171 86 23MB
German Pages 414 [431] Year 1792
Gotthold Ephraim Lessings
sämmtliche Schriften.
Neunter Theil.
Berlin, 1792. Zn der Vofsischen Buchhandlung.
Vorrede Bekanntlich kam die erste Ausgabe des Laokoon im Jahr 1766 heraus, nachdem der Verfasser mehrere Jahre an den Ma« terialien gesammelt, ja, wie aus einer Note S. 479 erhellet, auch den größten Theil der darin enthaltenen Aufsätze schon einige Jahre vorher niedergeschrieben hatte. Dar Werk sollte, dem ursprüng« lichen Plane zufolge, aus drey Theilen bestehen; allein nach des Verfassers To« de haben sich unter seinen hinterlassenen Papieren nur noch einige Fragmente von diesen Theilen gefunden. Sie wurden r
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Vorrede. ------ ***
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in der zweyten Ausgabe vom Jahre 1788 dem ersten Theile angehängt; bey diesem neuen Abdruck aber hat man sich genöthigt gesehen, sie für den folgenden zehn ten Band zu bestimmen, der zugleich noch einige andere hinterlassene Aufsätze antiquarischen und artistischen Inhalt liefern wird. Der Verfasser hatte einige wenige Stellen in seinem Exemplar geändert, und au- diesem ist sowohl die zweyte Aus gabe, als die gegenwärtige abgedruckt worden. Sollte also jemand sich die Mühe geben, die erste Ausgabe mit den späteren zu vergleichen, so wird er die wenigen Abweichungen nicht für eigen mächtige Abänderungen halten dürfen.
antiquarische
Schriften.
Lao k oo n oder
über die Grenzen der Malerey und Poesie. YA»i Mi Tytrei; /tifninvt ^la^tynri. IIAST. 5T. Ad*. MM n, W MM S. «»),
Mit beyläufigen Erläuterungen verschiedener Punkte der
alten Kunstgeschichte. i 1 6 6.
Vorrede. Der erste, welcher die Malerey und Poe sie mit einander verglich, war em Mann 6oy feinem Gefühle, der von Heyden Kün sten eine ähnliche Wirkung aufsich verspürte.
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„Körpers entdecket, und den man ganz allein, „ohne das Gesicht und andere Theile z» betrach, „ten, an dem schmerzlich etngezogenen Unterleibe „beynahe selbst zu empfinden glaubt; dieser „Schmerz, sage ich, äußert sich dennoch mit fei* „ner Wuth in dem Gesichte und in der ganzen „Stellung. Er erhebt kein schreckliches Ge, „schrey, wie Virgil von seinem Laokoon singet; „dieOeffnung des Mundes gestattet es nicht: „es ist vielmehr ein ängstliches und beklemmtes „Seufzen, wie es Sadolet beschreibet. Der „Schmerz des Körper» und die Größe der See, „le sind durch den ganzen Dau der Flgur mit „gleicher Stärke ausgetheilet, und gleichsam ab gewogen. Laokoon leidet, aber er leidet wie „des Sophokles Philoktet: sein Elend gehet „uns bis an die Seele; aber wir wünschten, „wie dieser große Mann das Elend ertragen zu „können." „Der Ausdruck einer so großen Seele geht „weit über die Bildung der schönen Natur. „Der Künstler mußte die Stärke de» Geiste« in „sich selbst fühlen, welche er seinem Marmor
der Malerey und Poesie. t
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„einprägte. Griechenland hatte Künstler und „Weltweise in einer Person- und mehr als et# „ncn Metrodor. Die Weisheit reichte der „Kunst die Hand, und blies Hm Figuren berfel# „ben mehr als gemeine Seelen ein, u. f. w.? Die Bemerkung, welche hier zum Grunde liegt, daß der Schmerz sich in dem Gesichte des Laokoon mit derjenigen Wuth nicht zeige, wei# che man bey der Heftigkeit desselben vermuthen sollte, ist vollkommen richtig. Auch das ist un# streitig, daß eben hierin, wo ein Halbkenner den Künstler unter der Natur geblieben zu seyn, das wahre Pathetische des Schmerzes nicht er# reicht zu haben, urtheilen dürfte; daß, sage ich, eben hierin die Weisheit desselben ganz befon, der« hervorleuchtet. Nur in dem Grunde, welchen Herr Winkel# mann dieser Weisheit giebt, in der Allgemein# heit der Regel, die er aus diesem Grunde her# leitet, wage ich es, anderer Meynung zu seyn. Zch bekenne, daß der mißbilligende Seiten blick, welchen er auf den Virgil wirst, mich zu rrst stutzig gemacht hat; und nächstdtm die Ver#
i4 Laokoott, oder: über die Grenzen fr
gleichung mit dem Philoktet. ausgehen,
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Von hier will ich
und meine Gedanken in eben der
Ordnung niederschreiben, in welcher sie sich bey
mir entwickelt.
„Laokoon leidet, wie des Sophokles Phi,
koktet."
Wie leidet-dieser? Es ist sonderbar,
daß sein Leiden so verschiedene Eindrücke bey uns zurückgeiassen.
— Die Klagen, das Ge,
schrey, die wilden Verwünschungen, mit roel#
chen sein Schmerz das Lager erfüllte,
und alle
Opfer, alle heilige Handlungen störte, erschol, len nicht minder schrecklich durch das öde Eiland,
und sie waren es, die ihn dahin verbannten. Welche Töne des Unmuths, des Jammers, der
Verzweiflung, von welchen auch der Dichter in
der
Nachahmung
das
Theater
durchhallen
ließ. — Man hat den dritten Aufzug dieses Stücks ungleich kürzer, als die übrigen geftrn« den.
Hieraus sieht man, sagen die Künstlich,
ter *), daß es den Alten um die gleiche Länge
der Aufzüge wenig
zu thun
gewesen.
*) Brumoy Theat, des Grecs T. II, p. Jp.
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-er Malerey und Poesie. C
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glaube Ich auch; aber ich wollte mich desfalls lie, ber auf ein ander Exempel gründen, als auf dieses. Die jammervollen Ausrufungen, das Winseln, die abgebrochenen », «, »tuttm, « /»»•! die ganzen Zeilen voller aus welchen dieser Aufzug bestehet, und die mit ganz andern Dehnungen und Absetzungen declamirt werden mußten, als bey einer zusammenhan, genden Rede nöthig sind, haben in der Borstel, lung diesen Aufzug ohne Zweifel ziemlich eben so lange dauren lassen, als die andern. Er scheinet dem Leser weit kürzer auf dem Papiereals er den Zuhörern wird vorgekommen seyn. Schreyen ist der natürliche Ausdruck des körperlichen Schmerzes. Homers verwundete Krieger fallen nicht selten mit Geschrey zu Bo den. Die geritzte Venus schreyet laut *); nicht Mtn sie durch dieses Geschrey als die weichliche Göttinn der Wollust zu schildern, vielmehr um der leidenden Natur ihr Recht zu geben. Denn selbst der eherne Mars, als er die Lanze des
•) Iliad, E, v. 343. H
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Diomedeö fühlet, schreyet so gräßlich, äts schrieen zehn tausend wüthende Krieger zugleich, daß beyde Heere sich entsetzen *). So weit auch Homer sonst seine Helden über die menschliche Natur erhebt, so treü blei/ ben sie ihr doch stets, wenn es auf das Gefühl der Schmerzen und Beleidigungen, wenn es auf die Aeußerung dieses Gefühls durch Schreyen, oder durch Thränen, oder durch Scheltworte ankömmt. Nach ihren Thaten sind es Geschöpf fe höherer Art; nach ihren Empfindungen wah re Menschen. Ich weiß «S, wir feinern Europäer einer klüger» Nachwelt wissen über unsern Mund und über unsere Augen besser zu herrschen. Höflichkeit und Anstand verbieten Geschrey und Thränen. Die thätige Tapferkeit des erfleh rauhen Weltalters hat sich bey uns in eine lei dende verwandelt. Doch selbst unsere Uräitern waren In dieser größer, als in jener. Aber un sere Uräitern waren Barbaren. Alle Schmerzen ver, *) Iliad. E. V, 8J9‘
der Malerey und Poesie.
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verbeißen, dem Streiche des Todes mit unver wandtem Auge entgegen sehen, unter den Dis, sen der Nattern lachend sterben, weder seine Sünde noch den Verlust seines liebsten Freun des beweinen, sind Züge des alten Nordischen Heldenmuths *). Palnatoko gab seinen Zoms, bürgern das Gesetz, nichts zu fürchten, und das Wort Furcht auch nicht einmal zu nennen. Nicht so der Grieche! Er fühlte und furchte sich; er äußerte seine Schmerzen und seinen Kummer; er schämte sich keiner der menschlichen Schwachheiten; keine mußte ihn aber auf dem W?ge nach Ehre, und von Erfüllung seiner Pflicht zurückhalten. Was bey dem Barbaren aus Wildheit und Verhärtung entsprang, das wirkten bey ihm Grundsätze. Bey ihm war der Heroismus wie die verborgenen Funken im Kie sel, die ruhig schlafen, so lange keine äußere Ge walt sie wecket, und dem Steine weder seine Klarheit^ noch seine Kälte nehmen. Bey dem
*) Th. Bartholinus de causis contemptae a Da nis adhue gentilibus mortis, Cap. I.
fflttm. Schr. ix. rh.
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Laokoon, oder: über die Grenzen
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Barbaren war der Heroismus eine helle fres sende Flamme, die immer tobte, und jede ande, re gute Eigenschaft in ihm verzehrte, wenigstens schwärzte. — Wenn Homer die Trojaner mit wildem Geschrey, die Griechen hingegen in ent schlossener Stille zur Schlacht führet, so merken dle Ausleger sehr wohl an, daß der Dichter hierdurch jene als Barbaren, diese als gefittete Völker schildern wollen. Mich wundert, daß sie an einer andern Stelle eine ähnliche charak teristische Entgegensetzung nicht bemerket ha, ben *). Die feindlichen Heere haben einen Waffenstillstand getroffen; sie sind mit Verbren, nung ihrer Tobten beschäftiget, welches auf bey, den Theilen nicht ohne heiße Thränen abgchet; 5wmf. Aber PriamuS verbietet seinen Trojanern zu weinen; «$"»» nyf»iv»s- Er verbietet ihnen zu weinen, sagt die Dacier, well er besorgt, sie möchten sich zu sehr erweichen, und morgen mit weniger Muth an ben Streit gehen. Wohl; doch frage ich:
-er Malerey und Poesie. t-
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warum muß nur PrtamuS dieses besorgen? Warum ertheilet nicht auch Agamemnon seinen Griechen das nehmliche Verbot? Der Sinn des Dichters gehet tlefer. Er will uns lehren, daß nur der gesittete Grieche zugleich weinen und tapfer seyn könne; indem der ungesittete Trojaner, um es zu seyn, alle Menschlichkeit vorher ersticken müsse. y« p» «Z,» läßt er an einem andern Orte *) den verständigen Sohn des weisen Nestors sagen. Es ist merkwürdig, daß unter den wenigen Trauerspielen, die aus dem Alterthume auf uns gekommen sind, sich zwey Stücke finden, in welchen der körperliche Schmerz nicht der klein ste Theil des llnglücks ist, das den leidenden Helden trift. Außer dem Phtloktet, der ster bende Herkules. Und auch diesen läßt Sopho, klee klagen, winseln, weinen und schreyen. Dank sey unsern artigen Nachbarn, diesen Meistern des Anständigen, daß nunmehr ein B 2 ') Odyss, A. 19s.
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winselnder Philoktet, ein schreyender Herkules, die lächerlichsten unerträglichsten Personen auf der Bühne seyn würden. Zwar hat sich einer ihrer neuesten Dichter *) an den Philoktet ge« wagt. Aber durfte er es wagen, ihnen den wahren Philoktet zu zeigen? Selbst ein Laokoon findet fich unter den ver, lernen Stücken des Sophokles. Wenn uns das Schicksal doch auch diesen Laokoon geginnet hätte! Aue den leichten Erwähnungen, die sei, ner einige alte Grammatlker thun, läßt sich nicht schließen, wie der Dichter diesen Stoff behandelt habe. So viel bin ich versichert, daß er den Laokoon nicht stoischer, als den Philoktet und Herkules, wird geschildert haben. Alles Stoische ist untheattalisch; und unser Mitlei, den ist allezeit dem Leiden gleichmäßig, welcher der intereffirende Gegenstand äußert. Sieht mau ihn sein Elend mit großer Seele ertragen, so wird diese große Seele zwar unsere Bewun derung erwecken; aber die Bewunderung ist ein kalter Affekt, dessen unthätiges Staunen jede *) Chataubrun.
der Malerey und Poesie.
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andere wärmere Leidenschaft, so wie jede andere deutliche Vorstellung, ausschlteßet. Und nunmehr komme ich zu meiner Folge« rung. Wenn es wahr ist, daß das Schreyen bey Empfindung körperlichen Schmerzes, be« sonders nach der alten griechischen Denkungs art, gar wohl mit einer großen Seele bestehen kann: so kann der Ausdruck einer solchen Seele die Ursache nicht seyn, warum dem ohngeachtet der Künstler in seinem Marmor dieses Schreyen nicht nachahmen wollen; sondern «S muß einen andern Grund haben, warum er hier von sei nem Nebenbuhler, dem Dichter, abgehet, der dieses Geschrey mit bestem Vorsätze ausdrücket.
II. Es sey Fabel oder Geschichte, daß die Liebe den ersten Versuch in den bildenden Künsten ge, macht habe: so viel ist gewiß, daß sie den gro, ßen alten Meistern die Hand zu führen nicht müde geworden. Denn wird itzt die Malerey überhaupt als die Kunst, welche Körper auf B 3
der Malerey und Poesie.
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andere wärmere Leidenschaft, so wie jede andere deutliche Vorstellung, ausschlteßet. Und nunmehr komme ich zu meiner Folge« rung. Wenn es wahr ist, daß das Schreyen bey Empfindung körperlichen Schmerzes, be« sonders nach der alten griechischen Denkungs art, gar wohl mit einer großen Seele bestehen kann: so kann der Ausdruck einer solchen Seele die Ursache nicht seyn, warum dem ohngeachtet der Künstler in seinem Marmor dieses Schreyen nicht nachahmen wollen; sondern «S muß einen andern Grund haben, warum er hier von sei nem Nebenbuhler, dem Dichter, abgehet, der dieses Geschrey mit bestem Vorsätze ausdrücket.
II. Es sey Fabel oder Geschichte, daß die Liebe den ersten Versuch in den bildenden Künsten ge, macht habe: so viel ist gewiß, daß sie den gro, ßen alten Meistern die Hand zu führen nicht müde geworden. Denn wird itzt die Malerey überhaupt als die Kunst, welche Körper auf B 3
22 Laokoon, oder: über die Grenzen ------------------ ,u viel wer den. Denn obschon auch das Portrait ein Ideal zuläßt, so muß doch die Aehnltchkeit dar/ über herrschen; es ist das Ideal eines gewissen Menschen, nicht das Ideal eines Menschen überhaupt. Wir lachen, wenn wir hören, daß bey den Alten auch die Künste bürgerlichen Gesetzen un terworfen gewesen. Aber wir haben nicht im mer Recht, wenn wir lachen. Unstreitig müs sen sich die Gesetze über die Wissenschaften keine Gewalt anmaßen, denn der Endzweck der Wis senschaften ist Wahrheit. Wahrheit ist der Seele nothwendig; und eö wird Tyranney, ihr in Befriedigung dieses wesentlichen Bedürfnisses den geringsten Zwang anzuthun. Der Endzweck der Künste hingegen ist Vergnügen; und das Vergnügen ist entbehrlich. Also darf e« aller dings von dem Gesetzgeber abhangen, welche Art von Vergnügen, und in welchem Maße er jede Art desselben verstatten will. ') Plinius Lib. XXXIV. Seit. -.
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DI« bildenden Künste insbesondere, außer dem unfehlbaren Einflüsse, den sie auf den Cha rakter der Nation haben, sind einer Wirkung fähig, welche die nähere Aufsicht des Gesetzes heischet. Erzeugten schöne Menschen schöne Bildsäulen, so wirkten diese hinwiederum auf jene zurück, und der Staat hatte schönen Bild, säulen schöne Menschen mit zu verdanken. Bey uns scheinet sich dle zarte Einbildungskraft der Mütter nur in Ungeheuern zu äußern. Aue diesem Gesichtspunkte glaub« ich in ge wissen alten Erzählungen, die man geradezu als Lügen verwirft, etwas Wahres zu erblicken. Den Müttern des Aristomenes, des Artstoda, Mas, Alexanders des Großen, des Scipio, des Augustus, des Galerius, träumte in ihrer Schwangerschaft allen, als ob sie mit einer Schlange zu thun hätten. Die Schlange war ein Zeichen der Gottheit *); und die schönen •) Man irret sich, wen« man die Schlange nur für das Kennzeichen einer medicinischen Gott, heit hält. Iustinus Martyr (Apolog. n. pag. $$. edk. Sylburg.) sagt ausdrücklich:
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Bildsäulen und Gemälde eines Bacchus, eines Apollo, eines Merkurius, eines Herkules, war ren selten ohne eine Schlange. Die ehrlichen Weiber hatten des Tages ihre Augen an dem Gotte geweidet, und der verwirrende Traum erweckte das Bild de« Thieres. So rekte ich den Traum, und gebe die Auslegung Preis, welche der Stolz ihrer Söhne und die Unver, schämtheit des Schmeichlers davon machten. Denn eine Ursache mußte es wohl haben, war, «m die ehebrecherische Phantasie nur immer eine Schlange war. Doch ich gerathe aus meinem Wege. Zch wollte bloß festsehen, daß bey den Alten die Schönheit das höchste Gesetz der bildenden Künste gewesen sey. iravtt
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und es wäre leicht eine Reihe von Monumeiv ten anjusühren, wo die Schlange Gottheiten begleitet, welche nicht die geringste Trtirhong aus die Gesundheit habe».
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schämt sich seiner Klagen nie; aber der Halb gott schämt sich, daß sein sterblicher Theil über den unsterblichen so viel vermocht habe, daß er wie ein Mädchen weinen und winseln müssen "). Wir neuern glauben keine Halbgötter, aber der geringste Held soll bey uns wie ein Halbgott empfinden, nnd handeln, Ob der Schauspieler das Geschrey und die Verzuckungen des Schmerzes bis zur Illusion bringen könne, will ich weder zu verneinen noch zu bejahen wagen. Wenn ich fände, daß es un sere Schauspieler nicht könnten, so müßte ich erst wissen, ob es auch ein Garrik nicht vermö, gend wäre: und wenn es auch diesem nicht ge, länge, so würde ich mir noch immer die Skävo, poeie und Declamation der Alten in einer Voll, kommenheit denken dürfen, von der wir Heus zu Tage gar keinen Begriff haben. *) Trach. v. io88- 89. — — »fit «re xXcMl --- ---
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weiter daraus schließen will, so glaube ich wtf nigstene, daß man sie als eine Hypochesie kann F * Coruscant luminibus, fulmineum jubar Incendit aequor, sibilisque undae- tremunt, Stupuere mentes. Infulis ftabant facri Phrygioque cuku gemina nati pignora Laocoonte, quos repente tergoribus ligant Angues corufci: parvulas illi manus Ad ora referunt: neuter auxilio fibi, Uterque fiatri tranftulit pias vices, Morsque ipfa miseros mutuo perdit metu. Accumular ecce liberum foiius Parens, lnfirmus auxiliator) invadunt virum Jam morte pasti, membraque ad terram trahunt. Jacet facerdos inter aras victima.
Die Hauptzüge sind in beyden Stellen eben dieselben, und verschiedenes ist mit den nehm liche» Worten ausgedrückt. Doch das sind Kleinigkeiten, die von selbst in die Augen fal len. Es giebt andere Kennzeichen der Nach ahmung, die feiner, aber nicht weniger sicher sind. Ist der Nachahmer ein Mann, der
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efäs-m.
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Kunst, besaß eine reiche Sammlung der treflich, sten alten Kunstwerke, ließ von Künstlern seiner gelt neue fertigen, und dem Geschmacke, den er In seiner Wahl zeigte, war ein so kühner Stück als Laokoon, vollkommen angemessen*): ut fuit acris vehementiae sic quoque fpectari monumenta fua voluit. Doch da das Cab inet besPollio, zu den Zeiten des Plinius, als Lao, koon in dem Pallaste des Titus stand, noch ganz nnze.rtrennet an einem besondern Orte beysam, men gewesen zu seyn scheinet: so möchte diese Muthmaßung von Ihrer Wahrscheinlichkeit wie, derum etwas verlieren. Und warum könnte es nicht Titus selbst gethan haben, was wir dem Polli» zuschreiben wollen?
XXVII.
Ich werde in meiner Meinung, daß die Meister des Laokoon« unter den ersten Kaisern ♦) kliniul 11b. XXXVI. fest. 4. p. 7»y.
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Kunst, besaß eine reiche Sammlung der treflich, sten alten Kunstwerke, ließ von Künstlern seiner gelt neue fertigen, und dem Geschmacke, den er In seiner Wahl zeigte, war ein so kühner Stück als Laokoon, vollkommen angemessen*): ut fuit acris vehementiae sic quoque fpectari monumenta fua voluit. Doch da das Cab inet besPollio, zu den Zeiten des Plinius, als Lao, koon in dem Pallaste des Titus stand, noch ganz nnze.rtrennet an einem besondern Orte beysam, men gewesen zu seyn scheinet: so möchte diese Muthmaßung von Ihrer Wahrscheinlichkeit wie, derum etwas verlieren. Und warum könnte es nicht Titus selbst gethan haben, was wir dem Polli» zuschreiben wollen?
XXVII.
Ich werde in meiner Meinung, daß die Meister des Laokoon« unter den ersten Kaisern ♦) kliniul 11b. XXXVI. fest. 4. p. 7»y.
-er Malerey und Poesie.
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gearbeitet habe»,, wenigstens so alt gewiß nicht sey» können, als sie HerrWmkelmann ausgiebt, durch eine kleine Nachricht bestärket, dir er selbst zuerst bekannt macht. Sie ist diese *): „Zu Nettuno, ehemals Antium, hat der >,$err Cardinal Alexander Albani, tm Zahc (>1.7 i 71 tn «lnem grvßxn Gewölbe, welches im „Meere versunken lag, elne Vas» entdecket, „welche von. schwarz gräulichem Marmor ist, „den man tha Digto nennet, in welche die Fi/ „gur eingefüget war; auf derselben befindet sich „folgende Inschrift: AOANOA42POS
ArHSANAfOT POAtOS
EnOIHSE
„AthanodornS des Agesanders Sohn, aus Rho mbus, hat es gemacht. Wir lernen aus dieser //Inschrift, daß Vater und Sohn am Laokoon „gearbeitet haben, und vermuthlich war auch „Apolloddrus ( Polydorus) des Agesanders „Sohn: denn dieser Athanodorus kann kein am Aa 4
') Geschichte der Kunst, Th 11. S.
z/6 Laokoon, oder: über die Grenzen
„derer seyn, als der, welchen. Plinius nennen „Es beweiset ferner diese Zuschrift, daß fich „mehr Werke der Kunst, als nur allein drey„wie Plinius will, gefunden haben, auf welche „die Künstler das Wort, Gemacht, ln vollen, „derer und bestimmter Zett gesehet, nehmlich „br«mn, fecit: er berichtet, daß die übrigen „Künstler aus Bescheidenheit sich in »«bestimm« „ter Zeit ausgedrücket, «=•■•