Form und Funktion der “Cuentos” in den Comedias Calderons [Reprint 2018 ed.] 9783111389608, 9783110042795


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German Pages 183 [184] Year 1974

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Der Cuento
B. Die immanente Funktion der Cuentos
C. Der Cuento und seine Beziehung zum Drama
D. Schlußbetrachtung: Die dramentheoretische Rechtfertigung des Cuento im Drama Calderóns
Literaturverzeichnis
Register
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Form und Funktion der “Cuentos” in den Comedias Calderons [Reprint 2018 ed.]
 9783111389608, 9783110042795

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HAMBURGER ROMANISTISCHE STUDIEN Herausgegeben vom Romanischen Seminar der Universität Hamburg

B. IBERO-AMERIKANISCHE REIHE (Fortsetzung der „Ibero-amerikanischen Studien") Herausgegeben von Hans Flasche und Rudolf Grossmann Band 37 = CALDERONIANA — Herausgegeben von Hans Flasche Band 8

w DE

G

1974

Walter de Gruyter • Berlin • New York

UTA AHMED

FORM UND FUNKTION DER 'CUENTOS' IN DEN COMEDIAS CALDERÓNS

W G DE

1974

Walter de Gruyter • Berlin • New York

Gedruckt mit Unterstützung und der Hamburgischen

der

Joachim-Jungius-Gesellschaft

Wissenschaftlichen

Stiftung

ISBN 3 11 004279 7 Library of Congress Catalog Card Number 73-91807 © 1974 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30, Genthiner Straße 13 Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es audi nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz, Druck und Einband: Ludwig Appel & Sohn, Hamburg

Meinem Bruder Walter D. Pötsch (1941 — 1973)

Inhaltsverzeichnis Vorwort

IX

Abkürzungsverzeichnis

XI

Einleitung

1

A. Der Cuento

7

I. Begriff und Form

7

II. Calderóns Cuento-Terminologie und seine Erzählformen 1. Der „Cuento" 2. Der „Cuentecillo" 3. Der „Ejemplo" 4. Der „Ejemplillo" 5. Der .Chiste" 6. Die Formbestimmung „contar" 7. Der „Discurso"

25 26 43 46 47 47 48 49

III. Die Bestimmung der von Calderón nicht bezeichneten Cuento-Formen . . B. Die immanente Funktion der Cuentos

51 60

I. Die Funktion der Komik

61

II. Die Funktion der Lehre 1. Der Schwank und der Apolog 2. Der Fall

71 71 74

C. Der Cuento und seine Beziehung zum Drama

75

I. Die Funktion der Cuentos in der dramatischen Rede

75

II. Allgemeine Merkmale der Cuentos bei Calderón

82

III. Das Verhältnis Erzähler — Cuento 1. Verhältnis Gracioso — Cuento a. Die Funktion der heiteren Cuentos b. Die Funktion der ernsten Cuentos 2. Das Verhältnis Galán und Dama—Cuento

90 91 91 102 117

IV. Der Cuento und seine Beziehung zum dramatischen Geschehen

119

D. Schlußbetrachtung: Drama Calderóns

Die dramentheoretische

Rechtfertigung

des Cuento

im

137

VII

Literaturverzeichnis 1. Textausgaben 2. Sekundärliteratur 3. Nachschlagewerke Register

145 145 149 155 156

1. Alphabetisches Register der auf Cuentos hin durchgesehenen Comedias von Calderón 2. Register der für die Untersuchung herangezogenen Cuentos 3. Namensregister

156 158 162

4. Sachregister

164

VIII

Vorwort Den Cuentos Calderöns wurde bislang nur wenig Interesse entgegengebracht. Die vorliegende Arbeit ist ein erster Versuch, die in die Comedias eingefügten Cuentos zu sammeln und — sofern sie sich vom dramatischen Kontext als geschlossene Einheiten abheben — sie auf Form, Gehalt und Funktion zu untersuchen. Sie wurde im Rahmen des von Professor Dr. Hans Flasche initiierten und geleiteten Calderön-Forschungsprojektes angefertigt. Für seinen stetigen Rat und seine wissenschaftliche Förderung möchte ich meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Durch seine Vermittlung konnte diese Arbeit mit Unterstützung der Joachim-Jungius-Gesellschaft und der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung gedruckt werden. Ein Stipendium des DAAD ermöglichte mir 1969 einen mehrmonatigen Studienaufenthalt in Madrid, wo ich die für diese Untersuchungen relevante Literatur in der Biblioteca Nacional und der Biblioteca del C. S. I. C. einsehen konnte. Ihren Mitarbeitern sowie denen der Bibliothek des Iberoamerikanischen Forschungsinstituts der Universität Hamburg und der Staatsund Universitätsbibliothek Hamburg danke ich für ihre Hilfsbereitschaft. Auch Professor Dr. Manfred Engelbert und Dr. Gerd Hofmann gebührt für ihre freundliche Hilfe mein Dank. U.A.

IX

Abkürzungsverzeichnis BAE BHS CA BRAE DVj CC ELLM FR MLN MLR MN PhQu Rev. Lit. RAE RF RFE RH RJb RL RUBA StG StPh ZRPh

Biblioteca de Autores Españoles Bulletin of Hispanic Studies Colección Austral Boletín de la Real Academia Española Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Clásicos Castellanos Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter (s. E. R. Curtius) Filología Romanza Modern Language Notes Modern Language Review Mundo Nuevo Philological Quarterly Revista de Literatura Real Academia Española Romanische Forschungen Revista de Filología Española Revue Hispanique Romanistisches Jahrbuch Reallexikon der deutschen Literatur (s. Merker-Stammler) Revista de la Universidad de Buenos Aires Studium Generale Studies in Philology Zeitschrift für romanische Philologie

XI

Einleitung Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit den eingeschobenen Cuentos in den Comedias von Calderón. Die Einfügung von Cuentos in das Drama ist keineswegs eine nur bei Calderón anzutreffende Praxis, sondern sie ist allgemein im spanischen Drama des Siglo de Oro verbreitet. Den Cuentos wurde jedoch bislang wenig Interesse entgegengebracht. Die Versuche der Romantiker, die im Zuge einer Rückbesinnung auf die Tradition des Mittelalters und des Siglo de Oro die Cuentos zu sammeln begannen 1 , vermochten es nicht, die Aufmerksamkeit der Forschung auf sie zu lenken. Nur vereinzelt finden sich Beobachtungen und Äußerungen 2 ; an einer systematischen Untersuchung über Form, Gehalt und Funktion der Cuentos fehlt es noch. Die ersten Beobachtungen werden im Zusammenhang mit der Sammlung der Cuentos angestellt. Sie stehen noch ganz unter dem Aspekt der Rehabilitierung der Cuentos im Drama, die man als zu Unrecht in Vergessenheit geraten ansieht. In der Sammlung „Floresta cómica o colección de cuentos, fábulas, sentencias y descripciones de los graciosos de nuestras comedias" werden die Cuentos der spanischen Dramatiker als „la sabrosa salsa de sus ideas y el más feliz estímulo del placer y de la risa" 3 angepriesen. Der Herausgeber hebt aber nicht nur den heiteren Charakter der Cuentos hervor, sondern auch die fließende Versifizierung, die reine Sprache, die Leichtigkeit der Exposition4 und deren Bedeutung für einen moralphilosophischen Traktat der Zeit5. In der ebenfalls anonym erschienenen Sammlung „Cuentos y chascarrillos andaluces", in der Cuentos aus dem dramatischen Werk Tirso de Molinas und Calderóns aufgenommen sind, wird auf den dichterischen Wert 6 und auf den lehrhaften Charakter der Cuentos hingewiesen 7 . Von größerem Interesse für uns sind die Beobachtungen, die Manuel Jiménez y Hurtado im Vorwort und Kommentar zu seiner Sammlung „Cuen-

1

2

a 4 5 6 7

Siehe dazu M. Baquero Goyanes: El cuento español en el siglo XIX. Madrid 1949, S. 157 und 572. A. Farinelli: La vita è un sogno. Torino 1916. 2 Bde. Bd 2: .Concezione della vita e del mondo nel Calderón. Il dramma, S. 252—253. M. Kommerell: Beiträge zu einem deutschen Calderón. Frankfurt a. M. 1946, 2 Bde. Bd. I, S. 152. Madrid 1796. S. A 6. Ebda. S. Ebda. S. Cuentos Ebda. S.

A 7. A 8. y chascarrillos andaluces tomados de la boca del vulgo, Madrid 1896. S. XVIII. XVI.

1

tos españoles contenidos en las producciones dramáticas de Calderón de la Barca, Tirso de Molina, Alarcón y Moreto" anstellt8. Der Cuento wird hier nicht mehr bloß als ein in sich geschlossenes, vom Kontext des Dramas gelöstes Gebilde betrachtet, sondern als ein dramatisches Element. Jiménez y Hurtado spricht vom Cuento als einer „necesidad de nuestro teatro, dadas las condiciones que tuvo la dramática española en aquel entonces'". Er betrachtet den Cuento ähnlich wie der Autor der „Floresta cómica" als Ausdrude der Wirklichkeit der Zeit und sieht ihn als für den Handlungsablauf und -ausgang des Dramas im Siglo de Oro notwendig an. In den Mund des Gracioso gelegt, stellt er den Gegenpol zur Denkweise des Galán dar10. Er weist darauf hin, daß, sofern der Galán bzw. die Dama Cuentos referieren, diese bestimmte Merkmale aufweisen, die durch die Erzählerperson bedingt sind11. Jiménez y Hurtado führt seine Gedanken nicht weiter aus noch belegt er sie anhand von Beispielen. Der Wert seiner Beobachtungen liegt darin, daß sie auf den Zusammenhang zwischen den Cuentos und dem Drama, d. h. zwischen dem Cuento, dem Erzählertyp und dem dramatischen Geschehen hinweisen. Jiménez y Hurtado spricht damit einen Fragenkomplex an, der uns in Hinblick auf die Untersuchung der Cuento-Einfügungen in den Dramen Calderóns von Bedeutung erscheint. Der Umstand, daß die Cuentos in einen größeren literarischen Zusammenhang gestellt sind, ist ihnen in bezug auf eine wissenschaftliche Betrachtung eher abträglich gewesen. Dazu trug auch viel die Beiläufigkeit bei, mit der die Cuentos in die dramatische Rede eingestreut sind. Die Cuento-Forsdiung zieht es vor, sich den von einem Kontext gelösten Cuentos-Exempla12, -Märchen und -Legenden1®, -Novellen und -Kurzerzählungen14 zu widmen. Wie die Aufzählung zeigt, sind dabei die Fabel und der Schwank zu kurz gekommen, was Sainz de Robles mit Recht bedauert 15 . Die Vernachlässigung der dramatischen Cuentos ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß diese der „niederen" Sphäre entstammen und „de origen vulgar" sind16, was noch durch die Verbindung, die die Cuentos mit dem 8

Madrid 1881. » Ebda. S. 196. 10 Ebda. S. 199. 11 Ebda. S. 200. 18 J. E. Keller: Motif-Index of Mediaeval Spanish Exempla. Knoxville, Tennessee 1949. 15 Cuentos populares españoles recogidos de la tradición oral de España. Hrsg. von Aurelio M. Espinosa. 2. Auflage. Madrid 1947. 3 Bde. Siehe besonders Bd. 2: Notas comparativas. 14 M. Baquero Goyanes, a.a.O. 15 Fabulario Español. Selección, estudio, biografías y notas de F. C. Sainz de Robles. Madrid 1964 ( = Colección Austral Nr. 1334). S. 11. Die Sammlung enthält eine Bibliographie, deren Werke nur schwer zugänglich sind. Der Verfasser selbst weist darauf hin. Den Nachteil davon bekamen wir bei der Abfassung dieser Arbeit zu spüren. 16 Cuentos y chascarrillos andaluces, a.a.O., S. XVII. Siehe ferner Juan Valera, der die Einschätzung des Cuento historisch begründet: „ [ . . . ] hasta treinta años ha, predominaba en España, en literatura, el gusto clásico-francés del siglo de Luis XIV [ . . . ] Aquel atilda-

2

Gracioso eingehen, betont wird. Man übersieht dabei, daß die literarische Entwertung der Cuentos auf Grund ihrer volkstümlichen Herkunft vorgenommen wird. Diese prägt zwar den Cuento im Stoff und in der Form, begründet aber nicht die literarische Gestalt, die dieser im Drama annimmt, noch die dichterische Intention, die seiner Einfügung zugrundeliegt. Der Ubergang von der Folklore zur Literatur war spätestens in dem Augenblick vollzogen, als der Cuento zum festen Bestandteil höherer literarischer Ordnungen wurde, wie der des Romans17 und der Comedia18. Daß der Zusammenhang von übergeordneter Gattung und eingefügtem „cuento popular literaturizado" — um einen Begriff von Baquero Goyanes zu gebrauchen19 — auch für die Eigenheit des Cuento selbst von Bedeutung ist, wird noch zu zeigen sein. Bis jetzt wurde dieser Beziehung keine Beachtung geschenkt. Dabei ist doch kaum anzunehmen, daß ein Autor wie Calderón, der seine Dramen aufs sorgfältigste strukturierte, Cuentos einfügen sollte, ohne daß er nach Form, Gehalt, Stil und Anwendungsmoment differenziert und einen bestimmten Zweck damit verfolgt hätte. Der Aufsatz von Buchanan „Short Stories and Anecdotes in Spanish Plays"20 hat die weitverbreitete Praxis des Cuento-Einschubs im Drama des 17. Jahrhunderts deutlich vor Augen geführt. Buchanan bezweckte damit, den Cuento zu rehabilitieren21. In zweierlei Hinsicht wird hier auch Stellung zu Calderón bezogen: In der Cuento-Anwendung beobachtet Buchanan, daß die Cuentos nicht immer treffend seien. Zur dichterischen Intention äußert er, daß Calderón in „Didia y desdicha del nombre" den Cuento-Gebrauch habe parodieren wollen. Die Frage, ob die Wahl eines Cuento treffend oder unzutreffend sei, kann unseres Erachtens erst dann beantwortet werden, wenn die Prinzipien, die die Cuento-Einfügungen bestimmen, herauskristalmiento exagerado despreciaba todo lo que era „vulgar" o popular: por consiguiente la idea de escribir, reunir y publicar los cuentos que refieren las viejas y los rústicos no se le hubiera ocurrido a ningún literato de entonces". (Florilegio de Cuentos, Leyendas y tradiciones vulgares. In: Cyrus De Coster: Obras desconocidas de Juan Valera. Madrid 1965. S. 81). 17

18

Siehe M. R. Lida de Malkiel: Función del cuento popular en el „Lazarillo de Tormes". In: Actas del primer Congreso Internacional de Hispanistas. Oxford 1964. S. 349—359 ¡ G. A. Alfaro: El cuento intercalado en la novela picaresca. In: Hispanófila 40 (1970), S. 1—8¡ A. Castro: El pensamiento de Cervantes. Madrid 1925 ( = RFE Anejo VI), besonders S. 123—124. Die Wandlung im Gebrauch der Cuentos schafft eine veränderte Ausgangsposition für ihre Beurteilung. Es verhält sich mit den in die Literatur hineingetragenen Cuentos gerade umgekehrt als mit den ursprünglichen „cuentos populares". Wie Cistov zeigt, ist in letzteren „die ästhetische Funktion sekundär [ . . . ] , während irgendeine beliebige praktische, gesellschaftlich alltägliche Funktion primär ist". Er bezeichnet die Volksprosa als einen Bereich „angewandter künstlerischer Prosa" (K. V. Cistov: Das Problem der Kategorien mündlicher Volksprosa nicht-märchenhaften Charakters. In: Fabula 9 (1967), S. 27—40. S. 33).

»• A.a.O., S. 572. M. A. Buchanan: Short stories and anecdotes in Spanish plays. In: MLR 4 (1909), S. 178— 184 und 5 (1910), S. 78—89.

80

81

Ebda. MLR 4, S. 179.

3

lisiert und die gehaltlichen und formalen Zusammenhänge zwischen den Cuentos und dem Drama geklärt sind. Nicht zuletzt erfordert das eine eingehende Wesensuntersuchung des Cuento, der Themen, um die er kreist, der Verwendungsweise und der Beziehung des Cuento zur Handlung des Dramas, d. h. seiner dramatischen Funktion. Erst dann wird man im einzelnen unterscheiden können, welche dichterische Intention den Cuento-Einfügungen zugrundeliegt und ob Calderón die Parodierung eines Gebrauchs beabsichtigt, den er selbst so intensiv pflegt. Die Betrachtung der Cuento-Literatur läßt erkennen, welche Lücken noch auf dem Gebiet der Cuento-Forschung bestehen. Einen ersten Versuch, diese Lücke zu schließen, hat Williamsen unternommen, der in einigen Dramen von Mira de Amescua der dramatischen Funktion der Cuentos nachgegangen ist22. Inwiefern dieser Dramatiker wesentliche Verwendungsweisen des Cuento vorwegnimmt, wird noch gezeigt werden. Die vorliegende Arbeit versucht nun, davon ausgehend, daß der Cuento bei Calderón ein integrierter Bestandteil der Comedia ist, über die Erscheinungsform, Einschubstelle, Verwendungsweise 23 und Funktion 24 des Cuento Aufschluß zu geben und die dichterische Intention dieses Verfahrens augenfällig zu machen. Unser Blick soll dabei auf die wechselseitige Beziehung zwischen Cuento und Drama gerichtet sein. Es soll sowohl auf die Bedeutung des Cuento für das dramatische Geschehen als auch auf die Auswirkung des dramatischen Kontextes, auf Form und Gehalt des Cuento geachtet werden. Die Ergebnisse unserer Untersuchung lassen Schlußfolgerungen sowohl im Hinblick auf die Charakterisierung der Figur des Gracioso als auch über die Praxis komischer Darstellung im Drama Calderóns zu. Insofern verstehen wir unsere Arbeit auch als Beitrag für eine Untersuchung des Gracioso und der Praxis komischer Gestaltung bei Calderón. Die Verwendung des Cuento als strukturelles Element im Drama Calderóns veranlaßt uns zu der Frage nach der Vereinbarkeit der Praxis des Cuento-Einschubs mit der Dramentheorie der Zeit. Dieser Frage soll am Ende unserer Arbeit nachgegangen werden. Die Untersuchung soll zeigen, inwiefern sich die Einfügung von Cuentos in den Comedias Calderóns dramentheoretisch erklären läßt bzw. welche Kriterien für das Vorgehen Calderóns geltend gemacht werden können. Sie versteht sich als ein Beitrag zur theoretischen Rechtfertigung des Cuento im Drama Calderóns.

22

23

14

4

V. G. Williamsen: The dramatic function of „cuentecillos" in some plays by Mira de Amescua. In: Hispania 54 (März 1971), S. 62—67. Unter .Verwendungsweise" verstehen wir die verschiedenen Modalitäten der Cuento-Einfügungen, die dem unmittelbaren Rede-Anlaß und -Zweck entspringen, wie z. B. die Verwendung des Cuento als Beispiel, Witz, Satire, Apolog, usw. Mit .Funktion" bezeichnen wir die Auswirkung bestimmter Verwendungsweisen des Cuento auf das Drama und das Publikum.

Unserer Untersuchung schicken wir eine Betrachtung über Wesen und Form des Cuento voran, die uns für die literarhistorische Einordnung und für die Beurteilung der Cuentos von Calderón notwendig erschien. Die Resultate, zu denen wir dabei gelangen, verstehen wir als einen Beitrag zur Theorie des „cuento breve" in seiner Eigenschaft als eigenständige Erzählart. Die Grundlage für die vorliegende Arbeit bilden sämtliche Cuentos der Dramen von Calderón, deren Liste sidi im Register befindet. Für unsere Ausführungen bedienen wir uns hauptsächlich derjenigen Cuentos, die charakteristisch für die einzelnen Problemstellungen sind. Das Allgemeingültige wird am Einzelfall verdeutlicht, wobei die Gesamtheit der Cuentos stets im Auge behalten wird. Die Auswahl ist getroffen worden im Hinblick auf a) die Bedeutung, b) die Repräsentativität der Beispiele. Für die Untersuchung sind 132 Comedias durchgesehen worden, die nachweislich von Calderón stammen. Die Dramen, die Calderón in Gemeinschaft mit anderen Autoren verfaßte, haben wir nicht berücksichtigt, da in diesem Fall die ursprüngliche Intention Calderóns nicht immer auszumachen gewesen wäre. Ein alphabetisches Verzeichnis der auf Cuentos hin durchgesehenen Dramen befindet sich im Register Nr. 1. Dabei können in 44 Comedias 88 Cuentos nachgewiesen werden. Die Liste dieser Comedias nebst den Cuentos und deren Stellenangabe in den benutzten Textausgaben befindet sich im Register Nr. 2. Die Dramen, in denen die Cuentos enthalten sind, erstrekken sich auf die gesamte Schaffensperiode Calderóns. Sie entstammen hinsichtlich Struktur, Themenwahl und Problemstellung den verschiedenen Dramentypen. Die Cuentos selbst sind wegen der größeren Anschaulichkeit beim Zitieren mit einem Titel versehen. Dabei richteten wir uns nach Calderóns Verfahren in den Cuento-Anspielungen, in denen er stichwortartig die Personen, Tiere bzw. Sachen, die im Mittelpunkt der Handlung stehen, bekanntgibt. Die Bezeichnung der Personen erfolgt durch ihren Stand bzw. Beruf. Diese Verfahrensweise bietet den Vorteil eines Uberblicks über den Personen-, Tier- und Sachkatalog der Cuentos und ermöglicht, diese im Text leicht aufzufinden. Aus demselben Grund behalten wir die spanische Sprache in der Titelgebung bei. Bezeichnungen, die wir in Klammern setzen, erscheinen nicht im Text; sie charakterisieren Personen bzw. Sachen, deren nähere Bestimmung zwar aus dem Text hervorgeht, aber nicht expressis verbis genannt ist. Qualifizierende Adjektive, die wir dem Text entnehmen, fügen wir nur dann hinzu, wenn die Bezeichnung allein uns zu vage erscheint oder wenn wir dadurch einen Unterschied gegenüber Cuentos mit ähnlichen Handlungsträgern kennzeichnen wollen. Die Cuentos werden in der Reihenfolge ihres Erscheinens in der AguilarAusgabe durchnumeriert. Es werden nur die Cuentos aufgenommen, die sich als geschlossene Einheiten vom dramatischen Geschehen abheben und Interpolationen im Drama darstellen. In den Mund der Charaktere gelegt, sind sie meistens als Cuentos in der Einleitungsformel kenntlich gemacht. Die

5

bühnenmäßige Fassung von Cuentos2" ist nicht Gegenstand unserer Untersuchung. Die in das dramatische Geschehen einbezogenen Cuento-Auflösungen episodischen Charakters berücksichtigen wir nur im Ausnahmefall, wie beispielsweise bei „Dario todo y no dar nada" und „Mañanas de abril y mayo". Die Gesichtspunkte, die zur Bestimmung und Aufnahme der Erzählformen als Cuentos im Unterschied zu ähnlichen Einfügungen führten, leiten sich aus den Wesensmerkmalen des Cuento her und werden im Kapitel „Der Cuento" dargelegt. Wir zitieren nach der Ausgabe: Don Pedro Calderón de la Barca: Obras completas. Tomo I: Dramas, Madrid 1966 und Tomo II: Comedias, Madrid 1960, Edición Aguilar. Bei den Stellenangaben bezeichnen die römischen Zahlen den Band, die arabischen die Seitenzahl und die Buchstaben „a" und „b" die linke bzw. die rechte Spalte. Die Cuentos Nr. 1—84 sowie die „discursos" Nr. 89 bis 91 werden nach dieser Ausgabe zitiert. Die Cuentos Nr. 85 bis 88 zitieren wir nach der Ausgabe des Dramas „La selva confusa" von George Tyler Northup in der Revue Hispanique 21 (1909), S. 168—338.

15

6

Vgl. z. B. die Untersuchung über die bühnenmäßige Gestaltung eines Cuento von Don Juan Manuel bei Lope de Vega und Calderón von J. Fradejas Lebrero: Un cuento de Don Juan Manuel y dos Comedias del Siglo de Oro. In: Rev. Lit. 8 (1955), S. 67—80.

A. Der Cuento I. Begriff

und

Form

Die Frage, was wir unter „cuento" verstehen, bedarf um so mehr einer Beantwortung, als wir es mit einem sehr vielschichtigen Begriff zu tun haben, der für eine Vielfalt von Erzählformen in Anspruch genommen wird. Von „contar", zählen, auszählen, abgeleitet 2 ', bezeichnet die Nominalbildung „cuento" zunächst die objektive Berichterstattung von Tatsachen und erst allmählich wird der Bedeutungswandel zur fiktiven Erzählung vollzogen. Nach Baquero Goyanes ist dieser Vorgang möglicherweise unbemerkt erfolgt27. Im Zusammenhang mit der „fábula" erklärt Díaz Rengifo ihn folgendermaßen: „Fabula en rigor significa el rumor, y hablilla de el Pueblo, y se dice tal á fando; y como de el rumor procede la ficción y la mentira; viene á ser la Fabula ficción"28. Bei Calderón läßt sich ein solcher Bedeutungsübergang nachzeichnen. Er verwendet „cuento" im Sinne einer objektiven Berichterstattung, wenn die dramatische Person in Form einer Mauerschau von Ereignissen erzählt, die sich hinter der Bühne zugetragen haben. Zwar handelt es sich hierbei um eine fingierte Geschichte; aus der Perspektive der dramatischen Fiktion betrachtet, erhebt die Erzählung indessen Wahrheitsanspruch. Als Synonyme finden wir hier die Begriffe „suceso" und „historia" angewendet2®. In dieser Bedeutung tritt „cuento" auch bei Lope 29

27

28

29

J. Corominas: Diccionario crítico etimológico de la lengua castellana. Madrid 1961. Bd I, S. 888. Vgl. auch Baquero Goyanes, a.a.O., S. 31. „La transformación semántica de contar: relatar sucesos reales, en contar: relatar sucesos Ungidos, es posiblemente imperceptible. Si encontrásemos el texto o el momento preciso en que ocurrió tan importantísima transformación, encontraríamos, al mismo tiempo, el primer puro momento de la creación, de la invención humana" (ebda.). J. Díaz Rengifo: Arte poética española. Barcelona 1759. S. 162. Vgl. dazu auch W. Pabst: Novellentheorie und Novellendichtung. Zur Geschichte ihrer Antinomie in den romanischen Literaturen. Heidelberg 1967. S. 24. Siehe z. B. „Fortunas de Andrómeda y Perseo": Per.— Ven tú, Bato. Bato.— Déjame a mí, porque quiero estodiar toda la historia . . . Per.—• ¿Qué historia? Bato.— Una que tengo de contar. [...] Per.— Pues ¿qué historia es? [Der Erzählfluß wird unterbrochen.] Gil.— Bato, dile sus sucesos. [...] Bato.— Pues finalmente, como digo de mi cuento . . . (I, 1642b/1643a) Die Hervorhebungen stammen vor mir; vgl. auch Calderón, II, 267a und II, 480a.

7

de Vega50 und Cervantes auf31. In den Dramen Calderöns bedeutet „cuento" audi die Neuigkeit, die in der Stadt kursiert32 und Klatsch, sofern dieser weitererzählt wird33. Nimmt die subjektive Ausgestaltung bei der Wiedergabe überhand und verdrängt sie den Wahrheitsgehalt, so wird der „cuento" zur Lüge34 bzw. zur „burla"35. Diese negative Bedeutungsnuance teilt 30

Lope de Vega: La desdicha por la honra. In: Novelas a la Señora Marcia Leonarda. Hrsg. v. J. D. Fitz-Gerald. Erlangen 1913 ( = RF, Bd 34), S. 38: .escriuo historia de tiempos presentes" und S. 49: „y boluiendo al cuento". 31 Sancho erzählt im 1. Teil, 20. Kapitel des „Quijote", eine .historia", die er dann anschließend als „conseja" bezeichnet und schließlich als „cuento", dessen Wahrhaftigkeit er beteuert: „No la conocí yo — respondió Sancho —; pero quien me contó este cuento me dijo que era tan cierto y verdadero, que podia bien, cuando lo contase a otro, afirmar y jurar que lo había visto todo" (M. de Cervantes: Don Quijote de la Mancha. Obras completas. Hrsg. v. A. Valbuena Prat. Madrid 1952, S. 1102a/b.) Vgl. auch 1. Teil, 1: Kapitel: „Pero esto importa poco a nuestro cuento: basta que en la narración de él no se salga un punto de ¡a verdad", S. 1038. Vgl. dazu Baquero Goyanes, a.a.O., S. 48. Ferner Cervantes, 1. T., 13. Kapitel: „Donde se da fin al cuento de la pastora Marcela con otros sucesos" S. 1072. (Die Hervorhebungen sind von mir.) 32 Siehe z. B. „EI médico de su honra": Rey.— Toda la noche rondé de aquesta ciudad las calles, que quiero saber asi sujetos y novedades de Sevilla, que es lugar donde cada noche salen cuentos nuevos ¡ (I, 332a) Vgl. ferner Calderón, II, 1626b: „Pues yo ¿qué cuento? / ¿He dicho algo de que / no esté todo Madrid lleno?" 33 Calderón legt diese Bedeutung der Verwendung der Cuentos Nr. 40 in „Nadie fíe su secreto" und Nr. 55 und 56 in „Mañanas de abril y mayo" zugrunde. Im Sinne von „klatschen" wird „contar" in „Bien vengas, mal, si vienes solo" verwendet: „ [ . . . ] y nosotras no tenemos otra cosa de que hablar, sino sólo de contar todo aquello que sabemos de nuestras amas; [ . . . ] " (II, 608b). Zur allgemeinen Bedeutung von „cuento" im Sinne von „chisme" vgl. Diccionario de Autoridades. Madrid 1963. Bd 1, S. 682. 34 Siehe z. B. in „Dar tiempo al tiempo": Leo.— ¿Para qué quieres, señor, de aquese papel saberlo, si mejor de mí podrás saber la verdad? [ . . . ] Juan.— ¿Qué pretende decir Leonor? Chac.—• Algún cuento. Leo.— Beatriz le escribió a su amante que será ese caballero, [...] [Es folgt der Bericht] Juan.— Lo que dices tú es lo mesmo que dicen papel y acción. Leo.— Ahl verás que yo no miento. (II, 1354a/b). Die Auffassung von „cuento" als Lüge macht J u a n Tomás Salvany (De tarde en tarde. Cuentos y novelas. Madrid 1884.) den Naturalisten zum Vorwurf: „¡Cuentos, es decir, mentiras!" — exclamará tal vez torciendo el gesto algún naturalista intransigente (Prólogo, S. XII, zitiert nach Baquero Goyanes, a.a.O., S. 68, Anm. 97).

8

der Cuento-Begriff mit dem der Fabel" und der Novelle57. Daß der Begriff im Sinne einer fingierten Erzählung verwendet wird, zeigen die Aussagen von Félix und Tristan in „Dicha y desdicha del nombre". Mit „cuento" bezeichnen sie die fingierte Erzählung in Ich-Form von Tristán38. Zugleich stellt sich die Bezeichnung als Formbestimmung heraus. In der Bedeutung eines bestimmten Erzähltyps und einer Erzählung schlechthin, welche Struktur und welches Ausmaß diese im einzelnen auch aufweisen mag, erscheint der Begriff auch bei Cervantes, wie Baquero Goyanes darlegt". Er läßt sich jedoch schon im „Caballero Cifar" nachweisen40. Der weitgespannte Bedeutungsrahmen von „cuento" ist bis zum heutigen Zeitpunkt erhalten geblieben. Sainz de Robles definiert den Begriff im „Estudio Preliminar" zu seiner Anthologie „Cuentos viejos de la vieja España" folgendermaßen: „Cuento es la relación de un suceso. La relación, de palabra o por escrito de un suceso falso o de pura invención [ . . . ] contar — fabular — es lo mismo que hablar"41. Die Anthologie erfaßt verschiedene 85

Siehe z. B. in .Los dos amantes del cielo": Esc.— Será hablar sin cuento, desaire. Entonaba un sacristán . . . Claud.— ¡Vive el Cielo, que te matel Esc.— Óyeme, y mátame luego. Claud.— ¿Hay mayores necedades que querer que escuche burlas quien siente veras tan grandes? (I, 1096b). (Die Hervorhebungen stammen von mir.) « Vgl. S. 2. 37 Vgl. W. Krauss: Novela—Novelle—Roman. In: ZRPh. 40 (1940), S. 16—28. S. 19 und 2T¡ P. Henriquez Ureña: Las novelas ejemplares. In: Plenitud de España. Buenos Aires 1940. S. 151—154. S. 151; W. Pabst, a.a.O., S. 15 ff. 38 Félix erwidert auf die Erzählung Tristáns, die dieser als selbst erlebt darbietet, folgendermaßen: „¿Qué cosa habrá a que no saques, Tristán, la frialdad de un cuento?" Tristán gibt daraufhin zu, daß es sich um einen alten „cuento" handelt, der lediglich neu angewendet wird: (wörtlich: „aufgefädelt") „lo que habrá de nuevo s ó l o / será el hilo de mis cuentos" (II, 1801b). Bei .cuento" Nr. 1 von Calderón legt der Gracioso dar, daß seine Erzählung Fiktion ist: Pers.— [ . . . ] Estos disparates digo para entretenerte aquí¡ no porque esto fuese así, que al cielo le hago testigo de mis hechos, y no es bien que repita mis hazañas. (I, 79b). 39 A.a.O., S. 45. „Cuento" wird sowohl auf die gesamte Erzählung des Quijote angewandt (siehe 1. Kapitel „Pero esto importa poco a nuestro cuento", Cervantes, a.a.O., S. 1038) als auch auf eine kurze Geschichte (siehe 1. Teil, Kapitel XIII, Cervantes, a.a.O., S. 1072). 40 Kap. CXXIV: „Dize el cuento que este rey [ . . . ] " (EI Cavallero Zifar. Con un estudio por M. Riquer. Barcelona 1951, S. 10). „Cuento" bezieht sich hier auf eine kurze Erzählung. Kap. CXXX, „Dize el cuento que ay un enxiemplo que dize así [ . . . ] (ebda S. 22) bezieht „cuento" dagegen auf die gesamte Darstellung. 41 Cuentos viejos de la vieja España. (Del siglo XIII al siglo XVIII). Hrsg. v. F. C. Sainz de Robles. Madrid 1964. S. 9.

9

Erzähltypen aus dem 13. bis zum 18. Jahrhundert, die sich von Schwank, Witz, Exempel bis hin zur Novelle erstrecken. Auf ähnliche Weise verwendet den Begriff Menéndez Pelayo 42 . Mit Baquero Goyanes schränkt er ihn insofern ein, als sie den Erzähltyp, den das 19. Jahrhundert mit der Kurzerzählung geprägt hat, als den „eigentlichen Cuento" ansehen, während sie die früheren Erzählformen als Vorformen betrachten 43 . Mit dem Erscheinen der modernen phantastischen Kurzgeschichte wird der Cuento-Begriff auf diesen Erzählungstyp ausgedehnt". Parallel dazu bezeichnet er auch Volksformen wie das Märchen, wenngleich dieses in den Bereich der Folklore gewiesen wird 45 . Es zeigt sich, daß die moderne Literaturwissenschaft bei ihrer Begriffsanwendung an der ursprünglichen Bedeutung von „cuento" im Sinne von „erzählter Geschichte", welche formalen und gehaltlichen Merkmale diese auch auszeichnen, festhält. Die Flexibilität des Begriffes läßt es zu, daß er von Erzähl typ zu Erzähltyp jeweils mit einem spezifischen Bedeutungsgehalt aufgefüllt wird. Dabei ist die Begriffsfixierung, die sich im 16. Jahrhundert abzeichnet, in Vergessenheit geraten. Sie ist aber gerade in unserem Zusammenhang von Bedeutung, da Calderón sich ihrer in Verbindung mit bestimmten Erzählformen bedient. Baquero Goyanes hat bereits darauf hingewiesen, welche Bedeutung Timoneda für die Begriffsbestimmung im 16. Jahrhundert zukommt 48 . Die Verwendung von „cuento" als Uberschrift für jede der 53 Erzählungen in „El Sobremesa y alivio de caminantes" (1563)47 und später im „Buen Aviso y portacuentos" (1564)48 stellt sich als entscheidend für die Begriffsbestimmung in bezug auf einen bestimmten Erzähltypus heraus. Nur vereinzelt ist der Begriff jedoch in diesem Sinne in der Literaturkritik verwendet worden. Bourland benutzt ihn als distinktive Kategorie zu den „short stories", den 41

M. M e n é n d e z P e l a y o (Orígenes de la n o v e l a . Hrsg. v. D. E. Sánchez R e y e s . S a n t a n d e r 1943. 3 Bde) bezeichnet mit „cuento" die A p o l o g e (Bd. III, S. 3), d i e „ a n é c d o t a s " (Bd. III, S. 66 u n d 75) s o w i e die . n o v e l a s " d e s Timoneda (Bd. III, S. 79).

45

Der „cuento" ist „producto d e u n a e l a b o r a c i ó n lenta, g e r m i n a d a al a m p a r o d e la novela, y q u e alcanza su m a d u r e z y plenitud en los últimos años de u n siglo t a n r e f i n a d a m e n t e literario como lo f u é el XIX". A.a.O., S. 59. Siehe auch S. 13, 88, 156 u. b e s . S. 43¡ Men é n d e z Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 144. Dieselbe A u f f a s s u n g legt der Diccionario d e Literat u r a Española, hrsg. v. G e r m á n Bleiberg y J u l i á n Marías, M a d r i d 1964, S. 208, z u g r u n d e .

44

Ebda. S. 63 ff.; Zum Felde (Indice crítico de la l i t e r a t u r a h i s p a n o a m e r i c a n a . La n a r r a tiva. M é x i c o 1959) w e n d e t den Begriff auf die C u e n t o s v o n Q u i r o g a a n : „Se h a d a d o en llamar f a n t á s t i c o a e s t e tipo de cuento, tal v e z por m a r c a de su p r e s u n t o origen en H o f f m a n n , q u e así l l a m a r a a los s u y o s " (S. 404); in b e z u g auf die C u e n t o s v o n R u b é n Darío, vgl. E. A n d e r s o n Imbert: Los cuentos fantásticos de Rubén Darío. In: M N 54 (1970), S. 30—42.

45

M e n é n d e z Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 5; Baquero G o y a n e s , a.a.O., S. 565.

4

« A.a.O., S. 43—44.

47

O b r a s de Timoneda. El P a t r a ñ u e l o . El S o b r e m e s a y alivio de c a m i n a n t e s . V a l e n c i a [o. J.] ( = Clásicos españoles). S. 169—239.

48

T i m o n e d a : Buen A v i s o y p o r t a c u e n t o s . Re-issued b y R. Sdievill. In: RH 24 (1911), S. 171— 254.

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„novelas"49, wobei sie die „cuentos" als „brief prose narratives" charakterisiert60. Die Bestimmung „breve" wird von Place51 als Differenzierungsmoment für die „novelas cortas italianizantes" begriffen68, worunter er die „patrañas" von Timonedas „El Patrañuelo" und die Erzählungen der „Diálogos de apacible entretenimiento" von Gaspar Lucas Hidalgo faßt". Gerade die Kürze der Cuentos eines Timoneda und Melchor de Santa Cruz haben dazu geführt, daß dieser Erzähltypus minder geachtet wurde. Daß er literarhistorisch am Anfang einer Entwicklung steht, läßt ihn als rudimentär54 bzw. als „género embrionario" der Novelle erscheinen55. Baquero Goyanes schließt sich dieser Einschätzung an. Seiner Meinung nach sind die Erzählungen vom Typ Timonedas und Melchor de Santa Cruz' keine „cuentos", „sino anécdotas, chistes, refranes explicados, etc."56, wobei ér in seiner Beurteilung vom „cuento" des 19. Jahrhunderts ausgeht57. Aus der Sicht der „novelas" des 16. und 17. Jahrhunderts betrachtet Schevill die „cuentos" in seiner Einleitung zu Timonedas „Buen Aviso y portacuentos". Er faßt sie ohne zu differenzieren mit den „patrañas" zusammen und grenzt sie gemeinsam gegen Cervantes „Novelas ejemplares" ab58. Menéndez Pelayo geht so weit, daß er zur Ansicht gelangt, die „cuentos" der „Sobremesa" seien ohne Zweifel so knapp gefaßt, „para que el .discreto lector' pudiese amplificarlos y exornarlos a su guisa"59. Die genetische Betrachtungsweise führt ihre Vertreter zu Schlußfolgerungen, die sich, sobald man sie mit den theoretischen Äußerungen und der dichterischen Intention Timonedas kon49 80

C. B. Bourland: The Short Story in Spain. Northampton. Massachusetts 1927. S. 3—4. Ebda. S. 3. Die „cuentos" werden als „witty sayings and anecdotes" bezeichnet. Schevill (s. Anm. 48) bezeichnet Timonedas „cuentos" im „Buen Aviso" als „pranks", Schwanke. J u a n Valera (Una docena de cuentos por Don Narciso Campillo [Prólogo]). In: Obras completas. Estudio preliminar de Luis Araujo Costa. Tomo II: Crítica literaria. 2da ed. Madrid 1949. S. 528—531) führt als Synonym für diesen Cuento-Typ den Begriff „chascarrillo o sucedido" (S. 529) ein.

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E. B. Place: Manual elemental de novelística española. Madrid 1926 ( = Biblioteca de divulgación científica. Bd. VII), S. 27. M Ebda. S. 31. Unter „cuento breve" versteht er die „cuentos" der „Sobremesa", des „Buen Aviso y portacuentos" und der „Floresta Española". S. 27—31. 88 Ebda. S. 31 ff. M Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 75. 88 Ebda. S. 5 ff. 8 * Baquero Goyanes, a.a.O., S. 43. Vgl. auch E. Anderson Imbert: El cuento español. Buenos Aires 1959. S. 12. 57 Ebda. S. 26— 27. Erst dem „cuento" des 19. Jahrhunderts billigt er Autonomie zu: „Pues el cuento, si bien tiene relación con la poesía y la novela, representa, en su forma actual, un género nuevo, completamente independiente. No es un producto híbrido ni un género menor. Es sencillamente, la expresión literaria de una época, como la tragedia, la epopeya, o aun la novela, lo han sido de otras" (S. 26—27). 88 59

A.a.O., S. 178; Budianan, MLR 4 (1909), S. 178, Anm. 1. A.a.O., Bd. III, S. 67. Eine solche Bemerkung überrascht um so mehr, als Menéndez Pelayo Timoneda vorwirft, er habe die italienischen Nevellieri in seiner Fassung „materialmente en los huesos" gelassen. (Bd. III, S. 70). Im Anschluß daran auch bei Pabst, a.a.O., S. 26.

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frontiert, widersprechen. So etwa, wenn Sdievill den „cuentos" Timonedas Mangel an Originalität vorhält'0 oder Place den „cuentos" infolge ihrer Knappheit jeglidie „gracia" abstreitet*1 und ihren literarischen Wert leugnet". Bei näherer Ansicht zeigt sich, daß das, was gegen Timoneda zum Vorwurf erhoben wird, auf einer Fehleinschätzung der Eigengesetzlichkeit des Erzählungstypus „cuento" beruht63. Bei einer Betrachtung aus der Sicht der „Hochdichtungsform" der Novelle bzw. aus der des Cuento des 19. Jahrhunderts kann man der Eigentümlichkeit dieser Erzählart kaum gerecht werden. Dennoch bietet gerade die „Epístola al lector", die Timoneda seiner „Sobremesa" voranschickt, Ansatzpunkte für eine Einkreisung des „cuento"*4. Sie enthält keinerlei Angaben über etwaige dichterische Ziele. Dagegen weist sie auf den Anwendungsbereich und -zweck hin: „lo que nos importa para ti y para mí, porque no nos tengan por friáticos, es que, estando en conversación, y quieras decir algún contecillo, lo digas al propósito de lo que trataren [ . . . ]"®5.

Die treffende Wahl des „cuento" und der Gelegenheit für seine Anwendung scheint auch das Anliegen Melchor de Santa Cruz" mit seiner Sammlung „Floresta española de apotegmas y sentencias, sabia y graciosamente dichas" (1574) gewesen zu sein: „De aquesta Floresta, discreto lector, Donde hay tanta copia de rosas y flores, De mucha virtud, olor y colores, Escoja el que es sabio de aquí lo mejor. Las de linda vista y de buen sabor Sirvan de salsa a las virtuosas, Y no de manjar, si fueren viciosas, Pues para esto las sembró el autor"8*. >0 11 M

M

M ,s

A.a.O., S. 178, Diese Meinung vertritt auch Anderson Imbert, a.a.O., S. 12: A.a.O., S. 28. Place, ebda.¡ Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. I, S. 150: „Hay muchos modos de contar una anécdota; reducida á sus términos esquemáticos [ . . . ] no tiene valor estético alguno"; Baquero Goyanes (a.a.O., S. 41) schreibt über Timoneda, seine .cuentos" seien »sin transcendencia literaria". Ähnlich äußert sich E. Fernández de Navarrete: Bosquejo histórico sobre la novela española. In: Novelistas posteriores a Cervantes. Madrid 1950 ( = B A E Bd. 33), S. LXVI1. V. Propp: (Morphologie du conté. Traduit du russe par M. Derrida. Paris 1965 et 1970) wirft der Forschung die genetische Betrachtungsweise vor und bedauert den Mangel einer „description systématique préalable" (S. 11). Obras de Timoneda, a.a.O., S. 170. Ebda. S. 170; vgl. dazu die spanische Redewendung „venir a cuento" = gelegen kommen: Diccionario de Autoridades. A.a.O., Bd. I, S. 683: „Lo mismo que venir a propósito, y ser del gusto de alguno"; Wörterbuch der spanischen und deutschen Sprache. Hrsg. v. R. J. Slaby und R. Grossmann. Wiesbaden 1953. Bd. 2, S. 206. Pabst betrachtet den Vortragscharakter der Cuento-Sammlungen als Fiktion (a.a.O., S. 109). Ganz im Gegenteil äußert sich C. B. Bourland: „Story telling, both in fiction and in real lile, constitutes a form of social entertainment" (a.a.O., S. 4).

«« Zitiert nach Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 104.

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Zum besseren Auffinden der Cuentos für die passende Gelegenheit hat er der Sammlung einen Themen-Index beigefügt*7. Die Verweisung des „cuento" in das Gespräch und die Forderung nach treffender Anwendung zeigen, daß die Realisierung der dichterischen Intention von Timoneda und Melchor de Santa Cruz nicht primär im „cuento" erblickt wird, sondern in der Verbindung, die dieser mit der Rede, dem Kontext, eingeht. Eine solche Eingrenzung versteht den „cuento" nicht als isolierte Einheit, sondern als Ausdrucksmittel, das der Rede untergeordnet ist und dazu dient, ihr Glanz und Schärfe zu verleihen. Im Portugiesischen hat der Begriff eine ähnliche Eingrenzung erfahren. Menéndez Pelayo"8 und in dessen Folge Baquero Goyanes" weisen auf die Bedeutung von Francisco Rodrigues Lobo und seiner „Córte na aldeia e noites de inverno" (1619) hin, die 1623 in spanischer Übersetzung vorlag70. Im Kapitel „Dos contos e ditos graciosos e agudos na conversarlo" 71 geht auch er in der Beurteilung der „contos" von ihrer Verwendung im Gespräch aus und unterstreicht die Wichtigkeit der richtigen Wahl der Gelegenheit: „Os contos e ditos galantes devem ser na conversalo como os passamanes e guarnìgòes nos vestidos, que nao pareja que cortaram a séda para èles, senäo que caíram bem e botaram com a cór da seda ou do pano sobre que os puseram; porque há alguns que querem trazer o seu conto a remo quando lhe nao dáo vento os com que pratica ¡ e ainda que com outras cousas lhe cortem o fio, torna à teia, e o faz comer requentado, tirando-lhe o gósto e graga que podia ter se caira a caso e a propósito, que é quando se fala na matèria da que èie trata ou quando se contou outro semelhante"".

Die Forderung nach Adäquatheit, Beachtung der Umstände und nach sachlicher Motivation erhebt auch Gracián Dantisco in seiner spanischen Bearbeitung „Galateo Español"73 des „Galateo" von Giovanni della Casa74. Beide gehen auf Castigliones75 und Ciceros71 Theorie der „facetiae" zurück. 67

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Ebda. S. 104—105¡ Melchor de Santa Cruz de Dueñas. Floresta Española. Buenos Aires 1947 (Colección Austral Bd. 672). S. 7—8. A.a.O., Bd. III, S. 150—152. A.a.O., S. 42. Sie erschien in Córdoba. F. Rodrigues Lobo: Córte na aldeia e noites de inverno. Prefácio e notas de A. Lopes Vieira. Lisboa 1945 ( = C o l e c t o de Clássicos Sá da Costa). S. 211—230. Ebda. S. 226—227. Lucas Gracián Dantisco: Galateo Español. Valladolid 1603. Siehe besonders Kapitel .De las novelas y cuentos". S. 106 und S. 39 ff. Die spanische Übertragung liegt seit 1599 vor. Giovanni della Casa: Galateo ovvero de' costumi. In: Opere di Baldassare Castiglione, Giovanni della Casa, Benvenuto Cellini. Milano—Napoli 1960. ( = La letteratura italiana. Storia e testi. Voi. 27), S. 367—440. Baldassare Castiglione: Il Libro del Cortegiano. In: Opere di Baldassare Castiglione, Giovanni della Casa, Benvenuto Cellini. Milano—Napoli 1960 ( = La letteratura italiana. Storia e testi. Voi. 27). S. 5—361. Besonders II. Buch, § 216—290. Die spanische Übersetzung von Boscán liegt seit 1534 vor. Castiglione geht zwar auch von der rhetorischen Gebundenheit der »facezia" aus. Sie ist dennoch Bestandteil der „schönen Rede" (s. S. 141) und tendiert zur Verselbständigung, die in der .burla" vollzogen wird.

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Der Hinweis auf die Berücksichtigung der gesellschaftlichen Gegebenheiten mag zunächst nicht als distinktives Merkmal erscheinen, da die kollektive Grundsituation auch für die Novelle Voraussetzung ist77. Dennoch besteht hier ein entscheidender Unterschied in der Funktionalität. Timonedas und Löbos Forderung nach Verknüpfung des „cuento" mit dem Gespräch, die treffende Anwendung, sind für die Struktur des „cuento" von größerer Bedeutung als es zunächst den Anschein hat. Eine derartige Abhängigkeit zwingt den Erzähltyp, sich den Regeln der Konversation unterzuordnen, denn er soll nicht durch sich selbst hervortreten, sondern der Rede Glanz verschaffen. Daher die Forderung nach treffender Anwendung, nach Einsicht in den Bezug zwischen Erzählung und Gesprächsgegenstand sowie nach Wahrung der zeitlichen Opportunität. Der Erzähler kommt dem nach, indem er dem „cuento" den Anschein der Beiläufigkeit verleiht und ihn seiner Argumentation einverleibt, d. h. ihn als Teil seiner Aussage begreift. Er richtet sich damit an seine Zuhörerschaft, um sie von seiner Meinung zu überzeugen. Er wird die Wahl des „cuento" und der Einfügungsweise nach der Reaktion vornehmen, die er beim Zuhörer hervorzurufen beabsichtigt78. Der „cuento" wird somit zum Brennpunkt zwischen der Meinung des Erzählers, der Zuhörerschaft und der Idee, die vermittelt werden soll. Seine Unterordnung unter den Aussagewillen des Erzählers verweist den „cuento" in den Bereich des rhetorischen Mittels. Die Bindung an den Gesprächsrahmen zeigt die Eigentümlichkeit des „cuento", der erst durch die Anwendung zu Bedeutsamkeit gelangt. Er unterscheidet sich darin von der Novelle, die an sich bedeutsam sein muß, „wenn sie auch in der Isolierung als Novelle bestehen bleiben soll, ohne zum bloß-lustigen Schwank abzusinken" 7 '. Die Novelle ist kein Redemittel, sondern, wie Mackensen es formuliert, sie besitzt „Gesprächswert", d. h., sie ist „Beitrag zum Gespräch, Ersatz für das Gespräch, Überhöhung des Gesprächs"80. Die funktionale Bestimmung steht in enger Verknüpfung mit der Darstellungsweise des „cuento". Die Anpassung an die Regeln der Konversation fordert Beschränkung auf das Wesentliche und weitgehenden Verzicht auf 76

Cicero, De Oratore, faßt seine Überlegungen im 2. Buch, Kap. 60, § 247 über die Anwendung der „facetiae" zusammen. Die treffende Anwendung wird dort als Unterscheidungskriterium zwischen einem Redner und einem Possenreißer begriffen: „Temporis igitur ratio et ipsius dicacitatis moderatio et temperantia et raritas dictorum distinguent oratorem a scurra; et quos nos cum causa dicimus, non ut ridiculi videamur, sed ut proficiamus aliquid, illi totum diem et sine causa [ . . . ] . Tempus igitur dicendi prudentia et gravitate moderabimur" (ebda.).

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Ober die gesellschaftliche Prägung der Novelle vgl. L. Madeensen: Die Novelle. In: StG 11 (1958), S. 751—759, bes. S. 758a. Uber die Art und Weise der Inbezugsetzung von .cuento" und Gespräch vgl. Graciän Dantisco, a.a.O., S. 104: „Los exemplos y comparaciones deuen ser aparentes, que por ellos se represente a la imaginaci5, la cosa comparada, como si realmete la viessemos." G. Kuttner: Wesen und Formen der deutschen Schwankliteratur des 16. Jahrhunderts. Berlin 1934 ( = Germanische Studien. Heft 152), S. 25. Mackensen, a.a.O., S. 758a.

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Ausschmückung und Behandlung des Details. Ferner leichte Erfaßbarkeit der Darstellung sowie rednerische Eindringlichkeit. Für die Struktur des „cuento" bedeutet das einen straffen Aufbau, eine schematisierte Handlung und Bildhaftigkeit, die Eingänglidikeit und Prägnanz sichern. Zwar wird auch für die Novelle und den Cuentotyp des 19. Jahrhunderts die Kürze als äußeres Merkmal betont81 — Mackensen schätzt das Ausmaß der Boccaccio-Novellen zwischen „mehr als eine knappe Stunde" und „weniger als fünf Minuten" ein82 — dennoch handelt es sich hierbei eher um die Hervorhebung eines Merkmals der Novelle im Hinblick auf deren Abgrenzung zum Roman als um ein absolutes Maß. Die Novelle zeichnet sich durch eine relative Kürze aus, die eine gewisse epische Breite nicht ausschließt89. Rodrigues Löbo, der im 10. Diälogo „Da maneira de contar histörias na conversagäo" an eine Novelle seine Überlegungen über den Unterschied zwischen den „histörias", d. h., den Novellen84, und den „contos" anknüpft85, stellt die epische Ausgestaltung als wesentliches Merkmal der Novelle gegenüber dem „conto" heraus. Die „histörias" sollen erzählt werden „com boa descrigao das pessoas, relagäo dos acontecimentos, razäo dos tempos e lugares e uma prätica por parte de alguma das figuras que mova mais a compaixäo e piedade; que isto faz dobrar depois a alegria do bom sucesso"88. Für die „contos" dagegen ist rhetorische Sparsamkeit am Platze: „Essa diferenga [... ] me parece que se deve fazer dos contos äs histörias; que elas pedem mais palavras que eles, e däo maior lugar ao ornamento e concerto das razöes, levando-as de maneira que väo afei^oando odesejodos ouvintes; e os contos näoquerem tanto de retörica porque o principal em que consistem e a graga do que fala, e na que tem de seu a cousa que se conta"87. Schevill hat gegen Timonedas 81 82 83

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Ebda. S. 758b; Baquero Goyanes, a.a. O., S. 126. Mackensen, a.a.O., S. 758b. Emil Staigers Definition der Novelle, die durch das Buch seines Schülers Bernhard von A n (Novellistisches Dasein. Spielraum einer Gattung in der Goethezeit. Zürich 1953 ( = Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur und Geistesgesdiichte. Nr. 5), bekannt wurde, lautet: „Eine Novelle ist nichts anderes als eine Erzählung mittlerer Länge." (S. 9). K. K. Polheim: Novellentheorie und Novellenforschung (1945—1963). In: Sonderheft der DVj 38 (1964), S. 208—316, weist darauf hin, daß eine Erzählung mittlerer Lange „nicht mehr die Möglichkeit des epischen Erzählens im weiteren Sinne hat, also weder den Stoff auf breite Weise entfalten, noch unmittelbar nur als Handlung vergegenwärtigen kann". S. 216—217. Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 150, weist darauf hin, daß die „historias" synonym für die „novelle toscanas" stehen. Gracián Dantisco, a.a.O., S. 106, spricht ausdrücklich von „cuentos" und „novelas". Die ersteren nennt er „breves", und faßt darunter die „motes y dichos graciosos" und unterscheidet sie von den Novellen „de hablar continuado", S. 101. Giovanni della Casa begreift unter die Erzählungen des „favellar disteso e continuato" die Novellen Boccaccios (a.a.O., § 21, S. 410). Menéndez Pelayo spricht im Zusammenhang mit den Novellen von „narraciones algo más extensas" im Gegensatz zu den „cuentos" vom Typ der „anécdotas", „dichos agudos y sentenciosos" (a.a.O., Bd. III, S. 143—144). F. Rodrigues Löbo, a.a.O., S. 199 ff. Ebda. Die spanische Obersetzung führt Menéndez Pelayo an (a.a.O., Bd. III, S. 151). F. Rodrigues Löbo, a.a.O., S. 199; siehe die spanische Ubersetzung bei Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 151. Cristóbal Suárez de Figueroa in „El Passagero", Madrid 1914 ( = So15

„cuentos" den Vorwurf erhoben, daß es ihnen an Atmosphäre mangele88. Wie Kuttner ausführt, besteht diese jedoch gerade in der „Summe kleiner und kleinster Stimmungsträger", die auf „Nebenbemerkungen, Charakteristiken, Beschreibungen, die über bloßes Aufzählen [ . . . ] hinausgehen", beruhen8'. Nach Löbos Theorie zeigt sich, daß diesen in den „cuentos" kein Raum gegeben werden kann. Wären sie vorhanden, würden sie zur Verselbständigung der „cuentos" führen, und diese in die Nähe der Novelle bringen. Abgesehen davon, daß die Ausführlichkeit sich schwächend auf die Prägnanz und Einschlägigkeit der „cuentos" auswirkt, würden sie vom Gesprädisgegenstand abschweifen. Daher beschränkt sich auch der „cuento" auf die Schilderung einer Situation, während für die Novelle der „ Situationsüberfluß ",0, der sich bis zur epischen Szene verdichtet'1, charakteristisch ist. Epische Breite bedeutet für den Autor der Novelle zugleich, daß er dem subjektiven Gastaltungsdrang Folge leisten'2 und ihm im Rahmen eines ästhetischen Ideals den gemäßen Ausdruck verleihen kann". Walser spricht von der Absicht des Autors der Novelle, ein Kunstwerk zu schaffen'4. Sie tritt dabei mit gewissen Ansprüchen an den Zuhörer heran und wendet sich auch vornehmlich an eine aristokratische Elite95. Ganz anders verhält es ciedad de Bibliófilos Españoles), betont ebenfalls die rhetorische Ausschmückung als Charakteristikum der Novelle: .Las nouelas formadas con el rigor que se deue, es vna composición ingeniosissima, cuyo exemplo obliga a imitación o escarmiento. No ha de ser simple ni desnuda, sino mañosa y vestida de sentencias, documentos, y todo lo demás que puede ministrar la prudente Filosofía" (a.a.O., S. 94). Die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen .cuento breve" im Sinne Timonedas und Löbos und der Kurzerzählung bzw. der Novelle läßt sich anhand der Klassifizierungen der eingestreuten Erzählformen im .Guzmán de Alfaradie" verdeutlichen. Während E. Moreno Báez (Lección y sentido del Guzmán de Alfarache. Madrid 1948, S. 175—178) 4 Novellen und 47 „cuentos" im .Guzmán" zählt, kommt M. J. Gray (An Index to Guzmán de Alfarache. New Brunswick 1948) auf die Zahl von 65 .cuentos". Vgl. dazu A. G. Alfaro, a.a.O. 88

Timoneda: Buen Aviso y portacuentos, s. Einleitung, a.a.O., S. 178. Kuttner, a.a.O., S. 38. Ebda. S. 35. 91 Ebda. S. 33—34¡ Kuttner sieht die Ausgestaltung der Situation zur epischen Szene als strukturbestimmendes Element der Novelle. Der Schwank bestehe im Gegensatz dazu lediglich aus einer Situation, aus statischen, ruhenden Bildern (S. 36 und 37). 91 Benno von Wiese (Die deutsche Novelle von Goethe bis Kafka. Interpretationen. Düsseldorf 1959) im Anschluß an Friedrich Schlegel (Nachricht von den poetischen Werken des Johannes Boccaccio. In: F. Schlegel. Seine prosaischen Jugendschriften. Hrsg. v. J. Minor, 2 Bde. 2. (Titel-)Auflage Wien 1906, Bd. II, S. 411) definiert die Novelle folgendermaßen: .Wahrheit der Begebenheit auf der einen Seite, subjektive, bis ins Artistische gehende, indirekte Formgebung auf der anderen Seite, mit diesen beiden Polen scheint mir die Spannweite der Gattung Novelle angedeutet", Bd. I, S. 14 u. 24. Das Gleiche s. ders., Die Novelle. Stuttgart 1969, S. 8, wo er die Novelle als .eminent subjektive Gestaltungsform", in der es .mehr auf das Wie als auf das Was ankommt", charakterisiert. 89

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Ebda. S. 7: Das Subjektive der Novelle zeige sich vor allem in der Kunst der Stilisierung. E. Walser: Die Theorie des Witzes und der Novelle nach dem De Sermone des Jovianus Pontanus. Straßburg 1908. S. 120. Vgl. L. Mackensen, a.a.O., S. 752b: Der Ausgangspunkt für die Novelle begreift .nicht nur die besondere Prägung, sondern wurzelt gleichzeitig auch in einem besonderen soziologischen Bereich. Denn bei parlare war ein gesellschaftliches Gesprächsspiel, eine Art

sich mit dem „cuento". Timoneda und Melchor de Santa Cruz sowie die zahlreichen Autoren von Cuento-Sammlungen des 16. und 17. Jahrhunderts treten nicht als Autoren ihrer „cuentos" auf. Timoneda weist als seine Quellen „lo que yo en diversos años he oído, visto y leído" aus. Der Gesichtspunkt der Originalität ist für die „cuentos" irrevelant. Sie sind anonymer Herkunft und gehören zum Allgemeingut bzw. können dazu werden". Der „cuento" wendet sich nicht an eine bestimmte Zuhörerschaft. Die Notwendigkeit eines Belegs für die eigene Behauptung bzw. eines illustrativen Beispiels kann sich bei jedem Sprecher einstellen, unabhängig von seiner sozialen Zugehörigkeit, und zwar immer dann, wenn er eine Begebenheit zu erfassen und zu deuten sucht und das Gegenüber von der eigenen Position zu überzeugen trachtet. Der „cuento" richtet sich an die Vertreter aller Stände: an den gehobenen ebenso wie an den Mann des Volkes' 7 . Timonedas „cuentos" fallen durch ihre teilweise umgangssprachliche Prägung auf. Melchor de Santa Cruz fügt in seine Sammlung sogar „cuentos" auf Katalanisch ein98, Calderón unterscheidet in der sprachlichen Gestaltung der „cuentos" in seinen Dramen je nach Sprecher". Die Sammlungen weisen den „discreto lector" darauf hin, die richtige Wahl in Hinblick auf den Zweck der Rede zu treffen. Entscheidend ist, daß der „cuento" der Zuhörerschaft verständlich ist und die Aussage, die er enthält, Gültigkeit beanspruchen kann. Letzterem Anspruch kommt die Anonymität des „cuento" sehr entgegen. Der Erzähler bezieht ja gerade aus der Sanktionierung des Erzählten durch die Allgemeinheit seinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Es verhält sich hier wie bei der Anwendung eines Sprichwortes10*. Cicero hat neben dem Apolog 101 auch auf die Verwendung von selbstgebildeten „genera facetiarum" hingewiesen, die in Form von „fabellae",

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der feinen Unterhaltung, die man beherrschen mußte, wollte man in den damals tonangebenden .modernen' Kreisen eine Rolle spielen". Siehe auch S. 754a; Pabst, Novellentheorie, a.a.O., S. 243: „Nur die gelehrte Auslese war zum Spiel zu Gast geladenl Nicht ein Volk, sondern die Aristokratie des europäischen Geistes." Menéndez Pelayos Charakterisierung der „cuentos" von Trancoso lautet: „anécdotas", „dichos agudos y sentenciosos que corrían de boca en boca" (S. 143). Siehe z. B. die „cuentos", die der Licenciado Vidriera in Cervantes gleichnamiger Novelle dem Volk zum besten gibt. (Miguel de Cervantes, a.a.O., S. 876—888). Der Begriff „cuento" in bezug auf die Apophthegmen des „Licenciado Vidriera" tritt dort selbst in Erscheinung: s. S. 885 a. Vgl. dazu Pabst, Novellentheorie, a.a.O., S. 109—110. S. Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 74. Vgl. z. B. Cuento Nr. 46 „El almendro y el lirio", der von einem „galán" erzählt wird und Cuento Nr. 58 „La monja (hecha) monjo", von einem „gracioso". Juan de Mal Lara hebt in seiner „Filosofía vulgar" (Ed., prólogo y notas de A. Vilanova. Barcelona 1958—1959, 4 Bde.), die Ähnlichkeit in der Verwendung und Funktion der Sprichwörter mit den Fabeln des Äsop hervor (Bd I, S. 88). L. Pfandl (Geschichte der spanischen Nationalliteratur in ihrer Blütezeit. Freiburg i. Br. 1929) spricht im Zusammenhang mit den „cuentos" von „Spruchweisheit in Erzählungsform", S. 87—91. Cicero, De Oratore, II, 66, 264.

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Anekdoten, dargeboten werden102. Gracián hat im 35. Discurso („De los conceptos por ficción"), in „Agudeza y Arte de Ingenio", den selbstgebildeten und den überlieferten, volkstümlichen „cuento", den er als „ficción histórica" bezeichnet, zusammengefaßt103. Entscheidend für ihn ist neben der „agudeza"104 das Formprinzip und die Funktion105. Die volkstümlichen „cuentos" werden auf diesem Weg nicht nur bei Gracián, sondern auch bei Pinciano in die Poesie einbezogen. In der „Epístola quarta de las diferencias de poemas" der „Philosophia antigua poética" werden sie von Pinciano zu den „poemas comunes" gezählt106. Die Scheidung in selbstgebildete und überlieferte Fiktionen ist nicht immer möglich, zumal die Grenzen zwischen literarischem und mündlich überliefertem Erzählgut fließend sind107. Der „cuento" bietet sich wie ein Schmelztiegel der verschiedensten mündlichen und literarischen Traditionen an108. Das gemeinsame Merkmal ist die Intention, die der Erzählung zugrundeliegt, nämlich ihre Darbietung als mündlich überlieferte Anekdote, deren Formprinzip sie sich zu eigen macht100. Der Einfluß literarischer Tradition schlägt sich trotz der Beteuerung bodenständiger Her102

Ebda. II, 59, 240: Cicero redinet die „fabellae" zu den Sachwitzen, worunter er auch den Apolog begreift. 103 Lorenzo Gracián: Agudeza y arte de ingenio. Ed. facs. Huesca 1648. Hrsg. v. E. Ovejero y Maury. Madrid 1929. S. 228—237. Siehe S. 236. 104 Ebda. S. 234. 105 Ebda. S. 236. 10 * López Pinciano: Philosophia antigua poética. Madrid 1953. 3 Bde. ( = Biblioteca de antiguos libros hispánicos. Serie A, Vol. 21). Unter „poemas comunes" versteht Pinciano die „cuentos", die sowohl auf einer Sache als auf einem Ausspruch beruhen (Bd. I, S. 287). Als Beispiel führt er die Fabeln Äsops an (Bd. I, S. 286). 107

Die Schwierigkeit der Zuordnung kann am Beispiel der Erzählung vom Gracioso Linterna in Mira de Amescuas Comedia „La próspera y adversa fortuna de don Alvaro de Luna" (Vers 1892—1904) gezeigt werden. Williamsen, der die Erzählung als ein „somewhat scurrilous tale" bezeichnet, nimmt sie zu den „cuentecillos" auf. Die Erzählung stellt eine nachgebildete „fabella" dar, die in der Darbietungsweise einer Anekdote eine „ficción" antipretrarkistischer Stilmanier darstellt. (Idi beziehe midi auf den Vortrag, den Prof. Williamsen 1970 an der Universität Missouri hielt und dessen Manuskript er mir freundlicherweise zur Verfügung stellte [ebda. S. 18].) Die Untersuchung ist dann in Hispania (vgl. Anm. 22) erschienen. Der von mir erwähnte Cuento ist jedoch leider nicht mit aufgenommen worden.

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Buchanan stellt den „cuentecillo" formal in die Nähe der klassischen Vorbilder des Anakreon bzw. Martial (Short Stories, a.a.O., MLR 4 (1909), S. 180). Calderóns Cuento Nr. 86, „El escultor y Jupiter", gehört zu den nachgebildeten „ficciones" klassischer Tradition (vgl. Anm. 289). Menéndez Pelayo (a.a.O., Bd. III, S. 3 ff.), Sainz de Robles (a.a.O., S. 13 ff.), Kommerell (a.a.O., Bd. I, S. 152 ff.), usw. sehen dagegen in den „cuentos" die formale Tradition arabisch-orientalischer Herkunft fortgesetzt (vgl. Anm. 420).

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Baquero Goyanes hat in der Cuento-Terminologie von Cervantes nachgewiesen, daß der Gesichtspunkt der anonymen Autorschaft als Differenzierungskriterium zu den „kreativen" Erzählungen, d. h. den Novellen, begriffen wird. Während Cervantes „cuento" für Erzählungen anonymer Herkunft, mündlicher Tradition und mündlichen Gebrauchs vorbehält, bezeichnet er mit „novelas" Erzählungen literarischer Tradition und Intention (a.a.O., S. 46, 47, 50—51, 73). Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, daß eine klare Scheidung aus dieser Sicht nicht immer möglich ist, denn auch die Novelle schöpft aus der mündlichen Tradition. Entscheidend dürfte hier die Darbietungsweise und die stilistische Intention sein. Vgl. dazu Mackensen, a.a.O., S. 756; Walser, a.a.O., S. 124; Baquero Goya-

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kunft110 bereits in der Terminologie, der sich die Kompilatoren der CuentoSammlungen zur Präzisierung ihrer Erzähltypen bedienen, nieder. Melchor de Santa Cruz nennt die „cuentos" der „Floresta española" „apotegmas". Menéndez Pelayo hat bereits darauf hingewiesen, daß „por más que Melchor de Santa Cruz fuese hombre del pueblo y extraño al cultivo de las humanidades, el título mismo de apotegmas que dió a las sentencias por él recogidas, prueba que le eran familiares los libros clásicos del mismo género que ya de tiempo atrás hablaban en lengua castellana, especialmente los Apotegmas de Plutarco, traducidos del griego en 1533 por el secretario Diego Gracián"111. Menéndez Pelayo führt neben den Apophthegmen der Antike von Erasmus von Rotterdam, die 1549 von Juan de Jacava und Francisco Thamara ins Spanische übertragen wurden, eine ganze Reihe von Sammlungen aus dem 16. Jahrhundert an112. Die spanische Tradition ist jedoch bereits im Mittelalter anzusetzen. Die „Flores de filosofía" aus der Mitte des 13. Jahrhunderts enthalten Sentenzen und Maximen, die im „Caballero Cifar" Eingang gefunden haben113. Als eine der ersten Sammlungen von klassischen Sentenzen und Apophthegmen von Sallust, Cicero, Seneca und Boetius gilt die „Floresta de Philósophos" von Fernán Pérez de Guzmán (1376? bis 1460?)"4. Am bekanntesten ist wohl die aus dem 16. Jahrhundert stammende Sammlung „Las seyscientas apotegmas" (1596) von Juan Rufo geworden. Rufo gibt denn auch eine Definition des Apophthegma. Er versteht darunter eine „breve y aguda sentencia, dicho y respuesta; sentido que con menos palabras no se puede explicar"115. nes, a.a.O., S. 111. Die Intention der mündlichen Darbietungsweise zeigt sich besonders gut anhand der .cuentos" Timonedas im „Buen Aviso y portacuentos": s. Nr. 24 (Revue Hispanique 24, [1911], S. 193—194) und Nr. 30 (ebda., S. 197—198), die aus einer Einleitung und aus einem Sonett bestehen, also die Verschmelzung einer volkstümlichen und literarischen Komponente darstellen. Menéndez Pelayo hat auf mehrere .cuentos" von Timoneda hingewiesen, die aus italienischen Novellen hervorgegangen sind. Ihre Darbietungsweise hat Timoneda jedoch so weit geändert, daß sie ihm den Vorwurf von Menéndez Pelayo eingebracht haben. Es zeigt sich jedoch, daß die Kritik von Menéndez Pelayo in Bezug auf die Form der „cuentos" von falschen Prämissen ausgeht. Vgl. hierzu S. 12. 119 Siehe z. B. den Titel der Sammlung von Melchor de Santa Cruz: „Floresta Española de apotegmas y sentencias, sabia y graciosamente dichas, de algunos españoles", n i Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 110. Ebda. S. 111—114. i u Diccionario de Literatura Española, a.a.O., S. 302b. « 4 Ebda. S. 609b. 115 Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. III, S. 115; M. Bataillon (Erasmo y España. Estudios sobre la historia espiritual del siglo XVI. México—Buenos Aires 1966) schränkt jedoch den klassischen Einfluß ein: „España, tierra clásica de la brevedad sentenciosa, del epigrama, del chiste, no tenía lecciones que recibir de la antigüedad en materia de apotegmas [ . . . 1 . La tradición oral guardaba verdaderos tesoros de esas sentencias. Los apotegmas antiguos recibidos por conducto de Erasmo sirvieron sobre todo para dar al género sus títulos de nobleza y de este modo pudieron contribuir a hacer nacer en la segunda mitad del siglo las grandes recopilaciones españolas. [ . . . ] El erasmismo aportó un refuerzo de la misma naturaleza a la tradición española" (S. 626). Auch Baldassare Castiglione spricht den Spaniern diese Begabung zu: „Pare ancor che ai Spagnoli sia assai proprio il moteggiare", a.a.O., 2. Buch, § 42, S. 141. Die Fortsetzung dieser Tradition zeigt sich in der bereits er19

Timoneda verwendet zwar nicht den Terminus „apotegma", dennoch versteht er einen Teil seiner „cuentos" im Sinne der von Rufo gegebenen Definition. Er bezeichnet im Untertitel die „cuentos" als „elegantísimos dichos y sabias respuestas" 118 . Daneben verwendet er die Termini „ejemplos acutisimos"117, „apacibles y graciosos cuentos" und „dichos muy facetos" 118 . Darin zeigt sich wie bei den „apotegmas" trotz aller Eigenständigkeit die Rezeption bestimmter Vorbilder. Begriffe wie „dicho", „faceto", „agudo" und „gracioso", die auch zu Löbos Terminologie gehören119, weisen auf die CiceroCastiglione-Tradition der „facetiae" hin120. Cicero versteht den „facete dictum" als Teil der Rhetorik und faßt ihn in die Kategorie des Witzes, wobei er ihm Qualitäten wie „elegans", „urbanum", „ingeniosum", „facetum" anmerkt181. Sie unterscheiden die „facetiae" als feinere Art des Witzes von der derberen Art der Posse122. Die Ausführungen Ciceros und Castigliones haben Löbo und Timoneda für ihre Cuento-Theorie nutzbar gemacht. „Conto" bzw. „cuento" dient zwar als Oberbegriff für den Erzähltyp, im einzelnen wird jedoch zwischen Sachwitz-„conto" bzw. „cuento" und Wortwitz-„dito" bzw. „dicho" wie bei Cicero unterschieden123. Für Löbo besteht der „conto" darin, „em dizer com breves e boas palavras urna cousa sucedida graciosamente" 124 , während der „dito" „diz em uma palavra, ou em muito poucas, muito de entendimento, de graga, ou de malicia" 125 . Der „conto" kann jedoch aus einem Ausspruch und aus der

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wähnten Novelle von Cervantes „El Licenciado Vidriera". A. de Icaza (Las novelas ejemplares de Cervantes. Sus críticos, sus modelos literarios, sus modelos vivos, y su influencia en el arte. Madrid 1928; siehe Libro II, Kap. 6, S. 187—198, über „El Licenciado Vidriera") geht jedoch m. E. zu weit, wenn er im „Licenciado" nur einen Vorwand für Cervantes sieht, seine Apophthegmen zu publizieren (S. 191). Für die Abgrenzung von Apophthegma — Cuento siehe S. 23. Siehe die Überschrift zum 2. Teil der .Sobremesa" (a.a.O., S. 209). Ebda. Aus der Uberschrift zum 1. Teil der „Sobremesa" (a.a.O., S. 171). Icaza (Algo más sobre el Licenciado Vidriera. In: Estudios Cervantinos. Selección y prólogo de A. Henestrosa. México 1947 ( = Biblioteca Enciclopédica Popular, S. 79—87) verweist auf die Synonymität von „apotegmas", „cuentos", „agudezas", S. 79. Vgl. den Titel des XI. „Diálogo": „Dos contos e ditos graciosos e agudos na conversagäo", a.a.O., S. 211.

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Cicero verwendet: (bonum)dictum, facetus, facetiae, acumen, acutus, ingeniosus, dicax, dicacitas. De Oratore, II, 54, 216 ff. Vgl. Castiglione, a.a.O., II, 58, S. 158: „facezie acutissime", „detto"; II, 43, S. 141: „ingenio"; II, 49, S. 149: „elegante", „bono". Für die Bedeutung dieser Termini bei Cicero vgl. M. A. Grant: The ancient rhetorical Theories of the Laughable. Madison 1924 ( = University of Wisconsin Studies in Language and Literature Nr. 21). S. bes. das Kapitel „Dicax and facetus", S. 103—118.

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De Officiis, I, 29, 104; vgl. P. Koj: Die frühe Rezeption der Fazetien Poggios in Frankreich. Diss. phil. Hamburg 1969 ( = Hamburger Romanistische Dissertationen Bd. 5), S. 21. Audi Aristoteles: Rhetorik, Budi III, § 1411b.

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De Oratore, a.a.O., II, 62, 251.

1M

Ebda. II, 59, 240; vgl. Löbo, a.a.O., S. 214—221 über die „contos"; S. 222—226 über die „ditos". Vgl. die Zweiteilung bereits im Titel: siehe Anm. 119

Löbo, a.a.O., S. 214. " « Löbo, a.a.O., S. 222. 114

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Darstellung einer S a d i e — „de dito e de f e i t o " 1 " bestehen. Der Begriff „faceto" wird nur vereinzelt angewendet. Im spanischen Bereich wird er durch „gracia" bzw. „gracioso" ersetzt. Zweierlei kann damit determiniert werden 127 . Der Begriff kann die Vortragsweise des Erzählers bezeichnen, und zwar die „ademanes y aquella gracia que da la viua boz" 128 , aber auch die Wortwahl und Darstellungsweise 1 2 9 . Diese Art der „gracia" geht auf Castigliones „narrare con tanta bona grazia" zurück 130 , sie ist aber kein ausschließliches Requisit des „cuento". Gracián Dantisco fordert sie auch für die Novelle 1 3 1 . Cervantes betrachtet sie sogar für den volkstümlichen „cuento" als entbehrlich, denn dieser enthalte die „gracia" in der Sache, die er darstellt: „los cuentos, unos encierran y tienen la gracia en ellos mismos; otros en el modo de contarlos; quiero decir que algunos hay que, aunque se cuenten sin preámbulos y ornamentos de palabra, dan contento"1®2. Lobo dagegen betont auch die „gracia" der Erzählweise: „o principal em que consistem [nämlich die „contos"] é a graça do que fala e na que tem de seu a cousa que se conta"133. Lôbo unterscheidet dem Themenbereich gemäß drei Arten von „contos": „Sao estes contos de très maneiras: uns, fundados em descuidos e desatentos; outros, em mera ignorancia; outros, em engano e subtileza"154. Dabei wird zum Anzeiger der „graça" der Überraschungseffekt in der Darstellung des Geschehens erhoben: „a geral é que o desatento ou a ignorancia donde menos se espera tem mor graça" 135 . Den größten Überraschungseffekt erreichen „cuentos", die auf einem RedeAntwort-Wechsel beruhen. Diese Wirkung verursachen sie, „porque além de estas [respostas] serem mais apressadas, a täo de repente que tomam entre portas o entendimento, têm matéria sem suspeita ñas preguntas"138. Ebda. S. 221. Insofern man von der „grapa" der treffenden Anwendung einmal absieht, die auf der richtigen Dosierung und der Berücksichtigung von Bezugsgegenstand, Ort und Zeit beruht. Vgl. Castiglione, a.a.O., II, § 83, S. 185; Lobo, a.a.O., S. 226 bis 227; Graciàn Dantisco, a.a.O., S. 126—127; Cicero, De Oratore, II, 56, 229—230 und II, 60, 247. 1 2 8 Graciàn Dantisco, a.a.O., S. 104b. 12> Ebda. Castiglione, a.a.O., II, § 43, S. 141—142; vgl. hierzu Pabst, a.a.O., S. 107 ff. 1 3 1 Graciàn Dantisco, a.a.O., S. 104a/b. 1 3 2 Cervantes: Coloquio de los perros. In: Obras completas, a.a.O., S. 999b. Lobo, a.a.O., S. 199. 1 3 4 Lobo, a.a.O., S. 214; siehe auch S. 221: „Além destas tres ordens de contos [ . . . ] hà outros muito graciosos e galantes que por serem de descuidos de pessoas em que havia em todas as cousas de haver maior cuidado, nem säo dinos de entrar em regra, nem de serem trazidos por exemplo"; 1 3 5 Ebda. S. 221. 1 3 3 Ebda. S. 222; vgl. dazu Castiglione, a.a.O., II, } 43, S. 142: „con ciò sia cosa che salso detto dee esser uscito ed aver dato in brocca, prima che paia che colui lo dice v'abbia potuto pensare", und Cicero, De Oratore II, 54, 219. 128

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Lobo greift damit den Gedanken Ciceros und Castigliones auf, wonach das Wesentliche eines „dicho faceto" „lo ingannar l'opinion e rispondere altramente che quello die aspetta l'auditore" 1 " ist. Der Uberraschungseffekt, der auf dem plötzlichen Aufdecken des Unerwarteten, der Wendung in der Darstellung beruht, begründet die Pointe" 8 , das Wesen des „cuento"1®9. In diesem Zusammenhang gewinnt auch der Gesichtspunkt der rhetorischen Kürze der Erzählung an Bedeutung. Je knapper die Darstellung, um so wirkungsvoller wird die Pointierung zur Geltung kommen. Demzufolge sind diejenigen „cuentos" am effektvollsten, die aus „menos razöes" bestehen, „porque sòmente se conta o caso, dizendo o cortesäo com gratpa propria os erros alheios"140. Daß umgekehrt bei zunehmender epischer Ausgestaltung die Pointe ihre Wirksamkeit einbüßt, liegt nahe141. Cicero begreift zwar die „facetiae" als Teil der „ridicula"142, er hebt jedoch hervor, daß das Lachen nicht ihre einzige Funktion ist. Im Gegenteil, die ausschließliche Zielsetzung, Lachen hervorzurufen, ist verpönt145. Für Cicero, wie für Castiglione und demzufolge Lobo, ist die Pointe das Wesentliche, und diese kann sowohl Lachen als auch ernstes Nachdenken bewirken. Castiglione unterscheidet verschiedene Stadien von Heiterkeit. Er spricht aber auch von Wut und Nachdenklichkeit als Wirkungsmöglichkeiten der „facezia"144. Nach Lobo können die „cuentos" sogar Angst hervorCastiglione, a.a.O., II, § 83, S. 185¡ ebda.: „ed é forza, se la facezia ha d'aver grazia, sia condita di quello inganno, o disimulare o beffare o riprendere o comparare, o qual altro modo voglia usar l'omo". 1S8 Vgl. G. v. Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1961 ( = Kröners Taschenausgabe Bd. 231), S. 455: „Pointe [ . . . ] , der eigentliche, unerwartete Sinn, in den ein Witz ausläuft; entsteht durch überraschende Umwendung des Gesagten." 137

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Lope de Vega äußert sich dazu in „La resistencia honrada y Condesa Matilde": „ [ . . . ] por ser maravillosas, se suelen contar las cosas, que siendo fáciles, no." (Lope de Vega: Obras. Publicadas por la RAE. Obras dramáticas. Madrid 1930. Bd. IX., S. 193a). Diese Auffassung geht auf Aristoteles, Rhetorik, Buch III, § 1411, zurück und findet sich auch bei Cicero. Cicero, De Oratore, II, 63, 255: „Sed scitis esse notissimum ridiculi genus, cum aliud expectamus aliud dicitur: Hic nobisment ipsis noster error risum movet"; II, 54, 222: „haec scilicet bona dicta, quae salsa sint"; II, 71, 289¡ über die Täuschung der Erwartung: „expectationibus enim decipiendis [ . . . ] " .

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Lobo, a.a.O., S. 214¡ der „cuento" gehört demnach der „dicacitas", dem Genus „acutum et breve" an. Vgl. Cicero, De Oratore, II, 54, 218.

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Zu demselben Ergebnis gelangt Koj, a.a.O., S. 79¡ 82; 200 bis 201. Pfandl betrachtet die Pointe als inhaltlich-formale Kompensierung für die Kürze der „cuentos", also eine Abhängigkeit in umgekehrtem Sinne, nämlich der Pointe von der Kürze: „ihrer willen [der Kürze der Anekdote] sieht sie sich genötigt, das merkwürdige in gedrängter Form auf eine unvorhergesehene Wendung, auf einen überraschenden Punkt, auf eine Pointe ( . . . ] hinzulenken, um derentwillen man sich freut oder wundert, lacht oder nachdenklich wird" (Spanische Nationalliteratur, a.a.O., S. 297).

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Cicero, De Oratore, II, 61, 248 ff. Ebda. II, 61, 247. „E, benché le facezie inducano tutte a ridere, fanno però ancor in questo ridere diversi effetti; perché alcune hanno in sé una certa eleganzia e piacevolezza modesta, altre pungono talor copertamente, talor publico, altre hanno del lascivetto, altre fanno ridere subito

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rufen145. Er unterscheidet im einzelnen zwischen „conto gracioso" und „dito grave" bzw. „sentenga"14'. Audi hierin zeigt sich die enge Anlehnung an Cicero, der darauf hinweist, daß aus denselben Gemeinplätzen, aus denen das Komische abgeleitet wird, auch ernste Gedanken gewonnen werden können147. Der Unterschied bestünde lediglich in der „ratio", dem Verhältnis der Aussage zum Bezugsgegenstand, nicht aber in der „materia", im Stoff, aus dem die „facezie" gewonnen werden148. Die Anwendung der Termini „faceto" bzw. „gracioso" „con gracia" begründen für unsere „cuentos" eine formale und eine funktionale Kategorie. Formal insofern, als sie die Pointierung der Erzählung bedingen; funktional, als sie sowohl Erzählungen, die zum Lachen erregen, miteinbeziehen, als auch solche, die Nachdenken bewirken149. Unsere Betrachtungen zeigen, daß sich im Spanien des 16. und 17. Jahrhunderts neben der traditionellen Cuento-Bedeutung eine Begriffsfixierung vollzogen hat, die in enger Anlehnung an die Fazetien-Theorie Ciceros und Castigliones entstanden ist. Die dadurch gekennzeichnete Erzählart können wir folgendermaßen definieren: „Cuento" ist eine überlieferte, erlebte oder erdachte Erzählung, die unter weitgehendem Verzicht auf rhetorische Mittel ausschließlich aus der Darstellung einer Begebenheit („suceso o caso" = „cuento"), einem Ausspruch („dicho" bzw. „sentencia"), der Kombination beider („suceso" und „dicho" = Apolog), oder aus einem RedeAntwort-Wechsel („dichoyrespuesta" = Apophthegma) besteht. Ihr wesentliches Merkmal ist das Zustreben auf eine Pointe, die auf einem Überraschungseffekt beruht. Sie bestimmt die funktionale Kategorie des jeweilidie s'odono, altre quanto più vi si pensa, altre col riso fanno ancor arrossire, altre inducono un poco d'ira; . . . ' (Castiglione, a.a.O., II, 83, S. 185). Siehe auch ebda. II, 47, S. 147: „Avete ancor a sapere die dai lochi, donde si cavano motti da ridere, si posson medesimamente cavare sentenzie gravi per laudare e per biasimare e talor con le medesime parole [ . . . ] " . 145

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„Atrás os contos graciosos se seguem outros de subtileza, como säo furtos, enganos de guerra, outros de medos, fantasmas, esforco, liberdade, desprezo, largueza, e outros semelhantes, que obrigam mais a espanto que a alegría"; a.a.O., S. 221. Ebda. S. 222, in enger Anlehnung an Castiglione: „si morde ancora spesso facetamente con una certa gravità senza indur riso", a.a.O., II, 65, S. 167; „detti gravi die laudino", a.a.O., II, § 64, S. 165—166. Cicero, De Oratore, II, 61, 248: „Tantum interest, quod gravitas honestis in rebus et severis, iocus in turpiculis et quasi deformibus ponitur, velut isdem verbis et laudare frugi servum possumes et, si est nequam, iocari"; II, 61, 250: „nullum genus est ioci, quo non ex eodem severa et gravia sumantur". Cicero, De Oratore, II, 65, 262: „Sunt etiam illa venusta, ut in gravibus sententiis, sic in facetiis — dixi enim dudum rationem aliam esse ioci, aliam severitatis, gravium autem et iocorum unam esse materiam." Anhand des Beispiels vom guten und vom bösen Sklaven zeigt Cicero, wie lediglich durch die Veränderung einer Qualität der Bezugsperson die funktionale Verschiebung erfolgen kann (II, 61, 248). Vgl. dazu W. J. N. Rudd: Libertas and facetus. In: Mnemosyne. VI, 10 (1957), S. 319—336: „Since laughter itself is a variegated thing, the words which describe it must always be imprecise. [ . . . ] The term „facetus" is especially elusive, for it need not denote laughter at all" (S. 328).

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gen „cuento", die sich von der Erregung von Heiterkeit hin bis zu Nachdenklichkeit, Erstaunen, Bewunderung und Angst erstrecken kann. Ihr Anwendungsbereich ist die Rede, der sie Nachdruck verleiht und deren Regeln sie unterliegt. Die formale und funktionale Einkreisung des „cuento" zeigt, daß die Brevitas ein konstitutives Element des „cuento" ist, worauf sich seine Eigenständigkeit und -gesetzlichkeit gründet. Wir können daher behaupten, daß der „cuento" eine Erzählart darstellt, die aus „den inneren Aussagenotwendigkeiten, die alles sinnhaft und gestalthaft umsetzen", erwachsen ist160. Die Ansicht, es handele sich bei den „cuentos" Timonedascher Prägung um „gérmenes", d. h. Vorformen, von episch ausgestalteten Erzählformen, dürfte damit widerlegt sein151. Eine begriffliche Entsprechung im Deutschen zu geben, fällt schwer. Pfandl spricht in bezug auf die „cuentos" von „Anekdoten" 152 . Dieser Begriff erscheint uns jedoch zu sehr eingegrenzt, denn er umfaßt nicht die Fabel, den Witz, usw. Mit der Bezeichnung „Spruchweisheit in Erzählform" 153 kann ebenfalls der „Witz" nicht erfaßt werden. Auch der Begriff „Aretalogie" im Sinne von „volkstümlicher, zwischen Erbauung und Unterhaltung schillernder Kleinliteratur" 154 scheint uns zu vage. Sehr nahe, was die Form anbelangt, kommt der Begriff „Apophthegma", wie ihn Gemoll verwendet 155 . Koj hat indessen darauf hingewiesen, daß Gemoll den Begriff besonders weit faßt156. Eine weitere Möglichkeit zur begrifflichen Erfassung der „cuentos" bietet der Begriff „Einfache Formen", sofern man ihn nicht in der herkömmlichen Weise begreift. Da bezeichnet er vornehmlich „vorliterarische Erzeugnisse außerhalb der Kunstdichtung", d. h. Oralformen, Volkspoesie 157 , zu denen man zwar den Schwank und den Witz, aber nicht die Fabel und den 160

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K. Ranke: Einfädle Formen. In: Internationaler Kongreß der Volkserzählungsforscher in Kiel und Kopenhagen. Vorträge und Referate. Berlin 1961. S. 1—11 ; S. 9. „Was wechseln kann, sind vielleicht die Bilder der immer und überall gleichen Denk- und Gefühlsinhalte und dann die Grade des Gestimmtseins in der Bereitschaft zur Aufnahme wie im dichterischen Erleben. Was immer und überall gleich bleibt, ist die Funktionalität der Aussage und ihre Formen." Ebda. S. 11. Dieselbe Position vertritt L. Mackensen in bezug auf die Novelle (a.a.O., S. 758b—759). Pfandl, Spanische Nationalliteratur, a.a.O., S. 296—300. Ebda. S. 87—91. O. Weinreich: Fabel, Aretalogie, Novelle. Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius. In: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse Bd. 21 (1930—1931). Heidelberg 1931. S. 6. W. Gemoll: Das Apophthegma. Wien—Leipzig 1924: „Das Apophthegma ist eine kurze, ernste oder witzige, auf jeden Fall treffende Streitrede. Eine entsprechende Tat kann sie begleiten oder zum Ausdruck bringen" (S. 6). Daß diese Bestimmung den „cuento" zu erfassen vermag, wird noch zu sehen sein. A.a.O., S. 23, Anm. 46. Gero v. Wilpert, a.a.O., S. 129. Geprägt hat den Begriff: André Jolles: Einfache Formen. Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz. Halle 1956. Vgl. dazu: Ranke, a.a.O., S. 3—6 und: Das Fischer Lexikon. Literatur. Frankfurt a. M. 1965, Bd. 2,1. S. 184—200.

Apolog redinen kann. Diese haben vielmehr ihren Platz in der Rhetorik und in der Kunstpoesie 158 . Die Übergangsformen zwischen dem volkstümlichen und literarischen Bereich zeigen jedoch, daß eine Scheidung nach Herkunft nicht dienlich ist, da dadurch Erzählformen begrifflich getrennt werden, die strukturelle Übereinstimmungen aufweisen. Die Begriffsverwendung „Einfache Formen" erscheint daher nur angebracht, wenn man „die Begriffssetzung der Einfachen Formen [ . . . ] hinsichtlich ihrer gemeinmenschlichen Aussagefunktion und der diesen immanenten Gesetze [zu] erweitern" 159 beabsichtigt. In diesem Sinne verstanden, würde der Begriff eine Entsprechung zum Cuento-Begriff des 16. und 17. Jahrhunderts darstellen. Damit könnten sämtliche „cuentos" erfaßt werden, auch diejenigen, die durch funktionale Verschiebungen Formveränderungen erfahren haben und eine eindeutige Zuordnung nicht zulassen. Für die Begriffsbestimmung wurden bislang keine Unterlagen aus den dramatischen Werken des 16. und 17. Jahrhunderts herangezogen. Im Rahmen des Cuento-Gebrauchs bei Calderón wollen wir uns daher der Frage zuwenden, wie Calderón den Begriff verwendet und was er darunter versteht; ob wir bei ihm von ähnlichen Voraussetzungen auszugehen haben, wie wir sie anhand der Prosaliteratur und der theoretischen Schriften der Zeit herauskristallisiert haben, oder ob sich eventuell durch einen Vergleich mit den spezifischen Erscheinungsformen neue Kriterien für eine Präzisierung des Begriffs gewinnen lassen. Auch soll untersucht werden, welche Erzählformen Calderón mit „cuento" bezeichnet, ob er sich noch anderer Termini bedient und ob er dann dabei formdifferenzierend vorgeht. Soweit wir den Begriff selbst anwenden, meinen wir damit eine Erzählung, wie wir sie charakterisiert haben.

II. Calderóns

Cuento-Teiminologie

und seine

Erzählformen

Von den Cuentos, die wir unserer Arbeit zugrundelegen, hat Calderón einen Teil selbst terminologisch bestimmt, und zwar als „cuento" 1 ' 0 , „cuentecillo"161, „ejemplo"162, „ejemplillo" 1 ", „chiste"164, „discurso"165. Einige Erzählformen leitet er mit „contar" und „contar de"166 ein. Siehe Cicero, De Oratore, II, 66, 264; G. v. Wilpert, „Fabel", a.a.O., S. 172. Ranke, a.a.O., S. 11. 160 Nr. 2, 3, 10, 11, 13, 18, 21, 23, 31, 39, 46, 47, 50, 58, 65, 70, 73, 74, 75, 77, 78, 82. i«1 Nr. 9, 19, 20, 66. Nr. 25, 69. Nr. 17. Nr. 24. " 5 Nr. 89, 90. Nr. 16, 37, 67.

25

1. Der „Cuento" 1 ' 7 Von den 33 bestimmten Erzählformen bezeichnet Calderón lediglich 22 als „Cuentos". Um sie auf ihre Eigentümlichkeit hin zu untersuchen, betrachten wir sie zunächst isoliert vom dramatischen Kontext. Wenn wir vom Aussagegehalt der „Cuentos" ausgehen und sie im Hinblick auf ihre Wirkung auf den Zuhörer betrachten, können wir zwei verschiedene funktionale Tendenzen beobachten, um die sich die „Cuentos" gruppieren. Gruppe „a" begreift diejenigen „cuentos", die ihrem Gehalt nach ernst gestimmt sind und im Zuhörer Nachdenklichkeit bewirken. Gruppe „b" dagegen zielt auf die Erregung von Heiterkeit, auf das befreiende Lachen ab 1 ' 8 . Gruppe „a" umfaßt die „Cuentos" Nr. 2, 3, 46 und 47, Gruppe „b" Nr. 10, 11, 13, 18, 21, 23, 31, 39, 50, 58, 65, 70, 73, 74, 75, 77, 78 und 82. Gruppe „a" umfaßt also vier, Gruppe „b" achtzehn Cuentos und stellt damit die Mehrheit dar. Innerhalb der Gruppe „a" können wir abermals eine Differenzierung vornehmen, die durch die Beschaffenheit der Handlungsträger indiziert ist: a. Cuento Nr. 2 „El ciego y la luz" und Nr. 3 „El filósofo, el soldado, Alejandro y la flor" haben einen Blinden bzw. einen Philosophen als Handlungsträger, denen jeweils ein Vorübergehender und ein Soldat zugeordnet ist. Im Laufe der Handlung entpuppen sich der Blinde und der Philosoph als Weise, ihre Partner dagegen, die deren Überlegenheit angezweifelt hatten, als Unwissende bzw. als Dumme. Die Überlegenheit des Blinden und des Philosophen ist im Wesen der beiden begründet. Sie beruht auf einem dem Partner überlegenen Verstand, der auf Wissen fußt. Der Sinn der Cuentos liegt aber nicht nur darin, daß Blinder und Philosoph den Sieg davontragen, sondern darin, daß über die Darbietung des eigentlichen Geschehens hinaus eine gültige ethische Wahrheit vermittelt wird. Im Falle von Cuento Nr. 2 besteht sie darin, daß sie das Irrtümliche am Urteil nach dem bloßen Schein aufzeigt. Cuento Nr. 3 führt die allgemeine kreatürliche Beschränktheit gegenüber der schöpferischen Kraft Gottes vor Augen, die auch nicht der Mächtigste unter den Menschen aufzuwiegen vermag.

187

Cuento in Anführungszeichen wird im folgenden für die Begriffssetzung von Calderón verwendet im Unterschied zu unserer Begriffsverwendung. Dasselbe Prinzip wird auch bei den anderen Termini Calderóns befolgt.

188

F. Ackermann (Das Komische in der Anekdote. In: Der Deutschunterricht 18 (Juni 1966), S. 10—28), der ebenfalls in bezug auf die Anekdote nach heiterer und ernster Funktion unterscheidet, spricht von der „Komik als Funktion einer ganz bestimmten Wirkung, beschreibbar als lockernde, aus Spannungen herausbrechende, in die versöhnende, wenigstens mitmenschliche, oft gesellschaftsbewußte Schwingung des Lustigen versetzende W i r kung und darin unterschieden von der ernsten, isolierenden, betroffenmachenden Wirkung der Anekdote mit unglücklichem Ausgang" (S. 12). In bezug auf den „Cuento" muß jedoch die Bezeichnung „unglücklicher Ausgang" eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Einteilung der „facetiae" bei Cicero und Castiglione (vgl. S. 22—23) hingewiesen.

26

b. Zu ähnlichen grundsätzlichen ethischen Aussagen gelangen auch die Cuentos Nr. 46 „El almendro y el lirio" und Nr. 47 „El águila y el sol". W e n n auch die Beschaffenheit der Handlungsträger sie von den Cuentos Nr. 2 und 3 unterscheiden — im „Cuento" Nr. 46 stehen ein Mandelbaum und eine Lilie, im „Cuento" Nr. 47 ein Adler und die Sonne im Mittelpunkt des Geschehens — so werden diese dennoch mit menschlichen Attributen versehen und agieren menschlicher Handlungsweise entsprechend. Der Ausgang der Handlung in beiden Cuentos ist im Hinblick auf ihren Gehalt ebenfalls von symbolischer Eindringlichkeit. Cuento Nr. 46 vermittelt die Einsicht, daß die Dauerhaftigkeit eines bescheidenen Aussehens der Vergänglichkeit des Schönen überlegen ist. Cuento Nr. 47 gelangt dagegen zur entgegengesetzten These, daß das Schöne, auch wenn es von kurzer Dauer ist, dennoch seinen W e r t hat. Dieses Fazit zieht ein Adler, der vergeblich versucht, die Sonne zu erreichen und sich schließlich damit begnügt, höher als alle anderen geflogen zu sein. Die anthropomorphe Beschaffenheit der Handlungsträger ist in der Literaturwissenschaft im Hinblick auf eine begriffliche Differenzierung zu anderen Erzählarten des „género didáctico simbólico 1,169 als distinktives Merkmal für die Erhebung der Fabel zur Gattung begriffen worden 170 . Parallel zu diesem Begriff erscheint in der spanischen Terminologie der Begriff „apólogo", der jedoch im Unterschied zu „fábula" keine Fixierung im Hinblick auf die Beschaffenheit der Figuren, die in ihm agieren, erfahren hat. Er wird gleichermaßen auf Erzählformen, die Menschen, Tiere oder Pflanzen zu Handlungsträger haben, angewandt 171 . Er k a n n als Synonym zu „fábula" verwendet werden 172 . Im allgemeinen bezeichnet er den symbolisch-didaktischen Charakter einer Fabel17®. Manuel Vidal sieht in der begrifflichen Differenzierung die Möglichkeit zur Kennzeichnung der verschieden gelagerten intentionalen Schwerpunkte. Der Unterschied zwischen Fabel und Apolog ist nach ihm darin zu sehen, „en que la fábula puede ser satírica, burlesca, jocosa o de mero entre1M

170

171 172 l7S

J. Amador de los Ríos: Historia crítica de la literatura española. Ed. facsímil. Madrid 1969 ( = Biblioteca Románica Hispánica. IX. Facsímiles). 7 Bde. Bd. III, Kap. 9 und 10; Bd. IV, Kap. 13 und 14. Siehe auch Menéndez Pelayo, a.a.O., Bd. I, S. 7 und S. 102. S. Baquero Goyanes: ..Fábula' resérvase para las narraciones protagonizadas por animales y, preferentemente, para las compuestas en verso — Mey, Iriarte, Samaniego, Hartzenbusdi" (S. 35). Vgl. E. Leibfried (Fabel. Stuttgart 1967): „Seit dem 18. Jahrhundert wendet man das Wort .Fabel' als Gattungsbezeidinung nurmehr auf die Form einer Erzählung an, in der Tiere, Pflanzen oder Dinge eine führende Rolle spielen [ . . . ] " (S. 1). S. Diccionario de Literatura, a.a.O., S. 39a/b. Ebda. S. 285b; Gero von Wilpert, „Apolog", a.a.O., S. 25b. Siehe z. B. Cervantes über die milesisdien Fabeln: „son cuentos disparatados, que atienden solamente a deleitar, y no a enseñar: al contrario de lo que hacen las fábulas apólogas, que deleitan y enseñan juntamente" (Obras completas. Don Quijote, Parte I, Kap. 47, a.a.O., S. 1250b); Baquero Goyanes: „.Apólogo" tiene un sentido didáctico, alegórico y comparativo, semejante al de la parábola pero con acepción más amplia" (a.a.O., S. 35).

27

tenimiento; mientras que el apólogo encierra siempre una verdad moral, una máxima educativa o una enseñanza provechosa"174.

Daß es zweckmäßig ist, in dieser Hinsicht zu unterscheiden, zeigt ein Vergleich der soeben behandelten Cuentos Nr. 46 und 47 mit dem Cuento Nr. 28 „La raposa y la perdiz", dessen Handlungsträger ebenfalls anthropomorpher Natur sind. Während jedoch in den Cuentos Nr. 46 und 47 die Aktion der agierenden Figuren von symbolischer Bedeutung ist, die zu einer allgemeingültigen ethischen Wahrheit führt, enthält Cuento Nr. 28 keine Lehre in dem Sinne, sondern eher eine „Lektion". Die Antwort des Rebhuhns auf die Herausforderung der Füchsin beruht nicht auf einer ethischen Erkenntnis, sondern auf Schlauheit, die Lachen erregt. Die Handlung ist auch mit der Aussage des Rebhuhns beendet, während die Cuentos Nr. 46 und 47 ein Epimythion anschließen. Die Verwandtschaft zum Schwank kann anhand eines Vergleichs mit Cuento Nr. 29 „Vinorre y la dama hermosa" gezeigt werden. Der Cuento besteht aus einer Konfrontation zweier Parteien wie die Fabel, Cuento Nr. 28. Abgesehen von der ähnlichen Motivation der Handlung — auch hier geht es um eine Wettbewerbssituation zwischen zwei „Schönen" — wird die Lösung ebenfalls durch eine listige Antwort herbeigeführt. Auf den Angriff einer Dame, die einer anderen den Umgang mit dem einfachen Vinorre vorwirft, antwortet diese: „Nunca he tenido soberbia de hermosa hasta hoy; porque no es hermosura perfecta la que no celebran todos"175.

Daß anhand einer stilistischen Umformung und der Anwendung eines Epimythions die funktionale Verlagerung eines Cuento bewirkt wird, zeigen die Cuentos Nr. 60 und 88, „El perro y las dos bodas" 1 ". Beiden liegt derselbe Erzählstoff zugrunde, dennoch unterscheiden sie sich in der funktionalen Bestimmung: Cuento Nr. 60 läßt die lächerlich wirkende Begebenheit für sich sprechen, während Cuento Nr. 88 mittels eines Epimythions die lehrhafte Komponente in den Mittelpunkt rückt und den ursprünglich im Stoff gegebenen heiteren Aspekt überlagert 177 . Zur Kennzeichnung dieser funktionalen Tendenzen eines Cuento erscheint es daher zweckmäßig, die Begriffe „Fabel" und „Apolog" als distinktive 174

Antologia de apôlogos castellanos. Hrsg. von Manuel Vidal. Madrid 1911. S. IX. I, 1083 b. 17 ' M. Najgaard (La fable antique. Kabenhavn 1967, 2 Bde.) spricht von „fables comiques". Er beobachtet die Betonung des Komischen schon in den Fabeln von Babrius. Er unterscheidet zwischen Fabeln, in denen „le comique s'ajoute simplement à la structure commune, sans affecter la valorisation" und solchen, deren Komik formsprengend wirkt: „Exceptionellement, il arrive que le comique s'oppose à la structure de la fable, il ne reste alors qu'une intrigue amusante [ . . . ] " . Nach Najgaard entsteht die komische Umformung durch die Übertreibung des trivialen Aspekts der „fable" (Bd. II: Les grands fabulistes. S. 304). 175

177

28

Kennzeichnend für diese Fassung des Cuento ist auch, daß der Gracioso beim Erzählen sich für den „padre Fray Tirso" ausgibt, der zur Predigt antritt. Siehe dazu RH 21, S. 281.

Kategorien zu begreifen. Im folgenden bezeichnen wir mit „Apolog" eine Erzählung symbolisch-didaktischen Charakters, welche Handlungsträger diese auch aufweisen mag, während wir „Fabel" auf Erzählungen sdiwankhafter Prägung anwenden, deren Figuren anthropomorpher Beschaffenheit sind. Vornehmlich heiteren Charakters sind die Cuentos der zweiten Gruppe der von Calderón mit „Cuento" bezeichneten Erzählungen. Formal gesehen wird die Komik auf verschiedene Weise realisiert, wenn auch innerhalb bestimmter Grenzen, die wir nun abzustecken versuchen. Ein großer Teil der „Cuentos" entspricht dem Cuento-Typ „dicho y respuesta", wie Löbo ihn charakterisiert hat178, eine kleinere Gruppe dagegen besteht aus einer Begebenheit und einer Aussage (Cuentos suceso-dicho) 17 ', bzw. lediglich aus einer Begebenheit, die sich auf einer realen 180 bzw. surrealen Ebene181 abspielen kann. Den „Cuentos" der ersten sowie der zweiten Gruppe ist gemeinsam die Pointierung, in der gleichermaßen die Darstellung der Begebenheit, des Vorgangs bzw. die Aussage gipfelt. Je nach dem, wie diese Pointe realisiert wird, können die Erzählungen unterschieden werden. Im Fall der „Cuentos" der ersten Gruppe, Nr. 2 und 3, wiesen wir sie in der über das Geschehen hinausdeutenden Enthüllung der Überlegenheit des Weisen bzw. des Philosophen nach. In den „Cuentos" Nr. 46 und 47 besteht die Pointe ebenfalls in der plötzlichen Aufdeckung eines unumgänglichen Tatbestandes, der die unterlegene Partei zur Einsicht und zum sich Abfinden in die unabänderliche Wirklichkeit zwingt. In allen vier Cuentos führt die Handlung zur Erkenntnis einer allgemeingültigen und -verbindlichen Wahrheit. Die Niederlage wird den Widersachern sozusagen von oben her beigebracht. Ganz anders in den „Cuentos" der zweiten Gruppe. Die Ausgangsposition kann zwar dieselbe sein: Zwei Parteien, die sich mehr oder weniger stark abzeichnen, geraten in eine Konfrontation und jede von ihnen versucht der anderen ihre Überlegenheit beizubringen. Die Pointe liegt jedoch nicht, wie wir bereits bei der Fabel, Cuento Nr. 28, darlegten, in der Enthüllung einer Erkenntnis, sondern, wie Straßner es für den Schwank formuliert, „in der übertrumpfung eines anscheinend überlegenen Gegners durch Tüchtigkeit, Schlauheit oder Rücksichtslosigkeit "182. Die Polarisierung der zwei handelnden Parteien hat Bausinger als ein Charakteristikum des Schwanks herausgestellt, wobei er die in ihm gege178

178

181 181

Löbo, a.a.O., S. 222—226. Diese Modalität weisen die „Cuentos" Nr. 18, 21, 23, 31, 39, 50, 70, 73, 75, 77, 78, 82 auf. Vgl. S. 21 dieser Arbeit. Nr. 74. Nr. 11, 13, 65. Nr. 10, 58. E. Strassner: Schwank. Stuttgart 1968. S. 6.

29

bene Situation mit der im Spiel, im Wettkampf, verglichen hat188. Von der Konkurrenzsituation der Parteien ausgehend, weist er bestimmte Handlungsbewegungen nach, die er in Formsdiemata normiert. Löbo hat zwar in seinem 11. „Diálogo" einige der formalen Möglichkeiten der „contos" anhand von Beispielen kurz skizziert. Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen stehen aber stets die Pointe und die gehaltlichen Mittel, durch die sie erreicht wird. Er spricht von „contos da ignoráncia"184, „de malicia", „de engano", „de sutileza", „de descuido"185. Nur vereinzelt geht er darauf ein, wie eine solche Pointe auf formaler Ebene erreicht wird186. Er dringt nicht zu den Grundprinzipien vor, auf denen die formalen Merkmale beruhen. Die Unterteilung in Wort- und Sachwitz, die Löbo von Cicero187 und Castiglione188 übernommen hat, stellt ein rein äußerliches Einteilungskriterium dar. Castiglione berücksichtigt zwar in seiner Unterteilung der „facezie" und „motti" stärker die formalen Eigenheiten; es zeigt sich jedoch, daß inhaltliche Gesichtspunkte und das Kriterium der Wirkung für die Klassifizierung mitbestimmend sind, so daß einerseits Einteilungen geschaffen werden, wo Übereinstimmungen im Grundschema vorgegeben sind, während andererseits Formmodalitäten außer acht gelassen werden. Castiglione beschränkt sich lediglich darauf, auf die Vielfalt der Realisierungsmöglichkeiten hinzuweisen188. Von der deskriptiven Methode hinweg zu strukturanalytischen Kategorien gelangt nun Bausinger1'0. Aus einer Vielfalt von Erscheinungsformen kristallisiert 185

»M 185 184

187

H. Bausinger: Bemerkungen zum Schwank und seinen Formtypen. In: Fabula 9 (1967), S. 125. Lobo, a.a.O., S. 218. Ebda. S. 219. So im Falle des „conto-dito", den er folgendermaßen bestimmt: .com usar da agudeza na sua mesma pergunta, os envergonhou, mudando o sentido a urna palavra dela" (a.a.O., S. 226). De Oratore, II, 59, 240 ff. ; „Detractis igitur tot rebus ex hoc oratorio loco facetiae reliquae sunt, quae aut in re, ut ante divisi, positae videntur esse aut in verbo; nam quod, quibus cumque verbis dixeris, facetum tarnen est, re continetur; quod mutatis verbis salem amittit, in verbis habet leporem omnem." (Ebda. II, 62, 252).

188

Castiglione fügt einen dritten Typus hinzu: „Tornando adunque a dechiarir le sorti delle facezie [ . . . ] dico che, secondo me, di tre maniere se ne trovano [ . . . ] ; cioè di quella urbana e piacevole narrazion continuata che consiste nell'effetto d'una cosa; e della subita ed arguta prontezza che consiste in un detto solo. Però noi ve ne giungeremo la terza sorte, che chiamano .burle'; nelle quali intervengon le narrazioni lunghe e i detti brevi ed ancor qualche operazione" (a.a.O., II, § 48, S. 148).

189

„Potrei forse ancor, signori, raccórre molti altri lochi, donde si cavano motti ridiculi; come le cose dette con timidità, con maraviglia, con minacce, for d'ordine, con troppo collera; oltra di questo, certi casi novi die intervenuti inducono il riso talor la taciturnità con una certa maraviglia; talor il medesimo ridere senza proposito" (a.a.O., II, § 83, S. 185). Diese Angaben zeigen weniger den Weg zu weiteren Formmodalitäten auf, als daß sie auf inhaltliche Möglichkeiten verweisen.

1,0

V. Propp (Morphologie du conte . . . Paris 1965 et 1970) wirft der Cuento-Forschung vor, sie stecke noch in den Schuhen der Literaturkritik des 19. Jahrhunderts; sie sei in der genetischen Betrachtungsweise stecken geblieben, ohne den Versuch der systematischen Deskription zu unternehmen (a.a.O., S. 9 und 11). Er selbst beschränkt sich in seiner Untersuchung auf die „contes merveilleux" (S. 6). E. Mélétinski (L'étude structurale et typologique du conte. In: Propp, a.a.O., S. 201—254) verweist für eine strukturelle Typo-

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er die Grundschemata heraus und bietet zugleich die Möglichkeit zur Bestimmung von weiteren Formtypen. Daher eignen sich die von ihm aufgestellten Kriterien vorzüglich für eine formale Bestimmung der SchwankCuentos Calderóns und für die Abgrenzung dieser von formverwandten Erzählungen. Wir werden eine kurze Beschreibung der von Bausinger erarbeiteten Handlungstypen vornehmen und ihnen jeweils einen Cuento desselben Handlungstyps von Calderón zuordnen. Einige der von Bausinger charakterisierten Formtypen finden sich schon in Ansätzen bei Cicero, Castiglione, Löbo und Pinciano beschrieben. Wir werden an den entsprechenden Stellen darauf hinweisen. a. Bausinger unterscheidet als erstes einen Handlungstyp, den er als „ Ausgleichstyp Revanche" bezeichnet. Er charakterisiert ihn folgendermaßen: Zwei Parteien stehen sich gegenüber. Die erste setzt sich durch eine Handlung bzw. durch eine Aussage in Vorteil. Die zweite Partei unternimmt nun ihrerseits etwas und kehrt das Verhältnis um. Bausinger faßt das Ergebnis in folgende Formel: m D X 1 Dl . = V Vi X 1 ~ Vs Calderóns „Cuento" Nr. 31 „El moro y el gangoso" soll dieses Formsdiema verdeutlichen: Cautivó un moro a un gangoso: y él, bien o mal, como pudo, se fingió en la nave mudo, por no hacer dificultoso su rescate: de manera que cuando el moro le vio defectuoso, le dio muy barato. Estando fuera del bajel: „Moro (decía), no soy mudo, hablar no ignoro." A quien, oyéndolo el moro, de esta suerte respondió: „Tú fuiste gran mentecato en fingir aquí el callar porque si te oyera hablar, aun te diera más barato." m .

Der „Cuento" besteht aus zwei Phasen. Nach der Einleitung, die die näheren Umstände des Näselnden darlegt, folgt eine erste Aktion. Sie besteht in der Aussage des Näselnden, der nach überwundener Gefahr dem Mauren seine List gesteht, in der versteckten Absicht, ihm seine Überlegenheit zu bewei-

191

1M

logie des Cuento auf Bausinger: .Une tentative originale pour dégager la structure du conté anecdotique apparait dans l'article du folkloriste allemand H. Bausinger" (S. 240). „D" bezeichnet die dumme Partei (auch „debilis/defectus//dominus); „V" den Verständigen („validus/vigcr//-vir = velarius, Vasall, le valet"); .1" die List („ludificatio"); „s" superior, den überlegenen; „i" inferior, die unterlegene Partei. Siehe Bausinger, Bemerkungen, S. 126, Anm. 22; S. 128—129. I, 1092 b.

31

sen. Die zweite Phase, die Antwort des Mauren auf die Herausforderung des Näselnden, entlarvt die vermeintliche Überlegenheit des Näselnden und stellt diesen als den eigentlichen Dummen dar. Das Ergebnis aus der ersten Begegnung, Näselnder „superior" — Maure „inferior", wird in der zweiten Aktion ins Gegenteil verkehrt, so daß ein Ausgleich herbeigeführt wird, der aus der Perspektive des Mauren zugleich eine Revanche darstellt193. Die Zweiphasigkeit auf der Basis der Übervorteilung der ersten Partei durch die zweite und des anschließenden Ausgleichs durch eine neue Aktion der ersten weisen auch die „Cuentos" Nr. 11 „El caballero, los caballos y la cebada" und Nr. 23 „El padre, el hijo y el gato" auf. Wenn auch die Aktion der ersten Partei hier nicht in der Absicht einer Übervorteilung ausgeführt wird, so beinhaltet sie doch eine Benachteiligung der zweiten Partei. Auch gelingt es dieser durch eine Aktion — im Falle von Cuento Nr. 23 durch eine Aussage — sich in Vorteil zu bringen und so Revanche zu nehmen194. Was die Form anbelangt, so muß hinzugefügt werden, daß trotz der unterschiedlichen funktionalen Bestimmung auch die Cuentos Nr. 2, 3, 46 und 47 dieses Formschema aufweisen. b. Als zweiten Typ führt Bausinger den „Ausgleichstyp Übermut" an. Im Gegensatz zum Typ „Revanche" führt die erste Partei ebenfalls die zweite Aktion aus. Im Versuch, die eigene vorteilhafte Position in einer zweiten Aktion noch zu verbessern, begeht sie eine Fehlleistung und scheitert, so daß sie als „inferior" hervorgeht. Das Formelschema lautet hier: D X I



Ds X 1

Di

.

195

V Vi Vs Anhand von Calderöns „Cuento" Nr. 77 „El conde, el esclavo y la dama" soll diese Modalität erläutert werden: 1,3

Schon bei Ciceros „facetiae" findet sich dieses Formschema vertreten: „Est bellum illud quoque, ex quo is, qui dixit, inridetur in eo ipso genere, quo dixit" (De Oratore, II, 68, 277). Vgl. dazu Castiglione: „tra gli altri motti, quegli hanno bonissima grazia che nascono quando dal ragionar mordace del compagno l'omo piglia le medesime parole nel medesimo senso e contra di lui le rivolge, pungendolo con le sue proprie arme" (a.a.O., II, § 60, S. 159—160). Diese Beschreibung paßt jedoch nur auf einen Teil der Cuentos vom »Ausgleichstyp Revanche". Castiglione beschreibt eine weitere Möglichkeit desselben Formtyps unter II, § 76: „quando uno vien morso in quella medesima cosa che esso prima ha morso il compagno" (ebda., S. 177). Im Vergleich zum oben beschriebenen Erzähltyp, nehmen hier die Parteien ihre Äußerung in äußerster Angriffslust vor, wobei die Revanche um so überraschender erscheint. Dies ist jedoch eine Frage des Inhalts und der Wirkung und nicht der Form.

194

Castiglione faßt den Erzähltyp des Cuento Nr. 23 als getrennte Modalität unter der Bezeichnung der „dissimulazione, quando si dice una cosa e tacitamente se ne intende un'altra" (a.a.O., § 72, S. 173). Vgl. Cicero, De Oratore, II, 67, 269: „Urbana etiam dissimulatio est, cum alia dicuntur ac sentias . . Daß der Einteilung in „cuento—suceso" und „cuento—dicho" keine formbestimmenden Kriterien zugurunde liegen, zeigt sich am Cuento Nr. 39, der aus zwei Aussagen, an Nr. 23, der aus einer Begebenheit und einer Aussage und an Nr. 11, der aus zwei Aktionen besteht: alle drei Cuentos weisen danach dasselbe Handlungsschema auf.

i»« Bausinger, Bemerkungen, S. 128 und 131—132.

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Servía en palacio un extranjero conde; y cuando el sol faltaba, se iba a acostar y dejaba un esclavo en el terrero con su capa de color y plumas. La dama, un día que nevaba y que llovía, le quiso hacer un favor. La reja abrió, y en falsete, „idos, conde", pronunció; a que el moro respondió: „No estar conde, estar Hamete"196.

Der Cuento weist zwar drei Personen auf, dennoch gruppieren sich diese in zwei Interessen-Parteien: Der fremde Graf und sein Sklave bilden eine Partei, die der der Dame gegenübergestellt ist. Die erste Aktion bringt den Grafen gegenüber der Dame in Vorteil, denn es gelingt ihm, dieser entsagende Liebe vorzutäuschen. Die zweite Phase, begründet durch das Vorgehen der Dame, die sich des Grafen erbarmt, leitet die zweite Aktion der Gegenpartei ein, die diesmal vom Sklaven ausgeführt wird. Sie hebt nicht nur. die aus der ersten Aktion hervorgegangene Einstufung „Graf — superior", „Dame — inferior" auf, sondern kehrt sie in ihr Gegenteil197. c. Der „Steigerungstyp Revanche". Danach bringt sich die erste Partei durch eine Handlung bzw. durch eine Äußerung in Vorteil. Die zweite Partei versucht eine Revanche, versagt aber dabei und steigert sogar die Ausgangsposition der beiden Parteien198: _D V X 1

HLX Vs

1

1M

-

Vs2

„Cuento" Nr. 74 „El gracioso y la mozuela" weist diese Modalität auf: [ . . . ] Yo galanteaba (perdona que el galanteo ponga hoy en tan bajos paños) cierta mozuela del pueblo, tan pedregosa, que era ribazo de carne y hueso. Y como yo, gloria a Dios soy tan fácil como tierno, «« II, 1807 b. Castiglione (a.a.O., II, § 75, S. 176), beschreibt diesen Erzähltypus folgendermaßen: .quando del parlar proprio del compagno l'omo cava quello die esso non vorria". Pinciano führt diesen Erzähltypus unter der Bezeichnung „risa passiva" auf und definiert ihn folgendermaßen: „risa passiva se dize quando la risa se conuierte en burla del que pretende que otro sea el reydo y burlado." (a.a.O., Bd. III, S. 73). Als Beispiel erzählt er den Cuento vom „Orador y el homicida", der die Handlungsbewegung vom „Steigerungstyp Revanche" befolgt (ebda., S. 74).

197

198 199

Bausinger, Bemerkungen, S. 131. Ebda. S. 128.

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me cansé; y apenas ella echó mi asistencia menos, cuando me dijo: „Picaño, infame, vil y grosero, queredme, pues comenzasteis a quererme, o ¡vive el Cielo que os haga matar a palos!; que aunque atrevimiento inmenso fué el quererme, el no quererme es mayor atrevimiento."200.

Die Einleitung des Cuento, die nur sparsam ausgeführt ist, schickt voraus, daß die „mozuela", das Mädchen, dem der Gracioso den Hof macht, ihn hinhält. Die erste Aktion, in der der Gracioso das Mädchen zu vernachlässigen beginnt, bringt ihn in Vorteil. Sie setzt die zweite Aktion als Versuch eines Ausgleichs in Gang, doch er mißlingt ihr, denn sie verrät ihren eigentlichen Wunsch. Der Ausgang der Handlung bestätigt ihre Inferiorität und steigert die Überlegenheit des Gracioso. Dasselbe Handlungsschema weist „Cuento" Nr. 39 „El galán y la dama ronca" auf. d. Der „Steigerungstyp Übermut". Hierbei versucht die eingangs als unterlegen charakterisierte Partei sich einen Vorteil zu verschaffen, was ihr mißlingt. Ein zweiter Versuch, ihre Position zu verbessern, scheitert abermals. Bei Handlungsausgang wird nicht nur die Ausgangsposition der beiden Parteien bestätigt, sondern sogar gesteigert201: D_X 1 Dl X 1 D?_ V Vs V«1 Sehen wir ein Beispiel Calderóns, den „Cuento" Nr. 82M2a „El doliente y el sacristán": Tris.— Flora.— Tris.—

Flora.— Tris.— Flora.— Tris.— Flora.— 200

Tente. No te has de ir, sin que hagamos un concierto. ¿Y cuál es? Este: que me digas lo primero, Flora mía, cuánto quieres por perder por mí tu juicio media hora solamente, y me moriré otra media de amor por ti de repente. [Bien nuevo concierto es! No es muy nuevo. ¿De qué suerte? Moríase un miserable . . . ¿Cuánto va que el cuento es ese

II, 1801b. Bausinger, Bemerkungen, S. 132. 202 Ebda. S. 128. 202 a Entgegen der oben angewandten Praxis bringen wir hier den vorangestellten Dialog, um dem Leser den Cuento in seinem Typisierungszusammenhang darzubieten. 201

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del que llamó al sacristán y le dijo „¿Cuánto quiere vuesarced por enterrarme?" El dijo, supongo: „Veinte reales." „¿Quiere diez y seis?", dijo. „Más costa me tiene", le replicó el sacristán. A que respondió el doliente: „Pues mire si le está bien, y entiérreme en diez y siete, porque no me moriré como un cuarto más me cueste."203.

Der geizige Kranke, der eingangs als der Unterlegene durch seine Lage geschildert wird, versucht, indem er mit dem Sakristan um den Preis seiner Beerdigung handelt, seine Position zu verbessern. Er scheitert, unternimmt es aber dennoch ein zweites Mal, die Situation zu seinen Gunsten zu wenden. Dabei zeigt sich die Ausweglosigkeit seiner Position, so daß seine Inferiorität noch gesteigert wird. Die „Cuentos" Nr. 18 „El villano y los dos soldados" und Nr. 50 „El villano y la bellaca" verfügen über denselben Handlungstyp. e. Der „Spannungstyp'. Hier stehen sich zwei Parteien gegenüber. Ein Faktum, das in Erscheinung tritt, wird von beiden Parteien jeweils anders aufgefaßt und interpretiert. Die zwei verschiedenen Auffassungen bleiben in charakteristischer Spannung bestehen. Das macht den Reiz des Schwanks aus*04. _A afW X 1 B bi(s) „Cuento" Nr. 78 „El comisario y el cojo" befolgt dieses Formschema: Un día un comisario a unos quitados pasaba muestra . . . [...] . . . y di jóle a su oficial que ojo a la margen pusiera a los viejos y impedidos, por no llevar gente enferma. Pasó un tuerto y dijo: „A éste poned ojo." Oyóle apenas un cojo que le seguía, cuando dijo: „Pues ordenas que al tuerto le pongan ojo, haz que a mí me pongan pierna."20S.

Die Spannung entsteht hier auf Grund der Aussage des Kommissars in bezug auf den Einäugigen. Sie wird von den beiden Parteien verschieden aufgefaßt und interpretiert. Während der Kommissar sie im metaphorischen Sinn meint, I0S

II, 1834b. Bausinger, Bemerkungen, S. 133. 205 Ebda. S. 133. „A" und „B" kennzeichnen hier die Parteien, deren Position nicht von vornherein bestimmt sein muß. »M II, 1818a/b. 804

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legt der Hinkende sie wörtlich, als vordergründig reale Aufforderung aus207. Er leitet aus ihr die Bevorzugung des Einäugigen ab, und beansprucht diese für sich. Bausinger weist darauf hin, daß hier nicht im eigentlichen Sinne von einer „dummen" bzw. „verständigen" Partei die Rede sein kann. Zwar erscheint in unserem Beispiel der Hinkende als dümmer, denn er vermag den übertragenen Sinn der Worte nicht zu verstehen. Dennoch kann nicht geleugnet werden, daß aus einer vordergründig realen Betrachtungsweise die Äußerung des Kommissars unwahr ist. „Cuento" Nr. 70 „El portugués y el pozo" weist dasselbe Formschema auf. Die aktive Beteiligung beider Parteien, wie sie in unseren Beispielen zutage tritt, ist nicht in allen „Cuentos" gegeben. Bausinger unterscheidet eine Vielzahl von Schwänken, deren Charakteristikum es ist, „daß die Wettbewerbssituation nicht immer mit der gleichen Schärfe gestellt, daß die Parteiung nicht in allen Fällen klar hervortritt" 208 . „Cuento" Nr. 65 „El vidriero y las monas" stellt einen solchen Fall dar. Er verfügt über keine eindeutige Parteiung der Personen, die in ihm agieren: [...] de una dama era galán un vidriero, que vivía en Tremecen, y tenía un grande amigo en Tetuán. Pidióle un día la dama que a su amigo le escribiera que una mona remitiera; y como siempre quien ama se desvela en conseguir lo que su dama le ordena, por escoger una buena, tres o cuatro envió a pedir. El tres o cuatro escribió en guarismo el majadero: y como es allí la „o" cero, el de Tetuán leyó: „Amigo: para personas a quien tengo voluntad, luego al punto me enviad

207

Cicero nennt diesen Formtyp ebenfalls: „Est etiam in verbo positura nun insulsum genus ex eo, cum ad verbum, non ad sententiam rem accipere videare" (De Oratore, II, 63, 259). Er beschreibt ihn als Doppelsinn, und faßt darunter auch Schrumpfformen des Ausgleichstyps Revanche (siehe z. B. die „facetia" im Abschnitt II, 62, 250). Er weist darauf hin, daß dieser Typ mehr Verwunderung als Heiterkeit hervorruft: „ingeniosi enim videtur vim verbi in aliud, atque ceteri accipiant, posse ducere; sed admirationem magis quam risum movet, nisi si quando incidit in aliud quoque genus ridiculi" (II, 62, 254). Vgl. dazu Castiglione: „Delle facezie adunque pronte, die stanno in un breve detto, quelle sono acutissime, che nascono dalla ambiguità" (a.a.O., II, § 58, S. 158). Ähnlich wie Cicero faßt er deren Funktion: „Ma, perché questi motti ambigui hanno molto dell'acuto per pigliar l'omo le parole in significato diverso da quello che le pigliano tutti gli altri, pare, come ho detto, che più presto movano maraviglia che riso, eccetto quando sono congiunti con altra manera di detti" (ebda.).

208

Bausinger, Bemerkungen, S. 132.

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trescientas y cuatro monas. ["] Hallóse afligido el tal; pero mucho más se halló el vidriero cuando vió contra su frágil caudal, dentro de muy pocos días, apearse con estruendo trescientas monas, haciendo trescientas mil monerías. 209

Die Dame, die zum einzigen Zweck eingeführt wird, um die Handlungsweise des Glasers zu motivieren, ist nidit als Gegenpartei konzipiert. Der Freund in Tetuán kommt ebenfalls nicht als Kontrahent in Betracht, obwohl sein Vorgehen zur definitiven Einstufung des Glasers als „Dummer" führt. Die Handlung des Cuento vollzieht sich in zwei Phasen. Die erste Aktion besteht in der Bestellung des Glasers an seinen Freund, der sich durch die Äffinnen eine Verbesserung seiner Position gegenüber der Dame erhofft. Er versagt jedoch, indem er die Bestellung falsch, aufgibt. Die zweite Aktion, die die Ausführung der Bestellung von Seiten des Freundes des Glasers bildet, steigert die bereits in der ersten Aktion erfolgte Einstufung des Glasers. Der Cuento zeigt, daß trotz Fehlen einer profilierten Gegenpartei das Formschema von Bausingers „Steigerungstyp Übermut" erkennbar bleibt. Ähnlich verhält es sich mit den „Cuentos" Nr. 13 „El pintor y el retrato" und Nr. 21 „El sordo". Während im Cuento Nr. 21 noch eine Gegenpartei angedeutet wird210, besteht Cuento Nr. 13 aus zwei Handlungen ein und derselben Person, nämlich der des Malers, wobei die zweite Aktion seine Unterlegenheit endgültig statuiert. Insofern als die Gegenpartei nicht mehr vorhanden ist, kann man von einem „Figurenschwund" sprechen. Die zweite Gruppe von heiteren „Cuentos" zeichnet sich dadurch aus, daß entweder nur ein Handlungsträger auftritt, wie in den Cuentos Nr. 10 „El gracioso y el capón" und Nr. 58 „La monja (hecha) monjo" bzw., soweit ein zweiter in Erscheinung tritt, dieser kaum charakterisiert und lediglich zu dem Zweck eingeführt wird, um durch seine Fragestellung Anlaß zu einer scharfsinnigen Antwort zu geben. Diese stellt den eigentlichen Corpus des Cuento dar. Die letztgenannte Modalität zeigt der Cuento Nr. 73 „El loco y el entendimiento" : ¿Ahora sabes el cuento del loco, que preguntando que cosa en el universo es la más bien repartida, respondió: „El entendimiento, porque cada uno está con el que tiene contento"? 211 . 208

II, 1215a.

210

Sie wird mit unpersönlichen Verbkonstruktionen und persönlichen Fürwörtern gekennzeichnet.

211

II, 1627a.

37

Die zweite Person wird hier nur zum Zwecke der Fragestellung eingeführt. Es kommt nicht zu einer Wettstreitsituation, noch wird auf die fragende Person weiter eingegangen218. Im Mittelpunkt des Cuento steht die pointierte Aussage des Narren, die in ihrer scheinbaren Unsinnigkeit zugleich ein Charakterisierungselement des fragenden „loco" darstellt213. Der Cuento besteht zwar aus einer Frage und einer Antwort, er wird jedoch als Frage dargeboten. Pinciano, der in seiner Poetik auch auf den Cuento zu sprechen kommt, nennt solche Cuentos „interrogaciones"214. Einen Frage-Cuento stellt auch der von Calderón nicht näher bestimmte Cuento „El huevo de Juanelo" (Nr. 48) dar215. Im Cuento Nr. 75 „El hidalgo, los gregüescos y el hilo" verhält es sich ähnlich wie im Cuento Nr. 73. Auch hier steht im Mittelpunkt des Cuento die witzige Aussage des „hidalgo", während die Frage des „amigo" lediglich als Anlaß für die pointierte Antwort fungiert216. Im Unterschied zu den Schwank-Cuentos weisen diese Cuentos keine Wettstreitsituation auf. Sie beruhen auf einer pointierten Aussage, die in ihrer scheinbaren Unstimmigkeit ein Versagen der „Sagperson" darlegt. Insofern der „pointierte Ausspruch" nach Schweizer u. a. das Strukturprinzip des Witzes ist217, können die Cuentos dieser Kategorie zugeordnet werden. Die scheinbare Widersprüchlichkeit der Aussagen zeigt das Zusammenwirken der beiden Tendenzen, die Castro y Serrano als konstituierend für den Witz bezeichnet hat, nämlich das Zusammentreffen einer „verdad de fondo y una falsedad de forma"218. Bausinger weist darüber hinaus auf die Beschaffenheit des Helden als eines Kriteriums für die Beurteilung der Kategorie Witz hin. Er rechnet solche 112

Ihr Vorhandensein kann lediglich aus dem Verbum „respondió" rekonstruiert werden. Die Verbform „preguntando" interpretieren wir als ein unpersönliches Partizipium Präsens und übersetzen es mit „der, als man ihn fragte (wörtlich „man ihn fragend"), antwortete . . . " . Sie kann auch als iterative Form aufgefaßt werden im Sinne von „immer, wenn man ihn fragte, antwortete er . . .". Es ist auch möglich, daß es sich um eine verdorbene Textstelle handelt, der ursprünglich das Partizipium Perfekt zugrundelag. Die Übersetzung würde dann lauten: „der, befragt . . . antwortete".

21

® Cicero zählt die Art des Witzes, in der ein törichter Mann unter dem Deckmantel der Torheit eine witzige Aussage macht, zu den wirksamsten Witzen: „Valde haec ridentur et hercule omnia, quae a prudentibus (quasi) per dissimulationem (non intellegendi) subabsurde salseque dicuntur" (De Oratore, II, 68, 275). Cicero hat an einer anderen Stelle die formale Modalität des Frage- und Antwortwechsel-Cuento bereits beschrieben: „Salsum est etiam quaerentibus et quasi percontantibus lente respondere quod nolint" (ebda. II, 71, 287).

214

215 216 217

218

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„Ay también en los schemas o figuras d(e) sentencias mucho de lo ridículo; todas las interrogaciones o pregu(n)tas necias lo son, [ . . . ] " (a.a.O., Bd. III, S. 60—61). Der Text des Cuento befindet sich auf S. 84. Für den Text vergleiche S. 88. Die Auffassung vom Witz im Sinne von einem pointierten Ausspruch findet sich bei W. Schweizer (Der Witz. Bern und München 1964): „Unter einem Witz [ . . . ] verstehen wir [ . . . ] einen ganz bestimmten, scharf umrissenen, pointierten Ausspruch, ein Bild oder eine Anekdote" (S. 18). Ähnlich äußern sich Bausinger (Schwank und Witz. In: StG 11 (1958), S. 699—710, s. S. 703b) und F. G. Jünger (über das Komische, Frankfurt a. M. 1948, S. 122), die den Witz mehr im Wörtlichen verankert sehen. J. Castro y Serrano: De la amenidad y galanura en los escritos como elemento de belleza y arte. Madrid 1889. S. 10.

Erzählungen zum Witz, „in denen der Held mehr oder weniger passiv ist, sich gehen läßt, die Kurven der Logik nicht zu nehmen vermag — in denen er versagt an den Normen der Welt"" 9 . Diese Eigentümlichkeit wird im Cuento Nr. 73 durch die Figur des Narren als „Sagperson" besonders eindringlich dargestellt. Daß eine sichere Abgrenzung zwischen Schwank und Witz letztlich nicht möglich ist, zeigen die Ausführungen Bausingers in seinem Aufsatz „Sdiwank und Witz"220. Dabei kann auch die Kürze des Witzes gegenüber dem Sdiwank lediglich als ein äußeres Merkmal gewertet werden221. Ihre Beziehung zum Schwank zeigen die Cuentos durch die andeutungsweise vorhandene Parteiung in der Meinung der Personen — wenn diese auch nicht in offene Kontrarietät mündet wie in den Schwank-Cuentos —, und in der Zweiphasigkeit der Handlung. Sowohl Ranke als auch Straßner und Bausinger sprechen im Zusammenhang mit dem Witz von einem „Substanzverlust des Schwanks auf dem Wege zum Witz"222 und daher von einer „Kurzform des Schwankes"22' bzw. von einem „verkürzten Schwank"224. Nach Lobos Einteilungskategorien stellen die Cuentos Nr. 73 und 75 den Typ des „cuento-dicho" dar225. Im Gegensatz dazu beruhen die Cuentos Nr. 10 „El gracioso y el capón" und Nr. 58 „La monja (hecha) monjo" auf einer Begebenheit. Formal unterscheidet sich Cuento Nr. 10 insofern, als an die Darlegung der Begebenheit eine Ausdeutung in Form eines Epigramms satirischer Intention anknüpft: Yo v i a y e r de la cama l e v a n t a r s e un capón 2 2 ' c o n bigotera. ¿ N o te ríes de pensarle curándose sobre sano c o n tan v a g a b u n d o parche? A e s t o un epigrama hice. [...] „Floro, casa m u y desierta la tuya d e b e d e ser, p o r q u e e s o n o s da a e n t e n d e r la cédula de la puerta: d o n d e n o h a y carta, ¿hay cubierta?, 219

H. Bausinger: Formen der „Volkspoesie". Berlin 1968. S. 135. Sdiwank und Witz, S. 703b. 221 Ebda. 222 Strassner, a.a.O., S. 13—14. 223 K. Ranke: Sdiwank und Witz als Schwundstufe. In: Festschrift für W.-E. Peuckert. B e r l i n Bielefeld—München 1955. S. 41—59. S. 43. 224 Bausinger, Formen, a.a.O., S. 140. Vgl. auch ders., Schwank und Witz, S. 703. 225 Vgl. S. 20. Castiglione kommt ebenfalls auf diesen Cuento-Typ zu sprechen. Er beschreibt ihn so: „É anco bello quando si dediiara una cosa, o si interpreta giocosamente" (a.a.O. II, § 78, S. 180). 22 ' Wir übersetzen den Begriff als Substantiv im Sinne von „Kapaun". S. dazu M. Moliner: Diccionario de uso del español. Madrid 1966. ( = Biblioteca Románica Hispánica. V. Diccionarios). Bd. I, S. 509a: „pollo cebado, al cual se ha castrado para hacer su carne más delicada. [ . . . ] Cualquier animal castrado".

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¿cäscara sin fruta? N o , no pierdas tiempo; que y o esperando dos provechos, he visto labrar barbechos, m a s b a r b i - d e s h e c h o s no."227.

Der Gracioso schildert eine Begebenheit, die uns zunächst von einer bloß vordergründig realistisch orientierten Sichtweise als real nicht möglich erscheint228. Der Gracioso erhebt dennoch durch die gewählte Form der IchErzählung einen Wahrheitsanspruch für das Erzählte: „Yo vi ayer de la cama levantarse un capön con bigotera"229. Die Schilderung vom Kapaun, der sich einer Bartbinde bedient, um einen Bart vorzutäuschen, den er infolge seiner abhandengekommenen Männlichkeit nicht besitzen kann, wird durch das angeschlossene Epigramm als metaphorische Beschreibung, als satirische Charakterisierung ausgewiesen. Das Epigramm besteht in der Verdichtung von Prämissen, die den Zusammenhang zwischen einem Kapaun und Floro verdeutlichen. Durch die Hinzufügung weiterer Beweisgründe („donde no hay carta, ¿hay cubierta?, ¿cäscara sin fruta?") wird die satirische Darstellungsweise, die in der endgültigen Unterlegenheit Floros gipfelt, weiter vorangetrieben. Der Gracioso beschließt den Cuento anhand eines Wortwitzes, der auf den Eingang der Darstellung Bezug nimmt und diesen ausdeutet („esperando dos provechos, he visto labrar barbechos, mas barbideshechos no"): Von einem Bartlosen habe man nichts zu erwarten230. Die Darstellung Floros anhand eines physischen Defekts und dessen komisch-satirische Ausdeutung gehört in den Bereich der Defektenkomik, die auch Cicero als Bestandteil des Witzes begreift231. Die dichterische Fiktion, die eine menschliche Gestalt in die eines Tieres verkleidet, ist auch für die Fabel charakteristisch232. Sie beruht darin, daß eine in der Wirklichkeit mögliche Handlungsweise (Floro erhebt sich mit Bartbinde vom Bett) 227

I, 333a.

«M V g l . Anm. 226. V g l . die Ich-Form im „surrealen Schwank" Cuento Nr. 1 „El soldado, el gigante y las uvas". Der Erzähler, ein Soldat, erfüllt in diesem Drama die Funktion eines Gracioso. 2so f ü r Cicero ist neben dem Unerwarteten das Lachen über die Natur der anderen ein wesentlicher Bestandteil des W i t z e s : „Expectationibus enim decipiendis et naturis aliorum inridendis (ipsorum ridicule indicandis) et similitudine turpioris et dissimulatione et subabsurda dicendo et stulta reprehendendo risus moventur [ . . . ] " (De Oratore, II, 71, 289). Sie treten in Sachwitzen und in den sogenannten „cuentos-dichos" auf: „quae sunt in re Ipsa et sententia" (ebda.).

220

281

Siehe Zitat Anm. 230. V g l . auch II, 66,266: „Valde autem ridentur etiam imagines, quae fere in deformitatem aut in aliquod Vitium corporis ducuntur cum similitudine turpioris".

232

Leibfried (a.a.O., S. 34—35) zeigt, w i e die Verkleidung in tierische Gestalt auch in der Fabel v o n satirischer Intention sein kann. Auch Castiglione faßt den Vergleich eines Menschen mit Tieren und Dingen in den Bereich des W i t z e s : „Sono ancora alcuni que si dilettano di comparar omini e donne a cavalli, a cani, ad uccelli e spesso a casse, a scanni, a carri, a candeglieri;" (a.a.O. II, § 67, S. 169). Er scheint jedoch nicht immer ihre W i r k u n g zu begrüßen: „ [ . . . ] il che talor ha grazia, talor é freddissimo" (ebda.). Der Kommentar auf Cuento Nr. 10 läßt auf letztere Einschätzung schließen: „¡Qué frialdad!" setzt der Zuhörer dem Cuento entgegen (I, 333a).

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aus dem eigentlichen Bedeutungszusammenhang, nämlich dem menschlicher Verhaltensweise, auf einen anderen, real nicht möglichen — den des Tieres — übertragen wird233. Cuento Nr. 10 unterscheidet sich jedoch von der Fabel, da er innerhalb seines Darstellungsbereiches die Verkleidung als satirische Charakterisierung ausweist. Insofern aber das real nicht Mögliche in die Darstellung einbezogen wird, kann man von einem „surrealen Witz" sprechen, dessen Kennzeichen es ist, daß er die „Norm der Realität schlechthin am Anomalen [mißt]; Gesetzlichkeiten unserer Wirklichkeit stoßen nicht mit anderen Gesetzlichkeiten dieser Wirklichkeit zusammen, sondern werden relativiert durch irreale Vorgänge; unsere Welt wird komisch, weil sie aus der Perspektive einer Märchenwelt gemustert wird" 234 . Bausinger sieht in dieser Modalität eine weitere Möglichkeit des Witzes, Komik zu erzeugen, „das etwas müde gewordene Spannungsfeld der Komik aufzuladen" 235 . Insofern das real Mögliche mit dem in der Wirklichkeit nicht Möglichen in Zusammenhang gebracht wird, haben wir es beim Cuento Nr. 58 mit einem ähnlichen Fall zu tun: Yo mil veces he oído un cuento de una monja, a quien salió una escupidura, haciendo una fuerza, y que de monja quedó monjo238 en un momento;2®7.

Der Cuento hat zum Gegenstand eine Begebenheit, die von einem real möglichen Ereignis ausgeht, jedoch im Bereich des Wunderbaren mündet. Die maßlose Übertreibung führt dazu, daß die Ebene der Realität verlassen wird. Cicero spricht in diesem Zusammenhang von „imagines [ . . . ] quae minuendi aut augendi causa ad incredibilem admirationem efferentur 1,238 und rechnet sie zum „genus ridiculi" 239 . Vergleicht man den Cuento Nr. 58 mit den bisher behandelten Cuentos, die wir als Apolog, Fabel, Schwank und Witz klassifizierten, so fällt auf, daß sich in ihnen stets zwei Thesen gegenüberstehen, wovon eine verifiziert wird, so daß die Position des Erzählers herauskristallisiert werden kann. Cuento Nr. 58 unterscheidet sich nun gerade darin, daß er ausschließlich aus der Erwähnung eines Vorfalls besteht. Er beschränkt sich auf die Formulielierung des Wesentlichen, wie bei der Darstellung einer Norm. Im Gegensatz 238

Leibfried betrachtet es als ein Charakteristikum der Fabel, „daß sie einen real unmöglichen Fall als wirklich schildert" (a.a.O., S. 25).

234

Bausinger, Formen, S. 140.

235

Ebda.

236

Die Endung in „o" von „monjo" (statt „monje") ist damit zu erklären, daß Calderón an der Verdeutlichung der Wandlung v o m weiblichen zum männlichen Geschlecht lag. „Monjo" ist daher als Analogiebildung zu den regelmäßigen maskulinen Substantiven mit Wortausgang „o" aufzufassen.

2

" II, 704b.

238

Cicero, De Oratore, II, 66, 266—267.

238

Ebda. II, 63, 255 ff.

41

zu Cuento Nr. 10 erfolgt keine Ausdeutung des geschilderten Vorgangs, dieser spricht vielmehr für sich selbst. Die Stellungnahme des Erzählers ist daher dem Cuento selbst nicht zu entnehmen. Der Cuento bedarf eines Rahmens, der für ihn diese Aufgabe übernimmt 240 . Gero von Wilpert bezeichnet es als charakteristisch für den Kasus, den Fall, daß er zwar „als Anreiz zur Überlegung, doch ohne eigene endgültige Entscheidung" besteht 241 . Seine Daseinsberechtigung als „Cuento" leitet die Erzählung aus dem Gegenstand der Darstellung her, der der Auffassung vom Cuento als der Darbietung von etwas Neuem, Unerwartetem bzw. Wunderbarem entspricht 242 . Die von Leibfried im Zusammenhang mit der Fabel angestellten Beobachtungen können für die Abgrenzung des Falles von den übrigen „Cuentos" dienstbar gemacht werden. Für Leibfried besteht die Fabel aus zwei Elementen: Aus der Schilderung eines Vorgangs, die er Information nennt, und aus der Deutung, die er als Interpretation bezeichnet 243 . Die Information definiert er dabei als Fall: „Der Bericht des fiktiven Ereignisses ist ein Fall, ein juristischer Kasus, der einen Kommentar auslöst" 244 . Er fungiert als Bestandteil der Fabel. Da Information und Interpretation die wesentlichen Komponenten auch der bisher analysierten Cuento-Formen sind, kann die Abgrenzung Fall-Fabel für die Abgrenzung des Falles vom Apolog, Schwank und Witz geltend gemacht werden. Der Cuento Nr. 58 bildet somit in seiner Eigentümlichkeit als Fall eine weitere Modalität der Kategorie „Cuento". Insofern er der Deutung entbehrt, stellt er sozusagen einen „katalektischen" Cuento bzw. eine „Schwundform" dar. In Anbetracht der Beschaffenheit des Darstellungsgegenstands von Cuento Nr. 58, der ihn durch die Transponierung des Geschehens in den Bereich des real nicht Möglichen in die Nähe von Cuento Nr. 10 bringt, kann hierzu analog von einem „surrealen Fall" die Rede sein, im Unterschied zu ähnlichen Cuentos, die die reale Ebene nicht verlassen. Wir können nun zusammenfassend darlegen, welche Erzählformen Calderón unter „Cuento" begreift. Es zeigte sich, daß er sowohl heitere als auch ernste Geschichten damit bezeichnet, daß der Terminus gleichermaßen auf den Apolog (Nr.2, 3, 46 und 47), auf den Schwank (Nr. 11, 13, 18, 21, 23, 31, 39, 50, 65, 70, 74, 77, 78 und 82), auf den Witz (Nr. 73 und 75) bzw. auf den „surrealen Witz" (Nr. 10) und auf den „surrealen Fall" (Nr. 58) angewandt wird. Er kann sowohl Volksformen wie den Schwank und den Witz als auch Kunst240

Er wird hier durch ©inen Vergleich geboten, der unmittelbar an den Cuento anschließt und diesen zum Bestandteil der Rede macht: . . . „pero de galán hacerse / una dama, no me acuerdo / haberlo visto en mi vida." Erst das Vergleichsglied gibt die Position des Erzählers zu erkennen.

241

G. v. Wilpert, a.a.O., „Kasus", S. 279.

242

Vgl. S. 22. Leibfried, a.a.O., S. 22.

243 244

42

Leibfried, a.a.O., S. 18. Andre Jolles begreift den Kasus unter die „Einfachen Formen" neben dem Witz, dem Rätsel, der Legende, usw. (vgl. S. 14. Anm. 157). ü b e r den „Fall" siehe ferner: H. Lipps: Beispiel, Fall und das Verhältnis des Rechtsfalles zum Gesetz. In: Die Verbindlichkeit der Sprache. Frankfurt a. M. 1944, S. 39—65.

formen wie den Apolog und die Fabel bezeichnen. Das Ineinandergreifen von Volksform und Kunstform wird am Witz, Cuento Nr. 10 offensichtlich, wo sich der „Cuento" eines Epigramms bedient: Eine Kunstform erscheint hier in eine Volksform integriert. Es sollen nun die übrigen Cuentos, die Calderón kennzeichnet, herangezogen werden. Anhand eines Vergleichs mit den bereits herauskristallisierten Formtypen soll sich zeigen, ob die begriffliche Differenzierung formale Unterschiede anzeigt oder ob sie synonymer Bedeutung ist. 2. Der „Cuentecillo" Als „Cuentecillos" bezeichnet Calderón folgende Erzählungen: Nr. 9 „El (intruso) y el mayordomo", Nr. 19 „El cortesano y el forastero", Nr. 20 „La dama y el coche", Nr. 66 „El galán, la dama y el piojo".

Die Cuentos zeigen Ubereinstimmung mit den von Bausinger herausgearbeiteten Form typen. Der „Cuentecillo" Nr. 9 entspricht dem „Steigerungstyp Ubermut" und ist daher den „Cuentos" Nr. 13, 18, 21, 50, 65 und 82 desselben Handlungsschemas zuzuordnen. Cuento Nr. 19 weist Bausingers „Ausgleichstyp Revanche" auf wie die „Cuentos" Nr. 11, 12 und 31. Im „Cuentecillo" Nr. 20 sind dieselben Voraussetzungen gegeben wie in den „Cuentos" Nr. 10, 58, 70, 73 und 75: Murió una dama una noche, y porque pobre murió, licencia el vicario dio para enterrarla en un coche. Apenas en él la entraban, cuando empezó a rebullir, y más cuando oyó decir a los que le acompañaban: „Cochero, a San Sebastián"; pues dijo a voces: „No quiero, da vuelta al Prado, cochero, (que) después me enterrarán." 245

In diesem Cuento zeichnet sich nur sehr schwach eine zweite Partei ab, die nicht deutlich gemacht wird. Es intervenieren gleichzeitig ein „vicario", ein „cochero" und weitere Personen, auf die nur aus den unpersönlichen Verbformen „la entraban" bzw. „los que le acompañaban" geschlossen werden kann. Dieser Personenkreis dient lediglich als Hintergrund für die Aktion und die Aussage der „dama", nämlich ihr Erwachen aus dem Tode durch den Transport in einem Wagen und ihr Begehren, erst nach erfolgter Fahrt auf dem Prado zum Friedhof gefahren zu werden. Dadurch, daß der Cuento von der Realität ausgehend zur Schilderung eines in der Wirklichkeit nicht möglichen Vorgangs übergeht, gelangt er in die Nähe der Cuentos Nr. 10 845

I, 870b/871a.

43

und 58. Seine formalen Merkmale weisen ihn indessen zum Schwank vom Typ der „Cuentos" Nr. 13, 21 und 65 und zum „Cuentecillo" Nr. 9 des Handlungssdiemas „Steigerungstyp Übermut". Insofern Cuento Nr. 20 die Wirklidikeitsebene verläßt, ist er als „surrealer Schwank" einzuordnen. „Cuentecillo" Nr. 66 „El galán, la dama y el piojo" kann mit den bisher dargelegten Handlungstypen nicht erfaßt werden: Con una dama tenía un galán conversación; y gozando la ocasión un piojo entre sí decía: „Ahora no se rascará, bien sin zozobra ni miedo comer a mi salvo puedo." El galán, cansado ya del encarnizado enojo, a hurto de la tal belleza, metió con gran ligereza los dedos, y hizo al piojo prisionero de aquel saco. Volvió la dama al instante, y halló la mano a su amante a fuer de tomar tabaco; y preguntó con severo semblante, porque no hubiera otro allí que le entendiera: „¿Murió ya aquel caballero?" Y él muy desembarazado, la mano así, respondió: „No, señora: aún no murió; pero está muy apretado."246.

Die erste Aktion stellt die Geste des „galán" dar, die von der „dama" anders aufgefaßt wird als sie vom „galán" gemeint ist. Dieser Handlungstrakt befolgt das Handlungsschema des „Spannungstyps", wie wir es im „Cuento" Nr. 78 vorfanden247. Im Unterschied zu diesem bleibt jedoch im „Cuentecillo" die Spannung nicht bestehen. Die „dama" begegnet dem „galán" gemäß ihrer Interpretation seiner Geste mit einer Äußerung, die die Handlung zu ihren Gunsten wendet. Die Antwort des „galán" beendet den zweiten Handlungstrakt des Cuento, indem er sich geistesgegenwärtig der Anklage der „dama" entzieht. Seine Äußerung, die ihn als den endgültig überlegenen ausweist, vollzieht den zweiten Teil des Cuento nach dem Handlungsschema des „Ausgleichstyps Revanche". Nach Handlungsschluß sind die Ausgangspositionen wieder hergestellt248. Man kann daher formal gesehen bei diesem Cuento von einem Kombinationstyp sprechen, dessen Handlungsschema folgendermaßen dargestellt werden kann: 246 147 248

44

II, 1227a. Vgl. S. 35. Vgl. S. 31—32.

Wenn wir für den „galán" „A" und für die „dama" „B" setzen, „s" für superior, überlegen, „i" für inferior, unterlegen, „f" für das factum, das in Erscheinung tritt, bzw. für die Aktionen der beiden Parteien, lautet unsere Formel folgendermaßen: A B

x





bf(s) X i

x

Bs

f



2

"



Mit Ausnahme von Cuento Nr. 66 weisen die „Cuentecillos" dieselben Formtypen wie die „Cuentos" auf. Doch auch Cuento Nr. 66 bewegt sich im Rahmen der formalen Modalitäten der „Cuentos". Was die Funktion in bezug auf das Publikum anbelangt, so muß hervorgehoben werden, daß sich unter unseren Beispielen nur Cuentos heiteren Charakters befinden. Daß „Cuentecillo" auch synonym für „Cuento" von Calderón verwendet wird, zeigt die Anspielung auf Cuento Nr. 23, der bei der Ausführung als „Cuento" 250 , bei der Anspielung sowohl als „Cuento" 251 als auch als „Cuentecillo" bezeichnet wird252. Der Terminus wird gleichermaßen vom Gracioso 253 und vom Galán 254 angewandt. Während der Begriff beim Gracioso im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erzählung erscheint, wendet ihn der Galán nur einmal, und zwar in verallgemeinernder und abwertender Bedeutung an255. Die Annahme jedoch, „Cuentecillo" beinhalte im Vergleich zu „Cuento" eine pejorative Einstufung dieser Erzählform, kann außer Betracht bleiben, da die ablehnende Haltung des Galán auch dem „Cuento" gegenüber beobachtet werden kann 258 und wir sie vom fiktiven Charakter der Erzählung abhängig sahen257. Die Auffassung von der Bedeutung von „Cuentecillo" als ein „Cuento breve" 268 im Vergleich zu „Cuento" muß hier eingeschränkt werden. Die Länge der „Cuentos" schwankt zwischen vier Versen (Nr. 58 und 70, gefolgt von Nr. 75 mit 5 Versen und Nr. 73 mit 6 Versen) und einer Hödistzahl von 36 Versen (Nr. 46 und 47). Dabei erlangen die ernsten Cuentos das größte Ausmaß; sie zählen zwischen 20 und 36 Versen. Die Mehrzahl der heiteren „Cuentos" schwankt zwischen 12 und 18 Versen. Die „Cuentecillos" weisen dieselbe Längenverteilung wie die „Cuentos" auf; sie schwanken zwischen 12 (Nr. 20, gefolgt von Nr. 19 mit 16 und Nr. 9 mit 21) und 24 Versen (Nr. 66). 248

Vgl. S. 31 und 35.

251

I, 881b.

252

I, 871a.

I, 901a/b.

25S

I, 288b.

254

I, 871a.

255

Ebda.: „D. Luis.— ¿A quién tu lengua perdona / con aquesos cuentecillos?".

267

Vgl. S. 8—9.

258

Diccionario de Autoridades, a.a.O., I, 682.

I, 333a; vgl. Anm. 35.

45

Die weitgehende Ubereinstimmung in der Länge legt nahe, daß ein Zusammenhang zwischen den heiteren „Cuentos" und den „Cuentecillos" besteht. Während die „Cuentos" heiteren Charakters ein Höchstmaß von 18 Versen erreichen, bleiben die Spitzen den ernsten „Cuentos" vorbehalten. Die „Cuentecillos" weisen zwar in zwei Fällen eine Länge von 21 und 24 Versen auf, sie erreichen jedoch nicht die Spitzen der ernsten „Cuentos". Daher kann „Cuentecillo" — soweit sich das aus der geringen Anzahl der Beispiele, die uns zur Verfügung stehen, folgern läßt — als Synonym für „heiteren Cuento" begriffen werden. 3. Der „Ejemplo" Cuento Nr. 25 „El pintor y el amigo" und Nr. 69 „El borrico y la cebada" werden als „Ejemplo" bezeichnet. Das Handlungsschema von Cuento Nr. 25 entspricht Bausingers „Ausgleichstyp Revanche" und ist daher den „Cuentos" Nr. 11, 23 und 31 und dem „Cuentecillo" Nr. 19 zuzuordnen. Thematisch gesehen liegt eine Anlehnung an „Cuento" Nr. 13 „El pintor y el retrato" vor, in dem ebenfalls ein Maler im Mittelpunkt der Handlung steht. Der „Ejemplo" verfügt allerdings über zwei aktive Handlungsträger, von denen der eine den Maler übertrumpft, im Gegensatz zu „Cuento" Nr. 13, in dem die Ubertrumpfung durch die Fehlleistung des Malers selbst herbeigeführt wird. Cuento Nr. 69 „El borrico y la cebada" wird ebenfalls als „Ejemplo" eingeführt: Torib.—

Mas explíqueme un ejemplo. Escriben los naturales que puesto un borrico en medio de dos piensos de cebada, se deja morir primero que haga del uno elección, por más que los mire hambriento: yo así en medio de las dos, que sois mis mejores piensos, no sabiendo a cuál llegue antes, me quedaré de hambre muerto 25 '.

Der Cuento zeigt Ähnlichkeit mit Cuento Nr. 58, da er ausschließlich aus der Darstellung einer Begebenheit, nämlich der Handlungsweise des Esels besteht. Die Schlußfolgerungen Toribios „Yo así [ . . . ] me quedaré de hambre muerto" sind nicht Bestandteile des Cuento. Sie sind die Anwendung des Cuento auf die konkrete Situation des dramatischen Geschehens. Insofern als der Handlungsträger des Cuento ein Tier ist, dem eine mensch259

46

II, 1302a. Buridans Esel (14. Jh.): Die Frage, ob sich der Mensch unter gleichen Umständen beliebig für oder gegen das gleiche entscheiden kann, sei unbeantwortbar. Das Argument stammt aus Aristoteles De caelo II, 13; 295 b 32. Der Esel ist wohl eine Zutat von Gegnern des Buridan.

liehe Verhaltensweise unterschoben wird, ist der Cuento vergleichbar mit der Fabel. Der Unterschied zu dieser liegt jedoch darin, daß er nur aus einer Information besteht. In ihm wird lediglich die Exposition eines Konfliktes vorgenommen, dem weder eine Lösung noch eine Lehre, beides Grundbestandteile der Fabel, folgt. Ihm fehlt die von Leibfried mit „Interpretation" bezeichnete Deutung des Vorgangs259®. Insofern kann der „Ejemplo"Cuento Nr. 69 als „Fall" bezeichnet werden. 4. Der „Ejemplillo" Cuento Nr. 17 „El calvo y la cabellera" beruht auf der Ausdeutung einer Begebenheit: Es c a l v o um h o m b r e mil anos, y al c a b o de ellos se h a c e u n a c a b e l l e r a . Este, en opiniones v u l g a r e s , ¿ d e j a de ser c a l v o ? No, p u e s que dicen al m i r a r l e : „Bien p u e s t a la c a b e l l e r a t r a e fulano." 2 6 0 .

Der Kahlköpfige, der seine Position zu verbessern sucht, indem er eine Perücke benutzt, scheitert an der Meinung seiner Umwelt. Die Aussage „Bien puesta la cabellera trae fulano" kennzeichnet die Sagenden als Gegenpartei, die die verschleiernde Aktion des Kahlköpfigen entlarvt. Sie schafft einen Ausgleich, indem sie die Ausgangspositionen der Parteien wiederherstellt. Dadurch befolgt der Cuento den Handlungstyp „Ausgleich Revanche", wie der „Ejemplo" Nr. 25. Was die Darstellungsweise betrifft, so ist auf deren Knappheit hinzuweisen. Die erste Aktion fällt mit der Einleitung des Cuento zusammen. Die Gegenpartei wird kaum charakterisiert, so daß die Parteiung erst bei der pointenhaften Ausdeutung des Geschehens wahrgenommen wird. 5. Der „Chiste" Cuento Nr. 24 „El gracioso y los colores" wird als „Chiste" eingeführt. Der Gracioso, der den Erzähler darstellt, ist zugleich Handlungsträger. Der Cuento stellt die sprachliche Ausdeutung eines Vorgangs dar, die den Erzähler über die zuhörende Partei, die „mozuela", stellt. Wie in den „Cuentos" Nr. 73 und 75 verhält sich der Held passiv und die Pointe beruht auf der sprachlichen Einkleidung des Geschehens, die die Wendung zum Witz vollzieht281. „Chiste" kann daher im Sinne von „Witz" als ein der Kategorie „Cuento" untergeordneter Erzähltypus aufgefaßt werden. «»a Der entscheidende Unterschied zu den anderen Cuento-Typen ist, daß im „Fall" der Erzähler das Geschehen für sich sprechen läßt, ohne daß er selbst dazu Stellung bezieht. Br verhält sich gegenüber dem Geschehen wie ein Berichterstatter. Siehe auch Anm. 241. l c o I, 545b. 2 « Vgl. S. 37—38.

47

6. Die Formbestimmung „contar" Die letzte Gruppe von Cuentos, die von Calderón bezeichnet wird und die noch zu bestimmen bleibt, wird mit „contar" bzw. „contar de" eingeleitet. Sie umfaßt drei Erzählungen: Nr. 16 „El sabio y las hierbas", Nr. 37 „El enfermo y el amigo", Nr. 67 „Ágere, Macarandona y el cura".

Cuento Nr. 16 gehört zu der Gruppe der ernsten Cuentos. Wie die „Cuentos" Nr. 2, 3, 46 und 47 ist er zweiphasig und weist das Formschema „Ausgleichstyp Revanche" auf. Die Pointe enthüllt die weise Einsicht und daher die Überlegenheit der aus der ersten Aktion als unterlegen hervorgegangenen Partei. Er ist daher dem „Apolog" zuzuordnen. Cuento Nr. 37 „El enfermo y el amigo" besteht lediglich aus einer Aktion, in der die als unterlegen charakterisierte Partei — sie ist infolge ihrer Krankheit vom Freund abhängig und daher diesem gegenüber im Nachteil — versucht, Revanche zu nehmen. Ihr Wunsch jedoch „¡Plegue a Dios que me veáis / sano, amigo, y que yo os vea / morir a vos, para que / conozcáis de mi asistencia / lo agradecido que estoy / a la mucha piedad vuestra!" 262 steigert die bereits vorhandene Inferiorität. Der wohlmeinende Kranke will zwar Dankbarkeit bezeigen, er verkehrt indessen seine Intention ins Negative und geht dadurch als der Unterlegene hervor. Die Inferiorität bewirkt der „Held" der Erzählung durch sein eigenes Versagen. Der Cuento beschränkt sich auf die Ausgestaltung einer Aktion. Die notwendigerweise vorangegangene erste Aktion kann jedoch anhand des Geschehens rekonstruiert werden: Die erste Partei, der Freund des Kranken, hat sich durch seine Hilfsbereitschaft und Pflege dem Kranken gegenüber in Vorteil gebracht. In der zweiten Aktion versucht nun der Kranke einen Ausgleich herbeizuführen, indem er seine Dankbarkeit so hoch ansetzt, daß er in seiner Übertreibung nicht nur den Ausgleich verhindert, sondern die zu Beginn der Handlung erkennbare Einstufung der Parteien, Kranker-„inferior", Freund-„superior" noch steigert. Setzt man die erste Aktion voraus, so befolgt der Cuento das Handlungsschema „Steigerungstyp Revanche" wie die „Cuentos" Nr. 39 und 742as. Dem Cuento Nr. 67 „Agere, Macarandona y el cura" liegt dasselbe Handlungsschema wie dem „Cuentecillo" Nr. 66 zugrunde, nämlich eine Kombination aus dem „Spannungstyp" und dem „Ausgleichstyp Revanche". In beiden Cuentos wird vom „Helden" eine Handlung ausgeführt, die vom Gegenspieler anders aufgefaßt wird, als sie die ausführende Partei gemeint hat. Die beiden Meinungen stehen sich dabei, wie Bausinger es für den „Spannungstyp" formuliert, „in charakteristischer Spannung gegenüber" 284 . Im Mí 263 264

48

I, 1694a. Vgl. S. 33—34. Bausinger, Bemerkungen, S. 133.

„Cuentecillo" Nr. 66 entsteht die Spannung dadurch, daß die Dama die Geste des Galán dahingehend interpretiert, als wolle dieser nach dem Tabak greifen. Im Cuento Nr. 67 beruht das Mißverständnis auf der falschen Deutung eines lateinischen Wortes. Die Spannung wird jedoch auch hier in einer weiteren Phase des Cuento aufgehoben durch eine Aktion der Bürger von Macarandona, die sie als überlegene hervorgehen läßt. Durch die Revanche des „cura" wird die Charakterisierung der Parteien wieder auf die Ausgangsposition zurückgebracht. Es entsteht eine kreisförmige Handlungsbewegung, in der bei Handlungsschluß die ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt ist: Federico se pasea distraído, mientras Fabio cuenta. Hay cerca de Ratisbona dos lugares de gran fama, que el uno „Agere" se llama, y el otro „Macarandona". Un solo cura servía, humilde siervo de Dios, a los dos, y así a los dos misas las fiestas decía. Un vecino del lugar de Macarandona fué a Agere, y oyendo que el cura empezó a cantar el prefacio, reparó en que a voces aquel día „gratias agere" decía, y ,,a Macarandona" no. Con lo cual, muy enojado, dijo: „El cura gracias da a Agere, como si acá no le hubiéramos pagado sus diezmos." Cuando escucharon tan bien sentidas razones los nobles macarandones, los bodigos le sisaron. Viéndose desbodigar, al sacristán preguntó la causa. El se la contó, y él dió desde allí en cantar, siempre que el prefacio entona, porque la ofrenda se aplique: „Tibe Semper et ubique gratias" a Macarandona8®6.

7. Der „Discurso" In den Comedias „Amigo, amante y leal" und „Luis Pérez el Gallego" fügt Calderón eine Erzählform ein, die er „Discurso" nennt. Es handelt sich II, 1229a/b.

49

um die unter Nr. 89 und 91 aufgeführten Formen „El garitero y los alcahuetes" und „El mercader y las telas". Im Gegensatz zu den bisher behandelten Cuentos, in denen der Handlungsfluß erst am Schluß die Enthüllung herbeiführt, ist in den „Discursos" die Pointe vorweggenommen. Die darauf folgende Abhandlung beweist die Richtigkeit des thesenhaft vorangestellten Ausspruchs. Der „Discurso" ist seiner Beschaffenheit nach „ein Beweis, der aus den Gegebenheiten der causa rational-sdilußfolgernd entwickelt ist"26'. Die Methode, der sich der „Discurso" bedient, ist die „ratiocinatio", die „den Glaubwürdigkeitsbeweis nicht wie die inductio in der Ähnlichkeit (sucht) [was der Fall im Cuento ist], sondern in der behandelten Sache selbst"267. Wenn auch der „Discurso" in der Stoffwahl und in der Behandlung eine gewisse Ähnlichkeit mit den „Cuentos" zeigt — die Auffassung von der Frau als Verkäuferin im „Discurso" Nr. 91 liegt auch dem „Cuento-epigrama" Nr. 14 „Fabio y su mujer" zugrunde, und es können auch ernste Discursos nachgewiesen werden208 — so unterscheidet er sich doch grundsätzlich von den Cuentos (und daher auch vom Cuento Nr. 14) dadurch, daß die Enthüllung in den Cuentos am Ende der Erzählung als Pointe erfolgt, während in den „Discursos" durch die Vorwegnahme des eigentlichen Anliegens der Uberraschungseffekt entfällt. Zusammenfassend kann das Ergebnis der Untersuchung von Calderöns Cuento-Terminologie folgendermaßen charakterisiert werden: 1. „Cuento" wird sowohl auf heitere als auch auf ernste Cuentos angewandt und stellt einen Oberbegriff für Apolog, Schwank, Witz, Fall und deren surreale Varianten dar. 2. Der Begriff „Cuentecillo" wird nur auf Cuentos heiteren Charakters angewandt. Die Cuentecillos zeigen Übereinstimmung mit den Formtypen und der Länge der heiteren „Cuentos". Der Begriff hat daher gegenüber „Cuento" eine restriktive Bedeutung. In zwei Fällen konnte gegenüber den „Cuentos" ein neues Handlungsschema nachgewiesen werden 2 ". 3. Der „Ejemplo" zeigt Ubereinstimmung sowohl mit den „Cuentos" als auch mit dem „Cuentecillo" und ist daher als Synonym zu verstehen. 4. Der „Ejemplillo" zeigt denselben Handlungstyp wie der „Ejemplo" Nr. 25. Im Aufbau und in der Darstellungsweise ist er jedoch eher mit der strafferen Formgebung des „Ejemplo" Nr. 69 zu vergleichen. Der Begriff „Ejemplillo" fungiert daher als Synonym von „Ejemplo". 266

M7 168

50

Quintilian, Inst. Orat. 5, 10, 11. Siehe: H. Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. München 1960. Bd. 1, § 366, S. 197. Ebda., § 371, S. 199. Siehe z. B. die „Discurso"-Rede von Octavio in „Con quien vengo, vengo" über .Verstand und Liebe" (II, 1139b/1140a). Siehe .Cuentecillo" Nr. 20 (vgl. S. 43) und Nr. 66 (vgl. S. 44).

5. Der Begriff „Chiste" ist dagegen formbestimmend und hat eine restriktive Bedeutung im Vergleich zu „Cuento". 6. „Discurso" ist ebenfalls eine formdifferenzierende Kategorie, die jedoch nicht in den Bereich des „Cuento" fällt, da sie sich von diesem formal grundsätzlich unterscheidet. 7. Die mit den Verbformen „contar" und „contar de" eingeführten Erzählformen sind den „Cuentos" zuzuordnen. In einem der Fälle zeigte sich die Ubereinstimmung zum Formsdiema des „Cuentecillo" Nr. 66. In Verbindung mit den Erzählformen kann das Verbum „contar" auch als Synonym von „Cuento" fungieren. Die Begriffsuntersuchung zeigt, daß Calderón den Terminus „Cuento" als Oberkategorie begreift, wogegen „Cuentecillo", „Ejemplo", „Ejemplillo" und „Chiste" sowohl funktional („Cuentecillo") als auch formal („Chiste") differenzierend verwendet werden können. Die anhand spezifischer Erscheinungsformen herauskristallisierten formalen Kriterien sollen nun im Folgenden als Grundlage für die Bestimmung und Zuordnung der von Calderón nicht bezeichneten Cuento-Typen dienen. III. Die Bestimmung

der von Calderón nicht bezeichneten Cuento-Formen Die überwiegende Mehrheit der Cuentos dieser Gruppe ist ebenfalls heiteren Charakters. Ein großer Teil zeigt Bausingers Formtypen und kann daher dem „Schwank" zugeordnet werden. So weisen bspw. die Cuentos Nr. 27, 29, 33, 35, 45, 52, 59, 61, 64, 71 und 76 den „Ausgleidistyp Revanche" auf. Im Cuento Nr. 64 „El convidador y el despensero" ist wie bei „Cuento" Nr. 10270 die auf eine Pointe ausgerichtete Handlung durch ein Epigramm ersetzt worden. Im Unterschied zu jenem geht diesem Cuento jedoch eine Aktion voraus: Octav.— Pues miente mi buen humor como un mal convidador que conozco en esta vida, el cual para una comida tres amigos convidó de falso, y cuando llegó del convite el aplazado día, él muy descuidado, sin esperarlos, comió. Entraron cuando ya estaba al „ite, comida est"; y colérico después, a su despensero echaba la culpa, con que no hallaba

"o Vgl. S. 39—40. 51

que comer: y uno, a quien llama segundo Apolo la fama, al tal convite movido, antes muerto que nacido, hizo este breve epigrama: „Tiene Fabio al parecer despensero a su medida, que al que convida, se olvida de traerle que comer. Si en convidar, Fabio amigo, gastas tan poco dinero, préstame tu despensero, y vente a comer conmigo." 271 .

Das Epigramm steht an Stelle einer Replik auf die erste Aktion des schlechten Gastgebers und vollzieht die Wendung des Geschehens zugunsten des Eingeladenen, der leer ausgeht, nach dem Handlungstyp „Ausgleich Revanche". Der Cuento zeichnet sich daher im Vergleich zu Cuento Nr. 10 durch die ausgestaltete Darstellungsform aus. Darüber hinaus ist zu beobachten, daß Cuento Nr. 64 die reale Sphäre nicht verläßt. Im Gegensatz dazu stellt der Cuento Nr. 49 „La diabla y el pastor", der denselben Handlungstyp aufweist wie die „Cuentos" Nr. 10 und 58, ein in der Wirklichkeit nicht mögliches Geschehen dar, um dieses mittels der Übertreibung zu entlarven. Der Cuento ist daher dem „surrealen Schwank" zuzuordnen. Cuento Nr. 28 „La raposa y la perdiz", den wir bereits infolge der anthropomorphen Beschaffenheit der Handlungsträger und der funktionalen Bestimmung der Heiterkeit als Fabel charakterisiert haben272, verfügt ebenfalls über das Handlungsschema „Ausgleichstyp Revanche". Das gleiche gilt für die Apologe Cuento Nr. 6 „Alejandro y el poeta Tebandro" und Nr. 83 „Alejandro, el médico y la pócima". Cuento Nr. 38 „El hombre empobrecido y la novia" zeigt wie „Cuento" Nr. 77 „El conde, el esclavo y la dama" den „Ausgleichstyp Übermut". Die Cuentos Nr. 22, 34, 51, 68, 80, 81, 84 und 87 weisen das Formschema des „Steigerungstyps Revanche" auf wie die „Cuentos" Nr. 39 und 74 und der mit „contar" eingeleitete Cuento Nr. 37. Eine weitere Gruppe von heiteren Cuentos zeigt den von Bausinger charakterisierten „Steigerungstyp Übermut". Dazu gehören die Cuentos Nr. 8, 12, 30, 40 = 55, 56, 60 = 88. Den Cuentos Nr. 40 und 55 sowie Nr. 60 und 88 liegt jeweils derselbe Stoff zugrunde. Während die ersten beiden sich im wesentlichen kaum unterscheiden273, finden sich bei Cuento Nr. 60 und 88 Veränderungen, die die funktionale Bestimmung des jeweiligen Cuento prägen. Cuento Nr. 60 („El perro y las dos bodas") läßt die Handlung des Hun272 273

52

II, 1139a. Vgl. S. 28. Vgl. II, 104a und II, 574b.

des, der infolge seiner Habgier leer ausgeht, für sich sprechen; Cuento Nr. 88 betont demgegenüber sehr stark die Lehre, die aus der Begebenheit gefolgert werden kann274. Unserer Differenzierung entsprechend ordnen wir daher den Cuento Nr. 60 der Fabel, Nr. 88 dem Apolog zu. Die Cuentos Nr. 7, 14, 15, 26, 32, 36, 42" 5 , 44, 48, 57 und 72 bestehen lediglich aus einer Aktion, d. h. entweder aus der Darstellung und Ausdeutung einer Begebenheit (Nr. 15 und 48) oder aus der einer Aussage (Nr. 7, 14, 26, 32, 36, 42, 44, 57 und 72)276. Cuento Nr. 7 „El amigo y el secreto" besteht zwar wie die übrigen Cuentos lediglich aus einer Aussage. Diese ist jedoch als Revanche für eine dem Cuento vorausgegangene Aktion gedacht, die der Sagperson einen Nachteil einbrachte. Der Cuento, in die dramatische Rede integriert, stellt sich als „Sdirumpftyp" dar, der auf die Darstellung des Kernsatzes, eine pointierte Aussage, zusammengeschmolzen ist. Seine Erscheinungsform, die Konzentrierung der Darstellung auf „dictum" und Sagperson, bringen den Cuento in die Nähe des „Sagwortes" (Wellerismus)"7. Ähnlich verhält es sich mit Cuento Nr. 72 „El extranjero y el cortesano". Dennoch gehört dieser Cuento zu den Frage-Antwort-Cuentos vom Typ Nr. 70,73, usw.278. Zusammen mit Cuento Nr. 7 stellen sie die eigentlichen „dichos agudos" dar, deren Witz eher im geistreichen Scharfsinn als in der Erregung von Heiterkeit liegt27*. Cuento Nr. 44 „Marte, Vulcano, el müsico y el cochero" besteht aus der Schilderung einer Begebenheit und einer an sie anschließenden Aussage. Er gehört zu den Cuentos vom Typ „suceso-dicho". In diesem Cuento zeichnet sich im Unterschied zu den vorher besprochenen eine Parteiung. Eine vorangegangene Phase kann insofern vorausgesetzt werden, als die Schilderung der Überraschung von Mars auf die Erwiderung von Vulkan die Charakterisierung von Mars als den überlegenen bedingt: 274 275 276

277

278 279

Vgl. S. 94—95 und S. 103—104. Diesem Cuento liegt derselbe Stoff zugrunde wie Cuento Nr. 75. Vgl. S. 88. Cuento Nr. 7 und 72 gehören zu den Cuentos unbestimmter Funktion. Ihre Wirkung kann am ehesten als „leichter Ernst" umschrieben werden. Daß eine enge Beziehung zwischen Schwank, Witz und Sagwort besteht, darauf weist S. Neumann hin. In seinem Aufsatz „Volksprosa mit komischem Inhalt. Zur Problematik ihres Gehalts und ihrer Differenzierung" (In: Fabula 9 (1967), S. 137—148) charakterisiert er die Sagwörter folgendermaßen: „Die Sagwörter, teils komische Erweiterungen von Redensarten oder knappste Resümees von Kurzerzählungen, teils analoge Neuschöpfungen, zeigen in ihrer zugespitzten Pointierung Strukturähnlichkeit mit dem Witz, in ihrem stofflichen Gehalt jedoch stärkere Beziehungen zum Schwank. So finden sich in Schwank und Sagwort vielfach die gleichen Motive, wobei zum Teil schwer zu entscheiden ist, ob es sich beim Schwank um eine erzählerische Ausgestaltung oder umgekehrt beim Sagwort um eine drastische Verkürzung handelt." (S. 145). Vgl. auch ders.: Sagwörter im Schwank — Schwankstoffe im Sagwort. In: Volksüberlieferung. Festschrift für K. Ranke. Göttingen 1968. S. 249—266, bes. S. 255 ff.; Strassner, a.a.O., S. 17. Vgl. S. 36 und S. 37—38. Vgl. dazu Cicero: „Ex ambiguo dicta vel argutissima putantur, sed non Semper In ioco, saepe etiam in gravitate versantur." (De Oratore, II, 61, 250).

53

Muy triste Marte se vió, por saber quién le contó a Vulcano su cuidado, y díjole el vil herrero: „¿No he de saber cuánto pasa y no pasa, si en mi casa tengo músico y cochero?" 2 8 0 .

Die Aussage von Vulkan schafft zur vorausgegangenen Einstufung von Mars und Vulkan („el vil herrero") einen Ausgleich nach dem Prinzip des „Ausgleichstyps Revanche". Die übrigen Cuentos (Nr. 14, 15, 26, 32, 42, 48 und 57) können in die Kategorie „Witz" in dem von uns dargelegten Sinne begriffen werden281. Ubereinstimmung im Formschema mit der von Calderón bezeichneten Erzählform „Cuentecillo" Nr. 66 und dem mit „contar" eingeleiteten Cuento Nr. 67 weisen die Cuentos Nr. 63 „El mercader y el sastre" und Nr. 85 „El tuerto, el cojo y el corcobado" auf. Sie bestehen aus der Kombination von „Spannungstyp" und „Ausgleichstyp Revanche". Im Cuento Nr. 63 läßt sich beobachten, daß die erste Phase zu ungunsten der zweiten ausgeführt worden ist: Desierta la boca y tuerta tenía un rico mercader, y un sastre acertó a tener tuerta la boca y desierta. Buscando iba bocaci el sastre, y cuando llegó al mercader, preguntó: „¿Tiene usarced ,bocasí"'? El, presumiendo que aquello burla era, con gran rigor dijo „,Boca-así", señor, tengo, ¿qué quiere para ello?" El sastre, muy indignado, creyó que le remedaba, y en tuertas voces le daba quejas en su desenfado. En tuertas voces también el mercader se ofendía: uno y otro presumía que el defeto era desdén, hasta que gente que allí a despartirlos llegó, los dos igualmente vió que tenían boca-así. 2 8 ! .

Der erste Teil des Cuento, das Mißverständnis zwischen dem Tuchhändler und dem Schneider, wird ausführlich dargestellt. Der ironische Wortwechsel

181 181

54

II, 180b. Vgl. S. 38—39. II, 1031a.

der beiden Parteien, die sich jeweils die eine von der anderen verspottet wissen will, steigert sich allmählich zu einem Streit. Hiermit ist die Handlung nach dem „Spannungstyp" beschlossen. Der Cuento hat seinen erzählerischen Höhepunkt erreicht. Es erscheint dennoch eine dritte Partei auf dem Plan, nämlich die umherstehenden Bürger, denen eine ähnliche Rolle zukommt wie dem Wind im Cuento Nr. 46 „El almendro y el lirio" 288 . Wie dieser werden die Leute zum Zwecke der Aufdeckung der Wahrheit eingeführt. Zugleich werden die beiden Kontrahenten bloßgestellt, so daß ein Ausgleich geschaffen wird und die Handlung nach dem „Ausgleichstyp Revanche" 284 schließt. Die Einsicht, zu der der Händler und der Schneider geführt werden, führt Calderón einer Lehre zu, die er für die dramatische Handlung nutzt. Das Ergebnis, das er aus dem Handlungshergang des Cuento ableitet, und das des dramatischen Verlaufs werden auf eine gemeinsame Formel gebracht: Si entrambos de una manera tuerto el corazón tenéis, si un defeto padecéis, no haya vara ni tijera, sino consolaos los dos uno a otro, haciendo aquí amistades ante mí y entraos a casa con Dios.285.

Die Heiterkeit, die im unbegründeten Streit der beiden physisch defekten Handlungsträger begründet ist, steht durch die Intervention der Bürger und durch die lehrhafte ethisch-moralische Auslegung des Vorgangs nicht mehr im Vordergrund. Wir ordnen daher den Cuento den Apolog-Cuentos Nr. 2, 3, 46 und 47 zu286. Cuento Nr. 85 „El tuerto, el cojo y el corcobado" zeigt sich als erweiterter Form typ von Cuento Nr. 63: Vn tuerto á comprar venia pan á la plaça y tomó vn cojo que preguntó á cómo aquel pan valia. Auia hambre entonces cara, y encareciendo su afan, le rrespondió: Cada pan cuesta vn ojo de la cara. Dijole el cojo inportuno: ¿Cómo bais tan afanado, tuerto, si no abéis comprado sino solamente vno? El tuerto dijo: No sé pero, cojo mentecato,

284

Vgl. S. 27. Die erste Aktion des Handlungsverlaufs „Ausgleichstyp Revanche" ist in nuce im ersten Teil des Cuento enthalten, wo der gegenseitige Angriff der beiden Parteien erfolgt.

865 288

II, 1031a. Vgl. S. 27 f. Siehe auch die ethische Lehre von Cuento Nr. 88 im Vergleich zur bloßen Nutzanwendung von Cuento Nr. 60. S. 104 und 94.

55

no comparéis más barato, pues no bais en mejor pie. Vno y otro se amoynó y, andando los dos al morro, al pacífico socorro un corcobado llegó ¡ y, aviendose apaciguado aquella pendencia braba, se alió que cargado estaba solamente el corcobado 287.

Auch hier vollzieht sich zunächst die Handlung nach dem „Spannungstyp". Die Spannung beruht hier ebenfalls auf der falschen Interpretation einer Aussage. Sie wird jedoch sofort aufgehoben durch eine listige Entgegnung des Hinkenden. Der Einäugige setzt sich zur Wehr und schafft zunächst einen „Ausgleich Revanche", der die Ausgangspositionen wieder herstellt. Dennoch dauert der Streit an, und erst die Intervention des Buckligen bewirkt eine Beschwichtigung. Er erfüllt dieselbe Rolle wie die Bürger im Cuento Nr. 63. Sein Auftreten läßt die Streitenden erkennen, daß es ihnen beiden gleichermaßen an etwas gebricht, indessen nur der Bucklige ein „Zuviel" besitzt, was diesem keineswegs zu seinem Vorteil gereicht. Wie im Cuento Nr. 63 werden hier zwei Streitende zu einer Einsicht geführt und ihr Verhalten für die Darstellung einer Erkenntnis nutzbar gemacht. Die heitere Wirkung des Handlungshergangs wird durch das Auftreten des Buckligen relativiert, dessen Intervention die Erzählung einer ernsten Zweckerfüllung zuführt. Die Übereinstimmung im Handlungsschema der Cuentos Nr. 63, 66, 67 und 85 legt die Annahme nahe, daß wir es bei diesen Darbietungen mit einem genuinen Formtyp zu tun haben. Wir glauben daher nicht, daß es sich speziell im Falle von Cuento Nr. 85, wie Northup vermutet288, um eine Ausgestaltung Calderóns handelt. Unsere letzte Cuento-Gruppe setzt sich aus den Cuentos Nr. 4, 5, 43, 53, 54, 62 und 86 zusammen. Wie der „Ejemplo" Nr. 69 bzw. die surreale Variante, Cuento Nr. 58, stellen sie eine merkwürdige Begebenheit dar. Sie bestehen lediglich aus einer Information und enthalten keine Ausdeutung des Geschehens, aus der die Stellungnahme des Erzählers entnommen werden könnte. Sie beschränken sich auf die Darlegung des Falles, der für sich sprechen soll. Mit Ausnahme von Cuento Nr. 86 sind die Cuentos realitätsbezogen. Cuento Nr. 86 „El escultor y Júpiter" greift auf eine Legende zurück28': Vn escultor que labró vna diosa en estremado mármol quedó enamorado de lo que perficionó. RH 21, S. 222—224. « RH 21, S. 222 Anm. 961.

s8

28» Der Cuento greift auf eine Gestalt Ovids zurück, auf Pygmalion, König von Kypros, der sich in das von ihm geschaffene Standbild einer Jungfrau verliebt. Die Göttin Aphrodite

56

Á Júpiter le pidió alma para la pintura y él se la dió gran ventura 290 .

Die Entscheidung in diesem Cuento wird bei Calderón dadurch herbeigeführt, daß das Geschehen um den Bildhauer als Teil eines Vergleichs begriffen wird. Der Erzähler benutzt den Fall zur Darlegung seiner Gefühle: y lo mismo ymaginara si á este instante despertara con alma tanta hermosura291.

Die übrigen Cuentos werden durch eine Nutzanwendung mit der dramatischen Aktion verknüpft, indem sie ähnlich wie bei Cuento Nr. 86 als „tertium comparationis" verwendet werden. In „Para vencer amor, querer vencerle", führt Margarita gleich zwei Fälle an, um ihrem Liebesschmerz Ausdruck zu verleihen: Un hombre que adolecía de un dolor, que cada día le daba a una misma hora, convaleció; y le hizo tal falta su dolor cruel, que no se hallaba sin él previniendo mayor mal. Con veneno se criaba un príncipe, y padecía mortal accidente el día que el veneno le faltaba. Yo, Leonor, ha muchos años que el dolor de un amor siento, ha mucho que me alimento de sus venenos extraños; y ya el pedio, de ansias lleno, echa menos este amor, como el otro su dolor, como el otro su veneno 892 .

Unsere Untersuchung zeigt, daß die von uns erfaßten Erzählungen mit denvon Calderón bestimmten Cuento-Formen übereinstimmen. Dabei konnten die aufgestellten Formkategorien noch ergänzt werden. Der im Bereich des Schwanks neu hinzugefügte Formtyp, die Kombination aus dem „Spannungstyp" und dem „Ausgleichstyp Revanche", konnte auch im Apolog nachgewiesen werden (Cuento Nr. 63 und 85). Der „Steigerungstyp Ubermut" zeigte sich auch als Formmodalität des Apologs (Cuento Nr. 88). Dem „surrealen Schwank" konnte ein weiterer Formtyp, nämlich der „Ausgleichstyp Reerweckt das Mädchen zum Leben und Pygmalion heiratet sie. Das Motiv des zu menschlicher Gestalt gewordenen Mädchens legt Calderón auch der Comedia „La estatua de Prometeo" zugrunde. Vgl. S. 122. Wie man sieht, handelt es sich bei Cuento Nr. 86 nidit um einen genuinen Cuento, sondern um eine Analogiebildung, einen „concepto por ficción'. 290

RH 21, S. 234.

191

Ebda.

2,2

II, 561a.

57

vandie" (Cuento Nr. 1, 41 und 49), zugeordnet werden. Als neue Kategorie zeigte sich die Fabel, die im Formtyp „Ausgleichstyp Revanche" und „Steigerungstyp Übermut" nachgewiesen werden konnte. Dem „surrealen Fall" konnte die wirklichkeitsgebundene Variante hinzugefügt werden (Cuentos Nr. 4, 5, 43, 53, 54, 62 und 86). Formale Übereinstimmung, jedoch funktional unterschieden zeigten sich die Cuentos Nr. 7 und 72. In der folgenden Tafel haben wir die von uns erfaßten und charakterisierten Cuentos nach ihrer formalen Bestimmung zusammengestellt, wobei die Kennzeichnung Calderöns berücksichtigt wurde. Die Aufstellung soll einen Uberblick über die Formtypen und ihre Streuung ermöglichen.

58

«O es

Surrealer Fall

to

Fall

tv

6, 83

4, 5, 43, 53, 54, 62, 86

63, 85

CO CO

Komb. Spanngs.Ausgl. Revanche

7, 14, 26, 32, 36, 42 (= 75), 44, 57, 72

1, 41, 49

8, 12, 30, 40 = 55, 56

22, 24, 51, 68, 80, 81, 84, 87

to

Steig. Ubermut

o 2, 3, 46, 47

27, 29, 33, 35, 45, 52, 59, 61, 64, 71, 76

o

Ausgl. Revanche

Steig. Ubermut

Ausgl. Revanche

Steig. Ubermut

Ausgl. Revanche

.Chiste" .contar"

Von Calderón nicht bestimmte Cuentos

CO CS

Apolog

Fabel

Spannungstyp CO CO

Surr. Witz

70, 78

Steig. Ubermut

73, 75

13, 18, 21 50, 65, 82

Steig. Revanche o

Witz

39, 74

Ausgl. Ubermut

O)

Komb. Spanngs.Ausgl. Revanche

11,23,31

.Ejemplillo"

Calderóns Cuento-Bestimmungen .Ejem.Cuento" .Cuentecilio" plo"

tv tv

Ausgl. Revanche

Bausingers Formbestimmungen

tv CO

Surrealer Schwank

Schwank

Cuento-Typen

co co

to

CS

tv

Oí IO

o CS

8

59

|

B. Die immanente Funktion der Cuentos Bei der Formanalyse gingen wir von der Wirkung der Cuentos auf den Zuhörer bzw. Leser aus. Die Grundeinteilung in heitere Cuentos, die Lachen hervorrufen und solche, die durch die Vermittlung einer Wahrheit bzw. einer Lehre oder eines besonderen Falles nachdenklich stimmen, zeigte sich als ein Kriterium zur Differenzierung der Cuentos nach Erzähltypen. Die funktionale Bestimmung der Heiterkeit konnte vornehmlich im Cuento-Typ Schwank, Witz und Fabel, die der Lehrhaftigkeit im Apolog nachgewiesen werden. Es zeigt sich jedoch, daß nicht nur beim Witz ernste Elemente hineinspielen können203, sondern daß auch umgekehrt der lehrhafte Apolog Heiterkeit hervorrufen kann, wenn er seine Lehre an einer komisch-heiteren Begebenheit demonstriert" 4 . Darüber hinaus muß in Betracht gezogen werden, daß auch die Fabel und der heitere Schwank letztlich eine Belehrung erteilen, wenn diese auch nicht wie im Apolog in den Vordergrund gestellt wird. Es erscheint daher angebracht, von einem Funktionsprimat der Cuentos zu sprechen, der im jeweiligen Cuento-Typ überwiegt und für ihn unabhängig vom dramatischen Geschehen charakteristisch ist. Während die funktionale Bestimmung der Cuentos ein distinktives Merkmal der Cuento-Typen darstellt, dienen formale Merkmale nur bedingt der Typendifferenzierung. Die Formschemata, die Bausinger als charakteristisch für den Schwank herausgestellt hat, lassen sich auch im Apolog und in der Fabel nachweisen295. Lediglich der Fall entzieht sich einer solchen Erfassung. Daß trotz des funktionalen Schwerpunktes der Apolog gleichermaßen wie der Schwank als „poesia cömica" 296 begriffen werden, ist nicht zuletzt dadurch zu erklären, daß auch der Apolog über komische Elemente verfügt. 2>s iM

8,5

Siehe dazu Cuento Nr. 7 und 72. Vgl. S. 53. Siehe die Cuentos Nr. 63 , 85 und 88. Die Zuordnung zum Apolog erfolgt aufgrund der lehrhaften Ausdeutung eines komischen Geschehens anhand eines Epimythions. Bausinger weist darauf hin, daß neben den apriorischeren Formen auch solche vorhanden sind, die durch eine gewisse Akzentverlagerung, durch eine funktionale Verschiebung entstehen. Wie z. B. der Schwank durch das Anvisieren einer Nützlichkeitsmoral in den Bereich des Beispiels gelangt (Bemerkungen, a.a.O., S. 124). Eine solche Ubergangsform bilden die Cuentos Nr. 63, 85 und 88, denen eine schwankhaft-heitere Begebenheit zugrundeliegt, die in der „applicatio moralis" einer Lehre zugeführt werden. Solche Obergänge hat O. Weinreich auch bei den „Fables" und „Contes en vers" der Franzosen beobachtet, er weist jedoch auch Beispiele aus dem Mittelalter nach (a.a.O., S. 6 ff.). Calderón, II, 782b: „Roque:

¡Oh, bien haya la poesía cómica, que a los criados nada calla! [ . . . ] " Im Anschluß daran erzählt Roque den Cuento Nr. 60 „El perro y las dos bodas" (II, 783a). Vgl. dazu Ignacio de Luzán: La Poética o reglas de la poesía. Barcelona 1956 ( = Seleccio-

60

I. Die Funktion der

Komik

297

Folgt man den Ausführungen Jüngers , so zeigt sich, daß das Wesen des Komischen im Cuento seine formale Realisierung findet. Bei der Analyse der Cuento-Formen stellte sich die Polarisierung zweier Meinungen als wesentliche Voraussetzung für die Handlung der Cuentos heraus. Wo diese nicht vollständig ausgestaltet vorliegt, ist sie dennoch in nuce enthalten. Gerade die Unebenbürtigkeit der Parteien begreift Jünger zu den Bedingungen des komischen Konfliktes, die ihn grundlegend vom tragischen unterscheiden298. Die Charakterisierung der Parteien in dieser Hinsicht hält Jünger für so wesentlich, daß er schon das Wanken der Entscheidung, die Möglichkeit eines ungewissen Ausgangs des Streites für die komische Wirkung als abträglich erachtet und sie in Gefahr sieht, sich aufzulösen 299 . Die Forderung Jüngers an den komischen Dichter, auf die Unebenbürtigkeit der Parteien zu achten, geht mit der Beobachtung Bausingers einher, daß „in den meisten Schwänken schon gleich zu Beginn nicht etwa gleichwertige und gleichrangige Partner gegenüberstehen, daß vielmehr die Sympathien des Hörers sofort eindeutig zugeordnet werden, daß [ . . . ] den Kontrahenten gleich am Anfang die Trikots übergestülpt werden, die den Hörer über die Konstellation informieren. Er weiß, wer am Ende die Attribute i und s zugewiesen bekommt; an die Stelle von A und B treten also D und V."300. Die Figurenkonstellation in den Cuentos Calderóns beruht ebenfalls auf der Basis der unebenbürtigen Etikettierung der Personen, die im Mittelpunkt der Handlung stehen. Während die Überlegenheit bzw. die Inferiorität etlicher Personentypen schon a priori durch die soziale Zugehörigkeit bestimmt ist, zeichnen sich andere dadurch aus, daß sich ihre Einstufung an der Beschaffenheit des Gegners orientiert. Es kann aber auch der Fall eintreten, daß der sozial Unterlegene im heiteren Cuento seine Überlegenheit feiert. Bausinger spricht in diesem Zusammenhang dann von einem „erzählerischen Ausgleich"301. Im großen und ganzen gesehen überwiegen jedoch bei Calderón diejenigen Cuentos, in denen sich die Einstufung der Handlungsträger an der sozialen Rangordnung der Wirklichkeit des 16. und 17. Jahrhunderts nes Bibliófílas): Zum „estilo jocoso" bzw. „burlesco" (Bd. I, S. 236—242) zählt er gleichermaßen die „dichos" und „agudezas" aus der lateinischen Tradition der „facetias" („Además de los didios inopinados, admite también el estilo jocoso otras, que podemos llamar discreciones o agudezas, que responden, según yo creo, a lo que los latinos llamaron lacetías." S. 239) als auch den Apolog ( „ [ . . . ] De la primera especie son los apólogos o fábulas esópicas, a las cuales, mirando a la utilidad, debe darse la primacía, [ . . . ] " . Bd. II, S. 261, Lesart der 2. Ausgabe von Antonio de Sancha, Madrid 1789, als Ergänzung zu Bd. I, S. 238, Zeile 16). 287

F. G. Jünger, a.a.O. Ebda.: „In diesen und allen anderen Fällen gehört das Mißverhältnis, das in den ungleichen Kräften sichtbar wird, zu den Bedingungen des komischen Konfliktes. Die Ebenbürtigkeit der Parteien würde ihm alle vis cómica rauben" (S. 16). 2S » Ebda., S. 16—17. 300 Bausinger, Bemerkungen, S. 128. Für die Erklärung der Symbole, vgl. Anm. 191. SM Ebda., S. 130. 288

61

orientiert®02. Daß im einzelnen von diesem Schema abgegangen werden kann, zeigt, daß trotz der Fixierung der Figuren, der Cuento sich die Möglichkeit zur überraschenden Wendung vorbehält303. Ein Überblick über das Figurenkontingent der Cuentos Calderöns macht deutlich, daß die Handlungsträger überhaupt dem Personenkreis der Stände und Berufe der Gesellschaft des 16. und 17. Jahrhunderts entnommen sind. Die Mehrheit der Cuentos hat als Handlungsträger Vertreter der verschiedenen Berufe. Unabhängig vom gegenübergestellten Partner werden einige von ihnen stets auf eine komische Verhaltensweise fixiert und dem Gelächter preisgegeben: Der Arzt, der seinem Patienten eher schadet als daß er ihm hilft (Nr. 68), der Astrolog, der Lügen erzählt (Nr. 15 und 35), der schlechte Maler (Nr. 13 und 25), der dumme Soldat (Nr. 1 und 32)304 und der vorwitzige Diener (Nr. 37 und 9). Auch die Vertreter der folgenden Berufe können als lächerliche Personen charakterisiert werden: der Glaser (Nr. 65), der Richter (Nr. 33), der Dichter (Nr. 45)305, der Trommler (Nr. 51), der Tuchhändler und der Schneider (Nr. 63), der Sekundant eines Stierkämpfers (Nr. 52), die Gastwirtin (Nr. 71) und der Torhüter (Nr. 76). Im allgemeinen kann man beobachten, daß die Vertreter der Berufe zur beliebten Zielscheibe des Spotts und des Gelächters dienen. Wenn auch nicht alle als Unterlegene aus der Handlung hervorgehen, so werden ihnen doch lächerliche Eigenschaften zugeordnet, wie beispielsweise dem Barbier im Cuento Nr. 30, dem Musiker und dem Kutscher im Cuento Nr. 44, dem Gerichtsschreiber im Cuento Nr. 8, der Haushälterin im Cuento Nr. 45, dem Henker im Cuento Nr. 61, der Zauberin im Cuento Nr. 80. Im Gegensatz zu den Handlungsträgern aus dem Berufsleben zeichnet sich die Figur des Geistlichen gerade dadurch aus, daß sie stets als Überlegene charakterisiert wird, wer auch die ihr gegenübergestellte Partei sein mag (Nr. 22, 51, 67, 71 und 82). Ihre Gegenspieler gehen als Unterlegene aus dem Streit hervor. So zwei Bürger im Cuento Nr. 22, ein Trommler im Cuento Nr. 51, die Einwohner zweier Dörfer im Cuento Nr. 67, eine Gastwirtin im Cuento Nr. 71 und ein Kranker, der als Geizhals typisiert wird, im Cuento Nr. 82. Eine Ausnahme bildet Cuento Nr. 79, in dem die Aktion, die den Diener als Unterlegenen hervorgehen läßt, auf den Geistlichen zurückfällt. In einer weiteren Gruppe von Cuentos orientiert sich die Einstufung der Personen in die Bewertungsskala superior-inferior jeweils an der sozialen Vgl. L. Pfandl: Spanische Kultur und Sitte des 16. und 17. Jahrhunderts. Kempten 1924. S. 43—68. 903 Vgl. dazu Bausinger, Bemerkungen: „Zu dem Spielcharakter der Form gehört es, daß stets Überraschungen eintreten können, daß es eine Vielfalt von Möglichkeiten des Ablaufs gibt" (S. 135). Der Arzt und der Soldat gehen auch im Apolog als Unterlegene hervor. So bspw. im Cuento Nr. 3. Im Cuento Nr. 18 werden zwei Soldaten, die jedoch nicht als Gegenpartei auftreten, im negativen Sinn erwähnt. S 0 5 „Dichter" kann aber auch im Sinne von „Weiser", „Philosoph" verstanden werden, wie im Cuento Nr. 6; in dieser Bedeutung geht er als der überlegene hervor.

62

Rangordnung des Gegners. Der „villano" rangiert an unterster Stelle. Er ist nicht nur den Bürgern unterlegen (Nr. 87), sondern sogar dem Soldaten (Nr. 32) und dem weiblichen Vertreter seines Standes (Nr. 50 und 87). Anders verhält es sich mit seinem Verwandten, dem „gracioso", und den verschiedenen Vertretern aus dem Berufsleben bei der Konfrontierung mit dem weiblichen Geschlecht. Dort zieht die „mozuela", bzw. die „hechicera", die „mujer" schlechthin den Kürzeren. So in den Cuentos Nr. 14, 22, 24,74, 80, 81 und in den „Discursos" Nr. 90 und 91. Anders ist die Einschätzung der Frau des gehobenen Standes. Die „dama" kann gleichermaßen wie der „galán" als superior bzw. inferior hervorgehen. Fünf Cuentos mit dem Ausgang Dama-superior und Galán80"-inferior3l>7 stehen vier Cuentos mit dem umgekehrten Ergebnis, nämlich Galán-superior und Dama-inferior gegenüber*08. Nur im Cuento Nr. 56 stammt die Gegenpartei aus der Berufssphäre. Im Cuento Nr. 29, wo eine Dama als Unterlegene charakterisiert wird, ist sie einer zweiten Dama gegenübergestellt. Insofern der Galán als unterlegen charakterisiert wird, geschieht es anhand einer Verhaltensweise, die die Regeln des Dekorums seines Standes verletzt. Ein solches Vergehen liegt in den Cuentos Nr. 34, 38 und 77 vor. Betrachten wir die Gesamtheit der Cuentos, überwiegt die Zahl derjenigen mit der Einstufung der Frau als inferior. Bei der Gegenüberstellung des Bürgers mit seinem Sohn ergeht es dem Bürger nicht anders als der Frau. Der Sohn überlistet beide. So in den Cuentos Nr. 23, 27 und 84. Im gehobenen Stand bleibt indessen die patriarchalische Stellung des Vaters gewahrt, wie Cuento Nr. 62 zeigt. Nur eine kleine Gruppe von Cuentos zeichnet sich dadurch aus, daß in ihnen die Regel, die den Sieg dem sozial Höhergestellten vorbehält, nicht befolgt wird. Das Gelächter über die Niederlage eines sozial überlegenen liegt jedoch nur in solchen Cuentos vor, wo die Gegenpartei zwar unterlegen ist, aber dennoch demselben Stand angehört. Im Cuento Nr. 9 siegt der arme Eindringling über einen Diener ¡ im Cuento Nr. 33 der Anwalt über einen Richter; im Cuento Nr. 35 ein Armer über einen Astrologen; im Cuento Nr. 44 Vulcano über Marte. Der ebenbürtige Gast bzw. Fremde kann daher sowohl als überlegen als auch als unterlegen charakterisiert werden (Cuento Nr. 19, 64 und 70). Die Einstufung dieser Personen ergibt sich entweder aus der Typisierung aufgrund menschlicher Fehler oder aus der Situation. Die Anlehnung der Cuentos an die Wirklichkeit der damaligen Zeit ist besonders im Hinblick auf den Zuhörer bzw. Leser von Bedeutung. Man hat in Anbetracht dieser Tatsache wiederholt darauf hingewiesen, daß der „Realismus" ein Charakteristikum des Schwanks sei'04. Diese Äußerung muß je80« ¡vjur im Cuento Nr. 65 steht die Dama einem Vertreter des Berufsstandes gegenüber. »OT Cuento Nr. 34, 38, 59, 65 und 77. 808 809

Cuento Nr. 39, 40 = 55, 56 und 66. M. Sdiurack (Zeitbeständige Mimustypen bei Quiñones de Benavente unter Berücksichtigung ihrer Entwicklungsgeschichte. Diss. phil. Hamburg 1951) hat den Schwank unter den

63

doch insofern eingeschränkt werden, als es dem Schwank wie den komischen Darbietungen überhaupt nicht um eine Darstellung der Wirklichkeit geht, d. h. um eine rationale Erfassung und Wiedergabe des Gegenständlichen, sondern um Komik310. Dabei erweist sich, daß die Wirklichkeit sich vorzüglich als Stoffreservoir anbietet. Es handelt sich jedoch bei der Darstellung lediglich um eine Umweltadäquatheit, die es dem Zuhörer bzw. Leser möglich macht, bei der bloßen Erwähnung der Handlungsträger, d. h. der Figurenkonstellation, seine Sympathien zu verteilen. Die Erkenntnis des Komischen setzt voraus, daß der Zuhörer den komischen Konflikt überschaut, denn komische Erlebnisse können nur innerhalb bekannter Wertsysteme übermittelt werden 311 . Rommel spricht von einem „Pseudorealismus", der die Wirklichkeit unter der Brechung der Komik zeigt312. Die Kennzeichnung der Parteien durch kontrastive Charakterisierung stellt jedoch nur eine der Bedingungen für das Komische dar. Die Darstellung zweier konträrer Positionen beinhaltet noch keine komische Wirkung. Jünger weist ausdrücklich darauf hin, daß nichts an sich selbst komisch ist. Komik entsteht erst dann, wenn das Dargestellte sich auf eine Regel bezieht, der es widerstreitend gegenübertritt 313 . Jünger kennzeichnet damit die Beschaffenheit des Konflikts in der Darstellung des Komischen. Vergleicht man nun diese Äußerung mit den Formschemata von Bausinger, so zeigt sich, daß der komische Konflikt im Schwank formal realisiert wird. Jünger spricht von der Provokation, die vom Unterliegenden in der Absicht vorgenommen wird314, den überlegenen herauszufordern, von diesem aber zurückgewiesen wird. Die Provokation muß einen Widerspruch in sich begreifen, der deutlich macht, daß es eigentlich nicht zu einem Streit hätte kommen dürfen 316 . Cuento Nr. 82 „El doliente y el sacristán" verdeutlicht das Schema am besten: Die Provokation besteht hier darin, daß der Kranke, der durch seine Krankheit als physisch unterlegen charakterisiert ist, dennoch versucht, seinen Gegner,

310

311 312 813 314

315

64

Mimus begriffen (S. 26), den sie als Gattung, die das Leben darstellt, so wie es ist, definiert (S. 19). S. Neumann betont ebenfalls den Realitätsbezug des Schwanks: Schwank und Witz. In: LStopis. Jahresschrift des Instituts für sorbische Volksforsdiung C 6/7 (1963—64), S. 328—335, S. 331; vgl. dazu Straßner, a.a.O., S. 5—6. Siehe dazu Bausinger, Schwank und Witz: „Nicht um die Wirklichkeit geht es dem Schwank, nicht um die rationalistische Grundhaltung, sondern um die Komik, die ein sehr vielschichtiges Phänomen ist" (S. 700). Siehe ferner O. Rommel: Komik und Lustspieltheorie. In: DVj 21 (1943), S. 252—286: „Dem Komiker kommt es in erster Linie auf Komik, nicht auf Wiedergabe des Gegenständlichen an" (S. 273). W. R. Schweizer, a.a.O., S. 20; siehe K. Ranke: „Einfache Formen". In: RL, S. 323 Rommel, a.a.O., S. 273. Jünger, a.a.O., S. 14. Ebda. S. 18. Das trifft jedoch nur für den Ausgleichstyp Revanche und Übermut zu (vgl. die Schemata S. 31 und S. 32). Im Steigerungstyp Revanche und Übermut geht im Gegensatz dazu die erste Aktion vom überlegenen aus (vgl. S. 33 und S. 34). Von einer Provokation der unterlegenen Partei kann hier nur insofern die Rede sein, als die zweite Aktion, die vom Unterlegenen ausgeht, in der Absicht vorgenommen wird, die eigene Position zu verbessern, was durchaus als unangemessene Provokation gewertet werden kann. Jünger, a.a.O., S. 20—21.

den Sakristan, zu übervorteilen. Er scheitert denn auch. Durch die zweite Aktion, in der der Kranke vorgibt, er werde sich weigern zu sterben, sofern der Sakristan mit dem Preis für die Beerdigung nicht heruntergeht, tritt zugleich seine Ohnmacht zutage. Die Äußerung zeigt, daß er sich des Widerspruchs, den Tod willentlich hinauszuzögern, nicht bewußt wird. Es muß sich jedoch durchaus nicht immer so verhalten, daß die unterliegende Partei sich des Widerspruchs nicht bewußt wird, wie Jünger darlegt 316 . Oft wird ja gerade die Provokation des Unterlegenen in der Absicht einer Uberlistung vorgenommen, wie in den meisten Cuentos des Ausgleichstyps Revanche"17. Die Provokation stellt dabei einen Versuch dar, den Gegner zu übervorteilen, in der Hoffnung, er nähme den Widerspruch nicht wahr. Damit er dennoch aufgedeckt wird, bedarf es einer Replik, die Jünger folgendermaßen erläutert: Sie „ist ihrem Begriffe nach nichts anderes als das Sichgeltendmadien der Regel, des Gesetzes, eines Kanon und Nomos, der von dem Urheber des komischen Konfliktes außer acht gelassen wurde" 318 . Die Replik ist jedoch nicht im Sinne einer wörtlichen Erwiderung auf die Provokation hin aufzufassen. Sie stellt nicht eine vorgetragene Revanche dar, wie etwa die zweite Aktion im Schwank beim Ausgleichstyp Revanche bzw. Ubermut, wenn sie auch mit dieser zusammenfallen kann. Die Replik kann sowohl expressis verbis von der überlegenen Partei vorgetragen werden 819 , sie kann aber auch durch einen an der Auseinandersetzung unbeteiligten Dritten, der in die Fiktion eingeführt wird, wie bspw. im Cuento Nr. 63 „El mercader y el sastre" die umstehenden Bürger, oder aber auch durch den Zuhörer bzw. Leser selbst vorgenommen werden, wie es bei den Schrumpftypen der Fall ist320. Jünger äußert sich dazu folgendermaßen: „jeder [ . . . ] , der die unangemessene Provokation entdeckt, kann als überlegener in den komischen Konflikt eintreten und seine Replik zu ihm machen"321. Das zeigt die enge Verbindung, die der Cuento mit dem Zuhörer eingeht. Jünger schätzt die Bedeutung des Zuhörers schon deshalb so hoch ein, weil der komische Konflikt „für die unmittelbar an ihm Beteiligten oft nichts weniger als komisch ist und erst der unbeteiligte Dritte die Komik erfaßt und sie zu würdigen und zu genießen weiß" 322 . Die Replik ist daher nicht nur die Quintessenz des komi318

817

318 319

320 321 322

Jünger, a.a.O., S. 21. Vgl. dazu z. B. die Äußerung von Persio im Anschluß an Cuento Nr. 1 (I, 79b). Vgl. den Text auf S. 92. Siehe z. B. Cuento Nr. 29 „Vinorre y la dama hermosa", in dem die 2. Dama ihre Gegnerin durch eine listige Provokation ins Unrecht zu versetzen sucht, was jedoch mißlingt. Jünger, a.a.O., S. 25. Vgl. z. B. Cuento Nr. 70 vom Spannungstyp. Der Portugiese, der in einen Brunnen gefallen ist, antwortet einem Mann, der ihm zuruft, Gott möge ihm helfen, . J a naom pode". Die Antwort stellt die Replik dar, die das Floskelhafte der Redewendung der Gegenpartei ironisch entlarvt. Siehe z. B. Cuento Nr. 58 „La monja (hecha) monjo". A.a.O., S. 28. Jünger, a.a.O., S. 28. Im Cuento Nr. 58 wird die Replik im Bewußtsein des Zuhörers vollzogen, der die Darstellung als maßlose Übertreibung begreift, die sich infolge ihres hyperbolischen Charakters selbst ironisch entlarvt und die Wirklichkeit um so deutlicher hervor-

65

sehen Konfliktes, sondern der Kristallisationspunkt, wo sich die beiden verschiedenen Lebenskreise berühren und sich gegenseitig abgrenzen. Sie macht die tragende Idee durchsichtig, die durch die siegende Partei verifiziert wird. Sie erscheint zunächst von der ihr gegenüberstehenden These der Gegenpartei überschattet, die im Gegensatz zu ihr als die überlegene dasteht. Die Konfrontation zweier Anschauungen machen bestimmte Lebensbereiche bzw. Situationen besonders geeignet für eine Gegenüberstellung im Spannungsfeld. Bausinger nennt als Beispiele dafür die Begegnungen der Geschlechter oder die des naiven, einfachen Menschen mit der Bildungswelt im weitesten Sinne, die ihre Entsprechung auch in den Cuentos Calderöns haben 32 '. Es handelt sich dabei vornehmlich um solche Polarisierungen, die die menschliche Triebsphäre zugrundelegen und daher in ihrer komischen Wirkung örtlich und zeitlich entbunden sind. Darüber hinaus weisen die Cuentos Polarisierungen auf, die zwar für die Zuhörerschaft des 16. und 17. Jahrhunderts als geläufig vorausgesetzt werden dürfen, bei denen jedoch von unserer Sichtweise nicht immer der komische Konflikt aufgespürt werden kann. Dazu gehören Gegenüberstellungen von Personen, deren hierarchische Ordnung bzw. deren Berufsstand einer zeitlichen und umweltbedingten Einschätzung unterliegen oder solche Polarisierungen, die anhand von sittlichen Verstößen vorgenommen werden, die aus unserer Sichtweise sinnentleert erscheinen324. Die Komik in den Cuentos Nr. 38 „El hombre (empobrecido) y la novia" und Nr. 62 „El padre, la hija y el novio" ist nur schwer zu erfassen. Mitleid für die unterlegene Partei schleicht sich hier ein, so daß die komische Wirkung weitgehend eingeschränkt ist. Die enge Beziehung der Cuentos zu den Lebensbedingungen des 16. und 17. Jahrhunderts setzen daher der unmittelbaren Wahrnehmung des Komischen ihre Grenzen. Betrachten wir die Cuentos jedoch aus der Sicht der Komiktheorie der Zeit, so zeigt sich, daß auch diese Cuentos sich in das komische Schema einfügen. Im Anschluß an Aristoteles, Cicero und Madius325 begreift die spanische Komiktheorie als Hauptbeweggrund für die Erzeugung von Komik die Mißgriffe bzw. Fehler der anderen. Rizo äußert dazu: treten läßt (vgl. dazu Bausinger, Bemerkungen, S. 129, über den „Lügensdiwank"). Bausinger hat bereits darauf hingewiesen, daß man beim Schwank zwischen aktiver und passiver Komik zu unterscheiden hat (ebda., S. 135). Die Eigenart der Replik erklärt, wieso Cuento Nr. 58 trotz der fehlenden 2. Aktion dennoch formal-gehaltlich als komische Handlung realisiert werden kann. 323

324 325

66

Bausinger, Schwank und Witz, S. 706a/b. Vgl. dazu die Cuentos Nr. 22, 39, 50, 56, 66, 74, 81, 87 und 30, 45, 67. Siehe die Cuentos Nr. 34, 38 und 62. Aristoteles: Poetik, Kap. 5, § 1449a. Cicero, De Oratore, II, 58, 236. Siehe dazu M. A. Grant, a.a.O., S. 76—87; Vincentius Madius: De Ridiculis (Vincenzo Maggi, Bartolomeo Lombardi. In Aristotelis librum „De Poetica" communes Explanationes (1550). München 1969 ( = Poetiken des Cinquecento. Bd. 4). S. 301—327. Madius deutet Ciceros Theorie der „faceciae" im Sinne von Aristoteles „turpido"-Lehre aus. (Ebda., S. 301 ff.) Vgl. dazu M. T. Herrick: Comic Theory in the sixteenth Century. In: Illinois Studies in Language and Literature, Vol. 34, Nos. 1—2. Urbana 1950, S. 37—57.

„Progede la risa de imbidia y maldad como de su primer pringipio, viendose comunmente entre los hombres alegrarse con las faltas y defectos de los otros, y reirse y alegrarse por ello"32*.

Auch Cascales827 und Pinciano828 vertreten diese Auffassung. Auf die antiken Vorbilder zurückgreifend, bezeichnen sie als komisch jegliche Form der „turpido et deformitas", wobei sie sowohl die seelisch-geistige als auch die körperliche Difformität begreifen32'. Komisch ist, was häßlich ist und daher gegen die Harmonie, das Schöne und die Regeln des Dekorums und der Sitte verstößt"0. Die meisten Cuentos entnehmen ihr Personal dem niederen sozialen Bereich. Sie legen Szenen aus der Erfahrungswelt der Händler, Wirte, Ärzte, Diener, Soldaten, Bauern, Schergen, Henker, Hirten, Schneider, Glaser, Schäfer, Wahrsager usw. zugrunde, Personen, die schon aufgrund ihrer niederen sozialen Herkunft zum komischen Personal gehören3'1. Liegt in der CuentoGruppe, deren Figuren anhand ihrer Berufs- bzw. Ständezuordnung typisiert werden, meist eine seelisch-geistige Difformität zugrunde332, so zeichnet sich eine weitere Cuento-Gruppe durch die körperliche Difformität ihrer Handlungsträger aus, die jedoch meistens eine geistige miteinschließt. Die Figuren werden hier nicht durch ihre soziale Zugehörigkeit, sondern durch ein physisches Gebrechen, das sich auch als geistige Difformität darbietet, charakterisiert833. So tritt zum Beispiel im Cuento Nr. 17 ein Kahlköpfiger auf. Zur Zielscheibe des Spotts werden ferner der Taube (Cuento Nr. 21), der Näselnde 346

Poética de Aristoteles traducida de latin. Ilustrada y comentada por J u a n Pablo Mártir Rizo. Bearbeitet und eingeleitet von Margarete Newels. Köln und Opladen 1965 ( = Wissenschaflidie Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NordrheinWestfalen. Bd. 25), Fol. 50r, S. 88. 827 Francisco Cascales: Tablas poéticas. Murcia 1617. S. 388. Zitiert nach M. Newels: Die dramatischen Gattungen in den Poetiken des Siglo de Oro. Wiesbaden 1959 ( = Untersuchungen zur Sprach- und Literaturgeschichte der Romanischen Völker. Bd. II). S. 37. 328 López Pinciano, a.a.O., Bd. III, S. 33: „Son muchos, digo, los motiuos y muchos los lugares, porque la risa está fundada en vn no sé qué de torpe y feo, de lo qual ay en el mundo más que otra cosa alguna. Sea, pues, el fundamento principal que la risa tiene su assiento en fealdad y torpeza". 32 ' Vgl. Rizo, a.a.O., f. 50v., S. 88: „Lo ridiculo alguno resulta de la fealdad y desconveniencia del animo, otro resulta de la desconveniencia y fealdad del cuerpo". 330 S. Rizo, a.a.O., fol. 50r, S. 88: „Es la Risa un cierto movimiento del animo con deleyte por algún defecto que aia en otro, sin dolor del que tiene semejante defecto. Diferenciase del deleyte, porque esto nage también de deleyte y hermosura, mas lo que nage de desconveniencia y disformidad, es risa, y assi si viesemos una muger hermosa y si oiesemos un instrumento sonoro de música, o si oliesemos, gustásemos o si tocásemos alguna cosa que nos fuese agradable, incontinente reciviriamos deleyte, pero no nos moveríamos a risa, por estar siempre la risa acompañada con el deleyte, y por no estar el deleyte siempre aconpañado con la risa". 331 Vgl. Quintilian (Inst. Orat.), der folgende Personentypen zu den komischen Darstellern zählt: „servi, lenones, parasiti, rustid, milites, meretriculae, ancillae, senes austeri ac mites, juvenes severi ac luxuriosi, matronae, puellae" (11, 3, 74). Scaliger (Poetices libri Septem. Faksimile-Neudr. d. Ausg. v. Lyon 1561. Stuttgart—Bad Cannstatt 1964) führt noch Händler, Matrosen und Schäfer auf (III, 97 und IV, 19). 332 Siehe z. B. die Cuentos Nr. 29, 65 und 82. 333 Siehe bes. Cuento Nr. 31, 63, 78 und 85 usw.

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(Cuento Nr. 31), der zahnlose, schiefmündige Tuchhändler und der Schneider (Cuento Nr. 63), der Einäugige, der Bucklige und der Hinkende (Cuento Nr. 78 und 85). Auch die heisere „Dama" im Cuento Nr. 39 wird dem Gelächter preisgegeben. Dasselbe widerfährt den drei Kranken in den Cuentos Nr. 30, 37 und 82. Nach Jünger entsteht die Komik menschlicher Difformität dort, „wo die ganze Gestalt vom Schönen ins Häßliche abweicht, oder wo ein Teil mit einem anderen und dadurch mit der ganzen Gestalt in Konflikt gerät"334. Er erklärt die Komik, die aus der Difformität resultiert, als eine Verletzung des Ebenmaßes und der Proportionen335. Daß dabei die Heiterkeit jegliches Aufkommen von Mitleid unterbinden kann, erklärt er damit, daß die Difformität dem Betreffenden ästhetisch angerechnet wird336. Eine Ausnahme stellt die Figur des Blinden dar337. In der Einschätzung der Allgemeinheit sowie im ästhetischen Bereich genießt er eine Sonderstellung und unterscheidet sich darin grundsätzlich vom Einäugigen338. Die komische Wirkung steht hier im umgekehrten Verhältnis zum Ausmaß des Defektes. Aristoteles hat die Defektenkomik insofern eingeschränkt, als er fordert, daß der Schaden des Betreffenden nicht zu groß sein darf, da sonst das Mitleid überwiegt339. Jünger erklärt den Vorgang so: Je mehr die komischen Gestalten „dem Leiden unterworfen sind, je passiver also ihr Zustand ist, desto mehr verliert sich das Komische. Das Mitleid wirkt ihm entgegen"840. Die Figur des Blinden ist darüber hinaus ähnlich wie die des Narren als symbolische Gestalt begriffen worden. Sie kann als Kristallisationsgestalt bestimmter Gehalte dienen. Im Cuento Nr. 2 wird der Blinde gleichsam als ein Symbol für den Gegensatz Schein-Sein nutzbar gemacht: Un ciego en Londres habia tal, que no determinaba los bultos con quien hablaba 334

Jünger, a.a.O., S. 41. Vgl. dazu Rizo, a.a.O., fol. 50v. S. 88. Ebda. 338 Ebda. S. 46. 337 Siehe Cuento Nr. 2. '38 Di e unterschiedliche Einstellung der Allgemeinheit gegenüber einem Einäugigen bzw. einem Blinden führt in der Kurzgeschichte „La paràbola del joven tuerto" von Francisco Rojas Gonzalez zu einer tragischen Begebenheit. Ein einäugiger Junge, von seinen Kameraden infolge seines Defektes verspottet und von der Umwelt verachtet und gemieden, begibt sich auf eine Wallfahrt in der Hoffnung auf Heilung. Er wird durch einen Leuchtkörper verletzt und erblindet. Was sidi zunächst als Unglück zeigt, erweist sich für den Jungen als Rettung. Als Blinder erfährt er das Entgegenkommen und die Hilfsbereitschaft seiner Umwelt, die ihm als Einäugigem versagt blieben. Bei Calderón erfährt der Einäugige gegenüber dem Blinden eine ähnliche Einschätzung. Er dient in den Cuentos Nr. 78 und 85 als lächerliche Figur, während der Blinde im Cuento Nr. 2 als Weiser dargestellt wird. M5

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340

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Aristoteles: Poetik, Kap. 5, § 1449a. Dieselbe Einschränkung findet sich bei Cicero (De Oratore, II, 58, 237) und im „Cortegiano" in bezug auf die Fazetia: „e gli animi umani non sono inclinati a beffare i miseri, eccetto se quei tali nella sua infelicità non si vantassero, e fossero superbi e prosuntuosi" (a.a.O., II, § 46, S. 146); „Però conveniente cosa é beffare e ridersi dei vizii collocati in persone né misere tanto che movano compassione, né tanto scelerate die paia die meritino esser condennate a pena capitale, né tanto grandi che un lor piccol sdegno possa far gran danno" (ebda., S. 147). Vgl. Rizo, a.a.O., fol. 50r, S. 88. A.a.O., S. 47.

en el resplandor del día: y una noche que llovía (como una de las pasadas) a cántaros y a lanzadas, por las calles caminando se iba mi ciego alumbrando con unas pajas quemadas. Uno que le conoció, dijo: „Si no os alumbráis, ¿Para qué esa luz lleváis?" Y el ciego le respondió: „Si no veo la luz yo, la ve el que viene; y así no encuentra conmigo aquí: con que aquesta luz que ves, si no es para ver yo, es para que me vean a mi"341.

Dem Blinden bleibt die Welt der Gegenstände zwar verborgen, dennoch vermag er einen Ausweg zu finden, dessen Bedeutung jedoch nun dem Sehenden unverständlich ist. Im Zuge der Handlung wird das scheinbar sinnlose Vorgehen des Blinden in sein Gegenteil verkehrt, indem es sich als weise Vorkehrung zeigt. Die physische Überlegenheit des sehenden Spaziergängers erweist sich so als scheinbar gegenüber der geistigen Überlegenheit des Blinden. Auf derselben Ebene steht die Aussage des Narren im Cuento Nr. 73. Hier wird ein Verrückter befragt, welche Sache er für am besten auf der Welt verteilt hält. Darauf anwortet der Narr, den Verstand, denn jeder sei mit dem, den er besitzt, zufrieden. Die Aussage des Narren enthüllt eine Wahrheit, die um so unerwarteter erscheint, als sie von einem Narren ausgesprochen wird. Die Charakterisierung als „loco" erweist sich somit als widersprüchlich zur Aussage. Schon zu Beginn der Handlung wird das Mißverhältnis durch die Provokation des Fragenden begründet, der einen Narren über Sachen des Verstandes befragt. In „La cisma de Ingalaterra" stellt der Gracioso Pasquín einen Narren dar, der die Wahrheit verkündet. Er referiert den Cuento vom Blinden mit dem Licht, um dramatische Vorgänge zu verdeutlichen, so daß seiner Gestalt sowie dem Cuento eine das Geschehen transzendierende Bedeutung zukommt342. Daß die komische Wirkung durch die symbolhafte Ausdeutung eingeschränkt wird, erklärt sich dadurch, daß bei einem allegorischen Verhältnis alles als Metapher genommen werden muß, „wodurch eine metaphorische Gleichheit der Parteien entsteht, die den Anschein des Komischen auflöst"34*. Der heitere Schwank geht in die symbolisch-didaktische Form des Apologs über*44. »« I, 149 a. 342 Auf die Rolle Pasquins als Narr wird noch im Kapitel über den Gracioso und sein Verhältnis zum Cuento eingegangen. Siehe S. 104—112. 343 Jünger, a.a.O., S. 19. 344 Amador de los Ríos (a.a.O., Bd. III, S. 471), Menéndez Pidal (Antología de cuentos de la literatura universal. Madrid-Barcelona-Buenos Aires-Río de Janeiro 1953, S. 176), Federico

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Die körperliche Difformität, die die Handlungsträger der Cuentos Nr. 1, 10, 41, 49 und 58 auszeichnet, unterscheidet sich von derjenigen, die den übrigen Cuento-Figuren zugrundeliegt. Die Cuentos Nr. 1, 41 und 58 gehören zu den „surrealen" Typen' 45 , in denen die Difformität in der burlesken bzw. phantastischen Überhöhung des in der Wirklichkeit Möglichen besteht. Im Cuento Nr. 1 versteckt sich der Gracioso, der im Mittelpunkt der Handlung steht, in einer Weintraube, die ein Riese dann ißt. Da er den Gracioso für einen Kern hält, spuckt er ihn aus. Dies vollbringt er mit einer derartigen Kraft, daß der Gracioso bei einem Heer landet, das sich 500 Meilen entfernt aufhält. Im Cuento Nr. 41 entwendet der Gracioso seiner Liebsten einen Zopf, um damit eine Wahrsagerin zu befragen. Er entdeckt dabei, daß der Zopf falsch ist. Nicht genug des Schreckens, sucht ihn seine Liebste um Mitternacht als Tote auf. Die Angst läßt ihn seine Liebe vergessen. Cuento Nr. 58 erzählt von einer Nonne, die mit so großem Kraftaufwand ausspuckt, daß sie zum Mönch wird. Cuento Nr. 49 zeigt gegenüber der einfachen Gebrestenkomik der soeben behandelten Cuentos eine Verlagerung der Bezüge von der bloßen körperlichen Häßlichkeit zur derben seelisch-moralischen Bereichskomik, die das Groteske und das Obszöne miteinschließt: Ein Schäfer wird von einem Mädchen verführt, das sich als Teufel zu erkennen gibt. Der Schäfer bereut jedoch wider Erwarten seine Tat nicht, sondern fordert das Mädchen auf, wiederzukommen. Die Difformität ist sowohl eine körperliche als auch eine moralisch-seelische. Dabei zeigt sich, daß die Figur des Teufels bzw. des Mädchens an beiden Defektarten partizipiert und als das Böse schlechthin begriffen wird. Der Schäfer wird dagegen dadurch, daß er den Teufel zu überbieten trachtet, lediglich anhand der geistigen Difformität charakterisiert, die auf dem Verstoß gegen das Sittlich-Moralische beruht346.

Carlos Sainz de Robles (Cuentos viejos [ . . . ] , a.a.O., S. X) und J . E . K e l l e r y White Linker (El libro de Calila e Digna. Madrid 1967 ( = Clásicos hispánicos, serie II, Ediciones críticas. Vol. 13), Introducción, S. X V ¡ ders., Alfonso X, El Sabio. New York 1967, Kap. I V : Alfonso X and Eastern Fiction: Calila e Digna, S. 58 ff.) haben darauf hingewiesen, daß die symbolische Form des Cuento aus dem Orient stammt. Ein Beispiel für die symbolische Bedeutung der Figur des Blinden bietet „Die Geschichte von dem Blinden und dem Krüppel" und „Die Geschichte des Blinden Baba Abdullah" in Tausendundeine Nacht (Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten. Ubertragen von Enno Littmann. Wiesbaden 1953. 6 Bde. Bd. 6, S. 52—54 und S. 246—256). Daneben kennt jedoch die spanische Literatur auch die Blindenkomik, die vom anonym erschienenen „Lazarillo de Tormes" (1554) ausgehend auch im geistlichen Schauspiel ihren Niederschlag gefunden hat. Vgl. dazu R. Hess: Das romanische geistliche Schauspiel als profane und religiöse Komödie. München 1965 ( = Freiburger Schriften zur romanischen Philologie Bd. 4). S. 83—87. » « Für Cuento Nr. 58 vgl. S. 41—42. 3 4 6 Pabst weist darauf hin, daß in den antiken und mittelalterlichen Theorien die Erotik ein Dominium der Komik ist (vgl. dazu auch Curtius, ELLM, S. 434, Anm. 3). Pabst leitet daraus den Mißkredit ab, den die Novelle im Mittelalter und in der Renaissance erfahren hat (a.a.O., S. 25), eine Einschätzung, die auch dem Cuento widerfährt (vgl. Anm. 36). Die Thematik •— die Frau als Inbegriff des Bösen, d. h. der Sünde —, knüpft ebenfalls an mittelalterliche Vorstellungen an.

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Bausinger deutet den „surrealen" Schwank als „spielerischen Ausdruck des Realitätszerfalls"*47. Pinciano bezeichnet ihn als Hyperbel und begreift ihn unter die komischen Mittel der Comedia848. Im Cuento Nr. 10 kommt zur komischen Karikierung und Zuspitzung noch das Satirische hinzu. Der Cuento hat mit den anderen gemeinsam, daß die Replik die Wirklichkeit durch hyperbolische Übertreibung und phantastische Überhöhung ironisch entlarvt. II. Die Funktion der Lehre 1. Der Schwank und der Apolog Während im Schwank die überlegene Partei erst durch aktives Eingreifen ihre Position zu behaupten vermag, ist es für den Apolog charakteristisch, daß der Weise sich meistens passiv verhält und die Wahrheit für sich sprechen läßt. Dies gilt besonders für die Cuentos Nr. 46, 47, 63 und 85, wo die Replik von außen, durch das Eingreifen eines am Konflikt Unbeteiligten vorgenommen wird. Während im Schwank die Enthüllung vornehmlich in der Übervorteilung der einen Partei durch List besteht, zeigt der Apolog seine Replik aufgrund der Enthüllung einer ethisch-moralischen Wahrheit. Daher entspricht die Einstufung der Figuren stets der menschlichen Typisierung: der geistig-moralisch überlegene geht stets als superior, der Unkluge, der zur Einsicht gezwungen wird, als inferior hervor. Die Verhaltensweise, bzw. die Lebensanschauung, die als die überlegene hervorgeht, ist belehrender Natur, da sie nicht nur gültige Lehrinhalte einsichtig macht, sondern auch den Schaden vorführt, der aus der Nichtbefolgung erwächst. Während der Schwank-Cuento bei Calderón sein Personal vornehmlich aus dem Kreis der Gesellschaft des 16. und 17. Jahrhunderts bezieht, und so eine engere Anlehnung an reale Weltverhältnisse aufweist, kann der Apolog die menschlichen Begebenheiten in die Pflanzen- und Tierwelt verlegen. Dennoch geht es auch dem Apolog um soziale Verhältnisse. Nur verbirgt er die eigentliche Aussage hinter der von außermenschlichen Wesen. Die Lehre entsteht durch die analogen Bezüge zwischen dem Dargestellten und der realen Wirklichkeit. Der Apolog gibt keine spezielle Belehrung in Form einer Anweisung zu besserem Verhalten, sondern beschreibt die Welt wie sie ist. Mit der siegenden Partei wird die Anschauung, bzw. die Haltung, die diese vertritt, als die richtige oder sogar nachahmenswerte ausgewiesen. Cuento Nr. 46 „El almendro y el lirio" berichtet von einem Streit um die Bedeutsamkeit zweier verschiedener Wertvorstellungen: Vergängliche Schönheit oder bescheidenes, aber dauerhaftes Aussehen. Die letztere Qualität wird als die vorteilhaftere ausgezeichnet. Cuento Nr. 47 „El águila y el sol" demonstriert an der vergeblichen Mühe des M7 448

Schwank und Witz, S. 709 a. Pinciano, a.a.O., Bd. II, S. 56—5?.

71

Adlers, die Sonne zu erreichen, das Positive an der Bemühung um das Schöne, wenn auch dessen Besitz nur von kurzer Dauer ist. Cuento Nr. 88 „El perro y las dos bodas", führt die Nachteile vor Augen, die einer übertriebenen Gier entspringen. Zwar bieten die Cuentos keine Alternative, dennoch lehren sie eine kritische Beurteilung der Welt und enthalten die Aufforderung, nach einem besseren Weg zu suchen, um die alltäglichen Situationen richtig einzuschätzen und zu meistern 349 . In dieses didaktische Schema fügen sich auch die Apologe, in denen Menschen agieren. Cuento Nr. 16 „El sabio y las hierbas" lehrt, das Geringe nicht zu verachten. Cuento Nr. 83 „Alejandro, el médico y la pócima" demonstriert die Erhabenheit menschlichen Vertrauens. Zwei Apologe verdienen besonders hervorgehoben zu werden. Es ist der Cuento Nr. 3 „El filósofo, el soldado, Alejandro y la flor", der infolge seiner Einfügung in „La cisma de Ingalaterra" wie der Apolog Nr. 2 „El ciego y la luz" 360 sehr bekannt ist, und der Cuento Nr. 6 „Alejandro y el poeta Tebandro" aus „Saber del mal y del bien". Cuento Nr. 3 führt die Beschränktheit menschlichen Vermögens gegenüber der Allmacht Gottes vor Augen. Der Philosoph beweist einem Soldaten, daß auch dem mächtigsten unter den Menschen, nämlich Alexander dem Großen, Grenzen gesetzt sind: „¿No es un hombre? ¿Qué importancia tendrá el verle, más que a tí? O si no (para que salgas de esa adulación común), del suelo una flor levanta, llévala y dile a Alejandro que digo yo que me haga sola una flor como ella: verás luego que no pasan trofeos, aplausos, glorias, lauros, triunfos y alabanzas, de lo humano ¡ pues no puede después de victorias tantas, hacer una flor tan fácil, que en cualquier campo se halla"551. Cuento Nr. 6 lehrt, daß man ein Geschenk nicht in Erwartung auf Dankbarkeit machen soll. Dankbarkeit schuldet schließlich auch der Gebende dem

348

Najgaard sieht gerade darin die Funktion der Anekdote und der Fabel, daß sie zu einer realistischen Sicht der Welt beitragen. „En effet, l'anecdote représente le point culminant de cette recherche d'un inonde plus vrai, avec cette importante différence qu'elle nous transporte du microcosme au macrocosme réel des hommes." (A.a.O., Bd. II: Les grands fabulistes. S. 122). Zu diesem Ergebnis gelangt Najgaard im Zusammenhang mit den Anekdoten des Phädrus. Er schließt jedoch auch die Fabel mit ein, wobei er zu folgendem Schluß kommt: „Ainsi le principe général qui se dégage de l'examen de l'anecdote phédrienne sera celui — là meme qui valait pour la fable: ,1'abandon d'un monde conventionnel au profit d'un monde social'" (ebda.).

550

Vgl. dazu S. 68—69.

551

I, 153 a.

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Nehmenden, der ihm durch seine Armut erst die Gelegenheit zur Großzügigkeit bietet: Pobre y miserable un día llegó a los pies de Alejandro el doctísimo Tebandro, celebrado en la poesía: y queriendo con alguna merced el César ufano hacer paces (aunque en vano) entre el ingenio y fortuna, le dio tan preciosos dones, que desvanecer pudieran a la ambición, cuando fueran los átomos ambiciones. Suspenso el sabio quedó sin responder, temeroso a la merced, y dudoso Alejandro preguntó: „¿Cómo el bien das al olvido y a la memoria el agravio? ¿Tú, cómo puedes ser sabio, siendo desagradecido?" A quien Tebandro miró, diciendo: „Si el gusto está en la mano del que da, y del que recibe no, yo no debo agradecerte el bien que me haces aquí; tú has de agradecerme a mí el darte yo de esta suerte ocasión en qué mostró tu pecho grandeza tal, pues no fueras liberal, si no fuera pobre yo"352.

Wie Doderer im Zusammenhang mit der Fabel gezeigt hat, zielt die Beeinflussung des Zuhörers bzw. Lesers der Cuentos in zwei verschiedene Richtungen. Zum einen führen die Cuentos vor Augen, welcher Schaden aus dem Nichtbefolgen bestimmter Regeln erfolgen kann (Cuento 88). Doderer sieht darin die Absicht des Erzählers, „die Anpassung an die Welt, so wie sie nun einmal ist, zu empfehlen"353. Zum anderen können die Cuentos jedoch auch durch ihre Geschichte bzw. durch die beigefügte Verbalbelehrung darauf abzielen, „zur Einsicht darüber beizutragen, daß die bestehenden Lebensbedingungen und Ansichten, daß die öffentliche Meinung der Kritik, ja des Widerstandes bedarf, um dem Menschen zu einem besseren Leben auf dieser Erde zu verhelfen. Nicht Anpassung, sondern Widerstand wird in diesen Fabeln gelehrt"354. In die letzte Art der Belehrung fallen die meisten Apologe CalI, 221b/222 a. >58 K. Doderer: Fabeln, Formen, Figuren, Lehren. Zürich und Freiburg i. Br. 1970, S. 116. «* Ebda.

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deröns und auch ein Teil der Schwank-Cuentos555. Von der immanenten Lehre der Cuentos abgesehen, weist der größte Teil der Cuentos ein Epimythion auf, das sie mit der Handlung des Dramas verknüpft. Die Geschichte wird dann im Sinne der dramatischen Situation ausgedeutet, wie noch im Kapitel „Das Verhältnis Erzähler — Cuento" zu zeigen ist. 2. Der Fall Da der Fall der Ausdeutung des dargestellten Geschehens entbehrt, kann er gleichermaßen für eine Lehre als auch für die Erzielung von Heiterkeit benutzt werden. Cuento Nr. 5, 53, 54 und 86 sind hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt einer Lehre eingefügt, während die Cuentos Nr. 4, 43 und 62 auf die Erheiterung abzielen. Die Funktion dieser Cuentos ist jedoch nicht formimmanent, sondern erwächst aus dem unmittelbaren Zusammenhang, in den die Cuentos gestellt sind, bzw. aus ihrer Anwendungsweise.

SS5

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Siehe z. B. Cuento Nr. 33, 38, 62 usw.

C. Der Cuento und seine Beziehung zum Drama I. Die Funktion der Cuentos in der dramatischen Rede Zwei funktionale Tendenzen konnten als dem Cuento wesensimmanent herauskristallisiert werden: 1. Die Bestimmung des Cuento als Redemittel, die es zum Brennpunkt der Auseinandersetzung von Erzähler und Zuhörer macht, und 2. Die Ausrichtung des Cuento auf die Erzielung von Heiterkeit bzw. auf die Vermittlung lehrhafter Inhalte. Diese Funktionen erfüllen die Cuentos — mit Ausnahme des Falles — unabhängig vom dramatischen Kontext. Die Frage, der wir uns nun zuwenden, lautet, wie die Cuentos sich als Funktionstypen zum dramatischen Geschehen verhalten, d. h., welche Funktion die heiteren bzw. die belehrenden Cuentos im Drama erfüllen. Betrachtet man die Einfügungsweise der Cuentos, so zeigt sich, daß mit Ausnahme von Cuento Nr. 57 und 70 sämtliche Cuentos das metrische Schema der Einfügungsszene aufweisen, und daher in der Versifizierung nicht vom Kontext abgehoben sind. Der Cuento tritt mit Ausnahme vom Fall-Cuento Nr. 86, der in einen Monolog eingeschaltet ist, als Bestandteil der dramatischen Rede im Dialog auf. Kürze, Prägnanz und der Umstand, daß im Cuento eine Meinung verifiziert, die andere verworfen wird, machen den Cuento zu einem eminent rhetorischen Mittel, das der Erzähler in seine Rede einschaltet, um mittels der aus dem Cuento siegreich hervorgehenden These die eigene Meinung zu belegen und durchzusetzen. Gracioso und Graciosa, Galán und Dama verwenden den Cuento statt einer Antwort, wobei sie ihn auf dreierlei Weise anwenden: Der Cuento kann ohne Einleitungsformel angeführt werden*54, es kann ihm eine Aufforderung zum Zuhören an den Gesprächspartner vorangehen'57, oder aber es wird durch eine verschlüsselte Aussage bzw. durch ein absichtlich in die Rede eingestreutes Stichwort dem Zuhörer die Gegenfrage „¿Cómo?" suggeriert, worauf dann der Cuento als Antwort folgt358. Die Funktion, die der Cuento bei einer solchen Verwendung erfüllt, ist die des Beweismittels, des Beispiels®5*. Ein kurzer Rückblick in die Geschichte soll uns »»• Siehe z. B. Cuento Nr. 52 (II, 518b/519a). 357

Cuento Nr. 33 (I, 1102a) und Nr. 62 (II, 843a).

's» Cuento Nr. 61 (II, 812b). »5» E. R. Curtius (Die Musen im Mittelalter. In: ZRPh. 59 (1939), S. 129—188) hat die Cuentos Calderöns als „exempla" bezeichnet (S. 179, Anm. 2—180). In derselben Studie skizziert Curtius kurz den Weg, den das Exemplum über Cicero, Livius, Properz, Virgil, Valerius

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über das Wesen des Beispiels und seiner Entwicklung bis zum Cuento des 17. Jhs. Aufsdiluß geben. In der griechischen Rhetorik weist Anaximenes als erster auf die Verwendung von Beispielen für die Absichten des Redners hin. Er hebt zwei Anwendungsbereiche hervor: 1. die Unterstützung der eigenen Ansicht, wenn sie von der gewöhnlichen abweicht und 2. die Widerlegung des gegnerischen Redners360. Die Cuentos Calderöns gruppieren sich im wesentlichen um diese beiden Funktionen, sieht man vom dramatisch entbundenen, Situationen bedingten heiter-burlesken Cuento-Einschub ab361. Die Ausführungen von Anaximenes beziehen sich jedoch lediglich auf die Verwendung von historischen Beispielen, d. h. auf Darstellungen von Ereignissen, die sich in der Wirklichkeit zugetragen haben und die durch die Tradition überliefert sind3'2. Erst Aristoteles begreift unter die Uberzeugungsmittel auch jene Beispiele, die er die selbstgebildeten, die „fabellae" (Xöyoi) nennt363. Im Gegensatz zu den historischen Beispielen stellen diese nicht tatsächlich geschehene Ereignisse dar, sondern erdichtete, nachgebildete, denen jedoch dieselbe Uberzeugungskraft wie den historischen Beispielen zugestanden wird364. Im Mittelalter nimmt das Exemplum eine besondere Stellung in der Predigtliteratur ein. An die Stelle des historischen Beispiels der Antike tritt jedoch das biblische und das aus den Vitae Patrum. Daneben werden die profanen, volkstümlichen Erzählungen, wie die Fabel, der Apolog, der Schwank, usw. mitherangezogen, wohl im Hinblik auf die rhetorische Wirksamkeit und ihre Maximus, Erasmus, Isidor bis zu Lope de Vega und Calderón gegangen ist (ebda.). Daß der Begriff „Exemplum" kein formales, sondern ein funktionales Kriterium ist, das zeigen die verschiedenen Definitionen und Auslegungen, die der Begriff erfahren hat und die R. Sdienda (Stand und Aufgaben der Exemplaforschung. In: Fabula 10 [1969], S. 69—85) dargelegt hat. Kennzeichnend ist die Definition, die J. Th. Weiter (L'exemplum dans la littérature religieuse et didactique du moyen âge. Diss. Paris-Toulouse 1927) gibt: „Par le mot exemplum, on entendait, au sens large du terme, un récit ou une historiette, une fable, ou une parabole, une moralité ou une description pouvant servir de preuve à l'appui d'un exposé doctrinal, religieux ou moral" (S. 1). Man vergleiche dazu auch R. Ricard: Pour une histoire de l'exemplum dans la littérature religieuse moderne. Recherches sur l'histoire de la prédication en Espagne, au Portugal et en France (XVI« et XVII e siècles). In: Lettres Romanes 8 (1954), S. 199—223: ,1',exemplum' est une procédé de prédication, que certains écrivains ont transporté dans d'autres genres littéraires" (S. 211. Die Hervorhebung stammt von mir). 3,0

Siehe K. Alewell: Uber das rhetorische Paradeigma. Diss. phil. Leipzig 1913, S. 9. sei w i e z. B. die Einführung von Cuento Nr. 13 „El pintor y el retrato" (I, 411a).

302

Noch im Mittelalter wirkt diese Auffassung vom Exemplum fort: Johann de Garlandia (G. Mari. Poetria magistri Johannis anglici de arte prosayca métrica et rithmica. In: RF 13 (1902), S. 883—965 definiert es folgendermaßen: „Exemplum est dictum vel factum alicuius autentice persone dignum imitatione" (S. 888). Dieselbe Auffassung wurde der im Mittelalter sehr wirksam gewordenen Sammlung von Valerius Maximus „Factorum ac dictorum memorabilium" zugrundegelegt. S. Battaglia: L'esempio medievale. In: FR 6 (1959), S. 45—82¡ bes. S. 60—64.

3,3

Aristoteles, Rhetorik: II, 20, § 1393a; s. F. Dornseiff: Literarische Verwendungen des Beispiels. Vorträge der Bibliothek Warburg 1924—1925. Leipzig 1927. Bd. 4. S. 206—228. S. 216 und 217. Vgl. auch Alewell, a.a.O., S. 15. Siehe dazu auch Cicero, De Oratore. II, 59, 240.

384

76

Beliebtheit beim Volk" 5 . Ein „exemplum" ist im Mittelalter jede Erzählung, „die zur Veransdiaulicäiung einer theologischen Lehre dient"868. Die profanen Cuentos gewinnen im Zuge der Säkularisierung der Predigt in der Renaissance immer mehr an Raum387 und führen zu den berüchtigten „Predigtmärlein", gegen deren Verwendung sich verschiedene Konzilbeschlüsse richten388. Aus der Sicht der biblischen Exempla erscheinen sie als „unwahr", eine Vorstellung, die auch im literarischen Bereich immer wieder durchdringt. Die Auffassung vom Cuento als „mentira", Lüge, und „burla", Scherz, Streich, der im Gegensatz zur realen Wirklichkeit, den „veras" steht, ist allgemein verbreitet38'. Terrones empfiehlt in seiner „Instrucción de predicadores" nicht nur eine sparsame Anwendung von Cuentos370, sondern auch eine entsprechende Erzählhaltung: „Una fabulilla de cuando en cuando es una perla; pero cuando se traigan estas cosas, [ . . . ] hanse de degir sin preámbulo ni encarecimiento, sino antes con desdén, y como quien las arroja y menosprecia. Como si dixésemos: „La otra loca torpe, que la vanidad poética hacía diosa de las aficiones, y la burlería de su hijuelo, todo mentira"871. 365

Siehe dazu Pabst, a.a.O., Kapitel I. „Exempla, novas und nariatio in der Theorie des Mittelalters", S. 7—27. Pabst verfolgt die Fortsetzung der Exemplatheorie bis zu den Cuentos Timonedas (s. S. 26). Uber die Wirksamkeit der profanen Erzählungen siehe auch Battaglia: „ [ . . . ] andie la favola, l'aneddoto, il racconto popolare, per quanto di più modesta origine e di minore o scarsissima autenticità, assolvevano anch' essi la loro parte esemplare e paradigmatica, ch'era maggiore e più autorevole in misura della loro antica cognizione letteraria e tradizionale" (L'esempio medievale, a.a.O., S. 80). Daß die Predigtliteratur in der Tradition der antiken Rhetorik steht, zeigen die zahlreichen Hinweise der Autoren von Predigt-Handbüchern. Francisco Terrones del Caño (Instrucción de Predicadores. Madrid 1946 ( = CC 126) verweist ausdrücklich auf Horaz' „Ars poetica" (s. S. 33—34) und Ciceros Fazetien-Theorie in De Oratore, II, 54, 216 (S. 8&—89). Siehe auch Francisco Cascales in seiner Epistola VI „Sobre el lenguaje que se requiere en el pùlpito entre los predicadores" (Cartas Filológicas. Madrid 1941, Bd. III ( = CC 118), S. 125—146), der neben Cicero und Horaz auch Quintilian und Ovid zitiert.

»M J. Klapper: Exempel. In: RL, Berlin 1925—1926, 3 Bde., Bd. I, S. 332—334. S. 332. Siehe auch: E. Neumann: Exempel. In: RL, Berlin 1958. 2. Auflage neu bearbeitet. 3 Bde. Bd. I, S. 413—417. Nebst einer ausführlichen Bibliographie von J. Klapper, ebda. S. 417—418; E. R. Curtius, ELLM, S. 69—70. » " Siehe J. Th. Weiter, a.a.O., S. 201. 868 Uber diese Erzählart und ihre Verbreitung siehe E. Moser-Rath: Predigtmärlein der Barockzeit. Berlin 1964. Vgl. Anm. 371. Siehe z. B. Cristóbal Suárez de Figueroa, der die Cuentos, die er mit .Novelas al uso" bezeichnet, im Gegensatz zu den „Novelas tomadas con el rigor que se deue", den eigentlichen Novellen, folgendermaßen definiert: „Por nouelas al vso entiendo ciertas patrañas o consejas propias del brasero en tiempo de frió, que, en suma, vienen a ser vnas bien compuestas fabulas, vnas artificiosas mentiras" (El Passagero, a.a.O., S. 94). Lope de Vega verwendet für die Cuento-Sammlungen den kastilischen Begriff „libros de caballerías" (Novelas. A la señora Marcia Leonarda, a.a.O., S. 1), d. h. Erzählungen, die aus „fábulas y mentiras" bestehen (s. Diccionario de Autoridades, Bd. I, 2. Teil, S. 5b). Für Calderón vgl. Anm. 34 u. 35. S7

° Den Einfluß der Predigtliteratur auf Calderón hat F. G. Olmedo (Las fuentes de „La vida es sueño". Madrid 1928) nachgewiesen. sn Don Francisco Terrones del Caño, a.a.O., S. 86. Terrones stellt bereits eine Uberwindungsphase des profanen Beispiels in der Predigt-Tradition dar. Seiner „Instrucción de predicadores", die 1617 zu Granada erschienen ist, gehen die Konzile von Trient, Siena (1528),

77

Bausinger'72 und Gracián373 haben ebenfalls auf die vereinzelte, beiläufige Anwendung des Cuento hingewiesen, die nicht zuletzt die rhetorische Wirksamkeit des Cuento ausmacht"4. Das Verhältnis, in dem der Cuento zur Realität steht, hat Gracián in seiner „Agudeza y Arte de Ingenio" präzisiert. Als Bestandteil der „obras de inventiva" ist er „una agudeza compuesta fingida", der Gracián dennoch die Beziehung zur Realität nicht abstreitet375. Was den Cuento von der „Historie" unterscheidet, ist die Mentalität, die Sichtweite, mit der er menschMailand (1565) voraus, denen später nodi die von Bordeaux und Burgos (1624) folgen (s. Weiter, a.a.O., S. 449—452; Moser-Rath, a.a.O., S. 25). In ihnen wurde die Reinigung der Predigt von profanen, volkstümlichen Erzählungen beschlossen, an deren Stelle die Heilige Schrift und die geistlichen Autoritäten treten sollten. Terrones bejaht zwar aus rhetorischen Gründen die vereinzelte Anwendung des Cuento, er wendet sich jedoch entschieden gegen eine übermäßige Anwendung: „ [ . . . ] esta segunda opinión es abominable, porque habiendo tantas y tan lindas cosas en la Sagrada Escritura y santos, y en autores de veías, siendo el pùlpito lugar dellas, es de gran profanidad hinchirlo de burlas y dexar diamantes por claveques, que, aunque valen algo, es muy poco, y en comparación de los diamantes es nada" (S. 81. Die Hervorhebung stammt von mir). Ricard führt jedoch einen weiteren Grund an, weshalb der Cuento aus der Predigt verdrängt wird. Er weist darauf hin, daß nicht nur die Auswirkung der Konzile, sondern auch das Aufkommen der neuen Beweisführungsmethode des .concepto predicable" das Exemplum entthront (a.a.O., S. 217-—218). Im Gegensatz zum Exemplum beweist der .concepto predicable" eine moralische These anhand von gültigen Argumenten, d. h. er geht von tatsächlich stattgefundenen Ereignissen aus der Beobachtung, der Geschichte, der eigenen Lebenserfahrung und von biblischen Geschehnissen aus. 372

374

375

78

S. Schwank und Witz, a.a.O., S. 699a: Nach Bausinger ist der Schwank Sache des .passiven Erzählers", denn er wird wie der Witz .nicht in bewußter Erzählhaltung dargestellt, sondern beiläufig, mit dem Blick auf den Stoff mitgeteilt". A.a.O., S. 327. Siehe auch Battaglia: „In effetti, la presenza dell'esempio nel circolo dell'orazione va sempre considerata come accidentale e occasionale, e non già necessaria" (L'esempio medievale, a.a.O., S. 55). A. Porqueras Mayo (El pròlogo en el manierismo y barrocco españoles. Madrid 1968) beobachtet eine andere Verwendungsweise der Cuentos in den Prologen des 17. Jhdts. Dort bemerkt er eine Veränderung im Vergleich zur Cuento-Verwendung eines Guevara bzw. eines Don Juan Manuel: Die Cuentos beschränken sich hier nicht mehr auf ihre exemplarische Funktion, sondern sie beherrschen die Szene (ebda., S. 11). Porqueras Mayo sieht gerade darin einen Fortschritt. Bei Calderón ist auch zuweilen eine Verselbständigung der Cuentos zu beobachten, wie die Verwendung der Cuentos Nr. 46 und 47 zeigt. Gracián erwähnt ausdrücklich den Apolog, die Fabel und den Cuento. A.a.O., S. 325, 327 und 329. Auf das Verhältnis zwischen Beispiel und Realität geht Battaglia ein. Er weist darauf hin, daß das Beispiel als Ausdruck für die Realitätsbetrachtung für das Mittelalter charakteristisch ist: L'esempio, in tal senso, costituisce lo strumento e insieme la rappresentazione che del mondo obiettivo ebbe la cultura d'allora" (L'esempio medievale, a.a.O., S. 71). Dieser Sichtweise haben sich der Apolog, die Fabel und die Sentenz angeglichen (ebda., S. 80). Im deutschen Raum findet sich noch bei Lessing die Auffassung von der Fabel als rhetorisches Mittel (vgl. dazu Doderer, a.a.O., S. 237ff.). Im übrigen weist Battaglia darauf hin, daß auch das historische Beispiel zunächst als Anekdote besteht: „L'esempio d'altronde, nel suo primo formarsi è un aneddoto; e questo, una volta accettato e divulgato, sale a la sfera esemplare, anch'esso si fa emblematico e viene a incrementare l'antologia degli esempi" (Dall'esempio alla Novella. In: FR 7 (1960), S. 21— 84, S. 21). Die Beziehung zwischen dem historischen Beispiel und der Anekdote ist demnach wechselseitiger Natur: „Si potrebbe dire che l'esempio costituisca l'emblematicità dell'aneddoto, e l'aneddoto fornisca all'esempio i dati e i modi della realtà empirica. Ogni racconto, del resto, partecipa dell' una e dell'altra condizione" (ebda.).

lidie Gegebenheiten darstellt. Die Methode, der sich der Cuento dabei bedient, ist die der Übertragung und der Ähnlichkeit: „La semejanza es el fundamento de toda la invención fingida, y la translación de lo mentido a lo verdadero es el alma de esta agudeza; propónese la fábula, emblema o alegoría, y aplícase por la ajustada conveniencia" 3 7 1 1 .

Demzufolge bedient sidi des Cuento weder ein „vulgär", noch ein Gelehrter, sondern der scharfsinnige, der geistreiche, der „ingenioso"'77. Auf die Frage nach der Inbezugsetzung des Cuento als Bestandteil der „erudición" ist Gracián im Kapitel „De la ingeniosa aplicación y uso de la erudición noticiosa"' 78 eingegangen: „Hácese, pues, el careo, búscase alguna correlación o consonancia entre las circunstancias o adyacentes de entrambos términos, como son causas, efectos, propiedades, contingencias y todos los demás adherentes, y en descubriéndola, sirve de fundamento y de razón para la aplicación de aquel término con el sujeto"'™.

Gracián schließt an Quintilian an, der das Beispiel als ein Beweismittel definiert, das nicht innerlich aus der Causa des Gesprächsgegenstandes hervorgeht, sondern von außen, durch Ähnlichkeit und Vergleich herangetragen wird'80. Ähnlich hat es Aristoteles formuliert, der darauf hinweist, daß im Beispiel das Demonstrandum nicht enthalten ist. Das Beispiel verhält sich „nicht wie der teil zum ganzen, sondern wie der teil zum teil [ . . . ] beispiel und these stehen also zueinander [ . . . ] ihr unterschied ist aber der, daß man vom beispiel mehr weiß als von der these"' 81 . Der Cuento stellt in seiner Eigenschaft als Beispiel einen Fall dar, aus dem eine Norm gewonnen wird. Diese verhält sich zur These, die die dramatische Rede formuliert, so, wie das Allgemeingültige zum Besonderen. Angesichts dieser Tatsache verliert der Gesichtspunkt der Realität an Bedeutung. Es kommt beim Beispiel nicht auf den tatsächlichen Inhalt der Darstellung an, denn nicht das Geschehen 878

Gracián, a.a.O., S. 329. Er führt eine Fabel von Lope de Vega als Beispiel an, die er als .agudeza" bezeichnet (ebda.) und kommt nochmals auf die Ähnlichkeit und die Übertragung zurück: .Es, pues la agudeza compuesta fingida, un cuerpo, un todo artificioso fingido, que por translación y semejanza pinta y propone los humanos acontecimientos" (ebda.). Die Überlegungen über den Cuento und sein Verhältnis zur Realität spiegelt die allgemeine Problematik des Siglo de Oro um das Verhältnis von Dichtung und Realität überhaupt wieder. E. Riley (Cervantes' Theory of the Novel. Oxford 1962) weist in bezug auf die Novellen von Cervantes darauf hin: , [ . . . ] one of the greatest of literary Problems was how to reconcile the marvelously .admirable' and verisimilitude" (S. 89).

877

880

Gracián, a.a.O., S. 329. Agudeza, Discurso 59, a.a.O., S. 346—352. Ebda., S. 347. Quintilian, Inst. Orat, 5, 11, 1: „quae extrinsecus adducuntur in causam". Die Methode, der sich der Redner für die Inbezugsetzung von Beispiel und Gesprächsgegenstand (causa) bedient, ist die .inductio", im Gegensatz zu der des .argumentum", die sich der .ratiocinatio" bedient (s. Lausberg, a.a.O., § 419, S. 230), eine Methode, die dem .Discurso" (vgl. S. 50) zugrundeliegt.

881

Aristoteles, Analytica priora, II, 24 § 68 b 38. Zitiert nach Alewell, S. 15.

878 878

79

selbst, sondern dessen Kategorie382, die Richtung seiner Konzeption soll verdeutlicht werden®83. Leibfried erläutert den Vorgang, durch den fiktive Handlungen als Wirklichkeitssuggestionen fungieren können, folgendermaßen: „Die Wahrheit im Sinne des tatsächlichen Geschehens fehlt, dafür erscheint die innere Logik einer Erfindung, die durch die Macht ihrer höheren (poetischen) Wahrheit überzeugt, die nicht der Beglaubigung durch die Realität bedarf"384. Battaglia unterstreicht, daß das Wesentliche des Beispiels in der Wahrscheinlichkeit, in seiner unerschöpflichen Bereitschaft zu sehen ist'85 und fügt hinzu: „Quel che conta è l'intenzione, la finalità a cui mira il racconto, e non l'indole castigata o ipocrita dell'intreccio"386. Wichtig allgemein ist, daß der Cuento als Beweismittel begriffen wird387. Graciàn dagegen kommt es mehr auf die treffende Anwendung an; gegen eine gewisse Übertreibung hat er nichts einzuwenden388. Anders verhält es sich, wenn der Cuento-Erzähler das Dargestellte als Realitätsschilderung begriffen wissen will, wie z. B. im Falle von Cuento Nr. 1 „El soldado, el gigante y las uvas", der in Ich-Form erzählt wird389. Doch hierbei handelt es sich um einen gewollten Kunstgriff des Autors390. 382 j ) e r Begriff stammt von Lipps (a.a.O., S. 43), der ihn im Sinne von „Modalitäten des Betragens der Dinge" anwendet. 383 384 385 389 387

388

389 390

80

Siehe ebda. S. 41—43. Leibfried, a.a.O., S. 25. L'esempio medievale, a.a.O., S. 65. Ebda. S. 68. Ebda. S. 67: „L'esempio é anzitutto una testimonianza. Non importa die sia realmente accaduto; quel che conta é die sia stato trasmesso come prova". Die Verwendung der fiktiven Erzählung, des Cuento, als Wahrheitsbeweis blickt in Spanien auf eine reiche Tradition zurück. Neben der antiken Exemplatradition griechisch-römischen Ursprungs, dessen Niederschlag wir in den Cuentos Calderóns beobachten können (siehe dazu Budianan, Short Stories, MLR 5, S. 88—89, der besonders auf den Cuento Nr. 83 hinweist, und auch die Cuento-Auflösungen in „Dario todo y no dar nada" (S. 85), ist audi die arabische Tradition von Bedeutung (siehe bes. die Cuentos Nr. 16, = 88 und 87). Keller (Alfonso X, el Sabio) weist auf die Bedeutung des fiktiven Exemplum in der arabischen Kultur im Zuge der Kasuistik des „adab" hin und auf deren Übertragung auf spanischen Boden durdi die von Alfonso X veranlaßte Übersetzung von Kaiila wa Dimna. Die Intention der Anwendung bei den Arabern beschreibt Keller folgendermaßen: „Under the disguise of modc-seriousness, they could chuckle at life and its foibles, while they pretended to ponder a purportedly weighty contend" (a.a.O., S. 54), ein Vorgehen, dem wir in der symbolischen Verwendung des Cuento bei Calderón wiederbegegnen. Vgl. dazu Kommerell: Beiträge zu einem deutschen Calderón. Bd. I. Etwas über die Kunst Calderóns. Frankfurt a. M. 1946, S. 152. Siehe ferner M. Menéndez Pelayo, Orígenes, Bd. I, S. 104 ff. Ohne Zweifel spielt hier auch die Praxis des „versus memorialis", des „verso mnemotécnico" mit hinein. Wie Goldziher (Los Arabes españoles y el Islam. In: Actas del Primer Congreso de estudios árabes e islámicos. Madrid 1964, S. 3—77) darlegt, ist der Gebrauch des „versus memorialis" arabsdien Ursprungs. Wegen seiner Einprägsamkeit pflegte man ihn besonders im Mittelalter, um Lehrinhalte zu vermitteln, wobei er dann in die didaktische Literatur einging und sich allgemein verbreitete (ebda., S. 5—6). „No siempre se finge el hedió, sino talvez el dicho, aplicándoselo al sujeto de quien se discurre; y ha de ser ingenioso, que venga al propósito con alguna correspondencia o exageración" (a.a.O., S. 232). Siehe auch Cuento Nr. 84 „La madre y el hijo salvaje" (II, 2086a). Vgl. S. 92.

Pinciano, der im Zusammenhang mit der Fabel auf die Zweipoligkeit von Realität und Fiktion im Cuento hinweist, unterscheidet zwischen der Aussage des Dichters und der einer weiteren Person, die vom Dichter eingeführt wird" 1 . Die siegreiche These, hinter der sich die eigentliche Aussage des Autors verbirgt, bezeichnet Luzán als „verdad, que la sirve de fundamento", während er die Fiktion als „el disfraz de la verdad" versteht 392 . Die Möglichkeit des Apologs, des Cuento und des Chiste, mittels der Ähnlichkeit Wahrheit zu vermitteln, findet sich auch bei Gracián formuliert393. Der Autor weist auf die Praxis der Wahrheitsvermittlung anhand von Cuentos im 57. Discurso („De otras especies de agudeza fingida") hin und lobt die Anwendung infolge ihrer Wirksamkeit: „Por cuentos y por chistes, han intendado algunos sabios el introducir la moral filosofía, y comunicar sus desengaños a la razón; es de gran artificio, porque con la añagaza de la dulzura de la narración, se va entrando la sagacidad y la enseñanza prudente" 394 .

Der Wahrheitsbeweis ist jedoch nicht im Sinne einer Erkenntnis von absoluter Gültigkeit zu verstehen, denn wie die „verdad" im einzelnen aussehen mag, hängt letztlich von der Weltanschauung des Autors ab. Doderer weist im Zusammenhang mit den Fabeln darauf hin, daß sich aus ihren Lehren nicht nur die Moralkodizes einzelner Verfasser oder Bearbeiter, sondern ganzer literarischer Richtungen oder Epochen ablesen lassen 395 . In bezug auf die Cuentos muß noch in Betracht gezogen werden, daß diese als Redemittel der dramatischen Personen fungieren. Es ist hier die Frage angebracht, inwiefern die Position des Autors hinter der Cuento-Aussage einer bestimmten dramatischen Person vermutet werden darf. Das kann erst anhand einer Untersuchung über die Stellung des jeweiligen Cuento-Erzählers im dramatischen Geschehen und über die Bedeutung der Cuento-Aussage im dramatischen Plot ermittelt werden396. Angesichts der engen Bindung, die ein Rede391

392

„Ay Apólogos, los quales son poemas comunes; tales se veen las fábulas que dize[n] de Esopo, en las quales agora habla el poeta, agora otra persona introduzida por el poeta" (López Pinciano, a.a.O., Bd. I, S. 286). Dabei übernimmt er die Meinung von P. Le-Bossu, den er zitiert (Bd. II, S. 9). Er selbst faßt zusammen; „De suerte que la fábula es el compuesto de estas dos cosas, esto es, de la instrucción moral, o sea de la alegoría, designio y fin del poeta, y de la acción, o hecho imitado, debajo del cual el poeta esconde su instrucción moral o su alegoría, acomodando toda la imitación a su intento y fin" (Bd. II, S. 9—10). Luzán bezieht diese Bestimmung gleichermaßen auf die Fabeln bzw. Cuentos und auf die epische Fabel (Ignacio Luzán, a.a.O., Bd. II, S. 9—10). Ähnlich formuliert Pinciano: „Digo q[ue] el apólogo no es otra cosa que poema común, el qual, debaxo de narración fabulosa, enseña vna pura verdad" (a.a.O., Bd. III, S. 247).

Siehe .Agudeza . . .", a.a.O., S. 327: „Enseñan mucho estos apólogos, y por la semejanza exprimen grandemente la verdad". Siehe auch S. 325. 3 9 4 Gracián, Agudeza, S. 338. 39 5 Doderer, a.a.O., S. 115. 3 9 6 Nicht zuletzt müssen dabei die Prinzipien berücksichtigt werden, die A. A. Parker (The Approach to the Spanish Drama of the Golden Age. Cambridge 1957) als charakteristisch 393

81

mittel mit seinem Spredaer eingeht, können wir im Hinblick auf die soziale Konstellation des 16. und 17. Jahrhunderts davon ausgehen, daß die jeweilige Standeszugehörigkeit des Cuento-Erzählers (Gracioso—Graciosa und Galán—Dama) sich demzufolge auch auf die Cuento-Wahl, die Verwendungsweise und die Funktion, die daraus resultiert, differenzierend auswirkt. Umgekehrt kann jedoch auch die spezifische Verwendungsweise des Cuento in seiner Eigenschaft als Redemittel eine den Cuento-Erzähler charakterisierende Funktion zufolge haben. II. Allgemeine

Merkmale

der Cuentos bei

Calderón

Für den Einschub von Cuentos bedient sich Calderón bestimmter Formeln, die allgemein für das Anknüpfen und Einleiten von Oralformen charakteristisch sind. Die dramatische Person fordert den Gesprächspartner zum Zuhören auf, indem sie sich finiter Verbalformen von „oír", „escuchar" und des synonym gebrauchten Verbs „mirar", usw. bedient. Durch die Integration des Cuento in den dramatischen Dialog ist die Inbezugsetzung des Cuento zum Gespräch, wie sie in den Cuento-Sammlungen gefordert wird, gewährleistet3»^. Zu einem Großteil der Cuentos von Calderón lassen sich Parallelen aus den bekannten Cuento-Sammlungen des Siglo de Oro aufzeigen. In einem Fall hat Calderón eine der Sammlungen als seine Quelle ausgewiesen. In „Dicha y desdicha del nombre" bezeichnet Tristan die Dienerin Flora, die ihm mit Cuentos zu begegnen pflegt, als „floresta española"397. Tatsächlich sind nicht nur die Cuentos Nr. 79 und 80 dieser Comedia, wie Buchanan bereits vermerkt hat3'8, in der Samlung „Floresta española" des Melchor de Santa Cruz de Dueñas enthalten, sondern auch Nr. 813M sowie einige Cuentos aus anderen Comedias400. Aber auch zu anderen Sammlungen lassen sich Parallelen finden401. Buchanan hat auf eine ganze Reihe von Ubereinfür das spanische Drama des Siglo de Oro herausgestellt hat: „(1) the primacy of action over character drawing; (2) the primacy of theme over action, with the consequent irrelevance of realistic verisimilitude; (3) dramatic unity in the theme and not in the action; (4) the subordination of the theme to a moral purpose through the principle of poetic justice, which is not exemplified only by the death of the wrongdoer; and (5) the elucidation of the moral purpose by means of dramatic causality" (S. 27). »" II, 1834a. 898 Buchanan, Short Stories, MLR 4, S. 180, Anm. 1. *>» Buenos Aires 1946. Siehe für Cuento Nr. 79: S. 83, Nr. 1; für Nr. 80: S. 76, Nr. 4; für Nr. 81: S. 122, Nr. 1. 400 Für Cuento Nr. 18 .El villano y los dos soldados" vgl. Santa Cruz, S. 45, Nr. 1; für Cuento Nr. 19 „El cortesano y el forastero" vgl. ebda., S. 114, Nr. 5; für Cuento Nr. 85 „El tuerto, el cojo y el corcobado" vgl. ebda., S. 140, Nr. 5 und S. 146, Nr. 3. Die Veränderungen, die diese Cuentos im Vergleich zu den Cuentos Calderöns aufweisen, liegen auf derselben Ebene wie diejenigen Calderöns in den verschiedenen Fassungen ein und desselben Cuento. 401

82

Zum Cuento in .La fingida Arcadia" (vgl. Anm. 421), s. .Cuentos recogidos por D. Juan de Arguijo", S. 242b, Nr. 4. Zu Cuento Nr. 25, s. ebda., S. 235a, Nr. 3; zu Cuento Nr. 61,

Stimmungen zwischen den Sammlungen und den dramatischen Autoren des Siglo de Oro aufmerksam gemacht. Er verweist auch auf italienische Bearbeitungen402. Das gleichzeitige Erscheinen der Cuentos in den verschiedenen Cuento-Sammlungen402 läßt jede Bemühung, direkte Quellen für Calderön zu bestimmen, als ein vergebliches Unterfangen erscheinen. Wir dürfen davon ausgehen, daß die Cuentos zum Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens des 17. Jahrhunderts gehören und folglich Allgemeingut sind. Die Sammlungen dienen als Gedächtnisstütze und der Bereicherung des eigenen Repertoires an ähnlichen Erzählungen404. Wir gehen davon aus, daß die Integration der Cuentos in das Gespräch keine Fiktion405, sondern die literarische Entsprechung einer gesellschaftlichen Gepflogenheit darstellt, der die

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405

s. S. 249b, Nr. 1. Zu Cuento Nr. 31, s. S. 240b/241a, Nr. 4; und zu Nr. 22 vgl. ebda., S. 269a, Nr. 3. In der Cuento-Sammlung Timonedas „El Sobremesa y Alivio de caminantes", sind folgende Cuentos enthalten: Nr. 87, s. I. Teil, 1, S. 171/172¡ Nr. 13, s. II. Teil, 55, S.230. Für die Cuentos Nr. 25 und 61 verweist er auf die „Cuentos recogidos por D. J. de Arguijo" (MLR 5, S. 85—86) vgl. Anm. 401. Für Cuento Nr. 16 „El sabio y las hierbas" aus „La vida es sueño" verweist Buchanan auf den Cuento X des „Conde Lucanor" von Don J u a n Manuel (MLR 4, S. 179, Anm. 1). Die Untersuchung von F. de la Granja (Origen árabe de un famoso cuento español. In: Al-Andalus 24 (1959), S. 317—333) hat jedoch gezeigt, daß Calderóns Cuento eine engere Beziehung zu einer von Granja aufgespürten spanischarabischen Version der Erzählung aus dem AI Mugrib fi hulá 1-Magrib von Ibn Sa id aufweist. Die direkte spanische Quelle, das Bindeglied zwischen der arabischen Fassung und dem Cuento von Calderón, bleibt also noch nachzuweisen. Orientalischen Ursprungs sind auch die Cuentos „El perro y las dos bodas" (Nr. 60 und 88) und „El villano, la mujer y el rio" (Nr. 87). Buchanan (MLR 5, S. 78) und Northup („La selva confusa". In: RH 21 (1909), S. 281, Anm. 2069) verweisen für die Cuentos Nr. 60 und 88 auf Chauvin (Bibliographie des ouvrages arabes. Liège-—Leipzig 1898, Vol. III, S. 110). Northup verweist für Cuento Nr. 87 auf die Studie von Köhler und Bolte: Kleine Schriften, Weimar 1898, Bd. 1, S. 506 und von Jacques de Vitry, London 1809, S. 225. Buchanan hat in seiner Studie „Sebastian Mey's Fabulario" (MLN 21 (1906), S. 167—-171) auf die spanischen und italienischen Varianten von Cuento Nr. 87 bei Sebastián Mey, Timoneda (s. Anm. 401), dem Arcipreste de Talayera, Poggio, Domenidii und Zabata hingewiesen. Northup (ebda.) verweist ferner auf Tirsos Anspielung in „La fingida Arcadia" (Ausgabe von Hartzenbusdi, S. 42c). Ähnlichkeit zu Cuento Nr. 18 (s. Anm. 400) zeigt der von Buchanan (MLR 5, S. 80) zitierte Cuento aus demselben Drama von Tirso de Molina. Cuento Nr. 19 „El cortesano y el forastero" findet sich ebenfalls in Mira de Amescuas „Galán, valiente y discreto" Madrid 1858. ( = BAE 45, S. 29b—c). Vgl. ferner S. 84, Anm. 409. Jiménez y Hurtado weist für Cuento Nr. 13 „El pintor y el retrato" auf Pacheco hin (siehe „Cuentos españoles . . .", S. 67, Anm. 1) und für Cuento Nr. 15 „El licenciado astrólogo y las estrellas" auf Lope de Vega (ebda.). Einen Überblick über die Vielfalt der Sammlungen und deren Ausgaben bietet M. Menéndez Pelayo; a.a.O., Bd. III; L. Pfandl, Spanische Nationalliteratur, S. 87£f.¡ M. Baquero Goyanes, a.a.O., S. 38—43; M. Buchanan, Short Stories, MLR 4 und 5; W. Pabst, a.a.O., S. 274—283. Juan de Odioa weist auf diese Finalität der Sammlungen hin, wenn er über die Dramatiker sagt: „Y de un librillo, Alivio de viandantes, hurtáis los didios y sacáis concetos*. Zitiert nach Buchanan, Short Stories, MLR 4, S. 179. Die Vermutung Buchanans (ebda., Anm. 4), daß die Termini „dichos y concetos" möglicherweise im Sinne von Handlungen aufzufassen seien, kann beiseitegeschoben werden, da, wie wir sahen, „dicho" synonym für „cuento" gebraucht wird (vgl. S. 19—20). Calderón selbst benutzt den Begriff „concepto" in bezug auf Cuento Nr. 68 (II, 1302) und Nr. 69 (II, 1302a). Beide Termini werden von Pinciano als Synonyme für „cuento" benutzt (a.a.O., Bd. III, S. 67 und 72). Diese Meinung findet sich bei W. Pabst vertreten, a.a.O., S. 112 ff.

83

Sammlungen entgegenkommen40'. Die Anweisungen, die den Sammlungen vorangestellt sind, können daher durchaus als ernst gemeinte, realen Erfordernissen und Gepflogenheiten entsprechende Äußerungen aufgefaßt werden407. Daß Calderón die allgemeine Vertrautheit mit der Cuento-Praxis voraussetzte, zeigt die Tatsache, daß er nicht immer die Erzählungen ausführt. Oft bedient er sich lediglich kurzer Andeutungen, die sich zu den ausgeführten Cuentos wie Schrumpftypen verhalten, oder aber er beschränkt sich auf die Formulierung eines Themas. Dies ist der Fall in „La Niña de Gómez Arias" in der Szene, in der Gómez Arias mit seinem Diener Ginés ein Gespräch zwischen Beatriz und Félix belauscht. Ginés kommentiert die Auseinandersetzung zwischen den beiden, in dem er die Situation mit der eines Cuento vergleicht: Gin.— Góm.— Gin.—

Ahora es cuando la da un bofetón. ¿Bofetón? ¿No lo hizo de esta manera al salir de la leonera Manuel Ponce de León? 409 .

Der vollständigen Version dieses Cuento begegnen wir in Mira de Amescuas „Galán, valiente y discreto" 409 . Auch in anderer Hinsicht zeigt die Cuento-Verwendung bei Calderón Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Sammlungen: So weist auch Calderón auf die übertragbarkeit und die iterative Bestimmung der Cuentos hin. In „El escondido y la tapada" läßt er Mosquito einen Cuento mit den Worten „Yo mil veces he oído un c u e n t o [ . . . ]410 einleiten. Er selbst wendet 408

Siehe dazu auch C. Bourland: „Story telling both in Action and in real life, constitutes a form of social entertainment" (a.a.O., S. 4) und: „That these and other similar instances are but the reflexion of a social custom popular at the time is abundantly shown in Lucas Gracián Dantisco's quaint little treatise on manners" (a.a.O., S. 5). Ebenso Northup in seiner Einleitung zur Ausgabe von „Buen Aviso y portacuentos": „The humor of these defunct tales is certainly not always apparent, and it is extremely remarkable that they should have been in vogue for so many decades; yet the presence of some story on a Basque in practically all of the Spanish collections of this class is a definite proof of its popularity" (a.a.O., S. 174). Daß es sich bei dem Vortragscharakter der Sammlungen nur um eine Fiktion handelt, wie Pabst (a.a.O., S. 110—112) und in dessen Anschluß Koj (a.a.O., S. 68—69) bemerken, geht an der rhetorischen Bestimmung der Cuentos und ihrer schematischen, schmucklosen und volkstümlichen Prägung vorbei.

Vgl. S. 12 ff. unsere Interpretation von Timonedas Einleitung zur Sammlung „El Sobremesa". 4°8 I, 812a. 409 Mira de Amescua: „Galán, valiente y discreto, ( = BAE 45, S. 36c). Weitere Parallelen zeigt Budianan auf (Short Stories, MLR 4, S. 182—183). Er verweist auf die Bearbeitung dieser Anekdote bei Brantôme, Garci Sánchez de Badajoz, Bandello, Schiller („Der Handschuh"), Leigh Hunt, Browning. Die Anekdote liegt ferner der „Romance de Don Manuel de León" zugrunde (s. Romancero Español. Hrsg. v. Luis Santullano. Madrid 1968. S. 845—847). Bei Mira de Amescua dient sie zur Ausgestaltung einer Szene (siehe die Comedia „Galán, valiente y discreto" im II. Akt, S. 36c). Im III. Akt wird durdi eine Anspielung nochmals auf die Erzählung zurückgegriffen (ebda. S. 29b).

407

410

84

II, 704b.

wiederholt ein und und denselben Cuento an, wenn er auch stets dabei bestrebt ist, die jeweilige Fassung den dramatischen Gegebenheiten anzupassen. In „Nadie fíe su secreto" und in „Mañanas de abril y mayo" verwendet Calderón denselben Cuento-Stoff, den wir unter dem Titel „Laura, el coche y la cochera", Cuento Nr. 40, und „Flora, el coche y la cochera", Cuento Nr. 55, aufgenommen haben. Auch bei Cuento Nr. 75 „El hidalgo, los gregüescos y el hilo" in „Dicha y desdicha del nombre" handelt es sich um die Wiederaufnahme eines Cuento, nämlich um „El mancebo, los calzones y el hilo" (Nr. 42) aus „Nadie fíe su secreto". Hier wurde der soziale Status des Handlungsträgers verändert und dementsprechend das Kleidungsstück umbenannt. Die Diktion hat ebenfalls Veränderungen erfahren, im wesentlichen stimmen jedoch die beiden Fassungen überein411. Um denselben Cuento-Stoff handelt es sich auch in „Mañana será otro día" (Nr. 60) und in „La selva confusa" (Nr. 88), nämlich um „El perro y las dos bodas". Auf die unterschiedliche Behandlung des Themas in den beiden Fassungen werden wir noch zurückkommen412. Eine weitere Wiederholung liegt in „Saber del mal y del bien", Cuento Nr. 5, „El hombre y el veneno" und in „Para vencer amor, querer vencerle", Cuento Nr. 54, „El príncipe y el veneno", vor. Letzterer wird in unmittelbarer Aufeinanderfolge mit Cuento Nr. 53, „El convaleciente y el dolor", eingefügt. Auch hier wurde lediglich der Handlungsträger umbenannt41®. Calderón hat nicht nur denselben Cuento-Stoff verschiedentlich angewandt. Er hat aucii gelegentlich die Themen von einzelnen Cuentos für die Gestaltung von Episoden bzw. Dialogen genutzt. Solche Episoden, die Cuento-Auflösungen darstellen, finden wir in „Dario todo y no dar nada" vor, die folgendermaßen benannt werden können: „Diogenes y la fuente"414, „Alejandro y los retratos"415, „Diogenes, Alejandro y la riqueza"416 und „Diogenes, Alejandro y la flor"417. Die Episode um „Diogenes, Alejandro y la flor" finden wir in „La cisma de Ingalaterra" als Cuento wieder. Wir verzeichnen ihn unter dem Titel „El filósofo, el soldado y la flor" (Nr. 3). Weitere Ubereinstimmungen liegen in der Comedia „El acaso y el error"418 und in deren Neufassung, „La señora y la criada" 41 ' vor. In diesen Dramen wird das Motiv 411

Uber die Intention dieser Veränderung vgl. S. 88 u. Anm. 559.

412

Siehe S. 94 ff. und 103 ff.

41S

Auf die Wiederholungen der Cuentos Nr. 5 und 54; 42 und 75,- 60 und 88 hat bereits Buchanan aufmerksam gemacht (Short Stories, MLR 4, S. 180, Anm. 3 und MLR 5, S. 80, Anm. 3).

414

I, 1024a/b.

415

I, 1027a/1028a. Daß es sich hierbei um die szenische Darbietung einer Anekdote handelt, darauf macht F. Ruiz Ramon (Historia del teatro espanol. [Desde sus origens hasta 1900], Madrid 1967. S. 289) aufmerksam.

41

« I, 1037b.

417

I, 1038a/b.

« 8 II, 722b. «» II, 843b.

85

des „Kleidergeschenks des Herrn an den Diener" für die Ausgestaltung einer komischen Szene nutzbar gemacht. Dieselbe Praxis nimmt Calderón in „El secreto a voces"420 vor. Ein Cuento, dem dieses Motiv zugrundeliegt, befindet sich in „La fingida Arcadia", einer Moreto zugeschriebenen Comedia, deren dritter Akt, in dem sich der Cuento befindet, von Calderón stammt441. Das den Cuentos Nr. 40 in „Nadie fíe su secreto" und Nr. 55 und 56 in „Mañanas de abril y mayo" zugrundeliegende Motiv der Bedeutung des Wagenbesitzes422 hat Calderón in „Guárdate del agua mansa" für eine satirische Zeichnung benutzt423. Ebenfalls finden wir das Thema der Zerstörung der Liebe durch Heirat, das Cuento Nr. 59, „La dama y el amigo perdido", in „El acaso y el error" zugrundeliegt, in zahllosen Gracioso-Graciosa-Auseinandersetzungen wieder, wie z. B. zwischen Perote und Gileta im selben

421

422

423

86

II, 1228b. Vera Tassis und Hartzenbusdi nehmen für den 3. Akt dieses Dramas Calderón als Autor an (Calderón: Comedias. BAE XIV, S. 537, Anm. 1). Der Text des Cuento lautet folgendermaßen: El hidalgo le riñó, Cascabel.— Habia en una ciudad Diciendo: .¿Cómo has rompido Un loco: aqueste tenia Tan gran tema, que decia Tan apriesa este vestido?" Ser toda la Trinidad. Y el loco le respondió: Un hidalgo que gustaba „¿Cómo durar puede ser Dél, un vestido le dio¡ En mí vestido ninguno, Pero en dos dias quedó Si el vestido solo es uno, Tan roto como se estaba. Y somos tres á romper?" (ebda., S. 554a/b). Das Motiv des Kleidergesdienks liegt auch dem Sprichwort, das Calderón in „El acaso y el error" anwendet, zugrunde: „ [ . . . ] que la mona vestida / de seda, mona se queda" (II, 728b). Budianan weist auf die Redewendung „Perrillo de todas bodas" für die Cuentos Nr. 60 und 88 hin (Short Stories, MLR 5, S. 78). Diese erscheint wörtlich in einem Cuento von Melchor de Santa Cruz in seiner „Floresta española" (S. 174, Nr. 4). Schon Jiménez y Hurtado hat den Cuentos Calderóns das jeweilige Sprichwort zugeordnet (siehe „Cuentos españoles . . . * ) . Es ist schwer zu sagen, ob hier die Cuentos aus den Sprichwörtern hervorgegangen sind, oder ob der umgekehrte Vorgang anzunehmen ist. Vergleiche zu dieser Problematik auch S. Neumann: Sagwörter, bes. S. 255. Daß der Cuento und das Sprichwort dieselbe Funktion erfüllen, darauf verweist Cicero (De Oratore, II, 64, 258) und Mal Lara (a.a.O., S. 88). Uber die allgemeine Beliebtheit des Wagens im Spanien des 17. Jahrhunderts vgl. R. del Arco y Garay: La sociedad española en las obras dramáticas de Lope de Vega. Madrid 1941, Kapitel I, S. 1 ff. Der Besitz eines Wagens wird in einem der Cuentos aus der Sammlung „Cuentos recogidos por D. Juan de Arguijo" (In: „Sales españolas", 2da ed. de R. Paz. Madrid 1964) mit dem Zustand im Limbus, der Vorhölle, verglichen (S. 245a, Nr. 2). II, 1299b: „Eug.— Coche y cochera que ella en invierno y verano es la mejor galería, y el más hermoso trasto. ¿Qué Indias hay donde no hay coche? ¡Aquí de Dios y sus santosl ¿Qué ensayados trae, no ha escrito, muchos pesos? Pues veamos, si no han de hacer su papel, ¿para qué se han ensayado? Clara.— ¿Ni aun a tu padre reserva la sátira de tus labios?" Francisco Cascales hat in seinen „Cartas filológicas" einen kleinen Traktat über die Aus-

Stück484 und zwischen Benito und Antona in „El alcaide de sí mismo"485. Vereinzelt wendet Calderón die Motive von Cuentos in Dialogen an. So z. B. verrät seine Beziehung zum Cuento Nr. 47 „El águila y el sol" aus „Hombre pobre todo es trazas" der Dialog zwischen Fisberto und Diana in „La señora y la criada". Die Schlußfolgerung, die Fisberto seiner Anrede voranstellt, ist im Cuento implizit vorhanden: Beat.— t • •. ] oíd lo que a una caudal águila, le sucedió. Ésta, que con muestras graves es, sin fatigado aliento, en los imperios del viento reina de todas las aves, quiso que la esfera octava hija del sol la presuma; y siendo bajel de pluma, ondas de fuego surcaba. Llegó a la región dorada, y con sedientos desmayos, anhelando por los rayos del sol, medio desmayada se volvió a la tierra, y vió que ninguna ave podía seguir el vuelo que había intentado, y dijo: „Yo sola penetré la esfera de diamantes guarnecida; que muriendo de atrevida, no moriré, cuando muera; pues cuando rayo deshecho y cometa desasido, Fénix del sol, baje herido de rayos de luz mi pecho; el despeñarme, el morir, el abrasarme, el caer, todos no podrán hacer que ahora deje de subir: pues a este aliento atrevido que hasta el sol pudo llegar, el caer no ha de quitar la gloria de haber subido" 12 '. Mit diesem Cuento will Beatriz Félix von der Vergeblichkeit seiner Bemühungen um sie überzeugen. Im Dialog zwischen Fisberto und Diana benutzt Fiswüchse, zu denen die Beliebtheit des Wagens seit der Antike geführt hat, geschrieben. Er kommt zu dem Schluß, daß der Wagen als Symbol der Eitelkeit überhaupt anzusehen sei. (Epístola VII. Acerca del uso antiguo y moderno de los coches. Cartas filológicas. Década segunda, CC 117, S. 135—168; S. 139. 424 II, 719b/720a. « 5 II, 812b/813a. «« Cuento Nr. 47, II, 209a/b.

87

berto seinerseits den Fall des Adlers, um Diana seine Standhaftigkeit zu beweisen. Fisb.—

Porque no fuera firmeza, si no fuera desdichada. Un águila, que está viendo al sol, gran señora, es ésta de esmeraldas, pues el verde color, entiendo que está aquí como diciendo: „La esperanza es el crisol de tanto hermoso arrebol". Diana.— Bastante disculpa alcanza. Quédese con su esperanza quien sólo ha de ver al sol427.

In „Dicha y desdicha del nombre" hat Calderón im Anschluß an den Cuento „El hidalgo, los gregiiescos y el hilo" (Nr. 75) dem Gracioso Tristán eine Äußerung in den Mund gelegt, aus der die dichterische Intention der Einfügung zu entnehmen ist: Estaba un hidalgo un dia remendando sus gregiiescos, y un amigo que entró a verle le preguntó: „¿Qué hay de nuevo?" Y él le respondió „que el hilo". Yo asi te digo lo mesmo; que si a vejeces de amor procuro echar un remiendo, lo que habrá de nuevo sólo será el h i l o de mis cuentos428.

Nicht etwa die „Neuigkeit der Cuentos" stellt Tristán den „vejeces de amor" gegenüber, sondern die ihrer Auffädelung, d. h. ihrer V e r w e n d u n g s w e i s e . Inwieweit seine Äußerung gerade für die Einsdiubtechnik dieser Comedia programmatisch ist, wird noch zu sehen sein. Uns zeigt die Äußerung Tristáns, daß es Calderón beim Cuento nicht um Kreativität und Originalität geht. Das bestätigt auch der Kommentar Octavios in „Con quien vengo, vengo" zu seinem Cuento „El convidado y el dispensero" (Nr. 64). Als die Zuhörer den Cuento als „bueno" bezeichnen, antwortet er: Consiento en llamarle bueno, porque he dicho que es ajeno 42 '.

Calderón liegt vielmehr die treffende Anwendung und Dosierung der Cuen427 428

II, 844b. II, 1081b. Die Hervorhebung stammt von mir. Eine neue Version dieses Cuento befindet sidi bei Juan Eugenio Hartzenbusdi. F. C. Sainz de Robles zitiert sie im „Fabulario español". Er faßt sie als Geständnis des Autors auf, daß seine Fabeln nicht immer eigene Schöpfungen darstellen (S. 15).

«» II, 1139.

88

tos am Herzen. Das zeigen verschiedene Äußerungen der Charaktere. Formulierungen wie: A q u í un cuento e n t r a bien 4 3 0 , un c u e n t o lo d e c l a r a r a si f u e r a o c a s i ó n 4 3 1

oder: i Oh, q u é cuento te d i j e r a , si no t e m i e r a s e r l a r g a ! 4 3 2 .

deuten darauf hin, daß die Wahl der treffenden Gelegenheit, wie wir sie bei der Cuento-Bestimmung herausgestellt haben, maßgebend ist. Am Schluß von „Dicha y desdicha del nombre" nutzt Calderón das Requisit des „gelegen kommen" zum effektvollen Spiel einer komischen Szene: Tris.— Flora.— Tris.—

Flora, ¿ q u é h a c e m o s los d o s ? ¿ Q u é ? C o n t a r n o s los d o s c u e n t o s de la due&a y d e la m o n a . Otro día; q u e no e s tiempo a h o r a de m á s q u e p e d i r el p e r d ó n de n u e s t r o s y e r r o s 4 3 3 .

Ein weiterer Aspekt, der, wie wir sahen, in den Cuento-Sammlungen zur Sprache kommt, ist die Forderung nach „gracia". Gracián Dantisco sieht sie besonders in der Art, Cuentos zu erzählen. In den Comedias Calderóns wird sie oft von einem zustimmenden Zuhörer dem Erzähler bestätigt434. Vom Text her kann die „gracia", die auf Mimik und Gestik beruht, kaum erschlossen werden. Es liegt jedoch nahe anzunehmen, daß Calderón diese Forderung gewährleistet sah, zumal der größte Teil der Cuentos in den Mund des Gracioso gelegt ist, einer dramatischen Person, die, wie der Name es andeutet, daraufhin angelegt ist435. Neben der lobenden Betonung der „gracia" des Cuento-Erzählers begegnet man sehr häufig Äußerungen wie „frialdad necia"436 bzw. „frialdad ex430 431 432 433 434 438

I, 1092b. II, 1814a. II, 1813b. II, 1846a. Siehe II, 722a: „gracia, Gileta has tenido"; sowie II, 843a. Die „gracia" anhand von Mimik und Gestik beim Erzählen von Cuentos fordert Castiglione (a.a.O., II, § 43, S. 141—142¡ S. 165; Cervantes im „Coloquio de los perros" (a.a.O., S.999b)¡ Timoneda bezeichnet seine Erzählungen „graciosos cuentos" (a.a.O., S. 170). Vgl. zu diesem Thema W. Pabst, a.a.O,, S. 108—110 und Baquero Goyanes, a.a.O., S. 41—42. Im Zusammenhang mit der „fabula cómica" in der Comedia äußert sidi Rizo: „Lo rediculo es lo en la cosa quando referimos con gracia y gallardía alguna fabula entera y continuada en la qual narración solicitamos exprimir las palabras, el rostro, los gestos, las costumbres y movimientos de quien se habla, de tal suerte que parece a los oientes tenerle entonces presente [ . . . ] (a.a.O., S. 89, fol. 50v). I, 1198a. 89

trana"4®7. Beide Begriffe dienen als Gegensatzpaar zur Kennzeichnung wohlwollender, erfolgreicher oder abwehrender Aufnahme des Cuento4®8. Die positive wie die negative Beurteilung von Cuentos kann von Vertretern beider Stände vorgenommen werden. Tatsächlich überwiegen die negativen Äußerungen, will man nicht das stille übergehen, den Mangel an Erwiderungen, zu den positiven Bewertungen rechnen. Die negative Einstellung gegenüber dem Cuento kann sowohl von Vertretern des gehobenen Standes als auch vom Gracioso bzw. von der Graciosa zum Ausdruck gebracht werden. In „Dicha y desdicha del nombre" unterbricht Flora den Erzählfluß Tristans: ¿ A mi c u e n t o ? N o e n mis d i a s : p a g a r ä m e l a en c o n c i e n c i a 4 " .

Das hindert Flora aber nicht daran, ihrerseits Cuentos einzuflechten. Allerdings ergeht es ihr nicht anders als Tristan. Als sie versucht, ihrer Herrin einen Cuento zu erzählen, zieht sie sich deren Zorn zu. Es wird ihr verboten, jemals Cuentos vorzutragen: „Cuento en tu vida me digas" 440 . In „La fiera, el rayo y la piedra" betrachtet Anajarte das Erzählen von Cuentos sogar als einen Mangel an Respekt ihm und seinem Hause gegenüber 441 . Die abwehrende Haltung gegenüber dem Cuento bei den Vertretern beider Stände, die gleichermaßen als Erzähler auftreten, zeigt, daß der Cuento generell eine negative Einschätzung erfährt, was wir bereits bei der Begriffsbestimmung beobachten konnten 442 . Es liegt jedoch nahe anzunehmen, daß ein Teil der Kritik sich auch gegen die Cuento-Anwendung richtet. Darin scheint zunächst ein Widerspruch zur Forderung nach gehaltlicher und zeitlicher Entsprechung vorzuliegen. Wir glauben jedoch, daß es sich hier um eine bewußt getriebene „falsche" Anwendung handelt, die einer dramatischen Intention entspringt und von der rhetorischen Bestimmung des Cuento, von seiner Bindung an den Erzähler abhängig ist. Die Frage soll daher im Zusammenhang mit der Beziehung der Cuentos zu ihrem jeweiligen Erzähler erörtert werden.

III. Das Verhältnis Erzähler — Cuento Von den 88 Cuentos, die in den Comedias Calderöns Einlaß gefunden haben, sind 69 Cuentos, d. h. 78,4 Prozent, in den Mund von komischen Cha4S7

I, 2001b. Vgl. I, 333a. Daneben treten auch andere Bemerkungen wie z. B. „quita, loco" auf: I, 1613b und II, 1814b.

438

Vgl. z. B. Rizo: „Frio y sin gracia" (a.a.O. II, S. 88 fol. 50v.) und Castiglione (a.a.O., § 60, S. 159—160). Die Bezeichnung „frialdad" findet sidi bereits bei Cicero: , [ . . . ] ut ea, quae sint frigidiora, vitemus" (II, 63 , 256). Vgl. auch II, 64, 260 — II, 65, 261.

489

II, 1818a. Vgl. I, 391b. II, 1820a.

4

« I, 1613b.

442

90

Vgl. S. 8 f.

rakteren des niederen Standes des Gracioso und der Graciosa gelegt448 und nur 19, d. h. 21,6 Prozent, in den Mund von ernsten Personen des gehobenen Standes der Dama bzw. des Galán444. Betrachtet man die Cuentos im Hinbiidt auf ihr Funktionsprimat, so entfallen auf Gracioso und Graciosa 64 komische und 5 ernste Cuentos, auf Galán und Dama dagegen nur 8 heitere und 11 ernste. Das heißt, 88,9 Prozent der heiteren Cuentos entfallen auf den Gracioso bzw. auf die Graciosa, dagegen nur 1,1 Prozent auf den Galán bzw. auf die Dama. Bei den ernsten Cuentos ist das Verhältnis umgekehrt. 68,8 Prozent der ernsten Cuentos werden von einem Galán bzw. einer Dama erzählt und nur 31,2 Prozent von komischen Charakteren. Dem Zahlenverhältnis ist zu entnehmen, daß der Cuento vornehmlich als Mittel der Charakterisierung des Gracioso eingesetzt wird. Die weitaus höhere Zahl von heiteren Cuentos, die dieser dramatischen Figur in den Mund gelegt werden, verleihen ihr eine eminent komische Funktion. Im Gegensatz zu dieser eindeutigen Charakterisierung erscheinen die Vertreter des gehobenen Standes infolge ihres eher ausgewogenen Gebrauchs der Cuento-Funktionstypen — 57,9 Prozent ernster Cuentos stehen 42,1 Prozent heiteren Charakters gegenüber — nicht so eindeutig auf ein Funktionsprimat fixiert. 1. Das Verhältnis Gracioso — Cuento Der Schwank, der Witz und die surrealen Varianten sind die bevorzugten Cuento-Typen des Gracioso. Nur in drei Fällen konnte die Anwendung von Cuentos des ernsten Funktionsprimats nachgewiesen werden, wenn wir vom Cuento Nr. 43 „El médico de una república" in dem keine Funktion vorgegeben ist, da es sich um einen Kasus handelt, absehen. Während wir die immanente Funktion der Cuentos anhand ihrer Form und ihres Gehalts bereits behandelt haben, soll nun der Aspekt der Anwendungsweise der Cuentotypen durch die verschiedenen Charaktere ins Auge gefaßt und die Cuentos auf ihre Funktion untersucht werden. Wesentlich dabei ist die Berücksichtigung der Epimythien, die sowohl die ernsten als auch die meisten heiteren Cuentos aufweisen und die die Beziehung zwischen dem Besonderen des dramatischen Geschehens und dem ins Allgemeingültige weisenden Cuento herstellen und dem Zuschauer bzw. dem Leser das Zusammenspiel von Handlungskomponente und Cuento-Situation verdeutlichen. a. Die Funktion der heiteren Cuentos Die Verwendung der heiteren Cuentos des Gracioso vollzieht sich hauptsächlich in zwei Modalitäten. Die erste zeichnet sich dadurch aus, daß der Gracioso seine Intention, mittels des Cuento Heiterkeit zu erzielen, bekannt 445

444

Cuento Nr. 35 wird von einem „viejo" erzählt, der bei Quintilian zu den komischen Personen geredinet wird. Vgl. Anm. 331. Nur ein Cuento, Nr. 17, wird von einem weiteren Erzähler, einem „alcalde", referiert.

91

gibt. Meistens will er einen Vertreter des gehobenen Standes, seinen Herrn bzw. seine Herrin, erfreuen, wie z. B. die Äußerung des Gracioso im Anschluß an den Cuento vom Riesen und den Weintrauben (Nr. 1) zeigt: Estos disparates digo para entretenerte aquí; no porque esto fuese así, que al cielo le hago testigo de mis hechos, y no es bien que repita mis hazañas 445 .

Als Mittel zur Erzielung von Heiterkeit auf der Bühne werden die Cuentos auch dann dargeboten, wenn der Gracioso einen vermeintlichen Widersacher seines Herrn zum Gegenstand des Gelächters macht und ihn anhand eines Cuento verhöhnt, wie z. B. der Gracioso Gil in „La devoción de la Cruz" mit dem Cuento „El pintor y el retrato" (Nr. 13): Gil.—

Oye el cuento: es ese de un pintor que hizo un retrato de un gato; y porque supiese de quién era quien le viese puso abajo: „Aqueste es gato" 446 .

Der Cuento stellt nicht nur eine Parallele zu einem dramatischen Vorgang in der Richtung der Konzeption der „causa" dar, sondern er zeigt darüber hinaus eine Übereinstimmung in der Personenzeichnung, so daß die satirische Absicht, die der Gracioso mit dem Cuento verfolgt, augenfällig wird. Bei dieser Art von Cuentos ist das Epimythion überflüssig und fällt auch meistens weg447. Die Anzahl der heiteren Cuentos, die die Verhöhnung einer Figur im Drama zum Ziel haben, ist allerdings gering. Gracián Dantisco stellt sich in seinem „Galateo Español" gegen die Verwendung von Cuentos, die im direkten Zusammenhang mit dem Bezugsgegenstand stehen und rät von ihrer Anwendung ab mit der Begründung, „no hay peor burla que la verdadera" 448 . Im Bewußtsein der erheiternden Wirkung der Cuentos verfolgt der Gracioso damit meistens einen Vorteil, der darin bestehen kann, daß er die Aufmerksamkeit seines Herrn erlangt 449 oder vielleicht sogar ein Lächeln450. Willkommener ist ihm indessen eine handfeste Belohnung, wie Gileta zeigt:

445

1, 79a.

446

I, 411a. Siehe ferner die Cuentos Nr. 10, 14, 24 und 40.

447

Wie im Fall von Cuento Nr. 13.

448

Gracián Dantisco, a.a.O., S. 93.

44

» Cuento Nr. 23¡ I, 901a/b.

450

92

Cuento Nr. 10; I, 333a.

Diana.— Gracia, Gileta, has tenido. Gilet.— Por muchas gracias que tengo, nunca me habéis dado nada. Diana.— Dices bien. ¿Qué quieres? Gilet.— Quiero el vestido que dijistes que me daríais, al tiempo que tratábais de casarme 451 .

Das gemeinsame Merkmal der bisher betrachteten Anwendungsweisen ist, daß der Gracioso bzw. die Graciosa den Cuento als Mittel zur Erzielung von Heiterkeit gleichsam als Attribut ihrer Rolle als Spaßmacher begreifen und diese Zielsetzung durch ihren Anspruch auf Belohnung den dramatischen Personen sowie dem Publikum vergegenwärtigen. In „Luis Pérez el Gallego" erzählt der Gracioso Pedro den Cuento „El intruso y el mayordomo" (Nr. 9) einem Almirante. Dieser wirft ihm das Erzählen des Cuento vor: Alm.—

gastáis 452 .

Humor

Dem entgegnet der Gracioso: Ped.—

No tengo otra cosa que gastar: es generosa mi mano¡ y así, señor, gasto lo que tengo 458 .

Der Gracioso ruft auf diese Weise seine eigene Funktion im Drama, Heiterkeit zu erregen, ins Bewußtsein. Das Lachen des Publikums ist ein Mitlachen mit den Charakteren des Dramas. Scheinbar unbeabsichtigt dagegen wirkt die Heiterkeit, die aus einer weiteren Anwendungsweise der Cuentos resultiert. In diesem Fall dienen die Cuentos hauptsächlich als Überzeugungsmittel bzw. als Beweismittel, die für die Richtigkeit eines Rates, einer Warnung oder zum Zwecke der Erläuterung und Deutung von Ereignissen angeführt werden. Der Gracioso benutzt sie als Richtschnur für die eigene Verhaltensweise oder zur Orientierung in Situationen, die noch nicht zum festen Bestandteil seines Erfahrungsbereiches zählen, und die er mit Hilfe eines Analogons zu erfassen sucht. Daß hier Heiterkeit entstehen kann, erklärt sich aus dem Anwendungsmoment des Cuento, aus der Perspektive, aus der der Gracioso die Dinge anvisiert und aus der Inbezugsetzung von Cuento und dramatischem Geschehen. Zieht man in Betracht, daß die Mehrzahl der Cuentos des Gracioso sich an einen Galán bzw. an eine Dama richten, also an Vertreter des gehobenen II, 722 i siehe audi Cuento Nr. 1, 8, 9, 59 und 60. I, 288b. « » Ebda. 451 451

93

Standes, so kann man sich leicht vorstellen, daß hier unterschiedliche Wertvorstellungen aufeinandertreffen. Mögen die Argumente, die der Gracioso aus den Cuentos gewinnt, für die Vertreter seines Standes richtig und gültig sein, für die des gehobenen Standes sind sie nicht verbindlich. Die Ausdeutung und Nutzanwendung des Cuento im Epimythion sind nur aus der Perspektive der dramatischen Person des Gracioso folgerichtig. Auf den Galán bzw. die Dama können die aus den Cuentos gewonnenen Erkenntnisse nicht ausgedehnt werden, da sie nicht den Anschauungen von Sitte und Dekorum des gehobenen Standes entsprechen. Die vom Gracioso aufgestellten Regeln stehen daher im Widerstreit mit der für den Galán geltenden Realität. Daß der Gracioso die Verschiedenheit der Regeln, die für beide Stände gelten, nicht wahrnimmt, ist der Grund für seine Fehleinschätzungen. In einer Szene von „Mañana será otro día", in der der Galán, Don Fernando, durch Liebeskummmer betrübt, nach einem Ausweg für seine Situation sinnt, konfrontiert ihn sein Diener Roque mit einem unbedeutenden Alltagsproblem: Roque.—

Señor, ¿agora en suspensión tan prolija estás? ¿Sabes que tu suegro te espera en la comida?

Fernando weiß dem zu entgegnen: Fern.—

Sólo sé, Roque, que soy desdichado454.

Im Gegensatz zu Don Fernando steht für den Diener Roque nicht das seelische, sondern das leibliche Wohl im Vordergrund. Er warnt Don Fernando, der sich entschlossen hat, den Ort seiner Enttäuschung zu verlassen, vor der Gefahr, daß sie ohne Essen bleiben könnten: Roque.— [ . . . ] Pero mira, que nos vamos sin comer, y que en casa de tu prima ya habrán comido 455 .

Don Fernando, den angesichts seiner Sorgen diese Aussicht wenig bekümmert, wird mittels eines Cuento vom Gracioso eines besseren belehrt. Auf die Frage von Don Fernando, ¿Qué importa?", antwortet er: Roque.—

454 455

II, 781b. II, 782b. II, 783a. Cuento Nr. 60.

94

Ser lo del perro de Olías que por hallarse en dos bodas, fué a Cabañas con gran prisa, y en llegando habían comido, y volviéndose a su villa, habían comido también. Comamos, pues 45 '.

Die Reaktion des Galán, Fern.— ¡Qué porfía tan de hombre bajo!457, signalisiert den Verstoß des Gracioso gegen die Anwendungsregeln des Cuento. Der Cuento, dessen Thematik aus der niederen Bereichskomik stammt, steht im Gegensatz zur geistig-seelischen Disposition des Galán. Er verletzt die Forderung nach Entsprechung des Cuento mit dem Gesprächsgegenstand, indem er sich lediglich in die Argumentation des Gracioso einfügt. Daß der Gracioso die Unvereinbarkeit beider Bereiche nicht realisiert, läßt sein Vorgehen als widersprüchlich erscheinen, was ihn als komische Gestalt charakterisiert. In den Bereich der Komik gehört die Verletzung der Anwendungsregeln schon deshalb, weil sie eine „torpeza" bzw. eine „deformidad" des eigentlichen Cuento-Gebrauchs darstellt. Die Verwendung des Cuento gegenüber dem Galán, d. h. einer Person des gehobenen Standes, stellt schon an und für sich einen Verstoß gegen das Gebot des „decorum" dar. Infolge der niederen Thematik und des Personals, — in unserem Fall liegt die Gefräßigkeit dem Cuento zugrunde, die anhand der übertriebenen Gier eines Hundes demonstriert wird, — reiht sich der Cuento in den niederen Bereich der „ridicula" ein458. Hiermit zeigt der Gracioso seine Entsprechung zu den Mimen der Antike45'. Die Erwiderung auf den Cuento von Roque zeigt, daß der Galán die Cuento-Aussage aus dieser Perspektive betrachtet. Die Abwehrhaltung des Galán bzw. der Dama4"0 kann daher auch auf die Anwendung des Cuento überhaupt zurückgeführt werden, wie denn auch zahlreiche Autoren des 458

Ebda. Siehe dazu Quintilian (Inst. Orat. 5, 2, 19), der die „fabella" zur niederen Klasse der Überzeugungsmittel rechnet infolge ihrer primitiveren „voluptas". Siehe auch Rizo. Nach seinen Ausführungen haben wir es beim Cuento Nr. 60 „El perro y las dos bodas" mit einer .desconveniencia del animo" zu tun, die von „ignorancia, de ynpruden^ia y de sinplicidad" des Gracioso herrührt (a.a.O., fol. 50v., S. 92). Gegen die Anwendung wendet sich auch Don Alonso in „No hay burlas con el amor" gegenüber dem Cuento „El toricantano y el padrino" hin: „Calla, calla. / ¡Qué mal aplicado cuento!" (II, 519a)¡ ebenso wehrt Federico den Cuento „Agere y Macarandona" ab: „¿Pensarás que te he escuchado? / [ . . . ] No, que mi divertimiento / todo fué de mi cuidado" (II, 1229b). Curtius zeigt, wie das Motiv der Gefräßigkeit als Bestandteil des „Küchenhumors" in der Spätantike und im Mittelalter nicht nur in der Poesie und in der Epik auftritt, sondern auch im Schwank der Cambridger Lieder (ELLM, Kap. „Küchenhumor und andere ridicula", S. 431—454).

458

Die Mimentypen der Antike führt H. Reich im Zusammenhang mit dem Mimus „Philogelus" auf (Der Mimus. Berlin 1903. 2 Bde. Bd. I. 2, S. 428 f.). Auf die Fortsetzung des Mimus im Volksschwank weist Auerbach hin: „ [ . . . ] die unterliterarisch fortlebende Tradition des antiken Mimus und das bewußte, stärker kritische und griffigere Beobachten des Lebens, das offenbar seit dem 12. Jahrhundert audi in den niederen Schichten einsetzte, führte damals zu einer Blüte des Volksschwanks [ . . . ] , dessen Geist sich bald auch ins religiöse Drama Eingang verschafft haben mag;" (E. Auerbach: Mimesis. Bern und München 1967. S. 153).

180

Siehe II, 1820a:

„Flora.— Seraf.—

Una mona y sus amigas . . . Cuento en tu vida me digas."

95

Siglo de Oro auf die Ungehörigkeit, „ridicula" vor gehobenen Personen vorzutragen, hinweisen461. Die Abwehr des Galán entspricht damit einer Verhaltensweise, die ihr Pendant in den Umgangsformen der realen Wirklichkeit hat. Sie kommt auch der dramatischen Forderung der Comedia entgegen, daß die „conveniencia" und „semejanza de costumbres" zu wahren sei482. Die Abwehr gegen den Cuento führt an manchen Stellen zur Unterbrechung des Erzählflusses, so daß lediglich die Themenangabe bleibt. So in „Dicha y desdicha del nombre": Tris.—

Criaba una dueña una enana, y un día . . . Félix.— Detén la lengua, y en tu vida no me cuentes cuento, o ¡vive Diosl, si llegas a contármele, que tengo de romperte la cabeza. Tris.— ¿No ha de haber más cuentos? Félix.— No. Tris.— Pues, señor, hagamos cuentas46®.

Hier verbietet der Galán dem Gracioso, seinen Cuento zu erzählen. Auch in „Los dos amantes del cielo" versucht der Gracioso Escarpín vergeblich, wenigstens einen seiner Cuentos auszuführen464. Er wird schon nach der Vorstellung der Person, die im Mittelpunkt der Handlung steht, unterbrochen. Dasselbe widerfährt dem Diener Juanete in „El pintor de su deshonra". Hier gelingt es dem Diener erst nach dem dritten Versuch, den Cuento „El padre, el hijo y el gato" (Nr. 23) zu Ende zu erzählen465. 4,1

482

463

4,4

465

96

Siehe dazu z. B. die Einführung von Cascales zu seiner Epístola VII, die er an den Padre Fray Joan Ortiz richtet: „A persona tan grave como V. P. escribir cuentos, si no ridículos, humildes, paréceme cosa desproporcionada." (A.a.O., Bd. 1, S. 136—137). Vgl. dazu auch Castiglione, a.a.O. II, § 83, S. 185, der davor warnt, die Fazetien vor hohen Persönlichkeiten vorzutragen: „ [ . . . ] ovver persone troppo potenti, che é imprudenza [ . . . ] " , sowie II, § 46, S. 146—147. Ähnlich äußert sich Terrones, a.a.O., S. 94—95. W i e man sieht, geht die Verdrängung des Cuento aus dem zivilen Bereich der gehobenen Gesellschaft mit der aus der Predigt, dem religiösen Bereich, einher. Vgl. Anm. 371. .Conveniencia" bedeutet für Rizo die Entsprechung zur realen Wirklichkeit: „La conveniencia de costumbres de las personas cómicas consiste en el decoro, según le edad, según los hábitos etca. Y assi una manera de hablar atribuie Terengio a Simon viejo, otra a Pamphilo mangevo en la misma Comedia, otra a Davo como criado, otra a Simon como a señor, otra a un amante, otra a un soldado, y otra a un mercader" (a.a.O., fol. 53v., S. 92). Die .semejanza" bezieht er dagegen auf den „uso común de n(uest)ra edad, como atribuir a un siervo costumbres de un siervo de n(uest)ros tiempos, y a un soldado costumbres de otro de n(uest)tros tiempos, y assi las actiones tendrán mas de lo verisímil y persuadirán mucho mas" (ebda.). II, 1814b. Siehe den Erzählversuch desselben Cuento in II, 1819a, II, 1834a und II, 1846a: „Criaba una dueña una enana . . .". Dasselbe widerfährt Flora im selben Drama mit dem Cuento „Una mona y sus amigas . . .": II, 1820a, II, 1834a und II, 1846a. I, 1096b: „Un tuerto y un calvo . . .", „Un fraile . . „ U n loco . . .", „Entonaba un sacristán . . .", doch immer wird er von Claudio zurückgewiesen. Siehe I, 871a und I, 881b. Die Erzählung gelingt erst im dritten Akt, I, 901a/b. Juanete erhält dafür vom Prinzen eine Kette. Die Erwiderung Juanetes ist nur zu verständlich: „ [ . . . ] aunque sólo oír el cuento / para mí es paga bastante." (I, 901b).

Stellt das Erzählverbot des Galán einerseits eine Entsprechung zur gelebten Wirklichkeit dar, so erfüllen die Cuento-Unterbrediungen andererseits auch eine dramentechnisdie Funktion. An den Anfang der Rede des Gracioso gestellt, leiten sie die Gegenrede zur Vorrede des Galán ein. Sie sind daher Bestandteil des „exordium" der „argumentatio", und stellen infolge ihres Versdiweigens des wesentlichen Teils der Rede eine Aposiopese dar, d. h. im engeren Sinne eine „berechnete Aposiopese", deren Merkmal ein „Konflikt zwischen dem Inhalt der ausgelassenen Äußerung und einer dem Inhalt dieser Äußerung ablehnend gegenüberstehenden Macht" ist 4 ". Der Konflikt bei der Cuento-Anwendung in den Dramen Calderóns entsteht durch die Unverträglichkeit des Cuento als Argument mit der Wirklichkeit des Galán, bzw. der Dama, die ihre Macht als Herren geltend machen, um gegen den Gracioso bzw. die Graciosa das Redeverbot auszusprechen. Sofern das Verbot von der Graciosa bzw. vom Gracioso vorgetragen wird487, haben wir es mit einer Nacheiferung der Verhaltensweise von Personen des gehobenen Standes zu tun, was einen Mißgriff gegen die Regeln des „decorum" darstellt. Indem die Graciosa eine Verhaltensform übernimmt, die ihr nicht gemäß ist und ihren Mißgriff nicht erkennt, begibt sie sich in den Bereich der Komik. Die Ausführungen Pincianos machen deutlich, daß die Cuento-Anwendung im Exordium verpönt ist. Pinciano bezeichnet ein solches Exordium als „ridiculo por necio [ . . . ] que dezir el hombre vna necedad, súfrese, mas, en las primeras palabras, que deue(n) ser más premeditadas, es causa que la sea mucho mayor"468. Der Gedanke, der hier zugrundeliegt, ist, daß die exordiale Verwendung des Cuento einer Verletzung der rhetorischen Gepflogenheit gleichkommt, die darin besteht, daß das fiktive Beispiel als Überzeugungsmittel vom Gracioso und der Graciosa nicht in ihre „argumentatio" einbezogen wird, sondern an deren Stelle benutzt wird. In den Dramen Calderóns zeigt sich, daß die Unterbrechung eines Cuento immer dann erfolgt, wenn die Erzählung droht, zum Selbstzweck zu werden. So wird im angeführten Beispiel in der Endszene von „Dicha y desdicha del nombre" der Erzählversuch von Flora unterbunden4"9, wie ebenfalls der Escarpins in „Los dos amantes del cielo":

488

4,7 468

H. Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. München 1960. 2 Bde., Bd.I, § 888, S.438. Quintilian spricht von einer „emphatischen Aposiopese" und unterscheidet zwischen der völligen Unterdrückung, wie es bei den meisten Cuento-Unterbrechungen bei Calderön der Fall ist, und dem Abbruch einer bereits begonnenen Äußerung (Inst. Orat. 8, 3, 85). Letztere nimmt der Gracioso Escarpin („Los dos amantes del cielo", I, 1096) vor: „ [ . , . ] Un fraile . . . Mas no es bueno [ . . . ] " . Der Gracioso bekundet durch die eigene Unterbrechung seine Unsicherheit, ein Verhalten, das Pinciano als „ridiculo" bezeichnet (a.a.O., Bd. III, S. 69). II, 1820 und II, 1834b, wo Tristan und Flora sich gegenseitig am Erzählen hindern. A.a.O., Bd. III, S. 69.

« » II, 1846a. Vgl. den Text auf S. 89.

97

Claud.— Esc.—

Ya querrás contarme algún cuento. Aunque no soy muy amigo de contarles, ¿quién un cabe no tiró puesto de a paleta el cabe?47®.

Escarpín, der hiermit zeigt, daß es ihm nicht um das Problem seines Herrn geht, verletzt die Anwendungsregeln, indem er lediglich an das Ausnützen der günstigen Gelegenheit denkt und das Requisit der sachlichen Fundierung überschlägt. Sowohl Pinciano als auch Rizo betrachten die Aposiopese als ein komisches Mittel der Comedia471. Der Verstoß gegen die „praecepta" seines Standes, führt den Gracioso zuweilen zur völligen Verkennung der eigenen Position. Nach dem vergeblichen Versuch von Morón anhand des Cuento von „El médico y la república" (Nr. 43), Don Diego daran zu hindern, daß er der Dienerin seiner Geliebten, eine Kette schenkt, obwohl diese in ihren Vermittlungsversuchen gescheitert ist, entschließt er sich zum Schritt seines Herrn und verzichtet auf die Liebe von Beatriz: Diego.—

¡Ay de mil Ya no es tiempo, porque aquí se despide mi mudanza, de una loca confianza. I Adiós, malogrado empleo, necio amor, loco deseo, que hoy morís con la esperanza I472.

Morón läßt die Tatsache, daß sein Herr sich infolge einer Abweisung von seiner Liebsten trennt, außer acht. Sein Vorgehen besteht lediglich aus einem Nacheifern, denn Beatriz ist ihm zugetan, nichts steht seiner Liebe im Wege. Sein Verhalten begründet Morón so: Morón.— Yo tras mi amo he de ir: cuando él amare, amaré: que un criado siempre fué en la tabla del amor contrapeso del señor. Adiós47».

Escarpíns Verzicht, der nicht von der Sache her begründet ist, stellt einen 470

I, 1096b.

471

Vgl. Anm. 468. Rizo nennt sie .suspensión" und bezeichnet sie als ein Mittel, das die Zuhörer zum Lachen erregt (a.a.O., S. 95). Dabei verweist er auf die antiken Rhetoriker und besonders auf Hermogenes und Demetrios von Phaleron, die die .suspensión" und andere Mittel im Zusammenhang mit dem „decir y hablar humilde" gebracht haben. Daß die .suspensión" vom Gracioso angewandt wird, zeigt eine Fortsetzung antiker Tradition im Siglo de Oro. Für die dramentechnische Funktion der Cuento-Aposiopese vgl. S. 132 ff.

478

II, 134b.

478

II, 135a. Die Szene stammt aus .El astrólogo

98

fingido".

komischen Mißgriff dar, der bereits durch das Anvisieren des Nützlichkeitsmotivs anhand der Cuento-Verwendung, die vorherging, eingeleitet wird. In „Los dos amantes del cielo" überschreitet der Gracioso die Schranken seines Standes, indem er sich in eine Dame verliebt, die zudem noch eine Schönheit ist. Er vertraut seinem Herrn seinen Liebesschmerz und seine Eifersucht an: Claud.— ¿Tú amor y celos? Esc.— Yo celos y amor: ¿soy alguna bestia? [...]

Claud.— ¿Tú de tan rara belleza? Escarpíns Antwort verrät die charakteristische Schläue eines „picaro": Esc.—

Sí; que no fuera tan rara sin mí474.

Und um die Richtigkeit seines Verhaltens unter Beweis zu stellen, referiert er den Cuento von „Vinorre y la dama hermosa" (Nr. 29): Esc.—

Enamoróse Vinorre (nadie en el cómputo muerda de los tiempos, porque ha habido Vinorres en todas eras) de una dama muy hermosa, a quien Vinorre finezas iba diciendo al estribo una tarde. Muy severa otra dama que allí iba, dijo: „¿Es posible no tengas desconfianza de que te enamore un simple?" Y ella muy galante, respondió: „Nunca he tenido soberbia de hermosa hasta hoy; porque no es hermosura perfecta la que no celebran todos"475.

Das Verhalten des Gracioso zeigt hier die komische Variante einer sonst für den Galán typischen Verhaltensweise, nämlich Liebesschmerz und Eifersucht dem Diener anzuvertrauen. Hier verhält es sich umgekehrt. Der Diener klagt sein Leid dem Galán, was unweigerlich eine „torpeza" beinhaltet. Daher ist es auch nicht erstaunlich, wenn der Galán Claudio die Äußerungen Moróns als „locuras" bezeichnet476. In „El castillo de Lindabridis" geht der Gracioso Malandrín so weit, daß er sich für einen Faun ausgibt und sich mit den Attributen seines Herrn versieht. Der Cuento „La madre y el hijo salvaje" (Nr. 84) dokumentiert dieses 474 4711 474

I, 1083a. I, 1083b. Ebda.

99

Bestreben ebenfalls. Den Mißgriff, den der Gracioso damit vornimmt, wird in seiner komischen Wirkung noch gesteigert, denn der Gracioso zeigt sich bereit, der Rolle des Fauns zu entsagen, sobald die mutwillige Verkleidung für ihn nachteilig zu werden droht477. Die angeführten Beispiele zeigen, wie der Gracioso die Schranken seines Standes überschreitet, indem er den Galán nacheifert und dessen Verhaltensformen übernimmt. Die Funktion der Cuentos erstreckt sich hier in erster Linie darauf, die Handlungsweise des Gracioso rhetorisch zu festigen, indem die Cuentos ihr den Anschein autoritativ begründeten Verhaltens verleihen. Insofern als der Gracioso Verhaltensformen nacheifert, die ihm nicht gemäß sind, exemplifiziert er Aristoteles' Gebot für einen komischen Charakter. Er wird als ein Mensch mit einem Defekt dargestellt, wobei sich dieser Defekt aus einem Mangel an Urteilsfähigkeit und an Verstehen zusammensetzt. Ein weiterer komischer Aspekt ist darin begründet, daß der Gracioso seinen Mißgriff als richtige Handlungsweise auszuweisen trachtet, indem er ein Beweismittel anführt, das seinem Verhalten den Anschein der Gültigkeit verleihen soll, der jedoch durch den Charakter des Cuento (sofern es sich um einen Schwank, Witz bzw. um eine Fabel handelt) wieder aufgehoben wird. Die Komik entsteht daher nicht aufgrund der inhärenten Funktion des Cuento, sondern durch die irrtümliche Einschätzung der Situation, die falsche Wahl der Erzählgelegenheit und die Anwendung des Cuento als solchem gegenüber dem Galán478. Die „falsche" Cuento-Anwendung, durch die der Cuento zum Mittel der komischen Charakterisierung des Gracioso wird, ist Bestandteil des „estilo jocoso". Die Ausführungen von Luzán, der sich in seiner „Poética" auf Quintilian beruft479, zeigen, daß es sich dabei um die Realisierung eines Prinzips handelt, daß den Regeln der Komiktheorie entspringt480. 477 478

478 480

II, 2086a. D. MacDonald (Proverbs, „Sententiae", and „Exempla" in Chaucer's Comic Tales. The Function of Comic Misapplication. In: Speculum 41 (1966), S. 453—465) hat bereits bei Chaucer die Funktion der „comic contradiction between authoritative assertions of wisdom and misguided or otherwise inappropriate premises" (S. 465) nachgewiesen. Er sieht die Funktion der komischen Widersprüchlichkeit bereits in der Fabel vorgegeben. Dadurch, daß den Tieren ein menschliches Verhalten zugrundegelegt ist, liege in der Fabel eine „basic incongruity" vor (S. 464). Quintilian, Inst. Orat., VI, 5. .De Iudicio et Consilio" ¡ Luzán, a.a.O., Bd. I, S. 237. „A la deformidad propia o ajena puede reducirse y atribuirse otro principio de nuestra risa y otra rama y especie de estilo jocoso, que consiste en la desproporción, desconformidad y desigualdad del asunto respecto de las palabras y del modo, o al contrario de las palabras y del modo respecto del asunto, y por este medio viene a ser muy apreciable en lo burlesco lo que sería muy reprensible en lo serio. Lo primero sucede cuando se hacen asunto y objeto principal de un poema los irracionales más viles y ridículos o también hombres muy bajos y menospreciables por su estado y por sus cualidades; y a éstos, ya irracionales, ya hombres despreciables, se atribuyen acciones y palabras propias de hombres grandes y de héroes famosos. Lo segundo sucede cuando, por el contrario, se atribuyen acciones plebeyas, palabras y modos bajos a héroes y personas de gran calidad* (ebda., S. 237—238).

100

Nicht immer wird das Anwendungsprinzip des Cuento auf der Basis der logischen Inkongruenz zur komischen Charakterisierung des Gracioso befolgt. In „Dicha y desdicha del nombre" zeigt der Gracioso Tristán, daß er sehr wohl die Schranken seines Standes kennt und sie zu berücksichtigen beabsichtigt. Er pflichtet der Äußerung von Félix, daß ,1a deidad más ofendida de verse adorada, es cierto que hacia la parte del alma nunca le pesa de serlo" 481 .

mit einem Beispiel aus dem eigenen Erfahrungsbereich bei. Zugleich entschuldigt er sich jedoch für die Gleichsetzung seines Verhaltens mit dem des Galán: Tris.—

¡Y cómo! Yo galanteaba (perdona que el galanteo ponga hoy en tan bajos paños) cierta mozuela del pueblo, tan pedregosa, que era ribazo de carne y hueso. Y como yo, gloria a Dios soy tan fácil como tierno, me cansé; y apenas ella echó mi asistencia menos, cuando me dijo: „Picaño, infame, vil y grosero, queredme, pues comenzasteis a quererme, o ¡vive el Cielo que os haga matar a palos I; que aunque atrevimiento inmenso fué el quererme, el no quererme es mayor atrevimiento." 482 .

Cuento Nr. 75 „El hidalgo, los gregüescos y el hilo" zeigt ebenfalls, wie dem Gracioso auch eine differenziertere Anwendung zugrundegelegt werden kann. Der Handlungsträger des Cuento ist nebst seinem Attribut der Zuhörerperson angepaßt worden483. Dabei entpuppt sich Tristán als „weiser Narr", sofern man unter diesem Begriff einen Spaßmacher versteht, der seine Weisheit hinter Gewitztheit und Schlauheit verbirgt484. Auf ähnliche Weise wird Marcial durch seine Cuento-Anwendung in „La selva confusa"48B, auf die wir noch zurückkommen werden, charakterisiert. II, 1801b. Ebda. II, 1801b, Cuento Nr. 74. 483 v g l . dazu die Charakterisierung des Gracioso anhand von Cuento Nr. 42 „El mancebo, los calzones y el hilo" in «Nadie fíe su secreto" (II, 121a), wo eine Diskrepanz zwischen der Figur des Cuento und dem Zuhörer besteht.

481

488

484

4811

Er unterscheidet sich vom „weisen Narren" Pasquín in „La cisma de Ingalaterra", wie noch zu sehen sein wird. Könneker hat auf die Verschiedenheit in der Konzeption dieser beiden Narrenfiguren bereits aufmerksam gemacht. (Wesen und Wandlung der Narrenidee im Zeitalter des Humanismus. Wiesbaden 1966. S. 63.) Vgl. S. 103—104.

101

b. Die Funktion der ernsten Cuentos Insofern sich im Galán und im Gracioso zwei verschiedene Haltungen gegenüberstehen, ergibt sich auf szenischer Ebene eine Polarisierung wie in den Cuentos selbst. Doch während in ihnen eine Entscheidung herbeigeführt wird, die eine der beiden Anschauungen als die richtige hervortreten läßt, bleiben in der Szene, in die der Cuento eingefügt wird, Deutungsmöglichkeiten des Geschehens nebeneinander bestehen. Keine von beiden wird als die richtige ausgewiesen. Weder vermag der Gracioso den Galán zu überzeugen, noch führt die Haltung des Galán zu einem Ergebnis. Daß jedoch ein durch den Helden des Dramas bestimmtes Geschehen bzw. ein Vorgang mit einer gegenteiligen Auffassung konfrontiert wird, ist für die Beurteilung dieses Geschehens von Bedeutung. Indem nämlich die Polarität der Dinge sichtbar gemacht wird, tritt die Relativität der Standpunkte hervor. Das Unverhältnis der Dinge wird aufgedeckt, was wesentlich zur Objektivierung des Geschehens beiträgt. Man ist versucht, die Position des Autors und daher die gültige Anschauung im Galán zu erblicken, insofern als er als positiver Held in Erscheinung tritt und man geneigt ist, das ästhetische Ideal in ihm realisiert zu sehen. Dies um so mehr, als eine solche Konzeption eher den sozialen Gegebenheiten des 17. Jahrhunderts, nach Ley zu urteilen, entspricht: „Para la s o c i e d a d d e la s e g u n d a mitad del XVII (y del XVIII también), las g r a n d e s virtudes iban ligadas al c o n c e p t o d e la aristocracia. El hombre b a j o o v u l g a r era un ser sin honor, sin p e r c e p c i ó n d e l o s grandes v a l o r e s é t i c o s nobles" 4 8 '.

Gewiß liegt eine solche Polarisierung in einer ganzen Reihe von Dramen vor. Indessen lassen sich auch Gegenbeispiele anführen, in denen sich gerade der Gracioso als derjenige erweist, der der Vernunft und dem ethischen Ideal des Autors näher kommt als der Hauptheld487. Calderón macht den Gracioso in mehreren Dramen zum Sprachrohr seiner Meinung, indem er ihn als Kommentator und Kritiker der Geschehnisse auf der Bühne in Erscheinung treten läßt488. Die Kritik an der Verhaltensweise 488

487

488

Ch. D. Ley: El Gracioso en el Teatro de la Península. (Siglos XVI—XVII). Madrid 1954. S. 206. Zu diesem Ergebnis kommt auch A. A. Parker in seiner Interpretation von „El postrer duelo de España". Die Studie wurde unter dem Titel „Los amores y noviazgos clandestinos en el mundo dramático-social de Calderón" anläßlich des Zweiten deutsch-englischen Calderón-Colloquiums im Juli 1970 in Hamburg vorgetragen und ist in „Hacia Calderón ( = »Calderoniana. Hamburger Romanistisdie Studien, B. Iberoamerikanische Reihe" Bd. 7. 1973, S. 79—89) erschienen. Siehe z. B. die theaterkritischen Bemerkungen der Graciosos: I, 412a und II, 1813b. Ober dieses Thema vgl. C. Bravo-Villasante: La realidad de la ficción, negada por el gracioso. In: RFE 28 (1944), S. 264—268; Á. Valbuena Prat: El teatro español en su Siglo de Oro. Barcelona 1969. Kap. „Ironía y reflexión sobre los propios (de Calderón) recursos escénicos", bes. S. 272—274. Zur Rolle des Gracioso als Theaterkritiker bei anderen Autoren des Siglo de Oro vgl. S. E. Leavitt: Notes on the Gracioso as a dramatic critic. In: StPh 28 (1931), S. 315—318.

102

der Haupthelden wird dabei oft in ein Cuento eingekleidet. Mit dem Cuento „El padre, la hija y el novio" (Nr. 62) in „La señora y la criada" kritisiert die Graciosa Gileta die Form der Eheschließung, nach der die Braut keine Gelegenheit hat, ihren Bräutigam vorher kennenzulernen. Eine Kritik, die über den unmittelbaren Zusammenhang im Drama hinausweist und als Zeitkritik gewertet werden kann. Eine ähnliche Funktion hat der Cuento „El cortesano y el forastero" (Nr. 19) in „El pintor de su deshonra". Hier kritisiert der Diener Juanete die Eheschließung zwischen zwei Partnern mit großem Altersunterschied48". Wie Watson gezeigt hat, erfüllt der Diener Juanete in diesem Drama dieselbe Funktion wie der griechische Chorus im antiken Drama4*0. Die Cuentos dienen nicht nur der Charakterisierung der Problematik um den Haupthelden Don Juan Roca, sondern sie signalisieren zugleich dem Publikum die Eckpfeiler des dramatischen Konflikts491. Hier exemplifiziert die gesamte Handlung des Dramas die Fragwürdigkeit einer Ehe zwischen zwei so unterschiedlichen Partnern. Kritik am Verhalten des Galán übt Marcial in „La selva confusa" mit seinem Cuento-Apolog „El perro y las dos bodas" (Nr. 88). Als er Jacinta zu einem Stelldichein mit Fadrique begleitet, finden sie diesen mit Flora vor. Jacinta faßt das Zusammentreffen der beiden als Beweis für die Untreue von Fadrique auf und verläßt ihn. Dieser wendet sich an Marcial um Hilfe: Fadrique.— ¡Marcial! ¿qué es esto? [...] Marcial.— Jacinta dice muy bien, porque a sido muy mal echo hallarte desta manera enamorado, viniendo ella á buscarte 4 ' 8 .

Marcial ergreift die Partei Jacintas. Er gibt sich für einen Geistlichen aus, um sich mit dessen Funktion und Autorität bekleiden zu können. Gleichsam als spräche er von einer Kanzel, verleiht er seiner Meinung mit einem Cuento Nachdruck: Marcial.—

[... ] No soy Marcial sino Tirso; y si disfrazarme quiero, el padre Fray Tirso soy, pues á predicarte vengo. (Vase.) ,Auia en vn dia dos bodas

« • I, 870b. 490

4,1

4M

A. I. Watson: „El pintor de su deshonra" and the Neo-Aristotelian Theory of Tragedy, In: Critical Essays on the Theatre of Calderón. Ed. with an Introduction by Bruce W. Wardropper. New York 1965, S. 203—223. S. 213. Nach Watson liegt dieser in Don Juan Rocas Verhalten, in seinem „tragic lack of perception" (ebda., S. 215), das allmählich zum tragischen „dénouement* führt. RH 21, a.a.O., S. 280.

103

en vn comarcano pueblo ¡ (38 v.) y un perro las supo, que era de todas bodas el perro. Vio que en su lugar tardaba la comida y, presumiendo que podia en la otra aliarle y bolber despues á tiempo, fue donde abian comido ¡ y con más hambre bolbiendo á la de su pueblo halló que ya abian echo lo mesmo. Dos bodas tienes delante. Escoje lo que es más cierto. No pierdas por cudicioso lo que por goloso el perro.' (Vase.)49®.

Eine meisterhafte Charakterisierung des Gracioso als Kritiker ist Calderón durch die Cuento-Anwendung Pasquins in „La cisma de Ingalaterra" gelungen. Die Cuentos Pasquins erschöpfen sich jedoch nicht in der Kritikausübung an den Helden des Dramas bzw. an einzelnen Vorfällen. Pasquín nimmt Stellung zum gesamten dramatischen Geschehen, mit dem er aufs engste verknüpft ist, was Parker in seiner Studie über das Drama gezeigt hat4*4. In unserem Zusammenhang wollen wir die Cuentos unter dem Gesichtspunkt der Charakterisierung des Gracioso Pasquín näher betrachten, wobei ihre Bedeutung für das dramatische Geschehen berücksichtigt werden soll. Pasquín wird zu Beginn des Dramas von einem Diener am Hofe dem Botschafter von Frankreich als „loco" vorgestellt, dessen Narrheit darin bestehe, daß er wahrsage: Dionis.—

Este es un loco de quien gusta mucho el Rey [...] Y es hombre de tal humor, que siempre anda adivinando: decir las cosas futuras son sus penas y locuras 1 ' 1 .

Pasquín tritt uns als ein besonderer Narrentyp entgegen, denn, wie wir erfahren, ist er nicht immer ein Narr gewesen. 4M

RH 21, a.a.O., 281—282. Northup sieht in der Tatsache, daß Marcial sich für den .Padre Fray Tirso" ausgibt, eine Anspielung an Fray Téllez, wie sie anscheinend auch bei Moreto vorliegt (RH 21, a.a.O., S. 281, Anm. 2069). Calderón hat in der endgültigen Fassung von .La selva confusa" diesen Cuento ausgelassen. Er hat jedoch nicht auf die Verkleidung Marcials verzichtet. Die Cuento-Anwendung des Gracioso in der Rolle eines Paters zeigt, daß Calderón den Cuento als einen Attribut des Predigers begreift. Der Gebrauch der „Predigtmärlein" wird hier persifliert.

494

A. A. Parker: Henry VIII in Shakespeare and Calderón. An appreciation of .La cisma de Ingalaterra". In: MLR 43 (1948), S. 327—352.

495

I, 148a.

104

Die Worte der Königin weisen darauf hin, daß er früher eher für weise galt: »[...] me pone triste pensar que hombre docto fuiste y que con juicio te vi, y de verte ahora así me pesa, y que estés contento. Esto es, Pasquin, lo que siento"49*.

Pasquín zeigt sich wenig um seinen geistigen Zustand besorgt. Vielmehr ist er darüber erfreut, was ihm die Königin übel vermerkt. Pasquín kleidet seine Entgegnung auf ihren Vorwurf in den Cuento des Blinden mit dem Licht497. Mittels des Cuento steckt Pasquín die Zielrichtung seines Tuns ab und informiert uns über seine Rolle im Drama. Er vergleicht sich im Epimythion mit dem Blinden, der nicht sich, sondern den Entgegenkommenden in der Dunkelheit leuchtet498 und weist darauf hin, daß wie beim Blinden auch bei ihm der Widerspruch zwischen dem äußeren Erscheinungsbild und seiner wahren geistigen Identität nur scheinbar ist. Seine Umwelt hält ihn zwar für einen Narren, in Wahrheit bedient er sich aber nur dessen Erscheinung, um sie in der gleichen Weise wie den Cuento als „disfraz"499, hinter dem er seine eigentliche Aussage verbirgt, zu benutzen: »Reina mía singular, permíteme que hable un poco; pues con causa me provoco, porque en precepto tan fiero, si no digo lo que quiero, ¿de qué me sirve ser loco?"500.

Mit diesen Worten an die Königin deutet Pasquín den Wirkungsbereich an, den er sich durch seine Narrenrolle erschließt: nämlich den der offenen Aussage und Ausübung von Kritik über Personen und Ereignisse am Hofe. Er tritt damit das Erbe des Hofnarren an, dem die Narrenfreiheit zugestanden wird, und der unbescholten am sozial Höhergestellten, ja sogar am König selbst, Kritik ausüben darf501, was dem Weisen, der die Gesetze des Dekorums beachten muß, verwehrt ist. Die Rolle des närrischen Wahrsagers, die Pasquín auch in seiner Kleidung anstrebt502, dient ihm dazu, auf die Intrigen, die sich um die Königin und den König spinnen, hinzuweisen, indem er die Verantwortlichen denunziert. Er läßt sich diese Aufgabe sogar vom König 490 497 498 499 500 501

502

I, 149a, Vgl. den Text auf S. 6&—69. I, 149a. Vgl. I, 1074a: Escarpin gibt an, daß er seine Antwort in einen „ejemplo" verkleiden wird. I, 148b/149a. S. P. Gutzwiller: Der Narr bei Grimmelshausen. Diss. phil. Basel 1959 ( = Basler Studien, Heft 20), S. &—9. Siehe die Bühnenanweisung I, 148a.

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selbst erteilen als Belohnung für seinen Cuento (Nr. 3), an dem der König Gefallen gefunden hat: Rey.— Gusto me has dado, Pasquín. Pas.— Y tú no me has dado nada, por no darme gusto a mí. Rey.— Di qué quieres. Pas.— Que me hagas de tu corte figurín, te suplico, y de tu casa; que esto es ser denunciador de tiguras¡ que es bien que haya juez de figuras, [ . . . ]50S.

Die astrologische Deutung der dramatischen Personen entpuppt sich als Anzeige ihres wahren Charakters; sie ist Wahrsage im eigentlichen Sinne des Wortes. Pasquín bedient sich ihrer gegenüber Ana504 und Volseo605. Letzteren charakterisiert er anhand eines Falles, dem einzig heiteren Cuento in diesem Drama: Pas.—

[ . . . ] traéis la barba, no más de porque se usa, como chivo, estrecha y larga, Mas si es uso, no me espanto. Yo vi muy triste a una dama (y esto es verdad, vive Dios), tan solo porque no estaba hipocondriaca, siendo la enfermedad que se usaba . . ,504.

Pasquín deutet damit dem König, der zuhört, die „figura" Volseos an. Der Bart, ein Attribut, das für die Rechtschaffenheit und Männlichkeit seines Trägers zeugt607, entbehrt bei Volseo seiner eigentlichen Bedeutung. Er ist ein Produkt der Sitte wie im Cuento der Wunsch der Dama nach Hypochondrie. Audi an die Königin und an den König wendet sich Pasquín mit einem Cuento. Wie Parker bereits darlegte, entbehrt die Rolle Pasquins nicht einer gewissen Tragik508. Seine Wahrheitsaussagen werden von den Figuren kaum beachtet, noch beeinflussen sie das Geschehen. Die beiden Cuentos vom „Ciego y la luz" (Nr. 2) und vom „Filósofo, el soldado, Alejandro y la flor" (Nr. 3) deuten indessen nicht nur die Problematik um die Königin und den König60', sondern sie nehmen darüber hinaus eine zentrale Stellung im dra503

I, 153a. Die Hervorhebung stammt von mir. «M I, 149a/b. ««5 I, 164b. B °« I, 153b. 807 Siehe Diccionario de Autoridades: .La virtud y virilidad se significa en la barba por común aceptación de todas las Naciones" (Bd. I, S. 552b). 508 Vgl. Parker, Henry VIII, S. 342. M» Ebda. S. 345 und 343.

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matischen Geschehen insofern ein, als sie Kristallisationspunkte für die ethisch-religiösen Grundideen des Autors darstellen, die anhand des Dramas exemplifiziert werden. Im Labyrinth der Intrigen und Gefühlsverwirrungen dienen sie zugleich dem Publikum und den Figuren auf der Bühne als Wegweiser für die Deutung der Vorgänge. Die in ihnen enthaltenen Wahrheitsaussagen weisen über das unmittelbare Geschehen hinaus und treten dem Publikum gleichsam als Warnungen entgegen. Eine besondere Bedeutung kommt den Cuentos in bezug auf die Charakterisierung Pasquins als Narr zu: Der Cuento „El ciego y la luz" und das angeschlossene Epimythion gibt uns darüber Aufschluß, daß Pasquín in der Rolle des Narren anderen wahrsagt — auf eben dieselbe Weise wie der Blinde den anderen leuchtet. Nicht der Blinde bzw. der Narr Pasquín, sondern die Außenstehenden sind im Irrtum befangen, d. h., sie tappen im Dunkel der Unkenntnis, sie verkörpern den Zustand menschlicher Narrheit schlechthin510. Der Blinde und der Narr Pasquín halten als einzige das Licht in ihren Händen und verfügen über die Erkenntnis der Wahrheit611. Auf dieselbe Weise wie Pasquín als „loco" charakterisiert wird und es dennoch nicht ist, erscheinen die Menschen am Hofe äußerlich als vernünftig und sind es dennoch nicht, da sie gegen die Vernunft verstoßen. Das übermäßige Streben von Ana und Volseo nach Stellung und Macht, die Verletzung der Verpflichtungen von seiten des Königs sind Verstöße gegen eine ursprüngliche Ordnung, in die sie gestellt sind. Indem sie diese Ordnung durchbrechen, werden sie als der Sünde verfallen und daher als seelischmoralisch defekt gekennzeichnet512. Das Motiv der Gleichsetzung von Narrheit und Sünde bzw. allgemeinmenschlicher Gebrechlichkeit und Bedürftigkeit ist seit dem 15. bzw. 16. Jahrhundert in die Dichtung eingegangen513. Ihren Ursprung hat es im Alten Testament, in dem die Leugner Gottes als Narren bezeichnet werden. In „La cisma de Ingalaterra" werden die dramatischen Personen, indem sie wider die Gebote handeln, zu Leugnern Gottes. Sie begeben sich willentlich jenseits der göttlichen Ordnung und wandeln in der Dunkelheit ihrer Unkenntnis, aus der sie herausfinden könnten, wenn sie dem Licht Pasquins folgten. Cuento Nr. 3 „El filósofo, el soldado, Alejandro y la flor" zeigt, daß Pasquín nicht nur über die Kenntnis der Wahrheit verfügt, was der Cuento vom Blinden mit dem Licht bereits bewies, sondern daß sie bei ihm ethisch610

Uber die symbolische Bedeutung von Dunkelheit und Licht bzw. Sonne in diesem Drama vgl. A. Parker, Henry VIII, S. 340—341. 511 Uber die Symbolik von Nadit und Sonne bei Calderón überhaupt, siehe A. A. Parker: Metáfora y símbolo en la interpretación de Calderón. In: Actas del Primer Congreso Internacional de Hispanistas. Oxford 1964. S. 141—160¡ A. Valbuena Prat, a.a.O., S. 261 und A. Valbuena Briones: Simbolismo (La palabra sol en los textos calderonianos). In: Perspectiva crítica de los dramas de Calderón. Madrid 1965. S. 54—69, bes. S. 56. sis siehe dazu R. Hess, a.a.O., S. 91. 513 Siehe B. Könneker, a.a.O., S. 1 ff.

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religiös begründet und motiviert ist. Er erweist sich als der wahre Weise im Gegensatz zu den scheinbar vernünftigen dramatischen Personen, die die Sünder514 und daher die wahren Narren dieser Welt darstellen515. Pasquin, der seine Weisheit hinter der Maske des Narren verbirgt, kennzeichnet sich als eine Gestalt, die im „Narren in Christo" ihr Vorbild hat. Sie gestattet es ihm, unter den gewandelten Umständen am Hof ehrlich zu bleiben und darüber hinaus die Aufgabe der Wahrheitsverkündung zu erfüllen. Damit entspricht er einem Postulat, das Paulus so formuliert hat: „Niemand betrüge sich selbst. Welcher sich unter euch dünkt, weise zu sein, der werde Narr in dieser Welt, daß er möge weise sein516 [ . . . ] Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott"517. Pasquin stellt somit den religiösen, christlichen Narren dar, von dem Nigg sagt, er sei mit seiner inneren Stimme der Ubervernunft verpflichtet. Diese übersteige den gesunden Menschenverstand um ein Vieles und könne in der Regel von ihm gar nicht begriffen werden518. Nigg spricht von einer „überrationalen Seinswirklichkeit". Die Narrheit Pasquins ist nicht nur schützende Maske vor dem Zugriff der Welt, sondern zugleich Daseinssymbol, das im sprachlichen Ausdruck durch die Dunkelheit-Licht-Metaphorik und in den beiden Cuentos — Cuento Nr. 2 zeigt die Scheinhaftigkeit der Dinge und Cuento Nr. 3 die Beschränktheit menschlichen Vermögens gegenüber der göttlichen Macht — einsichtig gemacht wird51'. Eine ähnliche Funktion wie die Cuentos von Pasquin erfüllen die Cuento-Auflösungen des Diogenes in „Dario todo y no dar nada". Auch hier 814

Siehe A. Parker, Henry VIII, a.a.O., S. 338—346, den von ihm dargelegten Katalog an Fehlhandlungen der Hauptdarsteller. B. Könneker äußert sich zu der Herkunft des Gedankens der Narrheit als Verkörperung der Sünde folgendermaßen: „Die Vorstellung, daß das Böse, ja, daß insbesondere die Sünde im religiösen Sinne, als Akt der Empörung gegen Gott oder als Zustand der Gottesferne, etwas zu tun habe mit einem im Wesen des Menschen begründeten Mangel an Erkenntnisfähigkeit und Erkenntniswillen, einer Geistfeindschaft also, war christlichem Denken unter dem Einfluß sowohl der antiken Philosophie und Sittenlehre als auch der alttestamentlidien Gottes- und Gesetzesvorstellung von Anfang an natürlich und selbstverständlich" (S. 9). Sie begründet die ethisch-religiöse negative Einschätzung der Narrheit damit, „daß der Mensch durch den Sündenfall seiner ursprünglichen natürlichen Vollkommenheit beraubt worden sei und, als der Erbsünde unterworfen, eine entscheidende Schwächung seiner geistigen, sittlichen und religiösen Fähigkeiten und Gaben erfahren habe. Die Trübung seines Erkenntnisvermögens wurde von dorther als eines der sichtbaren Zeichen des durch seine Schuld gestörten, ursprünglich aber einmal intakt gewesenen Verhältnisses zu Gott gedeutet, also religiös negativ gewertet" (ebda.).

515

Der König bezeichnet sich selbst als „loco": „Confieso que estoy loco, sin seso" (I, 159a). Von einem Capitán wird die Geschichte als „comedia del docto ignorante Enrique" (I, 173b) bezeichnet. Die Dichotomie von Narrheit und Vernunft gehört zu den Grunderfahrungen über das menschliche Dasein bei Calderón. Wir begegnen ihr auch in anderen Dramen, wie bspw. in „El maestro de danzar" (II, 1541a).

51

« I. Kor. 3, 18; zitiert nach W. Nigg: Der christliche Narr. Zürich-Stuttgart 1956, S. 15. I. Kor. 3, 19; zitiert nach W. Nigg, ebda. 518 W. Nigg, a.a.O., S. 14—15. sl * B. Könneker sieht im „Narrenschiff" von Sebastian Brant den ersten literarischen Niederschlag des Motivs vom Narrentum der Welt und der freiwillig angenommenen Narrheit, um jene zu entlarven (a.a.O., S. 10 ff.). 517

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sind die ethischen Gedanken, die dem Drama zugrundeliegen, in die Cuentos verlegt worden und kontrastieren mit dem Verhalten des Haupthelden des Dramas. Anders jedoch als der Cuento-Erzähler Pasquín gehört Diogenes nicht dem Hofstaat des Königs an, sondern er ist ein weiser Einsiedler, um dessen Gunst und Dienst der König wirbt. Valbuena Prat hat der Narrengestalt Pasquins eine „complexidad más shakespeariana que de .gracioso" de comedia española" 520 zugesprochen. Tatsächlich steht die Gestalt Pasquins in ihrer symbolischen Verdichtung der Narrenthematik einzig im dramatischen Schaffen Calderóns da, wenn sie auch nicht die einzige Gestalt von symbolischer Bedeutung für das dramatische Geschehen geblieben ist. Abgesehen davon, daß in Shakespeare's „Henry the Eighth" keine mit Pasquín vergleichbare Narrengestalt vorhanden ist, hat Shakespeare doch verschiedentlich die Figur des „weisen Narren" dargestellt. Nach Könneker erlangt sie ihren Höhepunkt im Hofnarren von „King Lear" 521 . Das Narrentum wird jedoch in diesem Drama nicht nur vom Hofnarren verkörpert. Es erweist sich vielmehr als Maske, nach der jeder greift, der dem Zugriff weltlicher Willkür zu entkommen versucht. Kent verkleidet sich als Narr, um unerkannt am Hofe zu verweilen und offen Kritik zu üben, nachdem er vom König aus eben diesem Grunde verbannt worden war. Aber auch Edgar und der König selbst greifen nach der Narrenmaske. Die Motivierung für die Maskierung bei Kent kommt der Pasquins noch am nächsten. Es fehlt jedoch die ethisch-religiöse Ausdeutung des Motivs, die Pasquín auszeichnet. Wenn auch Shakespeare im „King Lear" die Dichotomie vom Narrentum der Welt, dargestellt in der Gestalt des Königs, der sowohl vom Hofnarren als auch von Kent als Narr bezeichnet wird, und der des „weisen Narren" ausführt, so handelt es sich dabei um die Aufzeichnung einer Grunderkenntnis, die Edgar in die Worte: „O tiefer Sinn und Aberwitz gemischt! Vernunft in Tollheit!" faßt und damit die Ausweglosigkeit seiner Situation zugibt. Könneker hat den shakespearesdien Narren folgendermaßen charakterisiert: „Das Dasein ist ihm dunkel, verworren, rätselhaft, eine Gleichung, die nicht aufgeht, eine Sphinx, in deren Fängen der hilflose Mensch verzweifelt zappelt. Da dieser shakespearesche Narr völlig im Diesseits zu Hause ist, vermag er auch nicht, dieses Dunkel von oben her aufzuhellen und in der Verworrenheit einen tieferen Sinn zu entdecken"522. Damit ist zugleich der Unterschied zu Pasquín, dem „ciego con luz" aufgezeigt. Die Lösung des Konfliktes im „King Lear" beschränkt sich auf die Wiederherstellung weltlicher Ordnung, während man in „La cisma de Ingalaterra" zu einer allgemeingültigen, tieferen Einsicht gelangt, die Parker folgendermaßen zusammengefaßt hat: „In the darkness that is the world of human affairs, especially of politics, men must grope warily and walk 520 521 622

A. Valbuena Prat, a.a.O., S. 294—295. B. Könneker, a.a.O., S. 327, Anm. 103. Ebda. W. Shakespeare. Dramatische Werke. Leipzig 1921. Bd. 6.

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humbly, falling and rising, recognizing themselves to be men not gods, viewing their ends in the light of their own frailty and always measuring them by the means at their disposal."523. Lope de Vega hat seiner Comedia „El cuerdo loco" (1602) ebenfalls das Narrenthema zugrundegelegt. Prinz Antonio spielt zum Schein den Narren, um seine Gegenspieler zu überführen. Wie König Lear führt ihn der Gedanke an Vergeltung dazu, den Narren vorzutäuschen. Audi er verkündet die Wahrheit über die Anstifter der höfischen Intrige, durch die er entthront werden soll, ohne daß man ihm Glauben schenkt. Seine Aussagen werden als Beweis seiner Narrheit gewertet524. Mit Pasquín verbindet ihn ferner die Verwendung der Mittel für seine Anzeige. Um seinen Zustand noch überzeugender zu charakterisieren, greift er zur chiffrierten Aussage in Form eines Briefes, in dem er die biblische Geschichte von Abel und Kain schildert und damit auf die eigene Lage hinweist525. Von der Dialektik und der Form her ist dieser Brief durchaus mit dem Cuento vergleichbar. Lope de Vega geht zwar auch von der christlich-religiösen Konzeption des Narrentums aus — in der Widmung des Dramas an Don Tomás Tamayo de Vargas bezieht er sich auf die „Sagradas Letras"526 — aber er motiviert das Vorgehen des Prinzen mit der Wiederherstellung der ursprünglichen weltlichen Ordnung, die ebenso wie in „King Lear" nicht mit der höheren Ordnung im Sinne einer religiösen Gerechtigkeit konfrontiert wird. Als Mittel zum Zweck läßt sich auch die Rolle von Flores in Mira de Amescuas „Galán, valiente y discreto" charakterisieren. Flores wird als „loco discreto"627 eingeführt, der wie seine Verwandten bei-Lope und Calderón die Figuren anzeigt528. Seine sentenzenhaften Aussagen werden als „agudeza propia de locos"529 bezeichnet. Das Ziel, das Flores mit seiner Maskierung bezweckt, ist, seinem Herrn Don Fadrique zur Ehe mit der Duquesa de Mantua zu verhelfen. Schurack hat in ihrer Dissertation über die Mimustypen bei Quiñones de Benavente gezeigt, daß auch in den Entremeses der „weise Narr" Einlaß gefunden hat530. Auch hier führt er den Menschen ihr Narrentum vor Augen und enthüllt den äußeren Schein der Vernunft. In „La paga del mundo" ist die Lösung des Konfliktes ähnlich wie bei Calderón: sie führt zum „desengaño". Der Gracioso verkörpert hier die närrische Welt, der alle folgen und Tribut leisten. Als Lohn zeigt er ihnen ihre Narrenmaske, ihre „figura"081: 628

A. Parker, Henry VIII, S. 349. Lope de Vega, Obras, Bd. IV, S. 389b—390a. 525 Ebda. S. 390b. 526 Ebda. S. 374a. 527 Mira de Amescua: Galán, valiente y discreto, BAE 45, S. 23c. «28 Ebda. S. 24c; bes. 26b und 27a. s2> Ebda. S. 24c. 830 M. Schurack, a.a.O., S. 177—195. 681 Luis Quiñones de Benavente: Entremeses, Loas y Jácaras. Ed. por D. Cayetano Rosell. Madrid 1872. 2 Bde. Bd. I, S. 41—42. 524

110

Las 4 fig. Risa nuestra vida fué, [...] Por figurillas. [...] Grac.—

Si el mundo las enfermó, El desengaño será su doctor"5".

Audi in der Prosa hat die Narrenfigur vor Calderón ihren Niederschlag gefunden. Sehen wir vom klassischen Beispiel des weisen Narren Don Quijote ab, so begegnen wir ihm noch in Cervantes „El coloquio de los perros", in den beiden Hunden Berganza und Cipión. Auch sie üben unter dem Deckmantel irrationaler Wesenshaftigkeit533 Kritik an ihrer Umwelt und legen die Widersprüdilidikeiten von Sitten und Lebenserscheinungen bloß534. Narrenfreiheit genießt auch der Licenciado Vidriera in Cervantes gleichnamiger Novelle. Was in unserem Zusammenhang an der Novelle von Interesse ist, ist das rhetorische Mittel, dessen sich der Licenciado für seine Kritik bedient. Das Frage-Antwortspiel zwischen dem Licenciado und dem Volk auf der Straße vollzieht sich nach denselben Prinzipien, die Bausinger als charakteristisch für den Schwank herausgestellt hat535. Calderóns und Cervantes' Narrengestalt liegt der Gedanke zugrunde, daß der menschlichen Narrheit nur durch Narrheit beizukommen sei, eine Auffassung, die auch Erasmus vertritt63'. In seinem Werk „Moriae Encomium" äußert er die Ana t

Ebda. Bd. I, S. 43 ¡ Schurack, S. 188. Die Rolle des Mimen als Vertreter der öffentlichen Meinung, der unter dem Deckmantel der Narrheit Mißstände publik macht, hat Reich folgendermaßen beschrieben: .Wenn die öffentliche Meinung in blutigen und schweren Zeiten schwieg und sich ins Dunkel scheu verkroch, dann brachte der Mime sie durch eine witzige, scheinbar harmlose Anspielung, die doch die ganze im Theater versammelte Menge wohl verstand, ans helle Licht. Dann brach betäubend der Jubel des Volkes los, das unerwartet seine geheime, tiefversteckte Meinung zu einer Erleichterung offenbart sah" (a.a.O., Bd. I, 1, 1, S. 182). Reich geht auch auf die Stellung des Mimen zur Obrigkeit ein: „Andererseits duldeten die Machthaber diese mimische Frechheit, weil die Mimen nun einmal beim Volke äußerst beliebt waren und zugleich als Spaßmacher und lustige Komödianten nicht ernsthaft genommen zu werden brauchten" (ebda.). Pasquín profitiert von der Freiheit des Mimen, wenn er unbestraft die Figuren anzeigen kann.

555

Miguel de Cervantes, Obras, S. 997—1026. S. 1013a: Berganza erzählt, man habe ihn als »perro sabio" bezeichnet. L. Pfandl, Spanische Nationalliteratur. S. 311—312. Im „Guzmán de Alfarache" überträgt Mateo Alemán die Funktion der Wahrheitsaussage dem Diener Sayavedra. Im II. Teil, II. Buch, Kap. IX, läßt er den verrückten Diener behaupten, er sei Guzmán. Mateo Alemán verweist hier durch den Mund des Narren auf ein Ereignis, das sich tatsächlich zugetragen hat: Er zeigt damit seinen Plagiator Mateo Lujan de Sayavedra an, der unter dem Namen von Alemán einen zweiten Teil des „Guzmán" veröffentlicht hatte, um sich dessen Popularität zu Nutze zu machen. Siehe Mateo Alemán: Guzmán de Alfarache. In: La novela picaresca española. Estudio preliminar, selección, prólogos y notas por A. Valbuena y Prat. Madrid 1956. S. 234—577. S. 490b ff.

584

585

Vgl. z. B. den Cuento vom Bauern-„cristiano viejo" (Cervantes, Obras, S. 881a) und den von der jungen Braut, die einen alten Mann heiraten soll (S. 886a). Beide zeigen den Ausgleichstyp Revanche auf. Vgl. ferner den Cuento vom Portugiesen und dem Kastilier (S. 886a) mit Calderóns Cuento Nr. 70. " " Érasme: Éloge de la Folie. Obersetzt v. Pierre de Nolhac. Paris 1953 ( = Classiques Garnier). Kap. XIX ff., S. 36 ff. und LXII, S. 156 ff.¡ Erasmus beruft sich dabei auch auf Horaz': „Dulce est desipere in loco" aus der Ode IV, 12, 28 (Kap. LXII, S. 156—158).

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sieht, daß die wahre Weisheit sich unter dem Deckmantel der Narrheit nähere5®7. Als das gemäße Ausdrucksmittel dafür bezeichnet er die Fabel598. Er führt Beispiele dafür an, wie in der Antike die Redner, die sich der Fabel bedienten, die Volksmassen zu überzeugen vermochten, während die Weisen mit ihren Reden versagten539. Cervantes hat uns im „Licenciado Vidriera" vor Augen geführt, welch großer Beliebtheit sich der Narr mit seinen Cuentos erfreut und wie schnell das Interesse des Volkes an ihm versiegt, sobald er sich als Weiser zu erkennen gibt. Dieselben Menschen, die ihm zuvor zugejubelt haben, meiden ihn nun und überlassen ihn seinem Schicksal. Vergleicht man die verschiedenen Darstellungen, die das Narrenthema erfahren hat, mit Calderóns „La cisma de Ingalaterra", so läßt sich beobachten, daß Calderón am Ende einer Entwicklung steht, der er die verschiedenen geistigen Ausdeutungsmöglichkeiten entnimmt und sie aufs Glücklichste zu einem harmonischen Ganzen verbindet. Pasquín ist keine episodische Gestalt. Er durchzieht mit seinen Cuentos leitfadenartig das dramatische Geschehen, mit dem er aufs engste verknüpft ist. Seine Cuentos-Apologe erfüllen eine hohe didaktische Funktion, indem sie die Grundideen des Dramas in nuce enthalten540 und das Geschehen einkreisen. Sie finden ihre Bestätigung im Ausgang der Handlung, der einsichtig macht, wohin das Nichtbefolgen der in den Cuentos enthaltenen Warnungen führen kann. Daß die Weisheit Pasquins unerkannt bleibt, verleiht seinem Humor eine gewisse Tragik. Parker hat ihn sehr treffend als „bitter, helpless" und „too grim for laughter" charakterisiert541. Daß dennoch Komik entsteht, ist auf die Anwendung der Cuentos zurückzuführen. Das Zurückgreifen auf ein Beweismittel aus einem scheinbar unsinnigen Anlaß birgt eine Komik, die sich erst mit dem Blick auf das Gesamtgeschehen des Dramas als Ernst entpuppt. Die Praxis Calderóns, den Apolog für die Vermittlung von ernst intendierten Anliegen zu verwenden, ist der Äußerung Graciáns zufolge allgemein verbreitet: „Una misma verdad puede vestirse de muchos modos, ya por un gustoso apólogo, que con lo dulce y fácil de su ficción persuade eficazmente la verdad. Usaron de ellos graves autores, en la más importante enseñanza, tanto política, como moral"54*.

Cascales leitet seinen Exkurs über den Wagen mit einem Cuento ein, der s

" Ebda. 638 Ebda. Kap. XXIV ff., S. 44 ff. Dabei bezieht sich Erasmus auf Quintilian (a.a.O., Kap. XXV, S. 49 und Kap. L, S. 110). 539

Ebda. Kap. XXIV ff., S. 45 ff.: „Quae res plebem Romanam iam extrema molientem, in concordiam civitatis revoeavit? Num oratio philosophica? Minime. Imo ridiculus ac puerilis apologus de ventre reliquisque corporis membris confictus. Idem valuit Themistoclis apologus consimilis de vulpe et ericio" (Kap. XXVI, S. 48). 540 Uber die gehaltliche Verknüpfung von Cuento und Drama vgl. A. Parker, Henry VIII, S. 342. 5« Ebda. " 2 Graciän, a.a.O., S. 325.

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die Quintessenz seines Sdüußfazits vorwegnimmt64®. Juan de M a l Lara, der dem „refrán" dieselbe Funktion w i e dem Cuento einräumt, sagt von sich: „Jamás escreví un ringlón de burlas, que no se hallan cateroze de veras" 544 . Er bezieht sich dabei auf eine Äußerung von Horaz: „Y lo de Horatio haze a nuestro propósito: '¿Quién estorva dezir la verdad, al que riendo la dize?'". Er verweist darüber hinaus auf Enea Silvio Piccolomini, Antonius Panormitas' „Dichos y hechos del Rey don Alonso" 545 , Quintilian und Cicero und Antonio de Guevara 546 . Gracián hat anhand einer Allegorie eine poetische Begründung für die Praxis der Wahrheitsvermittlung anhand von Fiktionen gegeben. Danach ist ursprünglich die Wahrheit von der Lüge mit Tücke vertrieben worden. Der einzige A u s w e g , der ihr blieb, war, in der „agudeza" Zuflucht zu suchen, als deren Exponent der Apolog gilt647: „Viéndose la verdad despreciada y aún perseguida, acogióse a la agudeza, cumunicóla su trabajo y consultóla su remedio. Verdad amiga, dijo la agudeza, no hay manjar más desabrido en estos estragados tiempos que un desengaño a secas, mas ¡qué digo desabridoI no hay bocado más amargo, que una verdad desnuda. La luz que derechamente hiere, atormenta los ojos de un áquila, de un lince, cuanto más los que flaquean. Para esto inventaron los sagaces médicos del ánimo el arte de dorar las verdades, de azucarar los desengaños. Quiero decir (y observadme bien esta lección, estimadme este consejo) que os hagáis política; vestios al uso del mismo desengaño, disfrazaos con sus mismos arreos, que con eso yo os aseguro el remedio y aun el vencimiento. Abrió los ojos la verdad, dió desde entonces en andar con artificio; usa de las invenciones, introdúcese por rodeos, vence con estratagemas, pinta lejos lo que está muy cerca, habla de lo presente en lo pasado, propone en aquel sujeto, lo quiere condenar en este, apunta a uno, para dar en otro; deslumhra las pasiones, desmiente los afectos, y por ingenioso circunloquio viene siempre a parar en el punto de su intención"548. Gracián greift damit auf Horazens poetologischen Grundsatz des „Omne tulit punctum qui miscuit utile dulci" zurück5483, das sich bereits Don Juan Manuel im Vorwort zum „Conde Lucanor" zu seinem Ziel gesetzt hatte549. Cascales, a.a.O., Bd. I, S. 137—139. 544

Juan de M a l Lara, Bd. I, S. 108—109.

545

V g l . Anm. 536. A u d i Cascales beruft sich auf Horaz: „ [ . . . ] no niego que a veces no indiscretamente se admiten burlas entre las veras, y que entre las burlas también se suelen decir verdades. Horacio .Ridentem dicere verum, Quis vetat?'" (a.a.O., Bd. I, S. 136—137). A.a.O., Bd. I, S. 108—109.

M7

Gracián, a.a.O., S. 325.

848

Ebda. S. 324—325.

M8a

Siehe Horaz: De A r t e Poética, Vs. 343—344: „omne tulit punctum qui miscuit utile dulci,/ Iectorem delectando pariterque monendo".

54'

.Et entre las palabras entremetí algunos enxenplos de que se podrian aprouechar los quelo oyeren. Esto fiz enla manera que fazen los físicos, que quando quieren fazer alguna melezina que aproueche al figado, por rrazon que natural mente el figado se p a g a con

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Daß ernste Anliegen, denen ein zentraler Stellenwert im Drama zukommt, von Charakteren des niederen komischen Personals vorgetragen werden, ist nicht nur ein dramentechnischer Rekurs Calderöns. Hess beobachtet diese Praxis schon im geistlichen Schauspiel des 15. und 16. Jahrhunderts550, das der profanen Komödie nahesteht551. Hess unterscheidet in ihm zwischen „freier Burleskkomik", die keinen Bezug zur Handlung hat, und der Komik als „konstruktivem Element des geistlichen Spieles"552, beides Modalitäten, denen wir auch beim Gracioso und seiner Cuento-Anwendung begegnen. Hess spricht in diesem Zusammenhang von „Stiladäquatheit" und „Stilkreuzung"553. Curtius, der das Gegenspiel von Scherz und Ernst in der mittellateinischen Dichtung beschrieben und historisch verfolgt hat554, weist für das Mittelalter besonders auf die Bedeutung der Äußerungen des jüngeren Plinius hin555, der zur Abfassung witziger Gedichte zum Zwecke der Entspannung rät: „hi lusus non minorem interdum gloriam quam seria consequuntur"556. Die Gegensatzverbindung von Scherz und Ernst wird bei ihm zum literarischen Programm als Ausdruck seines Lebensideals erhoben557. Curtius gelangt zur Schlußfolgerung, „daß die Polarität .Scherz und Emst' seit der Spätantike ein gedankliches und formales Schema ist, das in der rhetorischen Theorie, in der Dichtung, in der Poetik, aber auch im Umkreis der durch den panegyrischen Stil fixierten Lebensideale erscheint". Die Ergeb-

cosas dulipes, mezclan con aquella melezina, que quieren melezinar el figado, agucar o miel o alguna cosa dulge, et por el pagamento que el figado ha dela cosa dulce, en tirandola para si, lieua la melezina la quel le a de aprouediar. Et esto mesmo fazen aqual quier mienbro que aya menester alguna melezina, que sienpre la dan con alguna cosa que natural mente aquel mienbro la aya de tirar a si. Et aesta semejanpa, con la merced de Dios, sera fecho este libro [ . . . ] " (El Conde Lucanor. Reproducido conforme al texto del Cödice del Conde de Punonrostro. 2da ed. reformada. Vigo 1902, S. 4). 850 561 552

R. Hess, a.a.O., S. 50—70. Ebda. S. 13—15 und 57. Siehe auch E. Auerbach, a.a.O., S. 153—154. „Geht es um Darlegung der kirchlichen Lehre (z. B. Eucharistie), scheut man nidtit davor zurück, durch eine niedere burleske Person (z. B. Bobo) das Verständnis der hohen Sache beim Publikum auf naiv-komischem Wege vorzubereiten. Andererseits kann aber auch die hohe Sache zum gleichen Zweck in einfädle, volkstümliche Formen gekleidet werden. Diese wechselnden stilistischen Aspekte, Stiladäquatheit und Stilkreuzung, müssen uns im Folgenden beschäftigen" (Hess, a.a.O., S. 52). Hess erwähnt namentlich die Figur des Bobo als Träger der Stilkreuzung: „Der Bobo, um bei ihm zu bleiben, verhöhnt Sündenträger, er brandmarkt durch Lächerlichkeit das Böse." (a.a.O., S. 153). Die Parallele zum Gracioso Pasquin ist augenscheinlich.

553

Diesen Begriff hat Hess von E. R. Curtius übernommen. Siehe: Die Lehre von den drei Stilen in Altertum und Mittelalter. In: RF 64 (1952), S. 56—70. S. 65. 5M E. R. Curtius: ELLM, IV Exkurs, S. 419—421. 855 Ebda. S. 420. 6S ® C. Plini Caecili Secvndi: Epistvlarvm Libri Novem, Epistvlarvm ad Traianvm Liber, Panegyricvs. Recensvit Mavritivs Schvster. 3. ed. v. Rvdolphvs Havslitz. Leipzig 1958 ( = Bibliotheca scriptorvm graecorvm et romanorvm Tevbneriana). 7, 9, 10. 557 „Ut in vita sie in studiis puldierrimum et humanissimum existimo severitatem, comitatemque miscere, ne illa in tristitiam, haec in petulantiam excedat. Qua ratione duetus graviora opera lusibus iocisque distinguo" (ebda., 8, 21, 1). 114

nisse seiner Untersuchungen leiten ihn zu der Vermutung, „daß die Mischung von Ernst und Scherz zu den Stilnormen gehörte, die dem mittelalterlichen Dichter geläufig und bewußt waren, auch wenn er sie vielleicht nirgends ausdrücklich formuliert fand" 558 . Die Verwendung des Cuento als kontrastierendes Mittel des Gracioso gegenüber der Aussage des Galán zeugt von der Fortsetzung der spätantiken und mittelalterlichen Tradition im Siglo de Oro559. Inwiefern die Konzeption der Stilkreuzung bei Calderón auch aus Erwägungen der Publikumswirksamkeit herrührt, wird noch zu sehen sein. Durch die Anwendung der Cuentos konnten wir eine Charakterisierung der Figur des Gracioso in verschiedener Hinsicht beobachten. Zunächst deutet das häufige Zurückgreifen auf einen Cuento zur Verdeutlichung von Vorgängen auf eine spezifische Denkweise des Gracioso. Im Gegensatz zum Galán kann der Gracioso sich nicht auf die Regeln eines Sittenkodex stützen. Daher greift er auf Präzedenzfälle aus dem alltäglichen Leben zurück, in denen er ein Analogon für die jeweilige neue Situation erblickt. Auch in anderer Hinsicht erweist sich die häufige Anwendung von Cuentos als Charakterisierungsmittel. Was Könneker anläßlich des Gebrauchs der Fabel in der spätmittelalterlichen Lehrdichtung beobachtet, hat auch für den Cuento-Gebrauch des Gracioso seine Gültigkeit. Für Könneker ist nämlich die Verwendung der Fabel Ausdruck des Bemühens „im Bewußtsein des Versagens im großen der Dinge im kleinen Herr zu werden. Denn ihre Moral ist grundsätzlich auf die Fähigkeit zum Entkommen und Durchschlüpfen gerichtet"660. In den Mund des Gracioso gelegt, haben diese Erzählungen die Wirkung, daß sie ihm eine typische Denkweise verleihen, die in Einklang mit seiner sozialen Stellung und seinem Verhältnis zum Galán steht. Typisierend ist ferner die Wahl der Themen, die die Cuentos des Gracioso zum Gegenstand haben. Der Gracioso zeigt sich wirklichkeitsbezogen, indem er an die Dinge von der handfesten realistischen Seite herantritt. Die Cuentos zeigen ferner den Gracioso in seiner Bauernschlauheit561 und als picaro 562 . Er wird auf einige wenige seelisch-geistige Grundzüge festgelegt: Die Cuentos weisen den Gracioso als stets um seine Nahrung besorgt aus. Eine ganze Reihe von Cuentos deuten darauf hin und werden vom Gracioso, um Nahrung zu erhalten, angeführt 569 . Andere zeigen ihn unbeständig in der w» Curtius, ELLM, S. 425. 5 S * Calderón geht in dieser Absicht in »Nadie fíe su secreto" so weit, daß er dem Gracioso Lázaro einen Cuento erzählen läßt („Hl mancebo, los calzones y el hilo", Nr. 42), dessen Handlungsträger einem niedrigeren sozialen Stand angehört, als der des Cuento Nr. 75 (.El hidalgo, los gregüescos y el hilo"), der denselben Stoff zugrundelegt und einem Galán vorgetragen wird (siehe II, 121a und II, 1801b). 5 8 0 B. Könneker, a.a.O., S. 42. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt J . Huizinga (Herbst des Mittelalters. Stuttgart 1961) im Zusammenhang mit dem Sprichwort (S. 332 ff.). M 1 Siehe z. B. die Anwendung von Cuento Nr. 29. 5 9 2 II, 1139a; siehe auch die Anwendung von Cuento Nr. 64. 5 6 S Cuento Nr. 8, 9, 11, 23, 27, 60, 64, 67 und 79.

115

Werbung um die Liebste5"4, als ängstlich und abergläubisch585, feige 58 ' und geizig567, stets auf Belohnung bedacht568 und nur selten bescheiden56'. Diese Cuentos, die den Gracioso auf das sichtbar Vordergründige und auf Verhaltensweisen der Triebsphäre fixieren570, erfüllen zugleich den Zweck komischer Charakterisierung, da sie ihre Themen und Beschreibungen der niederen Bereichskomik entnehmen. Dem Gracioso wird dadurch die Rolle des „bobo" verliehen. Neben dieser Gruppe von Cuentos finden sich solche, die den Gracioso in ganz anderer Hinsicht charakterisieren; nämlich als Satiriker, als Kritiker dramatischer Mittel, wobei er die Fiktion durchbricht, als Kritiker dramatischer Vorgänige und Verhaltensweisen einzelner dramatischer Personen sowie als Wahrheitsdeuter in den höfischen Intrigen mittels des Cuento-Apologs. Die verschiedenen Anwendungsweisen, die vom komischen Mißgriff bis hin zur Handlungsdeutung weisen, zeigen die Spannweite für die Charakterisierungsmöglichkeiten des Gracioso, die vom Spaßmacher, der seine Mittel bewußt macht, und dem „bobo", der die unterschiedlichen Wertmaßstäbe ignoriert, bis hin zum „loco-docto", dem weisen Narren, der über dem Geschehen und den übrigen dramatischen Personen steht, reicht. Die Darstellung des Gracioso in den Dramen bewegt sich zwischen diesen verschiedenen Typisierungen. Wir sprechen von Typisierung, da der Cuento Ausdruck überindividueller Grundbedürfnisse ist571, und daher als Mittel einer typisierenden Menschenzeidinung fungiert. Von einer „psychologischen Charakterisierung", wie es Aubrun getan hat572, kann man nur im Sinne einer Deutung der Richtung der spezifischen Denkweise des Gracioso sprechen. Die Cuentos stellen keine Introspektion der individuellen Psyche des jeweiligen Gracioso dar. Sie werden ja gerade infolge ihres Anspruchs auf Allgemeingültigkeit für die Beweisführung des Gracioso herangezogen. Die Skala der Darstellungsmöglichkeiten des Gracioso als Spaßmacher, Satiriker, Theater- und Gesellschaftskritiker, Narr und Weiser zeigen, daß die Typisierungen des Gracioso bei Calderón keineswegs so begrenzt sind, wie Ley glauben machen will573. Nur gelegentlich erschöpft sich die Aufgabe des Gracioso in „dar más realce, por contraluz, al sentido caballeresco de la 681 t8ä 588 587

689 570 571 672 675

Cuento Nr. 74. Nr. 1, 41, 49 und 66. Nr. 65, 66, 70, 71. Nr. 80. Nr. 78—81. Siehe die Anwendung von Cuento Nr. 64: II, 719b. Cuento Nr. 28 und 29. Siehe K. Ranke: Einfädle Formen, Fischer Lexikon, Bd. 2, 1, S. 184—185. A.a.O., S. 106. Ch. D. Ley, a.a.O., S. 206: „El gracioso de Calderón presenta menos variaciones que en ningún escritor, y obedece a un concepto de lo cómico que está muy lejos de ser tan complejo como el de Lope". Siehe ferner S. 39: .Calderón [ . . . ] busca envilecer todo lo más posible la figura del gracioso [ . . . ] " .

116

figura central de la comedia: el galán"574, öfter dagegen zeigt die antithetische Zuordnung des Gracioso und seines Cuento nicht etwa die Richtigkeit der Haltung des Galán, sondern deren Infragestellung. Zuweilen nimmt Calderón sogar die komische Transponierung des Helden vor575. Der Gracioso kann sogar die Grundideen des Autors verkörpern, so daß seine Funktion nicht ausschließlich aus der Perspektive des Galán bzw. aus der des Gracioso betrachtet werden darf, wie Ley es in seiner Studie getan hat, sondern aus der Konzeption der Charaktere, der Art ihrer Beziehung untereinander, ihrer Verknüpfung mit dem dramatischen Geschehen und aus dem Handlungsausgang. Berücksichtigt man diese Relationen, wird man zu dem Schluß kommen, daß die Charakterisierung des Gracioso bei Calderón nach bestimmten dramatischen Erfordernissen vorgenommen wird und daß die Typisierungen vielfältiger sind, als es zunächst den Anschein hat. 2. Das Verhältnis Galán und Dama — Cuento Bei der Verwendung von heiteren Cuentos entfallen bei acht Cuentos fünf auf den Galán und drei auf die Dama57'. Insofern der heitere Cuento als Mittel der Charakterisierung des Galán in Betracht kommt, müssen vier Einschränkungen gemacht werden: 1. Cuento Nr. 55 und 56 werden nicht als Cuentos, sondern als Nachrede erzählt und fungieren als objektive Berichterstattung577. 2. Cuento Nr. 64 erzählt der Galán nicht in seiner Eigenschaft als Galán, sondern als Gracioso. Er hat sich als Diener verkleidet und bedient sich des Cuento, den er als Requisit des „humor de criado" versteht578. 3. Cuento Nr. 17 wird nicht von einem Galán, sondern von einem „hombre llano" erzählt, der jedoch nicht als komischer Darsteller charakterisiert ist57». 4. Cuento Nr. 72 „El extranjero y el cortesano" kommt zwar als heiter charaktisierender Cuento in Betracht. Die Thematik entstammt jedoch nicht der niederen Bereichskomik, wie das bei den meisten Cuentos des Gracioso der Fall ist, sondern der höfischen Sphäre. Der Galán wendet sich damit auch nicht an einen standesmäßig ebenbürtigen Gesprächspartner, sondern er erzählt ihn seinem Diener. Ähnlich wie mit diesem Cuento verhält es sich mit Cuento Nr. 57 „La dama y la criada", der auf ein gesellschaftlich-höfisches Ereignis Bezug nimmt und einer Dienerin erzählt 574

M. Herrero: Génesis de la figura gel donaire. Madrid 1941. RFE, S. 47. Siehe Cuento Nr. 84 aus „Hl castillo de Lindabridis". Vgl. S. 99. i n Der Galán erzählt die Cuentos Nr. 55, 56, 64, 69 und 72; die Dama Nr. 48, 57 und 73. 577 Vgl. dazu den Cuento Nr. 40. Er legt denselben Stoff zugrunde und wird von einem Gracioso erzählt. Ein ähnliches Thema liegt dem Cuento Nr. 20 zugrunde, der ebenfalls von einem Gracioso referiert wird. «8 Ii, 1138b.

575

,7

> Der Erzähler ist der Alcalde von Zalamea. I, 545b.

117

wird. Nur mit den Cuentos Nr. 48 „El huevo de Juanelo", Nr. 73 „El loco y el entendimiento" und Nr. 69 „El borrico y la cebada" richten sich die Dama bzw. der Galán an Vertreter des eigenen Standes. Die geringe Anwendung von heiteren Cuentos und die Tatsache, daß Dama und Galán sich vorzugsweise damit an die Graciosa und den Gracioso wenden, zeigt, daß Calderón die heiteren Cuentos nicht als Mittel der Typisierung der Vertreter des gehobenen Standes begreift. Bei der Einfügung von heiteren Cuentos durch den Galán bzw. die Dama ist zu beobachten, daß sie vornehmlich in Szenen heiteren Grundtenors eingefügt sind, die entweder das heitere Treiben gesellschaftlicher Unterhaltungen580 oder Intrigen581 zum Gegenstand haben. Dabei bietet die Belustigung am Gegner den Anlaß zur Erzählung, wie z. B. in „Cuál es mayor perfección", wo Leonor die Neckereien um Angela eindämmen muß: Leo.—

[ • • • ] sintiera que de esto Ángela desconfiara, imaginando o creyendo que puede ser intención. Beat.— ¿Ahora sabes el cuento del loco, que preguntando que cosa en el universo es la más bien repartida, respondió: „El entendimiento, porque cada uno está con el que tiene contento"? No temas que desconfíe 582 .

Die Anwendimg der ernsten Cuentos wird auf den Dialog mit Vertretern desselben Standes beschränkt. Entsprechend den Cuentos ist auch der Grundtenor der Szenen. Die Cuentos Nr. 6, 7, 46 und 47 sind in die expositorischen Darlegungen der Haupthelden eingefügt. Sie werden als Argumenta für die Richtigkeit des Verhaltens vom jeweiligen Erzähler angeführt. In derselben Funktion verwendet die Dama die Fälle Cuento Nr. 53 „El convaleciente y el dolor" und Nr. 54 „El principe y el veneno" und der König den CuentoFall Nr. 5, dem derselbe Stoff wie Cuento Nr. 54 zugrundeliegt. Die ernsten Cuentos von Galán, König und Dama dienen der Schilderung persönlicher Erlebnisse und Anschauungen und weisen nicht über den unmittelbar geschilderten Zusammenhang hinaus, wie etwa die Cuentos des Gracioso in „La cisma de Ingalaterra". Zusammenfassend könen wir sagen, daß die heiteren Cuentos beim Galán und der Dama keine so eindeutig charkterisierende Funktion wie beim Gracioso haben. Soweit sie dem Galán bzw. der Dama in den Mund gelegt werden, stehen sie im Einklang mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten, die Siehe Cuentos Nr. 64, 69 und 73. 581 Siehe Cuento Nr. 48. 5 6 2 II, 1627a, Cuento Nr. 73. 880

118

in der Einfügungsszene dargestellt werden; sie zeigen sich als umweltadäquate Ausdrucksweise, da sie dem Grundtenor der gesellschaftlichen Atmosphäre der Einfügungsszene entsprechen. Nur die Dama bedient sich der heiteren Cuentos gegenüber den Vertretern des eigenen Standes durchwegs in ihrer wahren Identität. Der Galán hingegen meidet die Anwendung heiterer Cuentos. Die Komik von den Cuentos der Dama und des Galán wird nur aufgrund der wesensimmanenten Funktion der Cuentos entbunden. Eine „falsche" Anwendung, wie wir sie beim Gracioso begegnen, ist hier nicht zu beobachten. Im Gegensatz zu den heiteren Cuentos können die ernsten aufgrund ihrer verhältnismäßig höheren Zahl und ihrer Anwendungsweise als charakteristisch für die Ausdrucksweise des Galán angesehen werden. Insofern als der Apolog und die Fabel Gleichnisse darstellen583, weisen sie eine enge Beziehung zu den bedeutend häufiger verwendeten gleichnishaften Reden des Galán bzw. der Dama auf, die sie zur Schilderung ihrer Gemütsverfassung anwenden. Die Ähnlichkeit zwischen beiden Ausdrucksmitteln und ihre Austauschbarkeit zeigen der Cuento-Apolog Nr. 47 „El águila y el sol" aus „Hombre pobre todo es trazas" und die Ansprache Fisbertos in „La señora y la criada", auf die wir bereits hingewiesen haben884. Der Unterschied zu den ernsten Cuentos des Gracioso — insofern die geringe Verwendungszahl einen Vergleich zuläßt — liegt darin begründet, daß der Gracioso mit ihnen den Blick auf sein Gegenüber lenkt und die Cuentos nicht auf die bloße Dokumentierung des eigenen Gemütszustandes beschränkt. Im Zusammenhang mit der Beziehung der Cuentos zum dramatischen Geschehen werden wir noch darauf zurückkommen.

IV. Der Cuento und seine Beziehung zum dramatischen

Geschehen

Betrachtet man die Verteilung der Cuentos auf den dramatischen Ablauf, so fällt auf, daß die Mehrzahl der Cuentos (80,7 Prozent) im ersten und zweiten Akt der Dramen Calderóns eingefügt ist (37,5 Prozent im ersten und 43,2 Prozent im zweiten Akt), wogegen sich im dritten Akt eine verhältnismäßig niedere Cuento-Zahl (19,3 Prozent) befindet. Ein Unterschied ergibt sich in der Verwendung der Cuentos von Galán und Dama gegenüber der des komischen Personals. Die Vertreter des gehobenen Standes erzählen nämlich den größten Teil ihrer Cuentos im ersten Akt — 63,2 Prozent —, aber nur 26,3 Prozent im zweiten und 10,5 Prozent im dritten Akt. Das zeugt von einer allmählichen Abnahme der Cuento-Frequenz zum Ausgang der Handlung hin. Der Gracioso dagegen verwendet die Cuentos mit Vorliebe im zweiten Akt. 47,8 Prozent stehen hier 30,5 Prozent der Cuentos des ersten 588

K. Vossler: Die Diditungsformen der Romanen. Stuttgart 1951, S. 53 und v. Wilpert, „Fabel", S. 172b und „Gleichnis", S. 214a.

884

Vgl. S. 87—88.

119

Aktes und 21,7 Prozent des dritten Aktes gegenüber. Das Bild verändert sich jedoch, wenn man die Cuento-Verwendung der Graciosa in Betracht zieht. Sie verhält sich wie die der Vertreter des gehobenen Standes: Die Mehrzahl der Cuentos tritt im ersten Akt auf. Von sechs Cuentos erzählt die Graciosa drei im ersten, zwei im zweiten und einen im dritten Akt. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Cuento-Verwendung des Gracioso in Dramen mit mehr als drei Cuento-Einschüben. Hier können die Cuentos des Gracioso in derselben proportionalen Verteilung wie die des gehobenen Standes auftreten: Die höchste Cuento-Anzahl weist der erste Akt auf, ihm folgt der zweite und der dritte Akt585. Doch auch hier zeigt sich die Tendenz zur Angleichung der Cuento-Zahl in den ersten beiden Akten. „Los dos amantes del cielo" und „Dicha y desdicha del nombre" weisen ebensoviele Cuentos im ersten als auch im zweiten Akt auf586. In „El secreto a voces" und „La cisma de Ingalaterra" hingegen überwiegen wieder die Cuentos im zweiten Akt587. Lediglich zwei Dramen weisen die Mehrzahl ihrer Cuentos im dritten Akt auf: „La devociön de la Cruz"588 und „Para vencer amor, querer vencerle"589. Im ersten Fall werden die Cuentos vom Gracioso, im zweiten von einer Dama erzählt. Typisierend erscheint die Cuento-Verteilung in „Saber del mal y del bien". Die drei Cuentos, die die Vertreter des gehobenen Standes referieren, sind im ersten Akt eingeschoben, der Cuento des Gracioso dagegen im zweiten. Daraus können wir folgern, daß die Cuentos des Gracioso wie die der Graciosa und der Vertreter des gehobenen Standes sich in den ersten beiden Akten konzentrieren, während der dritte Akt von ihnen gleichermaßen gemieden wird. Das läßt darauf schließen, daß die Cuentos vornehmlich als Bestandteil des expositorischen Teils des Dramas in Betracht kommen, in dem die Einführung der dramatischen Personen, die Darlegung ihrer Beziehungen untereinander und die Gestaltung des dramatischen Konfliktes vorgenommen wird. Die Tatsache, daß der dritte Akt eine so geringe Cuento-Zahl aufweist, erklärt sich daraus, daß der Cuento vom dramatischen Geschehen aus betrachtet eher eine Digressio darstellt580, und daß einem Akt, in dem die Handlung der Lösung des Konfliktes zuläuft, Einfügungen, die vom zentralen Geschehen ablenken, eher abträglich sind. Um die Darlegung der eigenen Gefühle bzw. um Selbstdarstellung geht es bei vielen Cuentos, die in den ersten beiden Akten eingefügt sind. Die 585 siehe z. B. die Verteilung der Cuentos des Gracioso Juanete in „El pintor de su deshonra". Von sechs Cuentos treten drei im 1. Akt (Nr. 18, 19 und 20), zwei im 2. Akt (Nr. 21 und 22) und einer im 3. Akt (Nr. 23). 58« 4 Cuentos im 1. Akt stehen 4 Cuentos im 2. Akt gegenüber: Cuento Nr. 25—28 im 1. Akt; Nr. 29—32 im 2. Akt von „Los dos amantes del cielo". Cuento Nr. 74—77 im 1. Akt; Nr. 78 bis 81 im 2. Akt von „Dicha y desdicha del nombre". 587 Siehe Cuento Nr. 66 und 67; Nr. 3 und 4. wo Siehe Cuento Nr. 13, 14 und 15. 689 Siehe Cuento Nr. 53 und 54. 59® Siehe dazu Quintilian (Instit. Orat. 9, 1, 28) und Cicero (De Oratore III, 53, 203): Das „exemplum" ist als „narratio" eine „digressio" innerhalb der „argumentado*.

120

Cuentos, die dafür zur Anwendung gelangen, sind ernsten Grundtenors und erfüllen dieselbe Funktion wie ein rhetorisches Beispiel. Cuento Nr. 6, 7, 16, 46 und 47 sind in dieser Funktion im ersten Akt eingefügt, Cuento Nr. 86 tritt im zweiten Akt auf. Die Anwendung der Cuentos erfolgt auf ähnliche Weise wie die lyrischer Episoden, die als Sonett bzw. als Glosse einen Monolog oder eine gleichnishafte Rede schmücken591. Naturgemäß sind sie dem Galán bzw. der Dama in den Mund gelegt. Sie können in einem lyrischen Monolog eingebettet sein wie Cuento Nr. 86 oder an die Stelle entsprechender Darbietungen treten wie die Cuentos Nr. 46 und 47592. In beiden Fällen werden die Cuentos wie lyrische Einsdiübe episodischen Charakters behandelt. Ludwig mißt diesen keinen dramatischen Zweck zu. Er sieht ihre Funktion lediglich in der „Erweiterung einer augenblicklichen Seelenstimmung zu einem ausgeführten Stimmungsbild"593. Die Stilebene dieser Cuentos ist entsprechend der Einfügungsszene angehoben worden. Der Galán spricht im Cuento Nr. 46 in bezug auf die Blütenpracht des Mandelbaums von der „alba de la primavera y mañana del verano"; von den Blättern der Blüten als „aves de carmín y grana"584. Die Dama nennt den Adler einen „bajel de pluma", der den Sonnenhimmel, d. h. die „ondas de fuego" durchsegelt595. Es sind Ausschmückungen, die in den Cuentos des Gracioso kaum anzutreffen sind. Der Cuento fungiert nicht mehr als bloßes Redemittel, sondern darüber hinaus als Schmuckmittel. Er stellt einen „elemento de belleza y arte" dar, wie Castro y Serrano es formuliert hat698. Insofern als die ernsten Cuentos als Redeschmuck dienen, kommt ihnen lediglich eine von der Situation bestimmte, episodische Bedeutung zu. Ähnlich kann es sich mit den heiteren Cuentos verhalten, die der Galán bzw. die Dama in Szenen desselben Grundtenors erzählen597, sowie mit den heiteren Cuentos des Gracioso, die in Szenen antagonistischen Gehalts eingefügt werden. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Galán in der Mehrzahl der Fälle auf den Cuento mit Abwehr reagiert. Nur vereinzelt befolgt der Galán den anhand eines Cuento empfohlenen Rat des Gracioso. So bspw. im Fall von Cuento Nr. 60 „El perro y las dos bodas", wo der Galán schließlich doch dem Wunsch des Gracioso Roque entspricht. Der Cuento führt jedoch nur zu einer Entscheidung situationeller Tragweite, die den Gang der Handlung A. Ludwig: Vergleichende Studien zu Calderóns Technik. In: Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte. Berlin, Bd. V (1905), S. 297—322. S. 315. 5 9 2 Vgl. dazu die Szene zwischen Fisberto und Diana in „La señora y la criada", deren Dialog motivische Anklänge an Cuento Nr. 46 und 47 aufweist: „Un águila que está viendo al sol [ . . . ] • (II, 846b). f A. Ludwig, a.a.O., Bd. V (1905), S. 315. 5 , 4 II, 209a. Ebda. t M Er benutzt diesen Ausdruck im Titel seines Vortrags. Vgl. S. 38, Anm. 218. 5 » 7 Vgl. S. 118. 5,1

121

nicht tangiert: Don Fernando läßt sich überreden, noch vor der Abreise zum Essen zu gehen: Fern.— Ira de honrados celos, no tanto me atormentes ni me aflijas! A tiempo has llegado; pues te obedezco, ¿qué porfías? Ya voy huyendo: ¿qué quieres de un alma que tan rendida al torpe altar de tu bulto, su esperanza sacrifica?598. Audi in „La estatua de Prometeo" nimmt der Cuento keinen unmittelbaren Einfluß auf den Handlungsgang, obzwar Epimeteo den Cuento-Rat v o n Merlin befolgt: Merlin.— ¿No sabes lo que al verla muda pienso? que debemos de tener algún natural secreto (como los saludadores, que hasta un caso ignoran serlo) de hacer hablar y callar estatuas; y si no es esto, es que a una dama un galán robó; púsola un pañuelo en la boca; ella muy alto preguntó: „¿Para qué efecto?" „De que no des voces", dijo. Y ella prosiguió muy quedo: „¿Qué voces tengo de dar, si estoy ronca?" Aplica el cuento. A robarla ibas, te habló, con que dejada, sintiendo el desdén de no robarla, quiere ahora, enmendar el yerro callando, como quien dice: „Si el dejarme, majadero entonces fue porque hablé, róbame ahora que enmudezco." Epim.— Aunque, es desatino tuyo, yo estoy tal, que a hacer me atrevo caso de él. Llega conmigo, llega; que atreverme tengo a lograr hoy lo que entonces .. . 6 ". Während Epimeteo sich anschickt, die Statue Pandoras zu entführen, tritt ihm die leibliche Pandora entgegen. Die Handlung Epimeteos aufgrund des Cuento führt keine Veränderung des dramatischen Ablaufs herbei. Die ernst intendierte Szene wird zu einer komischen umgebogen. Der Cuento bleibt se8 598

II, 783a. Für den Anfang der Szene vgl. den Text und unsere Ausführungen auf S. 94—95. I, 2091a. Dieser Cuento (Nr. 39) wird noch heute als Witz erzählt (Madrid, 1970).

122

im Situationellen verhaftet. Von der Handlung aus gesehen, präsentiert sich der Cuento als Digressio komischen Charakters, die vom eigentlichen dramatischen Geschehen abschwenkt600. Dennoch kann der Cuento auch für den dramatischen Ablauf genutzt werden, wenn er über die unmittelbare Absicht des Redners hinaus Bezüge und Sachverhalte deutet. Anhand eines Vergleichs soll nun gezeigt werden, wie die Wahl des Cuento für die Inbezugsetzung einzelner Handlungsstränge sowie für die Verknüpfung von Charakteren nutzbar gemacht werden kann. Die Verwendung von Cuento Nr. 59 „La dama y el amigo perdido" in „El acaso y el error" und Nr. 62 „El padre, la hija y el novio" in „La señora y la criada" sollen uns dies verdeutlichen. Bei den beiden Comedias handelt es sich um zwei Fassungen desselben Dramas, wobei „El acaso y el error" früheren Entstehungsdatums ist als „La señora y la criada"601. Im zuletzt erwähnten Drama hat Calderón eine Änderung in der Cuento-Wahl getroffen, während die Einfügungsszene unverändert blieb. Der Handlungsablauf ist in beiden Fassungen derselbe. In „La señora y la criada" hat jedoch eine Konzentration zugunsten der zentralen Personen und eine Straffung in der Dialogführung stattgefunden. Die Szenen vor unseren Cuentos beschränken sich in konziser Weise auf die Einführung der Hauptpersonen und die Andeutung ihrer Konflikte602. Cuento Nr. 59 und 62 werden an die Liebesklage einer Dama, Laura, angeschlossen. Gemeinsam ist beiden Cuentos die vorangegangene GraciosoSzene, in der Gileta ihrem Mann, dem Gracioso Perote, sein verändertes Verhalten nach der Eheschließung vorhält60®. Perote begründet seine Lieblosigkeit damit, daß die Graciosa nun seine Frau sei. Cuento Nr. 59 knüpft thematisch an diese Szene an. Er zieht gleichsam das Fazit aus der gemachten Erfahrung, die in der Gracioso-Szene dargelegt wurde: Die Ehe tötet die Freundschaft, die zuvor bestand. Was die klagende Dama betrifft, so ist der Bezug zu ihr nicht einsichtig. Die Klage der Dama bezieht sich zwar auf ihre künftige Hochzeit; die Gründe ihrer Traurigkeit sind indessen ganz anderer Natur: Sie soll einen Mann heiraten, den sie nicht kennt und auf denjenigen verzichten, den sie liebt. Da sie ihren Verlobten nicht kennt, kann auch keine 000

801

Calderón deutet es selbst an, wenn er nach Beendigung eines Cuento (Nr. 72) fortfährt: „Y volviendo al argumento [ . . . ] " (II, 1541a). H. W. Hilborn (A Chronology of the Plays of D. Pedro Calderón de la Barca. Toronto 1938. S. 73) datiert „El acaso y el error" um 1635—36 und „La señora y la criada" um 1636. N. D. Shergold und J. E. Varey (Some early Calderón Dates. In: BHS 38 (1961), S. 274 bis 286) datieren dagegen „La señora y la criada" vor dem 20. 11. 1635. „El acaso y el error" wird nicht erwähnt. Wahrscheinlich ist die erstere Fassung damit gemeint. Wir gehen davon aus, daß es sich bei „La señora . . ." um die Umarbeitung und endgültige Fassung von „El acaso . . . " handelt, wobei wir Valbuena Briones folgen (Nota preliminar zu „La señora y la criada", II, 835).

,0!

Vgl. A. Valbuena Briones in der „Nota preliminar" zu „La señora y la criada", in der er die Unterschiede zwischen beiden Comedias aufzeigt (II, 835—836). •»» II, 840a/b und II, 719b/720a.

123

Freundschaft gebrochen werden604. Die Situation des Cuento kann daher nicht auf die der Dama bezogen werden, was man in Anbetracht der Bedeutung der Szene eigentlich erwartet hätte. Die Funktion des Cuento beschränkt sich hier lediglich auf die Erzeugung von Heiterkeit durch Kontrastwirkung zur Stimmung der Dama; er leitet eine komische Episode ein. Der unmittelbare Erzählanlaß ist die Erheiterung der betrübten Dama. Anders in „La señora y la criada". Cuento Nr. 62 stellt thematisch keinerlei Bezüge zu vorangegangenen Szenen her. Er enthält eine neue Situation, die zunächst episodisch erscheint, sich jedoch im Laufe der Szene als handlungsdeutend erweist. Während in „El acaso y el error" die Begebenheiten um Laura vor der Einführung von Cuento Nr. 59 dargelegt wurden, herrscht in „La señora y la criada" bis zum Zeitpunkt der Cuento-Einfügung noch Unklarheit über die Ursache von Lauras Klage. Wir wissen lediglich, daß sie heiraten wird. Der Cuento deutet nun den Rahmen an, in dem die Trauer der Dama zu sehen ist: Gilet.— Vos tenéis mucha razón en tener tal sentimiento, y más si es porque pretenden casaros: no os aconsejo que os caséis. Laura.— ¿Por qué, Gileta? Gilet.— Por mucho. Mas oye aquesto. Cría un padre una hija suya con grande recogimiento, guárdala del mismo sol, trata darla estado, y luego toda la guardada hija entrega a un hombre el primero día que la ve, y la triste doncella, que aún no vió al cielo, dentro de la cama al novio le escucha el primer resquiebro. ¡Huego de Dios en la hacienda! 605 .

Wie im Cuento, so soll auch Laura einen Mann heiraten, den sie nicht kennt. Lauras Lage ist im Drama jedoch noch nicht dargelegt worden. Der Cuento insinuiert die Parallele. Wir erfahren durch ihn mehr als von den Charakteren des Dramas. Erst im Laufe der darauffolgenden Szene wird die Ubereinstimmung anhand der dramatischen Ereignisse bestätigt 80 *. Wenn auch hier wie in „El acaso y el error" der Cuento eine komische Szene einleitet, so zeigt sich, wie die Cuento-Änderung eine funktionale Verschiebung zugunsten des Handlungsablaufs bewirkt hat. Während Cuento Nr. 59 im Bereich der Selbstcharakterisierung der Erzählerin verharrt, legt Cuento Nr. 62 den Schwerpunkt auf die Dama, die im Mittelpunkt der dramatischen HandII, 729b. • 0 5 II, 843a, Cuento Nr. 62. « M II, 843b/844a. 004

124

lung steht, und dient damit der Deutung des dramatischen Konfliktes. Vergleicht man die Einfügungsszene von Cuento Nr. 59 mit der von Cuento Nr. 62, so läßt sich auch hier beobachten, wie die Cuento-Änderung eine stärkere Konzentration und eine Abstimmung der einzelnen Handlungskomponenten auf das zentrale Geschehen herbeigeführt hat. In diesem Sinne können wir Valbuena Briones in der „Nota preliminar" zu „La señora y la criada" zustimmen, wenn er sagt: „en las refundiciones, Calderón supera siempre su propio original, consiguiendo una comedia más acabada y perfecta" 607 . Ist der Cuento Nr. 59 lediglich episodischen Charakters, so ist Cuento Nr. 62 zum strukturbestimmenden Element geworden. Dem Vorwurf Buchanans, die Cuentos Calderóns seien nicht immer treffend608, muß entgegengehalten werden, daß bei einer solchen Beurteilung die jeweilige dramatische Funktion der Cuentos zugrundegelegt werden muß. Wie wir anhand der CuentoEinfügung in „La señora y la criada" sehen können, erhält der dramatischfunktionale Gesichtspunkt vor dem der Erfüllung des unmittelbaren Redezwecks den Vorrang. Wenn die Beziehung zwischen Cuento und Drama nicht immer auf den ersten Blick einsichtig ist, so liegt das daran, daß Calderón oft den direkten Bezug absichtlich meidet. Er verfolgt mit diesem Kunstgriff einen dramatischen Zweck, der erst bei der Betrachtung des dramatischen Aufbaus ins Auge fällt. Dadurch nämlich, daß die Cuentos nicht dem unmittelbaren Anwendungszweck entsprechen, heben sie sich vom Kontext ab. Sie ziehen damit die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich und können um so besser genutzt werden, um dramatisch relevante Zusammenhänge anzuzeigen. Handlungsdeutend sind auch die Cuentos Nr. 60 aus „Mañana será otro día" und Nr. 88 aus „La selva confusa". Mit beiden Cuentos weist der Gracioso auf die Problematik um den Haupthelden hin60'. In „Mañana será otro día" erteilt der Cuento Don Fernando eine Warnung, seine Dama, Doña Beatriz, so leicht aufzugeben. Er habe alles zu verlieren und nichts zu gewinnen. In „La selva confusa" wird der Cuento ebenfalls als Warnung angewendet. Fadrique wird dadurch aufgefordert, sich für eine der beiden Damen, die er umwirbt, zu entscheiden. Der Cuento ist zugleich ein Mittel der Vorausdeutung des Handlungsausgangs, denn am Ende des Dramas müssen Fadrique und sein Bruder Filipo sich gegenseitig ihre eigentliche Liebste abtreten610. Wie der Hund im Cuento gehen auch sie aus Habgier leer aus. Watson 611 und Wilson 612 haben darauf hingewiesen, daß der Gracioso Juanete in „El pintor de su deshonra" mittels des Cuento die dramatischen •w ••» •»» «1° M1 812

II, 836b. Vgl. S. 3. Vgl. S. 94—95 und 103—104. RH 21, S. 334—337. Vgl. S. 103, Anm. 490. E. M. Wilson: Hacia una interpretación de „El pintor de su deshonra". In: Abaco. Estudios sobre literatura española. Madrid, 3 (1970), S. 49—85. Bes. S. 80—84.

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Vorgänge erläutert. Es handelt sich hier durchweg um heitere Cuentos, die für die Deutung der Handlung nutzbar gemacht werden. So Cuento Nr. 18 „El villano y los dos soldados". Er weist auf die falsch verstandene Gastfreundschaft von Don Luis hin, dessen Großzügigkeit sich schließlich für seine Gäste als nachteilig erweist'18, wobei der Cuento als Warnung dient. Mit Cuento Nr. 19 „El cortesano y el forastero" kennzeichnet Juanete die Unbesonnenheit der ungleichen Ehe zwischen Don Juan Roca und Serafina. Hinter Cuento Nr. 20 „La dama y el coche" vermutet Wilson eine Andeutung auf die Tatsache, daß Serafina vor Ende des Dramas sterben wird614. Cuento Nr. 22 „El cura, el vecino y su mujer" weist auf den Hauptdarsteller hin. Der Bezug zum Cuento ist auf zwei Ebenen realisiert. Der Darsteller im Cuento wird als „cornudo" im Sinne von „picaro" benannt, wobei die Bezeichnung nicht direkt, sondern mittels eines Euphemismus ausgesprochen wird. Dennoch ist sie zutreffend, wie die Intervention der Frau zeigt. Bei Don Juan verhält es sich umgekehrt. Er selbst glaubt sich „cornudo", obwohl er es nicht ist, und niemand das Schimpfwort ihm gegenüber gebraucht. Die Schlußformen „ [ . . . ] que empezando en cor-tesano / viene a acabar en desnudo"*1* werden darüber hinaus von Wilson wörtlich auf Don Juan Roca bezogen. Wie im Cuento dargelegt wird, ist der Hauptdarsteller zu Beginn der Comedia ein „cortesano", gegen Dramen-Ende dagegen ein armer Maler 81 '. Cuento Nr. 23 „El padre, el hijo y el gato", der erst nach dem dritten Erzählversuch gelingt, zeigt nach Wilson den Kontrast zwischen Juanete und Belardo und die Großzügigkeit des Prinzen gegenüber denjenigen, die warten'17. Juanete, der für die Ausführung seines Cuento bis zur geeigneten Gelegenheit wartet und dafür belohnt wird, exemplifiziert, wie vernünftiges Verhalten zu einem guten Ergebnis führt. Im Gegensatz dazu zeigt sich die Haltung des Hauptdarstellers, der voreilig urteilt, als die negative, die zum entsprechenden Ausgang führt. Watson hat die Funktion der Cuentos in „El pintor de su deshonra" ebenfalls im Zusammenhang mit der Problematik um den Haupthelden betrachtet. Er sieht sie in der „vital function of leading the spectator towards a correct assessment of Don Juan Roca's degree of responsibility for the tragic misfortune which overtakes him"618. In diesem Zusammenhang spricht er dem Cuento vom Tauben (Nr. 21) eine zentrale Bedeutung zu, da er in ihm den Grundgedanken der Problematik um Don Juan Roca angesprochen sieht. Wie im Cuento der Taube, verteidigt Don Juan Roca das eigene Unvermögen gegen jegliche Einsicht und jeden Rat von außen'19. Ebda. S. 81. Ebda. S. 82. I, 881b. w» Wilson, a.a.O., S. 83. Ebda. S. 83—84. « 8 A.a.O., S. 223. •»• Ebda. S. 215.

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Cuento Nr. 17 „El calvo y la cabellera" in „El alcalde de Zalamea" ist dem Hauptdarsteller, Pedro Crespo, in den Mund gelegt. In dem ersten Akt eingeflochten, deutet der Cuento nicht nur das Verhalten des Darstellers, sondern auch den Konflikt, in dem das dramatische Geschehen einmündet. Pedro Crespo lehnt es trotz seines Reichtums ab, einen Adelsbrief zu kaufen, mit dem Hinweis, daß sich seine Position dadurch nicht verändern würde. Ehre könne man nicht kaufen. Diese Meinung wird anhand des Cuento bestätigt. In ihm wird ein Kahlköpfiger trotz Perücke weiterhin als Kahlköpfiger behandelt. Die Erzählung verfügt indessen noch über eine zweite Deutungsmöglichkeit. Wie der Darsteller des Cuento ist Pedro Crespo in seiner Eigenschaft als „hombre llano"420 eigentlich „kahlköpfig". Ihm gebricht es am Wesentlichsten, um dem gehobenen Stand gleichgestellt zu sein, nämlich am Adelsbrief. Im Cuento verschafft sich der Darsteller das Attribut der Gleichheit durch den Kauf der Perücke. Pedro Crespo eignet sich im Zuge der Ereignisse ebenfalls etwas an, was ihm ursprünglich nicht zustand. Er zieht den Kapitän, dem Gesetz zuwider handelnd, zur Rechenschaft und läßt ihn hinrichten. Wie Valbuena Briones schon gezeigt hat, ist die Figur Pedro Crespos aus seinem Übermaß an Stolz, aus seiner „vanidad" zu verstehen. Sie verleitet ihn dazu, daß er die soziale Hierarchie ignoriert821. Calderón hat an verschiedenen Stellen des Dramas auf diese Eigenschaft des Darstellers hingewiesen822. Die Charakterisierung vom „Sargento", der Pedro Crespo als „el más vano hombre del mundo" hinstellt62®, hat ihre Entsprechung im eitlen Kahlköpfigen des Cuento. Der Cuento aus „El alcalde de Zalamea" weist bereits eine Transzendenz auf, die der der ernsten Cuentos nahe kommt. Diese verweisen nämlich nicht nur auf Handlungsvorgänge, sondern deuten auch den allgemeingültigen geistigen Hintergrund der dramatischen Ereignisse, wie die Cuentos Nr. 2, 3, 16 und 83 sowie die Cuento-Auflösungen in „Dario todo y no dar nada". Cuento Nr. 16 besitzt außer seiner schmückenden, die Rede auflockernden Funktion, eine für die Handlung symbolische Bedeutung. An den Anfang des Dramas gestellt, deutet er programmatisch auf das zentrale Thema des Dramas hin. Der Haltung des Protagonisten entgegengestellt, zeigt die ethische Motivierung des Cuento, Das-sich-Bescheiden mit dem Geringen, einen der zentralen Gedanken, um die das Drama kreist024. Ähnlich verhält es sich mit Cuento Nr. 3. Uber den Anwendungsbereich der dramatischen Situation hinaus zeigt er die Grenzen menschlicher Macht überhaupt auf. Dieser Ge-

«2» I, 545b. 821

A. Valbuena Briones in der „Nota preliminar" zu „El alcalde de Zalamea" (I, 536b).

822

Ebda.

828

I, 542a. Der Bezug zum Hauptgeschehen besteht, obwohl der Charakterzug des Helden der CuentoErzählerin noch nicht bekannt ist.

824

127

danke wird an dem „Helden", der sich durch übermäßige Ausübung der eigenen Macht ins Verderben stürzt, exemplifiziert. Eine ähnliche Bedeutung erlangt Cuento Nr. 2, in dem auf die Scheinhaftigkeit der Dinge und Vorgänge hingewiesen wird. Ein Gesichtspunkt, auf den der Gracioso noch im späteren Verlauf der Handlung zurückkommt, wenn er begehrt, Figurendeuter zu werden, um das versteckte Intrigenspiel der Hofleute aufzudecken625! Durch die Eindringlichkeit der Cuentos und ihre symbolische Bedeutung treten sie dem Publikum besonders prägnant entgegen und dienen gleichsam als Warnung. Im anschaulichen Bild lassen sie die Idee, die geistige Struktur des Erzählten, erahnen826. Alle diese Cuentos sind in den ersten beiden Akten eingefügt. Das bestätigt die von Valbuena Briones in einem anderen Zusammenhang angestellte Beobachtung, daß Calderón die poetischen Symbole nicht immer in den ersten Versen des Dramas einstreut, sondern diese an verschiedenen Stellen des ersten und zweiten Aktes setzt, „según convenga para la simetría de la obra [ . . . ] " . Nach Valbuena Briones ist die Einfügungsstelle vom „desarrollo del ritmo escénico" bestimmt, „dependiendo normalmente del dinamismo inicial"627. In den ersten beiden Akten sind auch die Cuento-Auflösungen von „Dario todo y no dar nada" eingefügt628. Der Erzähler, Diogenes, zeigt seine Ähnlichkeit zu Pasquín nicht nur darin, daß er seinen Ausführungen denselben Cuento wie Pasquín zugrundelegt628, sondern auch dadurch, daß er mit seinen Erzählungen über das unmittelbare Geschehen hinaus auf einen ethischen Grundsatz verweist. Die Episode um die Blume steht in enger Beziehung zum Titel des Dramas. Die These, die anhand der Handlung exemplifiziert wird, verdeutlicht zu Handlungsende noch einmal Alejandro. Die Zusage von Campaspe, Apeles zu heiraten, wird von ihm wie folgt ausgedeutet: Alej.—

Como si le amabas, es dar lo que ya era suyo, darlo todo, y no dar nada" 830 .

Der Gedanke, den Calderón hier zugrundelegt, findet sich auch im Cuento

•25 I, 153a. Vgl. S. 106. 626

Für die Cuento-Symbolik in „La cisma de Ingalaterra", vgl. A. Parker, a.a.O., vgl. S. 107, Anm. 510 und 511.

627

A. Valbuena Briones: Simbolismo. La caída del caballo. In: Perspectiva crítica, a.a.O., S. 35—53. Siehe S. 40—41.

828

.Diogenes y la fuente" (I, 1024a/b), „Alejandro y los tres retratos" (I, 1027a/1028a), „Diogenes, Alejandro y la riqueza" (I, 1037b) und „Diogenes Alejandro y la flor" (I, 1038a/b).

829

Vgl. den Dialog zwischen Alejandro und Diogenes (Cuento-Auflösung „Diogenes, Alejandro y la flor", s. oben) mit dem Cuento von Pasquín „El filósofo, el soldado, Alejandro y la flor" (I, 153a, Cuento Nr. 3). I, 1066b.

128

„Alejandro y el poeta Tebandro" (Nr. 6). Valbuena Briones sieht darin die christliche Auffassung vom Recht auf individuelle Selbstbestimmung ausgedrückt: „El hombre decide en materias de espíritu según un código de honor, que nadie tiene derecho a infringir. Únicamente Dios es el supremo juez del valor moral de sus acciones. Un político o un caudillo, por importante que sea, no puede decidir de acuerdo con sus intereses sobre los demás en materias de espíritu"831. Calderón verwendet die Cuentos mit Vorliebe in Szenen, in denen sich der Galán bzw. die Dama in einer Konfliktsituation befinden. Die Cuentos stellen jeweils eine Alternative zu den Darlegungen dieser Charaktere dar. Sie können dabei entweder nur auf eine einzige Situation des dramatischen Geschehens bezogen werden oder aber auf ganze Handlungsabschnitte. Daß die Cuentos des Gracioso bzw. der Graciosa die Vertreter des gehobenen Standes nicht zu beeinflussen vermögen, ist schon an anderer Stelle bemerkt worden632. Die unterschiedliche Haltung gegenüber der Realität633, begründet durch die jeweilige soziale Zugehörigkeit von Erzähler und Zuhörer, begrenzt den Aktionsradius des Cuento des Gracioso. Das Geschehen wird lediglich von einer anderen Seite her beleuchtet, die im Kontrast zu jener des Galán steht. Die Szenen, in die die Cuentos antithetischer Intention eingefügt sind, befinden sich sowohl im expositorischen Teil des Dramas, d. h. im ersten und zweiten Akt, als auch im dritten634. Die Einführungsweise der Cuentos in „Dicha y desdicha del nombre" präsentiert ein Novum in der Cuento-Anwendung. Die Cuentos sind hier ein durchgängiges Gestaltungsmittel der Gracioso-Szenen und treten reihenweise auf6'5. Nur ein weiteres Drama besitzt eine derart hohe Cuento-Anzahl von neun Cuentos: „Los dos amantes del cielo". „El pintor de su deshonra" weist dagegen nur sechs auf636. Im Gegensatz zu diesen Dramen handelt es sich bei „Dicha y desdicha del nombre" um eine Komödie. Das Prinzip der Einfügungen ist auch hier die Kontrastbildung. Die Cuentos alternieren jeweils mit Szenen der Haupthandlung. Zwischen den Hauptgestalten entspinnt sich ein Intrigen- und Versteckspiel, das jegliche Schlichtung des Konfliktes auf dem Wege der direkten Aussprache verhindert. Eine Zurückhaltung in dieser strengen Form vermögen die Graciosos sich zwar nicht aufzuerlegen,

6S1

832

Á. Valbuena Briones: .Darlo todo y no dar nada". In: Perspectiva crítica, a.a.O., S. 271— 276. S. 274. Der Autor weist auf den Einfluß der stoischen Doktrin Senecas und Epiktets hin (ebda). Vgl. S. 88—89.

•** D. h. die in der Fiktion des Dramas dargestellte Realität. 634 Siehe Cuento Nr. 43 und 72, im ersten Akt; Nr. 66 und 71 im zweiten; Nr. 39, 50, 63 und 68 im dritten Akt. 885 Siehe die Cuentos Nr. 78—81. Siehe die Cuentos Nr. 18—23 in „El pintor de su deshonra". Für „Los dos amantes del cielo" siehe die Cuentos Nr. 25—33.

129

dennoch zeigt sich in der Dialogführung in Form von Cuentos6®7, daß auch sie ernsthaft darum bemüht sind, die direkte Aussage zu vermeiden. Daß der Cuento als „disfraz", Maske, dient, notiert Calderón in „Los dos amantes del cielo"«38. Tristan, der Gracioso von „Dicha y desdicha del nombre", will mit Flora zu einer Ubereinstimmung kommen, wie sein Herr Don Félix mit Serafina. Doch er muß feststellen, daß er mit Flora kein „concierto", so nennt er es, anstimmen kann 8 ". Cuento Nr. 74, der im ersten Akt des Dramas eingefügt ist, zeigt programmatisch auf die entgegenstrebenden Kräfte der Liebenden. Der Cuento, der vom Gracioso Tristán erzählt wird, weist damit nicht nur auf den ideellen Gehalt des Dramas hin, sondern auch auf die Parallelisierung von Galán und Diener, von Haupt- und Nebenhandlung. Tristán weiß wie der Hauptheld von Liebeskummer zu berichten, wenn er sich auch dafür entschuldigt „ (perdona que el galanteo Ponga hoy en tan bajos paños)"440.

Die Behandlung des alten Themas Liebe841 erfolgt hier durch die neuartige Technik der Cuento-Anwendung, besser gesagt, der neuen Auffädelung der Cuentos642. Sie werden in diesem Drama nicht als Beweismittel angewandt, sondern sie ersetzen die Rede überhaupt. Dieselbe versteckte Taktik in der Werbung um Serafina, die Félix anwendet, befolgt der Gracioso Tristán gegenüber Flora. Lediglich die sprachlichen Ausdrucksmittel sind unterschiedlich. Während sich der Galán und die Dama einer metaphorischen Sprache bedienen, zeichnet sich die des Gracioso gerade durch ihre plastisch-realistische Beschreibungsweise der Dinge aus. Verschleiernd sind jedoch beide Ausdrucksformen. Nur durch die im Cuento zum Sieg gelangte Idee gibt sich die Absicht des jeweiligen Erzählers zu erkennen. Die Parallele von Haupt- und Nebenhandlung kommt auch an einer anderen Stelle zum Ausdruck. Unmittelbar auf die Szene von Tristán und Flora folgt das Treffen von Félix mit Serafina. Die Parallelität wird nicht nur durch den unmittelbaren Anschluß an eine inhaltlich entsprechende Szene offensichtlich, sondern auch durch wörtliche Ubereinstimmungen. Die Erwiderung Serafinas „Eso es hacer de una dos"643 hat ihre Entsprechung im Cuento Nr. 80 und 81, in denen jeweils von einer Tat mit zwei Zielsetzungen gesprochen

« " Siehe die 838 I, 1074a. 639 II, 1834a. ««o II, 1801b. 641 II, 1801b. 942 II, 1801b. 84s II, 1819a.

130

Cuentos Nr. 78—81 und 82.

Vgl. S. 101. Tristán nennt die Liebeständeleien .vejeces de amor". Vgl. S. 88.

wird*44. Während die Graciosa das Gespräch mit einem Cuento zu ihren Gunsten wendet, wehrt Serafina ab. Die Begegnung zwischen Félix und Serafina endet ohne ein befriedigendes Ergebnis, ebenso wie die Zusammenkunft von Tristán und Flora in der vorausgegangenen Szene. Hier wird Tristán dazu veranlaßt, den Cuento, der die Ereignisse vorantreiben soll, zu unterbrechen. Lediglich die Einführung „Criaba una dueña una enana . . . " gelingt ihm. Die Intention ist offensichtlich: Der Konflikt der Nebenhandlung darf nicht vor dem der Haupthandlung einer Lösung zugeführt werden. Der Ausgang der Szene macht deutlich, daß die Gelegenheit für einen glücklichen Ausgang noch nicht eingetreten ist. Flora.— Tris.— Flora.— Tris.—

Mi ama llama: espera. ¿En qué q u e d a m o s ? En q u e criaba a una enana una dueña. P u e s adiós, señora Flora, h a s t a que la enana crezca" 6 4 5 .

Dasselbe Spiel der gegenseitigen Unterbrechung wiederholt sich im dritten Akt, wo der dramatische Konflikt seinen Höhepunkt erreicht646. Die Parallele dazu bildet die Szene zwischen Félix und Serafina. Félix versteckt seine Identität hinter den Namen des Freundes, an dessen Stelle er nach Mailand gekommen ist¡ Serafina tritt dagegen verkleidet auf, wenn sie auch keine Maske trägt647. Beide zeigen sich um die Aufdeckung der Wahrheit bemüht, äußere Umstände verhindern jedoch noch die endgültige Lösung des Konflikts. Daher unterbrechen sich beide ständig gegenseitig in ihren Ausführungen, die die Wahrheit zu Tage fördern würde. 644

Im Epimythion von Cuento Nr. 80 (II, 1818b) heißt es: „Si el tiempo está tal que sirve / una coroza a dos fiestas, / sirva a dos una sortija". M5 II, 1819a. «« Siehe auch II, 1834b: Flora— [ . . . ] Asi uced para morirse por mi de amor, saber quiere qué costa le ha de tener ¡ pues sepa, si el cuento es ése, que una mona y sus amigas . . . Tris.— Eso no, mujer, detente: quitar uno y dar con otro, es beber arreo dos veces. Criaba una dueña una enana . . . Flora.— Yo empecé antes. Tris.— Aunque empieces, yo me sigo. Flora.— Un día . . . Los dos.— La dueña . . . Flora.— . . . la mona . . . • 4 7 Siehe die Bühnenanweisung: .Salen Serafina y Flora, de máscara, pero descubiertas" (II, 1843a). 131

Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.— Félix.— Seraf.—

No os entiendo. No me espanto: yo tampoco. Hablad más claro. No puedo. ¿Cómo? Como no me animo. ¿Por qué? Porque no me atrevo. ¿A qué?, decid. A enojaros. ¿Qué os acobarda? Perderos. [...] ¿De qué suerte? Padeciendo . . . ¿Qué? Las dichas y desdichas , ¿De quién? Del nombre que tengo. Hablad más claro. 848 [ . . . ] usw. .

Wilson hat die Technik des Cuento-Aufschubs in „El pintor de su deshonra" dahingehend interpretiert, daß sie vor Augen führt, wie langes Warten notwendig ist, um etwas zu erreichen 849 . Für ihn ist die Verzögerung von größerer Bedeutung als die Erzählung selbst850. Im Unterschied zu „El pintor de su deshonra" werden die begonnenen Cuentos in „Dicha y desdicha del nombre" jedoch nicht zu Dramenschluß ausgeführt 851 . Ihre Aussage wird für das dramatische Geschehen am Ende überflüssig. Die Bedeutung der unterbrochenen Cuentos scheint in ihrer Funktion als Aposiopese begründet zu sein. Die Cuento-Aposiopese fungiert als „insinuatorisches Mittel der Erregung des Informationsbedürfnisses und der Aufmerksamkeit" 852 , die den Hörer zu verstärkter Konzentration veranlaßt, indem sie in ihm die Befürchtung aufkom648

II, 1843b. Die Parallele deutet auch Tristán an: Serafina spricht zu César, d. h. Félix, von einer „pretensión". Tristán wendet sich sogleich an Flora: Tris.— (A Flora.) Y uced, ¿no tiene conmigo pretensión? Flora.— Pues yo, ¿a qué efecto? Tris.— De consentir que por mí perdiera el entendimiento. Félix.— ¿Pretensión conmigo vos? Seraf— Sí. [ . . . ] . usw. (II, 1843a) 649 „Las repeticiones y las interrupciones son bromas teatrales y nos hacen ver como largas esperas a veces son necesarias para obtener algo, aunque sea nimio" (Wilson, a.a.O., S. 83). •s® Ebda. S. 84. 851 Siehe die Endszene von „Dicha y desdicha del nombre" (II, 1846a). Vgl. S. 89. 652 Siehe H. Lausberg, a.a.O., § 272, S. 156.

132

men läßt, er habe eine wichtige Information versäumt. Die Wirkung der Aposiopese besteht gerade darin, daß sie einen bedeutenden Inhalt erwarten läßt653, ihn aber nicht ausspricht, sondern den Hörer dazu bringt, daß er die wahre Bedeutung sucht und findet654. Sie baut darauf auf, „daß die ausgelassene Äußerung nach der Absicht des Sprechers im Umriß trotzdem vom Publikum verstanden wird"655. Nach Gero von Wilpert ist die Aposiopese im klassischen Drama ein wichtiges Stilmittel zur Dynamisierung des Dialogs658. Die emphatische Aposiopese in „Dicha y desdicha del nombre" stellt ein weiteres Element der Parallelisierung von Haupt- und Nebenhandlung dar. Zugleich jedoch wird der Unterschied zwischen den beiden Handlungen deutlich. Die Begegnungen und die Dialogführungen zwischen Herren und Diener sind zwar parallel konzipiert, die Darstellung ihres Verhaltens ist indessen von unterschiedlicher Bedeutung. Auf die Grundhaltung des Galán und der Dama projiziert, zeigt sich die Nebenhandlung des Gracioso und der Graciosa als komische Modalität zum Hauptgeschehen. Das Prinzip der Cuento-Einfügungen beruht in „Dicha y desdicha del nombre" wie bei den meisten heiteren Cuentos auf komischer Kontrastierung657. Lediglich die nahtlose „ asyndetische" Aneinanderfügung der Cuentos zur Ausgestaltung ganzer Szenen und als durchgängiges kontrastives Gestaltungsmittel ist neu. Die Charakterisierung von Flora als „Floresta española" 938 verweist nicht nur auf das unerschöpfliche Reservoir an Cuentos der Dienerin, wofür die Cuento-Anthologie des Melchor de Santa Cruz Pate stand65®, sondern auch auf die darin zugrundegelegte Praxis der fugenlosen Aneinanderreihung. •» Ebda. 6 5 4 Siehe H. Lausberg: „Eben dies Verhältnis der geringen Äußerung zur ahnungsvollen Hinstellung eines großen Inhaltes ist das Phänomen der Emphase" (§ 888, S. 439—440). 655

„Andeutung und Bedeutung stehen [ . . . ] in einem Verhältnis von Gefäß und Inhalt oder von Schale und Kern" (H. Lausberg, § 906, S. 452). Quintilian, 9, 2, 65. Siehe auch H. Lausberg, a.a.O., § 888, S. 438^439.

658

„Aposiopese", a.a.O., S. 38. Castro y Serrano spricht ebenfalls von einer solchen Verwendung in der Antike. Er berichtet von einem griechischen Orator zu Athen. Die Masse hörte ihm kaum zu. Da veränderte er seinen Tonfall und begann zu erzählen: Ceres ging mit einem Aal und einer Schwalbe spazieren. Sie kamen an einen Fluß. Die Schwalbe überquerte ihn fliegend, der Aal schwimmend. Die Masse wurde still und folgte aufmerksam der Erzählung. Da fuhr der Redner fort mit seiner Rede, aber die Leute riefen: „Und Ceres?" — „Ceres", antwortete der Philosoph, „blieb am Ufer stehen und wartete, bis man ihm Aufmerksamkeit schenken würde für die vielen wichtigen Dinge, die er mitzuteilen hat." (A.a.O., S. 20.) Daß im Siglo de Oro die Cuento-Aposiopese als Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit üblich ist, zeigt ihre Verwendung bei Cervantes im „Quijote" (I. Teil, Kap. 20, S. 1102a—1103b). Sancho will dort den Cuento vom „Pastor cabrerizo Lope Ruiz" erzählen, führt die Erzählung aber nicht zu Ende. Don Quijote, der Sancho dafür rügt, wird von diesem eines besseren belehrt: „Todo puede sei [ . . . ] ¡ más yo sé que en lo de mi cuento no hay más que decir: que allí se acaba do comienza el yerro de la cuenta del pasaje de las cabras" (ebda. S. 1103b). Hier wird die Aposiopese darüber hinaus für gehaltliche Deutungen nutzbar gemacht.

657

Vgl. z. B. auch Cuento Nr. 83 „La madre y el hijo salvaje" in „El castillo de Lindabridis".

859

II, 1834a. Vgl. S. 82.

Siehe S. 99—100. 659

133

Im ersten Akt des Dramas befindet sich außerdem ein Cuento, dem eine handlungsdeutende Funktion zukommt. Es handelt sich um den Cuento „El conde, el esclavo y la dama" (Nr. 77), den die Dienerin Flora in der Einführungsszene ihrer Herrin Serafina erzählt. Beide unterhalten sich über die Bekanntschaft Serafinas mit Félix: Seraf.—

[...] En mi calle un caballero, que a Milán estos días vino con el príncipe de Urbino, de máscara está; y no quiero que habiéndose declarado conmigo, presuma que es favor que yo me esté a la reja: que me enfado de ver su necia porfía.

Flora weist ihre Herrin darauf hin, daß sidi hinter der Identität dieses Herrn möglicherweise eine andere Person verbirgt. Der Cuento illustriert ihre Behauptung: Flora.— Quizá es otro que vestido de disfraz, te ha parecido. Seraf.— ¿Cómo puede ser? Flora.— Servía en palacio un extranjero conde ¡ y cuando el sol faltaba, se Iba a acostar y dejaba un esclavo en el terrero con su capa de color y plumas. La dama, un día que nevaba y que llovía, le quiso hacer un favor. La reja abrió, y en falsete, „idos, conde", pronunció) a que el moro respondió: „No estar conde, estar Hamete." Y así puede ser, señora, que al que la máscara esconde sea Hamete y no sea conde. Seraf.— ¿A todo su cuento, Flora? 860 .

Flora weist damit Serafina in die Problematik um Félix ein. Serafina versteht jedoch offensichtlich die Andeutung nicht. Der Cuento ist hier ein Mittel der Handlungsvorausdeutung, dem eine strukturelle Bedeutung zukommt. Insofern als die Cuentos von „Dicha y desdicha del nombre" eine dramatische Funktion erfüllen, führt unsere Untersuchung über die Cuento-Einfügung bei Calderón zu einem anderen Ergebnis als die von Williamsen über Mira de Amescua. Williamsen hat bei diesem Dramatiker beobachtet, daß die Cuentos von Dramen mit hoher Cuento-Präsenz keine strukturelle ReleII, 1807a/b. 134

vanz erlangen" 1 . Die Ergebnisse von Watson und Wilson sowie die unsrigen in bezug auf „Dicha y desdicha del nombre" zeigen, daß bei Calderón den Cuentos in Dramen mit hoher Cuento-Zahl dieselben dramatischen Funktionen obliegen, wie denjenigen von Dramen mit geringer Cuento-Zahl. Das heißt, sie werden wie diese sowohl für die Funktion des Ornato, der dramatischen Kontrastierung, der Parallelisierung von Haupt- und Nebenhandlung, der Verknüpfung von Personen und Szenen, der Vorausdeutung des Handlungsausgangs als auch für die Deutung des ideellen Hintergrundes des Dramas nutzbar gemacht. Diese von uns herauskristallisierten funktionalen Kategorien machen deutlich, daß die Beziehung zwischen den Cuentos und der Handlung zwar auf verschiedenen Ebenen realisiert werden, daß diese jedoch einem Bereich entstammen. Die dramatischen Funktionen der Cuentos bewegen sich im Rahmen der Kommentierung und Deutung des dramatischen Geschehens und begleiten die Handlung. Dem Wirkungsbereich der Cuentos ist lediglich eine Schranke auferlegt. Sie vermögen es nicht, den Handlungsgang zu beeinflussen. Immer wieder wird der Cuento, der in dieser Hinsicht wirksam zu werden droht, vom Zuhörer abgewehrt"*. Unsere Ergebnisse stehen damit der Auffassung von Jiménez y Hurtado entgegen. Er hat die funktionale Bestimmung der Cuentos im Drama des Siglo de Oro unseres Erachtens zu weit gesteckt, wenn er sagt: „No hay escena, por apurada que sea, que no la salve una fábula; no hay indecisión que no la venza un apólogo; no hay situación, por enredada que esté que no la desenlace un cuento" 8 ".

Jiménez y Hurtado, das geht aus dieser Äußerung hervor, betrachtet den Cuento als ein Mittel zur Förderung der dramatischen Handlung, eine Auf661

V. G. Williamsen: a.a.O., S. 67, Anm. 20: In „Galán, valiente y discreto" [ . . . ] Mira uses no fewer than six tales each one of whidi has a relationship to the sub-plot or Situation in whidi it is used but none of whidh can be traced as having any over-all structural significance".

M2

Siehe Cuento Nr. 77 aus .Dicha y desdicha del nombre", vgl. S. 134. Parker hat die Figur Pasquíns in .La cisma de Ingalaterra" gerade deshalb als tragisch beschrieben, weil seine weisen Cuento-Aussagen es nicht vermögen, die dramatischen Personen zu einer anderen Handlungsweise zu bewegen, als die von ihnen befolgte. Vgl. S. 106. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt Wilson über die Cuentos im „Pintor de su deshonra". Er bezeichnet den Gracioso Juanete als einen Kommentator und verneint ausdrücklich seine Rolle als „agente" (a.a.O., S. 80). Er grenzt die Funktion der Cuentos in diesem Drama folgendermaßen ein: „Las historietas [ . . . ] ayudan a despejar la atmósfera de la comedia, en donde pasión, traición, violencia y asesinato están tan en evidencia. Ésta no es su sola función. Acentúan además, de vez en cuando, la locura, vanidad o destino de las personas a las que, o sobre las que, se cuentan. Las historietas no siempre tienen una relación precisa con la principal, pero ayudan a poner atención en detalles que parecen triviales, pero que en realidad no lo son" (ebda. S. 81).

M3

Ebda. S. 81. Siehe die zahllosen Ablehnungen der Helden auf die Erzählung handlungsklärender Cuentos, wie im oben angegebenen Fall von Cuento Nr. 77 und z. B. in „La cisma de Ingalaterra" (I, 149a), „El pintor de su deshonra" (I, 870b) usw.

135

fassung, der unsere Ergebnisse entgegen stehen. Von der Handlung her gesehen, ist der Cuento eine Digressio, ein retardierendes Element, das den Handlungsfluß kommentierend begleitet; auf keinen Fall treibt er ihn voran. In dieser Hinsicht stimmen unsere Ergebnisse über die funktionale Bestimmung des Cuento in den Dramen Calderóns weitgehend mit denen von Williamsen über die Cuentos im dramatischen Werk Mira de Amescuas überein. Williamsen hat sie folgendermaßen charakterisiert: „Mira employed a short tale: (1) to underscore accurately and succinctly the basic thesis of the play; (2) to foreshadow the conclusion to which the action of the drama must inevitably lead; or (3) to seek a unity of shorts by means of repeated references to the cuento""4. Im Vergleich dazu weisen die Cuentos Calderóns eine weitere Modalität auf, nämlich ihre Verwendung als Symbol für weltanschaulich geprägte Leitbilder, wie in „La cisma de Ingalaterra", „Dario todo y no dar nada", usw. Diese Verwendungsweise stellt zweifellos den Höhepunkt der Cuento-Einschubpraxis Calderóns dar. Sie ist jedoch kein isolierter Rekurs im Drama unseres Autors, sondern vielmehr Ausdrude eines dramatischen Prinzips, das H. Friedrich anhand der Charakterisierungsweise der Figuren bei Calderón dargelegt hat. Nach ihm fungieren die dramatischen Personen als „Objekte überpersönlicher Ordnungen, exempelartige Erleider des immerwährenden Kampfes göttlicher und teuflischer Mächte um die Seele"685. Wie diese sind auch die Ereignisse symbolisch überhöht666. Der Cuento als dramatisches Mittel der Charakterisierung von Personen und Vorgängen, wird diesem Darstellungsprinzip untergeordnet.

6«4 v . Williamsen, a.a.O., Hispania, S. 62a. 685

H. Friedridi: Der fremde Calderón. Freiburg i. Br. 1966 ( = Freiburger Universitätsreden. N. F. Heft 20) S. 16—17. •«« Ebda. S. 16.

136

D. Schlußbetrachtung: Die dramentheoretische Rechtfertigung des Cuento im Drama Calderóns Der Cuento Calderóns ist ein Produkt volkstümlicher und literarischer Tradition. Er stellt einerseits die Fortführung des im Mittelalter beliebten Schwanks, des Apologs und der Fabel dar, andererseits zeigt er eine enge Verbindung zur klassischen Tradition des Apophthegma, des Beispiels und des Exemplum, deren Einfluß besonders im Hinblick auf die Verwendungsweise des Cuento von Bedeutung ist667. Der Cuento schöpft aus verschiedenen Quellen. Form, Gehalt und Verwendungsweise stellen ihn sowohl in die griechisch-lateinische und italienische als auch in die arabische und in die volkstümliche, bodenständige Tradition. Was die Rezeption italienischer Vorbilder anbelangt, ist zu beobachten, daß die spanischen Cuento-Theoretiker wie Rodrigues Lobo und Gracián Dantisco sich in ihren Darlegungen hauptsächlich auf Castigliones Fazetientheorie stützen. Die Cuento-Verwendung in den Dramen Calderóns zeigt indessen eine andere Patenschaft. Drei wesentliche Unterschiede lassen sich aufzeigen: Während Castiglione, an die Tradition von Quintilian und Pontanus anknüpfend, die Fazetie hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Unterhaltung sieht, zeigt Calderón eine engere Verbindung zu Cicero und dessen Auffassung von der rhetorischen Bindung der „facetia". Darüber hinaus zeigt sich der Cuento bei Calderón stets in Verbindung mit einer Nutzanwendung6®8, so daß an die Stelle des Prinzips der bloßen Unterhaltung das „Omne tulit punctum qui miscuit utile dulci" des Horaz' ,68a stärker in den Vordergrund tritt. Der dritte Unterschied bezieht sich auf die Erzählerperson. Während im „Cortegiano" das Erzählen von Cuentos („facezie") als ein Standesideal, nämlich das des Hofmanns, begriffen wird, sind die Cuentos Calderóns vornehmlich ein Mittel der Charakterisierung des Gracioso und der Graciosa, also Vertreter des niederen Standes®6'. Diese Schwerpunktverlagerung vollzieht sich jedoch nicht erst in den Dramen Calderóns, sie ist schon im „Lazarillo" und im „Quijote" gegeben®70. 887

Die Tradition des Exemplum läßt sich, wie Pabst anführt, bis zu den .novelas ejemplares" des Cervantes verfolgen (a.a.O., S. 7). 888 Die Betonung des „quid boni" wird anhand des Epimythion vorgenommen. e68 a Siehe Anm. 548a. 889

870

Hier hat eine Verschiebung stattgefunden. Der Gracioso tritt einerseits als Erbe des Mimen auf, der „ridicula" erzählt, andererseits wird er anhand eines Attributs, das nach Quintilian und Castiglione den Edelmann auszeichnet, charakterisiert. Ob sie bei Mira de Amescua vorhanden ist, ist von Williamsen in seiner Studie (a.a.O.) nicht untersucht worden.

137

Calderón kann sich bei seiner Verwendung auf die Dramentheoretiker berufen. Seit Madius ist die Fazetientheorie Ciceros in die Komödientheorie integriert671. Pinciano, der in seiner „Philosophia antigua poética" (1596) die Verwendungsmöglichkeiten des Cuento in der Komödie darlegt und auf Ciceros Theorie der „ridicula" zurückgreift678, verweist ausdrücklich auf die Rhetorik als eine Quelle der „argumentos de risa"67'. Auf ähnliche Weise betrachtet Rizo den Cuento-Einschub in der Comedia. In seiner „Poética" (1626) rechnet er die Cuentos zu jenen Mitteln, die die komische Fabel „agradable y rediculosa y amorosa" machen674. Die Tatsache, daß der Cuento vornehmlich als Mittel zur Erzeugung von Heiterkeit in den Mund des Gracioso gelegt wird, kann noch auf einen anderen Grund zurückgeführt werden. In seiner Eigenschaft als „fabella", ist der Cuento, wie die Rhetorik besagt, „neque verum neque verisimile"675 und gehört zu den deliberativen Uberzeugungsmitteln678. Im Zuge allgemeinen Strebens nach Wahrscheinlichkeit in der poetischen Darstellung wird auch die „fabella" ihrer Vormachtstellung beraubt. Sie wird sowohl aus der Rede des Edelmannes677 als auch in ihrer Darbietung als Exemplum (Predigtmärlein) aus der Predigt des Siglo de Oro in ihrer funktionalen Stellung als Beispiel und Beweismittel verbannt und in den Bereich der Komik verwiesen. In der Comedia fungiert sie als „Vitium", das gegen die „virtus" des Kunstwerkes verstößt, indem sie vom Gracioso in der Annahme ihrer Beweisfähigkeit vorgetragen wird678. Als „vitia" sind die Cuentos auch in anderer Hinsicht zu betrachten: Sie bedienen sich vornehmlich des niederen Personals, beziehen die Defekten- und Bereichskomik ein und verletzen die Anwendungsregeln679. Es ist indessen eine Eigenschaft gewisser „vitia", daß sie nur Siehe dazu M. T. Herritfc, a.a.O., S. 52. «72 A.a.O., Bd. III, S. 45—53. •7® „De las partes de la oratoria se toman también argumentos de risa; y ansí como los rhetóricos sacan sus argumentos para suadir, pueden los cómicos sacarlos para mouer a risa de los mismos lugares que la inuención da" (a.a.O., Bd. III, S. 45—46). 874 Rizo verwendet nicht den Begriff .cuento", sondern „mote" und „dicho". Siehe S. 87: „Agradable y rediculosa y amorosa hacen la fabula cómica las burlas, los motes, los dichos, los amores, los engaños de amantes y criados, y todo esto hara el poeta comico felizmente si desea ymitar la naturaleza y las actiones de las personas plebeias y mecanicas y si pone cuidado en semejantes cosas ynprimiendo en el animo tales disposiciones. Porque aquel moverá a risa fácilmente a los oyentes que conpusiere y dispusiere bien por naturaleza y por arte las burlas y los dichos". Rizo beruft sich in bezug auf die „motes" und „didios" ausdrücklich auf Cicero und Castiglione (ebda.). 875 Rhetorik ad Herennium, 1, 8, 13. •7» Quintilian, Inst. Orat. 5, 11, 19. *77 Siehe die geringe Cuento-Zahl von heiteren Cuentos, die bei Calderón in den Mund des Galán gelegt sind und die besonderen Umstände, unter denen dies geschieht. Vgl. S. 117. ®78 Das „Vitium" stellt eine Verletzung der „virtus" eines Kunstwerkes dar (vgl. Lausberg, a.a.O., § 8, S. 28). Im Falle der Cuento-Verwendung des Gracioso liegt ein Verstoß gegen das Gebot des „bene dicere* vor, zu dessen wesentlichen Bedingungen die Glaubwürdigkeit des Erzählten geredinet wird (vgl. Lausberg, den Abschnitt „Narrationis virtutes et vitia", a.a.O., § 293—337, S. 167—186; s. bes. § 294, S. 168—169. • 7 i Vgl. S. 93 ff.

138

scheinbar als solche fungieren, während der Autor unter ihrem Deckmantel seine eigentliche dramatische Absicht verfolgt680. Auf die Rolle des Autors bei der Wahl und bei der Verwendung des „ridiculo" weist Pinciano hin*81. Ausdrücklich formuliert es Gracián, wenn er den Cuento als ein Mittel der Wahrheitsaussage darstellt und ihn zu den „agudezas" zählt881. Der Gracioso ist daher nicht nur komische Gestalt, sondern auch Wahrheitsvermitt1er"83. Er tritt damit das Erbe des Mimen an, übernimmt aber zugleich die Funktion des antiken Chorus, indem er das dramatische Geschehen begleitet und deutet. Beide Darbietungsweisen machen den Cuento zu einem vorzüglichen Mittel der Kontrastbildung. Calderón strebt diese nicht nur auf szenischer Ebene an, indem er die heiteren Cuentos in Szenen antagonistischen Grundtenors einfügt, sondern auch auf der Ebene der Dramentypen. Darauf läßt die verhältnismäßig hohe Cuento-Zahl in den Tragödien Calderóns schließen"84. Diese Stilmischung ist mit der Dramentheorie des Siglo de Oro kaum zu vereinbaren, da sie vielmehr die Trennung der Stilebenen anstrebt*88. Die Cuento-Anwendung bei Pinciano und Rizo wird stets im Zusammenhang mit den komischen Mitteln der „Comedia" — worunter sie Komödie verstehen — erörtert*8*. Die Kontrastbildung hat vielmehr ihren festen Platz in der Rhetorik, in deren Bereich ja auch der Cuento infolge seiner Bestimmung und Verwendungsweise als Beispiel anzusiedeln ist. Die Dramatiker des Siglo de Oro stehen überhaupt in enger Beziehung zur Rhetorik. Lope de Vega z. B. vergleicht den Dichter mit dem Redner und dem Arzt987. Gracián setzt die Abhängigkeit des Dichters von der Rhetorik in „Agudeza y Arte de Ingenio"

• 8 0 Siehe H. Lausberg, a.a.O., § 8, S. 29: „ [ . . . ] gewisse ,vitia' sind nur scheinbar ,vitia',da der Künstler mit besonderer Absicht [ . . . ] gehandelt hat und durch eine besondere .licentia' [ . . . ] zu einem solchen Gebrauch berechtigt war". ®B1 „ [ . . . ] de la arte de bien dezir puede tomar la suya [ . . . ] el cómico para él hazer reyr, y se puede aprouedtiar, según el tiempo y sazón que al poeta mejor pareciere'. (Ebda. S. 45. Die Hervorhebung stammt von mir.) A.a.O., S. 325 und 329. Siehe S. 67 f. und 95 f. 683 Wobei unter „Wahrheit" die vom Autor vertretene Meinung zu verstehen ist. 884 Siehe „EI pintor de su deshonra", den Valbuena Briones nach Pincianos Kategorisierung eine „tragedia patética" nennt („El pintor de su deshonra". In: Perspectiva crítica, a.a.O., S. 256). Siehe ferner „La devoción de la Cruz" und „Los dos amantes del cielo". Die Ausnahme bildet die Komödie „Dicha y desdicha del nombre", deren hohe Cuento-Zahl jedoch auf die „neue" Anwendungstechnik zurückzuführen ist. Vgl. S. 129 ff. 485

Siehe dazu: A. I. Watson: „El pintor de su deshonra", a.a.O., bes. S. 223. Vgl. auch das Vorwort von M. Newels zur Ausgabe von Rizos „Poética", a.a.O., S. VI. w* Pinciano behandelt die Cuento-Einfügung im Zusammenhang mit der Komödie (a.a.O., Bd. III, S. 31 ff.). Rizo versteht unter „Comedia" die Komödie, die er von der „tragedia" abgrenzt. Beide werden getrennt behandelt. (Der erste Teil [a.a.O., S. 29—57] behandelt die Tragödie, der zweite [S. 58—98] die Komödie.) M7 Lope de Vega: „La Arcadia", Libro III (Obras escogidas. Madrid 1953. 2 Bde.) Bd. II, S. 1123a/b.

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voraus688. Wesentlich dabei ist, daß durch die Einbeziehung der Rhetorik der Gesichtspunkt der Publikumswirksamkeit in die Dichtung hineingetragen wird. In dieser Hinsicht bietet sich der Cuento gleichsam an, indem er sich die Wirkungsweise des Beispiels und der „ tabella" zu eigen macht, die Alewell so formuliert hat: „das beispiel ist eines der gleichsam von der natur gegebenen rednerischen mittel, das außer seiner unmittelbaren bedeutung für die absichten des redners noch den Vorzug hat, den zuhörer auch durch sich selbst zu fesseln und zu interessieren"689. In dieser Eigenschaft stellt der Cuento zugleich ein Mittel für das „iudicem attentum parare" dar. Illustration, Auflockerung und Entspannung sind die Funktionen, die schon das Exemplum in der Predigt zu erfüllen hatte690. Besonders letztere Funktion ist im Hinblick auf die Cuento-Verwendung bei Calderón von Interesse. Sie gewinnt noch an Bedeutung, wenn man in Betracht zieht, daß die meisten Cuentos in Szenen antagonistischen Grundtenors eingefügt sind, in denen die Haupthelden ihre Konflikte vorbringen. Die Cuentos erfüllen hier die Funktion der Katharsis, der komischen Reinigung von Affekten, die Cicero und Quintilian für die Rede691, Madius und Riccobonus für die Komödie für erforderlich halten692. Dient der Cuento einerseits der Entspannung infolge seines heiteren Gehalts, der eine affektive Beteiligung beim Hörer hervorruft, so kann er andererseits besonders durch das Epimythion die einmal gewonnene Aufmerksamkeit des Publikums auf wichtige dramatische Vorgänge lenken und als Mittel der Handlungsvoraussage fungieren. Er wirkt dann spannungssteigernd693. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Einfügung der CuentoAposiopese zu betrachten694. Da der Cuento ein deliberatives Überzeugungsmittel darstellt, das in erster Linie die „voluptas" anspricht695, ist er im Hinblick auf das Theater des Siglo de Oro, das sämtlichen Ständen offen ist, besonders geeignet, auch jene Hörer anzusprechen, die demselben Stand des „villano", bzw. „soldado", d. h. des Gracioso, entstammen. Daß die „fabella" ein vorzügliches Mittel zur 888

A.a.O., bes. S. 344.

888

Alewell, a.a.O., S. 5. Pabst, Novellentheorie, a.a.O., S. 7.

898 891

Cicero, De Oratore II, 58, 236: „ [ . . . ] quod tristitiam ac severitatem mitigat ac relaxat odiosasque res saepe, quas argumentis dilui non facile est, ioco risuque dissolvit": Quintilian, Inst. Orat. 4, 1, 49: „urbanitas opportuna reficit animus" . . . 6, 3, 1: „tristes solvit affectus", „animura ab intentione rerum frequenter avertit". Ferner erfrischt das „ridiculum" den Geist des Hörers und madit ihn dadurch besser aufnahmefähig: „animum [ . . . ] a satietate v e l a fatigatione renovat". (Ebda. 6, 3, 1.)

6,2

Siehe dazu Herrick, a.a.O., S. 52. Der Cuento als Mittel der komischen Katharsis ist auch Castiglione (a.a.O., II, § 45, S. 145) und Terrones (a.a.O., Tratado tercero, S. 100) bekannt.

898

Siehe Quintilian, der auf die spannungssteigernde Wirkung des Exemplums und des Witzes hinweist (Inst. Orat., 4, 1, 4.9 und 4, 1, 69).

891

Sie stellt eine „insinuatio" dar, die für die Sympathiegewinnung des Publikums für eine folgende Sache eingesetzt wird (siehe H. Lausberg, a.a.O., Bd. I, S. 160).

895

Quintilian, Inst. Orat. 4, 1, 49. V g l . S. 95, Anm. 458.

140

Unterhaltung und zur Überzeugung der niederen Volksschicht war, haben schon die lateinischen Rhetoriker gesehen. Das ist der folgenden Äußerung von Quintilian zu entnehmen: „fabellae, quae [ . . . ] ducere ánimos solent praecipue rusticorum et imperitorum, qui et simplicius, quae ficta sunt, audiunt, et capti voluptate facilie iis, quibus delectantur, consentiunt"696.

Man kann daher davon ausgehen, daß der Cuento im Drama gleichermaßen wie das Beispiel in der Predigt vom Publikum erwartet wurde 697 . Die Wirkung der Cuento-Aposiopese ist ja auch nur unter dieser Voraussetzung gewährleistet. Gehalt und Stillage des volkstümlichen Cuento lassen ihn als ein kontrastives Mittel zur gehobenen Stillage der übrigen Darstellung erscheinen, was sich aus der Dramentheorie nicht ohne weiteres erschließen läßt698. Auch hier bietet uns die Rhetorik die theoretische Grundlage 689 . Cicero läßt die Stiltrennung, wie sie in der klassischen Dramentheorie formuliert wird, nicht gelten. Quintilian, der sich diesem Gedanken anschließt, nennt die Komödie „et grandis et elegans et venusta" und teilt sie nicht dem „sermo pedester" zu700. Aber auch im Drama hat die Kontrastierung der Stilebenen ihre Vorläufer. Müller-Bochat hat bereits darauf aufmerksam gemacht, daß die Comedia des Siglo de Oro das Erbe der Gegenüberstellung von Mimus und Mimodie antritt 701 . Das Eindringen von volkstümlichen Formen in die Comedias von Calderón hat jedoch auch in Spanien ihre Vorbilder. Heß hat sie im geistlichen Schauspiel des 15. und 16. Jahrhunderts nachgewiesen. Jiménez y Hurtado weist ausdrücklich auf die Gegenüberstellung von Sandio und Don Quijote hin702. Wie Curtius gezeigt hat, ist der Gedanke der Verwendung von volkstümlichem und gelehrtem Erzählgut literarischer Tradition schon 698

Ebda. 5, 11, 19. Sánchez Escribano zitiert eine Stelle von Guillén de Castro, die die Zielsetzung der spanischen Comedia, dem gesamten Volk zu gefallen, zum Ausdruck bringt: „Y es su fin el procurar que los oiga un pueblo entero, dando al sabio y al grosero que reir y que gustar." (F. Sánchez Escribano y A. Porqueras Mayo: Preceptiva dramática española. Del Renacimiento y el Barroco. Madrid 1965 ( = Biblioteca Románica Hispánica. IV. Textos), S. 27).

897

Vgl. dazu Curtius, ELLM, S. 428: „Humoristische Elemente gehören also zum Stil der mittelalterlichen Heiligenvita. Sie waren im Stoff selbst gegeben, aber wir dürfen sicher sein, daß das Publikum sie auch erwartete. Genau dasselbe gilt nun von der profanen Dichtung.' Vgl. S. 95 und Anm. 458. Aristoteles, Rhetorik, III, 12 (1412b); Cicero, Orator, § 75—99; Quintilian, Inst. Orat., 10, 2, 22 und 10, 1, 65. Siehe E. R. Curtius: Die Lehre von den drei Stilen, RF 64, S. 70. E. Müller-Bochat: Mimus, Novelle und spanische Comedia. In: RF 68 (1956), Bd. II, S. 241— 270. Curtius sieht gerade in der Verwendung von Cuentos, die er als Exempla bezeichnet, die Verwandtschaft zwischen den Dramen Lope de Vegas und Calderóns und der mittellateinischen Literatur gegeben (Die Musen, a.a.O., S. 178—179, Anm. 2).

698 699

700 701

702

A.a.O., S. 199. Vgl. dazu S. 114, Anm. 552.

141

in der Spätantike vorhanden. Baudri von Bourgeuil hat bereits im 12. Jahrhundert die Verwendung von heidnischen und biblisdien Exempla systematisch begründet: „man muß die gesamte literarische Tradition („quaevis mundi littera") dem moralischen Zweck der Dichtung nutzbar machen, so daß die ganze Menschheit (omnis et omnis homo) zu Worte kommt und die ganze Welt gleichsam eine Sprache spricht [ . . . ]"70S. Im Spanien des Siglo de Oro wird dieser Gedanke der Stilmischung wieder aufgegriffen und neu formuliert. Gracián hat ihn in „Agudeza y Arte de Ingenio" zum Ausdrude gebracht: „cuanto más sublime y realzada fuere la erudición, será más estimada; pero no ha de ser uniforme, ni homenaje, ni toda sacra, ni toda profana, ya la antigua y la moderna, una vez un dicho, otra un hecho de la historia, de la poesía; que la hermosa variedad, es un punto de providencia"704.

Gracián verweist besonders auf Paulus, der sich gleichermaßen der heidnischen und der poetischen Gelehrsamkeit bedient705. Erst im Laufe der Auseinandersetzung über die eigentliche Beschaffenheit der spanischen Comedia, werden Stimmen laut, die sich offen zur Stilmischung bekennen. Barreda hebt 1622 in seiner „Invectiva a la comedia" den poetischen Wert einer solchen Stilmischung hervor: „Hay en las comedias nuestras la majestad, el esplendor y la grandeza del poema épico. Hay también las flores y dulzuras sonoras del lírico, las veras y serenidad del trágico, las burlas y risas del cómico, la gravedad y verdad de la sátira."70®.

Lope de Vega sieht den Vorteil der Stilmischung in ihrer Wirksamkeit in bezug auf das Publikum. Im Vorwort zu „La desdicha de la honra" bemerkt er, daß für die Novelle dieselben Regeln gelten wie für die Comedia, wobei er sich zu folgendem Programm bekennt: „ [ . . . ] en este genero de escritura ha de auer vna oficina de quanto se viniere a la pluma, sin disgusto de los oydos, aunque lo sea de los preceptos, porque ya de cosas altas, ya de humildes, ya de episodios y paréntesis, ya de historias, ya de fabulas, ya de reprehensiones y exemplos, ya de versos y lugares de autores pienso valerme, para que ni sea tan graue el estilo que canse a los que no saben, ni tan desnudo de algún arte que le remitan al poluo los que entienden."707.

Der Mischstil bei Calderón wird auf der Basis antithetischer Zuordnung von Gracioso-Cuento und Galán-metaphorischer Rede vollzogen. In dieser 703 704 705 700 707

Curtius, Die Musen, a.a.O., S. 179. A.a.O., S. 344. Ebda. Zitiert nadi: F. Sánchez Escribano y A. Porqueras Mayo, a.a.O., S. 28. Lope de Vega, Novelas, a.a.O., S. 37—38.

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Stellung fungiert der Cuento als „contrapuesto". Er bildet eine Alternative zur Aussage bzw. Haltung des jeweiligen Galán. Dadurch entsteht eine Gegenüberstellung von zwei verschiedenen Betrachtungsweisen, wovon die eine stets die andere mit dem Gegenteil konfrontiert und somit ihren Absolutheitsdiarakter relativiert. Es entsteht eine Betrachtungsweise, die allgemein dem Darstellungsprinzip Calderóns zugrundeliegt. Hatzfeld708, Varey 70 ' und Cioranesco haben dies auf der metaphorischen und szenographischen Ebene beobachtet710. Die Polarisierung der beiden Meinungen von Galán und Gracioso bietet anhand von zwei repräsentativen Personentypen in vereinfachter Form eine Entsprechung zur sozialen Konstellation der Wirklichkeit des Siglo des Oro. Die Qualifikation „realistisch" auf die Darstellungsweise des Gracioso beschränkt, erscheint somit nicht gerechtfertigt. Erst die Einbeziehung der Positionen beider Figurentypen vermag eine Realitätsentsprechung zu geben. Der Cuento-Gebraudi Calderóns, durch den der Gracioso und der Galán dialektisch und intentional fixiert werden, erfüllt eine Forderung, die das Drama des Siglo de Oro stellt, nämlich daß die Comedia eine Nachahmung des Lebens sei und das Komische und Tragische gleichermaßen darzustellen habe als ein Beispiel für die Sitten und als Spiegel der Wahrheit711. Auch hierin setzt sich die Tradition Ciceros fort718. Für Ruiz Ramón ist Calderóns Darstellungsweise der Wirklichkeit die einzig richtige. In bezug auf die Szene der drei griechischen Maler in „Dario todo y no dar nada", wo es sich um die Auflösung und Integrierung eines Cuento in den dramatischen Ablauf handelt, charakterisiert er die Position Calderóns gegenüber der Realität folgendermaßen: „El único modo justo de presentación de la realidad es aquél que, sin caer en el exceso del idealismo ni del naturalismo, sabe ver su belleza sugiriendo su fealdad"718.

Die Darstellung der Realität anhand der Kontrastierung ist nicht nur für Calderón, sondern für die Betrachtungsweise der Wirklichkeit des Siglo de Oro überhaupt charakteristisch714. Die ständige Infragestellung des Gegebenen 708 L 0 q U e 709

710

711

718 713 714

es

barroco en Calderón. In: Hacia Calderón. 1973. S. 35—49.

Imágenes, símbolos y escenografía de „La devoción de la Cruz". In: Hacia Calderón. 1973. S. 155—170. A. Cioranesco: El Barroco o el descubrimiento del Drama. Universidad de la Laguna 1957. S. 167 ¡ S. 175. Nach Lope de Vega, Carvallo und Cervantes. Siehe dazu Sánchez Escribano y A. Porqueras Mayo, a.a.O., S. 135—136¡ 90; 105; Newels, S. 32—33. Ferner Cascales: Cartas filológicas, a.a.O., I, S. 60. Siehe Sánchez Escribano y A. Porqueras Mayo, a.a.O., S. 15. F. Ruiz Ramón, a.a.O., S. 289. Siehe z. B. bei Cervantes. Vgl. dazu G. Jommi: Realität in der irrealen Dichtung. Don Quijote und Dante. Reinbek bei Hamburg 1964 (=Rowohlts deutsche Enzyklopädie Bd. 201), S. 29—33.

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ist Ausdruck eines dichterischen Prinzips, das die Wahrheit an der Realität anhand des Wechselvollen und Vergänglichen der Erscheinungen zeigen will715. In diesem Sinne repräsentiert der Cuento vom Blinden mit dem Licht (Nr. 2), — ein Symbol für die Schein-Sein-Problematik in „La cisma delngalaterra" — die poetische Intention Calderóns schlechthin, nämlich die Realität in ihrem Doppelantlitz darzustellen. Der Cuento wird als kompositorisches Element der Comedia Calderóns diesem Darstellungsprinzip einverleibt. Wenn auch die Verwendung von Cuentos im Drama Calderóns als Fortsetzung griechisch-lateinischer Tradition zu betrachten ist, so zeigt die Verwendungsweise und die funktionale Bestimmung der Cuentos, daß Calderón innerhalb der durch die Überlieferung vorgegebenen Bahnen durchaus zu einem eigenständigen poetischen Ausdruck gelangt. Was Ovejero y Maury anläßlich der Quellen Graciáns geäußert hat, kann auch auf Calderón angewendet werden: „Aún cuando un autor se acreciente y enriquezca con las ideas de los que antes que él escribieron y pensaron, en la selección que de ellas hace, y en la forma como las entiende y confiesa, se muestra a sí mismo, a veces, más que en lo que él pudiera obrar y pensar por su propia cuenta. Eterno trabajo de selección, el pensamiento colectivo vive de transmitirse unos a otros lo que adquirieron vaciándolo cada cual en su propio molde, configurándolo cada uno en su propia estructura"71'.

715

716

Sánchez Escribano spricht von der Tendenz der Darstellung der Wahrheit in der spanischen Comedia und nicht der Realität, a.a.O., S. 45. Vorwort zu Gracián, a.a.O., S. XIX.

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Literaturverzeichnis 1.

Textausgaben.

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51 [RHETORICA AD HERRENIUM] Incerti avctoris de ratione dicendi ad C. Herrenivm lib. IV. Intervm recensvit F. Marx. Editionem stereotypem correctiorem cvm addendis cvravit W. Trillitzsch (M. Tvlli Ciceronis scripta quae manservnt omnia, fase. 1) (= Bibliotheca scriptorvm graecorvm et romanorvm Tevbneriana). Lipsiae 1964. 52 ROMANCERO ESPAÑOL: Selección de romances antiguos y modernos, según las colecciones más autorizadas y estudio preliminar por L. Santullano. 6a edición. Madrid 1968. 53 RIZO, Juan Pablo Mártir: Poética de Aristoteles traducida de latin. Ilustrada y comentada, por J. P. M. Rizo. Bearbeitet und eingeleitet von M. Newels. Köln und Opladen 1965 (= Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen Bd 25). 54 SANTA CRUZ DE DUEÑAS, Melchor de: Floresta española. Buenos Aires 1947 (= CA Nr. 672). 55 SCALIGER, Julius Caesar: Poetices libri septem. Facsimile-Neudr. d. Ausg. v. Lyon 1561 mit einer Einleitung von A. Bude. Stuttgart-Bad Canstatt 1964. 56 SCHLEGEL, Friedrich: Friedrich Schlegel 1794—1802. Seine prosaischen Jugendschriften. Hrsg. v. J. Minor. 2. (Titel-)Auflage. Wien 1906. 2 Bde. 57 SHAKESPEARE, William: Shakespeares Dramatische Werke. Ubers, von Aug. Wilh. von Schlegel u. Ludw. Tieck. Hrsg. von Alois Brandl. 2. kritisch durdiges. u. erl. Ausg. Leipzig (1921) (= Meyers Klassiker-Ausgaben) 10 Bde. 58 SUAREZ DE FIGUEROA, Cristóbal: El Passagero. Madrid 1914 (= Sociedad de Bibliófilos Españoles). 59 TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN, Die Erzählungen aus den . . . Vollständige deutsche Ausgabe in sechs Bänden zum erstenmal nach dem arabischen Urtext der Calcutter Ausgabe aus dem Jahre 1830. Ubertragen von E. Littmann. Wiesbaden 1953. 6 Bde. 60 TERRONES DEL CAÑO, Don Francisco: Instrucción de Predicadores. Prólogo y notas del P. Félix G. Olmedo, S. I. Madrid 1946 (= CC vol. 126). 61 TIMONEDA, Juan de: El buen aviso y portacuentos. Re-issued by R. Schevill. In: RH 24 (1911), S. 171—254. 62 —: Obras de Timoneda. El Patrañuelo. El Sobremesa y Alivio de Caminantes. Valencia [o. JJ (= Clásicos españoles). 63 TIRSO DE MOLINA: Cuentos, fábulas, descripciones, diálogos, máximas y apotegmas, epigramas y dichos recogidos en sus obras. Con un discurso preliminar por R. Mesonero Romanos. Madrid 1848. (War mir nicht zugänglich.) 64 VALERA, Juan: Obras completas. Estudio preliminar de L. Araujo Costa. Tomo II: Crítica literaria. 2da edición. Madrid 1949. 65 —: Obras desconocidas de Juan Valera. Hrsg. v. C. De Coster. Madrid 1965. 66 VEGA CARPIO, Félix Lope de: Novelas a la Señora Marcia Leonarda. Reproduktion der Ausgaben von 1621 und 1624 kritisch hrsg. und mit Einleitung und mit Anmerkungen vers. von J. D. Fitz-Gerald. Erlangen 1913 (Separatdruck der RF Bd 34). 67 —: Obras. Publicadas por la RAE (Nueva edición). Obras dramáticas. Madrid 1916—1930. 12 Bde. 68 —: Obras escogidas. Estudio preliminar, biografía, bibliografía, notas y apéndices de F. C. Sainz de Robles. Madrid, tomo I, 5a ed. 1966; tomo II, 4a ed. 1964; tomo III, 3a ed. 1967. 8

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3. Nachschlagewerke a)

Wörterbücher

B 212 ACADEMIA ESPAÑOLA, Real: Diccionario de Autoridades. Edición facsimil. Madrid 1963 ( = Biblioteca Románica Hispánica). 3 Bde. B 213 COROMINAS, Joan: Breve Diccionario etimológico de la lengua castellana. Madrid 1961 ( = Biblioteca Románica Hispánica. V. Diccionarios, 2). B 214 —: Diccionario crítico etimológico de la lengua castellana. Madrid 1954— 1957. 4 Bde. B 215 MOLINER, María: Diccionario de uso del español. Madrid 1966—1967 ( = Biblioteca Románica Hispánica. V. Diccionarios) 2 Bde. b) Sonstige

Nachschlagewerke

B 216 BLEIBERG, Germán y Julián MARÍAS: Diccionario de Literatura Española. 3a ed. corregida y aumentada. Madrid 1964. B 217 LAUSBERG, Heinrich: Handbuch der literarischen Rhetorik. München 1960. 2 Bde. B 218 MERKER, Paul und Wolfgang STAMMLER: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Berlin 1925/1926—1931. 4 Bde. 2. Aufl. neu bearbeitet, hrsg. von Werner Kohlschmidt und Wolfgang Mohr. 1. Bd A—K. 19(55—) 58. 2. Bd L—O. 1965. B 219 WILPERT, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur. 3. verbesserte und erweiterte Auflage. Stuttgart 1961 (5. erweiterte Auflage 1969). 155

Register 1. Alphabetisches Register dei auí Cuentos hin duichgesehenen Comedias von Calderón Cuento-Nr. Ausgaben 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 156

Acaso y el error, El Afectos de odio y amor Agradecer y no amar Alcaide de sí mismo, El Alcalde de Zalamea, El Amado y aborrecido Amar después de la muerte o el Tuzaní de la Alpujarra Amigo, amante y leal Amor, honor y poder Antes que todo es mi dama Apolo y Climene Argenis y Poliarco Armas de la hermosura, Las A secreto agravio, secreta venganza Astrólogo fingido, El Auristela y Lisidante Aurora en Copacabana, La Banda y la flor, La Basta callar Bien vengas, mal, si vienes solo Cabellos de Absalón Cada uno para si Cadenas del Demonio, Las Casa con dos puertas, mala es de guardar Castillo de Lindabridis, El Céfalo y Pocris Celos, aun del aire, matan Cisma de Ingalaterra, La Conde Lucanor, El Con quien vengo, vengo Cuál es mayor perfección Dama Duende, La Darlo todo y no dar nada Dar tiempo al tiempo Desdicha de la voz, La De una causa, dos efectos De un castigo, tres venganzas Devoción de la Cruz, La Dicha y desdicha del nombre, La Dos amantes del cielo, Los Duelos de amor y lealtad Eco y Narciso

Aguilar, II II If II * II V I I It I It

59 61 17 37

I II II II II It I n 83 II tt I H I It II 43 tt II I It II It II If II 57 If I II It I M II 84 II If Keil IV, CV¡ BAE XII Aguilar, I I 2—4 H II tt 64 II It 73 II 48,49 II a 24 I II II II 51 w I I 11—15 tt II 74—82 25—33 I tt I 11 I m It

It







„ „



Cuento-Ni.

Ausgaben 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89.

Empeños de un acaso, Los Encanto sin encanto, El En esta vida todo es verdad y todo mentira Escondido y la tapada, El Estatua de Prometeo, La Exaltación de la Cruz, La Fiera, el rayo y la piedra, La Fieras afemina amor Fineza contra fineza Fortunas de Andrómeda y Perseo Fuego de Dios en el querer bien Galán fantasma, El Golfo de las sirenas, El Gran Cenobia, La Gran Duque de Gandía, El Gran Príncipe de Fez, El Guárdate del agua mansa Gustos y disgustos son no más que imaginación Hado y divisa de Leonido y Marfisa Hija del aire, La, parte la. Hija del aire, La, parte 2a. Hijo del Sol, Faetón, El Hijos de la Fortuna, Teágenes y Cariclea, Los Hombre pobre todo es trazas Jardín de Falerina, El José de las mujeres, El Judas Macabeo Lances de amor y fortuna Laurel de Apolo, El Luis Pérez el Gallego Maestro de danzar, El Mágico prodigioso, El Manos blancas no ofenden, Las Mañanas de abril y mayo Mañana será otro día Mayor encanto, amor, El Mayor monstruo del mundo, El Médico de su honra, El Mejor está que estaba Monstruo de los jardines, El Mujer, llora y vencerás Nadie fíe su secreto Ni amor se libra de amor Niña de Gómez Arias, La No hay burlas con el amor No hay cosa como callar No hay que creer ni en la verdad o Certamen de amor y celos 90. No siempre lo peor es cierto 91. Origen, pérdida y restauración de la Virgen del Sagrario 92. Para vencer amor, querer vencerle

, „ Aguilar, „ „ » „ , „ „ „ „ „

II II I II I 1 I I I I II II 1 „ V. Cerny Aguilar, I „ II „ II „ II „ I „ I . 1 » 1 „ II „ II „ 1 „ I „ II , I , I „ II , I „ II „ II „ II „ 1 „ 1 I „ II „ I » II . II , I „ II „ II „ II V. Cerny Aguilar, II „ „

I II

58 39 36

1

1 69

35 46,47

44,45 9 72 55,56 60 10 38 40—42 52 63 70,71 53,54 157

Ausgaben 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112.

Peor está que estaba Pintor de su deshonra, El Postrer duelo de España, El Primero soy yo Príncipe constante, El Puente de Mantible Purgatorio de San Patricio, El Púrpura de la rosa, La Saber del mal y del bien Secreto a voces, El Segundo Escipión, El Selva confusa, La Señora y la criada, La Sibila de Oriente, La Sitio de Breda, El También hay duelo en las damas Tres afectos de amor, Los Tres justicias en una, Las Tres mayores prodigios, Los Vida es sueño, La

2. Register der für die Untersuchung

Cuento-Nr.

Northup, RH Aguilar, I

Cuentos

Comedia

Steüenangabe

Cuento-Titel

Gran Cenobia, La

1,

79a

Soldado, el gigante y las uvas, El

I, I,

149a 153a

I,

153b

Ciego y la luz, El Filósofo, el soldado, Alejandro y la flor, El Dama hipocondríaca, La

(3) (4)

I, I, I, I, I,

217b 221b/222a 222a 227a/b 288b

Hombre y el veneno, El Alejandro y el poeta Tebandro Amigo y el secreto, El Desposado y el escribano, El (Intruso) y el mayordomo, El

(5) (6) (7) (8) (9)

Cisma de Ingalaterra, La

Saber del mal y del bien

Luis Pérez el Gallego Médico de su honra, El Devoción de la Cruz, La

158

(1) (2)

I, 333a

Gracioso y el capón, El

I, 391a/b

I, 503b

Caballero, los caballos y la cebada, El Bartolo y Catalina Pintor y el retrato, El Fabio y su mujer Licenciado astrólogo y las estrellas, El Sabio y las hierbas, El

(15) (16)

I, 545b

Calvo y la cabellera, El

(17)

I, I, I, I, Vida es sueño. La Alcalde de Zalamea, El

Fortl. Nr.

404a/b 411a 411b 411b/412a

(10) (11) (12) (13) (14)

Comedia Pintor de su deshonra, El

Darlo todo y no dar nada Dos amantes del cielo, Los

Tres afectos de amor, Los Hijos de la Fortuna, Teágenes y Cariclea, Los Fiera, el rayo y la piedra, La Amado y aborrecido Monstruo de los jardines, El Estatua de Prometeo, La Nadie fíe su secreto

Astrólogo fingido, El Lances de amor y fortuna Hombre pobre todo es trazas Dama Duende, La Peor está que estaba

Stellenangabe

Cuento-Tilel

Foitl. Ni.

Villano y los dos soldados, El Cortesano y el forastero, El Dama y el coche, La Sordo, El Cura, el vecino y su mujer, El Padre, el hijo y el gato, El

(18) (19) (20) (21) (22) (23)

I, 1049a

Gracioso y los colores, El

(24)

I, 1074a/b I, 1074b I, 1075b

Pintor y el amigo, El Apolo y sus sobrinos Madre, el hijuelo, el huevo y el torrezno, La Raposa y la perdiz, La Vinorre y la dama hermosa Barbero y las muelas, El Moro y el gangoso, El Soldado y el (testamento), El Letrado y el juez, El

(25) (26) (27) (28) (29) (30) (31) (32) (33)

I, 1198b

(Madrugador) y la damisela, El

(34)

I, 1234a

Pobre y el astrólogo, El

(35)

I, 1613b I, 1694a

Tres majaderos, Los (Enfermo) y el amigo, El

(36) (37)

I, 2001b

Hombre (empobrecido) y la novia, El

(38)

I, 2091a

Galán y la dama ronca, El

(39)

II, 104a II, 104b II, 121a

Laura, el coche y la cochera Gracioso y la guedeja falsa, El Mancebo, los calzones y el hilo, El

(40) (41)

II,

134b

Médico de una república, El

(43)

II,

180b

II,

190b

Marte, Vulcano, el músico y el cochero Poeta, el ama y el león, El

(44) (45)

II, II, II, II,

209a 209a/b 252a 267b

Almendro y el lirio, El Aguila y el sol, El Huevo de Juanelo, El Diabla y el pastor, La

(46) (47) (48) (49)

II, 341a/b

Villano y la bellaca, El

(50)

I, I, I, I, I, I,

I, I, I, I, I, I,

870a/b 870b 870b/871a 881a 881b 901a/b

1078a/b 1083b 1087a 1092b 1093a 1102a

(42)

159

Comedia De una causa, dos efectos No hay burlas con el amor Para vencer amor, querer vencerle Mañanas de abril y mayo Bien vengas mal, si vienes solo Escondido y la tapada, El Acaso y el error, El

Stellenangabe

Cuento-Titel

II. 479b/480a

Tamborilero y el fraile, El

(51)

II,

518b/519a

Toricantano y el padrino, El

(52)

II, II,

561a 561a

(Convaleciente) y el dolor, El Príncipe y el veneno, El

(53) (54)

II, 574b II, 574b

Flora, el coche y la cochera Flora, el casero y el balcón

(55) (56)

II, 608b

Dama y la criada, La

(57)

II, 704b

Monja (hecha) monje, La

(58)

II, 722a

Dama y el amigo (perdido), La Perro y las dos bodas, El

(59) (60)

Verdugo y el azote, El

(61)

Padre, la hija y el novio, El

(62)

Mercader y el sastre, El

(63)

Convidador y el despensero, El

(64)

Mañana será otro día II, 783a Alcaide de sí mismo, El II, 812b Señora y la criada, La II, 843a No hay cosa como callar II, 1031a Con quien vengo, vengo II, 1139a Secreto a voces, El

Guárdate del agua mansa No siempre lo peor es cierto Maestro de danzar, El Cuál es mayor perfección Dicha y desdicha del nombre

II, 1215a II, 1227a/b II, 1229a/b

(65) (66)

II, 1243a

Vidriero y las monas, El Galán, la dama y el piojo, El Ágere, Macarandona y el cura Dotor y la liebre, El

II, 1302a

Borrico y la cebada, El

(69)

II, 1471b II, 1471b

Portugués y el pozo, El Fraile y la huéspeda, El

(70) (71)

II, 1541a

Extranjero y el cortesano, El

(72)

II, 1627a

Loco y el entendimiento, El

(73)

II, 1801b II, 1801b

Gracioso y la mozuela, El Hidalgo, los gregüescos y el hilo, El Portero y el corregidor, El Conde, el esclavo y la dama, El Comisario y el cojo, El Cura, el vizcaíno y el carnicero, El

(74)

II, 1803a/b II, 1807b II, 1818a/b II, 1818b

160

Forti. Nr.

(67) (68)

(75) (76) (77) (78) (79)

Comedia

Argenis y Poliarco Castillo de Lindabridis, El Selva confusa, La

SteHenanga.be

Cuento-Titel

II, 1818b II, 1818b/1819a

Hechicera y la coroza, La Marido, la mujer y la descalabradura, El Doliente y el sacristán, El Alejandro, el médico y la pócima

(80)

Madre y el hijo salvaje, La Tuerto, el cojo y el corcobado, El Escultor y Júpiter, El Villano, la mujer y el río, El Perro y las dos bodas, El

(84)

II, 1834b II, 1937b II, 2086a RH, 222—224 RH, 234 RH, 248—249 RH, 281—282

Forti. Nr.

(81) (82) (83)

(85) (86) (87) (88)

Erwähnte „Discursos" Luis Pérez el Gallego Hija del aire, La

I, 297a/b I, 719b

Amigo, amante y leal II, 351b

Garitero y los alcahuetes, El Mujer (fuera y dentro) de casa, La Mercader y las telas, El

(89) (90) (91)

3. Personenregister Die Nummern beziehen sich auf die jeweilige Seitenzahl. Angaben, die mit den Buchstaben A und B versehen sind, beziehen sich jeweils auf die laufenden Nummern der Anmerkungen bzw. der Bibliographie. Ackermann, F. A 168¡ B 69. Äsop A 100, A 106. Alemán, M. A 534. Alewell, K. 140; A 360, A 381; B 70. Alfaro, G. A 17, A87jB71. Alsheimer, F. B 69. Amescua, Mira de siehe Mira de Amescua. Amador de los Rios, J. 169, A344; B73. Anakreon A 108. Anaximenes 76. Andersen Imbert, E. A 44, A 56, A 60; B 74—75. Araujo Costa, L. A 50; B 64. Arcipreste de Talavera A 402. Arco y Garay, R. del A 422; B 76. Arguijo, J. de A401, A402, A422; B24. Aristoteles 66, 68, 76, 79, 100; A 121, A 259, A 699; B 9—11. Arx, B. v. A 83; B 77. Aubrun, Ch. v. 116; B 78. Auerbach, E. A 459; B 79. Bandello, M. A 409.

Baquero Goyanes, M. 3, 7, 9, 10, 13; A 1, A 26, A 31, A 34, A 56, A 62, A 109, A 170, A 173, A 403, A 435; B 80.

Barreda 142. Bataillon, M. A 115; B 81. Battaglia, S. 80; A 362, A 365, A 374, A 375; B 82—83. Baudri v. Bourgeuil 142. Bausinger, H. 29, 30, 31, 36, 38, 39, 41, 43, 46, 51, 52, 61, 64, 66, 71, 78, 111; A 198, A 201, A 204, A 264, A 295, A 303; B 84—87, B 138. Bleiberg, G. B 216. Boccaccio, G. 15. Boetius 19. Boggs, R. B 88. Boite, J. A 402; B 134. Bourland, C. B. 10; A 49, A 65, A 406; B 89. Brant, S. A 519. Brantôme A 409. Bravo-Villasante, C. A 488; B 90. Browning A 409. 161

Buchanan, M. 3, 82, 125; A 20, A 58, A 108, A 402, A 403, A 404, A 409, A 413, A 421; B 91—92. Buridan A 259. Bustillo, E. B 33. Campillo, N. A 50. Carvallo, L. A. de A 711. Casa, G. della 13; A 84; B 15, B 26. Cascales, F. 67,112; A365, A423, A461, A 543, A 545, A 711; B 14. Castiglione, B. 13, 20, 21, 22, 30, 31,137; A 115, A 168, A 197, A 207, A 225, A 232, A 339, A 435, A 438, A 461, A 674, A 692; B 15. Castro, A. A 17; B 93. Castro y Serrano, J. 38, 121; A 656; B 94. Cervantes, M. de 8, 11, 21, 111, 112; A 39, A 97, A 109, A 115, A 173, A 376, A 656, A 667, A 711, A 714; B 16. Cerny, V. B 4—5. Chaucer A 478. Chauvin, V. A 402. Cicero 13, 17, 19, 20, 22, 23, 30, 31, 40, 41, 66, 113, 137, 138, 140, 143; A 76, A 102, A 127, A 136, A 158, A 168, A 207, A 213, A 279, A 339, A 359, A 364, A 365, A 421, A 438, A 590; B 17—19. Cioranesco, A. 143; B 95. Cistov, K. V. A 18; B 96. Corominas, J. A 26; B 213—214. Coster, C. de A 16; B 65. Cotarelo y Mori, E. B 97. Curtius, E. R. 114, 141; A 346, A 359, A 366, A 458, A 558, A 697, A 700, A 701, A 703; B 98—100.

Fitz-Gerald, J. D. B 66. Flasche, H. B 107. Fox, A. M. B 108. Fradejas Lebrero, J. A 25; B 109. Friedrich, H. 136; B 110. Frutos Cortés, E. B 111. Gemoll, W. 24; B 112. Goldziher, I. A 387; B 113. Gracián, L. 18, 78, 79, 80, 113, 139, 142, 144; A 542; B 34—35. Gracián Dantisco, L. 13, 21, 89, 92, 137; A 78, A 84, A 406; B 36. Granja, F. de la A 402; B 114. Grant, M. A. A 120, A 325; B 115. Gray, M. J. A 87; B 116. Guevara, A. de 113; A 374. Guillén de Castro y Bellvis A 696. Gutzwiller, S. P. A 501; B 117. Hartzenbusch, J. E. A 421, A 428; B 2. Hatzfeld, H. 143. Henríquez Ureña, P. A 37; B 118. Hermogenes A 471. Herrero, M. A 574; B 119. Herrick, M. T. A 325, A 671; B 120. Hess, R. 114, 141; A 344, A 512; B 121. Hesse, E. W. B 122. Hidalgo, G. L. 11. Hilborn, H. W. A 601; B 123. Horaz 113, 137; A 365, A 536; B 37. Hoyo, A. del B 35. Huizinga, J. B 124. Hunt, L. A 409. Ibn Sa'íd A 402. Icaza, A. de A 115, A 118; B 125—126. Isidor v. Sevilla A 359.

Erasmus v. Rotterdam 111; A 359, A 538, B 28. Espinosa, A. E. A 13; B 23, B 104.

Jacava, J. de 19. Jiménez y Hurtado, M. 1, 2, 135, 141; A 402, A 421; B 22. Johann de Garlandia A 362; B 38. Jolles, A. A 157, A 244; B 127. Jommi, G. A 714; B 128. José Prades, J. de B 129. Juan Manuel, Don 113; A 25, A 374, A 402; B 39. Jünger, F. G. 61, 64, 65, 68; A 217, A 343; B 130.

Farinelli, A. A 2; B 105. Fernànedz de Navarrete, E. A62; B106. Fernàndez de Velasco y Pimentel B 31.

Karlinger, F. B 131. Keller, J. E. A 12, A 387; B 13, B 132. Klapper, J. A 366; B 133.

Dario, R. A 44; B 75. Demetrios v. Phaleron A 471. Diaz Rengifo, J. 7; B 27. Dithmar, R. B 101. Doderer, K. 73; A 395; B 102. Domenichi, L. A 402. Dornseiff, F. A 363; B 103.

162

Köhler, R. A 402; B 134. Könneker, B. 109, 115; A 484, A 513, A 514, A 519; B 135. Koj, P. 24; A 121, A 141, A 406; B 136. Kommereil, M. A2, A108, A387; B 137. Krauss, W. A 37; B 139. Kuttner, G. 16; A 79, A 89, A 90, A 91; B 140. Lausberg, H. A 266, A 380, A 466, A 654, A 655, A 678, A 680, A 694; B 217. Leavitt, S. E. A 488; B 141. Le-Bossu, P. A 392. Leibfried, E. 42, 80; A170, A232, A233; B 142. Lessing, G. E. A 375. Ley, Ch. D. 102, 116; B 143. Lida de Malkiel, M. R. A 17; B 144. Linker, R. B 13. Lipps, H. A 244, A 382; B 145. Livius A 359. Löbo, F. Rodrigues 13, 14, 16, 20, 21, 22, 29, 30, 31, 39, 137; A 85, A 87; B 40. Lopez Pinciano siehe Pinciano, Lopez. Ludwig, A. A 591, A 593; B 146. Lujän de Sayavedra, M. A 534. Lustonö, E. de B 33. Luzän, I. de 81, 100; A 296; B 42. MacDonald, D. A 478; B 147. Madeensen, L. 14, 15; A 95, A 109; B 148. Madius, V. 66, 138, 140; B 43. Mal Lara, J. de 113; A 100, A 421; B 44. Mari, G. A 362. Marias, J. B 216. Martial A 108. Meietinski, E. A 190; B 149. Menendez Pelayo, M. 10, 11, 12, 19; A 84, A 96, A 98, A 108, A 387, A 403; B 150. Menendez Pidal, R. A 344; B 8. Merker, P. B 218. Mey, S. A 402. Mira de Amescua 4, 84, 110, 134, 136; A 107, A 402, A 661, A 670; B 45. Moliner, M. A 226; B 215. Morel Fatio, A. B 151. Moreno Bäez, E. A 87; B 152. Moreto, A. 2, 86; A 493; B 22. Moser-Rath, E. A 368, A 371; B 153. Müller-Bodiat, E. 141; B 154. Neumann, E. B 155.

Neumann, S. A 277, A 309, A 366, A 421; B 156—158. Newels, M. A 326, A 327, A 685, A 711 ; B 53, B 159. Nigg, W. 108; B 160. Northup, G. T. 6, 56; A 402, A 406, A 493; B 6. N0jgaard, M. A 176, A 349; B 161. Nykrog, P. B 162. Odioa, Juan de A 404. Olmedo, F. G. A 370; B 60, B 163. Ovejero y Maury, E. 144; B 34. Ovid A 289, A 365. Pabst, W. A 28, A 59, A 65, A 95, A 97, A 130, A 346, A 365, A 403, A 405, A 435, A 690; B 164. Pacheco, F. A 402. Panormitas, A. 113. Parker, A. A. 104, 106, 109; A 396, A 487, A 510, A 511, A 514, A 523, A 540, A 626, A 662; B 165—167. Paulus 142. Pérez, L. C. B 168. Pérez de Guzman, F. 19. Pfandl, L. 24; A 100, A 141, A 302, A 403, A 534; B 169—170. Phädrus A 349. Piccolomini, E. S. 113. Pinciano, López 67, 71, 81, 97, 98, 138, 139; A 404; B 41. Place, E. B. 11, 12; B 171. Plinius, der Jüngere A 556; B 47. Plutarch 19. Poggio Bracciolini A 402. Polheim, K. K. A 83; B 172. Pontan 137. Porqueras Mayo, A. A 374, A 696, A 706, A 712; B 173, B 185. Properz A 359. Propp, V. A 63, A 190; B 174. Quiñones de Benavente, L. 110; B 50. Quintilian 79, 100, 113, 137, 140, 141; A 266, A 331, A 365, A 443, A 458, A 466, A 538, A 590, A 655, A 676; B 48—49. Ranke, K. 39; A 150, A 311, A 571; B 175—178. Reich, H. A 459, A 532; B 179. Ricard, R. A 359, A 371 ; B 180. Riccobonus 140. 163

Riley, E. C. A 376; B 181. Rizo, P. M. 66, 97, 138, 139; A 329, A 330, A 334, A 339, A 435, A 458, A 462; B 53. Rojas González, F. A 338. Rommel, O. 64; B 182. Rudd, W. J. N. A 149; B 183. Rufo, Juan 19. Ruiz Ramón, F. 143; A 415; B 184. Sage, J. B 210. Sainz de Robles, F. C. 2, 9; A 108, A 344, A 428; B 25, B 29, B 68. Sallust 19. Salvany, J. T. A 34. Sánchez de Badajoz, G. A 409. Sánchez Escribano, F. A 696, A 706, A 712, A 715; B 168, B 185. Santa Cruz de Dueñas, M. de 11,12,17, 19, 82, 133; A 67, A 421; B 54. Scaliger A 331; B 55. Schenda, R. A 359; B 186. Schevill, R. 11, 12, 15; A 48; B 61. Schier, K. B 187. Schiller, F. A 409. Schlegel, F. A 92; B 56. Schurack, M. 110; A 309, A 532; B 188. Schweizer, W. 38; A 311; B 189. Seneca 19. Shakespeare, W. 109; B 57. Shergold, N. D. A 601; B 190—191. Sloman, A. E. B 192. Staiger, E. A 83. Stammler, W. B 218. Straßner, E. 29, 39; A 277; B 193. Suárez de Figueroa, C. A 87, A 369; B 58. Tamayo de Vargas, T. 110. Terrones del Caño, F. 77, A 461, A 692; B 60.

Thamara, F. 19. Thomas, L. P. B 194. Tiemann, H. B 195. Timoneda, J. de 10, 11, 12, 15, 17, 20, 24; A 87, A 88, A 109, A 365, A 401, A 402, A 407, A 435; B 61—62. Tirso de Molina 1, 2; A 402; B 22, B 63. Trancoso A 96. Valbuena Briones, A. 125, 127, 128,129; A 511, A 602, A 684; B 1, B 196. Valbuena Prat, A. A 488, A 511, A 520, A 534; B 16, B 46, B 197—199. Valera, J. A 16, A 50; B 64—65, B 200. Valerius Maximus A 359, A 362. Varey, J. E. 143; A 601; B 191. Vega, Lope de 8, 110, 139, 141, 142; A 25, A 139, A 359, A 369, A 376, A 402, A 711; B 66—68. Vergil A 359. Vera Tassis A 421. Vidal, M. 27; B 7. Vitry, J. de A 402. Vossler, K. A 583; B 201. Walser, E. 16; A 94, A 109; B 202. Watson, A. I. 103, 125, 126, 135; A 685; B 203. Weinreich, O. A 154, A 295; B 204. Welter, J. Th. A 359, A 367, A 371; B 205. Wiese, B. v. A 92; B 206—207. Williamsen, V. G. 4, 134, 136, 137; A 107, A 661; B 208. Wilpert, G. v. 42, 133; A 138, A 157, A 158, A 172, A 583; B 219. Wilson, E. M. 125, 126, 132, 135; B 210. Zabata A 402. Zum Felde, A. A 44; B 211.

4. Sachregister Das vorliegende Sachregister weist neben den Sachbegriffen die Cuentos, die Dramen Calderöns und anonyme Werke nach Titeln nach. Die Nummern beziehen sich auf die jeweilige Seitenzahl. Angaben, die mit den Buchstaben A und B versehen sind, beziehen sich jeweils auf die laufenden Nummern der Anmerkungen bzw. der Bibliographie. Acaso y el error, El 85, 86, 123, 124; A 601. acumen A 120. adab A 387. 164

Agere, Macarandona y el cura (Nr. 67) 48, 49 (Text), 54, 56, 62; A323, A458, A 563, A 587. agudeza 18, 78, 79, 110,113, 139; A 118,

A 296, A 376. Aguila y el sol, El (Nr. 47) 26, 27,28,29, 32, 42, 45, 48, 55, 71, 87 (Text), 118, 119, 121; A 374, A 426, A 592. Alcaide de sí mismo, El 87. Alcalde de Zalamea, El 127. Alejandro, el médico y la pócima (Nr. 83) 72, 127; A 387, A 657. Alejandro y el poeta Tebandro (Nr. 6) 52, 72, 73 (Text), 118, 121, 129; A305. Alejandro y ios tres retratos 85, A 628. Allegorie 79, 113. Almendro y el lirio, El (Nr. 46) 26, 27, 28, 29, 32, 42, 45, 48, 55, 71, 118, 121; A 99, A 374, A 592. Amigo, amante y leal 49. Amigo y el secreto, El (Nr. 7) 53, 58, 118, 121; A 276, A 293. anécdota, anecdotes 11; A 42, A 50, A 62, A 84, A 96. Anekdote 18, 24, 77; A 107, A 141, A 168, A 349, A 375, A 409, A 415. Apolo y sus sobrinos (Nr. 26) 53, 54; A 586, A 636. Apolog, apólogo 17, 23, 25, 27, 28, 29, 41, 42, 43, 48, 50, 53, 55, 57, 60, 69, 71, 73, 76, 81, 112, 113, 116, 119, 137; A 42, A 102, A 296, A304, A375. Apophthegma, apotegma 19, 20, 23, 24, 137; A 97, A 115. Aposiopese 97, 98, 132, 133, 140. — emphatische 133. Aretalogie 24. argumentatio 15, 97; A 590. Ausgleichstyp Revandie 31, 32, 43, 44, 46, 47, 48, 51, 52, 54, 56, 57, 58, 65; A 207, A 284, A 314, A 535. Ausgleichstyp Übermut 32; A 314. Astrólogo fíngido, El A 473. Barbero y las muelas, El (Nr. 30) 52, 62, 68; A 323, A 586, A 636. Bartolo y Catalina (Nr. 12) 43, 52. Beispiel 17, 75, 76, 77, 79, 80, 93, 97, 121, 138, 140, 141; A 148, A 295, A 375, A 376, A 380. — biblisches 76. — historisches 76. — profanes 76, 77. bel parlare A 95. Belehrung 60. Siehe auch Lehre, bene dicere A 678. Beweismittel 75, 79, 80, 93, 130, 138. Siehe auch Beispiel.

bien dezir A 681. Bien vengas, mal, si vienes solo A 33. Blinder 26, 68, 69. Borrico y la cebada, El (Nr. 69) 46 (Text), 47, 50, 56, 118; A 404, A 576, A 580. brevitas siehe Kürze, brief prose narratives 11. burla 8, 77, 113, 142; A 35, A 75, A 188, A 371, A 674. burlesk 70, 75; A 552. Caballero, los caballos y la cebada, El (Nr. 11) 26, 32, 42, 43, 46; A 194, A 563. Caballero Zifar, El 9; A 40; B 12. Calvo y la cabellera, El (Nr. 17) 47 (Text), 67, 117, 127; A 163, A 444. Castillo de Lindabridis, El 99, A 575, A 657. Charaktere 89, 91, 117, 124, 129. — komische 100, 123. — Verknüpfung der 123, 124. Siehe auch Personen, dramatische. chascarrillo 1; A50. chisme A 33. chiste 11, 25, 47, 51, 81; A 115. Siehe auch Witz, chorus 103, 139. Ciego y la luz, El (Nr. 2) 26, 27, 29, 32, 42, 48, 55, 68 f. (Text), 72, 106, 107, 108, 127; A 160, A 337, A 338. Cisma de Ingalaterra,La 69, 72, 85,104, 112, 118, 120, 136, 144; A 484 A 494, A 626, A 663. Comedia 3, 5, 96, 98, 109, 126, 138, 139, 141, 142, 143, 144; A 25, A435, A602. Comisario y el cojo, El (Nr. 78) 26, 35 (Text), 42, 44, 68; A 160, A 178, A 333, A 338, A 568, A 586, A 635, A 637. Con quien vengo, vengo 88; A 268. concepto por ficción A 289. concepto predicable A 371. Conde, el esclavo y la dama, El (Nr. 77) 26, 32, 33 (Text), 42, 52, 63, 134 (Text); A 160, A 178, A 307, A 586, A 662, A 663. conseja A 31, A 369. contar 7 f„ 25, 48, 50, 54. contar de 25, 48, 50. contecillo siehe cuentecillo. conto 30. Siehe auch cuento, conto — dito 20; A 186.

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contrapuesto 143. Convaleciente y el dolor, El (Nr. 53) 56, 57 (Text), 58, 74, 85, 118, A 589. Convidador y el despensero, El (Nr. 64) 51 f. (Text), 63, 88, 117; A562, A563, A 569, A 576, A 580. Cortesano y el forastero, El (Nr. 19) 43, 45, 63, 103, 126; A 161, A 400, A 402, A 585, A 636. Cuál es mayor perfección 118. cuentecillo 43, 44, 45, 46, 47, 48, 50, 51, 54; A 107, A 108. Cuento — Abwehr 90, 95, 96, 121; A 663. Siehe auch Cuento-Erzählverbot, -Erzählversuch. — Änderungen 124,125. — Aneinanderreihung 133. — Anspielungen 5. — Anwendung 3, 12, 13, 14, 17, 77, 78, 80, 90, 91, 92, 93, 95, 97, 98, 100, 103, 114, 116, 118, 119, 121, 125, 127, 129, 139; A 371, A 495, A 561. — Anwendungsregeln 138. — apacible y gracioso 20. — Auflösungen 6, 108, 109, 143; A 387. — Aufschub 85, 108, 127, 128, 132. Siehe auch Cuento-Unterbrechung, Aposiopese. — Begriff 7, 8, 23, 25, 27; A 167, A 674. — belehrende 74, 75. — breve 5, 45; A 84, A 52, A 87. — dicho 23; A 194, A 230. Siehe auch dicho. — Einfügung (im Drama) 1, 2, 3, 124, 125, 128, 129, 130, 133, 134; A 686. — Einfügung (in der Rede) 14. — Einschub 3, 4, 82, 88, 120, 136. — epigrama siehe epigrama. — ernster 45, 46, 48, 50, 60, 91, 102, 103, 118, 121, 127. — Erzähler 2, 14, 17, 42, 73, 75, 80, 81, 89, 90, 96, 109, 137; A 372. — Erzähler (Selbstcharakterisierung) 124. — Erzählverbot 97. — Erzählversuch 97; A 463, A 464. — Form 4, 5, 7, 18, 23 f., 29, 30, 31, 57, 64. — Frage-Antwort 38, 53; A 213. Siehe auch Cuento-interrogación. — Frequenz 119. — Funktion 14, 18, 22, 23, 24, 28, 60, 61, 75, 76, 82, 91, 92, 97, 99, 112, 118, 121, 124, 126, 135; A 374. 166

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Funktionstypen 91. gérmen 24. Grundschema 30. Handlung 5, 27, 44, 61. handlungsdeutende 116, 124, 125, 126,127 f. — Handlungstypen 31, 33. — handlungsvorausdeutende 125, 134, 135, 140. heiterer 91 f., 118 f., 121, 126; A 677. — interrogación 38. — Lüge 8. — popular literaturizado 8. — Sammlungen 1 f., 17, 19, 82, 83, 84, 89; A 65, A 369. — Sprache 17. — suceso 7, 23; A 194. Siehe auch suceso. — suceso-dicho 23, 29, 53. — Struktur 15. — Thematik 117. — Themen 4, 13, 84, 85, 86, 115 f. — Themenangabe 95 f. Siehe auch Cuento-Aufschub, -Unterbrechung, Aposiopese. — Typen 60. — typisierend 115. — Typisierung 116, 118. Ubergangsformen A 295. — Unterbrechungen 97, 131; A 649. Siehe auch Cuento-Themenangabe. — Verteilung (im Drama) 119, 120. — Verwendung 75, 84, 91, 92, 99, 115, 120, 136, 138, 140; A 387. — Verwendungsweise 4, 82, 88, 89, 95, 137; A 374. — volkstümlicher 18. — als Vorform 10, 24. — Wahl 3, 12 ff., 123. — als Warnung 126. — Wiederholungen 85, 86. — Zahl 119, 120, 129, 135, 139; A 677. Cura, el vecino y su mujer, El (Nr. 22) 52, 62, 63, 126; A 323, A 585, A 636. Cura, el vizaino y el carnicero, El (Nr. 79) 62, 82; A 399, A 563, A 568, A 586, A 635, A 637. Dama — als Cuento-Erzähler 2, 75, 82, 91, 117, 118, 121, 123, 124, 129. — als Cuento-Figur 33, 43, 44, 63. — als dramatische Person 93, 94, 97. Dama hipocondríaca, La (Nr. 4) 56, 58; A 587.

Dama y el amigo perdido, La (Nr. 59) 51, 86, 123, 124, 125; A 307, A 451. Dama y el coche, La (Nr. 20) 43 (Text), 44, 45, 126; A 269, A 577, A 585, A 636. Dama y la criada, La (Nr. 57) 53, 54, 75, 117, A 576. Dar tiempo al tiempo A 34. Darlo todo y no dar nada 85, 108, 127, 128, 136, A 387, A 631. decoro 97, 105. decorum, Dekorum 67, 94, 95; A 462. Defektenkomik siehe Komik, deformidad siehe Difformität. desengaño 81. Desposado y el escribano. El (Nr. 8) 52, 62; A 451, A 563. detto siehe dicho. Devoción de la Cruz, La (Nr. 20) 120; A 684, A 709. Diabla y el pastor, La (Nr. 49) 52, 58, 70; A 565. Dialog (im Drama) 123, 133. dicacitas A 120, A 140. Dicha y desdicha del nombre 82, 85, 88, 89, 90, 96, 97, 101, 129, 130, 132, 133, 134; A 586 A 684. dicho (dito) 20; A 194, A 207, A 296, A 388, A 674. dicho agudo 53; A 84, A 96. — faceto 20, 22. — respuesta 20, 21, 23. — sentencioso A 84, A 96. Dichotomie 109. Dichter 81, 115, 139. Dichtung 107, 114, 140, 142; A 376. — irreale A 714. — mittellateinische 114. — profane A 697. dictum 53; A 120. Difformität 67, 68, 70, 95. Siehe auch turpido. Digressio 120, 123, 136. Diogenes, Alejandro y la flor 85; A 628 f. Diógenes, Alejandro y la riqueza 85; A 628.

Diógenes y la fuente 85; A 628. discurso 25, 49, 50, 51, 63; A 268. disfraz 105, 130. Siehe auch Maske, dito grave 23. Doliente y el sacristán, El (Nr. 82) 26, 34 f. (Text), 42, 43, 62, 68; A 160, A 178, A 332, A 637.

Dos amantes del cielo, Los 96, 97, 99, 120, 129, 130; A 35, A 466, A 586, A 636, A 684. Dotor y la liebre, El (Nr. 68) 52, 62; A 404, A 634. Drama, antikes 103. — klassisches 133. — religiöses A 459. — im Siglo de Oro 75, 83, 92, 140, 143; A 396. dramatische Situation 74, 127. dramatischer Ablauf 55, 119,122. Siehe auch Handlung. — Konflikt 103, 120, 125. — Kontext 26, 125. dramatisches Geschehen 2, 46, 81, 91, 93, 104, 106, 107, 109, 112, 116, 117, 119, 120, 123, 125, 127, 129, 132, 135. Dramentheorie 4, 138, 139, 141. Dramentypen 5, 139. Einfache Formen 24; A 244. Einleitungsformel 5, 75, 82. Einschub, cuento. Siehe Cuento-Einschub. — lyrischer 121. ejemplillo 25, 47, 50. ejemplo 25, 46, 47, 50, 56; A 499. Siehe auch enxiemplo, Exemplum. — agudo 20. emblema 79; A 375. Emphase A 654. Enfermo y el amigo, El (Nr. 37) 48, 52, 62, 68; A 166. entremeses 110. enxiemplo A 40, A 549. epigrama 50; A 115. Epigramm 39, 40, 51, 52. Epimythion 28, 74, 91, 92, 94, 105, 107, 140; A 294, A 644, A 668. Siehe auch Nutzanwendung, epische Breite 15, 16, 22. Episode 85, 128. — komische 124. — lyrische 121. Erzähler siehe Cuento-Erzähler. Erzähltyp 2, 10, 11, 12, 14, 19. Erzählung, profane A 371. — spanisch-arabische A 402. — volkstümliche 76, 77, 78. Escondido y la tapada, El 84 Escultor y Júpiter, El (Nr. 86) 56 f. (Text), 58, 74, 75, 121; A 108. 167

esempio A 374, A 375, A 385, A 387. Siehe auch Exemplum. Estatua de Prometeo, La 122; A 289. estilo burlesco A 296. — jocoso 100; A 296. Exemplum 2, 10, 75, 76, 77, 138, 140, 142; A 12, A 371, A 374, A 387, A 667, A 701. — biblisdies 77, 142. — heidnisches 142. — historisdies A 375. — mittelalterlidies A 365. — -theorie A 365. exordium 97. Exposition (im Drama) 120, 129. Extranjero y el cortesano, El (Nr. 72) 53, 58, 117; A 293, A 576, A 600, A 634. Fabel 2, 9, 24, 27, 28, 29, 40, 41, 42, 43, 47, 52, 53, 60, 73, 76, 77, 81, 100, 112, 115, 119, 137, 138; A 100, A 349, A 375, A 428. fabella 17, 76, 138, 140, 141; A 102, A 107, A 458. Fabio y su mujer (Nr. 14) 50, 53, 54, 63; A 446, A 588. fábula 7, 27, 77, 79, 142; A 391, A 392, A 435. — esópica A 296. facetia (facezia) 13, 20, 22, 23, 30, 137; A 76, A 168, A 193, A 207, A 325, A 339, A 461. Fall 42, 47, 50, 56, 57, 60, 74, 75, 79, 106. — surrealer 42, 50, 58. Fazetie A 339, A 461. Fazetientheorie 23, 137, 138; A 365. ficción 7; A 107, A 488. — histórica 18. figura 106, 110. Figuren 91, 106, 107, 110, 127, 136. — konstellation 61. — sdiwund 37. — typen 61, 62, 67, 68, 70, 71. Fiktion 81, 83, 113; A 38, A 65. Filósolo, el soldado, Alejandro y Ja flor, El (Nr. 3) 26, 27, 29, 32, 42, 48, 72 (Text), 85, 106, 107, 108, 127; A 304, A 587, A 629. Fingida Arcadia, La 86; A 401. Flora, el casero y el balcón (Nr. 56) 52, 63, 86, 117; A 308, A 323, A 576. Flora, el coche y la cochera (Nr. 55) 52, 85, 86, 117; A 33, A 308, A 576. 168

Folklore 3, 10. Formen, volkstümliche 141; A 552. Siehe auch Volksformen, Cuento, volkstümlicher. Formkategorien 18. Fortunas de Andrómeda y Perseo A 29. Fraile y la huéspeda, El (Nr. 71) 51, 62; A 566, A 634. frialdad 89; A 232, A 438. Galán als Cuento-Erzähler 2, 82, 91, 102, 115, 116, 118, 121, 129, 142, 143; A 99. — ais Cuento-Figur 44, 45, 49, 63, 75. — als dramatische Person 93,94,95,96, 97, 99, 100. Galán, la dama y el piojo, El (Nr. 66) 43, 44 (Text), 45, 48, 49, 51, 54, 56; A 161, A 269, A 308, A 323, A 565, A 566, A 587, A 634. Galán y la dama ronca, El (Nr. 39) 26, 34, 42, 48, 52, 68, 122 (Text); A 160, A 178, A 194, A 308, A 323, A 599, A 634. Ganitero y ¡os alcahuetes, El (Nr. 89) 50; A 165. Gebrestenkomik siehe Komik, género didáctico-simbólico 27. — embrionario 11. genera facetiarum 17. genus acutum et breve A 140. — ridiculi 41; A 207. Gleichnis 119. Glosse 121. gracia (grapa, grazia) 12, 21, 89; A 127. Gracioso als Cuento-Erzähler 2 ff., 45, 47, 75, 82, 89, 91, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 101 f., 109, 115, 116, 120, 129, 138, 142, 143; A 99. — als Cuento-Figur 40, 70, 140. — als Figurendeuter 128. — als Gesellschaftskritiker 103,116. — als Kritiker dramatischer Mittel 102, 103, 116. — als Narr 103, 104, 105, 107, 108, 116. — als Priester 103. — als Satiriker 116. — als Spaßmacher 93, 116. — als Theaterkritiker 116. — als Weiser 108, 116. — -Typisierung 116. Gracioso y el capón, El (Nr. 10) 26, 37, 39 f. (Text), 41, 42, 43, 51, 52, 70, 71; A 160, A 181, A 232, A 446, A 450.

Gracioso y la guedeja falsa, El (Nr. 41) 58, 70; A 565. Gracioso y la mozuela, El (Nr. 74) 26, 33 f. (Text), 42, 48, 52, 63, 101 (Text), 130; A 160, A 179, A 323, A 482, A 564, A 586. Gracioso y los colores, El (Nr. 24) 47, 63; A 164, A 446. Groteske 70. Guárdate del agua mansa 86. Handlung (im Drama) 3, 123, 125, 127, 128, 135, 136. Handlungsablauf 2, 121, 122, 123, 124. Siehe auch dramatischer Ablauf. — ausgang 112, 117, 125, 135. — ende 128. — Haupthandlung 120, 124, 125, 129, 130, 131, 133. — Nebenhandlung 130 f., 133. Handlungsträger 26, 27, 28, 47, 52, 55, 61, 62, 64, 70, 85, 101. Hauptheld 102, 103, 109, 118, 125, 126, 127, 130. Hechicera y la coroza, La (Nr. 80) 52, 62, 63, 82, 130; A 399, A 567, A 568, A 586, A 635, A 637, A 644. Heiligenvita A 697. Held 47, 48, 117, 128; A 624. — positiver 102. Hidalgo, los gregüescos y el hilo, El (Nr. 75) 26, 38, 39, 42, 43, 45, 47, 53, 85, 88, 101; A 160, A 178, A 275, A 413, A 559, A 586. historia 7, 15, 142; A 30, A 31. Historie 78. historietas A 662. — Form 9; A 229. Hombre (empobrecido) y la novia, El (Nr. 38) 52, 62, 66; A 307, A 324, A 355. Hombre pobre todo es trazas 87, 119. Hombre y el veneno, El (Nr. 5) 56, 58, 74, 85, 118; A 413. Huevo de Juanelo, El (Nr. 48) 38, 53, 54, 118; A 576, A 581. Ich-Erzählung 40, 80. insinuatio A 694. interrogación siehe Cuento-interrogación. Intruso y el mayordomo, El (Nr. 9) 43, 44, 45, 62, 63, 93; A161, A451, A563. iudicem attentum parare 140.

Kalila wa Dimna A 387. Siehe auch Libro de Calila e Digna. Kasus 91; A 241, A 244. Siehe auchFall. Katharsis 140. Kleinliteratur 24. Kombinationstyp 44, 48, 57. Komik 29, 60, 61, 62, 64, 65, 68, 95, 97, 100, 112, 118, 138; A 346. Siehe auch poesía cómica. — aktive A 322. — Bereichskomik 70, 95, 116, 138. — Blindenkomik A 344. — Burleskkomik 114. — Defektenkomik 40, 68, 138. — Gebrestenkomik 70; A 322. theorie 66, 100. Komischer Konflikt 61, 64, 65, 66. Komisches Personal 67, 68, 95; A 462. Komödie 129, 138, 139, 140, 141. — profane 114. Komödientheorie 138. Konfliktlösung (im Drama) 120, 131. Konfliktsituation (im Drama) 129, 140. Kontrastbildung 124, 129, 139. Kontrastierung, dramatische 135, 141, 143. — komische 133. Kritik 111. Siehe auch Zeitkritik. Küchenhumor A 458. Kürze (brevitas) 15, 16, 22, 24, 39, 75. Kunstdichtung 24, 25. Kunstform 43. Kurzerzählung 2, 10; A 87. Kurzgeschichte 10. Laura, el coche y la cochera (Nr. 40) 52, 85, 86; A 308, A 446, A 577. Lazarillo de Tormes, El 137; A 17, A 344. Legende 2. Lehre 28, 47, 53, 55, 71, 72, 73, 75, 77, 81; A 387, A 552. Lehrdichtung, spätmittelalterliche 115. Lehrhaftigkeit 60. Letrado y el juez, El (Nr. 33) 51, 62, 63; A 355, A 357, A 636. Libro de Calila e Digna, El A 344. Libros de caballerías A 369. Licenciado astrólogo y la estrellas, El (Nr. 15) 53, 54, 62; A 402, A 588. Literatur, didaktische A 387. — mittellateinische A 701. loco 104, 107; A 421, A 437, A 515. — discreto 110.

169

— docto 116. Siehe auch Narr. Loco y el entendimiento, Ei (Nr. 73) 26, 37 (Text), 38, 39, 42, 43, 45, 47, 53, 69, 118; A 576, A 580, A 582. Luis Pérez, el Gallego 49, 93. Madre y el hijo salvaje, La 52, 63, 99; A 389, A 575. Madre, el hijuelo, el huevo y el torrezno, La (Nr. 27) 51, 63; A 563, A 586, A 636. (Madrugador) y la damisela, El (Nr. 34) 52, 63; A 307, A 324. Maestro de danzar, El A 515. Mancebo, I03 calzones y el libro, El (Nr. 42) 53, 54, 85; A 413, A 483, A 559. Mañana será otro día 85, 94, 125. Mañanas de abril y mayo 85, 86; A 33. Marido, la mujer y la descalabradura, El (Nr. 81) 52, 63, 82, 130; A 323, A 399, A 568, A 586, A 635, A 637. Marte, Vulcano, el músico y el cochero (Nr. 44) 53, 54 (Text), 62, 63. Maske 108, 109, 130, 131; A 647. Maskierung 110. Marchen 2, 10. Médico de su honra, El A 32. Médico de una república, El (Nr. 43) 56, 58, 91, 98; A 634. mentira 77; A 34, A 369. Mercader y el sastre, El (Nr. 63) 54 (Text),55, 56, 57, 62, 65, 68,71; A294, A 295, A 333, A 634. Mercader y las telas, El (Nr. 91) 50, 63. Metapher 69. — Dunkelheit — Lidit 108; A 511. Mime 95, 139,- A 532, A 669. Mimodie 141. Mimus 141; A 309, A 459. — typen 110. Monja (hecha) monjo, La (Nr. 58) 26, 37, 39, 41 (Text), 42, 43, 44, 45, 46, 52, 56, 70; A 99, A 160, A 181, A 320, A 322, A 345. Monolog 121. — lyrischer 121. Moro y el gangoso, El (Nr. 31) 26, 31 (Text), 42, 43, 46, 68; A 160, A 178, A 333, A 401, A 586, A 636. mote 30, 32; A 207, A 674. Motiv 86; A 458, A 519. motti A 193. Siehe audi mote. 170

Mujer (iuera y dentro) de casa, La (Nr. 90) 63; A 165. Nadie fíe su secreto 85, 86, 101 ¡ A 33, A 483, A 559. Narr 37, 38, 39, 68, 69. Siehe auch loco. — in Christo 108. — Hofnarr 105, 109. — weiser 109, 110, 111, 112, 116. Narrenfreiheit 111. Narrenthematik 109 f. Narrentum 110. — der Welt A 519. Narrentyp 104. Narrheit 107, 112; A 514. narración algo más extensa A 84. — fabulosa A 392. narratio A 590, A 678. Niña de Gómez Arias, La 84. No hay burlas con el amor A 458. novela 11; A 42, A 57, A 62, A 84, A 87, A 109, A 369. novelas cortas italianizantes 11. — ejemplares 11; A 667. — toscanas A 84. Novelle 2, 9, 10, 11, 14, 15, 16; A 97, A 109, A 151, A 346, A 376. Nutzanwendung 57, 94, 137. Siehe auch Epimythion. Oralformen 24. Originalität 17, 88. Ornato 135. Padre, el hijo y el gato, Ei (Nr. 23) 26, 32, 42, 45, 46, 63, 96, 126; A 160, A 178, A 194, A 563, A 585 A 636. Padre, la hija y el novio, El (Nr. 62) 56, 58, 66, 103, 123, 124 (Text), 125; A 324, A 355, A 357, A 605. Para vencer amor, querer vencerle 57, 85, 120. Parallelisierung 124, 130, 133, 135; A 648. Siehe auch Haupt- und Nebenhandlung. Parodie 3. patrañas 11, A 369. Perro y las dos bodas, El (Nr. 60) 28, 52, 53, 55, 85, 94 (Text), 121, 125; A 286, A 296, A 402, A 413, A 421, A 451, A 458, A 463. — (Nr. 88) 28, 52, 53, 55, 57, 72, 73, 85, 103f. (Text), 125; A294, A295, A387, A 402, A 413, A 421.

Personal, komisches 114. Personen 91, 123, 135. — dramatische 7, 81, 82, 89, 93, 94, 116, 117, 120, 136. — Hauptpersonen 123. — komische 91. — Verknüpfung der dramatischen Personen 135. Personentypen 143. Pintor de su deshonra, El 125, 126, 129; A 662, A 663, A 684. Pintor y el amigo, El (Nr. 25) 46, 47, 50, 62; A 162, A401, A402, A586, A636. Pintor y el retrato, El (Nr. 13) 26, 37, 43, 44, 62, 92 (Text); A 160, A 180, A 361, A 401, A 402, A 447, A 588. Plot 81. Pobre y el astrólogo, El (Nr. 35) 51, 62, 63; A 443. poema común 18; A 391 f., A 392. poesía cómica 60. Poeta, el ama y el león, El (Nr. 45) 51, 61; A 323. Poetik 38 (Pinciano), 114. Pointe 22, 23, 29, 30, 47, 48, 50, 51. Polarisierung 29, 61, 66,102, 143. Portero y el corregidor, El (Nr. 76) 51, 62; A 586. Portugués y el pozo, El (Nr. 70) 26, 35, 42, 43, 45, 53, 63, 75; A 160, A 178, A 319, A 535, A 566. Posse 20. Postrer duelo de España, El A 487. Predigt 138, 140, 105; A 177, A 461, A 371. — literatur 76; A 365, A 370. — märlein 77; A 368, A 493. — tradition A 371. Príncipe y el veneno, El (Nr. 54) 56, 57 (Text), 58, 74, 85, 118; A 413, A 589. Provokation 64, 65. Pseudorealismus 64. Prolog A 374. Publikumswirksamkeit 115, 140.

Raposa y la perdiz, La (Nr. 28) 28, 29, 52; A 570, A 586, A 636. Realismus 63. Realität 78, 79, 80, 81, 94, 129, 138, 140, 144; A 309, A 376, A 714, A 715. Rede 13, 14, 97, 127, 130; A 240, A 268. — dramatische 2, 75, 79, 119. — gleichnishafte 121. — metaphorische 142.

Redemittel 14, 75, 81, 82, 121. Redezweck 17, 125; A 23. Redner 76, 112, 123, 139; A 76, A 380. refrán 113. Siehe auch Sprichwort. — explicado 11. Replik 52, 65, 71. Resistencia honrada y condesa Matilde, La A 139. Rhetorik 20, 25, 76, 99, 138, 139, 140, 141; A 365. Rhetorik ad Herennium A 675 ¡ B 51, Rhetoriker, antike A 471. — lateinische 141. rhetorische Mittel 14, 75; A 375. ridicula 22, 95, 96, 138; A 458, A 669, A 691. ridiculo 139; A 214, A329, A435, A 466, A 539. risa A 330, A 480. — argumentos de 138. Roman 3. Romance de Don Manuel de León A 409.

Saber del mal y del bien 72, 85, 120. Sabio y las hierbas, El (Nr. 16) 48, 72, 121, 127; A 166, A 387, A 402. Sachwitz siehe Witz. Sagperson 38, 39, 53. Sagwort 53; A 277, A 421. Schauspiel, geistliches 114,141; A 344. Scherz und Ernst 114, 115. Schrumpfformen A 207. — typ 53, 65, 84. Schwank 2, 14, 24, 29, 30, 36, 38, 41, 42, 44, 50, 51, 57, 60, 61, 63, 64, 65, 69, 71, 73, 76, 91, 100, 111, 137; A 277, A 372, A 458. — Lügenschwank A 322. — surrealer 44,50, 52, 57, 71, 91; A229. Schwundform 42. Secreto a voces, El 120. Selva confusa, La 85, 101, 103, 125; A 493. sentenga 23. Señora y la criada, La 85, 87, 103, 119, 123, 124; A 592, A 601, A 602. sermo pedester 141. short stories 10. Soldado, el gigante y las uvas, El (Nr. 1) 58, 62, 70, 80, 92; A 229, A 316, A 451, A 565. Soldado y el (testamento), El (Nr. 32) 53, 54, 62, 63; A 586, A 636. 171

Sonett 121. Sordo, El (Nr. 21) 26, 37, 42, 43, 44, 67, 126; A 160, A 178, A 585, A 636. Spannungstyp 35, 44, 48, 54, 55, 56, 57; A 319. Sprichwort 17; A 100, A 421, A 560. Siehe auch refrán. Spruchweisheit inErzählform 24; A100. suspensión A 471. Steigerungstyp Revanche 33, 48; A 314. Steigerungstyp Übermut 34, 36, 43, 44, 57, 58; A 314. Stil, panegyrischer 114. Stilebene 141. Stilmittel 133. Stillage, gehobene 141. Stiladäquatheit 114. — kreuzung 114, 115. — misdiung 139,142. — trennung 139, 141. Siehe auch estilo. suceso 7, 23. Siehe auch cuento-suceso, suspensión A 471. Symbol 128, 136, 144. Symbolik A 626. Symbolismus A 627. Szene 102, 118, 121, 124, 129, 130, 133, 139, 140. — Einfügungsszene 119, 121, 123, 125. — epische 16. — Gracioso-Szene 123, 129. — komische 89, 122, 124. Szenenverknüpfung 135. Tamborilero 62.

y ei fraile, Ei (Nr. 51) 52,

Toricantano y ei padrino, El (Nr. 52) 51, 62; A 356, A 458. torpeza 95, 99. tragedia patética A 684. Tragödie 139. Tragik 106, 112. Tres majaderos, Los (Nr. 36) 53. Tuerto, el cojo y ei corcobado, El (Nr. 85) 54, 55 (Text), 56, 57, 58, 68, 71; A 294, A 295, A 333, A 338, A 400.

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turpido-Lehre A 325. turpido et deformitas 67. Siehe torpeza. Uberzeugungsmittel 140. Siehe Beispiel.

auch audi

venir a cuento A 65. veras 77 f., A 35, A 545. Verdugo y ei azote, El (Nr. 61) 51, 62; A 358, A 401, A 402. Versifizierung 1, 75. Verslänge (der Cuentos) 45 f. versus memorialis A 387. Verwendung des Cuento siehe CuentoVerwendung. Vidriero y las monas, El (Nr. 65) 26, 36 f. (Text), 42, 43, 44, 62; A 160, A 180, A 306, A 307, A 332, A 566. Villano, la mujer y ei rio, El (Nr. 87) 52, 63; A 323, A 387, A 401, A 402. Villano y la bellaca, El (Nr. 50) 26, 35, 42, 43, 63; A 323, A 634. Villano y los dos soldados, El (Nr. 18) 26, 35, 42, 43, 126; A 160, A 178, A 304, A 400, A 402, A 585, A 636. Vinorre y la dama hermosa (Nr. 29) 28, 51, 63, 99 (Text); A317, A332, A561, A 570, A 586. virtus A 678. Vitium 138; A 680. Volksformen 10, 42, 43. Volkspoesie 24, 39. voluptas 140; A 458. witty sayings A 50. Witz 10, 94, 20, 24, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 47, 50, 53, 54, 60, 91, 100; A 310, A 372, A 693. Siehe auch chiste. — surrealer 41, 42, 50, 91. — Sachwitz 20, 30; A 102, A 230. — Wortwitz 20, 30, 40. Zeitkritik 103. Zuhörer 14, 16, 17, 26, 60, 61, 64, 65, 73, 75, 91, 98, 135, 140.