Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland (FAZ) 
Asteroiden mit gespaltener Persönlichkeit

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Formenvielfalt i:m Asteroidengürtel.. Die Kleinplaneten ltokawa (Abb. groß), Lutetia, E[os, Ida und Vesta (Abb. klein, von oben nach unten)

Fotos Esa, Nasa

Asteroiden rmnH gespaltener Persönlichkeit Hier kompakt, dort locker: Die Beschaffenheit des Kleinplaneten ltokawa ist alles andere als homogen. Hinweise auf eine Kollision von zwei Gesteinsbrockeri?

Vo„ Hermtmn-Michael Hahn

gerem die Frage um, ob die KleinplaSonnensystemforscher treibt zwischen seit länneten, die hauptsächlich der Mars- und der Jupiterbahn um die Sonne kreisen, kompakte und zusammenhängende Objekte sind oder eher als lo`cker verdichtete Schutthaufen gelten müs§en. Da etliche dieser Asteroiden der

Erde gefährlich nahe kommen können, hat eine Antwort darauf auch direkte Konsequenzen für uns. Wenn man wirklich im Falle einer drohenden Kollision mit der Erde entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen will, muss man den inneren Aufbau des kosmischen Geschosses berücksichtigen. Jetzt' hat eine internationale Forschergruppe unter Leitung des Briten Stephen Lowry von der.University of Kent erstmals die innere Struktur eines Asteroiden erforscht. Danach ist der Asteroid 25143 Itokawa, der 2005 B`esuch von der japanischen Raumsonde Hayabusa erhielt, offenbar aus zwei äußerst unterschiedlichen Teilbereichen zusammengesetzt. Vermutlich ist der 600 Meter große Gesteinsbrocken, der einer überdimensionalen Erdnuss ähnelt, aus der Kollision von

zwei getrennten Objekten entstanden. Ivan Yarkovsky, John O'Keefe, Vladimir Radzievskii und Stephen Paddack - beErste Hinweise auf die eher poröse Strukzeichnete Einfluss des Sonnenlichtes wurtur eines Kleinplaneten liöferte die amerikanische. Raumsonde Near-Shoemaker de vor mehr als zehn Jahren erstmals im Juni 1997 beim Vorbeiflug am Asteroinachgewiesen. Tatsächlich haben Lowry und seine den 253 Mathilde. Zum einen konnte aus der geringfügigen Bahnänderung auf eine Kollegen in den vergangenen zwölf Jahnu geringe mittlere. Dichte des ?twa ffinfren auch bei ltokawa eine Abnahme der zig Kilometer großen Objektes geschlosRotationsdauer festgestellt, und zwar um sen werden, zum anderen zeugt ein riesi- jährlich 45 Millisekunden. Dieser Wert lässt sich angesichts der aus den Hayabuger Einschlagkrater von rund zehn Kilosa-Bildern rekonstruierteri Form des Astemetern Tiefe von einer gewissen. „Nachroiden allerdings nu dann erklären, giebigkeit" der inneren Struktur - ein kompakter Felsbrocken wäre bei einem wenn duch unterschiedliche Zusammenentsprechenden Aufpr\all vermutlich aussetzung der verschiedenen Bereiche eine einandergesprengt worden. lokale Unwucht entsteht. Am besten Bei ihren Untersuchungen des Asteroipasst ein Modell vom inneren Aufbau des Kleinplaneten, das dem langgestreckten den ltokawa stützten sich die Forscher um Lowry, darunter auch Wissenschaftler des Hauptkörper ltokawas die mittlere Dichte eines Sandhaufens von etwa 1750.KiloMax-Planck-hstituts für S onnensystemforschung in Katlenbug-Lindau, vor allem gramm prQ Kubikmeter zuordnet, dem auf Helligkeitsmessungen, die zwischen kleinen, kopfähnlichen Ansatz dagegen 2001 und 2013 regelmäßig vorgenommen massives Gestein ähnlich Granit mit eiwurden, unter anderem mit dem 3,5-Me- ner Dichte von 2800 Kilogramm pro Kuter New Ttchnology Telescopö der Euobikmeter. Das könnte, wie die Wissenschaftler jetzt in der Zeitschrift „Astropäischen Südsternwarte Eso in Chile. Die nomy & Astrophysics"' (doi: 10.1051/ Rotation des länglichen Kleinplaneten er0004-6361/201322602) ausführen, darauf zeugt während seiner 'Eigendrehung innerhalb von nu rund zwölf Stunden deutlihindeuten, dass ltokawa usprünglich aus zwei recht unterschiedlichen Teilen zuche Helligkeits'schwankungen. Von theoretisch`en Vorhersagen erwarSa#cehn8veo¥8;e¥g::.Tahrzehntenhätte tet man, dass sich die Rotationsdauer eines kleinen, unregelmäßig geformten As- man eine Verbindung zweier dermaßen verschiedenartiger Objekte für unwahrteroiden im Laufe der Zeit langsam veränscheinlich gehalten. Wie eine weitere Fordern sollte: Die Bestrahluhg der Oberfläche erfolgt nicht gleichmäßig, und die an- schergruppe allerdings vor kurzem in der Zeitschrift „Nature" (doi: 10.1038/naschließende Wärmeabstrahlung kann turel2908) berichtet hat, zeugt eine neue unter anderem duröh unterschiedliche Kartierung` von rupd einhunderttausend Wärmeleitfähigkeiten des oberflächennaAsteroiden mit Durchmessern bis herhen Materials -zusätzlich regional variieunter zu fünf Kilometern von einer unerren. Diese Eff6kte führen zu räumlich bewartet starken Durchmischung des Astegrenzten Ungleichgewichten in der Strahlungsbilanz des Asteroiden. Sie rufen ein \ roidengürtels. Während man in den siebziger Jahren gewisses Drehmoment hervor und verännoch glaubte, dass nu sonnenferne Kleindern so die Rotationsperiode langffistig. Dieser als Yorp-Effekt - benannt nach planeten auch leicht flüchtige Bestandtei-

le wie komplexe Kohlenstoffverbindungen oder gar gefrorene Gase enthalten, sind solche Obj ekte mit entsprechend geringerer Dichte zumindest unter den kleineren Asteroiden auch näher zur Sonne vergleichsweise häufig anzutreffen. Offenbar ist der Asteroidengürtel bereits kurz nach seiner Entstehung in der Frühphase des Sonnensystems kräftig ducheinander gewirbelt worden, wie es Modellrechnungen zur Entstehung der Planeten ,und der ahschließenden Entwicklung ihrer Bahnen zuletzt nahe gelegt haben. Danach könnte Jupiter während der ersten sechshundert Millionen Jahre vorübergehend bis auf Marsentfernung an die Sonne herangekommen sein und dabei den Asteroidengürtel völlig

neu struktuiert haben. Für. die Erkenntnis, das Asteroiden alles andere als homogen aufgebaut sein können, dürften sich besonders die Wissenschaftler der neu ins Leben gerufene Planungs-und Beratungsgruppe für Weltraummissionen interessieren. Die dreißig Experten voh dreizehn Weltraumbehörden sollen künftig Strategien und Maßnahmen erarbeiten, Wie man sogenannte erdnahe Asteroiden global , abwehren kann, die mit unserem Heimatplaneten zu kollidieren drohen. Das mit einem Mandat der Vereinten Nationen ausgestattete Gremium, das sich in der vergangenen Woche erstmals im Satellitenkontrollzentrum Esoc in Darmstadt traf, soll auch alle nationalen Aktivitäten von der Beobachtung der ` Flugbahnen von erdnahen Objekten bis hin zu Frühwarnung bei einem Einschlag koordinieren. Von den rund 600 000 bekannten Asteroiden , der überwiegende Teil ist im Asteroidengürtel angesied`elt, stuft man rund zehntausend als erdnahe Objekte ein. Davon werden derzeit etwa 1455 als potentiell gefährlich betrachtet, da ihre Bahnen gefährlich nahe an die Erdbahn heranreichen.