Öffentliche Kunstsubventionierung: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme, insbesondere bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren [1 ed.] 9783428466221, 9783428066223


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Öffentliche Kunstsubventionierung: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme, insbesondere bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren [1 ed.]
 9783428466221, 9783428066223

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 559

Öffentliche Kunstsubventionierung Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme, insbesondere bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren

Von

Michael Mihatsch

Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL MIHATSCH

Öffentliche Künstsubventionierung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 559

Öffentliche Kunstsubventionierung Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme, insbesondere bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren

Von Dr. Michael Mihatsch

Duncker & Humblot * Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Mihatsch, Michael: Öffentliche Kunstsubventionierung: verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme, insbesondere bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren / von Michael Mihatsch. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Schriften zum Öffentlichen Recht; Bd. 559) Zugl.: Regensburg, Univ., Diss., 1988 ISBN 3-428-06622-7 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-06622-7

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat im Sommersemester 1988 der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation vorgelegen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Juni 1988 berücksichtigt. Der hier unternommene Versuch einer Typisierung und Strukturierung der auf dem Gebiet der öffentlichen Kunstsubventionierung handelnden nicht-staatlichen Instanzen bedurfte eingehender empirischer Recherche. Deshalb danke ich an dieser Stelle all denjenigen Personen und Institutionen, die mir das insofern notwendige Material zur Verfügung gestellt haben. Stellvertretend für alle seien in diesem Zusammenhang genannt das Institut für Föderalismusforschung, Innsbruck, und sein Leiter, Herr Professor Dr. Peter Pernthalter, Herr Ministerialdirigent Dr. Hanns Hieronymus, Bundesministerium des Innern, Bonn, sowie Herr Ministerialrat Dr. Roland Felber, Verwaltungsdirektor der Bayerischen Staatsoper, München. In zahlreichen Gesprächen haben meine Kollegen und Freunde, Herr Regierungsrat Dr. Wilhelm Schmidbauer, Bayerisches Staatsministerium des Innern, München, und Herr Regierungsrat Michael Griesbeck, Bundesministerium des Innern, Bonn, die Höhen und Tiefen im Laufe der Beschäftigung mit dieser Arbeit mit mir geteilt und so manchen wertvollen Hinweis geliefert. Nicht vergessen werden darf auch die unersetzliche technische Hilfe von Frau Rechtsreferendarin Elisabeth Nordgauer und Frau Maria Gatter, beide Regensburg. Dank schulde ich aber zu allererst meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Udo Steiner, für die nie nachlassende liebevolle Betreuung der Dissertation und für die schönen Jahre der Arbeit an seinem Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Universität Regensburg. Ganz besonders darf ich schließlich der Verlagsbuchhandlung Duncker & Humblot GmbH, Berlin, für die Aufnahme der Arbeit in die "Schriften zum Öffentlichen Recht" danken. München, im Dezember 1988

Michael Mihatsch

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Verfassungsrechtliche Grundlagen der öffentlichen Kunstsubventionierung I.

II.

Begriffliches

3

1.

3 4 4 9

Kunst a) Anknüpfung an objektive Kriterien aa) Definitionsgebot/Definitionsverbot bb) Ausweg über formale Kriterien b) Anknüpfung an subjektive Kriterien: Selbstdefinition und Drittanerkennung aa) Selbstdefinition bb) Drittanerkennung c) Unmöglichkeit einer Kunstdefinition d) Möglicher Ausweg für den Bereich der Kunstforderung e) "Kunst und Kultur"

10 11 12 13 15 17

2.

Subvention a) "Vermögenswerte Zuwendung" aa) Das Element der Gegenleistung bb) Der unmittelbare Vermögensvorteil b) "seitens der öffentlichen Hand" c) "an einen Privaten"

19 20 21 23 25 25

3.

Kunstsubvention a) Fehlende Gemeinsamkeiten b) Der "Zweck" der Kunstsubvention

26 27 28

Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

33

1.

33 33 34

Die a) b) c)

staatliche Befugnis zur Kunstsubventionierung Die reale Lage Zur historischen Entwicklung Pragmatisches zu Nutzen und Nachteil öffentlicher Kunstsubventionierung d) Kunstsubventionierung und Art. 5 Abs. 3 GG aa) Kunstsubventionierung als Eingriff gegenüber dem Subventionsempfänger: Das Problem des "goldenen Zügels"

36 40 42

Vili

Inhaltsverzeichnis

bb) Kunstsubventionierung als Eingriff gegenüber dem nicht geförderten Konkurrenten: Die Ingerenzproblematik cc) Die Kunstfreiheitsgarantie als Gebot eines reinen "status negativus" 2.

III.

Kunstsubventionierung als Rechtspflicht a) Die in einzelnen Landesverfassungen verankerte positiv-rechtliche Förderpflicht aa) Die Funktion der Förderpflichtaussagen bb) Besonderheiten in bezug auf die kommunale Kunstförderung b) Wege zu einer ungeschriebenen Förderpflicht aa) Kunstsubventionierung als kommunale Pflichtaufgabe bb) Art. 5 Abs. 3 GG als institutionelle Garantie cc) Das Kulturstaatsprinzip dd) Das Sozialstaatsprinzip ee) Andere Vorschläge c) Subjektiv-rechtliche Ansprüche auf Kunstsubventionen aa) Grundrechtsunmittelbare Teilhabeansprüche bb) Leistungspflicht infolge Ermessensbindung

Verfassungsrechtliche Direktiven an die Ausgestaltung öffentlicher Kunstsubventionierung 1.

44 47 49 49 50 52 53 53 57 61 64 66 67 68 71 76

Grundlegendes zur Auswirkung der Grundrechte auf Organisation und Verfahren

77

2.

Der kunstimmanente Aspekt: Eigengesetzlichkeit

79

3. 4.

Die Situation der Kunst im Staat: Autonomie Das Verhältnis des Staates zur Kunst: Neutralität a) Zwei mögliche Neutralitätsinterpretationen: "Negative" und "Aktive" Neutralität b) Neutralität und Toleranz

81 82 83 85

5.

Das verfassungsrechtliche Gebot: Pluralismus

86

6.

Weitere Strukturprinzipien a) Subsidiarität b) Dezentralität c) Transparenz

91 91 94 95

7.

Zusammenfassung

97

Inhaltsverzeichnis

Zweiter Teil Konsequenzen für das Subventionsverfahren I.

II.

Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip

101

1.

Argumente gegen eine Bewertungskompetenz

101

2.

Argumente für eine Bewertungskompetenz a) Art. 3 GG b) Art. 5 Abs. 3 GG c) Demokratieprinzip d) Lösung über eine Güterabwägung

103 104 105 107 108

Die zulässigen Kriterien

111

1.

Qualität

113

2.

Akzeptanz

117

3.

Wirtschafts-, sozial- und strukturpolitische Kriterien a) Die "Bedürftigkeit"

120 120

b)

123

4. III.

Andere Kriterien

Stil und Inhalt

Möglichkeiten zur Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in konkrete Verfahrensmodelle 1. Generalisierende Kunstförderung durch Steuererleichterungen 2.

Entstaatlichung durch Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren: "Förderungsselbstverwaltung" der Kunst a) Vorteile einer Entscheidungsdelegation b) Spezifische Problemfelder der Förderungs Selbstverwaltung

aa) Organisatorische Probleme bei der Mitwirkung künstlerischer Verbände bb) Die subjektive Wertung des mitwirkenden Einzelkünstlers cc) Die Gremienzusammensetzung dd) Weitere Einwände

123

127 128

133 134 136

136 143 146 149

Inhaltsverzeichnis

c)

d) e) 3.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Delegation von Entscheidungskompetenzen unter Berücksichtigung des Gedankens der "demokratischen Legitimation" aa) Das Problem der "demokratischen Legitimation" bb) Notwendige Sicherungen Entstaatlichung als Verfassungsgebot Zusammenfassung

Subventionsvergabe in privater Rechtsform

150 151 153 156 158 159

Dritter Teil Verwaltungsrechtliche Probleme bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren I.

Typisierung der in das Subventionsverfahren eingeschalteten nicht-staatlichen Instanzen

163

1.

Die für die Typisierung maßgeblichen Kriterien a) Die Rechtsform b) Kompetenzen in bezug auf das Vergabeverfahren c) Programmkompetenz

164 164 165 169

2.

Empirischer Überblick auf die in einzelnen Kunstsparten auftretenden nicht-staatlichen Instanzen a) Theater b) Musik aa) Der Deutsche Musikrat e.V. bb) Der Bayerische Musikrat e.V. cc) Verbände im Rahmen des Bayerischen Musikplans dd) Der Musikfonds für Musikurheber e.V. c) Museen/Bibliotheken/Archive d) Bildende Kunst aa) Gremien im Bereich des Projekts "Kunst am Bau" bb) Der Landesberufsverband bildender Künstler cc) Der Kunstfonds e.V. e) Film aa) Das Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V. bb) Das Kuratorium Junger Deutscher Film cc) Der Auswahlausschuß nach §§ 19 ff. FFRi f) Literatur g) Kunst allgemein aa) Die Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH bb) Kulturbeiräte in Österreich h) Kurze Zusammenfassung

169 169 170 171 172 173 175 176 177 177 178 178 181 182 185 186 189 190 190 191 192

Inhaltsverzeichnis

3.

Π.

Die Einordnung der nicht-staatlichen Instanzen in Struktur und Dogmatik des Subventionsverhältnisses 1.

2.

3.

4.

III.

Ergebnis: Vier Typen der Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren a) Fonds b) Verbände c) Die Entscheidungsgremien d) Die Beratungsgremien

199

Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen als Erscheinungsform von Subventionsvermittlung a) Subventionsverhältnis und Subventionsvermittlung b) Subventionsvermittlung in der Praxis c) Vor- und Nachteile der Subventionsvermittlung

199 199 201 202

Der und a) b)

205 205 208

Subventionsvermittler zwischen Subventionsgeber Subventionsnehmer Der Subventionsgeber (SG) Der Subventionsnehmer (SN)

Typologie und Terminologie der Subventionsvermittlung anhand der dabei wahrgenommenen Funktionen a) Subventionsvermittlung im weiteren Sinn b) Subventionsvermittlung im engeren Sinn c) "Echte" und "unechte" Subventionsvermittlung d) Andere Terminologievorschläge in der Literatur e) Subventionsvermittlung und Globalzuweisung

210 210 211 214 215 217

Die nicht-staatlichen Instanzen im System der Subventionsvermittlung a) Beratungsgremien b) Entscheidungsgremien c) Fonds und Verbände aa) Die Verbände bb) Die Fonds

218 219 219 220 220 224

Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme 1.

193 193 194 195 196

Die statusrechtliche Einordnung der nicht-staatlichen Instanzen a) Abstrakte Merkmale der Beleihung b) Die einzelnen Typen nicht-staatlicher Instanzen und ihre statusrechtliche Qualifikation aa) Fonds

231 232 232 234 235

Inhaltsverzeichnis

XII

c) 2.

3.

bb) Verbände cc) Exkorporierte Entscheidungsgremien dd) Beratungsgremien Einwände gegen die Beleihungslösung

237 238 242 243

Die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten a) Subventionsvergabe in privater Rechtsform

252 252

b)

257

Die konkret gewählte Rechtsform

Die Bindung der Verwaltung an den Gremienentscheid

260

Thesen

263

Literaturverzeichnis

267

Erster Teil Verfassungsrechtliche Grundlagen der öffentlichen Kunstsubventionierung

I. Begriffliches

3

I. Begriffliches 1. Kunst Verfassungsrechtliche Überlegungen zum Thema "Öffentliche Kunstsubventionierung" nehmen ihren Ausgang in Ermangelung ausdrücklicher Aussagen des Grundgesetzes bei der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG. Diese Vorschrift, die in für die sprachliche Diktion des modernen Gesetzgebers und selbst für Verfassungstexte völlig untypischer, nahezu prosaischer Weise feststellt, Kunst sei frei, ist nach Jahren eines von der rechtswissenschaftlichen Diskussion relativ unbeachteten Schattendaseins1 seit Mitte der 60er Jahre immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses gerückt2. Mit ein Hauptgrund für das lange Zögern der Fachliteratur in bezug auf Art. 5 Abs. 3 GG dürfte die mit der lapidaren textlichen Formulierung korrespondierende Unsicherheit in der Auslegung der Norm gewesen sein. Hier nimmt seit jeher die Suche nach einer für juristische Zwecke hinreichend griffigen, weil subsumtionstauglichen Definition des Kunstbegriffs, die aber auch grundlegende Erkenntnisse der modernen Gesellschaftswissenschaften und einer gewandelten Ästhetik nicht ignoriert, eine zentrale Stellung ein. An der Definitionsfrage kommt deshalb auch die Beschäftigung mit Problemen der öffentlichen Kunstsubventionierung nicht vorbei. Jede staatliche Aktivität erfordert Klarheit über ihren Gegenstand; wer fördert, muß wissen, was er fördert 3 . Auch müssen die Kompetenzen der zur Entscheidung Berufenen durch eine verbindliche Eingrenzung der möglichen Förderungsobjekte abgesteckt werden: Allein schon aus Gründen der Verwaltungsorganisation muß feststehen, ob etwa Subventionen für den Film zur Abteilung "Kunstförderung" oder "Wirtschaftsförderung" ressortieren sollen. 1

Siehe Ridder, Freiheit der Kunst, S. 10, der noch 1963 die Kunstfreiheitsgarantie als "terra incognita" des deutschen Verfassungsrechts beschreibt, welche die alten Kartographen mit "Hic sunt leones" bezeichnet hätten.

2

Dies belegen u. a. die Monographien von Erbel, Kunstfreiheitsgarantie (1966); Knies, Schranken (1967); Müller, Freiheit der Kunst (1969); Hufen, Freiheit der Kunst (1982); ferner die Beiträge von Steiner und Grimm„ VVDStRL 42 (1984), 1 ff., 46 ff.

3

Ähnlich Huber, Kulturstaat, S. 14.

4

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Dabei soll hier nicht der Versuch unternommen werden, die zahlreichen Darstellungen zum Meinungsstand4 sowie die vielfältig anzutreffenden, engagierten Definitionsvorschläge 5 um eine weitere Variante zu bereichern. Notwendig erscheint jedoch ein auch für die praktische Arbeit der kunstfördernden Verwaltung verwertbarer Überblick zu den von der wissenschaftlichen Diskussion hierzu bislang herausgearbeiteten Ergebnissen. Dabei gilt besonderes Augenmerk der Frage, ob sich die im wesentlichen für die Kunstfreiheit gewonnenen Aussagen auch auf das Gebiet der Kunstsubventionierung übertragen lassen, oder ob insofern Differenzierungen vorzunehmen sind.

a) Anknüpfung an objektive Kriterien aa) Definitionsgebot / Definitionsverbot Die Schwierigkeit, Kunst zu definieren, umgeht derjenige, der sie von Verfassungs wegen für definitionsfeindlich hält oder aus Art. 5 Abs. 3 GG für den Staat gar ein Definitionsverbot im Sinne der Unzulässigkeit "jeder inhaltlichen Ausfüllung des grundrechtlichen Kunstbegriffs in einem material-qualitativen Sinne" folgert, wonach der Staat nicht bestimmen dürfe, was Kunst sei6. Verständlich wird der Gedankengang dieser Auffassung vor dem Hintergrund der bis dahin vorherrschenden materialen Deutung des Kunstbegriffs. Insbesondere die Rechtsprechung der 50er und 60er Jahre übernahm mehr oder weniger unreflektiert die berühmte "Brockhaus-Formel" von der "Gestaltung eines seelisch-geistigen Gehalts durch eine eigenwertige Form nach bestimmten Gesetzen"7 oder Schloß sich später der blumenreichen, heute schon fast

Aus letzter Zeit etwa Henschel, FS Wassermann, S. 351 ff.; Heuer, Besteuerung, S. 4 ff.; Bär, Filmfreiheit, S. 98 ff. Etwa Bär, Filmfreiheit, S. 139; Heuer, Besteuerung, S. 32. Grundlegend Knies, Schranken, S. 217; ihm folgend etwa Hufen, Freiheit der Kunst, S. 549 f.; Ladeur, AK, Rn. 10 zu Art. 5 Abs. 3; Müller, Freiheit der Kunst, S. 37. Weitere Nachweise bei Hoffmann, NJW 1985, 237 (238), Fn. 6. Siehe OVG Münster, Bescheid v. 18.11.58, NJW 1959, 1890 (1892). Kriüsch gegen die Behandlung des literarischen Apercu wie eine verbindliche Norm Isensee,Wer definiert, S. 26.

I. Begriffliches

5

antiquiert anmutenden Definition des BVerfG in seiner "Mephisto-Entscheidung" an: "Der Lebensbereich Kunst ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Von ihnen hat die Auslegung des Kunstbegriffs der Verfassung auszugehen. Das Wesenüiche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewußten und unbewußten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers." 8

Das hier zum Ausdruck kommende Begriffsverständnis kennzeichnet ein Bemühen um Objektivität. Dies zeigt sich im Anknüpfen an unbestimmte Rechtsbegriffe ("freie schöpferische Betätigung"; "bestimmte Formensprache"; "bewußte und unbewußte Vorgänge"), die zwar durchaus typische Elemente künstlerischen Schaffens beschreiben, aber eine möglichst abstrakte, allgemeingültige Definition versuchen und so notwendig vage, unbestimmt und letztlich nicht nachprüfbar bleiben9. Auch in der Literatur fanden und finden sich Stimmen, die definitorischen Halt ebenfalls bei objektiven oder zumindest objektivierbaren Kriterien suchen10. Bedenken hiergegen beziehen sich insbesondere auf die Heranziehung von Qualitätskriterien zur Begriffsbestimmung 11 oder gar von metaphysischen12 oder ethischen13 Ansätzen. 8

BVerfG, Beschl. v. 24.02.71, E 30, 173 (188 f.); Nachweise für die Übernahme dieser Definition bei Emmerich/Würkner, NJW 1986, 1195 (1198). Extrembeispiel bei Hartmann, JuS 1976, 649 (650 f.). Kritisch zu dieser Überhöhung der Kunst Isensee, Wer definiert, S. 27.

9

Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 39 zu Art. 5 Abs. 3.

10

In dieser Richtung etwa Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 186 zu Art. 5; Würtenberger, Vom strafrechtlichen Kunstbegriff, in: FS für Eduard Dreher, 1977, S. 79 ff. (89).

11

So etwa BVerwG, Urt. v. 16.12.71, E 39, 197 (207), wo ein "bestimmtes Maß an künstlerischem Niveau" gefordert wird; oder die st. Rspr. des BFH, jüngst Urt. v. 26.02.87, NJW 1988, 376: "Eigenschöpferische Tätigkeit mit einer gewissen Gestaltungshöhe". Auch Maunz/Zippelius, Deutsches StaatsR, § 24 II 3, glauben auf das Erfordernis des "meisterhaften Könnens" nicht verzichten zu können. Das in diesem Zusammenhang gern gehörte Argument, Kunst komme von Können, steht ethymologisch auf ungesichertem Boden; siehe Henschel, FS Wassermann, S. 355 mwN.

12

Siehe etwa RG, Urt. v. 22.11.04, St 37, 315: "Kunstwerk in des Wortes höchster Bedeutung"; ähnlich Ropertz, Freiheit der Kunst, S. 79: "Affinität zur künstlerischen Idee".

13

Zum "ethischen Kunstbegriff' vgl. Knies, Schranken, S. 113.

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

6

Diese führten nicht selten dazu, daß sich der gerade erst mühsam qualitativ angereicherte Kunstbegriff ins wesen- und konturlose Nichts tautologischer Schein-Definitionen verflüchtigte 14 . Ermuntert wurden qualitative Definitionsversuche auch von der Sprache des Gesetzgebers, der sich nicht scheute, vom "Nachweis ernster künstlerischer Tätigkeit" zu sprechen (Art. 140 Abs. 2 BV). Kunst ist jedoch kein metaphysisches Phänomen. Kritik an diesem "plumpen Veredelungs-Idealismus" 15 der älteren Rechtsprechung ließ daher nicht auf sich warten. Die Wertung der genannten Definitionsversuche reichte vom höflichen Konstatieren von "Unsicherheit" und "Verlegenheit" 16 bis zur harten Feststellung einer "Geschichte richterlicher Blamagen" 17 . Im wesentlichen läßt sich gegen idealistische Begriffsbildungen einwenden, daß sie die Grenzen des Verfassungswortlauts überschreiten. In Art. 5 Abs. 3 GG ist weder von qualitativen Anforderungen an das Kunstwerk noch von dessen ideellem "Wert" die Rede. Schutzgut der vielmehr wert neutralen Vorschrift ist das Kunstwerk schlechthin. "Niveau" kann deshalb für das Vorliegen von Kunst nicht entscheidend sein 18 . Die Anknüpfung an objektive Kriterien bedingt ferner die Notwendigkeit wertender Entscheidung. Hier droht die Gefahr, das in Art. 5 Abs. 3 GG verankerte Verbot staatlichen Kunstrichtertums im Zuge des Zugeständnisses einer zur Definition erforderlichen Bewertungskompetenz auszuhöhlen19. Schließlich bleibt das Kriterium der materialen Qualität als normatives Tatbestandsmerkmal seinerseits noch ausfüllungsbedürftig. Hierzu 14

15 16

Diese Gefahr sah schon Beling, Kunstfreiheit, S. 23. Siehe etwa BVerwG, Urt. v. 24.06.60, E 11, 32 (35). Dort fordert das Gericht den Eindruck, daß etwas nicht Alltägliches mit Symbolgehalt geschaffen sei, was das ästhetische Empfinden in besonderem Maße anspreche. Ladeur, AK, Rn. 9 zu Art. 5 Abs. 3 II. Würtenberger,

NJW 1983, 1144 (1145); ähnlich Wolfrum,

SchlHA 1984, 2 (3).

17

Isensee, Wer definiert, S. 26. Allerdings sind auch die Bemühungen der Literatur insofern nicht selten von der Angst, sich zu blamieren, inspiriert, so Steiner, VVDStRL 42 (1984), 31.

18

Hufen,Freiheit der Kunst, S. 118, 549 f.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 28 zu Art. 5 Abs. 3. Hiervon war zunächst auch das BVerwG ausgegangen; siehe BVerwG, Urt. v. 21.12.54, E 1, 303 (305); Urt. v. 12.01.66, E 23, 104 (105).

19

Knies, Schranken, S. 214 ff.

I. Begriffliches

7

bedarf es des Rückgriffs auf die subjektive Einschätzung des Kunstwerks durch Dritte oder den Künstler selbst 20 . Damit erweist sich jedoch das scheinbar objektive Merkmal der Qualität als subjektiv strukturiert. Denn jede qualitative Betrachtung hängt stets vom rein subjektiven Werturteil des Betrachters — wer immer hierzu auch berufen sein mag — ab 2 i . Diese kritischen Überlegungen führten in der Literatur mehrheitlich zu einer Absage an qualitative Kriterien. Bis zur Annahme eines umfassenden Definitionsverbots war es nur noch ein kleiner Schritt 22 . Die Berechtigung der Lehre vom Definitionsverbot für die Bestimmung des Schutzbereichs der Kunstfreiheit kann hier dahinstehen23. Für die Bestimmung des Rechtsbegriffs "Kunst" im Zusammenhang mit der Erörterung dieses Themas stellt sich allein die Frage, ob die These auch für die Kunstförderung gilt. Gegen die Übertragung des Definitionsverbots in den leistungsrechtlichen Bereich spricht zunächst, daß die Theorie vom Definitionsverbot ausschließlich für den "status libertatis", also den freiheitsrechtlichen Aspekt des Art. 5 Abs. 3 GG entwickelt wurde 24 . Ferner hat man mit Recht darauf hingewiesen, Kunst als Rechtsbegriff und Kunst als Begriff der Ästhetik seien nicht notwendig begriffsidentisch. Die Argumentation der Befürworter eines Definitionsverbots bezieht sich jedoch im Kern auf Kunst als ästhetisches Phänomen 2 5 . Ein für den Bereich der Kunsttheorie u.U. gültiges Definitionsverbot läßt sich jedoch nicht eo ipso auf den Rechtsbegriff der Kunst übertragen.

2 0

v. Münch, GG, Rn. 60c zu Art. 5 Abs. 3.

2 1

Zöbeley, NJW 1985, 254 (256).

2 2 2 3

Zu diesem Zusammenhang Weber, JuS 1985,410 (412). Zweifelnd etwa Lerche, BayVBl. 1974, 177 (178). A.A. und in Richtung auf ein "Definitionsgebot" die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, Übersicht dazu bei Schulz, SchlHA 1984, 137. Siehe ferner Benda, Kunstfreiheit, S. 347; Emmerich/Würkner,NJW 1986, 1195 (1199); Erbet, DVB1. 1969, 863; Henschel,FS Wassermann, S. 351; Kewenig,UFITA 58 (1970), 91 (110); Kirchhof,NJW 1985, 227; Scholz,in: M/D/H/S, GG, Rn. 8d, 25 zu Art. 5 Abs. 3; Schwärzest? 1974, 692 (693); Starck,in: M/K/S, GG, Rn. 185 zu Art. 5.

2 4

Knies, Schranken, S. 227.

2 5

Weber, JuS 1985, 410 (411 f.).

8

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Individuelle Freiheit setzt, soll der Staat sie respektieren, die Abgrenzung eines bestimmten Freiheitsbereichs voraus 26 . Die gegenteilige Auffassung 27, wonach rechtliche Freiheit dadurch gekennzeichnet sei, daß der Staat den Inhalt dieser Freiheit nicht definiert, ist nicht haltbar. Der Schutz eines Rechtsguts setzt denknotwendig Klarheit über dessen Identität für die zu seinem Schutz aufgerufenen Instanzen voraus. Diese Überlegung führt zu dem paradoxen Ergebnis, daß Kunst zwar nicht definiert werden kann; nur, wenn sie definiert würde, könnte sie jedoch geschützt werden 28 . Wenn sonach Kunst definiert wird, geschieht dies nicht zum Zwecke staatlicher Vereinnahmung oder Bevormundung, sondern allein um den Freiheitsbereich der Kunst zu konkretisieren und so erst zu gewährleisten 29. Dies gilt im besonderen Maße für den Bereich der Kunstsubventionierung, wo die Zuordnung eines Gegenstandes zum Begriff "Kunst" den Zufluß öffentlicher Mittel erst ermöglicht. Die Väter des Grundgesetzes haben die Kunst eben gerade nicht im rechtsfreien Raum belassen, sondern sie durch Aufnahme in den Grundrechtskatalog als rechtlich relevante Erscheinung gewürdigt. Die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe stellt auch an anderer Stelle kein Tabu dar; für die Kunst gilt nichts abweichendes: Auch sie muß subsumtiv verortet werden. Die Skepsis, die der Lehre vom Definitionsverbot generell entgegengebracht wird, gilt in besonderem Maße für die leistungsrechtliche Funktion des Art. 5 Abs. 3 GG. Hier sind staatliche Ingerenzmöglichkeiten einerseits nur in geringerem Maße zu befürchten, andererseits folgt schon aus dem Gebot der Haushaltsverantwortlichkeit das Erfordernis der Bestimmung von Förderungsgegenständen. Die vom Steuerzahler aufgebrachten Mittel dürfen nicht planlos verschwendet, sondern müssen gezielt eingesetzt werden, um so dem öffentlichen Interesse zu dienen. Hierzu bedarf es aber der Klarheit über das Objekt der staatlichen Unterstützung. 2 6 2 7 2 8

2 9

Für den Kunstbereich Heuer, Besteuerung, S. 11. Wolf rum, SchlHA 1984, 2 (4). Arndt, NJW 1966, 26 (28); ähnlich Badura, Staatsrecht, C 76; Evers, NJW 1983, 2161; Emmerich/Würkner, NJW 1986, 1195 (1199); Isensee,Wer definiert, S. 35; Schäuble, Diss., S. 4; Scheuner, Kulturstaat, S. 127; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 25 zu Art. 5 Abs. 3. Heuer, Besteuerung, S. 5.

I. Begriffliches

9

bb) Ausweg über formale Kriterien Die Erkenntnis, der Kunstdefinition nicht ohne weiteres aus dem Weg gehen zu können, prägte nun Versuche, unter Verzicht auf eine material-qualitative Bewertung des Kunstwerks andere objektive Kriterien zu ermitteln. Hier bot sich die Heranziehung formaler Gesichtspunkte an, da diese sich ohne die Notwendigkeit subjektiver Wertung erleichtert überprüfen lassen. So knüpft der "formale" Kunstbegriff an die reine Tätigkeit der Kunst"technik", also des Malens, Dichtens oder Komponierens usw. an 3 0 . Entscheidend soll danach der "Phänotyp" des Kunstwerks sein, also die Möglichkeit, es bestimmten festgelegten Gattungstypen zuzuordnen. An diesem Gedanken besticht zwar der Reiz der praktischen Realisierbarkeit. Die Festlegung einzelner "Phänotypen" durch additive Auflistung und deskriptive Absteckung der kulturpolitischen Tätigkeitsbereiche ist aus organisatorischen und verwaltungstechnischen Gründen für die Alltagsarbeit eines Kulturreferats unerläßlich und kommt so den Bedürfnissen der Praxis entgegen31. Angesichts der weitgehenden Übereinstimmung, welche Formen und Typen menschlicher Betätigung regelmäßig das Prädikat "Kunst" verdienen, nimmt denn auch die Praxis regelmäßig Zuflucht bei einer systematischen Aufzählung der zu fördernden Kunstsparten in Gesetzen oder Förderungsrichtlinien 32. Dies dient sicherlich der Übersichtlichkeit und ermöglicht die Einordnung einer konkreten Maßnahme in das zuständige "Ressort". Dennoch kann ein solches additives Verfahren nicht zur Entwicklung abstrakter Merkmale des Kunstbegriffs beitragen; schlichte Aufzählung kann eine mit eigenem Aussagegehalt ausgestattete Definition nicht ersetzen 33. Weitere Bedenken gegen dieses Verfahren ergeben sich im Hinblick auf die Gefahr, so einen "status quo" an kanonisierten Kunstsparten festzuschreiben und andere, insbesondere heute noch nicht bekannte oder noch nicht anerkannte Formen künstlerischen Aus-

3 0

Grundlegend Knies,Schranken, S. 219; ihm folgend etwa Geiger,FS Leibholz II, S. 191; Maunz, BayVBl. 1970, 354 (355); Müller, Freiheit der Kunst, S. 41 f.

31

Ditges, Kulturarbeit, S. 12.

3 2

Beispiel: § 1 Abs. 3 Tiroler KuFöG.

3 3

So für den Kulturbegriff Grimm, VVDStRL 42 (1984), 59.

10

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

drucks von vornherein von der Chance auf Förderung auszuschließen34. Diesem Mangel hilft auch die Hinzufügung des Zauberworts "insbesondere" nur bedingt ab. Es bleibt eine Restvermutung, daß Kunst, um als solche zu gelten, in eine der enumerativ genannten Kategorien einreihbar sein muß und der Künstler für den Fall, daß dies nicht gelingt, die Beweislast für das Vorliegen von Kunst trägt 35 . Damit wird der Avantgarde von vornherein ein überflüssiger Hemmschuh angelegt. Dies belegen etwa die Schwierigkeiten des Films oder der Photographie, als neue Medien künstlerischer Mitteilung akzeptiert zu werden 36 . Angesichts der sich im Zuge technischer Fortentwicklung nur vage abzeichnenden Möglichkeiten neuer Formschöpfungen (Stichworte: Videokunst, Laser- und Lichtkunstwerke, Holographie, Computerkunst) muß dem formalen Kunstbegriff daher mit Skepsis begegnet werden. Zudem kann auch diese Lehre nicht erklären, welche wertenden Kriterien nun über die Anerkennung oder Ablehnung einer Ausdrucksform als Kunst entscheiden sollen und wer diese Kriterien festlegt.

b) Anknüpfung an subjektive Kriterien: Selbstdefinition und Drittanerkennung Ein Festmachen des Kunstbegriffs an objektiven Kriterien scheint nach alldem schwer, wenn nicht gar unmöglich, ohne in Konflikt mit dem Grundsatz der "Staatsfreiheit" der Kunst zu geraten. Eine erste Erkenntnis auf der Suche nach dem Kunstbegriff sollte daher im Verzicht auf eine rein objektive Bewertung und in der Anerkennung der Tatsache bestehen, daß die Qualifizierung eines Gegenstandes als Kunstwerk immer von der mehr oder minder subjektiven Betrachtung seiner Rezipienten abhängen wird 3 7 . Gefordert ist daher 3 4

Ähnlich Evers, NJW 1983, 2161 f.; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 15.

3 5

Diese Erscheinung ist von anderen Katalogaufzählungen her bekannt; vgl. etwa § 18 Abs. 1 EStG.

3 6

Dazu Bär, Filmfreiheit, S. 140 ff. Heute ist der Film als Kunstform allgemein anerkannt, siehe BVerwG, Urt. v. 21.12.54, E 1, 303 (305); Hartlieb, ZUM 1986, 37. Skeptisch dagegen noch Glum, Kulturpolitik, S. 72 ("Bastard des Theaters").

3 7

Wie hier OVG Berlin, Urt. v. 19.03.87, Az. 5 Β 15.85, nicht veröffentlicht; Müller, Freiheit der Kunst, S. 14.

I. Begriffliches

11

nicht Objektivität, sondern nur größtmögliche "Objektivierbarkeit" dieses subjektiven Urteils. Die Fragestellung orientierte sich dementsprechend weg von der Frage "Was ist Kunst?" hin auf die Problematik, wessen subjektives Urteil noch am ehesten Gewähr für eine maximal-objektivierte Begriffsbestimmung bietet. aa) Selbstdefinition Ohne Chance auf breitere Anerkennung blieben Versuche, die Definitionskompetenz den Kunstproduzenten selbst zu überlassen. Die Forderung nach "Selbstdefinition" wurde bezeichnenderweise vor allem von diesen selbst erhoben 38 . Ob diese Tendenz der modernen Ästhetik für Kunstsoziologie und ähnliche Disziplinen berechtigt ist, kann hier dahinstehen. Immerhin gilt es zu bedenken, daß diese relativ jungen Wissenschaften ihre Maßstäbe selbst noch nicht abschließend sichern konnten. Einzelne dort geäußerte Theorien beinhalten kein generelles Credo "der" Kunstwissenschaften 39. Vielmehr herrscht auch hier der Eindruck tastender Orientierungslosigkeit, wenn es um die Beschreibung der Grenzen der Kunst geht 40 . Wohlverstanden: Das ist das gute Recht der Ästhetik. Nur bleibt ein derartiges Begriffs-Nirwana für die Ermittlung eines subsumtionstauglichen Begriffs der Kunst unbrauchbar 41. Jedenfalls 3 8

Kennzeichnend statt aller die Äußerungen von Joseph Beuys: "Jeder Mensch ist ein Künstler, jede Arbeit ein Kunstwerk", in: Der Spiegel 45/1979 v. 05.09.79, S. 268 f. Ähnlich ders., Kunst und Staat, S. 135. Vgl. auch Kurt Schwitters' gern zitiertes Diktum: "Alles, was der Künstler spuckt, ist Kunst", bei Isensee, Wer definiert, S. 28.

3 9

Nach Paul Valéry gedeiht Kunst vielmehr dort, wo sie nicht selbst als solche ambitioniert; zitiert nach Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 109.

4 0 4 1

Zöbeley, NJW 1985, 254 (256). So im Ergebnis die h.M.; siehe etwa Benda, Kunstfreiheit, S. 346; Emmerich/Würkner, NJW 1986,1195 (1199); Henschel, FS Wassermann, S. 353; v. Münch, GG, Rn. 60a zu Art. 5; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 26 zu Art. 5 Abs. 3; Zöbeley, NJW 1985, 254 (256). A.A. etwa Ott, Kunst und Staat, S. 121. Vage in Richtung auf eine "Selbstdefinition" auch Bär, Filmfreiheit, S. 139; Maunz, BayVBl. 1970, 354 (355); Vogel, Kunsthemmnisse, S. 203. Zur "offenen Gesellschaft der Kunsünterpreten" jetzt Häberle, AöR 110 (1985), 577 (597 ff.). Sein Plädoyer für die "Anerkennung des Selbstverständnisses des Künstlers bei der Auslegung der Kunstfreiheit" (AöR 110 (1985), S. 599) und der so gewonnene "dynamische Kunstbegriff' werden von ihm selbst jedoch durch den Verfassungsvorbehalt relativiert; er gelangt so zur Figur der "begrenzten Relevanz" des künstlerischen Selbstverständnisses. Wo deren Gewinn liegen soll, bleibt jedoch fraglich. Vorsichtig in diese Richtung auch Hufen, Freiheit der Kunst, S. 118, der die "Vorstellung des jeweiligen Grundrechtsinhabers, künstlerisch tätig zu sein", für mit entscheidend hält.

12

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

für den Bereich der Kunstsubventionierung verbietet es sich ganz selbstverständlich, daß der Geförderte selbst die ihn fördernde Entscheidung trifft 42 . Aber auch ansonsten ist die Theorie von der Selbstdefinition falsch. Der Kunstbegriff verlöre so jede eigene Aussagekraft und verflüchtigte sich in vage Beliebigkeit, weil künstlerische Tätigkeit von anderen Tätigkeiten nicht mehr unterschieden werden könnte43. Auch bei anderen, nicht minder empfindlichen Freiheitsrechten findet eine Überlassung der Schutzbereichsbestimmung an die Grundrechtsinhaber nicht statt 44 : Nicht jeder, der denkt, ist deshalb allein schon Wissenschaftler; nicht jeder, der malt, singt oder schreibt, deshalb allein schon Künstler 45. bb) Drittanerkennung Wenn also schon nicht der Künstler selbst als geeignete Definitionsinstanz fungieren kann, weil er als genuin "Befangener" nicht Richter in eigener Sache sein darf, so liegt es auf der Hand, die Entscheidung unabhängigen, "objektiven" Experten und Kunstsachverständigen zu überlassen. Denn sie scheinen aufgrund ihrer gewissen Distanz zum einzelnen Oeuvre, welche man beim Schöpfer selbst zu Recht vermißt 46 , geradezu das Gegenteil von "Befangenheit" zu verkörpern. Gewissermaßen als Gegenpol zur "Selbstdefinition" glaubt die Lehre von der "Drittanerkennung" daher, die Kunstwerkeigenschaft dann bejahen zu können, wenn bestimmte fachkundige Personen sie dem Kunstwerk zubilligen 47 . Um subjektive Wertungen kommen jedoch auch die 4 2

Dies räumt auch Bär, Filmfreiheit, S. 139, Fn. 133, ein.

4 3

Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 185 zu Art. 5.

4 4

Badura, StaatsR, C 76, bezeichnet die Vorstellung, dem Grundrechtsträger die letztverbindliche Entscheidung darüber zu überlassen, ob sein Handeln dem grundrechtlichen Schutzbereich unterfällt, als abstrus.

4 5

Heuer, Besteuerung, S. 22.

4 6

Düwel, Staat und Kunst, S. 55.

4 7

Grundlegend Schick, JZ 1970, 645 ff.; ähnlich Heuer, Besteuerung, S. 12 ff.; v. Münch, GG, Rn. 60 b, c zu Art. 5; Schulz, SchlHA 1984, 137, sowie die frühere Rspr. des BGH, zB Urt. v. 27.01.56, Ζ 22, 209 (215): Entscheidend sei, "daß nach der im Leben herrschenden Anschauung der mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten und für künstlerischen Dinge empfänglichen Kreise noch von Kunst gesprochen werden könne".

I. Begriffliches

13

Experten nicht herum. Auch ihr Urteil bestimmt sich stets nach subjektivem Geschmack, persönlichen Vorlieben und Abneigungen. Gerade in den problematischen Zweifelsfällen avantgardistischer Kunst lassen sich Meinungsverschiedenheiten hier nicht vermeiden; dann bleibt fraglich, wer bei sich widersprechenden Sachverständigengutachten die Letztentscheidung trifft und wodurch sich diese Person oder dieses Gremium hierfür legitimiert. In klaren Fällen besteht für die Heranziehung von Sachverständigen ohnehin keine Notwendigkeit, und im Streitfall vermag auch sie das Definitionsproblem nicht zu lösen: Irgendein "kollegialer Dritter", der dem "Kunst"werk Anerkennung zollt, wird sich immer finden 48 . Der Gedanke der "Drittanerkennung" liefert daher zwar einige wichtige Anhaltspunkte in die richtige Richtung; modellhafte Klarheit bietet er jedoch nicht 49 .

c) Unmöglichkeit einer Kunstdefinition Die bisher gezeigten Schwierigkeiten legen die Vermutung nahe, Kunst sei als Rechtsbegriff nicht definierbar; eine juristisch griffige Fixierung scheitere daran, daß Kunst sich allen normativen Begriffsbestimmungen entziehe, "weil sie außerrechtlich existiert" 50 , ein "der Rechtsordnung vorgegebener Begriff' ist 5 1 . Diesen Gedanken äußert auch das BVerfG: "Der Lebensbereich 'Kunst' ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Wie weit danach die Kunstfreiheitsgarantie der Verfassung reicht und was sie im einzelnen bedeutet, läßt sich nicht durch einen für alle Äußerungsformen künstlerischer Betätigung und für alle Kunstgattungen gleichermaßen gültigen allgemeinen Begriff umschreiben."(52)

Wenig später spricht das BVerfG ausdrücklich von der "Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren" 53. Dieser Auffassung ist zuzugeben, daß angesichts 4 8 4 9

Locher, Bildende Kunst, S. 21. Skeptisch wie hier BVerwG, Beschl. v. 18.03.81, NJW 1982, 900 (901); Doehring, StaatsR, S. 315; Oettinger, JZ 1974, 285 (286); Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 26 zu Art. 5 Abs. 3.

5 0

HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661.

5 1

BVerwG, Urt. v. 16.12.71, E 39, 197 (207).

5 2

BVerfG, Beschl. v. 17.07.84, E 67, 213 (224).

5 3

BVerfG, Beschl. v. 17.07.84, E 67, 213 (224); zuletzt auch BVerfG, Beschl. v. 03.06.87, NJW 1987, 2661.

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Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

der Vielfalt von unterschiedlichsten Stilen und Tendenzen sowie der spezifisch subjektiven Struktur von Kunst ein konsensfähiger Kunstbegriff bislang nicht gefunden wurde; ja, daß ein solcher wohl auch niemals gefunden werden kann 54 . Daraus jedoch zu folgern, Kunst als Rechtsbegriff sei endgültig undefinierbar und alle dahingehenden Versuche "endloses und letztlich wohl auch fruchtloses Beginnen", weil dabei doch nur allgemeine, für die juristische Gegenstandsabgrenzung unbrauchbare Wendungen herauskämen 55, hieße zu vorschnell kapitulieren. Sicherlich ist es eine schwierige und hohe "Kunst, Kunst zu definieren" 56. Denn mit Kunst und Recht treffen zwei Sachbereiche aufeinander, die wegen ihrer völlig konträren Binnenstruktur wie zwei Monolithe nebeneinander stehen. Insbesondere im Bereich der Kunstförderung darf der Jurist dieser Schwierigkeit jedoch nicht aus dem Weg gehen. Dies betont auch das BVerfG: "Die Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren, entbindet indessen nicht von der verfassungsrechtlichen Pflicht, die Freiheit des Lebensbereichs Kunst zu schützen, also bei der konkreten Rechtsanwendung zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG vorliegen."(57)

Diese Notwendigkeit folgt aus der Bindungsanordnung des Art. 1 Abs. 3 GG. Die Grundanforderungen künstlerischer Tätigkeit festzulegen, ist daher durch die Verfassung nicht nur nicht verboten, sondern im Gegenteil geradezu gefordert 58 .

5 4

Die wohl überwiegende Meinung erkennt diese Konsequenz aus der Natur der Sache Kunst an; siehe Arndt, NJW 1966, 26; Doehring, StaatsR, S. 315; Erbel, ZUM 1985, 283 (284); Hamann/Lenz, GG, 3. Aufl. 1970, Rn. 13 zu Art. 5; Müller, Freiheit der Kunst, S. 38; Oettinger, UFITA 71 (1974), 15 (30 f.); Ropertz, Freiheit der Kunst, S. 82.

5 5

Erbel, ZUM 1985, 283 (284); Thieme, Kulturordnung, S. 59; Wimmer, VVDStRL 42 (1984), 84.

5 6

Hartlieb, ZUM 1986, 37.

5 7

BVerfG, Beschl. v. 17.07.84, E 67, 213 (225).

5 8

So inzwischen erfreulich klar BVerfG, Beschl. v. 03.06.87, NJW 1987, 2661.

I. Begriffliches

15

d) Möglicher Ausweg für den Bereich der Kunstförderung Nach alledem kann selbst langfristig mit einer allgemein anerkannten Kunstdefiniticn nicht gerechnet werden. Dennoch sind an dieser Stelle drei zentrale Punkte zu nennen, an denen sich weitere Bemühungen um den Kunstbegriff orientieren sollten. 1. Mit dichterischer Rhetorik, die sich in Leerformeln flüchtet, ist ebenso wenig gewonnen, wie durch die Ersetzung eines unbestimmten Rechtsbegriffs durch einen anderen 59. Vage, verklausulierte Phrasen dienen dem Praktiker in der Kulturverwaltung nicht; gleiches gilt aber auch für handliche, aber arg verkürzte Schlagformeln. Die Auslegung muß also den richtigen Weg zwischen der Skylla der Grenzenlosigkeit und der Charybdis der Inhaltslosigkeit gehen60. 2. Es gibt keinen für Kunsttheorie und Rechtswissenschaft gleichermaßen gültigen Kunstbegriff. Hier darf sich die Jurisprudenz nicht auf die "unendliche Geschichte" ästhetischer Erwägungen einlassen, will sie nicht die ohnehin geringe Chance einer eigenen Begriffsbildung von vornherein verspielen. Wenn auch der Kunstbegriff notwendig außerrechtlich determiniert ist und das Recht auf Hilfestellungen metajuristischer Disziplinen auch nicht verzichten darf 61 , bleibt dennoch die Aufgabe, ebenso wie für viele andere "außerrechtliche Bereiche" (Religion, Bildung, Wissenschaft, Sport) auch für die Kunst eine rein juristische Definition zu erarbeiten 62. 3. Ein dem Verfassungsgebot des Art. 5 Abs. 3 GG entsprechender Kunstbegriff muß grundsätzlich weit und offen sein. Insbesondere neue Ausdrucksformen und Stile, der Versuch und das Experiment müssen darin Platz finden 63 . Ob in diesem Zusammenhang das Gebot "in dubio pro arte" gilt, bleibt 5 9

Kritisch insofern Knies, Kunst und Recht, S. 149 (in bezug auf die bisherigen Definitionsversuche); ähnlich Müller, Freiheit der Kunst, S. 34 f. Hartlieb, ZUM 1986, 37, bezeichnet dies als "regressus ad infinitum".

6 0

Düwel, Staat und Kunst, S. 49.

61

Heuer, Besteuerung, S. 16; Maier, Probleme, S. 186; Schulz, SchlHA 1984, 137.

6 2

Heuer, Besteuerung, S. 16.

6 3

BVerfG, Beschl. v. 17.07.84, E 67, 213 (227 f.); zuvor schon v. Münch, GG, Rn. 60a zu Art. 5, und Steiner, VVDStRL 42 (1984), 10.

16

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

strittig 64 . Jedenfalls spricht das Gebot der Offenheit gegen eine Beschränkung des Kunstbegriffs auf das Vorhandene oder Etablierte. Bis zur Gewinnung eines an diesen Vorgaben ausgerichteten Kunstbegriffs muß die pragmatisch-praktische Rechtsanwendung mit dem Bestand der bisherigen Versuche auskommen und über das Vorliegen der Kunsteigenschaft von Fall zu Fall entscheiden65. Für den Bereich der Kunstsubventionierung läßt sich zudem die bereichsspezifische Dialektik der Kunstfreiheit fruchtbar machen. Denn die bislang entwickelten Definitionsansätze variieren nach dem jeweiligen normativen Kontext. So wird man auch innerhalb des Verfassungsbegriffes "Kunst" nach der Funktion der Norm als Schutzvorschrift oder im Zusammenhang mit Förderungstätigkeit des Staates unterscheiden können. Der Kunstbegriff der Verfassung ist also relativ 66 . Als Konsequenz folgt aus dieser bereichsspezifischen Interpretation eine Verengung des Begriffs "Kunst" im leistungsrechtlichen gegenüber dem freiheitsrechtlichen Funktionsgehalt der Norm des Art. 5 Abs. 3 GG. Nicht alles, was der Staat als Kunst zu schützen verpflichtet ist, muß er auch fördern 67. Im Förderungsbereich kommt es also nicht so sehr auf die Unterscheidung "Kunst oder Nicht-Kunst" an; diese Frage spielt hier eine im Vergleich zur eigentlichen Subventionierungsentscheidung nur untergeordnete Rolle. Erst dort, also auf einer zweiten Stufe, kommt es zum Schwur "Förderungswürdig oder nicht" 68 . Für die gleichsam vorgelagerte Frage der Kunsteigenschaft genügt es, einen das Territorium negativ absteckenden Rahmen zu schaffen. Dieser muß zumindest festlegen, welche Produktionen von vornherein in Ermangelung der Kunsteigenschaft 6 4

Dafür H off mann, Kultur für alle, S. 40; a.A. die h.M., etwa Geiger, FS Leibholz II, S. 190; Meder, BV, Rn. 29 zu Art. 98 mwN; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 27 zu Art. 5 Abs. 3.

65

So das von BVerfG, Beschl. v. 17.07.84, E 67, 213 (226 f.) angeregte "topische Verfahren". Dazu positiv Henschel, FS Wassermann, S. 357; skeptisch Zöbeley, NJW 1985, 254 (255).

6 6

Heuer, Besteuerung, S. 19; Lerche, BayVBl. 1974, 177; in dieser Richtung auch schon BVerwG, Urt. v. 07.12.66, E 25, 318 (327 f.), Urt. v. 16.12.71, E 39, 197 (207 ff.); Erbel, ZUM 1985, 283 (293); Häberle, AöR 110 (1985), 577 (600); Hechel, Staat, Kirche, Kunst, S. 98, Fn. 318; Hufen, Freiheit der Kunst, S. 97 ff.; Scheuner, Kulturstaat, S. 126. Ebenso für den Kulturbegriff Steiner, VVDStRL 42 (1984), 8.

6 7

Häberle, AöR 110 (1985), S. 604.

6 8

Maunz, BayVBl. 1970, 354 (355); Schwarze, AfP 1974, 692 (694).

I. Begriffliches

17

nicht als Förderungsobjekte in Betracht kommen 69 . Nur in den seltenen Fällen, daß diese unter keinen Umständen gegeben scheint, darf bereits auf der ersten Stufe Negativauslese stattfinden. Dementsprechend niedrig gestalten sich die hier anzusetzenden Anforderungen; eine Kombination von subjektiven (erkennbarer künstlerischer Gestaltungswille) und minimalen objektiven Kriterien (die irgendwie geartete Realisierung dieses Willens) sollte genügen70. Einer Verengung des leistungsrechtlichen Kunstbegriffs auf den "status quo" vorhandener Sparten und Gattungen bedarf es hierzu nicht 71 . Für die Praxis öffentlicher Kunstsubventionierung dürfte dieser Ansatz zur Bewältigung anstehender Entscheidungen ausreichen.

e) "Kunst und Kultur" Ein letzter terminologischer Hinweis sei der häufig anzutreffenden Begriffsverwirrung um das Verhältnis von Kunst- und Kulturbegriff gewidmet. Ohne auf die zahlreichen Vorschläge zur Kennzeichnung des Kulturbegriffs als "addit i v " 7 2 , "affirmativ" 73 , "deskriptiv" 74 , "offen" 7* oder "sektoral" 76 eingehen zu wollen 77 , scheint folgende Feststellung angebracht: "Kultur" bezeichnet einen Oberbegriff; "Kunst" stellt hiervon nur einen Teilausschnitt dar. Dabei umfaßt Kultur im eigentlichen Sinne die Dreiheit "Bildung - Wissenschaft Kunst" 78 . Wer nun Kultur in einem soziologisch weiten Rahmen begreift, also 6 9

Emmerich/Würkner,

7 0

Schwarze, AfP 1974, S. 694.

7 1

So aber Häberle, AöR 110 (1985), S. 604.

7 2

NJW 1986, 1195 (1199).

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 8; ähnlich Oppermann, ebd., Db. S. 102; Meder, BV, Rn. 21 zu Art. 3. Kritisch Grimm, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 118. Kronzeuge für das Additionsverfahren: T.S. Eliot, Notes, S. 31.

7 3

Marcuse, Kultur und Gesellschaft, 1965, S. 66.

7 4

Häberle, APuZ, S. 15, über Oppermann.

7 5

Häberle, APuZ, S. 17.

7 6

Leisner, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 138.

7 7

Überblick dazu bei Maihofer,

78

Kulturelle Aufgaben, S. 958 ff.

Grundlegend Oppermann, KuVerwR, S. 29; ebenso Dittmann, StL, Sp. 777. Unter Einbeziehung der Religion auch Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 977; Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 9.

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Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

alle typischen Lebensformen, Werteinstellungen und Verhaltensweisen innerhalb der Gesellschaft einbezieht79, muß diese Dreiheit notgedrungen als Kultur "im engeren Sinne" bezeichnen80. Andere wiederum, die von der genannten Dreiheit als Kultur ausgehen, bezeichnen konsequent den Teilbereich Kunst als Kultur im engeren Sinne81. Um hier zu annähernder Klarheit zu gelangen, sollte zunächst jede Anreicherung des verfassungsrechtlichen Kulturbegriffs mit anthropologischen, philosophischen oder soziologischen Inhalten unterbleiben 82. Dann erübrigten sich zunächst einmal die Zusätze "im engeren", "eigentlichen" oder "weiteren" Sinne. Kultur umfaßt dann die genannte Dreiheit; Kunst als Teil davon bezeichnet den traditionellen Bereich der "schönen Künste", also Literatur, Musik, bildende und darstellende Kunst etc. 83 . Nur vor dem Hintergrund dieser terminologischen Unklarheiten läßt sich nachvollziehen, wie in Rechtsordnung84 und Staatspraxis85 die unsinnige Formel von "Kunst und Kultur" Eingang finden konnte. Der selbstverständliche Gebrauch dieses Begriffspaars darf nicht über seine semantische Unrichtigkeit hinwegtäuschen. Genau betrachtet läßt die Formel nur zwei Interpretationen zu: Entweder handelt es sich um einen überflüssigen Pleonasmus durch (implizite) Wiederholung des zuvor herausgestellten Teilbereichs "Kunst" im Sammelbegriff "Kultur", oder aber um ein unverzeihliches Paradoxon, das die Vermutung suggeriert, Kunst und Kultur seien sich ergänzende oder gar entgegengesetzte Begriffe. Der falsche Sprachgebrauch gipfelt schließlich in der Annahme, Kunst stehe der Kultur als aliud gegenüber 86. Um derartige Fehl7 9

8 0 81

8 2

ZB die Sicht von Kultur als Gegenpol zur Natur bei Arndt, Kulturelle Politik, S. 74. Weitere Nachweise bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 8. Siehe etwa Heuer, Besteuerung, S. 108, Fn. 492. Maihof er. Kulturelle Aufgaben, S. 977; Scheuner, Kulturstaat, S. 116; weitere Nachweise bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 9. Ebenso Häberle, APuZ, S. 16.

83

Siehe aber auch den umfassenderen Vorschlag bei Oppermann, KuVerwR, S. 34.

8 4

Siehe etwa Art. 140 Abs. 2 BV; § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO.

85 8 6

Beispiele bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 9. So tatsächlich H arauer IKohoutek, ÖZP 1987, 5: "Kunst und Kultur haben miteinander an sich nicht allzu viel zu tun".

I. Begriffliches

19

schlüsse zu vermeiden, sollte sich in Wissenschaft und Praxis eine die wirklichen Zusammenhänge veranschaulichende Sprachregelung durchsetzen. Man könnte etwa an die Formel "Kunst und sonstige Kultur" denken87.

2. Subvention Auch der Subventionsbegriff, zweites Element des Themas "Kunstsubvention", zeichnet sich nicht durch terminologische Klarheit aus. Immerhin hat der Gesetzgeber hier mehrfach versucht, durch Legaldefinitionen zu helfen. Allerdings formulieren diese Normen (§ 264 Abs. 6 StGB, § 12 StabG, § 23 BHO) ihrerseits nicht einheitlich, unterscheiden zudem "Subvention" und "Zuwendung" und entfalten Geltung nur für den jeweiligen Regelungszusammenhang. Ein allgemeingültiger Subventionsbegriff läßt sich aus ihnen nicht ableiten88. Auch eine unkritische Verwendung des wirtschaftswissenschaftlichen Subventionsbegriffs 89 scheidet aus mehrerlei Gründen, insbesondere wegen der unterschiedlichen Problemlagen 90 und der Beschränkung des dortigen Verständnisses von Subvention auf Maßnahmen der Wirtschaftsförderung aus. Die in der Literatur vorfindbaren Ansätze zeigen kein übereinstimmendes Ergebnis 91 . Nicht zuletzt aufgrund der Diskussion auf dem 55. Deutschen Juristentag 1984 hat sich jedoch ein Definitionskern herausgeschält, der sich auf 8 7

Steiner, FS Hübner, S. 801. Kritisch gegenüber der ebenso unsinnigen Formel "Literatur ... und Kunst" in §§ 1, 2 Abs. 1 UrhG Arndt, NJW 1966, 26 (27).

8 8

Bleckmann, SubvR, S. 9; Maurer, Allg VwR, § 17 Rn. 3. A.A. Dreher/Tröndle, StGB, 43. Aufl., 1986, Rn. 6 zu § 264 StGB, die den strafrechtlichen Subventionsbegriff als für das gesamte öffenüiche Recht verbindlich erachten. Ähnlich auch Stober, WiVerwR II, Rn. 1166, 1171.

8 9

Statt aller dazu Horlacher, Kultursubv, S. 71 ff. mwN. D i e grundsätzlichen Einwände der Wirtschaftswissenschaften gegen Sinn und Nutzen von Subventionen braucht die Rechtswissenschaft nicht zu beantworten. Siehe dazu statt aller Gröbner, Subventionen, 1983.

90

9 1

Dieses Urteil von Karehnke, DÖV 1975, 623, gilt heute noch. Siehe zuletzt Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des StaatsR, Bd. 1, S. 1169.

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Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

vier Aspekte konzentriert: Subvention ist danach -

eine Vermögenswerte Zuwendung

-

seitens der öffentlichen Hand

-

an einen Privaten

-

zur Erfüllung eines im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks92.

Dieser Definitionskern stellt zwar einerseits die wesentlichen Kriterien jeder Subventionsart heraus, ist aber andererseits nicht abschließend und vermeidet so unbrauchbare Verallgemeinerungen 93. Auf seiner Grundlage können für den Sonderbereich Kunstsubventionierung bereits einige bedeutsame Feststellungen getroffen werden. a) "Vermögenswerte Zuwendung" Das Merkmal der 'Vermögenswerten Zuwendung" dient der Eingrenzung der dem Subventionsbegriff unterfallenden Leistungsarten. Nicht jede leistende Maßnahme der öffentlichen Hand ist allein schon aufgrund ihres leistenden Charakters Subvention im Rechtssinn94. Für den Bereich der Kunstsubventionierung entstehen hier spezifische Abgrenzungsprobleme, weil dort mehr noch als in der relativ schematisiert ablaufenden Wirtschaftsförderung eine Fülle unterschiedlicher Vergabemodalitäten anzutreffen ist. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kennt die Praxis insbesondere folgende Formen 95: 1. Gewährung von Geldleistungen ohne (Prämien, Beihilfen, Preise, Stipendien) oder mit Rückgewährpflicht (Darlehen); 9 2

9 3 9 4 9 5

Maurer, Allg VwR, § 17 Rn. 5; Noll, Die Rückforderung fehlgeschlagener Subventionen, 1987, S. 5 mwN; Stober, WiVerwR II, Rn. 1169. Ähnlich schon zuvor WolffIBachof, VerwR III, 4. Aufl., 1978, § 154 I a), S. 302; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 317. Andere Akzente setzt Jooss, RiA 1987, 73 (75 ff.). Davor warnt schon Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 4. So für den Kunstbereich Leisner, Pressegleichheit, S. 176. Übersichten zum folgenden bei Leisner, Pressegleichheit, S. 176 f.; Maier, Probleme, S. 182 f.; Schulz, SchlHA 1984, 137 (140); Stadler, Diss., S. 8; Steiner, Hdb., S. 671. Dieser Befund deckt sich im wesentlichen dennoch mit den im allgemeinen Subventionsrecht anzutreffenden Arten, siehe Maurer, Allg VwR, § 17 Rn. 6; WolffIBachof, VerwR III, § 154 I I b). Vorschläge zu neuen Formen der Kunstsubventionierung bei Bender, Wozu Kulturpreise?, in: Symposium Kunst + Wirtschaft, S. 173 (177).

I. Begriffliches

21

2. Einräumung von Sicherheiten (Bürgschaften) oder sonstigen Gewährleistungen; 3. Realförderung (Auftragsvergabe, Ankauf von Kunstwerken, Überlassung von Gegenständen im Verwaltungsgebrauch, Einsatz von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zur Durchführung von Veranstaltungen); - Ziff. 1 bis 3 sog. "materielle Kunstförderung"; 4. Steuererleichterungen (sog. Verschonungssubventionen; "fiskalische Kunstförderung"); 5. Unterhaltung künstlerischer Institutionen in staatlicher Regie ("institutionelle Kunstforderung"); 6. Allgemeine kulturell bedeutsame Maßnahmen der öffentlichen Hand (zB Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, Wettbewerbe, Kulturstatistik und -dokumentation, kulturelle Grundlagenforschung; "ideelle Kunstförderung"). Bisweilen trifft man in der Praxis auf den Versuch, diese Förderungsarten normativ in Gesetzen oder Richtlinien festzuschreiben 96. Hiergegen bestehen ähnliche Bedenken wie gegen die enumerative Aufzählung der Kunstsparten: Abermals droht die Erzeugung eines numerus clausus an Förderungsformen sowie eine Einbuße an Offenheit, Flexibilität und Spontaneität der Kulturverwaltung. Damit stellt sich die Frage, welche der genannten Förderungsarten und -modalitäten im Blick auf das Merkmal "Vermögenswerte Zuwendung" als Subvention im Rechtssinn anerkannt werden können. Problematisch erscheinen insofern insbesondere zwei Grenzbereiche.

aa) Das Element der Gegenleistung Wesensmäßig kennzeichnet die Subvention, daß sie unentgeltlich, also ohne Gegenleistung ("à fonds perdus") erfolgt. Der Wortsinn "Zuwendung" läßt zwar grundsätzlich auch eine andere Deutung zu; die Rechtsordnung kennt 9 6

Beispiel abermals: § 3 Abs. 1 Tiroler KuFÖG.

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

22

auch entgeltliche Zuwendungen97. Im Subventionswesen ist jedoch die Funktion der Subvention als Subsidium, als öffentliche Hilfeleistung an einen Bedürftigen, zu berücksichtigen. Der Zweck der Unterstützung liefe bei einer Koppelung an vollwertige Gegenleistungen des Empfängers leer. Bei seinem zur Erreichung des öffentlichen Zwecks erwarteten künftigen Verhalten handelt es sich schließlich nicht um ein gleichwertiges Äquivalent, um kein "Entgelt" im üblichen Sinne. Daher stellt der Umstand, daß die ganze oder zumindest ein Teil der Zuwendung nicht als Entgelt für eine Leistung des Subventionsempfängers im Sinne des synallagmatischen Prinzips "do ut des" erbracht wird, ein unverzichtbares Wesensmerkmal der Subvention dar 98 . Unter diesem Aspekt erscheint die Einbeziehung einiger Formen der unter Ziff. 3 genannten "Realförderung" fraglich. Mit der Vergabe eines Auftrags an einen Künstler "leistet" die öffentliche Hand diesem zunächst jedenfalls den Vorteil, daß er und nicht ein möglicher Konkurrent den "Zuschlag" erhält; mit der Entrichtung des vereinbarten Honorars wird diese Leistung auch materiell "sichtbar". Die Auftragsvergabe beinhaltet also durchaus Kunstförderung 99. Um eine Kunstsubvention handelt es sich dennoch nicht, sobald das gezahlte Honorar eine vollwertige Gegenleistung für die erbrachte künstlerische Tätigkeit darstellt, die der Künstler auch auf dem freien Markt hätte erzielen können. Hier verfolgen Staat oder Kommune mit der Zahlung des Honorars keine Hilfszwecke, sondern kommen allein ihrer vertraglichen Verpflichtung nach; es handelt sich um ein sog. "fiskalisches Hilfsgeschäft" der Verwaltung, das dem öffentlichen Zweck "Anschaffung des Kunstgegenstandes" vollkommen untergeordnet ist. Eine Subvention liegt also nicht vor 1 0 0 .

9 7

Siehe zB §§ 516, 2279 BGB.

9 8

Heuer, Besteuerung, S. 119.

9 9

Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5.

1 0 0

A.A. Eichner, Diss., S. 10, der den materiellen Vorteil schon im Zuschlag als solchen sieht.

I. Begriffliches

23

Realfördernde Maßnahmen, etwa im Rahmen des Projekts "Kunst am Bau", beinhalten nur dann eine Subvention im Rechtssinn, wenn mit ihnen ein "Unentgeltlichkeitselement" einhergeht, wenn also etwa Werke junger Künstler angeschafft werden, die noch keinen oder keinen entsprechenden "Marktwert" aufweisen. Denn hier handelt die öffentliche Hand neben dem reinen Anschaffungszweck zusätzlich mit der Intention der Unterstützung des betreffenden Künstlers 101 . Gegen die dabei u.U. auftretende Aufteilung der einheitlichen Maßnahme "Ankauf/Auftrag" in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil bestehen keine Bedenken; dieses Verfahren ist von der zivilrechtlichen Figur der "gemischten Schenkung" her vertraut. Nur der danach den Marktwert übersteigende Honoraranteil gilt als Subvention im Rechtssinn. Im Ergebnis zählt daher auch die Realförderung zum Subventionsbegriff 102.

bb) Der unmittelbare Vermögensvorteil Dem Zuwendungsbegriff immanent ist die Voraussetzung, daß sie beim Empfänger zu einem in Geldeswert meßbaren, unmittelbar eintretenden Vermögensvorteil führt 1 0 3 . Unter diesem Aspekt scheiden deshalb solche Maßnahmen der Kunstförderung aus, bei denen die Begünstigung Einzelner nur Nebeneffekt, Reflex einer generalisierend im Allgemeininteresse erfolgenden Tätigkeit ist. Hierzu zählen insbesondere Maßnahmen der "Kunstförderung im weiteren Sinn", also der oben unter Ziff. 6 genannte Bereich der allgemeinen Aktivitäten. "Ideelle" Kunstförderung kommt nicht gezielt dem individuellen Künstler zugute, wenn sie auch durchaus gewisse materielle Vorteile hervorrufen kannl 0 4 . Dennoch fehlt das Merkmal der finalen Leistung: Die Identität des Subventionsempfängers steht für die Verwaltung nicht fest. Der Förde101 1 0 2

Siehe Schäuble, Diss., S. 132 f. Wie hier Bitter, BayVBl. 1965, 45 (47); Ipsen, DVB1. 1956, 504; Rüfner, Formen, S. 197. A.A. etwa Leisner, Pressegleichheit, S. 177 f.; Jooss, RiA 1987, 73 (76, 83 ff.); Zuleeg, Rechtsform, S. 16 f.

10 3

Zacher, VVDStRL 25 (1967), 317.

1 0 4

Stadler, Diss., S. 8, Fn. 2.

24

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

rungseffekt tritt nicht unmittelbar, sondern allenfalls reflexartig ein und bleibt zu vage, um hier eine für die Ermittlung des Subventionsverhältnisses notwendige, klar abgrenzbare Rechtsbeziehung zwischen Förderndem und Gefördertem zu ermitteln 105 . Jede Form der "ideellen Kunstpflege" 106 ist dem Subventionsbegriff daher fremd. In Konflikt mit dem Merkmal des "unmittelbaren Vermögensvorteils" gerät auch die Einordnung der unter Ziff. 4 genannten Steuervergünstigungen in den Subventionsbegriff. Die Einbeziehung sog. Verschonungssubventionen107 ist im Schrifttum äußerst umstritten 108 und kann in diesem Rahmen nicht näher erörtert werden. Im Ergebnis wirken zwar auch Steuererleichterungen wie eine direkte finanzielle Zuwendung, denn aus Sicht des Betroffenen macht es keinen Unterschied, ob ihm Staatsgeld gegeben oder eigenes Geld vom Staat belassen wird 1 0 9 . Entscheidende Bedeutung gewinnt jedoch der Umstand, daß im zweiten Fall keine "unmittelbaren" Leistungen vom Subventionsgeber an den Empfänger erfolgen. Leistungs- und Verschonungssubventionen beruhen auf unterschiedlichen Regelungen; die dabei auftretenden Probleme sind in verwaltungsrechtlicher Hinsicht von völlig verschiedener Natur. Schon wegen des Ziels einer einheitlichen Struktur des Subventionsverhältnisses muß zwischen beiden Formen also differenziert werden. Im verwaltungsrechtlichen Teil der Arbeit geht es deshalb nur um sog. "direkte" oder Leistungssubventionen110, also durch positive Leistung von Mitteln dem Empfänger erbrachte Vermögensvorteile.

105

Siehe Schäuble, Diss., S. 66 f.

106

Dazu Stadler, Diss., S. 8, Fn. 2.

107

Zum Begriff Zacher, VVDStRL 25 (1967), S. 317.

108

Siehe statt aller Babrowski, Die Steuerbefreiung als Rechtsform der Subvention, Diss. Tübingen 1976. Wirtschafts- und Finanzwissenschaften beziehen die Steuererleichterung in den Subventionsbegriff ein.

10 9

Maurer, Allg VwR, § 17 Rn. 4; Oppermann, KuVerwR, S. 445; Schulz, SchlHA 1984, 137 (140); Vogel, Kunsthemmnisse, S. 206.

1 1 0

Zu den Begriffen abermals Zacher, VVDStRL 25 (1967), S. 317.

I. Begriffliches

25

b) "seitens der öffentlichen Hand" Kunstförderung

kann durch öffentliche oder private Träger erfolgen; Kunst-

subventionierung dagegen nur durch Träger öffentlicher Verwaltung. Damit scheiden kunstfördernde Aktivitäten privater Mäzene aus dieser Betrachtung aus. Dies gilt jedoch nicht für den Fall, daß der öffentlich-rechtliche Subventionsträger die Mittel nicht unmittelbar gewährt, sondern sie durch private Dritte ausreichen läßt. Hier bleibt es insgesamt bei einer Subventionierung seitens der öffentlichen Hand. c) "an einen Privaten" Empfänger der Subvention kann definitionsgemäß nur ein Privater sein. Finanzzuweisungen von Trägern öffentlicher Verwaltung untereinander, also etwa des Bundes an Länder oder Kommunen bzw. der Länder an die Kommunen, stellen keine Subventionen im Rechtssinn dar. Derartige "Dotationen"! 11 scheiden als reine Umschichtung von Haushaltsmitteln innerhalb des Verwaltungssektors aus der Untersuchung aus 1 1 2 . Auch der oben unter Ziff. 5 genannte Bereich der "institutionellen Kunstförderung" bleibt aus gleichem Grund außer Betracht. Zwar liegt gerade hier und nicht in der Förderung privater Aktivitäten von den aufgewendeten Beträgen her gesehen der Schwerpunkt öffentlichen Engagements für die Kunst 113 . Doch fließen dabei keine Mittel vom Staats- in den Privatsektor, sondern Staat und Kommunen "veranstalten" selbst Kunst in öffentlich-rechtlich institutionalisierter Form (zB Stadttheater als Regiebetrieb oder nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts). Daran ändert auch nichts, daß gerade die Unterhaltung dieser teueren Institutionen in der öffentlichen Auseinandersetzung um die subventionierte Kunst im Mittelpunkt stehen. Ebenso widersinnig wäre es, 111

Zum Begriff Bleckmann, Gutachten, D 10 f., ders., SubvR, S. 14; Wolff/Bachof, VerwR III, § 154 Rn. 4.

1 1 2

Siehe Grosser, Spannungslage, S. 29. Dazu Andreae/Keuschnigg, Kunst und Wirtschaft, in: Symposium Kunst + Wirtschaft, S. 44 f. Maunz, BayVBl. 1986, 545 bezeichnet diesen Bereich mißverständlich als "mittelbare Subventionen".

113

26

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

von der Kommune betriebene wirtschaftliche Unternehmen i.S. von Art. 89 ff. BayGO als Erscheinungsformen der Wirtschaftssubventionierung einzuordnen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten 114: Kunstförderung

kennzeichnet als Oberbe-

griff alle die Kunst in welcher Form auch immer unterstützenden Maßnahmen; Kunstsubventionierung

stellt hiervon nur einen Ausschnitt dar.

3. Kunstsubvention "Kunstsubvention" ist kein anerkannter terminus technicus. Der Begriff setzt sich aus den zwei ihrerseits hinreichend problematischen Teilen "Kunst" und "Subvention" zusammen, die "künstlich" zu einem neuen Begriff verbunden sind. Die Einführung dieses Topos in die Diskussion ist jedoch nur dann zulässig, wenn sich beide Begriffsteile überhaupt vereinbaren lassen. Insofern gilt es hauptsächlich zu klären, ob der rechtswissenschaftliche Subventionsbegriff auch Kunstsubventionen umfaßt 115 . Bedenken hiergegen bestehen schon deshalb, weil ein Großteil der Literatur diesen Bereich ausdrücklich oder unbewußt ausklammert. Meist geschieht dies ohne nähere Begründ u n g 1 1 6 oder folgt schlicht aus der Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf den Bereich der Wirtschaftssubventionen 117. Für dieses Diskussionsdefizit sind in erster Linie historische Gründe verantworüich 118 . In den 50er und frühen 60er Jahren basierte die Diskussion in Ermangelung einer originär juristischen Dogmatik ausschließlich auf Erkenntnissen der Wirtschafts1 1 4

Zum Kriterium des öffentlichen Zwecks sogleich in Zusammenhang mit dem Begriff "Kunstsubvention" sub 3.

115

Zur Frage, ob die Begriffe Kunst und Subvention semantisch/philologisch vereinbar sind, siehe Janitschek, Diss., S. 82 ff.

116

Etwa bei Tettinger,

GewArch 1981, 105, Fn. 12.

117

So die Monographien von Eichner, Henke, Götz und Grosser. Lapidar formuliert etwa Rüfner, Formen, S. 195: "Da die Subventionen als Mittel der Wirtschaftspolitik beschrieben werden sollen ... interessieren uns kulturelle und soziale Hilfen nicht."

118

Kritisch zur Vernachlässigung der Kunstsubvention durch die Literatur Höfling, 1985, 387 (388); Steiner, Hdb., S. 683.

DÖV

I. Begriffliches

27

Wissenschaften, was unreflektiert zur Leugnung des Subventionsphänomens auf nicht-wirtschaftlichen Gebieten führte 119 . Wenn die nach Merkmalen eines juristischen Subventionsbegriffs tastende Rechtsprechung Subventionen als "staatliche Stützungs- und Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft" definierte 120 , geschah dies jedoch ausschließlich vor dem Hintergrund des damaligen Diskussionsstands. Eine spätere Ausdehnung des Subventionsbegriffs auf andere Gebiete wollte man damit nicht ausschließen121. Die fraglose Bedeutung der Wirtschaftssubventionen und der Umstand, daß Hilfen für alle anderen Bereiche demgegenüber quantitativ zurückstehen 122, liefert ebenfalls kein Argument gegen eine Beschränkung auf den Wirtschaftssektor. Hierfür bedürfte es überzeugender dogmatischer Gründe. a) Fehlende Gemeinsamkeiten Insofern wird vorgetragen, gleichartige Vorgänge, die zur Aufstellung einheitlicher Grundsätze brauchbar wären, fänden sich nur im Bereich der Wirtschaftssubventionen123. Diese Annahme trifft jedoch nicht zu. Zwar können ggf. nicht alle im Zusammenhang mit der Erörterung der Wirtschaftssubventionen erarbeiteten Grundsätze auch für die Kunstsubvention übernommen werden 124 . Doch haben sich auch hier typische Organisationsstrukturen und Verfahrensmuster entwickelt, die lediglich bislang einer Systematisierung nicht zugeführt wurden 125 . Trotz einiger begrüßenswerter Ansätze 126 fehlt insbesondere nach wie vor eine umfassende empirische Dokumentation dieses Bereichs. Dies schließt jedoch nicht aus, über den Einzelfall hinaus anhand typischer Erscheinungen Aussagen zu gewinnen und so zu einer dogmatischen Sichtung der 119

Zu dieser Entwicklung Schetting, Rechtspraxis, S. 1; Zacher, VVDStRL 25 (1967), S. 323, Fn. 63.

1 2 0

BGH, Urt. v. 30.04.59, NJW 1959, 1429.

121

Schäuble, Diss., S. 119.

12 2

Haverkate, Rechtsfragen, S. 146.

12 3

Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 1.

1 2 4

125 1 2 6

Vor Generalisierungen warnen mit Recht Friauf, Allg VwR, § 17 Rn. 9.

DVB1. 1966, 729 (731); Maurer,

Kritisch dazu Hufen, Freiheit der Kunst, S. 33, Fn. 19. Hier ist insbesondere auf die Aktivitäten des Bonner Zentrums für Kulturforschung (ZfK) hinzuweisen.

28

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Kunstsubvention beizutragen. Der pauschale Hinweis auf fehlende Gemeinsamkeiten belegt also allenfalls, daß sich die Wissenschaft bislang nicht der Mühe ihrer Erarbeitung unterzogen hat, steht einer Typisierung jedoch nicht von vornherein entgegen127. b) Der "Zweck" der Kunstsubvention Insbesondere die ältere Literatur stützte sich als Hauptargument gegen eine Ausdehnung des Subventionsbegriffs über den Wirtschaftssektor hinaus auf die Annahme, als Subventionszweck käme nur ein Zweck wirtschaftspolitischer Natur in Betracht 128 . Die Rechtsprechung des BVerfG teilte diese Auffassung von Anfang an nicht. Danach sollen Subventionen bestimmte Verhaltensweisen fördern, weil diese aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht sind 1 2 9 . Von einer Beschränkung auf wirtschaftspolitische Zwecke ist hier also keine Rede; die möglichen "Zwecke" können vielmehr die unterschiedlichsten Zielrichtungen verfolgen. Den Zweck kennzeichnet ausschließlich der Umstand, daß er im öffentlichen Interesse liegt. Gegen eine Kategorie "Kunstsubvention" könnte daher nur sprechen, daß der dort verfolgte Zweck nicht im öffentlichen Interesse Hegt 1 3 0 . Öffentliche Kunstsubventionierung bedarf also der Legitimation durch die von ihr verfolgten Ziele und Zwecke 131 . Die Vergabe von Fördermitteln kommt primär selbstverständlich dem geförderten Privaten, etwa einem Theaterunternehmer, zugute; zu seinen Gunsten erfolgt ja die für die Subventionierung kennzeichnende Vermögensverschie127

In diesem Sinne auch Maurer, Allg VwR, § 17 Rn. 9; Möller, Subvverw, S. 49; Zuleeg, Rechtsform, S. 18.

128

Grundlegend Ipsen, öff. Subventionierung, S. 8; weitere Nachweise bei Eppe, Subventionen, S. 38 ff.

129 1 3 0

131

Gemeindliche

BVerfG, Beschl. v. 12.02.64, E 17, 210 (216). Zu den Erfordernissen des "Zwecks" insofern Haverkate, Rechtsfragen, S. 169, Fn. 101 mwN; Oldiges, NJW 1984, 1927 (1933); Vogel, Begrenzung der Subventionen durch ihren Zweck, in: FS für H.P. Ipsen, 1977, S. 539 ff.; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 318 f., der den Zweck als das "Geheimnis des Subventionsbegriffs" bezeichnet. Evers, NJW 1983, 2161 (2165).

I. Begriffliches

29

bung. Nun ist die Förderung der persönlichen Interessen des einzelnen Künstlers (zB wirtschaftliche Sorgenfreiheit, die unbelastetes Schaffen ermöglicht) oder einer einzelnen künstlerischen Institution (hier: des fraglichen Theaters) für sich allein betrachtet kein rechtsstaatlich legitimer "Zweck". Doch der Staat fördert den Einzelnen nicht um seiner selbst willen. Die Bezuschussung des Privaten ist nicht Selbstzweck, sondern allenfalls "Zwischenzweck" oder "Primärzweck" auf dem Weg zum eigentlich angestrebten "Endzweck"! 32 . Dieser besteht in der Förderung und Erhaltung eines der Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG entsprechend strukturierten Kunstlebens, das wiederum zur Freiheit und Selbstverwirklichung der Bürger, letztlich also zur freien Entfaltung der Persönlichkeit beiträgt 133 . Dabei sind "Primärzweck" und "Endzweck" durch die vom Subventionsgeber gesetzten Mechanismen kausal verknüpft, so daß aus der Summe aller Primärzwecke bei zweckgerechtem Verhalten der Empfänger die Erreichung des abstrakten Endzwecks folgt 1 3 4 . Dieser "Endzweck" muß nun, um die Vergabe öffentlicher Mittel zu rechtfertigen, im öffentlichen Interesse liegen. Ohne auf die Schwierigkeiten dieses Begriffs näher einzugehen135, soll hier die Feststellung genügen, daß die Erhaltung des freiheitlichen Kunstlebens der Allgemeinheit dient. Über dieses Ergebnis dürfte trotz aller Meinungsverschiedenheit im Detail Einklang bestehen. Vereinzelte Radikalforderungen in der politischen Auseinandersetzung nach einer Streichung von Geldern für "elitäre Kultur" einer privilegierten Kaste können über den hier grundsätzlich herrschenden Generalkonsens nicht hinwegtäuschen. Damit liegt ein legitimer Förderzweck vor, bei dessen näherer Aufgliederung sich etwa folgende Teilaspekte konkretisieren: Förderung von Selbstverwirklichung; Sicherstellung der kulturellen Versorgung der Bevölkerung; Bewußtmachung von kulturellen Grundbedürfnissen; "Aufschließung" der Bürger für das kulturelle Angebot; Hilfe für notleidende Künstler 136 . 1 3 2

Zu dieser Unterscheidung Möller, Gemeindliche Subvverw., S. 57 f.; Schetting, Rechtspraxis, S. 8 ff.

133

Bleckmann, SubvR, S. 31; Evers, NJW 1983, 2161 (2166); Schiaich, Neutralität, S. 242. Vorsichtiger Kirchhof, Verwalten, S. 392 f., und Janitschek, Diss., S. 82 ff.

1 3 4

Siehe Schetting, Rechtspraxis, S. 14.

135

Statt aller Häberle, öffentliches Interesse als juristisches Problem, 1970.

13 6

Evers, NJW 1983, 2161 (2165) mit dem Hinweis, daß eine systematische Darstellung der "Zwecke" noch ausstehe. Zur Begründung von Kunstförderung in den USA siehe Netzer, The subsidized muse, S. 15 ff.

30

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die Förderung der Kunst besitzt also einen im öffentlichen Interesse liegenden Eigenwert. Sie zeitigt jedoch auch in anderer, nicht unmittelbar kunstspezifischer Hinsicht durchaus erwünschte Nebenwirkungen 137. Dieser "Sekundärnutzen der Künste" 138 zeigt sich auf verschiedenen Gebieten von der Wirtschafts- und Sozialpolitik 139 über die Intention zur Verbesserung des Wohnund Freizeitwerts der Kommunen 140 bis hin zur Dienstbarmachung der Kunst für staatliche Selbstdarstellung 141. Er darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß Kunst aufgrund ihrer Stellung im geseUschaftlichen Gefüge a Is Eigenwert aufzufassen ist und unter Berücksichtigung der nur ihr immanenten Strukturen gefördert werden sollte 1 4 2 . Eine zu starke Anlehnung an politisch-ideoîogische, pädagogische, soziate oder ökonomische, mithin also außerküristlerische Legitimationsfaktoren birgt für die Sicherung der Kunstfreiheit Gefahren: Kunstfördernde Maßnahmen könnten dann mit dem Argument abgebaut oder gar beseitigt werden, daß andere Förderinstrumente mit ähnlicher Effektivität wirken und bei geringerem Aufwand daher vorzuziehen sind 143 ;

-

137

Inhalt und Verfahren der Förderpraxis könnten sich zunehmend von den Strukturvorgaben der Kunstfreiheit entfernen, um sich an den weniger "sensiblen" Sachgesetzlichkeiten des Wirtschafts- oder Soziaibereichs zu orientieren; Dies könnte die Indienstnahme von Kunst und Künstlern für staatlich gesteuerte, etwa propagandistische Zwecke erleichtern, wie sie in ideologisch bedingten Extremvarianten die Beispiele des Dritten Reichs oder der heutigen Lage in der DDR lehren 144 ; Dazu BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (332). Ditges, Diss., S. 91 ff., weist nach, daß diese Nebenwirkungen allein einen völligen Rückzug der Kommunen aus der Kunstförderung ausschließen.

138

Hoffmann,

139

Siehe etwa Bund 2, S. 5.

1 4 0

Beispiele bei Hoffmann,

141 1 4 2

Kultur für alle, S. 33. Kultur für alle, S. 33 f.

Kritisch dazu Bull, Staatsaufgaben, S. 400. Evers, NJW 1983, 2161 (2165). Dies entspricht dem "kulturstaatlichen" im Gegensatz zum "utilitaristischen" Kulturstaatsmodell bei Grimm, VVDStRL 42 (1984), 58.

143

Hoffmann,

1 4 4

Warnend insofern Bull, Staatsaufgaben, S. 307.

Kultur für alles, S. 34.

I. Begriffliches

-

31

Schließlich könnte das Bewußtsein für den Eigenwert der Kunst in der öffentlichen Meinung allmählich verloren gehen, was angesichts der ohnehin vorhandenen Tendenz zu einer rein an materiellen Werten orientierten Lebensgestaltung bedenklich wäre.

All diese Überlegungen warnen vor einer übertriebenen Ankoppelung öffentlicher Kunstsubventionierung an außerkünstlerische Zwecke, die jeweils nur relativen Rang haben dürfen 145 . Politische Instanzen tun daher gut daran, diesen Eigenwert den von ihnen praktizierten Förderungsmaßnahmen auch programmatisch zugrunde zu legen 146 . Im Ergebnis läßt die Vielfalt der förderungswürdigen öffentlichen Interessen eine Integration der Kunstförderung in den Subventionsbegriff zu. Sie hat zur Folge, daß die mit Subventionierungsmaßnahmen angestrebten Ziele wirtschafts-, sozial- und eben auch kulturpolitischer Natur sein können I 4 7 . Für eine Beschränkung auf den Wirtschaftsbereich bestehen keine zwingenden Gründe 148 . Eine solche Beschränkung würde zudem schwierige Abgrenzungsprobleme hervorrufen, da verschiedene, etwa kultur- und wirtschaftspolitische Zwecke auch ineinander übergehen können. Kunst kann auch zum Geschäft gemacht werden 149 . "Kunst" und "Subvention" lassen sich also begrifflich zum Topos "Kunstsubvention" vereinbaren, weil der Ausdehnung des Subventionsbegriffs auf kultu145

146 147

148 149

Evers, NJW 1983, 2161 (2165). Kriüsch gegenüber der Argumentationsfigur "Kultur als Wirtschaftsfaktor" Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 17, Fn. 44; ähnlich Köttgen, Kulturpflege, S. 105; Schäuble, Diss., S. 65 f. Siehe zum Ganzen jetzt auch Hummel/Berger, Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur, Gutachten im Auftrag des Bundesministers des Innern, Berlin 1988. Erfreulich insofern Bund 2, S. 3, S. 22. So schon Siebert, Privatrecht im Bereich der öffentlichen Verwaltung, in: FS für Hans Niedermeyer, 1953, S. 235; für einen weiten Subventionsbegriff auch Badura, WiVerw 1978, 137 (138); Bleckmann, SubvR, S. 15; Ipsen, VVDStRL 25 (1967), 260 f. (unter Aufgabe seiner früheren Meinung); Kopp, WiVerw 1978, 175; Wolff/Bachof, VerwR III, § 154 I b). Eppe, Subventionen, S. 40 ff.; Maurer, Allg VwR, § 17 Rn. 9. Beispiel für Abgrenzungsprobleme in dieser Hinsicht: Filmförderung als Wirtschaftsoder Kunstsubvention.

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

32

relie Hilfen keine durchgreifenden Einwände entgegenstehen150. Es bedarf hierzu weder der Figur von "Subventionen im weiteren Sinn" 1 5 1 noch einer Analogie 152 .

1 5 0

151 1 5 2

Heute wohl h.M.; siehe außer den in Fn. 147, 148 Genannten noch Bitter, BayVBl. 1965, 45 (46); Hamann, DVB1. 1963, 486 ff.; Janitschek, Diss., S. 80 ff.; Locher, Bildende Kunst, S. 28; Maunz, BayVBl. 1986, 545; Schiaich, Neutralität, S. 217, Fn. 364; Stober, WiVerwR II, Rn. 1164. - Dementsprechend häufig finden sich auch die Begriffe "Kunstsubvention" und "Kultursubvention" in der Literatur. Siehe für "Kunstsubvention": Bleckmann, SubvR, S. 164; Haverkate, Rechtsfragen, S. 166 ff.; Häberle, AöR 110 (1985), 577 (605); Hörstel, Diss, (im Titel); Kirchhof, NJW 1985, 225 (231); Locher, Bildende Kunst, S. 28; Schulz, SchlHA 1984, 137 (140); für "Kultursubvention": BGH, Urt. v. 21./22.05.75, DVB1. 1975, 903 (904); Ditges, Diss., S. 158; Eppe, Subventionen, S. 85; Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 11; Höfling, DÖV 1985, 387 (388); Horlacher, Kultursubventionen, (im Titel); Ipsen, VVDStRL 25 (1967), 284; Janitschek, Diss., S. 82 ff.; Steiner, Hdb., S. 683; ders., VVDStRL 42 (1984), 18; Wenger, Förderungsverwaltung, S. 27; WolffIBachof, VerwR III, § 154 II a). So Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 11. So Schäuble, Diss., S. 121 f., der den Subventionsbegriff auf den Wirtschaftsbereich beschränken, die dort gewonnenen Ergebnisse aber analog auf kulturelle Hilfen anwenden will. Die hier vertretene Auffassung vermeidet Schäubles umständliche Konstruktion.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

33

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe 1. Die staatliche Befugnis zur Kunstsubventionierung

a) Die reale Lage Kunstsubventionierende Maßnahmen der öffentlichen Hand stellen heute in der Bundesrepublik Deutschland ein milliardenschwer praktiziertes Faktum, ein Stück sozialer Realität dar 1 5 3 . Bund, Länder, Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Träger (zB die Rundfunkanstalten)! 54 leisten sich eigene Kulturverwaltungen und -abteilungen, setzen in ihren Haushaltsplänen beträchtliche Summen zur Kunstförderung an und schütten diese an künstlerisch tätige Personen oder Institutionen aus. Staatliche Vorsorge für die Kunst ist damit zu einer Selbstverständlichkeit heutiger Leistungsverwaltung gewordenl 55 . Politikern jeglicher Couleur bietet sie ein Thema, das insbesondere bei Gelegenheit von Fest- und Feierstunden gern als einsame Insel des Konsenses im Meer der politischen Gegensätze hervorgekehrt werden kannl 5 6 . Bezeichnend für den gewachsenen Stellenwert der Kunstförderung im politischen Bewußtsein ist etwa die Aussage in der Koalitionsvereinbarung der von CDU, CSU und FDP gebildeten Bundesregierung vom März 1983, wonach die Bundesregierung "die Förderung von Kunst und Kultur im Rahmen der ihr verfassungsmäßig zustehenden Rechte im Interesse der nationalen Repräsentation verstärken wird"! 5 7 . Auch die Kulturdebatte des Deutschen Bundestages vom 9. Novem15 3

Knies, EvStL, Sp. 1945; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 16. 1986 betrugen die Gesamtausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden für die Kulturförderung zwischen 7,7 und 8 Mrd. DM, vgl. Mehr Raum für Kultur, S. 73 ff.

154

Im folgenden sind mit "Staat" verkürzt alle öffentlich-rechtlichen Träger gemeint. Zur Kulturförderung des öff.-rechtl. Rundfunks siehe Steiner, FS Hübner, S. 799 ff.

15 5 156

157

Oppermann, Bildung, S. 695. Dies lehrt ein Blick in die Parteiprogramme von SPD, FDP, CDU und CSU, vgl. die Zusammenstellung in "Kunst und Öffentlichkeit", S. 23. Die CSU hat 1979 sogar ein besonderes "Kulturpolitisches Programm" verabschiedet und 1983 fortgeschrieben. Kritik am Fehlen einer programmatischen Gesamtkonzeption der Kulturpolitik dennoch bei Lattmann, Kulturpolitik, S. 423 ff. Koalitionsvereinbarung vom 22.03.1983.

34

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

ber 1984 wies in diese Richtung 158 . Die Zeiten, in denen die Bundesrepublik "andere Sorgen" als die Erhöhung der kunstbezogenen Anteile an den öffentlichen Haushalten hatte 159 , scheinen also vorbei zu sein, wenn auch zur Euphorie insofern kein Anlaß herrscht 160. Auch in Bevölkerung und öffentlicher Meinung genießt der staatlich betriebene Aufwand für die Kunst breite Akzeptanz 1 6 1 . Dies liegt nicht zuletzt wohl auch daran, daß der Staat heute in nahezu alien Kunstbereichen fördernd tätig wird, so daß dem Reizwort vom "kulinarischen Operntheater" ais einzigem Gegenstand staatlicher Zuwendung jede Berechtigung fehlt 162 . b) Zur historischen Entwicklung Dabei zählt Kunstförderung gewiß nicht zu den klassischen Tätigkeitsfeldern des Staates 163 . Sein Hineinwachsen in die Rolle des Mäzens muß im historischen Zusammenhang gesehen werden 164 . Im 19. Jahrhundert fand der entstehende moderne Staat ein Vakuum vor, das durch den weitgehenden Ausfall früherer Träger von Kunstförderung, namentlich der Kirche und des Adels, entstanden war. Da andere Geldgeber nicht zur Verfügung standen und der Staat die Kunstförderung nicht völlig einzelnen privaten Mäzenen überlassen wollte 1 6 5 , füllte er diese Lücke aus und setzte die "von jeher" 1 6 6 praktizierte höfische Praxis in eigener Regie fort. Dabei wurde 158

Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 10. Wahlperiode, 99. Sitzung, S. 7174 ff.

1 5 9

So Oppermann, KuVerwR, S. 1, über die Frühzeit der Bundesrepublik.

1 6 0

Zurückhaltend insofern Hufen, Freiheit der Kunst, S. 92.

161 1 6 2

Siehe Pommerehne/Frey,

Förderung, S. 264 mwN.

Knies, Kunst und Recht, S. 144; Maier, Probleme, S. 179.

163

Dazu schon Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., 1960, S. 260; femer Grimm, VVDStRL 42 (1984), S. 58 f.; ähnlich Heuer, Besteuerung, S. 110. A A . Oppermann, FS Bachof, S. 4.

1 6 4

Historischen Überblick bieten Graul, Künstlerische Urteile, S. 19 ff.; Grimm, VVDStRL 42 (1984), S. 47 ff.; Heuer, Besteuerung, S. 32 ff.; Oppermann, KuVerwR, S. 122 ff.; Schäuble, Diss., S. 80 ff.; Scheuner, Kulturstaat, S. 117 ff.; Schöndienst/Grote, in: DtVerwG, Bd. IV, S. 373 ff., 958 ff.; Bd. V, S. 689 ff., 699 ff.

16 5

Oppermann, KuVerwR, S. 443.

16 6

Oppermann, KuVerwR, S. 442.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

35

von vornherein versucht, diese staatliche Aufgabe als "öffentliches Bedürfnis" positiv-rechtlich zu verankern 167 . Hiergegen regte sich jedoch alsbald in der zeitgenössischen geisteswissenschaftlichen Diskussion Widerstand 168 . Hinzu kam das nicht zu übersehende Interesse der Monarchen, sich mit der Rolle des Mäzens ein letztes Reservat von "absoluter" Alleinentscheidungskompetenz zu bewahren 169. Aufgrund dieser und anderer Hindernisse ließ die erstrebte Normierung der Kunstförderung als Staatsaufgabe bis zum Jahre 1919 auf sich warten. Erst die Weimarer Reichsverfassung (WRV) enthielt eine Vorschrift, die sich ausdrücklich diesem Thema widmete. Art. 142 WRV bestimmte: "Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Der Staat gewährt ihren Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil."

Mit Art. 142 S. 2 WRV wurde erstmals gestaltende Kulturpolitik als verfassungsrechtlich legitime Aktivität des modernen Staates anerkannt 170 . Im Rahmen der rechtlichen Neuordnung nach dem Zusammenbruch 1945 statuierten zwar einige Landesverfassungen 171 in Anlehnung an Art. 142 S. 2 WRV ähnliche Förderungsaufträge. Hierauf allein läßt sich jedoch die Zulässigkeit einer Staatsaufgabe "Kunstförderung" unter Geltung des Grundgesetzes nicht stützen I 7 2 . Denn das Bonner Grundgesetz von 1949 enthält eine dem Art. 142 S. 2 WRV entsprechende Bestimmung nicht; Kunstförderung wird dort nicht als staatliche Aufgabe festgeschrieben. Dies läßt sich nun sicherlich als Hinweis dahin deuten, daß nach dem Verständnis des GG Förderung und Pflege der Kunst in erster Linie der freien und selbstverantwortlichen Aktivität der Bürger 1 6 7

168

1 6 9

17 0 171

1 7 2

Vgl. Knies, Schranken, S. 211. vor allem W.v. Humboldt und Fichte traten für staaüiche Abstinenz im Kulturbereich ein; siehe dazu Knies, Schranken, S. 206 f., und Grimm, VVDStRL 42 (1984), 53, 57. Beispiel: Die Unterstützung Wagners durch König Ludwig II. von Bayern; dazu Oppermann, KuVerwR, S. 122. Knies, Schranken, S. 212. Art. 140 BayVerf; Art. 11 BremVerf; Art. 18 Abs. 1 Verf NW; Art. 40 Abs. 1 RhPfVerf; Art. 34 Abs. 1 SaarlVerf; Art. 7 Abs. 1 LSSchlH. In diese Richtung aber Knies, Schranken, S. 213.

36

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

obliegen sollen 173 . Sollte aus der vom Text der WRV abweichenden Formulierung des Grundgesetzes aber darüber hinaus auf die Unzulässigkeit staatlicher Kunstförderung überhaupt geschlossen werden können, würde ein dann in Art. 5 Abs. 3 GG u.U. enthaltenes Kunstförderungsverbot gem. Art. 31 GG entgegenstehende ïandesverfassungsrechtliche Bestimmungen derogieren. Denn insofern ginge Art. 5 Abs. 3 GG in der dann zwingenden Auslegung aïs ranghöhere Norm v o r 1 7 4 . Somit fehlt es zwischen den beiden einschlägigen Verfassungstexten an der ausreichenden Kontinuität, so daß aus der historischen und faktischen Selbstverständlichkeit der Kunstsubventionierung allein für die heutige Rechtslage noch nicht deren rechtliche Zulässigkeit folgt 1 7 5 . Vielmehr gilt es gerade dann, wenn die Welt der Fakten eine eindeutige Sprache zu sprechen scheint, eventuell vorhandene Verfassungsschranken zu aktualisieren 1 7 6 . Der Hinweis auf die allenthalben unbeanstandete Förderungstätigkeit ersetzt also nicht die verfassungsrechtliche Legitimation 177 , die oft allzu vorschnell mit der Formel von der "selbstverständlichen Aufgabe des Kulturstaates" gefunden zu sein scheint 178 . c) Pragmatisches zu Nutzen und Nachteil öffentlicher Kunstsubventionierung Vor dem Einstieg in die eigentliche verfassungsrechtliche Problematik sollen einige praktisch-pragmatische Argumente zur Frage nach dem Nutzen oder Nachteil der öffentlichen Kunstsubventionierung erörtert werden. Kritik kommt insofern interessanterweise hauptsächlich aus den Reihen der Künstler 173

174

Heuer, Besteuerung, S. 1, 109 f. Weitere Gründe für die kulturrechtliche "Enthaltsamkeit" des Grundgesetzes: Grundsätzliche Zurückhaltung gegenüber der Normierung von Staatsaufgaben; Respekt vor den kulturellen Kompetenzen der Länder. Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 175.

175

So aber — inkonsequent — Erbel, Kunstfreiheitsgarantie; ferner Stiller, (1971), 171 (172).

176

Lerche, in: M/D/H/S, GG, Rn. 91 zu Art. 83.

177

A.A. Steiner, VVDStRL 42 (1984), 16, der eine solche verfassungsrechtliche Legitimation für entbehrlich hält. Gegen ein Offenlassen der Begründung für kulturfördernde Aktivitäten des Staates dagegen Grimm, ebd., S. 64, Fn. 41.

178

So Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 174; Kewenig, UFITA 58 (1970), 91 (105). Ähnlich auch Schäuble, Diss., S. 100 f.: Das Recht des Staates zur Kunstförderung bestehe unabhängig vom Text der Verfassungsurkunde.

UFITA 60

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

37

selbst 179 . Man befürchtet, teilweise mit nahezu allergischer Empfindlichkeit, bei jeder Maßnahme der öffentlichen Hand eine gezielte Einmischung in den Freiheitsbereich der Kunst, wittert Bevormundung, Dirigismus oder gar versteckte Zensur 180 . Insbesondere in der Zeit nach 1945 wuchs aus den Erfahrungen einer vom totalitären NS-Regime verordneten Staatskunst heraus die Zahl derer, die lieber materielle Schwierigkeiten in Kauf nehmen, als sich — um so in den Genuß fürsorgender Zuwendung des Staates zu kommen — einem irgendwie gearteten staatlichen Kunstideal anpassen wolltenl 8 !. Für die Diktaturen des Ostblocks mag die Furcht von Künstlern vor dem Zwang zur politischen Orthodoxie 182 heute noch aktuell sein; die Beispiele hierfür lassen sich kaum übersehen 183. Doch auch fast vierzig Jahre freiheitlich-demokratischer Ordnung in der Bundesrepublik konnten an der tief verwurzelten Skepsis gegenüber öffentlichem Kunstengagement nicht viel ändern. Man wirft der Förderungspraxis etwa eine Tendenz zur Stärkung des Etablierten, des Anerkannten und Verständlichen auf Kosten des wirklich Bedeutenden vor und kritisiert die Bevorzugung publikumswirksamer, attraktiver Entscheidungen, bei denen sich die "Kulturverwalter" oft aus Bequemlichkeit gar nicht die Mühe einer überlegten Auswahl machten. Obendrein hänge so die Existenz eines einzelnen Künstlers vom Wohlwollen des entscheidenden Amtsträgers a b 1 8 4 . Ideologisch anders orientierte Kritiker argwöhnen eine Abkoppelung künstlerischer Produktion vom Publikuml 85 , weil oft das noch so banale Experiment um seines avantgardistischen Anspruchs willen gefördert werde. Der 179

180 181

182 183 184 185

Positive Stellungnahmen bleiben die Ausnahme; ein Beispiel hierfür aber der Regisseur Strehler, der engagiert für staatliche Unterstützung der Kunst eintritt; zit. nach Hoffmann, Kultur für morgen, S. 47. So etwa Filmregisseur Kluge, Das Parlament 40/1979, S. 11. ZB die Schriftsteller Dürrenmatt, Enzensberger und Hochhut h ; siehe aber auch Schäuble, Diss., S. 200. Protest von Künstlern gegen Kunstförderung hat aber auch Tradition. Siehe etwa die bei Fohrbeck, Kunstförderung, S. 36 f., genannten Maler Courbet und Gericault. Fohrbeck, Kunstförderung, S. 36 f. Siehe nur die Autoren Pasternak oder Solschenizyn Biermann und Krawczyk. Schäuble, Diss., S. 200. Scheuch, Kulturpolitik, S. 31.

oder die DDR-Liedermacher

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

38

solcherort mit Staatsgunst bedachte Künstler könne glauben, seine Leistung schon erbracht, seine Aussage schon gefunden zu haben 186 . Er fühle sich dann in seiner oft noch unreifen Arbeit bestätigt. In der Konsequenz drohe eine Fixierung des momentanen Leistungsvermögens; die Fehlinterpretation des Förderungsurteils bewirke statt der erwarteten Kreativitätssteigerung Erstarrung und Stagnation. Solche und ähnliche Vorbehalte zeigen mit Recht manch wunden Punkt der Förderungswirklichkeit auf. Um jedoch den Sinn öffentlicher Kunstsubventionierung insgesamt in Frage zu stellen, müßten die bemängelten Erscheinungen die positiven Wirkungen der Kunstförderung überwiegen. Künstler, die für völlige Staatsabstinenz plädieren, üben ihre Kritik oft "vom gemachten Nest" aus. Dem etablierten Autor, Maler oder Komponisten, der neben fachlicher Anerkennung auch finanzielle Sicherheit genießt, fällt dies naturgemäß leichter als dem noch am Anfang seiner Karriere stehenden Nachwuchskünstler. Für ihn stellt staatliche Hinwendung zur Kunst eine reale Existenzbedingung dar 1 8 7 . Öffentliche Hilfe ist in hohem Maße zur nahezu unersetzlichen Voraussetzung künstlerischen Arbeitens geworden, so daß die Folgen eines "Ausstiegs" des Staates hier nicht abzusehen sind 1 8 8 . Mit Recht kann man die praktizierten Staatsaktivitäten deshalb als notwendig und unverzichtbar ansehen, ihr Hinwegpostulieren für irreal halten 189 . Ohne die Frage einer Rtchtspflicht zur Kunstförderung hier präjudizieren zu wollen, kann schon mit Rücksicht auf das zahlende Publikum die politische Entscheidung kaum anders als in Richtung auf eine Fortsetzung der gegenwärtigen Praxis ausfallen. Denn eine Streichung der öffentlichen Mittel hätte zur Folge, daß wegen der dann in unzumutbare Höhen steigenden Preise für kulturelle Leistungen breite Bevölkerungsgruppen vom Kunstleben ausgeschlossen werden könnten 190 . 1 8 6

Dazu Brodwolf,

in: Zehn Jahre Kunststiftung Baden-Württemberg, 1987, S. 63.

18 7

Beck, Wahrheit, S. 260; Knies, Schranken, S. 205; ders., EvStL, Sp. 1945; ähnlich Maier, Probleme, S. 179.

18 8

Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (173) befürchtet gar den "Zusammenbruch der kulturellen Entwicklung"; ähnlich Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 175.

18 9 1 9 0

Schäuble, Diss., S. 5. Gr abbe, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 178; Netzer, The subsidized muse, S. 26 ff. Kritisch zu dieser Argumentation Andreae/Keuschnigg, Kunst und Wirtschaft, in: Symposium Kunst + Wirtschaft, S. 40 ff.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

39

Der tiefere Grund für die verbreitete Ablehnung kunstfördernder Aktivitäten wurzelt in einer Auffassung, die Staat mit Politik und Politik gleichsetzt mit dem "beschmutzenden Geschäft der Bewältigung der Wirklichkeit

von dem möglichst weit sich

fernzuhalten den eigentlichen Vertretein des Geistes und der Kunst eine Art heiliger Verpflichtung sein müßte"191.

Die Tendenz, staatlichem Handeln prinzipiell "demokratie-immanentes" Mißtrauen entgegenzubringen!92, schlägt sich auch im politisch weniger brisanten Kunstsektor nieder. Wer hier dem Staat trübe Beweggründe, verwerfliche Absichten, listige Maskierung und gleißnerische Täuschung unterstellt, handelt vermeintlich idealistisch, in Wirklichkeit jedoch weltfremdl 93. Denn die Realität bundesrepublikanischer Kunstförderung zeigt keine Geschichte staatlicher Einmischung und Zensur, sondern ist vielmehr vom Ringen um eine am Wesen der Kunstfreiheit orientierte und die oben skizzierten Gefahren vermeidende Verfahrensweise geprägt. Die im demokratischen Verfassungsstaat Bundesrepublik praktizierte Kunstsubventionierung bezweckt weder Manipulierung noch Reglementierung, sondern Unterstützung der Kunst, ist Staatsdienst an der Kultur 194 . Auch weitere geäußerte Einwände treffen die Vorteile der öffentlichen Kunstsubventionierung nicht im Herz. Kritik etwa an Mängeln des Verfahrens 195 bedingt nicht notwendig den Verzicht auf Staatsaktivität. Denn gerade hier besteht in vielerlei Hinsicht die Möglichkeit zu Verbesserungen 196. Falsch ist es auch, von der Unfähigkeit einzelner Kulturbürokraten auf die Unzulässigkeit jeglicher Kulturverwaltung zu schließen197. Wer dem Staat die Kompetenz zur Wahrnehmung kultureller Aufgaben, insbesondere zur Kunstsubventionierung, 191 1 9 2

193 194

So die treffende Umschreibung von Schütz, Staat als Mäzen, S. 13. Dazu Stern, StaatsR II, 1980, S. 774. Hufen, Freiheit der Kunst, S. 240, mißt diesem Mißtrauen durchaus "posiüve Bedeutung" zu. Schütz, Staat als Mäzen, S. 14. Schütz, Staat als Mäzen, S. 19 f.; Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (174). Sie entspricht damit der Forderung Hubers, Kulturstaat, S. 8.

195

Fohrbeck, Kunstförderung, S. 36 f.; Hoffmann,

1 9 6

Vorschläge etwa bei Beck, Wahrheit, S. 266 ff.

197

Von solchen Tendenzen in den USA berichtet Scheuch, Kulturpolitik, S. 26.

Kultur für alle, S. 43.

40

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

abspricht, bedenkt schließlich nicht die dann drohenden Konsequenzen. Dieser Sachbereich bliebe dann allein gesellschaftlichen Kräften, in erster Linie der freien Wirtschaft überlassen. Von einer Vereinnahmung in die Welt des Marktes, in der nicht ideeller Wert, sondern materieller Profit zählt, gehen für die Kunst aber ungleich stärkere Gefahren aus als von staatlicher Pflege unter freiheitlichen Rahmenbedingungen198. Denn zum einen fehlt der privaten Kunstförderung jede an rechtsstaatlichen Maßstäben angelegte KontroHe; zum anderen kommt finanzieller Schwerpunktsetzung von Konzernen angesichts der Finanzkraft potentieHer "Sponsoren" eine gesteigerte Dimension an Einflußmöglichkeiten zu, die sich positiv wie negativ äußern kann. Eine sich sdbst überlassene Kultur wäre zwar "staatsfrei", aber ungeschützt den so entstehenden Einflüssen ausgesetzt. Der Rückzug des Staates ruft also nicht eo ipso gesellschaftliche Freiheit hervor 199 . Hier drohen Gefahren, die sich nicht wesentlich von den Folgen eines autoritären staatlichen Kulturdirigismus unterscheiden. Sie lassen sich mit den Stichworten "Meinungsmonopol" und "Kulturdarwinismus" umschreiben 200. Kunstförderung in öffentlicher Verantwortung wahrt demgegenüber nicht das Recht des ohnehin wirtschaftlich Stärkeren, sondern bemüht sich um die Chance des künstlerisch Besseren. Das Gesamtbild der gezeigten Argumente ergibt, daß keiner der genannten Einwände von der pragmatischen Seite her den Verzicht auf staatliche Kunstförderung erfordert oder auch nur nahelegt. Rtchtspolitisch erscheinen die existenten Maßnahmen vielmehr notwendig und ausbauwürdig. d) Kunstsubventionierung und Art. 5 Abs. 3 GG Diese pragmatische Argumentation allein besagt jedoch noch nichts zur Frage, ob der Staat von Verfassungs wegen überhaupt Kunstförderung betreiben darf, ob also das Grundgesetz von einer staatüchen Befugnis, einer "Staatsaufgabe Kunstsubventionierung" ausgeht. 198

Hoff mann, Kultur für morgen, S. 47.

199

Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 68.

2 0 0

Die Warnung Abeleins, Kulturpolitik, S. 230, vor der "gesellschaftlichen Diktatur...künstlerischer Richtungen" geht jedoch zu weit. Sie übersieht, daß durch die Vielfalt gesellschaftlich relevanter Gruppen ein wirksames Selbstregulativ besteht.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

41

Zu den traditionellen Staatsaufgaben zählt diese Materie zunächst nicht. Erst mit dem Wandel des staatstheoretischen Bildes von dem auf bloßen Schutz bürgerlicher Freiheiten beschränkten "Nachtwächerstaat" des Liberalismus hin zum fürsorgenden Leistungsstaat201 wurde auch die gewährende, leistende Staatstätigkeit in den staatlichen Aufgabenbereich einbezogen. Heute dürfte hier nach Umfang und Gewicht sogar der Schwerpunkt staatlicher Tätigkeit liegen 2 0 2 . Der dem Staat obliegende Aufgabenkatalog hat sich also ausgeweitet, ohne daß ein festgelegter Kanon von Staatsaufgaben existierte 203 . Insbesondere die Zuständigkeitsregeln der Art. 70 ff. GG enthalten keine abschließende Aufzählung der denkbaren Staatsaufgaben. Es kommt also in jedem Einzelfall darauf an, anhand der von der Wissenschaft entwickelten Grundsätze 204 zu überprüfen, ob eine bestimmte Materie — hier: die Kunstsubventionierung — zu den zulässigen Staatsaufgaben zählt oder nicht. Als Ausgangspunkt dient dabei der Begriff der "öffentlichen Aufgabe", der sich mit dem der Staatsaufgabe keineswegs deckt. Öffentliche Aufgabe ist jede Tätigkeit, deren Besorgung im öffentlichen Interesse liegt, also dem Gemeinwohl dient 2 0 5 . Zur Staatsaufgabe wird diese öffentliche Aufgabe schlicht dadurch, daß der Staat sich in irgend einer Weise mit ihr befaßt, sich ihrer annimmt oder sie für sich reklamiert 206 . Demnach kann der Staat grundsätzlich jede öffentliche Aufgabe zur Staatsaufgabe machen, sofern nicht die Verfassung, insbesondere die Grundrechte, entgegenstehen207.

2 0 1

Zusammenfassend v. Münch, GG, Rn. 17 ff. vor Art. 1.

2 0 2

Bull, Staatsaufgaben, S. 422 f.

2 0 3

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 106.

2 0 4

2 0 5

Siehe dazu Bull, Staatsaufgaben, S. 422 f.; ferner Klein, DÖV 1965, 755; del Vecchio, AöR 88 (1963), 255. Bull, Staatsaufgaben, S. 50.

2 0 6

BVerfG, Urt. v. 28.02.61, E 12, 205 (243); siehe ferner Krüger, Allg Staatslehre, S. 760 ff.; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 151 ff.; Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS für H.C. Nipperdey II, 1965, 877 ff. Umfangreiche weitere Nachweise bei Schmidt, Unterscheidung, S. 268 m. Fn. 53.

2 0 7

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 106. Die Wahrnehmung von Staatsaufgaben steht zwar unter keinem allgemeinen Verfassungsvorbehalt; so Steiner, VVDStRL 42 (1984), 17. Jedoch geht es hier darum, ob der spezielle Gehalt des Art. 5 Abs. 3 GG sich einschränkend auswirkt.

42

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Öffentliche Kunstsubventionierung erfolgt im Interesse der Allgemeinheit; es handelt sich dabei also um eine "öffentliche Aufgabe". Um zur Staatsaufgabe zu "avancieren", kommt es nur noch darauf an, ob sie ohne Verstoß gegen die Verfassung in staatliche Regie genommen werden darf. Die Antwort auf diese Frage erfordert ein theoretisches Durchspielen der möglichen Kollisionen mit einschlägigen Grundrechten, vor allem mit Art. 5 Abs. 3 GG. Insofern stößt die verfassungsrechtliche Zulässigkeit öffentlicher Kunstsubventionierung auf gewisse Bedenken. Als gemeinsamen Grundtenor kennzeichnet die im folgenden erörterten Einwände die Sorge um den Verlust der "Staatsfreiheit" der Kunst: Wo immer der Staat sich in irgend einer Weise, sei es auch nur fördernd, betätigt, endet diese in ihrer reinen, "destillierten" Form. Geförderte Freiheit wird in ein Förderungssystem eingebunden und gibt dadurch ein Stück ihres autonomen Urzustandes auf, wird "systemgerechte Freiheit" 208 . Dies zeigt sich im Kunstbereich in mehreren Formen. aa) Kunstsubventionierung als Eingriff gegenüber dem Subventionsempfänger: Das Problem des "goldenen Zügels" Aus Sicht des geförderten Künstlers führt die Annahme öffentlicher Mittel zu vielschichtigen Abhängigkeiten. Der jeweilige Subventionsträger gewinnt durch die Möglichkeit, seine Leistungen zu drosseln oder eine Kürzung auch nur anzudrohen, Einfluß auf den Empfänger. Insbesondere die mit jeder Subventionierung einhergehende Pflicht zur zweckgerechten Verwendung der in Anspruch genommenen Leistungen nimmt dem Künstler ein Stück seiner zuvor unbeschränkten Freiheit. Denn im Falle zweckwidriger Verwendung drohen ihm Rückforderungsansprüche oder zumindest die Streichung künftiger Begünstigungen. Um dieser Gefahr zu entgehen, muß der Künstler sein Verhalten also den im Rahmen des Förderungsprogramms von der öffentlichen Hand festgesetzten Vorstellungen anpassen. Durch die Subvention bekommt der Förderungsträger so ein effektives Instrumentarium an die Hand, das es erlaubt, unterschwellig 2 0 8

Kirchhof;

NJW 1985, 225 f.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

43

und ohne Zwang oder Eingriff die künstlerische Produktion zu steuern 209 . Im Extremfall droht hier durch gezielte Förderung, mehr noch aber durch gezielte Nicht-Förderung eine Anpassung künstlerischen Schaffens an staatliche Geschmacksideale, ja kann dies sogar in die Nähe indirekter Zensur führen 210 . Die Gefahr einer sich so in Abhängigkeit vom fördernden Mäzen begebenden Kunst wurde schon unter der Geltung der WRV erkannt 211 . Man umschreibt diesen typischen Nebeneffekt jeder Subventionierung mit dem Bild des "goldenen Zügels", vermittels dessen der Geförderte, oft ohne es zu bemerken, am Gängelband geführt wird. Für den Kunstbereich kommt der Umstand hinzu, daß der Staat hier quasi eine Monopolstellung innehat 212 . Zwar wollen weder Staat noch Gemeinden ein solches Finanzierungsmonopol für sich in Anspruch nehmen; dennoch führt am Bild der Realität einer "öffentlichen-Mittel-Kultur", "Zuschußkultur" oder "Subventionskultur" kein Weg vorbei 213 . Dies verstärkt die vom "goldenen Zügel" her drohenden Gefahren, weil ein Ausweichen auf andere Geldgeber in der Praxis schwierig ist. Man könnte nun die Gefahren des "goldenen Zügels" mit der Argumentation "volenti non fit iniuria" abtun: Wer eine Subvention annimmt und sich dadurch mit den möglichen Belastungen einverstanden erklärt, verbinde damit zugleich einen Grundrechtsausübungsverzicht, so daß spätere staatliche Maßnahmen — zB Rückforderung von Mitteln — nicht am Schutzbereich des tangierten Grundrechts gemessen werden könnten. Gegen eine solche simplifizierende 209

Subventionen gelten als typisches Instrument einer "nicht-imperativen Steuerung"; siehe Jarass, JuS 1980,115.

210

Warnend in dieser Richtung: Baum, Kunst und Staat, S. 6; Bull, Staatsaufgaben, S. 373 mwN; Höfling, ZUM 1985, 353 (356); Rabe, Diss., S. 52 ff.; Ridder, Freiheit der Kunst, S. 11; Schäuble, Diss., S. 198 ff.; Schwarze, AfP 1974, 692 f. Aus der Rspr. siehe etwa BGH, Urt. v. 29.10.70, MDR 1971, 199, und jüngst VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364). Ähnliche Gefahren befürchtet man auch im Ausland; siehe für die USA etwa Adams, Public Aid for the Arts, in: Cultural Policy, S. 3. Ebenso für den Bereich der Presseförderung: Löffler, Presseförderung, S. 55.

211

Siehe Stier/Somlo,

212

Schäuble, Diss., S. 198.

213

Grabbe, Finanzierung kultureller Aufgaben, in: P/M/B, S. 12; Scheuner, Kulturstaat, S. 119 f.

Deutsches Reichs- und StaatsR I, 1924, S. 504 f.

44

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Betrachtungsweise ist jedoch Skepsis angebracht 214. Denn die skizzierte materielle Abhängigkeit der Künstler von öffentlicher Hilfe erreicht z.T. ein Ausmaß, angesichts dessen von willentlichem, bewußtem Verzicht auf Grundrechtsschutz oft nicht mehr gesprochen werden kann. Die genannten Bedenken lassen sich jedoch durch eine Güterabwägung ausräumen. Denn völlige Enthaltsamkeit des Staates hätte gerade angesichts der weitgehenden faktischen Angewiesenheit auf öffenüiche Hilfe eine schwerwiegende Bedrohung des Kunstlebens zur Folge. Eine derartige Staatsaskese würde weit schwerwiegendere Gefahren für die Kunstfreiheit verursachen ais ein durch Verfahrensregeln weithin abzusicherndes Staatsengagement. Denn ohne jede Förderung fehlten die Rahmenbedingungen für die optimale Entfaltung künstlerischen Schaffens 215. Auch ist auf die oben angedeuteten Gefahren einer Auslieferung der Kunstförderung an den Privatbereich hinzuweisen. Und schließlich werden die möglichen "Eingriffe" über den "gokienen Zügel" nie die Intensität unmittelbar repressiven Verwaltungshandelns erreichen 216 . Denn dem Betroffenen bleibt ja stets — selbst bei völliger Streichung der von ihm empfangenen Mittel — der status quo ante, in dem er sich auch befände, hätte der Staat von vornherein auf seine Förderung (oder auf Kunstförderung überhaupt) verzichtet. Im Ergebnis wird man deshalb die Gefahren des "goldenen Zügels" mit Art. 5 Abs. 3 GG vereinbaren können. bb) Kunstsubventionierung als Eingriff gegenüber dem nicht geförderten Konkurrenten: Die Ingerenzproblematik Wer begünstigt, benachteiligt auch 217 . Jede staatliche Förderungsmaßnahme wirkt ambivalent, denn die Bevorzugung des einen wird vom anderen stets als Benachteiligung empfunden werden 218 . Hier droht also die Verletzung von 2 1 4

So auch Bull, Staatsaufgaben, S. 373; Rabe, Diss., S. 56 f.

2 1 5

Schwarze, AfP 1974, 692.

2 1 6

Für den Bereich der Wirtschaftssubvenüonen siehe dazu Eschenburg, Diss., S. 84.

2 1 7

Arndt, NJW 1966, 26 (27).

2 1 8

Im Ansatz so schon BVerfG, Urt. v. 14.07.61, E 12, 354 (357); ferner Schäuble, Diss., S. 61 f.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

45

Rechten Dritter, die nicht in den Genuß der Mittelzuwendung kommen. Durch den gezielten Einsatz von Geldern kann der Staat hier steuernd einwirken, im Extremfall sogar der von ihm mißbilligten Kunst die Existenzgrundlage entziehen, unliebsame Meinungen und Richtungen abwürgen 219 . Die KoHision mit Art. 5 Abs. 3 GG scheint so geradezu vorprogrammiert. Angesichts der weitgehenden Abhängigkeit des Kunstbereichs von staatlicher Förderung sind zudem hier besonders intensive Auswirkungen der aus dem allgemeinen Subventionsrecht bekannten Konkurrenzsituation zu befürchten 220. Abermals drohen Lenkung und Kontrolle, Manipulation und Dirigismus. Tatsächlich wird heute die Hauptbedrohung der Kunstfreiheit nicht mehr im unmittelbaren staatüchen Eingriff, sondern im Ausschluß von staatlichen Förderungsmaßnahmen gesehen 221 . Nun verbietet die Verfassung nicht jeden, sondern nur einen über die immanenten Schranken der Kunstfreiheit hinausgehenden Eingriff in dieses Grundrecht. Sollte die Förderung des einen Künstlers bei gleichzeitiger Nicht-Förderung des Konkurrenten tatsächlich diese Schranken überschreiten, wären Eingriff und Leistung gleichzusetzen und wegen des Verfassungsverbots des schrankenüberschreitenden reglementierenden Eingriffs angesichts der unausweichlichen Ingerenzwirkung auch ein Verbot der fürsorgenden Leistung zu erwägen 222 . Art. 5 Abs. 3 GG setzt für den Bereich der Kunstsubventionierung materiell keine anderen Maßstäbe als für die Abwehr staatlicher Eingriffe. Deshaib darf der Eingriffscharakter leistender Maßnahmen, auch wenn er nur einen Neben2 1 9

Zu dieser Gefahr Kewenig, UFITA 58 (1970), 91 (111); Nordemann, FS Weber, S. 220. Anders Schäuble, Diss., S. 167 ff. Seiner Meinung nach ist künstlerischer Wettbewerb von "anderer Natur", da sich künstlerische Tätigkeit "primär nicht am anderen orientiert, sondern an einem künstlerischen Ideal" (Diss., S. 168). Diese extrem idealistische Sicht entspricht nicht den Realitäten einer weithin "vermarkteten" Kunst. Zu einem Fall existenzbedrohender Auswirkungen etwa Stiller, UFITA 60 (1971), 171

(180). 2 2 0

22 1 2 2 2

Bull, Staatsaufgaben, S. 210; Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 35; Schwarze, AfP 1974, 692 f. Für die kommunale Ebene Steiner, Hdb., S. 682. Hufen, Freiheit der Kunst, S. 30. Überlegungen in dieser Richtung bei Haverkate, Rechtsfragen, S. 166 ff. Für den Bereich der Pressesubvention ähnlich: OVG Berlin, Urt. v. 25.04.75, DVB1. 1975, 905.

46

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

effekt darstellt, nicht allein mit dem Hinweis auf den Unterschied von zwangsweisem Eingriff und unterlassener Leistungsgewährung negiert und damit aus dem Geltungsbereich des Art. 5 Abs. 3 GG ausgekoppelt werden 223 . Diese Annahme beruht auf der Fehlvorstellung, das Grundrecht schütze nur vor beabsichtigten, final zielgerichteten Eingriffen in die Kunstfreiheit 224 . Die Aktualisierung seiner Schutzfunktion kann jedoch nicht davon abhängen, ob die Verwaltung "mit Absicht" die Freiheit des Konkurrenten einschränken will. Abgesehen von den Schwierigkeiten, eine solche Absicht in der Praxis jemals nachzuweisen, macht es für den Betroffenen keinen Unterschied, ob die Verletzung seiner Rechte von der Behörde gewollt war oder nicht. Mit dieser Argumentation könnte jede klassische Dreieckssituation zum Nachteil des Dritten aus dem grundrechtlichen Schutzbereich ausgeklammert werden: Auch bei Erteilung einer Baugenehmigung beabsichtigt die Behörde nicht "gezielt" die Benachteiligung des Nachbarn; ebenso führt die Ernennung eines Beamten nur als Nebeneffekt zur Abweisung seines Konkurrenten. Dennoch besteht in beiden Fällen an der Rechtsbetroffenheit des Dritten kein Zweifel. Somit liegt auch bei der Gewährung von Kunstsubventionen gegenüber dem Nichtsubventionierten ein Eingriff vor, mag es sich auch um einen Eingriff "sui generis" handeln225. Für eine differenzierte Behandlung dieser Sonderform des Eingriffs spricht zunächst die bereits angedeutete unterschiedliche Intensität von Eingriff und Leistungsverweigerung. Die Rechtsprechung zur Konkurrentenklage im Bereich der Wirtschaftssubventionen geht nach wie vor davon aus, daß eine i.S. von § 42 Abs. 2 VwGO relevante Rechtsverletzung nur bei besonders intensiven, existenzbedrohenden Konkurrenzsituationen eintritt 2 2 6 . Dies hat zur Folge, daß die Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand im Bereich der Leistungs223

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 117, 183; Oppermann, KuVerwR, S. 455; Schwarze, AfP 1974, 692. Beispiel für die Gegenauffassung: Salzburg-Dokumentaüon Bd. 49 zum Salzburger KuFöG 1980, Erl. zu § 3, S. 24: "Die bloße Nichtförderung stellt keine Beschneidung der kulturellen Möglichkeiten dar."

224

In dieser Richtung Knies, Schranken, S. 226: Der "status libertatis" sei bei Förderungsmaßnahmen in der Regel nicht tangiert, weil diese nicht auf Beschränkung künstlerischer Freiheit angelegt seien; ähnlich Haverkate, Rechtsfragen, S. 168. Kritisch dazu Beck, Wahrheit, S. 263. So Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 69. Siehe OVG Münster, Urt. v. 22.09.82, NVwZ 1984, 522.

225 226

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

47

Verwaltung lockerer wirkt 2 2 7 . Staatliche Einflußnahme stößt also bei imperativem Zwang schneller an ihre Zulässigkeitsgrenzen als bei indirekten Steuerungsprozessen. Die Versagung der Leistung wirkt also bis zu einer ziemlich hoch anzulegenden Grenze nicht eingriffsgleich, sondern nur "eingriffsähnlich". Zudem wird der Fall von Existenzbedrohungen die Ausnahme bleiben; dem Betroffenen stehen dann die Möglichkeiten des von Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Rechtsschutzes offen. Einer wegen der möglichen Wettbewerbsverzerrung und der Ingerenzwirkungen beim Konkurrenten zu folgernder Gleichsetzung von Leistung und Eingriff mit der Konsequenz der Unzulässigkeit jeder Kunstsubventionierung bedarf es deshalb nicht 2 2 8 .

cc)

Die Kunstfreiheitsgarantie als Gebot eines reinen "status negativus"

Öffentliche Kunstsubventionierung verstieße ferner gegen Art. 5 Abs. 3 GG, sollte diese Vorschrift das Verhältnis von Kunst und Staat auf den reinen "status negativus" festlegen, den Staat also zum Schutz der Kunst verpflichten, darüber hinaus aber jegliche Wechselwirkung zwischen beiden Bereichen untersagen. Dieses Verständnis von "staatsfreier" Kunst sieht also Kunst und Staat als zwei sich nicht schneidende Kreise, die beziehungslos nebeneinander existieren 229 . Die Frage, ob dieses Bild der von den Vätern des Grundgesetzes gewollten Verfassungskonzeption entspricht, kann nicht ohne Bezug auf das grundsätzliche Verhältnis von Staat und Gesellschaft beantwortet werden 230 . Denn Kunst als außerrechtlicher Bereich ist eine Domäne der Gesellschaft und der in ihr virulenten Kräfte. Sie entsteht im freien Zusammenwirken der Menschen 231 und unabhängig von normativen Regeln. Sollten daher Staat und Gesellschaft 2 2 7

Kewenig, UFITA 58 (1970), 91 (105).

2 2 8

Im Ergebnis ähnlich Hartlieb, HdB., S. 64.

2 2 9 2 3 0

2 3 1

Schäuble, Diss., S. 172. Zu diesem Zusammenhang Stiller, URTA 60 (1971), 171 (172). Grundlegend zum Verhältnis Staat/Gesellschaft statt aller Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des StaatsR, Bd. 1, S. 1187 ff., und Karpen, JA 1986, 299. So das Wesen der Gesellschaft nach Maunz/Zippelius,

Deutsches StaatsR, § 7 I.

48

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

auf ein Modell gegenseitiger Indifferenz und vollständiger Trennung festgelegt sein, so gälte dies auch für das Verhältnis Staat/Kunst. Das liberalistische Bild eines Gegensatzes zwischen Staat und Gesellschaft ist heute jedoch einer Betrachtung gewichen, die den vielfältigen Beziehungen, Verflechtungen, Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen beiden Bereichen Rechnung trägt und von ihrer gegenseitigen Durchdringung ausgeht232. Bürgerliche Freiheit bedeutet heute nicht mehr "Freiheit vom Staat", sondern "Freiheit im Staat", "Freiheit durch den Staat" 233 . Dieser Gedanke läßt sich auf den Kunstbereich übertragen. Art. 5 Abs. 3 GG darf heute nicht mehr als rein defensives Abwehrrecht im Sinne des "status negativus" interpretiert werden 2 3 4 . Das Grundgesetz postuliert nicht die radikale Distanzierung des Staates von der Kunst im Sinne eines dualistischen Modells 235 ; es zwingt ihn nicht zur Überlassung der Kunst an gesellschaftliche Kräfte im Sinne des Prinzips "laissez faire" 2 3 6 . Aus dem Gesamtbild der über das Grundgesetz verstreuten kulturrelevanten Bestimmungen ergibt sich vielmehr der gegenteiliege Eindruck: Kunst ist in das Staatliche "hineingenommen", wenn sie auch innerhalb des Staates Anspruch auf Freiheit genießt. Falsch wäre dagegen die Vorstellung einer staatsabgewandten, sich immun entwickelnden Kunst 2 3 7 . Kunst und Staat schließen sich nicht aus. Sie bilden zwar keine deckungsgleichen, aber sich schneidende Kreise, deren Schnittfläche ein vielfältiges Miteinander und Füreinander erlaubt. Nur diese Lösung vermeidet die Gefahren, welche bei einer Überlassung der Kunstförderung an Kräfte der Gesellschaft drohen 238 . 2 3 2

2 3 3 2 3 4

2 3 5 2 3 6

2 3 7 2 3 8

Knies, Schranken, S. 206; Maunz/Zippelius, Deutsches StaatsR, § 7 I; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 132 f. Stiller geht in UFITA 60 (1971), 171 (172) sogar von einer "Einheit von Staat und Gesellschaft" aus. Ähnlich Hoffmann,

Kultur für alle, S. 44; Huber, Kulturstaat, S. 11.

Heuer, Besteuerung, S. 73; Knies, Schranken, S. 206 f.; Lerche, BayVBl. (179); Seifert/Hömig, GG, Rn. 26 zu Art. 5.

1974, 177

Knies, Schranken, S. 213; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 28. Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 175; Hoffmann, Kultur für alle, S. 44; Maier, Staat und Kunst, S. 156; Pappermann, VerwRdsch 1983, 41 (42); Scheuner, Kulturstaat, S. 116. Vor staatlichem "desinteressement" warnt schon Beling, Kunstfreiheit, S. 23. Dittmann, StL, Sp. 778. Davor warnen Badura, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 105; Huber, Kulturstaat, S. 8 ff.; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36. Für eine gemeinsame Kulturverantwortung von Staat und Gesellschaft auch Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8c zu Art. 5 Abs. 3.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

49

Diese Gefahren durch eine Abschottung von Staat und Kunst zu provozieren, kann nicht im Sinne der auf die Optimierung künstlerischer Freiheit ausgerichteten Verfassung sein. Art. 5 Abs. 3 GG wirkt daher im Ergebnis nicht verbietend, sondern allenfalls begrenzend auf öffentliche Kunstsubventionierung ein: Es handelt sich bei dieser also um eine zulässige Staatsaufgabe 239.

2. Kunstsubventionierung als Rechtspflicht a) Die in einzelnen Landesverfassungen verankerte positiv-rechtliche Förderpflicht Einfachgesetzliche Normen, welche die öffentliche Hand zur Kunstförderung verpflichten, existieren in der bundesdeutschen Rechtsordnung nicht 2 4 0 . Eine solche Verpflichtung kann sich daher nur unmittelbar aus den Verfassungen des Bundes und der Länder ergeben. Während das Grundgesetz — wie bereits dargestellt — zum Unterschied von der WRV diesbezüglich schweigt, enthalten die Verfassungen einiger Bundesländer 241 einschlägige Bestimmungen. Der Wortlaut dieser Normen variiert von der Statuierung einer scheinbar "echten" Pflicht in Art. 140 BV, Art. 18 Abs. 1 VerfNW und Art. 40 Abs. 1 RhPfVerf ("sind...zu fördern" bzw. "ist...zu fördern") über die eher deskriptive Feststellung, daß die Kunst staatliche Förderung "genießt" (Art. 34 Abs. 1 2 3 9

Die beschränkende Funktion des Grundrechts läßt sich, wie noch zu zeigen sein wird, optimal durch Verfahrensregelungen verwirklichen; siehe hier zunächst den Hinweis bei Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 133. Auch aus der unterschiedlichen Formulierung von Art. 142 S. 2 WRV und Art. 5 Abs. 3 GG folgt kein Verbot öffentlicher Kunstsubventionierung; siehe dazu Knies, Schranken, S. 212 f. Für die grundsätzliche Zulässigkeit öffentlicher Kunstsubventionierung auch die allgemeine Meinung; siehe statt aller aus der Rspr. zuletzt HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661, sowie aus der Lit. Bull, Staatsaufgaben, S. 304 mwN; Höfling, DÖV 1985, 387 (389); Knies, Schranken, S. 212 f.; Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5.

2 4 0

Anders die österreichischen LandeskulturförderungsGe, die objektive Förderpflichten statuieren, zB § 1 Abs. 1 Tiroler KuFöG. Zu ihnen Evers, JöR 33 (1984), 189 (196).

2 4 1

Siehe S. 35 Fn. 171.

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

50

SaarlVerf) bzw. das Land die Kunst "fördert" (Art. 7 Abs. 1 LSSchlH) bis zur unverbindlichen Wendung in Art. 11 BremVerf, das Land nehme "an ihrer (sc. der Kunst) Pflege teil."

aa) Die Funktion der Förderpflichtaussagen Schon aufgrund dieser Unterschiede im Wortlaut 242 fragt sich, ob die genannten Vorschriften, wie vielfach angenommen wird, tatsächlich "echte" Förderpflichten, also objektivrechtliche, justitiable Verfassungspflichten beinhalten. Bei der hier nötigen Auslegung muß auch die Frage gestellt werden, welche inhaltlichen Vorstellungen der jeweilige historische Landesverfassungsgeber hatte und welche Ziele und Zwecke er mit der Einfügung dieser Normen verfolgte. Insbesondere bietet sich als Alternative die Deutung der Normen als Programmsätze an, die (teilweise) nur mißverständlich wie "echte" Pflichten formuliert wurden. Für diese Auslegungsvariante sprechen gute Gründe. Zunächst fehlt den genannten Vorschriften jedes subjektiv-rechtliche Element 243 . Dies besagt jedoch noch nichts, da die Rechtsordnung auch Pflichten objektiv-rechtlicher Art kennt, auf deren Erfüllung durch den Staat der Einzelne keinen Anspruch hat, weil sie nur zugunsten der Allgemeinheit bestehen. Ferner gilt es aber zu berücksichtigen, daß die Vorschriften z.T. wörtlich (Art. 11 BremVerf) oder zumindest sinngemäß mit Art. 142 S. 2 WRV übereinstimmen, also offensichtlich in der Tradition der WRV stehen. Der dort verankerte Förderungsauftrag wurde jedoch allgemein lediglich als "guter Vorsatz" 244 oder "unbestimmt gehaltenes Versprechen" 245 eingeschätzt, dem es an rechtlicher Bindungskraft selbst bloß objektiv-rechtlicher Art fehle. Vom historischen Aspekt her läge deshalb eine zurückhaltende Interpretation als Programmsätze nahe.

2 4 2

Dazu auch Janitschek, Diss., S. 114.

2 4 3

Statt aller Meder, BV, Rn. 4 zu Art. 108 in bezug auf Art. 140 BV.

2 4 4

Anschätz, Die Verfassung des Dl Reiches vom 11.08.1919, 13. Aufl., 1930, S. 574.

2 4 5

Kitzinger, S. 449 f.

Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, 2. Band, 1930,

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

51

Hierfür spricht ferner der allgemein gehaltene, inhaltlich unbestimmte Wortlaut der Normen. Konkrete Anweisungen bezüglich Art und Umfang der Fördertätigkeit enthalten sie nicht, sondern beschränken sich darauf, dem Staat das "Ob" der Förderung anheim zu stellen. Aufgrund des der öffentlichen Hand bei der Kunstförderung zustehenden weiten Ermessensspielraums 246 hängen aber die dort getroffenen Entscheidungen von rein tatsächlichen, aktuellen Gegebenheiten wie der finanziellen Leistungsfähigkeit oder politischen Prioritäten a b 2 4 7 . Diese Unbestimmtheit in bezug auf die konkrete Umsetzung des Verfassungsauftrags stützt begründete Zweifel am Charakter einer "echten" Rechtspflicht. Rechtliche Konsequenzen ließen sich allenfalls insoweit ziehen, als der Staat kunstfördernde Maßnahmen gänzlich unterlassen würde. So könnte etwa ein bayerisches Haushaltsgesetz, das keinerlei Ausgaben für die Kunstpflege vorsieht, wegen Verstoßes gegen Art. 140 BV nichtig sein 248 . Unabhängig vom kulturpolitischen Nutzen eines fixen Minimalhaushaltsansatzes, der über ihn hinausgehende Aktivitäten wohl eher bremst als beflügelt 249 , steht dieser Konsequenz jedoch der Einwand entgegen, daß in den Landesverfassungen allenfalls eine Pflicht zur Kunstförderung, nicht aber zur Kunst subventionierung enthalten ist. Kunstförderung kann aber auch in anderer Form als durch subventionierende Maßnahmen betrieben werden 250 . Förderung und Pflege erfordern dabei nicht einmal notwendig finanziellen Aufwand. Allein durch eine "kunstfreundliche" Ausgestaltung der Rechtsordnung, etwa im Steuer-, Urheber- oder Verlagsrecht, oder durch Maßnahmen der sozialen Sicherung der Künstler, kann der Staat so einem "Kulturauftrag" nachkommen 251 . Einen Rechtsverstoß beinhaltete ein "Leertitel Kunstförderung" im Hauhaltsplan also nicht 252 . 2 4 6

BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.).

2 4 7

Bär, Filmfreiheit, S. 513.

2 4 8

2 4 9

In diese Richtung Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 89, Fn. 299; ähnlich Rabe, Diss., S. 105 f.; Schnerr, BayVBl. 1960, 304. Ditges, Diss., S. 88.

2 5 0

Siehe oben S. 26; ferner Breuer, Grundrechte als Anspruchsnorm, S. 99 f.

25 1

Maihof er, Kulturelle Aufgaben, S. 970.

2 5 2

So schon Anschütz, Die Verfassung des Dt. Reiches vom 11.08.1919, 13. Aufl., 1930, S. 574; ferner Heuer, NJW 1985, 232 (234).

52

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Im Ergebnis sprechen alle Anzeichen, insbesondere aber der vage, unverbindliche Charakter der Vorschriften, für eine Interpretation als Programmsatz 253. Aus den landesverfassungsrechtlichen Normen kann sich allein schon deshalb auch für den Bund keine objektiv-rechtliche Förderpflicht ergeben. Hinzu kommt, daß nicht alle Landesverfassungen derartige Hinweise enthalten und ein Destillat einer Bundespflicht aus der Summe von Länderpflichten an Art. 31 GG scheitern dürfte 254 . bb) Besonderheiten in bezug auf die kommunale Kunstförderung Beüglich derjenigen Länder, deren Verfassungen auch die Gemeinden zur Kunstförderung aufrufen (Art. 140 BV, Art. 18 Abs. 1 VerfNW), ergibt sich eine Besonderheit. Hier scheinen sich die Förderungsaufträge zur Pflicht zumindest einen kommunalen Kulturetat zu unterhalten, zu verdichten. Denn in anderer Form, etwa durch rechtsetzende Akte, können die Kommunen diesem Auftrag kaum nachkommen. Die landesverfassungsrechtlichen Normen stehen jedoch in gewissem Gegensatz zum einfachen Recht, denn in den jeweiligen Gemeindeordnungen finden die Förderpflichten keine Entsprechung. Pflichtaufgaben der Kommunen können gem. Art. 57 Abs. 1 S. 2 BayGO und § 3 Abs. 1 GONW nur aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmung entstehen. Eine solche findet sich jedoch im einfachen Recht beider Länder nicht. Denkbar wäre es jedoch, daß die Verfassungsnormen diese selbst enthalten. Hier gewinnt jedoch der bereits erörterte vage Charakter der Aufgabenzuweisungen Relevanz. Ein Vergleich mit anderen, einfach-gesetzlich normierten Pflichtaufgaben 255 zeigt nämlich, daß dort detaillierte Regelungen für die konkrete Wahrnehmung der jeweiligen Materie 2 5 3

So im Ergebnis Barschel/Gebel, LSSchlH, 1976, C I 1 zu Art. 7; Geller/Kleinrahm/Fleck, VeriNW, 2. Aufl., 1963, Rn. 1 zu Art. 18; Hufen, Freiheit der Kunst, S. 362; Locher, UFITA 55 (1970), 129 (139); Maunz, FS Apelt, S. 113; Meder, BV, Rn. 4 zu Art. 108; Schäuble, Diss., S. 104.

2 5 4

So im Ergebnis Janitschek, Schranken, S. 213.

2 5 5

Für Bayern etwa Art. 43, 54 BayWG; Art. 47 f. BayStrWG; Art. 2 BayAbfallG; Art. 1 Abs. 1 BayFeuerwehrG; Art. 57 Abs. 2 BayGO; bundesweit: §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1, 123 Abs. 1 BauGB; §§ 1, 89 Abs. 2 II. WoBauG.

Diss., S. 114; vage in die gegenteilige Richtung Knies,

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

53

getroffen wurden. Dies ist auch erforderlich, um der Gemeinde, die ja im Wege der Kommunalaufsicht zur Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben angehalten werden kann (vgl. für Bayern Art. 112 S. 2 BayGO), Umfang und Tragweite der von ihr zu realisierenden Maßnahmen mit hinreichender Bestimmtheit vor Augen zu führen. Genau diese Bestimmtheit fehlt jedoch den fraglichen Verfassungstexten. Sie treffen keine nähere Festlegung hinsichtlich der Ausfüllung des weiten Rahmens kommunaler Kulturförderungsmöglichkeiten. Damit wirken die landesverfassungsrechtlichen Normen auch für die Gemeinden nicht als Anordnungen einer "echten" Rechtspflicht zur Kunstsubventionierung 256 . Die fehlende Umsetzung in einfaches Gesetzesrecht, etwa in Gestalt einer gesetzlichen Verpflichtung von Gemeinden, ab einer bestimmten Einwohnerzahl kulturelle Einrichtungen wie Bibliotheken, Musikschulen oder Theater zu unterhalten, belegt vielmehr als weiteres Indiz den programmatischen Charakter dieser Vorschriften. Zudem korrespondiert dieses Ergebnis mit der in Bayern ohnehin ausdrücklich vorgenommenen Einreihung der Kulturpflege in den Katalog der freiwilligen Aufgaben des Art. 57 Abs. 1 S. 1 BayGO.

b) Wege zu einer ungeschriebenen Förderpflicht Nachdem die Suche nach positiv-rechtlichen Anhaltspunkten für eine Förderpflicht erfolglos bleibt, kann sich diese nur aufgrund der Verfassungsinterpretation ergeben. aa) Kunstsubventionierung als kommunale Pflichtaufgabe Inspiriert von den in den Landesverfassungen Bayerns und Nordrhein Westfalens enthaltenen Förderaufträgen versucht ein Teil der kommunalrechtlichen Literatur hartnäckig, Kunstförderung zur gemeindlichen Pflichtaufgabe zu er2 5 6

Für Art. 18 Abs. 1 GoNW: Rottenberg/Rehn/Cronauge, GemONW, 10. Aufl., 10. Erg.-Lfg. 1985, I 3 zu § 2; v. LoebelUOerter, GONW, 4. Aufl., 4. Erg.Lfg., 1985, Erl. 5a zu § 2; ferner Zuhorn, Kulturpflege, S. 175. A.A. für Art. 140 BV: Masson/Samper, Bay. KommunalGe, 1985, 46. Erg.Lfg., Rn. 19 zu Art. 57 BayGO. Anders auch Rabe, Diss., S. 89 ff. (93).

54

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

klären 257 . Diese These wurzelt offenbar in einer Entschließung des Deutschen Städtetags von 1975, wo von einer "Pflichtaufgabe Bildung und Kultur" die Rede ist. Gleichzeitig brandmarkt dieses Papier die Unterscheidung zwischen freiwilligen und Pflichtaufgaben als unzeitgemäß und der Verpflichtung der Kommunen zur "umfassenden Daseinsvorsorge für den Bürger" widersprechend 258 . Nun bleibt es den kommunalen Spitzenorganisationen unbenommen, über Aufgabenschwerpunkte der Kommunen nachzudenken. Geltendes Recht werden diese Überlegungen jedoch nicht 2 5 9 . Nicht die Rechtsordnung muß an der Pflichtaufgaben-Theorie, sondern vielmehr umgekehrt diese an den eindeutigen Aussagen des geltenden Rechts gemessen werden. Dieses muß zwingende Anhaltspunkte in die genannte Richtung liefern, will die "Pflichtaufgaben-These" juristische Anerkennung finden. Außer Art. 140 BV und Art. 18 Abs. 1 VerfNW existieren keine gesetzlichen Vorschriften, die für die insofern notwendige dogmatische Begründung Anhaltspunkte liefern könnten. Denn alle anderen Landesverfassungen und das einfache Gesetzesrecht der Bundesländer schweigen bezüglich einer kommunalen Pflichtaufgabe "Kunstförderung". Andererseits sehen die Kommunalordnungen regelmäßig vor, daß Pflichtaufgaben nur im Falle ausdrücklicher gesetzlicher Regelung entstehen können 260 . Angesichts dieses mageren normativen Befundes stützt sich die "Pflichtaufgaben-These" im wesentlichen auf die Auslegung von Verfassungsrecht. Die Argumentation fällt dabei durchwegs vage aus. Die Verpflichtung der Gemeinden zur Schaffung kultureller Angebote soll etwa ganz allgemein aus einer "teilhaberechtlichen Grundrechtsinterpretation" folgen 261 ; weiter wird argumentiert, nur so könne das "Bürgerrecht Kul2 5 7

2 5 8

Grundlegend Pappermann, DVB1. 1980, 701 (706); ders., Hdb., S. 285 ff.; ders., VerwRdsch. 1983, 41 (43). Ferner Häberle, Kulturpolitik in der Stadt, S. 23 ff. (25). Deutscher Städtetag, Beiträge zur Bildungspoliük, Reihe C, Heft 11, S. 25.

2 5 9

Ähnlich kritisch Ditges, Kulturarbeit, S. 17; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 24, Fn. 84.

2 6 0

Siehe etwa §§ 2 Abs. 2 GOBW; 3 HessGO; 4 Abs. 1 S. 2 NdsGO; 2 Abs. 3 RhPfGO; 5 Abs. 2 SaarlKSVG; 2 Abs. 2 SchlHGO.

26 1

Hoffmann/Kramer,

Hdb., S. 233.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

55

tur" verwirklicht werden 262 ; oder man legt gar ein "kommunales Kulturverfassungsrecht" frei 2 6 3 , das sich aus zahlreichen Normen des Grundgesetzes oder der Landesverfassungen ergebe. Eher pragmatisch orientierte Stellungnahmen stützen die Pflichtaufgaben-Konstruktion auf finanz- und gesellschaftspolitische Gründe. So müsse etwa eine Lehre aus den — meist bei den Kulturausgaben ansetzenden — kommunalen Etatkürzungen der 70er und 80er Jahre gezogen werden: Die Pflichtige Ausgestaltung der Aufgabe "Kunstpflege" könne den "Ausverkauf' der Kulturhaushalte verhindern 264 . Schließlich sei gleiches geboten, um dem Ziel einer umfassenden Partizipation breiter Bevölkerungskreise am kulturellen Leben ("Kultur für alle") näher zu kommen 265 . Besondere Aufmerksamkeit hat schließlich einer Argumentation zu gelten, die sich in ihrer Quintessenz auf den Gedanken eines kommunalen "volonté générale" im Sinne Rousseaus stützt. Die gemeindliche Pflichtaufgabe "Kunstförderung" ergibt sich danach zwar nicht aus einem vom Staat erlassenen Gesetz, wohl aber aus der veränderten Meinung der Gemeindebürger über die Notwendigkeit kultureller Aufgabenerfüllung 266. Falls insofern ein "objektives Bedürfnis" der Einwohner vorliege, dies auch deren "übereinstimmenden Auffassung" entspreche, habe sich so eine ehemals freiwillige Aufgabe zur Pflichtaufgabe gewandelt. Legitimiert werde dies durch die in der gesteigerten Inanspruchnahme kultureller Einrichtungen zum Ausdruck kommende "Abstimmung mit den Füßen". Die Pflicht, diesem Bedürfnis durch die Ausgestaltung der Kunstförderung als Pflichtaufgabe zu entsprechen, folge aber auch "aus den ... gemeinderechtlichen Vorschriften über die Daseinsvorsorge, ... aus den Grund-

2 6 2

Glaser, Kulturpolitik, S. 302 ff.

2 6 3

Häberle, Kulturpolitik in der Stadt, S. 21 ff. (32); kritisch dazu Ditges, Diss., S. 100 ff.

2 6 4

In diese Richtung gehen die Vorschläge der kommunalen Spitzenorganisationen; siehe: Deutscher Städtetag (Hrsg.), Kultur in unseren Städten unverzichtbar, in: Unser Land braucht starke Städte, 1983, S. 144 f. Kritisch zu diesem "Rotstift-Argument" Sauberzweig, Kulturpolitik, S. 742; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 17. Nachweise dazu bei Ditges, Diss., S. 78 ff.

265 2 6 6

Widtmann/Grasser,

BayGO, 5. Aufl., 1986, Rn. I I b zu Art. 57.

56

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

rechten, den Staatszielbestimmungen des Sozialstaats und der Demokratie sowie aus dem Prinzip der Einheit von Bildung und Kultur" 2 6 7 . All diese Versuche, eine in den Gemeindeordnungen nicht enthaltene zusätzliche Pflichtaufgabe zu konstruieren, müssen mangels ausreichender Begründung abgelehnt werden. Nebulose Bemühungen hehrer Verfassungsprinzipien können die Tatsache nicht verdrängen, daß Pflichtaufgaben nach dem explizit formulierten Willen des Gesetzgebers nur durch Spezialgesetze zum Entstehen gebracht werden können. Die gegenteilige Auffassung 268 übersieht, daß die scharfe Trennung zwischen freiwilligen und Pflichtigen Aufgaben in den Kommunalgesetzen dazu dient, die grundlegenden und unverzichtbaren Anforderungen für ein funktionierendes Gemeinwesen festzulegen 269. Dazu zählen aber kulturelle Aktivitäten nicht genuin, sondern erst dann, wenn der Gesetzgeber sie bewußt in den Katalog der "essentialia" aufnimmt. An der eindeutigen Gesetzeslage ändert weder der Hinweis auf eine "communis opinio" 2 7 0 noch die Formel von der kulturellen Daseinsvorsorge etwas. Plebiszitäre Elemente sind der deutschen Rechtsordnung weitgehend fremd; eine "Abstimmung mit den Füßen" schafft nicht Recht, abgesehen von der Unmöglichkeit, eine solche eindeutig festzustellen. Um Eingang in das geltende Recht zu erlangen, muß eine in der Bevölkerung ggf. existente "communis opinio" in einer repräsentativen Demokratie den Weg über die hierzu kompetenten parlamentarischen Willensbildungsorgane beschreiten. Kulturrechtliche Wohltätigkeitsliteratur, juristische Scheinargumentation und kommunalpolitisches Wunschdenken können diesen Weg nicht ersetzen. Kulturförderung bleibt de lege lata freiwillige Aufgabe 271 .

2 6 7

Pappermann, Hdb., S. 286. Auf das "Bedürfnis" der Bürger stellen auch ab Häberle, Kulturpolitik in der Stadt, S. 35; Sauberzweig, Kulturpolitik, S. 745. Kritisch zur "Einheit von Bildung und Kultur" Ditges, Diss., S. 138 f.

2 6 8

Pappermann, Hdb., S. 286.

2 6 9

Ditges, Kulturarbeit, S. 16.

2 7 0 2 7 1

Pappermann, Hdb., S. 287. Wie hier Ditges, Diss., S. 143; Koch!Steinmetz, JA 1983, 64 (69); Schmidt-Assmann, in: v. Münch (Hrsg.), BesVerwR, 7. Aufl., 1985, S. 118; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 24 f., ders., Hdb., S. 678.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

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Doch auch de lege ferenda ist von einer Ausgestaltung der Kunstförderung als Pflichtaufgabe aus mehreren Gründen abzuraten 272. Die gegenwärtige Rechtslage gesteht den Kommunen größeren Handlungsspielraum zu und vermeidet Einheitlichkeit, Gleichförmigkeit und den Verlust einer flexiblen Etatautonomie 2 7 3 . Außerdem wüchse im Fall der "Pflichtaufgaben-Lösung 11 die finanzielle Abhängigkeit der Kommunen von den Ländern. Denn diese sind für die Finanzierung von Pflichtaufgaben zuständig und könnten so über das Instrument von Zweckzuweisungen steuernd auf die Einzelgemeinde Einfluß nehmen 274 . Auch dies läge sicher nicht im Sinne des Selbstverwaltungsgedankens. Kunstförderung als kommunale Pflichtaufgabe brächte daher weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht Fortschritte. Dem Interesse der Bürger genügt der Umstand, daß sie faktisch ohnehin aufgrund ihrer gewachsenen Bedeutung wie eine solche gehandhabt wird 2 7 5 . bb) Art. 5 Abs. 3 GG als institutionelle Garantie Eine verbreitete Ansicht leitet die Förderpflicht unmittelbar aus Art. 5 Abs. 3 GG ab: Diese Norm enthalte außer dem subjektiven Abwehrrecht eine objektiv-rechtliche institutionelle Garantie für den Kunstbereich; der Staat könne seiner Garantenpflicht nur nachkommen, wenn er in ausreichendem Maße fördernd tätig werde 276 . Schon gegen die Prämisse dieser Auffassung, Art. 5 Abs. 3 GG enthalte eine institutionelle Garantie, bestehen jedoch Einwände. Insofern berufen sich insbesondere Instanzgerichte 277 ohne weitere Argumentation 2 7 2 27 3

2 7 4

Siehe etwa Beschlüsse des 53. DJT, Berlin 1980, Abteilung Kommunalrecht, Β II. Ditges, Diss., S. 89; ders., Kulturarbeit, S. 16; Hinkel, NVwZ 1985, 225 (227); Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 79 aE zu Art. 5 Abs. 3; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 25. Ditges, Diss., S. 88.

2 7 5

Zu diesem Phänomen Klagest Schäfer, Organisation, S. XI; siehe auch Weinberger/Rommel, Vorwort zu: Kulturpolitik des Deutschen Städtetags, Empfehlungen und Stellungnahmen von 1952 bis 1978, 1979.

2 7 6

Siehe etwa — wenn auch teilweise ohne nähere Begründung — Graul, Künstlerische Urteile, S. 51; Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 89 ff.; Scheuner, Kulturstaat, S. 127; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 6, 40 zu Art. 5 Abs. 3. Weitere Nachweise bei Heuer, Besteuerung, S. 74 ff.

2 7 7

Etwa OVG Berlin, Urt. v. 08.06.78, E 15, 103 (104); OVG Lüneburg, Urt. v.

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

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auf eine Aussage des BVerfG in dessen "Schallplatten'-Entscheidung, wo das Gericht die Kunstfreiheit als "objektive Wertentscheidung" bezeichnet278, dies aber seinerseits nicht näher begründet 279. Diese These bedarf näherer Untersuchung. Zunächst läßt die Formulierung des Verfassungstextes durchaus eine entsprechende objektiv-rechtliche Interpretation zu. Denn eine Garantie für "freie" Kunst ist nur dann sinnvoll, wenn Kunst überhaupt existiert; mit der "freien" Kunst schützt das Grundgesetz damit das Bestehen von Kunst überhaupt 280. Diesen Aspekt der Norm kann man nun durchaus als "institutionelle Seite" des Grundrechts bezeichnen281. Als konkrete rechtliche Konsequenz folgt daraus der Auftrag an den Staat, eine Gesamtordnung zu schaffen und auszugestalten, die den Belangen der Kunst und ihrer Bedeutung im Staat Rechnung trägt 282 . Da dies aber — wie bereits dargelegt — auch anders als durch finanzielle Förderung, etwa in Gestalt einer "kunstadäquaten" Rechtsetzung, erfolgen kann, trifft Art. 5 Abs. 3 GG zwar eine Wertentscheidung für die Freiheit, nicht aber für die Förderung der Kunst 283 . Unklar bleibt ferner, ob der Lebensbereich "Kunst" tatsächlich von einer institutionellen Garantie im klassischen Sinne, vergleichbar also Art. 6 GG für die Institution Ehe und Art. 33 Abs. 5 GG für die Institution des Berufsbeamtentums, erfaßt werden kann. Bedenken hiergegen 284 gründen sich etwa darauf, daß ein Bestandsschutz, wie ihn die institutionellen Garantien typischerweise 27.05.82, NJW 1983, 1218; Urt. v. 14.12.82, NJW 1984, 1138; HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661; VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364). Der Ausnahmecharakter der "Schallplatten'-Entscheidung wird dabei geflissentlich verschwiegen, dazu Jarass, AöR I l o (1985), 363 (370) m.Fn. 40. Kritisch zur unreflektierten Übernahme dieses "staatsrechtlichen Ohrwurm(s)" Steiner, Der Städtetag 1986, 512. 2 7 8

BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.); ähnlich schon BVerfG, Urt. v. 28.02.61, E 12, 205 (259).

2 7 9

Kritisch dazu Knies, Kunst und Recht, S. 155.

2 8 0

Bär, Filmfreiheit, S. 156.

2 8 1

Schäuble, Diss., S. 61 f.; Heuer, Besteuerung, S. 73.

2 8 2

Heuer, Besteuerung, S. 73.

2 8 3

Knies, Kunst und Recht, S. 155.

2 8 4

Ausführlich Hufen, Freiheit der Kunst, S. 390 ff.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

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bewirken, für den Kunstbereich unbrauchbar ist. Denn Kunst läßt sich nicht normativ "abschaffen", als abstrakter Lebensbereich unterliegt sie in ihrem Bestand keiner staatlichen Einwirkungsmacht. Auch in einem Staat, der sie massiv bekämpfen oder gar verbieten würde, gäbe es Kunst 2 8 5 . Der schon an anderer Stelle betonte "außer-" oder "vorrechtliche" Charakter der Kunst spricht gegen jede Form institutioneller Gewährleistung, weil es sich dabei stets nur um die Garantie von /tecAtteinrichtungen handeln kann 2 8 6 . Ein zweiter Einwand gegen die Institutionalisierbarkeit der Kunst nimmt Bezug auf ihre wesensmäßigen Eigenarten. Diese begrenzen die Möglichkeit, Kunst jemals umfassend zu verwalten oder "durchzunormieren" 287. Organisatorische Einbindung und institutionelle Fixierung werden dem Kunstleben immer fremd bleiben. Jede "Verrechtlichung" verengt die unabdingbaren Gestaltungsspielräume, gefährdet Innovation und Spontaneität und wirkt so im Ergebnis nachteilig für die "freie Kunst" 2 8 8 . Kunst eignet sich nicht zur Institutionalisierung, weil Freiheit nicht institutionalisierbar i s t 2 8 9 . Ein solcherart normativ nicht faßbarer Bereich kann aber nicht Gegenstand einer normativen Garantie sein. Der wirklichen Funktion des Art. 5 Abs. 3 GG wird noch am ehesten eine Sicht gerecht, die zwar seine objektiv-rechtliche Komponente anerkennt, ihr aber außer "kulturstaatlicher Programmatik" keine weiteren Folgerungen entnimmt 290 . Aber selbst das Vorliegen einer institutionellen Garantie unterstellt, folgt daraus noch nicht zwingend die Pflicht zu kunstfördernden Maßnahmen, wie sie das BVerfG 291 und seine Interpreten 292 großzügig ablei2 8 5

Ähnlich Beling, Kunstfreiheit, S. 19, 24; Böll, Freiheit der Kunst, S. 488.

2 8 6

Steinbeiss-Winkelmann,

2 8 7

288 2 8 9

Freiheit, S. 96 f. mwN.

Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 90, Fn. 301; ähnlich BVerfG, Urt. v. 14.07.59, E 10 (20); Höfling, DÖV 1985, 387 (392). Zur Dialektik von Kultur und Verwaltung siehe auch Adorno, Kultur und Verwaltung. Ditges, Diss., S. 158; Heuer, Besteuerung, S. 82; Hufen, Freiheit der Kunst, S. 394. Allgemein Schmitt Glaeser, AöR 107 (1982), 337 (363 f.). Hufen, Freiheit der Kunst, S. 394; ähnlich Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 101 ff.; Müller, Freiheit der Kunst, S. 14 f.; Schäuble, Diss., S. 214 f.

2 9 0

Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5.

2 9 1

BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.).

2 9 2

Engagiert etwa Bär, Filmfreiheit, S. 156 ff.; Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 90 ff.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 6, 40 zu Art. 5 Abs. 3. Vorsichtiger Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 995: "bestimmte kulturelle Leistungsverpflichtungen"; Oppermann, KuVerwR, S. 443; Scheuner, Kulturstaat, S. 124: Förderpflicht "in begrenztem

60

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

ten, oft ohne sich die Mühe näherer Begründung zu machen 293 . Falls dies doch erfolgt, fällt die Argumentation abermals unscharf aus. So wird etwa vorgetragen, Kunst sei ohne Förderung der öffentlichen Hand nicht existenzfähig; dies müsse auch den Verfassungsvätern bewußt gewesen sein, die deshalb die Konsequenz der Förderpflicht "implizit" in das Grundrecht hineingedacht hätten 2 9 4 . Doch die Prämisse dieser Auffassung trifft nicht zu: Im "Normalfall" eines lebendigen Kunst-"Betriebs" läuft die institutionelle Garantie schon deshalb leer, weil Kunst an sich sehr wohl ohne staatliches Zubrot auskommt. Die gegenteilige Auffassung 295 übersieht, daß in der Geschichte große künstlerische Leistungen auch ohne Gewährung fremder Unterstützung entstanden sind. Zwar ist — wie gezeigt — für viele, vielleicht sogar die meisten Kunstschaffenden Staatshilfe notwendig, aber dennoch nicht für alle, nicht für den abstrakten Lebensbereich "Kunst". Die Gefahr, daß Kunst an sich "ausstirbt", in der "Wirklichkeit des Sozialen" untergeht 296 , ist rein hypothetisch. Der im Einzelfall staatsabhängige Künstler steht jedoch gerade nicht im Blickfeld der institutionellen Garantie. So hart es klingen mag: Ein freiheitliches Kunstleben "an sich" existiert unabhängig davon, ob dieser oder jener Künstler produktiv an ihm teilnimmt. Aus dem kulturpolitisch selbstverständlich begrüßenswerten Ziel heraus, möglichst viele Menschen am Werkprozeß kreativen Schaffens zu beteiligen, ergibt sich noch keine Verfassungsrechtspflicht. Hier gerät man schnell in die Grauzone zwischen verfassungsrechtlichem Gebot und kulturpolitischem Wunsch 297 .

Umfang". - Gegen zu weitreichende Deutungen des BVerfG insofern Steinbeiss-Winkelmann, Freiheit, S. 214, Fn. 173. 2 9 3

2 9 4 2 9 5

So Cassens, Kunst und Recht, S. 85; Prause, Kunst und Politik, S. 15. Hoffmann, Kultur für alle, behauptet gar, die gesamte ihm zugängliche Literatur bejahe "gleichsam implizit" die Förderpflicht (S. 43). Bär, Filmfreiheit, S. 156. Bär, Filmfreiheit, S. 156; Baum, FuR 1976, 35 (36); Huber, Kulturstaat, S. 11; Maihofer,Kulturelle Aufgaben, S. 995; Rabe, Diss., S. 66 f. Wie hier dagegen Herzog, Gesetzgebung in weltanschaulich umstrittenen Bereichen, in: Festgabe für Th. Maunz, 1971, S. 145 ff. (153 m. Anm. 14). Differenzierend Schäuble, Diss., S. 99 f.

2 9 6

Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 89.

2 9 7

Oppermann, KuVerwR, S. 443.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

61

Eine institutionelle Garantie, die nur "im Notfall" zur Anwendung kommt, kann aber von den Schöpfern des Grundgesetzes schwerlich konzipiert worden sein. Hinzu kommt, daß sich künstlerische Produktivität und Aktivität nicht in Zahlen messen lassen. In der Praxis ist es daher unmöglich, abstrakte Grenzen festzusetzen, jenseits derer dieser "Notfall", nämlich die existenzielle Bedrohung der Kunst "an sich" eintreten und deren Überschreitung damit staatliche Hilfsmaßnahmen indizieren würde. Trotz aller juristischen Kunststücke und kühnen interpretatorischen Operationen 298: Auf Art. 5 Abs. 3 GG läßt sich die Ableitung einer Rechtspflicht zur Kunstsubventionierung nicht stützen299.

cc) Das Kulturstaatsprinzip Eine weitere verbreitete Ansicht entnimmt die angestrebte Förderpflicht dem Kulturstaatsprinzip 300 oder dem "allgemeinen kulturstaatlichen Gehalt des Grundgesetzes" 301. Hier sei vorausgeschickt, daß sich die Vertreter dieser Auffassung nicht auf das BVerfG berufen können. Dieses spricht zwar in der "Schallplatten'-Entscheidung im selben Atemzug mit der Konstituierung der Förderpflicht auch von einer "Staatszielbestimmung Kulturstaat" 302 ; stützt aber die Förderpflicht allein auf Art. 5 Abs. 3 GG. Dies wird bei der Interpretation des Urteils bisweilen verkannt, indem man beide Argumentationsmuster nicht klar genug trennt und eine Art Mischbegründung aus beiden herstellt 303 . 2 9 8

Knies, Kunst und Recht, S. 154. Weiteres Beispiel hierfür: Die Bemühung der Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG, der die Förderpflicht bei Art. 5 Abs. 3 GG unterfallen soll, bei Bär, Filmfreiheit, S. 158.

2 9 9

So im Ergebnis Ditges, Diss., S. 116 f.; Geiger, FS Leibholz II, S. 193; Heuer, Besteuerung, S. 103; Maier, Probleme, S. 181; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 14 ff. Zweifelnd auch Beck, Wahrheit, S. 260; Lerche, Afp 1974, 593 (597).

3 0 0

Etwa Knies, Kunst und Recht, S. 155 ff.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 40 zu Art. 5 Abs. 3. Weitere Nachweise bei Beck, Wahrheit, Fn. 6.

30 1 3 0 2 3 0 3

Lerche, AfP 1974, 593 (597). BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.). Typisch etwa VG Wiesbaden, Urt. v. 03.05.85, NVwZ 1986, 409; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 40 zu Art. 5 Abs. 3. Kritisch dazu Knies, Kunst und Recht, S. 155.

Erser Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

62

Um aus dem Kulturstaatsprinzip weiterreichende Verpflichtungen abzuleiten, muß zunächst seine Geltung im Verfassungsrecht nachgewiesen werden 304 . Denn anders als die bekannten Staatszielbestimmungen Demokratie Rechtsstaat - Sozialstaat wird das Kulturstaatsprinzip an keiner Stelle des Grundgesetzes ausdrücklich erwähnt. Der Hinweis darauf, daß der Bund die Eigenschaft als Kulturstaat unbestritten für sich in Anspruch nehme 305 , genügt hierfür ebenso wenig wie das Argument, ein Gedeihen der Kultur sei anders als im Kulturstaat nicht möglich 306 . Abermals klafft in der Literatur eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Oft scheint übersehen zu werden, daß es Aufgabe der Verfassungsinterpretation ist, Inhalt und Gehalt der Verfassung auszulegen, nicht aber umgekehrt die Verfassung mit inhaltlichen Wunschvorstellungen ihrer Interpreten anzureichern 307. Ein Kulturstaatsprinzip ist deshalb nur dann anzuerkennen, wenn es sich zwingend aus der Auslegung des Grundgesetzes ergibt. Insofern muß dem BVerfG der Vorwurf gemacht werden, en passant im Wege von obiter dicta und ohne argumentative Absicherung die Kulturstaatsformel salonfähig gemacht zu haben 308 . Tatsächlich ersetzen seither Wissenschaft und Praxis dogmatische Begründungen für die angebliche Kulturstaatlichkeit des Bundes durch den schlichten Hinweis auf die genannten Judikate 309 . Im übrigen werden die schillerndsten Begründungsmuster vorgetragen. Der Reigen der Vorschläge reicht von Art. 29 GG als "verdeckter Kulturstaatsklausel" 3 1 0 über Art. 1 Abs. 1 GG als Auftrag zur "Öffnung und Hinwendung des 3 0 4

Auf diese Selbstverständlichkeit weisen aus gutem Grund hin Heuer, Besteuerung, S. 98; Roellecke, DÖV 1983, 653 (654).

3 0 5

Schneider, DÖV 1987, 749 (753).

3 0 6

Maihofer,

Kulturelle Aufgaben, S. 954.

3 0 7

Als Exponent dieser Richtung darf Häberle gelten, wenn er etwa in APuZ, S. 19 aus dem Kulturstaatsgedanken folgert, daß der Kulturaspekt in allen verfassungsrechtlichen Texten mitzudenken und mitzulesen sei.

3 0 8

Siehe ferner etwa noch BVerfG, Urt. v. 29.05.73, E 35, 79 (114). Lerche, Medienhilfe, S. 2 bezeichnet diese Judikatur als "elegant".

3 0 9

Statt aller HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661; Benda, Kunstfreiheit, S. 348; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8 zu Art. 5 Abs. 3.

3 1 0

Häberle, KuVerfR im Bundesstaat, S. 64; kritisch dazu Evers, NJW 1983, 2161 (2162 m. Fn. 13).

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

63

Staates zum kulturellen Sein und Erleben" 311 bis zur Zusammenschau von Art. 4, 5 Abs. 3, 7 und 140 GG als "Bekenntnis zum Kulturstaat" 312. Diesen verdienstvollen Bemühungen um das Herausarbeiten des Kulturstaatsgedankens soll Sinn und Berechtigung nicht abgesprochen werden, wenn man auch am Gewinn einer so herbeikonstruierten Kulturstaatlichkeit zweifeln, ihre methodische Ableitung für großzügig halten darf 313 . Dennoch bedarf es eines näheren Eingehens auf die einzelnen Argumente allein schon deshalb nicht, weil sie sich — ihre Richtigkeit unterstellt — nicht in Richtung auf die hier einzig fragliche Förderpflicht verwerten lassen. Falls das GG überhaupt eine Staatszielbestimmung "Kulturstaat" enthält, so ergibt sich diese ausschließlich als Destillat anderer Verfassungsbestimmungen. Gegen eine Auslegungsmethode, die zunächst kunstvoll und bisweilen arg "gewollt" einen in der Verfassung nicht explizit vorhandenen Begriff in diese hineinliest, um danach das gewünschte Ergebnis herauszulesen, bestehen starke Bedenken 314 . Auch die deskriptive Kennzeichnung der Bundesrepublik als "tatsächlicher" Kulturstaat mag zwar den Realitäten entsprechen, kann aber nicht konstitutiv pflichtenbegründend wirken. Aus der rein thesenartigen Behauptung eines Zusammenhangs zwischen Kulturstaatsprinzip und Förderpflicht ergibt sich ebenfalls nicht die hier erforderliche dogmatische Begründung 315. Daß auch die seit längerem erwogene Einfügung einer expliziten Kulturstaatsklausel in das G G 3 1 6 daran nichts ändern würde, zeigt ein Blick auf die Rechtslage in Bayern, 3 1 1

Heuer, Besteuerung, S. 108; ähnlich Thieme, Kulturordnung, S. 72 f. und jetzt auch Häberle, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. d. StaatsR, Bd. 1, S. 845.

3 1 2

Rabe, Diss., S. 64. Kritisch gegen ein "Generalgrundrecht der Kulturfreiheit" Steiner, VVDStRL 42 (1984), 14. - Siehe im übrigen die Vorschläge bei Reuhl, JZ 1981, 321.

3 1 3

Skeptisch etwa Roellecke, DÖV 1983, 653 (654); Schiaich, Neutralität, S. 258; Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 13 ff. Hamann/Lenz, GG, S. 338, weisen darauf hin, daß das GG zum Kulturstaat bewußt schweigen könnte. Ähnlich, auch mit kompetenzrechtlichen Überlegungen, Schneider, DÖV 1987, 749 (753).

3 1 4

Verräterisch in dieser Richtung die Argumentation bei Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 25 f., insbesondere Fn. 86; ähnlich Rabe, Diss., S. 65. Methodische Bedenken bei Hufen, NVwZ 1983, 516 (517), und Janitschek, Diss., S. 113 f.

3 1 5

So aber Benda, Kunstfreiheit, S. 348; Eschenburg, Kunst und Staat, S. 14 f.; Rabe, Diss., S. 65.

3 1 6

Siehe dazu den Bericht der Sachverständigen-Kommission "Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge" v. 06.09.83, S. 106, Rn. 169. Positiv zu diesem Vorschlag

64

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

das in Art. 3 BV als einziges Land der Bundesrepublik eine ausdrücklich normierte Kulturstaatsbestimmung in seiner Verfassung enthält: Auch aus ihr folgen keine Verpflichtungen des Staates zur Erbringung materieller Leistungen an die Bürger 317 . Bei der Suche nach einem normativen Anhaltspunkt zur Begründung einer objektiv-rechtlichen Förderpflicht erweisen sich mithin die ohnehin mit gewissem Finderglück 318 entdeckten kulturrelevanten Bestimmungen der Verfassung als unfruchtbar. Sie lassen zwar den Schluß zu, daß der Staat keine kulturelle Enthaltsamkeit zu üben hat; irgendwelche Pflichten statuieren sie jedoch nicht 3 1 9 .

dd) Das Sozialstaatsprinzip Es lag daher nahe, bei der Bemühung um die Legitimation der Förderpflicht auf nicht unmittelbar kulturbezogene Verfassungsprinzipien zurückzugreifen. Besonderer Beliebtheit erfreut sich dabei der Versuch, das Sozialstaatsprinzip in Richtung auf das ersehnte Ergebnis fruchtbar zu machen 320 . Dabei half die Tatsache, daß sich dieses Prinzip nicht nur auf die wirtschaftlich-materielle Existenzsicherung bezieht, sondern auch den geistig-ideellen Bereich umfaßt 3 2 1 . Nach den Vorstellungen des Grundgesetzes beinhaltet die soziale

Häberle, KuVerfR im Bundesstaat, S. 49 ff. (59); Oppermann, FS Bachof, S. 3 ff. Skeptisch dagegen Hufen, BayVBl. 1985, 1 (4), ders., Kulturstaatlichkeit, S. 207; Isensee, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 133; Steiner, ebd., S. 38 ff.; Wahl, AöR 112 (1987), 26 (31 ff., 43 ff.); Wienholtz, AöR 109 (1984), 532 (543 ff.). 3 1 7

3 1 8 3 1 9

320 32 1

BayVerfGH, E. v. 30.09.60, E 13, 109 (125). Abzulehnen daher auch die Annahme eines sich aus der Kulturstaatlichkeit der Länder ergebenden gemeinsamen Kulturverfassungsrechts "von unten"; so aber Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 47 f.; ähnlich Knies, Kunst und Recht, S. 154. So S/ewer, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 24. Grimm, VVDStRL 42 (1984), 63. Nachweise dazu bei Heuer, Besteuerung, S. 98, Fn. 454 f. Vgl. auch Bär, Filmfreiheit, S. 511 f.; Zacher, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 98 f. Bär, Filmfreiheit, S. 511 f.; Ott, Kunst und Staat, S. 166; Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 33, Fn. 124; Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (174). Indiz: § 12 Abs. 1 BSHG ("Teilnahme am kulturellen Leben").

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

65

Fürsorge auch die Sicherung des Menschen in seinem kulturellen Dasein; man kann insofern durchaus von "kultureller Daseinsvorsorge" sprechen 322. Freilich steht damit noch nicht fest, ob sich ein mit dem Sozialstaatsprinzip korrespondierender "kultureller Teilhabeanspruch" zur konkreten Förderpflicht verdichten kann 3 2 3 . Auch hier gelten die bereits im Zusammenhang mit dem Kulturstaatsgedanken geäußerten Bedenken gegen eine vorschnelle Ableitung bestimmter Pflichten aus allgemeinen Grundsätzen 324. Hinzu kommen Vorbehalte gegen nicht kunstimmanente Legitimationsversuche zugunsten der Kunstförderung im allgemeinen und gegen sozialstaatliche Motive im besonderen. Diese wurzeln im unitaristischen, differenzierungsfeindlichen Charakter des Sozialstaatsprinzips 325. Kulturelle und soziale Aufgaben können sich zwar überschneiden, etwa dann, wenn der Gesetzgeber durch praktische Maßnahmen der Sozialpolitik, zB auf dem Gebiet der Künstlersozialversicherung 326, Rahmenbedingungen für eine "kunstfreundliche Rechtsordnung" schafft. Kunstfördernder Staat und Sozialstaat subventionieren jedoch mit verschiedenen Zielrichtungen 327 . Sozialstaatliche Maßnahmen schaffen die unverzichtbare Basis, das Existenzminimum für ein menschenwürdiges Dasein. Ob es nun um die soziale Sicherung der Künstler selbst oder um die Ermöglichung der Teilnahme des Publikums am kulturellen Geschehen geht 3 2 8 : Diese Basis kann auch durch allgemeine Aktivitäten der Sozialpolitik (zB Sozialhilfe) gesichert 3 2 2

Zu diesem Begriff Abelein, Kulturpolitik, S. 229; Ditges, Diss., S. 63; Knies, Schranken, S. 211; Schiaich, Neutralität, S. 251; Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 28, 33. Eher skeptisch: Hoffmann, Kultur für alle, S. 43.

3 2 3

Zu diesem Wildhaber, Soziale Grundrechte, in: Der Staat als Aufgabe, Gedächtnisschrift für Imboden, 1972, S. 375.

3 2 4

Insbesondere aus dem Sozialstaatsprinzip lassen sich nur in Ausnahmefällen unmittelbare Ansprüche ableiten, so schon BVerfG, Beschl. v. 19.12.51, E 1, 97 (105). Warnung vor "Überkonkretisierungen" auch bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), 34.

32 5 3 2 6

3 2 7 3 2 8

Wahl, AöR 112 (1987), 26 (50). Zum aktuellen Stand der Künstlersozialpolitik — Stichworte: KünstlersozialversicherungsG, "Künstlerhilfe" — siehe Mehr Raum für Kultur, S. 44. Zur Verfassungsmäßigkeit der Künsüersozialabgabe BVerfG, Beschl. v. 09.04.87, NJW 1987, 3115; ferner v. Einem, DVB1. 1988, 12, und Henseler, NJW 1987, 3103. Heuer, Besteuerung, S. 102. Diese beiden Aspekte des Sozialstaatsgedankens unterscheiden Bull, Staatsaufgaben, S. 304; Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 178 f. Mit Blick auf Art 3 GG auch Häberle, Kulturpolitik in der Stadt, S. 26, und Hoffmann, Kultur für alle, S. 48 f.

66

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

werden 329 . Spezielle Maßnahmen öffentlicher Kunstsubvtntionitnmg

bedarf es

hierzu nicht. Diese bauen vielmehr auf der von der Sozialpolitik geschaffenen Grundlage auf und bezwecken nicht die egalitär-generelle Existenzsicherung, sondern die Entfaltung spezifischer, individuell verschiedener Fähigkeiten und Möglichkeiten des Künstlers. Im Ergebnis lassen sich daher sozialstaatliche Überlegungen in Richtung auf eine Rechtspflicht zur Kunstförderung nicht fruchtbar machen 330 . Ein wie auch immer gearteter staatlicher Kulturauftrag kann durch das Sozialstaatsgebot wohl konkretisiert und/oder begrenzt, nicht aber begründet werden 331 . ee) Andere Vorschläge Damit sind zwar die wesentlichsten, aber noch nicht alle Begründungsversuche hinsichtlich einer objektiv-rechtlichen Förderpflicht dargestellt. Weitere Vorschläge bemühen etwa Art. 5 Abs. 1 i.V. mit 7 G G 3 3 2 , die Menschenwürde 333, das Demokratieprinzip 334 und deren Zusammenspiel mit der Kunstfreiheit 335 oder gar die allgemeine Erklärung der Menschenrechte 336. Kritisch bleibt gegenüber all diesen Versuchen zu vermerken, daß hier oft mit aller Mühe allgemeine Grundsätze der Verfassung in Richtung auf das gewünschte Ergebnis zurechtgebogen werden. Im Zusammenhang mit dem so umfassenden Gedanken der Menschenwürde etwa hat der Verfassungsgeber nun sicher nicht an die Kunstförderung gedacht 337 . Auf die Gefahr verfassungspolitischen 329

Knies, Kunst und Recht, S. 145.

330

Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 126 f., Fn. 399.

331

So im Ergebnis auch Ditges, Diss., S. 123 f.; Evers, NJW 1983, 2161 (2162); Heuer, Besteuerung, S. 102; Prause, Kunst und Politik, S. 18; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 34.

332

Scheuner, Kulturstaat, S. 121.

333

Grimm, VVDStRL 42 (1984), 67; Häberle, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. d. StaatsR, Bd. 1, S. 845. Pappermann, DVB1. 1980, 706. Kriüsch Ditges, Diss., S. 121 f. Heuer, Besteuerung, S. 106 ff., ders., NJW 1985, 232 (234). Häberle, AöR 110 (1985), 577 (609).

334 335 336 337

Oppermann, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 103, bezeichnet diese Versuche als geradezu "verquält".

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

67

Wunschdenkens und dementsprechender "Überinterpretation" 338 wurde bereits hingewiesen. Oft scheint es, als sei die Gewinnung des gewünschten Ergebnisses jeden Preis wert. Zusammenfassend ergibt sich daher: Alle Bemühungen, aus geschriebenen oder ungeschriebenen Verfassungsprinzipien eine Förderpflicht des Gemeinwesens zugunsten der Kunst zu konstruieren, scheitern letztlich am fehlenden normativen Ansatzpunkt. Allenfalls für den Sonderfall der landesverfassungsrechtlichen Normierungen kommt eine solche Pflicht in Frage; selbst dort bleibt sie jedoch vage und konkretisierungsbedürftig und beinhaltet nach der hier vertretenen Auffassung nur einen appellativen Auftrag, jedoch keine umsetzbare Rechtspflicht. Grundsätzlich beläßt die Verfassung also öffentliche Kunstsubventionierung im Bereich des politischen Ermessens der öffentlichen Hand 339 . Daß dies für die Praxis keinen Nachteil bedeutet, beweist die Realität: Auch ohne normierte Klauseln fühlen sich Staat und Gemeinden zur Kunstförderung aufgerufen. Das Bedürfnis nach ihr wurzelt in tieferen Schichten; auch ohne rechtliche Verpflichtung existiert sie als Realfaktor und bedarf keiner "gekünstelten" verfassungsrechtlichen Ableitung 3 4 0 . Deshalb wirkt der staatliche Kulturauftrag im Einzelfall als Legitimation, statuiert aber kein Postulat 341 .

c) Subjektiv-rechtliche Ansprüche auf Kunstsubventionen Nach dem bisher Gesagten stellen Kunstsubventionen eine freiwillig und fakultativ erbrachte Leistung der öffentlichen Hand dar und beruhen nicht auf allgemeiner, objektiver Rechtspflicht. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, ob nicht im Einzelfall, etwa unterhalb der Verfassungsebene, eine andere normative Entscheidung getroffen werden könnte. Ferner bleibt zu prüfen, ob eine solche Rechtspflicht nicht auch ohne spezielle Normierung in besonders gelagerten 3 3 8 3 3 9

Kritisch dazu Ditges, Diss., S. 121 f. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.08.79, NJW 1980, 718; OVG Lüneburg, Urt. v. 14.12.82, NJW 1984, 1138.

3 4 0

Evers, NJW 1983, 2161 (2166).

3 4 1

So auch Heuer, NJW 1985, 232 (234).

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

68

Fällen entsteht, ja ob ihr dann nicht sogar subjektiv-rechtliche Ansprüche des einzelnen Künstlers korrespondieren. aa) Grundrechtsunmittelbare Teilhabeansprüche Ein Weg zur Konstruktion von Individualansprüchen führt über die teilhaberechtliche Interpretation der Kunstfreiheitsgarantie, aus der man — zwar "mit aller Vorsicht" und begrenzt auf den "Einzelfall" — ein subjektiv-öffentliches Recht des einzelnen Künstlers ableitet 342 . Zur Begründung dienen abermals programmatische Aussagen des BVerfG, etwa vom "Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern" 343 . Diese Auffassung wurzelt in einer gewissen Euphorie um die Teilhabefunktion der Grundrechte im Zuge der berühmten "numerus-clausus'-Entscheidung des BVerfG 3 4 4 . Trotz des ausdrücklichen Hinweises, daß es sich dabei um einen besonders gelagerten Einzelfall gehandelt habe, bestimmte die folgende Diskussion die Entdeckung immer neuer Individualrechte, insbesondere im Zusammenhang mit kulturbezogenen Grundrechtsnormen. Fraglich ist jedoch, ob die für Wissenschafts-, Privatschul- und Pressesubventionen entwickelten Grundsätze auf den Bereich der Kunstförderung übertragen werden können. Wissenschafts- und Kunstfreiheit weisen trotz gewisser struktureller Unterschiede als "kulturelle Materien" auch Ähnlichkeiten auf 3 4 5 , so daß der Gedanke einer Parallele zwischen diesen beiden Bereichen hinsichtlich eines grundrechtsgestützten subjektiven Förderanspruchs nicht fern lag. Ursprünglich hat3 4 2

Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 39; Pappermann, DVB1. 1980, 706. Am weitesten geht Rabe, Diss., S. 102 ff.: Art. 5 Abs. 3 GG sei ein Grundrecht wie andere auch, wo ein subjektiv-öffentliches Individualrecht eindeutig anerkannt sei. Der verwaltungsgerichtlich einklagbare (S. 104) Subventionsanspruch bemesse sich nach dem Anteil des Unternehmens am Kulturetat in Höhe einer bestimmten Quote (S. 105 f.). Sollte diese bewußt "verschleiert" werden, so bestehe der Anspruch in Höhe des Anteils am Normaletat und sei ggf. nach § 287 ZPO i.V.m. § 173 VwGO zu schätzen (S.

106) (!!).

3 4 3

BVerfG, Beschl. v. 07.07.71, E 31, 229 (230), LS 3. Hieraus folgert Maihofer, relle Aufgaben, S. 995, nur eine objeküv-rechtliche Förderpflicht.

3 4 4

BVerfG, Urt. v. 18.07.72, E 33, 303. Siehe zur folgenden Diskussion statt aller Häberle und Martens, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), 43 ff.; 7 ff. Vergleichend Hufen, Freiheit der Kunst, S. 241 ff.

345

Kultu-

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

69

te das BVerfG 3 4 6 für die Wissenschaftsfreiheit einen solchen Anspruch angedeutet. Bedenken hiergegen bestanden schon deshalb, weil das Gericht dabei mit der gleichen Argumentationstechnik wie im Zusammenhang mit der Kunstförderungspflicht arbeitete: Zunächst wurde in das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit eine objektiv-rechtliche Wertentscheidung hinein- und aus dieser sogleich die entsprechende Förderpflicht herausgelesen. Die neuere Rechtsprechung lehnt nun auch im Ergebnis derartige Individualansprüche auf wissenschaftsfördernde Maßnahmen ab 3 4 7 . Abgesehen davon verbietet sich eine vorschnelle Analogie schon im Hinblick auf die verfassungsgeschichtliche Entwicklung der Interpretation der Kunstfreiheit, die lange eine Tendenz zur Annahme einer Förderpflicht nicht kannt e 3 4 8 , während dieser Gedanke für die Wissenschaftsförderung Tradition hat. Auch ist der Kunstbereich — anders als die Hochschule — nicht weitgehend staatlich monopolisiert. Zugangs- und Teilhabeansprüche fungieren dort als Korrelat zu diesem Monopol, um eine effektive Grundrechtsverwirklichung zu sichern 349 . Eine entsprechende Notwendigkeit für die Kunst fehlt. Ein anderer Bereich, der Parallelen zur Kunstförderung aufweist, ist die Förderung von Privatschulen, weil es auch dabei um eine kulturelle Materie ("Bildung") geht. Die Rspr. erkannte mit Bezug auf Art. 7 Abs. 4 GG bis vor kurzem einen Anspruch privater Ersatzschulen auf öffentliche Subventionierung unter gewissen Voraussetzungen a n 3 5 0 . Gegen eine Übertragung auf den Kunstbereich 351 spricht jedoch, daß hier eine dem Art. 7 Abs. 4 vergleichbare Bestandsgarantie für "privat veranstaltete Kunst" fehlt. Außerdem erfüllen Schule einerseits und künstlerische Institutionen wie zB Theater, gemessen an 346

BVerfG, Urt. v. 29.05.73, E 35, 79 (114).

347

BVerwG, Beschl. v. 09.10.85, NJW 1986, 1277. Ähnlich schon BVerwG, Urt. v. 22.04.77, NJW 1978, 842. Heuer, Besteuerung, S. 1.

348 349

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 361, weist darauf hin, daß die wesentlichen Entscheidungen der Rspr. zur Teilhabefunktion der Grundrechte in solchen "Monopolbereichen" spielten.

350

Grundlegend BVerwG, Urt. v. 11.03.66, E 23, 347; Urt. v. 22.09.67, E 27, 360. Kritisch dazu Weber, NJW 1966, 1789; Menger, VerwArch 1966, 377. Erwogen von Oppermann, KuVerwR, S. 454, Fn. 60.

351

70

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

ihrer sozialen Relevanz, völlig unterschiedliche Funktionen 352 . Es fehlt also in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht an der Parallelität der zu vergleichenden Sachverhalte. Zudem übt die Rspr. neuerdings bei der Anerkennung eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs des Privatschulunternehmers Zurückhaltung 353 . Als letzter Vergleichspunkt soll schließlich der Bereich der Pressesubventionierung dienen. Auch hier hat die Rspr. in Einzelfällen Art. 5 GG als Anspruchsgrundlage für subjektive Förderungsansprüche diskutiert 354 . Doch handelte es sich dabei ebenfalls um nicht verallgemeinerungsfähige Ausnahmesituationen 355 . Die genannten Entscheidungen blieben vereinzelt und fanden keine Nachfolger. Hinzu kommt der grundlegende Unterschied der Funktionen von Presse und Kunst im demokratischen Staat 356 : Angesichts der unverzichtbaren, fundamentalen Funktion der Presse für das menschliche Informationsbedürfnis und dessen Schutzwürdigkeit im Rahmen des "schlechthin konstituierenden" Grundrechts der Meinungsfreiheit schlagen staatliche Ingerenzen hier noch gravierender zu Buche als im insofern minder sensiblen Kunstbereich, was in den besagten Einzelfällen zur Anerkennung "ausgleichender" Förderungsansprüche führte. Angesichts der Zurückhaltung der neueren Rspr. mit der Annahme von grundrechtsgestützten Individualansprüchen und der Verschiedenheit der Materien lassen sich also im Ergebnis keine Parallelen für entsprechende Ansprüche auf dem Gebiet der Kunstförderung ziehen. 3 5 2

Gegen eine Übertragung etwa OVG Lüneburg, Urt. v. 23.10.68, DVB1. 1969, 875; OVG Berlin, Urt. v. 08.06.78, E 15, 103 (104 f.); ferner Franse, Kunst und Politik, S. 18; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 40 zu Art. 5 Abs. 3.

3 5 3

Zuletzt BVerfG, Urt. v. 08.04.87, NJW 1987, 2359; ferner BVerwG, Urt. v. 30.11.84, E 70, 290; Urt. v. 11.04.86, E 74, 135 (136); BayVerfGH, E. v. 07.11.84, NVwZ 1985, 481; BayVGH, Urt. v. 24.04.85, BayVBl. 1986, 494 (496). Siehe zum Ganzen Grämlich, BayVBl. 1987, 490.

3 5 4

VG Berlin, Urt. v. 15.05.74, DVB1. 1975, 268; OVG Berlin, Urt. v. 25.04.75, DVB1. 1975, 905.

3 5 5

Gändisch, NVwZ 1984, 489 (493). Dazu ausführlich Leisner, Pressegleichheit, S. 176 ff. Aus der presserechtlichen Rspr. des BVerfG siehe ferner: BVerfG, Teilurt. v. 05.08.66, E 20, 162 (175); Beschl. v. 23.03.71, E 30, 336 (352 f.); Urt. v. 16.06.81, E 57, 295 (323).

356

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

71

Originäre Teilhabeansprüche können den Grundrechten — wenn überhaupt — nur aufgrund besonderer Konstellationen entnommen werden 357 . Dementsprechend findet sich auch für den Kunstbereich der Vorschlag eines auf den Fall der existenziellen Bedrohung des "erforderlichen Minimums der Grundrechtsverwirklichung" beschränkten Teilhabeanspruchs 358. Doch auch gegen diese "kleinere" Lösung bestehen Einwände. Ihre Folgen wären kaum absehbar. Wenn das materielle Minimum der Grundrechtsausübung auf dem Gebiet der künstlerischen Betätigung vom Staat gewährleistet werden müßte, müßte gleiches auch für wesentlich "existenziellere" Lebensbereiche gelten. Ein mit Art. 12 GG korrespondierendes "Recht auf Arbeit", etwa durch Mindestversorgung jedes Bürgers mit einem Arbeitsplatz, kennt die Verfassung jedoch ebenso wenig 3 5 9 wie ein Recht "auf' Eigentum aus Art. 14 GG. Es gibt keinen Anspruch auf "Grundsubvention" 360. Hinzu kommen die bereits in anderem Zusammenhang erwähnten Bedenken gegen eine Feststellbarkeit des Ernst- oder Grenzfalls in der Praxis 361 . Ein grundrechtsunmittelbarer subjektiv-rechtlicher Teilhabeanspruch auf Kunstsubventionen ergibt sich mithin aus keinem denkbaren Gesichtspunkt.

bb) Leistungspflicht infolge Ermessensbindung Bei jeder Subventionierung — auch im Kunstbereich — entscheidet der Förderungsträger über Höhe und Zweck der zugewandten Leistung nach freiem Ermessen362. Doch finden sich im Bereich der Kunstsubventionierung wie bei an3 5 7

Starck, FS BVerfG II, S. 526.

3 5 8

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 368 ff., 553.

3 5 9

Statt aller Gubelt, in: v.Münch, GG, Rn. 25 zu Art. 12.

3 6 0

361

3 6 2

"Omnis subventio est voluntaria": Ipsen, VVDStRL 25 (1967), 267. Vgl. auch Janitschek, Diss., S. I l l ff.; ν. Münch, JZ 1960, 303; Sendler, WiVerw 1978, 159. Nach Hufen, Freiheit der Kunst, S. 371, lassen sich zumindest für den Hochschulbereich derartige Mindeststandards "recht präzise" angeben. Bei der nicht institutionell fixierten "freien" Kunstförderung dürfte das allerdings schwer sein. - Im Ergebnis wie hier gegen einen grundrechtsgestützten Teilhabeanspruch auch BVerwG, Beschl. v. 16.09.79, NJW 1980, 718; OVG Lüneburg, Urt. v. 14.02.82, NJW 1984, 1138. Statt aller BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.). Nach allg. Ansicht besteht ein generelles subjektiv-öff. Recht auf Förderung nicht; siehe nur Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 6, 40, 79 zu Art. 5 Abs. 3; Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5.

72

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

deren staatlichen Ermessensakten auch Sonderfälle, in denen sich ermessensweise erbrachte Leistungen zu subjektiven Ansprüchen verdichten können. Hierzu zählen zunächst vertragliche Verpflichtungen der öffentlichen Hand oder von ihr ausgesprochene Zusagen i.S. von § 38 VwVfG, die Subventionsansprüche unmittelbar stützen können. Fraglich ist aber, ob und in welchen Fällen darüber hinaus der Ermessensspielraum der Behörden näher eingegrenzt und justitiabel gemacht werden kann. Subjektive Ansprüche können dem Bürger insofern über das Institut der Ermessensreduzierung auf Null erwachsen, wenn also im konkreten Einzelfall nur eine von grundsätzlich mehreren möglichen Verwaltungsentscheidungen rechtmäßig ist. Für das Subventionsverfahren bedeutet das, daß dann keine andere Entscheidung als die Gewährung der Subvention in Frage kommt. Wann eine solche Ermessensbindung eintritt, bestimmt sich in erster Linie nach dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser ist etwa dann tangiert, wenn Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich behandelt wird, wenn also etwa in der Stadt X die Theater Α, Β und C Subventionen erhalten, das Theater D jedoch nicht, obwohl es ebenso wie die anderen die Förderungsvoraussetzungen erfüllt und auch ansonsten die gleichen Merkmale aufweist. Gleiches gilt, wenn die Subventionsvergabe aufgrund interner Verwaltungsvorschriften ermessensbindender Art, also von Förderrichtlinien erfolgt. Mit dem Erlaß dieser Richtlinien hat die Verwaltung hinsichtlich der dort fixierten Merkmale ihr Ermessen verbraucht; es ist insofern Selbstbindung eingetreten. Auch hier verstößt eine nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte Abweichung von diesen Richtlinien gegen Art. 3 Abs. 1 GG 3 6 3 . Nicht so eindeutig liegt die Situation beim Prinzip des Vertrauensschutzes. Zwar kann sich auch aus diesem Gedanken eine Art "Selbstbindung" ergeben, indem der Bürger sich auf ein über längere Zeiträume hinweg praktiziertes Handeln der Verwaltung auch künftig verlassen darf und eine Abweichung von dieser ständigen Praxis an Art. 3 Abs. 1 GG gemessen wiederum der Recht3 6 3

Statt aller Kopp, WiVerw 1978, 175 (180) mwN.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

73

fertigung durch sachliche Gründe bedarf. Doch läßt sich der Vertrauensschutzgedanke für das Subventionsrecht regelmäßig nicht fruchtbar machen 364 . Denn Subventionen werden von vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt; der Empfänger darf mit ihrem Fortbestand auch für die Zukunft nicht rechnen 365 . Die Verwaltung darf daher ihre Subventionspraxis jederzeit und ohne Angaben von Gründen ändern 366 . Allein daraus, daß bisher eine Subvention gewährt wurde, ergibt sich noch kein Anspruch auf deren Weitergewährung. Die jahrelange Bewilligung von Mitteln untersagt allenfalls ein abruptes "Zudrehen" des Subventionshahnes ohne zwingende Gründe 367 . Allein so könnte sich im Einzelfall ein Verstoß gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes begründen lassen. Schließlich wird die oben bereits angedeutete Auffassung, im Falle objektiv nachweisbarer Existenzgefährdung entstehe ein grundrechtlicher Teilhabeanspurch, auch in der Variante der Ermessensbindung diskutiert 368 . Insofern kann auf die dort vorgetragenen Bedenken verwiesen werden. Im wesentlichen verbleiben daher als konkrete Anwendungsfälle von möglicher Ermessensbindung nur die willkürliche oder nicht von sachlichen Gründen gedeckte Abweichung von Richtlinien oder dem sonst generell praktizierten Verwaltungshandeln. Insofern mag man die praktische Relevanz des so konstruierten Anspruchs für gering halten 369 , denn die Weite des Ermessensspielraums bedingt, daß hier Ermessensfehler oder gar Willkür selten nachzuweisen, die Förderungsentscheidung vielmehr in aller Regel durch sachliche Gesichtspunkte abstützbar sein wird. Dennoch verbleibt auch für den seltenen Fall evidenten Ermessensmißbrauchs die theoretische Möglichkeit (verwaltungs)gerichtlicher Überprüfung. 3 6 4 3 6 5

3 6 6

Grundsätzlich dazu Schwerdtfeger,

NVwZ 1984, 486.

BVerfG, Beschl. v. 13.05.86, NJW 1986, 2561; BGH, Urt. v. 21./22.05.75, DVB1. 1975, 903 (904). Siehe ferner OVG Münster, Urt. v. 30.01.76, BB 1976, 1534. Tettinger,

GewArch 1981, 113 (114). A.A. Bär, Filmfreiheit, S. 512.

3 6 7

OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.11.76, NJW 1977, 773 (774); VerfGH NW, Urt. v. 03.01.83, DVB1. 1983, 223 (225).

3 6 8

Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 79 zu Art. 5 Abs. 3; Schulz, SchlHA 1984, 137 (140).

3 6 9

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 360 ff.

74

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Zu eigenen Ansprüchen des Subventionsbewerbers erstarkt diese Situation jedoch nur unter zwei weiteren Voraussetzungen. Zunächst muß der Antragsteller, um bei tatsächlichem Ermessensfehler aus der dann gegebenen objektiven Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung auch subjektive Ansprüche zu gewinnen, ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch innehaben. Für das Subventionsrecht und die dort stattfindende Ermessensausübung ist ein solches Recht mittlerweile allgemein anerkannt. Es wurzelt in Art. 3 GG, der dem Bürger ein formelles Recht vermittelt, bei Förderungsmaßnahmen der öffentlichen Hand nicht von vornherein und willkürlich ausgeschlossen zu werden 370 . Für den Sonderbereich der Kunstsubventionierung entfaltet Art. 5 Abs. 3 GG insofern zusätzlich begründende Wirkung 37 !. Darüber hinaus setzt ein positiver Leistungsanspruch voraus, daß der Subventionsbewerber überhaupt selbst die Gewährung der beantragten Subvention für sich erreichen ("positive Konkurrentenklage"), nicht aber nur die rechtswidrige Förderung des Mitbewerbers verhindern kann ("negative Konkurrentenklage"). Für das allgemeine Subventionsrecht ist diese Möglichkeit grundsätzlich anerkannt 372 . Für den Bereich der Kunstsubventionierung werden jedoch Einwände erhoben 373 . Diese beziehen sich im wesentlichen darauf, daß die Ermessensfreiheit bei der kulturrelevanten Entscheidung der Verwaltung nicht durch Gleichheitsaspekte konterkariert werden dürfe. Jedoch findet auch die bewertende Auswahlentscheidung — ihre Zulässigkeit hier zunächst unterstellt — nicht im rechtsfreien Raum statt. Auch für sie gilt das Willkürverbot und die Pflicht zur sachlichen Rechtfertigung. Gerade in den evidenten Ausnahmefällen muß sich die Funktion des Gleichheitsgrundsatzes bewähren und dem rechtswidrig übergangenen. Künstler eine Möglichkeit zur Durchsetzung seines 3 7 0

Statt aller Kopp, WiVerw 1978, 175 (177). Für den Bereich der Kunstförderung speziell BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (332).

3 7 1

OVG Lüneburg, Urt. v. 14.12.82, NJW 1984, 1138; im Ansatz auch bereits BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (332).

3 7 2

Siehe die unveröffentlichten Entscheidungen des BVerwG, Beschl. v. 26.09.66 — 7 Β 147/64 — 7 Β 176/64; Hinweis darauf in BVerwG, Beschl. v. 16.08.79, NJW 1980, 718. Ferner OVG Münster, Urt. v. 22.09.82, NVwZ 1985, 522 (525); Kopp, WiVerw 1978, 175 (180).

3 7 3

Skeptisch etwa Ditges, Diss., S. 119 f.; Heuer, Besteuerung, S. 103; Prause, Kunst und Politik, S. 19.

II. Kunstsubventionierung als staatliche Aufgabe

75

Subventionsantrags bieten. Für eine unterschiedliche Behandlung des Bereichs der Kunstsubventionierung besteht insofern kein einleuchtender Grund 374 . Im Ergebnis birgt diese Konstruktion den einzigen justitiablen Ansatz für die Verfestigung von ermessensweise gewährten Förderleistungen zu Leistungsansprüchen der Förderungsbewerber.

374

e t w a Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 6 zu Art. 5 Abs. 3; ähnlich Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 39. Im Fall OVG Berlin, Urt. v. 08.06.66, DVB1. 1967, 92, ist die — vom Gericht grundsätzlich für möglich gehaltene — positive Konkurrentenklage nur an mangelnder Spruchreife gescheitert

D a f ü r

76

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

I I I . Verfassungsrechtliche Direktiven an die Ausgestaltung öffentlicher Kunstsubventionierung Wenn der Staat die "freie" Kunst fördert, ist er selbst nicht frei. Will er den bislang skizzierten Gefahren, die der Kunst durch staatliche Ingerenzen im Zuge von Förderungsmaßnahmen drohen, begegnen, stößt er auf unmittelbar in der Verfassung angelegte Ge- und Verbote. Diese erwachsen hier in umso höhere Bedeutung, als eine gesetzliche Regelung der Staatsaufgabe "Kunstförderung" mit marginalen Ausnahmen375 fehlt. Denn der Vorbehalt des Gesetzes gilt für das Subventionsrecht nicht 3 7 6 , und insbesondere für den Kunstsubventionsbereich bestehen aus kunstspezifischen Gründen gegen detaillierte Regelungen in Kulturfach- oder Kulturförderungsgesetzen erhebliche Einwände 377 . Dennoch handelt der kunstfördernde Staat nicht im rechtsfreien Raum. Er unterliegt den allgemeinen Bindungen der Grundrechte (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG) und dem Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, wonach staatliches Handeln nicht gegen Gesetz und Recht verstoßen darf (Art. 20 Abs. 3 GG).

3 7 5

Historisch bedingter Ausnahmefall: Denkmalpflege.

3 7 6

Grundlegend BVerwG, Urt. v. 21.03.58, E 2, 282 (287); aus neuerer Zeit etwa BVerwG, Urt. v. 26.04.79, E 58, 45 (48); OVG Lüneburg, Urt. v. 25.10.84, NVwZ 1985, 499. Im einzelnen ist vieles umstritten. Aus der neueren Literatur, die wohl überwiegend für eine Ausdehnung des Gesetzesvorbehalts auf die Leistungsverwaltung eintritt, etwa Grosser, BayVBl. 1983, 551; Bauer, DÖV 1983, 53; Jakobs, BayVBl. 1985, 353; Jarass, NVwZ 1984, 473; Oldiges, NJW 1984, 1927; Weides, JuS 1985, 564. Überblick zum Meinungsstand bei Gündisch, NVwZ 1984, 489, und Jooss, RiA 1987, 73 (84 f.).

3 7 7

Siehe etwa Ditges, Diss., S. 145; Pappermann, VerwRdsch 1983, 41; Rommel, DÖV 1979, 362 (364); Schäuble, Diss. S. 162 ff.; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 17 f. Positiv dagegen Häberle, KuVerfR im Bundesstaat, S. 77 (mit Blick auf die österreichischen Landeskulturförderungsgesetze).

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

77

1. Grundlegendes zur Auswirkung der Grundrechte auf Organisation und Verfahren Unter diesem Aspekt wächst insbesondere dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG entscheidende Bedeutung für das "Wie" der öffentlichen Kunstsubventionierung zu. Denn es kann heute als gesicherte verfassungsrechtsdogmatische Erkenntnis gelten 378 , daß in einem gewandelten Grundrechtsverständnis ein Stück der objektiven Werteordnung, die durch den Grundrechtskatalog konstituiert wird, nur durch grundrechtsgeprägte und -konforme Ausgestaltung von Organisation und Verfahren zu verwirklichen ist 3 7 9 . Diese Grundrechtsfunktion kommt insbesondere bei der weitgehend ohne einfachgesetzliche Bindungen handelnden Leistungsverwaltung zur Geltung 380 . Gerade hier, wo es an konkreten grundrechtsstützenden Direktiven in Gestalt des Gesetzes oder der Verordnung fehlt, trägt ein vom Grundrecht her determiniertes Verfahrensrecht zur Grundrechtssicherung und Grundrechtsverwirklichung bei; im Grundrecht steckt gleichsam die Garantie, sich im Verfahren zu verwirklichen 381 . Klassisches Anwendungsgebiet dieser "jungen" Grundrechtsfunktion sind die Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 GG382 Dies ist auch kein Zufall. Denn ihren "status activus processualis" entfalten die Grundrechte stets dann, wenn sie in ihrem Abwehrgehalt gefährdet sind 383 . Dann erweist sich die Einrichtung grundrechtskonformer Organisationsstrukturen als angemessene Reaktion auf diese faktischen Gefährdungen. Und gerade angesichts ihrer Sensibilität und ihrer konstituierenden Funktion für den demokratischen Staat bieten die Kommunikationsgrundrechte eine breite Angriffsfläche für staatliche Ingerenzen. 3 7 8 3 7 9

So Krebs, NVwZ 1985, 609 (615). Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 20.12.79, E 53, 30; ähnlich schon BVerfG, Urt. v. 18.12.68, E 24, 367 (401). Aus der umfangreichen Literatur: Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien, 1981; Bethge, NJW 1982, 1; Dolde, NVwZ 1982, 65; Laubinger, VerwArch 73 (1982), 60; Lerche!Schmitt GlaeserlSchmidt-Assmann, Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, 1984; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, 1986, S. 37 ff.

3 8 0

Vgl. Hufen, Freiheit der Kunst, S. 388.

38 1

v. Münch, GG, Rn. 25 ff. vor Art. 1; Pietzcker,

3 8 2

3 8 3

VVDStRL 41 (1983), 207.

Siehe die Zusammenstellung bei Starck, FS BVerfG II, S. 480 ff. (488 ff., 494 ff., 499 ff.). Grundlegend Häberle, VVDStRL 30 (1972), 80 (83).

78

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Hinzu kommt, daß hier mit naturwissenschaftlicher Exaktheit nachprüfbare Maßstäbe wegen der Eigenstruktur der jeweiligen Materie oft fehlen 384 . Auch dieser Umstand wird bei der Kunstfreiheit besonders deutlich sichtbar. Es liegt daher nahe, nach der Anwendung der beschriebenen Grundrechtsfunktion im Rahmen der Ausgestaltung der Rundfunkorganisation, der Wissenschafts- und Pressefreiheit sowie des Volkszählungsverfahrens 385 auch für den ebenfalls dem Schutz des Art. 5 GG unterfallenden Bereich der öffentlichen Kunstsubventionierung an ähnliche, vom Grundrecht her zu gewinnende Aussagen zur Organisations- und Verfahrensstruktur zu denken 386 . Für die Kunstförderung wird so Art. 5 Abs. 3 GG zum "Grundgesetz der staatlichen Kunstpflege" 387 . Trifft der Staat auf einem Gebiet, das dem Schutzbereich dieses Grundrechts zuzurechnen ist, organisatorische Maßnahmen irgendwelcher Art — und das ist bei der Institutionalisierung einer Kunstsubventionsverwaltung und allen im Zusammenhang damit zu regelnden Einzelfragen der Fall —, so hat er diese dem Leitbild der Kunstfreiheitsgarantie gemäß "grundrechtskonform" auszugestalten, um so überhaupt erst den Rahmen für eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Tätigkeit zu schaffen 388. Dem Staat fällt so bei der Verfahrensgestaltung die Rolle eines "Bürgen der Kunstfreiheit" z u 3 8 9 . Durch diese Tätigkeit trägt er — ohne daß man ihn auf zweifelhafte Weise zur Kunstsubventionierung verpflichten müßte — auf sachnahe, umfassende und dennoch dem Einzelfall gerecht werdende Weise zur objektiv-rechtlichen Verwirklichung von Kunstfreiheit bei. Wer ein grundrechtskonformes Förderverfahren schafft, hat den bei der konkreten Einzelentscheidung nach wie vor drohenden freiheitsgefährdenden Ingerenzen schon entscheidend vorgebeugt. Eine im Rahmen eines so ausgestalteten Verfahrens 3 8 4

Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 40 f.

3 8 5

Hier soll der Hinweis auf die Anwendung dieser Dogmatik in BVerfG, Urt. v. 15.12.83, E 65, 1, genügen.

3 8 6

Nachdrücklich in diese Richtung: HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 86, 661; Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 52; ders., AöR 110 (1985), 577 (610); Höfling, DÖV 1985, 387 (391 f.); Hufen, Freiheit der Kunst, S. 548 ff. (551).

3 8 7

Schäuble, Diss., S. 171.

3 8 8

Starck, in: M/K/S,

3 8 9

Häberle, AöR 110 (1985), 577 (610).

GG, Rn. 184 zu Art. 5.

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

79

nach sachlichen, "erlaubten" Kriterien getroffene und begründete Förderungsentscheidung bringt bereits durch die "ex ante" eingebauten Sicherungen die Vermutung der Grundrechtswahrung im beurteilten Einzelfall mit. Welche konkreten Anforderungen Art. 5 Abs. 3 GG nun an die Verfahrensausgestaltung richtet, ist mit dieser allgemeinen Einsicht noch nicht gesagt; die Literatur beginnt diesen Weg erst vorsichtig einzuschlagen390. Keineswegs handelt es sich jedoch nur um "nicht konkret umreißbare Rechtspflichten", die lediglich eine allgemeine "Verbindlichkeit" erzeugen 391 . Aus einigen der Kunstfreiheit innewohnenden, strukturspezifischen Wesensmerkmalen folgen vielmehr durchaus verifizierbare Leitlinien für die Verfahrenstechnik. Diese sollen im folgenden näher beleuchtet werden.

2. Der kunstimmanente Aspekt: Eigengesetzlichkeit Auszugehen ist dabei von der strukturellen Eigenart der Kunst selbst. Hier muß sich die Rechtswissenschaft in erster Linie auf Ergebnisse von Fremddisziplinen verlassen. Kunstsoziologie und Ästhetik haben grundlegende Aussagen zum Ablauf und Werden künstlerischer Werk- und Wirkprozesse geliefert 3 9 2 . Dabei kann als allgemeine Erkenntnis gelten, daß Kunst nicht nach von außen bestimmten Kriterien entsteht, sondern daß ihre Entwicklung einzig und allein nach "kunstimmanenten" Determinanten abläuft, die sich jeder außerkünstlerischen — und damit auch juristischen — Wertung entziehen. Künstlerisches Schaffen vollzieht sich also nach normativ nicht faßbaren Gesetzlichkeiten und Maßstäben; das gesellschaftliche Teilsystem "Kunst" entscheidet über seine eigene Entwicklung nach eigenspezifischen Kriterien 393 . 3 9 0

Häberle, AöR 110 (1985), 577 (610) mwN in Fn. 139. Wichtig dabei insbesondere der Beitrag von Schreyer, Entscheidungsgremien (insbes. S. 137).

3 9 1

So aber Erbel, Kunstfreiheitsgaranüe, S. 178 f. Skeptisch auch Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5.

3 9 2 3 9 3

Umfangreich dazu Hufen, Freiheit der Kunst, S. 236 ff. BVerfG, Beschl. v. 24.02.71, E 30, 173 (188); Beschl. v. 17.07.84, E 67, 213 (224). Ferner Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 100; Hufen, Freiheit der Kunst, S. 180; Oppermann, Bildung, S. 695; Schiaich, Neutralität, S. 85.

80

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Für diesen Befund hat sich der Ausdruck "Eigengesetzlichkeit" eingebürgert 3 9 4 . Sie ist es, die das Grundgesetz mit der Anerkennung der Freiheit der Kunst zu allererst schützt. Eigengesetzlichkeit wird damit für die Kunstfreiheit zum "schlechthin konstituierenden" Kern, nach dem sich alles staatliche Handeln in bezug auf die Kunst auszurichten hat 3 9 5 . Freilich schließt auch Eigengesetzlichkeit nicht aus, daß Kunst als "Provinz des Staates" 396 staatlichen Einflüssen zugänglich ist. Doch macht die wie auch immer geartete Gestaltung des Verhältnisses Staat/Kunst vor den Toren der Eigengesetzlichkeit halt. Zwar ändert sich auch in einem totalitären System ideologisch gesteuerter Staatskunst am eigentlichen, immanent eigengesetzlichen Gestaltungsprozeß nichts, wenn für ihn auch fremdbestimmte Zielvorgaben bestehen. Doch schützt das Grundgesetz nicht nur die Kunst an sich, sondern ihre Freiheit. Dies beinhaltet über die Respektierung von "Eigengesetzlichkeit" hinaus auch ein Bekenntnis zu einer Ordnung, in der die Optimierung eigengesetzlicher Prozesse gewährleistet ist. Alle noch aus Art. 5 Abs. 3 GG zu gewinnenden Strukturelemente müssen daher stets im Zusammenhang mit ihrer Eignung zu diesem Ziel gesehen werden. Kunst ist geschützt, weil sie eigengesetzlich abläuft; der verfassungsrechtliche Schutz bewirkt inhaltlich, daß sie eigengesetzlich ablaufen kann 3 9 7 . Damit kann das Verhältnis Staat/Kunst letztlich nur dann "freiheitlich" im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG geregelt werden, wenn damit stets die Respektierung von Eigenwert und Unverfügbarkeit der Kunst einhergeht 398. Achtung und Wahrung der Eigengesetzlichkeit werden damit zum obersten Grundsatz öffentlicher Kunstsubventionierung399.

3 9 4

Zurückgehend auf Smend, VVDStRL 4 (1928), 44 (61 f.). Siehe etwa Hesse, Grundzüge, Rn. 401; Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 72; Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 992; Oppermann, KuVerwR, S. 437, 440 f.; Knies, Schranken, S. 205 mwN in Fn. 128; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 40 zu Art. 5 Abs. 3; Dittmann, StL, Sp. 778.

3 9 5

HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661.

3 9 6

Oppermann, KuVerwR, S. 15.

3 9 7

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 180 (Hervorhebungen dort).

3 9 8

Evers, NJW 1983, 2161.

3 9 9

Cossens, Kunst und Recht, S. 85; Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 98; Maier, Probleme, S. 188. Auf die Schwierigkeiten, die hieraus für die staatliche Kulturpolitik folgen, weist hin Scheuner, Kulturstaat, S. 117.

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

81

3. Die Situation der Kunst im Staat: Autonomie Aufgrund der soeben beschriebenen Eigengesetzlichkeit verlangt Kunst im freiheitlichen Staat ihre Achtung als autonomer Lebensbereich 400. Diese Erkenntnis gilt für das gesamte Kulturverwaltungsrecht: Die Rechtsordnung kennt keinen anderen Bereich, der aufgrund seiner Autonomie in vergleichbarem Maße den grundrechtlich verbrieften Anspruch auf Freiheit und Distanz zur Zwangsgewalt des Staates genießt 401 . Die Geltung des Autonomieprinzips ist demgemäß auch in Wissenschaft 402 wie Praxis 403 unbestritten. Freiheitliche Kunst gründet in Autonomie zunächst deshalb, weil der künstlerische Schaffensprozeß eines von Fremdsteuerungen unbeeinflußten Handlungsspielraums bedarf 404 . Nur in der ungesteuerten Überlassung dieser kreativen Vorgänge an sich selbst kann ein Höchstmaß an Freiheit gewährleistet werden 4 0 5 . Autonomie darf dabei nicht als Qualitätsgarantie oder kreativitätsmaximierendes Allheilmittel gefeiert werden 406 . Bedenken in dieser Richtung befürchten als Folge einer "Autonomisierung" der Kunst die Ein- und Abschließung der kulturellen Öffentlichkeit. Bei einer solcherart erzeugten Isolation bliebe Kunst aber "gesellschaftlich relativ folgenlos" 407 . Diese Sorge wäre berechtigt, wenn in der Konsequenz des Autonomieprinzips Kunst als vom staatlichen und gesellschaftlichen Leben abgeschnittener, quasi "ghettoisierter" Bereich, dem Prinzip "l'art pour l'art" gehorchend, ein ästhetizistisches und damit zur Bedeutungslosigkeit verurteiltes Eremitendasein fristen müßte. Das Ge-

4 0 0

40 1 4 0 2

Dies ist keine historische Selbstverständlichkeit. Siehe dazu Grimm, VVDStRL 42 (1984), 47 ffLadeur, AK, Rn. 1 zu Art. 5 Abs. 3 II; Scheuner, Kulturstaat, S. 118 f. Oppermann, KuVerwR, S. 9 mit Fn. 11. Siehe nur BVerfG, Urt. v. 29.05.73, E 35, 79 (114, 116); Evers, NJW 1983, 2161; Knies, Schranken, S. 205; Scheuner, Kulturstaat, S. 122; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 40 zu Art. 5 Abs. 3; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 14.

4 0 3

Siehe Bund 2, S. 3.

4 0 4

Ladeur, AK, Rn. 26 zu Art. 5 Abs. 3 II.

4 0 5

Oppermann, KuVerwR, S. 9 f. Bedenken gegen eine "Fetischisierung" der Autonomie jedoch bei Adorno, Ästhetische Theorie, 2. Aufl. 1974, S. 375 f.

4 0 6

Skeptisch etwa Steiner, VVDStRL 42 (1984), 14, Fn. 30.

4 0 7

Ladeur, AK, Rn. 1 zu Art. 5 Abs. 3 II.

82

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

genteil ist jedoch der Fall. Autonomie bedeutet eben keineswegs Autarkie 408 . Sie fordert nicht Ausgrenzung, sondern ermöglicht Mitwirkung an der Gestaltung des öffentlichen Lebens 409 . Autonome Kunst steht in ständiger Wechselwirkung mit Staat und Gesellschaft; Autonomie gewinnt so Bedeutung als Postulat einer nicht staatsabgewandten, aber staatsfreien Kunst 4 1 0 . Autonomie verbietet daher nicht etwa fürsorgende Hinwendung des Staates zur Kunst, etwa in Gestalt von Maßnahmen der öffentlichen Kunstsubventionierung. Aber dieses Prinzip fordert bei allen in diese Richtung zielenden Staatsaktivitäten Beachtung. Für den Staat folgt daraus eine Art Selbstbeschränkung seiner sonst bei Förderungsmaßnahmen gewohnten Gestaltungsfreiheit. Kunstförderung läßt sich deshalb mit der Formel "Staatshilfe zur Staatsfreiheit" beschreiben 4!1.

4. Das Verhältnis des Staates zur Kunst: Neutralität Während der Autonomiegedanke die selbständige Stellung der Kunst im Staat kennzeichnet, läßt sich das Verhältnis des Staates zur Kunst am besten mit dem Begriff der Neutralität umschreiben. Gleichsam als Kehrseite und Spiegelbild des Autonomieprinzips wirkt sich das verfassungsrechtliche Neutralitätsgebot 4 ! 2 i m Bereich des Art. 5 Abs. 3 GG "kunstspezifisch" aus 413 . 4 0 8

4 0 9 4 1 0

4 1 1

Grimm, VVDStRL 42 (1984), 64; Maier, Staat und Kunst, in: Anstöße, S. 156; ähnlich Abelein, Kulturpolitik, S. 229. So schon v. Hippel, DÖV 1950, 257 (260). Siehe in dieser Richtung etwa Hufen, Freiheit der Kunst, S. 181; Knies, Schranken, S. 205; Seifert/Hömig, GG, Rn. 26 zu Art. 5. Bull, Staatsaufgaben, S. 308.

4 1 2

Allgemein dazu Schiaich, Neutralität. Bull, Staatsaufgaben, S. 372 f., leitet es aus Art. 3 Abs. 3, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 33 Abs. 3 i.V.m. 20 Abs. 1 GG (Demokratie) ab.

4 1 3

Siehe nur HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661; OVG Lüneburg, Urt. v. 27.05.82, NJW 1983, 1218; VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364); BGH, Urt. v. 03.06.75, NJW 1975, 1882 (1884); Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 969, 992 f.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8b zu Art. 5 Abs. 3; Steiner, Der Städtetag 1986, 512 (513).

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

83

Als wichtigste Konsequenz folgt aus ihm das an den Staat gerichtete Ingerenzverbot, wonach der öffentlichen Gewalt jede bestimmende Einflußnahme auf die in der Eigengesetzlichkeit der Kunst wurzelnden, von ästhetischen Rücksichten bestimmten Prozesse und Verhaltensweisen untersagt i s t 4 1 4 . Neutralität, verstanden als übergreifende Allgemeinheit des Staates im Interesse der freien Entfaltung des Einzelnen verbietet die Identifizierung mit dem Besonderen. Diese Funktion des Neutralitätsgedankens illustriert sehr anschaulich der Begriff der "Nicht-Identifikation" 415. Über dessen Bedeutung und Tragweite herrscht jedoch, insbesondere für den kulturellen Bereich, Streit, zumal eine verbindliche Interpretation des Identifikationsverbots bislang fehlt 4 1 6 . a) Zwei mögliche Neutralitätsinterpretationen: "Negative" und "Aktive" Neutralität Kritiker des Neutralitätsprinzips tragen vor, dieses Gebot fände zumindest für öffentliche Kunstsubventionierung keine Anwendung. Denn Neutralität verlange nach staatlicher Distanzierung in bezug auf denjenigen Gegenstand, dessen Autonomie respektiert werden soll. Gerade bei staatlichen Förderungsaktivitäten wende sich der Staat der Kunst jedoch positiv z u 4 1 7 . Zudem begünstige der Gedanke der Nicht-Identifikation etatistisches Ordnungsdenken, weil dabei von einer völligen Trennung staatlicher und gesellschaftlicher Entscheidungsprozesse ausgegangen werde 418 . Diese skeptischen bis kritischen Äußerungen zu "Neutralität" wurzeln in einer allzu rigorosen Gleichsetzung von staatlicher Aktivität und Identifikation 419 . 4 1 4

BVerfG, Beschl. v. 24.02.71, E 30, 173 (190).

4 1 5

Grundlegend Krüger, Allg Staatslehre, S. 178 ff. Die weitreichenden Folgerungen, die an diese Formel Krügers geknüpft werden, stehen im Widerspruch zu der lakonischen Knappheit, mit der er seine These in den Raum stellt. Kritisch dazu Schiaich, Neutralität, S. 241.

4 1 6

Demgegenüber geht Püttner, Toleranz, S. 34, davon aus, das Prinzip der Nicht-Identifikation sei "allgemein anerkannt".

4 1 7

Haverkate, Rechtsfragen, S. 167; Knies, Schranken, S. 225. Anders Scheuner, Kulturstaat, S. 120 f.

4 1 8 4 1 9

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 141 f. Höfling, DÖV 1985, 387 (389) mwN in Fn. 26; vgl. auch Schiaich, Neutralität, S. 241.

84

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Bloße Betätigung des Staates auf einem bestimmten Sachgebiet, sei es auch mit Ziel und Richtung, bedeutet jedoch noch nicht "Identifikation" mit der wahrgenommenen Materie 420 . Das zeigt etwa das Beispiel der Förderung parteinaher Stiftungen. Hier identifiziert sich der Staat nicht mit den jeweiligen inhaltlichen Aussagen des Geförderten, sondern nur mit dem allen Stiftungen gemeinsamen, abstrakten Zweck (zB Erziehung zum "mündigen Bürger"). Der Vorwurf des einseitigen politischen Engagements ginge hier offensichtlich fehl. Nichts anderes gilt aber auch für die Kunstförderung. Mit der Gewährung eines Zuschusses an einen bestimmten Künstler erhebt der Staat dessen Stil oder Anschauung noch nicht zur allgemeinverbindlichen Doktrin; Identifikation findet nicht mit dem Künstler als Individuum, sondern lediglich als "pars pro toto", als Teil der geförderten "Sache Kunst" statt. Gerade die Subventionierung der verschiedensten Gattungen, Formen, Stile und Richtungen zeigt, daß es bei der Förderung um die Kunst als solche geht. Anstelle dieses "negativen" Neutralitätsverständnisses, das im Ergebnis zu einer rigorosen Trennung von Staat und Kunst führen würde, kennzeichnet ein "aktives" Verständnis von Neutralität gerade die "Hineinnahme" autonomer Materien wie der Kunst in die Welt des Staatlichen421. So verstanden fordert Neutralität vom Staat weder Indifferenz noch Agnostizismus, weder mönchische Askese noch Entpolitisierung 422. Wer dem Staat im Verhältnis zur Kunst das Gelübde des "noli me tangere" abverlangt, verkennt die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für die Zulässigkeit öffentlicher Kunstsubventionierung. Die Folge völliger Abstinenz wäre ein Kirchhofsfrieden zwischen Staat und Kunst auf der Grundlage gegenseitigen Desinteresses. Nicht in der Ausgrenzung und dem Sich-Selbst-Überlassen des kulturellen Lebensbereichs und der ihn bestimmenden Faktoren, nicht in strikter Staatsferne zeigt sich danach "aktive Neutralität", nicht in der Flucht vor Sachentscheidungen, 4 2 0

Schiaich, Neutralität, S. 242, 258.

4 2 1

Schiaich, Neutralität, S. 259.

4 2 2

Ähnlich etwa Huber, KuVerf, S. 355; ders., Kulturstaat, S. 14; Scheuner, Kulturstaat, S. 120 f.; ders., Pluralismus, S. 156; Schiaich, EvStL II, 3. Aufl. 1987, Sp. 2242; SeifertlHömig, GG, Rn. 26 zu Art. 5; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 28. Nach Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 110, hat der Neutralisierungsprozeß ohnehin bereits zu einer befremdlichen Entfernung von Kultur und Realität geführt.

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

85

sondern in einer freiheitlich geprägten Hinwendung zur Kunst, einer "neutralen Solidarität" 423 . Die besondere Situation der Kunst will bewältigt, nicht ignoriert s e i n 4 2 4 . Kurz: Neutralität darf nicht neutralisieren 425 . Sie verbietet zwar Staatskunst, gebietet aber keine Trennung von Staat und Kunst, kein "kulturverfassungsrechtliches Keuschheitsgebot"426. Im Förderungswesen kann das Neutralitätsgebot aber wirksam zur Verwirklichung einer am Grundrecht orientierten Organisation und Verfahrensgestaltung beitragen 427. b) Neutralität und Toleranz Die Begriffe Neutralität und Toleranz werden oft in einem Atemzug, ja fast synonym verwendet 428 . Ob der Toleranzgedanke jedoch für den Bereich der öffentlichen Kunstsubventionierung zum Tragen kommt, muß bezweifelt werden. Toleranz heißt Duldung. Das Duldungsgebot gilt für gesellschaftliche Aktivitäten aller Art, insbesondere aber im weltanschaulichen Bereich. Auch der tolerante Staat vertritt zwar eigene Auffassungen und Wertvorstellungen, wie sie etwa in der vom Grundgesetz gestalteten Werteordnung zum Ausdruck kommen. Er duldet jedoch grundsätzlich hiervon abweichende Meinungen und deren Realisierung, solange sie sich im Rahmen des gemeinsamen Grundkonsenses halten, ohne den geordnetes Zusammenleben nicht möglich ist. Damit zeigt sich aber schon die Unbrauchbarkeit des Toleranzgedankens für die Kunstförderung: Hier, wo der Staat sich gerade keine eigene, "amtliche" Kunstauffassung bilden darf, kann seine Position nicht nur tolerant, sie muß 4 2 3

4 2 4 4 2 5

4 2 6 4 2 7 4 2 8

Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 970, 976. Siehe auch Hufen, BayVBl. 1985, 1 (6); Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 138, Fn. 441; Zacher, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 100. Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 138; Schiaich, Neutralität, S. 187. Schiaich, EvStL II, 3. Aufl. 1987, S. 251. Ähnlich Locher, Bildende Kunst, S. 28: Der Staat müsse sich neutral, aber nicht wertneutral verhalten. Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 28, 30. Schiaich, EvStL II, 3. Aufl. 1987, S. 251; Ossenbühl, DÖV 1983, 785 (790). Siehe etwa OVG Lüneburg, Urt. v. 27.05.82, NJW 1983, 1218; BGH, Urt. v. 03.06.75, NJW 1975, 1882 (1884); Huber, KuVerf, S. 355; Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 992 ff.; Ossenbühl, DÖV 1983, 785 (790). Grundlegend zum Toleranzprinzip Püttner, Toleranz; zuletzt Neumann, Toleranz als grundlegendes Verfassungsprinzip, in: Toleranz und Repression, 1987, S. 71 ff.

86

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

vielmehr neutral sein 429 . Die Kunstfreiheit verlangt vom Staat mehr als bloße Duldung "dissidenter" Kunst, weil es keine Staatskunst gibt, von der dissidente Künstler abweichen könnten.

5. Das verfassungsrechtliche Gebot: Pluralismus Eigengesetzlichkeit, Neutralität und Autonomie bedingen damit die drei wesentlichen Elemente, an denen sich freiheitsorientierte Kunstsubventionierung auszurichten hat. Das so skizzierte "Großklima" 430 läßt sich nun optimal in einer pluralistisch verfaßten Förderpraxis umsetzen. Kunst bewegt sich in einer "pluralistischen Mittelzone" zwischen Staat und Gesellschaft 43!. Pluralismus kann sich dabei auf vielfältige Weise realisieren: Als Freiheit von einseitigen Kunstidealen durch die Vielfalt konkurrierender Maßstäbe, Stile, Richtungen und Gattungen, als Freiheit von dirigistischem Kunstdiktat durch das Nebeneinander zahlreicher für die Kunstförderung verantwortlicher Instanzen, als Absage an eine "schichtenspezifische" Kultur im Sinne einer Beteiligung möglichst vieler Menschen am kulturellen Leben, als Garantie der Offenheit für Neues bei gleichzeitiger Bewahrung von Bewährtem, von Kreativität und Tradition. Im Pluralismusgedanken gehen damit alle bislang skizzierten Strukturaspekte der Kunstfreiheit eine Synthese ein: In der Aufforderung an den Staat zu pluralistisch strukturierter Organisation und Verfahren liegt das eigentliche verfassungsrechtliche Gebot 432 .

4 2 9

Steiner, Toleranz, EvStL, Sp. 3636. Skeptisch auch Reuhl, JZ 1981, 321 (324).

4 3 0

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 14.

4 3 1

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 127 f.

4 3 2

In der Literatur wird dies auch mit den Formeln "Pluralität", "Offenheit", "Vielfalt" beschrieben. Zu den verschiedenen Funktionen von Pluralismus etwa Bull, Staatsaufgaben, S. 210; Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 32 ff.; Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 99; Hufen, BayVBl. 1985, 1 (6); Knies, EvStL, Sp. 1947; Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 993; Pappermann, in: P/M/B, s. 10; Scheuner, Kulturstaat, S. 120 f. Häberle, Verfassung als öffenüicher Prozeß, 1978, S. 142, bezeichnet Art. 5 GG in all seinen Absätzen als "das Kernstück verfaßter Pluralität".

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

87

Pluralismus ist dabei keineswegs eine auf den Kunstbereich spezifisch zugeschnittene Idee, sondern für viele gesellschaftliche Bereiche und ihr Verhältnis zum Staat kennzeichnendes verfassungsrechtliches Prinzip 4 3 3 . Man hat das Grundgesetz sogar eine "Verfassung des Pluralismus" genannt 434 . Gerade im kulturellen Bereich lassen sich jedoch wesentliche Strukturmerkmale der allgemeinen Pluralismustheorie sachnah verwirklichen, etwa die Bereitschaft des Staates zur Öffnung gegenüber gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen und die Ablehnung verbindlicher Staatsdoktrinen 435. Dabei sollte man sich selbstverständlich nicht der trügerischen Hoffnung hingeben, mit dem Zauberwort "Pluralismus" seien bereits alle Ingerenzprobleme gebannt. Euphorie ist fehl am Platze 436 . Bewähren kann sich die Pluralismusidee nur in mühevoller Kleinarbeit, im konkreten Verfahrensdetail. Ein allgemeines Rezept zur Herstellung des angestrebten Optimalzustandes wird es dabei wohl nicht geben. Ein Weg zur Verwirklichung von Pluralismus wird zu Recht in der Forderung nach "Trägerpluralismus" gesehen437. Man versteht darunter die größtmögliche Vielfalt der Träger öffentlicher Kunstsubventionierung und eine Absage an einseitige Förderungsmonopole. Nicht nur im Sinne eines Dualismus zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Trägern, sondern gerade erst durch das Nebeneinander der verschiedenen öffentlichen Träger untereinander und in Konkurrenz zu den gesellschaftlich-privaten Aktivitäten entsteht eine "maximale Pluralität der Kulturträger" 438 , die durch den ständigen Wettstreit um die freiheitlichere Vergabepraxis Einseitigkeiten und Richtungsmonopole wirksam bekämpft. Trägerpluralismus erweist sich so als eine Form der Gewaltentei4 3 3 4 3 4

435

Siehe Schütz, Staat als Mäzen, S. 16. Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 46. Ausführlich zur allgemeinen Funktion des Pluralismusprinzips Scheuner, Pluralismus, S. 145 ff.

4 3 6

Verdächtig insofern HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661, wo der Pluralismus als "Garant der Kunstfreiheit" gefeiert wird.

4 3 7

Nachdrücklich vor allem Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 46 ff. (52); ders., Kulturpolitik in der Stadt, S. 21 f.; ders., APuZ, S. 25 ff. Siehe ferner BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321, LS 2; Besson, Kulturpolitik, Sp. 1195 f.; Ditges, Diss., S. 159; Hufen, BayVBl. 1985, 1 (5); Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8c zu Art. 5 Abs. 3; Zacher, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 101.

4 3 8

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 29.

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Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

lung im weiten, nicht auf den staatlichen Bereich beschränkten Sinn 4 3 9 . Er sorgt so für eine optimale Ausdifferenzierung aller Aktivitäten, erfüllt also die den Pluralismus generell kennzeichnende Ausgleichsfunktion. Dies wirkt sich besonders positiv im Zusammenhang mit der Frage nach der künstlerisch-ästhetischen Bewertung des Kunstwerks im Rahmen der Vergabeentscheidung aus: Wer die Verantwortung für diese Entscheidung — ihre Zulässigkeit abermals unterstellt — auf mehrere Träger verteilt, minimiert bereits den latenten Dirigismusverdacht 440. Dem so am Pluralismusgebot entwickelten Leitbild entspricht auch die Realität. Bundesrepublikanische Kunstförderung ruht auf vielen Schultern. Die unüberschaubaren Aktivitäten von Bund, Ländern, Gemeinden, anderer (halb-)öffentlich-rechtlicher Träger, aber auch von Privaten (Gewerkschaften, Verbände und Vereine, Stiftungen, Parteien, Unternehmen, Einzelmäzene) bieten ein Bild reizvoller Vielfalt, das für die Bundesrepublik im Vergleich zu anderen europäischen Staaten durchaus typisch i s t 4 4 1 . Dabei tragen Länder und Gemeinden die Hauptlast der aufgewandten M i t t e l 4 4 2 . Der Anteil des Bundes fällt, betrachtet man nur die nackten Zahlen, gering aus. Dennoch darf die Schubkraft dieser summenmäßig marginalen Bundesaktivitäten nicht unterschätzt werden. Gesamtstaatliche Autorität und Breitenwirkung gleichen den niedrigen finanziellen Aufwand gemessen an den bewirkten Impulsen mehr als aus 4 4 3 . Dabei überrascht es auf den ersten Blick, daß hier im Zeitalter notorisch knapper öffentlicher Kassen zwischen den einzelnen Förderungsträgern ein Kompetenzstreit um die Frage brennt, wer nun eigentlich befugtermaßen sein Geld für die Kunst ausgeben darf. Dahinter steckt aber — neben dem durchaus anerkennenswerten altruistischen Motiv — wohl auch ein Stück Selbstdarstellungsinteresse. Der Kunstbereich eignet sich nun einmal als ideales Podium zum Beweis der Fürsorgeaktivitäten der öffentlichen Verwaltung. 4 3 9

Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 46 f.

4 4 0

Häberle, APuZ, S. 28.

4 4 1

Scheuch, Kulturpolitik, S. 28.

4 4 2

4 4 3

Für das Jahr 1984 ergibt sich ungefähr folgende Verteilung: Bund 3 %; Länder 41 %; Gemeinden 56 %. Siehe Sofsky, EvStL, Sp. 1939. Hufen. BayVBl. 1985, 1 (2).

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

89

Dies wird von politischer Seite bisweilen ohne Not schamhaft kaschiert 444 , doch bestehen gegen diesen reflexartig eintretenden Nebeneffekt solange keine Bedenken, als er legitime Randerscheinung bleibt und nicht ins Zentrum kulturpolitischer Überlegungen rückt. Die Kompetenzverfassung der Bundesrepublik auf kulturellem Gebiet kommt dabei der so skizzierten realen Lage entgegen445. Eine detaillierte Behandlung der hier auftretenden Probleme ist im vorgegebenen Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich. Neben der unbestrittenen Kompetenz der Länder aufgrund ihrer "Kulturhoheit" nach den Art. 30, 70, 83 G G 4 4 6 und der Gemeinden aufgrund der Zugehörigkeit kultureller Aufgaben zum Kern der von Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Selbstverwaltung 447 sollte man aber auch dem Bund eine gewisse Kompetenz zu kunstfördernden Maßnahmen nicht absprechen. Zwar kann sich diese nur aufgrund der ungeschriebenen Kompetenztitel "Natur der Sache", "gesamtstaatliche Repräsentation" oder "Sachzusammenhang" ergeben 4 4 8 , und das BVerfG empfiehlt bei der Annahme ungeschriebener Kompetenzen grundsätzlich Zurückhaltung 449 . Dennoch grenzt zumindest für den Kunstbereich der grundrechtsimmanente Pluralismusgedanke des Art. 5 Abs. 3 GG diesen Grundsatz der restriktiven Interpretation ein. Hier stoßen also zwei verfassungsunmittelbare Prinzipien aufeinander: Der Kanon der geschriebenen Zuständigkeiten der Art. 70 ff. GG mit dem aus ihm folgenden Grundsatz der restriktiven Interpretation ungeschriebener Kompetenzen, und der unmittelbar 4 4 4

ZB Späth, Kunstförderung, S. 191: Kunstförderung in Baden-Württemberg habe nichts damit zu tun, daß man sich dort ein "glitzerndes Mäntelchen kultureller Eitelkeit umhängen" wollte.

4 4 5

Zum Kulturföderalismus ausführlich Hufen, BayVBl. 1985, 1 ff. Siehe auch Oebbecke, Räume, S. 198 f.

4 4 6

Statt aller BVerfG, Urt. v. 26.03.57, E 6, 309 (354); Urt. v. 28.02.61, E 12, 205; Maunz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 5 zu Art. 30; Thieme, Kulturordnung, S. 59 ff.; Hufen, BayVBl. 1985, 1 ff.

4 4 7

Statt aller Häberle, Kulturpolitik in der Stadt, S. 10 ff.; Hufen, NVwZ 1983, 516 ff.; Steiner, Der Städtetag 1986, 512 ff.

4 4 8

Ausführlich dazu Maunz, FS Müller, S. 257 ff.; Peters, Festgabe E. Kaufmann, S. 281 ff.; Thieme, Kulturordnung, S. 62 ff.; Wenke, FS Nawiasky, S. 269 ff. Siehe ferner Hufen, Kulturstaatlichkeit, S. 212 ff.; Maihofer, Kulturelle Aufgaben, S. 978 ff.

449

BVerfG, Urt. v. 18.07.67, E 22, 180 (217). Allgemein zu "ungeschriebenen Kompetenzen" Bullinger, AöR 96 (1971), 237 ff.

90

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

in Art. 5 Abs. 3 GG angesiedelte Gedanke des Trägerpluralismus. Gewiß: Trägerpluralismus kann für sich allein keine Basis originärer Zuständigkeitstitel sein. Wenn jedoch das Grundgesetz neben geschriebenen Kompetenzen auch ungeschriebene enthält, so ist bei deren Auslegung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zu verfahren. Daraus folgt, daß in Abweichung von der allgemeinen Auslegungsregel des BVerfG mit Rücksicht auf den Gedanken des Trägerpluralismus im Rahmen des Art. 5 Abs. 3 GG eine großzügigere Auslegung der ungeschriebenen Kompetenzen möglich sein muß, die einerseits dem kunstfreiheitsimmanenten Gebot Rechnung trägt, andererseits aber auch die Grenzen des Kompetenzrechts nicht unnötig überdehnt 450. Einer positiven Sicht der Beteiligung des Bundes innerhalb der ihm so zur Verfügung stehenden Kompetenztitel steht daher kein grundsätzlicher Einwand entgegen. Seine Mitwirkung an Maßnahmen öffentlicher Kunstsubventionierung bedeutet vielmehr einen weiteren Zuwachs an Pluralität der Entscheidungsträger und damit einen Gewinn für Offenheit und Vielfalt. Die bereichernden Auswirkungen einer Bundesaktivität überwiegen die von ihr drohenden Gefahren bei weitem 45 !. Insgesamt läßt sich in kompetenzrechtlicher Hinsicht im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse der Sachmaterie "Kunst" ein gewisser Pragmatismus rechtfertigen. Zuständigkeitsgrenzen trennen hier weniger als anderswo; ihre Überschreitung löst nur geringen Widerstand aus 4 5 2 . Die Zuständigkeitsordnung ihrerseits wird, soweit sie einer Auslegung zugänglich ist, von den Strukturprinzipien des Sachbereichs Kunst geprägt und öffnet damit den Weg zur Beteiligung einer Vielzahl von Förderungsträgern, auch des Bundes. Damit stimmt der empirische Befund der Praxis mit der verfassungsrechtlichen Möglichkeit und der verfassungspolitischen Wünschbarkeit überein: Förderungsaufgaben in bezug auf die Kunst sind nicht konkreten, verbindlich für jeden Einzelfall festgelegten Trägern zugewiesen, sondern obliegen innerhalb eines fle4 5 0

In dieser Richtung auch Badura, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 106; Maihofer, relle Aufgaben, S. 978 ff.

4 5 1

Steiner, Der Städtetag 1986, 512 f.

4 5 2

Steiner, Der Städtetag 1986, 512 f.

Kultu-

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

91

xiblen Gesamtsystems einer Vielzahl von potentiellen Trägern 453 . So erweist sich die Kompetenzverfassung in Sachen der Kunst als pluralismusorientiert.

6. Weitere Strukturprinzipien a) Subsidiarität Mit der Frage nach dem Subsidiaritätsprinzip stellt sich das Problem des Rangverhältnisses von Staat und Gesellschaft bei der Kunstförderung, also die Frage danach, was das Gemeinwesen kulturell überhaupt tun kann und tun s o l l 4 5 4 und welche Aktivitäten es besser gesellschaftlichen Kräften überläßt. Denkbare Pole sind dabei völlige Staatsvereinnahmung der Kunstförderung unter Ausschluß aller " staatsfreien " Instanzen oder absolute Staatsaskese unter völligem Rückzug des Staates aus diesem Sachbereich. Die Verfassung fordert weder die eine noch die andere Extremlösung; die Funktion des Subsidiaritätsprinzips kann sich also allenfalls in der Festlegung eines grundsätzlichen Nachrangs der öffentlichen im Verhältnis zu den privaten Förderungsträgern zeigen 4 5 5 . Fraglich ist, ob dem Grundgesetz die Anordnung eines solchen Nachrangs entnommen werden kann 456 . Neben diesem Aspekt 4 5 7 ist Subsidiarität aber auch noch in einem anderen Sinne denkbar: Als Rangordnungsprinzip für das Verhältnis der öffentlichrechtlichen Träger untereinander, wobei die kleinere, ortsnähere Einheit stets als vorrangig verantwortlich im Vergleich zur nächsthöheren, überregionalen 4 5 3 4 5 4

455

4 5 6

457

Steiner, FS Hübner, S. 809. Zacher, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 100. zur allgemeinen Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips im Verfassungsrecht etwa Bull, Staatsaufgaben, S. 190 ff.; Herzog, Der Staat 2 (1963), 309 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968. Zur Rechtslage in der Schweiz: Baeggli, Diss., S. 44; Stadler, Diss., S. 122. In Österreich ist das Subsidiaritätsprinzip sogar gesetzlich verankert; siehe etwa § 4 Abs. 3 S. 2 SalzburgerKuFöG, § 5 Abs. 2 TirolerKuFöG. OazuBesson, Kulturpolitik, Sp. 1995; Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 176.

92

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Einheit zu sehen wäre 458 . Eine in Kombination beider Aspekte erstellte Rangfolge könnte dann etwa so aussehen: 1. 2.

Private Träger; Halb- oder gemischtstaatliche Organisationen;

3. 4.

Gemeinden; Kreise;

5.

Höhere Kommunalverbände (Bezirke, Landschaften etc.);

6. 7.

Länder; Bund.

Ein Blick in die Praxis lehrt, daß die Verwaltung in vielfältiger Weise am Subsidiaritätsprinzip orientierte Kunstförderung betreibt. Eine der wichtigsten Ausprägungen ist dabei der Grundsatz der sog. "Spitzenförderung 11 oder "Spitzenfinanzierung" 459 . Danach setzt die Hilfe des subsidiären Trägers — also des Staates — immer erst dann ein, wenn bereits anderweitige Finanzierungsgrundlagen vorhanden sind, diese aber nicht ausreichen. Die Kulturpolitik sieht hierin geradezu eine Hauptsäule des Förderungsverfahrens 460. Als "anderweitige Mittel" kommen insbesondere eigene Beiträge des Antragstellers, Spenden Dritter oder Einnahmen aus Veranstaltungen, aber auch Zuwendungen anderer öffentlicher Träger, die gegenüber dem staatlichen Träger vorrangig sind (zB Gemeinde gegenüber Land) in Betracht. Im Sinne einer Herausforderung von Eigeninitiative und der Vermeidung bequem-saturierter Erwartungshaltungen wird dabei besonderer Wert auf einen angemessenen Eigenanteil gelegt. Erst den nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten verbleibenden Fehlbetrag deckt dann der nachrangige (subsidiäre) Träger. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Öffentliche Mittel bilden dann nicht Spitze, sondern Basis der Förderung und sollen so Hilfe von Dritter Seite auslösen461. 4 5 8

Dazu insbesondere Maihofer,

Kulturelle Aufgaben, S. 987.

4 5 9

Andere sprechen von "Kulturmischfinanzierung", so Steiner, FS Hübner, S. 810, oder "Partnerschaftsfinanzierung". Beispiel etwa die Maßnahmen nach dem Bayerischen Musikplan und dazu Stummer, BayVBl. 1986, 645 (646).

4 6 0

Benecke, Möglichkeiten, S. 68; Engler, in: Kulturpolitik der Länder 1982-1984, S. 16; Konrad-Adenauer-Süftung, Thesen 17 und 18; Späth, Kunstförderung, S. 192.

4 6 1

So etwa die Zielsetzung des Kunstfonds e.V. laut dessen Zwischenbilanz, 1987 (Informationsbroschüre). Siehe dazu auch Bund 2, S. 10.

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

93

Der mit dem Subsidiaritätsprinzip umschriebene weitgehende Rückzug des Staates auf die Rolle des Lückenfüllers kommt den aus der Kunstfreiheitsgarantie gewonnenen Strukturprinzipien in mehrerlei Hinsicht entgegen. So minimiert die Anknüpfung an private Initiative und die dort aufgebrachten Mittel das Risiko staatlichen Kunstdiktats, weil so die Auswahl der zu fördernden Kunst primär gesellschaftlichen Kräften überlassen bleibt und dem Staat so schon Anhaltspunkte über offenbar "würdige" künstlerische Aktivitäten geliefert werden. "Hilfe zur Selbsthilfe" 462 bewirkt zudem seitens der Künstler zusätzliche Kreativität und öffnet so einen breiteren Spielraum für eigene Initiativen. Ferner ermöglicht die mit der Ortsnähe einhergehende Kenntnis regionaler und lokaler Gegebenheiten die Berücksichtigung von spezifischen Eigenarten und Besonderheiten und trägt so zur Ausformung eines nicht von oben nach unten oktroyierten, sondern von unten nach oben gewachsenen Förderungssystems b e i 4 6 3 . Schließlich trägt eine am Subsidiaritätsprinzip ausgerichtete Förderpraxis dem Umstand Rechnung, daß zwar nicht verfassungsrechtliche Pflicht, aber politische Klugheit vom Staat fordert, sich in all den Bereichen zurückzuhalten, die von nicht-staatlichen Einheiten ebenso gut, wenn nicht gar besser, erledigt werden können 464 . Damit ist die Frage nach der zwingenden Geltung des Subsidiaritätsprinzips jedoch noch nicht beantwortet. Nach dem hier vertretenen "aktiven" Verständnis von Neutralität handelt der Staat auch dann legitim, wenn er — ohne Indizien aus dem Bereich der "Gesellschaft" — aufgrund originär eigenen Engagements und nach eigenen Präferenzen Schwerpunkte setzt, ja gesellschaftlichen Aktivitäten auch gegensteuert. Er ist nicht von Verfassungs wegen ins zweite Glied der Kulturpflege gerückt 465 . Vollständige Unterwerfung unter das Subsidiaritätsprinzip brächte den so auf die Funktion des Vollzugs- und Erfüllungsgehilfen in bezug auf ohne sein Zutun getroffene Entscheidungen verwiesenen Staat um jede Aktionskompetenz. Bedenklich wäre dies deshalb, weil es so bei 462 4 6 3 4 6 4

4 6 5

Ditfii Beck, Wahrheit, S. 267 ff., Benda, Kunstfreiheit, S. 352. Dieses Prinzip gilt im Subventionsrecht generell, vgl. Kirchhoff, Subventionen, S. 105. Stadler, Diss., S. 7. Schuppert, Erfüllung, S. 145. Im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden ist dieser Grundsatz geltendes Recht; vgl. Art 89 Abs. 1 Nr. 3 BayGO. Steiner, VVDStRL 42 (1984), 28.

94

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

den skizzierten Gefahren einer "staatseliminierten" Förderung bliebe und dafür auch noch öffentliche Mittel ohne eigene Steuerungsmöglichkeit des Staates eingesetzt würden 466 . Subsidiarität kann jedoch die Fälle, in denen der Staat von seiner Aktionskompetenz Gebrauch machen darf, im Sinne der Formel "Soviel Eigeninitiative wie möglich, soviel Staat wie nötig" auf das richtige Maß beschränken und so im Einklang mit dem Neutralitätsprinzip einer unnötigen Verdrängung von Privatinitiative entgegenwirken 467. Für weitergehende Deutungen eignet sich das Subsidiaritätsprinzip jedoch nicht. Subsidiarität ist danach kein kulturverfassungsrechtliches Dogma, sondern die selbstgewählte Beschränkung einer gut beratenen Kulturpolitik 468 .

b) Dezentralität Die kulturpolitisch oftmals erhobene Forderung nach Dezentralität 469 deckt sich weitgehend mit der soeben beschriebenen zweiten Komponente des Subsidiaritätsgedankens. Die Vorzüge einer Absage an einen zentralistisehen "Kulturmoloch" zeigen sich in Orts-, Sach- und Bürgernähe, gesteigerten Partizipationsmöglichkeiten für den Betroffenen, erhöhter Transparenz von Entscheidungsprozessen, besserer Berücksichtigung von Minderheiten etc. 4 7 0 . Auch unter verwaltungsorganisatorischen Aspekten mag Dezentralität Vorteile bieten. Dennoch: Dieser Gedanke ergibt sich nicht zwingend aus der Kunst4 6 6

Dies, zumal die öffentlichen Mittel derzeit die privaten bei weitem überwiegen, vgl. Grabbe, in: P/M/B, S. 22.

4 6 T

In diesem Sinne Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 176.

4 6 8

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 28.

4 6 9

Dazu ausführlich etwa Klagest Schäfer, Organisation, S. 10 ff., 198; ferner Fohrbeck, Kunstförderung, S. 11; Engler, in: Kulturpolitik der Länder, 1982-1984, S. 15; Maier, ebd., S. 50; Oebbecke, Räume, S. 199; Scheuch, Kulturpolitik, S. 50. Allgemein zu Dezentralität und ihren Vorzügen Kaiser, FS für Th. Maunz, 1981, S. 169 ff.; Knemeyer, DVB1. 1976, 380.

4 7 0

Siehe nur Hufen, BayVBl. 1985, 37 (41), ders., Kulturstaatlichkeit, S. 210, 215 ff. Ferner Andreae/Keuschnigg, Kunst und Wirtschaft, in: Symposium Kunst + Wirtschaft, S. 43 f.

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

95

freiheitsgarantie, ebenso wie der Gedanke des Trägerpluralismus nicht unentbehrlich ist. Auch im Zentralstaat könnte "freie" Kunst sinnvoll und unter Berücksichtigung ihrer Eigengesetzlichkeit subventioniert werden. Dies beweist etwa das Beispiel Frankreichs. Ein Verfassungsgebot zur Dezentralisierung der Kunstverwaltung auf die kleinstmögliche Einheit enthält das Grundgesetz nicht; ein Kunstförderungsmonopol der Gemeinden etwa 4 7 1 ließe sich auch schwerlich mit der Forderung nach größtmöglicher Vielfalt der verschiedensten Förderungsträger vereinbaren.

c) Transparenz Mit dem Begriff der Transparenz wird in der Diskussion die Forderung nach Durchsichtigkeit, Nachvollziehbarkeit und damit "Öffentlichkeit" des Subventionsverfahrens verbunden 472. Letztlich geht es also um die Frage der Überprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen. Das Transparenzgebot gilt dabei nicht speziell für die Kunstfreiheit, sondern folgt generell als Konsequenz aus dem Rechtsstaatsprinzip 473. Für die öffentliche Kunstsubventionierung lassen sich drei Varianten des Transparenzbegriffs unterscheiden. Transparenz als kulturpolitisches Gebot an die planende und gestaltende Verwaltung ist in der Praxis weitgehend verwirklicht. In ihren Kulturprogrammen haben Staat und Städte 474 die Grundvorstellungen und Leitlinien ihrer Kulturpolitik veröffentlicht und so für alle Interessierten Orientierungsdaten geliefert. Die in den österreichischen Landeskulturförderungsgesetzen vorgesehenen "Kulturberichte" 475 können darüber hinaus zur Nachahmung empfohlen werden. Sie bieten einen umfassenden Überblick über vollzogene und ge4 7 1

In diese Richtung Hufen, NVwZ 1983, 516 (520 f.).

4 7 2

Siehe dazu Schwarze, Afp 1974, 692 (696).

4 7 3

Maunz/Zippelius,

Deutsches StaatsR, § 12 I 1.

4 7 4

Beispiele bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), 27, Fn. 27. Zum niedersächsischen Kulturprogramm Cossens, Kunst und Recht, s. 85. Siehe ferner: Kunst in Baden-Württemberg, hrsg. v. baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, 1981.

4 7 5

Siehe zB "Kulturberichte aus Tirol", hrsg. vom Amt der Tiroler Landesregierung Kulturabteilung (erscheinen einmal jährlich).

96

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

plante Maßnahmen für die Bürger und zwingen andererseits durch ihr turnusgemäßes Erscheinen die Kulturverwalter zu ständiger Bestandsaufnahme und zum Überdenken der realisierten Konzepte. Ganz im Sinne des Transparenzgedankens liegt auch die dort detailliert ablesbare Aufschlüsselung der Fördermittel nach Sparten und Förderungstechniken. Des weiteren wirkt sich das Transparenzgebot auf die Frage einer Veröffentlichungspflicht der für das Bewilligungsverfahren geltenden Richtlinien aus. Der infolge des Nichteingreifens des Gesetzesvorbehalts eintretende Verzicht auf eine positiv-gesetzliche Grundlage für Kunstsubventionen darf nicht dazu führen, daß sich das Subventionsverfahren in einer unkontrollierbaren Grauzone bewegt, die weder für die Betroffenen noch für die Öffentlichkeit einsehbar i s t 4 7 6 . Eine rein interne, unveröffentlichte Verwaltungsvorschrift dürfte hier nicht genügen. Erforderlich ist zumindest eine Publikation in vergleichbarer Weise wie bei anderen außenwirksamen Verwaltungsvorschriften (zB Benutzungsordnungen), Satzungen oder Verordnungen 477. Hier bieten sich Amtsblätter, GVB1. o.ä., für die Kommunen insbesondere die Form der kommunalen Satzung an 4 7 8 . Dies trüge zur Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit von Entscheidungen bei und diente zudem dem Abbau des verbreiteten Vorurteils gegen Vetternwirtschaft im Subventionswesen. Die dritte und letzte Konsequenz aus dem Transparenzgedanken betrifft schließlich die Publizität der eigentlichen Förderungsentscheidung. Sowohl für Antragsteller wie Geldgeber und die ganze Öffentlichkeit muß erkennbar sein, wer wen aufgrund welcher Kriterien und mit welcher Begründung ausgewählt

4 7 6

So für den Bereich der Wirtschaftssubventionen schon Zacher, VVDStRL 25 (1967), 310.

4 7 7

Duisberg, Forschungssubv, S. 135 f.; Grosser, Spannungslage, S. 73 f., mit Kritik an BayVGH, Urt. v. 20.07.67, VerwRspr. 1968 Nr. 92. In Bayern gilt die "Bekanntmachung über die amtliche Veröffentlichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Staatsregierung und der Staatsministerien vom 13.07.77" (BayRS 1140-1-S). Die allgemeine Frage, ob und wann Verwaltungsvorschriften veröffentlicht werden müssen, ist jedoch bislang nicht geklärt, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 28.10.75, E 40, 237 (252); BVerwG, Urt. v. 16.09.80, E 61, 15.

4 7 8

Hufen, NVwZ 1983, 516 (521).

III. Verfassungsrechtliche Direktiven

97

hat 4 7 9 . Nur so besteht eine Möglichkeit, sachfremde Erwägungen festzustellen und Fehlentscheidungen dementsprechend korrigieren zu können. Die Kulturverwaltung braucht das Licht der Öffentlichkeit nicht zu scheuen; Kritik entzündet sich allenfalls an Geheimniskrämerei und der Anonymität einsamer Beschlüsse aus dem "Wölkenkuckucksheim"480. Schließlich korrespondiert ein so verstandenes Transparenzgebot auch mit der Forderung nach Dezentralität, denn die Größe des Apparats steht in umgekehrt proportionalem Verhältnis zur Chance der Durchschaubarkeit von Entscheidungsprozessen48!.

7. Zusammenfassung Mit den Prinzipien Eigengesetzlichkeit, Autonomie und Neutralität sowie dem aus ihnen gewonnenen Pluralismusgebot sind die Kernaussagen der Kunstfreiheitsgarantie zu einer ihr konformen Ausgestaltung der Verfahrenspraxis genannt. Sie sind geeignet, im Wege praktischer Konkordanz bei jeder einzelnen Subventionsentscheidung zu einem grundrechtsorientierten Ausgleich der widerstreitenden Interessen beizutragen 482 . So gewinnt das Grundrecht der Kunstfreiheit auch für den Förderungssektor strukturelle Dimension 483 . Andere Aspekte wie Subsidiarität, Dezentralität und Transparenz 484 betreffen zwar durchaus wichtige Teilaspekte, können aber nur am Rande und in bezug auf Detailfragen eine Rolle spielen. Dies hängt damit zusammen, daß es sich bei letzteren um die Anwendung allgemeiner Grundsätze für das Kunstsubventionierungsverfahren handelt, während die erstgenannten Prinzipien unmittelbar aus der Eigenart der Kunstfreiheit entwickelt sind und ihr spezifisches 4 7 9

In diese Richtung Arndt, Staat und Kunst, S. 315; Bär, Filmfreiheit, S. 518; Beck, Wahrheit, S. 267.

4 8 0

Beck, Wahrheit, S. 267.

4 8 1

Hufen, Kulturstaatlichkeit, S. 211.

4 8 2

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 548; Dittmann, StL, Sp. 778.

4 8 3

Hufen,Freiheit der Kunst, S. 240; Lerche, M/D/H/S, GG, Rn. 40 zu Art. 5 Abs. 3.

4 8 4

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 548, nennt ferner "Gleichberechtigung der Kunstformen und -richtungen, Schutz künstlerischer Minderheiten**.

AfP 1974, 593 (597); Scholz, in:

98

Erster Teil: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Wesen ausmachen. Speziell um diese Strukturmerkmale der Kunstfreiheit soll es im folgenden Teil der Arbeit gehen, der die Konsequenzen dieser Vorgaben für ein freiheitsorientiertes Verfahren erörtert.

Zweiter Teil Konsequenzen für das Subventionsverfahren

I. Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip

101

I. Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip Wer den Grundsatz der Nicht-Identifikation radikal verwirklichen will, stößt bei der praktischen Verwirklichung öffentlicher Kunstsubventionierung auf Schwierigkeiten. Denn bei vollkommener Durchführung dieses Prinzips dürfte sich spezifische Eigenart nur noch in der staatsfreien, rein gesellschaftlichen Sphäre entwickeln. Dem Staat wäre dann jede Stellungnahme, jedes Beziehen eigener Positionen untersagt. Fraglich ist, ob das Neutralitätsprinzip dem Staat auch jede Stellungnahme gegenüber den verschiedenen Tendenzen des kulturellen Lebens verbietet 1. Denn bei der Kunstförderung stößt die öffentliche Hand auf die Notwendigkeit wertender Auswahl.

1. Argumente gegen eine Bewertungskompetenz Versteht man "Nicht-Identifikation" im eingangs beschriebenen Sinne rein negativ, als radikale Anweisung zu "Nicht-Intervention" 2, kann eine Kompetenz des Staates zur künstlerisch-ästhetischen Bewertung bei der Auswahl des Förderungsgegenstandes konsequenterweise nicht mit der Verfassung in Einklang stehen. Da der Staat mit jeder wertenden Entscheidung eigene Positionen bezieht, "Stellung nimmt", tangiert er automatisch den Kern des Neutralitätsprinzips.

Zurückhaltung empfiehlt in diesem Zusammenhang dem Staat Scheuner, Kulturstaat, S. 120 f. Unklar H über, KuVerf, S. 355. Er stellt den Verzicht auf Intervenüon geradezu als Kernmerkmal des Kulturstaates heraus, nimmt aber im folgenden gegen eine "absolute Nichtintervention" Stellung.

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

102

Darf der Staat jedoch nicht wertend entscheiden, wem er die Subvention zukommen lassen will, so ist er auf "Förderung schlechthin" verwiesen3. Nach den Erfahrungen einer dirigistisch gesteuerten und zu propagandistischen Zwecken mißbrauchten Staatskunst des NS-Staates4 scheute die Rechtswissenschaft zunächst verständlicherweise vor der Anerkennung einer Bewertungskompetenz zurück und zog den Gedanken einer "Förderung schlechthin" vor 5 . Der Staat habe danach die Kunst zu fördern, "wo und wie er sie antrifft" 6 , er sei letztlich also verpflichtet, die zur Kunstförderung bereitgestellten Mittel gleichmäßig zu verteilen7. Dieser Auffassung ist zuzugeben, daß sie mit Recht auf den oft schwer unterscheidbaren Grenzbereich zwischen differenzierender Bewertungsentscheidung und staatlicher Manipulation hinweist8. Jede qualitative Wertung tangiert das unmittelbar aus dem Neutralitätsprinzip folgende Ingerenz- und Diskriminierungsverbot. Dieses bestimmt, daß staatliche Bewertung im Sachbereich Kunst nicht dazu führen darf, einzelne Künstler oder Kunstrichtungen zu bevorzugen oder zu benachteiligen, sie von vornherein von staatlichen Förderungsmaßnahmen auszuschließen, ein dem Grundgesetz fremdes 9 staatliches "Kunstideal" zu etablieren und Subventionierung danach zu betreiben, ob Kunst dessen materiellen Kriterien genügt oder nichtig. Eine Unterscheidung nach 3

Krüger,

4

Zu diesem Zusammenhang Leisner, Pressegleichheit, S. 175.

5

In diese Richtung etwa Beck, Wahrheit, S. 258; Erbel, Kunstfreiheitsgaranüe, S. 100 f.; Ott, Kunst und Staat, S. 167.

Allg Staatslehre, S. 808.

6

OVG Lüneburg, Urt. v. 23.10.68, DVB1. 1969, 875 (876).

7

So für einen Sonderfall Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (181). Generell so Hörstel, Diss., S. 26 ff.; Rabe, Diss., S. 68; Schäuble, Diss., S. 62 f. Wohlwollend in diese Richtung auch Horlacher, Kultursubv, S. 64.

8

Das sehen auch Befürworter der Bewertungskompetenz: Knies, Schranken, S. 227; Lerche, AfP 1974, 593 (597); Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 30, Fn. 110.

9

Beck, Wahrheit, S. 258; Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 97 f.; Maier, Staat und Kultur, S. 156; Ossenbühl, DÖV 1983, 785 (790); Scheuner, Kulturstaat, S. 120 f.; Schiaich, Neutralität, S. 243; Schulz, SchlHA 1984, 137 (138); Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 29.

10

Allgemeine Ansicht; statt vieler aus der Rspr.: BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331); HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661; aus der Lit.: Knies, Schranken, S. 217 ff., Müller, Freiheit der Kunst, S. 128 f.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8d, 79 zu Art. 5 Abs. 3.

I. Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip

103

"genehmer" und "unbotmäßiger" Kunst ist verboten. Dirigistische Kulturgestaltung widerspricht den Wertungen des Art. 5 Abs. 3 GG 1 1 . Zum Unterschied von totalitären Systemen darf im freiheitlichen Rechtsstaat Parteilichkeit nicht zum Förderungsprinzip erhoben werden 12; vielmehr muß die "Allgemeinheit der Gunst" als Motto über der öffentlichen Kunstsubventionierung stehen13.

2. Argumente für eine Bewertungskompetenz Dieses Diskriminierungsverbot beinhaltet jedoch nicht automatisch ein Verbot jeder wertenden Differenzierung. Öffentliche Kunstsubventionierung ist nicht vor die einzig möglichen Alternativen des dirigistischen Kunstrichtertums oder der "Förderung schlechthin" gestellt. Sie kann einen Mittelweg beschreiten, der die Gefahren des Mißbrauchs umgeht, und dabei auch wertend auswählen. Die rein theoretische Möglichkeit der skizzierten Gefahren reicht zur bedingungslosen Ablehnung der Bewertungskompetenz nicht aus14. Dieser Mittelweg kann durch ein "aktives" Neutralitätsverständnis im oben beschriebenen Sinn geebnet werden. Die Notwendigkeit dieser Betrachtungsweise ergibt sich bereits aus rein pragmatischen Gründen. Wer aus dem Neutralitätsgebot die Forderung nach schematischer Gleichbehandlung ableitet, läßt die soziale Wirklichkeit außer Acht. An der Realität der Unumgänglichkeit wertender Auswahl kommen weder verfassungsrechtliche Radikalforderungen noch theoretische Visionen vorbei. Auswahl ist schon allein deshalb unum11

Anders Abelein, Kulturpolitik, S. 234, und Huber, Kulturstaat, S. 12, die eine "Kulturgestaltungsmacht" des Staates annehmen. Kritisch zu dieser zumindest mißverständlichen Äußerung Schiaich, Neutralität, S. 258, Fn. 90, und Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 137, Fn. 164. Richtig ist die Intention Hubers wohl im Zusammenhang mit der Differenzierungsbefugnis zu verstehen; so Steiner, VVDStRL 42 (1984), 28, 30; ders., Der Städtetag 1986, 512 (513).

12

Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 35, Fn. 104.

13

Heuer, Besteuerung, S. 123.

14

Schwarze, AfP 1974, 692 (695).

104

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

gänglich, weil die öffentliche Hand nicht über unbegrenzte Mittel verfügt 15 . Effektive Förderung setzt jedoch voraus, daß der ausgeschüttete Betrag über ein Almosen in Bagatellhöhe hinausgeht. Genau diese Reduzierung der Förderbeträge träte jedoch ein, kämen die für Kunstsubventionierung bereitgestellten Mittel gleichmäßig allen Künstlern zugute. Schon das Argument der "knappen Kassen" führt im Ergebnis zur Feststellung, daß "Förderung schlechthin" nicht realisierbar ist 16 . Für sich allein rechtfertigt diese Überlegung die Bewertungskompetenz jedoch noch nicht 17 . Sollte pauschale Gleichbehandlung tatsächlich als zwingende Konsequenz aus dem verfassungsrechtlichen Neutralitätsgebot folgen, müßte die beschriebene Ineffektivität in Kauf genommen oder aber auf Maßnahmen der Kunstförderung ganz verzichtet werden. Die praktische Notwendigkeit der wertenden Auswahlbefugnis bedarf also noch der verfassungsrechtlichen AbStützung.

a) Art. 3 GG Neutralität stellt keine weitergehenden Anforderungen als der allgemeine Gleichheitssatz. "Gleicher als gleich" kann auch der neutrale Staat seine Künstler nicht behandeln. Art. 3 GG darf dabei nicht in einem egalitären Sinn verstanden werden. Die Vorschrift gebietet keineswegs pauschal-nivellierende Gleichmacherei, sondern läßt Differenzierung und Ungleichbehandlung aus sachlichem Grund zu. Selbst bei gleichgelagerten Sachverhalten folgt aus ihr 15

Aus der Rspr.: VGH BW, Urt. v. 28.07.64, ESVGH 17, 56 (57); OVG Lüneburg, Urt. v. 09.02.72, DVB1. 1972, 393; Urt. v. 27.05.82, NJW 1983, 1218. Aus der Lit. siehe nur Abelein, Kulturpolitik, S. 232 f.; Cassens, Kunst und Recht, S. 85; Haverkate, Rechtsfragen, S. 167 f.; Knies, Schranken, S. 224 f.; Kewenig, UFITA 58 (1970), 91 (110); Ladeur, AK, Rn. 24 zu Art. 5 Abs. 3 II; Lerche, BayVBl. 1974, 177 (179); Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 69; Maier, Probleme, S. 187; Nordemann, FS Weber, S. 217 ff.; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 136; Scheuner, Kulturstaat, S. 127; Schulz, SchlHA 1984, 137 (140); Schwarze, Afp 1974, 692.

16

So etwa Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 177: "Rechtlich und praktisch unmögliches Ergebnis". Ähnlich Knies, Schranken, S. 224 f. Kritik, daß Krüger seine Forderung nach "Förderung schlechthin" nicht für den praktischen Anwendungsfall konkretisiert hat, bei Jung, Diss., S. 112, Fn. 38. Auch Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (181) räumt ein, daß seine Auffassung nicht praxistauglich ist.

17

Knies, Kunst und Recht, S. 159; Stiller,

UFITA 60 (1971), S. (171) 175.

I. Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip

105

noch kein Recht auf schematische Gleichbehandlung18. Für den Kunstbereich kann nichts anderes gelten. Auch hier müssen Ungleichheiten bei der Vergabe der Fördermittel berücksichtigt werden; und selbst innerhalb anscheinend "gleicher" Bewerber muß nicht nach dem Gießkannenprinzip verfahren werden. Pauschalförderung garantiert Gleichheit ohnehin nicht, sondern wirkt vielmehr ungleich 19 . Angesichts der vorhandenen Disparitäten bewirkt Gleichbehandlung immer auch Parteinahme für den ohnehin Erfolgreichen 20 und gerät so in Konflikt mit der Zweckgebundenheit der Subvention. Schon allein um zu ermitteln, wessen Subventionierung staatliche Mittel einer zweckentsprechenden Verwendung zuführt, bleibt dem Staat keine andere Wahl, als wertend zu differenzieren.

b) Art. 5 Abs. 3 GG Das Gießkannenprinzip hält aber auch der Wertung des Art. 5 Abs. 3 GG nicht stand. Denn es erhebt sachfremde, ja die unkünstlerischsten aller Kriterien zur einzig relevanten Entscheidungsgrundlage: Proporz und Zufall 21 . Eine allen Künstlern in schematischer Gleichbehandlung zugutekommende Förderung verfehlt ihr Ziel. Dem nicht Bedürftigen oder nicht Förderungswürdigen gewährt sie Vorteile, auf die er keinen Anspruch hat; dem auf Förderung wirklich Angewiesenen kann sie nicht helfen, weil sie nur marginale Unterstützung bietet. Die "Gießkanne" wirkt nivellierend, verfestigt das Mittelmaß und fördert so im Ergebnis nichts und niemanden, schon gar nicht die Kunstfreiheit 22. Dann aber verfehlte öffentliche Kunstsubventionierung ihr Ziel.

18

Siehe BVerfG, Beschl. v. 03.07.73, E 35, 348 (357).

19

Häberle, AöR 110 (1985), 577 (604).

2 0

Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 70; Schiaich, Neutralität, S. 243.

21

Schiaich, Neutralität, S. 243; Schütz, Staat als Mäzen, S. 16.

2 2

BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.); im Anschluß daran OVG Berlin, Urt. v. 08.06.78, E 15, 103 (104); OVG Lüneburg, Urt. v. 14.12.82, NJW 1984, 1138. Siehe ferner Benda, Kunstfreiheit, S. 349; Kewenig, UFITA 58 (1970), 91 (111); Maier, Probleme, S. 187; Schnerr, BayVBl. 1960, 304; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 137 f.

106

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Formale Gleichheit führt zu nicht minder kunstfreiheitswidrigen Resultaten wie dirigistischer Zwang: Die Folge wären wagnisloses Einerlei, Farblosigkeit und Langeweile23. Wenn Neutralität zur Verwirklichung der Staatsaufgabe Kunstförderung im Sinne einer an der Freiheitsgarantie orientierten Verfahrensgestaltung dienen soll, kann ihr Sinn nicht darin bestehen, kulturfeindliche Parität herzustellen 24. Wer den Staat auf die Rolle des wertneutralen Geldgebers, des "Formalmäzens" 25 festlegen will, hat nicht erkannt, daß die pauschale Segnung jeder noch so unbedeutenden künstlerischen Aktivität nicht Inhalt und Zweck öffentlicher Hilfe sein kann 26 . Hier kommt der Gedanke der "kulturellen Verantwortung" des Staates zum Tragen 27 . Gerade weil der Staat nach dem Konzept der "objektiven Wertentscheidung" Verantwortung für die freie Kunst trägt, muß ihm vice versa eine gewisse Aktionskompetenz zugestanden werden, um dieser Verantwortung durch aktives Handeln nachzukommen. Hierzu bedarf es der Möglichkeit zur Intervention, nicht zuletzt, um Bestrebungen, welche die Freiheit der Kunst bedrohen, gegenzusteuern 28. Ohne jede Entscheidungs- und Bewertungfckompetenz, ohne ein Minimum an Akzentuierungsbefugnis läßt sich kulturelle Verantwortung nicht verwirklichen. Zu ihrer Realisierung bedarf es mehr als einer "ängstlich nach allen Seiten blickenden, pseudo-kulturellen, beschwichtigenden Betätigung, einer substanz- und rückgratlosen Betriebsamkeit bloßer Verteilung und Ausgabe"29. Mit Dirigismus hat das nichts zu tun 30 . 2 3

Abelein, Kulturpolitik, S. 234; Höfling, staat, S. 131.

Z U M 1985, 353 (356); Scheuner, Kultur-

2 4

Huber, Kulturstaat, S. 14; ders., KuVerf, S. 355; Knies, Schranken, S. 224.

2 5

Ausdruck von Schütz, Staat als Mäzen, S. 16.

2 6

Kritisch dazu Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 177 f.; Hufen, NVwZ 1983, 516 (522); Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 141 f.; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 31.

2 7

Dazu etwa Abelein, Kulturpolitik, S. 234; Hoffmann, Kultur für alle, S. 44; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8c zu Art. 5 Abs. 3. Der Hinweis Steiners, VVDStRL 42 (1984), S. 28, Kulturverantwortung führe in der Praxis oft zu kräftiger Kultureinmischung, zeigt, auf welch dünnem Grat öffentliche Kunstsubventionierung die Balance zu halten hat.

2 8 2 9

3 0

Ditges, Diss., S. 156. Schütz, Staat als Mäzen, S. 16. So im Ergebnis auch Huber, KuVerf, S. 356; Knies, EvStL, Sp. 1947; Scheuner, Kulturstaat, S. 122; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 30. So aber Hoffmann,

Kultur für alle, S. 42.

I. Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip

107

Die radikale Forderung nach unkontrollierter Bereitstellung von Mitteln, um gesellschaftlichen Kräften freie Aktivitäten zu ermöglichen, zeigt eine Erwartungshaltung, die Selbstbedienungsmentalitäten zum Prinzip erhebt. Nach dem Motto "Geld für alles" wird hier wie auch in anderen Lebensbereichen vom Staat Hilfe gefordert ohne die Bereitschaft, selbst, und sei es auch nur durch die Anerkennung, daß es eventuell noch förderungswürdigere Künstler als den Antragsteller gibt, zur Erreichung des Förderungsziels beizutragen. Diese Tendenz in Richtung Gefälligkeitsdemokratie gefährdet letztlich genau die Freiheit, die anzustreben sie vorgibt 31 . Selbstverständlich lassen sich auch der "Gießkanne" im Hinblick auf die Verfahrensoptimierung positive Aspekte abgewinnen. So ist etwa vom "Gärtner Staat" die Rede, der in der Hoffnung auf kräftiges Wachstum gießt, sich aber nicht auf die Züchtung wertvoller Gewächse beschränkt32. Aber um im Bild zu bleiben: Neben dem Gießen des ganzen Gartens wird ein vernünftiger Gärtner dort düngen, wo er die schönsten Pflanzen erwartet und dort, wo der Prozeß des Blühens sich erfahrungsgemäß schwierig gestaltet. Mag also auch die Basisversorgung mit der Gießkanne Rosen wie Unkraut gleichermaßen zugutekommen, so kann man keinen Gärtner, wenn man ihm schon verbietet, das Unkraut zu jäten, auch noch verpflichten, es zu düngen. Humus und geniale Einzelleistung sind förderungswürdig 33.

c) Demokratieprinzip Fraglich bleibt, ob die Bewertungskompetenz mit dem Demokratieprinzip harmoniert. Einwände in dieser Richtung orten hier mitunter eine elitär-antidemokratische Tendenz 34 , und dies zumal heute, da Formeln wie "kulturelle De-

3 1

3 2 3 3 3 4

Sehr deuüiche Kritik in dieser Richtung bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), S. 32; siehe auch Evers, NJW 1983, 2161 (2165). Heuer, Besteuerung, S. 123. So das Bild bei Müller, Freiheit der Kunst, S. 128. So für die Filmförderung etwa Hartlieb, Filmförderung, S. 37 f., der u.a. ein "sich Entfernen" von der "Volksmasse" (sie!) beklagt.

108

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

mokratie" und "Kultur für alle" zum festen Bestandteil kulturpolitischer Programmatik arriviert zu sein scheinen35. Diese Kritik verkennt jedoch, daß Demokratie und Kunst zwei verschiedene Kategorien darstellen 36 . Kunst entwickelt sich nicht nach demokratischen Maßstäben; Mehrheiten und Minderheiten sagen nichts über die Bedeutung und Wert eines Kunstwerks aus. Heute als minderwertig abqualifizierte Kunst kann morgen gefeiert werden, heute Hochgelobtes morgen vergessen sein. Gegenwärtig "anerkannte Meisterwerke", die sich allgemeiner Wertschätzung erfreuen, galten sehr häufig zu ihrer Entstehungszeit als mißlungen. Die Koppelung an den Publikumsgeschmack trägt erfahrungsgemäß oft zu nichts weniger als zu künstlerischer Qualität bei 3 7 . Deshalb geht jede egalitär-demokratische Förderung an der Aufgabe der Kunstpflege vorbei 38 , weil sie sich nicht an den Sachgesetzlichkeiten der Kunstfreiheit orientiert. Kulturpolitische Verantwortung muß sich auch im Gegensteuern zum angeblichen Mehrheitsinteresse zeigen können. Diese "antidemokratische Tendenz" muß der demokratische Staat in Kauf nehmen, nicht zuletzt, um die Kunst vor den ihr drohenden demokratischen Integrationsprozessen zu schützen39. Auch das Demokratieprinzip liefert daher im Ergebnis keine Einwände gegen eine Bewertungskompetenz. d) Lösung über eine Güterabwägung Letztlich führt der Weg zur Beantwortung der Frage nach der Bewertungskompetenz nur über eine Güterabwägung, in die Vor- und Nachteile dieser Be3 5

Wegweisend Friedrich (Hrsg.), Kulturelle Demokratie, 1979, und Hoffmann, Kultur für alle. Siehe auch Bull, Staatsaufgaben, S. 304; Heusser, Probleme, S. 46 f.; Sofsky, EvStL, Sp. 1938.

3 6

Klar gegen eine "Demokratisierung" der Kunst auch Ossenbühl, DÖV 1983, 785 (791); weitere Nachweise bei Steiner, VVDStRL 42 (1984), 33 m.Fn. 123.

3 7

Das zeigt sich etwa im Filmbereich. Wohin die oft geforderte "Abstimmung an der Kinokasse" (so Hartlieb, Filmförderung, S. 37) führen kann, zeigen die Erfolge primitiver Kommerzfilme. Kritisch wie hier Bull, Staatsaufgaben, S. 310.

3 8

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 138.

3 9

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 138; ähnlich Graul, Künstlerische Urteile, S. 81.

I. Bewertungskompetenz und Neutralitätsprinzip

109

fugnis einzustellen sind. Auf der einen Seite gilt es die Konsequenzen aus einem Verzicht auf wertende Differenzierung zu bedenken. Hier bieten sich nur zwei Alternativen an: Kunstsubventionen ziel- und planlos mit der "Gießkanne" zu verteilen, oder eine kunstfördernde Betätigung der öffentlichen Hand generell und grundsätzlich zu unterlassen40. Auf der anderen Seite drohen die Gefahren eines falschen oder manipulierten Werturteils im Falle der Zulässigkeit einer Bewertungskompetenz. Zwischen diesen Lösungen ist kein Mittelweg ersichtlich. Bei der Gewichtung der so ermittelten Möglichkeiten, gemessen an ihrer jeweiligen Grundrechtsgefährdung, wiegen die Folgen des Gießkannenprinzips — wie sie bereits angedeutet wurden — oder des völligen Verzichts auf Subventionierung, der gleichfalls nicht im Interesse der Künstler liegen kann, also weit schwerer als die möglichen Gefahren staatlicher Auswahl. Diese können zudem durch den Einbau verfahrensmäßiger Sicherungen bei der Ausgestaltung der Vergabepraxis minimiert werden. Hinzu kommt der unterschiedliche Gehalt der Kunstfreiheitsgarantie, der je nach der Funktion des Art. 5 Abs. 3 GG im abwehr- oder leistungsrechtlichen Zusammenhang variiert. Während für das Abwehrrecht Kunstfreiheit jede qualitative Wertung bei der Bestimmung des Schutzbereichs zu unterbleiben hat, tangiert eine Differenzierung im Rahmen der leistungsrechtlichen Funktion den "status libertatis" weit weniger. Auch die nicht staatlich geförderte Kunst ist frei, kann und darf ohne Hemmnisse entstehen und wirken 41 . Wertende Differenzierung betrifft hier nicht den Schutzbereich der Norm, sondern nur den Grad der Förderungswürdigkeit 42. Außerdem kann angesichts des bestehenden Trägerpluralismus der von der Förderung durch Träger A ausgeschlossene Künstler sein Heil bei Träger Β suchen und finden. Auch dadurch reduziert sich die negative Wirkung eines getroffenen Werturteils. Wertung vertraut also immer auch auf unterschiedliche Wertung andernorts 43.

4 0 4 1

Letztere Konsequenz zieht tatsächlich Vogel, Kunsthemmnisse, S. 206 ff. Knies, Schranken, S. 226; ders., EvStL, Sp. 1946; Stiller, (177 ff.).

4 2

Schwarze, AfP 1974, 692 (693).

4 3

Knies, Kunst und Recht, S. 159.

UFITA 60 (1971), 171

110

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Alle diese Überlegungen führen dazu, das für den Schutzgehalt des Art. 5 Abs. 3 GG bestehende Differenzierungsverbot nicht auf den Förderungsbereich zu übertragen und dem Staat demzufolge eine Bewertungskompetenz zuzugestehen. "Generalisierende, paritätische Kunstförderung ... ist kulturpolitisch sinnlos, sozialpolitisch ungerecht, in der Praxis nicht realisierbar und — glücklicherweise — nicht finanzierbar und von der Kunstfreiheitsgarantie nicht gefordert" 44 . Denn: "Gute und schlechte Kunst, Kunstwerk und Machwerk, Kunst und Kitsch haben Anspruch auf gleiche Freiheit, nicht aber auf gleiche Förderung und Pflege durch den Staat."45.

4 4 4 5

Knies, Kunst und Recht, S. 158. Knies, Schranken, S. 226. Im Ergebnis wie hier: BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.); OVG Lüneburg, Urt. v. 09.02.72, DVB1. 1972, 393; Badura, Staatsrecht, C 76; Ditges, Diss., S. 156; Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 177; ders., DVB1. 1969, 863 (867 m. Fn. 47); Geiger, FS Leibholz II, S. 193; Meckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 98, Fn. 321, S. 182, Fn. 550; Hufen, Freiheit der Kunst, S. 552; ders., StL, Sp. 802; Kummer, Denkmalschutz als gestaltendes Baurecht, 1981, S. 49; Lerche, Medienhilfe, S. 19 f.; Locher, Bildende Kunst, S. 27; Maier, Probleme, S. 187; Scheuner, Kulturstaat, S. 127 ff.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 40, 79 zu Art 5 Abs. 3; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 29 f.

II. Die zulässigen Kriterien

111

II. Die zulässigen Kriterien Neutralität verbietet nach alledem wertende Auswahl bei der öffentlichen Kunstsubventionierung nicht. Dennoch wirken sich die aus der Kunstfreiheitsgarantie gewonnenen Strukturprinzipien im Rahmen der Entscheidung über die Subventionsvergabe bestimmend aus. Denn dem Staat obliegen bei dieser Entscheidung zwar weite Ermessensspielräume; völlig frei ist er dabei jedoch nicht. Vielmehr steht nur eine solche Entscheidung im Einklang mit Art. 5 Abs. 3 GG, die anhand zulässiger Kriterien getroffen wurde. Die Zulässigkeit der verwendeten Entscheidungskriterien wiederum hängt von ihrer Übereinstimmung mit den Wertungen der Verfassung ab. Zwar korrespondiert dem weiten Förderungsermessen eine staatliche Programmkompetenz 46, die es der öffentlichen Hand erlaubt, die Subventionierungskriterien eigenverantwortlich festzulegen. Doch begrenzen die Prinzipien von Eigengesetzlichkeit47, Neutralität, Autonomie und Pluralismus deren verfassungsrechtliche Legitimität 48 ; sie binden das Vergabeermessen nicht erst, wenn es die Willkürgrenze erreicht, sondern gebieten die Festlegung grundrechtsorientierter Kriterien, die insbesondere dem Vielfaltsgebot gerecht werden müssen49. Neben die spezifisch kunstfreiheitsdeterminierten Prüfungsmaßstäbe tritt zudem der jede Ermessensentscheidung bindende Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG 5 0 .

4 6

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 31; siehe ferner Ladeur, AK. Rn. 24 zu Art. 5 Abs. 3 II. Kritisch dagegen Beck, Wahrheit, S. 266.

4 7

Dazu insbesondere Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5; Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 138, Fn. 441.

4 8

Roellecke, DÖV 1983, 653 (658); Schiaich, Neutralität, S. 230; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 136. Noch allgemeiner Badura, StaatsR, C 66: Die Verteilungs- und Bewertungskriterien müßten "verfassungsmäßig" sein.

4 9 5 0

Scheuner, Kulturstaat, S. 122. Zu dessen grundsätzlicher Bedeutung bei Förderungsmaßnahmen BVerfG, Urt. v. 14.07.86, NJW 1986, 2497. Siehe auch Graul, DÖV 1972, 124 ff.

112

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Das Zusammenspiel dieser beiden Gesichtspunkte führt dazu, daß als zulässige Kriterien ausschließlich "sachliche", "sachgerechte" Wertungsmerkmale in Frage kommen5!. Die Sachgerechtigkeit beurteilt sich ihrerseits wiederum im Hinblick auf die Postulate der Kunstfreiheitsgarantie: Der Förderungsmaßstab muß im Ergebnis "kunstadäquat" sein 52 . Die Funktion der so zu gewährleistenden Grundrechtsbindung läßt sich im Vergleich zu historischen Vorläufern öffentlicher Kunstsubventionierung deutlich machen: Anders als das Mäzenatentum von Kirche und Adel darf der Verfassungsstaat des Grundgesetzes seine Mittel nicht gleich einem Privaten nach Lust und Laune verteilen 53. Es darf nur nach solchen Kriterien entschieden werden, die die Möglichkeit freier Grundrechtswahrnehmung durch den Geförderten optimieren 54. Insofern muß auch die Objektivität der verwendeten Kriterien berücksichtigt werden. Ein Vorschlag lautet etwa, den Subventionsempfänger an Daten zu binden, auf deren Veränderung er selbst keinen Einfluß nehmen kann, zB eine nach bestimmten Fristen zu bemessende Gebietsansässigkeit55. Der Gedanke der Objektivierbarkeit bereichert den Katalog der an die Kriterien anzulegenden Maßstäbe zwar um einen wichtigen Aspekt; wegen der Subjektivität der letztlich nötigen Entscheidung hilft er jedoch für sich allein nicht weiter. Objektiv meßbare Fakten im oben vorgeschlagenen Sinn können lediglich eine erste Eingrenzung des potentiellen Empfängerkreises beinhalten; weiterführende Aussagen über die Förderungswürdigkeit innerhalb des so festgestellten Kreises lassen sie nicht zu.

5 1

BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.); OVG Berlin, Urt. v. 08.06.78, E 15, 103 (104); OVG Lüneburg, Urt. v. 27.05.82, NJW 1983, 1218; v. 14.12.82, NJW 1984, 1138; ferner Bär, Filmfreiheit, S. 516; Höfling, DÖV 1985, 387 (389); Hufen, BayVBl. 1985, 1 (7); Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 8e zu Art. 5 Abs. 3.

5 2

Ladeur, AK, Rn. 24 zu Art. 5 Abs. 3 II. Zum Ganzen auch Hufen, Freiheit der Kunst, S. 552 f.

5 3

So schon VGH BW, Urt. v. 28.07.64, ESVGH 17, 54; siehe auch Roellecke, 1983, 653 (658).

5 4

Kirchhof,

Verwalten, S. 392 f.

5 5

Kirchhof

Verwalten, S. 392 f.

DÖV

II. Die zulässigen Kriterien

113

Die Feststellung, welche Kriterien nun in Betracht kommen, um vor Art. 5 Abs. 3 GG, dem Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip 56 zu bestehen, stellt einen wichtigen Schritt in Richtung auf eine freiheits- und damit grundrechtsorientierte Förderpraxis dar 5 7 . Dieser Frage soll im folgenden nachgegangen werden.

1. Qualität In bezug auf ein Entscheidungskriterium hat die Rechtsordnung sich an einer Stelle festgelegt: Art. 140 Abs. 2 BV knüpft die Förderungswürdigkeit an den Nachweis "ernster künstlerischer ... Tätigkeit" und damit an den Gesichtspunkt der Qualität. Auch in der Praxis öffentlicher Kunstsubventionierung dominiert dieses Kriterium 58 . So werden etwa "gute Leistungen" und "besondere Kreativität" von Kulturpolitikern und -Verwaltern als relevante Maßstäbe propagiert 59 . Qualitativ hochstehende Kunst soll gefördert werden, qualitativ Minderwertiges von der Gunst öffentlicher Unterstützung ausgeschlossen bleiben. Um das Qualitätskriterium zu umschreiben, finden sich vielfältige Formulierungen: "echte künstlerische Leistung", "ernsthaftes künstlerisches Bemühen", "bestimmtes Niveau", "möglichst hochstehend", "gewisse Form und Höhe der Leistung". Nicht immer werden Qualitätsmerkmale jedoch in dieser Deutlichkeit angesprochen. Oft tarnt und bemäntelt man sie durch die primäre Anknüpfung an scheinbar objektive oder objektivierbare Gesichtspunkte, die dann erst auf einer sekundären Ebene mit qualitativen Anforderungen ausgefüllt werden 6 0 . Hier entsteht der Eindruck, als scheue sich die Verwaltung, in ihren 5 6

Dessen Berücksichtigung betonen Bär, Filmfreiheit, S. 514 ff.; Haverkate, gen, S. 174 ff.; Steiner, Hdb., S. 683.

5 7

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Kunstsubventionierungspraxis wurzeln nicht zuletzt in Einwänden gegen die bei der Vergabeentscheidung verwendeten Kriterien; siehe etwa H off mann, Kultur für alle, S. 43.

5 8

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 30. Das gilt insbesondere für die kommunale Praxis, Ditges, Diss., S. 155 f.

5 9 6 0

Rechtsfra-

Siehe etwa Grabbe, in: P/M/B, S. 20; Treeck, ebd., S. 221. ZB Ziff. 1 der Richtlinien zum Vollzug des Bayerischen Musikplans im Bereich der Liebhaberorchester: Primär ist die "überregionale Bedeutung" entscheidend, die dann anhand des Niveaus der Veranstaltung überprüft wird ("höhere Bedeutung der Veranstaltung").

114

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Förderungsrichtlinien Qualitätskriterien aufzustellen. Man will offenbar den Eindruck wertenden "Kunstrichtertums" gar nicht erst aufkommen lassen. Ähnliches zeigt sich, wenn Qualität mit verwandten, aber nur Teilaspekte beleuchtenden Begriffen wie "Begabung"61, "Ausbildung, berufliche Betätigung" 62 oder "Tüchtigkeit"63 umschrieben wird. Diese ängstliche Zurückhaltung in bezug auf das Qualitätskriterium mag zwar kulturpolitisch instinktiv richtig sein, um dem Subventionsbewerber nicht schon beim Lesen der Richtlinien jeden Mut zur Antragstellung zu nehmen. Sie wäre aber rechtlich nur geboten, wenn Qualität tatsächlich ein unzulässiges Entscheidungskriterium darstellen sollte. Bedenken gegen seine Zulässigkeit fußen auf der schier aussichtslosen Schwierigkeit der Ermittlung allgemeinverbindlicher Beurteilungsmaßstäbe, insbesondere im Bereich moderner Kunst. Dies gründet letztlich in der Subjektivität der qualitativen Einschätzung64. Auch Befürworter des Qualitätskriteriums erkennen an, daß die Abgrenzung im Einzelfall mangels hinreichender objektivierbarer Anhaltspunkte immer umstritten und problematisch sein w i r d 6 5 . Damit richtet sich das Qualitätskriterium jedoch noch nicht selbst. Denn die "gerechte" Auswahlentscheidung muß und wird immer schwierig, wenn nicht gar unlösbar sein 66 . Diese Schwierigkeit darf den Staat vor Entscheidungen jedoch nicht abschrecken. "Aktive" Neutralität zeigt sich nicht im resignativen Verzicht, sondern in der Bewältigung erkannter Schwierigkeiten 6 7 . Das Fehlen von mit naturwissenschaftlicher Exaktheit nachprüfbaren Maßstäben wurzelt in der Eigengesetzlichkeit der Kunst; Achtung vor ihrer Autonomie verwirklicht sich gerade auch durch die Anerkennung dieser struk6 1

Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 177; Maier, Probleme, S. 187.

6 2

Scheuner, Kulturstaat, S. 127.

63

Siehe Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 67.

6 4

65

Äußerst skeptisch deshalb BGH, Urt. v. 29.10.70, MDR 1971, 199; ferner Hörstel, Diss., S. 27; Ridder, S. 21 ff.; Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (180 ff.); Zöbeley, NJW 1985, 254 (256). Bär, Filmfreiheit, S. 517; Locher, Bildende Kunst, S. 27.

6 6

Siehe Bull, Staatsaufgaben, S. 308.

6 7

Schiaich, Neutralität, S. 243.

II. Die zulässigen Kriterien

115

turbedingten Unsicherheit um den Preis des Verzichts auf verwaltungsmäßig leicht handhabbare Maßstäbe68. Wenn es die objektiv richtige Entscheidung nicht gibt, darf daher die Gefahr der objektiv falschen Entscheidung nicht dazu führen, die qualitative Auswahl als willkürlich zu brandmarken 69. Gegen das Willkürverbot verstößt eine Entscheidung nicht schon dann, wenn sie im Ergebnis rechts- oder sachwidrig ist; erforderlich ist dazu vielmehr die Außerachtlassung sachgerechter Kriterien. Selbst wenn diese nicht in vollem Umfang und in voller Tragweite in den Entscheidungsprozeß eingeflossen sind, aber wenigstens das Bemühen um eine sachorientierte Entscheidung erkennbar ist, bleibt angesichts der Vielfalt der Maßstäbe und der unterschiedlichen Ansichten für die Annahme von Willkür kein Raum70. Die Gefahr einer dirigistischen Diskriminierung von Kunststilen und -richtungen ruft das Qualitätskriterium im übrigen nicht hervor. Qualität und Stil sind Begriffe, die in einem aliud-Verhältnis zueinander stehen. Innerhalb jeden Stils gibt es gelungene und weniger gelungene Werke. Die Anknüpfung an die Qualität des einzelnen Objekts besagt also nichts über die Förderungswürdigkeit der ganzen Gattung71. Entgegen einer verbreiteten Meinung geht auch der Vorwurf fehl, das Qualitätskriterium sei "elitär", weil es die Breitenförderung vernachlässige72. Breitenförderung und Eliteförderung sind kulturpolitisch beide wünschenswert und nebeneinander praktizierbar 73. Nur darf auch die Breitenförderung nicht blind nach der Gießkanne verfahren, sondern muß ihren Blick immer auf die mögliche Weckung latent vorhandener oder die nachhaltige Unterstützung bereits zu Tage getretener Qualität richten. Die Förderung völlig unbedeutender Kunst, bei der außer dem eigenen Anspruch keinerlei Indiz für — zumindest künftige — 6 8

Schwarze, Afp 1974, 692 (695).

6 9

So aber Stiller,

7 0

VGH BW, Urt. v. 28.07.64, ESVGH 17, 54 (55).

7 1

UFITA 60 (1971), 171 (180 ff.).

In diesem Sinne auch Ladeur, AK, Rn. 24 zu Art. 5 Abs. 3 II: Orientierung an formalen, nicht inhaltlichen Qualitätsstandards. Ähnlich Scheuner, Kulturstaat, S. 127; Janssen, in: P/M/B, S. 196.

7 2

In diese Richtung Treeck, in: P/M/B, S. 220 f.

7 3

Siehe Engler, in: Kunstförderung BW, S. 4; Späth, Kunstförderung, S. 191.

116

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Qualität spricht, kann mit den Zielen öffentlicher Kunstsubventionierung nicht vereinbart werden 74. Den Kritikern des Qualitätskriteriums muß weiter vorgeworfen werden, daß sie keine plausiblen Alternativen anbieten. Zwar plädiert man nachdrücklich für neue, werturteilsfreie Formen der Kunstförderung; die dann vorgeschlagenen Kriterien wie etwa die "Erweiterung des künstlerischen Berufsbildes" bleiben jedoch vage75. Die Absage an die Heranziehung von Qualitätskriterien bei der Frage des Kunstbegriffs präjudiziert schließlich nicht ihre Zulässigkeit im Zusammenhang mit der Förderungsentscheidung. Letztere spielt sich auf einer anderen Ebene ab 7 6 . Zwar mag es für den leer ausgehenden Künstler relativ gleichgültig sein, ob seine Produktion als "Nicht-Kunst" oder als qualitativ minderwertig eingestuft wird; auch gestaltet sich hier wie dort qualitative Wertung wegen ihrer genuinen Subjektivität gleich schwierig. Eine gewisse Entlastung von der undankbaren Aufgabe, Kunst von Nicht-Kunst zu unterscheiden, mag die Qualitätskompetenz dennoch beinhalten77. Damit bleibt zu prüfen, ob das Qualitätskriterium auch am Maßstab der Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG "hält". Zu seiner Rechtfertigung bedarf es nicht der etwas gekünstelten Trennung von Kunstförderung und Kunstfreiheitsförderung 78 . Diese Auffassung suggeriert die Möglichkeit, Kunst "an sich", losgelöst von den Prämissen der Kunstfreiheit, subventionieren zu können. Das Gegenteil ist der Fall, weil die gesamte Fördertätigkeit dem Regime des Grundrechts unterliegt. Das Qualitätskriterium darf seine Rechtfertigung nicht an Art. 5 Abs. 3 GG vorbei beziehen, sondern muß sich aus dem Grund7 4

7 5

Deutlich insofern Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 83, Fn. 272, gegen eine gleichförmige Überschwemmung von Kitsch und Kunst mit dem Segen einer fehlgeleiteten Entwicklungshilfe; Meder, BV, Rn. 4 zu Art. 108, gegen eine Unterstützung unausgegorener Versuche und Scharlatanerien aus Steuermitteln. Vorsichtiger Leisner, Pressegleichheit, S. 177. Siehe Beck, Wahrheit, S. 267 ff. Siehe S. 16, Fn. 68.

7 7

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 31.

7 8

So aber Knies, Kunst und Recht, S. 158 f.

II. Die zulässigen Kriterien

117

recht heraus legitimieren 79. Alles hängt also davon ab, ob Qualität als "sachgerechter" Gesichtspunkt anerkannt werden kann. Qualität zählt nun zu den in Kunst und Kunstleben geläufigen Kategorien 80. Wenn das Grundgesetz die freie Kunst schützt, impliziert es damit die Anerkennung qualitativer Unterschiede, die der Kunst eigen sind. Für die Abwehrfunktion bleibt deren Relevanz zwar ausgeschlossen und so dem Freiheitsrecht in Art. 5 Abs. 3 GG notwendig fremd 81 . Wenn jedoch diese Norm in anderer Funktion zum Tragen kommt, kann das Qualitätsmerkmal wegen seiner originären Zugehörigkeit zum Lebensbereich "Kunst" wieder "freigelegt" werden 8 2 . Im Ergebnis stellt also Qualität einen verfassungsrechtlich legitimen Anknüpfungspunkt für die Förderungsentscheidung dar 83 .

2. Akzeptanz Unter dem Stichwort "Akzeptanz" geht es um Kriterien, die an den ökonomischen Markt- oder Publikumserfolg der Kunst bzw. eine entsprechende Erfolgsaussicht anknüpfen 84 oder die Förderung von Renommée und öffentlicher Anerkennung abhängig machen85. Nachfrage und Gunst des Publikums spielen etwa im Gewand der Merkmale "Bekanntheit" oder "Beliebtheit" besonders bei der Vergabepraxis von Kunstpreisen eine wichtige Rolle 86 . 7 9

So auch Evers, NJW 1983, 2161 (2166).

8 0

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 30 f.

81

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 15.

8 2

Siehe Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5.

83

Wie hier Badura, StaatsR, C 66; Hoffmann! Kr amer, Hdb., S. 256; Ladeur, AK, Rn. 24 zu Art. 5 Abs. 3 II; Lerche, BayVBl. 1974, 177 (179); ders., Medienhilfe, S. 1; Bär, Filmfreiheit, S. 516; Scheuner, Kulturstaat, S. 130 ff.; Schnerr, BayVBl. 1960, 304; Schulz, SchlHA 1984, 137 (140); Stadler, Diss., S. 10; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 30 f.

8 4

Überlegungen in dieser Richtung bei Bull, Staatsaufgaben, S. 309; Erbel, ZUM 1985, 283 (298). Skeptisch Scheel, FuR 1976, 762 (764); Scheuner, Kulturstaat, S. 127.

85

Beispiel: Novellicrung der FFRi des BMI mit dem erklärten Moüv, dem deutschen Film zu verstärkter Resonanz und Akzeptanz beim Publikum zu verhelfen; siehe dazu Mehr Raum für Kultur, S. 29.

86

Umfassendes Material bei Fohrbeck,

Hdb. Kritisch zur gegenwärtigen Praxis etwa

118

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Bedenken gegen dieses Förderungskriterium kommen zunächst vom Subventionszweck her. Denn dieser richtet sich definitionsgemäß stets auf ein "künftiges" Verhalten des Subventionsempfängers. Bei der Belohnung bereits in der Vergangenheit erbrachter künstlerischer Leistungen scheint es, als könne ein in die Zukunft gerichteter Förderungszweck nicht erreicht werden 87. Doch auch die retrospektive, rückwärtsgerichtete "Belohnungssubvention"88 wirkt in bestimmter Weise in die Zukunft, nämlich als Anreiz und Anregung für diejenigen Künstler, die auf die Preisverleihung in einem künftigen Zeitpunkt hinarbeiten. In dieser Herausforderung künstlerischen Schaffens durch das Streben nach dem Ziel, dereinst zu den Preisträgern zu zählen, verwirklicht sich bereits vor der Preisvergabe der Subventionszweck, was die Subvention dann "ex post" honoriert. Hinzu kommt, daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Kunstpreisen nicht auf vergangene Leistung abstellen, sondern allein die Nachwuchsförderung bezwecken89. Weitere Einwände gegen die Förderung des "arrivierten" Künstlers fußen auf dem Problem der fehlenden Bedürftigkeit 90. Zudem spricht gegen das "Prinzip Dankbarkeit" 9 1 die Gefahr der einseitigen Berücksichtigung etablierter Künstler. Die Preisvergabe an bewährte "grand old men" ist zwar im Vergleich zur Wertung nach dem Qualitätskriterium risikoärmer, birgt jedoch andere Gefahren: Tendenz zur eigenen Imagepflege und Selbstdarstellung des Preisverleihers als "großmütigen Mäzens"; Bevorzugung bequemer, publikumsgefälliger Entscheidungen, Erstarrung in überkommenen Ritualen 92 . Sie kann deshalb nicht zum zentralen Maßstab avancieren. Einseitige Bevorzugung ohnehin Bender, Wozu Literaturpreise, in: Symposium Kunst + Wirtschaft, S. 173 ff.; Zerull, Kunstjahrbuch 1970/71, S. 80 ff. 8 7

Skeptisch daher Schäuble, Diss., S. 201.

88

Man kann auch von "wohlerworbenen Subventionen", so Steiner, VVDStRL 42 (1984), 30, Fn. 111, oder "ex-post-Subventionen" sprechen, so Berg, GewArch 1987, 1 (3).

8 9

Zur Unterscheidung von "Leistungspreisen" und "Förderpreisen" Dieckmann, in: P/M/B, S. 174; Maier, Probleme, S. 184.

9 0

Siehe Hoffmann/Kramer,

Hdb., S. 259 f.; Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 67.

9 1

Kritisch dazu Sauberzweig, Freiheit der Kunst, S. 553.

9 2

Hoff mann/Kramer, Hdb., S. 259 f.; Hufen, Kulturstaatlichkeit, S. 216; Müller, Freiheit der Kunst, S. 219.

in: Kunst und Öffentlichkeit, S. 36; siehe auch Hufen,

II. Die zulässigen Kriterien

119

erfolgreicher Künstler nach dem Motto "Wer hat, dem wird gegeben" widerspricht dem Vielfaltsgebot. Dieses verpflichtet den Staat auf eine Ausgleichsfunktion. Öffentliche Kunstsubventionierung dient insbesondere als Starthilfe für Nachwuchskünstler und Avantgardisten, die sonst ihrem Talent nicht nachgehen könnten. Folge einer rein am "Akzeptanz"-Kriterium ausgerichteten Vergabepraxis wäre die Zementierung erreichten Besitzstandes, Befestigung von Starkult und Unterordnung unter das Diktat des Publikumsgeschmacks. Neutralitätsorientierte Kunstförderung wird sich daher stets als "antizyklisch", d.h. den Gesetzen des Marktes gegensteuernd verstehen 93. Natürlich gilt es hierbei auch das andere Extrem zu vermeiden: Erfolglosigkeit ist per se noch keine ästhetische Kategorie 94. Krampfhafte Bemühungen um die Erhaltung vollkommen publikumsferner, in die reine Subjektivität zurückgezogener Kunst kann ebenfalls nicht im Sinne freiheitsorientierter Kunstförderung liegen 95 . Ohne den Rückgriff auf das Qualitätskriterium kommt die Verwaltung bei der Umschiffung der angedeuteten Klippen des Akzeptanzbegriffs also nicht aus. Das Risiko der qualitativen Fehlbewertung wiegt insgesamt geringer als die blinde Koppelung an den Grad der Beliebtheit (oder Unpopularität). Als alleiniges Entscheidungskriterium bleibt "Akzeptanz" deshalb fragwürdig. Ein Beispiel für verfehlte "Akzeptanz-Förderung" zeigt sich in der Praxis bei der "Pro-Kopf-Bezuschussung" kultureller Vereine 96 . Danach erhält der jeweilige Verein je aktives Mitglied einen Fixbetrag; man handelt also nach der Vermutung, der mitgliederstärkere Verein genieße in der Bevölkerung breitere Akzeptanz und sei daher förderungswürdiger. Die damit verfolgte Absicht der Sicherung von Vereinsarbeit unabhängig von konkreten Aktivitäten ist zwar grundsätzlich gemessen an Art. 5 Abs. 3 GG nicht sachfremd. Um aber die Ge9 3

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 553.

9 4

Scheuch, Kulturpoliük, S. 36.

9 5

In diese Richtung Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 110; Meder, BV, Rn. 104 zu Art. 108; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 34 m.Fn. 130.

9 6

Kritisch dazu Carl, in: P/M/B, S. 203 ff. (206); siehe auch Janssen, ebd., S. 196; Hoffmann/Kramer, Hdb., S. 273 f.

120

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

fahren der pauschalen "Gießkanne" zu vermeiden, bedarf es der Kombination dieser als Sockelbetrag gewährten "Grundausstattung" mit qualitäts- und leistungsbezogenen Zuschüssen.

3. Wirtschafts-, sozial- und strukturpolitische Kriterien a) Die "Bedürftigkeit" Einen Ausweg aus dem qualitativen Wertungsdilemma könnte die Anknüpfung an sozialpolitische Kriterien weisen. Förderung hinge dann etwa nur von der sozialen Stellung, der "Bedürftigkeit" des einzelnen Künstlers ab 97 . Die Vorteile dieser Auswahl liegen in der exakten, objektiven Meßbarkeit des finanziellen Bedürfnisses und damit in der Vermeidung des stets subjektiven und dadurch willkürverdächtigen Qualitätsurteils. Gegen die ausschließliche Berücksichtigung sozialer Kriterien spricht aber der dem Sozialbereich innewohnende, differenzierungsfeindlich-egalitäre Grundzug 98. Kunstsubventionen dürfen nicht die Funktion einer bereichsspezifischen Sozialhilfe übernehmen, da die soziale Position des Künstlers ein dem Art. 5 Abs. 3 GG sachfremdes Kriterium darstellt 99. Andernfalls käme man über den Umweg sozialstaatlich implizierter Wertung wieder zur oben abgelehnten "Gießkanne". Kunstfördernde Entscheidungen dürfen sich nicht am nachgewiesenen oder vermuteten sozialen Nutzen orientieren 100. Ebenso wenig wie arrivierte Kunst allein aufgrund ihres Erfolgs förderungswürdig ist, muß der notleidende, sozial schwache Künstler nicht allein wegen seiner sozialen Schwäche aus Mitteln der Kunstsubventionierung versorgt werden. Für ihn bietet das System der allgemeinen sozialen Sicherung ausreichenden Schutz 101 . 9 7

Ausführlich Jung, Diss., S. 112; ders., Kulturstaatsbegriff, S. 67 f.

9 8

Wahl, AöR 112 (1987), 26 (50).

9 9

Jung, Kulturstaatsbegriff, S. 70 f.

10 0

101

Evers, NJW 1983, 2161 (2165 f.); Steiner, VVDStRL 42 (1984), 34. Gegen eine Vermengung von Kunstförderung und sozialer Fürsorge auch Fohrbeck, Kunstförderung, S. 38. .

II. Die zulässigen Kriterien

121

Zu prüfen bleibt, ob sozialpolitische Gesichtspunkte wie "Bedürftigkeit" wenigstens als zusätzliche, neben das Qualitätskriterium hinzutretende Maßstäbe ihre Berechtigung haben. Insofern könnte man dann auch von einer "sozialen Implikation" der Kunstförderung sprechen. Jede Subventionierung erfolgt zweckgebunden. Einzig zulässiger Zweck der Kunstsubventionierung ist die Ermöglichung oder Unterstützung künstlerischer Tätigkeit durch staatliche Leistungen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn als Empfänger ein Künstler bedacht würde, der dieser Staatshilfe aufgrund ausreichender eigener Mittel nicht bedarf. Eine dennoch erfolgende Förderung würde mit dem Geschenkverbot und dem Gebot der Erforderlichkeit als Teil des Verhältnismäßigkeitsprinzips kollidieren 102 . Letzteres besagt, daß staatliche Tätigkeit bereits dann zu unterbleiben hat, wenn für sie kein Bedürfnis besteht. Auf den Kunstbereich bezogen bedeutet das, daß dem Staat die Förderung ohnehin erfolgreicher, wirtschaftlich starker Künstler oder gewinnbringender künstlerischer Unternehmen in der Regel untersagt ist. Die gegenteilige Thes e 1 0 3 kann nicht überzeugen, weil sie nicht erklärt, warum ausgerechnet im Ber rieh der Kunstsubventionierung insofern anderes gelten soll als bei sonstigen staatlichen Leistungen, wo eine Bedürfnisprüfung selbstverständliche Voraussetzung der Zuschußgewährung ist (zB BAFöG). Hier werden also durch zwar nicht kunstfreiheitsspezifische, aber grundsätzliche rechtsstaatliche Prinzipien der öffentlichen Fördertätigkeit und deren Ermessensspielräumen Grenzen gesetzt. Dem entspricht auch die zu beobachtende Umorientierung der Förderpraxis zu Kunstsparten, die ohne öffentliche Förderung in Existenznöte kämen. Avantgarde, kostspielige Institutionen (Zuschußbetriebe wie Museen, Orchester und Theater) sowie qualitativ hochwertige, aber in den Schatten getretene Kunst stehen im Zentrum der Förderaktivitäten. Ein derartiges "Interferenzmo-

10 2

Bär, Filmfreiheit, S. 514; Haverkate, Rechtsfragen, S. 174 f. Zuleeg, DÖV 1984, 733 (736), siedelt das Geschenkverbot im Gleichheitssatz an.

103

Bull, Staatsaufgaben, S. 309. Wie hier dagegen Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, S. 276.

122

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

d e l l " 1 0 4 bedarf zu seiner Legitimation nicht der Heranziehung des Subsidiaritätsprinzips, sondern ergibt sich schon aus den vorgenannten Überlegungen. Einschränkend muß jedoch hinzugefügt werden, daß ein "Bedürfnis" im Sinne des Erforderlichkeitsgebots auch unabhängig von sozialer "Bedürftigkeit" bestehen kann; "Bedürfnis" und "Bedürftigkeit" sind begrifflich klar zu trennen. So kann sachgerechte Ermessensausübung zu dem Ergebnis führen, ein öffentliches Bedürfnis und damit auch die Erforderlichkeit in bezug auf Leistungen an einen Künstler anzunehmen, der nach seiner sozialen und wirtschaftlichen Position nicht im eigentlichen Sinne "bedürftig" ist. Ein Beispiel bietet die oben 105 beschriebene Praxis der Ehrenpreise. Für solche, nicht am Insuffizienzprinzip orientierte Maßnahmen106 muß jedoch immer ein sachlicher Grund vorhanden sein, der die Vermutung des Verstoßes gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz ausräumt. Zu prüfen ist also stets, in welchem Verhältnis kunstimmanente und andere, etwa sozialpolitische Kriterien wie "Bedürftigkeit" zueinander stehen und welchen davon Priorität bei der konkreten Vergabeentscheidung einzuräumen ist. Dabei fungiert der Bedürftigkeitsaspekt auf einer ersten Stufe als Negativschranke. Künstler, deren Werk aufgrund seines künstlerischen Durchsetzungsgrades und/oder der finanziellen Situation seines Schöpfers aus eigener Kraft bestehen kann, scheiden regelmäßig als potentielle Subventionsempfänger schon auf dieser Ebene aus, falls nicht sachlich begründete Ausnahmen im oben genannten Sinne vorliegen. Umgekehrt gilt der so als bedürftig ermittelte Künstler aber noch nicht automatisch als förderungswürdig: Jetzt entscheidet auf der zweiten Stufe das Qualitätskriterium. Zulässig ist also die Kombination aus der "sachbezogenen", am Werk orientierten Qualitätsentscheidung und der "personenbezogenen" Bedürftigkeitsprüfung 107. 10 4

105 106 107

Jung, Diss., S. 113 m.Fn. 42; ders., Kulturstaatsbegriff, S. 72. Wenn Jung, Diss., S. 113 m. Fn. 42 bedauert, daß die Praxis nicht nach diesem "Interferenzmodell" verfährt, kann insofern eine erfreuliche Umorientierung festgestellt werden. S. 118 f. Vgl. Steiner, VVDStRL 42 (1984), 15, Fn. 37. Zu diesen Begriffen Stadler, Diss., S. 10. Die von BVerfG, Urt. v. 05.03.74, E 36, 321 (331 f.) für legiüm gehaltene Berücksichtigung wirtschafts- und finanzpolitischer Gesichtspunkte bezog sich nur auf wirtschaftliche Förderungsmaßnahmen mit kulturel-

II. Die zulässigen Kriterien

123

b) Andere Kriterien Ähnliche Einwände gelten für andere kunstfremde, etwa strukturpolitische Kriterien. Ein Auswahlverfahren, das Merkmale wie die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volks- oder Altersgruppe honoriert 108 , koppelt sich von der Kunstfreiheit ab, mit der diese Kriterien in keinerlei Zusammenhang stehen. Sehr fragwürdig bleibt deshalb auch, ob Kunstsubventionierung unbedingt "flächendeckend" zu erfolgen hat 1 0 9 . Der Gleichheitsgrundsatz verbietet nur, einzelne Regionen von vornherein von der Subventionierungschance auszunehmen; er gebietet aber nicht die gleichmäßige Berücksichtigung aller Regionen. Derartige Proporzförderung umgeht zwar manche unpopuläre Einzelfallentscheidung, fällt aber durch das Raster des Eigengesetzlichkeitsaspekts, dem Kriterien wie Größe, Bevölkerungszahl, konfessionelle oder soziale Struktur des Herkunftsortes des Künstlers fremd sind 1 1 0 . Entscheidungskriterien wirtschafte-, sozial- oder strukturpolitischer Natur können und dürfen daher, eben weil sie ihre innere Legitimation nicht aus dem Wesen der Kunstfreiheit ableiten, nur in nachrangiger, subsidiärer Funktion zum primär relevanten Qualitätskriterium hinzutreten 111.

4. Stil und Inhalt Im Verbot der Heranziehung stilistischer und inhaltlicher Kriterien zeigt sich am deutlichsten die Umsetzung des neutralitätsbedingten Diskriminierungsverbots 112 . Die Zulässigkeit von Stil und Inhalt als Entscheidungsmerkmale lem Bezug (dort: Steuererleichterung für Schallplattenindustrie). Vgl. auch BGH, Urt. v. 21./22.05.75, DVB1. 1975, 903 (904). 108

So der Vorschlag von Schulz, SchlHA 1984, 137 (140).

1 0 9

So Späth, Kunstförderung, S. 191, für die Praxis in Baden-Württemberg.

1 1 0 111

1 1 2

Maier, Pressekonferenz vom 16.09.85, Protokoll S. 1 (unveröffentlicht). Bär, Filmfreiheit, S. 515; Benda, Kunstfreiheit, S. 349; Maier, Probleme, S. 187; ähnlich auch Steiner, VVDStRL 42 (1984), 34. Gegen jede Berücksichtigung "kulturexterner" Motive dagegen Grimm, VVDStRL 42 (1984), These 15, S. 81. Wie hier Kirchhof,

Verwalten, S. 392 f.; Scheuner, Kulturstaat, S. 127.

124

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

ergibt sich auch nicht aus dem Argument, eine gleichmäßige Berücksichtigung aller Kunstrichtungen sei undurchführbar. Dies besagt allenfalls etwas über die Notwendigkeit wertender Auswahl überhaupt, rechtfertigt aber nicht Stil und Inhalt als Differenzierungskriterien 1!3. Die Zugehörigkeit eines Kunstwerks zu einer bestimmten Stilrichtung darf ebensowenig wie seine inhaltliche Aussage über die Förderungswürdigkeit entscheiden, weil damit tatsächlich mit Art. 5 Abs. 3 GG unvereinbares "Kunstrichtertum" ausgeübt würde. Die Bewertung muß immer in der individuellen Persönlichkeit des Künstlers und in der Beschaffenheit des von ihm individuell geschaffenen Werks wurzeln. Die Möglichkeit, das Kunstwerk einem bestimmten Stil zuzuordnen, betrifft überindividuelle und deshalb hier irrelevante Umstände. Weder sturer Traditionalismus noch blinde Progressivität dürfen daher die Förderentscheidung beeinflussen: Aus dem Pluralismusgedanken folgt das Gebot der Offenheit für alle Stilrichtungen. Das gilt insbesondere für die Avantgarde. Das Neue, Unerprobte und noch nicht Bewährte muß reelle Chancen zu seiner Entfaltung erhalten. Gerade wegen der Erfahrungen der NS-Zeit gilt für Deutschland die besondere Verpflichtung, "Neues" nicht mit dem Etikett des Ungewöhnlichen, Fremden und daher nicht Förderungswürdigen zu brandmarken H 4 . Nachdem sich die Praxis der 50er und 60er Jahre insofern noch schwer getan hatte 115 , zeigt sich seit Beginn der 70er Jahre hier eine erfreuliche Trendwende hin zu mehr Offenheit auch für das Experiment 116. Diese Ansatzpunkte für die "Emanzipation der Avantgarde" gilt es auszubauen. Kunst darf nicht auf der Stelle treten. Eine Gesellschaft, die Kunst fast ausschließlich von ihrer reproduktiven Seite her kennt und schätzt und jede in113

A.A. Stiller,

1 1 4

Knies, Kunst und Recht, S. 160.

UFITA 60 (1971), 171 (183); Er bei, Kunstfreiheitsgarantie, S. 177.

115

Traurige Berühmtheit hat insofern das Urteil des BayVGH vom 27.04.67, E 20, 40 erlangt, das der Rockgruppe "Rolling Stones" den Vergnügungssteuernachlaß mit dem Argument verwehrte, es handle sich nicht um eine musikalische Aufführung, weil das menschliche Gehör infolge der Lautstärke keine geordnete Tonfolge wahrzunehmen vermöge. Kritisch dazu Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (184 f.).

116

Ismayr, Kulturförderung, S. 13. Siehe etwa Bund 2, S. 3 "...müssen neben der Pflege des überkommenen Kulturerbes auch neue und experimentelle Formen von Kunst ihre Entfaltungschance haben." Beispiele für die behauptete Trendwende bei Ditges, Kulturarbeit, S. 12; Grabbe, in: P/M/B, S. 16.

II. Die zulässigen Kriterien

125

novative Regung mit dem Makel des "Alternativen" abqualifiziert, würde das Wesen der Kunst als Suche nach immer neuen Formen der Mitteilung verkennen. Hier drohte ein mit den Wertungen der Verfassung tatsächlich unvereinbarer "musealer Kulturstaat" 117 . Eine Festlegung auf primäre Förderung der Avantgarde liefe dem Verbot stilistischer Kriterien jedoch ebenso zuwider wie eine Fixierung auf das Etablierte 118 : Erst im Neben- und Miteinander beider Varianten kommt die Freiheit der Kunst zur optimalen Entfaltung. Demgegenüber ist die Differenzierung innerhalb einer Kunstgattung nach besonders förderungswürdigen und weniger förderungswürdigen Stiltypen zulässig, wenn sich dies aufgrund der generellen, gattungsspezifischen Mehrqualität vor dem Qualitätskriterium rechtfertigt. So kann etwa im Bereich der Filmförderung zulässigerweise danach differenziert werden, daß etwa Dokumentarfilme oder Filme mit Bildungscharakter (zB mit Eignung zur Förderung des Geschichtsbewußtseins), also sog. "Kulturfilme", dem reinen Unterhaltungsfilm gegenüber von vornherein einen Abwägungsvorsprung haben 119 . Ebenso untauglich, weil sachfremd, ist die Anknüpfung an die "gesellschaftliche" oder "politische" Relevanz der inhaltlichen Aussage. Überlegungen, die hiernach eine Unterscheidung über die Förderungswürdigkeit vornehmen wollen, zielen in den Kern der Kulturstaatlichkeit 120, weil sie das Eigengesetzlichkeitspostulat nicht berücksichtigen. Kunst entsteht unabhängig von metakünstlerischen Ambitionen; sie ist weder förderungswürdig, weil sie "engagiert", noch weil sie nicht "engagiert" ist 1 2 1 . Streichquartett und Polit-Ballade, ästhetizistische Lyrik und gesellschaftskritisches Straßentheater, Komödie und Problemfilm müssen die gleiche Förderungschance haben.

117

Abelein, Kulturpolitik, S. 231 f.

118

Bull, Staatsaufgaben, S. 304 f.; Häberle, APuZ, S. 27.

119

12 0 121

Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 101 zu Art. 5. Eine ausschließliche Förderung von "Kulturfilmen" wäre demgegenüber wohl unzulässig. Steiner, VVDStRL 42 (1984), 34. Zur Unzulässigkeit der Benachteiligung politisch engagierter Filme bei Vergabeentscheidungen nach dem FFG siehe VG Berlin, Urt. v. 17.02.82, FuR 1982, 332, m. Anm. Ladeur; ferner Hufen, Freiheit der Kunst, S. 552 mit Fn. 14.

126

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Gleichfalls darf ein Künstler selbstverständlich nicht wegen seines politischen oder weltanschaulichen Standpunkts bevorzugt oder benachteiligt werden (Art. 3 Abs. 3, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 GG) 1 2 2 . Die Auffassung, politische Auswahl liege "durchaus im Sinne demokratisch geführter Politik", weil die politisch dominierende Kraft meistens ihre Ideen gegen die Vorstellung einer Minderheit durchsetze 123 , weckt zumindest vermeidbare Mißverständnisse. Allerdings gilt das Verbot der Berücksichtigung inhaltlicher Kriterien nicht unbeschränkt. Ebenso wie im Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG aktualisieren sich auch in der leistungsrechtlichen Funktion der Norm immanente Schranken, jenseits derer eine Förderung nicht mehr in Frage kommt. Hierzu zählen rechtliche (Verletzung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung; Verbreitung totalitären Gedankenguts; Diskreditierung von Grundwerten der Verfassung wie Menschenwürde, Ehe und Familie; Anarchismus), moralische (Gewaltverherrlichung, Pornographie) und weltanschaulich/religiöse Maßstäbe (Verunglimpfung von Bekenntnissen). Diese setzen Negativschranken, deren Überschreitung eine Förderung von vornherein ausschließt124. Die Verbreitung extremistischen Gedankenguts im Gewand der Kunst etwa muß der Staat nicht finanzieren. Wer diese verfassungsrechtlich eindeutige Selbstverständlichkeit mit der Dienstbarmachung der Kunst im NS-Staat vergleicht 125 , hat verkannt, daß auch Neutralität als aus Art. 5 Abs. 3 GG abgeleitetes Strukturprinzip ihre Grenzen an den Schranken dieser Norm findet, zu denen auch die freiheitlich-demokratische Grundordnung zähltl 26 . Immer dann, wenn ein ordnungsrechtlicher Eingriff in die Kunstfreiheit möglich wäre, muß auch die Förderung versagt werden können l 2 7 . 12 2

Bär, Filmfreiheit, S. 516; Stiller,

123

So Erbel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 178.

UFITA 60 (1971), 171 (185 f.).

12 4

Starck, in: M/K/S, Rn. 101 zu Art. 5. Kritisch zu diesen Maßstäben dagegen Erbel, ZUM 1985, 283 (298).

125

So Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (185) zum Fall Kühn/Wallraff. Stiller widerspricht sich, wenn er die Wahrung der freiheitlich-demokraitschen Grundordnung als Kriterium ablehnt, gleichzeiüg aber bei "staats- oder demokratiefeindlicher Gesinnung" von Subventionierung absehen will.

12 6

Starck, in: M/K/S, Rn. 217 zu Art. 5. Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25.04.72, E 33, 52 (71).

12 7

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 32 m.Fn. 119.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

127

I I I . Möglichkeiten zur Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in konkrete Verfahrensmodelle Nach den bislang gewonnenen Erkenntnissen stellt die Frage der künstlerisch-ästhetischen Bewertungsentscheidung das Hauptproblem öffentlicher Kunstsubventionierung dar 1 2 8 . An ihr kristallisiert sich paradigmatisch das klassische Dilemma, mit dem neuzeitliche Kunstförderung seit jeher 1 2 9 leben muß: Die Ambivalenz zwischen Freiheit und Förderung 130 . Freiheitsgefährdende Auswirkungen der staatlichen Förderungstätigkeit wurden insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Kunstförderung überhaupt und in bezug auf die staatliche Bewertungskompetenz aufgezeigt. Wenn dort mögliche Ingerenzen mit dem Hinweis auf ihre Minimierung durch grundrechtsorientierte Organisation und Verfahren in Kauf genommen wurden, soll im folgenden dieser allgemeine Gedanke in konkrete Vorschläge umgesetzt werden. Es stellt sich also die Frage, in welcher Art und Weise die öffentliche Hand von dem ihr zustehenden weiten Förderungsermessen Gebrauch machen soll, um die aus der Kunstfreiheit abgeleiteten Direktiven bei der Subventionsvergabe optimal zur Geltung zu bringen. Alle hierzu in Rechtsprechung und Literatur vorfindbaren Modelle und Anregungen gleichen sich dabei in einem Punkt: Sie zielen auf eine Entstaatlichung der Förderungsentscheidung 131. Dahinter steckt folgender Gedankengang: Die 128

129 1 3 0

131

Nur um sie, also um sog. "kunstrelevante" Entscheidungen im Sinne der "zweiten Stufe" Huf ens (NVwZ 1983, 516, 521 f.) soll es bei den im folgenden diskutierten Vorschlägen gehen. Entscheidungen auf einer ersten verwaltungsorganisatorischen Ebene (zB über den Standort eines anzuschaffenden Kunstwerks oder die Einrichtung eines Kunstpreises) werden von denfca/urspezifischen Direktiven des Art. 5 Abs. 3 GG ohnehin nicht erfaßt. Hier bleibt es bei den üblichen Zuständigkeiten und Verfahrensweisen. Vgl. zu dieser Zweistufenbetrachtung auch Höfling, DÖV 1985, 387 (394 f.), und Horlacher, Kultursubv, S. 64. Siehe Heuer, NJW 1985, 232 (233 m.Fn. 8). Als grundlegendes Problem der Kunstförderung etwa erkannt von Heuer, Besteuerung, S. 95; Jung, Diss., S. I l l f.; Scheuner, Kulturstaat, S. 116; Sc/ireyer.Entscheidungsgremien, S. 136; Schwarze, AfP 1974,692 f. Siehe dazu zuletzt VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364) mwN.

128

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Gefahr, die der Kunstfreiheit bei öffentlicher Förderung droht, besteht in der Vereinnahmung durch das Staatliche, die dem auf selbstbestimmte Freiheit angelegten Wesensmerkmal der Eigengesetzlichkeit zuwiderläuft 132 . Wenn es nun gelänge, ein Vergabeverfahren zu entwickeln, in dem der Staat keine Möglichkeit zur Ausübung von bestimmenden Einflüssen, dirigistischer Steuerung oder anderen Ingerenzen hat, ja nicht einmal theoretisch haben kann, wäre damit die Gefahr der Freiheitsbedrohung entschärft und das Dilemma aus der scheinbar unauflöslich vorgegebenen Gleichzeitigkeit von Freiheitsbeschränkung und Freiheitsermöglichung zugunsten letzterer aufgelöst; Kunstförderung würde dann nur noch freiheitsfördernd wirken. Popularität genießt dieser Entstaatlichungsgedanke nicht zuletzt, weil er auf einer Linie mit den seit Anfang der 70er Jahre propagierten Bestrebungen um Demokratisierung und Partizipation liegt 1 3 3 . Zudem korrespondiert Entstaatlichung auch mit dem Trend der fortschreitenden Privatisierung öffentlicher Funktionen 134 . In welcher Form nun Entstaatlichung in das konkrete Verfahren umzusetzen ist, wird in der Wissenschaft unterschiedlich beantwortet 135.

1. Generalisierende Kunstförderung durch Steuererleichterungen Eine erste Variante des Entstaatlichungsgedankens versucht, diesem durch eine generalisierende Ausgestaltung der Förderungsmaßnahmen unter Verzicht auf Individualförderung näher zu kommen 136 . Als Verfahrenstechnik bie1 3 2

Zu den Gefahren eines staatsmonopolistischen Verfahrens Höfling, (393).

133

Zu diesem Zusammenhang Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1972), 180 (209 ff.); Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 14; Stern, StaatsR II, 1980, S. 773 f. Dazii etwa Deutscher Städtetag (Hrsg.), Möglichkeiten und Grenzen der Privatisierung öffenüicher Aufgaben, 1986.

134

DÖV 1985, 387

135

D e r Gesetzgeber hat zur Beantwortung dieser Frage wie des Förderungsdilemmas überhaupt keine Hinweise geliefert, sondern die Klärung insoweit bewußt der Rechtswissenschaft überlassen. Kritisch dazu Maunz, BayVBl. 1970, 354.

136

zur Unterscheidung von "generalisierenden" und "individualisierenden" Förderungstechniken Knies, Kunst und Recht, S. 157; Vogel, Kunsthemmnisse, S. 208.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

129

ten sich hier die Möglichkeiten des Steuerrechts a n 1 3 7 . Denn statt durch die positive Zuwendung von Finanzmitteln könnte öffentliche Kunstsubventionierung auch in Form von Steuererleichterungen betrieben werden 138 . Auf die im einzelnen vorgeschlagenen Möglichkeiten des Steuerrechts kann hier nicht eingegangen werden. Die Diskussion unterscheidet im wesentlichen zwei Grundtypen, von denen der eine beim Künstler selbst (steuerliche Begünstigung der aus künstlerischer Betätigung erzielten Einkünfte), der andere beim Kunstrezipienten ansetzt (steuerliche Begünstigung des Erwerbs oder Konsums künstlerischer Leistungen oder Gegenstände durch Berücksichtigung als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben etc.). Unabhängig auch von der bereits angedeuteten Frage der Einbeziehung sog. Verschonungssubventionen in den verwaltungsrechtlichen Subventionsbegriff gilt es hier nur zu prüfen, ob steuerrechtliche Maßnahmen tatsächlich zur Umsetzung kunstfreiheitsspezifischer Vorgaben in das Förderungsverfahren dienen 139 . Die Vorteile dieser Konzeption lassen sich kurz im Zusammenhang mit den strukturimmanenten Leitlinien des Art. 5 Abs. 3 GG darstellen 140 : Wenn der Erwerb oder Konsum von Kunst steuerlich begünstigt wird, entscheidet nicht mehr der Staat über die Auswahl des geförderten Künstlers; diese Entscheidung trifft nun der einzelne Bürger durch den Kauf des Gemäldes, den Erwerb der Konzertkarte usw. Dies weckt private Initiative und reduziert die Gefahr, private Unterstützung zugunsten der Kunst könnte im Vertrauen auf die "ja ohnehin erfolgende" öffentliche Kunstsubventionierung ausbleiben. Gleichzeitig 137

Einen anderen Vorschlag, bei dem auf individuelle Zuwendungen verzichtet werden könnte, diskutiert Ismayr, Kulturförderung, S. 13. Er empfiehlt ein Ausweichen auf Maßnahmen der Realförderung (zB Bereitstellen von Musikinstrumenten, Filmausrüstung, Überlassung von Übungs-, Werk- und Veranstaltungsräumen). Einen Ausweg aus dem Entscheidungsdilemma bietet dieser Vorschlag jedoch nicht, da auch dort durch wertende Auswahl entschieden werden muß, wem die Realförderung zukommen soll.

138

Ausführlich dazu Heuer, Besteuerung, S. 130 ff. Siehe ferner Boochs, Möglichkeiten der privaten Kunstförderung durch das Steuerrecht, DStZ 1985, 576; Kirchhof, NJW 1985, 225; Mennacher, NJW 1985, 1608. Die Bedeutung des Steuerrechts für die Kunstförderung wurde schon in der Weimarer Republik erkannt; siehe v. Biegeleben/Hensell Ρ opitztSehr eiber, Kultur und Steuergesetzgebung, 1926.

139

Allgemein zu den Vor- und Nachteilen direkter Subventionierung bzw. von Steuererleichterungen Rasenack, Der Staat 20 (1981), 1 ff.

1 4 0

Siehe zum folgenden Heuer, NJW 1985, 232 ff.

130

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

vermeidet der Staat es so, selbst wertend zu entscheiden!41. Er gibt diese Aufgabe an das Publikum weiter und zeigt sich so "neutral". Die steuerliche Begünstigung setzt bei allen Personen gleichmäßig an, die einen bestimmten Tatbestand erfüllen; eine Einzelfallwertung scheint also entbehrlich. Auch das Ziel der Dezentralisierung profitiert durch die so erzeugte Bürgernähe: Nicht mehr ein entfernter, anonymer Verwaltungsapparat trifft Entscheidungen, sondern der Bürger selbst. Schließlich bewirkt diese Lösung eine Vervielfachung der Förderinstanzen im Sinne des "Trägerpluralismus": Jeder Einzelne wird zum potentiellen Mäzen. Durch all diese Gesichtspunkte kommt es im Ergebnis zu einer "Überantwortung" der Kunstförderung an die Bürger 142 . Zudem bietet das Steuerrecht ein Feld, in dem kunstfreundliche Maßnahmen noch längst nicht ausgeschöpft scheinen143, wenn auch insofern in den vergangenen Jahren durchaus Anstrengungen unternommen wurden 144 . Alles in allem scheint also die steuerrechtliche Lösung tatsächlich die Direktiven der Kunstfreiheitsgarantie zu verwirklichen und vor allem eine von staatlichen Wertungen freie Verfahrensgestaltung zu ermöglichen. Dennoch birgt auch die "Steuerlösung" Nachteile. In der Literatur findet sich etwas der Hinweis auf kompetenzrechtliche Probleme 145 . Außerdem wird bezweifelt, ob auf diesem Wege überhaupt eine materiell spürbare Entlastung der Künstler eintreten könne. Denn steuerliche Förderung sei immer nur dort möglich, wo ohne solche Förderung Steuern gezahlt werden müßten. Insofern werde aber am falschen Punkt angesetzt: Gerade in den Fällen besonderer Bedürftigkeit versage das Instrumentarium des Steuerrechts 146. 141 142 143

144

Das dürfte der Hauptgrund für die Favorisierung der steuerrechüichen Lösung im angelsächsischen Raum sein; siehe Netzer, The subsidized muse, S. 44. So die Hauptaussage Heuers, Besteuerung, S. 118 f. Steiner, VVDStRL 42 (1984), 22. Konkrete Vorschläge in dieser Richtung: "Für ein kulturfreundliches Steuerrecht", Steuerpolitische Vorschläge des Deutschen Kulturrates, 1983; Vorschläge der Kommission BW, S. 6 ff. Beispiel für die Kunstfeindlichkeit des geltenden Steuerrechts bei Hufen, Freiheit der Kunst, S. 30, Fn. 6. Zu den inzwischen realisierten steuerrechtlichen Maßnahmen: Mehr Raum für Kultur, S. 39 ff.

145

Dazu Knies, Kunst und Recht, S. 157.

146

Siehe Netzer, The subsidized muse, S. 44; Vogel, Kunsthemmnisse, S. 206 ff.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

131

Weiter ermöglicht die Überantwortung der Vergabeentscheidung an den Bürger gerade die Gefahren, die von einer den gesellschaftlichen Kräften überlassenen Förderpraxis drohen. Angesichts der Finanzkraft einiger weniger "Sammler" scheint es beispielsweise denkbar, daß sich Kunstförderung dann auf solche Künstler konzentriert, die dem Geschmack dieser Mäzene entsprechen. Konsequenzen für Pluralität und Qualität liegen auf der Hand. Weitere Bedenken macht ein Blick auf einen gegenwärtig bereits praktizierten Anwendungsfall der Kunstförderung durch Steuererleichterungen deutlich: Die Vergnügungssteuerbefreiung von Spielfilmen, welche durch die Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) prädikatisiert wurden I 4 7 . Hier zeigen sich gravierende Unterschiede zwischen leistender Individualsubventionierung und der generalisierenden Steuerbefreiung: Während bei ersterer der Antragsteller im Falle negativer Verbescheidung immer noch reelle Chancen hat, seine künstlerische Tätigkeit durch Maßnahmen anderer Träger oder durch den eigenen Markterfolg abzusichern, umfaßt der "Regelungsbereich" der Prädikatisierungsvariante flächendeckend jeden in der Bundesrepublik produzierten Spielfilm. Damit entsteht automatisch ein Zwei-Kasten-Wesen von prädikatisierten und nicht prädikatisierten Werken, wobei letztere durch den beträchtlichen wirtschaftlichen Impetus zugunsten der Konkurrenz in ihrer Marktchance nahezu erstickt werdenI 48 . Der Verzicht auf individuelle Wertung wird mit dem Preis der Ausgrenzung des nicht für würdig Befundenen bezahlt und löst zudem das Bewertungsdilemma nicht, denn auch die Verleihung eines Prädikats setzt Wertung voraus. Insgesamt zeitigt diese Variante ein an der Kunstfreiheitsgarantie gemessen bedenkliches Ergebnis, dessen Konsequenz, durch die Prädikatisierung möglichst vieler Spielfilme den Ausgrenzungseffekt zu kaschieren, der eigentlichen Förderungsintention zuwiderläuft! 49.

147 148

149

D a z u B ä r t

Filmfreiheit, S. 383 ff.

Bedenken insoweit bei Ladeur, AK, Rn. 24 zu Art. 5 Abs. 3 II; Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (180). Ygi z u m Ganzen auch Bund 2, S. 24 f., insbesondere Fragen 18, 20, 21 und ihre zurückhaltende Beantwortung. Kritisch zur nivellierenden Wertungspraxis der FBW auch Bull, Staatsaufgaben, S. 311.

132

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Damit ist auch der letzte und entscheidende Einwand gegen das Steuermodell angesprochen: Die Generalisierung und Schematisierung bei der Auswahl der zu fördernden Aktivitäten 150 . Was einerseits als Ausweg aus dem Bewertungsdilemma erscheint, entpuppt sich bei konsequenter Handhabung als Bumerang: Wohltaten werden gleichmäßig auf Bedürftige und Nicht-Bedürftige, "Würdige" und "Unwürdige" verteilt. Der so letztlich wieder praktizierten "Gießkannenförderung" kommt zwar der Vorteil umfassender Breitenwirkung zu, sie führt aber gleichzeitig zu kunstfreiheitswidriger Uniformität 151 . Um eine Wertung bei der Subsumtion des Einzelfalls unter den abstrakten Tatbestand des Steuergesetzes kommt zudem auch die steuerrechtliche Lösung nicht herum: Was künstlerische Tätigkeit (etwa i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) ist, muß nach wie vor per subjektivem Urteil von Verwaltung oder Justiz entschieden werden. Skepsis gegen eine Euphorie bezüglich des Steuermodells scheint daher angebracht 152 . Im Ergebnis sollte zwar steuerrechtlichen Maßnahmen in gewissem Umfang guter Sinn nicht abgesprochen werden: Auch sie tragen zur größtmöglichen Pluralität von Verfahrensweisen bei. Vor einer Idealisierung dieses Modells als einzig grundrechtskonformem Weg muß jedoch gewarnt werden. Auch die Befürworter der steuerrechtlichen Variante sehen deren Funktion nur in Ergänzung zum vorhandenen System der Leistungssubventionen153.

1 5 0

Sehr kritisch dazu Knies, Kunst und Recht, S. 158.

151

Diese Gefahr sieht auch Heuer, NJW 1985, 232 (234).

1 5 2

So auch Haverkate, Rechtsfragen, S. 168, Fn. 97.

15 3

Heuer, NJW 1985, S. 235.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

133

2. Entstaatlichung durch Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventions verfahren: ff Förderungsselbstverwaltung ,f der Kunst Als nur eigengesetzlichen Gegebenheiten gehorchender Bereich entzieht sich Kunst den engen Begrenzungen staatlichen Organisierens und Verwaltens. Wegen dieser außerrechtlich vorgegebenen "Sondersituation" muß Kulturverwaltung nach anderen Strukturen und Prinzipien arbeiten als hierarchisch-bürokratische Verwaltung im herkömmlichen Sinn. Dennoch spielte sich die bundesrepublikanische Förderpraxis bis vor nicht allzu langer Zeit nahezu ausschließlich in den tradierten Formen der öffentlichen Verwaltung ab: Anstelle kunstspezifischer Organisationen oder Institutionen wurden (und werden) Aufgaben auf diesem Sektor von den üblichen Ämtern und Behörden wahrgenommen154. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die rechtswissenschaftliche Diskussion der letzten Jahre als Weg zur "Entstaatlichung" die Umstrukturierung der Kunstförderungsverwaltung durch Beteiligung nichtstaatlicher Instanzen am Vergabeverfahren favorisiert 155 . Während es in anderen Bereichen eingriffs- wie leistungsstaatlichen Verwaltens eine Selbstverständlichkeit darstellt, daß staatliche Entscheidungen mit der einen oder anderen Modifizierung von staatlichen Organen getroffen werden, fordert diese Auffassung im Ergebnis die "Förderungsselbstverwaltung" der Kunst durch Delegation der Vergabe- (und dabei im wesentlichen der künstlerisch-ästhetischen Bewertungs-) entscheidung an Künstler oder Kunstsachverständige und von ihnen besetzte Gremien, Jurys oder sonstige Instanzen. 15 4

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 31. Auf kommunaler Ebene wird Kulturverwaltung etwa nach wie vor oft vom Kulturamt oder -referat allein vorgenommen; siehe Jächter, in: P/M/B, S. 25 ff. (30).

155

Siehe etwa Abelein, Kulturpolitik, S. 233; Beer, Schwerpunkte, S. 13; Benda , Kunstfreiheit, S. 351; Fohrbeck, Kunstförderung, S. 11; Geiger, FS Leibholz II, S. 193; Graul, Künstlerische Urteile, S. 72 ff.; Höfling, DÖV 1985, 387 (392 ff.); Hufen, NVwZ 1983, 516 (519 ff.); ders., BayVBl. 1985, 37 (41); Kirchhof, Verwalten, S. 392 f.; Ladeur, AK, Rn. 25 zu Art. 5 Abs. 3 II; Lerche, AfP 1974, 593 (597); Locher, Bildende Kunst, S. 28; Ossenbühl, DÖV 1983, 785 (790); Ridder, Freiheit der Kunst, S. 22 f.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 42 zu Art. 5 Abs. 3; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 135 ff.; Schwarze, AfP 1974, 692 (695 f.); Wimmer, VVDStRL 42 (1984), 88; Wolfrum, SchlHA 1984, 2 (7).

134

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

a) Vorteile einer Entscheidungsdelegation Der Ruf nach Beteiligung von "non-governmental agencies" kommt gerade für den Kulturbereich nicht von ungefähr. Eigengesetzlichkeit und Autonomie verlangen hier nach alternativen Formen der im Verwaltungsverfahren zu bezweckenden Gemeinwohlfindung; staatlicher Alleinentscheidungskompetenz schlägt tiefes Mißtrauen entgegen 156 . Von einem Modell der Staatsdistanz hingegen verspricht man sich bedeutende Vorteilel 57 : Zuwachs an künstlerischer Unabhängigkeit, Respekt vor Eigengesetzlichkeit und Optimierung von Neutralität, mithin also die Verwirklichung der von der Kunstfreiheitsgarantie vorgegebenen Ziele. Zu dem Vorteil, daß es gerade nicht der Staat ist, der die Förderungsentscheidung trifft und damit neutral bleibt, tritt bei der Beteiligung von Sachverständigen die erhöhte Chance der "objektiven Richtigkeit" des Entscheidungsergebnisses 158. Auch das Dezentralitätsziel scheint hier optimal zum Tragen zu kommen, weil die Entscheidungskompetenz aus dem monolithischen Staatsblock herausgelöst und auf mehrere Schultern verteilt wird. Schließlich korrespondiert die so erzielte "Entstaatlichung" auch mit dem Pluralismusgebot: Im Sinne der Forderung nach einer maximalen Anzahl von Förderungsträgern bringt sie den Vorteil mit sich, daß zu den ohnehin bereits konkurrierenden staatlichen Instanzen weitere, nicht-staatliche Träger hinzutreten. Ja sogar das Gewaltenteilungsprinzip komme erst auf diese Weise — so wird vorgetragen — in gebührendem Umfang zur Geltung 159 , und die namentliche Identifizierbarkeit der Experten diene dem Transparenzgedanken 160. Im Kern geht es also bei diesen Vorschlägen um die Nutzbarmachung verwaltungsexternen Sachverstands bei gleichzeitigem Verzicht auf staatliches Werturteil. Diese Kombination von Sachlichkeit und Objektivität macht den Gedanken der Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen so attraktiv. 156

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 17.

1 5 7

Dazu zusammenfassend Hufen, NVwZ 1983, 516 (519); Graul, Urteile, S. 73 ff.

1 5 8

Siehe OVG Lüneburg, Urt. v. 27.05.82, NJW 1983, 1218; Hoffmann, S. 30; Lerche, AfP 1974, 593 (597); Scheuner, Kulturstaat, S. 121.

15 9

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 151.

16 0

Graul, Künsüerische Urteile, S. 73, 87 ff.

Künstlerische Kultur für alle,

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

135

Über die Vorzüge einer Beteiligung von "Sachverstand" an politischen oder juristischen Entscheidungen sollte kein Streit herrschen. Kompetenz und Sachkunde können innerhalb der Verwaltung nur positiv wirken. Kein Argument führt an der Tatsache vorbei, daß die bei jeder Entscheidung angestrebte größtmögliche Objektivität, Effizienz und materielle "Richtigkeit" umso eher gewährleistet ist, als sach- und fachkundige, erfahrene, kompetente und sich durch autorisierte Affinität zum Regelungsgegenstand auszeichnende Personen oder Institutionen in zunehmendem Umfang an ihr beteiligt werden. Sachverstand kann im öffentlichen Leben nie schaden, immer nur nützen 161 . Die Heranziehung von Sachverständigen stellt geradezu ein typisches Kennzeichen einer modernen, nicht selbstherrlichen, sondern ihrer eigenen Grenzen bewußten Verwaltung dar. Insbesondere im Subventionswesen, wo ein Rückgriff auf die über Jahrhunderte traditionell auf "Eingriff 1 ausgerichtete Verwaltungswissenschaft nicht immer zu den gewünschten Lösungen führt, kann auf die Nutzbarmachung privat existenten und organisierten Sachverstands nicht verzichtet werden 162 . Die Übernahme verwaltungsfremden Fach- und Erfahrungswissens verhilft der Behörde so zu mehr Neutralität, Stabilität und Sachlichkeit 163 . In diesem Zusammenhang verwundert es nicht, daß die Verwaltungspraxis im Bereich der Kunstförderung seit jeher Sachverständige in beratender Funktion heranzieht 164 . Insofern bestehen auch kaum nennenswerte rechtliche Probleme. Streit herrscht erst um die Frage, ob und in welchem Umfang nicht-staatliche Instanzen mit entscheidender Funktion betraut werden sollten. Die im folgenden referierten Argumente betreffen also nicht die selbstverständliche Beteiligung sachkundiger Berater, sondern nur das Problem der Kompetenzdelegation. 161

Allgemein dazu: Bull, Staatsaufgaben, S. 437; Oettinger, JZ 1974, 285; speziell für den Kultursektor Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 119 f. Siehe ferner: Sachverstand und Verantwortung in der öffentlichen Verwaltung, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 30, 1966, und jüngst Brohm, Sachverständige Beratung des Staates, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb.d. StaatsR, Bd. 2, S. 207 ff.

1 6 2

Kirchhoff,

16 3

Kirchhof,

1 6 4

Subventionen, S. 101 f. Verwalten, S. 145.

Siehe etwa Stern, StaatsR II, S. 773. Historisches Beispiel: Schon 1873 wurde in Bayern eine Kommission zur Beratung des Kultusministers in Fragen der Verwendung der Fördermittel eingesetzt; vgl. Maier, Probleme, S. 187. Positiv zur Beratungsfunktion auch Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 41, Fn. 120; Maunz, BayVBl. 1970, 354 (355). Für das Subventions wesen allgemein: Sehet ting, Rechtspraxis, S. 306 f.

136

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

b) Spezifische Problemfelder der Förderungsselbstverwaltung Bei erster Betrachtung schienen sich die allgemeinen Vorteile jeder Kompetenzdelegation auf außerstaatliche Einheiten 165 auch und gerade bei der öffentlichen Kunstsubventionierung positiv auszuwirken. Auch dieses Verfahrensmodell birgt jedoch spezifische Schwächen166. Bevor seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit oder gar Gebotenheit zur Diskussion steht, gilt es daher, diese Nachteile aufzuzeigen und zu überprüfen, ob sie von den geschilderten Vorzügen aufgewogen werden. Nur dann kann das Modell der Förderungsselbstverwaltung der Subventionspraxis guten Gewissens empfohlen werdenl 67 .

aa) Organisatorische Probleme bei der Mitwirkung künsterlerischer Verbände Die Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen am Subventionsverfahren wirft in dreifacher Hinsicht organisatorische Probleme auf. Zunächst stellt dieses Modell die Kunst vor die Notwendigkeit einer kunstinternen Organisation, denn nicht jeder einzelne Künstler kann aus praktischen Gründen am Entscheidungsverfahren beteiligt werden. Sachverstand soll "repräsentiert" werden, der Einzelne ist jedoch nicht repräsentativ 168. Da letztlich aber immer Individuen die fälligen Entscheidungen treffen müssen, ergibt sich für die Kunst das Problem, diese Individuen in einem festgelegten Verfahren zu ermitteln. Obwohl der Kunst jede Institutionalisierung fremd ist, erfordert dies im Ergebnis notgedrungen die Selbstorganisation dieses Lebensbereichs.

165

Dazu Kirchhof,

Verwalten, S. 137 ff.; Schuppert, Erfüllung, S. 5 ff.

1 6 6

Skeptisch etwa Beck, Wahrheit, S. 263 ff.; Haverkate, Rechtsfragen, S. 169; Leisner, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 126; Möller, Gemeindl. Subventionsverwaltung, S. 197 f.; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36 ff.

167

Mit Recht weist Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 197, darauf hin, daß der Sinn einer Beteiligung nichtstaatlicher Entscheidungsträger sich noch nicht allein aus den allgemeinen Vorteilen ergibt, sondern nur im Zusammenhang mit der jeweils zu bewältigenden Aufgabe ermittelt werden kann.

16 8

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 102 f.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

137

Dieser Notwendigkeit kommt en Strukturwandel innerhalb der "Kunstszene" entgegen. Künstlerisches Leben läßt sich heute nicht mehr allein als Summe aller aktiven Einzelkünstler charakterisieren, sondern verwirklicht sich in zunehmendem Maße in organisierter Form. Die unmittelbare Subventionierung des einzelnen Künstlers durch den Staat gehört teilweise schon der Vergangenheit an; Kunstförderung ist längst überindividuell geregelt. "Der 'Apparat' der Kulturverwaltungen, Beiräte, öffentlichen Stiftungen und Kommissionen bestimmt Struktur und Ablauf staatlicher Aktivitäten im Bereich der Kunst" 169 . Eine Möglichkeit, diese von der Kunst selbst geschaffenen Organisationsformen zu nutzen, könnte die Kompetenzdelegation an Künstlerverbände oder an von diesen beschickte Gremien, Kommissionen oder Jurys darstellen. Die Beteiligung von Verbänden ist überhaupt ein klassischer Typus der Nutzbarmachung privat organisierten Sachverstands für die Staatsverwaltung 170. Handelt es sich doch bei ihnen um Ansprechpartner der Politik, die aufgrund der gebündelten Interessenwahrnehmung für ihre Mitglieder eine ideale Möglichkeit der Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft bieten. Die Einschaltung von Verbänden ist denn auch in jüngster Zeit zu einem selbstverständlichen Faktor der Staatspraxis geworden 171 . Gerade wegen der Selbstverständlichkeit, daß Interessen nicht mehr individuell, sondern fast nur noch in Form von Institutionen wahrgenommen werden, finden unorganisierte Interessen in der öffentlichen Diskussion kaum Resonanz172. Wer sich publikumswirksam artikulieren will, ist nahezu zwangsläufig auf verbandsmäßige Organisation angewiesen. Denn diese erleichtert den Zugang zu Presse und Massenmedien, und auf diesem Weg gelangen Problemfelder bevorzugt in das Bewußtsein der in Legislative oder Exekutive Verantwortlichen.

16 9 1 7 0 171

17 2

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 30. Dazu schon Forsthoff,

VerwR, Band 1, S. 490 f.

Allgemein dazu Böckenförde, Der Staat 15 (1976), 457; Grimm, Verbände, in: Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Hdb. des VerfR, 1983, S. 373 ff.; Kaiser, Verbände, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.) Hdb. des StaatsR, Bd. 2, S. 149 ff.; Kirberger, Staatsentlastung durch private Verbände, 1978; Scheuner, Der Staat und die Verbände, 1957. Lattmann, Kulturpolitik, S. 431.

138

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Wer die Einschaltung von Verbänden in staatliche Entscheidungsprozesse propagiert, setzt sich schnell dem Verdacht aus, staatliche Verantwortung von ihrer demokratischen Legitimation zu lösen und — ohne hierfür vom Souverän autorisiert zu sein — in genuin nicht-staatliche Hände zu legen. Das Reizwort vom "Neokorporativismus" taucht auch in der Debatte um die Förderungsselbstverwaltung der Kunst auf! 7 3 . Es entspringt der Sorge um eine unkontrollierte Überlassung staatlicher Funktionen an Private, die mit den Grundsätzen des Demokratieprinzips in Konflikt zu geraten scheint. Hinzu kommen negative historische Erfahrungen mit ständestaatlichen Versuchen 174. An dieser Kritik trifft zu, daß sie berechtigterweise vor der Auslieferung der Interessen der Allgemeinheit an einzelne gesellschaftliche Gruppen unter dem Deckmantel des Pluralismus warnt. "Das Offen-Sein steht dem Überwältigt-Werden ... sehr nahe" 175 . Sofern es aber durch sachliche Überlegungen gerechtfertigt ist, gesellschaftlich-plural organisierten Sachverstand in den staatlichen Entscheidungsfindungsprozeß mit einzubeziehen, darf der Staat dem Einfluß und der Mitsprache auch von Verbänden geregelten Zugang verschaffen! 76 . Dabei muß die Verbandsbeteiligung keineswegs desintegrativ wirken. Die Gefahr eines kritiklosen Etatismus, der das Gemeinwohl nur in der fürsorgenden Hand des Staates gut aufgehoben sieht, wiegt mindestens ebenso schwer wie die von einer vorsichtigen Entstaatlichung des Öffentlichen ausgehenden Wirkungen! 77. Geregelter Zugang bedeutet dabei allerdings, daß die als Vertreter der Kunst handelnden Verbände, sobald sie mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betraut werden, gewissen Anforderungen entsprechen müssen, um durch ihr Wirken den Direktiven der Kunstfreiheit nicht zuwiderzuhandeln. Zwar obliegt die Verbandsorganisation grundsätzlich der autonomen Gestaltung durch 173

So bei Leisner, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 126.

1 7 4

Dazu Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 25.

17 5 1 7 6

17 7

Schiaich, Neutralität, S. 260. So im Ergebnis auch Möller, Gemeindliche Subvenüonsverwaltung, S. 196; Rinck, WirtschaftsR, 5. Aufl., 1977, S. 195. Skeptisch dagegen Schetting, Rechtspraxis, S. 307. Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 25.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

139

die Künstler selbst. Übermäßige staatliche Bevormundung hinsichtlich der Zusammensetzung, Satzung usw. hätte eine Art "Gleichschaltung" zur Folge, die das vom Verband repräsentierte "private Element", das gerade als Gegengewicht zum Staatlichen genutzt werden soll, in unverantwortlicher Weise zurückdrängen würde. Dennoch gelten auch für die Verbände, welche beim Subventionierungsverfahren eigene Funktionen übernehmen, die aus Art. 5 Abs. 3 GG gewonnenen Strukturprinzipien. Denn der Staat kann bei einer eigenen Subventionsvergabeentscheidung nicht engeren Bindungen unterliegen als ein Verband, an den er um der Verwirklichung der grundrechtsdeterminierten Direktiven willen diese Entscheidung delegiert. Daher ist nur die Beteiligung solcher Verbände zulässig, die von ihrer Struktur her die Gewähr für die Einhaltung dieser verfassungsunmittelbaren Bindungen bieten. Besonderes Augenmerk gilt dabei der verbandsintern zu gewährleistenden Neutralität und Pluralität. Die herangezogenen Verbände müssen ein repräsentatives Abbild aller künstlerisch Tätigen darstellen. Hier ergeben sich schier unüberwindbare Schwierigkeiten. Zwar fordert man zu Recht, der Verband müsse auch und gerade für "außenstehende", also verbandsmäßig nicht organisierte Künstler offen sein bzw. deren Interessen wahrnehmen, denn auch sie hätten ein Anrecht auf Beteiligung am Entscheidungsprozeß178. In der Praxis läßt sich eine "Organisation der Unorganisierten" jedoch nicht verwirklichen. Der einzig denkbare Weg, eine Erfassung aller freischaffenden wie unselbständig tätigen Künstler in einer mit Zwangsmitgliedschaft ausgestatteten Kammer nach dem Vorbild anderer berufsständischer Organisationen, hat sofort den Einwand der institutionalisierungsfeindlichen Binnenstruktur des Kunstbereichs gegen sich, welche sich organisatorischen Zwangslösungen wesensmäßig widersetzt 179 . Bull Staatsaufgaben, S. 316 f.; Hoffmann/Kramer, politik, S. 34 f.

Hdb., S. 256; Scheuch, Kultur-

Das beweisen zahlreiche Beispiele aus der Kunstgeschichte, wo jede Organisation oder Institutionalisierung der Kunst in Akademien, Kammern usw. stets als Vehikel der Restauration und damit als Hemmschuh für Kreativität und Innovation wirkte. Siehe dazu Hufen, Freiheit der Kunst, S. 396.

140

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Der Ausweg führt nur über eine aw/tenpluralistische Beteiligung mehrerer, ihrerseits möglichst repräsentativer Verbände. Zwar repräsentieren auch sie nur Teilbereiche 180 . Doch können so Tendenzgefahren 181 durch Beschickung des entscheidenden Gremiums mit Vertretern mehrerer, nicht nur einzelnen Interessengruppen dienender Verbände gemildert werden. Dabei gilt es auch, ein Mißverhältnis zwischen Mitgliederzahl und ausgeübtem Einfluß zu vermeiden. Die Mitsprache jedes Kleinverbandes von noch so marginaler Bedeutung läßt sich ohnehin verwaltungstechnisch nicht bewältigen. Alle diese Voraussetzungen sind bei der Auswahl und der ihr folgenden staatlichen Anerkennung des Verbandes in Form der Betrauung mit selbständigen Funktionen für das Subventionsverfahren zu überprüfen, ihr Vorliegen durch geeignete Instrumentarien auf Dauer sicherzustellen. Die staatliche Aufsicht darf sich jedoch nicht in verbandsspezifische Interna einmischen, was die "Entstaatlichung" wiederum hemmen würde, sondern beschränkt sich, ähnlich der kommunalen Rechtsaufsicht, auf die Einhaltung der genannten Prinzipien durch den Verband. Damit ist bereits das zweite organisatorische Problem angesprochen. Denn die Sicherung der so zu gewährleistenden Aufsicht muß ja ihrerseits durch hierfür zuständige Verwaltungsbehörden wahrgenommen werden. Dieser Zuwachs an bürokratischem Aufwand ist als allgemeine Folge jeder Aufgabendezentralisierung bekannt. Er muß jedoch in Kauf genommen werden, wenn sich die BeMöller, Gemeindliche Subventionsverwaltung, S. 196. Diese drohen etwa bei der Überlassung von Mitsprachebefüfjiissen ausschließlich an künsüerische Gewerkschaften, wie sie von Lattmann, Kulturpolitik, S. 431 ff., favorisiert wird. Gerade weil jede Monopolstellung an repräsentierten Interessen dem Pluralismusgebot widerspricht, darf die Entscheidungskompetenz nicht einer politisch einseitigen Gruppierung ausgeliefert werden, wie dies bei Gewerkschaften im allgemeinen und dem von Lattmann im besonderen gerühmten VS (Verband Deutscher Schriftsteller in der IG Druck und Papier) zweifellos der Fall ist. Auch der Vorschlag einer Einheitsgewerkschaft "IG Medien und Kultur" ist abzulehnen, da von dieser Alleinvertretungsansprüche und die Übergehung nicht organisierter Künstler zu befürchten wären. Der freie Künstler darf nicht zum Spielball von oft politisch determinierten Verbandsinteressen gemacht werden. Unter dem Vorwand der "Befreiung" und "Selbstbestimmung" des Künstlers würde ansonsten nur der geschmähte staatliche Maulkorb durch den gewerkschaftlichen ersetzt.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

141

teiligung nicht-staatlichen Sachverstands insgesamt als freiheitsoptimierende Förderungstechnik erweist. Dem eintretenden Defizit an staatsunmittelbaren Überwachungs- und Lenkungsmöglichkeiten entspricht "stoffgleich" der Zuwachs an autonomiewahrender Staatsdistanz182. Ein drittes Organisationsproblem zeigt sich darin, daß die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen seitens des Staates die Schaffung neuer institutioneller Strukturen zur Bewältigung der Staatsaufgabe Kunstförderung verlangt. Anders als etwa im Wissenschaftsbereich fehlt hier eine Tradition der "mittelbaren" Staatsverwaltung, an die insofern angeknüpft werden könnte 183 . Eine Hinzuziehung von Sachverständigen innerhalb existenter Verwaltungseinheiten, also der üblichen Ministerialverwaltung, scheint zwar nicht gänzlich ausgeschlossen. Dennoch tendiert die gesamte Leistungs- und Förderungsverwaltung zur Ausgliederung von Verwaltungseinheiten aus dem ministeriellen Raum 1 8 4 . Die Vielfalt der dort anzutreffenden Organisationsformen entspricht dem Bedürfnis, jede einzelne Materie in das passende verfahrensrechtliche Gewand zu kleiden. Das aber macht die Schaffung neuer Institutionen notwendig. Bliebe es bei der beratenden Beteiligung von Fachleuten innerhalb der tradierten Verwaltungsstrukturen, wäre spezifisch wenig gewonnen. Denn die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung, notfalls unter Beiziehung von Sachverständigen, ergibt sich bereits aus dem Amtsermittlungsprinzip des § 24 VwVfG. Neben der reinen Nutzbarmachung von Sachverstand geht es beim Modell der Förderungsselbstverwaltung aber stets auch um die Vermeidung des wertenden Staatsurteils, die nur bei echter Delegation von Entscheidungsbefugnissen erreicht werden kann. Um den gewünschten Effekt der materiellen Entstaatlichung zu erzielen, bedarf es also neuer Formen ministerialfreier Entscheidungsträger 185.

1 8 2

Zu dem beschriebenen Defizit Kirchhof,

Verwalten, S. 140.

183

Siehe HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661 (662); Höfling, (392); Hufen, Freiheit der Kunst, S. 549.

1 8 4

Ausführlich dazu Schuppert, Erfüllung, S. 35 ff.; siehe ferner WolffIBachofIStober, VerwR II, § 104a II 3 b, S. 431.

185

Schuppert, Erfüllung, S. 145.

DÖV 1985, 387

142

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Einen Weg zur Nutzung vorhandener Organisationsstrukturen bei gleichzeitiger Delegation von Entscheidungskompetenzen könnte für die kommunale Ebene die Hinzuziehung sachkundiger Bürger in gemeindliche Ausschüsse mit beschließender Funktion darstellen. Diese Möglichkeit besteht derzeit jedoch nicht in allen Bundesländern. So können etwa in Bayern de lege lata wegen Art. 33 Abs. 1 BayGO sachkundige Bürger nur beratend an der Ausschußarbeit beteiligt werden, weil die entscheidungsbefugten Ausschußmitglieder aus der Mitte des Gemeinderats zu rekrutieren sind 1 8 6 . Sollten auch Nichtmitglieder des Gemeinderats über eine beratende Tätigkeit hinaus Antrags- und Stimmrecht erhalten, müßte eigens eine ggf. durch Satzung zu institutionalisierende Kommission gebildet werdenl 87 . Ebenso gestaltet sich die Rechtslage in Hessen, vgl. § 62 Abs. 1 HessGO. In allen anderen Ländern ist es den gemeindlichen Organen unbenommen, auch Nichtgemeinderatsmitglieder als sachkundige Bürger in die Ausschüsse zu wählen (siehe zB § 42 Abs. 3, Abs. 4 NWGemO)! 88 . Die Beteiligung bürgerschaftlichen Sachverstands zumal auf der kommunalen Ebene unter Beteiligung an echten Entscheidungsbefugnissen ist uneingeschränkt zu begrüßen. Gerade in den Verwaltungen kleinerer Kommunen, wo künstlerische Anliegen in den regulären gemeindlichen Organen wie im Verwaltungsapparat oft nicht hinreichend repräsentiert sind, böte die Mitwirkung von Experten auf der Ausschußebene eine Chance, den Entstaatlichungsgedanken innerhalb bewährter Organisationsformen in die Praxis umzusetzen. Dies würde auch zur Stärkung der bürgerschaftlichen Selbstverantwortlichkeit, zur Identifizierung des Bürgers mit "seiner" Gemeinde beitragenl 89. Sinnvoll ist diese Bürgerbeteiligung natürlich nur dann, wenn die Hinzugezogenen tatsächlich mit besonderem Sachverstand für das jeweilige Sachgebiet ausgerüstet sind 1 9 0 . 18 6

Hölzl, BayGO, 5. Aufl., Erg. Lfg. 1978, Rn. 5 zu Art. 33; M as son! Samper, Bayerische KommunalGe, 47. Erg. Lfg., 1986, Erl. 1 zu Art. 33 BayGO.

18 7

Conrads/Dillmeier, BayGO, Erg.Lfg. 1984, Rn. 5 zu Art. 33; Widtmann/Grasser, BayGO, 5. Aufl., 1986, Rn. 2g zu Art. 33, Rn. 3b zu Art. 17.

188

Grundsätzlich dazu Körner, in: Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 2, 2. Aufl., 1982, S. 137 f.

18 9 1 9 0

Rehn/Cronauge, GONW, Erg.Lfg. 1983, Anm. III 1 zu § 42. In der Praxis wird dies auch detailliert berücksichtigt; zu einem Beispiel Diekamp, in: P/M/B, S. 169 ff. (Kulturausschuß der Stadt Mönchengladbach).

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

143

Sachkundige Bürger, die zu Mitgliedern von Ausschüssen gewählt worden sind, haben in diesen die gleichen Rechte wie die vom Gemeinderat entsandten Ausschußmitglieder. Da der Kulturausschuß als echter beschließender Ausschuß ausgestaltet werden kann 1 9 1 , wächst den Experten so unmittelbare (Mit-)Entscheidungskompetenz zu. Anders läge es bei der nach der gegenwärtigen Rechtslage etwa in Bayern erforderlichen Bildung einer Kommission. Bei ihr handelt es sich lediglich um ein zur Beratung des Gemeinderats eingesetztes und nicht mit echten Entscheidungskompetenzen ausgestattetes Gremium. Dementsprechend wirken ihre Beschlüsse nicht unmittelbar nach außen, sondern beinhalten nur eine Empfehlung an den Gemeinderat, an die sich dieser halten kann, aber nicht muß 192 . De lege ferenda empfiehlt sich daher auch für Bayern und Hessen eine Angleichung an die sonst geltende Rechtslage. Im übrigen darf die Notwendigkeit der Schaffung neuer Organisationsformen nicht von der Praktizierung des Förderungsselbstverwaltungsmodells abschrecken. Wenn in der Vergangenheit keine derartigen Institutionen eingerichtet wurden, kann dies nur als Auftrag verstanden werden, dies in angemessener Zeit nachzuholen.

bb) Die subjektive Wertung des mitwirkenden Einzelkünstlers Bei einer Überlassung der Entscheidungskompetenz an die Künstler selbst droht die Gefahr einseitiger, subjektiver Wertung. Künstlerische Egoismen, ökonomisch begründete Rivalitäten, Verfilzungen, Erstarrung in bestimmten Stilen und Kunstauffassungen, Etablierung eines saturierten Funktionärsapparats, Konkurrenzinteressen, Neid und Ellenbogen, Richtungskämpfe, Fraktions- und Cliquenbildung193, kurz: Selbstbedienungsmentalitäten und -mecha191

Zu den nicht übertragbaren Aufgaben zählen kulturelle Angelegenheiten nicht; vgl. Art. 32 Abs. 2 S. 2 BayGO.

1 9 2

Körner (oben Fn. 189), S. 141 f. Bedenken in dieser und ähnlicher Richtung etwa bei HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661 (662); VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364); Beck, Wahrheit, S. 263 ff., Fn. 28; Heuer, NJW 1985, 232 (233); H off mann!Kramer, Hdb., S. 256; Meder, BV, Rn. 4 zu Art. 108; Oebbecke, Räume, S. 198; Oppermann,

193

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

144

nismen 1 9 4 werden so heraufbeschworen. Mit der Verlagerung auf die Ebene der Förderungsdestinatäre oder der von ihnen autorisierten Repräsentanten geht die dem Staat eigene, der Objektivität förderliche Distanz und Unbefangenheit gegenüber dem zu beurteilenden Gegenstand verloren. Denn die Autorität des Staates fußt zu einem guten Teil auf seiner Funktion als "über den Dingen stehende", schlichtende Macht 1 9 5 . Statt der angestrebten Objektivität bleibt es also bei Subjektivität, statt der erwarteten Autonomie drohen spezifische Autonomiedefizite. Denn die Eigenschaft, Künstler zu sein, verhindert noch nicht die Gefahr menschlichen Irrtums. Vielmehr drohen auch und gerade dann, wenn Künstler über andere Künstler urteilen, tendenzielle Wertung, ja Blamage 196 . Ausschließlichkeitsansprüche auf die Inhaberschaft von Sachverstand kommen daher auch der "Kunstszene" nicht zu; auch ihre Wertung ist "wagnisbehaftet" 197, kann materiell irren. Zudem fehlt ihr der juristische Sachverstand: Auch Verwaltung will gelernt sein 198 . Diese Bedenken gehen jedoch unmittelbar Hand in Hand mit dem Hauptvorteil der Förderungsselbstverwaltung, der Nutzbarmachung des Sachverstandes der "informierten Elite". Denn Wertungen werden immer von Individuen vorgenommen und sind daher stets (auch) persönlich-subjektiv impliziert. Bindungen an sachfremde Instanzen sind dabei nie völlig auszuschließen: Der Verwaltungsbeamte mag politischen Einflüssen, der "unabhängige" Sachverständige dem Druck seines Verbandes unterliegenl". Die rein objektive IdealwerKuVerwR, S. 443; Scheel, FuR 1976, 762 (764); Scheuch, Kulturpolitik, S. 36; Zerull, Kunstjahrbuch 1970/71, S. 82. Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36, spricht insoweit von "spezifischen Neutralitätsschwächen". Auf den allgemeinen Zusammenhang von Sachverstand und Eigeninteresse weist hin Bull, Staatsaufgaben, S. 437. Diese Gefahren verkennen auch Befürworter der Förderungsselbstverwaltung nicht; siehe nur Höfling, DÖV 1985, 387 (393), ders., ZUM 1985, 353 (357); Hufen, NVwZ 1983, 516 (519). 1 9 4

Hufen, NVwZ 1983, 516 (519); Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36, Fn. 139.

195

Kirchhof,

1 9 6

Verwalten, S. 143.

Kunsthistorische Beispiele dazu bei Heuer, NJW 1985, 232 (233). Anschaulich weist Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36 auf die Gefahr der "Ersetzung von Nichtwissen durch Irrtum" hin.

1 9 7

Ähnlich Maier, Probleme, S. 187; Schnerr, BayVBl. 1960, 304 f.

198

Benecke, Möglichkeiten, S. 68.

1 9 9

Hartlieb, Z U M 1986, 37.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

145

tung bei der künstlerisch-ästhetischen Auswahl gibt es nicht. Ziel des Vergabeverfahrens muß es zwar sein, der objektiven Entscheidung möglichst nahe zu kommen. Doch der Fachmann, der künstlerisches Genie mit mathematischer Exaktheit feststellen könnte, bleibt Utopie 200 . Vor allzu großer Euphorie in bezug auf die "Unabhängigkeit von Experten" 201 muß daher zwar gewarnt werden, weil auch "informierte Eliten" dazu neigen, ihre eigenen Vorlieben als allgemeinverbindlich einzuschätzen202 und daher die Subjektivität der Verwaltungsbeamten nur durch die Subjektivität des Gremiums und seiner Mitglieder ersetzt wird 2 0 3 . Dennoch scheint die Gefahr des Irrtums beim "sachnahen" Künstler oder Sachverständigen zumindest nicht größer, wahrscheinlich sogar geringer als beim oft sachfernen Verwaltungsbeamten 2 0 4 . Wenn auch die Gremienbeteiligung demnach kein Allheilmittel darstellt 2 0 5 , so kann sie wenigstens "einsamen" Extrementscheidungen einzelner Amtsträger durch den Kollegialeffekt die Spitze nehmen206. Chancen zur Willkür können dabei durch verfahrensmäßige Sicherungen minimiert werden. Hierzu verhilft etwa die Vermehrung der im Gremium stimmberechtigten Personen bzw. die Beteiligung verschiedenster künstlerischer Institutionen. Der Vermeidung von Verkrustungen und Einseitigkeiten dient auch ein häufiger Wechsel der Jurymitglieder 207 ("Fluktuation"). Jeder Richtung wird so die Möglichkeit gegeben, im Turnus in die entscheidende Position einzurükken. Ein "Rotationsprinzip" für die öffentliche Kunstsubventionierung bringt natürlich auch Nachteile mit sich. Nach kurzer Einarbeitung in die Sachmaterie 2 0 0

Beer, Schwerpunkte, S. 13.

2 0 1

So etwa Graul, Künstlerische Urteile, S. 78.

2 0 2

Horlacher,

2 0 3

HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661 (664).

2 0 4

Kultursubvenüonen, S. 63.

Graul, Künstlerische Urteile, S. 74. Zwar weist Kirchhof, Verwalten, S. 144, mit Recht darauf hin, daß sachverständiges Entscheiden ein wesentliches Kriterium der Verwaltung selbst sei. Dennoch spricht gerade die "Rechtsferne" des Kunstbereichs dafür, hier mehr als anderswo eigenen Sachverstand der Verwaltung durch Experten ergänzen oder zumindest überprüfen zu lassen.

2 0 5

Beck, Wahrheit, S. 264, warnt vor einer Sicht des Experten als "Deus ex machina".

2 0 6

HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661 (663).

2 0 7

Dazu Bär, Filmfreiheit, S. 518; Dieckmann, in: P/M/B, S. 174; Scheel, FuR 1976, 762 (764); Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (187).

146

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

werden die Juroren wieder aus ihrer Arbeit herausgerissen. Spezifische Erfahrungen entstehen so kaum; insbesondere fehlt es den Neulingen an Vergleichsmöglichkeiten mit der Qualität der zuletzt geförderten Arbeiten. Zudem verursacht die ständige Neuwahl organisatorische Reibungsverluste und provoziert Ineffektivität. Trotzdem müssen all diese praktischen Nachteile in Kauf genommen werden, um ein freiheitsorientiertes Förderungssystem zu gewährleisten. cc) Die Gremienzusammensetzung Mit der Delegation von Entscheidungskompetenzen auf Gremien oder Jurys werde, so lautet ein weiterer Einwand, das Problem des Wertungsdilemmas nicht gelöst, sondern nur auf eine andere Ebene verlagert 208 . Spätestens nämlich im Zusammenhang mit der Frage, welche Gremien nun konkret herangezogen werden und wie sich diese personell zusammensetzen sollten, taucht das Auswahlproblem in Gestalt der "Auswahl der Auswählenden" erneut auf 2 0 9 . Hinzu komme die Möglichkeit, durch die Entscheidung über die Gremienzusammensetzung das Expertenvotum — etwa durch Berufung "genehmer" Juroren — in die vom Staat gewünschte Richtung zu präjudizieren 2l°. Die Auswahl der Gremienmitglieder unterliegt jedoch den gleichen verfassungsrechtlichen Bindungen wie die später von diesen zu treffende Auswahl der Subventionierten. Gerade weil es um die Repräsentation von spezifischem Sachverstand gehen soll, scheidet eine Zusammensetzung nach dem Modell der gesamtgesellschaftlichen Repräsentanz, wie es etwa in den Rundfunkräten oder im bayerischen Senat verwirklicht ist, für die Kunstförderungsgremien 208

VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364); Beck, Wahrheit, S. 264.

2 0 9

Zur Rekrutierung von Jury-Mitgliedern Höfling, DÖV 1985, 387 (395); Horlacher, Kultursubventionen, S. 63; Ipsen, DVB1. 1982, 112 (116); Schetting, Rechtspraxis, S. 308; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 92 ff. Anschaulich Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 120: "Der müßte selber ein Experte sein, der entscheidet, wer Experten sind - ein fataler Zirkel". Allgemein zur Zusammensetzung von Beratungsgremien auch Brohm, Sachverständige Beratung des Staates, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des StaatsR, Bd. 2, S. 239 f.

2 1 0

Dazu VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364); Haverkate, gen, S. 169; Heuer, Besteuerung, S. 114; Ott, JuS 1968, 459 (464).

Rechtsfra-

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

147

aus 211 . Als einzig zulässiges Kriterium für die Berufung in die Jury erweist sich so — gemessen an Art. 3 Abs. 1 und 5 Abs. 3 GG — erneut "Sachnähe" und "Sachverstand" 212. Der zur Beantwortung der Frage, wer über diesen Sachverstand verfügt, berufene Staat ist also bei der Auswahl der Gremienmitglieder abermals auf ein subjektives Werturteil angewiesen. Dieses darf nur unter größtmöglicher Vorsicht getroffen werden. Denn bei Nichtberücksichtigung einer künstlerisch relevanten Gruppe drohen dieser dadurch, daß sie keinen Vertreter in das Entscheidungsgremium entsendet, ungleich stärkere Gefahren als bei einer rein staatlichen Entscheidung213. Deshalb gilt es, alle im Zusammenhang mit der zu erledigenden Verwaltungsaufgabe potentiell Betroffenen von vornherein repräsentativ im Gremium zu beteiligen. Neben Pluralität durch das Gremium muß auch Pluralität im Gremium hergestellt werden. Bei der schwierigen Aufgabe, im Gremium alle am kulturellen Geschehen Beteiligten angemessen einzubeziehen, sind die verschiedensten Interessengruppen, aber auch verbandsmäßig "Unorganisierte" zu berücksichtigen. Es dürfen weder "Etablierte" noch "Alternative" bevorzugt oder benachteiligt werden. Ziel ist also eine ausgewogene Mischung, freilich kein lähmender Proporz 2 1 4 . Nur so kann der Gefahr von Machtkonzentration und Richtungsmonopolen vorgebeugt werden. Gleichzeitig muß die Mitgliederzahl des Gremiums dessen Arbeitsfähigkeit und Effektivität ermöglichen. Für eine "optimale" Gremienbesetzung gibt es keine abstrakten Leitlinien; die Zusammensetzung hat sich vielmehr den Erfordernissen des individuellen Einzelfalls anzupassen. Je nach regionalen oder spartenspezifischen Aspekten 21 1

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 96. A.A. HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661 (662), wo ein den Rundfunkräten vergleichbarer repräsentativer Querschnitt befürwortet wird.

2 1 2

Rudolf, Mittlerorganisationen, S. 153; Schäuble, Diss., S. 214 f.; Schreyer, scheidungsgremien, S. 99.

2 1 3

Siehe die Warnung Haverkates, Rechtsfragen, S. 169: "Wehe dem, der im pluralistischen Gremium nicht vertreten ist".

2 1 4

Vor Seniorenkonventen warnt Glum, Kulturpolitik, S. 79.

Ent-

148

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

kann es sich empfehlen, die Stellung der Kunstverwaltung, der Künstler selbst oder ihrer Verbände stärker oder schwächer auszugestalten. In der Praxis führt dies dazu, daß die Zusammensetzung stark variiert 215 . Insbesondere zwei Aspekte spielen dabei eine Rolle. Der erste Streitpunkt betrifft die Frage, ob und in welchem Verhältnis neben den Experten auch Staatsvertreter im Gremium repräsentiert sein dürfen. Teilweise wird schon deren Beteiligung überhaupt für bedenklich gehalten2!6. Man befürchtet so eine Neutralisierung des durch die Entstaatlichung gewonnenen Distanzvorteils. Jedoch hat der Staat ein berechtigtes Interesse daran, die Arbeit des Gremiums im Auge zu behalten. Die Beteiligung von staatsentstandten Vertretern dient so der Transparenz und Kontrolle der Gremienarbeit in Form der "personellen Sicherung". Gerade in mit Entscheidungskompetenz ausgestatteten Kollegialorganen wirken daher regelmäßig Verwaltungsvertreter und Private zusammen 217 ; grundsätzliche Einwände gegen solche "gemischt besetzte" Gremien bestehen also nicht 2 1 8 . Bei der Frage nach dem Sitz- und Stimmverhältnis der Staatsvertreter zu der Gruppe der Kunstrepräsentanten scheint jedoch staatliches Übergewicht bedenklich 219 . Die Entstaatlichungsfunktion ginge dann verloren; der beteiligte Sachverstand fungierte nur noch als Feigenblatt. Um materielle Entstaatlichung zu verwirklichen, muß das Gremium mehrheitlich aus unabhängigen Sachverständigen bestehen, die staatlichen Weisungen nicht unterliegen 220. Ein zweiter Punkt betrifft die Erwägung, in den zu bildenden Gremien als kontrollierende Instanz auch das kunstrezipierende Publikum angemessen zu be-

2 1 5

Siehe Diekamp, in: P/M/B, S. 169 ff.

2 1 6

Ridder, JZ 1953, 249.

2 1 7

Dagtoglou, Der Private, S. 65.

2 1 8

Locher, Bildende Kunst, S. 28.

2 1 9

220

Kirchhof, Verwalten, S. 393; Locher, UFITA 55 (1970), 129 (141 f.); Schäuble, Diss., S. 219. Zur verfassungsrechüichen Seite dieser Weisungsunabhängigkeit Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 108 ff.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

149

teiligen 2 2 1 . Eine Vermehrung der vertretenen Kreise ist grundsätzlich zu begrüßen. Denn Pluralismus wird optimal durch die größtmögliche Vielfalt der im Gremium vertretenen betroffenen Gruppen verwirklicht, zu denen auch das Publikum als Konsument der geförderten Kunst zählt. Gegen eine Dreiheit Staat-Künstler-Publikum bestehen aber auch Vorbehalte. So fragt sich, wie das Publikum als Allgemeinheit organisiert werden, welche Institutionen seine Interessen wahrnehmen sollen. Eine Beteiligung von Verbänden wie Theatergemeinden, Besucherorganisationen oder den "Freunden des Museums X" etc. würde stets nur mosaikartige Ausschnitte einbeziehen. Außerdem spricht gegen eine zu starke Beteiligung des Publikums die Gefahr der Auslieferung an aktuelle Trends des Mehrheitsgeschmacks. Insofern ist hinsichtlich der Hinzuziehung des Publikums bei der Vergabeentscheidung Zurückhaltung geboten 2 2 2 . Trotz all der erörterten Schwierigkeiten bei der Beschickung des Gremiums hat seine Einschaltung letztlich den ausschlaggebenden Vorteil der Vervielfachung der handelnden Entscheidungsträger. Die Gefahr einer hier gefällten Fehlentscheidung wird in ihrer Negativwirkung durch den Umstand relativiert, daß sie immerhin erst im Gremium diskutiert und begründet werden muß und so noch eher eine Chance zu ihrer Vermeidung besteht als bei "einsam" getroffenen, rein staatlich verantworteten Beschlüssen.

dd) Weitere Einwände Gegner der Förderungsselbstverwaltung befürchten in ihrer Konsequenz die Bevorzugung des Kunstangebots in den Metropolen 223 . Die Berechtigung dieses Einwands bleibt fraglich. Eine Neigung zur repräsentativen kulturellen 2 2 1

Erwogen bei Hufen, Freiheit der Kunst, S. 551, Fn. 8a; Schwarze, AfP 1974, 692 (695). Steiner, FS Hübner, S. 802, sieht in der Beteiligung des Publikums ein Kernproblem der Kunstförderung.

2 2 2

Zu einem anderen Weg der Publikumsbeteiligung siehe das in der Schweiz erwogene "Voucher-Konzept" und dazu Horlacher, Kultursubventionen, S. 122 ff.

2 2 3

Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36, Fn. 139.

150

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Ausstattung etwa der "Hauptstadt" oder anderer breiten- (und damit wähler-)wirksamer Zentren dürfte eher bei der auf Beifall des Publikums angewiesenen originären Staatsverwaltung festzustellen sein. Insofern könnte auch die Berücksichtigung eines gewissen regionalen Gleichgewichts bei der Auswahl der Gremienmitglieder dazu beitragen, daß das Geschehen in der "Provinz" nicht von vornherein ausgeklammert wird. Gerade die hier im Ergebnis sicherlich stärker als in den Verwaltungsetagen repräsentierte Avantgarde neigt ja zu Stadtteil- und Landkultur und wirkt so eher dezentralisierend als metropolisierend. Auch die Gefahr einer mit Proporzdenken gepaarten Begünstigung konventioneller und bequemer Entscheidungen224 kann nicht nachvollzogen werden. Erhöhten Mut zur Berücksichtigung auch des Ungewöhnlichen bietet doch wohl das entstaatlichte, kunstunmittelbare Votum. Mag auch dieses mitunter den "einfacheren Weg" gehen, so bleibt die Vermutung, daß eine rein staatsintern getroffene Entscheidung in noch stärkerem Ausmaß der Verlockung öffentlicher Akklamation durch mehrheitswirksame Auswahl nachgegeben hätte.

c)

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Delegation von Entscheidungskompetenzen unter Berücksichtigung des Gedankens der "demokratischen Legitimation"

Wenn nach den bisherigen Ausführungen alle praktischen Einwände gegen das Modell der Förderungsselbstverwaltung im Ergebnis dessen Vorzüge nicht in ausschlaggebender Weise relativieren konnten, so besagt das noch nichts über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Delegation von Entscheidungskompetenzen auf nicht-staatliche Instanzen. Um diese Frage soll es im folgenden gehen. Die Beteiligung Privater an staatlichen Entscheidungsprozessen galt lange als grundsätzliches Problem. Im Kern ging es dabei um die Frage, ob überhaupt und wenn ja, unter welchen Bedingungen der Staat sich seines Entscheidungs2 2 4

So Höfling,

DÖV 1985, 387 (393); Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36 f.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

151

monopois zugunsten nicht-staatlicher Einheiten entäußern darf. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Einschaltung Privater ist jedoch mittlerweile im wesentlichen geklärt 225 und bedarf hier deshalb keiner näheren Vertiefung.

aa) Das Problem der "demokratischen Legitimation" Ein Kerneinwand gegen die Entscheidungsdelegation, der auch im Zusammenhang mit dem Modell der Förderungsselbstverwaltung immer wieder laut wird, muß jedoch angesprochen werden. Es handelt sich um den Vorwurf der fehlenden demokratischen Legitimation der nicht-staatlichen Instanzen 226 . Die Argumentation lautet dabei in etwa so: In einer rechtsstaatlichen Demokratie könne es außerhalb der verfaßten, vom Souverän "Volk" in demokratischen Willensbildungsprozessen eingesetzten und dadurch legitimierten Staatlichkeit keine weitere Gewalt geben. Das Demokratieprinzip erfordere insofern eine lückenlose Legitimationskette vom Parlament bis zur Verwaltung 227 . Diese Legitimationskette werde durch die Weisungsfreiheit der bei der nicht-staatlichen Instanz handelnden Personen unterbrochen. Der Staat entäußere sich also unzulässigerweise eines Teils seiner Souveränität, wenn er außerstaatlichen Sachverstand staatsähnlich etabliere und mit Entscheidungskompetenzen, sei es auch nur in Kooperation mit originärer Staatsverwaltung ausstatte. Diese Kompetenzen würden dann nämlich nicht mehr vom Souverän, sondern in unkontrollierbarer Weise von den die entscheidenden Repräsentanten auswählenden Organisationen verantwortet. Im Kern warnen diese Kritiker also vor einer "Selbst-Mediatisierung" der Verwaltung 228 . 2 2 5

Aus der reichhaltigen Literatur etwa Dagtoglou, Der Private, S. 72 ff.; Gallwas und Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 ff.; Kirchhof, Verwalten, S. 137 ff.; Steiner, öffentliche Verwaltung; WolffIBachof/Stober, VerwR II, §§ 104, 104a.

2 2 6

Siehe etwa Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 41, Fn. 120, der eine Delegation von Letztentscheidungskompetenzen deshalb nur auf gesetzlicher Grundlage für zulässig hält; Heuer, Besteuerung, S. 13 f.; Horlacher, Kultursubventionen, S. 63 ff.; Lerche, in: M/D/H/S, GG, Rn. 93, 96, 99 zu Art. 83; grundsätzlich ähnlich auch Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 159, Fn. 103. Weitere Nachweise bei Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 24, Fn. 58.

2 2 7

Frank v. Maur, Kunst in öffentlicher Verantwortung, S. 166. Ausführlich zum Gedanken der demokratischen Legitimation jüngst Ο ebbecke, Räume, S. 67 ff. mwN.

2 2 8

Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 170; Zuleeg, FS Fröhler, S. 294 f.

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

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Die Gegenansicht hält demgegenüber die vollständige Delegation von Entscheidungskompetenzen, auch gemessen am Legitimationsargument, für verfassungsrechtlich zulässig 229 . Hierzu genügt zwar nicht schon der Hinweis, daß die materielle Richtigkeit einer Entscheidung im Zuge der Beteiligung sachverständiger Instanzen wichtiger sei als der Gedanke der demokratischen Legitimation 230 . Auch ergibt sich diese nicht allein daraus, daß der Delegatar als "Privater" zum Souverän Volk "gehört" 231 . Schließlich besagt die vergleichende Heranziehung des Wissenschaftsbereichs und der dort selbstverständlichen Delegation 232 noch nichts darüber, ob Delegation im Wissenschaftsbereich nicht den selben verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Die Suche nach einer dogmatischen Begründung für die demokratische Legitimation der nicht-staatlichen Instanzen kann ihren Weg einmal in Anlehnung an die allgemeinen parlamentarisch/demokratischen Legitimationsmuster nehmen. Doch handelt es sich bei diesen Einheiten nicht um terrotorialbezogene Verwaltungskörperschaften, deren Legitimation sich über einen demokratischen Willenbildungsprozeß der im räumlichen Machtbereich der Verwaltungseinheit lebenden Bürger herstellen ließe. Denkbar wäre zwar, eine ähnliche Willensbildung durch die spezifisch "Sachbetroffenen" durchzuführen. Doch könnte gleiches Gewicht für die Stimme jedes "Sachbetroffenen", wie es demokratische Grundsätze erfordern, nur durch die vollständige Erfassung und Organisation der im Sachbereich "Kunst" Tätigen gewährleistet werden. Wie bereits angedeutet, stehen einer solchen "Kammerlösung" jedoch gewichtige Einwände entgegen. Es fehlt also bereits an einer tauglichen Institution, vermittels derer die am Subventions verfahren zu beteiligenden nicht-staatlichen Instanzen vom gesamten "Verbandsvolk" flächendeckend demokratisch bestimmt werden könnten. Der Weg über die Anlehnung an übliche Legitimationsformen erweist sich somit als nicht gangbar 233.

2 2 9

2 3 0

OVG Lüneburg, Urt. v. 09.02.72, DVB1. 1972, 393 (395); Dittmann, StL, Sp. 779; Höfling, DÖV 1985, 387 (393); Hufen, Freiheit der Kunst, S. 550. So aber Eschenburg, Diss., S. 93 f.

2 3 1

So aber Dagtoglou, Der Private, S. 125.

2 3 2

Hufen, Freiheit der Kunst, S. 550.

2 3 3

Höfling,

DÖV 1985, 387 (394); Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 116 f.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

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Fraglich bleibt, ob nicht angesichts der besonderen, von Eigengesetzlichkeit, Autonomie und Neutralität geprägten Struktur des Sachbereichs Kunst, im Wege einer anderen Konstruktion die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen gerechtfertigt werden kann. Hierzu bedarf es abermals des Rückgriffs auf die objektiv-rechtliche Funktion der Kunstfreiheitsgarantie als Auftrag zur Schaffung grundrechtsorientierter Organisations- und Verfahrensstrukturen 234. Wenn das Modell der Förderungsselbstverwaltung — wie dargestellt — einen Weg zur Optimierung einer grundrechtskonformen Vergabepraxis weist, legitimiert Art. 5 Abs. 3 GG auch unmittelbar die hierzu notwendigen organisationsrechtlichen Maßnahmen. An die Stelle der parlamentarisch/demokratischen Legitimation tritt so für den durch die genannten Besonderheiten gekennzeichneten Kunstbereich eine originär grundrechtsgestützte Legitimation 235 . Die hohe Wertschätzung der künstlerischen Freiheit erlaubt daher die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf außerstaatliche Träger, um so zur Verwirklichung der kunstimmanenten Strukturprinzipien beizutragen 236.

bb) Notwendige Sicherungen Wenn zwingende verfassungsrechtliche Gründe also der Delegation nicht im Wege stehen, genießt der Staat dabei dennoch nicht unumschränkte Freiheit. Gegen eine völlige Staatseliminierung aus dem Vergabeverfahren bestehen nachhaltige Bedenken. Diese beruhen auf folgenden Überlegungen: Die Verfassung verpflichtet den Staat zum Schutz der Freiheit der Kunst. Dieser Verpflichtung ist mit neutralem Verhalten seitens des Staates allein nicht genüge getan; er ist darüber hinaus verpflichtet, jede Bedrohung künstlerischer Freiheit, sei es durch gesellschaftliche Kräfte, sei es aus der Kunst selbst heraus, zu unterbinden. Richtungsmonopole und dogmatische Einseitigkeiten in 2 3 4

Allgemein dazu Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 2. Aufl., 1975.

2 3 5

Höfling, DÖV 1985, 387 (393); Hufen, NVwZ 1983, 516 (519 f.); Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 165. Ähnlich auch Lerche, in: M/D/H/S, GG, Rn. 120 zu An. 83.

2 3 6

VG Wiesbaden, Urt. v. 25.09.86, NJW 1988, 356 (364); Evers, JöR 33 (1984), 236 f.; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 37. Kritisch dagegen Stern, StaatsR II, S. 774.

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

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den Gremien der nicht-staatlichen Instanzen gefährden aber künstlerische Freiheit nicht minder als der dirigistische Staatseingriff. Einer solchen Entwicklung darf der Staat nicht tatenlos zusehen, ohne seiner Schutzpflicht zuwiderzuhandeln 237 . Er muß zumindest die Chance haben, durch eigene Maßnahmen einer "antizyklischen Kulturpolitik" selbständig Akzente setzen zu können und so momentanen Trends und Moden, welche in den Gremien die Oberhand zu gewinnen drohen, entgegenzuwirken238. Ein weiterer Aspekt hierzu betrifft die Verantwortung des Staates für die ihm vom Steuerzahler anvertrauten Mittel 2 3 9 . Mit der Delegation von Kompetenzen wächst dem Staat insofern eine Garantenstellung im Verhältnis zu den Bürgern z u 2 4 0 . Er darf sich bei der Verwendung dieser Mittel nie völlig aus sämtlichen Einwirkungsbefugnissen zurückziehen, sondern muß sich Möglichkeiten vorbehalten, um den zweckgerechten Einsatz der Subventionen überwachen und diese notfalls zurückfordern zu können und so einer haushaltsrechtlich unzulässigen Verschwendung gegenzusteuern. Kein Grundrecht, auch nicht die Kunstfreiheitsgarantie, kann diese Kompetenz beschränken. Aus dem Demokratieprinzip folgt vielmehr, daß die von der Allgemeinheit aufgebrachten und vom Staat eingezogenen Finanzmittel nur in staatlicher Verantwortung ausgegeben werden dürfen. Schon allein aus diesem Grunde scheidet eine vollständige, jeglichem Staatseinfluß entzogene Delegation von Vergabekompetenzen an nicht-staatliche Instanzen aus 2 4 l. Der Autonomiegedanke kann staatlichen Minimalkontrollrechten dort, wo staatseigene Intervention gerade um der Autonomie willen nicht stattfindet, sondern der mühsame Weg der Ein-

2 3 7

Knies, Schranken, S. 214, Fn. 180; ders., Kunst und Recht, S. 160.

2 3 8

Höfling,

2 3 9

DÖV 1985, 387 (393).

Zum Verantwortungsgedanken bereits BVerfG, Urt. v. 27.04.59, E 9, 268; ferner Abelein, Kulturpolitik, S. 232 f.; Beer, Schwerpunkte, S. 13, 15; Bull, Staatsaufgaben, S. 308; Ditges, Diss., S. 164; Hufen, NVwZ 1983, 516 (522); Kirchhoff, Subventionen, S. 107 ff.; Lerche, in: M/D/H/S, GG, Rn. 93 zu Art. 83; Maunz, BayVBl. 1970, 355 f.; Schetting, Rechtspraxis, S. 138; Schuppert, Erfüllung, S. 60.

2 4 0

Gallwas, VVDStRL 29 (1971), 228.

24 1

Hufen, NVwZ 1983, S. 519.

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

155

Schaltung Privater in den Weiterleitungs- und Entscheidungsprozeß beschritten wird, nicht entgegengehalten werden 242 . Staatliche Letztkontrolle bleibt auch erforderlich, um die Einhaltung der von Art. 5 Abs. 3 GG gesetzten Vorgaben durch den Privaten (zB den beteiligten Verband) zu überwachen 243 . Diese Notwendigkeit wird oft aus Furcht vor staatlichen Ingerenzen gleichsam "durch die Hintertür" übersehen. Die hier nötigen Kontrollen dürfen natürlich nicht dazu führen, die gerade erst hergestellte Staatsdistanz im gleichen Atemzug wieder zunichte zu machen, indem man den Privaten in starre Abhängigkeit vom Staat versetzt. Aufgabe einer geeigneten Verfahrensorganisation muß es vielmehr sein, einen gerechten Ausgleich zwischen dieser staatlichen Letztverantwortung und der erstrebten Entstaatlichung durch ein geeignetes Verfahrensrecht herzustellen 244. Das Anliegen einer optimalen Kombination beider Elemente fordert also Organisationsformen, die zwar grundsätzlich für den Einfluß privaten Sachverstands offen sind, zugleich aber auch einen Resteinfluß des Staates gewährleisten 245. Falls der Staat derartige Aufsichts- und Kontrollrechte in institutionell gesicherter Form behält, bestehen gegen eine Entscheidungsdelegation keine durchgreifenden Einwände. Hinsichtlich des Umfangs der Kontrollbefugnisse muß die Verwaltung jedoch auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle entsprechend der Rechtsaufsicht im Kommunalrecht beschränkt bleiben. Sie darf also ausschließlich bei rechtswidrigem Handeln der nicht-staatlichen Instanz eingreifen, also etwa bei Nichteinhaltung von Zuständigkeits- oder Verfahrensvorschriften, Zuwiderhandlung gegen die Direktiven der Kunstfreiheit oder fehlerhaftem Ermessensgebrauch. Eingriffe in die Ermessensentscheidung selbst, insbesondere in die künstlerisch-ästhetische Bewertung, müssen der Aufsicht jedoch verwehrt bleiben. Ein der Fachaufsicht entsprechendes Weisungsrecht der Verwaltung auch in Ermessensfragen hätte den Verlust der durch die Einschaltung des Privaten gewonnenen Staatsdistanz zur Folge. 2 4 2

Siehe Klein, Demokratie und Selbstverwaltung, S. 178 ff.

2 4 3

Siehe oben S. 139.

2 4 4

Kirchhoff,

2 4 5

Ähnlich Kirchhof,

Subventionen, S. 107. Verwalten, S. 142.

156

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

Mit diesem "Erdenrest von Dezision" 246 seitens des Staates muß die freie Kunst als Preis dafür leben, daß der Staat sie fürsorgend in seinen Bereich einbezieht. Die völlige Staatseliminierung mit "befreiender Wirkung" 247 , die dem Staat jedes Mitsprache-, Kontroll- oder Aufsichtsrecht nimmt, steht aus den genannten Gründen mit der Verfassung nicht im Einklang 248 .

d) Entstaatlichung als Verfassungsgebot Mit der damit festgestellten Zulässigkeit der Kompetenzdelegation ist es jedoch in den Augen derjenigen nicht getan, welche die Einschaltung nicht-staatlicher Entscheidungsträger und damit das Modell der Förderungsselbstverwaltung für verfassungsrechtlich geboten halten 249 . Infolge mangelnden Sachverstands staatlicher Verwaltungsorgane und einer "sich aus der Kunstfreiheitsgarantie ergebenden Begrenzung seiner Kompetenz" 250 genüge ein bloßes Mitsprache- oder Beratungsrecht von Kunstsachverständigen im Rahmen einer weiterhin ansonsten staatsintern getroffenen Entscheidung nicht. Vielmehr sei die Beteiligung von Kunst "im eigenen Namen und in eigener Verantwortung" 251 von der Verfassung zwingend vorgeschrieben. Verfassungsrechtlich zulässig sei danach nur eine nicht vom Staat getroffene Förderungsentscheidung252. 2 4 6 2 4 7

Maier, Probleme, S. 142. Gallwas, VVDStRL 29 (1971), 226 f.

2 4 8

So im Ergebnis auch Höfling, DÖV 1985, 387 (394); Hufen, Freiheit der Kunst, S. 551; Oppermann, KuVerwR, S. 443. Welcher Argwohn im künstlerischen Bereich gegenüber staatlicher Letztverantwortung — auch in diesem restriktiven Sinn — herrscht, zeigen die Reaktionen auf die Änderung der FFRi des BMI. Vergleiche bemühten insofern den polnischen General Jaruzelski oder die Gefahr einer neuen Reichsfilmkammer. Nachweise bei Hoffmann, Kultur für morgen, S. 80 f.

2 4 9

Etwa Bär, Filmfreiheit, S. 518 f.; Horlacher, Kultursubventionen, S. 64; Höfling, DÖV 1985, S. 395; Hufen, Freiheit der Kunst, S. 117, 240; ders., NVwZ 1983, 516 (519 ff.); Schäuble, Diss., S. 214 ff.; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 42 zu Art. 5 Abs. 3; Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 137 ff.; Ott, Kunst und Staat, S. 170.

2 5 0

Graul, DÖV 1972, 124 (125); ähnlich BGH, Urt. v. 29.10.70, MDR 1971, 199.

25 1

Graul, DÖV 1972, 124 (125); siehe auch Hufen, Freiheit der Kunst, S. 551.

2 5 2

lpsen, DVB1. 1982, 112 (116), spricht ausdrücklich von der "Verfassungswidrigkeit staaüicher Letztentscheidung"; Schäuble, Diss., S. 219, sieht eine "unzulässige staatliche Maßnahme". Ein völliger Rückzug des Staates im Sinne von Höflings Staatseliminaüonsmodell (DÖV 1985, 387, 391) ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die oben S. 153 ff. genannten Gründe dem Staat eine Restverantwortung auferlegen. Besser daher

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

157

Dem Argument vom "mangelnden Sachverstand" kann zunächst nicht zugestimmt werden; denn Sachverstand findet sich auch im staatlichen Verwaltungsapparat, und der "Kunstszene" kommt, wie nachgewiesen253, kein Sachverstandsmonopol zu. Der kommunale Kulturdezernent etwa verfügt nicht schon kraft Amtes über eine im Vergleich zum Ministerialbeamten erhöhte fachliche Kompetenz zur Vornahme von Bewertungsentscheidungen254. Auch die Ministerialbürokratie kann "richtige", mit Sachkompetenz ausgestattete Entscheidungen treffen, auch auf dem Gebiet der öffentlichen Kunstsubventionierung 255 . Für eine verwaltungsinterne Lösung spricht zudem der Gesichtspunkt der durch Distanz zum geförderten Sachbereich erhöhten Objektivität. Distanz schafft Unbefangenheit und erlaubt so von persönlichen Vorlieben und Abneigungen freie Entscheidungen256. Außerdem zählt sachverständiges Entscheiden zum täglichen Brot der Verwaltung in allen, auch schwierigen Materien. Auch das Argument der fehlenden Kompetenz überzeugt im Ergebnis nicht. Denn insofern erscheint der Legitimationsaspekt in neuem Licht: Ebenso, wie die grundrechtlich determinierte Komponente des Legitimationsgedankens eine Delegation von Letztentscheidungskompetenzen zuläßt, erlaubt die demokratische Legitimation der Verwaltung, diese Kompetenzen im originär staatlichen Bereich zu belassen257. Weder die Grundsätze von Autonomie noch von Neutralität können den Staat dazu zwingen, sich aus seinem genuinen Verantworder von Höfling dells.

geäußerte Terminologievorschlag eines "staatsminimierenden" Mo-

2 5 3

oben S. 143 ff.

2 5 4

Hufen, NVwZ 1983, 516 (521).

2 5 5

Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 41, Fn. 120; Leisner, VVDStRL 42 (1984), Db. S. 126; Steiner, ebd., S. 36. Dem Problem könnte durch eine Auswahl fachkundigen Personals innerhalb der Verwaltung beigekommen werden; zur "Versachlichung" der Entscheidung würde insbesondere eine zur juristischen Qualifikation hinzutretende enge persönliche Affinität zum betreffenden Sachbereich beitragen; siehe Benecke, Möglichkeiten, S. 69; Glum Kulturpolitik, S. 78. Schwierigkeiten bei der Auswahl solcher Juristen: Hohe fachliche Anforderungen; geringer Routinisierungsgrad kultureller Aufgaben; dazu Klages/Schäfer, Organisation, S. 9. Skeptisch insgesamt Adorno, Kultur und Verwaltung, S. 119; Schäuble, Diss., S. 214.

2 5 6

Kritisch zu diesen Überlegungen Kirn, VVDStRL 42 (1984) Db. S. 127.

25 7

Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 41, Fn. 120.

158

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventionsverfahren

tungsfeld auszublenden. Autonomie kann sich auch innerhalb eigentlicher Staatsverwaltung realisieren. Garantien für Selbstverwaltungsfreiräume enthält die Verfassung außer in Art. 28 Abs. 2 GG nicht 2 5 8 . Beide Aspekte der doppelten Legitimation stehen demnach gleichberechtigt nebeneinander. Damit erweisen sich die für eine Entstaatlichungsp///cAf vorgetragenen Argumente als nicht stichhaltig. Zudem sprechen alle Einwände, die bereits die Zulässigkeit der Kompetenzdelegation in Frage stellten, erst recht dagegen, der Verfassung bindende Anweisungen in dieser Richtung zu entnehmen259.

e) Zusammenfassung Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren ist nach alledem von der Verfassung weder ge- noch verboten, gleichwohl aber verfassungsrechtlich möglich 260 . Wenn dem Grundgesetz insofern überhaupt eine Aussage entnommen werden kann, dann die, daß es die Verwaltung gerade nicht auf ein bestimmtes Modell festlegt, sondern um der Herstellung von größtmöglichem Pluralismus willen ein Nebeneinander verschiedener Verfahrenstypen gestattet. Staatselimination ist damit nicht der einzige vom Grundgesetz vorgezeichnete Weg zu einer grundrechtskonformen Vergabepraxis, denn auch dieses Modell ist nicht in der Lage, freiheitsgefährdende Ingerenzen völlig auszuschließen. Ein Zuviel an Kulturjiaar entspricht der Verfassung ebenso wenig wie ein Zuviel an gesellschaftlicher Kulturgestaltungsmacht. Aufgabe des Rechts kann es daher nur sein, die richtige Balance zwischen beiden Polen herzustellen 261. Diese Balance sollte nicht auf der Grundlage des "entweder/oder", sondern eines "sowohl/als auch"-Konzepts gefunden werden 2 6 2 . Beide Wege, sowohl die rein staatlich getroffene als auch die in För2 5 8

Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 106.

2 5 9

Wie hier im Ergebnis auch Oebbecke, Räume, S. 198.

2 6 0

HessVGH, Urt. v. 22.10.85, DÖV 1986, 661 (662); Beck, Wahrheit, S. 282, Fn. 71; Ditges, Diss., S. 163; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 36 f.

26 1

Dittmann, StL, Sp. 779.

2 6 2

Steiner, Der Städtetag 1986, 512 (513).

III. Umsetzung der Grundrechtsdirektiven in Verfahrensmodelle

159

derungsselbstverwaltung verantwortete Vergabeentscheidung sind verfassungskonform. Zwischen diesen Polen bleiben in den unterschiedlichsten Schattierungen Varianten gemischt gesellschaftlich/staatlicher Verfahrensformen möglich. Gerade diese atypischen Formen müssen ihre Bewährungschance erhalten 263 . Nicht im Suchen nach endgültigen Wahrheiten, das ohnehin der "Quadratur des Kreises" 264 gleichkäme, sondern in der Anerkennung dieser Vielfalt zulässiger Vergabepraktiken wird man dem Pluralismusgebot der Verfassung gerecht. Modellhaft aufzulösen ist die sachgesetzliche Ambivalenz von Freiheit und Förderung ohnehin nicht 265 . Wegen ihrer unbestreitbaren Vorzüge soll hier der Staatspraxis dennoch das Modell der Förderungsselbstverwaltung ausdrücklich ans Herz gelegt werden. Mehr als diese Empfehlung ist aber Art. 5 Abs. 3 GG nicht zu entnehmen266

3. Subventionsvergabe in privater Rechtsform Eine gegenüber dem Modell der Förderungsselbstverwaltung gleichsam "abgemilderte" Variante des Entstaatlichungsgedankens findet sich schließlich in dem Vorschlag, das Verhältnis des fördernden Staates zum geförderten Künstler in den Rechts- und Handlungsformen des Privatrechts auszugestalten 2 6 7 . Um nicht in den Verdacht der Kunstlenkung zu geraten, solle der Staat auf hoheitliche Maßnahmen in diesem Bereich verzichten und von der Möglichkeit Gebrauch machen, die das auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung anerkannte Rechtsformenwahlrecht insoweit bietet.

2 6 3 2 6 4 2 6 5

2 6 6 2 6 7

Beck, Wahrheit, S. 282, Fn. 71; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 37. Vorländer,

NJW 1983, 1175.

Skeptisch wie hier auch Arndt, Staat und Kunst, S. 322; Scholz, in: M/D/H/S, GG, Rn. 42 zu Art. 5 Abs. 3. In dieser Richtung auch Starck, in: M/K/S, GG, Rn. 198 zu Art. 5. Anregungen dazu insbesondere in BVerwG, Urt. v. 30.04.76, MDR 1976, 874; VGH BW, Urt. v. 17.08.76, DVB1. 1976, 951.

160

Zweiter Teil: Konsequenzen für das Subventions verfahren

Diese Auffassung übersieht jedoch, daß kunstfreiheitsgefährdende Ingerenzen nicht so sehr von der seitens des Staates praktizierten Rechts- und Handlungsform ausgehen, sondern darin wurzeln, daß der Staat es ist, der das Subventionsverfahren materiell bestimmt und so in den genuin staatsfreien Bereich der Kunst vordringt. An dieser materiellen Trägerschaft des Staates ändert sich jedoch nichts, wenn dieser sich privatrechtlicher Gestaltungsmittel bedient; die grundrechtlichen Strukturprinzipien der Kunstfreiheitsgarantie lassen sich nicht durch den "Trick" der Rechtsform wähl verwirklichen 268 . Der Vorteil einer solcherart "staatsfreien" Vergabeform bleibt rein formal, denn in materieller Hinsicht behält der Staat, wenn auch ggf. unter dem Deckmantel einer von ihm beherrschten privatrechtlichen Organisation, hier Zuständigkeit und Verantwortlichkeit in seiner Hand.

2 6 8

Siehe auch die grundsätzliche Kritik zu beiden Urteilen bei Schwarze, JuS 1978, 94 (96 ff.). Kritisch auch Prause, Kunst und Politik, S. 16.

Dritter Teil Verwaltungsrechtliche Probleme bei Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

163

I. Typisierung der in das Subventionsverfahren eingeschalteten nicht-staatlichen Instanzen Im Dritten Teil dieser Untersuchung sollen nun typische Erscheinungsformen der Förderungsselbstverwaltung bei Maßnahmen öffentlicher Kunstsubventionierung in verwaltungsrechtlicher Hinsicht erörtert werden. Durch die Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen am Subventionsverfahren ergeben sich hier Fragen und Probleme in Abweichung zum "regulären" Subventionsrecht. Im Rahmen des folgenden empirischen Überblicks können nur einige wichtige Beispiele für die hier handelnden Institutionen gezeigt werden; die Arbeit kann und will nicht den Anspruch erheben, insofern eine flächendeckende, umfassende Bestandsaufnahme zu liefern. Dies würde allein schon an Schwierigkeiten in bezug auf Wert und Zuverlässigkeit einer "Kulturstatistik" scheitern1. Der juristische Ertrag einer derartigen Stoffsammlung bliebe zudem dünn. Die typischerweise auftretenden Probleme lassen sich ebenso gut anhand einiger charakteristischer Einzelerscheinungen behandeln.

Von Schwierigkeiten bei der Ermittlung empirischer Fakten berichtet Heusser, Probleme, S. 39 ff. Auf eine Umfrage zur Vorbereitung eines sich mit Problemen staatlicher und privater Kunstförderung beschäftigenden Kongresses des Internationalen Kunstkritikerverbandes 1978 in der Schweiz antworteten von 47 angeschriebenen Ländern nur 19, die meisten davon nur summarisch oder lückenhaft. Skeptisch zu den Möglichkeiten einer "Kulturstatistik" auch Hufen, Kulturstaatlichkeit, S. 202 f.; ders., Freiheit der Kunst, S. 31 Fn. 11. Allgemein dazu Köhler, in: P/M/B, S. 36 ff. Eine nicht auf die Unwägbarkeiten individueller Vorlieben der Kulturverwalter, sondern auf gesicherten sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauende Kulturpolitik wird auf kulturstatistische Daten jedoch nicht verzichten können.

164

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

1. Die für die Typisierung maßgeblichen Kriterien Ohne Plan und Ziel darf eine effektive und sinnvolle Bestandsaufnahme jedoch nicht vor sich gehen. Vor der empirischen Betrachtung einzelner Anwendungsbeispiele von Förderungsselbstverwaltung gilt es daher zu bedenken, auf welche Merkmale und Eigenarten der gezeigten nicht-staatlichen Instanzen sich die Aufmerksamkeit richten muß, um aus deren vergleichender Ermittlung nicht nur systematische Übersicht, sondern auch materielle Aussagekraft zu gewinnen. Im Mittelpunkt wird dabei die Frage stehen, ob die eine oder andere Besonderheit dem Ziel der "Entstaatlichung" des Vergabeverfahrens zu dienen geeignet ist. Relevanz kommt deshalb in erster Linie solchen Eigenschaften zu, aus denen sich rechtlich greifbare Selbständigkeit und Unabhängigkeit von der öffentlichen Hand ergibt. a) Die Rechtsform Als erstes Indiz für selbständige, unabhängige Aufgabenwahrnehmung innerhalb des Subventionsverfahrens spielt dabei die Rechtsform der nicht-staatlichen Instanzen eine Rolle. Durch die Wahl der privaten Rechtsform kommt strukturelle Staatsdistanz nach außen effektiv zum Ausdruck 2. Hier bieten sich der eingetragene Verein, die Stiftung bürgerlichen Rechts, aber auch gesellschaftsrechtliche Formen, etwa die der GmbH an. Denkbar ist schließlich auch, daß der eingeschaltete Dritte überhaupt keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, sondern in anderer Weise am Verfahren beteiligt wird. Die Wahl der privaten Rechtsform indiziert jedoch lediglich die zur Entstaatlichung erforderliche Staatsfreiheit. Entscheidende Bedeutung kommt auf einer zweiten Ebene dem Merkmal der "materiellen Privatheit" zu, welche wiederum die hinreichende Unabhängigkeit des eingeschalteten Dritten vom Staat voraussetzt. Diese erfordert zwar nicht völlige finanzielle Unabhängigkeit — bei Dennoch könnte auch eine verwaltungsexterne juristische Person des öffentlichen Rechts, etwa eine rechtsfähige Anstalt, zur staatsdistanzierten Aufgabenwahrnehmung beitragen und so dem Entstaatlichungsgedanken entsprechen. Zum Beispiel der Filmförderungsanstalt nach dem FFG Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 22 ff., 36 ff., 60 ff.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventions verfahren

165

ausschließlich privater Finanzierung würde es sich ja nicht um öffentliche Kunstsubventionierung handeln —, aber personelle und funktionelle Unabhängigkeit. Funktionelle Unabhängigkeit als Fähigkeit zur autonomen, weisungsfreien, selbstverantwortlichen Entscheidung gründet auf personeller Unabhängigkeit, also auf einer "staatsfreien" Gremienzusammensetzung3. Als "materieller" Privater kann daher nur eine Institution gelten, in deren für die Willensbildung maßgeblichen Organen der Staat keinen bestimmenden Einfluß ausübt. Täte er dies doch, handelte es sich nicht um mediatisierte Staatsverwaltung, sondern um originäre Staatsverwaltung im Gewand privatrechtlicher Organisation4. Die Wahl der privaten Rechtsform fungierte dann nur als Tarnung für den materiell nach wie vor handelnden Staat. Dem Ziel der materiellen Entstaatlichung diente dies nicht. Zur Feststellung der personellen Unabhängigkeit bedarf es also der Ermittlung des Repräsentationsgrads des Staates in den jeweiligen Entscheidungsorganen5. Dagegen bleibt das Merkmal der eigenen Rechtspersönlichkeit zur Differenzierung in bezug auf die Frage relevant, ob die Institution dem Subventionsempfänger gegenüber in eigenem Namen auftreten und die Mittel vergeben kann. Diese Fähigkeit scheidet bei Institutionen ohne eigene Rechtspersönlichkeit aus. b) Kompetenzen in bezug auf das Vergabeverfahren Zentrale Bedeutung für funktionelle Unabhängigkeit und damit für materielle Entstaatlichung gewinnt die Frage, ob der eingeschalteten nicht-staatlichen Instanz selbständige Kompetenzen in bezug auf das Subventions vergäbe verfahren zukommen. Insbesondere spielt dabei eine Rolle, wer die auf der künstlerisch-ästhetischen Bewertung beruhende Vergabeentscheidung im Einzelfall trifft und sie nach außen ("extern") gegenüber dem Förderungsbewerber voll-

Oben S. 146 ff. WolffIBachofIStober, VerwR II, § 104a I 4 d, S. 427, nennen als Beispiele hierfür auf kulturellem Gebiet etwa die Carl-Duisberg-Gesellschaft e.V. und Inter Nationes e.V., die beide der Bundesrepublik Deutschland personell eng verbunden seien. Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 212 f.

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

166

zieht. Insofern lassen sich mehrere abgestufte Formen der Einschaltung Dritter denken. Die Entscheidung über die Vergabe kann einmal völlig an den Dritten delegiert sein und auch im Außenverhältnis nur von ihm allein vollzogen werden. Für den Antragsteller tritt extern dann nur der Dritte in Erscheinung; mit dem hinter der Subventionierung stehenden Staat entsteht für ihn keinerlei Kontakt. Der Staat hat sich hier — bis auf sein Restkontrollrecht 6 — jeder Einwirkung entäußert; die zwischengeschaltete ("intermediäre") Einheit übt eine echte, externe Letztentscheidungskompetenz aus, die im folgenden mit "Vergabekompetenz" bezeichnet werden soll. Eine zweite Variante delegiert zwar im Innenverhältnis zwischen Staat und Drittem die Entscheidungskompetenz an letzteren, bindet deren Vollzug nach außen jedoch an das Erfordernis der Umsetzung durch die für den Staat handelnde Verwaltung. Das kann etwa durch fehlende eigene Rechtspersönlichkeit des Dritten bedingt sein oder einfach dadurch, daß der Staat sich die Letztentscheidung zumindest im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller vorbehalten will. Diese Konstellation ließe sich als "interne Entscheidungskompetenz" einordnen. In diesem Fall steht die durch die Verwaltung repräsentierte Körperschaft dem Antragsteller als Partner im Subventionsverhältnis gegenüber, was nicht ausschließt, daß in bezug auf andere Punkte, etwa in der Funktion als "Antrags-Anlaufstelle" der Dritte in selbständigen Kontakt mit dem Subventionsbewerber tritt. In einem dritten Modell fungiert der Dritte überhaupt nicht, weder intern noch extern, mit entscheidender Kompetenz in bezug auf die Subventionsvergabe. Andere Kompetenzen hinsichtlich der Abwicklung des Subventionsverfahrens bleiben ihm hier jedoch noch vorbehalten, so zB die Aufgabe der Sammelstelle zur Antragseinreichung ("Anlaufstelle"), oder aber Aufgaben im Zusammenhang mit der Überwachung und eventuellen Rückforderung der ausgeschütteten Mittel (zB Stelle, der gegenüber der Verwendungsnachweis zu führen ist). 6

Siehe oben S. 153 ff.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

167

Diese Variante kann man terminologisch als Innehabung "sonstiger Kompetenzen" bezeichnen. Am geringsten ausgeprägt ist die Selbständigkeit des Dritten schließlich bei der letzten möglichen Gestaltung. Hier nimmt die nicht-staatliche Instanz überhaupt keine eigenen Kompetenzen mehr in bezug auf das Subventionsverfahren wahr, weder "entscheidende" noch "sonstige". Zwei Fallgestaltungen sind dabei zu unterscheiden: Der Dritte kann entweder zur unselbständigen Weiterleitung der Mittel an den Antragsteller in bloßem Vollzug staatlicher Weisung und ohne eigene Gestaltungsmöglichkeiten, also als treuhänderische "Durchlaufstelle" eingeschaltet sein. Dann tritt er zwar extern gegenüber dem Antragsteller auf, u.U. sogar in eigenem Namen, handelt aber unter strenger Bindung an staatliche Vorgaben und damit materiell nicht "staatsfrei". Immerhin ist er hier noch am Subventionsverfahren unmittelbar beteiligt. Diesen Fall soll der Ausdruck "Treuhandfunktion" charakterisieren, wobei darauf hinzuweisen ist, daß "Funktion" hier bewußt zum Unterschied von "Kompetenz" die untergeordnete Stellung des Dritten zum Ausdruck bringt. In der anderen Fallgestaltung dieser letzten Gruppe obliegen dem Dritten nur noch beratende Funktionen, die der Verwaltung bei der ausschließlich von ihr abgewickelten Subventionierung helfend unterstützen sollen. Hier wird die Tätigkeit des Dritten für den Bürger nicht sichtbar; als Partner tritt ihm — wie schon im Fall der "internen Entscheidungskompetenz" — ausschließlich die Behörde gegenüber. Das Fehlen jeglicher Relevanz für das eigentliche Subventionsverfahren soll im Terminologievorschlag "Beratungsfunktion" versinnbildlicht werden. Der Unterschied zwischen beratender und entscheidender Funktion darf dabei nicht mit dem Hinweis darauf verwischt werden, daß der Staat immer irgendwie, auch bei völliger Delegation der Vergabekompetenz, bestimmte eigene Entscheidungen treffe 7. Zwar trifft es zu, daß — schon wegen des Grundsat7

So aber Abelein, Kulturpolitik, S. 233; ähnlich Knies, Schranken, S. 225. Seiner Meinung nach bleibt die Auswahlentscheidung immer eine staatliche. Knies belegt dies aber nur mit dem Hinweis auf das in die Staatsorganisation inkorporierte Gremium bzw. auf die Übernahme dieser Gremienentscheidung durch den Staat. Auf die Frage einer echten Delegation der Vergabekompetenz an externe Einheiten geht Knies nicht ein.

168

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

zes der Letztverantwortung — der Staat sich nie völlig aus dem Subventionsverfahren ausblenden wird. Er wählt etwa zunächst die eingeschaltete nicht-staatliche Instanz als solche aus oder entsendet in deren Gremien eigene Vertreter. Die so beschaffene Beteiligung der öffentlichen Hand am Entscheidungsprozeß bleibt aber stets indirekt 8. Es handelt sich lediglich um modifizierte, quasi "subkutane" Mitwirkung des Staates an fremder Entscheidung, während bei der Beratungsfunktion eine Mitwirkung gesellschaftlich-pluraler Kräfte an einer weiterhin staatlichen Entscheidung vorliegt. Die im Kern immer wieder relevante Frage der Vergabekompetenz kann also mit dem Hinweis auf die auch dann noch anzutreffenden Interdependenzen zwischen den kooperierenden Kräften von Staat und Gesellschaft nicht für unerheblich erklärt werden. Die Differenzierung zwischen beratender und entscheidender Funktion ist auch nicht deshalb willkürlich 9 , weil auch bei der Beratungsfunktion hinsichtlich der aufgrund der Beratung getroffenen Verwaltungsentscheidung ein hohes Maß an faktischer Bindung eintritt. Zwar ist empirisch belegbar, daß sich die Behörden nur in den seltensten Fällen über das Sachverständigenurteil hinwegsetzen, es vielmehr regelmäßig zumindest im Ergebnis übernehmen10. Im Normalfall wird so "de facto" aus der bloßen Beratungsfunktion auf dem Umweg über die im Respekt vor der fachlichen Autorität des Expertenvotums wurzelnde faktische Bindung eine quasi-Entscheidungskompetenz. Dennoch bleibt es bei dem ausschlaggebenden Unterschied, daß es sich in einem Falle um eine letztlich staatlich verantwortete Entscheidung handelt, bei der eben doch die Möglichkeit besteht, das Gremienurteil zu übergehen11, während im Falle der echten Delegation von Kompetenzen derartige Einflußmöglichkeiten nicht oder zumindest nur beschränkt existieren 12. Genau dieser Unterschied rechtfertigt eine getrennte Behandlung von Beratungs- und Entscheidungsfunktion. 8 9

10

So im Ergebnis auch Abelein, Kulturpolitik, S. 233. So aber Schreyer, Entscheidungsgremien, S. 24, Fn. 59. Bär, Filmfreiheit, S. 351, 518 m.Fn. 12; Heuer, Besteuerung, S. 12, Fn. 41; Maier, Probleme, S. 187.

11

Zu einem solchen Fall Hufen, Freiheit der Kunst, S. 551, Fn. 9.

12

In diesem Sinne auch Hufen,BayVBl. 1985, 37 (41), m. Fn. 116.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

169

c) Programmkompetenz Ein letzter Gedanke zur möglichen Typisierung der vorgefundenen nicht-staatlichen Instanzen betrifft die Befugnis zur Aufstellung der inhaltlichen Leitlinien und materiellen Voraussetzungen des Förderungsprogramms. Diese Kriterien, welche allgemeine Hürden für alle Subventionsbewerber aufstellen, die unabhängig von der individuellen Bewertung des Künstlers von allen gleichermaßen zu überspringen sind, finden sich in den geltenden Förderungsrichtlinien; man könnte die Befugnis zu deren Aufstellung deshalb als "Richtlinienkompetenz" bezeichnen. Die Formel von der "Programmkompetenz" bringt jedoch noch deutlicher zum Ausdruck, daß es hier um die Bestimmung des inhaltlichen Programms, der "Richtung", also um die Ausfüllung des zulässigen kulturpolitischen Gestaltungsspielraums geht. Wer die Programmkompetenz innehat, übt eine starke Funktion aus, denn er entscheidet über die wesentlichen Grundzüge des Förderungsverfahrens. Ihre Ausübung indiziert daher zusätzlich zu den Kompetenzen in bezug auf das Subventionsver/a/iren Staatsdistanz und Selbständigkeit des eingeschalteten Dritten, belegt also praktizierte Förderungsselbstverwaltung.

2. Empirischer Überblick auf die in einzelnen Kunstsparten auftretenden nicht-staatlichen Instanzen a) Theater Die bundesrepublikanische Theaterlandschaft befindet sich überwiegend in öffentlicher Trägerschaft; neben den bedeutenden staatlichen oder kommunalen Bühnen spielen private Theater nur eine untergeordnete Rolle. Dies spiegelt sich auch in der Statistik wieder: Nur 3 % der insgesamt für Betrieb und Unterhaltung von Theatern aufgewendeten Mittel fließen in die Kassen privater Institutionen oder freier Theatergruppen I 3 . Die Gründe für das weitgehende Feh13

Ismayr, Kulturförderung, S. 11. Weitere Daten und Fakten zur Theatersubventionierung bei Reichel, Kulturpolitik, S. 346. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Jonas, Die Finanzierung der öffentlichen Theater in der Bundesrepublik, Diss. Mainz 1972.

170

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

len einer privaten Theaterszene liegen in den immens hohen Betriebskosten, die eine komplexe Institution wie die eines Theaters erfordert. Große, auf die Bereithaltung eines vielfältigen und ständig abrufbaren Repertoires angewiesene Bühnen können heute ohne öffentliche Trägerschaft kaum noch existieren 14. Der Theatersektor bietet deshalb nur geringe praktische Anhaltspunkte für die Demonstration öffentlicher Kunstsubventionierungsmaßnahmen. Insbesondere haben sich hier auch keine Formen der Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen herausgebildet. Die Subventionierung privater Theater findet, soweit ersichtlich, im Wege der Direktvergabe unmittelbar zwischen Verwaltung und Theaterunternehmer statt. Nach der bayerischen Praxis etwa sind Förderungsanträge an die Regierung zu richten, welche diese dann an das zuständige Ministerium weiterleitet 15 . Die Entscheidung trifft dieses dann ohne die weitere Hinzuziehung Dritter. Damit zeigt die Theaterförderung alle Merkmale einer "klassischen", staats- bzw. kommunal-unmittelbaren Vergabepraxis. b) Musik Die Förderung der Musik 1 6 umfaßt Aufwendungen für Chöre, Orchester und "sonstige Musikpflege", ferner Unterstützungsmaßnahmen zugunste schöpferisch tätiger Musiker und Komponisten sowie Beiträge zur Unterhaltung von Musikschulen und -hochschulen. Demgegenüber zählen Ausgaben für die Musiktheater zum Theaterbereich. Öfter als dies auf dem Theatersektor festzustellen war, befinden sich musikalische Institutionen ("stehende" Chöre oder Orchester etwa) in privater Trägerschaft 17. Neben deren institutioneller Förderung bietet der Musikbereich 14

Schäuble, Diss., S. 69.

15

Siehe dazu "Angewandte Förderungsgrundsätze für nicht-staatliche Theater" (maschinenschriftlich).

16

17

Allgemein dazu Dieckmann, in: P/M/B, S. 173 ff.; Stämmer, BayVBl. 1986, 645. Weitere Daten und Fakten: Musikleben und Kulturpolitik, hrsg. vom ZfK Bonn, 1985; Das Musikleben in Bayern, Schriftenreihe der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Bd. XVII, 1985. In Bayern zB die Bamberger, Nürnberger und Hofer Symphoniker, sämtlich als e.V. konstituiert.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

171

aber auch Möglichkeiten zur Individualförderung, etwa durch Stipendien für Komponisten oder Kompositionspreise. Kompositionsaufträge durch die Staatstheater zählen schließlich zur Realförderung. Den Musikbereich kennzeichnet ein vielfältiges Nebeneinander von unmittelbar staatlichen und entstaatlichten Förderungsmaßnahmen. Neben eigener "Direktförderung 11 macht sich die öffentliche Hand hier Erfahrungen und Organisation nicht-staatlicher Instanzen zunutze. Die Arbeit einiger der wichtigsten "intermediären Organisationen" soll anhand der folgenden Beispiele verdeutlicht werden. aa) Der Deutsche Musikrat e.V. Der Deutsche Musikrat e.V. wurde 1953 in Bonn unter Mitwirkung der Deutschen UNESCO-Kommission und der Arbeitsgemeinschaft Musikerziehung und Musikpflege von führenden Persönlichkeiten des deutschen Musiklebens gegründet und gleichzeitig in den Internationalen Musikrat, eine "nongovernmental organization" der UNESCO aufgenommen. Als Dachverband für die in der Bundesrepublik tätigen Musikorganisationen wird er aus 78 länderübergreifenden Musikverbänden, den 11 Landesmusikräten sowie Persönlichkeiten des deutschen Musiklebens gebildet. In finanzieller Hinsicht stützt sich die Arbeit des Deutschen Musikrats größtenteils auf Zuwendungen des Bundes und der Länder 18 . Neben einer Plattform- und Forumsfunktion als repräsentative Zentralstelle der Musik"szene" gegenüber staatlichen Organen, mit der er der Information und Koordination der zahlreichen Einzelaktivitäten dient, führt diese Institution auch eigene Maßnahmen und Projekte durch 19 . Im Rahmen dieser Maßnahmen werden auch Preise und Stipendien, also unmittelbare Zuwendungen an einzelne Künstler Im Rahmen seines Musikförderungsprogramms erhielt er beispielsweise 1980 vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages 6, 42 Mio DM bewilligt. Beispiele: Förderung des musikalisch-künstlerischen Nachwuchses ("Jugend musiziert", Bundesjugendorchester, Konzerte Junger Künstler, Deutscher Musikwettbewerb); Förderung der zeitgenössischen Musik (Konzerte des Deutschen Musikrats, Schallplattenedition); Förderung des Laienmusizierens (Deutscher Laienorchesterwettbewerb, Deutscher Chorwettbewerb).

172

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

vergeben. Der Deutsche Musikrat leitet insofern in eigenem Namen und aufgrund selbständiger Entscheidung die von ihm empfangenen öffentlichen Mittel an private Letztempfänger weiter. Die dabei handelnden Organe (Beiräte, Hauptausschüsse) sind bei der Entscheidung über die Vergabe der Mittel frei und an keinerlei staatliche Weisungen oder Vorgaben gebunden. Damit liegen alle Merkmale einer "Vergabekompetenz" vor. Staatlicher Einfluß besteht nur mittelbar über die der Generalversammlung, allerdings nur mit beratender Stimme, angehörenden Vertreter von Bundes- und Länderbehörden. Es handelt sich also um einen "materiell staatsfreien" Privaten. Der Deutsche Musikrat überwacht selbständig die zweckgerechte Verwendung der von ihm vergebenen Mittel und fungiert auch als Anlauf- und Antragstelle. Aus Sicht der Antragsteller ist er und nicht die finanzierende öffentliche Hand der einzig in Erscheinung tretende Ansprechpartner. Auch in der inhaltlichen Wahl der Förderungstechniken und -programme ist der Deutsche Musikrat frei. Er kann etwa nach seinem Ermessen den Schwerpunkt der Förderungstätigkeit auf Chor-, Orchester oder Kammermusikprogramme legen, verstärkt den begabten "Profi"-Nachwuchs oder das Laienmusizieren fördern; ebenso bestimmt er autonom die Art und Weise der Förderung (Stipendien, Preise, Wettbewerbe). Damit übt der Deutsche Musikrat auch eine inhaltliche Programmkompetenz aus. bb) Der Bayerische Musikrat e.V. Der Bayerische Musikrat e.V. wurde 1977 durch den Zusammenschluß der beiden Dachverbände "Aktionsgemeinschaft Musik in Bayern" (für die Berufsmusiker) und "Landesverband Singen und Musizieren in Bayern" (für die Amateurmusiker) gegründet. Er hat seinen Sitz in München. Gem. § 2 der Satzung20 sieht er seine Aufgabe darin, als Informationszentrum und Gesprächspartner gegenüber staatlichen, kommunalen oder sonstigen öffentlichen Organisationen und Institutionen aufzutreten. Ähnlich wie dem 2 0

Satzung vom 21.06.77.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

173

Deutschen Musikrat kommt ihm also eine "Forums-" und "Plattform-Funktion" zu. Er versteht sich ausdrücklich als das fachlich legitimierte Beratergremium der Legislative und Exekutive in musikalischen Fragen 21. Dies gilt auch und gerade für die Mitwirkung bei der Verteilung von Direktzuschüssen durch die Verwaltung. Hier berät der Bayerische Musikrat die zuständige Behörde im Einzelfall; eine Entscheidung trifft er jedoch insofern nicht. Die Letztentscheidung obliegt vielmehr der Verwaltung, die dabei nicht an das Einvernehmen des Bayerischen Musikrates oder dessen gutachtliche Stellungnahme gebunden ist. Damit erfüllt diese Institution im wesentlichen beratende Aufgaben 22; auch eine "Programmkompetenz" steht ihr nicht zu. cc) Verbände im Rahmen des Bayerischen Musikplans Im Rahmen der Förderungsmaßnahmen nach dem Bayerischen Musikplan 23 hat sich die Einschaltung von Spitzen- und Dachverbänden der jeweiligen Spezialgebiete als effektive Subventionierungstechnik bewährt 24. Statt in direkten Kontakt zu jedem lokalen und regionalen Einzelverein zu treten, sucht die Verwaltung den Dachverband "der" Trachtenverbände, "der" Sing- und Musikschulen, "der" Blasmusik, "der" Sängerbünde usw. als Ansprechpartner. Für jeden Sachbereich wurden zum Vollzug des Bayerischen Musikplans Förderungsrichtlinien erlassen 25, die sich in bezug auf die Abwicklung des Subventionsverfahrens weitgehend decken.

2 1

§ 2 Abs. 2 lit. b) d.S.

2 2

Da die beratende Funktion des Bayerischen Musikrats seine anderen Aktivitäten weit überwiegt, sollen eigene Förderungsmaßnahmen (zB Begabtenförderung und Betreibung der Orchesterakademie) hier vernachlässigt werden.

2 3

Der Bayerische Musikplan wurde 1978 verabschiedet und enthält ein zusammenhängendes Entwicklungsprogramm für alle Bereiche der Musikpflege.

2 4 2 5

Siehe auch Steiner, VVDStRL 42 (1984), 35 m.Fn. 135. Beispiele: Richtlinien zum Vollzug des Bayerischen Musikplans im Bereich der Trachtenverbände; im Bereich des Verbandes Evangelischer Posaunenchöre, des Deutschen HarmonikaVerbandes, des Bundes Deutscher Zupfmusiker und der Zitherverbände; - für den Bereich der Blasmusik; - für den Bereich der Sängerbünde (sämtlich maschinenschriftlich).

-

174

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Diese Richtlinien sehen vor, daß die Fördermittel aufgrund einer Verwaltungsentscheidung (bei der ggf. der Bayerische Musikrat beratend mitwirkt) den jeweiligen Dachverbänden überlassen werden und diese dann gemäß staatlichen Programmvorgaben die Weiterverteilung an die in ihnen organisierten Einzelvereine vornehmen. Die mit eigener Rechtspersönlichkeit (in der Regel e.V.) ausgestatteten Verbände weisen die Mittel dabei selbst und in eigenem Namen an. Allerdings besteht eine weitgehende Abhängigkeit der Verbände bei dieser Weiterleitungsentscheidung. Diese äußert sich zunächst in der fehlenden Programmkompetenz. Die Mittel werden nach relativ detaillierten, staatlich "verordneten" Richtlinien vergeben, auf deren inhaltliche Gestaltung der Verband nur mittelbaren Einfluß hat. Zwar findet die Aufstellung der Richtlinien "im Benehmen" mit dem jeweiligen Spartenverband statt, doch reduziert sich diese Mitwirkung in der Praxis oft auf die Anerkennung der seitens der Verwaltung ausgearbeiteten Vorschläge. Der Verband kann also weder inhaltliche Schwerpunkte setzen noch die von ihm praktizierten Förderungstechniken variieren, ohne dies mit der Verwaltung abzusprechen. Dies kann ein Blick auf die Tätigkeit des "Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen e.V." belegen, in dem kommunale wie private Institute organisiert sind. Die Förderungsvoraussetzungen sind durch staatliche Verordnung 26 festgelegt. Die an die einzelnen Musikschulen ausgeschütteten Zuschüsse berechnet der Verband anhand dieser Vorgaben der Höhe nach "im Auftrag" der zuständigen Behörde und trifft dann die Bewilligungsentscheidung, indem er der jeweiligen Musikschule die Mittel anweist. Damit wird ersichtlich, daß die Verbände trotz ihrer formell starken Position letztlich nur untergeordnete Kompetenzen in bezug auf die Vergabeentscheidung ausüben. Sie entscheiden zwar gegenüber ihren einzelnen Verbandsmitgliedern selbständig und eigenverantwortlich, unterliegen dabei jedoch Bindungen:

Sing- und Musikschulverordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 17.08.1984 (GVB1. 1984, 290).

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

-

175

Der potentielle Empfängerkreis beschränkt sich von vornherein auf die dem Dachverband angehörenden (Orts)-Vereine; Die Verteilung erfolgt nach staatlicherseits in Form von Richdinien, Verordnungen oder anderen Einzelweisungen gesetzten Vorgaben;

-

Weder Voraussetzungen noch Art der Förderung (also die Vergabemodalität) kann der Verband selbst bestimmen.

Delegiert ist damit letztlich nur die Aufgabe, den auf das einzelne Institut entfallenden Anteil der Höhe nach betragsmäßig zu berechnen. Die den Verbänden auferlegten Bindungen hinsichtlich der Letztentscheidung überwiegen also den eigenen Spielraum bei weitem. Von einer vollständigen, echten Delegation der Vergabekompetenz kann deshalb hier nicht gesprochen werden. Die Verbände üben jedoch, zB durch die Berechnung der Anteilshöhe, "sonstige" Kompetenzen in bezug auf das Subventionsverfahren aus. dd) Der Musikfonds für Musikurheber e.V. Im Juni 1985 wurde in Berlin der "Musikfonds für Musikurheber e.V." gegründet. Er sieht seine Aufgabe als Einrichtung zur Förderung zeitgenössischer deutscher Musik durch Unterstützung kompositorischen Schaffens und dessen Verbreitung im In- und Ausland 27. Zusätzlich will er dabei die Interessen der Musikschaffenden stärker zur Geltung bringen. Der Musikfonds versteht sich als Gegenstück zu den bereits seit längerer Zeit aktiven Fonds auf dem Gebiet der bildenden Kunst ("Kunstfonds e.V.") und der Literatur ("Deutscher Literaturfonds e.V."), welche durch Mittel der Kulturabteilung des BMI gefördert werden. Dementsprechend strebt auch der Musikfonds eine solche Unterstützung seitens der öffentlichen Hand an 28 . Bislang verfügt er jedoch nicht über öffentliche Mittel. Der Musikfonds finanziert sich allein aus den Beiträgen seiner Mitglieder. Da es hier also nicht um Weiterleitung von originär öffentlichen Mitteln geht, liegt bei Förderungsmaßnahmen des Musikfonds schon begrifflich keine Subventionierung vor; es han2 7

§ 2 der Satzung vom 30.09.1986.

2 8

So der Vorsitzende des Musikfonds, Schulze, in: Musikspiegel Nr. 22, 1987, S. 1 ff.

176

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

delt sich um einen Fall privater Kunstförderung. Der Musikfonds für Musikurheber e.V. bleibt daher als Beispiel für Förderungsselbstverwaltung außer Betracht.

c) Museen/Bibliotheken/Archive In fast noch stärkerem Maße als der Theatersektor befindet sich der Bereich von Museen, Bibliotheken und Archiven in öffentlicher Trägerschaft 29. Neben Staat und Kommunen spielen hier auch die Kirchen eine wichtige Rolle. Private Institutionen finden sich wiederum nur in geringer Zahl. Die wichtigsten dieser privatrechtlich (z.T. als eingetragene Vereine, z.T. als Stiftungen des bürgerlichen Rechts) organisierten Einrichtungen haben sich im Jahre 1967 zum "Arbeitskreis selbständiger Kulturinstitute" (ASKI) mit Sitz in Bonn zusammengeschlossen. Es handelt sich dabei um rechtlich selbständige Einrichtungen, deren Gründung auf private Initiative zurückgeht 30. Der ASKI nimmt die Interessen seiner Mitglieder war und bietet ihnen ein Forum zu gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit ("Forumsfunktion"). Im Zusammenhang mit dem Subventionsverfahren spielt der ASKI dagegen keine funktionelle Rolle. Die Mitgliedsinstitute erhalten die sie betreffenden Zuwendungen direkt und unmittelbar vom öffentlichen Mittelgeber (Bund, Land oder Sitzkommune), nicht über den ASKI als Durchlaufstelle. Daneben erhält jedoch auch der ASKI selbst Gelder aus der Kulturabteilung des BMI, welche die Durchführung eigener Förderungsmaßnahmen des ASKI ermöglichen sollen 3 !. Diese Projektmittel werden dem ASKI einzeln auf Antrag bewilligt und vom Bundesverwaltungsamt zugewiesen sowie von der Geschäftsstelle des ASKI verwaltet und abgerechnet. Hinsichtlich dieser Mittel ist der ASKI also selbst Letztempfänger; eine Weiterleitung an Dritte findet insofern nicht statt. Aus diesem Grunde eignet sich auch der ASKI als Beispiel für Förderungsselbstverwaltung nicht. 2 9

Daten und Fakten bei Pappermann, Hdb., S. 284 ff.; Plagemann, in: P/M/B, S. 95 ff.

3 0

Zum Beispiel: Städelsches Kunstinstitut in Frankfurt/Main; Germanisches Nationalmuseum Nürnberg; Beethoven-Haus und Beethoven-Archiv Bonn; Deutsche Schillergesellschaft e.V. mit dem Schiller-Nationalmuseum in Marbach; Bauhaus-Archiv e.V. Berlin; Ostdeutsche Galerie Regensburg.

3 1

Beispiele: Ausstellungen, Veröffentlichungen, Unterhaltung des Goethe-Museums in Rom.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventions verfahren

177

d) Bildende Kunst Ein Hauptanwendungsfall individueller, nicht an Institutionen orientierter Kunstsubventionierung ist die Förderung der bildenden Kunst 32 . Im Unterschied zu Theater, Musikpflege und dem Museumswesen steht hier der einzelne Künstler und sein Werk im Mittelpunkt öffentlicher Maßnahmen33. Diese Individualität der Förderung schlägt sich auch in der Vielfalt und Bandbreite der anzutreffenden Förderungstechniken nieder. Neben die unentbehrlichen Zuschüsse (Stipendien, Preise, Druckkostenzuschüsse) treten hier ganz wesentlich sämtliche Spielarten der Realförderung, etwa durch Ankauf von Kunstwerken, Finanzierung von Ausstellungsvorhaben oder Überlassung sachlicher Mittel (Ateliers und andere Arbeitsräume; öffentliche Einrichtungen wie etwa Stadthallen zur Präsentation von Kunstwerken) 34.

aa) Gremien im Bereich des Projekts "Kunst am Bau" Wichtige Anwendungsbeispiele für praktizierte Realförderung bieten die Projekte "Kunst am Bau" bzw. "Kunst im öffentlichen Raum" 35 . Diese sind in den Richtlinien des Bundes und der Länder zur Durchführung ihrer Baumaßnahmen verankert und wurden auch von vielen Gemeinden sinngemäß übernommen. Diese Richtlinien sehen vor, einen bestimmten Prozentsatz der Bausumme (beim Bund bis zu 2 %, ähnlich oder weniger bei Ländern und Gemeinden) für die künstlerische Gestaltung öffentlicher Bauvorhaben aufzuwenden. Zwar wirft man diesem Projekt bisweilen eine hierarchische Vergabepraxis vor 3 6 . Doch kennt etwa das Konzept "Kunst im öffentlichen Raum" in Bremen eine 3 2

Daten und Fakten bei Dieckmann, in: P/M/B, S. 173 ff.

3 3

Reichel, Kulturpolitik, S. 346.

3 4

Zur Bedeutung realfördernder Maßnahmen für den Künstler siehe Dieckmann, in: P/M/B, S. 176; Engler, in: Kunstförderung Baden-Württemberg, S. 3; Schäuble, Diss., S. 78 f.

3 5

Dazu Diekamp, in: P/M/B, S. 163 ff.; Fohrbeck, Kunstförderung, S. 261; Hoffmann/Kramer, Hdb., S. 255 ff. Beispiele in Kunst und Öffentlichkeit, S. 75 ff. Sarkastisch Wimmer, VVDStRL 42 (1984), 89: Es hieße wohl Kunst "am" Bau, weil sich offenbar Kunst und Bauen voneinander getrennt hätten.

3 6

H offmannJ Kramer, Hdb., S. 255 f.

178

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Fülle von Beratungsgremien und Fachjurys (zB Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum), die eine Mitsprache der Künstler gewährleisten. Zu den Aufgaben solcher Kunstbeiräte zählt die Bestimmung des förderungswürdigen Bauvorhabens, die Entscheidung über das anzubringende Kunstobjekt und seine künstlerische Ausgestaltung sowie die konkrete Auswahl der ausführenden Künstler. Obwohl die verbindliche Letztentscheidung über die Auftragsvergabe dennoch in den Händen der Verwaltung bleibt, kann also von einer einseitig-hierarchischen Verfahrensstruktur keine Rede sein. Die Gremien im Bereich des Projekts "Kunst am Bau" üben allerdings nur Beratungsfunktionen aus 37 . bb) Der Landesberufsverband bildender Künstler Ähnlich wie im Rahmen der Musikpflege erfolgt in Bayern auch die Subventionierung der bildenden Kunst unter Einschaltung des hierfür zuständigen Dachverbands, des Landesberufsverbands bildender Künstler. Wegen der weitgehenden Ähnlichkeit von Funktion und Aufgabenwahrnehmung kann insofern auf die Ausführungen zu den Dachverbänden im Rahmen des Bayerischen Musikplans verwiesen werden. cc) Der Kunstfonds e.V. Der Kunstfonds e.V. 38 mit Sitz in Bonn wurde 1980 gegründet. Er sieht seine Aufgabe in der Förderung der zeitgenössischen bildenden Kunst mit dem Ziel, die Substanz des künstlerischen Schaffens zu sichern, zu erweitern und national wie international zu vermitteln 39 . Grundsatz seiner Arbeit ist, den Gedanken der Selbstverwaltung der Kunst modellhaft in die Praxis umzusetzen40. 3 7

3 8

Weitere Beispiele bei Diekamp, in: P/M/B, S. 169 ff. Durch die Beteiligung von Expertengremien kann zudem der unerwünschte Nebeneffekt vermieden werden, daß die über den Ankauf entscheidenden Amtsträger aus Furcht vor negativen Publikumsreaktionen Zuflucht bei konventionellen Entscheidungen suchen; dazu Netzer, The subsidized muse, S. 47, der Maßnahmen der Realförderung deshalb als "mixed blessing for the arts" bezeichnet. Dazu Fohrbeck, Hdb., S. 333.

3 9

§ 2 der Satzung.

4 0

Zwischenbilanz des Kunstfonds, Informationspapier, März 1987.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

179

Die vom Kunstfonds e.V. vergebenen Mittel stammen zu 100 % aus dem Bundeshaushalt. Es handelt sich dabei um Gelder, die ursprünglich für die geplante "Deutsche Nationalstiftung" vorgesehen waren und vom BMI nach dem vorläufigen Scheitern dieses Projekts für die Finanzierung des Kunstfonds e.V., des Deutschen Literaturfonds e.V. und des Musikförderprogramms des Deutschen Musikrats e.V. aufgewandt wurden. Auf den Kunstfonds entfiel dabei ein jährlicher Etat von 1 Mio DM. Künftig übernimmt die nunmehr errichtete Kulturstiftung der Länder 4 ! die Finanzierung des Kunstfonds und der anderen beiden Projekte 42. Der Kunstfonds vergibt Mittel etwa in Form der direkten Förderung qualifizierter bildender Künstler durch Arbeits- und Werkstipendien, Darlehen, "sonstige Hilfen" oder aber im Wege der Projektförderung durch die Unterstützung überregionaler Initiativen zur Verbreitung zeitgenössischer Kunst. Die Förderungsbeträge werden dem Antragsteller durch die Geschäftsstelle des Kunstfonds aufgrund eines "Förderungsvertrages" zur Verfügung gestellt; die nähere Abwicklung ist in den vom Kunstfonds aufgrund seiner "Programmkompetenz" autonom aufgestellten Vergaberichtlinien geregelt 43. Der Kunstfonds selbst trifft die konkrete, individuelle Förderungsentscheidung, ohne dabei an staatliche Weisungen oder sonstige Vorgaben gebunden zu sein. Als für die Ausübung dieser "Vergabekompetenz" funktionell zuständige Instanz handelt dabei das Kuratorium 44 . Dieses besteht aus 10-11 Personen, von denen acht durch die Mitgliederversammlung benannt, zwei dagegen durch den öffentlichen Zuwendungsgeber, also das BMI, entsandt werden 45. Damit liegt die Mehrheit dieses entscheidenden Gremiums in Händen gesellschaftlich-pluraler Kräfte; es handelt sich um einen "materiell staatsfreien" Privaten. 4 1

Zu deren Gründung durch Abkommen v. 4.6.1987 siehe Bundesanzeiger Nr. 175 vom 19.09.87, S. 12948 f. Es handelt sich um eine Stiftung des Bürgerlichen Rechts mit Sitz in Berlin. Im ersten Jahr ihres Bestehens stehen der Stiftung 20 Mio DM zur Verfügung, die je zur Hälfte von Bund und Ländern aufgebracht werden.

4 2

Mehr Raum für Kultur, S. 11. Noch 1984 bezeichnete Scheuch, Kulturpolitik, S. 33, die Zukunft der Fonds als ungesichert. Siehe auch Ismayr, Kulturförderung, S. 15 f.

4 3 4 4 4 5

§ 9 Ziff. 2 d.S. § 9 Ziff. 3 d.S. § 9 Ziff. 1 d.S. In der Mitgliederversammlung selbst haben die fördernden Mitglieder (zB die Bundesrepublik Deutschland) keine Stimme; § 4 Ziff. 3 d.S.

180

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Die Kuratoriumsmitglieder wechseln alle drei Jahre; die Wiederwahl der durch die Mitgliederversammlung benannten Persönlichkeiten ist nur einmal zulässig, während die Vertreter der öffentlichen Hand ohne Einschränkung wieder wählbar sind 46 . Damit ist einer hinreichenden Fluktuation genügt, denn es kommt nur darauf an, daß die mehrheitlich vertretenen und letztlich entscheidenden Vertreter des gesellschaftlich-pluralen Sachverstands rotieren. Der konstante Verbleib der vom BMI entstandten Juroren schadet dagegen nicht. Das Kuratorium kann seine Entscheidungskompetenz auch auf Kommissionen delegieren 47. Diese entscheiden dann aufgrund einer vom Kuratorium aufgestellten Geschäftsordnung und im Rahmen der vom Kuratorium erlassenen Richtlinien an dessen Stelle über die einzelnen Förderungsmaßnahmen 48. Die Schaffung dieser Kommissionen und die teilweise Subdelegation von Entscheidungsbefugnissen erhöht die Zahl der potentiellen Entscheidungsinstanzen und beugt so im Sinne des Trägerpluralismus Richtungsmonopolen und Einseitigkeiten im Kuratorium vor. Denn die Mitglieder der Kommissionen rekrutieren sich nicht aus dem Kuratorium, sondern werden von Organisationen aus dem Bereich der bildenden Kunst vorgeschlagen49 und vom Kuratorium gewählt50. Personelle Identität ist damit mit Ausnahme eines Kuratoriumsmitglieds, das zugleich der Kommission angehört 51 und das kein Vertreter der öffentlichen Hand sein darf, weitgehend ausgeschlossen. Auch in den Kommissionen gewährleistet die Regelung über die nur einmal zulässige Wiederwahl 52 hinreichende Fluktuation. Der Kunstfonds betreibt eine sog. Anteilsfinanzierung. Die Förderung setzt nur ein, falls der Geförderte 50 % der Projektkosten selbst aufbringt. Auf diese Weise hat der Kunstfonds erhebliche weitere Förderungsmaßnahmen durch öf4 6

§ 9 Ziff. 1 d.S.

4 7

§ 9 Ziff. 3 d.S.

4 8

§ 10 Ziff. 1 d.S.

4 9

§ 10 Ziff. 3 d.S.

5 0

§ 10 Ziff. 2 d.S.

5 1

§ 10 Ziff. 4 d.S.

5 2

§ 10 Ziff. 2 d.S.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

181

fentliche und private Träger ausgelöst. Seine Arbeit orientiert sich insofern an dem im Subsidiaritätsprinzip angesiedelten Gedanken der "Hilfe zur Selbsthilfe"«. Nach anfänglichen Schwierigkeiten der Startphase, in der noch nicht alle aufgetretenen Fragen über Art und Umfang der Mittelvergabe vollständig gelöst werden konnten, wird die Arbeit des Kunstfonds nunmehr von Seiten der öffentlichen Hand wie der betroffenen Künstler und der "Kunstszene" selbst positiv bewertet 54. Die Bundesregierung hat ihre Bereitschaft signalisiert, das bislang auf Kunst- und Literaturförderung beschränkte Fondssystem auch auf weitere Kunstsparten auszudehnen55.

e) Film Eine eigentümliche Zwitterstellung zwischen Kunstgattung und Wirtschaftsbranche nimmt der Film ein. Dementsprechend umstritten war und ist die Einordnung öffentlicher Subventionsmaßnahmen zugunsten des Films als Phänomen von Kunst- oder Wirtschaftssubventionierung. Dieser Streit bezog sich insbesondere auf die Frage der Qualifizierung des Filmförderungsgesetzes ( F F G ) 5 6 als Wirtschafts- oder Kulturförderungsgesetz 57; er ist im Zuge einiger höchstrichterlicher Entscheidungen58 zwar noch nicht endgültig zur Ruhe gekommen, jedoch im Ergebnis weitgehend entschärft. Heute kann davon 5 3

Fohrbeck, Kunstförderung, S. 14.

5 4

Bund 2, S. 9. Fohrbeck, Kunstförderung, S. 14, spricht von einem optimalen Organisationssystem künstlerischer Selbstverwaltung.

5 5

Bund 1, S. 10. So ist inzwischen auch der 1985 in Anlehnung an Kunst- und Literaturfonds gegründete "Fonds Darstellender Künste" in den Genuß von Bundeszuwendungen gekommen und soll in die Kulturstiftung integriert werden.

5 6

FFG vom 25.06.1979, BGBl. I, 803.

5 7

Aus der umfangreichen Literatur statt aller Woeller, Die Verfassungsmäßigkeit des FFG, Diss. Gießen 1978. Im wesentlichen ging es um die Frage, ob die Bundeskompetenz des Art. 74 Nr. 11 GG (Wirtschaftsförderung) einschlägig ist.

5 8

BVerwG, Urt. v. 08.02.74, UFITA 1971, 316. Ausdrücklich zuletzt BGH, Urt. v. 20.02.86, NJW 1987, 1426 (1427): "Filmförderung nach dem FFG ist keine Kulturförderung, sondern primär Wirtschaftsförderung".

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

182

ausgegangen werden, daß es sich bei der Förderung nach dem FFG um wirtschaftliche Filmförderung handelt, während die kulturelle Filmförderung des Bundes durch das BMI nach dessen FFRi erfolgt. Maßnahmen nach dem FFG werden daher in der vorliegenden Arbeit, die sich auf Subventionen zugunsten kultureller Zwecke besciiränkt, nicht behandelt59. Durch seine im Vergleich zu anderen Kunstsparten wesentlich erhöhte Breitenwirkung nimmt der Film an der Nahtstelle von Kunst, Kommerz und Informationsmedium eine Sonderstellung ein. Art. 5 GG verlangt hier in zweifacher Hinsicht nach "Entstaatlichung": Als Kunst- und als Meinungsfreiheitsgarantie. Dem entspricht die Vielfalt der hier auffindbaren intermediären Instanzen. Den so erzeugten Trägerpluralismus bestärkt zudem die Rolle des öffentlich-rechtlichen Fernsehens bei der Filmförderung 60 und das nachhaltige Engagement der Kommunen 61 . Der Filmbereich bietet daher reichhaltiges Anschauungsmaterial in bezug auf die Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen. aa) Das Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V. Als erstes Beispiel für einen Organisationstyp der Förderungsselbstverwaltung auf dem Filmsektor ist das Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V. zu nennen 62 . Es handelt sich dabei um einen 1980 erfolgten privat-rechtlichen Zusammenschluß von nordrhein-westfälischen Filmemachern mit Sitz in Mülheim/Ruhr. Die Filmförderung des Landes Nordrhein-Westfalen wird seit 1981 über das Filmbüro durchgeführt. Als Rechtsgrundlage hierfür dient eine Vereinbarung zwischen dem Land und dem Filmbüro 63 . Daraus geht zunächst hervor, daß die Maßnahmen des Filmbüros der Förderung der Filmkultur dienen sollen 64 ; es handelt sich also nicht um wirtschaftliche, sondern um kulturelle Filmförderung. 5 9

Ausführlich zur kulturellen Filmförderung Hartlieb, Staaüiche Filmförderung, in: Löffler (Hrsg.), Der Staat als Mäzen, S. 31 ff.; ders., Hdb., S. 59 ff.; Hentschel, BayVBl. 1982, 6; Moser, FuR 1984, 32.

6 0

Dazu Berg-Schwarze, Media Perspektiven 1985, 777 ff.

61

Zur kommunalen Filmförderung Hoffmann! Kramer, Hdb., S. 262 f.

6 2

Dazu Bär, Filmförderung, S. 429 ff. Ein ähnliches Projekt findet sich mit dem "Hamburger Filmbüro e.V." in Hamburg. Dazu Bär, Filmförderung, S. 422 ff.

63

Vereinbarung zur kulturellen Filmförderung vom 17.09.81.

6 4

Ziff. 2 d.V.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventions verfahren

183

Das Filmbüro erhält zur Deckung seiner Personal- und Sachkosten einen Zuschuß des Landes im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Zur Weiterleitung an einzelne Künstler erhält das Filmbüro demgegenüber keine finanzielle Ausstattung. Seine Entscheidungen betreffen insofern die "dem Verein (sc. dem Filmbüro) vom Kultusminister als verfügbar mitgeteilten Haushaltsmittel des Landes" 65 . Die Vergabeentscheidung ist dabei intern an das Filmbüro delegiert, wenn es heißt: "Dem Verein werden die Aufgaben übertragen, ... - durch seine Auswahlgremien zu beurteilen, welche Projekte von welchem Antragsteller gefördert werden sollen (Beurteilung der Förderungswürdigkeit)" 66.

Gleichzeitig wird dabei ausdrücklich klargestellt, daß diese Beurteilung für "das Bewilligungsverfahren des Landes maßgebend" ist. Dadurch wird eine gewisse Bindung des Landes an das Votum des Filmbüros zum Ausdruck gebracht, gleichzeitig aber verdeutlicht, daß das Filmbüro selbst keine unmittelbar nach außen wirkende Vergabeentscheidung trifft 6 7 ; es bleibt vielmehr bei einer Entscheidung "des Landes", in dessen Händen die gesamte Durchführung des Bewilligungsverfahrens verbleibt. Es bedient sich hierbei allerdings des Filmbüros als Instrument zur Erzielung einer sachverständigen, objektivierten Entscheidung. In unmittelbaren Kontakt zum Subventionsempfänger in bezug auf die Vergabeentscheidung tritt demnach ausschließlich das Land; Bewilligungsbehörde 68 ist der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Damit übt das Filmbüro eine "interne Entscheidungskompetenz" aus. Die Zusammensetzung der innerhalb des Filmbüros für die Entscheidung funktionell zuständigen Auswahlgremien erfolgt durch Wahl in der Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Vorstandes 69, allerdings "im Einvernehmen mit dem Kultusminister". Dadurch sichert sich der Staat den notwendigen Resteinfluß zur Wahrung seiner Verantwortung. Denn im Gremium selbst sind staats65

Ziff. 3 d.V.

6 6

Ziff. 3 d.V.

6 7

Anders das Hamburger Filmbüro, das auch die Vergabeentscheidung autonom trifft, dazu Bär, Filmfreiheit, S. 427.

68

Im Sinne von Ziff. 3 d.V.

6 9

Ziff. 6 d.V.

184

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

entsandte Vertreter nicht repräsentiert. Alle Gremien bestehen aus Filmemachern oder anderen geeigneten Personen, so daß an der materiellen Staatsdistanz auch hier nicht zu zweifeln ist. Die Fluktuationsperiode beträgt ein Jahr 70 . Die Gremienmitglieder entscheiden frei und sind Weisungen der Behörde nicht unterworfen 7!; es besteht also nicht nur personelle, sondern auch funktionelle Unabhängigkeit. Die Förderung erfolgt durch verlorenen Zuschuß 72 , ausnahmsweise auch auf Darlehensbasis. Der Gedanke der Spitzenförderung ist durch die Statuierung eines Eigenanteils von mindestens 10 % zumindest im Ansatz verwirklicht 73 . Entscheidende Bedeutung kommt schließlich noch der Funktion des Filmbüros als Sammelstelle für Förderungsanträge zu 7 4 . Der Verein prüft die an ihn zu richtenden Anträge in formeller Hinsicht auf ihre Vollständigkeit und legt sie anschließend den Auswahlgremien zur Entscheidung vor. Fällt dieses Votum positiv aus, so werden die betreffenden Anträge an das Land, vertreten durch den Regierungspräsidenten in Düsseldorf, weitergeleitet 75. Die externe Entscheidung und die Auszahlung der Mittel erfolgt dann durch diesen76. Im Falle einer negativen Entscheidung des Auswahlgremiums hat der Antragsteller zwar die Möglichkeit eines "zweiten Anlaufs" 77 . Wird jedoch auch der zweite Antrag abgelehnt, bleibt dieses Negativurteil endgültig. Der Verein unterrichtet dann den Antragsteller von der negativen Entscheidung des Auswahlgremiums und gibt ihm die eingereichten Unterlagen zurück 78 . Damit erhält das Filmbüro also eine Filterfunktion, im Ergebnis eine Art "negativer Vergabekompetenz". Denn endgültig abschlägig beschiedene Anträge können der Verwaltung gar nicht mehr vorgelegt werden; die Stellungnahme des Filmbüros wirkt hier direkt und unmittelbar nach außen. 7 0

Ziff. 6 d.V.

7 1

Ziff. 6 d.V.

7 2

Ziff. 7 d.V.

7 3

Ziff. 7 d.V.

7 4

Ziff. 11 d.V.

7 5

Ziff. 11 i.V.m. Ziff. 9 d.V.

7 6

Ziff. 9 d.V.

7 7

Ziff. 6 d.V.

7 8

Ziff. 11 d.V.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

185

bb) Das Kuratorium Junger Deutscher Film Das Kuratorium Junger Deutscher Film 7 9 wurde 1965 gegründet Es sieht seine Aufgabe darin, die künstlerische Entwicklung des deutschen Films anzuregen, den filmkünstlerischen Nachwuchs zu fördern 80 und damit zur Hebung des künstlerischen Ranges des deutschen Films beizutragen. Auch hier findet Förderung also ausdrücklich unter kulturellen Vorzeichen statt. Die Mittel des Kuratoriums stammten von 1965 bis 1969 vom BMI, seit 1970 wird es von den Ländern finanziert 81. Die ursprüngliche Rechtsform des Kuratoriums, der eingetragene Verein, wurde durch Satzungsänderung ab 09.05.1982 in eine rechtsfähige Stiftung des bürgeriichen Rechts mit Sitz in München umgewandelt. Das Kuratorium führt mit den ihm überlassenen öffentlichen Mittein eigene Förderungsmaßnahmen durch und entscheidet dabei im EinzeifaU selbstverantwortlich; es übt also eine Vergabekompetenz aus. Die Mitglieder der hierfür zuständigen Auswahlausschüsse82 werden auf drei Jahre vom Stiftungsrat berufen 83; die nötige Fluktuation ist dadurch gewährleistet. Sie sollen weder in Ministerien noch in der Filmwirtschaft tätig sein 84 ; gleichzeitig garantiert die Satzung Weisungsunabhängigkeit85. Zwar entsenden die Kultus- und Finanzministerien der Länder in den Stiftungsrat fünf von insgesamt sieben Mitgliedern 86 , wodurch dem Bedürfnis der Länder, als Geldgeber die Verwendung der Mittel zu überwachen, hinreichend Rechnung getragen wird 8 7 . Dennoch wird durch die personelle Unabhängigkeit der entscheidungsbefugten Auswahlausschüsse die materielle Staatsdistanz erreicht. In Ausübung der "Programmkompetenz" erläßt der Stiftungsrat die Förderungsrichtlinien 88. 7 9

Dazu Bär, Filmfreiheit, S. 364 ff.; Hartlieb,

8 0

§ 2 d.S.

8 1

8 2

Hdb., S. 60.

Die Ländermittel werden aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung der Länder vom 18.05.82 aufgebracht. §12 d.S.

8 3

§ 12 Abs. 2 S. 1 d.S.

8 4

§ 12 Abs. 2 d.S.

8 5

§ 12 Abs. 3 d.S.

8 6

§ 6 Abs. 1 d.S.

8 7

Bär, Filmfreiheit, S. 368.

8 8

§§7 Abs. 1 Ziff. 2, 11 d.S.

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

186

Dank dieser insgesamt institutionell gewährleisteten Autonomie hat sich das Kuratorium in der deutschen Filmszene zu derjenigen Förderinstanz entwikkelt, die am offensten und flexibelsten gilt 8 9 . cc) Der Auswahlausschuß nach §§ 19 ff. FFRi Zentrale Bedeutung für den deutschen Film kommt der kulturellen Filmförderung durch das BMI zu 9 0 . Nicht zuletzt infolge umstrittener Einzelentscheidungen, aber auch wegen der Novellierung der die Förderung regelnden "Filmförderungsrichtlinien" (FFRi) 9 ! j s t s j e w j e k e j n anderer Bereich öffentlicher Kunstsubventionierung in das Kreuzfeuer der Diskussion geraten. Filmförderung durch das BMI ist Kunstförderung, nicht Wirtschaftsförder u n g 9 2 . Sie wirkt damit ergänzend zur Wirtschaftsförderung nach dem FFG 9 3 . Die Förderung erfolgt in Form von Auszeichnungen und Prämien, also nicht rückzahlbaren, zweckgebundenen Zuwendungen94. Das gesellschaftlich-plurale Element wird durch den Auswahlausschuß repräsentiert 95 . Insbesondere dessen Kompetenzen wurden durch die Novelle der FFRi im Vergleich zur alten Fassung96 stark beschnitten. Dies mögen folgende Beispiele zeigen (Hervorhebungen d. Verf.): § 2 Satz 1 FFRi a.F.: "Der Bundesminister des Innern vergibt Vorschlägen des Auswahlausschusses".

die Preise, Prämien und Stipendien aufgrund von

§ 2 FFRi n.F.: "Der Bundesminister des Innern entscheidet über Auszeichnungen und Prämien aufgrund von Vorschlägen Sachverständiger (Auswahlausschuß); ...". 8 9

Bär, Filmfreiheit, S. 368.

9 0

Bär, Filmfreiheit, S. 346 ff.; Hartlieb,

9 1

Richtlinien zur Förderung des deutschen Films vom 27.02.84 (GMB1. S. 71).

9 2

§ 1 Abs. 1 FFRi.

9 3

§ 1 Abs. 2 FFRi.

Hdb., S? 113 f.

9 4

§ 3 Abs. 2 FFRi.

9 5

Geregelt in §§ 19 ff. FFRi.

9 6

Filmförderungsrichtlinien vom 21.12.76.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

187

Die Wahl des Wortlauts deutet also auf eine Verlagerung der "Entscheidungskompetenz" hin: Ließ sich die alte Fassung noch dahin auslegen, daß der BMI zwar die Vergabeentscheidung selbst traf, dabei aber in gewisser Weise an die Vorschläge des Auswahlausschusses gebunden war, läßt die Ersetzung des neutralen Wortes "vergibt" durch das insofern eindeutige Wort "entscheidet" darauf schließen, daß nunmehr der Bundesinnenminister selbst und ohne Bindung an fremde Vorgaben die Auswahl trifft; das Votum des Ausschusses wirkt nur mehr als Vorschlag. Diese Kompetenzverlagerung bringt auch die geänderte Bestimmung über die Funktion des Auswahlausschusses zum Ausdruck: § 19 Abs. 2 FFRi n.F.: "Der Auswahlausschuß beurteilt die Förderungsvoraussetzungen ... nach den Bestimmungen dieser Richtlinien und macht entsprechende Vorschläge."

In der ansonsten gleichlautenden Bestimmung des § 21 Abs. 3 FFRi a.F. fehlt der hervorgehobene Passus. Ein weiteres Indiz für die Stärkung der Position der Verwaltung liefert die Änderung der Vorschrift über die Zusammensetzung des Auswahlausschusses. Während § 23 Abs. 2 FFRi a.F. dem für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Unterabteilungsleiter des BMI lediglich den formellen Vorsitz im Ausschuß ohne Stimmrecht einräumte, bestimmt § 21 Abs. 2 FFRi n.F. nunmehr: "Den Vorsitz im Auswahlausschuß und seinen Kommissionen führt als stimmberechtigtes, zusätzliches Mitglied der Bundesminister des Innern." 97

Hinzu kommt, daß in § 28 Abs. 2 FFRi n.F. die Kompetenz des BMI zu Entscheidungen über Ausnahmen erweitert wurde: § 28 Abs. 2 FFRi a.F. enthielt die Vorschrift, daß vor Erteilung einer Ausnahme die zuständige Kommission des Ausschusses erneut gehört werden soll. Diese Bestimmung fehlt jetzt. 9 7

Da es sich im übrigen bei den bis zu 25 Ausschußmitgliedern gem. § 21 Abs. 1 FFRi n.F. um fachkundige Persönlichkeiten handelt und gem. § 20 Abs. 1 FFRi n.F. Weisungsfreiheit besteht, liegen dennoch personelle und funktionelle Unabhängigkeit als Kennzeichen materieller Staatsdistanz vor.

188

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Schließlich ist noch § 23 FFRi n.F. zu beachten, wonach der BMI bei begründeten Zweifeln hinsichtlich des Ausschußvotums eine erneute Beschlußfassung in einer gesonderten Sitzung verlangen kann. Eine entsprechende Regelung fehlte in § 25 FFRi a.F. völlig. Insgesamt ergeben alle diese Detailänderungen eine Verlagerung der Kompetenzen auf die Seite der durch den BMI repräsentierten Verwaltung. "Vergabekompetenz" oblag dem Auswahlausschuß ohnehin nicht, da nach außen auch nach der alten Fassung stets die Behörde die Entscheidung traf. Ob aber angesichts der weitgehenden Befugnisse des BMI nach der Novelle dem Ausschuß noch eine "interne Entscheidungskompetenz" zugebilligt werden kann, scheint zweifelhaft. Während die Literatur der nach den FFRi a.F. getroffenen Entscheidung bedenkenfrei nicht-staatlichen Charakter zusprach 98 und damit von einer "internen Entscheidungskompetenz" ausging, sind in der Neufassung die staatsfreien Elemente offensichtlich geschwächt99; der Schritt von einem Modell gesellschaftlich/staatlicher Kooperation hin zu einer staatsmonopolisierten Entscheidungsstruktur scheint vollzogen. Die Einordnung des Auswahlausschusses hängt im wesentlichen von der Frage ab, inwiefern der BMI auch nach der Neufassung an das Gremienvotum gebunden i s t 1 0 0 . Die angesprochenen Änderungen sprechen gegen eine solche Bindung; der im Text der Richtlinien mehrfach erscheinende Begriff "Vorschläge" in bezug auf die Äußerungen des Ausschusses weist in Richtung auf eine rein beratende Funktion. Der Wortlaut allein gibt jedoch nicht mehr als einen die Kompetenzverlagerung indizierenden Hinweis; eine endgültige Entscheidung läßt er für sich betrachtet nicht zu. Die Auslegung steht hier vor der Frage, ob der Schwerpunkt der Entscheidungskompetenz beim gesellschaftlich-pluralen Gremium oder auf der Seite der Verwaltung liegt. Je gewichtiger die Stellung des Gremiums im gesamten Regelungszusammenhang zu bewer9 8

Graul, Künstlerische Urteile, S. 129 ff.; Kirchhoff,

Subventionen, S. 106.

9 9

Bull, Rechtsgutachten zu Fragen der Filmförderung durch den BMI, in: Berichte und Dokumente der Freien und Hansestadt Hamburg, Nr. 746 vom 05.12.1984, S. 76 ff.; Höfling, ZUM 1985, 354 ff.

1 0 0

Von einer generell strikten Bindung an das Gremienvotum gingen für die alte Fassung offenbar aus Bär, FuR 1983, 633 (641); Höfling, ZUM 1985, S. 358.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

189

ten ist, desto mehr spricht für die Anerkennung einer "internen Entscheidungskompetenz". Auf diese eigene Kompetenz weisen der relativ breite Umfang und die Detailliertheit der den Ausschuß betreffenden Vorschriften in §§ 19 ff. FFRi hin; ferner die Tatsache, daß der Ausschuß in fast allen wesentlichen Phasen der Entscheidungsfindung beteiligt wird. Auch die Wendung "Der Auswahlausschuß beurteilt die Förderungsvoraussetzungen" 101 deutet auf mehr ate ein bloßes Recht zur Stellungnahme hin. Für eine bloß beratende Funktion spricht demgegenüber neben den geschilderten Veränderungen im Wortlaut die Gesamttendenz zur Verlagerung der Entscheidungsverantwortung hin auf den Bund, um dessen "einheitliche Trägerfunktion" 102 durch die Befugnis zur künstlerischästhetischen Bewertung zu ergänzen. Die schon nach den FFRi a.F. nicht unzweifelhafte Bindungswirkung des Gremienvotums ist damit nach der Novellierung endgültig entfallen. Dem Auswahlausschuß kommt nur noch beratende Funktion innerhalb einer ansonsten staatsmonopolisierten Subventionsvergabe zu 1 0 3 . Im übrigen besitzt der Ausschuß auch keine Programmkompetenz, da die materiellen Richtlinien von der Verwaltung festgesetzt wurden.

f) Literatur Die Förderung von literarisch schöpferischen Autoren 104 erfolgt, ähnlich der Situation im Bereich der bildenden Kunst, in mannigfachen Formen. Auch hier spielt neben der obligatorischen Zuschußvergabe (für Druckkosten, Arbeitskosten, Arbeitsbeihilfen, Durchführung literarischer Veranstaltungen und Gespräche, Literaturpreise) die Realförderung eine wichtige Rolle (zB Auftragsvergabe an einen Autor durch öffentliche Theater; Überlassung öffentlicher 101

§ 19 Abs. 2 FFRi n.F.

1 0 2

Schetting, Rechtspraxis, S. 69.

10 3

104

Höfling, ZUM 1985, 354 (359) zieht daraus den Schluß, die aufgrund der FFRi n.F. betriebene Filmförderung sei verfassungswidrig. Dem kann nach der hier vertretenen Ansicht, wonach auch staatsmonopolistische Vergabeverfahren zulässig sind, nicht zugestimmt werden. Für Verfassungsmäßigkeit auch Hartlieb, Hdb., S. 113 f. D a z u etwa Dieckmann, in: P/M/B, S. 173 ff. (178 ff.).

190

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Räumlichkeiten für Autorenlesungen etc.). Als intermediäre Organisation wirkt hier insbesondere der Deutsche Literaturfonds e.V. Er wurde 1980 in Bonn gegründet und sieht seine Aufgabe in der Förderung der zeitgenössischen Literat u r l 0 5 . Für seine Tätigkeit kann angesichts der weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung der Satzungen und der wahrgenommenen Funktionen auf die Ausführungen zum Kunstfonds e.V. verwiesen werden

g) Kunst allgemein Die bislang geschilderten intermediären Instanzen handelten typischerweise stets nur auf einem spezifischen Kunstsektor. Institutionen, die sich mehrerer Kunstsparten oder der Kunst allgemein widmen, finden sich kaum. Gerade für Kunstsparten, in denen spezielle Organisationen fehlen, erfüllen diese jedoch eine unverzichtbare Funktion. aa) Die Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH Ein wichtiges Beispiel für einen intermediären Zweckträger mit dem Aufgabengebiet "Kunst allgemein" bietet die Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH 1 0 7 mit Sitz in Stuttgart. Sie wurde 1977 aufgrund einer interfraktionellen Übereinkunft im Landtag von Baden-Württemberg gegründet und hätte zunächst auf die bildende Kunst beschränkt bleiben sollen, wurde dann jedoch auf alle Kunstgattungen ausgedehnt108. Die Finanzierung der Kunststiftung zeigt eine interessante Variante. Neben einem Fixbetrag an öffentlichen Zuschüssen ohne Komplementärmittel, der ca. 1/5 des Gesamtetats ausmacht109, erhält die Stiftung weitere Landesmittel bis 105

106

107

§ 2 Ziff. 1 d.s. Siehe im übrigen Fohrbeck, Hdb., S. 737. - Weitere Beispiele für "entstaatlichte Literaturförderung " etwa die Literaturbüros e.V. in Düsseldorf und Unna und der F.-Bödecker-Kreis für Autorenlesungen. Dazu ausführlich Zehn Jahre Kunstsüftung Baden-Württemberg, 1987; ferner Fohrbeck, Kunstförderung, S. 39 f.

108

§ 2 Abs. 1 d.S.

109

Für das Haushaltsjahr 1988: 200.000,- DM.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

191

zu einer bestimmten Höhe 1 1 0 nur, wenn sie in gleicher Höhe eigene "Komplementärmitter, insbesondere durch private Spenden, aufbringt. Bei voller Ausschöpfung dieses Rahmens wird der Haushalt der Stiftung dann zu 3/5 aus Landes-, zu 2/5 aus Eigenmitteln bestritten 111. Die Präambel der Förderrichtlinien geht dabei von einer nur ergänzenden Funktion der öffentlichen Mittel aus; ein Umstand, der, wie so oft, in der Realität dann genau umgekehrt feststellbar ist. Auch mit der Wahl der Rechtsform einer GmbH beschritt man Neuland. Im übrigen zeigt die Kunststiftung alle Merkmale materieller Staatsdistanz: Die Vergabeentscheidung trifft ein 13köpfiger Beirat 112 ; 12 Mitglieder werden vom Kuratorium gewählt, das 13. Mitglied vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium berufen 113 . Damit ist ein Übergewicht "staatsfreier" Repräsentanten gesichert, denn die Mitglieder des Kuratoriums werden ihrerseits von der Gesellschafterversammlung berufen 114 . Der Beirat entscheidet weisungsfrei und in eigener Verantwortung; personelle wie funktionelle Unabhängigkeit liegen demnach ebenso wie die echte "Vergabekompetenz" vor 1 1 5 . Die GeschäftssteHe der Kunststiftung fungiert gleichzeitig als Antragsanlaufstelle 116 . bb) Kuhurbeiräte in Österreich Die österreichischen Landeskulturförderungsgesetze sehen die Schaffung sog. "Kuhurbeiräte" v o r 1 1 7 . Diese sind zwar im einzelnen spartenspezifisch strukturiert, decken aber in ihrer Gesamtheit das ganze Spektrum der 1 1 0 111

Für das Haushaltsjahr 1988: 400.000,- DM. 1987 und 1988 kommen weitere einmalige Zuschüsse in Höhe von jeweils 500.000,D M als Rücklage hinzu.

1 1 2

§ 11 Ziff. 1 und 4 d.S.

113

§ 11 Ziff. 1 und 3 d.S.

1 1 4

§ 10 Ziff. 3 d.S.

115

§ 11 Ziff. 10 i.V.m. § 10 Ziff. 5 d.S.

116

Ziff. 3 der Förderungsrichtlinien.

1 1 7

Siehe etwa § 7 Tiroler KuFöG v. 16.03.79, LGB1. 14. Stück, Nr. 35, S. 81 ff. Dazu auch Evers, JöR 33 (1984) 189 (196).

192

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Kunstförderung ab. Ihre Aufgabe besteht in der fachlichen Beratung der Verwaltung in Angelegenheiten der Kunstförderung. Außer einem Vertreter der Landesregierung gehören jedem Beirat bis zu zehn sachkundige Mitglieder an, so daß die personelle Unabhängigkeit der Kulturbeiräte sichergestellt ist, Sie besitzen zwar demzufolge "materielle Staatsdistanz"; eigene Rechtspersönlichkeit kommt ihnen jedoch ebenso wenig zu wie außenwirksame Entscheidungskompetenzen. Die Kulturbeiräte üben daher bloße Beratungsfunktion aus.

h) Kurze Zusammenfassung Ein Resümee zur Frage, in welchen Kunstsparten typischerweise eine Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen erfolgt, zeigt folgendes: In Bereichen, wo bereits das zu fördernde Rechtssubjekt selbst ein hohes Maß an eigener Organisation und — aus Sicht des Staates — hinreichender Individualisierbarkeit aufweist, bleibt es im wesentlichen bei der Direktförderung. Eine Mitwirkung intermediärer Einheiten findet hier nur eingeschränkt, meist in beratender Funktion, statt. Dabei handelt es sich insbesondere um die Förderung von "institutionalisierter Kunst" (Theater, Museumswesen). Hier steht dem Staat ein überblickbarer Kreis von Förderungsobjekten gegenüber, zu deren konkreten Auswahl er sich zwar des Rates von Sachverständigen versichert, während er sich die Durchführung des Verfahrens selbst vorbehält und ohne Zwischenschaltung Dritter betreibt. Je stärker der individuelle Charakter des Förderungszieles in den Vordergrund tritt, je mehr also nicht die kulturelle Institution, sondern der einzelne Künstler unterstützt werden soll, desto höher scheint der Bedarf nach "Entstaatlichung" durch Beteiligung Dritter. Dahinter steckt also nicht notwendig das Motiv der Herstellung eines staatsdistanzierten Verfahrens der Förderungsselbstverwaltung aus Gründen der Grundrechtswahrung, sondern eher der Aspekt der verwaltungsorganisatorischen Entlastung. Denn der subventionierende Staat trifft hier auf eine unübersehbare und nur schwer bestimmbare Personenvielzahl an möglichen Förderungsempfängern, deren Konkretisierung in jedem Einzelfall die Leistungsfähigkeit der Verwaltung überfordern würde. Nicht zuletzt aus dieser technisch-organisatorischen Motivation heraus delegiert die öffentliche Hand daher im Bereich der

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

193

individuellen Künstlerförderung (Bildende Kunst, Film, Musik, Literatur) Vergabekompetenzen in zunehmendem Maße auf Private. Wenn auch die Erzeugung materieller Staatsfreiheit dabei nicht unbedingt auslösender Anlaß, sondern eher positiver Nebeneffekt ist, bleibt diese Praxis dennoch aus den oben 118 genannten Gründen zu begrüßen.

3. Ergebnis: Vier Typen der Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen in das Subventionsverfahren Dieser kurze Überblick über einige Beispiele für die Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen im Rahmen der öffentlichen Kunstsubventionierung hat gezeigt, wie vielfältig die hier anzutreffenden Formen der Mitwirkung sind und welche höchst unterschiedlichen Funktionen dabei wahrgenommen werden. Insgesamt ergibt diese Zusammenschau ein Bild der voll realisierten Staatsverdrängung in den Entscheidungsorganen der intermediären Einheiten. Die Mitwirkung von staatsentsandten Vertretern beschränkt sich stets auf marginale Randfunktionen. In keinem Fall ist ein Gremium mehrheitlich "staatlich" besetzt. Mit dieser personellen Unabhängigkeit korrespondiert bei allen untersuchten Beispielen auch die funktionelle Unabhängigkeit in Gestalt der Weisungsfreiheit. Anhand der eingangs als relevant vorgestellten Unterscheidungskriterien lassen sich die beschriebenen Instanzen in vier Gruppen einteilen, die untereinander übereinstimmende Merkmale aufweisen. a) Fonds Eine erste Gruppe zeigt folgende Gemeinsamkeiten: -

Eigene Rechtspersönlichkeit bei Innehabung der "Vergabekompetenz" und aller "sonstigen" Kompetenzen sowie der

118

"Programmkompetenz". S. 134 ff.

194

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Diese Merkmale weisen auf: -

Kunstfonds e.V.; Deutscher Literaturfonds e.V.;

-

Deutscher Musikrat e.V.; Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH;

-

Kuratorium Junger Deutscher Film.

Als Sammelbezeichnung für diese Institutionen soll hier der — untechnisch verstandene — Begriff "Fonds" gewählt werden. Charakteristisch für die Fonds ist das Vorliegen aller Elemente der Selbständigkeit und Staatsdistanz, insbesondere des Merkmals der externen "Vergabekompetenz". Die Fonds handeln also bei der Entscheidung über die Gewährung der Subvention keineswegs als Bote einer anderenorts getroffenen Entscheidung, sondern aufgrund eigener Verantwortung. Der Gedanke der Förderungsselbstverwaltung ist hier also durch weitestgehende Autonomie in radikaler, reinster Form in die Praxis umgesetzt. Sowohl in materieller wie auch in formeller Hinsicht zeichnen sich die Fonds durch eine starke Position aus: Staatliche Mittel sind hier an eine externe Instanz zur selbständigen Weitervergabe im eigenen Namen überlassen! 19.

b) Verbände Bei einer zweiten Gruppe liegen folgende Merkmale vor: Eigene Rechtspersönlichkeit bei Innehabung "sonstiger Kompetenzen". Von den Fonds unterscheidet sich diese Gruppe also durch das Fehlen der materiell-inhaltlichen "Programmkompetenz". Auch gegen die Bewertung ihrer Entscheidungsbefugnis als frei und eigenverantwortlich im Sinne der "Vergabekompetenz" bestehen wegen weitgehender Bindungen an staatliche Vorgaben starke Bedenken. 119

So schon der Vorschlag von Ott, JuS 1968, 464.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

195

Zu dieser Gruppe zählen die beschriebenen Spitzen- und Dachverbände, etwa im Bereich des Bayerischen Musikplans. Sie soll deshalb schlagwortartig mit "Verbände" bezeichnet werden. Ihre Betrachtung zeigt, daß sie zwar aufgrund des Auftretens gegenüber den Letztempfängern im eigenen Namen eine formell starke, jedoch angesichts ihrer Abhängigkeit von staatlichen Entscheidungen materiell nur schwache Position einnehmen. Der Entstaatlichungsgedanke ist hier im Kern nicht verwirklicht; die Beteiligung des Dritten dient eher der verwaltungsorganisatorischen Entlastung als der Erzielung von Partizipation und Staatsdistanz. c) Die Entscheidungsgremien Eine dritte Gruppe der beteiligten nicht-staatlichen Instanzen weist folgende Gemeinsamkeiten auf: Keine Vergabekompetenz, aber interne Entscheidungskompetenz; u.U. "sonstige" Kompetenzen, je nachdem auch eigene Rechtspersönlichkeit; Programmkompetenz möglich, aber nicht erforderlich. Entscheidende Bedeutung kommt hier dem Merkmal der internen Entscheidungskompetenz zu. Die Entscheidungsgremien — so der Terminologievorschlag für diese Gruppe — treten nicht extern nach außen auf, treffen aber intern die Vergabeentscheidung, an die der nach außen handelnde Staat in noch darzustellender Weise gebunden ist. Das Gremienvotum erlangt so direkte rechtliche Relevanz, wenn es auch noch der (eher formalen) Umsetzung durch die Verwaltung bedarf. Das materielle Schwergewicht liegt hier jedenfalls beim Gremium; dieses erfüllt zwar eine formal schwache, aber inhaltlich starke Funktion. Es findet also eine echte, wenn auch nur interne Delegation von Entscheidungskompetenzen statt. Da das "Entscheidungsgremium" nicht nach außen handelt, spielt die eigene Rechtspersönlichkeit keine Rolle. Falls es jedoch mit "sonstigen" Kompetenzen ausgestattet ist, etwa als Antragssammelstelle oder mit der beim Filmbü-

196

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

ro Nordrhein-Westfalen e.V. beschriebenen negativen "Filterfunktion", bedarf es konsequenterweise einer aus dem Verwaltungsapparat ausgegliederten Stellung und deshalb eigener Rechtspersönlichkeit. Andernfalls genügt die Bildung eines Gremiums innerhalb der Verwaltung, etwa als "Stab" ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Je nachdem lassen sich also "exkorporierte" und "inkorporierte" Entscheidungsgremien unterscheiden!20. Von den genannten Institutionen erfüllt das Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V. alle Kriterien eines "exkorporierten" Entscheidungsgremiums. Nach den FFRi a.F. dürfte auch der Auswahlausschuß im Rahmen der Kulturellen Filmförderung durch das BMI als (inkorporiertes) Entscheidungsgremium einzustufen gewesen sein. Da eine Vielzahl von Indizien seit der Novelle der FFRi gegen eine "interne Entscheidungskompetenz" dieses Gremiums spricht, scheidet nunmehr seine Einordnung in die Gruppe der "Entscheidungsgremien" aus. Die Schaffung bzw. Einschaltung eines "Entscheidungsgremiums" erfüllt die Forderung nach materieller Staatsdistanz, weil es die künstlerisch-ästhetische Beurteilung der Verwaltung entzieht. Gleichzeitig handelt es sich um eine verwaltungsrechtlich relativ unproblematische Variante, da es für das Außenverhältnis bei der Subventionsvergabe durch die Verwaltung bleibt und daher Komplizierungen durch die status-rechtliche Einbindung eines Dritten in das Subventionsverhältnis nicht auftreten. d) Die Beratungsgremien Vierte Form der Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen am Subventionsverfahren ist schließlich die Hinzuziehung von Gremien mit reiner Beratungsfunktion. Diese besitzen also - keine Vergabekompetenz, - keine interne Entscheidungskompetenz, - keine sonstige Kompetenz und - keine Programmkompetenz, sondern üben lediglich - beratende Funktion aus. 1 2 0

Zu dieser Unterscheidung allgemein Brohm, Sachverständige Beratung des Staates, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. d. StaatsR, Bd. 2, S. 210 ff.; speziell für den Kunstbereich Knies, Schranken, S. 225.

I. Typen nicht-staatlicher Instanzen im Subventionsverfahren

197

Das Kriterium der eigenen Rechtspersönlichkeit bleibt auch hier irrelevant, da die Beratungsgremien in Ermangelung der Vergabekompetenz ohnehin keine nach außen wirksamen Entscheidungen treffen können. Sie wirken lediglich intern und ohne extern relevante Funktion am Meinungsbildungsprozeß der allein entscheidenden staatlichen Stellen m i t 1 2 1 . Sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht ist ihre Stellung im Vergabeverfahren also schwach; dem Entstaatlichungsgedanken wird nur peripher gedient. Wegen der in beiden Fällen fehlenden externen Funktionen kann die Abgrenzung der "Beratungsgremien" von den mit interner Entscheidungskompetenz ausgestatteten Entscheidungsgremien mitunter Schwierigkeiten bereiten. Hauptunterschied beider Formen ist die Frage des Vorliegens einer vom Gremienvotum in Richtung auf die externe Verwaltungsentscheidung ausgehenden Bindungswirkung. Klarheit besteht insofern dann, wenn diese Bindungswirkung in Richtlinien oder sonst ausdrücklich angeordnet w i r d 1 2 2 . Ist dies nicht der Fall, kann sich eine Bindungswirkung jedoch auch aus der Auslegung des Richtlinienwortlauts ergeben. So spricht die Verwendung der Begriffe "Beschluß" oder "Entscheidung" in bezug auf das Gremienvotum auf eine mit interner Entscheidungskompetenz und damit Bindungswirkung ausgestattete Funktion, während die Begriffe "Vorschlag", "Empfehlung", "Stellungnahme" o.ä. in Richtung auf unverbindliche Beratungsfunktion hindeuten. Hilft der Wortlaut auch bei verständiger Auslegung insofern nicht weiter, entscheidet die Funktion des Gremiums im Rahmen des Gesamtregelungszusammenhangs 123 . Das Vorliegen einer bindenden Entscheidungskompetenz wird dabei von Umfang und Gewicht des Gremiums im gesamten Verfahren abhängen. Auf eine bloße Beratungsfunktion weist etwa die Charakterisierung der Aufgaben des Gremiums als "Diskussionsplattform", "Gesprächsforum" oder in ähnlich rechtlich unverbindlicher Weise hin.

121 1 2 2 123

Zu den verschiedenen möglichen Funktionen der Jury insofern Schäuble, Diss., S. 212 ff. So etwa beim Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V.; vgl. oben S. 182 ff. Zur praktischen Anwendung dieses Gesichtspunkts siehe oben S. 186 ff. zur Ermittlung des Charakters des Auswahlausschusses nach §§ 19 ff. FFRi n.F.

198

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt etwa für die Kulturbeiräte nach den österreichischen Landeskulturförderungsgesetzen schon dem Wortlaut nach die Einstufung als Beratungsgremium. Aber auch der Gesamtzusammenhang weist in diese Richtung: Das Land, also die Verwaltung, stellt die Förderrichtlinien aufl 2 4 und fungiert als Anlaufstelle für Anträgel 25 . Alle Merkmale eines Beratungsgremiums liegen ferner bei den im Rahmen des Projekts "Kunst am Bau" tätigen Jurys vor. Auch der in der Literatur für die kommunale Ebene vorgeschlagene "Kunstbeirat" entspricht diesem Typus 1 2 6 ; er soll ebenfalls nur formlos als "Gesprächskreis" fungieren. Schließlich ist als Beispiel zwar nicht aus dem Recht der öffentlichen Kunstsubventionierung, aber doch aus dem Kulturbereich der Beirat für kulturpolitische Fragen im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik zu nennenl27. Auch er übt nur beratende Funktion aus. Schließlich zählt nach der hier vertretenen Lösung auch der Auswahlausschuß nach §§ 19 ff. FFRi n.F. zum Kreis der Beratungsgremien, da seinen Voten keine Bindungswirkung zukommt.

1 2 4

§ 6 Abs. 1 Tiroler KuFöG.

125

§ 5 Abs. 3 Tiroler KuFöG.

126

Dazu Dieckmann, in: P/M/B, S. 173 ff.

127

Siehe dazu Abelein, Kulturpolitik, S. 140.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

199

I I . Die Einordnung der nicht-staatlichen Instanzen in Struktur und Dogmatik des Subventionsverhältnisses Als gemeinsames Kennzeichen aller beschriebenen nicht-staatlichen Instanzen konnte nach den bislang gewonnenen Ergebnissen die Tatsache der — wie auch immer im Einzelfall gearteten — Mitwirkung im Subventionsverfahren ermittelt werden. Als Kernproblem der verwaltungsrechtlichen Beurteilung der "mittelbaren" Kunstsubventionierung unter Einschaltung intermediärer Einheiten folgt daraus die Frage der Einordnung dieser Dritten in die dogmatischen Strukturen des Subventionsrechts. Genauere Aussagen über die Qualifikation der eingeschalteten Institutionen setzen deshalb eine Erörterung ihrer Rolle im Subventionsverfahren voraus.

1. Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen als Erscheinungsform von Subventionsvermittlung a) Subventionsverhältnis und Subventionsvermittlung Das Verwaltungsrecht macht die unterschiedlichen Funktionen von Rechtssubjekten im Subventionsverfahren am Begriff des Subventionsverhältnisses fest. Mit der Vergabe einer Subvention entsteht zwischen demjenigen Rechtssubjekt, das diese vergibt ("leistet"), und dem Empfänger eine Rechtsbeziehung, eben das Subventionsverhältnis 128. Dieses legt die Parteien fest, zwischen denen sich alle rechtlich relevanten Beziehungen in bezug auf Vergabe, Verwendung und eventuelle Rückzahlung der Subvention abspielen. Insbesondere der letzte Aspekt wird in der Praxis bedeutsam, wenn es darum 128

Dieses entsteht nicht nur bei Subventionen, die ein Dauerschuldverhältnis begründen (Darlehen, Bürgschaft), sondern auch bei der für den Kunstbereich typischen Vergabe verlorener Zuschüsse; Eschenburg, Diss., S. 73 f.; Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 7, Fn. 5.

200

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

geht, wer von wem die Rückerstattung erbrachter Leistungen verlangen kann 129 . In seiner einfachsten Ausgestaltung, dem sog. Direktverfahren 130 , sind am Subventionsverhältnis zwei Rechtssubjekte beteiligt: Subventionsgeber (SG) und Subventionsnehmer (SN). Der SG leistet die Mittel hier ohne Einschaltung Dritter direkt und unmittelbar an den SN; ein Subventionsverhältnis entsteht nur zwischen diesen beiden Rechtssubjekten. Werden dagegen weitere Rechtssubjekte in das Subventionsverfahren eingeschaltet, so kann dies eine Verkomplizierung des Subventionsverhältnisses zur Folge haben. Es ergeben sich dann folgende konstruktive Möglichkeiten: Der "Dritte" kann auf Seiten des SG (als dessen Vertreter, Bote etc.), auf Seiten des SN (ebenso) oder selbständig zwischen SG und SN fungieren. Während es in den ersten beiden Varianten beim Zweipersonenverhältnis bleibt, fragt sich in der letzten Alternative, ob das Hinzutreten des Dritten das ursprüngliche Zweipersonenverhältnis zu einem Dreipersonenverhältnis erweitert oder wie der Dritte sonst in das Subventionsverhältnis integriert werden kann. Um diese konstruktive Einbindung des Dritten in das Subventionsverhältnis kreist die Problematik des Instituts der Subventionsvermittlung. Dieser Ausdruck hat sich angesichts der Stellung des Dritten in der "Mitte" zwischen beiden Polen des Subventionsverhältnisses eingebürgert; der Dritte wird dabei als "Subventionsmittler" bezeichnet131. Jede Beteüigung Dritter am Subventionsverfahren ist demzufolge in einem weiteren Sinne Erscheinungsform und Anwendungsfall von Subventionsvermittlung.

129

1 3 0 131

D i c Parallelen zum "Leistungsverhältnis" bei § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB sind insofern nicht zu übersehen: Auch dort geht es bei der Bestimmung von "Leistendem" und "Leistungsempfänger" im Endeffekt nur um die Rückabwicklung. Ausdruck bei Theilen, Diss., S. 108; ähnlich Huismans, Diss., S. 13. Dieser Begriff hat sich inzwischen allgemein durchgesetzt; siehe Jooss, Ri A 1987, 97 (99); Sehet ting, Rechtspraxis, S. 39; Schuppert, Erfüllung, S. 53; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 370 ff. - Eine andere Terminologie spricht statt von Subventionsvermittlung vom "Zentralstellenverfahren"; siehe Theilen, Diss., S. 108.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

201

b) Subventionsvermittlung in der Praxis Die Beteiligung Privater an der Subventions vergäbe ist aus neutralitätsspezifischen Gründen für den kulturellen Bereich zwar typisch! 32 , beschränkt sich jedoch nicht auf diesen. Es handelt sich vielmehr um gängige Staatspraxis, die im Rahmen des Vollzugs von Aufgaben der gesetzesfreien Verwaltung auf den verschiedensten Sachgebieten und in mannigfachen Varianten auftritt. Insbesondere die für die Subventionierung verantwortlichen zentralen Instanzen des Bundes erledigen die Verwaltung und Durchführung von Subventionsprogrammen nur zum Teil durch eigene Organe 133. Derartige "intermediäre Zweckträger" 134 finden sich insbesondere im Rahmen der Abwicklung staatlicher Subventionsprogramme auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung. Hier bietet die Aktivität sog. Hausbanken und anderer Kreditinstitute reichhaltiges Anschauungsmaterial für angewandte Subventionsvermittlungl 3 5 . Weitere wichtige Beispiele liefern aber auch die Wissenschafts- 136 und Forschungsförderung 137. Auch im Ausland erfreut sich die Beteiligung von Subventionsmittlern am Vergabeverfahren steigender Beliebtheit 1 3 8 . Das beruht auf den spezifischen Vorzügen dieser Verfahrenstechnik, die im folgenden kurz dargestellt werden sollen.

1 3 2

Dittmann, DV 1975, 431 (439); Kirchhoff, Subventionen, S. 105, 211; Steiner, VVDStRL 42 (1984), 35. Beispiele bei Beiti , FS Zeidler II, S. 1631 f.

133

Kirchhoff,

1 3 4

Ausdruck bei Möller, Gemeindliche Subventionsverwaltung, S. 112 f., 131, 200.

Subventionen, S. 99.

135

Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 157, Fn. 685, bezeichnet diese Form der Subventionsvermittlung als "praktisch wichtigste Gruppe". Ausführlich dazu Eschenburg, Diss., S. 1 ff.; Huismans, Diss., S. 12 ff.

1 3 6

Dazu Schuppen, Erfüllung, S. 61 ff., 144 f.; Zierold, DÖV 1960, 481. Wichtigste Beispiele: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Studienstiftung des deutschen Volkes e.V.

1 3 7

Dazu Duisberg, Forschungssubventionen, S. 14 f.; Beispiel: Fraunhofer-Gesellschaft e.V. 2.ΌΙ Fondsverwaltung in Österreich Machold, in: Wenger (Hrsg.), Förderungsverwaltung, S. 174 ff.; Schuppert, Erfüllung, S. 62 f. Weiteres Beispiel bei Evers, JöR 33 (1984), 189 (226 m.Fn. 183).

138

202

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

c) Vor- und Nachteile der Subventionsvermittlung Subventionsvermittlung bringt in mehrerlei Hinsicht Vorteile mit sich 1 3 9 . Dazu zählen die Nutzung bereits vorhandenen personellen und sachlichen Bestands beim Dritten für staatliche Zwecke und die daraus resultierende Entlastung der Verwaltung, die so eigene Subventionsbehörden spart. Weiter führt diese Technik zur Einbeziehung technisch-organisatorischen wie fachlichen Sachverstands ("Knowhow") des Dritten, welcher der Verwaltung oft für bestimmte Spezialbereiche fehlt. Insgesamt führt Subventionsvermittlung für den Staat also zu einer spürbaren Vereinfachung und Beschleunigung des Vergabeverfahrens I 4 0 . Speziell für den Bereich öffentlicher Kunstsubventionierung korrespondieren diese allgemeinen Vorteile darüber hinaus mit der Intention, aus ordnungspolitischen Gründen — hier mit Rücksicht auf Art. 5 Abs. 3 GG und die dort angesiedelten Strukturprinzipien — nicht unmittelbar als Träger von Einrichtungen und Vorhaben auftreten zu wollen; der Staat beschränkt sich auf die Schaffung eines finanziellen Rahmens, in dem die öffentlichen Interessen von gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen "staatsfrei" wahrgenommen werden 1 4 1 und verzichtet so auf die direkte und umfassende "Inverwaltungnahme" bestimmter Bereiche wie der Kunstförderung 142. Damit realisieren sich Autonomie wie Neutralität im Sinne der Optimierung einer grundrechtsorientierten Vergabepraxis. Zudem dient die Einschaltung intermediärer Zweckträger dem Ziel der Dezentralisation 143 und damit dem Gedanken des Pluralismus. Subventionsvermittlung bietet sich damit der Praxis öffentlicher Kunstsubventionierung als verwaltungsrechtliches Instrument zur Umsetzung der grundrechtsdeterminierten Direktiven in das Förderungsverfahren geradezu an.

139

1 4 0

Ausführlich dazu Kirchhoff, Subventionen, S. 100 ff. Siehe auch Duisberg, Forschungssubv., S. 14; Eschenburg, Diss., S. 6; Henze, Verwaltungsrechtl. Probleme, S. 33 f.; Huismans, Diss., S. 15; Rüfner, Formen, S. 202. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 160, Fn. 703.

141

v. KöckritzfErmisch/Lamm,

1 4 2

Kirchhoff,

Subventionen, S. 100.

143

Kirchhoff,

Subventionen, S. 104.

Β HO, Erl. 2 zu § 23.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

203

Selbstverständlich bringt diese Verfahrenstechnik auch Nachteile mit sich. Ein Teil ihrer spezifischen Gefahren wurde bereits im Zusammenhang mit der Aufgabendelegation angeschnitten144. Hinzu kommt ein typisch subventionsrechtliches Problem: Durch die Einschaltung des Dritten steht der Endempfänger plötzlich zwei Rechtssubjekten gegenüber, was für ihn eine Verdoppelung der dem SG zur Verfügung stehenden Ingerenzmöglichkeiten zur Folge haben könnte 145 . Ein wesentliches Ziel einer Dogmatik der Subventionsvermittlung wird es deshalb sein, diese Gefahr abzuwenden und den Bürger bei einer Funktionsaufspaltung auf der Seite des SG keinen zusätzlichen Belastungen und Risiken auszusetzen; die Summe der von beiden Einheiten zusammen wahrgenommenen Rechte gegenüber dem SN darf die Rechte des Staates als alleinigem SG nicht übersteigen. Andernfalls wäre dem Ziel der Optimierung bürgerlicher Freiheit durch praktizierte Entstaatlichung nicht gedient. Der allgemeine Grundsatz, daß dem Bürger durch die Einschaltung Privater in den Vollzug öffentlicher Aufgaben keine Nachteile im Vergleich zur staatsunmittelbaren Aufgaben Wahrnehmung entstehen dürfen 146 , gilt so für die Subventionsverwaltung in besonderem Maßel 47 . Die Beteiligung des Dritten wirkt sich weiter als Nachteil für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aus 1 4 8 ; dabei handelt es sich um eine allgemeine Folge der Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf Private 149 . Die Einschaltung von Subventionsmittlern wurde — nicht zuletzt wegen der dabei auftretenden undurchsichtigen Organisationsstrukturen — bislang dogmatisch nicht abschließend geklärt; die Literatur ging vielen Zweifelsfragen zu diesem Thema aus dem Weg und behandelte es fast stiefmütterlich! 50. Sobald hier Klarheit ge144

oben S. 136 ff. Zusammenfassend Zuleeg, FS Fröhler, S. 294 f.

145

Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 170.

146

Statt aller Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 165.

147

Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 170; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 377.

148

Zuleeg, FS Fröhler, S. 294 f.

149

Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 149, 165, 171 spricht drastisch von "Rechtsverschleierung", "Kompetenzchaos", "Zuständigkeitsdschungel" und "Organisationswirrwarr". Dem Bürger werde so der Erhalt staatlicher Leistungen erschwert, was auf subtilen Rechtsentzug hinauslaufe.

1 5 0

Symptomatisch Götz, Wirtschaftssubv, der auf dieses Phänomen mit keinem Wort eingeht. Bleckmann, SubvR, S. 13, bezeichnet Subventionsvermitüung als "Ausnahme". Kritisch zu dieser Vernachlässigung bereits Zacher, VVDStRL 25 (1967), 370;

204

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

schaffen wird, entfällt der Vorwurf der Rechtsunsicherheit von selbst. Ein Beitrag dazu könnte etwa in der Verbesserung der Transparenz gegenüber dem SN bestehen: Dem Bürger muß deutlich gemacht werden, daß ein Privater die Aufgaben und Funktionen des Staates als seines Partners im Subventionsverhältnis übernommen hat 1 5 1 . Aus diesen allgemeinen Überlegungen ergeben sich für das Verhältnis Staat / Subventionsmittler folgende konkrete Leitlinien: -

Der Subventionsvermittler unterliegt bei der Verwaltung der ihm überlassenen Mittel grundsätzlich den gleichen Bindungen, die auch der öf-

-

fentlich- rechtliche Subventionsträger zu beachten hat 1 5 2 ; Der öffentlich-rechtliche Subventionsträger ist im Gegenzug verpflichtet, die Einhaltung dieser Grundsätze mit geeignetem verwaltungsrechtlichem Instrumentarium zu überwachen 153.

Nur, wenn insofern die Ausprägung geeigneter verwaltungsrechtlicher Strukturen gelingt, stehen der Nutzbarmachung privater Subventionsvermittlung keine prinzipiellen Einwände entgegen 154 . Zu vernachlässigen sind demgegenüber rein praktische Nachteile durch unumgängliche Reibungsverluste wie etwa die zeitliche Verzögerung durch Einschaltung einer weiteren Stelle 1 5 5 oder die Mehrbelastung des instrumentalisierten Dritten 1 5 6 . Diese technischen Erschwerungen können durch geeignete organisatorische Vorkehrungen ausgeglichen werden. Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 158. An dieser Situation hat sich auch 20 Jahre nach dem Beitrag Zac hers nichts geändert: Eschenburg, Diss., S. 3. Mit Recht hält Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 85, die Behandlung der Subventionsvermittlung angesichts ihrer Praxisrelevanz für unentbehrlich. 151

Ähnlich Beitz, FS Zeidler II, S. 1636.

15 2

Beitz, FS Zeidler II, S. 1636; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 165; Schetting, Rechtspraxis, S. 138.

15 3

Gallwas, VVDStRL 29 (1971), 226, 229 f.; Schetting,Rechtspraxis, S. 138. Für die Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturpolitik ähnlich Dittmann, DV 1975, 431 (447); Trommer, Diss., S. 58. Diese Überwachungspflicht entspricht im übrigen der oben S. 152 ff. bejahten "Restpflicht" des Staates zur Überwachung der Mittelverwendung infolge des Verantwortungsgedankens.

15 4

Dittmann, DV 1975, 431 (450 ff.); Kirchhof,

15 5

Eschenburg, Diss., S. 9.

15 6

Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 160, Fn. 703.

Verwalten, S. 380.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

2.

205

Der Subventionsvermittler zwischen Subventionsgeber und Subventionsnehmer

Subventionsvermittlung spielt sich zwischen den beiden Polen SG und SN ab. Die Position des Subventionsmittlers bedarf deshalb der Abgrenzung nach beiden Seiten. a) Der Subventionsgeber (SG) Die Literatur verwendet die Begriffe "Subventionsgeber" und "Subventionsträger" synonym; sie kennzeichnen die "leistende", gewährende Partei des Subventionsverhältnisses. Nach der Definition der Subvention als einer "seitens der öffentlichen Hand bewirkten Leistung" kommen als SG daher zunächst nur die juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Betracht, also Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts 157 . Subventionsvergabe als Ausübung öffentlicher Verwaltungl 58 kann aber auch von Privaten vorgenommen werden, wenn diese vom Staat im Rahmen des Subventionsverfahrens mit der Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgabe betraut wurden. Die Eignung zum SG hängt also nicht vom Status einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, sondern von der Fähigkeit zur Erledigung der öffentlichen Aufgabe "Subventionierung" ab. Die Bestimmung des SG bleibt einfach, wenn am Subventionsverhältnis nur zwei Rechtssubjekte beteiligt sind, SG und SN. Problematisch wird jedoch der typischerweise bei der Subventionsvermittlung auftretende Fall, daß dem SN zwei Rechtssubjekte gegenüberstehen. Als Beispiel möge etwa der Fall dienen, daß Mittel zunächst vom Staat global an den Mittler ausgereicht werden, der diese dann an den Endempfänger weiterleitet. Hier fragt sich, ob der hinzutretende Dritte Subventionsmittler für den SG Staat oder aber selbst SG i s t 1 5 9 . 15 7 15 8 1 5 9

Bleckmann, SubvR, S. 13; Schetting, Rechtspraxis, S. 66. Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 159, mwN. Ähnlichkeiten wiederum zum Bereicherungsrecht: Auch dort taucht die Problematik der Ermittlung des "Leistenden" nur beim Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis auf.

206

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Die — schwierige — Bestimmung der SG-Eigenschaft darf dabei nicht auf den rein formalen Aspekt des Status einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder der ressortmäßigen Zuständigkeit gestützt werden. Richtiger Anknüpfungspunkt ist hier das materielle Kriterium der wahrgenommenen Funktion 1 6 0 . Für eine weitere Komplikation sorgt dabei der Umstand, daß der SG im Subventionsverhältnis verschiedene Funktionen ausübt: Von der Bereitstellung der Mittel aus dem eigenen Haushalt ("Trägerfunktion") über die abstrakte Regelung und Gestaltung des Subventionsverhältnisses, etwa in Form von Richtlinien ("Programmfunktion") bis zur Entscheidung über die Begründung oder Beendigung des Subventionsverhältnisses ("Vergabefunktion") und alle weiteren mit diesem zusammenhängende Maßnahmen, zB KontroHe über die ausgeschütteten Mitte1, ggf. Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen ("sonstige Funktion"). Diese Funktionen müssen nicht notwendig in der Hand eines einzigen Rechtssubjekts vereinigt sein. Je nach den Erfordernissen der Sachmaterie lassen sich die unterschiedlichsten Formen der Aufspaltung denken 1 6 1 . Damit stellt sich jedoch die Frage, welche dieser Funktionen für die SG-Eigenschaft essentiell sind, d.h. unbedingt in der Hand eines Rechtssubjekts liegen müssen, um dieses als SG zu qualifizieren. Anhaltspunkt für die hier notwendige Unterscheidung könnte der Grad der Auswirkung der jeweiligen Funktion auf das Subventionsverhältnis sein. Insofern wird vertreten, Trägerfunktion und Programmfunktion seien nicht, die "sonstigen Funktionen" nicht mit vergleichbarer Intensität auf den SN bezogen wie die "Vergabefunktion" und daher für die SG-Eigenschaft entbehrlich 162 . Das individuelle Subventionsverhältnis werde in erster Linie durch die Ausübung dieser "Vergabekompetenz" berührt. Daraus folgt: Falls alle anderen Funktionen durch ein Rechtssubjekt A (etwa den Staat), die "Vergabefunktion" dagegen durch Rechtssubjekt Β (etwa den Mittler) ausgeübt werde, stehe aus Sicht des SN Β als sein Partner im Subventionsverhältnis fest. Auf die Sicht des SN sei des16 0

Schetting, Rechtspraxis, S. 66 ff.

161

Schetting, Rechtspraxis, S. 66 ff.

16 2

Schetting, Rechtspraxis, S. 66 ff.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

207

halb abzustellen, weil es um seinen Schutz bei der Einschaltung Dritter in die Subventions vergäbe gehel 63 . A sei dann nicht Partei des Subventionsverhältnisses. Nach dieser Auffassung kommt es also nicht darauf an, ob die Subvention im Innenverhältnis von einer anderen als der die Vergabekompetenz ausübenden Stelle "gezahlt" oder "getragen" werde 164 . Dies ändere an der SG-Eigenschaft der "entscheidenden" Stelle nichts. Auf die interne Lastenverteilung zwischen Staat und Mittler könne es wegen der Erforderlichkeit klarer, für die Beteiligten nachvollziehbarer und erkennbarer Rechtsbeziehungen nicht ankommen. Danach scheiden also all diejenigen Funktionen aus, die sich nicht in für den SN erkennbarer Weise auf die Begründung des Subventionsverhältnisses beziehen. SG ist immer nur, wer dem SN direkt und unmittelbar als "andere Partei" des Subventionsverhältnisses gegenübertritt, mit wem der SN "es zu tun hat". Sollten "Vergabekompetenz" und "sonstige Kompetenzen" ebenfalls auseinanderfallen, so gibt im Endeffekt die Vergabekompetenz, die Entscheidung über das "Ob" der Subventionsvergabe, den Ausschlag. SG ist demnach, wer im Außenverhältnis gegenüber dem SN und für diesen erkennbar im eigenen Namen über die Subventionsvergabe entscheidet und damit als Gläubiger oder Schuldner Partner des Bürgers im Subventionsverhältnis i s t 1 6 5 . Erfüllt der hinzutretende Dritte diese Voraussetzungen, dann ist er SG, nicht der mittelbereitstellende Staat. Diese Auffassung erweist sich aus Sicht des SN als interessengerecht, weil sie ihn vor der angedeuteten Gefahr einer Verdoppelung der SG-Funktionen und -Möglichkeiten bewahrt: Zwar kann die Funktionsspaltung dazu führen, daß der Dritte in die Position des SG einrückt; dann ist aber nur er SG und kann auch nur allein dessen Funktionen ausüben. 163

Siehe oben S. 203.

16 4

Eschenburg, Diss., S. 56; Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 86. Das Beispiel der "Fonds" zeigt dieses typische Auseinanderfallen von Finanzierungs- und Entscheidungsträger.

16 5

Ehlers, Verwaltung, S. 453; Eschenburg, Diss., S. 42; Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 81 Fn. 2, 86. Die interne Funktion des Staates als Bereitsteller der Fördermittel könnte mit der terminologischen Figur des (internen) Subvtnüonsträgers verdeutlicht werden; ähnlich die Unterscheidung zwischen SG im materiellen und formellen Sinn bei Machold, in: Wenger (Hrsg.), Förderungsverwaltung, S. 165, 174 ff.

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

208

Anders ausgedrückt: Jede für das Subventionsverhältnis relevante Funktion wird so nur von einem Rechtssubjekt wahrgenommen. b) Der Subventionsnehmer (SN) Auch für die geförderte Partei des Subventionsverhältnisses verwendet die Rechtswissenschaft die Begriffe "Subventionsnehmer" (SN) und "Subventionsempfänger" synonym. Schon aus der Subventionsdefinition folgt begriffsnotwendig, daß es sich beim SN um einen Privaten handeln muß. Beim sog. Direktverfahren bleibt die Bestimmung des SN abermals einfach: Er ist derjenige, der "etwas erlangt" 166 . Bei der Beteiligung Dritter tauchen jedoch erneut Schwierigkeiten auf: So könnte im oben gezeigten Beispielsfall 167 als SN sowohl der "empfangende" Dritte Β als auch der oder die Endempfänger in Betracht kommen. Eine Definition des SN, die ausschließlich auf den Empfang öffentlicher Mittel abstellt, genügt daher hier nicht. Auch der Status einer Person des privaten Rechts hilft nicht weiter, da sowohl der Dritte wie die Endempfänger Privatrechtssubjekte sein können und regelmäßig auch sind. Die Bestimmung des SN hängt damit abermals von der wahrgenommenen Funktion ab. Den SN kennzeichnet insofern, daß er im Zentrum der "Zweckrichtung" der Subvention steht, also sich in seiner Person der im öffentlichen Interesse liegende Zweck, zu dessen Erreichung das gesamte Subventionsverfahren stattfindet, realisiert 168 . Der SN kann deshalb als "Zweckdestinatär" bezeichnet werden; von seinem Umgang mit der für ihn "bestimmten" (zweckgerichteten) Staatssubsidie hängt der Eintritt des angestrebten Zwecks ab. Dabei kann es durchaus sein, daß dieser Zweck gerade darin besteht, die empfangenen Mittei bestimmungsgemäß weiterzuleiten. Solange sich darin der Endzweck der Subvention verwirklicht, ändert dies an der SN-Eigenschaft des Dritten nichts 169 . 1 6 6

Beachte abermals die Parallelen zu §§ 812 ff. BGB.

1 6 7

S. 205.

16 8

Eschenburg, Diss., S. 57; Wenger, Förderungsverwaltung, S. 35 f.

1 6 9

Anders wohl Ipsen, FS Maunz, S. 158 f.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

209

Es kommt also wesentlich auf die Stellung des Dritten im Subventionsverfahren an: Handelt er ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke der technisch-organisatorischen Entlastung der Verwaltung, ohne mit dem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck unmittelbar befaßt zu sein, dann erfüllt er so einen lediglich untergeordneten Hilfszweck, dem keine selbständige Bedeutung zukommt. Zwar dient auch dieser Zweck mittelbar der letztlich angestrebten Erreichung des "Endzwecks", doch besteht an seiner Erfüllung kein selbständiges öffentliches Interesse, wie es für die Funktion des SN vorausgesetzt ist. Hier ist der Dritte also nicht selbst SN, sondern Subventionsmittler. Wird er dagegen selbst im Zusammenhang mit der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe "zweckorientiert" tätig, erfüllt sich also in seiner Person bereits ein nicht unerheblicher Teil der angestrebten Intentionen, dann ist der Dritte "Endzweckdestinatär" und damit "weiterreichender" SNI 7 0 . Einen Hinweis auf die im Einzelfall schwierige Abgrenzung kann das Kriterium liefern, ob mit der Subventionierung ein "kollektiver" oder "individueller" Zweck verfolgt wird 1 7 l. Im ersteren Fall erfüllt der Mittler oft schon in seiner Funktion als Repräsentant des betreffenden Personenkreises den Endzweck, indem er die Mittel an Endempfänger weiterleitet, die jedoch nicht als Individuen, sondern als Teil eines Kollektivs gefördert werden sollen. Handelt es sich dagegen um die Förderung eines Individualzwecks, wird dem Dritten oft nur die Funktion der näheren Konkretisierung des Förderungsdestinatärs obliegen, ohne selbst in zweckgerichteter Weise auf die Erreichung des öffentlichen Zieles ausgerichtet zu sein.

1 7 0

Zum "weiterreichenden Subventionsempfänger" Zacher, VVDStRL 25 (1967), 379 f.

171

Zu dieser Unterscheidung Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 23.

210

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

3. Typologie und Terminologie der Subventionsvermittlung anhand der dabei wahrgenommenen Funktionen Einige grundlegende Eigenschaften des Subventionsmittlers lassen sich danach bereits feststellen: Der hinzutretende Dritte ist nicht schon kraft seines Hinzutretens eine "zusätzlich" zu SG und SN handelnde weitere Partei des Subventionsverhältnisses. Die Kennzeichnung des Dritten als Subventionsmittler beinhaltet zunächst keinen normativen, mit bestimmten rechtlichen Konsequenzen verknüpften Begriff, sondern bezeichnet rein deskriptiv den bloß tatsächlichen Umstand, daß ein Dritter überhaupt — in welcher Funktion auch immer — am Subventionsverhältnis beteiligt ist. Um darüber hinaus juristisch greifbare Erkenntnisse, etwa hinsichtlich des Status des Dritten im Subventionsverfahren zu gewinnen, bedarf es der Ermittlung der vom Dritten im Einzelfall konkret wahrgenommenen Funktionen. Da der Dritte in der "Mitte" zwischen Staat und Endempfänger steht, also gleichzeitig vom Staat nimmt, aber an den Endempfänger gibt, kann er in jeder Eigenschaft am Subventionsverhältnis mitwirken: Als SG, SN, als in anderer Funktion beteiligter Dritter oder schließlich als am Subventionsverhältnis i.e.S. überhaupt nicht beteiligter Außenstehender. Es kann also keine abstrakte Dogmatik "des" Subventionsmittlers geben; nur die Ermittlung verschiedener, untereinander gemeinsame Merkmale aufweisender Typen von Subventionsmittlern führt zu sinnvollen Ergebnissen. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe darf die Rechtswissenschaft von ihrer Wahrnehmung nicht abschrecken172.

a) Subventionsvermittlung im weiteren Sinn Als deskriptiver Oberbegriff kann Subventionsvermittlung zunächst die Beteiligung Dritter am Subventionsverfahren überhaupt ohne Rücksicht auf die konkret wahrgenommenen Funktionen kennzeichnen173. Ein so verstandener Be172

So hält Huismans, Diss., S. 14, eine Typisierung der Mittlerfunktionen für "kaum möglich", da die Verwaltungspraxis hier einem "traditionslosen Pragmatismus" nachgegangen sei.

173

So etwa Zacher, VVDStRL 25 (1967), 374: "Person des privaten Rechts, die in den Vollzug eines Subventionsprogramms eingeschaltet wird."

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

211

griff der Subventionsvermittlung bleibt aber ohne greifbare Ergebnisse; ihm unterfallen dann alle denkbaren Formen und Möglichkeiten, mit denen Private in das Vergabeverfahren integriert werden könnenl 74 . Die hier im einzelnen ausgeübten Funktionen sind zu verschiedenartig, um zu weiterführenden Aussagen zu gelangen. Das lehrt schon ein Blick auf die Vielfalt der eingeschalteten "Dritten": Banken und andere Kreditinstitute, Treuhandgesellschaften, Verbände, andere "zentrale Stellen", ferner Berater-, Gutachter- und Sachverständigengremien mit variierendem Einfluß auf das Verfahren. Die oben 175 für die Funktion des SG ermittelten Funktionen finden sich bei ihnen in beliebiger Kombination; mitunter üben sie auch die "Vergabefunktion" aus; dann wiederum beschränkt sich ihre Mitwirkung auf beratende Stellungnahme oder untergeordnete, weisungsgebundene Hilfsfunktionen. Diese Vielfalt steht einer mit selbständiger Aussagekraft ausgestatteten Begriffsbildung entgegen. Aus den zahlreichen Typen und Formen dieser "Subventionsvermittlung im weiteren Sinn" gilt es daher, die zur dogmatischen Einordnung unerläßlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Hinblick auf die vom Dritten wahrgenommene Funktion herauszuarbeiten. b) Subventionsvermittlung im engeren Sinn Anhand des folgenden Beispielsfalles läßt sich ein Überblick über die verschiedenen Funktionen des Dritten bei der Subventionsvergabe gewinnen. Als handelnde Rechtssubjekte sind daran beteiligt: -

Der öffentlich-rechtliche Mittelbereitsteller, also die "Trägerkörperschaft" (kurz: Staat); Die eingeschaltete nicht-staatliche Instanz (kurz: Dritter); Der End- oder Letztempfänger, also der einzelne Künstler oder künstlerische Verein (kurz: Empfänger).

Dabei können sich folgende Konstellationen ergeben:

174

175

Überblick über die verschiedenen Funktionen bei Kirchhoff, Schetting, Rechtspraxis, S. 66 ff. S. 205 ff.

Subventionen, S. 99;

212

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Typ A: "Staat" erfüllt die Merkmale des SG, "Dritter" die des SN. Hier spielt sich das Subventionsverhältnis nur zwischen Staat und Drittem ab. Im Verhältnis des "Dritten" zum "Empfänger" liegt keine Subventionierung vor; es handelt sich um ein "aliud" zum Subventionsverhältnis. Typ B: "Dritter" erfüllt die Merkmale des SG, "Empfänger" die des SN. Hier spielt sich das Subventionsverhältnis nur zwischen Drittem und Empfänger ab. Im Verhältnis Staat-Dritter liegt keine Subventionierung vor; der Staat ist nicht Partei des Subventionsverhältnisses. Auch dieses Verhältnis (Staat / Dritter) ist also ein "aliud". Typ C: "Staat" erfüllt die Merkmale des SG, "Empfänger" die des SN. Der Dritte nimmt aber für das Subventionsverhältnis relevante (zB "sonstige") Funktionen wahr. Hier besteht ein Subventionsverhältnis zwischen Staat und Empfänger. Der Dritte ist nicht Partei des Subventionsverhältnisses, jedoch in anderer Weise an ihm beteiligt. Typ D: Wie Typ C, nur nimmt der Dritte hier keine für das Subventionsverhältnis relevanten Funktionen wahr. Er ist also in keiner Weise am Subventionsverhältnis beteiligt, sondern steht in außersubventionsrechtlichen Beziehungen zu Staat und/oder Empfänger. Grundlegend unterschieden kann hier zunächst danach werden, ob der Subventionsmittler unmittelbar auf das Subventionsverhältnis einwirkt. Ist dies der Fall, dann ist der Dritte entweder selbst als Partei (SG oder SN) beteiligt (Typ A oder B) oder er nimmt zumindest gewisse selbständige Funktionen innerhalb des Subventionsverhältnisses wahr (Typ C). Andernfalls steht er außerhalb der subventionsrechtlich relevanten Rechtsbeziehungen (Typ D). Typ D ließe sich als "Subventionsvermittlung im weiteren Sinn" bezeichnen. Hierher gehört jede Tätigkeit, die für den SN unerkennbar bleibt, weil sie sich nicht extern ihm gegenüber auswirkt. Zu dieser Gruppe zählen primär 1 7 6 Be1 7 6

Vgl. die Übersicht bei Henke, Wirtschaftssubv., S. 85 f.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

213

hörden, Ausschüsse oder Gremien, die am Subventionsverfahren lediglich mit "Beratungs"funktion 177 mitwirken, ohne dabei eigene Befugnisse oder echte Zuständigkeiten wahrzunehmen; ferner der Stellvertreter oder Bote des Subventionsgebers 178, der namens und im Auftrag des SG tätig wird, ohne aus den dabei wahrgenommenen Rechtshandlungen selbst berechtigt oder verpflichtet zu werden; seine Handlungen wirken sich zwar auf das Subventionsverhältnis unmittelbar aus, jedoch nicht in seiner Person, sondern stets mit Fremdwirkung. Gleiches gilt auch für den mit "Treuhandfunktion"! 79, also unter strikter Weisungsgebundenheit handelnden Dritten, denn auch er wirkt, ggf. sogar im eigenen Namen auf das Subventionsverhältnis ein, aber eben nicht aufgrund eigener Kompetenz, sondern in einer Art "mittelbarer Stellvertretung". Schließlich sind hier noch diejenigen Instanzen zu nennen, die zwar intern eigene Kompetenzen ausüben, jedoch nicht nach außen auftreten. In all diesen Fällen findet entweder ein direkter oder aber ein rechtlich relevanter Kontakt zwischen SN und dem eingeschalteten Dritten nicht statt. Alle wichtigen Funktionen verbleiben beim Subventionsträger Staat. Zu dieser Gruppe zählen von den oben! 8 0 entwickelten Typen also alle reinen Beratungsgremien sowie Entscheidungsgremien, sofern sie nicht mit "sonstigen Kompetenzen" ausgestattet sind. Typ Α, Β und C sollen demgegenüber mit "Subventionsvermittlung im eigentlichen" oder "engeren Sinne" bezeichnet werden, weil sich hier das Handeln des Dritten aufgrund eigener Kompetenz innerhalb des Subventionsverhältnisses auswirkt. Subventionsmittler in diesem engeren Sinn ist demnach ein Privater, der mit eigenen Rechten und Pflichten an der Begründung und Abwicklung des Subventionsverhältnisses beteiligt ist.

177

Im Sinne von oben S. 167.

178

Siehe Bleckmann, SubvR, S. 119; Zuleeg, FS Fröhler, S. 295.

1 7 9

Im Sinne von oben S. 167.

1 8 0

S. 193 ff.

214

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

c) "Echte" und "unechte" Subventionsvermittlung Innerhalb der Subventionsvermittlung im engeren Sinn kann nun weiter nach den vom Dritten konkret wahrgenommenen Funktionen unterschieden werden. Während bei Typ A und Β alle kennzeichnenden Merkmale für SG bzw. SN in der Person des Dritten vorliegen, der Dritte also selbst SG bzw. SN ist, kommt es in Typ C zu einer Verteilung der relevanten Funktionen. Dabei behält der Staat die "Vergabekompetenz", während "sonstige Kompetenzen" dem Dritten obliegen. Die Empfänger sind hier Endzweckdestinatäre und damit SN. Der Dritte steht also zwischen SG und SN, ohne mit einem von ihnen identisch zu sein, und übt dennoch eigene Funktionen in bezug auf das Subventionsverhältnis aus. Bei Typ A und Β fallen also die Positionen des Subventionsmittlers (im weiteren Sinne) und des SG bzw. SN in der Person des Dritten zusammen. Ein das Subventionsverhältnis "modifizierender" Subventionsmittler existiert dann streng genommen nicht. Diesen Fall der Identität des Dritten mit einer der Parteien des Subventionsverhältnisses könnte man als "unechte Subventionsvermittlung" bezeichnen!81, weil eine Erweiterung des Subventionsverhältnisses hier gerade nicht eintritt. Demgegenüber steht der Dritte in Typ C weder völlig außerhalb des Subventionsverhältnisses, noch ist er mit einer der Parteien identisch. Das Subventionsverhältnis erfährt durch sein Hinzutreten also eine modifizierende Erweiterung. Hier liegt ein Fall der "echten Subventionsvermittlung" vor 1 8 2 . Der "echte" Subventionsmitder steht in einem besonderen Rechtsverhältnis zu SG bzw. SN 1 8 3 .

Anders wohl Henke, Wirtschaftssubv., S. 86, der hier das Vorliegen von Subventionsvermittlung überhaupt ablehnen würde. Für den Hausbankbereich spricht Huismans, Diss., S. 17, von subvenüonsmittelnden Kreditinstituten. Henke, Wirtschaftssubv., S. 86, bezeichnet dieses als "Hilfsverhältnis" zum Subventionsverhältnis.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

215

d) Andere Terminologievorschläge in der Literatur In der subventionsrechtlichen Literatur, die sich bislang noch auf keine einheitliche Terminologie der Subventionsvermittlung einigen konnte, finden sich zur Kennzeichnung der verschiedenen Typen andere Vorschläge, die sich jedoch in die hier entwickelte Typologie einordnen lassen. Die Unterscheidung zwischen "selbständigem" und "instrumentalem" Vermittl e r 1 8 4 knüpft an die materielle Staatsbeherrschtheit bzw. Staatsfreiheit des Dritten an. Der "instrumentale Vermittler" sei dazu bestimmt, Subventionen auszureichen, stehe dabei jedoch unter dem Einfluß öffentlicher Träger 185 . Deshalb handele es sich um eine Umgehungsform zur rechtsfähigen Verwaltungseinheit (zB Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts) durch Wahl einer privatrechtlichen Gestaltungsform. Dieser Typus besitzt daher weder personelle noch funktionelle Unabhängigkeit und folglich nicht die Eigenschaft eines materiell staatsfreien Privaten; seine Einschaltung bleibt für das Ziel der "Entstaatlichung" folgenlos. Für den hier problematisierten Zusammenhang kann er deshalb außer Betracht bleiben. Der "selbständige Vermittler"! 86 ist dagegen nicht nur der Rechtsform nach, sondern auch "materiell" staatsfreies Rechtssubjekt, an das Verwaltungsaufgaben delegiert wurden und welches deshalb an den Typus des "Beliehenen" erinnert. Ein anderer Vorschlag unterscheidet für den Hausbanksektor "subventionsbewilligende" und "subventionsmittelnde" Kreditinstitute 187 . Der letztere Fall wurde bereits als Form der "echten Subventionsvermittlung" (oben Typ C) identifiziert. Der "subventionsbewilligende'' Mittler entscheidet dagegen selbstverantwortlich und in eigenem Namen autonom über die Weiterleitung; Person oder Institution des Subventionsempfängers werden allein von ihm be18 4

Zacher, VVDStRL 25 (1967), 370 ff.

185

Als Beispiel nennt Zacher, VVDStRL 25 (1967), 371, Fn. 302, die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

186

Dazu Zacher, VVDStRL 25 (1967), 373 ff. In Fn. 316 (S. 374) ordnet er irrig die Tätigkeit von Verbänden im Rahmen des Vollzugs von Kreditprogrammen dem Typ des instrumentalen Vermittlers zu.

187

Huismans, Diss., S. 17 f.

216

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

stimmt. Ihm ist also im Wege echter Delegation die Vergabekompetenz von der ansonsten subventionsbewilligenden Stelle übertragen worden. Damit erfüllt dieser Typus alle Merkmale des SG; es handelt sich um "unechte" Subventionsvermittlung (oben Typ B). Des weiteren bleibt der Typus des "Treuhandvermittlers" 188 zu klären, dessen Aufgabe lediglich in der treuhänderischen Verwaltung und gebundenen Weiterleitung der Mittel besteht. Er erfüllt lediglich die oben 189 beschriebene unselbständige Treuhandfunktion, handelt strikt nach Weisungen als "verlängerter Arm des Staates" und übt keine selbständigen Kompetenzen aus, sondern fungiert lediglich als "Durchlaufstelle" zur Entlastung der Verwaltung von der technisch-organisatorischen Subventionsabwicklung190. Damit Hegt ein Fall der "SubventionsVermittlung im weiteren Sinne" (oben Typ D) vor 1 9 1 . Schließlich findet sich die Unterscheidung zwischen Vergabe- und Empfangsvermittler 192 . Dabei handelt es sich um Erscheinungsformen des "echten" Subventionsvermittlers 193, die ihrer Funktion nach schwerpunktmäßig auf der Seite des SG (Vergabevermittler) oder SN (Empfangsvermittler) stehen. Aus dieser Unterscheidung können jedoch in Richtung auf die hier getroffene funktionelle Differenzierung keine weiteren Schlüsse gezogen werden.

18 8

1 8 9

Henke, Wirtschaftssubv, S. 96. Beispiel aus der Praxis: Projektträger im Bereich der Forschungsförderung des BMFT, etwa die "Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen e.V." (AIF). Dazu v. KöckritzlErmisch/Lamm, BHO, Erl. 28.1. zu § 44. S. 167.

1 9 0

Nach der Terminologie von Huismans, Diss., S. 16, der typische Fall eines "subventionsverwaltenden Kreditinstituts" im Rahmen des Hausbankverfahrens. Dazu auch Roser, Diss., S. 80; Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 168.

191

Anders Ehlers, Verwaltung, S. 453, Fn. 204: Der Treuhandvermittler rücke in die Stellung des SN ein.

1 9 2 193

Henke, Wirtschaftssubv, S. 85 ff., 90 ff. "Unechte" Subventionsvermittlung existiert nach der Betrachtungsweise Henkes nicht; vgl. oben Fn. 181.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

217

e) Subventionsvermittlung und Globalzuweisung Im Zusammenhang mit der Erörterung von Subventionsvermittlung spielt häufig der Begriff der Globalzuweisung eine Rolle. Darunter versteht man die dem Subventionsmittler (echter oder unechter) vom öffentlich-rechtlichen Träger des Förderungsprogramms überlassenen Mittel, die dieser dann an die Endempfänger ausreicht, ohne dabei strikt weisungsgebunden (im Sinne der "Treuhandfunktion") zu sein. Der Begriff ist in Diskussion und Praxis zwar mittlerweile geläufig 194 , eine allgemein anerkannte, festgeschriebene Definition steht jedoch noch aus. Fest steht nur, daß die eingeschaltete "Zentralstelle" mit einer gewissen Selbständigkeit bei der Weiterverteilung ausgestattet sein muß, um den Charakter der Globalzuweisungen als "ungebundene Mittel" zu wahren 195 . Jeder bestimmende Einfluß des Trägers schließt daher das Vorliegen von Globalzuweisungen begrifflich aus; solange dem Dritten hinsichtlich der Vergabe aber eigene Kompetenzen obliegen, sei es auch nur die konkrete Einzelfallentscheidung über die Höhe des weitergeleiteten Betrags 196 , steht der Annahme von "Globalzuweisungen" nichts im Wege. Die durch staatliche Richtlinien o.ä. angeordnete Abgrenzung des potentiellen Empfängerkreises oder die Festlegung der Förderungsvoraussetzungen (im Sinne der "Programmkompetenz") bleibt hierauf ohne Einfluß. Damit handelt es sich bei der Globalzuweisung um den ersten Schritt einer Subventionierung, der für sich allein betrachtet keinen spezifischen Zweckerfüllungsakt darstellt. Dies kann daran liegen, daß der Mittler die global zugewiesenen Gelder als SG an Einzelne weiterleitet und diese erst SN sind, oder 1 9 4

Zuletzt etwa BVerfG, Urt. v. 14.07.86, NJW 1986, 2497, bezüglich der im Bundeshaushaltsplan vorgesehenen Mittel zur Förderung parteinaher Stiftungen. Ähnlich schon Theilen, Diss., S. 105, 108, zu Zuschüssen nach dem Bundesjugendplan; Schuppen, Erfüllung, S. 62, in bezug auf die DFG. Die Terminologie variiert; siehe etwa Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 182, Fn. 550; Ipsen, Öffentliche Subventionierung, S. 38 ("Globalermächtigung"); Möller, Gemeindliche Subventionsverwaltung, S. 114 ("globale Haushaltszuschüsse"); Kirchhoff, Subventionen, S. 119 ("Globalkontingente"), S. 125 ("Globalzuweisung"); Pfeffer, BayVBl. 1967, 253 (255) ("Globalbürgschaften"). Siehe ferner Schetting, Rechtspraxis, S. 136; Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 159; ders., VVDStRL 42 (1984), 35.

195

Siehe Kirchhoff,

1 9 6

So etwa bei der Gruppe der "Verbände", oben S. 194.

Subventionen, S. 125, 206 ff.

218

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

aber daß der Dritte als Repräsentant eines kollektiven Zwecks selbst SN ist. Auch bei der Überlassung von Mitteln an den mit eigenen Kompetenzen ausgestatteten "echten" Subventionsmittler handelt es sich um Globalzuweisungen. Nach der obigen Definition scheiden nur Subventionsvermittler im weiteren Sinn, insbesondere also die (unselbständigen) Treuhandvermittler als Empfänger von Globalzuweisungen aus. Zwischen Subventionsvermittlung im engeren Sinn und Globalzuweisung herrscht demnach eine begriffliche Entsprechung: Globalzuweisungen lassen sich als die einem Subventionsmittler im engeren Sinn zur Verfügung gestellten Mittel definieren. Diese Entsprechung zeigt sich auch bei der hinter der jeweiligen Vergabetechnik steckenden Motivation. Hier wie dort will der Staat sich auf mittelbare Lenkung zurückziehen; er schafft durch die Bereitstellung eines Mittelkontingents die Voraussetzungen dafür, daß durch von seiner Initiative unabhängige weitere Handlungen (des Mittlers) im Ergebnis der gewünschte Zweck eintritt. In direkte Beziehungen zum Endverbraucher der Subvention tritt er jedoch aus ordnungspolitischen Gründen nicht 1 9 7 . Der Subventionsträger verzichtet auf seine eigene Verteilungskompetenz, weil er an der Auswahl des konkreten Endempfängers desinteressiert ist oder es — hier mit Rücksicht auf die Direktiven des Art. 5 Abs. 3 GG — zu sein hatl 9 8 .

4. Die nicht-staatlichen Instanzen im System der Subventionsvermittlung Den so entwickelten Typen von Subventions Vermittlung sollen nun die verschiedenen Formen der in die Vergabe von Kunstsubventionen eingeschalteten nicht-staatlichen Instanzen zugeordnet werden.

197 198

Pfeffer, BayVBl. 1967, 253 (255 f.). Schetting, Rechtspraxis, S. 137.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

219

a) Beratungsgremien Die unter dem Typ der Beratungsgremien erörterten Instanzen besitzen nur treuhänderische oder aber rein beratende Funktion. Selbständige Entscheidungskompetenzen in bezug auf das Subventionsverhältnis üben sie nicht aus. Sie zählen damit — wie bereits angedeutet199 — zum Bereich der Subventionsvermittlung i.w.S. Ihre Beteiligung wirkt sich in subventionsrechtlich relevanter Weise nicht aus. Es bleibt beim Zweipersonenverhältnis zwischen Staat als SG und den Endempfängern als S N 2 0 0 .

b) Entscheidungsgremien Auch die zwar intern relevante, aber nicht nach außen tretende Tätigkeit der inkorporierten Entscheidungsgremien bleibt für das Subventionsverhältnis irrelevant; auch hier ändert sich am Zweipersonenverhältnis nichts 2 0 1 . Die Rechtsprobleme dieser Gruppe liegen bei der Frage der Bindung der Verwal· tung an die Gremienentscheidung; spezifisch subventionsrechtliche Probleme entstehen nicht. Auch hier handelt es sich um Subventionsvermittlung i.w.S., weil die Einschaltung des Gremiums aus Sicht des SN ohne selbständige Bedeutung bleibt. Anders liegt der Fall, wenn ein ejckorporiertes Entscheidungsgremium "sonstige" Kompetenzen ausübt 202 . Dann hat diese Instanz zwar nicht die Vergabekompetenz inne, wirkt aber dennoch in rechtlich relevanter und nach außen gerichteter Weise auf das Subventionsverhältnis ein. Es handelt sich dann um "echte" Subventions Vermittlung (oben Typ C).

199

Oben S. 212 f.

2 0 0

Vgl. Bleckmann, SubvR, S. 13.

2 0 1

Vgl. Bleckmann. SubvR, S. 13.

2 0 2

Zum Beispiel die "Filterkompetenz" des Filmbüros Nordrhein-Westfalen e.V.; siehe oben S. 184.

220

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

c) Fonds und Verbände Während die Ermittlung der Funktion von Beratungs- und Entscheidungsgremien im Subventionsverhältnis relativ problemlos erfolgen konnte, bereitet die Einordnung von Fonds und Verbänden erhebliche Schwierigkeiten. Da sie sowohl als Empfänger staatlicher Mittel wie als Verteiler gegenüber den einzelnen Künstlern auftreten, also in ihrer Person Geber- und Nehmerfunktionen zugleich erfüllen, könnte es sich bei ihnen um SG, SN oder "echte" Subventionsmittler handeln. Nur der Typus des am Subventionsverhältnis unbeteiligten Subventionsmittlers i.w.S. (Typ D) scheidet von vornherein aus, weil Fonds und Verbände augenfällig Funktionen innerhalb des Subventionsverhältnisses ausüben. Die hier notwendige Einordnung erfordert es, nochmals unter Berücksichtigung der im einzelnen wahrgenommenen Funktionen die Unterschiede zwischen diesen beiden Modalitäten der Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen herauszuarbeiten 203. aa) Die Verbände Da die Verbände gegenüber den Letztempfängern, nämlich den in ihnen organisierten Einzelvereinen, über die Zuweisung der Mittel entscheiden, könnten sie als SG handeln. Nach den für den SG entwickelten maßgeblichen Kriterien kommt es hierbei insbesondere auf die Vergabefunktion an, also auf die Fähigkeit, eigenverantwortlich und unabhängig über die Mittelvergabe zu entscheiden. Bereits im Zusammenhang mit der Charakterisierung der Verbandsmerkmale 2 0 4 wurde jedoch darauf hingewiesen, daß den Verbänden die hierfür er2 0 3

2 0 4

In Richtung auf diese Differenzierung auch Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 183, Fn. 831, wo nach ausführlicher Darstellung verschiedener Formen der Subventions Vermittlung hiervon die Verteilung von Mitteln durch Spitzenverbände im außerwirtschaftlichen Bereich unterschieden wird. Steiner nennt aaO zwar nur Sport- und Jugendverbände; gleiches muß aber auch für die auf dem Gebiet der öffentlichen Kunstsubventionierung handelnden Verbände gelten. Vgl. auch Kirchhoff, Subventionen, S. 109. Oben S. 193 f..

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

221

forderliche "Vergabekompetenz" nicht zusteht: Ihr Entscheidungsspielraum wird durch staatliche Vorgaben zu stark eingeengt. Die Kompetenz zur Festlegung der auf den einzelnen Ortsverein entfallenden anteiligen Quote nach der betragsmäßigen Höhe genügt hierfür nicht. Insbesondere spricht ferner das Fehlen einer Programmkompetenz und die strikte Bindung an die von der Verwaltung statuierten Richtlinien gegen eine Qualifizierung der Verbände als SG205. Damit bleiben für die Einordnung nur noch die Varianten des SN oder des "echten" Subventionsmittlers zur Wahl. "Echte" Subventionsmittler wären die Verbände bei Innehabung "sonstiger" Kompetenzen, ohne selbst Partei des Subventionsverhältnisses zu sein. Nun üben die Verbände durchaus einige "sonstige" Kompetenzen aus: Sie fungieren als Anlaufstelle für die Förderungsanträge der Subventionsbewerber, legen Höhe und Umfang der vergebenen Mittel fest und überwachen deren zweckgerechte Verwendung. Zur Tätigkeit "echter" Mittler auf dem Sektor des Hausbankwesens206 besteht jedoch ein Unterschied: Diese Hausbanken werden in jedem Einzelfall vermittelnd tätig, leiten also jeden einzelnen bei ihnen eingehenden Antrag an den Subventionsträger weiter und handeln gegenüber dem Antragsteller erst aufgrund der im Einzelfall vom Staat gewährten Refinanzierungszusage. Die Entscheidung des SG "Staat" ist daher im Hausbankbeispiel stets individuell auf den einzelnen Antragsteller bezogen; aus Sicht des SG ist dieser alleiniger Zweckdestinatär und damit S N 2 0 7 . Daher rechtfertigt sich hier auch eine Konstruktion des Subventionsverhältnisses zwischen Staat und Antragsteller 208 . Die Tätigkeit der Verbände liegt insofern anders. Hier erhält der Verband aufgrund einer einmaligen Entscheidung "global" die weiterzuleitenden Mittel; diese Entscheidung bezieht sich nicht auf den einzelnen Letztempfänger, von dessen Identität der Staat als SG keinerlei Notiz nimmt, sondern auf den Dachverband als "Summe" der Einzelvereine. Aus Gründen der organisatori205

z u diesem Merkmal siehe Eschenburg, Diss., S. 42.

206

Dazu Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 90 ff.

2 0 7

Eschenburg, Diss., S. 59, 74.

2 0 8

Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 93.

222

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

sehen Erleichterung zieht es die Verwaltung vor, es nur mit einem repräsentativen Ansprechpartner anstatt mit einer Vielzahl von Einzelempfängern zu tun zu haben. Dies kommt zB dadurch zum Ausdruck, daß ein Verwendungsnachweis nur zwischen Staat und Verband einerseits und zwischen Verband und Antragsteller andererseits, nicht aber direkt zwischen Staat und Verband erfolgt 2 0 9 . Die Einzelvereine stehen damit weder in bezug auf die Vergabeentscheidung noch auf die weitere Abwicklung des Subventionsverhältnisses in direktem Kontakt zum Staat. Man könnte nun argumentieren, die Annahme eines Subventionsverhältnisses zwischen Staat und Antragsteller, in dessen Vollzug der Verband nur als Mittler eingeschaltet ist, laufe den Motiven der Verbandsbeteiligung zuwider und lasse den Umstand außer acht, daß aus Sicht des Staates zu keinem Zeitpunkt irgend einer der Antragsteller in individualisierter Weise zu ihm in Verbindung tritt. In ihrer Konsequenz führt diese Auffassung zur Sicht der Verbände als SN; Endzweckdestinatäre wären sie danach deshalb, weil sich in ihrer Funktion als Repräsentanten des kollektiven Förderzwecks, der nicht auf die Bezuschussung des einzelnen Ortsvereins, sondern auf die Förderung der gesamten Kunstrichtung ausgerichtet ist, dieser Zweck schon in der Umsetzung und Weiterleitung der Mittel realisiert. Diese Betrachtungsweise wird jedoch der tatsächlichen Zweckrichtung nicht gerecht. Zwar steht der beschriebene "Kollektivzweck" auf der ersten Stufe, der Bezuschussung der Verbände, im Vordergrund; doch realisiert sich der "Endzweck" der Subventionierung nur teilweise schon mit der Weiterleitung an die Einzelvereine. Denn die zweckentsprechende Verwendung "vor Ort" ist zur Erreichung der im öffentlichen Interesse liegenden eigentlichen Ziele der Kunstsubventionierung unerläßlich. Die Ausgabe der Staatssubsidie zur Finanzierung eines Vergnügungsausflugs des bezuschußten Einzelvereins etwa stünde mit Sinn und Zweck der Subventionierung nicht im Einklang; zweckentsprechend verwendet werden die öffentlichen Mittel nur bei einer spezifisch auf 2 0 9

Siehe etwa Ziff. 5 der Richtlinien zum Vollzug des Bayerischen Musikplans im Bereich der Liebhaberorchester; Ziff. 4 der Richtlinien zum Vollzug des Bayerischen Musikplans für den Bereich der Trachtenverbände.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

223

die künstlerische Betätigung des Einzelvereins bezogenen Aktivität, zB bei Durchführung eines Konzerts, der Anschaffung von Instrumenten oder Notenmaterial etc. Deshalb bleibt trotz der wichtigen Stellung des Dachverbandes als "Summe" aller in ihm vertretenen Einzelvereine der Ortsverein Endzweckdestinatär, weil erst von seinem Handeln der Eintritt des ideellen Ziels der Subventionierungsmaßnahme abhängt. Damit erfüllen die Verbände, weil sie zwar keine "Vergabekompetenz" ausüben, aber dennoch mit "sonstigen Kompetenzen" ausgestattet sind und keine Identität zwischen ihnen und einer der beiden Parteien des Subventionsverhältnisses besteht, alle Merkmale des "echten" Subventionsmittlers (Typ C)210. Anders läge der Fall etwa bei der Bezuschussung eines privaten Kunstförderungsvereins durch den Staat oder eine Kommune, dessen satzungsmäßiges Ziel seinerseits in der Förderung von einzelnen Künstlern liegt. Hier wäre der Endzweck bereits mit Eingang der Mittel in die Vereinskasse erreicht, da nicht die konkrete Tätigkeit "Künstlerförderung", sondern die Arbeit des Vereins als solche bezuschußt werden soll. Dies belegt folgendes Beispiel: Die Beschaffung von Büromaterial oder die Entlohnung von hauptamtlich angestelltem Personal des Vereins wäre im oben geschilderten Fall der "Verbände"förderung vom Subventionszweck nicht gedeckt; im Fall der Kunstvereinsförderung jedoch durchaus, denn Ziel und Zweck der Subventionierung ist hier die Ermöglichung der Vereinsarbeit überhaupt. Der Verein fungiert deshalb im letzteren Beispiel als SN, weil aus Sicht des SG eine spezifische Weiterverwendung der Mittel — abgesehen von der allgemeinen Zweckbindung — nicht eintreten sollen.

2 1 0

Im Ergebnis anders Götz, Wirtschaftssubv., S. 23, der bei Subventionen an die Landwirtschaft über den Deutschen Bauernverband diesen und nicht den einzelnen Landwirt als SN betrachtet. Kritisch dazu Wenger, Förderungsverwaltung, S. 35 f. Die Auffassung von Götz verkennt das zentrale Merkmal des Zwecks.

2 1 1

Darin, also in der weitgehenden Bindung der Verbände hinsichdich der Verwendung der erhaltenen Mittel, liegt also das wesentliche Kriterium für ihre Einordnung als Subventionsmittler.

224

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

bb) Die Fonds Auf den ersten Blick scheint es, als würden Fonds und Verbände weitgehend ähnliche Funktionen wahrnehmen: Beide verteilen die ihnen von der öffentlichen Hand überlassenen Mittel an die jeweiligen Endempfänger. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch im Vergleich zur soeben dargestellten Arbeitsweise der Verbände deutliche Unterschiede. Schon die Frage nach dem Endzweckdestinatär, also nach dem entscheidenden Punkt für die SN-Eigenschaft, zeigt insofern Abweichungen. Handelten die Verbände als Repräsentanten eines kollektiven, aber weitgehend spezifizierten Kunstbereichs (zB "Laienorchester"), und verfolgte die Förderung dort den Zweck, dem Kollektiv insgesamt zugute zu kommen, so weisen die Tätigkeitsmerkmale der Fonds in Richtung auf eine vermittelnde Funktion mit dem Ziel der Förderung einzelner Künstler; anstelle des Kollektivzwecks steht also hier der Individualzweck im Mittelpunkt der Subventionierung, der sich erst in der Person des Einzelnen realisiert. Zum einen fehlt den von den Fonds repräsentierten Bereichen eine hinreichende Spezifikation 2 ! 2 , zum anderen ist der Kreis der potentiellen Subventionsempfänger — anders als bei den Verbänden — nicht klar abgegrenzt. Kamen dort ausschließlich die eigenen Verbandsmitglieder als Förderungssubjekte in Betracht, so kann die Förderung durch die Fonds jeden künstlerisch Tätigen, unabhängig von seiner Vereins- oder Verbandszugehörigkeit, erreichen. Ziel der Subventionsmaßnahme ist hier also Individual- statt Kollektivförderung, Künstlerförderung anstelle von Kunstförderung. Der Schwerpunkt der Vergabeentscheidung liegt hier also nicht in der Bereitstellung der Mittel durch den Staat und in der Überlassung an die Fonds. Denn dieser Vorgang bleibt hinsichtlich der Zielgruppe "Einzelkünstler" zu vage. Damit erfüllt der Fonds nicht die Merkmale des Endzweckdestinatärs und scheidet als SN demzufolge aus. 212

Die Vergabe von Mitteln an die Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH will zB sicherlich nicht "die Kunst" als solche, sondern die von der Kunststiftung ausgewählten Einzelkünstler fördern.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

225

Auch eine Sicht der Fonds als "echte Subventionsvermittler" würde angesichts der von ihnen wahrgenommenen Funktionen ihrer Stellung im Verfahren nicht gerecht. Ihre Tätigkeit geht über verwaltungsorganisatorische Entlastung und Hilfeleistung hinaus; mit den relativ wenigen jeweils geförderten Einzelkünstlern könnte der Staat zudem ohne weiteres eigenständige Subventionsverhältnisse eingehen. Ihre Hauptfunktion liegt vielmehr in der individuellen Bestimmung des Subventionsempfängers in Ausübung ihrer "Vergabekompetenz". Die Fonds handeln hinsichtlich der Auswahl der SN wie auch der Förderungsformen und -inhalte völlig selbständig, eigenverantwortlich und unbeeinflußt; damit korrespondiert auch ihre "Programmkompetenz" 213. Hinzu kommt ihre Funktion als Gläubiger der vergebenen Mittel: Ein Verwendungsnachweis findet nur im Verhältnis Fonds-Antragsteller statt 214 . Alle genannten Umstände weisen also auf eine selbständige, externe "Vergabefunktion" der Fonds und damit auf ihre Qualifizierung als SG hin. Damit handelt es sich bei ihnen um "unechte" Subventionsmittler im Sinne von Typ B. Gegen die Einordnung der Fonds als SG könnte jedoch sprechen, daß es sich — wie das die Subventionsdefinition voraussetzt — bei den von ihnen vergebenen Geldern nicht (mehr) um öffentliche Mittel handelt, weil — so ließe sich argumentieren — diese durch den Übergang von der Staatskasse in den Vermögensbereich der (privatrechtlich organisierten) Fonds zu privaten Mitteln geworden seien. Tatsächlich hat das BVerwG 215 in einem Urteil betreffend die Gesellschaft zur Aufsuchung von Bodenschätzen ( G A B ) 2 1 6 wie folgt argumentiert: Die Erforschung von Bodenschätzen sei keine genuin staatliche, sondern "nur" öffentliche Aufgabe 217 , die mit und ohne Mitwirkung staatlicher 2 1 3 2 1 4

2 1 5 2 1 6

2 1 7

Zu den Eigenschaften der Fonds oben S. 193 f. Die Gläubiger-Eigenschaft ist auch für den bei Eschenburg, Diss., S. 56, behandelten Beispielsfall entscheidend. BVerwG, Urt. v. 14.03.1969, DÖV 1971, 312. Die GAB war eine auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr gegründete Gesellschaft, die sich mit der Aufsuchung von Bodenschätzen befaßte. Hierzu wurden der GAB von öffentlichen wie privaten Stellen Mittel überlassen, welche die GAB dann in Form von Darlehens Verträgen, die unter bestimmten Bedingungen den Erlaß der RückZahlungsforderung vorsahen, an die Empfänger ausreichte. Zu dieser Unterscheidung oben S. 41.

226

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Stellen privat- oder aber auch öffentlich-rechtlich durchgeführt werden könne. Mit der Einschaltung der GAB zur Ausreichung der Mittel sei die privatrechtliche Variante gewählt worden. Die GAB sei den Empfängern gleichberechtigt gegenübergetreten; die den Vertragspartnern seitens der GAB gewährten Mittel seien schon deshalb keine Subventionen gewesen, weil mit dem Übergang der staatlichen Gelder in das Vermögen der GAB diese aufgehört hätten, öffentliche Mittel im Sinne des Subventionsbegriffs zu sein. Indiz hierfür sei nicht zuletzt der Umstand, daß die GAB auch von privater Seite Mittel erhalten hätte, die in die gemeinsame Vermögensmasse mit der Folge geflossen seien, daß eine Trennung von ursprünglich privaten und öffentlichen Mitteln unmöglich geworden wäre. Subventioniert worden sei also ausschließlich die GAB; die Vergabe von Zuschüssen und Darlehen durch die GAB sei demgegenüber keine Subventionierung und müsse dies auch nicht sein, da es sich bei der wahrgenommenen Aufgabe nicht zwingend um eine Staatsaufgabe gehandelt habe. Die Übertragung dieser Grundsätze auf die "Fonds" scheint aus mehreren Gründen naheliegend zu sein: Auch Kunstförderung ist keine "genuin staatliche Aufgabe" 218 ; -

auch bei den Fonds wurde die privatrechtliche Gestaltung gewählt; die Fonds handeln nach außen in privatrechtlicher Form

-

(Vertragsschluß); die Fonds bilden eigene Vermögensmassen, in die sowohl staatliche als auch private Mittel (Spenden) eingehen219.

Im Ergebnis erweisen sich die Argumente des BVerwG jedoch als nicht stichhaltig. Jede öffentliche Aufgabe wird dann zur staatlichen Aufgabe, wenn der Staat sich ihrer annimmt 220 . Die staatliche Beschäftigung mit einem Sachbereich, in der die hier erforderliche "Hineinnahme" in das Staatliche zu sehen ist, darf aber nur nach inhaltlichen Maßstäben beurteilt werden; formale Aspekte haben nur (widerlegbare) Indizfunktion. Es kommt also nicht darauf an, in wel2 1 8 2 1 9

2 2 0

Siehe oben S. 34,41 ff. Dies wird am Beispiel der Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH und der dort betriebenen "Komplementärfinanzierung" besonders deutlich. Siehe oben 41.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

227

eher Form eine Aufgabe erfüllt wird, denn auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung können nach dem Grundsatz des Rechtsformenwahlrechts öffentliche Aufgaben auch in privater Rechtsform erfüllt werden, ohne dadurch ihren öffentlichen Charakter zu verlieren. Bei genuin staatlichen Aufgaben kann daran kein Zweifel bestehen: Diese bleiben auch dann Staatsaufgaben, wenn sie von einem Privaten wahrgenommen werden. Bei "auch-staatlichen Aufgaben", die also sowohl vom Staat als auch von Privaten erledigt werden können, bedarf es eines zusätzlichen inhaltlichen Kriteriums. Hier kommt es darauf an, ob der Staat sich zur Erfüllung seiner Aufgabe einer bewußt von ihm geschaffenen, initiierten oder sonst ins Leben gerufenen Privatorganisation bedient, die "anstelle" des Staates diese Aufgabe wahrnimmt, oder ob der Staat vorhandene private Einrichtungen zur Subventions weitergäbe nutzt 2 2 1 . Materielles Kriterium für den Übergang der Staatsaufgabe "Subventionierung" auf den Privaten ist also nicht schon allein der Erhalt öffentlicher Mittel; ihre Zurverfügungstellung rückt den Privaten noch nicht in die Position des (quasi-staatlichen) Subventionsgebers. Bei der oben 2 2 2 beispielhaft herangezogenen Unterstützung eines privaten Kunstfördervereins etwa steht nicht die Erfüllung materieller Staatsaufgaben durch einen Privaten, sondern die Förderung bereits existenter privater Aktivität durch öffentliche Gelder im Vordergrund. Öffentliche Verwaltung wird in diesem Fall nicht verlagert, sondern private Organisationen ergänzen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Initiative und werden dabei aus Haushaltsmitteln unterstützt 223 . Materielle Staatsaufgaben nimmt demgegenüber derjenige Private wahr, der auf staatliche Initiative hin an die Stelle des Staates tritt und einen Teil der Staatsaufgaben in eigener Regie erledigt. So liegt die Situation, wenn der Staat "Zweckgründungen" betreibt, also die Gründung privater Organisationen einzig 2 2 1

Hierzu und zum folgenden Zacher, VVDStRL 25 (1967), 373, Fn. 311.

2 2 2

Oben S. 223.

2 2 3

Dieser Typus eines instrumentalisierten Privaten unterscheidet sich sowohl vom Beliehenen (denn er erfüllt keine öffentlichen Aufgaben) als auch von der privatrechtlich organisierten Verwaltung (denn es handelt sich um einen materiell staatsfreien Privaten). Vgl. WolffIBachof/Stober, VerwR II, § 104a I 4 d), S. 427.

228

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

zu dem Zweck initiiert, um auf die so entstandenen Privaten Aufgaben aus dem eigenen Bereich auszulagern. Hier wird der Private also erst zur Tätigkeit in Richtung auf die im öffentlichen Interesse liegende Aufgabenerfüllung aktiviert. Dabei kann es nicht darauf ankommen, in welchem Verhältnis staatlicher oder privater Mittelanteil stehen. Die überwiegende Rekrutierung der Mittel aus dem einen oder anderen Bereich dient allenfalls als Indiz, das regelmäßig einen Rückschluß auf die Rechtsnatur der Aufgabenwahrnehmung nicht erlaubt. Hierfür spricht auch folgende Überlegung: Der Mittler könnte, wenn die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (und damit die Bindung an öffentliche Grundsätze, um die es ja im Ergebnis geht) vom Anteil ursprünglich staatlicher Mittel abhinge, von einem Privaten durch Spenden in den Staatsanteil übersteigender Höhe "gekauft" und die Grundrechtsbindung so aus den Angeln gehoben werden. Unabhängig von der Höhe der jeweiligen Anteile geht es hier materiell nicht um staatlichen Zuschuß zu privaten Aktivitäten, sondern um öffentliche Aufgabenwahrnehmung in entstaatlichter Form. Daß dabei auch private Spenden willkommen sind, ändert im Ergebnis nichts: Auch der Staatskasse selbst kann gespendet werden, ohne daß dies den öffentlichen Charakter der mit diesen Mitteln wahrgenommenen Aufgaben beeinflussen könnte 224 . Kernpunkt der Unterscheidung ist also die Intention, die Zweckrichtung der staatlichen Mittelbereitstellung. Hinzu kommt, daß der Schluß des BVerwG vom gleichberechtigten Auftreten auf privatrechtliche Aufgabenstruktur nicht zwingend ist: Öffentliche Aufgaben können eben durchaus in privatrechtlicher Form erfüllt werden, ohne daß dies etwas am materiellen Aufgabencharakter ändern würde. Ob es sich um eine öffentliche oder private Aufgabe handelt, beurteilt sich also ausschließlich nach den oben dargelegten materiellen Kriterien 225 . 2 2 4

Diese privaten Spenden unterliegen, sobald sie in die Vermögensmasse des Subventionsmitüers eingehen, den Bindungen des öffentlichen Rechts. Dieses Verlusts an privatautonomer Gestaltungsfreiheit muß sich der private Spender bewußt sein. Will er die Bindungen vermeiden, bleibt ihm unbenommen, seine Mittel direkt dem von ihm ausgewählten Künstler zuzuleiten.

2 2 5

Ähnlich Heime. DÖV 1971, 313; Huismans, Diss., S. 34. Zacher, VVDStRL 25 (1967), 373 m. Fn. 311 nennt neben der "Intention": Evidenz der staatlichen Verantwortung, Bestimmungsrecht des Staates. Dem "Anteil am Aufwand" kommt dagegen nur Indizwirkung zu.

II. Die Funktion der nicht-staatlichen Instanzen

229

Hier wiederum spielt der Subventionszweck eine entscheidende Rolle: Soll sich dieser in überindividueller, kollektiver Weise bereits beim Mittler verwirklichen, ist also dessen Förderung beabsichtigt, dann handelt es sich bei der Weiterreichung der Mitte 1 durch den Dritten, etwa in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgaben 226 nicht um Subventionierung, sondern um die Wahrnehmung einer rein privaten Aufgabe. Soll die Maßnahme jedoch primär dem ausgewählten Einzelnen dienen und fungiert der Dritte allein zu dessen Auswahl und Bestimmung, also als Katalysator der Zweckverwirklichung, dann erstreckt sich die Zielrichtung der Subvention auf den individuellen Einzelnen, um dessen Förderung es geht: Hier darf das Subventionsverhältnis nicht nach dem Glied "Mittler" abbrechen. Ein letzter Einwand gegen die Argumentation des BVerwG betrifft den Rückschluß vom Fehlen einer formellen Beleihung auf die Wahrnehmung materiell privater Aufgaben. Diese Folgerung trifft nicht zu: Bei materiell öffentlicher Aufgabenwahrnehmung würde das Fehlen einer formellen Beleihung sich nicht auf die inhaltliche Aufgabennatur, sondern nur auf deren rechtmäßige Erfüllung auswirken 227 . Insgesamt erweist sich die Betrachtungsweise des BVerwG als zu stark an formellen Kriterien orientiert, während die zentralen materiellrechtlichen Fragen in den Hintergrund treten. Entgegen der Auffassung des BVerwG verlieren öffentliche Mittel diese Eigenschaft nicht dadurch, daß sie einem Privaten, der nicht SN ist, zum Zwecke der Weiterleitung "an Stelle des Staates" überlassen werden, selbst wenn dieser Private zusätzlich eigene oder Mittel anderer Privater in seine Vermögensmasse einfließen läßt. Damit steht auch die Tatsache, daß die Fonds mitunter beträchtliche private Mittel erhalten und diese zusammen mit den originär staatlichen Mitteln eine gemeinsame Vermögensmasse bilden, der SG-Eigenschaft nicht entgegen: Die ausgereichten Mittel bleiben "Subvention" im Rechtssinn228. Diese Qualifizierung der Fonds als SG 226 2 2 7 2 2 8

S o

(jas Beispiel des privaten Kunstfördervereins; oben S. 223.

Heinze, DÖV 1971, 313. So für den Fall der GAB auch die Vorinstanz BayVGH, Urt. v. 05.12.66, DVB1. 1967, 383.

230

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

dient auch den schutzwürdigen Interessen des SN, da die Fonds so nicht von den Bindungen des öffentlichen Rechts freigestellt werden, selbst wenn sie privatrechtlich handeln: Handelte es sich dagegen um rein privatrechtliche Beziehungen, gingen die Bindungen der Grundrechte (insbesondere Art. 3 GG) und des Verhältnismäßigkeitsprinzips wegen der fehlenden Drittwirkung im Privatrecht verloren.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

III.

231

Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

Ebensowenig wie eine einheitliche Terminologie und Typisierung der Subventionsvermittlung existiert bislang eine geschlossene Dogmatik dieses Instituts. Weder in statusrechtlicher noch funktioneller Hinsicht ist es bislang gelungen, die Beziehungen zwischen Subventionsgeber, -mittler und -nehmer in einem stimmigen System darzustellen 229. Der Versuch einer Einordnung bewegt sich deshalb auf ungesichertem Terrain. Anhaltspunkte in dieser Richtung wurden bislang nahezu ausschließlich zur sog. Hausbank-Problematik, also zur Einschaltung privater Kreditinstitute in staatliche Subventionsprogramme, entwickelt 2 3 0 . Die hierzu vorhandene Literatur kann zwar einzelne wertvolle Anregungen liefern, eine selbständige Betrachtung des hier problematisierten Sektors der Subventionsvermittlung ersetzt sie jedoch nicht. Dies ergibt sich schon aus der oft unterschiedlichen Funktion der Hausbanken und der in die Vergabe öffentlicher Kunstsubventionen eingeschalteten nicht-staatlichen Instanzen. Jede dogmatische Einordnung kann aber nur vor dem Hintergrund der mit ihr bewirkten Konsequenzen erfolgen. Insofern gehen die folgenden Überlegungen von zwei Grundsatzthesen aus: Ohne Rücksicht auf "bequeme" Lösungen und Ergebnisse muß stets der materiell-rechtlichen Natur der von den nicht-staatlichen Instanzen wahrgenommenen Funktionen und Aufgaben Rechnung getragen werden; -

2 2 9

Der SN darf durch die Einschaltung der Mittler nicht schlechter gestellt werden, als er stünde, wenn die Verwaltung selbst handeln würde 231 .

Dies beklagt schon Zacher, VVDStRL 25 (1967), 376.

2 3 0

Siehe etwa Flessa, DVB1. 1985, 1365; Henze, Verwaltungsrechtliche Probleme; Eschenburg, Diss.; Huismans, Diss.; Menzel, Hausbanken; Schetting, Rechtspraxis, S. 66 ff.; Spahn, Einschaltung; Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 167 ff.

2 3 1

Zu diesem Grundsatz allgemein schon oben S. 203 mit Fn. 146; siehe ferner Huismans, Diss., S. 34 f.; Schetting, Rechtspraxis, S. 138; Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 182 f.; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 372; Zuleeg, Rechtsform, S. 89.

232

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

1. Die statusrechtliche Einordnung der nicht-staatlichen Instanzen Die Frage, wie die in den Vollzug öffentlicher Subventionsprogramme eingeschalteten privaten Mittler statusrechtlich zu qualifizieren sind, ist in der Rechtswissenschaft äußerst umstritten 232 . Das Verwaltungsrecht kennt hierfür mehrere Formen, welche sich materiell nach der vom Privaten jeweils wahrgenommenen Funktion unterscheiden. Als klassischer Fall der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Private darf deren Tätigwerden als "Beliehene" gelten 233 . Auf den verschiedensten Gebieten bedient sich der Staat heute Privater als "beliehener Unternehmer", "beliehener Verbände" usw. zur Erfüllung einzelner öffentlicher Aufgaben 234 . Gerade in untypischen Sachmaterien oder Randgebieten, zu deren Erledigung dem Behördenapparat geeignete personelle oder sachliche Mittel, oft auch das nötige "Knowhow", Erfahrung und Sachverstand fehlen, greift die Verwaltung gern auf die Einschaltung "Beliehener" zurück.

a) Abstrakte Merkmale der Beleihung Nun ist nicht jeder Private, der in irgendeiner Form "für" die Verwaltung tätig wird, allein damit schon Beliehener. In der Literatur finden sich zur näheren Bestimmung dieser Figur im wesentlichen zwei Vorschläge. Diese stimmen insofern überein, als sie den Beliehenen als materielles Privatrechtssubjekt sehen, das mit selbständiger Entscheidungsgewalt in den Vollzug öffentlicher Aufgaben eingeschaltet ist. Unterschiede ergeben sich jedoch hinsichtlich der Frage, wie diese Entscheidungsfunktion durch den Privaten dabei auszuüben ist. Die Rechtstellungs- oder Befugnistheorie 235 sah das Wesen der Beleihung ausschließlich in der Wahrnehmung obrigkeitlicher Kompetenzen (= Befugnis2 3 2

In der Diskussion herrschen nach Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 196, "Hilflosigkeit und Verwirrung". Ähnlich Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 158.

2 3 3

Grundsätzlich dazu Steiner, JuS 1969, 69 ff.

2 3 4

Übersicht bei WolffIBachofIStober,

2 3 5

Siehe etwa Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 40 f.

VerwR II, § 104 I 2, S. 412 f.

233

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

se). Demgegenüber stellte die Aufgabentheorie 236 nicht auf die angewandte Handlungsform, sondern auf die materielle Rechtsnatur der vom Privaten wahrgenommenen Aufgabe ab; diese konnte nach ihrer Auffassung in sowohl obrigkeitlicher als auch schlicht-hoheitlicher Form erfüllt werden 237 . Im letzteren Fall bildete den Kern der Beleihung die Ermächtigung Privater zur Führung staatlicher Geschäfte; die Übertragung hoheitlicher Kompetenzen war demgegenüber nur eine von mehreren Modalitäten, wenn auch typischer Inhalt der Beleihung238. Mit dem Vordringen der Leistungsverwaltung gewann die "Aufgabentheorie" an Bedeutung 239 , da sie das Institut der Beleihung auch für einen Verwaltungszweig fruchtbar machte, der auf obrigkeitlichen Zwang zugunsten von Kooperation weitgehend verzichtet. Für den Bereich der Subventionsvermittlung konnte und kann so die Figur des Beliehenen Bedeutung erlangen. Beide Theorien erlauben hier zur Prüfung der Frage, ob der in den Subventionsvollzug eingeschaltete private Mittler "Beliehener" ist, einen weitgehend ähnlichen Prüfungsmaßstab, der nur in einem Punkt Unterschiede aufweist. Die nicht-staatliche Instanz muß danach -

als materiell staatsfreies Privatrechtssubjekt selbständig relevante Entscheidungen im Subventionsverfahren treffen

welche materiell dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Nur in bezug auf die dabei anzuwendende Handlungsform ergibt sich eine Differenz: Während sie nach der Aufgabentheorie für den Beliehenenstatus irrelevant bleibt, kommt nach der Befugnistheorie die Annahme von Beleihung nur im Falle einseitig-hoheitlicher Subventionsvergabe in Betracht.

2 3 6 2 3 7

Statt aller Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 46 ff. Zahlreiche Beispiele für beide Varianten bei Wolff/BachoflStober, 2, S. 412 f.

2 3 8

Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 47.

2 3 9

Schmidt, Unterscheidung, S. 265 mwN.

VerwR II, § 104 I

234

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

b) Die einzelnen Typen nicht-staatlicher Instanzen und ihre statusrechtliche Qualifikation Festzuhalten ist zunächst, daß es sich bei den im Rahmen der öffentlichen Kunstsubventionierung handelnden nicht-staatlichen Instanzen um "materiell staatsfreie" Privatrechtssubjekte handelt, da der Staat in keiner der beispielhaft aufgezeigten Institutionen überwiegend repräsentiert ist. Nur die inkorporierten Gremien ohne eigene Rechtspersönlichkeit scheiden bereits wegen ihrer fehlenden Rechtsfähigkeit aus. Zwar setzen auch sie sich aus unabhängigen, "staatsfreien" Personen zusammen, doch verlangt Beleihung als Adressaten ein RechtsSubjekt, setzt also dessen Rechtsfähigkeit voraus 240 . Weiter kommen nach beiden Theorien nur die mit selbständigen Kompetenzen ausgestatteten Mittler als "Beliehene" in Betracht. Auch für die Hausbank-Fälle fordert die Literatur insofern verbindliche Einflußnahme des Dritten auf die Rechtsbeziehungen zum Bürger 241 . Private, die keine selbständigen Entscheidungen in bezug auf das Subventionsverhältnis treffen, üben demgegenüber keine öffentliche Kompetenz aus und kommen für eine Beleihung daher nicht in Frage 242 . Zu diesem Ergebnis kommen beide Theorien, auch die Aufgabentheorie, die insofern auf das Kriterium der selbständigen Aufgabenwahrnehmung abstellt. Indiz für diese Selbständigkeit ist das Handeln im eigenen Namen 243 . Darüber hinaus muß sich "Selbständigkeit" jedoch auch in der Innehabung echter materieller Zuständigkeiten äußern. Die rein treuhänderische Erfüllung von Weiterleitungsaufgaben ohne eigene Kompetenzen etwa 2 4 0

Diese Rechtsfähigkeit fehlt zB beim Auswahlausschuß nach §§ 19 ff. FFRi.

24 1

Badura, WiVerw 1978, 137 (147); Bosse, Verwaltungsvertrag, S. 113 ff.; Ehlers, VerwArch 1983, 118; ders., DVB1. 1986, 912 (917); Henke, Wirtschaftssubv., S. 86; Herne, Verwaltungsrechtliche Probleme, S. 60 f.; Jooss, RiA 1987, 97 (100); Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 173. Zu pauschal dagegen Zuleeg, FS Fröhler, S. 294, der den privaten Subventionsmittler als generell mit Hoheitsgewalt betraut ansieht.

2 4 2

Henke, Wirtschaftssubv., S. 91; Henze, Verwaltungsrechtliche Probleme, S. 91 f.; Huismans, Diss., S. 84 ff.; Roser, Diss., S. 79; Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 173. Anders noch Hamann, BB 1953, 865 (866 f.), der auch für den Fall, daß die hoheitliche Entscheidung beim Staat verbleibt, die Hausbank als "Beliehene" ansieht.

2 4 3

v. Köckritz ! Er mischi Lamm, Β HO, Erl. 28.2. zu § 44; Steiner, JuS 1969, (70 m.Fn. 13).

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

235

genügt nicht, selbst wenn der Mittler nach außen im eigenen Namen handelt: Hier werden die relevanten Entscheidungen weiterhin von der Verwaltung getroffen und vom Dritten lediglich vollzogen. Andererseits wird man an die "Intensität", die Wichtigkeit und Relevanz der "selbständig" vom Privaten vollzogenen Aufgaben keine überhöhten Anforderungen stellen dürfen. Eine Beschränkung der Beleihung auf solche Private, denen die "Vergabekompetenz" übertragen ist, würde der Funktion eines Subventionsmittlers, der "sonstige Kompetenzen" wahrnimmt, nicht gerecht 244 . Auch Entscheidungen über die nähere Abwicklung des Subventionsverhältnisses, etwa die Festlegung des quotenmäßigen Anteils 2 4 5 oder die sog. "Filterkompetenz" 246 beinhalten Ausübung materiell öffentlicher Verwaltung in weisungsunabhängiger, selbständiger Position gegenüber dem Bürger. Sowohl im Fall der Delegation der "Vergabekompetenz" als auch bei Übertragung "sonstiger" Kompetenzen findet daher die für die Beleihung kennzeichnende Verlagerung selbständiger Aufgabenwahrnehmung statt.

aa) Fonds Subventionsmittler üben also stets dann als Private öffentliche Verwaltung aus, wenn sie mehr als bloße untergeordnete Hilfsfunktionen wahrnehmen. Dies ist zunächst bei den "Fonds" aufgrund ihrer selbständigen Stellung und ihren umfassenden Zuständigkeiten der Fall. Ihre Tätigkeit entspricht der einer Hausbank, die als "subventionsbewilligendes Kreditinstitut" 247 selbständig über die Subventionsvergabe entscheidet. Bei diesem Typ handelt es sich um eine der beiden Hauptvarianten der Subventionsvermittlungspraxis 248. Die Verwaltung stellt dabei einem Kreditinstitut einen bestimmten Geldbetrag für bestimmte Subventionszwecke zur Verfügung; dieses entscheidet dann selbständig über die Vergabe und schließt einen entsprechenden Vertrag mit dem 2 4 4

2 4 5

Ähnlich Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 176 ff. (187); anders wohl Heme, Verwaltungsrechüiche Probleme, S. 93. So bei den Verbänden im Rahmen des Bayerischen Musikplans, siehe oben S. 173 ff.

2 4 6

So beim Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V., siehe oben S. 184.

2 4 7

Im Sinne von Huismans, Diss., S. 18.

2 4 8

Zu den zwei wesentlichen Modalitäten und ihren Unterschieden zusammenfassend Bleckmann, SubvR, S. 117.

236

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Empfänger. Aufgrund dieser selbständigen Funktion gilt dieses Kreditinstitut zu Recht nach h.M. in der Literatur als Beliehener 249. Die weitgehenden Ähnlichkeiten, ja Übereinstimmungen mit den "Fonds" liegen auf der Hand: Auch sie erhalten globale Mittel und entscheiden über deren Verwendung autonom. Einer Qualifizierung als "Beliehene" steht von daher nichts im Wege. Dieses Ergebnis wird auch durch Heranziehung eines anderen Beispiels aus dem kulturellen Bereich erhärtet. Es handelt sich um die Tätigkeit der Mittlerorganisationen auf dem Gebiet der auswärtigen Kulturpolitik 250 . Ihre Einschaltung stellt geradezu ein Paradebeispiel für die Vorteile einer staatsdistanzierten Aufgabenwahrnehmung in kulturellen Angelegenheiten dar. Von den zahlreichen dieser rechtlich selbständigen, meistens als e.V. organisierten Einrichtungen hat das Goethe-Institut zur Pflege der deutschen Sprache im Ausland und zur Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit e.V. besondere Bekanntheit erlangt 251 . Seine Arbeit beruht auf einer mit dem Auswärtigen Amt getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Dieser Vertrag 252 sieht vor, daß die Goethe-Institute u.a. die Verteilung von Stipendien zur Erlernung der deutschen Sprache vornehmen. Damit sind sie in den Vollzug eines Subventionsprogramms eingeschaltet253. Sie handeln zwar in Koppelung an die vom Auswärtigen Amt vorgegebenen Richtlinien; ihr Spielraum ist also wegen fehlender "Programmkompetenz" begrenzt. Dennoch entscheiden sie über die Person des Stipendiaten frei und ohne auf einen bestimmten Empfängerkreis fixiert zu sein. Diese Eigenverantwortlichkeit reicht für die Anerkennung einer 2 4 9

Eyermann/Fröhler, VwGO, Rn. 47 zu § 40; Kopp, DVB1. 1970, 724 ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 173 ff.; vorsichtiger Bleckmann, SubvR, S. 13, 119, der eine Beliehenenstellung für möglich hält; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 373 f., den der selbständige Vermittler an den Beliehenen "erinnert". Weiterer Beispielsfall aus dem Recht der Wirtschaftsförderung: Die "Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlereviere" (ADS). Auch sie vergibt als Privater aufgrund ihrer "Vergabekompetenz" selbständig global zugewiesene Subventionen und wird deshalb von Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 164 ff., zu Recht als Beliehene qualifiziert.

2 5 0

Dazu ausführlich Dittmann, DV 1975, 431 ff.; Rudolf, FS Menzel, S. 141 ff.; Trommer, Diss. Übersicht über weitere wichtige Organisationen bei Schuppert, Erfüllung, S. 176 ff.

251 2 5 2

§ 1 Abs. 1 Ziff. 1 lit. e d.V. vom 31.07.1969.

2 5 3

Beitz, FS Zeidler II, S. 1631 f.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

237

"Vergabekompetenz" aus 2 5 4 . Auch das Beispiel der Goethe-Institute ergibt daher vom Gesichtspunkt der selbständigen Aufgabenwahrnehmung her konsequenterweise, daß diese Institutionen bei der Stipendienvergabe als Beliehene handeln 255 . Denn sie nehmen öffentliche Aufgaben wahr, die ansonsten reguläre Staatsbehörden erfüllen müßten.

bb) Verbände Für die Verbände gilt im Ergebnis nichts anderes. An sie wurde zwar nicht die umfassende Vergabekompetenz delegiert, dennoch üben sie "sonstige Kompetenzen" aus, legen insbesondere für den SN verbindlich die Höhe des an diesen ausgeworfenen Betrags fest. Ihre Funktion beschränkt sich also nicht auf rein treuhänderische Hilfstätigkeit, sondern geht mit der Ausübung selbständiger, wenn auch im Vergleich zu den "Fonds" beschränkter Funktionen einher. Auch die Verbände wären daher unter dem Gesichtspunkt der selbständigen Aufgabenwahrnehmung als Beliehene zu qualifizieren 256. Insofern findet sich im Bereich der Sportförderung ein Beispielsfall. Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. und der Westdeutsche Fußballverband e.V. erhalten jährlich aus dem Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen Mittel zur Weiterleitung an die in beiden Verbänden organisierten Regionalvereine. Sie verwalten diese Mittel treuhänderisch und zahlen beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen an die einzelnen Sportvereine den von ihnen festgelegten Anteil aus. Ihre Funktion geht also über die eines reinen Treuhandvermittlers hinaus, weil ihnen "sonstige Kompetenzen" zukommen. Beiden Verbänden ist durch Bescheid des nordrhein-westfälischen Kultusministe2 5 4

255

2 5 6

So im Ergebnis auch Trommer, Diss., S. 62. wie hier Rudolf, FS Menzel, S. 146; ders., Verwaltungsorganisation, § 56 II 3. A.A. Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 104 I 4 i), S. 415; § 104a II 2 c) bb), S. 430: Es handle sich um privatrechtlich organisierte Verwaltung, da keine hoheitliche Kompetenzen wahrgenommen würden. Vom Standpunkt der Befugnistheorie her zwar konsequent, übersieht diese Auffassung jedoch, daß es sich bei den Mittlerorganisationen um materiell staatsfreie Privatrechtssubjekte handelt. So im Ergebnis auch Ehlers, Verwaltung, S. 453, Fn. 204, obwohl er die von ihm erörterte unselbständige Hausbank als SN einstuft.

238

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

riums 2 5 7 die Funktion der Widerspruchsbehörde nach §§ 70 ff. VwGO als "beliehener Bewilligungsbehörde" übertragen worden. Auch in diesem der Praxis der Verbändebeteiligung auf dem Gebiet der öffentlichen Kunstsubventionierung kongruenten Fall geht die Staatspraxis also zu Recht angesichts der obigen Erwägungen vom Erfordernis der Beleihung aus. Als Rechtsgrundlage zieht man insoweit § 8 Abs. 6 i.V. mit § 12 des jeweiligen Haushaltsgesetzes heran 258 .

cc) Exkorporierte Entscheidungsgremien Auf den ersten Blick erfüllen exkorporierte Entscheidungsgremien259 das Kriterium der selbständigen Aufgabenwahrnehmung nicht. Denn sie üben ihre Entscheidungskompetenz ja nur intern aus und treten nach außen im Verhältnis zum Bürger hinsichtlich der Vergabeentscheidung nicht auf. Unter zwei Aspekten könnte sich dennoch eine in Richtung auf den Beliehenen-Status weisende Selbständigkeit ergeben. Zu bedenken ist hier zunächst eine gewisse "Präjudizfunktion" der Entscheidungsgremien 260. Zwar läßt sich nicht leugnen, daß in der Praxis oft eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Gremienvotum und Letztentscheidung der Verwaltung besteht 261 ; im Falle einer strikten Bindung der Behörde an den 2 5 7

Für den Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V.: Bescheid vom 11.02.86, Az. V Β 4 - 871.4 - 270/86; für den Westdeutschen Fußballverband e.V.: Bescheid vom 20.02.86, Az. Β 4 - 8432.0 - 289/86.

2 5 8

Für 1985: Haushaltsgesetz vom 12.02.85 (GVB1. S. 130). § 8 Abs. 6 lautet: "Juristischen Personen des Privatrechts kann durch Verwaltungsakt oder Vertrag die Befugnis verliehen werden, unter staatlicher Aufsicht Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiet der Zuwendungen im eigenen Namen und in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen. Für die Verleihung und Entziehung der Befugnis sowie für die Führung der Staatsaufsicht ist der jeweilige Fachminister zuständig." Bedenken gegen diese Regelung als hinreichende Rechtsgrundlage für die Beleihung wegen des haushaltsrechtlichen Bepackungsverbots bei Ehlers, DVB1. 1986, 912 (917, 920 m. Fn. 124).

2 5 9

Inkorporierte Entscheidungsgremien scheiden bereits wegen fehlender Rechtspersönlichkeit aus; vgl. S. 234.

2 6 0

Dazu Huismans, Diss., S. 71 f. (für die Hausbanken).

2 6 1

Siehe oben S. 167 f.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

239

Gremienentscheid 262 geht diese Vorwegnahme der Letztentscheidung sogar über faktische Koinzidenz hinaus und beruht auf rechtlichen Strukturen 263 . Auch mag der Schluß von der Ausübung dieser "Präjudizfunktion" auf die Ausübung öffentlicher Verwaltung noch zutreffen, weil sich öffentliche Verwaltung nicht notwendig nach außen richtet264. Für die Beliehenenstellung jedoch bleiben derartige interne Bindungen irrelevant: Ihr Wesen liegt ja gerade in der selbständigen Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben nach außen, also mit unmittelbarer Wirkung gegenüber dem Bürger 265 . Die Figur des Beliehenen wurde überhaupt nur entwickelt, um die direkte Einwirkung eines Privaten auf einen anderen Privaten im Rahmen des Vollzugs öffentlicher Aufgaben zu erklären. Bindungen der Verwaltung im Innenverhältnis bedürfen dieser Erklärung nicht. Solange die Gremien daher nur interne Funktionen wahrnehmen, besteht keine Notwendigkeit für die Beleihungskonstruktion; denn im Außenverhältnis — und auf dieses allein kommt es an — bleibt es bei der umfassenden Zuständigkeit der Behörde 266 . Die Entscheidungsgremien267 handeln dann innerhalb der Verwaltung, die getroffene Entscheidung bleibt eine Entscheidung der Verwaltung: Die Gremien agieren dann weder ihrem Status nach noch funktionell als Staatsorgane268. Unter einem anderen Gesichtspunkt könnte sich dennoch die erforderliche Selbständigkeit bei der Aufgabenwahrnehmüng der Entscheidungsgremien zei262

So beim Filmbüro Nordrhein-Westfalen e.V.; siehe S. 182 f.

263

Diese werden im folgenden noch darzustellen sein.

264

Vgl. das Kriterium der "Außenwirkung" bei § 35 VwVfG.

265

Wolff/Bachof/Stober, Verwaltung, S. 128 ff.

266

Vgl. Brohm, Sachverständige Beratung des Staates, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hdb. d. StaatsR, Bd. 2, S. 236 f.

267

Dies gilt auch für inkorporierte Entscheidungsgremien, denn zur Wahrnehmung der internen Entscheidungskompetenz bedarf es keiner eigenen Rechtspersönlichkeit; vgl. oben S. 195 f.

268

Höfling, DÖV 1985, 387 (396); Hufen, NVwZ 1983, 516 (522); Knies, Schranken, S. 225; Schäuble, Diss., S. 217, 131 f.; Schwarze, AfP 1974, 692 (696); Stiller, UFITA 60 (1971), 171 (182). Der Vorzug dieser Form der "Entstaatlichung" liegt darin, daß die bisweilen befürchtete (zB Häberle, Vom KuSt zum KuVerfR, S. 41; Knies, Kunst und Recht, S. 160) Verschiebung von Verantwortung auf außerstaatliche Instanzen und die mit ihr einhergehenden Nachteile (dazu oben S. 136 ff.) gerade nicht stattfindet.

VerwR II, § 104 I 4 h), S. 415; aA Steiner,

Öffentliche

240

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

gen. Dies gilt für den Fall, daß diese nicht ausschließlich die interne Vergabeentscheidung treffen 269 , sondern ihnen zusätzlich "sonstige Kompetenzen" im Außenverhältnis obliegen. Ein Beispiel hierfür ist die sog. "Filterfunktion" in bezug auf die abschließende Negativbeurteilung von Förderungsanträgen 270. Der Zugang zum Entscheidungsträger "Verwaltung" hängt in diesen Fällen allein von der vorherigen positiven Beurteilung des Antrags durch das Gremium ab; dies folgt aus der Stellung des Gremiums als alleiniger Anlaufstelle für Subventionsanträge 271. Damit kann ein Antragsteller endgültig durch den Gremienentscheid abgelehnt werden, ohne jemals mit den eigentlich zuständigen, die Vergabeentscheidung nach außen treffenden Stellen in Kontakt getreten zu sein. Dieser tatsächliche Befund kann juristisch auf verschiedenen Wegen erklärt bzw. für Konsequenzen fruchtbar gemacht werden. Für den Hausbankbereich wird etwa die Auffassung vertreten, daß angesichts der Vielzahl möglicher Hausbanken, mit denen der Antragsteller in Kontakt treten könne, der Ablehnung seines Antrags durch eine Bank noch nicht der Charakter einer Zugangssperre im Sinne einer endgültigen Versagung der Subvention zukomm e 2 7 2 . Für die Kunstsubventionierungspraxis läßt sich diese Überlegung jedoch nicht verwerten. Hier entscheidet über eine konkrete Förderungsmaßnahme auch nur ein bestimmter Mittler; dessen Entscheidung verschließt bei negativem Ausgang den Weg zur Subvention endgültig. Daß der Künstler sich dann um eine andere Förderung bewerben kann 2 7 3 , ändert an der Feststellung nichts, daß der mit Antragsoligopol ausgestattete Mittler für seinen Bereich abschließend entscheidet.

2 6 9

2 7 0 27 1

So etwa beim Auswahlausschuß nach den FFRi a.F., dem noch " Β indungs Wirkung", also interne Entscheidungskompetenz zukam, jedoch keine "sonstigen Kompetenzen"; vgl. oben S. 188. Vgl. oben S. 184. Huismans, Diss., S. 79, nennt das "Antragsoligopol". Zu diesem Problem auch Eschenburg, Diss., S. 19 ff.; Zacher, VVDStRL 25 (1967), 376.

2 7 2

Eschenburg, Diss., S. 20 f. Anders jedoch Bleckmann, SubvR, S. 117.

2 7 3

Bär, Filmfreiheit, S. 517.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

241

Nach einer anderen Ansicht 274 ist der beschriebene Zustand zwar rechtswidrig, muß jedoch im Wege einer Güterabwägung als Preis für die Effektivierung der Subventionierungstechnik hingenommen werden: Auf rechtsstaatliche Perfektion habe man zu verzichten, wenn der Bürger in praxi sowieso keinen Vorteil von ihr hätte. Dem kann schon wegen der grundsätzlichen Überlegung, daß der Bürger durch die Einschaltung des privaten Mittlers keine Nachteile erfahren dürfe, so nicht gefolgt werden. Eine Negativauslese durch die Verwaltung unterläge den Bindungen des öffentlichen Rechts und könnte vom Betroffenen ggf. gerichtlich auf die Einhaltung dieser Bindungen (Grundrechte, Verhältnismäßigkeitsprinzip) überprüft werden. Dieser Rechtsschutz muß auch dann erhalten bleiben, wenn dem Antragsteller ein privater Mittler gegenübersteht; er ginge jedoch verloren, wollte man diesen, wenn er schon selbständige Aufgaben wie die der "Filterfunktion" wahrnimmt, nicht den gleichen Bindungen wie die Verwaltung unterwerfen. Der Hinweis auf drohende Effektivitätsverluste darf nicht zur Verringerung der dem Subventionsbewerber insofern zustehenden Möglichkeiten führen 275 . Nun darf aber die andere Alternative nicht lauten, die Einschaltung von mit "sonstigen Kompetenzen" ausgestatteten Entscheidungsgremien generell dem Verdikt der Rechtswidrigkeit zu unterwerfen und diese nicht nur verwaltungsorganisatorisch praktische, sondern auch grundrechtsoptimierende Fördertechnik aufzugeben. Denn es muß möglich sein, die nicht-staatliche Instanz insofern an die genannten öffentlich-rechtlichen Grundsätze zu binden, als sie dem Bürger in Wahrnehmung selbständiger "sonstiger" Kompetenzen gegenübertritt. Entscheidet das "Entscheidungsgremium" nur zB hinsichtlich der Filterkompetenz dem Bürger gegenüber selbständig und abschließend, dann erfordert auch nur diese Kompetenz eine öffentlich-rechtliche Qualifikation im statusrechtlichen Sinne. Hier kommt eine "partielle Beleihung" in Betracht, die auch sonst bei der Beleihung den Regelfall darstellt: Beliehen ist das Privatrechtssubjekt selten "als solches", sondern meist nur hinsichtlich der Ausübung bestimmter Funktionen; im übrigen bleibt der Private Privatrechtssubjekt ohne Einbindung in die öffentliche Verwaltung und nimmt wie jeder andere 2 7 4

Räfner, Formen, S. 411, Fn. 278.

27 5

Huismans, Diss., S. 81.

242

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Private auch am Rechtsverkehr teil. Für den Fall eines mit selbständigen Kompetenzen ausgestatteten Entscheidungsgremiums 276 kommt eine Beleihung also hinsichtlich dieser Kompetenzen durchaus in Betracht, da insoweit der Gesichtspunkt der selbständigen Aufgabenwahrnehmung vorliegt 277 .

dd) Beratungsgremien Unter statusrechtlichen Aspekten sind hier abermals nur mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Beratungsgremien von Interesse 278 . Diese nehmen dem Subventionsempfänger gegenüber keinerlei unmittelbar nach außen wirkende Kompetenzen wahr, treten zu ihm in keine Rechtsbeziehung. Das Merkmal der selbständigen Aufgabenwahrnehmung fehlt hier also. Dies gilt auch für die im Zusammenhang mit den Entscheidungsgremien bereits angesprochene "Präjudizfunktion" 279 . Was dort schon für den Fall einer sogar rechtlich relevanten Bindung gesagt wurde, rechtfertigt die Ablehnung einer selbständigen Aufgabenwahrnehmung für den hier vorliegenden Fall bloß faktischer Bindung erst recht: Die Verwaltung kann hier vom künstlerisch ästhetischen Votum des Gremiums durchaus abweichen und (innerhalb gewisser Grenzen) ihr eigenes Votum an dessen Stelle setzen. Zudem fehlt es an der Aufgabenwahrnehmung nach außen. Für die Beratungsgremien fehlt es also hinsichtlich einer möglichen Belieheneneigenschaft schon am Kriterium der selbständigen Aufgabenwahrnehmung.

2 7 6

Also etwa des Filmbüros Nordrhein-Westfalen e.V. und seiner "Filterkompetenz", oben S. 184.

27 7

Huismans, Diss., S. 83, will dieses Problem mit der Figur der "gesetzlichen Indienstnahme" des Mittlers lösen, um diesen so normativ zu binden. Trotz dieses gemeinsam mit der hier vertretenen Auffassung angestrebten Ziels übersieht Huismans aber, daß im Falle des "Antragsoligopols" (hier: der Filterkompetenz) selbständige Kompetenzen auf den Mittler delegiert werden, während es bei der Indienstnahme zur Übertragung hoheitlicher Zuständigkeiten gerade nicht kommt; vgl. WolffIBachofIStober, VerwR II, § 104 I 4 j), S. 415.

2 7 8

Etwa der Bayerische Musikrat e.V.

2 7 9

Siehe oben S. 238 f..

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

243

Für sie bietet sich der Typus des "unselbständigen Verwaltungshelfers" an 2 8 0 . Dieser erbringt im weitesten Sinne Dienstleistungen für die Verwaltung, ohne an selbständigen Funktionen teilzuhaben. Genau dies entspricht der Tätigkeit der Beratungsgremien. Anders als bei der Beleihung treten hier auch die noch zu erörternden Probleme des Gesetzesvorbehalts nicht auf, denn die Heranziehung unselbständiger Verwaltungshelfer bedarf keiner gesetzlichen Grundlage. Der Typus des "unselbständigen Verwaltungshelfers" eignet sich demnach auch zur statusrechtlichen Qualifizierung von exkorporierten Entscheidungsgremien, die keine selbständigen ("sonstigen" ) Kompetenzen wahrnehmen.

c) Einwände gegen die Beleihungslösung An der Qualifizierung privater Subventionsmittler i.e.S. (also der mit selbständigen Kompetenzen ausgestatteten Mittler) 2 8 1 als Beliehene wird Kritik geübt. Einige der insofern vorgetragenen Einwände 282 lassen sich unschwer entkräften. So geht der Vorwurf fehl, der Begriff des Beliehenen verschwimme infolge dieser Erweiterung; richtig ist allenfalls, daß eine konsequente Betrachtung der wahrgenommenen Funktionen eine Ausdehnung des Beleihungstatbestandes auf einen Bereich verlangt, der bislang diesem Institut fremd war. Auch bleibt die spezifische Staatsaufgabe in allen für eine Beleihung in Frage kommenden Fällen der Wahrnehmung selbständiger Aufgaben nach außen gerade nicht in der Hand der Verwaltung: Mit der Delegation "sonstiger" oder der Vergabekompetenz erfüllen die nicht-staatlichen Instanzen (Fonds, Verbände, z.T. auch exkorporierte Entscheidungsgremien) zwar in unterschiedlicher Intensität, aber grundsätzlich mehr als bloße organisatorische Entlastungsfunktionen. 2 8 0

2 8 1 2 8 2

Dazu Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 174; Steiner, Öff. Verwaltung, S. 234 ff.; Wolff /Bachof/Stober, VerwR II, § 104 I 4 h), S. 414 f. Hierzu zählen etwa die unselbständigen Treuhandvermittler; siehe Ehlers, VerwArch 1983, 118; Stober, WiVerwR I, Rn. 603. Vgl. oben S. 211 ff. Insbesondere von Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 91, Fn. 16. Skeptisch auch Zuleeg, Rechtsform, S. 93.

244

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Schließlich trifft es zwar zu, daß der Praxis — und auch der Selbsteinschätzung der handelnden Institutionen 283 — der Gedanke, als Beliehene zu handeln, weitgehend fremd ist. Dies ändert aber nichts an der materiellen Betrachtung der wahrgenommenen Funktionen, welche allein über die statusrechtliche Qualifizierung entscheidet. Der von den Kritikern einer Beleihungslösung vorgetragene Haupteinwand betrifft jedoch einen zentralen Punkt. Nach inzwischen gefestigter Ansicht gebietet es der sog. "institutionelle Gesetzesvorbehalt", eine Beleihung nur durch oder aufgrund Gesetzes vorzunehmen 284 Eine Verlagerung von Entscheidungskompetenzen an Privatpersonen ohne förmliches Gesetz könnte, so wird argumentiert, zu einer substantiellen Schmälerung der Kontrolle der Verwaltung durch das Parlament führen. Organisatorische Maßnahmen, welche die institutionelle und politisch-soziale Grundordnung des Staates betreffen, und dazu zählt auch die Delegation von Hoheitsgewalt an Private, bleiben daher dem Parlament vorbehalten. Diese Grundsätze gelten auch für den Bereich der Leistungsverwaltung, obwohl diese nach h.M. keinem rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt unterliegt; dies beruht auf der Unterschiedlichkeit der Geltungsgründe für rechtsstaatlichen und institutionellen Gesetzesvorbehalt285.

2 8 3

Dies ergeben Stellungnahmen einzelner nicht-staatlicher Instanzen gegenüber dem Verfasser.

2 8 4

Grundlegend OVG Münster, Urt. v. 13./27.09.79, NJW 1980, 1406, und BVerwG, Nichtzulassungsbeschl. v. 10.10.80, Az BVerwG 5 Β 152.79, nicht veröffentlicht. Siehe ferner BVerwG, Urt. v. 14.03.69, DVB1. 1970, 735; Β adura, in: ν. Münch (Hrsg.), BesVerwR, 7. Aufl. 1985, S. 299; ders., WiVerw 1978, 137 (147); Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 95 ff.; Ehlers, Verwaltung, S. 157; Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 86, Fn. 5; Huismans, Diss., S. 54 f.; Köngen, Die Organisationsgewalt, VVDStRL 16 (1958), 154 (161 ff.); Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 171; Schmidt-Assmann, Verwaltungsorganisation zwischen parlamentarischer Steuerung und exekutivischer Organisationsgewalt, in: FS für Ipsen, 1977, S. 333; WolffIBachof/ S tober, VerwR II, § 104 II 1, S. 415 mwN; Zuleeg, FS Fröhler, S. 294 f.

2 8 5

So OVG Münster, Urt. v. 13./27.09.79, NJW 1980, 1407, gegen BayVGH, Urt. v. 29.07.70, BayVBl. 1970, 408. Der BayVGH war davon ausgegangen, daß an die Regelung der Zuständigkeit keine höheren Voraussetzungen geknüpft werden könnten als an die Regelung der materiellen Voraussetzungen. Siehe dazu auch Huismans, Diss., S. 55. Zur unterschiedlichen dogmatischen Begründung von rechtsstaatlichem und institutionellem Gesetzesvorbehalt Steiner, Gefahrenvorsorge, S. 20 f.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

245

Das danach erforderliche Gesetz als Grundlage für die Einschaltung der Subventionsmittler i.e.S. fehlt. Sämtliche beispielhaft dargestellte nicht-staatliche Instanzen handeln ohne gesetzliche Grundlage. Nach allgemeiner Ansicht kann diese auch nicht in der Mittelbewilligung durch den Haushaltsplan oder das diesen feststellende Gesetz gesehen werden 286 . Viele ziehen hieraus die Konsequenz, die fraglichen Mittler seien wegen der fehlenden gesetzlichen Grundlage keine Beliehenen287. Diese Auffassung fällt ihr Urteil jedoch zu vorschnell. Sie übersieht, daß die durch oder aufgrund Gesetzes erfolgende formelle Verleihung bzw. Übertragung öffentlicher Aufgaben nur eine Rechtmässigkeitsvoraussetzung für das Handeln des instrumentalisierten Privaten darstellt, jedoch nichts darüber besagt, ob ein Privater materiell in einer Art und Weise handelt, wie es nur ein Beliehener tun dürfte. Bei materieller Betrachtung ist die Beleihung dann erfolgt, wenn öffentliche Aufgaben dem Privaten zur selbständigen Erledigung übertragen sind, also Aufgaben, deren Erfüllung sich bei unmittelbarer Ausfüllung durch die Behörde selbst materiell als Ausübung öffentlicher Verwaltung darstellen würde 288 . Genau dies ist bei der Delegation von Maßnahmen auf dem Gebiet der öffentlichen Aufgabe "Kunstsubventionierung" der Fall. Dann aber kann es nicht darauf ankommen, ob diese Delegation in rechtmäßiger Form erfolgte. Deren Einhaltung besagt ausschließlich etwas über die formale Korrektheit der Beleihung, der aber stets die materielle Betrauung mit selbständigen Funktionen vorausgeht und im Kern immanent ist. Gegen die Annahme einer Beleihung in diesem materiellen Verständnis läßt sich der Einwand der fehlenden gesetzlichen Grundlage also nicht fruchtbar machen289. 2 8 6 2 8 7

2 8 8 2 8 9

Zu den Gründen hierfür Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 175. So die h.M.; siehe etwa Bleckmann, SubvR, S. 119, Fn. 155; Eschenburg, Diss., S. 22; Heme, Verwaltungsrechtliche Probleme, S. 91; Huismans, Diss., S. 60; ν. Köckritz/Ermisch/Lamm, BHO, Erl. 28.2.zu § 44; Pfeffer, BayVBl. 1967, 253 (256); Roser, Diss., S. 80; Rüfner, Formen, S. 411, Fn. 276; Wolff/Bachof, VerwR III, § 154 VI d, S. 311; Zuleeg, Rechtsform, S. 93. Huismans, Diss., S. 34. Wie hier im Ergebnis Hörstel, Diss., zitiert nach Bleckmann, SubvR, S. 120, der ebenfalls die materielle Belieheneneigenschaft auf die wahrgenommene Funktion stützt. Diesem Vorschlag entsprechen auch Lösungsversuche, die einen Ausweg in der Figur der "Beliehenenähnlichkeit" oder "Beliehenengleichstellung" sehen, so zB Eichner, Diss., S. 7: "Umgehungsform zum Beliehenen"; Eyermann!Fröhler, VwGO, Rn. 47 zu § 40; Huismans, Diss., S. 60 ff.; Schmidt-Rimpler, Art. WirtschaftsR, in: HdWbSozW Bd. 12, 1965, S. 686 ff. (698): "Analogie zum beliehenen Unternehmer". Dieser "Beliehenenähnliche" wird durchwegs als Rechtssubjekt definiert, das zwar die

246

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Zwar darf das Institut der Beleihung nicht ohne Not voreilig herangezogen werden, solange eine Einpassung der in der Praxis vorgefundenen Fälle in andere Formen der Beteiligung Privater an öffentlicher Verwaltung möglich ist 2 9 0 . Genau dies gelingt im Falle der nicht-staatlichen Instanzen jedoch nicht. Abzulehnen ist insofern der Vorschlag einer Neuschöpfung. Der jenseits des Beliehenen angesiedelte "private Verwalter" 291 müßte eine Figur darstellen, deren abstrakte Merkmale von denen des Beliehenen abweichen. Definiert man ihn aber als "materiell Beliehenen" ohne formelle gesetzliche Grundlage, läuft dies im Ergebnis auf die hier vertretene Auffassung hinaus, deren Vorzug aber in der Vermeidung eines zusätzlichen statusrechtlichen Typus "sui generis" liegt. Eine andere Definition des "privaten Verwalters" ist aber, soll diese Figur die hier fraglichen Instanzen erfassen, aufgrund deren materiell wahrgenommener Funktion nicht möglich. Auch die Idee der Nutzbarmachung des Instituts der mittelbaren Stellvertret u n g 2 9 2 überzeugt im Ergebnis nicht. Zwar fungieren auch die Subventionsmittler i.e.S. gewissermaßen als Treuhänder des Staates. Doch kennzeichnet das Institut der mittelbaren Stellvertretung gerade der Umstand, daß die Folgen des rechtlich relevanten Handelns im Innenverhältnis ausschließlich den Kommittenten treffen sollen; die hier diskutierten nicht-staatlichen Instanzen handeln jedoch sämtlich, soweit sie selbständige Aufgaben wahrnehmen, nicht nur im eigenen Namen, sondern auch intern mit Wirkung für und gegen sich selbst. Auch alle anderen möglichen Formen der Einschaltung Privater 293 passen im Ergebnis nicht: "Erlaubnis" und "Konzession" sind nicht mit der Wahrnehmung materiellen Voraussetzungen der Beleihung erfüllt, bei dem aber noch der formelle Akt der gesetzlichen Ermächtigung fehlt. 2 9 0

Vor der überstürzten Bemühung der Beleihung warnt Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 143; gegen eine pauschale Lösung über den Beleihungsbegriff insofern auch Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 225.

29 1

Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 213.

2 9 2

Eichner, Diss., S. 7; Huismans, Diss., S. 65 f.

2 9 3

Übersicht bei WolffIBachof/Stober,

VerwR II, § 104 I 4, S. 414 f.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

247

öffentlicher Verwaltungskompetenzen verbunden; die "Privilegierung" betrifft fiskalische Regale; der "Verwaltungshelfer" handelt nur unselbständig als Werkzeug; bei "Indienstnahme" oder "Inpflichtnahme" werden dem Privaten nur Pflichten, aber keine eigenen Zuständigkeiten auferlegt; auch bloße "Partizipation" liegt nicht vor, da die Mittler selbst und allein entscheiden; ein "Mandatar" schließlich würde im Namen des Staates tätig, während die Mittler im eigenen Namen handeln; und "Delegation" beträfe die Kompetenzübertragung innerhalb zweier Verwaltungsträger, nicht dagegen von Verwaltungsträgern auf Private. Diskutiert wird schließlich noch die Möglichkeit, selbständig handelnde Mittler als Erscheinungsform der privatrechtlich organisierten Verwaltung zu begreifen und so das Erfordernis des Beliehenenstatus zu umgehen 294 . Dies scheitert jedoch am zentralen Unterschied zwischen "Beliehenern" und Verwaltung in Privatrechtsform: Bei letzterer findet weiter originär staatliche Verwaltung, wenn auch in privatrechtlichem Gewände statt; hinter dem "formal" handelnden Privatrechtsobjekt steckt beherrschend das "Muttergemeinwesen", also die jeweilige öffentliche Körperschaft. Rechtssubjekte, die Verwaltung in Privatrechtsform ausüben, sind zum Unterschied von den hier beschriebenen nicht-staatlichen Instanzen keine materiell staatsfreien Private; man spricht deshalb in diesem Zusammenhang auch von rein "formeller Privatisierung", weil nur die Organisation einer Aufgabe, nicht aber diese selbst in private Hand gelegt wird 2 9 5 . Im Ergebnis besteht daher zur Figur des Beliehenen keine statusrechtliche Alternative, die der tatsächlich wahrgenommenen Stellung und Funktion der nicht-staatlichen Instanzen im Verfahren der Vergabe öffentlicher Kunstsubventionen gerecht werden könnte 296 . 2 9 4

Huismans, Diss., S. 65.

2 9 5

Zum Ganzen WolffIBachof/ d), S. 426 f.

2 9 6

Indiz dafür sind auch Bestrebungen des Gesetzgebers in Richtung auf eine Änderung der Β HO. In einem Vorentwurf des BMF ist insofern die Ergänzung des § 44 Β HO um einen Absatz 3 vorgesehen, welcher eine allgemeine gesetzliche Grundlage für die Delegation von Vergabeentscheidungen im Zuwendungsverfahren an private Organisationen darstellen soll.

S tober, VerwR II, § 104 I 4 i), S. 415; § 104a I 3, 4a), 4

248

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Fraglich bleibt dennoch, welche Folgen das Fehlen der förmlichen Beleihung auf die Rechtmäßigkeit der Subventionsvergabe durch die fraglichen Institutionen und der dabei von ihnen getroffenen Entscheidungen nach sich zieht. Auf den ersten Blick scheint die Konsequenz der Rechtswidrigkeit unausweichl i c h 2 9 7 . Die Folgen dieses Ergebnisses für die Praxis der handelnden Institutionen wie für die Situation der bundesdeutschen Kunstförderung, welche sich weitgehend auf die Beteiligung nicht-staatlicher Mittler stützt, wären nicht abzusehen: Die Verfahrensgestaltung müßte entweder von Grund auf geändert werden, was auf ein mit den Wertungen und Direktiven der Kunstfreiheitsgarantie nicht harmonierendes rein staatsmonopolistisches Vergabemodell hinausliefe; oder aber die Position der nicht-staatlichen Instanzen müßte in rechtsstaatlich ausreichender Weise auf die nötige gesetzliche Grundlage gestellt werden, was ein langwieriges Gesetzgebungsverfahren voraussetzte und in der Zwischenzeit zur Lähmung der intermediären Institutionen führen würde. Ziel einer juristischen Lösung muß es deshalb sein, diese Extremkonsequenzen zu vermeiden. Dies darf jedoch nicht auf dem "billigen" Wege geschehen, die materiell vorhandene Stellung und Funktion der Mittler gewaltsam in eine "passende Form" umzudeuten. Dies wäre etwa bei dem Versuch der Fall, die Mittler ohne Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Position in den Typus des bloßen Verwaltungshelfers zu pressen. Die dogmatische Einordnung darf sich nicht am gewünschten oder bequemeren Ergebnis orientieren, sondern hat sich einzig und allein nach den vorgegebenen Realitäten zu richten. Sollte sich dabei im Ergebnis ein Rechtsverstoß zeigen, wäre dies die Konsequenz einer Praxis, die auf die rechtliche Eigenart ihrer Lösungen zu wenig achtet 298 . Ein anderer Vorschlag glaubt, die Kalamitäten der fehlenden formellen Beleihung durch eine Konstruktion umgehen zu können, bei der der eingeschaltete private Rechtsträger zum Zuwendungsempfänger wird und deshalb bei der 2 9 7

2 9 8

Bleckmann, SubvR, S. 120; Heinze, DÖV 1971, 313; Henke, Wirtschaftssubv., S. 91; Kopp, DVB1. 1970, 724 (726 f.); Zuleeg, FS Fröhler, S. 294 f. In letzter Konsequenz sieht auch Steiner, öff. Verwaltung, S. 179, Fn. 812, die Rechtswidrigkeit der gegenwärtigen Praxis. Das verkennt die Kritik von Zuleeg, FS Fröhler, S. 294 f., Fn. 116. Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 179, Fn. 812.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

249

Verteilung der Mittel nicht in Wahrnehmung öffentlicher, sondern eigener satzungsgemäßer Aufgaben und damit auch materiell rein privatrechtlich handelt; eine Beleihung wäre dann nicht erforderlich 299. Auf einer ersten Stufe bestünde dann zwischen der Verwaltung als SG und dem privaten Mittler als SN eine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung in Gestalt des Subventionsverhältnisses, während die nicht-staatliche Instanz auf einer zweiten Stufe im Verhältnis zum geförderten Einzelnen dann nur ihrer satzungsmäßigen Aufgabe nachkommen würde. Ein Anwendungsfall dieses Vorschlags wurde oben 3 0 0 bereits für den Fall der Bezuschussung eines privaten Kunstförderungsvereins diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde auch dargelegt, daß diese Betrachtungsweise, welche Fonds und Verbände 301 in die Rolle des SN drängt, der tatsächlichen Funktion dieser Instanzen nicht gerecht wird. Zudem würde sie nachteilig für den Endempfänger wirken, da der nur in Wahrnehmung eigener satzungsmäßiger Aufgaben handelnde Mittler den öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht unterläge. Auch aus diesem Grund ist diese Konstruktion daher abzulehnen. Dennoch besteht eine Lösungsmöglichkeit, welche die extreme Konsequenz der Rechtswidrigkeit vermeidet und dennoch der tatsächlichen Funktion der nicht-staatlichen Instanzen gerecht wird. Der im folgenden vertretene Vorschlag geht davon aus, daß das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage für die Beleihung gemäß des "institutionellen Gesetzesvorbehalts" seinen Geltungsgrund nicht in der Aufgabenverlagerung als solcher, sondern im Hinblick auf die Verlagerung hoheitlicher Kompetenzen hat. Der Gesetzesvorbehalt bezieht sich demnach nicht auf den Inhalt des Handelns, nicht auf die materiell wahrgenommene Funktion, sondern nur auf deren Delegation einhergehend mit der Übertragung hoheitlicher Befugnisse, also zur Wahrnehmung in den sonst nur der Verwaltung zustehenden Handlungsformen des öffentlichen Rechts 302 . 2 9 9

v. KöckritzlErmisch/Lamm,

3 0 0

S. 223.

BHO, Erl. 28.3. zu § 44.

3 0 1

Eine Erklärung für die Gruppe der exkorporierten Entscheidungsgremien, welche "sonstige" selbständige Kompetenzen gegenüber dem Förderungsempfänger ausüben, böte dieser Vorschlag ohnehin nicht, da diese Gremien keine global zugewiesenen Mittel erhalten und deshalb als SN nicht in Betracht kommen.

3 0 2

In diese Richtung auch Bleckmann, SubvR, S. 120; Rudolf, Verwaltungsorganisation, § 56 II 3. Siehe auch v. KöckritzlErmisch/Lamm, BHO, Erl. 29 zu § 44: "Eine Beleihung durch Gesetz ist hier nicht erforderlich, weil der Erstempfänger keine Zuwendungsbe scheide erläßt" (Hervorhebung d. Verf.). Auch das OVG Münster, Urt. v.

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

250

Würde der eingeschaltete Dritte demnach bei der Aufgabenerfüllung — hier: der Vornahme von Entscheidungen in bezug auf das Subventionsverhältnis — nicht in den Handlungsformen des öffentlichen, sondern denen des Privatrechts agieren, wäre eine förmliche Beleihung insofern nicht erforderlich, so daß das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage die handelnden Institutionen an einer Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Aufgabe — in der Begrenzung auf privatrechtliche Gestaltungsmittel — nicht hindern würde. Die Tauglichkeit des hier sich abzeichnenden Auswegs hängt jedoch von der Frage ab, ob der "Beliehene" auch anders als in den Formen des öffentlichen Rechts handeln kann. Dies ist zunächst selbstverständlich für sein Agieren außerhalb des ihm übertragenen Bereichs öffentlicher Aufgaben zu bejahen; so handelt der TÜV-Prüfer etwa bei der Schätzung von Kfz-Schäden nach einem Unfall gewiß privatrechtlich, ohne dabei an die Handlungsformen des öffentlichen Rechts gebunden zu sein 303 . Dagegen zeigt sich in der Frage, ob der Beliehene auch bei Wahrnehmung der an ihn delegierten öffentlichen Aufgaben sich der privatrechtlichen Handlungsformen bedienen kann, der eingangs erwähnte 3 0 4 Unterschied zwischen Aufgaben- und Befugnistheorie; an dieser Stelle kommt die Untersuchung also um eine Entscheidung zwischen beiden Theorien, die bislang bewußt offen gehalten wurde, nicht herum. Denn die Befugnistheorie muß diese Frage schon deshalb verneinen, weil sie ja gerade obrigkeitliches Handeln als Begriffsmerkmal der Beleihung voraussetzt. Aber auch eine Richtung innerhalb der "Aufgabentheorie" glaubt, auf das Erfordernis hoheitlichen (unter Einschluß des schlicht-hoheitlichen) Verwaltungshandelns zusätzlich zum primär relevanten Merkmal der Aufgabendelegation nicht verzichten zu können 305 ; auch danach schiede die Benutzung privatrechtlicher Handlungsformen durch den Beliehenen folglich aus.

13./27.09.79, NJW 1980, 1406 sieht in der Übertragung hoheitlicher Kompetenzen den die gesetzliche Grundlage erfordernden Umstand (S. 1407), unterscheidet aber nicht immer klar zwischen der Delegation von Aufgaben und (hoheitlichen) Befugnissen. 3 0 3

Siehe Schmidt, Unterscheidung, S. 265 mwN in Fn. 38.

3 0 4

S. 232 f.

3 0 5

Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 13, bezeichnet das als "Kombinationstheorie". Nachweise dazu bei Schmidt, Unterscheidung, S. 266, Fn. 44.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

251

Vom Ansatz der Aufgabentheorie her konsequent scheint jedoch nur eine Auffassung, die auf das Merkmal der Handlungsform völlig verzichtet und einzig und allein auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben abstellt. Nur so gelingt es dem Institut der Beleihung auch, den Unterschied zwischen dem Handeln des eingeschalteten Privaten für sich (als Glied der Gesellschaft) bzw. für den Staat sichtbar zu machen 306 . Diese fremdnützige, "altruistische" Funktion des beteiligten Dritten hängt nicht von der technischen Form, dem "Wie" der Aufgabenerfüllung ab, sondern allein von der Rechtsnatur der vollzogenen Materie, von deren Zugehörigkeit zum Kreis der öffentlichen Aufgaben. Diese allein entscheidet darüber, ob ein privates Rechtssubjekt im materiellen Sinn "beliehen" wurde. In welchen formalen Aktionstypen diese Aufgabe dann erfüllt wird, bleibt für die einmal durch die Delegation selbständig wahrzunehmender Aufgaben in einem materiellen Sinn erfolgte Beleihung ohne Belang. Nach der hier vorgeschlagenen Lösung steht es dem Beliehenen also frei, sich zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben — soweit dies nach der Natur dieser Aufgabe nach materiellem Recht zulässig ist — auch der Handlungsformen des Privatrechts zu bedienen 307 . Auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung, also auch des Subventionswesens, besteht diese Möglichkeit nach dem Grundsatz vom Rechtsformenwahlrecht. Sollte also der jeweilige Mittler in Ausübung der ihm übertragenen öffentlichen Aufgabe privatrechtlich handeln, bedürfte es einer Formalbeleihung nicht. Die Frage der Rechtmäßigkeit kann deshalb nur konkret im Zusammenhang mit den jeweils angewandten Handlungsformen beantwortet werden.

3 0 6 3 0 7

Schmidt, Unterscheidung, S. 267. So im Ergebnis auch Rudolf, Verwaltungsorganisation, § 56 II 3; Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 46 ff.; Wolff IBachof/Stober, VerwR II, § 104 V 1 a, S. 418. Zur gegenteiligen Konsequenz kommt Schmidt, Unterscheidung, S. 267 ff. (insbes. 270 f.). Beispiel für das Handeln des Beliehenen in Privatrechtsform: Arbeitsvermittlung auf der Grundlage eines Auftrags nach § 23 AFG. Es wird dabei mit dem Kunden ein privatrechtlicher Vertrag abgeschlossen. Siehe statt vieler Knigge!Kettelsen!Mar schall! Wittrock, AFG, 1. Aufl. 1984, Erl. 3 zu § 23 AFG. A.A. GogeltJülicher, AFG, 1979, Rn. 16 zu § 23.

252

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

2.

Die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten

Die danach notwendige Qualifizierung der zwischen den bei der Vergabe öffentlicher Kunstsubventionen Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen wirkt sich nicht nur auf die Frage des rechtmäßigen Handelns, sondern auch in anderer Hinsicht praxisrelevant aus, etwa bezüglich des zu beschreitenden Rechtswegs, den Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geleisteter Mittel und der Möglichkeit, diese durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Dabei sind eine theoretische und eine praktische Komponente zu unterscheiden.

a) Subventionsvergabe in privater Rechtsform Auf der zunächst zu erörternden theoretischen Ebene stellt sich die Frage, ob eine Subventionsvergabe in rein privater Rechtsform überhaupt möglich ist. Diese Frage wird zwar ausschließlich für die Gruppe der "Fonds" relevant, weil allein sie als SG mit der "Vergabekompetenz" betraut sind 3 0 8 , soll aber wegen ihrer paradigmatischen Bedeutung für den Gesamtkomplex hier eingangs erörtert werden. Über die Qualifizierung des Subventionsverhältnisses als rein öffentlich-rechtlich, gemischt öffentlich-rechtlich/privatrechtlich im Sinne der "Zweistufentheorie" oder rein privatrechtlich herrscht in der Literatur nach wie vor Streit 309 . Die Entscheidung über die Subventionsvergabe gehört zwar materiell immer dem öffentlichen Recht an, weil nach allgemeiner Ansicht die Vergabe von Finanzhilfen aus öffentlichen Haushalten und zur Erzielung eines im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks nie nur rein fiskalisches Hilfsgeschäft, sondern stets materielle Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben i s t 3 1 0 . Der materiell öffent3 0 8

Siehe S. 193 f.

3 0 9

Übersichten zum Meinungsstand bei Bleckmann, SubvR, S. 85 ff.; Maurer, Allg VwR, § 17, Rn. 20 ff.

3 1 0

Siehe nur Bleckmann, SubvR, S. 41; Bosse, Verwaltungsvertrag, S. 114; Henze, Verwaltungsrechtliche Probleme, S. 71; Ipsen, öffentliche Subventionierung, S. 19, 65; Jakobs, BayVBl. 1985, 357; Jooss, RiA 1987, 97; Mayer/Kopp, Allg VwR, 5. Aufl. 1985, S. 56; Menzel, Hausbanken, S. 134; Oldiges, NJW 1984, 1927 (1932 m. Fn. 95); Roser, Diss., S. 78 ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 159 mwN; Zuleeg,

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

253

lich-rechtliche Charakter der wahrgenommenen Aufgabe läßt jedoch keinerlei Rückschluß darauf zu, in welcher Form, die Verwaltung dabei handelt 311 . Nach dem schon mehrfach angesprochenen Grundsatz vom Rechtsformenwahlrecht auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung 312 kann hier grundsätzlich jede Handlungsform zur Anwendung kommen, ohne daß sich dadurch an der materiellen Aufgabenqualität etwas ändern würde 313 . In konsequenter Anwendung dieses Grundsatzes müßte — seine Geltung unterstellt 314 — auch eine Subventionsvergabe ausschließlich in den Handlungsformen des Privatrechts möglich sein, wenn hierdurch nicht aus Sicht des SN für diesen spezifische Nachteile entstehen würden. Dann, aber auch nur dann, bliebe es bei der Notwendigkeit der Subventionsvergabe in öffentlich-rechtlicher Form. Gegner einer rein privatrechtlichen Lösung 315 gehen davon aus, daß aufgrund der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung zumindest eine Vermutung auch für eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Subventionsverhältnisses spreche. Denn allgemein gelte die Regel, daß sich die Verwaltung zur Erfüllung ihrer Rechtsform, S. 55. Anders für den Bereich der Kunstsubventionierung offenbar VGH BW, Urt. v. 17.08.76, DVB1. 1976, 951: Nach Auffassung des Gerichts hängt dort der öffentlich-rechtliche Charakter der Aufgabe davon ab, ob die Subventionierung Auswirkungen auf öffentlich-rechtlichem Gebiet hervorbringen solle. Infolge des vorausgesetzten, im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks ist dies jedoch bei jeder Subventionierung definitionsgemäß der Fall. 3 1 1

Battis/Gusy, Öffentliches WirtschaftsR, 1983, S. 133; a.A. Jooss, RiA 1987, 97; Menger, Probleme der Handlungsformen bei der Vergabe von Wirtschaftssubventionen, in: FS für Werner Ernst, 1980, S. 301 (311 f.).

3 1 2

Übersicht über den Meinungsstand dazu bei Eschenburg, Diss., S. 197 ff.

3 1 3

Kirchhoff,

3 1 4

315

Subventionen, S. 108; Steiner, öffentliche Verwaltung, S. 159 mwN.

Grundsätzlich kriüsch etwa Pestalozza, DÖV 1974, 188. Wer das Rechtsformenwahlrecht per se ablehnt, kommt automatisch zur Unzulässigkeit privatrechtlich ausgestalteter Subventionsvergabe; so Ehlers, VerwArch 74 (1983), 112 (114), mit dem Argument, privatrechtliche Vergabe sei wegen Verstoßes gegen das Gebot, die dualistische Struktur der Rechtsordnung zu respektieren, gem. § 134 BGB nichtig; ders., Verwaltung, S. 452 ff.; ders., DVB1. 1986, 912 (917); Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 13 f. Außer den in Fn. 314 Genannten etwa Berg, WiVerwR, in: Hdb. für die öffentliche Verwaltung, Bd. 2, 1984, Rn. 158 ("aus praktischen Gründen" bestehe "kein Bedürfnis" für die rein privatrechtliche Gestaltung); Bull, Allg VwR, 2. Aufl. 1986, Rn. 853 ff.; Zuleeg, Rechtsform, S. 54 ff.

254

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Aufgaben auch der Gestaltungsmittel des öffentlichen Rechts bediene 316 . Diese Vermutung wird dann im Einzelfall durch Indizien gestützt, etwa durch den Umstand, daß der SN keinen Einfluß auf die Vergabebedingungen habe, sondern diese vielmehr von der Verwaltung einseitig festgelegt würden. Dieses Argument überzeugt jedoch nicht: Auch ein privatrechtlicher Darlehensgeber legt "einseitig" den Zinssatz fest und entscheidet "einseitig" über die sonstigen Bedingungen des Darlehens, insbesondere über die Frage, ob er überhaupt mit dem Antragsteller den Darlehensvertrag abschließt. Ist der Antragende mit den Bedingungen einer Subvention nicht einverstanden, bleibt es ihm unbenommen, seinen Antrag zurückzuziehen, wie es auch beim privatrechtlichen Vertragsschluß möglich wäre (§ 150 Abs. 2 BGB). Einseitig entscheiden kann demnach immer derjenige, der hierzu die tatsächliche Macht besitzt; typisches Merkmal hoheitlichen Handelns mag Einseitigkeit zwar sein, sie bedingt aber dennoch nicht für sich allein den hoheitlichen Charakter einer Subvention3!7. Auch die Tatsache der weitgehenden Bindung des Antragstellers durch das Subventionsverhältnis läßt keine Rückschlüsse auf die Wahl der öffentlich rechtlichen Gestaltungsform zu. Denn auch das Privatrecht kennt Möglichkeiten, den Vertragspartner zu "binden". Die genannte Vermutung allein besagt also noch nichts darüber, ob nicht im Einzelfall dennoch die privatrechtliche Ausgestaltung möglich ist. Auch der Hinweis auf den drohenden Verlust der Bindungen des öffentlichen Rechts steht im Ergebnis einer privatrechtlichen Gestaltung der Rechtsbeziehungen nicht entgegen. Denn eine "Flucht ins Privatrecht" 3!8 darf nach allgemeiner Ansicht nicht zum Verlust von rechtlichen Schutzmöglichkeiten für den Bürger führen; deshalb ist für den Bereich des sog. "Verwaltungsprivatrechts" 316

317 318

Dazu speziell für die Gewährung staatlicher Zuschüsse im Rahmen der Kulturförderung BGH, Urt. v. 21./22.05.75, DVB1. 1975, 903 (904). Offenbar von der entgegengesetzten Vermutung gehen für diesen Spezialbereich aus BVerwG, Urt. v. 30.04.76, MDR 1976, 874; VGH BW, Urt. v. 17.08.76, DVB1. 1976, 951. Kritisch dazu Ehlers, Verwaltung, S. 455, Fn. 214; Schwarze, JuS 1978, 94. Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 61. So Rüfner, Formen, S. 254. Gegen dieses Schlagwort Kirchhoff, mit dem Hinweis auf den positiven Zugewinn an Flexibilität.

Subventionen, S. 103,

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

255

anerkannt, daß auch dort die Grundsätze des öffentlichen Rechts (Grundrechte, insbesondere der Gleichheitssatz mit seinen Ausprägungen; Verhältnismäßigkeitsprinzip) gelten und so das primär anzuwendende Privatrecht modifizieren 3 1 9 . Sowohl die Rechtsbindungen der öffentlichen Hand als auch der angestrebte Förderzweck lassen sich demnach auch in privatrechtlichen Gestaltungsformen adäquat sichern und verwirklichen 320. Schwerer wiegt der Einwand, mit rein privatrechtlicher Subventionsvergabe werde der SN um den ihm zustehenden Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten gebracht. Daran trifft zu, daß Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Verwaltungsprivatrechts der Verwaltungsgerichtsbarkeit entzogen sind und sämtlich der Kontrolle durch Zivilgerichte auf dem ordentlichen Rechtsweg gem. § 13 GVG unterliegen 321. Jedoch beweist § 40 VwGO, daß die Verwaltung auch auf anderen Gebieten im ordentlichen Rechtsweg kontrolliert wird. Der gerichtliche Rechtsschutz des Bürgers erleidet im Ergebnis keine Einbussen, wenn er den Zivilgerichten anvertraut i s t 3 2 2 . Die Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG betrifft nur die Existenz von Rechtsschutzmöglichkeiten überhaupt, nicht die eines bestimmten Rechtsschutzes. Dieser ist auch im Zivilrechtsweg möglich, ohne daß hier die Vorschaltung eines Verwaltungsakts erforderlich würde 3 2 3 . Denn durch die verwaltungsprivatrechtlichen Bindungen an das öffentliche Recht wird materiell-rechtlich bewirkt, daß die Verwaltung gerade nicht wie ein Privater Subventionen in Form von Darlehen oder Zuschüssen nach freiem Belieben oder wirtschaftlich bzw. politisch motivierter Opportunität vergeben kann. Im äußersten Fall kann Art. 3 GG hier vielmehr einem Kontrahierungszwang gleichkommen 324 . So entsteht ein materieller Anspruch, den der Konkurrent nun auch mit den Möglichkeiten des Zivilprozesses (Lei3 1 9

Allgemeine Ansicht seit Siebert, Privatrecht im Bereich der öffentlichen Verwaltung, in: FS für Niedermeyer, 1953, 215 ff. (222); siehe statt aller Wolff IBachof, VerwR I, 9. Aufl. 1974, § 23 II b, S. 108.

3 2 0

Harries, FS Werner, S. 211.

3 2 1

Statt aller Kopp, VwGO, Rn. 9 zu § 40.

3 2 2

323

3 2 4

Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 62 f. Für diese Vorschaltung Bleckmann, SubvR, S. 88. Im Ergebnis dagegen Flessa, DVB1. 1985, 1365 (1366); Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 60 f.; Harries, FS Werner, S. 205 f.; Stober, WiVerwR II, Rn. 1204. Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 60.

256

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

stungsklage auf Vertragsabschluß mit § 894 ZPO) durchsetzen kann 3 2 5 . Kann der Konkurrent dagegen zwar Gleichbehandlung verlangen, bleibt aber offen, wie diese zu erfolgen hat, kommt anstelle der dann im Verwaltungsprozeß angezeigten Bescheidungsklage im Zivilprozeß die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO in Betracht 326 . Im wesentlichen erleidet der SN also durch den Verweis auf den ordentlichen Rechtsweg keine nennenswerten Nachteile 327 . Durchgreifende Bedenken gegen eine rein privatrechtliche Subventionsvergabe bestehen deshalb nicht 3 2 8 . Konkret könnte sich diese folgendermaßen vollziehen: Im Antrag auf Förderung liegt — je nach Förderungsart — ein Antrag auf Abschluß eines bürgerlich-rechtlichen Darlehens- oder Schenkungsvertrags (§§ 514 ff., 607 ff. BGB). Die Entscheidung des SG, ob er auf diesen Antrag eingeht, also die "Vergabeentscheidung" kann als Annahme i.S. von § 147 BGB erfolgen. Fügt der SG hier Bedingungen, Auflagen o.a. bei, greift § 150 Abs. 2 BGB ein; mit der Annahme des so fingierten neuen Antrags seitens des SG durch den Antragsteller kommt dann der privatrechtliche Vertrag zustande. In der Literatur wird zwar die privatrechtliche Konstruktion nur für die Fälle des Darlehens diskutiert, die Vergabe von Zuschüssen dagegen von vornherein der Handlungsform des Verwaltungsakts unterstellt 329 . Diese ohne Begründung vorgenommene Differenzierung überzeugt nicht: Sie geht von der Annahme aus, daß es für Zuschüsse dem zivilen Vertragsrecht an einer geeigneten Rechtsform fehle 330 . Doch dies trifft nicht zu: Selbst wenn man das Schenkungsrecht der §§ 514 ff. BGB hier für zu wenig individuell ausgeprägt halten wollte, bleibt aufgrund der im Vertragsrecht herrschenden Typenfreiheit (§ 305 3 2 5 3 2 6

327

3 2 8

Bleckmann, SubvR, S. 143; Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 62 f. Bethge, JR 1972, 139 (144); Götz. Wirtschaftssubventionen, S. 62 f. Die spezifischen prozebpraktischen Vorzüge des Verwaltungsrechtswegs (Amtsermittlung; kein Anwaltszwang; Fürsorge des Gerichts für die private Partei usw.) sollen hier vernachlässigt werden. Im Ergebnis wie hier BVerwG, Urt. v. 26.08.71, E 38, 281; BGH, Urt. v. 21./22.05.75, DVB1. 1975, 903 (904); OVG Münster, Urt. v. 22.09.82, NVwZ 1984, 522; Battis/Gusy, öffentliches WirtschaftsR, 1983, S. 133; Bleckmann, SubvR, S. 87 UJarass, JuS 1980, 115 (118); Knirsch, NVwZ 1984, 495 (496); Meister, DVB1. 1972, 593 ff.; Stober, WiVerwR II, Rn. 1204; WolffIBachof, VerwR III, § 154 VI d), S. 311; Götz, Wirtschaftssubventionen, S. 56 ff.

3 2 9

So Maurer, Allg VwR, § 17, Rn. 23, 25, 29.

3 3 0

Siehe etwa Ipsen, öffentliche Subventionierung, S. 68 ff.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

257

BGB) immer noch die Möglichkeit einer Zuschußvergabe aufgrund eines atypischen zivilrechtlichen Vertrags 331 .

b) Die konkret gewählte Rechtsform Auf der zweiten, praktisch/realen Ebene gilt es nun zu prüfen, ob die fraglichen nicht-staatlichen Instanzen von der Möglichkeit der privatrechtlich gestalteten Subventionsvergabe auch Gebrauch machen. Hierzu bedarf es der genauen Untersuchung der im Einzelfall angewandten Handlungsformen. Eine Vermutung dahingehend, private Subventionsmittler würden stets in den Handlungsformen des Privatrechts agieren, weil hierin mit ein Grund für ihre Einschaltung in das Vergabeverfahren zu sehen sei 3 3 2 , ist dabei ebenso wenig hilfreich wie die Vermutung, juristische Personen des Privatrechts handelten regelmäßig auch dann privatrechtlich, wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllen 333 . Jenseits all dieser im Einzelfall widerlegbaren Vermutungen bleibt Aufgabe individueller Prüfung, die konkret gewählte Rechtsform jeweils festzustellen 334. Hinweise für die getroffene Wahl liefert dabei der Wortlaut der in den Förderungsrichtlinien festgelegten Vergabemodalitäten. Der Gebrauch des Vokabulars des öffentlichen Rechts, wie "Bescheid", "Auflage", "Widerruf', "Rücknahme" spricht für die öffentlich-rechtliche, privatrechtliche Formeln wie "Darlehen", "Bürgschaft" für zivilistische Ausgestaltung. Der Ausdruck "Vertrag" als solcher bleibt zweideutig, weil damit sowohl ein privatrechtlicher Vertrag als auch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S. von §§ 54 ff. VwVfG gemeint sein kann 335 . 3 3 1

Ehlers, VerwArch 74 (1983), 112 (113 Fn. 3).

3 3 2

Zacher, VVDStRL 25 (1967), 372.

3 3 3

BVerwG, Urt. v. 11.12.80, DVB1. 1981, 637; ähnlich Zuleeg, FS Fröhler, S. 288.

3 3 4

Jooss, RiA 1987, 97 (101).

3 3 5

Ob eine Vermutung anzuerkennen ist, daß ein im Rahmen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben geschlossener Vertrag im Zweifel als öffentlich-rechtlicher Vertrag auszulegen sei, muß angesichts der hier vertretenen scharfen Trennung von materiell wahrgenommener Aufgabe und gewählter Handlungsform bezweifelt werden; so aber Erichsen, Jura 1982, 537 (544).

258

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

Bei den hier überprüften nicht-staatlichen Einheiten spricht die Mehrzahl der untersuchten Indizien für die Wahl einer privatrechtlichen Gestaltungsform. Neben der Selbsteinschätzung der befragten Fonds 336 ergibt sich dies insbesondere aus der Vergabepraxis. Als Beispiel sei hier der Kunstfonds e.V. herangezogen 337 . Seine Fördermittel werden dem Antragsteller von der Geschäftsstelle des Kunstfonds aufgrund eines "Förderungsvertrages" zur Verfügung gestellt. Dessen gesamte Ausgestaltung 338 deutet auf eine privatrechtliche Struktur hin, nicht zuletzt aber auch die im Streitfall vorgesehene Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs339. Noch deutlicher wird dieses Ergebnis anhand des Kuratoriums Junger Deutscher Film: Dessen Produktionsförderung wird ausdrücklich durch "Abschluß eines verbindlichen Darlehensvertrags" ausgereicht 340. Ergeben die Richtlinien dagegen Anhaltspunkte weder in der einen noch der anderen Richtung 341 , ist davon auszugehen, daß der eingeschaltete Mittler diejenige Handlungsform wählt, aufgrund derer er im Ergebnis rechtmäßig handelt: Dies ist nach allem bisher Gesagten aber nur die private Rechtsform. Das so anhand der Subventionsvergabeentscheidung paradigmatisch aufgezeigte Ergebnis läßt sich aber nach dem Grundsatz "a maiore ad minus" auch allgemein auf die "geringwertigeren" Kompetenzen der Verbände und der mit "sonstigen" Kompetenzen ausgestatteten exkorporierten Sachverständigengremien (Entscheidungsgremien) übertragen: Wenn schon die "Vergabeentscheidung" als solche in rein privatrechtlichen Formen getroffen werden kann, dann muß dies erst recht für alle ihr nachgeordneten, weil im Vollzug des Subventionsverfahrens getroffenen Entscheidungen gelten. Insbesondere die "Filterkompetenz" des Filmbüros Nordrhein-Westfalen e . V . 3 4 2 läßt sich so als Versagung der auf ein Zustandekommen des Vertragsschlusses erforderlichen 3 3 6

Insofern muß wiederum auf die dem Verfasser mitgeteilten Stellungnahmen verwiesen werden; vgl. oben Fn. 283.

3 3 7

Zu ihm S. 178 ff.

3 3 8

Siehe Ziff. 5 der Vergaberichtlinien.

3 3 9

Vgl. Fn. 336.

3 4 0

§ 5 der Produktionsförderungsrichtlinien.

3 4 1

So zB bei der Kunststiftung Baden-Württemberg GmbH.

3 4 2

Siehe oben S. 184.

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

259

Mitwirkungshandlung deuten; eine Leistungsklage gegen das Filmbüro (bzw. Feststellungsklage) auf positive Verbescheidung der Anträge im oben angedeuteten Zivilrechtsweg bliebe hier denkbar. Aber auch im Verhältnis der Verbände zu ihren einzelnen Mitgliedern kommt bei Rechtsstreitigkeiten in bezug auf die Höhe des von den Verbänden berechneten Anteils sinnvoll Zivilrecht zur Anwendung: Die primär vereinsrechtlichen Beziehungen zwischen Dachund Einzelverband werden jedoch durch die Bindungen des Verwaltungsprivatrechts, aufgrund dessen die Verbände in Wahrnehmung ihrer "sonstigen" Kompetenz handeln, überlagert. Damit ist das Rechtsverhältnis zwischen Mittlern und Empfängern stets privatrechtlich ausgestaltet: Bei Typ A beruht dies auf der Tatsache, daß es sich dort um keine Subventionierung, sondern um die Weiterleitung der Mittel aufgrund der satzungsgemäßen Aufgaben des Mittlers als Subventionsempfänger handelt; bei Typ Β und C liegt es an den soeben erörterten Gründen; bei Typ D schließlich besteht ein Rechtsverhältnis zwischen Mittlern und Empfängern überhaupt nicht 343 . Das Rechtsverhältnis zwischen Beleihendem (Staat) und Beliehenern (Mittler) kann dagegen nicht rein privatrechtlich begriffen werden. Es handelt sich dabei um ein genuin öffentlich-rechtliches Deckungsverhältnis 344; denn zugleich mit der noch privatrechtlich erklärbaren Überlassung der Mittel an Fonds und Verbände erfolgt die Ermächtigung dieser Instanzen mit der Ausübung der "Vergabekompetenz" oder "sonstiger" Kompetenzen. Diese Ermächtigung gehört aber unabhängig von der hierfür erforderlichen Handlungsform dem öffentlichen Recht an. In der Praxis werden die Mittel im Haushalt des Subventions3 4 3

Zu den verschiedenen Typen der Einschaltung von Subventionsmittlern siehe oben S. 212 ff.

3 4 4

BVerwG, Urt. v. 27.05.66, E 24, 154 (155) sieht das Verhältnis Staat - Mittler als öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis. Im Ergebnis wie hier für öffentlich-rechtliche Deutung Badura, WiVerw 1978, 137 (147); Bosse, Verwaltungsvertrag, S. 114; Ehlers, VerwArch 74 (1983), 112 (118); ders., Verwaltung, S. 453; Eyermann/Fröhler, VwGO, Rn. 47 zu § 40; Jooss, RiA 1987, 97 (100); Steiner, Öffentliche Verwaltung, S. 182 f. Anders dagegen Henke, Wirtschaftssubventionen, S. 92; Huismans, Diss., S. 145; Zuleeg, FS Fröhler, S. 295. Bleckmann, SubvR, S. 119 f., hält privatrechtliche wie öffentlich-rechüiche Gestaltung für möglich.

260

Dritter Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

trägers, also der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, bereitgestellt; die Ausgaben im Zusammenhang mit den Erläuterungen zu den einzelnen Kapiteln lassen Zweck und konkrete Verwendung der Mittel erkennen. Die eigentliche Vergabe im Wege der Globalzuweisung an die hierfür vorgesehene Mittlerorganisation erfolgt dann durch Zuwendungsbescheid345 oder öffentlich-rechtlichen Vertrag 346 , mit dem konkludent die Ermächtigung zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Sinne einer materiell/funktionellen Beleihung einhergeht. Schließlich bleiben die Fälle, in denen ein direktes Subventionsverhältnis zwischen dem Staat und den Endempfängern entsteht, also die Typen C und D. Dieses beurteilt sich nach den allgemeinen Regeln; insbesondere die Vergabe ohne oder nur mit beratender Beteiligung nicht-staatlicher Instanzen wird überwiegend in den "üblichen" Formen des verlorenen Zuschusses, also der Bewilligung durch Verwaltungsakt, erfolgen. Bei Typ A und Β hingegen kommt ein Rechtsverhältnis zwischen Staat und Endempfänger überhaupt nicht zustande, weil dies der Eigenverantwortlichkeit der dort handelnden Mittler und der selbständigen Wahrnehmung der Vergabekompetenz durch diese nicht gerecht würde 347 .

3. Die Bindung der Verwaltung an den Gremienentscheid Zuletzt bedarf es noch der Untersuchung eines im Zusammenhang mit dem Typus der "Entscheidungsgremien" 348 offengelassenen Punkts. Dort wurde als Kennzeichen dieser Gruppe im Unterschied zu den bloßen "Beratungsgremien" 3 4 5

Beitz, FS Zeidler II, S. 1632. Gegen die Anfechtbarkeit dieses Verwaltungsakts durch Konkurrenten des Subventionsempfängers Bleckmann, SubvR, S. 119.

3 4 6

ZB der Vertrag zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Goethe-Institut e.V. vom 31.07.1969.

3 4 7

Wie hier Bleckmann, SubvR, S. 13, 117; Huismans, Diss., S. 143 mwN; Rüfner, Formen, S. 410. Anders Zuleeg, Rechtsform, S. 94, mit der Begründung, der Empfänger könne das fehlende Rechtsverhältnis zum Staat notfalls durch "besonderen Antrag" herstellen. Kritisch dazu Eschenburg, Diss., S. 60, Fn. 2, und Rüfner, Formen, S. 410 m. Fn. 275.

3 4 8

Siehe oben S. 195 f.

261

III. Einzelne verwaltungsrechtliche Probleme

hervorgehoben, daß dem Gremienvotum in bezug auf die staatliche Letztentscheidung bindende Funktion zukommt. Fraglich ist, wie diese Bindung verwaltungsrechtlich eingeordnet werden kann. Die Bindung resultiert oberflächlich aus der expliziten Anordnung in Vereinbarungen oder Richtlinien 349 oder ergibt sich aus der Auslegung der Gremienfunktion im Gesamtregelungszusammenhang350. Für ihre dogmatische Verortung wäre zunächst an eine seitens der Verwaltung in Richtung auf eine stetige Übernahme des Gremienvotums erteilte "Generalzusage" i.S. von § 38 VwVfG zu denken. Doch betrifft eine Zusicherung nach dieser Vorschrift stets nur den Erlaß eines bestimmten Verwaltungsakts. Die Behörde kann sich nach § 38 VwVfG demgegenüber nicht verpflichten, eine Mehrzahl von Entscheidungen in bestimmter Form und mit bestimmtem Ergebnis zu treffen, wenn der Kreis der Betroffenen ex ante weder bestimmt noch bestimmbar ist. Im Falle eines evidenten Rechtsmißbrauchs durch das Entscheidungsgremium, etwa durch Verstoß gegen die auch für die nicht-staatlichen Instanzen geltenden Direktiven der Kunstfreiheitsgarantie, wäre die Verwaltung dann aufgrund dieser Generalzusage gezwungen, rechtswidrig zu entscheiden oder aber sich auf einen langwierigen Verwaltungsprozeß um die Einhaltung der Zusage einzulassen. Diese Konstruktion scheidet also aus rechtlichen wie praktischen Gründen aus. Richtiges verwaltungsrechtliches Instrument, um dem Gremienvotum zu der erwünschten Bindungswirkung zu verhelfen, ist vielmehr das Institut der Ermessensbindung351. Die Entscheidung über die Subventionsvergabe seitens der Verwaltung fällt nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 40 VwVfG). Die Möglichkeit einer Selbstbindung der Behörde durch den Erlaß von ermessensbindenden Richtlinien, durch langdauernde Gleichbehandlung einer tatsächlichen Fallkonstellation oder infolge des so entstandenen Vertrauensschutzes sind 3 4 9

So im Fall des Filmbüros Nordrhein-Westfalen e.V., siehe oben S. 182 f.

3 5 0

So im Fall des Auswahlausschusses nach den FFRi a.F., siehe oben S. 188 f. Fälle einer rechtsatzmäßigen Bindung konnten demgegenüber nicht entdeckt werden.

3 5 1

OVG Lüneburg, Urt. v. 27.05.82, NJW 1983, 1218; Höfling, Hufen, NVwZ 1983, 516 (522).

DÖV 1985, 387 (396);

262

Drier Teil: Die Einschaltung nicht-staatlicher Instanzen

bekannt. Im hier fraglichen Fall tritt nun eine Ermessensbindung durch die antezipierte Anerkennung des Gremienvotums als abschließende Entscheidung in bezug auf die künstlerisch-ästhetische Bewertung im Rahmen der Vergabeentscheidung ein; das Sachverständigenurteil wird sozusagen vorab als verbindlich akzeptiert und der staatlichen Letztentscheidung zugrundegelegt. Hat die Verwaltung sich einmal in der beschriebenen Form gebunden, sind ihrer weiteren Gestaltungsfreiheit Grenzen gesetzt. Sie verzichtet damit auf die Ausschöpfung des eigenen Ermessensspielraums in bezug auf die künstlerisch-ästhetische Bewertung 352 und es verbleiben ihr damit insofern nur noch die Mittel der Rechtmäßigkeitskontrolle. Eine Abweichung vom "allgemeinverbindlichen Sollensurteil" 353 ist dann außer in Punkten, die nicht mit der Bewertung zusammenhängen, nur noch bei reinen Rechtsfehlern möglich, also im Falle von Verfahrensfehlern, Tatsachenirrtümern, sachfremden Erwägungen oder sonstigem Ermessensmißbrauch seitens des Gremiums 354 . Setzt die Behörde dagegen ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Gremiums, ohne daß hierfür ein sachlicher Grund vorliegt, und weicht so von der antezipierten Selbstbindung ab, so kann dies die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge haben 355 . Damit ist dem Gebot einer materiellen Entstaatlichung in optimaler Weise Rechnung getragen. Demgegenüber verursacht die Stellungnahme eines reinen Beratungsgremiums diese weitreichende Bindung nicht. Hier stellt das Gremienvotum einen von zahlreichen Faktoren dar, die in die Ermessensausübung durch die Behörde einfließen. Diese umfaßt dann auch die künstlerisch-ästhetische Beurteilung. Zwar liegt im Falle der willkürlichen Nichtbeachtung des Sachverständigenurteils durch die Verwaltung ebenfalls ein u.U. zur Rechtswidrigkeit führender Ermessensfehler vor, doch scheitert dies in der Praxis regelmäßig daran, daß sich angesichts der Subjektivität der Maßstäbe stets ein sachlicher Grund für die Abweichung der Behörde vom Votum des Beratungsgremiums finden lassen wird. 3 5 2 3 5 3 3 5 4

3 5 5

Im Sinne der "zweiten Stufe" Hufens, NVwZ 1983, 516 (522). Graul, Künstlerische Urteile, S. 87. Siehe Graul, Künstlerische Urteile, S. 74, 88; ferner Höfling, einem Beispiel aus der Praxis. Hufen, NVwZ 1983, 516 (522).

DÖV 1985, S. 395, mit

Thesen 1. Der Begriff "Kunstsubvention" setzt sich aus zwei ihrerseits mit definitorischen Problemen behafteten Begriffen zusammen. Einer Ausdehnung des Subventionsbegriffs auf kulturfördernde Maßnahmen stehen keine Bedenken entgegen, weil Kunstförderung einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck darstellt. 2. Kunstfreiheit und Kunstförderung stehen im Verhältnis unauflöslicher Ambivalenz. Öffentliche Kunstsubventionierung ist dennoch, trotz der mit ihr einhergehenden Ingerenzen, eine vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 3 GG zulässige Staatsaufgabe. Das Grundgesetz legt Staat und Kunst nicht auf das Verhältnis des "status negativus" fest. 3. Weder Staat noch Gemeinden sind objektiv-rechtlich zur Kunstförderung verpflichtet. Die in einzelnen Landesverfassungen enthaltenen Aussagen zur Förderpflicht enthalten nur programmatisch-appellative Absichtserklärungen. Eine auf die Konstruktion einer Förderpflicht zielende Verfassungsauslegung scheitert am normativen Befund. Abzulehnen ist — auch de lege ferenda — insbesondere eine Ausgestaltung von Kunstförderung als kommunaler Pflichtaufgabe. 4. In besonders gelagerten Einzelfällen kann sich aus den allgemeinen Regeln über die Ermessensreduzierung ein subjektiv-rechtlicher Anspruch eines übergangenen Konkurrenten auf Subventionierung ergeben. 5. Die objektiv-rechtliche Funktion der Kunstfreiheitsgarantie zeigt sich nicht in der Statuierung von Rechtspflichten, sondern wirkt als Direktive an die Ausgestaltung von Organisation und Verfahren der öffentlichen Kunstsubventionierung. 6. Eigengesetzlichkeit, Autonomie und Neutralität bezeichnen die drei wesentlichen Strukturaussagen der Kunstfreiheitsgarantie hinsichtlich einer freiheitsoptimierenden Verfahrensgestaltung. Ihre Verwirklichung läßt sich effektiv nur

264

Thesen

in einer pluralistischen Subventionierungspraxis erreichen. Weitere Strukturprinzipien wie Subsidiarität, Dezentralität und Transparenz erfüllen nur Randfunktionen. 7. Ein "aktives" Verständnis von Neutralität führt zur Zulässigkeit der künstlerisch-ästhetischen Bewertung des Kunstwerks bei der Vergabeentscheidung. 8. Die grundrechtsunmittelbaren Strukturprinzipien grenzen den Kreis der zulässigen Bewertungskriterien ein. Das Merkmal der künstlerischen Qualität steht dabei unverzichtbar im Mittelpunkt, kann aber durch andere Kriterien wie Akzeptanz oder Bedürftigkeit ergänzt werden. 9. Aus Art. 5 Abs. 3 GG lassen sich keine zwingenden Aussagen hinsichtlich eines bestimmten Förderungsmodells ableiten. Pluralismus gebietet vielmehr ein größtmögliches Nebeneinander der verschiedensten Vergabeformen und -techniken. 10. Ein Modell der Förderungsselbstverwaltung der Kunst bei materieller Entstaatlichung der Vergabeentscheidung durch Delegation an nicht-staatliche Instanzen ist verfassungsrechtlich zulässig, aber verfassungsrechtlich nicht geboten. Aus Art. 5 Abs. 3 GG kann allenfalls eine Empfehlung an die Staatspraxis folgen, auch dieses Modell im Sinne einer Optimierung pluralistischer Vergabeformen zu praktizieren. 11. Beim Versuch einer Typisierung der im Rahmen des Modells der Förderungsselbstverwaltung handelnden Instanzen kommt es entscheidend auf das Merkmal der konkret wahrgenommenen Funktion in bezug auf das Subventionsverfahren an. 12. Ein empirischer Überblick über beispielhaft ausgewählte Erscheinungsformen von Förderungsselbstverwaltung ergibt als vier Typen der Einschaltung von nicht-staatlichen Instanzen Fonds, Verbände, Entscheidungs- und Beratungsgremien.

Thesen

265

13. Eine abstrakte Einordnung dieser Typen in das Institut der Subventionsvermittlung und damit in das Subventionsverhältnis muß den jeweils wahrgenommenen Funktionen Rechnung tragen und Pauschallösungen vermeiden. 14. Die statusrechtliche Qualifikation derjenigen nicht-staatlichen Instanzen, die mit der selbständigen Wahrnehmung von Aufgaben auf dem Gebiet öffentlicher Kunstsubventionierung betraut sind, ergibt deren Stellung als Beliehene in einem materiellen Sinn. Das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage bleibt unschädlich, solange sich diese Instanzen auf die — rechtlich mögliche — Subventionsvergabe in privater Rechtsform beschränken. 15. Beliehene können zulässigerweise in privatrechtlichen Handlungsformen agieren. Die Rechtspraxis kennt hierfür Beispiele. Die auf dem Gebiet der öffentlichen Kunstsubventionierung mitwirkenden Beliehenen lassen sich hier aufgrund der von ihnen konkret praktizierten Vergabetechniken einordnen. 16. Verwaltungsrechtliches Instrument für die Übernahme des Gremienvotums in die staatliche Letztentscheidung ist das Institut der Selbstbiiidung des Vergabeermessens durch antezipierte Anerkennung des Sachverständigenurteils.

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