion zu Alkoholen 6.5.1.1

Mit molekularem Wasserstoff

Die Reduktion gelingt in Gegenwart eines metallischen Katalysators (Ni, Pd, Pt). O

Aldehyde werden im allgemeinen rascher als Ketone hydriert, wie der folgende Reaktivitätsvergleich zeigt, in den auch Alkine, Alkene und Aromaten einbezogen sind. R—C=C—R

>

R—C^

> H

R—CH=CH—R > R—C'

>

Aromaten

R

Die Hydrierung mit molekularem Wasserstoff wird vielfach in großtechnischem Maßstab durchgeführt. Dabei geht man in der Regel von Aldehyden aus, die aus der Oxosynthese oder Aldolreaktion hervorgehen.

476

Aldehyde und Ketone

^JLCO (Oxosynthese)

R_cH2_CH2-cf°

\

^

H

o

o

2R—CH2—Cf

1-Aldol-R. > 2

H

r_ch

CH=C—cf"

-"H»°

i

OH I ch2 R— CH2—CH2—CH

H

i

6.5.1.2 Mit komplexen Hydriden Komplexe Hydride wie LiAlH 4 , LiAlH(OR) 3 , NaBH 4 u.a. reduzieren Carbonylverbindungen zu Alkoholen. Dabei entstehen zunächst Alkanolate, aus denen die Alkohole durch Hydrolyse in Freiheit gesetzt werden. O 4R—c:

(R—CH2—0)4AleLia

LiAIH, H

(R—CH2—0)4AleLi® +

4R—CH2—OH

4 H20

+

[UAI(OH)4]

Die Reaktion wird durch den nucleophilen Angriff des Hydrids auf die Carbonylgruppe eingeleitet, wobei ein Alkoxyaluminat-Ion entsteht. Dieses enthält noch Hydridbindungen und wirkt deshalb ebenfalls reduzierend. Insgesamt werden pro Mol Lithiumaluminiumhydrid (Lithiumtetrahydridoaluminat) vier Mol Aldehyd oder Keton reduziert. H H I I e > R—C—0—AI—H Li® I I H H ref/-ahydridoaluminat

Alkoxyf/v'hydridoaluminat

p

H H H |e 1 I R—C—0—Al—0—C—R Li® usw. r—c: I I I H H H Dialkoxyrf/hydridoaluminat Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen werden hierbei nicht angegriffen, so daß man eine Carbonylgruppe neben einer Doppelbindung selektiv reduzieren kann. H H I I© R—C—0—AI-rH Li® + I H H

,0 H2C=CH—CH=CH—C!

\H

LiAIHj

Reaktionen

477

6 . 5 . 2 R e d u k t i o n zu Kohlenwasserstoffen 6.5.2.1

Clemmensen-Reduktion

Die Carbonylgruppe von Aldehyden und Ketonen läßt sich mit Zink (amalgamiert) und Chlorwasserstoff zur Methylengruppe reduzieren. Man nennt die Reduktion nach dem Entdecker E.Ch.Clemmensen (geb. 1876 in Odense) Clemmensen-Reduktion. 0 II Zn—Ha R—CH2—C—R' " > R—CH2—CH2—R' HCl 2 2 Der Mechanismus dieser bemerkenswerten Reduktion ist noch unklar. Im folgenden ist die Reduktion je eines aliphatischen und eines aliphatisch-aromatischen Ketons formuliert. O

H 3 C^ „R

Zn—HCl , (in Ether)

3-Cholestanon (R = Isohexyl) Die zuerst genannte Reaktion ist von großem Wert für die Herstellung von alkylierten Aromaten gemäß der Reaktionsfolge:

R—C—Cl

a

CH2-R

Näheres hierzu findet der Leser im Kap. 9, Abschn.6.1.4.3.

6.5.2.2

Wolff-Kishner-Reduktion

L. Wolff (geb. 1857 in Neustadt/Hardt) und N. M. Kishner (geb. 1867 in Moskau) beobachteten unabhängig voneinander, daß man Aldehyde und Ketone mit Hydrazin zu den entsprechenden Kohlenwasserstoffen reduzieren kann, wobei Hydrazin zu

478

Aldehyde und Ketone

Stickstoff oxidiert wird. Die Reaktion verläuft in 2 Schritten: Herstellung des Hydrazons und Eliminierung von Stickstoff aus dem Hydrazon. Treibende Kraft der Eliminierung ist die Bildung des thermodynamisch sehr stabilen Stickstoffmoleküls. =0

+

HS>

H2N—NH2

>

Hydrazin R

N-NH 2

~°e

N—NHo

+

H20

Hydrazon >

|

V

H

+

H

N=NT

Die Funktion der Base besteht darin, das Hydrazon in die Azoverbindung umzuwandeln (Allylverschiebung des Wasserstoffs) und letztere zu fragmentieren. C=N—NH2 I Hydrazon

er\ (

D

H | > —C—N=N—H

ep\ •

>

H | —C^N=N: e

Azoverbindung

-N,

H —C—H I H

H H

c ~°

R

—C:e I

Clemmensen-Reduktion und Wolff-Kishner-Reduktion ergänzen sich: Basenempfindliche Ketone reduziert man nach der Clemmensen-Methode,die unter sauren Bedingungen verläuft, und säureempfindliche nach der Wolff-Kishner-Methode, die im basischen Medium stattfindet. Aufgaben 1) Wie stellt man ausgehend von Propen und einer Q -Verbindung 2-Ethyl-l-hexanol her? 2) Welche Produkte entstehen bei der Reduktion nebenstehender Verbindungen mit molekularem Wasserstoff oder mit LiAlH 4 ? 0

CH3 (a)

(b)

3) Warum verläuft die Herstellung von Propylbenzol aus Benzol und Propylbromid unbefriedigend?

Reaktionen

479

6.6 Oligomerisation und Polymerisation Einige niedermolekulare Aldehyde (nicht Ketone) oligomerisieren zu Ringen und Ketten. Als Katalysator dient in der Regel eine Mineralsäure. Formaldehyd wird trimerisiert, wenn man eine wäßrige Lösung mit Mineralsäure versetzt, und polymerisiert, wenn man eine wäßrige Lösung einfach eindampft. Die Endgruppen der polymeren Kette bestehen aus OH-Gruppen. 0 H

2

C

O II

CH 2

Ä

"

u0

'

Formaldehyd (Sdp. - 2 1 ° ) (n + 2) H 2 C = 0

u

1,3,5-Trioxan (Sdp. 114°) +

H20

>

H—0—CH2—O—(CH2—0)n—CH2—OH Paraformaldehyd

Acetaldehyd wird durch Säuren tri- und tetramerisiert. /CH 3 O

h3C-
—V

? ^ch

3

Metaldehyd (Sdp. 65° bei 1 5 Torr)

Alle aufgeführten oligomeren und polymeren Verbindungen zersetzen sich beim Erhitzen, z.T. in Gegenwart von Säure, zu den Ausgangsaldehyden: Paraformaldehyd geht bei 180-200° in Formaldehyd über, und Paraldehyd liefert bei 125° und in Gegenwart von Schwefelsäure Acetaldehyd. Damit bilden diese höhermolekularen Verbindungen bequeme Vorratsformen für die bei Raumtemperatur gasförmigen Verbindungen Formaldehyd (Sdp. —21°) und Acetaldehyd (Sdp. 20,8°). Aufgabe Wieviel cis-trans-isomere Verbindungen gibt es von Paraldehyd und Metaldehyd?

7

Kohlenhydrate

7.1 Einleitung Unter Kohlenhydraten versteht man Verbindungen der ungefähren Zusammensetzung (C • H 2 0 ) n . Der Name .Kohlenhydrate' leitet sich von dieser Zusammensetzung

480

Aldehyde und Ketone

ab, die eine Hydratisierung des Kohlenstoffs vortäuscht. Kohlenhydrate bilden zusammen mit den Fetten und Eiweißen die Grundlage menschlicher Ernährung. Die Einteilung der Kohlenhydrate erfolgt nach der Anzahl der im Molekül vorhandenen Zuckerbausteine. Man unterscheidet zwischen Monosacchariden, Oligosacchariden und Polysacchariden (griech. saccharon gleich Zucker). Monosaccharide bestehen aus einem einzigen Zuckerbaustein. Hierbei handelt es sich meistens um Verbindungen mit 5 oder 6 C-Atomen. Am weitesten in der Natur verbreitet sind Glucose und Fructose, die beide die Zusammensetzung (C • H 2 0 ) 6 gleich C 6 H 1 2 0 6 aufweisen. HO—CH 2 —CH— CH— CH— CH—C—H

I

I

I

I

II

OH

OH

OH

OH

0

HO—CH 2 —CH—CH— CH— C—CH 2 OH

Glucose C 6 H 1 2 0 6

I

I

I

II

OH

OH

OH

O

Fructose C 6 H 1 2 0 6

0%osaccharide setzen sich aus mehreren (bis etwa sechs) Zuckerbausteinen zusammen. Zu ihnen gehören die Disaccharide Saccharose (Rohrzucker), Maltose (Malzzucker) und Lactose (Milchzucker), alles Verbindungen der Zusammensetzung C 1 2 H 2 2 O n . Es folgen die Trisaccharide, Tetrasaccharide usw. •Pofysaccharide bestehen aus sehr vielen Zuckerbausteinen. Die wichtigsten Polysaccharide sind Glykogen, Stärke und Cellulose.

7.2 Monosaccharide Monosaccharide oder einfache Zucker kann man sich als Oxidationsprodukte mehrwertiger Alkohole (Alkohole mit mehreren OH-Gruppen) vorstellen. Der einfachste Zucker ist Glycolaldehyd. Er entsteht formal durch Oxidation des zweiwertigen Alkohols Ethylenglykol. CH 2 OH Y C H 2

°

2H

H

yO

o

V ^ C

CH 2 OH

H

Ethylenglycol

Glycolaldehyd

Es folgen Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton, beides Oxidationsprodukte des dreiwerigen Alkohols Glycerin. CH20H

I C=0 I




H2C—CH=C—OH I CH3



H2C—CH=C—OH I I Cl CH,

Reaktionen

503

Schritt 3: Tautomerisierung: H2C—CH=C—OH

I

I

Cl

'I

ch3

' T

ci

ch.

2.2 Nucleophile Additionen Bereits im Kap. 3, Abschn. 5.5 wurde darauf hingewiesen, daß olefinische Doppelbindungen mit Elektronenakzeptorgruppen außer elektrophilen auch nucleophile Additionen eingehen. Im Falle der hier zu behandelnden a, ^-ungesättigten Carbonylverbindungen beobachtet man neben den Additionen an die olefinische Doppelbindung auch solche an die Carbonylgruppe. Welche Art von Addition eintritt, hängt von den Reaktionspartnern ab.

2.2.1 Michael-Addition Unter Michael-Addition versteht man die basenkatalysierte Addition von Verbindungen mit einer C—H-aciden Gruppe (Donatoren genannt) an die olefinische Doppelbindung von a,^-ungesättigten Carbonylverbindungen, Nitrilen usw. (Akzeptoren genannt). 0 II

RO—C\ RO—C^ II

o Malonsäureester, Donator

2-Cyclohexen-1 -on, Akzeptor

Die Aufgabe der Base besteht darin, die C—H-acide Verbindung ins entsprechende Carbanion umzuwandeln. Dieses vereinigt sich mit dem ß—C-Atom der ungesättigten Verbindung, wobei ein delokalisiertes Carbanion (Enolat-Ion) entsteht. Denkbar wäre auch eine Addition an die a-Position, hierbei entstünde jedoch ein Carbanion mit einer lokalisierten Ladung. 0

0

II RO—C

II RO—C \:H

2

+

eO—R




q

^CH

RO—C

RO—C

0

0

+

H—O—R

( I m f o l g e n d e n abgekürzt mit R^HC:®)

504

a,/¡-Ungesättigte Carbonylverbindungen

Carbanion (bildet sich langsam)

Im letzten Schritt wird das Enolat-Ion protoniert.

Wie aus den Reaktionsgleichungen ersichtlich, handelt es sich stets um Gleichgewichtsreaktionen. Dabei beschleunigt der Katalysator nicht nur die Addition, sondern auch die Rückreaktion. Dagegen hat er wie jeder Katalysator keinen Einfluß auf die Lage des Gleichgewichts. Im folgenden sind einige typische Donatoren und Akzeptoren aufgeführt: Donatoren:

Akzeptoren:

0.

0

^C—CH2—C^ RO

OR

%c—CH —C=N 2

0 H2C=CH— C ^ H H5C6—CH=CH—C'

RO

0—R

H3C—C=N

,0

H,C=CH—C=N

Reaktionen

505

Die besten Ergebnisse erzielt man mit den besonders C—H-aciden Verbindungen vom Typ Malonester. Daß aber auch andere Donatoren zum Ziel führen, zeigen die folgenden beiden Beispiele. 0 h

3

c — c h

2

— n o

+

2

h

II

NR,

c = c h — c — c h

2

3

3

N 0 >

h

I

3

0

2

c — c h — c h

2

H

— c h

2

— c — c h

3

Nitroethan

H

+

2

C = C - L c h

1-

c h

k

3

o

h

/

r

o

h

:

3

4-Methylcyclohexanon

Die Reaktion mit 4-Methylcyclohexanon läuft über die Stufe des erwarteten MichaelAddukts hinaus: Letzteres erleidet eine innermolekulare Aldol-Reaktion und wird dabei in eine bicyclische Verbindung umgewandelt. Die Michael-Addition stellt eine wertvolle Methode zur Knüpfung von C—C-Bindungen dar. Sie ist durch die Untersuchungen von A.Michael (geb. 1853 in Buffalo, gest. 1942) bekannt geworden.

2.2.2 Addition metallorganischer Verbindungen Metallorganische Verbindungen können sowohl mit der Carbonylgruppe als auch mit der olefinischen Doppelbindung reagieren. Welche Reaktion eintritt, hängt von der metallorganischen Verbindung ab. Grignard-Verbindungen treten an beide funktionellen Gruppen, Li/A/wm-organische Verbindungen reagieren nur mit der Carbonylgruppe und Äwp/er-organische Verbindungen nur mit der olefinischen Doppelbindung. Addition teils an die olefinische Doppelbindung, teils an die Carbonylgruppe: H

3

C.

H \

H

H



r

/

C

H

/

-

1.

\

C H

c—ch 3

B r — M g — C

2 . h

3

o *

2

H

2

5

5

u

- h

3

u H

II

c - c - c h

c

0

O

I

2h " =' 5

2

- c - c h

3

+

r

u

s

\

/

) c = c (

H

H O

1 Addition an die Carbonylgruppe:

0

H O ^

2.

H

3

0

a

, C H ,

H

V;

c h

C

2

3

H

5

506

a,/J-Ungesättigte Carbonylverbindungen

Addition an die olefinische Doppelbindung: R—Li

+

Cui

n R—Li

(R—Cu)n

So überraschend das unterschiedliche Verhalten der metallorganischen Verbindungen auch sein mag, es versetzt den präparativ arbeitenden Chemiker in die Lage, die Addition in die eine oder andere Richtung zu lenken! 2.2.3 Addition von Aminen, Thiolen und weiteren Verbindungen Die Addition von Verbindungen vom Typ H—X (Amine, Thiole, Alkohole u. a.) erfolgt an die olefinische Doppelbindung. Wie bei der Michael-Addition entstehen auch hier /^-substituierte Carbonylverbindungen. Die alternative Addition an die Carbonylgruppe würde 1-substituierte Alkohole ergeben, welche aber nach der ErlenmeyerRegel unbeständig sind (Kap. 16, Abschn. 7.3). —C—C—C=0

I I

R2N

—C=C—C=0

+

H—NR2 ^

—C=C—C—OH

I

H

NR2

beständig

unbeständig

(Erten me yer- Regel)

Auch diese Addition bedarf eines in der Regel basischen Katalysators, es sei denn, die zu addierende Verbindung ist - wie Amine - selbst basisch. Die folgenden Beispiele zeigen die Addition verschiedenartiger nucleophiler Verbindungen an a,^-ungesättigte Carbonylverbindungen. C2H5

I

H5C2—N: H Diethylamin

0 +

C2H5

II

H2C=CH—C—C6H5

*

Phenylvinylketon

I

H5C2—N—CH2—CH2—C—C6H5 /V,/V-Diethyl-3-amino-1 -phenyl-1 propanon

'5^2 Ethanthiol

2-Cyclohexen-1 -on

O

II

3-Ethylthiocyclohexanon

Reaktionen

H—0—0—H

+

H , C = C H — C :.

H A - < ° (PH = 8 )

H

Acrolein

X

507

+ H20

H

2,3-Epoxypropanal

Die Reaktionen verlaufen über das entsprechende Enolat-Ion, dessen Protonierung zu dem Endprodukt führt. Im Falle der Reaktion mit Wasserstoffperoxid erleidet das Enolat-Ion eine innermolekulare nucleophile Substitution unter Bildung eines Epoxids. H—O—0—H

+

NaOH

H—0—0e Na®

3=

+

H,0

0 H—O—OE

+

H—0J-0—CH2—CH—C

H2C=CH—C:

0HE

H2C—CH—C'

H Auf diese Weise sind Epoxide, deren Dreiring mit einem Carbonylsubstituenten oder einer anderen ungesättigten Gruppe verknüpft ist, leicht erhältlich. Aufgaben

1) Ausgehend von C6-01efinen sollen die Epoxide a, b und c dargestellt werden. Br B r

2) Vervollständige: a)

b)

H3C w H3C

H3C

,H

+

A

->

c—CH3

B

I

H O C — C — C H 2 — C — CH A

I

H,C—NH

+

COOR I CH2 CN

CN



CH, I I ROOC—CH—H2C—CH—COOR

508

a,¿¡-Ungesättigte Carbonylverbindungen

c)

Benzalacetophenon

+

3) M i t Hilfe d e r Michael-Addition

Acetophenon

C

sollen dargestellt w e r d e n : CH2—COOH

CHa

H3C— CH2—COOH a

b

4) M a n erkläre d e n A b l a u f folgender R e a k t i o n : COOR .COOR +

Pyridin

2 ROOC—C=C—COOR

Acetylendicarbonsäure-ester

Kapitel 20 Carbonsäuren 1 Übersicht und Nomenklatur Carbonsäuren enthalten als gemeinsames Strukturmerkmal die Carboxylgruppe.

/

N

0—H

Carbonylgruppe

Carboxylgruppe

Ist die Gruppe an einen Wasserstoff oder eine Alkylgruppe gebunden, liegt eine aliphatische Carbonsäure vor. Ist sie mit einem Arylrest verknüpft, handelt es sich um eine aromatische Carbonsäure. 0 H-C(° 0—H

H3C-

CH-, I _ C_CH2_C^ H 3 C OH

CH,

3,3-Dimethyl-1 -butanol

3,3-Dimethylbuttersäure

5.3 Aus metallorganischen Verbindungen und Kohlendioxid (Kap. 15, Abschn. 4.2.2) Beispiel 1: CH 3

CH,

CH, Br

Li

+ 2 Li ^ - LiBr5

0 -0eLi®

CO,

Lithium-2-methylbenzoat CH 3

0 II

CH 3 0 0eLi®

+

OH

H—Cl

+

LiCI

2-Methylbenzoesäure Beispiel 2: Br Br

Mg

H 3 C—CH 2 —CH— C H 3 — H 3 C — C H 2 — C H — C H 3

0 ^ /OMgBr CO

H,C

CH,—CH—CH 3

Brommagnesium-2-methylbutyrat

Darstellung 0

515

OMgBr

X

C I H3C—CH2—CH—CH3

+

CH 3 O I ^ H3c—CH2—CH—C'

H—Cl

+ MgBrCI

OH 2 - M e t h y l buttersäure

5.4 Aus Estern oder Nitrilen durch Verseifung (Kap. 21, Abschn. 6.4.1.1)

Beispiele:

O II

0 Ji -o—C2H5

|_j® +

H20

ff ||

OH J

+

H—O—C 2 H 5

er

p-Chlorbenzoesäureethylester

p-Chlorbenzoesäure

OH I CH—C=N

OH I ^CH-C 0He , (oder H®)

T

f

2-Hydroxy-2-phenylacetonitril

Ethanol

n

0H

+

,

2-Hydroxy-2-phenylessigsäure

5.5 Synthesen in technischem Maßstab Ameisensäure: Aus Kohlenoxid und Natriumhydroxid bei 130° in quantitativer Ausbeute.

NaOH

+

C=0

H—C^ ONa Natriumformiat

H—C^

+ ONa

H2S04



H—C^

+ OH

Ameisensäure

NaHS04

516

Carbonsäuren

Essigsäure: Durch Oxidation von Acetaldehyd mit Luftsauerstoff in Gegenwart von Mangan(II)-acetat. 0 2H 3 C—C^

+

0 2H 3 C—C^ \>H

02

H Acetaldehyd

Essigsäure

Da Acetaldehyd seinerseits durch Luftoxidation von Ethylen hergestellt wird (Wacker-Verfahren, s. Kap. 18, Abschn. 5.9), verläuft die technische Darstellung von Essigsäure wie folgt: 0 H2C=CH2

O H3C-C^ OH

H 3 C—c^ H

Benzoesäure: Durch Oxidation von Toluol mit Luftsauerstoff bei 150° und in Gegenwart bestimmter Mangan- oder Cobaltsalze höhermolekularer Carbonsäuren. 0 02/Mn2®

C

Toluol

^OH

Benzoesäure

Salicylsäure: Aus Natriumphenolat und Kohlendioxid (Kap. 16, Abschn. 6.4.3). OeNa®

9H +

CO,

Natriumphenolat

jj



-Nax Natriumsalicylat

Salicylsäure

Aufgaben 1) Bei der Oxidation eines bestimmten Xylols (Dimethylbenzols) mit Kaliumpermanganat entsteht eine Dicarbonsäure, deren 13 C-Kernresonanzspektrum (protonenentkoppelt) nur 3 Signale aufweist. Um welches Xylol handelt es sich? 2) Wie stellt man folgende Carbonsäuren her? (a) Trimethylessigsäure, (b) 3,5Dinitrobenzoesäure, (c) Phenylessigsäure. 3) Ausgehend von Toluol soll folgende Verbindung dargestellt werden: / = \

H

~ \

H

/-

0

0

I II

C

-

C



H

Reaktionen

517

6 Reaktionen 6.1 Übersicht Carbonsäuren besitzen zwei reaktive Zentren: die Carboxylgruppe und die Wasserstoffatome in oc-Stellung. Besonders vielfältig sind die Reaktionen an der Carboxylgruppe. Die wichtigsten Reaktionen sind: 1. Austausch des aciden Wasserstoffs gegen andere Atome oder Atomgruppen Na0H

R-C(

R-c(

,

O—H

0—Na

O

H-O-CH3;

R—C

\

°-CH3

0—H

2. Austausch der OH-Gruppe gegen andere Substituenten ,0

S

R-C(

O

°CS

R-c(

OH

Cl

3. Abspaltung von Kohlendioxid (Decarboxylierung) .0 _ R—C' OH

erhitzen

„ ., R—H



+

C0 2

4. Substitution der a-ständigen Wasserstoffatome

V

yO

Br /PBr

R—C—cf H OH

-

V

3,

R-

¿r

-

C

( OH

6.2 Acidität Carbonsäuren dissoziieren in wäßriger Lösung unter Abgabe eines Protons. R—C^

+ Ö—H

7 H

>

R—C^

+ Ö: e

H—O' H

Hierbei stellt sich ein Gleichgewicht zwischen undissoziierter und dissoziierter Carbonsäure ein. Das Gleichgewicht liegt in der Regel ganz auf der Seite der Carbon-

518

Carbonsäuren

säure. Die Lage wird durch die Dissoziationskonstante K a wiedergegeben, die wie folgt definiert ist: K:

[R—CO®] [H 3 0®] [R—COOH] [H 2 0]

Da Wasser in großem Überschuß vorhanden und seine Konzentration konstant ist, gilt: Ka =

[R-CO®] [H3Q®] [R—COOH]

Die Dissoziationskonstante K a für Essigsäure beträgt 1,75 10~5. Wie die folgende Rechnung zeigt, sind selbst in verdünnter wäßriger Lösung weniger als 1 % der Essigsäuremoleküle dissoziiert. Für [H 3 C—C0 2 H] = lmol/1 ergibt sich: [H^C-COf ] [H30®] [H3C—C02H]

= 1J5

.

1q_5

[H3C—COf] = |/l ,75 • 10"5 ^ 0,4 • 10~2 mol/l, d.i. ca. 1/2%.

6.2.1 Ursache der Acidität Im Vergleich zu Mineralsäuren wie Perchlorsäure, Chlorwasserstoff u. a. sind Carbonsäuren schwache Säuren, ihre Acidität ist aber größer als die von Phenolen und erst recht von Alkoholen. Die Dissoziationskonstanten K a der wichtigsten Typen von Säuren sind in der untenstehenden Tabelle aufgeführt. Tabelle

Dissoziationskonstanten Ka für verschiedene Typen von Säuren in Wasser bei 25°

Säure

Konjugate Base

Kf etwa:

HCI04

CIO? HSO® Ar—SOf Cl® R—COO® Ar—Oe Alk—Oe Ar—C=C:e

1010 109 107 107 10" 5

H 2 SO 4

Ar—S03H HCl R—COOH Ar—OH Alk—OH Ar—C=C—H

1

0

- 1 O

10" 17 10" 19

An dieser Stelle soll nur die Frage beantwortet werden, worauf die im Vergleich zu Phenolen und Alkoholen größere Acidität von Carbonsäuren beruht. Bei der Übertragung eines Protons von der Carboxylgruppe auf eine Base bleibt ein Anion

Reaktionen

519

(Carboxylat-Ion) zurück, dessen Ladung sich gleichmäßig auf zwei Sauerstoffatome verteilt. Diese Delokalisierung ist mit Abgabe von Energie verbunden. Bei AlkoholatIonen ist eine Delokalisierung nicht möglich, bei Phenolat-Ionen nur in begrenztem Maße. Deshalb sind Alkohole und Phenole schwächere Säuren als Carbonsäuren.

© R—C.

->

R — CA

'

=

/

R—c:

V mesomere Grenzform 1

je D: oder

0:

mesomere Grenzform 2

H R—C—Ö:e

I

H Alkanolat-Ion Abbildung Delokalisierung der negativen Ladung im Carboxylat-Ion (obere Reihe) und Lokalisierung derselben im Alkanolat-Ion (unten)

Aufgaben 1) Man nenne ein Carbanion, dessen negative Ladung ähnlich wie im Carboxylat-Ion delokalisiert ist. 2) Peroxycarbonsäuren (Beispiele: I, II) reagieren schwächer sauer als die entsprechenden Carbonsäuren. Erkläre. 0

Cl Peroxyessigsäure, I

m-Chlorperoxybenzoesäure, II

6.2.2 Einfluß von Substituenten auf die Acidität Sind an die Seitenketten der Carbonsäuren Substituenten X gebunden, die elektronenanziehend wirken (Substituenten mit —I-Effekt), so reagieren die Carbonsäuren stärker sauer. Solche Substituenten ziehen nämlich einen Teil der negativen Ladung des Carboxylat-Ions über die u-Bindungen an und erhöhen dadurch dessen Stabilität (Verschiebung des Säure-Base-Gleichgewichts zugunsten des Carboxylat-Ions). Der Einfluß ist umso größer, je kleiner der Abstand zwischen X und der Carboxylatgruppe ist, wie das folgende Beispiel zeigt.

520

Carbonsäuren

/> H2C—CH2—CH2—C

I

CL

\

//> H3C—CH—CH2—C

I

OH

CL

4-Chlorbuttersäure Ka = 3,0 • 10~5

\

H3C—CH2—CH—C

I

OH

¿1

3-Chlorbuttersäure Ka = 8,8 • 10~5

\

OH

2-Chlorbuttersäure Ka= 1,4 • 10~3

Sind an das a-C-Atom drei elektronenanziehende Substituenten gebunden, reagiert die Carbonsäure besonders acide. So besitzt Trifluoressigsäure bereits die Acidität einer Mineralsäure! Aufgabe Reagiert ß-Methoxybuttersäure saurer als a-Brompropionsäure?

6.2.3 Salze von Carbonsäuren. Seifen Bei der Neutralisation einer Carbonsäure mit einem Metallhydroxid entsteht das Salz einer Carbonsäure, z. B.: H3C—C \

+

NaOH



H3C—C

OH

Essigsäure

\

+

H20

e

O Na®

Natriumacetat

Die Salze von Carbonsäuren sind kristallin und lösen sich gut in Wasser (zumindest die niedermolekularen Salze). Teilweise haben sie definierte Schmelzpunkte, teilweise tritt vor Erreichung des Schmelzpunktes Zersetzung ein (Homolyse von C—C-Bindungen). Die Alkalisalze höherer Fettsäuren (ab etwa C 1 0 ) nennt man Seifen. Sie entstehen durch Neutralisation der Carbonsäuren oder bei der alkalischen Hydrolyse von Fetten: .0 H3C—(CH2)14—C^

0 +

NaOH



H3C—(CH2)14—C^

OH

0 Na® Natriumpalmitat (eine Seife)

Palmitinsäure H I H—C—0—CO—(CH2), 6—CH3 H—C—0—CO—(CH2)16—CH3 H—C—0—CO—(CH2), 6—CH3 H Glyceryl-tristearat

+

NaOH

Reaktionen

521

H H—C—OH ->

H—C—OH

0 +

3 H3C

(CH2)16

C O e Na®

H—C—OH H Glycerin

Natriumstearat (eine Seife)

Die besonderen Eigenschaften von wäßrigen Seifenlösungen sind allgemein bekannt: Sie wirken schmutzlösend. Im folgenden werden zunächst die physikalischen Eigenschaften von wäßrigen Seifenlösungen, danach die Vorgänge beim Waschen beschrieben.

6.2.3.1 Seifenlösungen und Waschvorgang Im Gegensatz zu gewöhnlichen Lösungen sind Seifenlösungen nicht homogen im strengen Sinne. Die darin gelösten Salze halten sich hauptsächlich in zwei Bereichen auf: an der Grenzfläche Wasser-Luft und im Inneren der Lösung in Form sogenannter Micellen. An der Grenzfläche ragen die hydrophoben Kohlenwasserstoffreste

Luft

©

©

Wasser

©

©

© ©

©

Micel I

Abbildung Lösung einer Seife in Wasser. Die Seifenmoleküle halten sich hauptsächlich in der Grenzfläche Wasser/Luft oder in Micellen auf.

522

Carbonsäuren

aus dem Wasser heraus, während die hydrophilen Carboxylatgruppen und die AlkaliIonen im Wasser gelöst sind. Micellen sind kugelförmige Gebilde, deren Inneres aus Kohlenwasserstoffresten und deren Oberfläche aus Carboxylat-Ionen und den dazu gehörigen Alkali-Ionen besteht. In welchem der beiden Bereiche sich das Seifenmolekül auch immer aufhält, stets sind die hydrophilen Carboxylat-Ionen und die AlkaliIonen von Wassermolekülen umgeben, während die hydrophoben Alkylreste das Wasser meiden (indem sie aus dem Wasser ragen oder sich gegenseitig „berühren"). Schmutz haftet in der Regel mittels einer Fettschicht am Gewebe. Entfernt man die Fettschicht, so löst sich auch der Schmutz. Die reinigende Kraft einer Seifenlösung beruht nun darauf, daß das Wasser wegen der herabgesetzten Oberflächenspannung das Gewebe benetzt und das Fett mittels der lipophilen Kohlenwasserstoffreste vom Gewebe ablöst. Danach befinden sich die abgelösten Fettpartikeln im Inneren der Micellen wie in der Abbildung gezeigt.

Abbildung Wirkungsweise einer Seifenlösung. Nach dem Waschvorgang befindet sich das vom G e w e b e abgelöste Fetttröpfchen im Inneren eines Micells.

6.2.3.2 Weitere Detergentien Seifen gehören zur Gruppe der Detergentien. Darunter versteht man grenzflächenaktive, Gewebe reinigende Stoffe (lat. detergere gleich reinigen). So verschieden die Strukturen der grenzflächenaktiven Verbindungen untereinander auch sind, stets enthalten sie einen hydrophoben Kohlenwasserstoffrest und eine hydrophile Gruppe.

Reaktionen

523

Je nach Art der letzteren unterscheidet man zwischen anionenaktiven, kationenaktiven und nichtionogenen Detergentien. Anionenaktive Detergentien enthalten als hydrophile Gruppe eine Carboxylat-, Sulfonat- oder Sulfatgruppe. Kationenaktive Detergentien weisen als hydrophile Gruppe in der Regel eine quartäre Ammoniumgruppe auf. Bei den nichtionogenen Verbindungen handelt es sich um Anlagerungsprodukte von höhermolekularen Alkoholen, Phenolen oder Fettsäuren an Ethylenoxid.

Anionenaktive Detergentien: hydrophob

hydrophil

O

0 N a

H3C-(CH2)n-C^

°H>

H3C-(CH2)n-C^ O e Na®

OH Natriumcarboxylat

hydrophob

hydrophil

o

0 H3C—(CH2)n—0—S—0—H

+ NaOH

> H 3 C — ( C H 2 ) n — 0 — S — 0 ® Na«

0

0 Natriumalkylsulfat

Kationenaktives Detergens: hydrophob

I

H3C—(CH2)17—N:

+

hydrophil

I

CI—CH2—C6H5

H 3 C — ( C H 2 ) 1 7 - ^ N — C H 2 — C 6 H 5 CI®

CH 3 /V,/V-Dimethyloctadecylamin

CH3 Benzylchlorid

Benzyldimethyloctadecylammoniumchiorid

Nichtionogenes Detergens:

C18H37-0H n-Octadecylalkohol

+

/

n H2C-

PI

\

-CH2

Oxiran (Ethylenoxid)

DH®

>

'

hydrophob

"

H3C—(CH2)

16

1

'

—CH2—(0—CH2

hadrophil

"

CH2)n

0H

ein Polyether (n = 11 bis 15)

Anionenaktive Detergentien werden am häufigsten verwendet. Unter diesen besitzen solche mit Sulfat- oder Sulfonatgruppen besonders günstige Wascheigenschaften. Die Verwendung von Seifen (Salzen von Fettsäuren) ist begrenzt. Sie bilden mit Erdalkali-

524

Carbonsäuren

Ionen schwerlösliche Salze, was bei hartem Wasser zu unerwünschten Niederschlägen („Kalkseifen") auf das Gewebe führt. Aufgabe 1) Welche der folgenden Verbindungen zählt definitionsgemäß zu den Detergentien? 0

S

X

(a)

CH3

I H3C—(CH2) 13—N—(CH2) 13—CH3



H 3C—C H 2—C H 2—C 0® ^

(b)

CH 3

0

I H3C—(CH2)15—N—CH3 Bre

II H3C—(CH2)15—S—0e Na®

CH3

0

(c)

(d)

H 3C—0—C H 2—C H 2—O—C H 2—C H 2—0—C H 3 (e)

6.3 Veresterung Im Kap. 16, Abschn. 6.3.5 wurden die verschiedenen Typen von Estern vorgestellt. An dieser Stelle soll die Esterbildung zwischen Carbonsäure und Alkohol eingehender behandelt werden. Erhitzt man eine Carbonsäure mit einem Alkohol, so bilden sich ein Ester und Wasser. 0 0 FFL II H 3 C—C—0—H

+

H—O—CH 3

Essigsäure

H


Methanol

II H 3 C—C—0—CH 3

+

H20

Essigsäure-methylester

Es stellt sich ein bestimmtes Gleichgewicht ein, zu dem man ebenso gelangt, wenn man Ester und Wasser erhitzt. Wünscht man die vollständige Umwandlung einer Carbonsäure in einen Ester, so verwendet man einen großen Überschuß von Alkohol oder entfernt das Wasser in dem Maße, wie es entsteht. In beiden Fällen wird das vorstehende Gleichgewicht nach rechts verschoben. Die Einstellung des Gleichgewichtes erfolgt sehr langsam. Sind aber geringe Mengen einer starken Säure (HC1,H 2 S0 4 ) anwesend, stellt sich das Gleichgewicht rasch ein. Deshalb wird eine Veresterung stets in Gegenwart einer Säure durchgeführt. Die Reaktion verläuft über mehrere Zwischenstufen. Zunächst wird die Carbonsäure protoniert, wobei ein Kation entsteht, das durch drei mesomere Grenzformen beschrieben werden kann. © .0—H Ö—H Ö—H Ö—H R—C

V




/ "

R—C X




© / "

R—C:

-

/:'

R—C:®

0—H 0—H 0—H 0—H Mesomere Grenzformen eines Kations, gebildet aus einer Carbonsäure und einem Proton

Reaktionen

525

Dieses Kation reagiert mit einem Alkoholmolekül unter Bildung eines Orthocarbonsäurederivates R—C(OR)3, siehe Formelschema. Die weiteren Reaktionsschritte sind aus dem nebenstehenden Reaktionsschema ersichtlich. Man beachte, daß die langsam austretende Gruppe —OH in die rasch austretende Gruppe —OH2® überführt werden muß, ähnlich wie das bei der nucleophilen Substitution der OH-Gruppe in Alkoholen (s. Kap. 16, Abschn. 6.3.2.1) geschieht. .0 R—C^ 0—H

+




R—0,

0—H

/

0—H

Carbonsäure ©/ R—Q,

OH +

H—0—R


R—C—O—R 3= HO H Orthocarbonsäurederivat

HO I R—C—0-

HO R—C—0—R

H20

H,0® HO R—C—0—R

0 > R—C—0—R


235°

Bernsteinsäure

0 II / C H 2 - C \ OH H2C -OH V CH2—C/ II 0

H2C I H,C. o Bernsteinsäure-anhydrid erhitzen im Vakuum

O II

CH,—C

/

o

CH 2 —C II o

Glutarsäure

Glutarsäureanhydrid

Wie für andere Reaktionen so gilt auch hier: Besonders leicht bilden sich Fünfringe und Sechsringe. Hexandisäure (Adipinsäure), Heptandisäure usw. bringen die Voraussetzung dafür nicht mehr mit, beim Erhitzen entstehen hier Polymere.

%.C—(CH ) —C HO' Adipinsäure (Hexandisäure)

O 0 IL „ IL C— (CH 2 .) 4 —C—0—C-

-n H 2 0

—>

2 4

"OH

N (CH 2 ) 4 -C:

HO

\ OH

polymeres Anhydrid der Adipinsäure

Einen anderen Verlauf nimmt die Thermolyse bestimmter Dicarbonsäuren, wenn Spuren von Basen zugegen sind: Unter Austritt von C 0 2 und H 2 0 entstehen cyclische Ketone.

Dicarbonsäuren

COOH

Ba(0H)2 ^

COOH

\ uCH/2

\ CH

2—CH2—COOH

Heptandisäure

C=0

+

C02

+

H20

CH 2

Adipinsäure (Hexandisäure) CH2—CH2—COOH

H2C H2C

533

Cyclopentanon

Ba(OH)2

CH2

CH2

CH2

CH 2

H 2 C::

:c=o + co2 (

+

H2O

Cyclohexanon

Die besten Ausbeuten an Cycloalkanonen erhält man, wenn sich diese vom Cyclopentan oder Cyclohexan herleiten. Wahrscheinlich verläuft die Reaktion wie folgt: Die Base übernimmt ein Wasserstoffatom aus der reaktiven a-Stellung der Dicarbonsäure, wobei ein Enolat-Ion entsteht. Dieses greift intramolekular die andere Carboxylatgruppe an. Es bildet sich dabei eine ß-Ketocarbonsäure, die leicht in ein Cycloalkanon und Kohlendioxid zerfällt. Aufgaben 1) Welche Dicarbonsäure liefert beim Erhitzen 2-Methylpentansäure? 2) Es sind die Reaktionsgleichungen zu formulieren, nach denen Cyclopentanon aus Adipinsäure entsteht.

Kapitel 21 Funktionelle Derivate von Carbonsäuren 1 Übersicht Unter funktionellen Derivaten von Carbonsäuren versteht man Verbindungen, die sich von Carbonsäuren durch Modifizierung der funktionellen Gruppe Carboxyl ableiten. Es kann ersetzt sein: a) der acide Wasserstoff durch einen Alkyl-, Aryl- oder Acylrest

\)—H

\>—CH2—CH3

b) die Hydroxygruppe durch ein Heteroatom y/

R—C^

O 0—H



//

R—'C'

O Br

c) beide Sauerstoffatome durch andere Heteroatome

OH

S—CH3

Da es mehrere geeignete Heteroatome gibt (F, Cl, Br, I, S, N u. a.), sind eine zunächst einmal verwirrend große Anzahl funktioneller Derivate möglich. Die wichtigsten davon sind in nebenstehender Tabelle aufgeführt.

536

Funktionelle Derivate von Carbonsäuren

Tabelle

Funktionelle Derivate von Carbonsäuren

Konstitution

Bezeichnung

Beispiel

Ester

H3C—

.0 R -

C

0

(

\ 0—CH

0—R

3

Essigsäure-methylester

H2C—C

cyclischer Ester oder Lacton

1

(H2C)N-CH2

H 2 C—C

1

> CH2

H2C

y-Butyrolacton 0

>

Carbonsäureanhydrid

H3C—

>

H3C—< %

Essigsäure-anhydrid

er0

||

Säurehalogenid Hai

Benzoylchlorid

Carbonsäureamid

H3C-C'

NH 2

NH 2 Acetamid 0

H2C—C^

1

/ (H2C)—CH2

N H

0 cyclisches Amid oder Lactam

H2C—c

/

H 2 C—NH /?-Propiolactam

Imid ^NH

" ' S

0 II H2C-c\ 1

NH

0 Bernsteinsäure-imid

Allgemeines chemisches Verhalten Tabelle

537

Funktionelle Derivate von Carbonsäuren

Konstitution

Bezeichnung

Beispiel 0

11

3

J R - C (

Carbonsäurehydrazid NH—NH2 Isonicotinsäurehydrazid .0

R -

C

0

(

Hydroxamsäure

h3c—

NH—OH

NH—OH

,NH R—C

\

Amidin

Acetohydroxamsäure ^NH H oC—C H o—C

\

nh2

NH2

Propionamidin OH R—C=N

Nitrii u

»

Hydroxyphenylacetonitril N—CH2 R - C (

|

Oxazolin

o—CH2

h

3

c - < \

ch3 1 N—C—CH3 1 1

' 0—CH2

2,4,4-Trimethyl-2-oxazolin

2 Allgemeines chemisches Verhalten Viele R e a k t i o n e n der funktionellen Derivate v o n C a r b o n s ä u r e n lassen sich auf 2 T y p e n zurückführen: auf die Substitution des H e t e r o a t o m s X in R — C O — X durch Y

e

und auf die Substitution des reaktiven Wasserstoffs in a-Stellung.

538

Funktionelle Derivate von Carbonsäuren

+

I

H

Y

I

/>



Substitution des Heteroatoms

/> x

H

Y—Z

typisches Carbonsäurederivat

R—C—C

+

Substitution des a -Wasserstoffs

H—Z

Zum zuerst genannten Typ gehört die Hydrolyse. Allen funktionellen Derivaten von Carbonsäuren ist gemeinsam, daß sie bei der Hydrolyse Carbonsäuren ergeben. Beispiel 1 : Hydrolyse eines Esters, Säurechlorids, Amids bzw. Nitrils zur entsprechenden Carbonsäure. O H3C—C

\ 0—CH3

Essigsäure-methylester

H,C—C.

0

S

V ci

\

Acetylchlorid

H,0

0

H3C—C

OH

Essigsäure

S \ NH,

Acetamid

H20

Acetonitril

Beispiel 2 : Hydrolyse eines Oxazolins zur entsprechenden Carbonsäure

S H3C—CH2—C'

l \

y

H® CH 3

+

O—CH2 2-Ethyl-4,4-dimethyl-2-oxazolin

H2O

>

S H3C—CH2—C'

0 + OH

Propionsäure

H2N—C( \ \ CH 3 HO—CH2 2-Amino-2methyl-1 propanol

Carbonsäurechloride

539

In der Reaktivität unterscheiden sich die einzelnen Verbindungstypen erheblich voneinander. Am reaktionsfähigsten sind Carbonsäurechloride. Sie reagieren rasch mit Wasser unter Bildung der entsprechenden Carbonsäure und ebenfalls rasch mit Brom unter Bildung des entsprechenden a-Bromcarbonsäurechlorids. Ziemlich reaktionsträge verhalten sich Amide. Hydrolyse und a-Substitution verlaufen hier langsam bzw. gar nicht. Die Reaktivität von Carbonsäurederivaten fällt im allgemeinen in dieser Reihenfolge: O II R—C—Cl

O O II II R—C—0—C—R

0 II R—C—NH,

R—C—0—R'

Aufgabe Welche der folgenden Verbindungen sind funktionelle Derivate von Carbonsäuren? 0 R—c:

/

R—C

.N-CH,

0—CH, R—c:

R—CH

0—CH,

N—CH2 I H

3 Carbonsäurechloride 3.1 Übersicht und Eigenschaften In der untenstehenden Tabelle sind einige Carbonsäurechloride (zusammen mit anderen Carbonsäurehalogeniden) aufgeführt. Die niedermolekularen Carbonsäurechloride stellen Flüssigkeiten dar, die einen stechenden, tränenreizenden Geruch besitzen. Dieser rührt teilweise von Chlorwasserstoff her, welcher bei der Hydrolyse in den Schleimhäuten von Nase und Augen entsteht.

3.2 Darstellung 3.2.1 Aus Carbonsäuren und anorganischen Säurechloriden (Kap. 20, Abschn. 6.4) Beispiel:

Q

0 0H

Benzoesäure

+

SOCI,

Thionylchlorid

> I

Ii

Cl

Benzoylchlorid

+

so/

+

HC/

540

Funktionelle Derivate von Carbonsäuren

Tabelle

Carbonsäurehalogenide

Konstitution

Name

Siedepunkt in ° C

0 H3C—C{

Acetylfluorid

20,5

Acetylchlorid

52

Acetylbromid

70,5

Propionylchlorid

80

\ 0 H3C—

\

CI

H3C—c/ \

Br

H 3 C—C H 2 C. CI H 3 C — 0 H 2—C H 2~*C.

Butyrylchlorid

102

CI H3C H3C

>-