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German Pages 334 Year 1792
Gotthold Ephraim Lessings
sämmtliche Schriften.
Siebenter Theil.
Berlin, 1792.
Zn ter Vosstschen Duchhandlaag.
Vorrede. Äöohl alle Verehrer Leffknge — «ch Ihre Anzahl Ist, zur Ehre M deutsche«
Geschmacke, bettächtlich — wünsche«,
endlich einmal seine sämmtlichen Schrift
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itt gleichem Format und Druck beflt-
I
zu könne«; und mehrere von thuen
habe« de» Wunsch auch öffentlich geäu ßert, besonder« seitdem in dem fünfte«
*»
Vorrede
IV
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I
tutb sechstm Theile dieser vermischte« Schriften der Anfavg gemache wordm
ist, seine jerstreueten Anfsthe zu sam«
»ein.
Es ist nicht« billiger, als diese»
Wunsch -» befriedigen, aber zugleich auch auf den Bottheil derer Rücksicht zu nehme», die schon dm größeren Theil
N» den Schrift« M verewigten Ver fassers besitzen.
Die «eistm find in
gleiche« Format mit der gegemvättige» Sammlung gedruckt; und es kann alja
einem große» Theile de» Publiknmch
nicht anders als angenehm seyn, men»
gerade in ihr auch die übrige», zum AHE eivzel«, zuM Theil in Sammln«,
UwrrctrC* I
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Hirni I
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V ■ 1.1
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btUnit gemachte« Aufsätze, »ach
«ad «ach geliefert Verden.
Ja diesem siebente« Baade findet «an zuerst nach einige theologische Auf
sätze, die, wenn sie nicht ganz isolirt ste hen sollte«, sich am schicklichsten an die im fünften und sechsten Bande geliefer
ten Schriften anfchkeßen konnten.
Die
ersten beiden (Seidnitz von den ewige»
Strafen, und des Andrea- Wiffowa-
rius Einwürfe wider die Dreieinigkeit) sind aus den Beiträge» zur Geschichte
und Litteratur (l, Seite »99. und H,
Seite 371.)
genommen.
Ueber dar
dritten (Vorrede zu einer predigt über * 3
Vorrede.
VI
zwei Cepte) fiadm die Leser i« der da vor stehenden Einleitung von Lessiugr vertrautem Freunde, Herr« Zr. Nicolai, die nöthige Auskunft.
An die theologischen Aufsätze schlos
sen sich VShl nicht unschicklich die philo sophischen, in der engeren Bedeutung -er Wörter.
ste:
Pope,
Schrift,
Unter diesen ist der er et» Metaphysiker;
eine
die durch eine Preiraufgabe
-er Berlinischen
Akademie veranlaßt,
und von Lessing und Moser Mendelr» sohn
im Jahr
1755 gemeinschaftlich
au-gearbeitet ward *).
Wie vielen An«
') Pape, Nu Metaphysiker, lvamir
Vorrede
vn
theil jeder MN beiden daran hatte, lüste
sich freilich nicht genau bestimmen; im» deß, da Mn Lessing wahrscheinlich et»
beträchtlicher Theil der Ideen, und ge wiß der Vertrag gr-ßtentheil« herrührt,
«eil Mose« Mendelssohn zu jener Zett
der Sprache wohl noch nicht ganz mäch tig war:
so ist
eS
nicht
unbillig,
dm Aussatz mit unter Lessing- Schriften
aufzunehmen.
Die Vorrede imd Zvsilye zu Lari Wilhelm
Jerusalems philosophisch«
Anffltz« sind vom Jahr 1776 *).
E-
* 4 •) Corl Wilhtlm pbilostrbisch« Aafsiltze, henmOwed« wo®. «. LeMg. Breeolchnei- izt«.
vra
Vorrede.
Ivar nicht nöthig, diese Am der Ansätze willen mit abdrucken zu lassen, da die letzteren, wen« man uur die hier mit abgedruckten Ueberschrtsten
der ersteren
weiß, recht gut für fich allein ju verste
hen sind. Ernst und Falk, Gespräche für
FreimLurer *), eine der letzten und vol
lendetste» Schriften des unsterblichen
Verfassers,
konnte, ob sie gleich, dem
Titel zufolge, zunächst für Freimaurer
bestimmt ist, wohl nirgends eine schickli chere Stelle erhalten, als hier, da be-
*) Ohur Druckort, 1771.
Vorrede.
IX
sonderr das zweite Gespräch ganz voll
spekulativer Philosophie ist.
Lessing
fand er im Jahre 1778 noch nöthig, im vierten und fünften Gespräch eini
ge Namen nur mit * * * zu bezeichne».
Die Ursachen, die ihn dazu bewogen, fallen jetzt weg.
Seit jener Zeit sind
die verschiedenen Systeme der Freimau rerei oft zur Sprache gekommen, und
jedermann kann wissen, daß die * * *
hier Tempelherren
bedeuten.
Die
zwei * * und einige--------- wird nun
ein aufmerksamer Leser sich leicht aus» füllen können.
X
Vorrede.
Der nächste Band, wird LesstingS
zerstrenete Vorrede» theils z» eigenem, theils zu fremden Schriften, «en
Sprachbemerkungen
und Scultetu» enthalte».
nebst fei«
über Logan
Lvhali.
t Theologische Aufsätze.
Seite i
i) keidnltz t»en de» ewige» Straft».
i) De» Vrdrea« Diffowatiu« Eiawilrfe «ft 6« dir Dreieinigkeit. O
z) Sm»t i» ei»er Predigt über twei
Lextt.
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xn
Inhalt.
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Philosophische Aufsätze. Seite
i) Pope eil Mrtqphyfiker.
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im
•) Donrde unb gofUnn Larl Wilhel« Ie< rasalem« philosophische» Lofsilhe». aoj l) Grast eeb -alt. Gespräche für grtimeu# Ute
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9
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L
Theologische
Aufsätze.
1
Leibnitz von -e« ewigen Strafen. 1770
0» sehe, daß gegenwärtig bei unsern Theolo/
gen der Streit über die Unendlichkeit der H-l, ienstrafrn wieder rege werden will.
Möchte er
tt doch so werden, daß er endlich entschieden und beigelegr heissen sinnt# l Denn dar ist ohne
Zweifel bei dergleichen Streitigkeiten dar Trau/ rigst», daß sie gemeiniglich nichts erstreiten, und
sich, zwanzig oder fünfzig Zahre später, der erste der beste Zelot# »der Vernünftler berechtiget glaubt,
die Sach« ganz wieder von vorne an/
zufangen. Einem solchen Schwäher nicht gleich zu wer/
den, ist e« höchst nöthig, vorher die Geschichte
der streitigen Lehre in ihrem ganzen Umfange zn studieren.
Nur wenn man genau weiß, wo X 3
4
Theologische Aufsätze.
jeder Borginger seinen Faden fallen lassen, kann man durch Aufhebung derselben, und durch Vergleichung Ihrer verschiedenen Richtungen, den entweder verlassenen oder noch nie betret«, nm Weg der Wahrheit einzuschlagea hoffen. Wenn gar unter diesen Vorgängern sich Leib» niye befinden: was kann schlechterdings lehr» reicher seyn, als fich in die geringsten Fußstap, fen derselben zu stellen, und von da aus um sich zu schauen? Mehr, glaube ich, bed-rf «< nicht, folgen, de wenige, aber bisher noch «ugedruckte Zellen des großen Mannes «tnzuleittu, der, wenn «< «ach mir gtenge, nicht eine Zeile vergeben« müß, te geschrieben haben. Was t* aber damit Pir Bewanbniß habe, glaube ich nicht besser, eli mit Mosheim» Worten angebra zu können; besonders da diese Wort« selbst, dabei gelegen», lich eine litterarische Erläuterung und Destäti, gung erhalten können. As Mosheim 172s seine hierher gehörige Schrift, hinter dem ersten Theile seiner heilige» Reden, herausgab, schickte q folgende Erklärung
Theologische Aufsätze. e
5
rfär-"t------------- »
darüber voraus. „Die betgefügten Gedanken „von der -ehre derer, die den Strafen der Hdl, „le ein Ziel setzen, sind von mir gcfodert war, „den. Andere Haden weltläusttger und gelehr« „ter von dieser Sache geschrieben. Und ich „kann» daher wohl leiden, wenn man glaubt, „meine Arbeit sey unntthig. Di« unschuldige „Ueberetlung von einigen «einer Freunde, die „gegen mein Wissen dieselbe wollen drucken „lassen, und zwar nicht ohne Fehler, hat mich „bewogen, da ich ihr Borhaben erfahren, ih« „nm zu versprechen, daß ich selbst den Druck „besorgen würbe. Zch vollziehe fetzund meine „Zusage. Und was ist denn hierin strafwürdig „ges? Oder würde ich nicht, wenn ich meine „Zusage nicht gehalten, eben so sehr gesündigt „haben, als da lch dieselbe vollziehe? Es ist „endlich besser, einige Dogen zu viel, als zu „wenig, von dergleichen Dingen der Welt zu „tiefern. Und je mehr Einfluß diese Lehre in „gewisse Wahrheiten des Glaubens hat, die den „Grund der Seligkeit betreffen, je bfters hat „man Ursache, die Deweisthümer derselben fe, A?
6
Theologische Aufsätze,
„ste ju sehen.
Man pflegt stet« aus di» Ber»
„nunft hierin fich zu berufen.
Und es ktmmt
„vielen der berühmtesten Mtnnervor, al« wenn „die Sache derjenigen, welche die Ewigkeit der „Strafen behaupten, beinahe
verloren
seyn
„würde, wenn man diese allein fragen wollte.
„Ich glaube da« Gegentheil, ohne daß ich an, „dere deswegen verachten will, di« ander« den, Mir deucht, baß die Vernunft, wo nicht
„tat.
„stärker, doch eben so stark, vor diejenigen streu „tr,
welche di« Ewigkeit, al« vor die, welche
„da« Lude der göttlichen Rache vertheidigen.
„Man fleht oft gewiss« Meynungen der Men, „scheu,
die de« Beifall der meisten erhalten,
„für klare Gesetze der Vernunft au, die man „nicht ltugnea darf.
Und oft mißt man die
„Gerechtigkeit de« göttlichen Gericht» nach der
„Gewohnheit der menschlichen Richterstühle ab. „Da« scharffinnigste,
wa« vor da« Ende der
„Höllenstrafen geschrieben, find die Gedanken
„eine«
sonst
gelehrten
„Schuld giebt,
Manne«,
dem
man
daß er vor seinem Ende in die
»giftigen Irrthümer der Socinianrr verfallen.
Theologische Aufsätze. » — ■ ■■
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seS Weg« einer unserer neuesten Schriftsteller begegnet wire. Herr Eberhard in seiner Apologie de« Sokrates, einem in vieler Ab, sicht sehr vortrefflichen Buche, worin er die Lehre von der Seligkeit der Heide« untersucht, hat auch die von der Unendlichkeit der Stra« fen mit in seine Prüfung ziehen zu müssen geglaubt. Nun hat es zwar seine ganz beson dere Ursache, warum ich wünschen könnte, daß er sich, wenigstens nicht in einer Apologie des Sokrates, dagegen rrkltrt hätte. Aber doch würde mich blos diese schwerlich vermögen kön nen, mir die geringste Anmerkung dagegen zu erlauben; wenn er nicht zugleich, indem ihm seine Materie auch auf da« brachte, wa« Leib, nih darüber geäußert hatte, gegen diesen und dessen Aeußerung verschiedene« erinnert hätte, wa« ich hier in Erwägung zu ziehen, einen so nahen Anlaß finde. Zch will, was ich zu f
Theologische Aufsicht. . .......
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6lo« die Gerechtigkeit Gotte« dabei in ein nähe, re« Licht sehen. Da« allein ist in den Worten de« Herrn Eberhard wahr. Warum er aber sagt, daß e« nur auf feine, d. i. dem Lribnitz eigenthümliche Begriffe von der Gerechttgkett, dabei abgesehen gewesen, gestehe ich, nicht ein» »usehen. Schlimm genug, daß man die Lehre een der besten Welt noch Immer feine Lehre nennt: warum sollen nun auch die einzigen wahren Begriffe von der Gerechtigkeit Gone«, feine Begriffe heissen? III. Noch fügt Herr Eberhard hinzu: „Er „(Letbnih) nimmt die ewigen Qualen nur 6t.„dingungoweise an, und zeigt, daß fle in der „Voraiwsehung ewiger Berschulbigungen nicht« „ungerechte« enthalten." Zch kenne die Stell» in der Theodiceewo sich Leibniy vollkom men so »««drückt. Gleichwohl würde er es schwerlich haben auf sich kommen lassen, wenn man darau« hätte schliessen wollen, daß er so,
•) Theil i. §. irr.
Theologische Aufsätze. t
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29 -
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nach alles, was die Gottesgelehrten sonst für die Ewigkeit der Sttafen aoruführen pflege», schlechterdings verwerfe. Er thut diese« wirk« ltch auch so wenig, daß er vielmehr in dem wichtigsten Punkte, worauf c« dabei ankimmt, mit ihnen mehr al« einig ist. Zch will sagen, daß er diesen Punkt nicht allein in seinem Wer« the oder Uawerkhe beruhen läßt, sondern ihn sogar sehr scharfsinnig vertheidigt. Herr Eber» Hard behauptet, daß Gott bet seinen Strafen, etn»ig und allein die Besserung der Bestraften, »um Zwecke haben könne und müsse. Leibniy hingegen dehnet diese Besserung nicht allein auf die au«, welche die Strafen nur mit anse, hen; gesetzt auch, daß sie bei den Bestraften selbst nicht Statt fände: sondern er redet auch der blo« rächenden Gerechtigkeit Gotte«, wel» che weder die Besserung, noch da« Exempel, ni m6me la rSparation du mal, zur Absicht habe, sehr ernstlich da« Wort; indem er sie nicht blo« auf die »an den Theologen erwiesene Androhung, sondern auf eine wirkliche konve» nirnj, auf eine gewisse Schadloshaltung der
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Theologische AufstHe. ..
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Verstände«, gründet').
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Selbst den Satz, daß
61t Sünde deswegen unendlich bestraft «erbe,
weil sie ein unendliche« Wesen beleidige, hat er nirgend« verworfen, ober auch nur gemißbilligt. Er sagt jwar an einem Orte,
daß einmal «ine
Zeit gewesen, ,,al« er diesen Satz noch nicht
„genugsam untersucht hatte, um darüber ein „Unheil j« füllen **)."
Ich finde aber nicht,
daß er e« nachher gefüllt; ohne Zweifel weil er nachher, al« er ihn genugsam untersucht hatte,
«rkanntt, daß sich schlrchttrdtng« nicht« darüber
•) Cette efpece de justice, qui n’a point pour but l’amendement, ni l’exemple, ni meine le riparation du mal. — Hobbes & quelques autres n’admettent point cette justice punilive, qui cst proprement vindicative. — Mais eile est toujours fondee dans un rapport de convenance, qui contente non feulement l’offenft, mais encorc les fages qui la voyent; comme une belle mufique, ou bien une ban ne architecturc contente les efprits bienfaits. Theoii. II. j. 7j. ••) Theod. in. §. 92.
Theologische Aufsitze.
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bestimmen lasse. Denn wenn jene eichende Gerechtigkeit Gott wirklich zukimmt: welcher endliche Verstand kann ihre Gränzen bezetch, nrn? Wer darf zu entscheiden wagen, was für einen Maaßstab sie bet diesen ihren Stra« fen anzunehmen habe, und wa« für einen nicht? Der Maaßstab ihrer eignen Unendlichkeit ist wenigsten« eben so wahrscheinlich, al« jeder andere.
IV. Aber wozu diese« alle«? Will ich Leibnihe« in noch grbßern Verdacht bringen, daß er den orthodoxen nur geheuchelt habe? oder will ich ihn in allem Ernste, bi« zum Aergerniß unsrer Philosophen, orthodox machen? Keine« von' beiden. Zch geb« e« zu, daß Leibnitz die Leh, re von der ewigen Verdammung sehr epote» risch behandelt hat; und daß er sich esoterisch' ganz ander« darüber »»«gedruckt haben würde.' Allein ich wollte nur nicht, daß mau dabei tfr' wa« mehr al« Derschledenhett der Lehrart zu sfr hen glaubte. Zch wollte nur nicht, daß man ihn geradezu beschuldigte, er sey in Ansehung
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Theologische Auffitze, "" '7^
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bet Lehre selbst mit sich nicht einig gewesen; in, dem er sie öffentlich mit beit Worten bekannt, heimlich unb im Grunde aber geläugnet habe. Denn das wäre ein wenig zu arg, und liesse sich schlechterdings mit keiner didaktischen Poli tik, mit keiner Begierde, allen alles zu werden, entschuldigen. Vielmehr bin ich überzeugt, und glaube es erweisen zu können, daß sich Lribnitz nur darum die gemeine Lehre von der Verdatn, mung, nach allen ihren exoterischen Gründen, gefallen lassen; ja gar sie lieber «och mit neuen bestärkt hätte; weil er erkannte, daß sie mit ei, ner großen Wahrheit seiner esoterischen Philo, sophie mehr übereinstimme, als die gegenseitige Lehre. Freilich nahm er sie nicht in dem rohen und wüsten Begriffe, in dem sie so mancher Theologe nimmt. Aber er fand, daß selbst in diesem rohen und wüsten Begriffe noch mehr wahres liege, als in den eben so rohen und wü, sten Begriffen der schwärmerischen Vertheidiger bet Wiederbringung: und nur das bewog ihn, mit den Orthodoxen lieber der Sacke ein wenig zu viel zu thun, als mit den letzter« zu wenig, v.
rheologische Aufflhe. t
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v. Herr Eberhard hat diese Meinung von ihm, und feiner esoterischen Philosophie, -er«, de nicht. Er glaubt, der vornehmste Grundsatz derselben, von dem besten Zusammenhang» der Dinge, erhalte erst alodenn seine grtßte Evi» den», wenn man annimmt, daß alle vernünftige Wesen endlich einmal t«r Glückseligkeit gelan» gen. „Diese«," sagt er, „har Seidnitz wohl „gefühlt, und ungeachtet er, wie ich oben be, „merkt hab», seine Philosophie auch der rntge, „gengesetzten Meinung anzupaffen suchte: so „hat er doch seine eigene Mißbilligung dersel, „ben nicht undeutlich zu verstehen gegebm. „Einer seiner geschicktesten Schüler und Der» „theidiger, (Vattel) erkennet diese« ohne De, „denken. Da« mildere Schicksal der Sünder „ist auch seinen Grundsätzen ju tief elngegra, „ben, al« daß man die letztem annehmen, und „da« erster» verwerfen könnte; wofem man ih, „re ganr» Kraft und Lu«dehnung kennt, und „die Mnersten Geheimnisse derselben erforscht „hat. Er kennet keinen Stillstand, keine Rnhe Verm. e»r. *"• 8». £
Theologische Aufsätze.
34
„in
alles ist, bis im Kleinsten,
Welt;
der
„in steter Bewegung, und »war »u mehrerer „Ausdehnung.
Diesen
„augenscheinlich
Wachsthum
der gleichmäßigen
zieht er Bollkom,
„menhcit vor; man mag ihn übrigens durch „die Ordinalen der Hyperbel oder des Drey«
„ecks erklären *)."
Zch muß, mit Erlaubniß
des Herrn Eberhard, hier anmerken, daß, wenn er sich', in Ansehung dieses lrhtern aus
der Leibnihischen Philosophie gezogenen Grün«
des, nicht überhaupt irret, er sich doch wenig, stens, in Betracht der dafür in der Note ange,
führten
Stelle, gewiß
Leibnitz sagt daselbst: le moyen
gan»
vergriffen
hat.
Je ne vois pas encorc
de faire voir demonftrativement
ce qu’on doit choifir par la pure railbn. Dieses scheinet Herrn Eberhard von der dop,
peilen Hypothe«, kommcnheit Les
die immer wachsende Voll,
Ganzen entweder
durch die
Ordlnaten der Hyperbel oder des Dreyecks zu
•) Leibnitz, Lettrc 1 M. Bourget, Opp. T. II. p. 332.
Theologische Aufsätze
35
erklirrn, verstanden zu haben. Allein e- geht offenbar auf die doppelte Hypothek, überhaupt entweder eine Immer wachsende, oder eine im, mer gleiche Bollkommenbeit des Ganzen anzu, nehmen *)• Wenn nun Leibnth selbst, im E r •) Hier ist die Stelle in ihrem villige» Zusam, menhauge: On peut Former deux hyporhafes, l’une que la nature est toujours egalement parfaite, Pautre qu’elle crok toujours en perfection. Si eile est toujours egalement parfaite, mais variablem ent, il est plus vraifemblable, qu’il n’y ait point de commencement. Mais si eile croiflbit toujours en perfection (fuppoft qu’il ne loit point poflible de lui donner toute la perfection tout ä la fois) la chofe (e pourroit encorc expli quer de deux fa^ons, favoir par les ordonnees de PHyperbole ou par celle du TrianSuivant Phypothefe de PHyperbole, il n*y auroit point de commencement, & les inftans ou Stars du monde feroienc ersi en perfection depuis toute Pcternite; mais fuivant Phypothefe du Triangle, il y auroit «u
z6
Theologische Aufsicht.
Zahre 171s, noch kein Drittel sah/ eiK ringe, zweifelten Grundsätzen entweder da« eine oder da« andere zu demonstrtren: wie kann man sa, gen, daß er gleichwohl da« erstere augenschein lich vorgezogen hab«? Zhn zwang sein System nicht im geringsten, sich für eine« von beiden zu erklären; es bleibt unter beiden Doraussrhun, -en eben dasselbe; und von beiden äußerte er bi« auf da« letzte, daß er noch nlcht einsehe, welche er schlechterdlng« annehmen müsse. Denn so wie er die von der immer wachsenden Vollkommenheit, in so fern man entweder ei, nen ersten Augenblick annehmen wolle, oder nicht, entweder durch die Hypothr« der Hyper, bel oder de« Triangel« erläutert: so erläutert er die immer gleiche Vollkommenheit, durch da« Rectangulum. Don allen diesen dreien Hypo, un commencement. L’hypothdfe de I, per* section egale feroit celle d’un Rectangle. Je ne vois pas encore le moyen de faire voir demonftrativement ce qu’on doit choisir par le pure raifon.
Theologische Aufsätze. c
37
0
1
thesen zusammen sagt er. Io einem anbem Briefe, als dem, welchen Herr Eberhard an, führt, ausdrücklich: Ainfi il n’est par si aist de decider, entre les trois hypothMcs > & il saut encore beaucoup de Meditation pour eh
venir ä bout Ferner in nach einem andern: Quant L la grande question, s'il est poflible
de dänontrer par räison quelle hypothefe, favoir du rectangle, du trianglc ou de Phy. perbole, est prtferable dans la Constitution de PUnivers, je crois qu’il faudroit s’atfa
ch er i un raifonnement rigoureux en bonne forme.
Car comme en Metaphyfique on n’a
pas Pavantage des Math&naticicns de pou» voir fixer les idees par des figures; il saut que la rigueur du raifonnement y fupplee,
laquelle ne peut gufcre 6tre obtenuc en ces
matidrcs,
qu’en obfervant la forme logi*
que. — Ainfi je vous prie, Monsieur, de
penfer comme vous pourriez reduire vos raisennemcns li-defius a une forme du«; car je
L 3
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Theologische Aufsätze.
n’en vois pas encore le moyen. Und, wie gesagt, aller dieser schrieb er im Zahre 171s; also, am Ende seiner Laufbahn, in Briefen, welche bie letzten Erläuterungen seiner Systems enthalten. Daher sind diese nehmlichen Briefe an Herrn Lourguet, welche in der Herrn Dutenr Ausgabe der sämmtlichen Werke zu erst erschienen, auch einer der schätzbarsten Vor, zöge derselben.
VI. Wollte aber Herr Eberhard seine Worte nicht so genau genommen wissen; sollte er blos haben sagen wollen, daß obschon Leibniy fei, ne von den gedachten Hypothesen im eigentli, chen Verstände demonstriren sinnen, er gleich, wohl für die von dem beständigen Fortgang zu grtßerer Vollkommenheit, einen merklichern Hang gehabt bade: so muß ich gestehen, baß ich ihm auch hierin nicht beifallen kann. Leib, niy scheint mir vielmehr der immer gleichen Vollkommenheit um vieles geneigter gewesen zu seyn, ja seinen Freund einer sinnlichen Demen,
Theologische Aufsätze. c
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39 ■
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stration derselben sehr nahe gebracht zu haben, welche er vielleicht seine Ursachen hatte, lieber au« ihm herauszuholen, als ihm vorznsagen. Zch gründe mich besondere auf die Stelle, wo er ihm schreibt: Vous avcz raison, Mon
sieur, de dire, qne de cc que les Irres sinis fönt infinis en nombre, il ne s’cnluit point que leur fysteine doit reeevoir d’abord toute la perfection dont il eft capable. Car si cctte confequcncc etoit bonne, l’hypotlicse de Rcctangle feroit demontre. Mich dünkt nemlich, wenn diese Folge auch nicht nothwendig, sondern wenn si« nur möglich ist, daß dadurch die Hypothrs des Rectangels schon eine» gro, ßen Vorzug gewinnt. Denn das Ganz« könnt« sonach in jedem Augenblicke diejenige Vollkvm, menheit haben, der es sich, nach der andern Hy, potheS, nur immer «ihert, ohne sie jemals zu erreiche«; und ich sehe nicht, warum es nicht eben daher das Wählbarere für die ewige Weis, heil sollte gewesen seyn. Dir Möglichkeit aber, daß die unendliche Zahl der endlichen Wesen €4
4o
Theologische Aufsatze.
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gleich Anfang« in den vollkommensten Zusam menhang, deren sie fähig sind, gebracht werden können, giebt Leibniy nicht allein zu, sondern rettet sie auch gegen den Borwurf de« immer Einrrieien; indem er jetzt, daß wenn der nrm« liche Grad der totalen Vollkommenheit schon bliebe, dennoch die einzeln Vollkommenheiten nnaufhirltch sich ändern würden.
VII. Doch gesetzt auch, alle« diese« verhielte sich nicht so, wie ich sage; gesetzt, e« wäre ganz unstreitig, wa« Herr Eberhard vorgiebt, daß Leibniy den unaufhörlichen Wachsthum der gleichmäßigen Vollkommenheit augenscheinlich »orgezogen habe: würde er nicht sodann wenig sten« den Begriff, den Lrtbnih mit diesem Wachsthum verband, viel zu weit auodehnen? keibnitz hätte ihn zuverlässig blo« von,den allge, meinen Zuständen de« Ganzen »erstanden: und Herr Eberhard erstreckt ihn auf alle einzelne Wesen. Wenn aber auch diese in beständiger Bewegung zu mehrerer Ausbreitung seyn sollen: so möchte ich wissen, wie bet moralischen Wesen
Theologische Aufsätze.
41
überhaupt Sünde Statt haben könnte? E« wtre denn, daß blt Sünde selbst nichte ander« al« eine Bewegung zu mehrerer Ausdehnung seyn sollte. Nein, so hat Lelbnih gewiß nicht gedacht; sondern war er von einem einzeln Zu, stände de« Ganzen, nach der Hypothr« der gl«ichmtßlg«a Vollkommenheit, sagt: cettc Collection pent avoir tonte la perfection, quoique les ehestsßngulilres qui la compofint pulssent augmenter y diminuer en perfeüion: da« ist schlechterdings auch von jedem Zustande des Ganzen, nach der Hypothe« de« immer währenden Wachsthums zu verstehen. Das Ganze mag in dem nemltchen Grade der Voll, kommenheit fortdauern, oder jeden Augenblick an Vollkommenheit wachsen: so hindert da« Eine eben so wenig, als da« andere, daß nicht einzelne Wesen eben sowohl an Vollkommen, Helt zunrhmrn al« abnrhmen ttnnrea. Ohne dieses mögliche Abnehmen ist brl moraltschett Wesen die Sünde unerklärlich; und mehr, al« eben diese« mögliche Abnrhmen, braucht tt C f
4»
Theologische Aussätze. m
----------
...(1
nicht, auch die Strafe, ja die ewige Strafe bet Sünde, selbst in dem System der immer wach, senden Vollkommenheit, zu erklären.
VIII. Aber ich muß zuvörderst jene esoterische große Wahrheit selbst anzetgen, in deren Rück, sicht Leibnitz, der gemeinen Lehre von der ewi gen Verdammntß da« Wort zu reden, zuträg« lich fand. Und, welche kann e« ander« seyn, al« der fruchtbare Sah, daß In der Welt nicht« tnsuliret, nicht« ohne Folgen, nicht« ohne ewlge Folgen ist? Wenn daher auch keine Sünde oh, «e Folgen seyn kann, und diese Folgen die Strafen der Sünde sind: wie können diese Strafen ander« al« ewig dauern? wie können diese Folgen jemal« Folgen zu habe» aufhörrn? Herr Eberhard selbst erkennt, tn diesem Ver stände, die Ewigkeit derselben, und drückt sich mit aller Stärke und Würde darüber au«. „Wenn nicht« ander« die endlose Hölle seyn „soll, al« dieser ewige Schaden, der un« von „jeder Versündigung ankleben soll: so wird nie„mand bereitwilliger seyn, al« ich, dieser Mei-
Theologische Auffahe.
43
„mmg die Htnbe zu bieten. Ich werde gern „all« Misdeutungen, denen der Ausdruck sinn# ,,t« unterworfen seyn, um der Sache selbst wil, „len, übersehen. Zch werde es mit allem Ei, „fer, und mit aller Ueberredungskraft, die mir „Gott gegeben hat, den Gemüthern einzuprt, „gen suchen, daß eine jede Unsinlichkett ihre „btse Folgen bis ins Unendliche habe, daß ein „jeglicher Schritt, den man in dem Wege der „Vollkommenheit zurück thut, unser ganzes „ewiges Daseyn hindurch, an der ganzen Sunu „me derselben, an der Länge des durchlaufene« „Wegs fehlen rotrte." Schön und wohl! Aber wie kam e«, daß ihm nur der einzige Baumgarten diese Ewigkeit der Strafe zu in, nutren schien? Wie kam e«, daß er diesem al, lein di« Ehre gab, einen so wahren und großen Verstand damit verknüpft zu haben? Folget sie nicht auch aus keibnitztschen Grundsätzen? Za beruht sie selbst bet Baumgarten auf andern Grundsätzen, al« auf keibnitztschen? Der Sah, woraus sie dieser unmittelbar heriettet, daß kein
negativ« Ding in einem reellen Dinge «in
44
Theologische AuffLtze.
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‘Xt*-
j
Grund von Realität seyn sinne: wa« ist er weiter, al« eine für gewisse Zille brauchbarere Formel de« zureichenden Grunde«? Nicht zu gedenken, daß au« diesem Satze nicht sowohl die ewige Fortdauer der Verdammntß, al« die Unmöglichkeit au« der Berdammniß durch die Verdammntß in die Seligkeit überzugehen, Pieffrt.
IX. Wenn nun aber die Ewigkeit der Strafen in ungezweifelten Leibnihischen Lehren so offen, bar gegründet Ist: so muß fle sich auch zu beiden Hypothese« von der Vollkommenheit der Welt, brr gleichmäßigen sowohl al« der wachsenden, schicken; wenn sich ander« da« ganze System de« Letbnitz, wie ich gesagt habe, gleichgültig gegen diese Hypothesen verhält. Und da« thut sie auch wirklich; unter der Einschränkung nenn lich, daß sowohl die eine al« die andere Art der Vollkommenheit nicht von jebem einzeln Wesen, sondern von den totalen Zuständen aller Wesen zugleich, prädtctrt wird. Unbeschadet der einen imd der andern, kann ein moralische« Wesen
Theologische Aufsätze.
4;
nicht allein in seinem Fortgänge zur Dollkom, menhrtl stocken, nicht allein einige Schritte!;«, rückgehen: sondern ich sehe nicht, warum es nicht auch in diesem Rückgang ewig beharren, und sich immer weiter und weiter von seiner Vollkommenheit entfernen könnte? Lus di«, ser Möglichkeit beruhet der exvtertsche Grund, den Leibnitz für die unendliche Dauer der Ber, dammntß, ei« der endlosen Fortsetzung der Sünde hernahm. Nur hätte er, um ganz or, thobox zu seyn, nicht nur eine ewige Verdamm, niß, sondern eine ewige in alle Ewigkeit wach, sende Derdammniß daraus folgern müssen. X. Allerdings schaudert die Menschheit bei die, ser Vorstellung, ob sie schon nur auf di« bloße Möglichkeit sich bezieht. Zch möchte aber dar, um doch nicht fragen r warum mit einer bloßen Möglichkeit schrecken? Denn ich müßt« mich der Gegenfrage besorgen: warum nicht damit schrecken, wenn sie doch nur etgenttich für de« erschrecklich seyn kann, dem es mit seiner Deffe, rung nie ein Ernst gewesen? Gesetzt aber auch.
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Theologische AuffLtze.
daß rt selbst mit dieser Möglichkeit noch nicht seine Richtigkeit hätte; daß sie »war mit der Vollkommenheit des Ganzen bestehen könnte; daß aber der ewige Rückgang eines moralischen Wesen«, in sich selbst widersprechend wäre: so bleibt auch so noch di« Ewigkeit der Strafen nach den strengsten tzetbnitztschen Grundsätzen gerettet. Genug, daß jede Verzögerung auf dem Wege zur Vollkommenheit in alle Ewig, keil nicht einzubringtn ist, und sich also in alle Ewigkeit durch sich selbst bestrafet. Denn nun auch angenommen, daß da« höchste Wese« durchaus nicht ander« strafen kaun, al« zur Besserung de« Bestraften; angenommen, daß di« Besserung über lang oder kurz dir nothwem dtge Folge der Straf« sey: ist e« schon au«g«, macht, ob überhaupt die Strafe ander« bessern kaun, al« dadurch, daß sie ewig dauert? Will man sagen? „allerding«; durch die lebhafte Erinnerung, welche sie von sich zurück läßt." Al« ob diese lebhafte Erinnerung nicht auch Strafe wäre?
Theologische Aufsätze.
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XL Doch warum bei Dinge» verweilen, die niemand läugnet? Nicht die Ewigkeit der na, türltchen Strafen wird geläugnet, sondern — war denn? — die Ewigkeit der Hölle. — Also ist beider nicht «lner? Also ist die Hölle etwas anders, wenigstens etwas mehr, als der Znber griff jener Strafen? — Zch weiß wohl, daß e« Theologen giebt, die dieser Meinung sind. Allein ich finde, daß wenigstens Herr Eber, Hard unter diese Theologen nicht gehört; und er ist darum gewiß nicht weniger orthodox, als sie. Denn in der ganzen Religion ist nichts, was so etwas zu glauben nöthige. Vielmehr kann und darf man mit aller Sicherheit anneh, men, daß die in der Schrift gedrohten Strafen keine andere sind, als die natürliche«, welche auch ohne diese Androhung auf die Sünde fob gen würden. Wen« aber «ine höhere Weisheit eine dergleichen außerordentliche Androhung noch für nöthig gehalten hat: so hat sie für eben so zuträglich erkannt, sich ganz nach u«F fern gegenwärtigen Empfindungen davon aus-u.
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Theologische AufflHe.
drücken. Und hier, denke ich, stehen wir an der Quelle, woran« all« dir Schwierigkeiten gestoffen sind, warum man dir Ewigkeit der Der, dammntß ILugnen ju müssen geglaubt. Zudem nemlich die Schrift, um die lebhafteste Vorstel lung von jener Unglückseligkrit zu erwecken, dle auf die Lasterhaften wartet, fast alle ihre Dtl, der von dem körperlichen Schmerle hernahm, mit dem all« Menschen ohne Auenahme am be kanntesten sind: so hat man, wenn auch nicht die körperliche« Schmerzen selbst, wenigsten« deren Beschaffenheit und Verhältniß zu unserer Natur, nicht für da« Bild, sondern für die Sache selbst genommen, und au« diesem fal« schen Begriffe etwa« bestritten, wa« auf all« Weise gegründeter ist, al« dieser Begriff. So stnd au« Sttafen, Qualen; au« Qualen, ein Zustand von Qualen; au« der Empfindung ei ne« solchen Zustande«, eine alle« andere au«< schließende, unser« ganzen Wesen« sich bemäch tigende Empfindung geworden. Kurz, die in tensive Unendlichkeit, dle man, mehr oder we niger, stillschweigend ober ausdrücklich, dm Sttafen
Theologische Aufsätze. *iO
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Strafen der Hille unbedachtsam beigelegt, »der gar beilegen zu mässe« geglaubt; dies» weder tn der Vernunft noch tn der Schrift gegründete
intensive Unendlichkeit allein ist e«, welche dle unendlich« Dauer derselben s» unbegreiflich, mlt
der Güte und Gerechtigkeit Gotte« so streitend, unsern Verstand und unsere Empfindung so em» pirend, macht,
von jeher gemacht hat, und
nothwendig machen muß.
XII.
Besonders bei denen machen muß, die sich k»ine sittliche Strafen ohne Absicht der Besse, rung denken ktnnen.
Ihr Gefühl ist sehr rtch»
ttg, aber ihr Verstand macht elnen Trugschluß.
Nicht durch die unendliche Dauer der Strafen wird
die
Besserung
durch
die
intensive
ausaeschlossen, sondern
Unendlichkeit
derselben.
Denn p> bieser intensiven Unendlichkeit geb-rt
»ornemlich ihre Stetigkeit; und diese Stetig,
kett ist es,
mach».
welche alle Besserung
Ich will sagen,
unmöglich
und habe pim Theil
schon gesagt: wenn di, Strafen beffem sollen; so hindert die immerwährende Fortdauer de«
wenn. Lchr. vii. t6.
D
5
Theologische Aufsätze.
physischen Uebett derselben, so wenig die Besser rung, daß vielmehr die Besserung eine Folge dieser Fortdauer ist. Aber dir Empfindung die.' se» dauernden Uebel» muß nicht stetig, muß wr, ntgstenö in ihrer Stetigkeit nicht immer herr schend seyn: weil e» unbegreiflich ist, wie bet dieser herrschenden Stetigkeit auch nur der erste Entschluß zue Besserung entstehen könnte. Herr Eberhard selbst behauptet die Möglichkeit de« erster» mit so ausdrücklichen, al» nachdrückli chen Worten. „Da« Physische der Strafe mag „immer bleiben; der besser belehrte Sünder „wird es kein Uebel mehr nennen, er wird sich „dabei nicht mehr unglücklich dünken, so „schmerzhaft es auch immer seiner Sinnlichkeit „seyn mag." Wa« heißt diese» ander«; al» daß sich der Sünder besser» kann, ungeachtet feine Strafe nie aufhört? Aber wenn sollte er nur den Gedanken fassen, baß da» fortdauernde physische Uebel für ihn ein wohlthötige» Uebel sey, wenn sollte er anfangen können, besser be lehrt zu seyn, fall» die Empfindung diese» Ile# belr so intensiv und stetig wirr, al» man t»
Theologische Aufsätze.
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-----au< einigen fiaürlichen Ausdrücken der Schrift folgern zu müssen glaubt?
XIII. Zch sage mit Bedacht, aus einigen figürlt, chen
Ausdrücken.
andere,
Denn
besonder«
wenn man die Parabeln mit ju den figürliche«
Ausdrücken rechnen darf, leiten auf wett richti» gerr Begriffe, mit welchen sowohl die Endloflg,
kett der Strafen, als jugleich die Besserung de« Daß aber die eine
Bestraften bestehen kann.
dir andere nicht aushrbt, ist nicht allein unter der Voraussetzung begreiflich, daß die Besse, runq nicht ander« al« durch die Fortdauer der Strafen erhalten werden könne: sondern kann
auch auf eine andere Weise mehr al« wahr, scheinltch
gemacht «erden.
Nemlich, wenn
16*n in Erwägung zieht, daß obschon Strafe und Belohnung etwa« positive« seyn werden
«nd seyn müssen, dennoch ein Stand von Stra, fen und ein Stand von Belohnungen zugleich relative Begriffe sind, welche die nemlichen blei,
den, solange sie in dem nemlichen Verhältnisse abnehmen »der wachsen.
Der reiche Mann in
D »
rheologische AufsHe.
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brr Hille mag sich immer bessern; mag sich imwer, von dem ersten Augenblick« der empfunde nen Strafe an, seiner Vollkommenheit wieder
zugewandk, und mit jedem folgenden Auge» blicke sich ihr mehr und mehr genähert habe».
H-rt er darum auf, in Ansehung de« Lazarn«, in der Hille zu bleiben, der von dem ersten Au genblicke seiner empfundenen Seligkeit an, in
deß um eben so viele Schritte einer hihern und
hihern Vollkommenheit zugeeilet ist? — Wer hierwieder
im
Ernste den Einwurf machen
kann, daß auf diese Weise Hille und Himmel in eine« fliessen,
und sich jeder Sünder sonach
tristen könne, über lang oder kurz dennoch ein» mal in den Himmel zu kommen: der ist gerade der,
jenige, mit dem man sich über dergleichen Din,
ge in gar keine Erklärung einlaffrn müßte.
Für
ihn mag e« nur immer bet dem Buchstaben
bleiben.
Denn auf ihn und seine« gleichen,
warb gerade bei dem Buchstaben gesehen.
XIV. Aber einen Man», wie Herr Eberhard, darf ich fragen, ob jene unzertrennte Fortschret-
Theologische Aufsätze,
H
tung, welche beide Stände, Himmel und Hille, durch unendliche Stufen verbuchet, ohne daß jemals weder der eine noch der andere seine re, lative Benennung verliert, nicht schon aus dem System der bessernden Strafen folget? Und ob die gänzliche Scheidung, welche die gemeine Denkungsart zwischen Himmel und Hille macht, die nirgends grenzenden Grenzen, die auf ein, mal abgefchniltcnen Schranken derselben, die, ich weiß nicht, durch was für eine Kluft von Nicht«, getrennt seyn sollen, diesseits welcher schlechterdings nur lauter solche, und jenseits welcher schlechterdings nur lauter andere Em, pfindungrn Statt haben würden: ob alle der, gleichen Dinge nicht weit unphilosophischer sind, als der allergribste Begriff von der ewigen Dauer der Strafen nur immer seyn kann? Bet diesem liegt doch noch wenigstens eine große um streitige Wahrheit zum Grunde: und er wird nur darum so unsinnig grob, weil man jene Um gereimthriten mit hmctuotmmt, die sowohl mit dem Wesen der Seele, als mit der Gerechtig, feit Gottes streiten. D 3
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Theologische Aufsätze. xv.
Daß sie mit dem Wesen der Seele streiten, ist daher klar, weil die Seele keiner lautern Empfindung fähig ist; da» ist, keiner solchen Empfindung fähig ist, die bis in ihr kleinste« Moment nicht» als angenehm, oder nichts als unangenehm wäre: geschweige, daß sie eine« Zustandes fähig seyn sollte, in welchem sie nichts als dergleichen lautere Empfindungen, entweder von der einen oder von der andern Art, hätte. Daß sie aber auch mit der Gerechtigkeit Gottes streiten, diese«, fürchte ich, dürste vielleicht we, Niger erwogen seyn worden, al« e« verdient. Wa« heißt indeß offenbarer damit streiten, al« annehmen oder zu verstehen geben, daß selbst dle Gerechtigkeit Gotte« einer Unvollkommen, Helt bei ihren Sttafen nicht auöwetchen könne, welche der menschlichen Gerechtigkeit In gewis sen Fällen unvermeidlich ist? Diese Unvollkom, menheit besteht darin, daß dle menschliche @e< rechtigkeit, wenn Strafen und Belohnungen colludiren, nicht andere als durch die wenigere Bestrafung belohnen, und durch die wenigere
Theologische Auffähe. .
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Delohnung bestrafen kann: mit einem Worte, baß sie in dergleichen Fällen, wie der Ausdruck ist, in Bausch und Bogen bestrafen und beloh/ nen muß. Aber diese« müßte auch Gott? Nimmermehr. Sondern, wenn es wahr ist, daß der best« Mensch noch viel Bise« hat, und der schlimmste nicht ohne alle« Gute ist: so müs sen die Folgen de« Dösen jenem auch in den Himmel nachjlehen, und die Folgen de« Guten diesen auch bi« in die Hölle begleiten; ein jeder muß seine Hölle noch im Himmel, und seinen Himmel noch in der Hölle finden. Die Folgen de« Dösen müssen von den mehrrrn Folgen de« Guten, und die Folgen de« Guten von den mehrer» Folgen de« Bisen nicht blos abgezogen werden: sondern jede derselben müssen sich, in ihrer ganzen positiven Natur, für sich selbst äußern. Nicht« ander« meyner die Schrift selbst, wenn sie von Stufen der Hille und de« Himmel« redet. Aber der uudenkendere Theil ihrer Leser, stellt er sich diese Stufen auch so vor? Oder giebt er nicht vielmehr einer jeden dieser Stufen, sie sey so niedrig gl« sie wolle, D 4
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rheologische Aufsätze.
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gleichsam ihr» eigene intensive Unendlichkeit? Die niedrigste Stufe de» Himmel«, ist ihm freylich nur dir niedrigste: aber dem ungeachtet, nicht« al« Himmel, nicht« al« Freude und Won, ne, nicht« al« Seligkeit. XVI. Und nun: warum seine Waffen nicht lieber gegen diese irrigen Begriffe wenden, die noch dazu ungleich leichter au« der Schrift hinweg zu exegefiren sind, al« die unendliche Dauer der Strafen? Mich wenigsten« dünket, daß selbst der scharfsinnigste Ausleger, wenn er gegen diese an will, Dinge al« ausgemacht annimmt, ge< gen welche noch sehr viel einzuwenden wäre. Z. E. Wenn Herr Eberhard darauf dringt, daß da« Wort ewig tn der hebräischen und griechischen Sprache nur eine unbestimmte, aber keineeweg« unendliche Dauer andeute; so sagt er unter andern: „Urberhaupt muß man die „Zeitfolge in der siufenweisen Erhöhung eine« „solchen abstrakten Begriff«, al« der Begriff „der Ewigkeit ist, wohl bemerken. Dieser De, „griff ist nicht immer so transcendental gero»,
rheologische Aufflhe.
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„sen, als Ihn zuletzt die stärkste Anstrengung der „erhadensten Philosophie gentacht hat." Die Erinnerung, welcht hier zum Grunde liegt, kann bet vielen metaphysischen Gegriffen ihre güte Anwendung Haden, bei dem aber von der Ewigkeit wohl schwerlich. Da er blos negativ ist, so sehe ich nicht, was für eine Gradation darin möglich ist. Man hat ihn gar nicht ge> habt, oder man hat ihn von jeher so vollständig gehabt, als er nur seyn kann. Daß man eine lange unbestimmte Zett eine Ewigkeit zu nennen gewohnt gewesen r da« beweiset im geringsten nicht, baß man sich Anfangs auch die Ewigkeit nur als «ine lange unbestimmte Zett gedacht habe. Denn jenes geschieht noch täglich auch von Leuten, die sehr gut wissen, war das Wort Ewigkeit eigentlich sagen will. Noch weniger beweiset di« ursprüngliche Armuth der Sprache, di« den abstrakten Begriff der Ewigkeit nicht anders, als durch Häutung der Zeit auf Zeit, auszudrüeken wußte, daß dem Begriffe selbst, da« Wesentliche jemals gefehlt hab«. Die G«, schichte der Weltweirhett Ist auch vtlllg dagegen. D s
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rheologische Aufsthr.
Denn er sey immerhin, dieser Begriff der Ewigkeit, eine besondere Anstrengung der erha bensten Philosophie: wenigstens ist di« Philo sophie einer solchen Anstrengung sehr früh fähig gewesen; und diese erhabenste Philosophie ist keine andere, als dle allerälteste. Selbst das Transcendentalste, dessen er fähig ist, dieser Begriff der Ewigkeit, und wozu sich selbst noch itzt so wenige erheben sinnen; ich meyne die Ausschließung aller Folge: selbst dieses war den alten Philosophen schon sehr geläufig, und wie gesagt, fast geläufiger, als unsern.
XVII. Eben so wenig möchte ich verschiedene an dere Aeußerungen des Herrn Eberhard über Liese Materie, zu den meinigen machen, die oh ne das Wesentliche der Streitfrage zu betreffen, sie dennoch in einem falschen Lichte zeigen. Ein solches Llchr nenne ich, die obschon nicht aus drückliche Behauptung, aber gleichwohl sehr richtig zu folgernde Andeutung, daß die Lehre von den ewigen Strafen unter den Christen ent# standen sey. „Zwar bin ich nicht im Stande,
Theologische Aufsätze.
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„sagt er, den wahren Zeitpunkt ihre« Entst«, „hens und ihrer Ausbreitung unter den Ehrt, „stetl anzugeben. Es sey aber welcher t< wolle, „so muß in demselben die Barbarei schon so viel „Land gewonnen haben, daß die Sophisterei „der Schulgeiehrten in den menschlichen Ge, „müthern «inen gebahnten Weg vor sich finden „konnte. Denn daß die Vernunft diese schreck, „liche Lehre verkenne, davon hoffe ich den De, „weis bis zu einer solchen Augenscheinlichkeit zu „führen, daß ihnen nichts mehr wird übrig „bleiben, als sie auf die Rechnung unrichtig „verstandener Schrtftstellen zu schreiben." Wie gesagt, wenn er es in diesen Worten nicht aus, drücklich ltngnet, daß auch andere Religionen, als die Christliche, die ewigen Strafen der La, sterhaften lehren, und gelehrt haben: so ist sein Ausdruck doch nicht ganz unschuldig, wenn der Sache Unkundige sich daraus einbtlden, daß es allerdings von keiner andern geschehe, oder je, mals geschehen sey. Gleichwohl ist dieses so falsch, daß es ihm schwer werden dürfte, auch nur eine tu nennen, welche die endlichen Str»,
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ftn mit klaren Worten lehre, und sich nicht vielmehr von dem Gegentheil eben so streng »««drücke, al« er zugestehen muß, baß e« in der Schrift wenigsten« dem Ansehen nach ge, schieht. Ein jeder neue Christ bracht« daher die gemißbilligte Lehre au« seiner »erlassenen Reit« gton in die christliche schon mit hinüber; und die mißverstandenen Stellen der Schrift brauch, ttn ihn nicht darauf zu bringen, sondern konn ten ihn höchsten« nur darin bestücken. Diel, mehr dürfte sich der Zeitpunkt weit leichter an, geben lassen, wenn man eine allen Religionen so gemeine kehre, in der christlichen Religion zurrst angefangen hat, theil« au« vermeinten philosophischen Gründen, theil« au« eigenen mißverstandenen Voraussetzungen, zu bestreiten. Md auch schon wegen dieser Uebereinstimmung aller Religionen, michte ich nicht mit dem Herrn Eberhard sagen, „daß die Vernunft „diese schreckliche Lehre verkennen," oder wie er sich an einem andern Orte noch nachdrückli cher »««drückt, „daß dir Vernunft an diesem „Lehrsätze unschuldig; daß in dem ganzen Um,
Theologische Aufflhe.
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„fange ihrer Wahrheiten sich nicht »ine finde, „die durch eine richtige Folgerung dahin führe." Was alle Religionen gemein haben, kann ja wohl in der Vernunft nicht ohne Grund seyn; und unstreitig ist dir von jeher, obschon mehr dunkel empfundene al« klar erkannte Wahrheit von den ewigen Folgen der Sünde, hinlänglich gewesen, darauf ju bringen. Oder vielmehr diese Wahrheit, und die Lehr« von den ewigen Strafen ist im Grunde eines; nur in den vrr, schieden«« Religionen durch bi« Bemühung dies« Strafen finnlich zu machen, mehr oder weniger verstellet.
XVIII. Zch schließe mit der nähern Anzeige der gleich anfangs erwähnten Ursache, warum ich wünschen ttnnte, daß fich Herr Eberhard ge» gen die ewigen Strafe» der Lasterhaften, we nigstens nicht in einer Apologie de« Sokrates möchte erklärt haben. Es ist diese, weil Sw trat« seihst solche ewigen 'Strafen in alle« Ernste geglaubt, wenigstens so weit geglaubt hat, baß er es für zuträglich gehalten, sie mif
Theologische Aufsätze.
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den unverdächtigsten ausdrücklichsten Worten zu
lehren.
Man sehe feint Rede »um Schluffe de»
Gorgias
beim Plato, In welcher
folgende
Stelle schlechterdings keine Einwendung dage,
gen erlaubt,
)« «-«it«
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r«,t>,
VT* xAAh ot&ws TiftBQifiwu, q ßtXriMi y/yHrS’x«
xau owägS’oU) 3) 5rxgx?tier helfe fein« „Distinction, denn in aller Betrachtung sey e«
„abscheulich, ein solche« Gebet z« beten." Les sing verfocht seinen Sah., Beide Theile wur den heftig. Alberti rief endlich au«; „Christ»«
„sagt:
Du sollst deinen Nächsten lieben
.,al» dich selbst!" Lessing versetzte: „Das „sollen und wollen wir auch, und mögen doch
„wohl Gotte« Grimm über die herbeirufen, die
„ihn verdienen!" Alberti rief mit einer Art von
Theologische Aufsätze. m I». ***
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von Triumph ane:
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»
„Sie Disiinetion möchte
,,tch sehen, mit weicher Sie dies vereinigen
„wollten!" kessing sagte: „sehen!"
„Da« sollen Str
Alberti und andere lachten.
Lessing ging fort, und machte tn wenigen
Tagen fertig: Eine Predigt über zwei Texte; über
Psalm 79, 6: Schütte deinen Grimm über die Heiden u. f. w>; Matth. 11, 59:
und über
Du sollst deinen
Nächsten lieben als dich selbst; von
Yorick.
Au» dem Englischen über,
setzt. Er ließ von dieser Predigt tu der Druckerei
seine« Freunde« Dode, auf dessen Derschwie, genheil er rechnen konnt», einen halben Dogen,
woraus der Titel und ein Theil der Vorrede war, absetzen, und nur ein halbe« Dutzend Sem. «he. vn. t».
H
ii4
t
Theologische AufflHe. ““ xr
ii
Exewplarieu abdmcken, wovon er ein« seinem Freunde Alberti unvermerkt In die HLnde kom
men ließ, als ob er unter der Presse wLre.
Alberti übersah mit einem Blicke, daß mir ei nem Manne wie Lessin- nicht j« scherzen sey,
und daß bet der damaligen Gthrung diese Pre
digt, wenn sie bekannt würde, eine für ihn sehr nachthellige Wirkung auf das, gegen ihn bereit« unbilliger Weis« aufgeheht», damalige Hambur gische Publikum haben ktnnte.
Der edle Les
sing hatte kaum elulge Verlegenheit in der Mir, ne seine« Freunde« bemerkt, al« er thu umarm te, und thu versicherte, e« sey blo« Scherz, und die Predigt solle nicht bekannt werden; obgleich
im Grunde Goez» mit derselben auch gar nicht
würde zufrieden gewesen seyn.
Nur
Alberti
und elnig« andere von Lessing« verttauten Freun
den, und unter denselben auch ich, bekamen sie
Theologische Aafsthe.
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unter dem Siegel der Berschwiegenheit zu le,
sen; und diese damals nöthige Verschwiegenheit
hat auch bla ihr Niemand derselben gebrochen. Diese Predigt war wirklich In ihrer Art ein Meisterstück, und es «Lre ein großer Verlust,
wenn da« Manuskript, wie ich fast befürchte, vüllig sollte verloren gegangen seyn.
Doricks
Manier war völlig erreicht; eben die Simpli,
cikit,
eben die scharfsinnige und
gutmüthige
Philosophie, eben die menschenfreundliche Theil,
nehmung und Toleranz, eben
die Ausbrüche
heiterer Laune, die au« dem ernsthaftesten Gr, genstande ganz natürlich entstehen
Ich ertn,
nere mich, fie mit unbeschreiblichem Vergnügen zweimal gelesen zu haben; aber von der Predigt
selbst habe ich nicht« in einigem Zusammen, hange behalten.
E« ist mir nur der Inhalt ei#
ne« Theil« der Vorrede sehr lebhaft im ®e,
H-
ii 6
Theologische Aufsätze. "
dächtniß geblieben; eine Dichtung, welche die
Veranlassung enthält, die Yorick gehabt haben sollte, diese Predigt zu verfertigen. Zch will
sie hier mttthellen.
Sollte je Lessings Manu»
scrlpt, oder wenigstens ein Exemplar der Paar
gedruckten Blätter, noch jum Vorschein kom,
men; so wird man vermuthlich sehen, baß ich das Wesentliche sehr fest im Gedächtniß gefaßt habe. Findet man aber airdann diese nur aus dem Gedächtniß von mir aufgesetzte Erzählung unter Lessing; so erinnere man sich, baß ich dies
hier selbst im voraus zugebe.
Sollte indessen
nichts von der Predigt und ihrer Borrede übrig geblieben seyn, so wird ein Bruchstück eines
schätzbaren Kunstwerk«, wenn es auch einigen
Schaden gelitten hat, noch immer etwas wetth seyn.
Die Idee der Erzählung ist folgende:
Der Oberst Shandy ging eines Tage» mit
seinem getreuen Crim spatzieren.
Sie fanden
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Theologische Aufsätze.