Europarechtliche Regulierung der telefonischen Markt- und Sozialforschung [1 ed.] 9783428484850, 9783428084852

Gegenstand dieser Untersuchung sind der Stellenwert und der rechtliche Schutz der telefonischen Markt- und Sozialforschu

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German Pages 119 Year 1995

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Europarechtliche Regulierung der telefonischen Markt- und Sozialforschung [1 ed.]
 9783428484850, 9783428084852

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ANDREAS HELDRICH · HORST EIDENMÜLLER

Europarechtliche Regulierung der telefonischen Markt- und Sozialforschung

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Erlangen-Nümberg durch die Professoren Dr. Wolfgang Blomeyer und Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 2

Europarechtliche Regulierung der telefonischen Marktund Sozialforschung Von

Andreas Heldrieb Horst Eidenmüller

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Heldrich, Andreas: Buroparechtliche Regulierung der telefonischen Markt- und Sozialforschung I von Andreas Heldrieb ; Horst Eidenmüller. Berlin: Duncker und Humblot, 1995 (Beiträge zum europäischen Wirtschaftsrecht ; Bd. 2) ISBN 3-428-08485-3 NE: Eidenmüller, Horst:; GT

Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 3-428-08485-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

EJ

Vorwort Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind der Stellenwert und der rechtliche Schutz der telefonischen Markt- und Sozialforschung in Europa. Anlaß der Untersuchung ist ein Normsetzungsvorhaben der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, das unter anderem auf eine Beschränkung der telefonischen Umfrageforschung abzielt. Die Untersuchung wirft Fragen zum europäischen Wirtschaftsrecht auf, die eine über den konkreten Anlaß hinausreichende Bedeutung besitzen. In ihrem Zentrum stehen die Kompetenz der Gemeinschaft zur Rechtsangleichung gemäß Art. 100a EGV, Inhalt und Justitiabilität des Subsidiaritätsprinzips, der europäische Grundrechtsschutz bei wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Betätigung sowie das Verhältnis zwischen europäischem und nationalem Grundrechtsschutz. Die Untersuchung ist aus einem Rechtsgutachten hervorgegangen, das im Frühjahr 1995 dem Arbeitskreis deutscher Marktforschungsinstitute e. V. erstattet wurde. München, im Juni 1995

Andreas Heldrich

Horst Eidenmüller

Inhaltsverzeichnis A. Einführung I.

Sachverhalt .................... .... .... ........................................................ .. 11

II. Problemstellung ................... ....................... .. .... ................................ 18

B. Regulierung der telefonischen Markt- und Sozialforschung I.

Auslegung von Art. 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.

2.

Geschützter Personenkreis ......................... ...... .............................. 20 a)

Auslegungsgrundsätze ................................................ .. ... .. ..... 20

b)

Auslegung .......... ... .... .................................................... ... ... 21

Einbeziehung der Markt- und Sozialforschung? ... ..... .............. .... ........ 23 a)

Begriffsbestimmung ....................... .. ................. ...... ....... ...... .. 23

b)

Auslegung ............ ............................................................ .. . 25

3.

Schutz vor unerbetenen Anrufen ........................................ .......... ... 26

4.

Mitteilungspflicht des Angerufenen ................... .. .......................... ... 27

5.

Bedeutung von Art. 13 Abs. 2 für computerunterstützte Telefoninterviewsysteme ............................................................. ............ 29

II. Rechtsgrundlage von Art. 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1.

Grundlagen der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzordnung .... ....... ..... 31 a)

Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ...................... ..... 31

b)

Wahl der Rechtsgrundlage ............................................ ........... 32

2.

Die Argumentation der Kommission ...... ...... .................................... 32

3.

Reichweite der Kompetenz aus Art. 100a EGV ....................... .... ....... 33

4.

Läßt sich eine Beschränkung der telefonischen Markt- und Sozialforschung auf Art. lOOa EGV stützen? ................................. ...... ... ... 35 a)

Gibt es eine Spezialkompetenz? ................................... .. ..... ...... 35 aa) Schutz der Privatsphäre ........... .... .. ... .............. ....... ........... 35 bb) Binnenmarkt für die Telekommunikation ............... ...... .......... 36

Inhaltsverzeichnis

8

(1) Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit ........ ..... ...... .. . 36 (2) Überwachung von Monopolunternehmen ........................ 39 b)

Schutz der Privatsphäre und Binnenmarkt für die Telekommunikation ............................................ ......................... .... ........ 40 aa) Beseitigung von Handelsschranken ...... ................................ 41 bb) Herstellung unverfälschter Wettbewerbsbedingungen ............ ... 42

c) 5.

Schutz der Privatsphäre und Binnenmarkt für die Markt- und Sozialforschung ............ ............. ...... ... ... ........... ....... .. ........... 44

Gibt es eine andere Kompetenz? ................ .. ..................... ..... ......... 46 a)

Binnenmarktunabhängige Regelung des Verbraucherschutzes (Art. 129a Abs. 1 b) EGV) .............. .......................... ....... ..... .. 46

b)

Kompetenz zur Vertragslückenschließung (Art. 235 EGV) .............. 47 aa) Bezug zum Gemeinsamen Markt ........... ....................... .. ..... 48 bb) Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft ............. ..... ..... .... 49 cc) Erforderlichkeil ..... ............................ ................. ... ...... ... 49

III. Art. 13 im Lichte des Subsidiaritätsprinzips ....... ........................ ............. 50 1.

2.

Subsidiaritätsprinzip im engeren Sinne ...... .......................... ..... ..... ... 51 a)

Inhalt und gerichtliche Überprüfbarkeil ............... .. .......... .......... . 51

b)

Art. 13 Abs. 1 des Richtlinienvorschlages im Lichte des Subsidiaritätsprinzips ...................... ...... .................... ..... .. ...... 54

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ................. ......................... ..... ....... . 57 a)

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Teil des Subsidiaritätsprinzips im weiteren Sinne ....... ....... ............ ......... ........ .......... ....... ..... 57

b)

Art. 13 Abs. 1 des Richtlinienvorschlages im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ........................................................ 59

IV. Art. 13 und Gemeinschaftsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1.

Grundlagen des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes .............. 61 a)

Rechtsquellen ..................... ...................................... .... ..... .. 61

b)

Grundrechtsträger, Adressat und Rang der Grundrechte ............. .... 65

c)

Schranken .... .... ............ .... ..... ......... ... ............. ...... ... ............ 66

d)

Schranken-Schranken ... ......... .................................... ....... ..... . 67 aa) Der Verhältnismäßigkeilsgrundsatz ...................................... 68 bb) Wesensgehaltsgarantie .......... ....... ... ...................... ... .. .. ..... 70

2.

Freiheitsgrundrechte und telefonische Markt- und Sozialforschung .... ... ... 71

Inhaltsverzeichnis

a)

9

Gewährleistungstatbestände .................................................. .. . 71 aa) Eigentum ................................. ........ .............................. 71 bb) Berufsausübung ... ........................................................ .. . 73 cc) Wissenschafts- und Forschungsfreiheit ................................. 75 (1) Gewährleistung als Gemeinschaftsgrundrecht ....... .... ........ 76 (2) Präzisierung des Schutzbereiches ..................... .......... ... 78 (3) Markt- und Sozialforschung als Wissenschaft/Forschung? ... 80 dd) Informationsfreiheit ............... ........................................... 82 (1) Gewährleistung als Gemeinschaftsgrundrecht .............. ..... 83 (2) Präzisierung des Schutzbereiches ......................... ......... 83

b)

Rechtfertigung des Eingriffs ........................................ ... .......... 85 aa) Schutz der Privatsphäre ....................................... .... ......... 85 (1) Legitimität des Ziels .. .... .. ...... ..... ... ............... .. .. .. ........ 87 (2) Geeignetheil ........................ ....................... .. ............ 88 (3) Erforderlichkeil ............................................... ...... .... 88 (4) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ........................ ... . 89 bb) Binnenmarkt für die Telekommunikation ..... .............. ..... ....... 95

3.

Allgemeiner Gleichheitsgrundsatz und telefonische Markt- und Sozialforschung .................................... ...................................... 96 a)

Allgemeiner Gleichheitsgrundsatz als Gemeinschaftsgrundrecht ........ 96

b)

Sachwidrige Einbeziehung der telefonischen Markt- und Sozialforschung? ................................................................... 97

V. Art. 13 und deutsche Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 99 l.

Grundrechtsschutz gegen EG-Rechtsakte mit unmittelbarer Wirkung ....... 99

2.

Grundrechtsschutz gegen Ausführungsrecht zu EG-Richtlinien ....... .. .... 102

3.

Konsequenzen für den vorliegenden Fall ....................................... .. 104

C. Ergebnisse I.

Auslegung von Art. 13 ................................ .................................... . 106

II. Rechtsgrundlage von Art. 13 .............................................................. 106 III. Art. 13 und Subsidiaritätsprinzip .... ... ................ ..... ......... .......... ...... ... . 107 IV. Art. 13 und Gemeinschaftsgrundrechte ... ... ... .. .... ...... .... .. .... ........ .......... 108 V. Art. 13 und deutsche Grundrechte ....................................................... 109

10

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis .......................................... .. ....... ................ ..... ... .. .. 111 Sachverzeichnis . .... .. ............. ................ ............ ........................ ........... 116

A. Einführung I. Sachverhalt Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft wird seit längerer Zeit über eine Harmonisierung der mitgliedstaatliehen Vorschriften zum Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten diskutiert. Angesichts der raschen technologischen Entwicklung im Bereich der Telekommunikation gewinnt vor allem der Datenschutz in Telekommunikationsnetzen zunehmend an Bedeutung. Nach Ansicht der Kommission stellen die unterschiedlichen datenschutzrechtlichen Ansätze der Mitgliedstaaten und das Fehlen eines Schutzsystems auf Gemeinschaftsebene ein Hemmnis für die Vollendung des Binnenmarktes dar. 1 Für die Tätigkeit der Betriebe und Forschungseinrichtungen sowie für die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des gemeinsamen Binnenmarktes sei ein funktionierender grenzüberschreitender Datenfluß unerläßlich. Das Fehlen eines europaweiten gleichartigen Datenschutzes könne jedoch zur Folge haben, daß ein Mitgliedstaat den grenzüberschreitenden Datenfluß mit der Begründung behindere, daß der Datenschutz im Ausgangs- oder Bestimmungsland fehle oder unzureichend sei. 2 Zudem könne es aufgrund der Verschiedenartigkeit der datenschutzrechtlichen Vorschriften in den Mitgliedstaaten zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den privaten Wirtschaftsteilnehmern kommen, wenn diese in ihrem jeweiligen Land unterschiedlich strengen Vorschriften unterliegen. 3 Schließlich sei ein Gemeinschaftsansatz für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten auch für die Entwicklung der Informatikindustrie und leistungsfahiger Telematikdienste ein wesentliches Erfordernis. Die Gemeinschaftspolitiken und -programme für die Entwicklung der Informations- und Telekommunikationsindustrie und die Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1990a) S. 4. 2

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (l990a) S. 4; (l990b) S. 17.

3

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (l990b) S. 17.

12

A. Einführung

Verwirklichung des Binnenmarktes drohen nach Ansicht der Kommission ernsthaft behindert zu werden, wenn nicht eine aktive Politik der Einführung, Entwicklung und Förderung von Sicherheitsnormen für die Informationssysteme betrieben wird. 4 Die Kommission hat deshalb im Jahre 1990 mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen eine Harmonisierung der mitgliedstaatliehen Vorschriften zum Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zur Datensicherheit in Informationssystemen erreicht werden soll. Zu diesen Maßnahmen gehören zwei Vorschläge für Richtlinien des Rates: ein Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten5 und ein Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre in öffentlichen digitalen Telekommunikationsnetzen, insbesondere im diensteintegrierenden digitalen Telekommunikationsnetz (ISDN) und in öffentlichen digitalen Mobilfunknetzen.6 Mit dem ersten Richtlinienvorschlag geht es der Kommission um eine " ... Angleichung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ... ". 7 Durch eine "Rahmenrichtlinie" bzw. "allgemeine Richtlinie" soll in allen Mitgliedstaaten ein gleichwertiges hohes Schutzniveau im Hinblick auf die Grundrechte der Person, insbesondere das Recht auf Privatsphäre, erreicht werden.8 Der zweite Richtlinienvorschlag zielt demgegenüber darauf ab, die "allgemeine Richtlinie" durch die Anwendung der Grundsätze des Datenschutzes auf den spezifischen Bedarf der neuen Telekommunikationsnetze zu vervollständigen ..Eine auf den Telekommunikationssektor bezogene "sektorielle Richtlinie" soll "... den Telekommunikationsbenutzern in allen Mitglied-

4

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (l990a) S. 4 f.

S

ABl. Nr. C 277 v. 5.11.1990, S. 3 ff.

6

ABl. Nr. C 277 v. 5.11.1990, S. 12 ff.

7

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1990a) S. 6.

8

Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1990a) S. 5 f.

I. Sachverhalt

13

staaten ein Basisschutzniveau durch Maßnahmen garantieren, die in die von den neuen Netzen gebotenen Dienste zu integrieren sind. •9 Beide Richtlinienentwürfe wurden in der Folgezeit kontrovers diskutiert. In einer ausführlichen Stellungnahme setzte sich insbesondere der Wirtschaftsund. Sozialausschuß mit den Vorschlägen der Kommission auseinander.10 Obwohl er das Vorgehen der Kommission im Grundsatz für berechtigt hielt (Ziff. 1.1.1. der Stellungnahme), übte er doch an der Konzeption beider Richtlinienentwürfe und an einer Vielzahl von Einzelheiten Kritik. Unter dem Eindruck der kritischen Diskussion legte die Kommission in der Folgezeit zwei modifizierte Richtlinienentwürfe vor: einen geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehrt I und einen geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre in digitalen Telekommunikationsnetzen, insbesondere im diensteintegrierenden digitalen Telekommunikationsnetz (ISDN) und in digitalen Mobilfunknetzen.l2 Aus der Sicht der telefonischen Markt- und Sozialforschung ist insbesondere der zuletzt genannte Richtlinienentwurf der Kommission von Bedeutung. Die Kommission stützt ihn auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), insbesondere auf dessen Art. lOOa (Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung des Binnenmarktes).l3 In den Erwägungsgründen führt sie dazu folgendes aus: "6. Telekommunikationsnetze erfordern spezielle rechtliche, ordnungspolitische und technische Vorschriften, um die personenbezogenen Daten und die Privatsphäre der Benutzer

9

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (l990a) S. 8.

10

ABI. Nr. C 159 v. 17.6.1991, S. 38 ff.

11 ABI. Nr. C 311 v. 27.11.1992, S. 30 ff. Vgl. dazu jetzt den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 20.2.1995, ABI. Nr. C 93 v. 13.4.1995, S. I ff. sowie- ihn analysierend Rüpke (1995). 12

ABI. Nr. C 200 v. 22.7.1994, S. 4 ff.

13 Die Rechtsgrundlage wird in dem Eingangssatz des geänderten Richtlinienentwurfes angegeben. Vgl. auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1994) S. 3.

14

A. Einführung gegenüber den zunehmenden Risiken zu schützen, die mit der elektronischen Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten in diesen Netzen verbunden sind. 7. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits abweichende Vorschriften für diesen Bereich erlassen; mehrere andere Mitgliedstaaten erarbeiten derzeit Vorschriften, die die bestehenden Unterschiede verstärken könnten. 8. Da diese abweichenden rechtlichen, ordnungspolitischen und technischen Vorschriften für den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre bei der Einführung von Telekommunikationsnetzen in der Gemeinschaft, insbesondere des diensteintegrierenden digitalen Kommunikationsnetzes (ISDN) und digitaler Mobilfunknetze Hindernisse ergeben, die der Schaffung eines Binnenmarktes für die Telekommunikation entsprechend von Artikel 8 Ades Vertrages im Wege stehen, ist wegen des Ausmaßes dieser Unterschiede und der Notwendigkeit, gemeinschaftsweite grenzüberschreitende Telekommunikation zu gewährleisten, eine spezielle Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene erforderlich. Die geplante Harmonisierung ist jedoch entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip streng beschränkt auf die speziellen Anforderungen, die als Ergebnis der Einführung neuer Funktionen in Telekommunikationsnetzen aufgekommen sind. "14

Im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip setzt sich die Kommission auch mit der Frage auseinander, ob eine Verordnung notwendig ist oder ob eine Richtlinie, die die allgemeinen Ziele festlegt und ihre Ausführung den Mitgliedstaaten überläßt, ausreicht. Dabei kommt die Kommission zu dem Ergebnis, daß eine Richtlinie ausreicht. "Die vorgeschlagene Richtlinie beschränkt sich darauf, die allgemeinen Grundsätze festzulegen, und läßt den Mitgliedstaaten größtmögliche Freiheit bei der Umsetzung." 15 In Art. 13 des geänderten Richtlinienentwurfes, der aus Art. 17 des ursprünglichen Entwurfes hervorgegangen ist, findet sich eine Bestimmung folgenden Inhalts: "Unerbetene Anrufe (1) Unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie ... über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz gewährleisten die Mitgliedstaaten durch entsprechende Maßnahmen, daß Teilnehmer, die das nicht wünschen, keine unerbetenen Anrufe erhalten, mit denen Werbung oder Verkaufsförderung/-forschung betrieben werden.

14 ABI. Nr. C 200 v. 22.7.1994, S. 6. Vgl. auch Art. 1 Abs. 1 des geänderten Richtlinienvorschlages sowie Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1994) S. 3 f. Ähnlich hatte die Kommission bereits im Hinblick auf den ursprünglichen Richtlinienvorschlag argumentiert. Vgl. Art. 1 Abs. 1 sowie die Erwägungsgründe 10 - 12 dieses Vorschlages und Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1990c) S. 86 f ., 90. 15

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1994) S. 3.

I. Sachverhalt

15

(2) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, daß Geräte zur Übermittlung automatischer Ansagen, die verkaufsfördernden oder werbenden Zwecken dienen, nur gegenüber Teilnehmern benutzt werden dürfen, die dem zugestimmt haben. (3) Absätze l und 2 finden auf Telefaxe entsprechende Anwendung."

Die deutsche Fassung dieser Bestimmung unterscheidet sich erheblich von der englischen Fassung: "Unsolicited calls 1. . . . Member States shall take appropriate measures to ensure that unsolicited calls for prornotional or advertising/research purposes are not allowed in respect of subscribers who do not wish to receive these calls. 2. The use of automatic call devices for transmitring pre-recorded messages may only be used in respect of subscribers who have given their consent.

3 . ...•. Übersetzung der Verfasser: "1. . . . Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, daß unverlangte Ann.~fe zu Zwecken der Verkaufsförden.~ng, der Werbung oder der Forschung im Hinblick auf solche Teilnehmer nicht erlaubt werden, die derartige Ann.~fe nicht erhalten wollen. 2. Automatische Ann.~f-Einrichtungen zur Übermittlung vorher aufgezeichneter Nachrichten dürfen nur gegenüber solchen Teilnehmern benutzt werden, die dem zugestimmt haben [die doppelte Verwendung des Wortes use ist offensichtlich ein Versehen]. 3 .... ·.16

Im Gegensatz zu der deutschen Fassung sollen die Mitgliedstaaten a1so nach der englischen Fassung nicht nur gewährleisten, daß unerbetene Anrufe zu Zwecken der Verl«lufsforschung unterbunden werden. Der Regelungsauftrag bezieht sich vielmehr weitergehend offenbar auf unerbetene Anrufe zu Forschungszwecken (research) schlechthin. Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt darin, daß die deutsche Fassung in Abs. 2 den Zustimmungsvorbehalt auf automatische Ansagen zu verkaufsfördernden oder wer16 Die Übersetzung der Begriffe promotional or advertisinglresearch purposes in Abs. l gestaltet sich schwierig. Im Text wird der Schrägstrich (slash) als "oder" übersetzt. Allerdings stellt der Schrägstrich zwischen den Begriffen advertising und research auch eine Beziehung her, so daß man advertisinglresearch auch übersetzen könnte mit: "Werbung bzw. Werbe-Forschung. • Die im Text gewählte Übersetzung ("Werbung oder Forschung") entspricht der spanischen Fassung (o de investigacion). Da die spanische Fassung eindeutig auch die (reine) Forschung einbezieht, ergeben sich aus diesem Übersetzungsproblem für die weitere Argumentation keine Konsequenzen.

A. Einführung

16

benden Zwecken beschränkt. Eine derartige Qualifikation enthält die englische Fassung demgegenüber nicht. Wiederum anders als in der deutschen und der englischen heißt es in der französischen Fassung: "I. .. . les Etats membres prennent les mesures appropriees pour assurer que les appels non sollicites effectues a des fins promotionnelles ou commerciales, ou en vue de proposer Ia fourniture de biens et de services ne soient pas autorises dans le cas des abonnes ayant fait savoir a un organisme designe par I'Etat membre concerne qu'ils ne souhaitent pas recevoir ces appels. 2. Les Etats membres veillent a ce que les dispositifs d'appel automatique destines a Ia diffusion de messages preenregistres de nature promotionnelle ou publicitaire ne peuvent etre utilises que pour atteindre des abonnes ayant donne leur consentement. 3 .... ". Deutsche Übersetzung der Verfasser: "1. Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, daß unerbetene Anrufe zu Zwecken der Verkaufsforderung, des Handels oder des Angebots der Lieferung von Gütern und Dienstleistungen nicht zugelassen sind, wenn die Teilnehmer einer durch den Mitgliedstaat bestimmten Organisation mitgeteilt haben, daß sie derartige Anrufe nicht zu erhalten wünschen. 2. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß automatische Anruf-Einrichtungen zur Übertragung vorher aufgezeichneter Nachrichten mit einem verkaufsfördernden oder werbenden Inhalt nur eingesetzt werden können, um solche Teilnehmer zu erreichen, die vorher ihre Zustimmung gegeben haben.

3.... •.

Im Gegensatz zu der deutschen und der englischen Fassung betrifft Art. 13 Abs. 1 in der französischen Fassung weder die "Verkaufsforschung" noch die "Forschung". Anders als in der deutschen und der englischen Fassung wird darüber hinaus spezifisch vorgeschrieben, daß ein Fernsprechteilnehmer seine Ablehnung gegenüber unerbetenen Anrufen einer von dem Mitgliedstaat bestimmten Organisation mitteilen muß. Abs. 2 beschränkt - ebenso wie in der deutschen, aber anders als in der englischen Fassung - den Zustimmungsvorbehalt auf automatische Ansagen zu verkaufsfördernden oder werbenden Zwecken. Ähnliche Unterschiede wie zwischen der deutschen, der englischen und der französischen Fassung finden sich auch, wenn man die italienische, die spanische und die niederländische Fassung der Vorschrift in die Betrachtung mit einbezieht. In der folgenden Abbildung werden die wichtigsten Unterschiede

...

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[ !l: g.

nicht konkretisiert

Art. 13 Abs. 1: Mitteilungspßlcht des Angerufenen

Ansage

Wetbung Verlcaulilflirderung

wu~rbeten

Art. 13 Abs. 1: Art des Anrufs

Art. 13 Abs. l: Art der Nachricht/

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Deut.ch

Art. 13 Abs. 1: Zweck des Anrufs

Tatbestlindel Recht.folgen

Sprachen

nicht konkretisiert

nicht konkretisiert

WlYOrlangt

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Englisch

Wetbung Verlcaulilflirderung

I

Wetbung Verlcaulilßrderung

nicht konkretisiert

Mitteilung gegenüber einer vom MitgliedStaat bestimmten Organisation

I

Wlerwilnscht

Werbung Angebot von Giltern Wld Dienstleistungen

V erlcaulilßrderung

Italienisch

Wlerbeten

Verlcaulilflirderung Handel Angebot von Giltern und Dienstleistungen

Französisch

I

I

nicht konkretisiert

nicht konkretisiert

unerbeten