Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance: Eine interdisziplinäre und vergleichende Analyse zum Fluch und Segen der Spekulation und ihrer Regulierung durch Recht und Markt [1 ed.] 9783428520305, 9783428120307

Die Regulierung von Kapitalmarktspekulation steht seit Jahren im Mittelpunkt rechtspolitischer Debatten. Kernproblem ist

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German Pages 334 Year 2006

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Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance: Eine interdisziplinäre und vergleichende Analyse zum Fluch und Segen der Spekulation und ihrer Regulierung durch Recht und Markt [1 ed.]
 9783428520305, 9783428120307

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 6

Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance Eine interdisziplinäre und vergleichende Analyse zum Fluch und Segen der Spekulation und ihrer Regulierung durch Recht und Markt

Von

Lars Klöhn

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

LARS KLÖHN

Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Bonn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 6

Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance Eine interdisziplinäre und vergleichende Analyse zum Fluch und Segen der Spekulation und ihrer Regulierung durch Recht und Markt

Von

Lars Klöhn

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Göttingen hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 3-428-12030-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2005 von der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität zu Göttingen als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand vom 01.07.2005; vereinzelt konnte auch danach veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur berücksichtigt werden. Mein Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Dipl. Oec. Prof. Dr. Gerald Spindler, der mich seit nunmehr sieben Jahren inspiriert und fördert und der mir sowohl bei der Auswahl des Dissertationsthemas als auch beim Verfassen dieser Arbeit jeglichen erdenklichen wissenschaftlichen Freiraum gewährt hat. Danken möchte ich außerdem Herrn Prof. Dr. Alexander Bruns, LL.M. für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Den Herausgebern dieser Schriftenreihe danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit. Herrn Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Dipl.-Kfm. fühle ich mich darüber hinaus verbunden, weil ich das Glück hatte, von ihm im Wintersemester 2001/2002 – kurz vor dem 64. Deutschen Juristentag – das Kapitalmarktrecht zu erlernen. Nicht entstanden wäre die Arbeit ohne die bedingungslose Förderung, Anteilnahme und Hilfsbereitschaft meiner Eltern und meines Bruders. Am schwersten in Worte zu fassen ist der Dank an meine Mutter. Ihr sei diese Arbeit daher gewidmet. Meiner Freundin Farahnaz danke ich für schier unerschöpfliches Interesse an allen Ideen, die ich je hatte, für ihr Verständnis und dafür, dass sie mir immer wieder gezeigt hat, dass auch noch eine Welt außerhalb dieser Arbeit existierte. Ein Teil der Arbeit ist während meines LL.M.-Studiums an der Harvard Law School entstanden, das der DAAD durch ein Stipendium ermöglicht hat. Ihm sei ebenso gedankt wie der Studienstiftung des Deutschen Volkes, deren Förderung ich in anderem Zusammenhang genießen durfte. Die Drucklegung dieser Arbeit ist durch einen großzügigen Zuschuss der Deutschen Bank AG unterstützt worden, mein Dank hierfür gilt Herrn Prof. Dr. Reinhard Marsch-Barner. Katharina Apel, Katrin Kepper, Fabian L. Christoph und Andreas Schmidtke vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, Rechtsvergleichung der Georg-August-Universität Göttingen danke ich dafür, dass sie eine frühere

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Vorwort

Fassung dieser Arbeit Korrektur gelesen haben. Für Hilfe bei der Literatursuche möchte ich Olaf Berner sowie Michael Breyer danken. Professor Lynn Stout von der UCLA Law School sowie Professor Lucian Bebchuk (Harvard) gaben mir wertvolle Kommentare, als die Arbeit noch in den Kinderschuhen steckte. Besonders danken möchte ich schließlich Herrn PD Dr. phil. Ekkehard Stephan für das ein oder andere äußerst erhellende Gespräch über die psychologischen Grundlagen dieser Arbeit und für die Durchsicht der im Glossar definierten psychologischen Fachbegriffe. Hamburg, im Dezember 2005

Lars Klöhn

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung und Definition des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff der Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mikroskopische Analyse der Spekulation: Warum findet Spekulation statt?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Spekulation und Risikotransfer (Keynes, Hicks) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spekulation als Informationsarbitrage (repräsentativ: Grossman/Stiglitz). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Spekulation und heterogene Erwartungen (Hirshleifer, Working). . . . a) Das Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schlussfolgerungen für die Natur der Spekulation und Abgrenzung zu den anderen Spekulationsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Agency-Modell der Spekulation (Dow/Gorton) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Spekulation in der Realität: Marktstruktur, Marktteilnehmer und Handelsstrategien (Grundlagen der Markt-Mikrostruktur) . . . . . . . . . . . . . 1. Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dealer-Märkte (dealer-markets, quote-driven markets). . . . . . . . . . b) Auktionsmärkte (Order-Märkte, order-driven market) . . . . . . . . . . c) Brokered market . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Hier zugrunde gelegte Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Marktteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Profitmotivierte Händler und utilitarian traders . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erscheinungsformen der utilitarian traders . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung der utilitarian traders für die Märkte. . . . . . . . . . . b) Unterformen profitmotivierter Händler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Informiert und uninformiert (noise trader) . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spekulanten und Dealer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Handelsstrategien von Spekulanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aktive und passive Händler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informierte und parasitäre Spekulanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Handelsstrategien informierter Händler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Value traders (erster Blick auf das Konzept der Markteffizienz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) News Traders. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (3) Informationsorientierte technische Händler (information-oriented technical traders) . . . . . . . . . . . . . . . (4) Arbitrageure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Handelsstrategien parasitärer Händler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Order-Antezipatoren (order anticipators) . . . . . . . . . . . . . . (a) Stimmungsorientierte technische Händler (sentiment-oriented technical traders – weiterer Blick auf das Konzept der Markteffizienz) . . . . . . . . . (b) Squeezers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bluffer (bluffers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erste Implikationen für die Abgrenzung von „gutem“ und „schlechtem“ Spekulieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Teleskopische Analyse der Spekulation: Spekulation und Wohlfahrt . . . . 1. Nutzen der Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Preisstabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Markteffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einleitung und Grundbegriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spekulation als Mechanismus von Markteffizienz . . . . . . . . . . cc) Wohlfahrtsökonomische Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Risikoallokation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Öffnung von Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Finanzielle Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) „Sicheres“ Spekulieren als Belohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kosten der Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allokationseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Handelskosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Such- und Informationskosten (die Überinvestitionsthese Hirshleifers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Implikationen für die Abgrenzung von „gutem“ und „schlechtem“ Spekulieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Behavioral Finance. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Theoretische Grundlagen traditioneller Finanzierungstheorie . . . . . . . . a) Subjective Expected Utility Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rational Expectations Theory. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bayes’ Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rational Choice Theory als Kern des traditionellen Verständnisses von Spekulation – das no trade theorem . . . . . . . . . 3. Kontrastprogramm der Behavioral Finance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Wie entscheiden Anleger? Prospect Theory und ihre Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Reflection effect und loss aversion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Framing und mental accounting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Erweiterung: status-quo bias, endowment effect, sunk cost fallacy, house money effect . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gewichten von Wahrscheinlichkeiten (certainty effect und andere Phänomene) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis: Das vierfach Muster der Risikoeinstellungen (four-fold pattern of risk attitudes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Implikationen für das Anlegerverhalten, insbesondere disposition effect. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Informationswahrnehmung und Informationsverarbeitung: Weitere für das Anlegerverhalten zentrale Heuristiken und Urteilsverzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Representativeness heuristic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ambiguity aversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Conservatism/belief-perseverance, confirmation bias . . . (4) Anchoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Availability heuristic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Implikationen für das Anlegerverhalten, insbesondere Über- und Unterreaktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Über- und Unterreaktionsphänomene. . . . . . . . . . . . . . (b) Weitere Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Warum spekulieren schlecht kalibrierte Anleger überhaupt? Warum lernen sie nicht? Warum verlassen sie nicht den Markt?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Overconfidence, overoptimism, self attribution bias, hindsight bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Implikationen für den Kapitalmarkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Implikationen für die Abgrenzung „guten“ und „schlechten“ Spekulierens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zur Systemhaftigkeit von Fehleinschätzungen, insbesondere conformity effect und herding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Limits of arbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Risiken von Arbitrageuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs (short sale constraints) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Agency-Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Arbitrageur und Investor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Fondsmanager und Arbitrageur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gläubiger-Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Koordinationsprobleme (synchronization risk) . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis ff) Transaktionskosten und begrenzte Rationalität von informierten Händlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 gg) Noise trader-Profitmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4. Zusammenfassung, weitere Implikationen für die Abgrenzung von „guter“ und „schlechter“ Spekulation und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 134

§ 3 Behavioral Decision Theory und Jurisprudenz: Behavioral Law & Economics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Diskussion von Behavioral Law & Economics . . . . . . . . . . . . 1. Argumente pro und contra Behavioral Law & Economics . . . . . . . . . . 2. Argumente pro Behavioral Law & Economics gerade im Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grenzen und erste allgemeine Vorgaben für die rechtliche Analyse im Lichte der Behavioral Decision Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Paternalismus und Paternalismus-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation mit Hilfe der Prospekt- und Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung von Disclosure für Markt und Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospekt- und Ad-hocMitteilungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Konzept der Bereichsöffentlichkeit als Einstieg in das Problem . a) Bestandsaufnahme zum deutschen und europäischen Recht . . . . . . b) Rechtsvergleichender Blick auf die Vereinigten Staaten: Die Bereichsöffentlichkeit als selective disclosure im Sinne von Regulation „Fair Disclosure“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtspolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das „Windschattenargument“ und seine Revision . . . . . . . . . . bb) Liquidität und Lerneffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Empirische Absicherung: Studien zu den Auswirkungen von Regulation FD in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sollte Behavioral Finance nicht sogar eine Ausweitung des Konzepts der Bereichsöffentlichkeit fordern? . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Veröffentlichung von Ad-hoc-Meldungen de lege lata . . . . . . aa) Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Deutsche Rechtslage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertungsmaßstab für den Inhalt von Emissionsprospekten und Ad-hoc-Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwei Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestandsaufnahme zum deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsvergleich mit dem Recht der Vereinigten Staaten . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

11

d) Rechtspolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schwächen des Marktes für Anlageberatung. . . . . . . . . . . . . . . bb) Das „Windschattenargument“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Heterogene Erwartungen und exzessive Spekulation auf Bullen-Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Selektive Wahrnehmung und suboptimales Handelsvolumen auf Bären-Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Das breite Anlegerpublikum als Chance für mehr Markteffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Beeinflusst Lesbarkeit Anlageentscheidungen?. . . . . . . . . . . . . gg) Informationsüberlastung (information overload)?. . . . . . . . . . . hh) Informations- und sonstige Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . ii) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Anforderungen an die Formulierung von Emissionsprospekt und Ad-hoc-Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Warnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Warnung im formellen Sinne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Warnung im materiellen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Diskussion: formelle und materielle Warnung . . . . . (2) Erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Availability bias und Paritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . (b) Fehler bei der Informationsgewichtung und die Verwendung graphischer Veranschaulichungen und Vergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verhältnis von Erklärungen und Warnungen . . . . . . . . . . . (4) Grenzen der Verhaltenssteuerung durch Kapitalmarktinformation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Informationsadressat und Rechtsprobleme de lege lata . . . . . . . . . aa) Der Informationsadressat de lege lata. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Weitere ausgewählte Probleme des geschriebenen Rechts . . . (1) Die Pflicht zur narrativen Aufarbeitung von Jahresabschlussangaben im Emissionsprospekt . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Verhältnis der Ad-hoc-Publizität zur handelsrechtlichen Regelpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die buried facts doctrine und die Lehre vom Gesamteindruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Erweiterungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Spekulative Information in Emissionsprospekt und Ad-hoc-Mitteilung . 1. Begriff der spekulativen Information. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Problematik: Wie viel spekulative Information braucht und verträgt der Markt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zukunftsgerichtete Information, insbesondere Prognosen. . . . . . . . . . .

178 178 182 183 184 184 184 185 187 188 188 189 189 193 193 194 194

195 195 197 198 198 200 200 203 206 207 207 208 208 209 212

12

Inhaltsverzeichnis a) Bestandsaufnahme zur Deutsche Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Recht der Emissionsprospekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Recht der Ad-hoc-Meldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Umgang mit dem Problem der zukunftsbezogenen Information in Rechtsprechung und Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinigte Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung „guten“ und „schlechten“ Spekulierens durch die Veröffentlichung zukunftsorientierter Information. . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Anforderungen an die Veröffentlichung zukunftsorientierter Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätzliche Konzepte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einordnung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Paternalismusdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Warne und erkläre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Diskussion de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Informationsfilterungsmodell. . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Haftungsmodell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Warnungsmodell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vorschlag: „Erkläre, warne und vorenthalte“ als Prinzip für die Veröffentlichung zukunftsgerichteter Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zukunftsgerichtete Information de lege lata. . . . . . . . . . . . bb) Der probability/magnitude-test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung und Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gerüchte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung, Begriffliches, Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung von Gerüchten für die Spekulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtwirtschaftliche Implikationen von Spekulation aufgrund von Gerüchten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kommentierungspflicht aus § 15 WpHG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtliche Annäherung an das Thema und Kernfrage. . . . . . . bb) Notwendigkeit einer gesetzlichen Pflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Für und Wider einer Kommentierungspflicht . . . . . . . . . . dd) Deutsche Rechtslage vor dem AnSVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rechtsvergleichender Blick auf ein Alternativmodell: Die Listing Rules der NYSE und NASDAQ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Kommentierungspflicht – de lege lata und de lege ferenda. . (1) Kommentierungspflicht de lege lata. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kommentierungspflicht de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . gg) Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 212 214 217 218 218 221 222 223 223 226 226 227 227 227 227 230

230 233 234 236 237 237 239 239 240 241 241 242 244 245 246 246 251 252 252

Inhaltsverzeichnis

13

IV. Alternativkonzept: Aufklärungspflichten, insbesondere von Banken und Discount-Brokern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Plädoyer für einen Anlegertest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insbesondere: Die Rolle von Discount-Brokern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

253 253 254 256

§ 5 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Anhang 1: Graphische Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Anhang 2: Mathematischer Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Glossar der wichtigsten finanzökonomischen und psychologischen Fachbegriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Abkürzungsverzeichnis A. A.2d Acc. Org. & Soc’y Acc. Rev. ACLR Advances Exp. Soc. Psychol. aff’d. AJAE All E. R. ALR Am. Econ. Rev. Am. J. Psychol. Am. L. & Econ. Rev. Am. Psychologist Amex Ann. Rev. Psychol. AnSVG Appl. Cog. Psychol. Appl. Fin. Econ. BaFin B.U.L. Rev. Bearb. Behav. & Brain Sci. BFuP Bus. Law. Cal. Cal. L. Rev. CAPM Ch. Chi-Kent L. Rev. Cir. COB 3 COB 7 Cog. Psychol. Colum. L. Rev.

Atlantic Reporter Atlantic Reporter, Second Series Accounting, Organizations and Society Accounting Review Australian Company Law Reports Advances in Experimental Social Psychology affirmed American Journal of Agricultural Economics All England Law Reports American Law Reports American Economic Review American Journal of Psychology American Law & Economics Review American Psychologist American Stock Exchange Annual Review of Psychology Anlegerschutzverbesserungsgesetz Applied Cognitive Psychology Applied Financial Economics Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Boston University Law Review Bearbeitung Behavioral and Brain Sciences Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis The Business Lawyer California California Law Review Capital Asset Pricing Model Chapter Chicago Kent Law Review Circuit Court of Appeals (federal) Handbook fo Rules and Guidance (FSA), Chapter 3 Handbook fo Rules and Guidance (FSA), Chapter 7 Cognitive Psychology Columbia Law Review

Abkürzungsverzeichnis Comm. Ct. Contemporary Acc. Res. Cornell L. Rev. C.P.A. Journal CSA D. DBW D.C. Del. DJT Duke L.J. ECMH Econ. Inquiry E.D. Ed. ed. eds. Eur. Econ. Rev. Eur. J. Soc. Psychol. Eur. Rev. Soc. Psychol. F. F. 2d F. 3d F.Supp. Fed. Sec. L. Rep. Fin. Analysts J. Fin. Rev. Fla. Fla. L. Rev. Fordham L. Rev. FSA Geo. L.J. Geo. Wash. L. Rev. Hamline L. Rev. Harv. Bus. Rev. Harv. L. Rev. Indus. Mgmt. Rev. Int. Econ. Rev. Int. J. Forecasting J. Accountancy J. Acct. & Econ. Jap. Econ. Rev.

Commercial Court Contemporary Accounting Research Cornell Law Review Certified Public Accountant Journal Canadian Securities Administrators District Court (federal) Die Betriebswirtschaft District of Columbia Delaware Deutscher Juristentag Duke Law Journal Efficient Capital Market Hypothesis Economic Inquiry Eastern District Edition Editor Editors European Economic Review European Journal of Social Psychology European Review of Social Psychology Federal Reporter Federal Reporter, Second Series Federal Reporter, Third Series Federal Supplement Federal Securities Law Reporter Financial Analysts Journal Financial Review Florida Florida Law Review Fordham Law Review Financial Services Authority Georgetown Law Journal George Washington Law Review Hamline Law Review Harvard Business Review Harvard Law Review Industrial Management Review International Economic Review International Journal of Forecasting Journal of Accountancy Journal of Accounting and Economics Japanese Economic Review

15

16 J. J. J. J. J. J. J. J. J. J. J. J. J. J.

Abkürzungsverzeichnis

Applied Psychol. Journal of Applied Psychology Behav. Dec. Making Journal of Behavioral Decision Making Behav. Fin. Journal of Behavioral Finance Bus. Journal of Business Corp. L. Journal of Corporation Law Econ. Behav. & Org. Journal of Economic Behavior and Organization Econ. & Bus. Journal of Economics and Business Econ. Lit. Journal of Economic Literature Econ. Persp. Journal of Economic Perspectives Econ. Psychol. Journal of Economic Psychology Educational Psychol. Journal of Educational Psychology Empir. Fin. Journal of Empirical Finance Exp. Psychol. Journal of Experimental Psychology Exp. Psychol.: Journal of Experimental Psychology: Human Perception Hum. Percep. Perf. and Performance J. Exp. Psychol.: Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory Learning, Memory and Cognition and Cognition J. Exp. Soc. Psychol. Journal of Experimental Social Psychology J. Fin. Journal of Finance J. Fin. & Quant. Analysis Journal of Financial and Quantitative Analysis J. Fin. Econ. Journal of Financial Economics J. Fin. Markets Journal of Financial Markets J. Fin. Services Res. Journal of Financial Services Research J. Forecasting Journal of Forecasting J. Futures Markets Journal of Futures Markets J. Int. Econ. Journal of International Economics J. Int. Money & Fin. Journal of International Money and Finance J. L. & Econ. Journal of Law and Economics J. Legal Stud. Journal of Legal Studies J. Macroeconomics Journal of Macroeconomics J. Monetary Econ Journal of Monetary Economics J. Money, Credit & Journal of Money, Credit and Banking Banking J. Occupational & Journal of Occupational and Organizational Psychology Organizational Psychol. J. Personality & Soc. Journal of Personality and Social Psychology Psychol. J. Pol. Econ. Journal of Political Economy J. Portfolio Mgmt. Journal of Portfolio Management J. Psychol. & Fin. Journal of Psychology and Financial Markets Markets J. Publ. Econ. Journal of Public Economics

Abkürzungsverzeichnis J. Risk & Uncertainty J. Soc. & Clin. Psychol. J. Socio-Econ. Law & Hum. Behav. Law & Soc’y Rev. Marketing Sci. Md. Md. L. Rev. Mgmt. Sci. Mich. L. Rev. Minn. Minn. L. Rev. Mo. NASDAQ N.D. N.E. N.E.2d Nev. No. N.W. N.W.2d Nw. U. L. Rev. N.Y. NYSE N.Y.U. L. Rev. Org. Behav. & Hum. Decision Processes Org. Behav. & Hum. Perf. OSC P. P.2d Pa. Pol. Sci. Q. ProspektVO Psychol. Bulletin Psychol. Rev. Psychol. Sci. Q.B. Q. J. Econ. Q. J. Exp. Psychol.

17

Journal of Risk and Uncertainty Journal of Social & Clinical Psychology Journal of Socio-Economics Law and Human Behavior Law and Society Review Marketing Science Maryland Maryland Law Review Management Science Michigan Law Review Minnesota Minnesota Law Review Missouri National Association of Securities Dealers Automated Quotation System Northern Disctrict oder North Dakota North Eastern Reporter North Eastern Reporter, Second Series Nevada Number North Western Reporter North Western Reporter, Second Series Northwestern University Law Review New York New York Stock Exchange New York University Law Review Organizational Behavior and Human Decision Processes Organizational Behavior and Human Performance Ontario Securities Commission Pacific Reporter Pacific Reporter, Second Series Pennsylvania Political Science Quarterly Prospektverordnung Psychological Bulletin Psychological Review Psychological Science Queens Bench Division Quarterly Journal of Economics Quarterly Journal of Experimental Psychology

18 Res. Org. Behav. Rev. Econ. & Stat. Rev. Econ. Stud. Rev. Fin. Stud. Rev. Futures Markets Rutgers L. Rev. S. Cal. Interdisc. L.J. S. Cal. L. Rev. S.D. S.E. S.E.2d SEC Sec. Act Rel. Sec. Ex. Act Rel. Stan. L. Rev. S.W. S.W.2d Texas L. Rev. U.C. Davis L. Rev. U. Chi. L. Rev. U. Cin. L. Rev. U. Pa. L. Rev. U. Pitt. L. Rev. U.S. U.S.C. U.S.C.A. Va. L. Rev. Vand. L. Rev. Wash. & Lee L. Rev. Wash. U. L.Q. Wm. & Mary L. Rev. WpAIV WpPG W. Va. Yale L.J. zfbf

Abkürzungsverzeichnis Research in Organizational Behavior Review of Economics and Statistics The Review of Economic Studies Review of Financial Studies Review of Futures Markets Rutgers Law Review Southern California Interdisciplinary Law Journal Southern California Law Review Southern District oder South Dakota South Eastern Reporter South Eastern Reporter, Second Series Securities Exchange Commission Securities Act Release Securities Exchange Act Release Stanford Law Review South Western Reporter South Western Reporter, Second Series Texas Law Review University of California at Davis Law Review University of Chicago Law Review University of Cincinnati Law Review University of Pennsylvania Law Review University of Pittsburgh Law Review United States oder United States Supreme Court Reporter United States Code United States Code Annotated Virginia Law Review Vanderbilt Law Review Washington & Lee Law Review Washington University Law Quaterly William and Mary Law Review Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Wertpapierprospektgesetz West Virginia Yale Law Journal Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

Hinsichtlich der oben nicht aufgeführten Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl., Berlin, New York, 2003 (bearbeitet von Butz, Cornelie).

§ 1 Einleitung und Definition des Themas Auf Märkten werden nicht nur Angebot und Nachfrage zusammengeführt, auf Märkten wird auch gewettet. Dies tun Marktteilnehmer, indem sie auf zukünftige Preisbewegungen spekulieren. Verbreitet ist Spekulation insbesondere auf Kapitalmärkten, deren niedrige Handels- und sonstige Transaktionskosten, hohe Liquidität und reichhaltige Produktpalette die Bedürfnisse von Spekulanten par excellence befriedigen. Ist Spekulation gut oder schlecht? Zu den Grundkenntnissen jedes Ökonomen gehört, dass Spekulation ein Nullsummenspiel (zero-sum game) ist, bei dem der Vorteil des einen dem Nachteil des anderen Spekulanten entspricht.1 Da Spekulation kostspielig ist, könnte man zu der Ansicht gelangen, Spekulanten würden als Gruppe durch ihre Aktivität ärmer – ein kürzlich unter anderem von Hans Werner Sinn vorgetragenes Ergebnis.2 Hierzu passt es, dass Spekulanten gesellschaftlich schon immer mit Skepsis oder gar Feindseeligkeit begegnet wurde.3 Sie wurden moralisch verbannt, als „Glücksspieler“ bezeichnet, als Parasiten, die Profit erzielten, indem sie soziale Not kreierten, und als Schmarotzer, die Geld verdienten, ohne im Gegenzug zu produzieren oder eine Dienstleistung zu erbringen.4 Erklärungen hierfür mag man neben der Qualifikation der Spekulation als Nullsummenspiel in der Tatsache finden, dass Spekulanten allein mit ein wenig Geld und Glück den Sprung zu großem Reichtum schaffen konnten, 1 Etwa Baumol, 39 Rev. Econ. & Stat. 263, 264 (1957); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 176; Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 1006 (1992). Zum Begriff Baird/Gertner/Picker, Game Theory and the Law, 1994, S. 43, 317. Relativierend Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 295: Spekulationsgeschäfte können Nullsummenspiele sein. 2 Kemp/Sinn, 51 Jap. Econ. Rev. 84 (2000): „speculation is a dubious economic activity which can be very profitable for individuals but harmful from the viewpoint of society as a whole“; ebenso Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 622 ff. (1995); Stout, 75 Wash. U. L.Q. 791, 797 (1997); Stout, 48, Duke L.J. 701, 746 (1999). 3 s. hierzu Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 994 (1992); Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 294 f.; Schwark, FS Steindorff, 1990, 473, 474 ff.; Stevens, 7 Pol. Sci. Q. 419 (1892); ausführlich zur moralischen Beurteilung von Spekulation und Terminhandel v. Nell-Breuning, Grundzüge der Börsenmoral 1928, S. 129 ff., 176 ff. 4 Hierzu Johnson, 84 J. Pol. Econ. 101, 102 (1976). s. auch Lerner, Everybody’s Business, 1961, S. 32.

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§ 1 Einleitung und Definition des Themas

was den etablierten Schichten höchst zuwider war. Spekulanten traf insoweit das typische Schicksal aller Neureichen.5 Auch das Recht teilte diese Skepsis: So enthielt nicht nur das BGB mit dem mittlerweile abgeschafften Differenzeinwand (§ 764 BGB) eine Norm, die Händler, die auf Preisentwicklungen spekulieren wollten, auf die transaktionskostenintensiven SpotMärkte drängte.6 Auch wurden manche Spekulationsgeschäfte mit dem Makel des Glücksspiels überzogen (vgl. für Deutschland § 762 BGB), was überall dieselben Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber „legitimer“ Geschäftstätigkeit bereitete.7 Mit dem Aufkommen der organisierten Termin- und Finanzmärkte schwand diese Skepsis. Ihren Beitrag dazu leistete auch die moderne Finanzierungstheorie, die nicht nur positive Externalitäten der Spekulation herausarbeitete, sondern Spekulation geradezu in den Mittelpunkt eines ihrer zentralen Theoreme stellte, der These von der Kapitalmarkteffizienz (Efficient Capital Market Hypothesis, ECMH). Diese spekulationsfreudige Tendenz hielt auch Einzug in die Jurisprudenz: Passend zum Satz Louis Loss’, einem der Nestoren des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts, jeder Kapitalmarktteilnehmer habe „das unveräußerliche Recht, sich selbst zum Narren zu machen“,8 öffneten und öffnen Rechtsprechung und Gesetzgeber die Märkte immer weiter für Spekulanten.9 Zeugnis hierfür ist etwa die stufenweise Abschaffung der Termingeschäftsfähigkeit und des Differenzeinwandes zunächst durch die Börsennovelle 198910 und dann durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz11 oder die Rechtsprechung des BGH zu den redu5

Zusf. Fabian, Card Sharps, Dream Books, & Bucket Shops, 1990, S. 153–202. Zur Spekulationsfeindlichkeit dieser Norm insbesondere Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 531 ff.; s. des Weiteren etwa Engel in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2002, § 764 Rn. 1. Zum Common Law ausführlich Stout, 48 Duke L.J. 701, 713 ff. (1999). 7 Übersicht zum deutschen Recht bei Habersack in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, § 762 Rn. 10. Für das Vereinigte Königreich insbesondere Morgan Grenfell & Co. Ltd. v. Welwyn Hatfield District Council (Islington London Borough Council, third party) [1995] 1 All E. R. 1 (Q.B. Comm. Ct.); für die USA Stout, 48 Duke L.J. 701, 713 ff. (1999); s. auch Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 1003–1005 (1992); für Australien Carragreen Currency Corporation Pty. Ltd. v. Corporate Affairs Commission (NSW), 11 ACLR 298, 319 (1986); für Kanada Grottenthaler/Henderson, The Law of Financial Derivatives in Canada (Loseblatt, Stand: 2003), S. 4–1 ff. 8 Loss, ZHR 129 (1967), 197, 208; kürzlich aufgegriffen von Caspari, NZG 2005, 98, 99. Ähnlich Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987 (1992): „there is no need to protect a fool from his or her investment folly so long as no fraud or manipulation is involved“. 9 Für die US-Rechtsordnung zusf. Stout, 3 Legal Theory 227 (1997). 10 Monographisch Wolter, Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, 1989. s. daneben insbesondere Assmann, FS Heinsius, 1991, S. 1; Kümpel, WM 1989, 1485, 1486 ff.; Schwark, FS Steindorff, 1990, 473, 482 ff. 6

§ 1 Einleitung und Definition des Themas

21

zierten Informationspflichten von Discount-Brokern gem. § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpHG.12 Auch diese spekulationsoptimistische Bewegung ist jedoch nicht ohne Widerhall geblieben. Beispiele von Spekulationsblasen und Börsen-Crashs (zuletzt die Internet-Blase um die Jahrtausendwende), durch Spekulation ausgelöste Unternehmensinsolvenzen – man denke nur an den britischen Trader Nicholas Leeson und den der Verfall der Barings Bank13 – sowie Studien über den Zusammenhang von Spekulation und regionalen Wirtschaftskrisen nähren die Ansicht, dass Kapitalmärkte nichts anderes seien als „kostspielige Casinos“.14 Aufgegriffen wurden solche Bedenken von einer beständig an Anhängerschaft gewinnenden Strömung innerhalb der Finanzierungsliteratur, der so genannten Behavioral Finance, die klassische Kapitalmarkttheorie mit Hilfe moderner Kognitions- und Sozialpsychologie hinterfragt. Die Einsichten dieser Bewegung sind jedoch bisher von der deutschen Bank- und Kapitalmarktrechtswissenschaft kaum wahrgenommen worden. In seinem Gutachten zum 64. Deutschen Juristentag schlägt Holger Fleischer den Beschluss vor: „Die Forschungsergebnisse der Behavioral Finance über Verhaltensanomalien der Anleger geben keinen Anlass zu rechtlicher Feinsteuerung. Sinnvoller Anlegerschutz kann hier allein darin bestehen, das Wissen des breiten Publikums über die Wirkungsweise von Kapitalmärkten zu verbessern“.15 Im krassen Gegensatz dazu steht eine kürzliche Stellungnahme zweier führender Finanz-Juristen aus den Vereinigten Staaten, Ronald J. Gilson und Reinier Kraakman: „We are far more confident about a second area in which Behavioral Finance might eventually inform regulatory policy: the protection of individual investors“.16 Die vorstehenden Überlegungen implizieren eine differenzierte Sichtweise: Spekulation kann volkswirtschaftlich schädlich sein, ihr Nutzen kann 11

Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland vom 21.6.2002, BGBl. I, S. 2010. Hierzu etwa Merkt in 64. DJT, Gutachten G, 2002, S. 101–103; Mülbert in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, Vor § 37d Rn. 1 ff. 12 Zuletzt BGH WM 2004, 24, 26 (Consors). 13 Kürzere Fallstudie bei Scott/Wellons, International Finance, 9th Ed. 2002, S. 1008–1034; vgl. aus der Aufsatzliteratur etwa Bair, 64 Ford. L. Rev. 1 (1995). 14 So Stout, 81 Va. L. Rev. 611 (1995) unter dem Titel „Are Stock Markets Costly Casinos? Disagreement, Market Failure, and Securities Regulation“. s. auch schon Friend, 62 Am. Econ. Rev. 212 (1972): „To much of the public, the stock market seems to be a legalized gambling casino“. 15 Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 37 f. Mehr Zutrauen in diese Forschungsrichtung jetzt aber bei Fleischer, FS Immenga, 2004, 575. Fleischer ist darüber hinaus einer der wenigen Kapitalmarktrechtler, die sich überhaupt mit dem Thema „Behavioral Finance“ beschäftigt haben, dazu noch u. § 3. 16 Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 738 (2003).

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§ 1 Einleitung und Definition des Themas

ihre Kosten jedoch auch überwiegen. Vor diesem Hintergrund wird die Abgrenzung von „guter“ und „schlechter“ Spekulation zu einer zentralen Aufgabe des Rechts.17 Die vorliegende Arbeit versucht sie auf drei Wegen zu lösen: durch eine finanztheoretische Untersuchung des Phänomens Kapitalmarktspekulation, eine kognitions- und sozialpsychologische Analyse des Denkens und Verhaltens von Kapitalmarktteilnehmern sowie – hierauf aufbauend – die rechtspolitische, dogmatische und vergleichende Studie desjenigen Teilbereichs des Kapitalmarktrechts,18 der für Spekulanten am relevantesten ist: das Recht der Emissionsprospekte und Ad-hoc-Mitteilungen. Bei alledem bleibt der Blick auf Spekulation an börslich organisierten Kapitalmärkten beschränkt.

17 Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 58 (2004); Kreitner, 100 Colum. L. Rev. 1096, 1097 (2000). Aus dem deutschen Schrifttum s. insbesondere Steindorff, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1985, S. 6: „(. . .) daß es falsch wäre, einseitig die Tendenz des Anlegerschutzes gegenüber spekulativen Geschäften zu verfolgen, daß es vielmehr darauf ankommt, im Rahmen gewisser Schutzbestimmungen zivilrechtlich die Geschäfte (auch spekulativer Natur) zu ermöglichen, die für einen Markt nötig und zweckmäßig sind“; gleichsinnig Steindorff, IPrax 1982, 49; zust. Schwark, FS Steindorff, 1990, 473, 473 f. Ganz allgemein auch Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 6: „Ziel der staatlichen Ordnungspolitik muß es sein, Anreize speziell für eine positive Form der Risikobereitschaft zu bieten und diese Förderungsmaßnahmen zugleich scharf von einer für die Gemeinschaft wertlosen oder gar schädlichen Risikofreude abzugrenzen“; im Hinblick auf Kapitalmarktspekulation ähnlich Henssler, a. a. O., S. 7. 18 Intensiv diskutiert wird, inwieweit das Steuerrecht dazu dienen kann, unerwünschte Spekulation einzudämmen. Diese Fragen bleiben hier ausgeklammert; s. zu diesem Thema bereits Keynes, The General Theory of Employment, Interest, and Money, 1936, S. 160; danach etwa Stiglitz, 3 J. Fin. Services Res. 101 (1989); Summers/Summers, 3 J. Fin. Services Res. 261 (1989); Mahoney, 81 Va. L. Rev. 713, 727 ff. (1995); Dow/Rahi, 73 J. Bus. 89 (2000); Daniel/Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 190 (2002).

§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation Der folgende Abschnitt durchleuchtet das Phänomen „Spekulation“ aus ökonomischer Perspektive. Warum und unter welchen Bedingungen wird spekuliert? Wer spekuliert? Welchen Nutzen hat Spekulation? Was kostet sie die Gesellschaft?

I. Begriff der Spekulation Jede gedankliche Näherung muss zunächst den Begriff der Spekulation definieren. Dabei benötigt diese Arbeit keinen allgemein-zivilrechtlichen Spekulationsbegriff,1 sondern lediglich eine Bestimmung dessen, was als Kapitalmarktspekulation aufgefasst wird. In den großen kapitalmarktrechtlichen Regelwerken (BörsG, WpHG, WpÜG, WpPG, VerkProspG, KAGG) taucht der Begriff der Spekulation nur in den §§ 23, 61 BörsG auf – dem Verbot der Verleitung zu Börsenspekulationsgeschäften. Das Börsengesetz definiert den Begriff jedoch nicht, sondern gibt nur in § 23 Abs. 2 BörsG zwei Regelbeispiele von Spekulationsgeschäften. Sowohl in den zu § 23 BörsG herausgearbeiteten Definitionen des Börsenspekulationsgeschäfts als auch in der sonstigen rechtlichen und ökonomischen Literatur wird als Spekulant klassischerweise bezeichnet, wer Vermögenswerte kauft, um sie bei höherem Preis wieder zu verkaufen, oder verkauft, um sie bei niedrigerem Preis zurückzukaufen.2 Spekulanten sind also Personen, die dadurch Profit erzielen wollen, dass sie zukünftige Preise vorhersagen3 und Positionen nur kurzfristig einnehmen4. Hiervon abzugren1

Eingehend hierzu Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 290 ff. Aschinger, Börsenkrach und Spekulation, 1995, S. 17 f.; Lerner, The Economics of Control, 1947, S. 88; Posner, Economic Analysis of Law, 6th Ed. 2003, S. 48; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 23 BörsG Rn. 2: „Börsenspekulationsgeschäfte sind An- oder Verkaufsgeschäfte, die in der Absicht geschlossen werden, aus inter-temporären Preisunterschieden einen Gewinn zu erzielen“; Stout, 48 Duke L.J. 701, 735 (1999); ebenso der Begriff der „Spekulation im engeren Sinne“ von Steinmann, Theorie der Spekulation, 1970, S. 3 f.; s. auch schon Stevens, 7 Pol. Sci. Q. 419, 420 f. (1892). 3 Hirshleifer, 32 J. Fin. 975, 993 f. (1977); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 194; Kaldor, 7 Rev. Econ. Stud. 1 (1939). 4 Zum Element der Kurzfristigkeit deutlich Regel 1.6.5 des von der britischen FSA herausgegebenen Code of Conduct: „whether for the purpose of long term 2

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

zen sind Marktteilnehmer, die dadurch Geld verdienen wollen, dass sie anderen Liquidität verkaufen (dealer, specialists, market makers), Geschäfte vermitteln (Broker) oder Vermögensgegenstände kaufen, um sie auf längere Sicht zu behalten (Investoren).5

II. Mikroskopische Analyse der Spekulation: Warum findet Spekulation statt? Die ökonomische Literatur zur Spekulation ist mittlerweile kaum überschaubar. Dies liegt vor allem daran, dass Gedanken zur Spekulation oft nicht als „Spekulationstheorie“ oder „Spekulationsökonomie“ entwickelt werden, sondern als Nebenprodukt zu anderen Themen – in Beiträgen zur Markt-Mikrostruktur6, zur Markteffizienzhypothese7 und zur allgemeinen Informationsökonomie8. Im Phänomen „Spekulation“ treffen sich daher Gedanken aus allen Bereichen moderner Finanzierungstheorie. Bezeichnenderweise wurde die erste fundierte Theorie über die Wirkungsweise der Kapitalmärkte überhaupt von dem französischen Mathematiker Louis Bachelier unter dem Titel „Théorie de la Spéculation“ veröffentlicht.9 Wirtschaftswissenschaftliche Modelle, die Spekulation zum Gegenstand haben, gibt es daher zu Tausenden. Diese befassen sich zumeist mit den Auswirkungen von Spekulation. Für diese Arbeit von Bedeutung sind jedoch zunächst Modelle, die nach dem Ursprung von Spekulation fragen, also danach (1) warum spekuliert wird und (2) wer spekuliert. Dies soll im Folgenden mikroskopische Analyse genannt werden. Sind die Beweggründe von Spekulanten verdeutlicht worden, wird die Arbeit einen teleskopischen Blick auf die Spekulation werfen und die Auswirkungen von Spekulation auf die soziale Wohlfahrt analysieren.10 Da beide Wirkrichtungen miteinander verwoben sind, sollen im Rahmen der mikroskopischen Analyse bereits Ausblicke auf wohlfahrtstheoretische Implikationen angedeutet werden. investment objectives, risk management or short term speculation“ (Hervorhebung im Original) sowie Aschinger, Börsenkrach und Spekulation, 1995, S. 18. 5 Ausführlich zu den Marktteilnehmern noch u. § 2 III.2. 6 Dazu noch ausführlich u. § 2 III. 7 Hierzu etwa Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl. 2004, S. 398 ff.; ausführliche Zusammenfassung bei Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, 7th Ed. 2003, S. 344–375. 8 Instruktive Einführung bei Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 93–177. 9 Bachelier, Théorie de la Spéculation, 1900. Empfehlenswert hierzu Bernstein, Capital Ideas, The improbable Origins of Modern Wall Street, 1993, S. 17–23. 10 Dazu u. § 2 IV.

II. Mikroskopische Analyse der Spekulation

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1. Spekulation und Risikotransfer (Keynes, Hicks) Wirtschaftswissenschaftliche Modelle zum Ursprung von Spekulation und den Motiven von Spekulanten sind überraschenderweise rar.11 Das chronologisch erste Modell wurde entworfen, als sich organisierte Terminmärkte zu etablieren begannen. Es geht zurück auf John Maynard Keynes und John R. Hicks.12 Man kann es als „Risikotransfermodell“ bezeichnen.13 Spekulation ist nach diesem Modell ein Instrument zur Allokation von Risiken. Fast jedes Wirtschaftssubjekt ist Risiken ausgesetzt: Fabrikanten fürchten, dass die Rohstoffpreise während der Produktionsphase fallen, Pensionsfonds fürchten, dass die Aktienkurse sinken, und Hauseigentümer fürchten, dass die Zinsraten fallen, nachdem sie ein Bankdarlehen aufgenommen und eine Hypothek oder Grundschuld bestellt haben. Gegen solche Preis- und Zinsrisiken kann man sich durch Handel versichern (sog. Hedge-Geschäft, hedging): Als Beispiel sei angenommen, Fabrikant F produziere Maschinen aus Stahl. Nachdem er im Sommer seine Lager mit Rohstahl aufgefüllt hat, fürchtet er, dass der Stahlpreis bis zum Abschluss von Lieferverträgen über die angefertigten Maschinen sinkt. Er verkauft also an der Terminbörse Stahlkontrakte, um bei fallenden Stahlpreisen einen Gewinn zu erzielen, der die Werteinbußen seines Stahls während der Produktionszeit kompensiert. Steigt der Stahlpreis nach dem Verkauf der Terminkontrakte, muss F zwar einen Verlust in seiner Hedge-Position verbuchen. Dieser wird jedoch durch den Wertzuwachs des gelagerten bzw. verarbeiteten Stahls ausgeglichen. Auf der anderen Seite des Hedges steht entweder ein anderer Hedger, der demselben Preisrisiko – in allerdings genau entgegengesetzter Richtung – ausgesetzt ist, in unserem Falle beispielsweise ein Verkäufer V, der von F Stahlmaschinen kauft, um damit bestehende Kaufverträge zu erfüllen (F und V sind in diesem Fall sog. natural hedgers14).15 Genauso kann Geschäftspartner aber ein Spekulant sein, der auf die Entwicklung des Stahlpreises wettet. Im Mittelpunkt des Risikotransfermodells steht dieser, in der Praxis häufiger vorkommende Fall des Spekulanten als Geschäftspartner. 11 s. auch das Fazit von Langevoort, 140 U. Pa. L. Rev. 851, 920 (1992): „We know surprisingly little about who buys or sells in the stock market (and why)“. 12 s. Keynes, A Treatise on Money, 1930; Hicks, Value and Capital, 2nd Ed. 1946, S. 137 ff. 13 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 539 (1975); Hirshleifer, 32 J. Fin. 975 (1977); Stout, 48 Duke L.J. 701, 736 (1999); Aschinger, Börsenkrach und Spekulation, 1995, S. 36 spricht von der „Versicherungsfunktion der Spekulation“. 14 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 183. 15 Im Gegensatz zu F gewinnt V, wenn der Stahlpreis fällt, er verliert, wenn der Stahlpreis steigt.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

Spekulation ist nach dem Risikotransfermodell also ein Mechanismus, durch den risikoaverse Marktteilnehmer (Hedger) mit risikoneutralen oder risikosuchenden Personen (Spekulanten) zusammengebracht werden, die bereit sind, ein bestimmtes Risiko gegen Prämie zu übernehmen.16 Dieses Zusammenspiel von Hedgern und Spekulanten gehört mittlerweile zum kleinen Einmaleins der Finanzwissenschaft. Dass Spekulation Hedging erlaubt und dass die Vorteile dieser Risikotransformation umso größer sind, je mehr Spekulanten am Marktgeschehen teilnehmen, wird auch von denjenigen anerkannt, die Spekulation ansonsten kritisch gegenüberstehen.17 Was das Risikotransfermodell als Modell der Spekulation besonders interessant macht, sind drei Punkte: Erstens findet Spekulation nach dem Risikotransfermodell zwischen Spekulanten auf der einen Seite und Hedgern auf der anderen Seite statt. Zweitens bringen nicht unterschiedliche Erwartungen über die Preisentwicklung Spekulanten und Hedger zusammen, sondern die unterschiedliche Bereitschaft, Risiken zu übernehmen. Schließlich hat Spekulation nach dem Risikotransfermodell positive gesamtwirtschaftliche Implikationen: Zum einen führt sie zum Abschluss gegenseitig vorteilhafter Geschäfte. Spekulanten verdienen an der Risikoprämie; Hedger erhalten eine preisgünstige Versicherungsmöglichkeit. Zum anderen stellt Konkurrenz unter den Spekulanten sicher, dass Risiken systematisch zu den Personen geleitet werden, die diese Risiken am günstigsten tragen können (least cost risk bearer). Auf Einzelheiten wird zurückzukommen sein.18 2. Spekulation als Informationsarbitrage (repräsentativ: Grossman/Stiglitz) Ein weiteres Spekulationsmodell richtet den Blick nicht auf die Fähigkeit von Spekulanten, Risiken zu übernehmen, sondern auf deren Möglichkeit, nach Information über zukünftige Preisentwicklungen zu suchen. Schlagwortartig kann man es als „Informationsarbitrage-Modell“ bezeichnen.19 Dieses Modell liegt den meisten wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Abhandlungen über Spekulation zugrunde20 und wurde gewissermaßen als 16 Neben den in Fn. 12 Genannten s. Feiger, 90 Q. J. Econ. 677 (1976); Figlewski, 36 J. Fin. 445 (1981); Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 296. 17 s. etwa Stein, 95 J. Pol. Econ. 1123, 1124 f. (1987). 18 s. u. § 2 IV.1.c). 19 So etwa Stout, 3 Legal Theory 227 (1997); Stout, 48 Duke L.J. 701, 737 (1999); s. auch schon Wang, 19 U.C. Davis L. Rev. 341, 344–349 (1986): „information arbitrage efficiency“. 20 s. etwa Bernhardt/Miao, 59 J. Fin. 339 (2004); Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 565–579 (1984); Posner, Economic Analysis of Law, 6th Ed. 2003, 458;

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Seitenstück zur ECMH herausgearbeitet21. Am deutlichsten als Modell der Spekulation wurde es im Jahre 1980 in einem für die ECMH grundlegenden Aufsatz von Sanford J.Grossman und Joseph E. Stiglitz präsentiert.22 In dem Modell Grossmans und Stiglitz’ partizipieren am Marktgeschehen zwei Arten von Personen: informierte „Arbitrageure“23 und uninformierte Marktteilnehmer. Die Informationssuche ist kostspielig. Informierte Händler erzielen Gewinn, indem sie mit uninformierten Marktteilnehmern profitable Geschäfte abschließen. Sie sind Spekulanten, d.h. sie kaufen, wenn sie Ware für unterbewertet halten, und verkaufen vermutlich überteuerte Güter. Ihre Gewinnspanne hängt somit einerseits von der Differenz zwischen Preis und Wert der gehandelten Instrumente ab, andererseits von den Informationskosten. Uninformierte Marktteilnehmer engagieren sich in Geschäften, deren nutzenstiftende Wirkung ebenfalls von der Zuverlässigkeit der Preise abhängt. Hier kann man etwa an Landwirte denken, die entscheiden müssen, welche Menge welchen Getreides sie anbauen, oder an Fabrikanten, die Entscheidungen über Produktauswahl und Produktionshöhe etc. treffen müssen. Da Preise Information über Angebot und Nachfrage transportieren,24 können uninformierte Marktteilnehmer diese Entscheidungen umso besser treffen, je genauer die Preise Angebot und Nachfrage reflektieren. Erwartet ein uninformierter Marktteilnehmer, seinen Nutzen steigern zu können, indem er sich als Spekulant betätigt, so beginnt er mit der Suche nach preisrelevanter Information und wechselt auf die Seite der informierten Händler. Je mehr informierte Händler es gibt, desto informativer, d. h. genauer, werden die Preise, desto geringer wird aber auch der erwartete Grenznutzen jedes neuen Informationsarbitrageurs. Umgekehrt steigt der Nutzen der uninformierten Marktteilnehmer mit der Anzahl der Arbitrageure, da die Preise zuverlässiger werden. So pendelt sich ein Gleichgewicht zwischen informierten und uninformierten Händlern ein. auch Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 210 ff. sowie die folgenden Fußnoten. Teilweise wird es auch mit dem Risikotransfermodell verbunden, so etwa bei Dow/ Gorton, 105 J. Pol. Econ. 1024, 1025 (1997); Dow/Rahi, 71 J. Bus. 89, 91 (2000); Telser, 41 Rev. Econ. & Stat. 295 (1959) und auch schon bei Kaldor, 7 Rev. Econ. Stud. 1, 5 (1939). 21 Dazu noch u. § 2 IV.1.b). 22 Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393 (1980). 23 Der Begriff des Arbitrageurs steht nach diesem Modell allgemein für „informierter Händler“; s. Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393 (1980): „informed individual (arbitrageur)“. Dies entspricht finanztheoretischen Gepflogenheiten. In der Kapitalmarktpraxis wird der Begriff des Arbitrageurs freilich enger verwandt, dazu u. § 2 III.2.c)cc)(4). 24 Dazu grundlegend von Hayek, Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, 1952, S. 115 ff.

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Während Grossman und Stiglitz aus diesen Grundüberlegungen ableiten, dass effiziente Märkte im Sinne Famas („at any time prices fully reflect all available information“25) nicht existieren könnten,26 ergeben ihre Ausführungen wichtige Bausteine eines Modells der Spekulation: Hiernach findet Handel nicht statt, weil Spekulanten Risiken zu günstigeren Kosten tragen können als Hedger,27 sondern weil Spekulanten bessere Kenntnis von den Fundamentalwerten der gehandelten Instrumente haben. Die Rolle des Spekulanten besteht darin, Differenzen zwischen Preis und Fundamentalwert des gehandelten Instruments auszumachen.28 Nichtspekulanten bleiben in diesem Modell rational-uninformiert, weil die Informationskosten, die ihnen als Arbitrageure anfallen würden, zu hoch wären, um ihnen die Aufgabe ihres bisherigen Geschäfts schmackhaft zu machen.29 Mit dem Risikotransfermodell teilt das Informationsarbitrage-Modell eine volkswirtschaftlich positive Bewertung der Spekulation:30 Wie bei Keynes und Hicks führt Spekulation erstens zu gegenseitig vorteilhaften Geschäften. Informierte Arbitrageure erzielen Spekulationsgewinn. Den korrespondierenden Spekulationsverlust akzeptieren die uninformierten Händler, denn sie bleiben rational uninformiert (s. o.). Zweitens stellt Konkurrenz unter den Spekulanten sicher, dass die Suche nach neuer, preisrelevanter Information von denjenigen Marktteilnehmern übernommen wird, die diese Aufgabe am effizientesten, d.h. am kostengünstigsten erfüllen („least cost information seeker“).31 Drittens – und am wichtigsten – hat Spekulation nach diesem Modell einen positiven Einfluss auf die Preisgenauigkeit, was wiederum günstige Allokationseffekte nach sich zieht.32 Diese Gedanken führen direkt zur ECMH und sollen später beleuchtet werden.33

25 Vgl. zunächst nur Fama 25 J. Fin. 383 (1970); Fama/Miller, The Theory of Finance, 1972, S. 335; Fama, Foundations of Finance, 1976, S. 133. 26 Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393, 403 f. (1980). 27 Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393, 395 (1980) schließen diesen Grund für Spekulation in der Realität nicht aus, beziehen ihn aber nicht in ihr Modell ein. 28 s. auch den Begriff der „Findigkeit“ als wesentliches Charaktermerkmals des Unternehmers in Kirzner, Unternehmer und Marktdynamik, 1988, S. 18 f., 228 ff. 29 Grundlegend dazu Stigler, 69 J. Pol. Econ. 213, 216–219 (1961). 30 s. zunächst nur von Hayek, Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, 1952, S. 111 ff.; Kirzner, Unternehmer und Marktdynamik, 1988, S. 240 ff. Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393, 405 (1980) enthalten sich normativen Ausführungen. 31 Auch von Hayek hat schon die Bedeutung privater Informationssuche für Preisbildung und Ressourcenallokation erkannt und herausgestellt, dass Parteien effizientere Informationssammler seien als eine Zentralstelle, die den Preis reguliert (von Hayek, Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, 1952, S. 111 ff.). 32 s. allgemein etwa Lerner, The Economics of Control, 1947, S. 90 f. 33 s. u. § 2 IV.1.b).

II. Mikroskopische Analyse der Spekulation

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3. Spekulation und heterogene Erwartungen (Hirshleifer, Working) Während sowohl das Risikotransfer- als auch das InformationsarbitrageModell der Fachöffentlichkeit nie als Spekulationstheorien präsentiert wurden, hat das dritte hier vorzustellende Modell das Licht der Welt auch formal als „Theorie der Spekulation“ erblickt. Entwickelt wurde es als Gegenmodell zur Keynes-Hicks’schen Risikotransfertheorie. Aufgrund seiner zentralen These kann man es als „Heterogene-Erwartungen-Modell“ (Heterogenous Expectations Model; oder kurz HE-Modell) bezeichnen.34 Sein Schöpfer ist der US-amerikanische Ökonom Jack Hirshleifer.35 Die Theorie Hirshleifers ist ein anspruchsvoller, mathematisch-abstrakter Gedankengang mit vielen interessanten Nebenzweigen. Im Folgenden wird nur die für diese Arbeit wichtige Kernthese Hirshleifers dargestellt – eben das HE-Modell der Spekulation. Dabei sind allerdings nicht nur die Ergebnisse Hirshleifers zu präsentieren, sondern auch die Begründungen, mit denen Hirshleifer zu seinen Ergebnissen kommt. Die von Hirshleifer verwandten mathematischen Ableitungen werden in sprachliche Erklärungen „übersetzt“, die intuitiv verständlich sind. Hierfür ist erforderlich, die ein oder andere Prämisse auszubuchstabieren, auf die sich Hirshleifer inzident stützt, und mit Beispielen zu illustrieren, die Hirshleifer selbst nicht verwendet. Die zentrale These des HE-Modells ist, dass unterschiedliche Erwartungen über die Preisentwicklung notwendige Bedingung jeder Spekulation sind. Das bedeutet zum einen: Spekulation kann auch zwischen zwei Individuen mit identischer Risikopräferenz (und identischem, unvollständigem Informationsstand) stattfinden, sofern sie die Zukunft unterschiedlich einschätzen. Zum 34 Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 620 ff. (1995); Stout, 21 J. Corp. L. 53, 59 ff. (1995); Stout, 3 Legal Theory 227, 227 f. (1997); Stout, 75 Wash. U. L.Q. 791, 795 ff. (1997); Stout, 48 Duke L.J. 701, 741 (1999). 35 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519 (1975), wiederabgedruckt in Hirshleifer, Time, Uncertainty, and Information, S. 239 (1989); Hirshleifer, 32 J. Fin. 975 (1977). Im Folgenden wird der Beitrag im J. Fin. nur zitiert, soweit er über den Aufsatz aus dem Jahre 1975 hinausgeht. Kurze Zusammenfassung bei Hirshleifer/Riley, 17 J. Econ. Lit. 1375, 1402 f. (1979). Ein mit Hirshleifers Überlegungen verwandtes Modell entwickeln Harrison/Kreps, 92 Q. J. Econ. 323 (1978), die grundsätzlich davon ausgehen, dass Investoren dann zu Spekulanten werden, wenn sie für das Recht, Wertpapiere zu verkaufen, bereit sind, mehr zu bezahlen, als wenn sie verpflichtet wären, diese für immer zu behalten. s. Harrison/Kreps a. a. O., S. 324: „The key element of our model is the existence of heterogeneous expectations within the community of potential investors“. Heterogene Erwartungen sind außerdem Quelle des Handels in den Modellen von Harris/Raviv, 6 Rev. Fin. Studies 473 (1993); Kandel/Pearson, 103 J. Pol. Econ. 831 (1995).

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

anderen: Spekulation findet nicht statt, wenn Parteien einer Ansicht über den zukünftigen Wert des gehandelten Instruments sind. Das Leitmotto des Modells ist ein bekannter Spruch Mark Twains: „Differences in opinions make a horse race“.36 a) Das Modell Zur Begründung seiner Thesen erschafft Hirshleifer eine anspruchsvolle Modellwelt:37 In einer Austauschgesellschaft werden zwei Güter gehandelt. Ein Gut (Z) unterliegt einem Quantitätsrisiko; es kann sich entweder als reichhaltig oder dürftig erweisen (man denke hier an Weizen, der eingepflanzt wird und dann je nach Wetterbedingung gute oder schlechte Ernte hervorbringt). Diese Zustände werden von Hirshleifer a (reichhaltig) und b (dürftig) genannt. Ob a oder b vorliegt, entscheidet der Zufall (die Natur) in der Form eines „Münzwurfes“ zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft.38 Ein zweites Gut (n) unterliegt keinem Quantitätsrisiko und dient als Maßeinheit (man denke hier an Geld bei Vernachlässigung des Inflationsrisikos). Der Markt, auf dem Z und n gehandelt werden können, ist laut Hirshleifer „semikomplett“ (semicomplete market). Dies bedeutet, dass Ansprüche auf Z getrennt davon gehandelt werden, ob sie sich auf a oder b beziehen.39 Marktteilnehmer können daher nicht nur Z gegen n tauschen, sondern z. B. auch 10 Mengen Z im Falle von a gegen 10 Mengen Z im Falle von b. Dies führt dazu, dass Individuen verschieden risikoreiche „Gambles“ eingehen können. Beispiel: Besitzt ein Marktteilnehmer Ansprüche auf 50 Mengen „Z im Falle von a“ und auf ebensoviel Mengen „Z im Falle von b“, dann kann er 25 Za gegen 25 Zb tauschen, falls er erwartet, dass b eintreten wird. Für Z existieren somit im Vorhinein zwei Preise relativ zu n: PZa und PZb. Individuen konsumieren das risikobehaftete Gut unmittelbar nach dem o. g. Münzwurf. Ihre Utilitätsfunktion hängt sowohl von n als auch von Z ab. Im Rahmen ihres Budgets tauschen sie vor dem Münzwurf Za gegen Zb mit dem Ziel, ihren erwarteten Nutzen zu maximieren. Ihr Haushalt an n bleibt insofern unverändert. Den Güterkorb jedes Individuums an Z und n im Falle von a und im Falle von b 36 Hierzu als Motto des Hirshleifer’schen Modells Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 712 (1995) m. w. N. s. auch Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 569 (1971); Figlewski, 87 J. Pol. Econ. 75, 87 (1979) sowie den Titel des Aufsatzes von Harris/ Raviv, 6 Rev. Fin. Studies 473 (1993): „Differences of Opinion Make a Horse Race“. 37 Grundzüge dieses Modells sind bereits erkennbar in Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 562 ff. (1971). 38 Das Bild des Münzwurfs wird hier zur Veranschaulichung gewählt; Hirshleifer selbst gibt diesem Zufallsmechanismus keinen Namen. 39 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 525 (1975). In Hirshleifer, 32 J. Fin. 975 (1977) wird diese Theorie auf certainty markets übertragen. Für die hier entscheidenden Schlussfolgerungen spielt das aber keine Rolle.

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kann man als E (n; Za, Zb) angeben. Hat beispielsweise ein Farmer 100 Mengeneinheiten Geld und Ansprüche auf Z, die ihm im Falle a 200 Mengeneinheiten Weizen bescheren und im Falle b 80 Einheiten, lässt sich diese Güterkombination als E (100; 200, 80) schreiben. In dieser Welt vergleicht Hirshleifer zwei Zustände: In dem ersten Zustand ist es unmöglich, Information über das Ergebnis des „Münzwurfs“ (die Ernte) zu erlangen. Hirshleifer nennt diese Situation „nicht-informativ“ (noninformative).40 In ihr findet nur eine Handelsrunde vor dem Münzwurf und – laut Hirshleifer – somit keine Spekulation statt. Die Preise werden sich vor dem Münzwurf und dem anschließenden Konsum nicht verändern. Es hat daher keinen Sinn, auf Veränderungen des Preisniveaus vor dem Konsum zu wetten. Jeder Marktteilnehmer tauscht stattdessen so viel Za gegen Zb (bzw. umgekehrt), dass er seinen erwarteten Nutzen optimiert. Diese Kombination von Z und n nennt Hirshleifer Simple Consumptive Gamble und gibt ihm das Symbol C*. Risikoaverse und risikofreundliche Konsumenten unterscheiden sich danach, wie weit sie die Spanne dieses Gambles wählen.41 Risikoaverse Marktteilnehmer werden versuchen, sowohl in a als auch in b denselben Konsum von Z zu erreichen. Risikofreudige Individuen sind hingegen bereit, weniger Z in einem Fall hinzunehmen, wenn sie stattdessen – wie erwartet – viel Z in dem anderen Fall erlangen. Der Handel, der in dieser Situation zwischen risikoaversen und risikofreundlichen Konsumenten stattfindet, versteht Hirshleifer allerdings – dies ist entscheidend für die weiteren Ausführungen – nicht als Spekulation und Hedging. Spekulation und Hedging kann sich nach Hirshleifer immer nur auf ein Preisrisiko beziehen, dem man sich entweder bewusst aussetzt, um daraus Gewinn zu schlagen (Spekulant), oder das man zu reduzieren sucht, um keinen Verlust zu machen (Hedger).42 Die soeben beleuchteten Tauschgeschäfte zwischen Za und Zb werden aber nicht aufgrund eines (in dieser Welt gar nicht vorhandenen!, s. o.) Preisrisikos vorgenommen, sondern nur wegen des Quantitätsrisikos, dem Z unterliegt.43 Die Preise, zu denen Za und Zb gehandelt werden, richten sich nach dem Durchschnitt aller individuellen Einschätzungen von den Wahrscheinlichkeiten von a und b.44 Würde etwa das gesamte Saatgut im Falle a 200.000 Einheiten Z hervorbringen und im Falle b 80.000 und verfügte unser Mikrokosmos über 100.000 Einheiten n, wäre eine Einheit Z im Falle a 0.5 n wert, im Falle b 1.25 n. Schreiben Marktteilnehmer im Durchschnitt a eine Wahrscheinlichkeit von 0.6 zu und b eine Wahrscheinlichkeit von 0.4, dann wird ein Teilhaberecht an einer Einheit Z im Falle von a zum Preis von 0.3 n gehandelt (0.6  0.5 n), im Falle von b zum Preis von 0.5 n (0.4  1.25 n).45 40

Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 525 f. (1975). Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 539 (1975). 42 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 525 (1975). 43 Deutlich Hirshleifer, 32 J. Fin. 975, 994 (1977): „(. . .) a highly risk-averse trader will not, in general, accept an opportunity to ‚transfer‘ price risks even at fair odds! (Whereas a risk-averse individual would, by definition, always be willing to convert a quantity risk into a certainty at fair odds.)“. 44 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 527 (1975). 45 Vgl. Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 527 f. (1975). 41

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

In einem zweiten Szenario gewinnen die Marktteilnehmer vor dem Münzwurf, aber nach ihrer ersten Gelegenheit zum Tausch absolut zuverlässige Information darüber, wie der Münzwurf ausfallen wird. Sie können sich zu diesem Zeitpunkt mit anderen Worten hundertprozentig zuverlässig ausrechnen, wie die Ernte ausfallen wird. Hirshleifer nennt diese Situation informativ (informative situation).46 Im Gegensatz zur simplen Konsumwelt von oben finden hier zwei Handelsrunden statt: eine vor dem Aufkommen der Information und eine danach. Da in der zweiten Handelsrunde sämtliche Ansprüche auf entweder Za oder Zb wertlos werden (die Information über den Münzwurf ist hundertprozentig zuverlässig!), wird hier nur noch Z gegen n getauscht. Das Ziel der Individuen besteht weiterhin darin, ihren Nutzen am Ende der letzten Handelsrunden zu maximieren. Diese optimale Güterkombination nennt Hirshleifer Compound Consumptive Gamble und gibt ihm das Symbol C**.47 Um zu dieser maximalen Kombination von Z und n zu kommen, haben die Marktteilnehmer jetzt die Möglichkeit, in der ersten Runde eine spekulative Position T* zu besetzen (Speculative Gamble), um erneut zu handeln, nachdem die Preise informativ geworden sind. In dieser Welt sind Marktteilnehmer nicht nur einem Quantitätsrisiko, sondern auch einem Preisrisiko ausgesetzt: Die Preise werden sich verändern, sobald die Marktteilnehmer Kenntnis vom (hundertprozentig zuverlässig) voraussehbaren Ergebnis des Münzwurfs erfahren. Folglich erwartet Hirshleifer grundsätzlich Spekulation und Hedging. Dies ist leicht nachvollziehbar, man denke hier nur an einen Spekulanten, der auf steigende Weizenpreise hofft und daher Geld in Weizen investiert, somit eine von C* abweichende Position T* einnimmt,48 um nach dem Preisanstieg durch den Verkauf von Weizen auf eine im Vergleich zu C* bessere Position C** zu kommen, die ihm mehr Nutzen stiftet. Hiermit ist der Boden für Hirshleifers zentrale These bereitet: In einem einzigen Ausnahmefall findet auch in der Welt mit zwei Handelsrunden keine Spekulation auf zukünftige Preise statt – dann wenn alle Marktteilnehmer den zukünftigen Preis gleich einschätzen (also homogene Erwartungen haben).49 Hirshleifer leitet dieses Ergebnis aus folgendem Gedankengang her: (1) Wenn alle Marktteilnehmer das Ergebnis des Münzwurfs gleich einschätzen, dann ist der Marktpreis für Za und Zb in der ersten Handelsrunde identisch mit dem Marktpreis, der in der entsprechenden nicht-informativen Situation herrschen würde.50 Wenn, mit anderen Worten, in dem oben genannten Beispiel alle Marktteilnehmer daran glauben, dass die Information mit 60%iger Wahrscheinlichkeit aussagen wird, das Zustand a eintreten werde (was für b eine 40%ige Wahrscheinlichkeit übrig lässt), dann liegt der Preis für ein Z im Falle von a bei 0.3 n und im Falle von b bei 0.5 n (s. o.). (2) Erkennt man an, dass die Preise in der ersten Handelsrunde mit den Preisen in der entsprechenden einfachen Konsumwelt identisch sind, dann strebt jeder 46 47 48 49 50

Hirshleifer, 89 Q. J. Hirshleifer, 89 Q. J. s. Hirshleifer, 89 Q. Hirshleifer, 89 Q. J. Hirshleifer, 89 Q. J.

Econ. 519, 529 (1975). Econ. 519, 529 (1975). J. Econ. 519, 529 (1975). Econ. 519, 531 (1975). Econ. 519, 531 (1975).

II. Mikroskopische Analyse der Spekulation

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Marktteilnehmer einen Compound Consumptive Gamble C** an, der mit dem Simple Consumptive Gamble C* der einfachen Konsumwelt identisch ist.51 Intuitiv lässt sich das folgendermaßen erklären: Grundsätzlich möchten alle Marktteilnehmer ihren Nutzen maximieren. Da die Preise in der ersten Handelsrunde identisch mit den Preisen in der entsprechenden nicht-informativen Situation sind, müsste ein Händler, der in der ersten Handelsrunde eine Handelsposition T* einnehmen möchte, die von C* abweicht, einen Vertragspartner finden, der eben hierzu bereit ist. Wenn alle Personen dieselben Erwartungen an die zukünftige Preisentwicklung stellen, wird sich hierzu aber gerade niemand bereit finden.52 Er würde sich irrational verhalten, seinen erwarteten Nutzen nicht maximieren.53 Zu einem solchen Schritt wären stattdessen nur diejenigen bereit, aus deren Sicht die gegenwärtigen Preise nicht die Zukunftsaussichten korrekt widerspiegeln – mit anderen Worten: die heterogene Erwartungen hätten.

Es folgt die beeindruckende Schlussfolgerung Hirshleifers: Sind die Erwartungen aller Marktteilnehmer homogen, ist niemand bereit, eine Handelsposition T* einzunehmen, aufgrund derer er zu einem C** gelangen könnte, das von C* verschieden ist. Spekulation unterbleibt.54

51

Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 531 (1975). Vgl. auch die Bemerkung von Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 527 (1975) zu seiner Figur des „representative individual“: „since a representative individual can find no one to trade with“. Diese Ausführungen beziehen sich zwar auf die Welt mit nur einer Handelsrunde. Nach Hirshleifers Logik müssen sie aber ebenso in der informative situation mit homogenen Erwartungen gelten, denn auch hier haben alle Individuen letztlich eine Handelsposition inne, die ihrem C* entspricht, s. Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 532 (1975). 53 Vgl. das Beispiel von Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 531 f. (1975). 54 Zusammenfassend und plakativ in den Worten Hirshleifers: „Individuals can differ one from another with regard to beliefs, with regard to endowment scale and composition, and with regard to utility functions (of which risk aversion is an aspect). The proposition above shows that, in a world where concordant beliefs represent essentially all the social weight, only those deviating in belief will make use of the opportunity provided by an informative situation to choose an optimal gamble C** that diverges from the simple consumptive gamble C* they would have chosen in a noninformative situation. Conversely, contra Keynes and Hicks, differences in utility functions (or in endowments) without deviation from concordant beliefs will not lead to divergences between C* and C**“ (Hirshleifer, a. a. O., S. 538; Hervorhebungen im Original). Und etwas später: „The crucial result attained in the analysis above can be stated: Only those individuals deviating from representative beliefs in the market will hedge or speculate. In particular, contra the Keynes-Hicks or ‚risk-transfer‘ theory, differences in degree of risk aversion alone will not lead to hedging or speculative behavior. For, while relatively risk-averse individuals will tend to select narrower consumptive gambles and relatively risk-tolerant will tend to select wider gambles, in the absence of deviating beliefs choices of compound gambles C** in an informative situation will not differ from the simple gambles C* that would have been selected had the situation been noninformative.“ (Hirshleifer, a. a. O., S. 539; Hervorhebungen im Original). 52

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

b) Schlussfolgerungen für die Natur der Spekulation und Abgrenzung zu den anderen Spekulationsmodellen Aus diesen zentralen Thesen Hirshleifers lassen sich in Abgrenzung zu den oben genannten Spekulationsmodellen wichtige Schlussfolgerungen für die Natur der Spekulation ziehen: Zunächst verschwindet in dem Modell Hirshleifers der Unterschied zwischen Spekulanten und Hedgern – eine bereits im Jahre 1953 von Holbrook Working formulierte These und krasser Gegensatz zu dem Risikotransfermodell von Keynes und Hicks. Spekulation und Hedging unterscheiden sich nach dem oben Genannten allein dadurch, dass Spekulanten optimistisch in die Zukunft blicken, Hedger hingegen pessimistisch.55 Die Unterschiede in der Risikoattitüde zwischen Spekulant (risikofreundlich) und Hedger (risikoavers) beeinflussen nur den Umfang der Spekulation, ändern aber nichts daran, dass „vorsichtige Spekulation“ ein Glücksspiel bleibt.56 Hedger sind eine besondere Form von Spekulanten.57 Hieraus folgt zugleich, dass das HE-Modell auch Spekulation unter Spekulanten anerkennt, während Spekulation nach dem Risikotransfermodell zwischen Spekulanten und Hedgern und nach dem InformationsarbitrageModell zwischen informierten und rational uninformierten Händlern stattfindet.58 Mit dem Informationsarbitrage-Modell verbindet die Heterogene-Erwartungen-Theorie die Einsicht, dass Spekulation aufgrund privater Information profitabel sein kann. Auch in dem Modell Grossmans und Stiglitz’ findet kein Handel statt, wenn die Erwartungen aller Marktteilnehmer homogen sind.59 Der Unterschied zwischen beiden Modellen liegt aber darin, dass das Informationsarbitrage-Modell spekulativen Handel auch anerkennt, 55 Working, 43 Am. Econ. Rev. 314, 325 (1953): „And thirdly, hedging is not necessarily done for the sake of reducing risks. The rôle of risk-avoidance in most commercial hedging has been greatly overemphasized in economic discussion. Most hedging is done largely, and may be done wholly, because the information on which the merchant or processor acts leads logically to hedging. He buys the spot commodity because the spot price is low relative to the futures price and he has reason to expect the spot premium to advance; therefore he buys spot and sells the future“ (Hervorhebungen im Original). Gleichsinnig Working, 52 Am. Econ. Rev. 431, 449 ff. (1962); Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 539 (1975). 56 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 539 (1975); Hirshleifer, 32 J. Fin. 975, 976, 994 (1977); s. auch Triole, 50 Econometrica 1163 (1982): „(. . .) in particular the degree of traders’ risk aversion affects only the size of their gamble“. 57 Deutlich Hirshleifer, 32 J. Fin. 975, 995 (1977): „sub-class of speculators“. 58 Hervorhebend Stout, 48 Duke L.J. 701, 737, 744 f. (1999). Dies als Problem erkennend ebenfalls schon Johnson, 84 J. Pol. Econ. 101, 102 (1976). 59 Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393, 404 (1980).

II. Mikroskopische Analyse der Spekulation

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wenn eine Partei zwar nicht mit ihrem Geschäftspartner uneins über die zukünftige Preisentwicklung ist, aber es als zu teuer empfindet, in Nachforschungen zu investieren, und daher rational-uninformiert bleibt.60 Anders als beim Informationsarbitrage-Modell schwingt in dem HE-Modell der Spekulation außerdem ein spekulationsskeptischer normativer Unterton mit, der auch in anderen Werken Hirshleifers zu erkennen ist.61 Spekulation rückt in die Nähe des Glücksspiels, weil sie Menschen zusammenbringt, die sich nur dadurch unterscheiden, dass sie unterschiedliche Vorhersagen über die Zukunft machen und hierdurch ihre wirtschaftliche Lage verbessern wollen.62 Diesen skeptischen Unterton hat die US-amerikanische Rechtswissenschaftlerin Lynn Stout zu massiver Kritik gegen Spekulation verschärft.63 Dass spekulative Märkte auch Händler mit heterogenen Erwartungen, nicht aber verschiedenen Risikopräferenzen oder Informationsstand zusammenbringe, beweise, dass Spekulation sozial schädlich sein könne. Da Spekulation unter diesen Händlern ein Nullsummenspiel sei, bei dem jeder Gewinn des einen dem Verlust des anderen entspreche, andererseits bei jeder Spekulation Transaktionskosten anfielen, werde der Reichtum der Spekulanten als Gruppe vermindert.64 Das „Nullsummenspiel“ werde tatsächlich zu einem „negative sum game“,65 Kapitalmärkte zu „kostspieligen Casinos“.66

60

Grossman/Stiglitz, 70 Am. Econ. Rev. 393, 394 f. (1980). s. insbesondere Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561 (1971). Dazu noch u. § 2 IV.2.c). 62 Das Bild der Spekulation als Glücksspiel wird vielfach mit dem Modell Hirshleifers in Verbindung gebracht; vgl. Triole, 50 Econometrica 1163 (1982). s. auch Stout, 48 Duke L.J. 701, 742 (1999): „The HE theory of speculative trading suggests that differences of opinion also can make a stock market or futures exchange“. 63 Stout, 81 Va. L. Rev. 611 (1995); Stout, 81 Va. L. Rev. 751 (1995); Stout, 48 Duke L.J. 701 (1999). Ansätze zu dem Modell schon in Stout, 99 Yale L.J. 1235, 1239 ff. (1990): „heterogenous beliefs model“ im Gegensatz zum klassischen Capital Asset Pricing Model (CAPM). Kritik an diesem Model etwa bei Mahoney, 81 Va. L. Rev. 713, 721–724 (1995). 64 Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 622 ff. (1995); Stout, 48 Duke L.J. 701, 737, 745 f. (1999). Offen Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 58 (2004); s. auch schon o. § 1. 65 Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 627 (1995); Stout, 75 Wash. U. L.Q. 791, 797 (1997). 66 s. schon o. § 1. 61

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

c) Diskussion Unter Ökonomen ist Hirshleifers Modell auf Ablehnung67 und (größtenteils) taube Ohren gestoßen.68 Dies mag zum einen daran liegen, dass die Idee der Spekulation aufgrund heterogener Erwartungen schwierig in mathematisch fundierte Beschreibungen von Entscheidungsprozessen zu integrieren ist, zum anderen am Popularitätsgewinn der Rational Expectations Theory, kurz nachdem Hirshleifer seine Aufsätze veröffentlichte, denn diese Analyse geht von homogenen Erwartungen aus.69 Auf der anderen Seite lassen sich handfeste Zweifel gegen die Richtigkeit Hirshleifers Thesen formulieren: Zum einen haben mehrere Studien ergeben, dass die Preise auf Terminmärkten – entgegen den (dogmatisch konsequenten) Vorhersagen Hirshleifers70 – in der Tat ein Risikopremium enthalten und sich nicht lediglich als wahrscheinlichkeitsproportionale Ableitungen der zukünftigen Spot-Preise verstehen lassen.71 Zum anderen sind die Schlussfolgerungen Hirshleifers geprägt einerseits von seiner Definition der Begriffe „Spekulation“ und dessen Kehrseite „Hedging“, andererseits von seiner Unterscheidung zwischen Preis- und Quantitätsrisiko: Spekulant ist für Hirshleifer nur, wer in der informativen Situation mit zwei Handelsrunden eine Güterkombination T* wählt, um durch Tausch in der zweiten Handelsrunde ein C** zu erreichen, das ihm mehr Nutzen stiftet als das C*, das er bereits in der ersten Handelsrunde hätte erreichen können (s. o.). Zwar räumt Hirshleifer ein, dass Individuen mit unterschiedlichen Risikopräferenzen unterschiedliche Warenkörbe C* ertauschen.72 Warum man diesen Austausch in der ersten Handelsrunde 67

Triole, 50 Econometrica 1163, 1164 (1982). Konstruktive Kritik bei Salant, 90 Q. J. Econ. 667 (1976); Feiger, 90 Q. J. Econ. 677 (1976); Replik hierauf bei Hirshleifer, 90 Q. J. Econ. 689 (1976). 68 Nicht erwähnt wird Hirshleifer etwa von Kandel/Pearson, 103 J. Pol. Econ. 831 (1995), die seine Thesen bestätigen. Gleiches gilt für Figlewski, 87 J. Pol. Econ. 75, 87 (1979). 69 Hierzu Stout, 48 Duke L.J. 701, 747 f. (1999). s. in diesem Zusammenhang auch Schwartz, Reshaping the Equity Markets, 1993, S. 370. Zur Rational Expectations Theory noch ausführlich u. § 2 V.2.b). 70 Preise auf den Terminmärkten sind nach dem HE-Modell allein Abbildungen der durchschnittlichen Preiserwartungen der Marktteilnehmer, enthalten aber kein Risikopremium, Hirshleifer, 32 J. Fin. 975, 976 (1977). 71 Für Umtauschraten s. Fama/Farber, 69 Am. Econ. Rev. 639 (1979). 72 Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 539 (1975): „(. . .) while relatively risk-averse individuals will tend to select narrower consumptive gambles and relatively risktolerant will tend to select wider gambles“.

II. Mikroskopische Analyse der Spekulation

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nicht als spekulatives Handeln auffassen kann, ist aber nicht ohne weiteres ersichtlich. Dementsprechend räumt Hirshleifer ein, dass auch bei homogenen Erwartungen Hedging aufgrund verschiedener Risikopräferenzen stattfinden könne, dass es sich dann aber um die Verteilung des Quantitäts- nicht aber des Preisrisikos handeln würde: „Putting this the other way, a highly riskaverse trader will not, in general, accept an opportunity to ‚transfer‘ price risks even at fair odds! (Whereas a risk-averse individual would, by definition, always be willing to convert a quantity risk into a certainty at fair odds)“73. Hier kann man denselben Einwand erheben: Warum muss die Definition von Hedging auf eine Reaktion gegen Preisrisiko beschränkt sein? Dies gilt umso mehr, als sich Preise unmittelbar nach Materialisierung des Quantitätsrisikos anpassen und es für den Marktteilnehmer daher gleich bleibt, ob er sich gegen Preis- oder Quantitätsrisiko versichert. Diese Einwände können an dem bereits oben bei der Risikotransfer-Theorie verwandten Beispiel verdeutlicht werden:74 Unterstellt sei, der bereits oben erwähnte Fabrikant werde Maschinen, die er aus 1000 t Stahl gefertigt habe, in drei Monaten zu dem dann gültigen Marktpreis verkaufen. Angenommen sei weiterhin, der Stahlpreis stünde gegenwärtig auf 50 Euro und steige oder falle am Tag des Verkaufs gleich der Hirshleifer’schen Materialisierung des Quantitätsrisikos um 10 Euro. Der Fabrikant nutze den Verkaufserlös zum Konsum und erziele hieraus einen Nutzen UV. Da der Fabrikant risikoavers sei, würde sein Nutzen beim Verkauf der Maschinen zum Stahlpreis von 60 Euro nur um 5 steigen (UV + 5), beim Verkauf zum Stahlpreis von 40 Euro jedoch um 15 fallen (UV – 15). Mit dem Verkauf von Stahl-Terminkontrakten kann der Fabrikant die Auswirkungen der Preisschwankungen ausgleichen, so dass ihm – im Idealfall – ein bestimmter Nutzen UV 0 garantiert ist. Hierfür ist er als risikoaverser Marktteilnehmer bereit, ein Risikopremium zu zahlen, sofern er hierfür weniger als 5 Nutzeneinheiten aufopfern muss, denn ohne den Hedge erwartet der Fabrikant aus dem Verkauf einen Nutzen von ½ (UV + 5) + ½ (UV – 15) = UV – 5. Bietet er eine Risikoprämie an, findet er grundsätzlich einen Spekulanten als Vertragspartner, sofern dieser das Risiko zu günstigeren Kosten, etwa durch entsprechende Portfoliogestaltung, tragen kann – selbst wenn beide die Stahlpreisentwicklung identisch einschätzen. Dies muss auch nach der Theorie Hirshleifers gelten. In der Hirshleifer’schen Modellwelt entspricht das angeführte Beispiel der reinen Konsumwelt (non-informative situation). Der Fabrikant erzielt hier Nutzen aus dem 73 74

Hirshleifer, 32 J. Fin. 975, 994 (1977), Hervorhebungen im Original. s. dazu o. § 2 II.1.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

Weiterverkauf seiner Maschinen, der Spekulant aus der Abwicklung der Stahlkontrakte. Ihr Handel stellt sich in der Abstraktion Hirshleifers als die Bewegung vom ursprünglichen endowment E zum optimalen consumptive gamble C* dar.75 Da in Hirshleifers Terminologie kein Preisrisiko besteht (es findet kein Handel in Stahl mehr statt, nachdem sich die Preise verändert haben), sichern sich die Parteien allein gegen ein Quantitätsrisiko ab. Zwar schließt Hirshleifer diese Aktivität daher aus seiner Definition von Spekulation aus (sie kann in einer nicht informativen Situation begriffsnotwendig nicht existieren). Entscheidend ist aber, dass es zu Handel kommt, der Risiken von risikoaversen Marktteilnehmern zu ihren risikoneutralen Counterparts, transferiert, und dass hierfür die Märkte in derselben Weise benutzt werden, die in anderen Situationen von Hirshleifer als Spekulation angesehen wird. Hirshleifers These, dass Spekulation stets heterogene Erwartungen voraussetze, kann daher nicht überzeugen. Dennoch ist die Theorie Hirshleifers von außerordentlich hohem Wert: Erstens sagt sie voraus, dass auf spekulativen Märkten nicht nur Spekulanten und Hedger oder informierte Händler und rational unwissende Trader miteinander ins Geschäft kommen, sondern – was intuitiv ohne Weiteres einleuchtet – auch Individuen mit gleicher Risikopräferenz und Information, aber unterschiedlichen Voraussagen über zukünftige Preise. Zweitens lenkt sie zusammen mit der Kritik Lynn Stouts den Blick auf die Kosten der Spekulation und die womöglich nur begrenzten Vorteile von Risikotransfer und Informationsarbitrage. Hiervon wird noch zu handeln sein.76 4. Agency-Modell der Spekulation (Dow/Gorton) Während die letzten Modelle den Blick auf den Spekulanten als Einzelperson richteten, rückt das nun vorzustellende Modell das Prinzipal-Agenten-Verhältnis zwischen Spekulant und Portfolio-Manager bzw. Anlageberater in den Mittelpunkt. Auch dieses Modell impliziert wohlfahrtstheoretische Skepsis gegenüber Spekulation. In ihrem 1997 erschienenen Aufsatz über „Noise Trading, Delegated Portfolio Management, and Economic Welfare“ erklären die Ökonomen James Dow und Gary Gorton Spekulation vor allem aus der Unfähigkeit 75 s. auch Hirshleifer, 89 Q. J. Econ. 519, 522 (1975): „In this conventional view an individual is said to be speculating if he moves, in the initial round of trading, form the endowment position E to any trading position like T that enlarges his price risk. Hedging would be trading in the initial round that moves the individual from E toward C* (. . .)“ sowie dens., a. a. O. 521 f.: „The trading in the initial round corresponds, of course to current dealing in futures contracts“. 76 Dazu u. § 2 IV.2.

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von Spekulant und Portfolio-Manager, vollständige Dienstverträge über das Portfolio-Management zu schreiben – unabhängig davon, ob es sich bei den Portfolio-Managern um selbständige Fondsmanager oder Angestellte handelt.77 In jeder dieser Beziehungen, so Dow und Gorton, könne es während der Vertragslaufzeit vorkommen, dass den Interessen des Spekulanten am besten damit gedient sei, dass der Portfolio-Manager untätig bliebe, falls etwa seine Nachforschungen keine hinreichend lukrativen Anlagemöglichkeiten ergeben. Für den Prinzipal ist es allerdings oft unmöglich, diese Art der Untätigkeit („actively doing nothing“) von vertragswidrigem Nichtstun („simply doing nothing“) zu unterscheiden. Räume der Vertrag eine Belohnung für Untätigkeit ein, laufe der Prinzipal von vornherein Gefahr, mit einem unqualifizierten Portfolio-Manager zu kontraktieren bzw. die Anreize qualifizierter Portfolio-Manager zu zerstören, für ihren Auftraggeber Geld zu verdienen. Schließe der Vertrag Belohnung für Untätigkeit aus, habe der Portfolio-Manager Anreize, auch dann zu spekulieren, wenn er kein die Spekulation rechtfertigendes Motiv habe (insbesondere kursrelevante Information), nämlich um dem Prinzipal erwünschte Spekulations- und Nachforschungsaktivität vorzuspiegeln. Auf dieses Motiv – so Dow und Gorton – lässt sich ein Großteil der tatsächlichen Spekulationsaktivität zurückführen.78 Auch dieses Modell hat Überzeugungskraft: Empirische Studien aus den Vereinigten Staaten zeigen, dass Anleger überproportional viele Aktien kleiner Firmen in ihrem Portfolio halten, was man – unter anderem – auf die bei solchen Firmen höheren Broker-Gebühren zurückführen kann.79 Nicht nur in den USA sind außerdem Fälle an Gerichte herangetragen worden, in denen Brokern oder anderen Anlageberatern „Churning“, d.h. exzessiver Handel in den von ihn betreuten Konten, vorgeworfen wurde.80 Als Theorie der Spekulation hat das Modell Dows und Gortons wichtige Implikationen: Zum einen macht es darauf aufmerksam, dass Spekulanten oftmals auf Initiative anderer an den Markt gehen. Zum anderen bietet es eine Erklärungsmöglichkeit für uninformierte Massenspekulation – ein Phänomen, das diese Arbeit noch extensiv beschäftigen wird.

77

Dow/Gorton, 105 J. Pol. Econ. 1024, 1028 f. (1997). Insofern basieren die Überlegungen Dows und Gortons auf den Modellen von Allen/Gorton, 60 Rev. Econ. Stud. 813 und Trueman, 43 J. Fin. 83 (1988). Ein weiteres Agency-Modell der Spekulation findet sich bei Mahoney, 81 Va. L. Rev. 713, 736 ff. (1995). Zum Konzept des vollstängigen Vertrages etwa Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law (2004), S. 338 ff. 78 Dow/Gorton, 105 J. Pol. Econ. 1024, 1029 (1997). 79 Dazu umfassend Brennan/Huges, 46 J. Fin. 1665 (1991). 80 Aus der deutschen Judikatur zuletzt BGH NJW 2004, 3423 m. w. N.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

III. Spekulation in der Realität: Marktstruktur, Marktteilnehmer und Handelsstrategien (Grundlagen der Markt-Mikrostruktur) Nach diesem ersten Ausflug in die Modellwelt soll sich der Blick nun auf die Realität der Spekulation richten. In diesem Abschnitt soll entfaltet werden, wer die Teilnehmer des Spekulationsgeschehens tatsächlich sind, welche Ziele sie verfolgen, auf welchem Weg sie versuchen, Profit zu erzielen, und welche Auswirkungen ihr Handel auf den Kapitalmarkt hat, insbesondere auf Preisgenauigkeit, Preisstabilität, Liquidität und Volatilität. Dies verspricht wertvolle Einsichten, nicht zuletzt weil hiermit die Basisterminologie eines wirtschaftswissenschaftlichen Arbeitsfelds eingeführt wird, das gerade in den Vereinigten Staaten unter der Bezeichnung „Market Microstructure“ (Markt-Mikrostruktur) rasant an Popularität gewinnt.81 Kapitalmärkte existieren in allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Ihre Strukturen weichen jedoch teilweise erheblich voneinander ab. Markt-Mikrostruktur ist – weit definiert – das Gebiet der Wirtschaftswissenschaften, das die Struktur und Organisation von Märkten untersucht.82 Es hat sich – in aller Kürze – zur Aufgabe gemacht, in deskriptiver Hinsicht die Leistungsfähigkeit von Märkten zu messen und messbar zu machen sowie in normativer Hinsicht Regulierungseinheiten Instrumente zu verschaffen, um Märkte optimal zu regeln.83 Ins Bewusstsein der wissenschaftlichen Öffent81 Als Standard-Lehrbuch hierzu hat sich auf dem US-amerikanischen Markt binnen kürzester Zeit durchgesetzt: Harris, Trading & Exchanges, 2003. Instruktiver Überblick über neuere Entwicklungen in der Kapitalmarktorganisation bei Merkt in 64. DJT, Gutachten G, 2002, S. 36–55. Außerdem kann empfohlen werden: O’Hara, Market Microctructure Theory, 1995; Teweles/Bradley, The Stock Market, 7th Ed. 1998; Spencer, The Structure and Regulation of Financial Markets, 2000, S. 75 ff.; Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553; weiterführend im Hinblick auf Börsenorganisation Lee, What is an Exchange?, 1998. Aus der älteren Literatur Garbade, Securities Markets, 1981; Cohen/Maier/Schwartz/Whitcomb, The Microstructure of Securities Markets, 1986; populärwissenschaftlich Dalton, How the Stock Market Works, 2nd Ed. 1993. Aus der deutschen Literatur H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, 1970; Schmidt, Wertpapierbörsen, 1988; Picot/Bortenlänger/Röhrl, Börsen im Wandel, 1996; Röhrl, Börsenwettbewerb, 1996, S. 7–55; Rudolph/Röhrl in Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, 1997, S. 143, 191–200. Zu Marktstruktur und Börsenorganisationsrecht s. insbesondere Schwark, WM 1997, 293; Mues, Die Börse als Unternehmen, 1999. 82 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 3: „Market microstructure is the branch of financial economics that investigates trading and the organization of markets“. Inhaltlich nicht anders Madhavan, 3 J. Fin. Markets 205, 205 f. (2000): „The area of finance that is concerned with the process by which investors’ latent demands are ultimately translated into transactions“.

III. Spekulation in der Realität

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lichkeit gerückt wurde diese Disziplin durch den Strukturwandel der USamerikanischen Finanzmärkte seit 197584 und den „Schwarzen Oktober von 1987“85. Der Internet- und Technologieboom der späten 1990er haben ihm weiteres Gewicht verliehen, so dass sich mittlerweile eine reichhaltige Literatur angesammelt hat.86 Die folgenden Ausführungen sollen ein Lehrbuch zur Markt-Mikrostruktur nicht ersetzen. Die Gedanken werden nur insoweit entwickelt als für den Fortgang der Arbeit erforderlich. 1. Marktstruktur Erforderlich ist zunächst, sich die elementaren Grundtypen von Märkten zu veranschaulichen, die alle real existierende Kapitalmärkte mal mehr, mal weniger rein verkörpern:87 a) Dealer-Märkte (dealer-markets, quote-driven markets) In Händler- oder Dealer-Märkten (dealer-markets, auch quote-driven markets)88 handeln Marktteilnehmer mit Dealern.89 Sie können unmittelbar 83 Dazu etwa Cohen/Maier/Schwartz/Whitcomb, The Microstructure of Securities Markets, 1986, S. 1 f.; Rudolph/Röhrl in Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, 1997, S. 143, 191. 84 Cohen/Maler/Schwartz/Whitcomb, The Microstructure of Securities Markets, 1986, S. 1. 85 Vgl. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 3: „substantially grown in size and importance“. 86 Kürzliche Literatursichtungen bei Madhavan, 58(5) Fin. Analysts J. 28 (2002); Madhavan, 3 J. Fin. Markets 205 (2000). Sammlung älterer Literatur bei Cohen/ Maler/Schwartz/Whitcomb, The Microstructure of Securities Markets, 1986, S. 2–14 m. w. N. 87 Vorausgesetzt werden im Folgenden einige Begriffe des täglichen Börsengeschäfts: Bid ist das Angebot zu kaufen; es enthält üblicherweise den bid/bidding price. Offer (ask) ist das Angebot zu verkaufen; es enthält üblicherweise den offer/ offering/asking price. Unter best bid (auch: market bid) versteht man das höchste Kaufangebot; unter best offer (auch: market offer) das niedrigste Verkaufsangebot. Order ist die Übertragung eines Kauf- oder Verkaufsangebots an einen Broker oder ein automatisches Trading System. Quote ist die Übermittlung eines eigenen Kaufoder Verkaufsangebots von Händlern, insbesondere Dealern und specialists. Für den Marktpreis ist es wichtig, zwischen dem Ankaufs- und Verkaufspreis (bid und ask) zu unterscheiden. Soweit Händler Liquidität bereitstellen, sind sie nur dazu bereit, wenn sie Instrumente zu einem niedrigeren Preis kaufen und zu einem höheren Preis verkaufen. Der bid price ist daher immer niedriger als der offer price. 88 Zur Terminologie des „Händler“-Marktes s. etwa Averdiek-Bolwin, Die Effizienz von Aktienbörsen, 1998, S. 73; Rudolph/Röhrl in Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, 1997, S. 143, 194.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

mit Dealern in Kontakt kommen oder durch Broker vermittelt werden. Dealer halten ein Inventar der jeweiligen Handelsinstrumente (Wertpapiere) und sind grundsätzlich jederzeit bereit, diese Instrumente zu kaufen oder zu verkaufen. Entsprechend Großhändlern auf Warenmärkten verkaufen sie Liquidität und achten darauf, dass sie immer ein ausgeglichenes Inventar an Handelsgegenständen halten.90 Der Preis der Liquidität besteht in der Geld-Brief-Spanne der Dealer (bid/ask-spread oder spread).91 Hierunter versteht man die Differenz zwischen dem Preis, zu dem Dealer bereit sind zu kaufen, und dem Preis, zu dem sie verkaufen würden.92 Auf sie soll unten näher eingegangen werden.93 Schaffen die Dealer es, immer solche Preise anzubieten, zu denen sie ebenso viel Kauf- wie Verkaufsangebote bekommen (two-sided order flow), erzielen sie einen sicheren Gewinn und halten das Inventarrisiko auf einem Minimum. Dealer sind daher ständig damit befasst, das gegenwärtige Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu finden. Hierdurch „entdecken“ sie kontinuierlich den Marktpreis (Preisfindungsfunktion).94 Eine Sonderform der Dealer sind die so genannten specialists,95 die häufig auch market makers oder designated sponsors genannt werden.96 Bei ihnen handelt es sich um Dealer, die kraft Marktregulierung grundsätzlich verpflichtet sind, Liquidität zu einem „vernünftigen“ (reasonable) Preis bereit zu stellen. Im Gegenzug für diese Verpflichtung erhalten sie je nach Marktordnung bestimmte Privilegien, die hier im Einzelnen ausgeblendet werden können.97

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s. nur Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 558. 90 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 283. 91 Etwa Madhavan, 58(5) Fin. Analysts J. 28, 29 (2002): „price of immediacy“. 92 s. nur Madhavan 3 J. Fin. Markets 205, 212 (2000). Näher zur Terminologie und den einzelnen Formen des spread (quoted spread, effective spread, inside spread, outside spread etc.) s. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 297–321. 93 s. u. § 2 IV.1.d). 94 Harris, Trading & Exchanges, 2003, 284: „price discovery process“; s. auch Madhavan, 58(5) Fin. Analysts J. 28, 29 (2002): „role as price setters“ (im Hinblick auf market makers). 95 Zu ihnen Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 494 ff.; Hazen, The Law of Securities Regulation, 4th Ed. 2002, S. 745 ff. 96 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 279. 97 Umfassend Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 501–509; Teweles/Bradley, The Stock Market, 7th Ed. 1998, S. 180 ff.

III. Spekulation in der Realität

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b) Auktionsmärkte (Order-Märkte, order-driven market) Auf dem zweiten klassischen Markttyp, dem Auktionsmarkt (auction market, auch order-driven market, Order-Markt) handeln Marktteilnehmer nicht mit Dealern, sondern miteinander – unvermittelt oder vermittelt durch Broker.98 Dealer oder sonstige Liquiditätsanbieter können freilich auf einer Ebene mit anderen Teilnehmern tätig werden. Die zentralen Instrumente zur Organisation des Handels und Feststellung des Marktpreises sind die Kauf- und Verkaufsaufträge (Orders) sowie die Regeln, nach denen diese Aufträge zusammengebracht und der Preis festgestellt werden (order matching oder order precedence rules sowie trade pricing rules). Auf OrderMärkten finden Auktionen statt, die je nach Matching- und Preisfeststellungsregel unterschiedlich gestaltet sein können (oral auction, single price auction mit uniform price, continuous two-sided auction mit discriminatory pricing, crossing networks mit derivative price). Die Einzelheiten brauchen hier nicht zu interessieren.99 Die wichtigsten Order-Typen heißen market order (Bestensauftrag) und (standing) limit order, wobei auch hier Einzelheiten weggelassen werden können.100 Selbstverständlich können Spekulanten auch in reinen DealerMärkten mit market und limit orders handeln. Limit orders werden in diesem Fall aber nicht öffentlich bekannt gegeben, sondern allein von dem Dealer gehalten.101 Market orders werden zu dem jeweiligen bid und ask des Dealers gefüllt.102 98 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 94; Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 557 f. 99 s. hierzu Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 112–138. 100 Mit der market order weist der Auftraggeber seinen Broker an, zu dem besten erreichbaren Preis zu handeln. Diese Orders werden grundsätzlich sofort ausgeführt und ziehen somit Liquidität vom Markt ab. Mit einer limit order weist der Auftraggeber seinen Broker an, zu dem besten möglichen Preis zu handeln, solange dieser nicht schlechter ist als der vom Händler festgesetzte limit price. Limit orders bleiben daher üblicherweise zunächst im Order-Buch (order book) stehen (standing limit order) bis sie – insbesondere mit einem Bestensauftrag – gefüllt werden können. Sie versorgen den Markt daher mit Liquidität. Hierzu und weiteren Order-Typen (stop order, market-if-touched order, tick-sensitive order und market-not-held order etc.) siehe ausführlich Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 71–82. Zu weiteren Instruktionen, mit denen die Order verbunden werden kann (etwa day order, „goodtill-cancelled order“, „all-or-none order“ oder „fill-or-kill order“ ) Dalton, How the Stock Market Works, 2nd Ed. 1993, S. 88 ff.; Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 82 ff.; Teweles/Bradley, The Stock Market, 7th Ed. 1998, S. 163 ff. 101 Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 558, 559. 102 Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 558, 559.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

c) Brokered market Das dritte Paradigma eines Marktes ist neben dem quote-driven und order-driven market der so genannte brokered market, auf dem Brokern die Rolle zukommt, Liquidität zu finden.103 Da Broker auf den oben genannten Märkten klassischerweise nicht notwendig für den Abschluss von Geschäften sind, spricht man von brokered markets typischerweise nur in sehr illiquiden Märkten wie etwa dem Markt für Block-Beteiligungen an Unternehmen. d) Hier zugrunde gelegte Marktstruktur Ganz im Sinne der Markt-Mikrostruktur wird im Folgenden von real existierenden (insbesondere den deutschen) Kapitalmärkten abstrahiert. Dies erscheint aus mehreren Gründen geboten: Zum einen existieren selbst in Deutschland zahlreiche verschiedene Organisationsformen von Kapitalmärkten. Die Frankfurter Wertpapierbörse ist sowohl im Parkett- als auch im XETRA-Handel als Auktionsverfahren ausgestaltet.104 Die Düsseldorfer Handelsplattform Quotrix arbeitet im Gegensatz dazu mit market makers.105 Zum anderen ist die Organisation des Handels gem. §§ 13 Abs. 2 Nr. 3, 24, 25 BörsG weitgehend in die Hände der Börsen gegeben und befindet sich ständig im Fluss. Es wäre daher unklug, sich auf bestimmte Organisationsformen der Märkte zu versteifen. 2. Marktteilnehmer Nachdem die Grundformen der Marktorganisation eingeführt wurden, richtet sich der Blick nun auf die Marktteilnehmer.106 a) Profitmotivierte Händler und utilitarian traders Spekulanten handeln, weil sie aus der Spekulation Gewinn erzielen wollen.107 Sie gehören zu einer Gruppe von Marktteilnehmern, die man profit103

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 95. Instruktiv Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 3.33 ff., 3.43 ff. 105 Hierzu Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 3.40. 106 Zu weiteren Unterscheidungen als den hier genannten („individual versus institutional“ und „public versus professional“) Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 560. 107 Zum Begriff des Spekulanten s. o. § 2 I. 104

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motiviert nennen kann (proft-motivated traders).108 Ihnen gegenüber stehen Marktteilnehmer, die zumindest noch einen weiteren Grund zum Handel haben (utilitarian traders).109 aa) Erscheinungsformen der utilitarian traders Zu den utilitarian traders gehören zunächst Investoren (investors), denen es darum geht, gegenwärtigen Reichtum in die Zukunft zu transferieren, so dass er ihnen zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu Spekulanten nehmen sie daher klassischerweise langfristige Handelspositionen ein (etwa Sparverträge, Staats- oder Industrieanleihen). Ihnen zur Seite stehen Leiher (borrowers), die zukünftigen Reichtum bereits in der Gegenwart verfügbar haben wollen. Die vielleicht wichtigste Untergruppe der utilitarian traders besteht aus den Hedgern (hedgers). Wie bereits o. II.1 gesehen, versichern sich diese Marktteilnehmer am Kapitalmarkt gegen Risiken, denen sie ausgesetzt sind. Möglichkeiten hierzu bieten insbesondere die Terminmärkte, an denen nicht nur Waren- und Finanzkontrakte gehandelt werden, sondern auch ebenso innovative wie unglaublich klingende Instrumente wie Fußball- oder Wetterderivate. Ein Beispiel des Hedging wurde bereits oben gegeben.110 Steuersparer (tax avoiders) schließen Geschäfte ab, um ihre Steuerpflicht zu minimieren. In Deutschland sind diese Personen insbesondere als Teilnehmer des „grauen“ Kapitalmarktes bekannt. Quersubventionierer (cross subsidizers) handeln, um ihren Brokern Einkommen als Gegenleistung für Dienste zu verschaffen, die sie ansonsten teurer einkaufen müssten. Hierunter fallen insbesondere professionelle Fondsmanager, die unvermittelt am Markt handeln können, aber trotzdem Brokern Aufträge zukommen lassen, um sie für Loyalität im Geschäft, Informationsweitergabe, Empfehlungen oder ähnliches belohnen. Andere Händler betreten den Markt, um Vermögensgegenstände zu erwerben, die sie gegenwärtig benötigen (sog. asset exchangers). Auf Warenmärkten ist hier insbesondere an Fabrikanten zu denken, die Waren zur Fabrikation benötigen. Komplettiert wird die Gruppe der utilitarian traders durch zwei Marktteilnehmer, die für die weiteren Gedanken von hoher Bedeutung sind: Gamblers (Spieler, „Zocker“) tummeln sich auf Märkten, weil sie sich bewusst einem Risiko aussetzen wollen; sie reizt der Nervenkitzel, sie wollen 108

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 177. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 177; Zurita, 13 J. Fin. Intermediation 378 (2004). Hierzu und zur folgenden Auflistung Harris, a. a. O., S. 178 ff. 110 s. o. § 2 II.1. 109

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

sich unterhalten,111 „Grünschnäbel“ (fledglings) schließlich handeln, weil sie erfahren wollen, ob sie das Zeug zum professionellen Händler haben. bb) Bedeutung der utilitarian traders für die Märkte Utilitarian traders sind höchst bedeutsam für das Funktionieren der Märkte: Zum einen stellen sie Liquidität bereit, die Spekulanten ermutigt, nach wertrelevanter Information zu suchen. Utilitarian traders und Spekulanten ergänzen sich daher im Idealfall so wie in dem Modell Grosmanns und Stiglitz’: Je mehr utilitarian traders auf den Markt strömen, desto mehr Spekulanten, je mehr Spekulanten, desto informativer die Preise, und je informativer die Preise, desto mehr lohnt es sich, uninformiert zu bleiben.112 Darüber hinaus sehen manche Ökonomen in den utilitarian traders geradezu das Rückgrat jedes Marktes. Würden am Marktgeschehen ausschließlich Spekulanten teilnehmen, würden sie als Gruppe in dem transaktionskostenintensiven „Nullsummenspiel“ der Spekulation Verlust machen und auf lange Sicht den Markt verlassen.113 Da utilitarian traders aus dem Spekulationsgeschäft einen weiter gehenden Nutzen ziehen (denke insbesondere an Hedger), machen sie Spekulation zu einem beidseitig vorteilhaften Geschäft; aus dem zero-sum game wird mit anderen Worten ein „positive-sum game“. b) Unterformen profitmotivierter Händler Nach diesem Blick auf die utilitarian traders sollen nun die profitmotivierten Händler im Mittelpunkt stehen, also diejenigen Marktteilnehmer, die – wie Spekulanten – allein deswegen handeln, weil sie aus dem Handel selbst Profit erzielen wollen. Auch hier kann man verschiedene Unterformen unterscheiden: aa) Informiert und uninformiert (noise traders) Eine sofort nachvollziehbare Unterscheidung betrifft die Information, die Händler über den „wahren“, „inneren“ Wert der gehandelten Instrumente besitzen.114 Verfügen Marktteilnehmer über einschlägige Information, sind 111 Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 15 (2004); Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 994 (1992); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 189. Zu den „Pleasures of Uncertainty“ s. auch die kürzliche Studie von Wilson/Centerbar/Kermer/Gilbert, 88 J. Pers. & Soc. Psychol. 5 (2005). 112 s. dazu o. § 2 II.2. 113 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 313.

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sie informiert (informed traders oder information traders),115 steht ihnen solche Information nicht zu, sind sie – bewusst oder unbewusst – uninformiert (uninformed). Da der Handel uninformierter Händler Preise von ihren wahren Werten entfernen (stören) kann, nennt man sie in Anlehnung an Terminologie aus der Statistik häufig auch „noise traders“.116 Wegen des hohen Einflusses, den informierte Händler und noise traders auf die Leistung von Kapitalmärkten haben, wird im Folgenden ständig auf sie zurückzukommen sein. bb) Spekulanten und Dealer Nach dem grundsätzlichen Konzept zur Profiterzielung grenzt man innerhalb der profitmotivierten Marktteilnehmer von den Spekulanten die Dealer ab. Beide Händlerformen wurden schon oben vorgestellt. Spekulanten wollen aus der Vorhersage zukünftiger Preise Gewinn erzielen (also etwa billig kaufen und teuer verkaufen). Dealer wollen davon profitieren, dass sie anderen Spekulanten Liquidität verkaufen. Sie streben einen vielfach höheren Tagesumsatz als Spekulanten an. Außerdem haben sie von vornherein nicht das Ziel, den zukünftigen Preis der gehandelten Objekte vorherzusehen. Dealer gehören also – dies ist wichtig für die weitere Untersuchung – zu den uninformierten Händlern.117 c) Handelsstrategien von Spekulanten Spekulanten kann man schließlich nach ihrer Handelsstrategie kategorisieren: aa) Aktive und passive Händler Aufgrund der hohen Bedeutung der Liquidität für die Marktstruktur werden Spekulanten danach eingeteilt, ob sie anderen Handelsmöglichkeiten einräumen (Anbieter von Liquidität, liquidity suppliers), also „passiv“ handeln, oder ob sie Liquidität nachfragen und daher vom Markt abziehen, 114

s. hierzu noch u. § 2 III.2.c)cc)(1). Statt vieler Madhavan, 58(5) Fin. Analysts J. 28, 30 (2002); Shefrin/Statman, 21(2) J. Portfolio Mgmt. 26, 31 (1995). 116 Grundlegend Kyle, 53 Econometrica, 1315 (1985); Black, 41 J. Fin. 529, 531 (1986): „Noise trading is trading on noise as if it were information. People who trade on noise are willing to trade even though from an objective point of view they would be better off not trading. Perhaps they think the noise they are trading on is information. Or perhaps they just like to trade“. 117 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 195; Stoll in Constantinides/Harris/ Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 559. 115

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d.h. „aktiv“ oder „aggressiv“ handeln (Nachfrager von Liquidität, liquidity takers).118 bb) Informierte und parasitäre Spekulanten Die wichtigste Unterscheidung fragt danach, ob Spekulanten nach selbständig verwertbarer Information suchen, um Spekulationsprofit zu erzielen, oder ob sie allein aus dem Marktverhalten anderer Händler Profit erzielen wollen. Die zuerst genannten Spekulanten sind – wie bereits erwähnt – „informiert“ (informed); ihnen gegenüber stehen parasitäre Händler (parasitic traders).119 Diese Unterscheidung ist besonders wichtig für die wohlfahrtstheoretischen Implikationen von Spekulation. Während informierte Händler Preise informativ machen und anderen Händlern möglicherweise Liquidität bereitstellen, profitieren parasitäre Händler allein von dem Profit anderer; sie machen Preise höchstens marginal informativer, weil ihr Handel Information schneller in den Preis einarbeitet, sind insgesamt jedoch höchst gefährlich für Märkte, weil sie Liquidität absaugen, Handelsprofite informierter Händler reduzieren, sie daher von Informationssuche abhalten und im schlimmsten Fall preisstörendes, sog. „positive feedback trading“ fördern.120 cc) Handelsstrategien informierter Händler Informierte Händler können auf verschiedenen Wegen aus Information Profit schlagen. (1) Value traders (erster Blick auf das Konzept der Markteffizienz) Value traders ermitteln den „wahren“, „inneren“ Wert der an den Märkten gehandelten Instrumente. Sie kaufen vermutlich unterbewertete Instrumente und verkaufen solche, die sie für überbewertet halten.121 Value traders gründen ihre Erfolgsstrategie auf die Unterscheidung zwischen Marktwert und Fundamentalwert. Ihre Handelsstrategie wird daher im Gegensatz zur „technischen“ Anlagestrategie anderer Händler122 „fundamen118

Stoll in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1A, S. 553, 559. 119 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 194. 120 Zum positive feedback trading noch u. § 2 V.3.a)cc)(6)(a). 121 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 223. 122 Dazu u. § 2 III.2.c)cc)(3), § 2 III.2.c)dd)(1)(a).

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tal“ genannt.123 Als Fundamentalwert wird der Wert bezeichnet, auf den sich alle Marktteilnehmer einigen würden, wenn sie im Besitz aller kursrelevanten Information wären.124 Dieser Wert ist in praxi natürlich nicht ermittelbar; trotzdem bestimmt das Konzept des Fundamentalwerts als Idealtyp die gesamte Finanzierungstheorie. Produzieren Märkte Preise, die nah an das Ideal des Fundamentalwertes herankommen, nennt man sie effizient;125 ihre Preise sind informativ.126 Dieser Zustand ist oberstes Ziel jeder Kapitalmarktordnung. Warum, soll weiter unten näher beleuchtet werden.127 Value traders sind nicht nur wichtig für die Preiseffizienz, ihr Handel kann auch wichtige Liquiditätseffekte haben: Zwar sind informierte Händler oftmals Liquiditätsnachfrager, weil sie Handelsgelegenheiten wahrnehmen, die ihnen andere Händler (z. B. per standing limit order) anbieten. Auf der anderen Seite versorgen sie jedoch uninformierte Händler mit Liquidität, denn sie sind stets bereit, Wetten gegen diese Marktteilnehmer abzuschließen. Schließlich kommt ihnen eine wichtige Funktion als „Liquiditätsanbieter letzter Zuflucht“ zu (liquidity suppliers of last resort).128 Gemeint ist die Bereitschaft von value traders, Positionen einzunehmen, die Dealer nicht einnehmen könnten, weil sie ihnen zu groß wären. Möchte z. B. der herrschende Aktionär eines Unternehmens seine Aktien en bloc verkaufen, scheiden Dealer hierfür als Abnehmer aus: Zum einen verfügen sie oftmals nicht über die erforderliche Liquidität, zum anderen sähen sie sich selbst unüberwindbaren Absatzproblem ausgesetzt und würden daher ein inakzeptables Inventarrisiko eingehen. Sie sind uninformierte Händler129 und können daher nicht einschätzen, wohin sich die Preise bewegen werden, ob die Aktie in Zukunft also eher nachgefragt oder angeboten wird. Value traders hingegen kaufen auch große Blöcke, wenn sie nur hinreichend sicher davon ausgehen, dass die Aktien unterbewertet sind. (2) News traders News traders unterscheiden sich von value traders zunächst darin, dass sie unterstellen, die gegenwärtigen Preise spiegelten zutreffend den Fundamentalwert der gehandelten Instrumente wider.130 Sie wollen allein davon 123

Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl. 2004, S. 402; Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 992 (1992); Malkiel, 17(1) J. Econ. Persp. 59 (2003); Teweles/Bradley, The Stock Market, 7th Ed. 1998, S. 432 ff. 124 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 222. 125 Zum Begriff der Effizienz noch ausführlich u. § 2 IV.1.b). 126 Vgl. nur Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 223. 127 s. noch u. § 2 IV.1.b). 128 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 227. 129 s. o. § 2 III.2.b)bb).

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profitieren, dass sie als erste auf wertverändernde Neuigkeiten reagieren, also kaufen oder verkaufen, bevor Neuigkeiten in Marktpreise eingearbeitet werden. Daher differiert auch ihre Handelsstrategie: Value traders sind bereit, große Positionen auch für längere Zeiträume zu halten, news traders haben einen extrem kurzen Anlagehorizont. Value traders maximieren Profit, indem sie langsam und für Liquiditätsanbieter unmerklich handeln (sog. stealth trading),131 news traders sind auf unmittelbaren Zugang zu den Kapitalmärkten angewiesen und müssen so schnell wie möglich handeln. Dementsprechend ziehen news traders klassischerweise Liquidität vom Markt ab. Ebenso wie value traders tragen news traders allerdings zur Markteffizienz bei, denn sie bewirken, dass Neuigkeiten in Marktpreise eingearbeitet werden. (3) Informationsorientierte technische Händler (information-oriented technical traders) Value traders und news traders verbindet die Überzeugung, durch fundamentalwertbezogene („fundamentale“) Analyse zum Profit zu gelangen, sei es durch Ermittlung des absoluten Fundamentalwerts (value traders) oder dessen Veränderung aufgrund neuester Entwicklungen (news traders). Technische Händler konzentrieren ihre Analyse nicht auf Fundamentalwerte, sondern auf Marktgeschehen.132 Ihre Handelsweise wird teilweise auch trade decoding und price decoding genannt.133 Informationsorientierte technischer Händler (information-oriented technical traders) gehen davon aus, dass vorhersehbare Preisentwicklungsmuster existieren, weil informierte Händler systematisch Fehler machen.134 Ihr Handel korrigiert diese Fehler und führt Preise zurück auf ein informiertes Level,135 sie werden durch ihre technische Analyse selbst zu informierten Händlern.136 (4) Arbitrageure Eine wichtige, oftmals mit Skepsis betrachtete Gruppe informierter Händler sind Arbitrageure. 130

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 228. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 226. 132 Etwa Teweles/Bradley, The Stock Market, 7th Ed. 1998, S. 450. 133 Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 573 (1984), s. auch schon Verrechia, 70 Am. Econ. Rev. 874, 881 Fn. 12 (1980). 134 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 231. 135 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 230. 136 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 230. 131

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Der Begriff des Arbitrageurs wird unterschiedlich definiert: Insbesondere in der älteren Literatur wählte man eine engere Definition und sah als Arbitrageur nur an, wer mit demselben Instrument auf örtlich verschiedenen Märkten handeln, also aus lokalen Preisunterschieden Profit schlagen wollte und wessen Handel dementsprechend die Preise an diesen Märkten zusammenführte.137 Die weiteste Definition verwendet den Begriff des Arbitrageurs als Synonym für informierte Händler schlechthin, im Englischen plakativ auch smart money genannt.138 Enger, aber nicht auf lokale Preisunterschiede beschränkt, wird in der Markt-Mikrostruktur als Arbitrageur bezeichnet, wer Instrumente handelt, deren Preise von denselben Variablen abhängen und die relativ zueinander fehlbewertet sind.139 Arbitrageure sind hiernach also informierte Händler, die Information darüber sammeln, inwieweit sich gegenwärtige Preise aus gemeinsamen Bewertungsfaktoren (common valuation factors) und spezifischen Bewertungsfaktoren (specific valuation factors) erklären lassen.140 Die sich aus dieser Methode ergebenden Arbitrage-Möglichkeiten sind zahlund facettenreich: Stellt Arbitrageur A etwa fest, dass die schlechte Konjunktur den gegenwärtigen Preis von RWE ungerechtfertigterweise stärker belastet als den Preis von E.On, kauft er RWE-Aktien und verkauft geliehene Aktien von E.On (sog. pairs trading). Stimmen seine Vorhersagen, muss die Aktie von RWE in den nächsten Wochen oder Monaten im Verhältnis zu E.On an Wert gewinnen. Leidet die Energiewirtschaft insgesamt unter unvorhergesehenen Entwicklungen, werden die Verluste in der „langen“ RWE-Position durch die Gewinne in der „kurzen“ E.On-Position ausgeglichen. Hält Arbitrageur B die Aktie von Bayer im Vergleich zu den restlichen DAX-Werten aufgrund überzogener Reaktionen auf einen rechtshängigen Arnzeinmittelhaftungsprozess für unterbewertet, kauft er BayerAktien und verkauft DAX-Indexfutures. Durch diesen Hedge hat er alle 137

Aufgegriffen etwa von Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 296, der aber auf S. 716 auch temporäre Preisunterschiede erwähnt. 138 Statt vieler Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 20 (1990). So schon o. § 2 II.2. im Modell Grossmanns und Stiglitz’. 139 s. nur Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 348. Ganz im diesem Sinne auch die Legaldefinition in Section 9 des Australischen Corporations Act. Arbitrage transaction ist hiernach: „(the) purchase or sale of financial products effected in the ordinary course of trading on a financial market together with an offsetting sale or purchase of those financial products effected at the same time, or as near the same time as practicable, in the ordinary course of trading on another financial market for the purpose of obtaining a profit from the difference between the prices of those financial products in the two financial markets“. 140 Zu den einzelnen Unterformen der Arbitrageure, etwa pure arbitrageurs, speculative arbitrageurs und risk arbitrageurs s. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 350 ff.

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marktweiten Bewertungsfaktoren neutralisiert, er gewinnt, wenn die BayerAktie im Vergleich zum gesamten Markt an Wert gewinnt. Diese Beispiele verdeutlichen die Funktion, die Arbitrageure auf dem Markt erfüllen: Zum einen sorgen sie dafür, dass Instrumente im Verhältnis zueinander korrekt bewertet werden. Sie setzen somit das „Gesetz des einheitlichen Preises“ (law of one price) durch.141 Zum anderen versorgen sie ebenso wie alle informierten Händler ihre uninformierten Konkurrenten mit Liquidität, denn sie sind bereit, gegen diese Händler Wetten abzuschließen.142 dd) Handelsstrategien parasitärer Händler Auch die parasitären Händler kann man hinsichtlich ihrer Handelsstrategien auffächern. (1) Order-Antezipatoren (order anticipators) Order-Antezipatoren (order anticipators) sind das Paradigma parasitärer Händler. Als Order-Antezipatoren werden alle Händler bezeichnet, die aus dem zukünftigen Handel anderer Profit schlagen.143 Sie teilen sich auf in front runners, stimmungsorientierte technische Händler (sentiment-oriented technical traders) und squeezers. Für unsere Zwecke interessieren nur die beiden zuletzt genannten Gruppen.144

141

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 347; Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 20 (1990). 142 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 376. 143 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 245. 144 Zum front-running ausführlich Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 245–251. Front runners erzielen Gewinn, indem sie den Handel anderer Händler vorwegnehmen – seien diese informiert oder uninformiert. Je nachdem, ob sich front runners vor Anbieter oder Nachfrager von Liquidität stellen, kann man passives und aggressives front running unterscheiden. Beim aggressiven front running erfährt der parasitäre Händler von Plänen anderer Marktteilnehmer, Instrumente zu kaufen oder zu verkaufen. Er stellt sich vor diese Händler, zieht vorhandene Liquidität vom Markt ab und verkauft den Spekulanten diese Liquidität sodann zu einem höheren Preis. Passives front running wird auch quote matching oder penny jumping genannt. Hierbei handelt es sich um eine besonders raffinierte Variante des parasitären Handels, bei dem sich der front runner den in jeder stehenden limit order enthaltenen Wert als Option zum Handel zunutze macht (vertiefend Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 248).

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(a) Stimmungsorientierte technische Händler (sentiment-oriented technical traders – weiterer Blick auf das Konzept der Markteffizienz) Stimmungsorientierte technische Händler (sentiment-oriented technical traders) sind das „parasitäre“ Gegenstück der informationsorientierten technischen Händler. Auch stimmungsorientierte technische Händler analysieren (als technische Händler) primär das Marktgeschehen. Im Gegensatz zu informationsorientierten technischen Händlern richten sie ihr Augenmerk allerdings nicht auf das Verhalten von informierten Marktteilnehmern, sondern auf uninformierte Händler. In die Gruppe der parasitären Händler gehören diese Spekulanten, weil sie versuchen, aus dem zukünftigen Verhalten dieser Personen Profit zu schlagen.145 Ein Beispiel kann das Vorgehen stimmungsorientierter technischer Händler verdeutlichen: Verschiedene Studien haben Mitte der 70er und Anfang der 80er Jahre gezeigt, dass Aktienpreise im Januar – insbesondere in den ersten zwei Wochen des Jahres – stärker ansteigen als in anderen Monaten, vor allem bei kleinen Emittenten (sog. „Januar-Effekt“).146 Dieser Effekt ist auch nach Erscheinen dieser Studien nicht vollständig verschwunden.147 Als Erklärungen werden u. a. angeboten: die Auszahlung von Boni im Dezember und die dadurch erhöhte Anlage- (und Spiel-)bereitschaft von Kleinanlegern; die Praxis, Verluste im Dezember aus Steuergründen zu realisieren;148 die Eigenschaft von Investoren, gegen Jahresende erlangte Mittel nicht sofort zu reinvestieren, sondern bis Januar zu „parken“;149 sowie Portfolio-Umschichtungen von Fondsmanagern, die gegen Jahresende Verlierer-Aktien aus dem Programm nehmen (window dressing)150. Stim145

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 251. Grundlegend Officer, 2 J. Fin. Econ. 29 (1975); Rozeff/Kinney, 3 J. Fin. Econ. 379 (1976). Danach Keim, 12 J. Fin. Econ. 13 (1983); Reinganum, 12 J. Fin. Econ. 89 (1983); Roll, 9 J. Portfolio Mgmt. 18 (1983); Tinic/West, 13 J. Fin. Econ. 561 (1984). Vertiefend Booth/Keim in Keim/Ziemba (eds.), Security Market Imperfections in Worldwide Equity Markets, 2000, S. 169. Zusf. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 252; Schwert in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 939, 945 f.; Sapusek, Informationseffizienz auf Kapitalmärkten, 1998, S. 150–162. Teilweise wird die Anomalie auch „Jahreswechsel-Effekt“ („Turn of the Year Effect“) genannt, weil er sich zwischen dem 24. Dezember bis 28. Dezember bemerkbar mache (etwa Roll a. a. O.). Zum im Haupttext gleichzeitig angesprochenen size-effect s. auch u. § 2 V.1. m. w. N. in Fn. 295. 147 So das Resümee von Schwert in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 939, 941. 148 Etwa Roll, 9 J. Portfolio Mgmt. 18, 20 (1983); Thaler, 1(1) J. Econ. Persp. 197 (1987). 149 Ritter, 43 J. Fin. 701 (1988); Ritter/Chopra, 44 J. Fin. 149 (1989). 146

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mungsorientierte technische Händler, die von diesem Effekt wissen, kaufen bereits im Dezember oder früher und realisieren Gewinne nach dem „Januar-Effekt“. Die Idee des gefühlsorientierten Handels wurde schon von Keynes gesehen. In seinem viel zitierten „Beauty-Contest“-Beispiel vergleicht er Kapitalanlagen mit einem Schönheitswettbewerb, bei dem das Publikum die „sechs schönsten Gesichter aus 100 Fotografien“ wählen soll und derjenige, dessen Wahl am nächsten an die tatsächlichen Gewinnerinnen herankommt, einen Preis erhält. In diesem Spiel – so Keynes – wählt jeder Publikumsteilnehmer nicht diejenigen Gesichter, die er tatsächlich am schönsten findet, sondern diejenigen, von denen er glaubt, dass die anderen sie für mehrheitsfähig halten.151 Gefahren drohen dem Markt durch stimmungsorientierten technischen Handel insbesondere im Hinblick auf die Markteffizienz und Volatilität. Im oben genannten Beispiel fällt auf, dass der Januar-Effekt völlig unabhängig von Veränderungen des Fundamentalwerts der gehandelten Aktien ist. Der Januar-Effekt stört daher Preise; Kurssprünge aufgrund des Januar-Effekts sind im Finanz-Jargon nichts als noise. Handeln stimmungsorientierte technische Händler bereits im Dezember, setzt der Januar-Effekt auf die schon vorher künstlich hochgetriebenen Preise noch eins drauf. Stimmungsorientierter technischer Handel verstärkt daher die Effekte uninformierten oder irrationalen Handels und kann – gleich dem klassischen Schneeball-System – Spekulationsblasen zur Entstehung bringen.152 So werden Preise extrem weit von ihren Fundamentalwerten entfernt und auf lange Sicht extreme Kursrutsche provoziert. Es verwundert daher nicht, dass stimmungsorientierter technischer Handel insbesondere für die erste große Spekulationsblase, die holländischen Tulpenhysterie aus den 1630ern, mitverantwortlich gemacht wird.153 150

Ritter/Chopra, 44 J. Fin. 149 (1989) Ng/Wang 74 J. Fin. Econ. 343 (2004). Keynes, The General Theory of Employment, Interest, and Money, 1936, S. 156: „It is not a case of choosing those which, to the best of one’s judgment, are really the prettiest, nor even those which average opinion genuinely thinks the prettiest. We have reached the third degree where we devote our intelligence to anticipating what average opinion expects the average opinion to be“. Ebenso sagte bereits Kaldor über Spekulanten: „(. . .) it will be quite sufficient for him to forecast correctly (or more correctly) the degree of foresight of other speculators, rather than the future course of the underlying non-speculative factors in the market“, Kaldor, 7 Rev. Econ. Stud. 1, 2 (1939). s. aus der Literatur ansonsten etwa Froot/Scharfstein/Stein, 47 J. Fin. 1461, 1463 (1992). 152 Shiller, 17(1) J. Econ. Persp. 83, 91 (2003). 153 Dazu Shiller, 17(1) J. Econ. Persp. 83, 91 ff. (2003). Allgemein zur Rolle von Anlegerstimmung beim Börsen-Crash: Partnoy, 61 U. Pitt. L. Rev. 741, 755 ff. (2000). 151

III. Spekulation in der Realität

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Stimmungsorientierter technischer Handel kann aber nicht nur noise trading verstärken, sondern auch informierte Händler abschrecken. Hier ist insbesondere an value traders zu denken: Wenn etwa in dem oben genannten Beispiel Aktienpreise bereits im Dezember über ihre Fundamentalwerte gehoben werden, sehen value traders hierin Gewinnmöglichkeiten und verkaufen im Portfolio enthaltene oder eigens zum Verkauf geliehene Aktien, geben Call-Optionen heraus oder verkaufen Terminkontrakte. Sind zu viele stimmungsorientierte technische Händler im Markt, die Aktien in Erwartung des Januar-Effekts kaufen und dadurch die Kursphantasien der über Weihnachten mit Boni und sonstigen Sonderzuwendungen ausgestatteten Kleinanleger anregen, kann es sein, dass value traders noch vor Rückgang des Januar-Effekts gezwungen sind, ihre Positionen mit Verlust aufzulösen. Antezipieren value traders diese Möglichkeit, sehen sie im Dezember von vornherein davon ab, gegen irrationale und stimmungsorientierte technische Händler „anzuhandeln“. Die Folge: noch stärkere Preisstörungen. Umgekehrt zeigt dieses Beispiel, dass stimmungsorientierter technischer Handel umso schwieriger ist, je besser die Bedingungen für informierte Händler sind, gegen irrationale Kursbewegungen zu wetten.154 Handeln informierte Händler hinreichend aggressiv mit stimmungsorientierten technischen Händlern und den von ihnen antezipierten uninformierten oder irrationalen Spekulanten, werden Preise ständig in Richtung auf ihre Fundamentalwerte bewegt. Im Idealfall bleibt der Januar-Effekt aus; die informierten Händler gewinnen systematisch Geld.155 Stimmungsorientierte technische Händler sind daher auf Märkten umso eher zu finden, je schwerer die Bedingungen für informierte Händler sind. (b) Squeezers Während die bisher erörterten parasitären Händler dadurch Gewinn erzielen, dass sie das Verhalten anderer Händler geschickt vorwegnehmen, macht eine dritte Gruppe dieser Spekulanten Profit, indem sie andere Händler zum Handel mit ihnen zwingt. Sie werden als squeezers bezeichnet. Squeezers versuchen eine Seite des Marktes zu monopolisieren, um die Not der Marktteilnehmer auf der anderen Seite des Marktes auszunutzen und ihnen hierbei den Preis zu diktieren.156 Ein Beispiel: Value trader V hält Penny Stock P für überbewertet. Er leiht sich daher Aktien von Bank B und verkauft diese am Markt. Schafft squeezer S nach dem Verkauf des V, sämtliche frei verfügbaren Aktien von P aufzukaufen, und muss V Aktien zu154 155 156

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 253. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 253. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 254.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

rückkaufen, um nicht gegenüber B schadensersatzpflichtig zu werden, kann S dem V den Preis diktieren. Dies ist das Modell eines erfolgreichen sog. cornering the market.157 An diesem Beispiel sieht man bereits, dass auch von squeezers höchste Gefahr für das Funktionieren des Marktes ausgeht. Zum einen hält die Gefahr eines squeeze informierte Händler davon ab, sich in Aktien mit geringem free float zu engagieren. Ohne informierte Händler sind die Kurse solcher illiquiden Aktien daher häufig extremen Kursschwankungen und Preisstörungen ausgesetzt und machen sie zum begehrten Objekt für Anlagebetrug. Zum anderen ist dem squeezing oftmals künstliches Preistreiben vorgeschaltet, um Fallen für value traders auszulegen.158 Squeezing ist daher oftmals der lohnende Abschluss von Anlageverhalten, das von vornherein unerwünscht ist. (2) Bluffer (bluffers) Während stimmungsorientierte technische Händler den Handel anderer Marktteilnehmer vorwegnehmen und squeezers andere zum Handel zwingen, versuchen Bluffer (bluffers) andere durch Täuschung zum nachteiligen Handel zu bewegen.159 Wichtigster Fall dieser Spekulanten sind Marktoder Kursmanipulatoren (market manipulators), deren Techniken hier nicht im Einzelnen entfaltet werden müssen. Ebenso hierzu gehören die so genannten Gerüchtestreuer (rumormongers), die andere Händler durch die Verbreitung von Gerüchten zu ihren Geschäften bewegen wollen. Kaum einer Erwähnung bedarf, dass auch Bluffer schlecht für Märkte sind. Zu ihrem Geschäft gehört es gerade, Preise von ihren Fundamentalwerten zu entfernen. Kursmanipulation und jede sonstige Form des bluffing im Sinne der hier genannten Definition ist daher effizienzschädigend. Da Bluffer ferner ein nicht zu kalkulierendes Risiko in den Kapitalmarkt einführen, ist ihr Treiben auch schlecht für die Liquidität der Märkte. 3. Erste Implikationen für die Abgrenzung von „gutem“ und „schlechtem“ Spekulieren Obwohl die gesamtökonomischen Implikationen von Spekulation bisher nur angedeutet wurden, lassen sich erste Leitlinien für die Abgrenzung „guten“ und „schlechten“ Spekulierens festhalten. 157 158 159

s. das Beispiel bei Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 255. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 255. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 259.

IV. Teleskopische Analyse der Spekulation

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Erste Leitlinie Klar ist zunächst, dass informierte Spekulation erwünscht ist und dass parasitäre Spekulation bekämpft werden muss. Bei der weiteren Analyse müssen daher immer die Auswirkungen einzelner Regeln auf die verschiedenen Spekulationstechniken beachtet werden. Dies gilt umso mehr, als die Vertreter dieser beiden Handelsrichtungen häufig Wetten gegeneinander abschließen und daher Märkte meiden, auf denen zu viele Anhänger des „feindlichen Lagers“ aktiv sind [s. o. 2.c)dd)(1)(a)]. Zweite Leitlinie Eine wichtige Rolle spielen außerdem die utilitarian traders, als deren Paradigmen die Investoren und Hedger hier erneut genannt werden sollen. Sie erscheinen (mit Ausnahme der Spieler) aus den o. 2.a)bb) genannten Gründen als besonders schützeswerte Gruppe.

IV. Teleskopische Analyse der Spekulation: Spekulation und Wohlfahrt Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die Marktteilnehmer und ihre Motive im Mittelpunkt standen, richtet sich der Blick nun auf die Wohlfahrtstheorie der Spekulation. Ist Spekulation volkswirtschaftlich wünschenswert oder eine verschwenderische Tätigkeit ohne hinreichend positive Effekte, die eigentlich unterbunden werden müsste? 1. Nutzen der Spekulation Zuerst seien die Vorteile der Spekulation betrachtet. a) Preisstabilität Eine intensive Debatte wurde und wird in den Wirtschaftswissenschaften darüber geführt, ob Spekulation Marktpreise stabilisiert oder destabilisiert. Entzündet hat sich der Streit an der Bedeutung von Terminmärkten für die Preisentwicklung in den Spot-Märkten. Obwohl die Frage zumindest seit den Zeiten John Stuart Mills diskutiert wird,160 erlangte sie erst durch einen Aufsatz Milton Friedmans breites wissenschaftliches Interesse.161 In einem 160

Mill, Principles of Political Economy, Book V, Ch. II § 5 = S. 706 ff. s. aber vorher auch schon Kaldor, 7 Rev. Econ. Stud. 1 (1939) „thus stabilising prices“. 161

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

Plädoyer für flexible Wechselkurse im Devisenhandel bemerkte der spätere Wirtschaftsnobelpreisträger der University of Chicago: „It is said that speculators will take a decline in the exchange rate as a signal for a further decline and will thus tend to make the movements in the exchange rate sharper than they would be in the absence of speculation. (. . .) I am very dubious that in fact speculation in foreign exchange would be destabilizing. Evidence (. . .) seems to me to suggest that, in general, speculation is stabilizing rather than the reverse (. . .). People who argue that speculation is generally destabilizing seldom realize that this is largely equivalent to saying that speculators lose money, since speculation can be destabilizing in general only if speculators on the average sell when the currency is low in price and buy when it is high“162.

Diese These von der preisstabilisierenden Wirkung von Spekulation wurde in Folgemodellen vielfach unterstützt163 und durch empirische Studien bestätigt164. Andererseits konnte sowohl im Modell als auch empirisch nachgewiesen werden, dass Spekulation zumindest destabilisierend wirken kann165 – eine These, die schon aufgrund historischer Spekulationsblasen intuitiv einleuchtet. Für die rechtswissenschaftliche Erfassung von Spekulation ist die Debatte um die These Milton Friedmans nicht unmittelbar gewinnbringend: Erstens fehlt der Debatte eine einheitliche Definition von „Stabilität“,166 insbeson162

M. Friedman, Essays in Positive Economics, 1953, S. 175. Powers, 60 Am. Econ. Rev. 460 (1970); Danthine, 17 J. Econ. Theory 79 (1978); Turnovsky, 51 Econometrica 1363 (1983); differenzierend Canterbery, 79 J. Pol. Econ. 407 (1971); Guesnerie/Rochet, 37 Eur. Econ. Rev. 1043 (1993). 164 So hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen Spekulation auf Aktienfuturesund -optionsmärkten und dem entsprechenden Kassa-Markt Santoni, 69 Bank of St. Louis Economic Review 18 (1987); Edwards, 8 J. Futures Markets 421 (1988); Skinner 23 J. Fin. Econ. 61 (1989); Bessembinder/Seguin, 47 J. Fin. 2015 (1992); Choi/Subrahmanyam, 14 J. Futures Markets 293 (1994); Chatrath/Ramchander/ Song, 15 J. Futures Markets 785 (1995); Darrat/Rahman, 15 J. Futures Markets 537 (1995); Chatrath/Ramchander/Song, 50 J. Econ. & Bus. 323 (1998). Die Frage, ob diese empirischen Ergebnisse auf Waren- und andere Finanzmärkte übertragen werden können, wird teilweise ausdrücklich als offen bezeichnet, so Chatrath/ Ramchander/Song, 50 J. Econ. & Bus. 323, 336 (1998). 165 Baumol, 39 Rev. Econ. & Stat. 263, 264 (1957); Telser, 41 Rev. Econ. & Stat. 295 (1959); Aliber, 72 J. Pol. Econ. 607 (1964); Farrell, 33 Economica 183 (1966); Clark, 41 Econometrica 135 (1973); Schimmler, 60 Rev. Econ. & Stat. 110 (1973); J. Williamson, 3 J. Int. Econ. 77 (1973); Hart, 91 Q. J. Econ. 579 (1977); Canzoneri, 5 J. Macroeconomics 75 (1983); Hart/Kreps, 94 J. Pol. Econ. 927 (1986); Stein, 95 J. Pol. Econ. 1123 (1987); De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 45 J. Fin. 379 (1990); Cutler/Poterba/Summers, 80 Am. Econ. Rev. 63, 66 f. (1990); Aschinger, Börsenkrach und Spekulation, 1995, S. 18 ff.; Kocagil, 7 Appl. Fin. Econ. 115 (1997). 166 s. insbesondere Hart/Kreps, 94 J. Pol. Econ. 927, 928 (1986), die sich ausdrücklich weigern, eine generelle Definition von Preisstabilität anzubieten. Eine dif163

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dere ein Verständnis darüber, ob Preisstabilität als Wert an sich aufzufassen ist oder immer nur in Abhängigkeit von sich ändernden Fundamentalwerten der Handelsobjekte gesehen werden soll. So kann insbesondere der Handel von news traders Aktienpreise rasch an sich ändernde Fundamentalwerte von Unternehmen anpassen. Die schnelle Preisanpassung reduziert die Varianz der Preise; dies kann man als stabilisierend bezeichnen.167 Die Preisveränderungen können jedoch ebenfalls als Formen erhöhter Volatilität angesehen werden und damit als das exakte Gegenteil von Stabilität.168 Konsequent werden daher zweitens wohlfahrtstheoretische Implikationen von Preisstabilität aus der Debatte ausgeblendet. In den Worten Oliver Harts und David Kreps’: „The thrust of this paper is that speculative activity can destabilize prices (. . .). It should also be noted that whether or not speculation stabilizes prices is in some sense the wrong question. One really ought to be interested in the welfare implications of speculation“.169 Mehr Gewinn für die Bewertung von Spekulation verspricht daher die Debatte um den Einfluss von Spekulation auf Preiseffizienz und Preisgenauigkeit. b) Markteffizienz aa) Einleitung und Grundbegriffe Im Zentrum der Debatte um Spekulation und Markteffizienz steht ein wirtschaftswissenschaftliches Theorem, das nicht nur das Herzstück moderner Finanzierungslehre bildet, sondern das auch die Gestaltung und Auslegung von Kapitalmarktrecht rund um den Globus entscheidend beeinflusst: die These von der Kapitalmarkteffizienz (Efficient Capital Market Hypothesis, ECMH). Die ECMH ist im deutschsprachigen juristischen Schrifttum schon häufig in ihren drei Grundformen (schwach, halbstreng und streng) vorgestellt worden170 und braucht hier nicht noch einmal eingeführt zu werden. Entscheidend für das weitere Vorgehen ist die Unterscheidung zwischen den ferenzierende Definition anbietend Guesnerie/Rochet, 37 Eur. Econ. Rev. 1043, 1044 (1993). 167 Vgl. hierzu Turnovsky, 12 J. Publ. Econ. 301, 325 (1979). 168 So Baumol, 39 Rev. Econ. & Stat. 263, 264 (1957): „destabilizing influence, in that it accelerates price movements“; Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 673 (1988). 169 Hart/Kreps, 94 J. Pol. Econ. 927, 930 (1972) (Hervorhebung im Original). s. auch noch Hart/Kreps a. a. O., S. 947: „Finally, we should emphasize that (. . .), while we have studied the effect of speculation on prices, the more interesting economic quesiton concerns the effect of speculation on welfare“. Ebenso schon Johnson, 84 J. Pol. Econ. 101, 107 (1976): „the fundamental consideration should be welfare, not price stability“.

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

verschiedenen Wirkungsfacetten der Markteffizienz. Wesentlich ist hier die Unterscheidung zwischen informationeller (oder Informations-), fundamentaler und allokativer (oder Allokations-)Effizienz.171 Informationelle Effizienz (informational efficiency) herrscht, wenn neue – nach der halbstrengen Form der ECMH: öffentlich bekannte – Information umgehend in Preise eingearbeitet wird, wenn also Spekulanten nicht allein aufgrund solcher Information den Markt schlagen können.172 Die Geschwindigkeit, mit der Information in Preise eingearbeitet wird, bezeichnet man teilweise als relative Effizienz (relative efficiency).173 Hiervon zu trennen ist die fundamentale Effizienz (fundamental efficiency), die vorliegt, wenn Marktpreise mit den Fundamentalwerten des gehandelten Instruments übereinstimmen.174 Von diesen Effizienzformen begrifflich unterscheidbar ist die Allokationseffizienz (allocational efficiency)175, die herrscht, wenn Anlagekapital durch die Marktpreise zu seinen besten Einsatzmöglichkeiten gelenkt wird.176 Neben der informationellen, fundamentalen und allokativen Effizienz wird schließlich auf die institutionelle Effizienz von Kapitalmärkten zurückzukommen sein.177 Hiermit gemeint ist der Grad des Vertrauens, das Anleger in den Kapitalmarkt und sein Funktionieren haben.178 170 s. etwa Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 2. Aufl. 1996, S. 129 f.; Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 127 ff.; Schröder, Unternehmenspublizität und Kapitalmärkte, 2002, S. 91 ff.; Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 62 ff. 171 Eine interessante Anekdote darüber, wie der Schöpfer der Portfolio-Theorie, Harry Markowitz, den Begriff „Effizienz“ in die Finanzierungstheorie einführte, bieten Frankfurter/McGoun/Allen, 33 J. Socio-Economics, 449, 458 (2004). 172 s. nur Gilson/Kraakman, 70 Va L Rev 549, 558 (1984); Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 641 (1988). 173 Gilson/Kraakman, 70 Va L Rev 549, 560 (1984). 174 Ayres, 77 Va. L. Rev. 945, 969 (1991); Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 158; Fischel, 74 Cornell L. Rev. 907, 913 (1989): „value efficiency“; Stout, 28 J. Corp. L. 635, 640 ff. (2003): „fundamental value efficiency“. 175 Auch „ökonomische Effizienz“ (economic efficiency), so Dow/Gorton, 52 J. Fin. 1087 (1997). 176 Etwa Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 25; Assmann, ZBB 1989, 49, 52; Assmann in Nörr (Hrsg.), 40 Jahre Bundesrepublik Deutschland, 40 Jahre Rechtsentwicklung, 1990, S. 251, 263; Assmann in Assmann/Schütze, Hanbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 1 Rn. 24; Hopt in 51. DJT, Gutachten G, 1976, S. 48; Kübler, ZHR 145 (1981), 204, 206; H. Reuter, Aktienmarkt und Aktieninformationsmarkt, 1980, S. 8 f.; H. Schmidt, Vorteile und Nachteile eines integrierten Zirkulationsmarktes für Wertpapiere gegenüber einem gespaltenen Effektenmarkt, 1977, S. 32; Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 641 (1988).

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bb) Spekulation als Mechanismus von Markteffizienz Schon oben wurde gezeigt, dass die Spekulation informierter Händler Marktpreise informativ und genau machen kann. Spekulation ist hiernach – um eine bekannte Wendung Gilsons und Kraakmans zu verwenden – der „Mechanismus der Markteffizienz“ (mechanism of market efficiency),179 also der Prozess, mit dem Marktpreise mal schneller und mal langsamer hin zu einem neuen, informierten Gleichgewicht bewegt werden.180 Schon „post-Friedman“ Studien zur stabilisierenden Wirkung von Terminmärkten wurden daher schnell begleitet von Studien zur effizientsteigernden Wirkung dieser Märkte.181 Der Gedanke von Spekulation als Grundlage der Markteffizienz findet sich außerdem – wie einleitend erwähnt – bereits in der „Théorie de la Spéculation“ von Louis Bachelier aus dem Jahre 1900.182 Zunächst ignoriert und dann vergessen wurde das Werk in den 60er Jahren von Paul Samuelson wiederentdeckt und zur Grundlage seiner Arbeit über Investitionsentscheidung und Preisgenauigkeit gemacht,183 bevor Eugene Fama die ECMH so formulierte, wie wir sie heute kennen.184 Das Bild der Spekulation als Mechanismus von Markteffi177 Hiervon unterschieden wird außerdem die operationale Effizienz, also die effiziente Verteilung der im Sekundär- und Vertriebsmarkt anfallenden Kosten [so Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 25 f.; Assmann in Nörr (Hrsg.), 40 Jahre Bundesrepublik Deutschland, 40 Jahre Rechtsentwicklung, 1990, S. 251, 264; Hopt in 51. DJT, Gutachten G, 1976, S. 48 f.; H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, 1970, S. 100 ff.; s. auch Fischel, 57 Texas L. Rev. 1, 4 (1987)]. Für das weitere Vorgehen spielt diese Facette keine Rolle. 178 Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 26; Assmann in Assmann/Schütze, Hanbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 1 Rn. 26; Assmann in Nörr (Hrsg.), 40 Jahre Bundesrepublik Deutschland, 40 Jahre Rechtsentwicklung, 1990, S. 251, 264; Hopt in 51. DJT, Gutachten G, 1976, S. 49. 179 Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549 (1984). s. auch Aschinger, Börsenkrach und Spekulation, 1995, S. 36; Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 3: „The ECMH is thus first and foremost a consequence of equilibrium in competitive markets with fully rational investors“. 180 s. Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 565 (1984): Mechanismen von Markteffizienz sind „trading processes that, with more or less promptness (. . .), force prices to a new, fully informed equilibrium“. 181 Effizienzsteigerung bejahend Powers, 60 Am. Econ. Rev. 460 (1970); Cox, 84 J. Pol. Econ. 1215, 1235 f. (1976). Dagegen Figlewski, 36 J. Fin. 445 (1981). s. außerdem die Diskussion bei Book, Elektronischer Börsenhandel und globale Märkte, 2001, S. 63–69. 182 Bachelier, Théorie de la Spéculation, 1900. 183 Samuelson, 6 Indus. Mgmt. Rev. 41, 48 (1965); das zweite Standbein der ECMH findet sich bei Mandelbrot, 39 J. Bus. 242 (1966). 184 Fama, 25 J. Fin. 383 (1970); Fama, 31 J. Fin. 143 (1976); Fama, 46 J. Fin. 1575 (1991); Fama, 51(1) Fin. Analysts J. 75 (1995). s. vorher insbesondere Fama,

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zienz hat sich danach so tief in das Bewusstsein von Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern eingeprägt, dass es ohne Bedenken mit dem Prädikat „herrschende Lehre“ versehen werden kann.185 Es ist der wesentliche Grund, warum Spekulation wohlfahrtstheoretisch zumeist als wünschenswert bezeichnet wird.186 Preiseffizienz und Preisgenauigkeit entstehen nach diesem Verständnis auf folgendem, einfach nachvollziehbarem Weg: Grundlage des Modells ist die Spekulation als Informationsarbitrage.187 Händler haben einen Anreiz, nach Information zu suchen, um die gehandelten Instrumente zutreffend zu bewerten. Spekulanten suchen nach solcher Information und bewerten Handelsobjekte rational anhand ihrer „wahren“ und „inneren“ Werte, so wie sie sich auf lange Sicht entwickeln werden. Diese langfristige Bewertungsperspektive gilt verblüffenderweise unabhängig vom Anlagehorizont des Spekulanten. Selbst wenn alle Anleger ihre Instrumente nach fünf Tagen verkaufen wollten, wüssten sie, dass die Preise nach fünf Tagen den Wert widerspiegeln, den Anleger in den darauffolgenden fünf Tagen erwarten. Der erwartete Wert in zehn Tagen richtet sich wiederum danach, welchen Fundamentalwert Anleger am fünfzehnten Tag voraussehen, so dass sich die Argumentationskette bis in die Unendlichkeit verschiebt (rückwärtsgerichtete Induktion, backwards induction).188 Dieser Mechanismus garantiert, dass jeder kurzfristig orientierte Anleger sich so verhält, als würde er auf Veränderungen der langfristigen Fundamentalwerte der Aktie spekulieren. Soweit Fundamentalwerte unerfahrbar sind, d.h. soweit keine zuverlässige Information existiert, garantiert das Gesetz der großen Zahlen, dass die durchschnittliche Einschätzung der Marktteilnehmer Preise nahe an Fundamentalwerte heranrückt:189 Hierfür stelle man sich eine Gruppe von Anlegern vor, die zum selben Zeitpunkt versucht, den Fundamentalwert eines 38 J. Bus. 34 (1965); Fama, 21(5) Fin. Analysts J. 55 (1965); Fama/Fisher/Jensen/ Roll, 10 Int. Econ. Rev. 1 (1969). 185 Statt vieler Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 177; Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 1007 (1992); Posner, Economic Analysis of Law, 6th Ed. 2003, S. 126. 186 s. etwa Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 177 (wohlfahrtsfördernde Wirkungen von Arbitrage- und Spekulationsgeschäften, weil sie „bislang verborgenes Wissen aufdecken und die gesellschaftlichen Anpassungsprozesse beschleunigen“); Posner, Economic Analysis of Law, 6th Ed. 2003, S. 48. 187 Dazu o. § 2 II.2. 188 Etwa Dow/Gorton, 49 J. Fin. 819, 820 (1994); Froot/Scharfstein/Stein, 47 J. Fin. 1461 (1992). 189 Etwa Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 579 ff. (1984); Grossman, 31 J. Fin. 573 (1976); Verrecchia, 1 J Acct. & Econ. 77 (1979).

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Wertpapiers einzuschätzen. Die Schätzung Vi jedes i-ten Marktteilnehmers lässt sich ausdrücken als V + ei, wobei V den Fundamentalwert des Instruments und e den (positiven oder negativen) Fehler in der Schätzung symbolisiert. Stellen sämtliche Anleger von einander unabhängige und unvoreingenommene, d.h. nicht systematisch verzerrte Schätzungen auf, strebt der durchschnittliche Fehleranteil em in der Schätzung aller Marktteilnehmer gegen Null, denn per definitionem dieses Modells (unverzerrte Schätzungen!) gleichen sich die Fehler der Anleger bei einer hohen Zahl von Schätzungen aus, auch wenn manche Anleger grob daneben liegen und kein einziger den wahren Wert zutreffend erkannt hat.190 Dies ist nichts anderes als der Gedanke eines „educated guess“ des Marktes. Uninformierte oder irrationale Spekulanten sind zwar grundsätzlich in der Lage, Preise zu stören, d.h. von ihren Fundamentalwerten zu entfernen. Aus mehreren Gründen kommt es hierzu jedoch nicht: Wie soeben gesehen ist erstens zu erwarten, dass sich ihre Einschätzungen gegenseitig ausgleichen und ihr Einfluss auf den Marktpreis somit eliminiert oder zumindest minimiert wird.191 Zweitens bieten diese Anleger informierten Spekulanten die Möglichkeit, gegen sie zu wetten und daher Gewinne aufgrund ihrer besseren Information zu erzielen.192 Uninformierte oder irrationale Spekulanten verlieren somit systematisch Geld an informierte Händler und verlassen früher oder später den Markt (Ausleseprozess, „Darwinismus“), oder sie lernen und vermeiden Fehler in Zukunft.193 Erfolgreiche (notwendigerweise informierte) Händler gewinnen im Gegensatz dazu immer mehr Reichtum und können größere Positionen einnehmen. Hierdurch hat ihr informierter Handel stärkeren Einfluss auf den Marktpreis, der Einfluss der noise traders sinkt entsprechend.194 Konkurrenz unter informierten Spekulanten stellt sicher, dass alle kursrelevante Information entdeckt wird und sich Preise schnell an geänderte Fundamentalwerte anpassen.195 190 Für eine formalen Beweis s. Anhang 2 sub. 1 sowie Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 225. 191 Beispiel: Können irrationale Spekulanten Aktien entweder um fünf Euro unter- oder um fünf Euro überbewerten und basiert diese Fehleinschätzung auf Zufall, ist zu erwarten, dass ebenso viele Anleger die Aktie über- wie unterbewerten. Drängen mehr irrationale Anleger auf den Markt, strebt ihr preisstörender Einfluss gegen Null. Vgl. im Übrigen Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 581 (1984); Verrecchia, 1 J Acct. & Econ. 77 (1979). 192 s. nur Rubinstein, 57(3) Fin. Analysts J. 15, 19 f. (2001). 193 Grundlegend schon Cootner, The Random Charakter of Stock Market Prices, 1964, S. 80. s. ferner Figlewski, 86 J. Pol. Econ. 581, 596 (1978): „weeding-out process“; Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 583 (1984); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 223; Rubinstein, 57(3) Fin. Analysts J. 15, 20 (2001); Verrechia, 1 J Acct & Econ 77, 82 (1979). s. auch Kaldor, 7 Rev. Econ. Stud. 1, 1 f. (1939). 194 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 224.

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cc) Wohlfahrtsökonomische Implikationen Markteffizienz und Preisgenauigkeit haben zahlreiche wohlfahrtssteigernde Effekte: Erstens sorgen effiziente und genaue Preise dafür, dass Kapital effizient unter den Firmen verteilt wird, die sich auf dem Primärmarkt um das Geld von Investoren bemühen.196 Sie führt also zu allokativer Effizienz.197 Auf einem allokativ effizienten Markt kann ein Emittent mit viel versprechenden Projekten und einem daraus folgenden hohen Kapitalwert (net present value) Aktien zu höheren Preisen verkaufen als ein Emittent mit einem geringeren Kapitalwert. Dies lenkt Investorenkapital systematisch zu den Projekten, die den höchsten Mehrwert für die Gesellschaft versprechen. Preisgenauigkeit ist zweitens das Rückgrat des so genannten Marktes für Unternehmenskontrolle (market for corporate control).198 Entspricht der Börsenpreis eines Emittenten stets dessen innerem Wert, verlieren Vorstandsmitglieder ihre Anstellung, wenn sie shareholder value vernichten. Entweder werden sie vom Aufsichtsrat abberufen oder von Emittenten mit besser qualifiziertem Management übernommen, denn diese können Akquisitionskapital zu günstigeren Preisen einsammeln. Dieser Mechanismus senkt die Agency-Kosten und gleicht die Interessen des Managements den Interessen der Aktionäre an. In diesem Zusammenhang ist drittens zu bedenken, dass genaue Aktienpreise effiziente Vergütungssysteme durch Aktienoptionen ermöglichen. Fundamentale Effizienz ist notwendig dafür, dass Vorstände durch Aktienoptionen nur dann belohnt werden, wenn sie tatsächlich den inneren Wert des Emittenten – und damit gleichzeitig das Vermögen der Aktionäre – vermehrt haben. Viertens dient Preisgenauigkeit nicht nur Eigenkapitalgebern, sondern auch anderen Gruppen: Zunächst ist hier an Fremdkapitalgeber zu denken 195 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 177; Posner, Economic Analysis of Law, 6th Ed. 2003, S. 48. s. auch Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 4 (aus Sicht der klassischen Theorie). 196 s. etwa Stiglitz, 3 J. Fin. Services Res. 101, 107 (1989); inzident etwa Solomon/Dicker, 57 Fordham L. Rev. 191, 237 (1988); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 211; Fischel, 57 Texas L. Rev. 1, 4 f. (1987). 197 Statt vieler Dow/Rahi, 76 J. Bus. 439, 441 (2003); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 211. Grundlagenarbeit hierzu stammt von Tobin, 1 J. Money, Credit & Banking 15 (1969). 198 Grundlegend hierzu Manne, 73 J. Pol. Econ. 110 (1965). Instruktiv aus dem deutschen Schrifttum etwa Schneider, Betriebswirtschaftslehre, Bd. 3: Theorie der Unternehmung, 1997, S. 531 ff. („Markt zur Unternehmensbeherrschung“).

IV. Teleskopische Analyse der Spekulation

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und insbesondere an Arbeitnehmer. Hätten findige Spekulanten etwa schon Monate vor einigen Journalisten des Wall Street Journal intensiv die Rechnungslegungspraxis von Enron analysiert, und hätte ihr Handel dann den Aktienpreis von Enron in den Keller gedrückt, hätten Arbeitnehmer davon abgesehen, ihre Pensionsrücklagen in die Aktien des eigenen Unternehmens zu investieren, es wären weniger Insolvenzforderungen produziert worden, und mehr Risikokapital hätte anderen Unternehmen zur Finanzierung bereit gestanden. Neben den Fremdkapitalgebern des Emittenten ist darüber hinaus an die Vielzahl von utilitarian traders zu denken, deren Wohlfahrt ebenfalls von der Preisgenauigkeit von Wertpapieren abhängt.199 Nicht zuletzt erfahren auch die Manager einer Firma über den Börsenpreis, wie der Markt ihre Arbeit bewertet. Diese Reaktion können sie verwenden, um auf ihrer Linie fortzufahren oder sie zu revidieren.200 Informationelle und allokative Effizienz senken schließlich als Rückgrat einiger Institutionen des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts die Kosten der Rechtsfindung. So erlaubt der Gedanke, dass Börsenpreise stets den wahren Wert einer AG widerspiegeln, dem Gesetzgeber, Mehrheitsaktionären die Macht einzuräumen, die Aktien der Minderheit für bestimmte wohlfahrtssteigernde Transaktionen zu usurpieren und Minderheitsaktionäre auf einen Abfindungsanspruch zu verweisen, dessen Höhe sich nach dem Börsenpreis richtet.201 Dies erspart langwierige und nicht unbedingt genauere Bewertungsverfahren. Diese optimistische Bewertung von Markteffizienz stößt zuweilen auf Widerspruch, insbesondere von der schon mehrfach zitieren US-amerikanischen Rechtswissenschaftlerin Lynn Stout.202 Sie wendet sich speziell gegen die allokativen Vorteile effizienter Märkte.203 So sei zu bedenken, dass sich Firmen hauptsächlich über Fremdkapital finanzierten und die Fähigkeit, Fremdkapital einzusammeln, vom Börsenwert einer Gesellschaft unabhängig sei.204 Insbesondere unterbewerteten Firmen sei es daher stets möglich, Fremdkapital für ihre Projekte zu erhalten.205 Seien Firmen überbewertet, 199 s. o. § 2 II.2. u. § 2 III.2.a)bb): Je informativer die Preise eines Wertpapiers sind, desto mehr lohnt es sich, uninformiert zu sein. 200 Dow/Gorton, 52 J. Fin. 1087, 1088 (1997); Dow/Rahi, 76 J. Bus. 439, 441 (2003). 201 Dazu grundlegend BVerfGE 100, 289 (DAT/Altana); BGHZ 147, 108 (DAT/ Altana). 202 Stout, 87 Mich. L. Rev. 613 (1988) unter dem Titel „The Unimportance of Being Efficient“. Zur Diskussion s. auch Kahan, 41 Duke L.J. 977 (1992). 203 s. hierzu auch das Modell von Dow/Gorton, 52 J. Fin. 1087 (1997), in dem selbst strenge informationelle Effizienz von Aktienpreisen nicht notwendigerweise zu optimalen Investitionsentscheidungen und allokativer Effizienz führt. 204 Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 645 ff. (1988).

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

so hinderten schon die hohen Transaktionskosten von Kapitalerhöhungen sie daran, die Überbewertung auszubeuten.206 Schließlich würden Sekundärmarktpreise die auf dem Primärmarkt zu erzielende Kapitalausbeute nur bei Kapitalerhöhungen bereits notierter Emittenten steigern. Für alle Börsenpremieren (Initial Public Offerings, IPO’s) habe Effizienz auf dem Sekundärmarkt daher keine Bedeutung.207 Was zunächst den Hinweis auf alternative Kapitalquellen angeht, so ist dem Folgendes entgegenzusetzen:208 Erstens sind Fremdkapitalgeber nicht nur Banken, die die wirtschaftliche Lage des Emittenten und seine Zukunftsaussichten beleuchten können, sondern auch Gläubiger ohne Verhandlungspotenzial. Wie oben am Beispiel „Enron“ demonstriert, behält der Börsenkurs für diese Gläubiger eine wichtige Signalfunktion. Zu bedenken ist außerdem, dass überbewertete Unternehmen zu günstigen Preisen am Eigenkapitalmarkt Kapital einsammeln können und daher einerseits einen Anreiz haben, auch derzeit unbenötigtes Kapital anzuwerben, andererseits hierdurch einen bargaining chip gegenüber Banken in der Hand halten, um niedrige Zinssätze auszuhandeln. Auch dass die Preise auf Sekundärmärkten IPO’s unbeeinflusst lassen, muss auf Widerspruch stoßen. Zum einen gerät die Unterscheidung zwischen Kapitalerhöhung und erstmaligem Börsengang ins Wanken, wenn – wie nicht selten – Muttergesellschaften ihre Töchter an die Börse bringen.209 Zum anderen hat die Vergangenheit gezeigt, dass sich Anzahl und Volumen der Börsengänge maßgeblich nach der auf dem Sekundärmarkt herrschenden Stimmung gerichtet haben: Haussierten die Aktien bereits gelisteter Emittenten, waren Anleger eher bereit, Neuemissionen zu zeichnen.210 Die Kritik Stouts nötigt daher nicht dazu, die oben benannten gesamtwirtschaftlichen Implikationen effizienter und genauer Aktienpreise pauschal zu revidieren. c) Risikoallokation Kann der wohlfahrtstheoretisch wünschenswerte Effekt „Preiseffizienz und Preisgenauigkeit“ dem Informationsarbitrage-Modell der Spekulation gutgeschrieben werden,211 indiziert das Risikotransfermodell volkswirt205

Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 665 (1988). Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 666 (1988). 207 Stout, 87 Mich. L. Rev. 613, 654 (1988). 208 s. auch Kahan, 41 Duke L.J. 977, 1008 ff. (1992). 209 Hierzu ausführlich Fleischer, 165 ZHR (2001), 513. 210 Ritter, 46 J. Fin. 3, 19 f. (1991). Zum Zusammenhang zwischen der Performance von IPO-Aktien und Marktstimmung zuletzt Rath/Tebroke/Tietze, ZBB 2004, 269. 206

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schaftlich günstige Risikoallokation. Schon o. II.1 wurde das klassische Beispiel eines Hedge-Geschäfts gegeben. Ein anspruchs- und gleichzeitig eindrucksvolleres Beispiel hat das Geschäft von Arbitrageuren zum Gegenstand.212 Diese Marktteilnehmer betätigen sich nämlich auch als „Fabrikanten von Optionsverträgen“:213 Zuweilen verkaufen Arbitrageure Optionsverträge gegen Gebühr, die durch entsprechende Hedge-Portfolios abgesichert sind. Sie geben beispielsweise Call-Optionen heraus und versichern sich gegen das Risiko steigender Kurse, indem sie die unterliegenden Instrumente kaufen, wenn Preise steigen, und verkaufen, wenn sie fallen. Hierdurch produzieren sie ansonsten nicht verfügbare Optionen, machen das von den Preisschwankungen ausgehende Risiko quasi zu einem Marktgegenstand und erweitern so die Versicherungsmöglichkeiten anderer Marktteilnehmer. Risikotransfer hat folgende wichtige wohlfahrtsökonomische Konsequenzen:214 Wie bereits o. II.1 erwähnt, erlaubt Spekulation als Risikotransfer gegenseitig vorteilhafte Geschäfte und lenkt Risiken zu den Marktteilnehmern, die sie zu den geringsten Kosten tragen können (least cost risk bearer). Dies ist volkswirtschaftlich günstig, denn es hält andere Marktteilnehmer von exzessiven Vorsichtsmaßnahmen ab.215 Im oben genannten Beispiel der „Optionsfabrikanten“ etwa können Arbitrageure aufgrund ihres besseren Wissens und schnelleren Zugangs zum Kapitalmarkt Preisrisiken effizienter tragen als diejenigen utilitarian traders (z. B. Fabrikanten), denen sie ihre Optionen verkaufen. Die hierdurch erzielten Kostenersparnisse werden unter den Bedingungen hinreichender Konkurrenz an die Verbraucher weitergegeben, so dass die Preise der produzierten Waren sinken. Gleichzeitig erlaubt die günstige Versicherungsmöglichkeit gegen spezifische Risiken, dass sich Unternehmen spezialisieren,216 und auch die hierdurch erzielten Kostenvorteile werden bei hinreichender Konkurrenz an den Verbraucher weitergereicht. Schließlich reduziert die Spekulations- und Hedgemöglichkeit auf Terminmärkten die Notwendigkeit, Risikoprämien auf den Kassamärkten aufgrund antezipierter Preisschwankungen zu verlangen. Die Preise auf den Kassamärkten werden somit genauer, was die allgemeinen Effekte effizienter Preise fördert.217 211

Zu diesem Modell o. § 2 II.2. s. o. § 2 III.2.c)cc)(4). 213 Zum Folgenden s. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 354. 214 s. hierzu auch Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 1007 (1992). 215 Märkte, auf denen spekuliert wird, substituieren Versicherungsmärkte daher auf höchst effiziente Weise. So ausdrücklich Triole, 50 Econometrica 1163 (1982). 216 Telser, 41 Rev. Econ. & Stat. 295 (1959). 212

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

d) Liquidität Ein weiterer „Segen“ von Spekulation ist die auf spekulativen Märkten herrschende Liquidität.218 Märkte sind – grob gesprochen – liquide, wenn Händler handeln können, wann immer sie möchten.219 Eine feinere Definition von Liquidität lautet: Märkte sind liquide, wenn Händler ohne wesentlichen Effekt auf den Preis handeln können.220 Hält X beispielsweise Aktien der Firma Y, und kann er kleinere Mengen dieser Aktie jederzeit mit Dealer D gegen Geld tauschen, handelt er auf einem liquiden Markt. Weder braucht er sich Gedanken um die grundsätzliche Verkaufs- oder Zukaufsmöglichkeit von Aktien zu machen, noch wird der Verkauf weniger Aktien Preisveränderungen in Y auslösen. Ist X hingegen Großaktionär, und möchte er seine 51%ige Beteiligung an Y verkaufen, ist er großen Schwierigkeiten ausgesetzt, einen Käufer für seine Aktien zu finden. Wickelt er Teile seines Verkaufs über die Börse ab, wird dieser Handel auch bei Aufteilung seines Pakets in kleinere Orders und absoluter Verschwiegenheit der eingeschalteten Broker den Börsenpreis von Y beeinflussen. Der Markt für das 51%ige Aktienpaket ist daher vielfach illiquider. Man unterscheidet verschiedene Dimensionen der Liquidität: Je tiefer der Markt ist (market depth), desto größere Aktienpakete kann man zu einem gegebenen Preis handeln; Marktbreite (market width oder market breadth) meint die Kosten eines der Größe nach feststehenden Geschäfts, und mit Unmittelbarkeit (immediacy) fragt man nach der Zeit, in der ein gegebenes Geschäft arrangiert werden kann.221 Mit Grundlagenwissen über Markt-Mikrostruktur lässt sich nachweisen, dass die mit dem Aktienhandel verbundenen Transaktionskosten umso niedriger sind, je höher die Liquidität auf diesen Märkten ist.222 Betrachtet sei 217

Hierzu Figlewski, 36 J. Fin. 445 (1981). s. nur Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 1005 (1992); Schwark, FS Steindorff, 1990, 473, 477. 219 Grossman/Miller, 43 J. Fin. 617, 618 (1988); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 394: „Liquidity is the ability to trade large size quickly, at low cost, when you want to trade“. Ebenso etwa Averdiek-Bolwin, Die Effizienz von Aktienbörsen, 1998, S. 81. 220 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 70. 221 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 398; s. auch H. Schmidt, Wertpapierbörsen, 1988, S. 25. 222 Instruktiv Madhavan, 58(5) Fin. Analysts J. 28, 29 ff. (2002); detaillierter Madhavan, 3 J. Fin. Markets 205, 212 ff. (2000). Für Erweiterungen des Grundmodells s. zuletzt Barclay/Hendershott, 59 J. Fin. 681 (2004) m. w. N. zum Schrifttum. Knapp Spindler, WM 2002, 1325, 1328; Spindler, FS Druey, 2002, 923, 927 f. 218

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zunächst das Beispiel eines Dealer-Marktes.223 Wer auf diesem Markt Aktien oder sonstige Wertpapiere kauft, erwirbt sie von einem Dealer und zahlt als Preis für die sofortige Handelsmöglichkeit die Geld-Brief-Spanne (bid/ask-spread). Diese besteht aus grundsätzlich zwei Komponenten:224 einem Teil, mit dem Dealer ihre Transaktionskosten abdecken (transaction cost spread component) und einem weiteren Teil (adverse selection spread component), durch den Dealer dafür entschädigt werden, dass sie mit einem besser informierten Händler ins Geschäft kommen können (adverse selection risk).225 Der adverse selection spread component ist dabei umso niedriger, je mehr Händler auf dem Markt sind,226 denn Dealer wissen, dass sie überbewertete Instrumente umso schneller wieder abstoßen bzw. unterbewertete Instrumente umso schneller wieder zurückkaufen können, je mehr Personen auf dem Markt tätig sind.227 Der gleiche Gedankengang trifft grundsätzlich auf Order-Märkte zu. In diesen Märkten können Händler wählen, ob sie per Bestensauftrag (market order) vorgehen, also sofort handeln und damit Liquidität vom Markt abziehen, oder ob sie standing limit orders herausgeben, also darauf warten, dass andere Händler ihr Kauf- oder Verkaufsangebot annehmen, und somit dem Markt Liquidität bereitstellen. Da standing limit orders anderen die Option auf Handel einräumen (= Liquidität verschaffen), sind sie demselben Risiko adverser Selektion ausgesetzt wie die quotes uninformierter Dealer. Beispiel: Gibt Händler A eine Order heraus, Aktie X, die momentan bei 85 notiert, zum Preis von 84 zu kaufen, und erscheinen danach Nachrichten über X, die erwarten lassen, dass sich der Kurs in Richtung 80 bewegt, läuft A Gefahr, dass sein Angebot von einem besser (weil später) informierten Händler angenommen wird und A zum Preis von 84 auf einer Aktie sitzen bleibt, die danach bei 80 gehandelt wird. Jede limit order enthält daher ebenfalls einen adverse selection component, der nach denselben Grundsätzen bestimmt wird wie die Handelsspanne der Dealer. Diese Komponente 223

Hierzu o. § 2 III.1.a). Dazu Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 298–300. 225 Grundlegend zur Ermittlung des adverse selection spread component Copeland/Galai, 38 J. Fin. 1457 (1983); Glosten/Milgrom, 14 J. Fin. Econ. 71 (1985); Kyle, 53 Econometrica, 1315 (1985). Grundlegend zum Risiko adverser Selektion von Spekulanten Bagehot, 27(2) Fin. Analysts J. 12 (1971) in Anlehnung an Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970). s. zuletzt auch Chiyachantana/Jiang/Taechapiroontong/Wood, 39 Fin. Rev. 549, 553 (2004) m. w. N. zum Schrifttum. 226 s. zuletzt Barclay/Hendershott, 59 J. Fin. 681 (2004), die herausfinden, dass Transaktionskosten im Handel mit an der Nasdaq gelisteten Aktien nach Schluss der Öffnungszeiten bis zu drei- oder viermal so hoch sind wie während der Handelszeiten. 227 Zu den sonstigen Determinanten des adverse selection spread component ausführlich Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 312 ff. 224

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

ist ebenfalls umso niedriger, je mehr Händler auf dem Markt aktiv sind. Auch dies leuchtet intuitiv ein: Je mehr Händler in dem oben genannten Beispiel das Angebot des A annehmen können, desto höher ist zum einen die Chance, dass A die Aktien von X wieder verkaufen kann, bevor sich die Nachricht verbreitet hat und X bei 80 notiert. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit, dass informierte Händler von seinem Angebot keinen Gebrauch machen, bevor A seine Order zurückziehen kann, umso höher, je mehr Personen ähnliche Orders herausgegeben haben. Mit anderen Worten: Der Preis, den schlecht informierte Händler für die Einräumung von Handelsmöglichkeiten an besser informierte Händler verlangen, ist niedriger, wenn der Verlust gegenüber besser informierten Händlern auf mehrere Schultern verteilt werden kann.228 Liquidität senkt nach alledem die mit dem Handel verbundenen Transaktionskosten aller Marktteilnehmer – der wesentliche Grund, warum man im Zusammenhang mit Börsen und anderen Handelsplattformen auch von Netzwerkexternalitäten (network externalities) spricht.229 Liquidität wiederum hat für Märkte im Allgemeinen und insbesondere für den Kapitalmarkt erhebliche Bedeutung. Oft wird sie als wichtigste Eigenschaft funktionierender Märkte bezeichnet:230 Die niedrigeren Handelskosten auf liquiden Märkten erlauben erstens eine höhere Anzahl an gegenseitig vorteilhaften Geschäften, insbesondere gegenseitig vorteilhafte Risikoallokation.231 Liquidität fördert zweitens den volkswirtschaftlich wünschenswerten Handel informierter Spekulanten. Wie bereits erwähnt, maximieren diese Spekulanten ihren Profit, wenn sie langsam und ohne Preiseinfluss handeln (stealth trading).232 Auf liquiden Märkten handeln informierte Spekulanten daher per definitionem profitabler.233 Auch ist das Risiko, Opfer eines squeeze zu werden, auf liquiden Märkten geringer.234 Drittens produzieren liquide Märkte auch deshalb informativere Preise als illiquide Märkte, weil die Informationssuche vieler Händler stärker di228

Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 313, 316. Hierzu etwa Macey/O’Hara, 28 J. Legal Stud. 17 (1999); Übersicht bei Madhavan, 58(5) Fin. Analysts J. 28, 34 f. (2002); Madhavan, 3 J. Fin. Markets 205, 225 f. (2000). 230 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 394. 231 s. nur Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 417, 438 (2005): „This reduces the amount of risk sharing, and hence, reduces allocative efficiency. 232 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 226. 233 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 215. Informierte Händler können darüber hinaus aufgrund von Information niedrigerer Bedeutung profitabel handeln, als in illiquiden Märkten; dazu Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 215. 234 s. o. § 2 III.2.c)dd)(1)(b). 229

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versifizierte Information in Preise einarbeitet und die durchschnittliche Marktmeinung über unerfahrbare wertrelevante Umstände nach dem oben genannten Gesetz der großen Zahlen verlässlicher wird.235 Gerade institutionelle Anleger mögen Märkte mit hoher Liquidität viertens, weil die mit der Liquidität verbundenen niedrigen Transaktionskosten häufige Portfolioanpassungen ermöglichen.236 In diesem Zusammenhang wird zwar eingewandt, hohe Liquidität senke den Anreiz institutioneller Aktionäre, das Management zu kontrollieren, weil sie in liquiden Märkten ihre Aktien leichter verkaufen könnten.237 Diese Ansicht übersieht jedoch zum einen, dass Liquidität gleichzeitig den Einstieg von Großaktionären attraktiver macht, indem sie ihnen erlaubt, langsam eine Position ohne hohe Kurssprünge aufzubauen. Zum anderen ist zu bedenken, dass diejenigen Aktionäre, die das Management überhaupt sinnvoll kontrollieren können, einen so großen Anteil am Gesellschaftsvermögen in einer Hand vereinigen müssen, für den gerade kein liquider Markt mehr besteht. Anders gewendet: Dass Aktionäre erst dann einen Anreiz haben, das Management aktiv zu kontrollieren, wenn sie große Anteile am Gesellschaftsvermögen innehaben, liegt an den prohibitiven Kommunikations- und Organisationskosten, denen Kleinaktionäre ausgesetzt sind, nicht aber an der hohen Liquidität der Kapitalmärkte. Die Senkung von Transaktionskosten im Sekundärmarkt hat wohlfahrtsökonomisch schließlich günstige Konsequenzen für den Primärmarkt: Je einfacher es für Investoren ist, ihre Instrumente auf dem Sekundärmarkt zu verkaufen, desto eher sind sie bereit, solche Instrumente auf dem Primärmarkt zu erwerben. Unternehmen sehen somit niedrigeren Kapitalkosten entgegen, die in einem kompetitiven Umfeld an den Verbraucher in Form niedrigerer Preise weitergegeben werden.238 Daneben profitiert die Gesellschaft allgemein von einem funktionierenden Markt für Risikokapital, weil er innovativen Unternehmen Möglichkeiten gibt, Kapital einzusammeln, das sie von Banken gegenwärtig nur zu prohibitiv hohen Zinssätzen bekommen könnten.239 Es verwundert daher nicht, dass Studien direkte Verbindungen 235

s. o. § 2 IV.1.b)bb). Dazu Averdiek-Bolwin, Die Effizienz von Aktienbörsen, 1998, S. 67; generell im Hinblick auf Handelskosten (trading costs) Schwartz, Reshaping the Equity Markets, 1993, S. 124. 237 Detailliert Bhide, 34 J. Fin. Econ. 31 (1993); s. auch schon Shleifer/Vishny, 96 J. Pol. Econ. 461 (1986); ähnlich Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 684 (1995): „shorttermism“. 238 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 215. 239 Zu den Funktionen des Marktes für Risikokapital s. etwa Münstermann, Märkte für Risikokapital im Spannungsfeld von Organisationsfreiheit und Staatsaufsicht, 1996, S. 23–50. 236

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

zwischen der Liquidität von Aktienmärkten und dem Wachstum der jeweiligen Volkswirtschaft hervorgebracht haben.240 e) Öffnung von Märkten Akzeptiert man, dass Liquidität auf Märkten volkswirtschaftlich günstig ist, muss man auch anerkennen, dass Spekulation bestimmte Märkte oftmals für das breite Anlegerpublikum überhaupt erst öffnet. Hierdurch steigt die Anzahl der auf dem Markt engagierten Händler, was zu mehr Liquidität mit all ihren volkswirtschaftlich wünschenswerten Effekten führt. Verdeutlicht wird dies durch die Entwicklung des Paradigmas spekulativer Märkte, der Terminmärkte. Die Öffnung von Terminmärkten erlaubte einer Vielzahl von Händlern, auf Preisentwicklungen der entsprechenden Spot-Märkte zu spekulieren, obwohl ihnen dies aus rechtlichen (§ 764 BGB a. F.!) und tatsächlichen Gründen (Lagerkapazitäten, Transaktionskosten) nicht möglich gewesen wäre.241 Erhalten Individuen, die im Besitz wertrelevanter Information sind oder die nach solcher Information kostengünstig suchen können, hierdurch die Gelegenheit, ihr Wissen profitabel einzusetzen, führt dies zu höherer Informationseffizienz nicht nur auf dem Termin-, sondern auch auf dem Kassamarkt.242 f) Finanzielle Innovation Auch öffnet Spekulation nicht nur bereits vorhandene Märkte für ein breites Publikum, sondern macht bestimmte, noch nicht bekannte Formen der Kapitalaufbringung überhaupt erst möglich, kreiert also völlig neue Primärmärkte. Hier betritt man das weite Feld der finanziellen Innovation. Beispiele gibt es in allen Phantasie- und Verständlichkeitsstufen. Leicht nachvollziehbar ist noch, dass die Öffnung des Sekundärmarktes für Hypothekenanleihen (mortgage bonds) in den USA den Bedarf nach Kapital von Hausbauern in einem Teil der Vereinigten Staaten und den Bedarf nach Anlagemöglichkeiten von Hauseigentümern im anderen Teil zusammenbrachte.243 Gleiches gilt für die Vermarktungsfähigkeit von ansonsten nicht beleihbaren Vermögensgegenständen durch asset backed securities.244 Ins Gebiet der financial rocket science dringt man vor, wenn man die Ver240 Levine/Zervos, 88 Am. Econ. Rev. 537 (1998). Allgemein zu dem Zusammenhang zwischen Wachstum in Finanzmärkten und gesamtwirtschaftlichem Wachstum Wurgler, 58 J. Fin. Econ. 187 (2000) m. w. N. zum Schrifttum. 241 s. etwa Stein, 95 J. Pol. Econ. 1123, 1129 (1987). 242 Dazu schon o. § 2 IV.1.c). 243 Eingehend beschrieben in Lewis, Liar’s Poker, 1989.

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marktung sog. strukturierter Anleihen betrachtet, etwa der von Morgan Stanley fabrizierten Principal Exchange Rate Linked Securities (PERLS),245 oder wie Michael Milken den Sekundärmarkt für die heute euphemistisch als high yield bonds bezeichneten Unternehmensanleihen erschaffte, die maßgeblich für die Übernahmewelle der 80er Jahre in den USA verantwortlich waren246. Viele dieser Formen von Kapitalaufbringung gäbe es nicht, könnte man nicht mit den jeweiligen Instrumenten auf dem Sekundärmarkt spekulieren. g) „Sicheres“ Spekulieren als Belohnung Dass Spekulation einen Belohnungseffekt hat, weil es denjenigen vergütet, der nach neuer preisrelevanter Information sucht, ist Kernelement des Informationsarbitrage-Modells und gesicherte Erkenntnis der Informationsökonomie. Dieser Effekt kann eingesetzt werden, um Marktteilnehmer für gewisse Dienste an der Gesellschaft zu kompensieren, indem man ihnen „sichere Spekulation“ aufgrund privilegierter Information erlaubt. So können Spekulationsvorteile einen Anreiz zur Innovation darstellen, wenn der Erfinder aufgrund seines besseren Wissens gleichzeitig Spekulationsvorteile erzielen kann.247 Ebenso werden specialists, market makers und designated sponsors auf Kapitalmärkten Spekulationsvorteile als Ausgleich für Dienste eingeräumt, die sie dem Kapitalmarkt und damit der Öffentlichkeit leisten.248 Der Gedanke von Spekulation als Belohnung liegt schließlich auch der bekannten Kritik von Henry Manne am Insiderhandelsverbot zugrunde.249 Hier ist allerdings fraglich, ob Insider der Öffentlichkeit tatsächlich einen Dienst erweisen, wenn sie aufgrund ihrer besseren Information profitabel handeln – ein Thema, das hier freilich nicht behandelt werden kann.250

244 Knappe, aber prägnante Einführung bei Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, 7th Ed. 2003, S. 707. 245 Hierzu Morgan Stanley Group v. Puglisi (QBD) (1998) C.L.C. 481; Partnoy, F.I.A.S.C.O., 1997, S. 55 ff. 246 Aus der unüberschaubaren Literatur vorzugswürdig Stewart, Den of Thieves, 1991. 247 Dazu umfassend Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 570 ff. (1971). 248 Umfassend hierzu Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 501–509. 249 Manne, Insider Trading and the Stock Market, 1966; Manne, 44 Harv. Bus. Rev. 113 (1966); Manne, 23 Vand. L. Rev. 547 (1970). 250 Zur Diskussion etwa Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 188 ff.; Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 591 ff.; Hopt in Baetge, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 1995, S. 1; Rudolph, FS Moxter, 1994, 1333; Canaris/Auer, FS Tekilnap, 2003, 1047, 1054 ff.

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2. Kosten der Spekulation Nachdem soeben die Vorteile der Spekulation im Vordergrund standen, soll es nun um ihre Kosten gehen. a) Allokationseffekte Bisher wurde vorausgesetzt, dass Spekulation Marktpreise effizient und genau macht. Schon ein Blick in die jüngste Börsenvergangenheit zeigt freilich, dass Spekulation Preise auch von ihrem informierten Niveau entfernen kann. Ebenso wie Kapital bei informierten Preisen zu seinen wertvollsten Einsatzmöglichkeiten gelenkt wird, führen uninformierte Preise zu Fehlallokation.251 Überbewertete Unternehmen können Kapital für Projekte einsammeln, die sich nicht auszahlen, und vernichten so das Vermögen ihrer Anleger.252 Schlechte Manager überbewerteter Unternehmen werden durch Aktienoptionen fälschlicherweise belohnt und können unterbewertete Emittenten übernehmen, obwohl diese viel effizienter verwaltet werden. Wie der Fall „Enron“ demonstriert, können Investoren von Fremdkapital und Arbeitnehmer trügerische Anreize erhalten, mit angeschlagenen Unternehmen zu kontraktieren. Fehlbewertungen aufgrund von Spekulation können schließlich zu Spekulationsblasen führen, deren Platzen Kapital vernichtet und das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit des Marktes nachhaltig stört.253 b) Handelskosten Neben der Fehlallokation von Kapital verursacht Spekulation Handelskosten. Hierzu gehören – neben den Spekulationsverlusten derjenigen, die „auf das falsche Pferd setzen“254 – alle unmittelbar mit dem Handel verbundenen Kosten, also jeglicher mit dem Handelsvorgang verbundene Auf251 s. nur De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 44 J. Fin. 681 (1989); Köndgen, Theorie der Prospekthaftung, 1983, S. 16. 252 Empirische Studien haben gezeigt, dass Emittenten Überbewertungen bewusst durch Kapitalerhöhungen ausnutzen [s. Korajczyk/Lucas/McDonald, 4 Rev. Fin. Stud. 685 (1991); Daniel/Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 175 m. w. N. (2002)], Unterbewertungen dagegen zum Rückkauf eigener Aktien oder zum Going Private [D’Mello/Shrof, 55 J. Fin. 2399 (2000); Dittmar, 73 J. Bus. 321 (2000); Daniel/Hirshleifer/Subrahmanyam, 53 J. Fin. 1839, 1840 (1998); a. A. jetzt Grullon/ Michaely, 59 J. Fin. 651 (2004)]. 253 Hierzu Wittkowski, ZHR 167 (2003), 130, 136 f. 254 Baumol, 39 Rev. Econ. & Stat. 263, 264 (1957); Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 241; Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 670 (1995).

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wand (Zeit, Maklergebühren, Kosten für das Clearing oder die sonstige Abwicklung des Geschäfts etc.). Darüber hinaus erfordert Spekulation, um profitabel zu sein, teilweise komplizierte und kostenintensive Transaktionen, etwa Unternehmensübernahmen oder andere Restrukturierungen.255 c) Such- und Informationskosten (die Überinvestitionsthese Hirshleifers) Spekulanten wenden außerdem Zeit, Geld und andere Ressourcen auf, um sich über zukünftige Preisentwicklungen zu informieren. Sie verfolgen die Nachrichten, sie analysieren Jahresabschlüsse und Ad-hoc-Mitteilungen, sie sammeln Information über die gesamtwirtschaftliche Lage, sie erforschen den Informationsstand anderer Spekulanten, sie versuchen wiederkehrende Preismuster zu entdecken und so fort. Dieser Tätigkeit widmen sie womöglich nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern stellen zur Unterstützung Arbeitnehmer ein, die auch anderweitig eingesetzt werden könnten.256 Schließlich geben sie externen Beratern, Finanzanalysten, Anlagevermittlern und der Presse Anreize, nach derselben Information zu suchen, Information zu verkaufen oder Finanzprodukte zu entwerfen, so dass auch insoweit Ressourcen gebunden werden. Wie solche Kosten das bisher gewonnene optimistische Bild von Spekulation relativiert, hat – einmal mehr257 – Jack Hirshleifer in einem grundlegenden Aufsatz zur Informationsökonomie aus dem Jahre 1971 gezeigt,258 in dem er das Problem der wohlfahrtstheoretisch optimalen Informationsproduktion aufgriff und, was hier nicht vertieft zu werden braucht, die sog. Unterinvestitionsthese Kenneth Arrows attackierte.259 In seinem Aufsatz unterscheidet Hirshleifer zwei Kategorien von Wissen: Vorauswissen (foreknowledge) und Entdeckung (discovery). Während sich foreknowledge auf Umstände bezieht, die in der Zukunft eintreten und danach jedem bekannt sind, betrifft discovery Umstände, die bereits jetzt existieren und anderen bisher verborgen geblieben sind.260 Der Nutzen von 255

Black, 41 J. Fin. 529, 532 (1986). Dazu Daniel/Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 174 (2002). 257 Zu Hirshleifers HE-Modell der Spekulation und seinen wohlfahrtsökonomischen Implikationen schon o. § 2 II.3. 258 Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561 (1971). 259 Arrow in Lamberton (ed.), Economics of Information and Knowledge, 1971, S. 141. Instruktiv hierzu Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 158–167; Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 218–220. 260 Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 562 (1971). 256

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foreknowledge bezieht sich allein darauf, einen Umstand eher zu wissen als andere. Was durch discovery entdeckt wird, wäre hingegen nicht schon durch den weiteren Gang der Dinge zutage gefördert worden. Hirshleifers zentrale Einsicht ist, dass der Wert von Vorauswissen um ein Vielfaches wertvoller für einzelne Spekulanten sein kann als für die Gesellschaft.261 Einfach veranschaulichen lässt sich dies an einem klassischen und viel zitierten Beispiel aus dem US-amerikanischen Vertragsrecht:262 In der Entscheidung Laidlaw v. Organ263 aus dem Jahre 1817 verfügte der beklagte Tabakhändler Organ über sichere Information darüber, dass die britische Marine die seit einiger Zeit über New Orleans verhängte Seeblockade am 19. Februar 1815 aufheben würde. Er kaufte am Morgen des 19. Februar 60 Tonnen Tabak von Laidlaw. Innerhalb eines Tages stieg der Tabakpreis um 30–50%. Laidlaw wollte sich nicht an den Vertrag gebunden wissen. Während Organ einen üppigen Spekulationsgewinn erzielen konnte, wechselte der Tabak aus volkswirtschaftlicher Sicht allein den Besitzer. Zwar wäre grundsätzlich denkbar gewesen, dass Laidlaw den Tabak mangels Verkaufsmöglichkeit verbrannt und die Spekulation Organs daher eine volkswirtschaftlich wertvolle Ressource bewahrt hätte. So lagen die Dinge in dem entschiedenen Fall jedoch nicht. Aus der Tatsache, dass Anleger aus privatem Vorauswissen Profite erzielen können, denen kein gesellschaftlicher Nutzen entspricht, folgt, dass private und sozial optimale Anreize, nach Information zu suchen, nicht auf einer Linie liegen können. Spekulanten haben Anreize, zu viele Ressourcen in die Ermittlung kursrelevanten Vorauswissens zu investieren als sozial wünschenswert.264 Spekulation aufgrund von foreknowledge kann also einen sozial verschwenderischen Prozess in Gang setzen, der allein Reichtum umverteilt und zu keinem gesellschaftlichen Nutzen führt.265 Dies entspricht dem schon zitierten Brandmal des „negative sum game“266. Hirshleifers Überinvestitionsthese wird teilweise für einen Fundamentalangriff gegen Spekulation an sich fruchtbar gemacht.267 Solche Pauschalie261 Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 567 (1971): „However, it remains true that the value of private foreknowledge is enormously greater to any individual than the value to him of public foreknowledge“. 262 Instruktiv auch Cooter/Ulen, Law and Economics, 4th Ed. 2004, S. 281 f. 263 15 U.S. 84, 2 Wheat. 178 (1817). 264 Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 567 (1971): „Thus, the incentives for the use of resources to generate private information remain excessive“. 265 s. zum Vorwurf der rein redistributiven Wirkung Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 571 (1971). 266 Dazu o. § 1 u. § 2 II.3.b). 267 s. Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 686 (1995), die offenbar davon ausgeht, dass Spekulation dem Markt generell „wenig Liquidität zu hohem Preis“ hinzufügt.

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rungen werden der Sache aber nicht gerecht, denn sie ignorieren die bereits oben benannten positiven Effekte informierter Preise und liquider Märkte. Die Kritik Hirshleifers fügt aber nützliche Gedanken in die weitere Diskussion ein, denn sie verdeutlicht, (a) dass Markteffizienz und die sonstigen Vorteile der Spekulation ihren Preis haben268, (b) dass der Nutzen von Markteffizienz nicht immer gleich hoch ist und dass deshalb (c) die Vorteile von Spekulation zu teuer erkauft werden können.269 Dies gilt nicht nur – wie gesehen – für den Bereich des foreknowledge, sondern prinzipiell auch für den der discovery. Auch hier kann die Aussicht auf Spekulationsgewinn eine Vielzahl von Spekulanten zur Informationssuche anreizen, die sich zwar für jeden einzelnen lohnen kann, insgesamt aber den Wert der Entdeckung für die Gesellschaft übersteigt, und somit ein sozial verschwenderisches race to be first entfachen.270 3. Weitere Implikationen für die Abgrenzung von „gutem“ und „schlechtem“ Spekulieren Mit der Erkenntnis, dass Markteffizienz und Liquidität erkauft werden müssen, gerät jeder Gesetzgeber und Rechtsanwender in ein Dilemma: Wie soll er entscheiden, ob die positiven Externalitäten von Spekulationsgeschäften ihre Kosten übersteigen? Erschwerend kommt hinzu, dass Gesetzgeber und Rechtsanwender nicht nur Einzelfälle zu entscheiden haben, sondern Rechtsregeln auf Subsumtionsfähigkeit zugeschnitten sein müssen. „Typisierungen, Vergröberungen und Zugeständnisse an die Eigengesetzlichkeiten des juristischen Entscheidungsfindungsprozesses sind daher in unserem Kontext ebenso wenig zu vermeiden wie in anderen Gebieten des Privatrechts“271. Auf der anderen Seite erscheinen undifferenzierte Lösungen des Prinzipienkonflikts nach dem Motto „Spekulation verursacht grundsätzlich exzessive Kosten und muss daher zurückgedrängt werden“ oder „Die positiven Externalitäten von Spekulation überwiegen grundsätzlich ihre Kosten“, der Janusköpfigkeit von Spekulation nicht gerecht zu werden. 268

s. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 241: „informative prices are not cheap“. 269 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 166 f.; Kirzner, Unternehmer und Marktdynamik, 1988, S. 245; Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 689 (1995). 270 Dies ist ein bekanntes Problem, das sich immer stellt, wenn Akteure property rights an Gegenständen erwerben können, instruktiv dazu Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S. 33 ff. 271 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 120.

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Es lassen sich daher weitere Leitlinien über die Abgrenzung „guten“ und „schlechten“ Spekulierens festhalten (zu den ersten Leitlinien schon o. III.3.). Dritte Leitlinie Spekulation ist zweifelhaft, wenn sie Umstände betrifft, die sich mit Sicherheit in nächster Zukunft aufklären. Das von den Spekulanten angehäufte Wissen ist in diesem Falle reines foreknowledge mit begrenztem Wert für die Gesellschaft. Schwierig erscheint, diese Erkenntnis in subsumtionsfähige Regeln zu integrieren. Weder lässt sich anhand des Geschäftsbereiches eines Emittenten noch aufgrund seiner Struktur, seines Alters oder des Marktes, in dem er notiert ist, vorhersagen, wann wertrelevante Entwicklungen abgeschlossen werden. Eine Filterung erscheint aber zumindest aufgrund der Natur der spekulativen Information nicht völlig unmöglich. Hierauf wird bei der Diskussion der Kommentierungspflichten von Gerüchten nach § 15 WpHG zurückzukommen sein.272 Vierte Leitlinie Spekulation ist mit Skepsis zu betrachten, wenn sie zum Massenphänomen wird. Dies bedarf einiger Erklärung: Massenspekulation bedeutet hohes Handelsvolumen. Zwar macht dies die Märkte liquide. Massenhafte Spekulation erhöht aber per definitionem die gesamten Such- und sonstigen Transaktionskosten der Gesellschaft. Was also bedeutet Massenspekulation für die Effizienz der Märkte? Hohes Handelsvolumen impliziert – das ist empirisch nachgewiesen und leuchtet intuitiv ein – heterogene Erwartungen.273 Dies ist erneut nicht per se schlecht, zwingt aufgrund unserer bisherigen Einsichten aber zur Skepsis: (1) HE-Spekulation lässt vermuten, dass ein Großteil der Spekulationsgeschäfte unter Spekulanten zustande kommt und nicht zwischen Spekulanten und utilitarian traders. Gesamtwirtschaftlichen Nutzen haben solche „reinen“ Spekulationsgeschäfte allein aufgrund ihrer Liquiditäts- und Effizienzexternalitäten. (2) Zwar birgt massenhafte HE-Spekulation Chancen für die Markteffizienz, denn je mehr Händler auf dem Markt sind, desto verlässlicher wird nach dem Gesetz der großen Zahlen der educated guess der Marktteilnehmer im Bereich der unerfahrbaren wertrelevanten Tatsachen, und mit der Anzahl der Marktteilnehmer steigt die Wahrscheinlich272

s. u. § 4 III.4. s. nur Bailey/Li/Mao/Zhong, 58 J. Fin. 2487, 2493 (2003): Ofek/Richardson, 58 J. Fin. 1113, 1121 (2003). 273

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keit, dass facettenreichere Information aus verschiedensten Bereichen in Preise eingearbeitet wird. (3) Der Grenznutzen dieses positiven Inputs sinkt jedoch mit der zunehmenden Anzahl an Spekulanten: Je mehr Spekulanten bereits auf einem Markt aktiv sind, (a) desto höher ist die Chance, dass der nächste Marktteilnehmer den Markt mit einer Information betritt, die schon ein anderer besitzt, und (b) desto geringer ist der zusätzliche Nutzen für die Verlässlichkeit des educated guess.274 Kommen von 10.000 Spekulanten 5.000 nach kostspieliger Nachforschung zu dem Ergebnis, die Aktie von X sei 49 wert, und kommen 5.000 andere Spekulanten nach ebenso kostenintensiver Suche zu dem Ergebnis, sie sei 51 wert, dann notiert die Aktie bei 50. Hieran ändert sich nichts, wenn statt 5.000 Händlern auf jeder Seite 50.000 Händler stehen, obwohl zehn mal mehr Ressourcen auf die Suche verwandt wurden. Zwar ist die Einschätzung der 100.000 Händler nach dem Gesetz der großen Zahlen verlässlicher als die Einschätzung der 10.000. Die zusätzliche Verlässlichkeit, die jeder Händler der Markteinschätzung hinzufügt, nimmt jedoch mit steigender Händlerzahl ab, während eine solche Gesetzmäßigkeit für die zusätzlichen Suchkosten nicht zu erkennen ist.275 (4) Daneben besteht nicht nur die Gefahr, dass die Grenzkosten von Massenspekulation ihren Grenznutzen übersteigen. Massenspekulation kann auch zu erheblichen Preisstörungen führen. Heterogene Erwartungen – und das heißt: Spekulation (s. o.) – entstehen nämlich auch dadurch, dass Marktteilnehmer Information missverstehen. Von qualifizierter Stelle wird gar vertreten, dass sich der Großteil des Spekulationsvolumens auf noise zurückführen lasse.276 Haben die informierten Spekulanten in diesem Fall nicht genügend Finanzmittel, oder unterliegen sie sonstigen Beschränkungen, aufgrund derer sie nicht hinreichend viele Wetten gegen noise traders abschließen können, werden Preise von ihrem informierten Level fortbewegt. Die klassische Finanztheorie verweist gegen diese Zweifel auf zwei bereits oben genannte Argumente:277 (1) Fehleinschätzungen uninformierter Händler gleichen sich auf lange Sicht aus. Massenspekulation erhöht daher nicht das noise trader-Risiko. (2) Uninformierte Händler verlieren systema274

Für eine formalen Beweis s. Anhang 2 sub. 2. Zwar kann man hiergegen einwenden, dass jeder neue Marktteilnehmer, der aufgrund einer schon von einem anderen Spekulanten besessenen Information den Markt betritt, ebenso wertvoll ist wie seine Vorgänger, wenn deren Budget ausgeschöpft ist, um Wetten gegen uninformierte Händler abzuschließen, weil er daher ebenso wie seine Vorgänger den Preis auf seinem informierten Level hält. Dieses Argument setzt jedoch voraus, dass auf der Seite der uninformierten Spekulanten massenhaft spekuliert wird. 276 Black, 41 J. Fin. 529, 530 (1986). 277 s. o. § 2 IV.1.b)bb). 275

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tisch Geld an die besser informierten Händler und verlassen daher auf lange Sicht den Markt. Massenspekulation führt also nicht zu exzessivem Handel. Stattdessen ist noise trading gewissermaßen das „Öl der Markteffizienz“, Anreiz und Gewinnaussicht für informierte Händler und daher auch der Grund, warum Preise auf ihrem informierten Niveau bleiben.278 Diese Einwände provozieren zwei weitere Fragen. Erstens: Gleichen sich Fehlbewertungen uninformierter Anleger tatsächlich gegenseitig aus? Zweitens: Funktioniert die marktmäßige Auslese uninformierter Händler? Hiermit angesprochen sind zwei Kernfragen der modernen Finanzierungstheorie, deren Beantwortung durch die herrschende Lehre von einer beständig an Aufmerksamkeit gewinnenden Strömung in Frage gestellt wird: der Behavioral Finance.

V. Behavioral Finance Aus einer Reihe empirischer Widerlegungen, Gegenmodellen und kritischer Auseinandersetzungen mit der ECMH hat sich eine Bewegung entwickelt, die zunächst als „Anomalie-Literatur“ (anomalies literature) abgetan wurde,279 mittlerweile jedoch ihren festen Platz im Theoriengebäude der Finanzökonomie hat. Sie wird – terminologisch nicht ganz glücklich280 – als Behavioral Finance bezeichnet. Behavioral Finance ist ein Ausschnitt aus dem Querschnittsgebiet der Behavioral Economics (teilweise auch: Behavioral Decision Theory281, Legal Decision Theory282 oder schlicht „cognitive heuristics literature“283), dessen Vertreter gestützt auf Forschungsergebnisse von Kognitionspsychologen traditionelle Ökonomie hinterfragen und das spätestens seit der Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises 278 Stellvertretend für viele Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 190. Schon Black, 41 J. Fin. 529, 531 f. (1986) hat freilich darauf hingewiesen, dass Preise erst durch noise trading von ihren Fundamentalwerten entfernt werden. 279 Fama, 49 J. Fin. Econ. 283, 284 (1998); Frankfurter/McGoun, 1 J. Psychol. & Fin. Markets 200 (2000); Frankfurter/McGoun, 48 J. Econ. Behav. & Org. 375, 376 (2002). 280 Das Wort „Behavioral“ impliziert eine Verbindung zu einer unter der Bezeichnung „Behaviorismus“ („Behaviorism“ oder „Behavioralism“) bekannten psychologischen Strömung, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts dominierte. Ihr Hauptvertreter war B.F. Skinner. Korrekter erschiene die Bezeichnung „Cognitive Finace“ bzw. „Cognitive Economics“. Dazu Rachlinski, 85 Cornell L. Rev. 739, 740 (2000); Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165, 1174 (2003); Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 78 (2002); zust. Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135, 138 Fn. 13 (2002). 281 Grundlegend Edwards, 12 Ann. Rev. Psychol. 473 (1961); Hillman, 85 Cornell L. Rev. 717, 718 (2000); Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 632 Fn. 9 (1996). 282 Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 78 (2002). 283 Scott, 86 Va. L. Rev. 1603, 1639 (2000).

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im Jahre 2002 an einen der beiden Hauptvertreter dieser Bewegung, den Psychologen Daniel Kahneman (der zweite Kopf der Bewegung, Amos Tversky, starb zuvor am 2.6.1996), zum Methoden-Kanon der etablierten Wirtschaftswissenschaften gehört.284 Die Kernaussagen der Behavioral Finance beantworten gleichzeitig unsere zuletzt unter IV.3. aufgeworfenen Fragen: (1) Anleger machen zahlreiche Fehler bei der Bewertung von Aktien. Diesen Fehlern unterliegen sie systematisch, d.h. ihre Fehleinschätzungen gleichen sich nicht gegenseitig aus. (2) In solchen Fällen sind informierten Anlegern häufig Schranken gesetzt, so dass sie nicht effektiv gegen diese irrationalen Händler wetten und die Preise auf ihrem informierten Niveau halten können (limits of arbitrage). Aus diesen Gründen lernen uninformierte Spekulanten nicht immer aus ihren Fehlern und werden nicht notwendig aus dem Markt gedrängt. 1. Entwicklungsgeschichte Jede Ausführung über die geschichtlichen Wurzeln und die Entwicklung von Behavioral Finance muss bei der ECMH beginnen.285 In verschiedenen Studien zur zufallsabhängigen Entwicklung von Aktienpreisen (random walk studies) geboren286 und 1970 von Eugene Fama in ihren berühmten drei Erscheinungsformen definiert287, strömte ihr Einfluss nicht nur durch 284 Vorzügliche Bestandsaufnahmen bei D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533 (2001); Rabin, 36 J. Econ. Lit. 11 (1998); Rabin, 46 Eur. Econ. Rev. 657 (2002); Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373 (2004). Hervorragender Literaturüberblick über die Auswirkung von Fehleinschätzungen auf das Verhalten von Anlegern bei Daniel/ Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139 (2002). Populärwissenschaftliche Einführung bei Belsky/Gilovich, Why Smart People Make Big Money Mistakes and How to Correct Them, 1999; Shefrin, Börsenerfolg mit Behavioral Finance, 2000. Detailliert Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053. Sammlung von Aufsätzen in Thaler, Advances in Behavioral Finance, 1993; Shefrin, Behavioral Finance, 2001. Aus der deutschsprachigen Literatur Stephan in Fischer/Kutsch/Stephan (Hrsg.), Finanzpsychologie, 1999, S. 101 ff.; Oehler, ZBB 1992, 97; Oehler, ZBB 1998, 230; Oehler, ÖBA 2000, 978; Goldberg/von Nitzsch, Behavioral Finance, 4. Aufl. 2004. 285 Zur geschichtlichen Entwicklung von ECMH und Behavioral Finance empfehlenswert Cunningham, 62 Geo. Wash. L. Rev. 546 (1994); Langevoort, 140 U. Pa. L. Rev. 851 (1992); Shiller, 17(1) J. Econ. Persp. 83 (2003); knapp, aber illustrativ Shefrin, Börsenerfolg mit Behavioral Finance, 2000, S. 8 f. 286 Kendall, 96 Journal of the Royal Statistical Society, series A, 11 (1953); Alexander, 2 Indus. Mgmt. Rev. 7 (1961); Cootner, 3 Indus. Mgmt. Rev. 24 (1962); Alexander, 5 Indus. Mgmt. Rev. 25 (1964); Fama, 38 J. Bus. 34 (1965); Fama, 21(5) Fin. Analysts J. 55 (1965); Samuelson, 6 Indus. Mgmt. Rev. 41, 48 (1965); Mandelbrot, 39 J. Bus. 242, 248 (1966). Grundlegend freilich schon Bachelier, s. dazu o. § 2 IV.1.b)bb).

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die ökonomischen und juristischen Fakultäten, sondern auch in Ministerien und andere Regulierungsbehörden. 1978 verkündete der einflussreiche Finanzwissenschaftler Michael Jensen: „There is no other proposition in economics which has more solid empirical evidence supporting it than the Efficient Capital Market Hypothesis“288. Ab diesem Zeitpunkt „begann die ECMH eine beachtlich schnelle Transformation von einer Theorie zur Doktrin“.289 Charakteristisch hierfür stellten Ronald Gilson und Reinier Kraakman 1984 in ihrem berühmten Aufsatz über die „Mechanismen der Markteffizienz“ fest, die ECMH sei „the context in which to discuss markets and their regulation“290. Schon der Aufsatz Famas dem Jahre 1970 enthielt Hinweise auf so genannte „Anomalien“, also Phänomene, die mit der Effizienzhypothese nicht vereinbar waren. Deren Bedeutung wurde von Fama aber als nicht hinreichend eingeschätzt, um an der ECMH zu zweifeln.291 Intensiv hinterfragt wurde die ECMH als Modell tatsächlichen Kapitalmarktgeschehens erst gegen Ende der 70er Jahre. Am Anfang dieser Revision standen so genannte Anomalie-Studien, die vorzugsweise in dem von Jensen herausgegebenen Journal of Financial Economics publiziert wurden:292 Untersuchungen insbesondere von Robert Shiller zeigten, dass Aktienkurse eine höhere Volatilität aufwiesen als von der ECMH vorhergesagt und ließen darauf schließen, dass sich Aktienkurse auch ohne korrespondierende Fundamentalwerte verändern, dass Spekulation Aktienpreise also von ihren Fundamentalwerten entfernen kann.293 Andere Studien untersuchten den bereits erwähnten Januar-Effekt294 oder den sog. small firm- oder sizeeffect, wonach Firmen mit relativ geringer Kapitalisierung höhere risikobereinigte Renditen erzielten als von klassischer Finanzierungstheorie prog287

Fama, 25 J. Fin. 383 (1970). Jensen, 6 J. Fin. Econ. 95 (1978). 289 Langevoort, 140 U. Pa. L. Rev. 851, 853 (1992): „At roughly this point, the hypothesis began its remarkably quick transition from theory into doctrine“. 290 Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 550 (1984). 291 Fama, 25 J. Fin. 383, 414 (1970): „(. . .) does not appear to be sufficient to declare the market inefficient“. 292 Bedeutend insoweit Heft 2/3 des 1978er Journal of Financial Economics, in dem ausschließlich Aufsätze zu Anomalien abgedruckt wurden. Dies ist gleichzeitig das Heft, in dem Michael Jensen einleitend den oben zitierten Satz „there is no other proposition in economics which has more solid empirical evidence supporting it than the Efficient Capital Market Hypothesis“ aussprach. 293 Shiller, 87 J. Pol. Econ. 1190 (1979); Shiller, 71 Am. Econ. Rev. 421 (1981); Shiller, 36 J. Fin. 291 (1981); zusf. Shiller, Market Volatility, 1989; s. auch Arrow, 20 Econ. Inquiry 1, 5 (1982). Zusf. hierzu und m. w. N. Sapusek, Informationseffizienz auf Kapitalmärkten, 1998, S. 55–68. 294 s. o. § 2 III.2.c)dd)(1)(a). 288

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nostiziert295. Diese Studien wurden in den 90er Jahren ausgedehnt und förderten noch irritierendere Anomalien zutage, etwa die ungewöhnlich schwachen Langzeitentwicklung von IPO-Aktien,296 das systematisch bessere Abschneiden sogenannter value stocks im Vergleich zu sogenannten growth stocks,297 Preisunterschiede innerhalb so genannter twin-stocks,298 das closed end fund puzzle299 oder das equity premium puzzle300.301 An der Überzeugungskraft der ECMH stärker zweifelnd, zogen viele Ökonomen 295 Banz, 9 J. Fin. Econ. 3 (1981); Reinganum, 9 J. Fin. Econ. 19 (1981); Basu, 12 J. Fin. Econ 129 (1983); Brown/Kleidon/Marsh, 12 J. Fin. Econ 33 (1983); Reinganum, 12 J. Fin. Econ. 89 (1983); Roll, 9 J. Portfolio Mgmt. 18 (1983). Früher Erklärungsversuch bei Roll, 36 J. Fin. 879 (1981). Umfassend zu den Analogien Schwert in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 941 ff. 296 Pionierarbeit bei Ibbotson, 2 J. Fin. Econ. 235 (1975). s. aus der deutschen Literatur kürzlich Rath/Tebroke/Tietze, ZBB 2004, 269 m. w. N. 297 Hierzu La Porta/Lakonishok/Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. 859 (1997). 298 Im Jahre 1907 vereinbarten Royal Dutch und Shell Transport ein pooling of interest, wonach Royal Dutch 60% des totalen Cash-Flows beider Unternehmen zugewiesen wurde und Shell Transport 40%. Royal Dutch notiert hauptsächlich an US-amerikanischen Börsen, Shell Tranport im Vereinigten Königreich. Bei rationalen Erwartungen müssten die Aktien von Royal Dutch immer genau 1.5 mal mehr wert sein als die Aktien von Shell. Tatsächlich bestehen erhebliche Wertunterschiede zwischen beiden Aktien. Im Vergleich zu Shell ist Royal Dutch beizeiten zu 35% überbewertet, in anderen Perioden dagegen zu 15% unterbewertet. Umfassend hierzu Froot/Dabora, 53 J. Fin. Econ. 189 (1999); instruktiv auch Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 28 ff. 299 Im Gegensatz zu den auf US-amerikanischen Kapitalmärkten verbreiteteren open end funds emittieren closed end funds nur eine begrenzte Anzahl an Anteilen. Anleger investieren und deinvestieren daher über die Börse. Closed end funds notieren an organisierten Kapitalmärkten wie etwa der NYSE. Ihr Vermögen besteht hauptsächlich aus wiederum an solchen Märkten gehandelten Aktien. Der Wert eines Anteils an einem solchen Fonds lässt sich daher mit hoher Sicherheit aus dem Wert der vom Fonds gehaltenen Aktien errechnen. Trotzdem notieren die Anteile an closed end funds üblicherweise mit einem 10%igen Diskont. Grundlegend schon Malkiel, 32 J. Fin. 847 (1977); Thompson, 6 J. Fin. Econ. 151 (1978); später insbesondere Lee/Shleifer/Thaler, 46 J. Fin. 75 (1991); Pontiff, Q. J. Econ. 1135 (1996); kürzlich Gemmill/Thomas, 57 J. Fin. 2571 (2002). 300 Hierbei handelt es sich um die vielleicht irritierendste Anomalie: Auf seinen Kern reduziert besagt es, dass Investoren ein Premium für ihre Investition in Aktien verlangen, das mit dem herrschenden Capital Asset Pricing Model (CAPM) nicht erklärt werden kann. Grundlegend Mehra/Prescott, 15 J. Monetary Econ. 145 (1985); danach etwa Campbell/Cochrane, 107 J. Pol. Econ. 205 (1999). 301 Weitere Anomalien werden noch vorgestellt, s. insbesondere u. § 2 V.3.a)cc)(6)(a), § 2 V.3.a)cc)(6)(b). Vorzügliche Übersichten über sonstige Anomalien (etwa weekend-effect, internet carve-outs etc.) bei Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053, 1061 ff., 1075 ff.; Schwert in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S.939, 941 ff.; detaillierte Zusammen-

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

nun vermehrt die Ergebnisse kognitiver Psychologen in ihre Arbeit ein, allen voran die Arbeit Daniel Kahnemans und Amos Tverskys. Kognitionspsychologie stellte das Rohmaterial bereit, aus dem Ökonomen Attacken gegen die ECMH fertigten, Alternativmodelle entwickelten und – am wichtigsten – die oben genannten Anomalien erklärten.302 Von der ECMH als Doktrin konnte nun keine Rede mehr sein. Provozierend stellte der Chicagoer Ökonom Richard Thaler, einer der führenden Köpfe der Behavioral Economics, im Jahre 1999 fest: „A drunk walking through a field can create a random walk, despite the fact that no one would call his choice of direction rational“303. 2. Theoretische Grundlagen traditioneller Finanzierungstheorie Kern der Behavioral Finance ist ein Angriff auf die entscheidungstheoretischen Grundlagen der klassischen Finanzierungstheorie.304 Dies sind: die Subjective Expected Utility Theory, die Rational Expectations Theory und Bayes’ Gesetz über die Aktualisierung von Erwartungen im Lichte neuer Information. Zusammen mit den Elementen „Egoismus“ und „stabile Präferenzen“ fundieren sie das Standard-Menschenbild ökonomischer Analyse,305 das Bild des homo oeconomicus, das auch als Rational Choice Model oder Rational Choice Theory bezeichnet wird306. Will man Behavioral Finance verstehen, muss man sich zunächst diese drei Elemente der fassung auch bei Sapusek, Informationseffizienz auf Kapitalmärkten, 1998, S. 141 ff.; knapp etwa Lindgren, 1 S. Cal. Interdisc. L.J. 7, 15 ff. (1992). 302 Bekannte Erklärungsmodelle finden sich zum equity premium puzzle bei Benartzi/Thaler, 110 Q. J. Econ. 75 (1995), zum closed end fund puzzle bei Lee/ Shleifer/Thaler, 46 J. Fin. 75 (1991); s. weiterhin noch die Nachweise u. § 2 V.3.a)bb)(6), § 2 V.3.a)cc)(6). Daneben gibt es zahlreiche Modelle, die Anomalien erklären, ohne Kognitionspsychologie zu verwenden; zusf. und vergleichend Brav/ Heaton, 15 Rev. Fin. Stud. 575 (2002). 303 Thaler, 55(6) Fin. Analysts J. 12, 14 (1999). 304 Insoweit etwa Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053, 1055; De Bondt, 11 J. Empir. Fin. 423 (2004); van der Sar, 25 J. Econ. Psychol. 425, 427 (2004). 305 Als Standard-Forumlierung gilt eine viel zitierte Stelle in Gary Beckers grundlegendem Werk „The Economic Approach to Human Behavior“ (1976): „All human behavior can be viewed as involving participants who maximize their utility from a stable set of preferences and accumulate an optimal amount of information and other inputs in a variety of markets“ (a. a. O., S. 14). Vertiefend hierzu van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S. 73 ff.; Kirchgässner, Homo oeconomicus, 1991, S. 12 ff. Ob Rational Expectations Theory notwendiger Bestandteil dieses Kanons ist, mag man bezweifeln (skeptisch Sen in Eatwell/Milgate/ Newman (eds.), The New Palgrave, A Dictionary of Economics, 1987, Stichwort: „rational behaviour“). Für die herrschenden Finanzierungstheorie ist es jedenfalls notwendig.

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Rational Choice Theory vergegenwärtigen. Dabei soll im Folgenden – ökonomischen Gepflogenheiten entsprechend – für den Begriff des Entscheidungsträgers, Marktteilnehmers oder Akteurs der Begriff des „Agenten“ verwandt werden. a) Subjective Expected Utility Theory Notwendig für das Verständnis der Subjective Expected Utility Theory sind zwei Zentralbegriffe der ökonomischen Entscheidungstheorie, nämlich der des Risikos (risk) und der Ungewissheit (uncertainty). Bei Risiko herrscht Unsicherheit darüber, welcher von mehreren Umweltzuständen eintreten wird, wenn auch die Eintrittswahrscheinlichkeiten aller möglichen Ausgänge bekannt sind. Bei Ungewissheit (auch: Unsicherheit im engen Sinne) herrscht Unsicherheit über die Eintrittswahrscheinlichkeiten der möglichen Umweltzustände oder hinsichtlich der möglichen Umweltzustände selbst.307 Der Wurf einer fairen Münze stellt daher ein Risiko dar. Ungewiss ist sein Ausgang jedoch nicht. Subjective Expected Utility Theory ist die Variation einer entscheidungstheoretischen Strömung, die unter dem Begriff Expected Utility Theory zusammengefasst wird.308 Als erster Beitrag zur Expected Utility Theory gilt die Lösung des so genannten St. Petersburg-Dilemmas durch Daniel Bernoulli (Sohn von Jacob Bernoulli) aus dem Jahre 1738.309 Formuliert als 306 Zur Terminologie s. etwa van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S. 73; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 217; Kelman, 97 Nw. U. L. Rev. 1347, 1358 (2003); Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1055 (2000); Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1558 (1998). 307 Grundlegend Knight, Risk, Uncertainty, and Profit, 1921. s. im Übrigen etwa Laux, Entscheidungstheorie, 6. Aufl. 2005, S. 23; Rommelfanger/Eickmeier, Entscheidungstheorie, 2002, S. 49, 63. 308 Was als Expected Utility Theory bezeichnet wird, ist tatsächlich eine Gruppe von Theorien, dazu etwa Plous, The Psychology of Judgment and Decision Making, 1993, S. 83 „family of theories“. In Deutschland sind auch die Begriffe „BernoulliPrinzip“, „Erwartungsnutzentheorie“, „Risiko-Nutzen-Theorie“ oder „Risikopräferenztheorie“ geläufig, s. Eisenführ/Weber, Rationales Entscheiden, 4. Aufl. 2002, S. 211; Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl. 2004, S. 298; Klose, Ökonomische Analyse von Entscheidungsanomalien, 1994, S. 20 Fn. 36; Laux, Entscheidungstheorie, 6. Aufl. 2005, S. 164; R. Meyer, Entscheidungstheorie, 2. Aufl. 2000, S. 53 ff.; Rommelfanger/Eickmeier, Entscheidungstheorie, 2002, S. 73; Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. Aufl. 1992, S. 455. 309 Bernoulli, 5 Comentarii Academiae Scientiarum Imperialis Petropolitanae, 175 (1738); Übersetzung ins Englische in 22 Econometrica 23 (1954). Instruktiv hierzu Rommelfanger/Eickmeier, Entscheidungstheorie, 2002, S. 71 f. Als weiterer Begründer der Expected Utility Theory darf der schweizer Mathematiker Gabriel Cramer gelten, der eine im Wesentlichen mit den Gedanken Daniel Bernoullis ver-

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allgemeine und einheitliche Theorie für Entscheidungen unter Risiko wurde sie von den Ökonomen John von Neumann und Oskar Morgenstern.310 Der für diese Arbeit entscheidende Inhalt der Expected Utility Theory ist so banal wie wichtig: Agenten wählen unter Handlungen mit risikoreichem Ausgang diejenige Alternative, von der sie den höchsten Nutzen erwarten (sog. Erwartungsnutzen oder Nutzenerwartungswert). Den Erwartungsnutzen einer Handlung gewinnen sie, indem sie den Nutzen jeder möglichen Handlungsfolge mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit multiplizieren und dann all diese Nutzenerwartungswerte zusammenziehen.311 Das Seitenstück für Entscheidungen unter Ungewissheit entwickelte Leonard Savage unter dem Stichwort Subjective Expected Utility Theory.312 Sie besagt, auf ihren hier allein interessierenden Kern reduziert, dass Agenten auch in Situationen von Ungewissheit Präferenzen anhand des Erwartungsnutzens bilden – und zwar gewichtet nach der subjektiv empfundenen Wahrscheinlichkeit einzelner Handlungsergebnisse.313 b) Rational Expectations Theory Die eigentlichen Fragen sind mit der Subjective Expected Utility Theory erst aufgeworfen: Wie formen Agenten ihre Erwartungen? Und wie ermitteln sie den Nutzen der einzelnen Entscheidungsalternativen? Um mit der zweiten Frage zu beginnnen, hat die traditionelle Entscheidungstheorie mehrere so genannte Utilitätsaxiome (utility axioms) – oder genauer: Axiomatisierungen – entwickelt, deren wichtigste zum einen Unersättlichkeit (insatiateness), zum anderen Risikoaversion (risk aversion) sind314 und deren Details hier ausgeblendet werden können.315 gleichbare Theorie bereits mehrere Jahre vorher aufgestellt und im Jahre 1728 Nicolas Bernoulli, einem Cousin Daniel Bernoullis, per Brief mitgeteilt hatte (s. Bernoulli a. a. O., S. 33; hierzu auch Sinn, Economic Decisions under Uncertainty, 1983, S. 69 Fn. 1). 310 von Neumann/Morgenstern, Theory of Games and Economic Behavior, 1944. 311 s. etwa Eisenführ/Weber, Rationales Entscheiden, 4. Aufl. 2002, S. 211 ff.; Klose, Ökonomische Analyse von Entscheidungsanomalien, 1994, S. 20 ff.; Laux, Entscheidungstheorie, 6. Aufl. 2005, S. 164 ff.; Rommelfanger/Eickmeier, Entscheidungstheorie, 2002, S. 72 ff.; Sen in Eatwell/Milgate/Newman (eds.), The New Palgrave, A Dictionary of Economics, 1987, Stichwort: „rational behaviour“. 312 Savage, The Foundations of Statistics, 1954. 313 Vertiefend hierzu Klose, Ökonomische Analyse von Entscheidungsanomalien, 1994, S. 24 ff.; Wollenhaupt, Rationale Entscheidungen bei unscharfen Wahrscheinlichkeiten, 1982, S. 52 ff. Für eine kurze Einführung und Gegenüberstellung zur Behavioral Finance: Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1074. 314 Hierzu van der Sar, 25 J. Econ. Psychol. 425, 427 (2004).

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Wie Agenten ihre Erwartungen formen, beantwortet die Rational Expectations Theory, die im Jahre 1961 zum ersten Mal von John Muth präsentiert und danach insbesondere von Robert Lucas und Thomas Sargent fortentwickelt wurde.316 Sie behandelt so genannte „dynamische Modelle“, d.h. Modelle, in denen sich endogene Variablen (z. B. Preise) danach richten, welchen Wert die Agenten ebendiesen Variablen in der Zukunft zuschreiben („Selbstbezug“, „self-reference“).317 In diesen Modellen – so die Grundüberzeugung Muths – leide die ökonomische Theorie nicht daran, dass sie aufgrund von Rationalitätsannahmen Resultate produziere, die mit der Realität nicht übereinstimmten, sondern am Gegenteil: dass sie nicht genügend Rationalität unterstelle.318 Rationale Erwartungen haben zwei wesentliche Charakteristika: Sie sind unverzerrt.319 Und sie beruhen auf sämtlicher zum Schätzzeitpunkt verfügbarer Information.320 Tragen Erwartungen diese Charakteristika, entsprechen sie stets einem best guess; die Vorhersagen der Agenten unterscheiden sich nicht von denen der ökonomischen Theorie selbst.321 Soweit Agenten sich bei ihren Voraussagen irren, liegt dies an den inhärenten Zufälligkeiten des jeweiligen Entwicklungsprozesses, so dass sich Fehlschätzungen gegenseitig 315 Zu weiteren Axiomen s. etwa van der Sar, 25 J. Econ. Psychol. 425, 427 (2004). 316 Muth, 29 Econometrica 315 (1961); Sargent, Brookings Papers on Economic Activity, 2/1973, 429; Sargent, Macroeconomic Theory, 2nd Ed. 1987. Sammlung der wichtigsten Beiträge zur Rational Expectations Theory bei Lucas/Sargent (eds.), Rational Expectations and Econometric Practice, Vol. 1 u. 2, 1981. Instruktiv hierzu Kirchgässner, Homo oeconomicus, 1991, S. 89 ff. 317 Muth, 29 Econometrica 315, 316 (1961); Sargent in Eatwell/Milgate/Newman (eds.), The New Palgrave, A Dictionary of Economics, 1987, Stichwort: „rational expectations“. 318 Muth, 29 Econometrica 315, 316 (1961): „It is sometimes argued that the assumption of rationality in economics leads to theories inconsistent with, or inadequate to explain, observed phenomena (. . .). Our hypothesis is based on excactly the opposite point of view: that dynamic economic models do not assume enough rationality“. 319 Gabler-Wirtschafts-Lexikon, 13. Aufl. 1992, Stichwort: rationale Erwartungen. 320 Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053; Gabler-Wirtschafts-Lexikon, 13. Aufl. 1992, Stichwort: rationale Erwartungen. 321 Muth, 29 Econometrica 315, 316 (1961): „I should like to suggest that expectations, since they are informed predictions of future events, are essentially the same as the predictions of the relevant economic theory“. Zu dieser charakteristischen Eigenschaft auch Sargent in Eatwell/Milgate/Newman (eds.), The New Palgrave, A Dictionary of Economics, 1987, Stichwort: „rational expectations“; Simon in seiner Nobel-Lesung, abgedruckt bei Recktenwald, Die Nobelpreisträger der ökonomischen Wissenschaft 1969–1988, S. 592, 617.

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ausgleichen.322 Unter diesen Voraussetzungen herrscht zwischen Vorhersage und zukünftiger Wertentwicklung ein rational expectations equilibrium, also ein Zustand, in dem die zukünftigen Wertentwicklungen der Variable die ursprünglichen Erwartungen bestätigen.323 Anders gewendet: Bei rationalen Erwartungen differieren die tatsächlichen Wertentwicklungen nicht systematisch, d.h. nicht mit erkennbarer Regelmäßigkeit, von den Erwartungen der Agenten.324 c) Bayes’ Gesetz Sowohl Expected Utility Theory als auch Rational Expectations Theory setzen voraus, dass Agenten ihre Erwartungen beim Aufkommen neuer Information in Übereinstimmung mit Bayes’ Gesetz aktualisieren. Hierbei handelt es sich um eine im Einzelnen komplizierte Regel aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die von Thomas Bayes aufgestellt und im Jahre 1763 posthum veröffentlicht wurde und deren Kerngedanke besagt, dass ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsberechnungen im Lichte neuer Information immer proportional zum Vorhersagewert dieser Information aktualisiert werden müssen.325 Ein eindrucksvolles Beispiel für die Wirkungsweise dieses Gesetzes ist der sog. false positive: Angenommen sei, eine tödliche Seuche befalle statistisch gesehen einen von 10.000 Menschen. Die Behörden führen einen Test durch, der die Seuche mit 99%iger Genauigkeit erkennt. Patient X wird positiv getestet. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er die Krankheit tatsächlich hat? Intuitiv schaut jeder Leser wahrscheinlich auf die 322 Muth, 29 Econometrica 315, 317 (1961); Sargent, „Rational Expectations“, The Concise Encyclopedia of Economics. Library of Economics and Liberty; abrufbar unter http://www.econlib.org/library/Enc/RationalExpectations.html. 323 Savin in Eatwell/Milgate/Newman (eds.), The New Palgrave, A Dictionary of Economics, 1987, Stichwort: „rational expectations: econometric implications“: „A rational expectations equilibrium is a fixed point in this mapping in which expectations generate outcomes which confirm the original expectations“. 324 Sargent, „Rational Expectations“, The Concise Encyclopedia of Economics. Library of Economics and Liberty; abrufbar unter http://www.econlib.org/library/ Enc/RationalExpectations.html. 325 Bayes, 53 Philosophical Transaction of the Royal Society of London, 370 (1763); herunterladbar unter http://www.stat.ucla.edu/history/essay.pdf. Illustrativ hierzu Baird/Gertner/Picker, Game Theory and the Law, 1994, S. 79–121; Anderson, Kognitive Psychologie, 3. Aufl. 2001, S. 333 ff. Mathematische Erklärung und Anwendungsbeispiele bei Solso/MacLin/MacLin, Cognitive Psychology, 7th. Ed. 2005, S. 444 ff. sowie unter http://www.informationgenius.com/encyclopedia/b/ba/ bayes_theorem.html und http://plato.stanford.edu/entries/bayes_theorem/. Zum Verhältnis von Bayes’ Gesetz und Behavioral Economics s. insbesondere Grether, 95 Q. J. Econ. 537 (1980).

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99%ige Testgenauigkeit, was die Antwort „99 Prozent“ nahelegt. Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit liegt jedoch weit darunter. Statistisch ist eine von 10.000 getesteten Personen mit dem Virus infiziert. Bei einer Testgenauigkeit von 99% werden aber 1% von 9.999 gesunden Patienten, also 99 Patienten, fälschlicherweise als Seuchenopfer identifiziert. X ist also lediglich mit der Wahrscheinlichkeit von 1% (1 tatsächlich Infizierter von 100 positiv Getesteten) tatsächlich infiziert.326 Bereits dieses kontraintuitive Beispiel lässt daran zweifeln, dass Menschen ihre Erwartungen im Lichte neuer Information immer korrekt im Sinne von Bayes’ Gesetz aktualisieren. Hierauf wird an zahlreichen Stellen zurückzukommen sein. d) Rational Choice Theory als Kern des traditionellen Verständnisses von Spekulation – das no trade theorem Zunächst aber sollte festgehalten werden: Die vorstehenden Gedanken sind nichts anderes als der theoretische Unterbau der ECMH in ihrer halbstrengen Form und der Spekulation als „Mechanismus der Markteffizienz“.327 Die Effizienzhypothese nimmt an, dass Marktteilnehmer unverzerrte Prognosen über den zukünftigen Wert des jeweiligen Instruments anstellen und hierbei alle verfügbare Information verarbeiten. Fehlpreisungen liegen allein an der objektiven Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und gleichen sich gegenseitig aus. Da alle öffentlich bekannten Informationen zu jedem Zeitpunkt in den Preisen enthalten sind, ist die zukünftige Preisentwicklung allein abhängig von der unvorhersehbaren Wertentwicklung des jeweiligen Instruments. Die Preise folgen dem viel zitierten „random walk“. Aufgrund öffentlich bekannter Information kann kein Marktteilnehmer systematisch den Markt schlagen. Mit anderen Worten: Nach der ECMH befinden sich Preise auf Kapitalmärkten stets in einem rational expectations equilibrium. Von der Rational Choice Theory kann man außerdem einen Bogen zu den oben aufgeführten Modellen der Spekulation schlagen:328 Unterstellt man allen Agenten rationale Erwartungen, dürfte Spekulation nur durch 326 s. auch Ulen, 51 Vand. L. Rev. 1747, 1761 f. (1998); Gigerenzer, Das Einmaleins der Skepsis, 2002, S. 15–17. 327 s. Sargent, „Rational Expectations“, The Concise Encyclopedia of Economics. Library of Economics and Liberty; abrufbar unter http://www.econlib.org/library/ Enc/RationalExpectations.html: „Rational expectations is a building block for the ‚random walk‘ or ‚efficient markets‘ theory of securities prices“. 328 s. o. § 2 II.

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Risikotransfer motiviert sein, nie aber durch heterogene Erwartungen.329 Grund hierfür ist das sog. no trade theorem:330 Haben alle Marktteilnehmer rationale Erwartungen, wüsste jeder Agent, dass er einen Handelspartner nur dann findet, wenn dieser einen Spekulationsgewinn erwartet, wenn er also über höherwertige Information verfügt. Jeder andere weiß aber ebenfalls, dass ihm nur dann ein Geschäft angeboten wird, wenn der Anbietende über bessere Information verfügt. Zum Geschäft würden sich daher nur solche Agenten bereit finden, die (a) objektiv besser informiert sind und (b) dies wissen, also den Informationsstand des anderen kennen. Folglich bietet kein rationaler Marktteilnehmer ein Spekulationsgeschäft an. Dass trotzdem tagtäglich Millionen reiner Spekulationsgeschäfte abgeschlossen werden, hebt erstens den Wert des Hirshleifer’schen Modells von Spekulation331 und weckt zweitens den Wunsch, Kapitalmarkttheorie kennen zu lernen, die nicht auf der Annahme rationaler Erwartungen beruht.

3. Kontrastprogramm der Behavioral Finance Fundament von Behavioral Finance ist die Überzeugung, (a) dass Menschen tatsächlich ständig gegen Subjective Utility und Rational Expectations Theory sowie Bayes’ Gesetz verstoßen („Psychologie“) und (b) dass der Arbitrage, hier verstanden als informierte Spekulation, Grenzen gesetzt sind („limits of arbitrage“).332 Die Folge: Preise können systematisch von ihren Fundamentalwerten abweichen; Märkte sind allokationsineffizient. Beide Grundbausteine der Behavioral Finance sind nicht nur experimentell getestet, sondern auch empirisch bewiesen worden. Anleger üben Optionen nicht aus, obwohl diese „in the money“ sind,333 entgegen Markowitz’ Portfolio Theorie halten sie nicht oder nur naiv diversifizierte Portfolios,334 sie investieren zu stark in Unternehmen aus ihrem Heimatland,335 ja, sie verwechseln sogar Ticker-Symbole336. Solche und andere Fehler führen zu 329 Stout, 3 Legal Theory 227, 228 (1997); vgl. auch Zurita, 13 J. Fin. Intermediation 378, 379 (2004). Grundlegend schon Aumann, 4 Annals of Statistics 1236 (1976) unter dem Titel „Agreeing to Disagree“. 330 Grundlegend Kreps, 14 J. Econ. Theory 32 (1977); Milgrom/Stokey, 26 J. Econ. Theory 17 (1982). Illustration bei Triole, 50 Econometrica 1163, 1164 f. (1982). 331 Dazu o. § 2 II.3. 332 s. schon o. § 2 V. 333 Longstaff/Santa-Clara/Schwartz, 62 J. Fin. Econ. 39 (2001). 334 s. schon Lease/Lewellen/Schlarbaum/, 29 J. Fin. 413 (1974). 335 Dazu noch u. § 2 V.3.a)cc)(6)(b) m. w. N. in Fn. 461. 336 Hierzu die Studie von Rashes, 56 J. Fin. 1911 (2001).

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zahlreichen, die ECMH in Frage stellenden Phänomenen (Anomalien), von denen einige bereits oben eingeführt wurden337 und von denen noch weitere vorgestellt werden sollen. Hierauf aufbauend haben Ökonomen Modelle über die Folgen von Spekulation entworfen, von denen zumindest das sog. positive feedback trading behandelt werden soll.338 Zunächst steht jedoch im Mittelpunkt, warum Anleger systematisch Entscheidungsfehlern unterliegen [„Psychologie“, sogleich unter a)]. Sodann wird es um die Frage gehen, warum Arbitrageure aus solchen Fehlern nicht immer Profit schlagen können [„limits of arbitrage“, unten unter b)]. a) Psychologie aa) Allgemeine Vorbemerkungen In der Expected Utility Theory von Neumanns und Morgensterns stehen die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Handlungsfolgen objektiv fest. Die kognitiven Fähigkeiten der Agenten und die Fähigkeit zur Informationsverarbeitung spielen daher keine Rolle. Dies sieht in der Realität freilich ganz anders aus. In kaum einer Situation können Menschen sämtliche möglichen Folgen ihrer Handlung vorhersehen, geschweige denn ihre Wahrscheinlichkeit einschätzen. In den Wirtschaftswissenschaften wurden daher Alternativmodelle zur unbegrenzten Rationalität entwickelt. Eines dieser Modelle geht davon aus, dass Menschen ihr Verhalten immer nur unter Beschränkungen – insbesondere Zeit – optimieren (optimization under constraints).339 Ein noch raffinierteres Modell, nämlich das der begrenzten Rationalität (bounded rationality), hatte bereits im Jahre 1955 Herbert Simon entworfen.340 Hiernach verlassen sich Menschen bei ihren Entscheidungen auf bestimmte, an die jeweiligen Lebensbedingungen angepasste Erkenntnisprozesse, Verhaltens- und Daumenregeln, die weitere Informationssuche von vornherein ersparen.341 Auch 337

s. o. § 2 III.2.c)dd)(1)(a) u. § 2 V.1. Dazu u. § 2 V.3.a)cc)(6)(a). 339 Das vielleicht wichtigste dieser Modelle wurde 1961 von George Stigler entworfen und baut auf den zentralen Begriff der Informationskosten auf; Stigler, 69 J. Pol. Econ. 213 (1961). Instruktiv hierzu Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 117 f. 340 Simon, 69 Q. J. Econ. 99 (1955). Grundlegende Aufsätze danach: Simon, 63 Psychol. Rev. 129 (1956); Simon in Green/Kagel (eds.), Advances in Behavioral Economics, 1987, S. 18; Simon, 41 Ann. Rev. Psychol. 1 (1990). 341 Hierzu und zur Abgrenzung gegenüber den Konzepten von optimization under constraints vorzüglich Gigerenzer/Todd in Gigerenzer/Todd (eds.), Simple Heuristics That Make Us Smart, 1999, S. 3, 12 ff. 338

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Weltklasse-Schachspieler – so ein häufig herangezogenes Beispiel – bedenken nicht alle in Betracht kommenden Reaktionsmöglichkeiten ihres Gegners, sondern sind von vornherein auf bestimmte Zugvarianten fixiert.342 Hieran anknüpfend stehen im Mittelpunkt der psychologischen Abteilung von Behavioral Finance die Begriffe der „Heuristik“ (heuristic) und hierauf aufbauend Termini wie „Verzerrung“, „Fehleinschätzung“, „Fehler“ [(cognitive) bias oder error] und „Trugschluss“ (fallacy).343 Heuristiken sind die soeben angesprochenen Mechanismen, die Menschen unbewusst verwenden, um sich Entscheidungen einfacher zu machen.344 Griffig kann man sie als Daumenregeln (rules of thumb) beschreiben,345 als „Abkürzungen“ (shortcuts) oder Annäherungen (approximations)346. Paradigma einer solchen Entscheidungsdaumenregel ist etwa die Tendenz, bei der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten zunächst auf die Information zurückzugreifen, an die wir uns mit Leichtigkeit erinnern können (sog. Verfügbarkeitsheuristik, availability bias).347 Während solche Daumenregeln auf lange Sicht effiziente Ergebnisse produzieren, weil sie dem Menschen Zeit und Informationssuche ersparen, können sie im Einzelfall zu Fehleinschätzungen, Verzerrungen und Trugschlüssen führen. Betont wird allenthalben, dass Heuristiken nicht pauschal mit Irrationalitäten gleichgesetzt werden dürfen,348 sie sind Ausdruck begrenzter Rationalität (bounded rationality) im Sinne von Herbert Simon.349 342

Dazu Simon/Schaeffer in Aumann/Hart, Handbook of Game Theory, Vol. I, 1992, S. 1, 3 ff.; monographisch de Groot, Thought and Choice in Chess, 1951. 343 Abschätzig wird auch von „quirk“ gesprochen, so Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1553 (1998). 344 Vertiefend zum Begriff der Heuristik Stephan in Fischer/Kutsch/Stephan (Hrsg.), Finanzpsychologie, 1999, S. 101, 103. 345 Etwa Zimbardo/Gerrig, Psychologie, 16. Aufl. 2004, S. 374. 346 So Gigerenzer/Todd in Gigerenzer/Todd (eds.), Simple Heuristics That Make Us Smart, 1999, S. 3, 26. 347 Dazu noch ausführlich u. § 2 V.3.a)cc)(5). 348 s. etwa Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1593, 1594 (1998); Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 81 (2002); V. Smith, 34 J. Socio-Econ. 135, 145 (2005); Thaler, Quasi-rational Economics, 1991, S. 4. 349 s. nur Kahneman, 58 Am. Psychologist 697 (2003). Nicht unerwähnt bleiben soll schließlich, dass die Arbeit Kahnemans, Tverskys und anderer Vertreter der Behavioral Decision Theory innerhalb der kognitiven Psychologie nicht unumstritten geblieben ist. Insbesondere der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer und seine Kolleginnen und Kollegen aus der so genannten „ABC Research Group“ (Center for Adaptive Behavior and Cognition) haben in zahlreichen Veröffentlichungen Alternativen vorgestellt (gesammelt insbesondere in Gigerenzer/Todd (eds.), Simple Heuristics That Make Us Smart, 1999). Sie teilen mit der hier vorgestellten Strömung allein die Ansicht, dass Heuristiken eine wichtige Rolle in menschlichen Entscheidungsprozessen spielen, und wollen ebenso diese Entscheidungsdaumenregeln

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Die im Folgenden zu präsentierenden Heuristiken und Urteilsverzerrungen werden in der Literatur nach verschiedenen Gesichtspunkten kategorisiert: Teilweise findet sich eine Ordnung nach den Oberbegriffen bounded rationality, bounded willpower und bounded self-interest.350 Teilweise wird eine Einteilung in „heuristic simplification“, „self-deception“, „emotions and self-control“ und „social interactions“ bevorzugt,351 daneben finden sich andere Ordnungsbegriffe352. Hier soll eine am Anlegerverhalten orientierte Ordnung bevorzugt werden: Wie entscheiden Anleger [s. sogleich bb)]? Wie nehmen sie Information wahr, und wie verarbeiten sie Information [s. u. cc)]? Und warum spekulieren sie überhaupt angesichts ihrer zahlreichen kognitiven Fehler [s. u. dd)]? Bei alledem werden Urteilsverzerrungen nur insoweit präsentiert als für den Fortgang der Arbeit erforderlich.353

identifizieren und näher erforschen. Im Gegensatz zu Kahneman und Tversky sehen sie Heuristiken aber nicht als Mechanismen an, die Fehleinschätzungen produzieren, sondern die Menschen helfen. Ihre Arbeit beschäftigt sich – diametral zu Kahneman und Tversky – mit den Situationen, in denen Heuristiken zu „korrekten“ und hilfreichen Entscheidungen führen [Gigerenzer/Todd in Gigerenzer/Todd (eds.), Simple Heuristics That Make Us Smart, 1999, S. 3, 27 f. Zur Diskussion siehe insbesondere die Debatte zwischen Kahneman/Tversky, 103 Psychol. Rev. 582 (1996) und Gigerenzer, 103 Psychol. Rev. 592 (1996)]. 350 Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1477 ff. (1998). Anders Jolls/ Sunstein, Debiasing through Law (Sept. 2004, revised March 2005). John M. Olin Law & Economics Working Paper No. 225 (2d Series); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract_id=590929, S. 4: „judgment errors“ und „(deviations) from the precepts of expected utility theory“. 351 So D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1541 ff. (2001). 352 Speziell im Hinblick auf Behavioral Finance: Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 379 (2004): „decision heuristics“, „emotional and visceral factors“, „choice bracketing“, „stochastic and context-dependent preferences“, „reference dependent models“; wieder anders Stephan in Fischer/Kutsch/Stephan (Hrsg.), Finanzpsychologie, 1999, S. 101, 107 ff. 353 Vertiefend s. insbesondere D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1539 ff. (2001). Empfehlenswert darüber hinaus die Bestandsaufnahmen bei Plous, The Psychology of Judgment and Decision Making, 1993; Camerer in Kagel/Roth (eds.), The Handbook of Experimental Economics, 1995, S. 587 ff. Die wichtigsten Aufsätze zur psychologischen Seite von Behavioral Finance finden sich in Kahneman/Slovic/ Tversky (eds.), Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, 1982; Kahneman/Tversky, Choices, Values, and Frames, 2000; Gilovich/Griffin/Kahneman, Heuristics and Biases, The Psychology of Intuitive Judgment, 2002. Aus dem deutschen Schrifttum s. etwa Schwarz, Zeitschrift für Sozialpsychologie 1982, 343; Frey/Stahlberg in Maas/Weibler (Hrsg.), Börse und Psychologie, 1990, S. 102, 106 ff.; Maas/ Weibler in Maas/Weibler (Hrsg.), Börse und Psychologie, 1990, S. 72, 82 ff.

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bb) Wie entscheiden Anleger? Prospect Theory und ihre Erweiterungen Einen guten Einstieg verspricht die Auseinandersetzung mit dem zentralen Entscheidungsmodell nicht nur der Behavioral Finance, sondern der gesamten Behavioral Economics, der Prospect Theory von Daniel Kahneman und Amos Tversky354.355 (1) Reflection effect und loss aversion Die Expected Utility Theory von Neumanns und Morgensterns geht davon aus, dass Menschen ihre Entscheidungen an finalen Vermögenszuständen ausrichten. Die zentrale These der Prospect Theory lautet demgegenüber, dass Menschen die Konsequenzen ihrer Entscheidungen in den Kategorien von Gewinnen (gains) und Verlusten (losses) relativ zu einem grundsätzlich frei bestimmbaren Ausgangspunkt erfassen – üblicherweise dem jetzigen Vermögensstand. Der Entscheidungsprozess läuft nach Prospect Theory in zwei Schritten ab:356 Zunächst beschreibt der Agent die erwarteten Konsequenzen der Entscheidung als „Gewinn“ oder „Verlust“. Sodann evaluiert er die im Einzelnen vorhergesehenen Resultate. Die Einstellungen von Menschen gegenüber Gewinnen und Verlusten sind laut Prospect Theory völlig verschieden: In einem Experiment Kahnemans und Tverskys wurden Probanden vor folgende Wahl gestellt: Entweder sie würden 3000 (damalige) Israelische Pfund357 bar auf die Hand bekommen (Spiel A), oder sie könnten ein Spiel spielen, in dem sie mit 80%iger Wahrscheinlichkeit 4000 Israelische Pfund gewinnen würden (Spiel B). Bei Durchführung des Experiments entsprachen 3000 Israelische Pfund in etwa dem monatlichen Nettoeinkommen einer durchschnittlichen israelischen Familie.358 80% der Teilnehmer entschieden 354 Grundlegend Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263 (1979). In Tversky/ Kahneman, 5 J. Risk & Uncertainty 297 (1992) wurde die Theorie weiter verfeinert und in Cumulative Prospect Theory umbenannt. 355 Die Prospect Theory lässt sich einordnen in eine Gruppe von Modellen, die als Alternative zur Expected Utility Theory entwickelt wurden. Zu diesen sog. non-EU theories, die teilweise so farbenträchtigen Namen wie weighted-utility theory oder regret theory tragen s. m. w. N. Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053, 1069. 356 Tversky/Kahneman, 5 J. Risk & Uncertainty 297, 299 (1992). 357 Seit dem 22.2.1982 ist die offizielle israelische Währungseinheit der Neue Israelische Schekel (1 NIS = 100 Agorot). 358 Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 264 (1979).

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sich für Spiel A und bestätigten hiermit die auch von der klassischen Ökonomie anerkannte Neigung zur Risikoaversion. Danach sollten die Teilnehmer entscheiden, ob sie lieber einen sicheren Verlust in Höhe von 3000 hinnehmen wollten (Spiel C), oder eine Wette eingehen würden, in der sie mit 20%iger Wahrscheinlichkeit schuldenfrei aus der Situation hervorgehen konnten, mit 80%iger Wahrscheinlichkeit jedoch 4000 verlierten (Spiel D). In dieser Situation verwandelten sich die zunächst so risikoaversen Probanden in Spieler: 92% entschieden sich für Spiel D.359 Mit der Expected Utilty Theory lässt sich diese Verwandlung nicht erklären: Bereits der Nutzenerwartungswert von Spiel D ist niedriger als der sichere Verlust von 3000 (nämlich –4000  0.8 = –3.200). Das Umschalten der Präferenzen von Risikoaversion zu Risikosuche nennen Kahneman und Tversky „reflection effect“,360 die Neigung zur Risikosuche bei drohenden Verlusten „loss aversion“ (Verlustaversion).361 Stellt man die Konsequenzen von loss aversion und reflection effect graphisch dar, dann ergibt die Prospect Theory folgendes Bild: Im Bereich der Gewinne sind Menschen grundsätzlich risikoavers, die Utilitätskurve hat insoweit eine konkave Form. Im Bereich der Verluste suchen die Menschen das Risiko, so dass die Utilitätskurve hier eine konvexe Form aufweist. Da Verluste den Menschen allgemein stärker stören als entgangene Gewinne, ist die Kurve im Bereich der Verluste steiler als im Bereich der Gewinne.362 Es entsteht eine S-förmige Kurve mit Wendepunkt im Ursprung.363 (2) Framing und mental accounting Der reflection effect demonstriert, dass es für die Entscheidung des Menschen eine wesentliche Rolle spielt, ob er die Konsequenzen seiner Entscheidung als Gewinn oder Reduzierung eines Verlustes bzw. als Verlust oder Reduzierung eines Gewinnes beschreibt (sog. framing, Rahmungseffekte).364 So sind wir dem Kauf etwa eines Autos viel eher zugeneigt, 359

Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 268 (1979). Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 268 (1979). 361 s. nur Kahneman/Tversky, 39 Am. Psychologist 341 (1984); Tversky/Kahneman, 106 Q. J. Econ. 1039 (1991); Benartzi/Thaler, 110 Q. J. Econ. 75 (1995); Langevoort, 84 Cal L Rev 627, 637 (1996); Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/ Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053, 1071. 362 Dazu insbeondere Tversky/Kahneman, 106 Q. J. Econ. 1039 (1991). 363 s. Anhang 1 sub. 1. 364 Tversky/Kahneman, 211 Science 453 (1981); Tversky/Kahneman, 59 J. Bus. 251 (1986); Tversky/Thaler 4(2) J. Econ. Persp. 201 (1990); Kahneman, 51 Org. Behav. & Hum. Decision Processes 296 (1992). Illustration etwa bei Cunningham, 59 Wash. & Lee L. Rev. 767, 775 mit Fn. 17. 360

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wenn uns der Verkäufer einen „Rabatt“ verspricht, als wenn er uns darüber informiert, dass dieses Auto das einzige sei, auf das man „keinen Zuschlag“ zahlen müsse.365 Auch framing läuft klassischer ökonomischer Theorie zuwider, denn ihrzufolge dürfte es keine Rolle spielen, wie Alternativen präsentiert werden, sofern sie zum selben Ergebnis kommen (description invariance oder invariance axiom).366 Framing wirft viele interessante Fragen auf: Unter welchen Umständen beschreiben Menschen die Folgen ihrer Entscheidungen als „Gewinn“ und als „Verlust“? Neigen sie dazu, die Folgen der einen Entscheidung mit den Konsequenzen einer anderen Wahl zu „verrechnen“? Oder bewerten sie Entscheidungen isoliert? Diese Fragen sind insbesondere von Richard Thaler näher untersucht worden: Thaler findet zwei zentrale Verhaltensweisen: mental accounting und narrow framing.367 Unter mental accounting versteht man die Eigenart, Gewinne und Verluste verwandter Entscheidungen in verschiedenen „geistigen Konten“ zu verbuchen und Prospect Theory auf jedes Konto separat anzuwenden. Dem zugrunde liegt narrow framing, also die Angewohnheit, Entscheidungen über Gewinn- und Verlustmöglichkeiten isoliert zu betrachten, nicht aber als eine Lotterie unter Tausenden, die man bereits gespielt hat und die man noch spielen wird.368 Was gemeint ist, zeigt ein Experiment von Redelmeier und Tversky:369 Probanden wurden gefragt, ob sie an einem Spiel teilnehmen würden, bei dem sie mit 50%iger Wahrscheinlichkeit 2000 gewinnen könnten und mit 50%iger Wahrscheinlichkeit 500 verlieren würden (Frage 1). 57% der Versuchspersonen nahmen das Spiel nicht an und bestätigten einmal mehr die Neigung zur Risikoaversion im Bereich der Gewinne. Auf die Frage, ob sie bereit wären, das angebotene Spiel fünf- oder sechsmal hintereinander zu spielen (Frage 2), antworteten 70% mit „Ja“. Nun sollten sich die Ver365 Für weitere Beispiele aus dem täglichen Leben etwa Zimbardo/Gerrig, Psychologie, 16. Aufl. 2004, S. 391–393. 366 Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 386 (2004); Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1103 (2000): „invariance principle“. 367 Grundlegend Thaler, 1 J. Econ. Behav. & Org. 39 (1980); Thaler, 4 Marketing Sci. 199 (1985). Instruktiv auch Shefrin/Statman, 40 J. Fin. 777, 780 f. (1985); Kahneman/Riepe, 24 J. Portfolio Mgmt. 52, 60 f. (1998); Shefrin, Börsenerfolg mit Behavioral Finance, 2000, S. 162. 368 Das Verhältnis zwischen mental accounting und narrow framing bleibt in der Literatur unklar. Oftmals wird mental accounting als Unterform des narrow framing angesehen. Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1073 beschreiben narrow framing hingegen als Teilelement des mental accounting, das im selben Zusammenhang als Synonym für framing verwandt wird. 369 Redelmeier/Tversky, 3 Psychol. Sci. 191 (1992).

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suchsteilnehmer vorstellen, sie hätten das Spiel bereits fünfmal gespielt, aber wüssten noch nicht die Ergebnisse. Auf die Frage, ob sie in dieser Situation bereit wären, das Spiel ein sechstes Mal zu spielen (Frage 3), antworteten 60% verblüffenderweise mit „Nein“ – für jeden homo oeconomicus ein klarer Widerspruch zur Antwort auf Frage 2. Erklären kann man sich die Antwort mit narrow framing: Offenbar haben die meisten Versuchsteilnehmer die letzte Spielmöglichkeit in Frage 3 isoliert von den anderen Spielen betrachtet. Konsistent mit ihrer Antwort auf Frage 1 lehnten sie das Spiel daher ab.370 (3) Erweiterung: status-quo bias, endowment effect, sunk cost fallacy, house money effect Das Zusammenspiel zwischen loss aversion und mental accounting hat einige interessante Implikationen: – Loss aversion und mental accounting führen zum Streben von Menschen, aus risikoreichen und unsicheren Entscheidungen zumindest „mit PlusMinus-Null“ herauszugehen. Als technischer Begriff hat sich hierfür status-quo bias eingebürgert,371 im Englischen eingängig auch als „Getevenitis“ („Plus-Minus-Null-Sucht“) bezeichnet.372 – Zu loss aversion und status-quo bias passt ein Phänomen, das man als endowment effect (Besitztumseffekt) zu bezeichnen pflegt:373 Individuen bestehen auf ein Premium für den Verkauf ihrer Sachen, obwohl sie diesen Preis nicht zahlen würden, wenn sie dieselbe Sache kaufen müssten. Ein Gut abzugeben, fällt dem Menschen schwerer, als dasselbe Gut nicht zu erhalten. – Der endowment effect ist umso größer, je mehr Arbeit oder sonstige Anstrengungen Agenten in die jeweilige Vermögensposition investiert haben oder je stärker sie emotional an dieser Position hängen.374 Besondere Bedeutung hat dieses Phänomen im Zusammenhang mit den sog. versunke370 Eine weitere, höchstinteressante Form des framing – das sog. hedonic framing – spielt für diese Arbeit keine Rolle; s. hierzu Thaler, 12 J. Behav. Dec. Making 183, 186 ff. (1999). 371 Etwa Samuelson/Zuckhauser, 1 J. Risk & Uncertainty, 7 (1988); Kahneman/ Knetsch/Thaler, 5(1) J. Econ. Persp. 193 (1991). 372 Shefrin, Beyond Greed and Fear, 2000, S. 24 = Shefrin, Börsenerfolg mit Behavioral Finance, 2000, S. 27. 373 Kahneman/Knetsch/Thaler, 98 J. Pol. Econ. 1325, 1326 (1990). Zur systematischen Einordnung als Korrelat von loss aversion s. nur Kahneman/Knetsch/Thaler, a. a. O., S. 1326–1328; Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1480 (1998); ähnlich etwa Issacharoff, 51 Vand. L. Rev. 1729, 1734 (1998): „by-product“. 374 Loewenstein/Issacharoff, 7 J. Behav. Dec. Making 157 (1994).

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nen Kosten (sunk costs). Traditioneller ökonomischer Theorie zufolge dürften diese Kosten keinen Einfluss auf Entscheidungen haben. Für zukünftigen Reichtum spielt es keine Rolle, ob man frühere Aufwendungen „wieder hereinholt“. Experimente zeigen jedoch, dass Menschen diese Regel häufig verletzen (sunk cost fallacy):375 In einem bekannten, von Thaler durchgeführten Experiment wurde an der Cornell-Universität in Ithaka ein $ 2.50-„All-You-Can-Eat“-Pizza-Essen veranstaltet. Für zwei Dollar und 50 Cent konnten die Teilnehmer so viel Pizza verzehren, wie sie wollten. Vor dem Essen bekamen einige Teilnehmer ihr Geld ohne Angabe von Gründen zurück. Diese Teilnehmer aßen deutlich weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen.376 – Mental accounting indiziert, dass Agenten Vermögenseinbußen weniger oder gar nicht fürchten, wenn sie sie nicht als „Verlust“ wahrnehmen, sondern nur als Minderung eines Gewinns. Empirisch bestätigt wird dies im intuitiv sofort einleuchtenden house money effect:377 Menschen sind bereit, mit zufällig gewonnenem Geld höhere Risiken einzugehen, als mit Geld, das sie hart verdient bzw. „von dem“ sie bereits etwas verloren haben (also bereits einen Abzug auf dem jeweiligen geistigen Konto verbuchen mussten). Mit einer unverhofften Erbschaft gehen wir eher ins Casino als mit unserem Arbeitslohn; die überhöhten Kosten eines Reiseziels akzeptieren wir eher, wenn wir zu dieser Reise eingeladen wurden, als wenn wir sie von unseren mehrjährigen Ersparnissen bezahlen mussten378; und nach starken Gewinnen auf dem Aktienmarkt neigen wir eher zur erneuten Anlage in risikoreiche Papiere als nach Verlusten. (4) Gewichten von Wahrscheinlichkeiten (certainty effect und andere Phänomene) Während Risikoneigung und Risikoaversion nach Expected Utility Theory allein durch die Form der Utilitätskurve bestimmt werden, richten sich diese Einstellungen nach Prospect Theory sowohl nach dem Erwartungsnutzen als auch nach dem Entscheidungsgewicht (decision weight) der jeweiligen Entscheidungsalternative. Entscheidungsgewicht beschreibt nicht die Wahrnehmung von Wahrscheinlichkeiten, sondern den (zusätzlichen) positiven oder 375 Etwa Arkes/Blumer, 35 Org. Behav. & Hum. Decision Processes 124 (1985); s. auch die Abwandlung des bekannten ultimatum game bei Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1491 (1998). 376 Thaler, Quasi-rational Economics, 1991, S. 12 Fn. 8. 377 Thaler/Johnson, 36 Mgmt. Sci. 643 (1990); Gertner, 108 Q. J. Econ. 507 (1993). 378 Vertiefend zu diesem Beispiel Thaler, 12 J. Behav. Dec. Making 183, 183 f. (1999).

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negativen Einfluss des erwarteten Resultats auf die Entscheidung selbst.379 Hier machen Kahneman und Tversky drei wichtige Feststellungen: – Sichere Entscheidungsalternativen beeinflussen den Menschen überproportional stärker als Entscheidungsalternativen aus dem mittleren Wahrscheinlichkeitsbereich (certainty effect). In der Variation eines vorher von Maurice Allais durchgeführten Experiments380 fragten Kahneman und Tversky ihre Versuchsteilnehmer, ob sie lieber Spiel A spielen wollten, in dem sie mit 80%iger Wahrscheinlichkeit 4000 gewinnen konnten (4000, .80), oder Spiel B bevorzugten – eine sichere Zahlung von 3000 (3000, 1). 80% der Probanden präfererierten die sichere Einnahme von 3000 in Spiel B. Wurden Versuchsteilnehmer gefragt, ob sie lieber an Spiel C (4000, .20) oder Spiel D (3000, .25) teilnehmen würden, entschieden sich dieselben Personen inkonsistent mit Expected Utility Grundsätzen für Spiel C. Der Rückgang von der 100%igen Gewinnmöglichkeit in Spiel B auf 25% in Spiel D wurde offenbar als einschneidender empfunden als der Rückgang von 80% in Spiel A auf 20% in Spiel C.381 – Auf einer Linie mit dem certainty effect liegt es, dass Unterschiede im Bereich sehr niedriger Wahrscheinlichkeiten zuweilen eingeebnet werden. Vor die Wahl gestellt, ob Versuchsteilnehmer lieber Spiel A (6000, .45) oder Spiel B (3000, .9) spielen würden, entschieden sich 86% für Spiel B. Auf die Frage, ob sie lieber an Spiel C (6000, 0.001) oder Spiel D (3000, .002) teilnehmen würden, bevorzugten hingegen 73% Spiel C. Dies zeigt: Während Individuen im Bereich hoher Wahrscheinlichkeiten (des „Wahrscheinlichen“, „probability“) hohes Gewicht auf Sicherheit legen, achten sie im Bereich verschwindend kleiner Wahrscheinlichkeiten (des „Möglichen“, „possibility“) hauptsächlich auf die möglichen Gewinne – Unterschiede in den Wahrscheinlichkeiten werden eingeebnet.382 – Andererseits kommt es vor, dass Wahrscheinlichkeiten im Bereich der bloßen Möglichkeit übergewichtet werden. In einem anderen Experiment von Kahneman und Tversky präferierten die Versuchsteilnehmer das Spiel A (5000, 0.001) gegenüber Spiel B (5, 1) und zeigten somit eine starke Neigung zum Lottospiel. Im umgekehrten Fall [Spiel C (–5000, 0.001), Spiel D (–5, 1)] nahmen die Probanden lieber den sicheren Verlust hin, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, 5000 zu verlieren, und bestätigten, warum Menschen Versicherungen abschließen.383 379 Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 280 (1979): „Decision weights measure the impact of events on the desirability of prospects, and not merely the perceived likelihood of these events“. 380 s. Allais, 21 Econometrica 503 (1953). 381 Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 266 f. (1979). 382 Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 267 (1979).

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Graphisch lassen sich diese Ergebnisse in einer Entscheidungsgewichtskurve darstellen, die das Entscheidungsgewicht in Abhängigkeit von der erwarteten Wahrscheinlichkeit anzeigt.384 Charakteristisch für die Kurve ist ihr überproportional starkes Ansteigen im Bereich geringer Wahrscheinlichkeiten und in der Nähe der Sicherheit. Im Bereich der bloßen Möglichkeit ist die Kurve allerdings nicht genau definiert, hier können kleine Wahrscheinlichkeiten entweder überschätzt oder insgesamt eingeebnet werden.385 Passend zur Verlustaversion ergeben sich dabei leicht unterschiedliche Verteilungen für Gewinne und Verluste. (5) Ergebnis: Das vierfach Muster der Risikoeinstellungen (four-fold pattern of risk attitudes) Aus der Kombination von Utilitäts- und Entscheidungsgewichtskurve entsteht somit ein vierfaches Muster der Risikoeinstellungen (four-fold pattern of risk attitudes):386 Da Menschen moderate Wahrscheinlichkeiten gegenüber sicheren Resultaten unterschätzen, sind sie risikoavers bei Entscheidungen über sichere Gewinne und risikosuchend, wenn es um die Entscheidung zwischen sicheren und „nur“ wahrscheinlichen Verlusten geht. Soweit sie geringe Wahrscheinlichkeiten überschätzen, suchen sie andererseits das Risiko bei unwahrscheinlichen Gewinnen („Lotto“) und verhalten sich risikoavers gegenüber Verlusten mit niedrig eingeschätzter Wahrscheinlichkeit („Versicherung“).387 (6) Implikationen für das Anlegerverhalten, insbesondere disposition effect Die Effekte von loss aversion, decision weights und framing sieht man in zahlreichen Verhaltensweisen von Anlegern. Herausgegriffen seien drei Beispiele: – In Übereinstimmung mit Prospect Theory und reflection effect realisieren Anleger Gewinne allzu schnell, sitzen Verluste jedoch zu lange aus, trennen sich also später von Verliereraktien als vom Rational Choice-Modell vorausgesagt. Geraten Aktien in die Verlustzone, hindert loss aversion die Anleger daran, sich von ihren Aktien zu trennen und Verluste anzuer383

Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263, 281 (1979). s. Anhang 1 sub. 2. 385 Tversky/Kahneman, 5 J. Risk & Uncertainty 297, 303 (1992): „very small probabilities can be either greatly overweighted or neglected altogether“. 386 Tversky/Kahneman, 5 J. Risk & Uncertainty 297, 316 f. (1992). 387 s. dazu soeben unter § 2 V.3.a)bb)(4). 384

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kennen. An der Gewinnmitnahme hingegen „ist noch niemand gestorben“388, so dass Anleger bereitwillig ihre Gewinneraktien verkaufen. Empirisch bestätigt und mit dem Namen „Dispositionseffekt“ (disposition effect) versehen wurden diese Verhaltensweisen für den Kapitalmarkt zuerst von Hersh Shefrin und Meir Statman.389 – Dieses „zu lange Reiten toter Pferde“ wird unterstützt durch ein mit loss aversion verwandtes Phänomen, der regret aversion: Wie jeder wahrscheinlich schon selbst erfahren hat, scheuen sich Menschen davor zu bedauern. Während die Entscheidung nach der Expected Utility Theory allein von der Wahrscheinlichkeitsverteilung und dem erwarteten Nutzen verschiedener Handlungsmöglichkeiten abhängt, legt regret aversion nahe, dass Menschen zusätzlich berücksichtigen, welchen Nutzen alternative Handlungen hätten erwarten lassen.390 Diese Angst vor dem Bedauern ist wiederum größer bei aktivem Tun als bei bloßem Unterlassen,391 man spricht insoweit vom omission bias.392 Stehen Anleger also vor der Wahl, Verliereraktien zu verkaufen oder zu behalten, hindert sie auch der omission bias daran, die richtige Verkaufsentscheidung zu treffen, denn sie bedauern die (aktive) Verkaufsentscheidung eher als das (passive) Behalten. – Aufgrund des house money effect sind Anleger nach kontinuierlichen Kursgewinnen bereit, immer höhere Risiken einzugehen.393 Haben sie die Wahl zwischen sicheren Anlagen und solchen Investments, die mit geringer Wahrscheinlichkeit zu proportional höheren Renditen führen, entscheiden sie sich systematisch für die risikoreichen Investitionen.394 Dies 388

s. hierzu Goldberg/von Nitzsch, Behavioral Finance, 4. Aufl. 2004, S. 34. Shefrin/Statman, 40 J. Fin. 777 (1985); danach Ferris/Haugen/Makhija, 43 J. Fin. 677 (1988); Weber, DBW 1993, 479; Odean, 53 J. Fin. 1775 (1998); Weber/ Camerer, 33 J. Econ. Behav. & Org. 167 (2000); Grinblatt/Keloharju, 56 J. Fin. 589, 601 (2001); Jordan/Diltz, 5 J. Behav. Fin. 192 (2004); Kirchler/Maciejovsky/ Weber, 6 J. Behav. Fin. 90 (2005). Keine Anzeichen für ein vorschnelles Verkaufen von Gewinneraktien finden im finnischen Kapitalmarkt Lehenkari/Perttunen, 5. J. Behav. Fin. 116 (2004). Eine alternative Erklärung für den Dispositionseffekt findet sich bei Andreassen, 41 Org. Behav. & Hum. Decision Processes, 371 (1988); hiernach tendieren Anleger zu der Erwartung, dass kürzliche Verlierer die Gewinner in Zukunft übertrumpfen werden. 390 Josephs/Larrick/Steele/Nisbett, 62 J. Pers. & Soc. Psychol. 26 (1996); Ritov, 66 Org. Behav. & Hum. Decision Processes 228 (1996). 391 Kahneman/Tversky, 246 Scientific American 160 (1982). 392 Ritov/Baron, 3 J. Behav. Dec. Making 263 (1990). 393 Unterstützt wird diese Tendenz durch den self-attribution bias, der noch u. § 2 V.3.a)dd)(1) vorgestellt wird. 394 Unterstützt wird dies durch die Tendenz, geringe Wahrscheinlichkeiten zu überbewerten, s. o. § 2 V.3.a)bb)(4). 389

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bedeutet erstens, dass Anleger systematisch höhere Risiken eingehen als von der Rational Choice Theory der Spekulation vermutet, wodurch die Funktion von Spekulation, Risiken effizient zu verteilen, in Zweifel gerät.395 Zweitens lässt die erhöhte Risikobereitschaft der Anleger darauf schließen, dass gestiegene Kurse eine höhere Volatilität aufweisen – eine These, die empirisch verifiziert wurde.396 – Oben wurde das equity premium puzzle vorgestellt – eine der am schwierigsten zu erklärenden Marktanomalien. Narrow framing und loss aversion dienten Shlomo Benartzi und Richard Thaler zu einem intuitiv einleuchtenden Erklärungsversuch:397 Für die Anlage in Aktien machen Anleger separate geistige Konten auf. Anstelle langfristig zu denken, evaluieren sie den Kontostand in „Gewinn“ oder „Verlust“ nach ca. einem Jahr (sog. myopic loss aversion). Dass Aktien in diesem Zeitraum schlechter abschneiden als alternative Investments wie etwa Unternehmens- oder Staatsanleihen, ist relativ wahrscheinlich. Die Folge: Verlustaverse Anleger zögern, in Aktien anzulegen, und verlangen einen Aufschlag: das equity premium. cc) Informationswahrnehmung und Informationsverarbeitung: Weitere für das Anlegerverhalten zentrale Heuristiken und Urteilsverzerrungen Prospect Theory betrifft die Entscheidungsfindung. Dem vorgelagert sind die Schritte „Informationswahrnehmung“ und „Informationsverarbeitung“. Rational Choice Theory setzt voraus, dass Agenten bei ihren Entscheidungen alle verfügbare Information in Betracht ziehen und die Verlässlichkeit und Präzision von Information entsprechend Bayes’ Gesetz diskontieren, kurz: den Wert neuer Information mit Rücksicht auf alle andere Information rational evaluieren. Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen sich so gut wie nie so verhalten.

395

Dazu auch noch § 2 V.3.a)dd)(1). Barberis/Huang, 56 J. Fin. 1247, 1249 (2001); Barberis/Huang/Santos, 116 Q. J. Econ. 1, 2 (2001). 397 Benartzi/Thaler, 110 Q. J. Econ. 73 (1995); Bestätigung im Modell von Barberis/Huang/Santos, 116 Q. J. Econ. 1, 5 (2001), die allerdings auch auf Differenzen hinweisen; s. außerdem Barberis/Huang, 56 J. Fin. 1247 (2001); Bestätigung auch bei Shumway, Explaining Returns with Loss Aversion (November 20, 1997); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=58442. Eine neuere Studie ergab, dass auch professionelle Aktienhändler der myopic loss aversion unterliegen, und zwar in sogar stärkerem Maße als Vergleichsgruppen unprofessioneller Marktteilnehmer, s. Haigh/List, 60 J. Fin. 523 (2005). 396

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(1) Representativeness heuristic Um erfolgreich zu sein, müssen Anleger die Zukunft voraussagen. Sie stellen sich daher Fragen, die sich beschreiben lassen als „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis A (etwa: ein Kurssprung) aus Prozess B (etwa: der Entwicklung von Aktie X in den nächsten drei Monaten) folgt?“ oder „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit das Objekt A (z. B. Emittent Y) zu Gruppe B (prosperierende Start-Up-Unternehmen) gehört?“.398 Eine zentrale Einsicht der kognitiven Psychologie lautet, dass Menschen die Wahrscheinlichkeit von A in solchen Fällen mit Rücksicht darauf einschätzen, inwieweit A die typischen Charakteristika von B trägt, inwieweit A also B repräsentiert (Repräsentativitätsheuristik, representativeness heuristic).399 Grund hierfür ist die Notwendigkeit, bei der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten Massen an Information zu verarbeiten und Wahrscheinlichkeiten teilweise in Bruchteilen von Sekunden einzuschätzen. Diese Einstellung widerspricht Rational Choice Theory, weil sie wichtige Information ignoriert, die nach Bayes’ Gesetz beachtet werden müsste. – Base-rate neglect: Ein erster Fehler resultiert daraus, dass die absolute Häufigkeit aller möglichen A’s (base-rate frequency) zwar nach Bayes’ Gesetz als Ausgangslage in die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten einfließen müsste, dass diese base-rate frequency mit der Repräsentativität eines A als Element von B jedoch nichts zu tun hat und daher ignoriert oder unterschätzt wird (base-rate neglect oder base-rate fallacy). Ein Beispiel macht deutlich, was gemeint ist: In einem Versuch von Kahneman und Tversky wurde die Person Linda mit Charakterzügen beschrieben, die man typischerweise einer Feministin zuordnet, nicht aber unbedingt einer Bankangestellten.400 Sodann wurden die Versuchsteilnehmer unter anderem gefragt, welche der folgenden Aussagen sie für wahrscheinlicher hielten: (a) „Linda ist Bankangestellte“ oder (b) „Linda ist Bankangestellte und aktiv in der Frauenbewegung“. Fast 90% der Teilnehmer hielten (b) für wahrscheinlicher – ein Ergebnis, dass logisch unmöglich ist, denn jedes (b) ist gleichzeitig Element von (a), wohingegen 398

Tversky/Kahneman, 185 Science 1124 (1974). Grundlegend Kahneman/Tversky, 3 Cog. Psychol. 430 (1972); Kahneman/ Tversky, 80 Psychol. Rev. 237 (1973); Tversky/Kahneman, 185 Science 1124 (1974); Tversky/Kahneman, 76 Psychol. Bulletin 105 (1971); Tversky/Kahneman, in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 84. 400 „Linda is 31 years old, single, outspoken, and very bright. She majored in philosophy. As a student, she was deeply concerned with issues of discrimination and social justice, and also participated in anti-nuclear demonstrations“, Tversky/ Kahneman in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 84, 92. 399

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nicht jedes (a) auch die Anforderungen von (b) erfüllt. Statt diesen Unterschied in der base-rate beider Beschreibungen beachteten die Probanden allein, inwieweit die Aussagen repräsentativ für Linda wahren (sog. conjunction fallacy).401 Dieses Experiment ist für einen Kapitalmarktsachverhalt von Kiell und Stephan wiederholt worden:402 Hier ordneten die befragten professionellen Devisenhändler dem Ereignis „Die USWirtschaft zeigt erste Überhitzungsanzeichen, woraufhin sich die US-Inflation beschleunigt, so dass die Notenbank kräftig auf die Zinsbremse tritt“ eine höhere Wahrscheinlichkeit zu (35%) als dem Ereignis „Die Notenbank tritt kräftig auf die Zinsbremse“ (26,9%), obwohl das zuletzt genannte Ereignis im erstgenannten enthalten ist. – Sample size neglect: Eine zweites Element, das bei jeder Wahrscheinlichkeitsbewertung einbezogen werden sollte, das aber die Repräsentativität 401 Tversky/Kahneman in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 84, 92–96; s. auch Tversky/Kahneman, 90 Psychol. Rev. 293 (1983); dagegen insbesondere Gigerenzer, Adpative Thinking, 2000, S. 250. In einem anderen Versuch wird den Teilnehmern eine Person, Steve, u. a. als schüchtern, zurückgezogen und detailverliebt beschrieben; s. Tversky/Kahneman, 185 Science 1124 (1974). Die Versuchspersonen sollen Steves wahrscheinlichen Beruf aus einer Liste vorgegebener Tätigkeiten wählen (etwa Bauer, Verkäufer, Pilot und Bibliothekar). Die Versuchsergebnisse zeigten, dass die Teilnehmer vor allem davon beeinflusst waren, dass Steve dem stereotypischen Bibliothekar entsprach. Während ein echter Baysianer zusätzlich berücksichtigt hätte, dass es viel mehr Bauern als Bibliothekare gibt und dies in seine Wertung hätte einfließen lassen, zeigten sich die Versuchspersonen hiervon weitgehend unbeeindruckt (Tversky/ Kahneman a. a. O., S. 1124). Eindrucksvoll bestätigt wurde dies in einem dritten Beispiel, in denen Versuchsteilnehmer aufgrund einer Beschreibung einschätzen sollten, ob eine Person Dick Ingenieur oder Jurist sei. Die Beschreibung war vollkommen „berufsneutral“, enthielt also kein einziges Element, das typisch für Ingenieure oder Juristen war. In einer Variante wurde den Versuchspersonen gesagt, die Beschreibung sei aus einer Gruppe gezogen, die 70 Ingenieure und 30 Juristen enthielt; in einer zweiten Variante wurden diese Verteilungen umgedreht (30 Ingenieure und 70 Juristen). Bayes Gesetz widersprechend schätzten in beiden Fällen etwa ebenso viele Teilnehmer die Person als Juristen ein wie als Ingenieur. Dies zeigt: Die Probanden stützten ihre Einschätzung darauf, inwieweit die Beschreibung einen typischen Juristen oder Ingenieur repräsentierte, die absolute Häufigkeit der Alternativen „Jurist“ oder „Ingenieur“ wurde ignoriert (Tversky/Kahneman a. a. O., S. 1125; s. hierzu auch Tversky/Kahneman in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 153). 402 Kiell/Stephan, Urteilsprozesse bei Finanzanlagenentscheidungen von Experten, Abschlussbericht einer experimentellen Studie mit professionellen Devisenhändlern, Forschungsbericht des Instituts für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Universität Köln, 1997. Wiedergeben wird das Experiment von Goldberg/von Nitzsch, Behavioral Finance, 4. Aufl. 2004, S. 74. Zu weiteren Bestätigungen des base rate neglect s. etwa Bar-Hillel, 44 Acta Psychologica 211 (1980). Dagegen Manis/ Dovalina/Avis/Cardoze, 38 J. Pers. & Soc. Psychol. 231 (1980); vermittelnd BarHillel/Fischhoff, 41 J. Pers. & Soc. Psychol. 671 (1981).

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nicht beeinflusst, ist die Größe der als repräsentativ empfundenen Probe. In einem Versuch wurden Individuen gefragt, für wie wahrscheinlich sie es hielten, dass die Durchschnittsgröße einer zufällig herausgegriffenen Anzahl US-amerikanischer Männer sechs Fuß (ca. 180 cm) betrage. Die Versuchsteilnehmer ordneten jeder Gruppe dieselbe Wahrscheinlichkeit zu, unabhängig davon, ob diese 10, 100 oder 1000 Männer enthielt.403 Die Probanden stützten ihr Urteil also allein auf die Repräsentativität der Probe und ignorierten mit der Größe der Probe einen für die Wahrscheinlichkeitsrechnung entscheidenden Faktor (sample size neglect auch „law of small numbers“404).405 Für den Kapitalmarkt bedeutet das: Menschen sind nur allzu schnell bereit, Entscheidungen auf der Grundlage unsicherer Information zu treffen, sofern sie nur repräsentativ ist: Während des Internet-Booms der 90er Jahre waren Anleger übermäßig schnell bereit, Aktien von start-ups zu kaufen, ohne zu hinterfragen, wie lange die jeweilige Firma schon im Geschäft war, über wie viel Jahre Geschäftserfahrung das Management verfügte, wie viele start-ups schon gescheitert waren und so weiter. – Clustering illusion und gamblers fallacy: Verwandt mit der Repräsentativitätsheuristik ist eine weitere Urteilsverzerrung, die clustering illusion genannt wird:406 Menschen sehen nur allzu schnell Muster in zufälligen Ereignisketten. Sie glauben nicht nur an die berühmte hot hand von Basketball-Spielern,407 sondern auch an eine Erfolgssträhne von Anlageberatern oder „Finanzgurus“. Sie gehen nicht nur im Casino davon aus, dass nach sechsmal „rot“ nun „schwarz an der Reihe“ sei (gamblers fallacy),408 sondern versuchen auch aus vergangenen Kursentwicklungen auf zukünftige Trends zu schließen (trend-chasing).409 Hiervon wird noch zu handeln sein.410

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Tversky/Kahneman, 185 Science 1124, 1125 (1974). So – in Abgrenzung zu dem in dieser Arbeit schon häufig angewandten „Gesetz der großen Zahlen“ – zuerst wohl Tversky/Kahneman, 76 Psychol. Bulletin 105 (1971); s. kürzlich Rabin, 117 Q. J. Econ. 775 (2002). 405 Bestätigt wurden die Ergebnisse Kahnemans und Tverskys etwa in Hamill/ Wilson/Nisbett, 39 J. Pers. & Soc. Psychol. 578 (1980). 406 D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1545 (2001). 407 Gilovich/Vallone/Tversky, 17 Cog. Psychol. 295 (1985). 408 Tversky/Kahneman, 185 Science 1124, 1125 (1974); empirische Bestätigung kürzlich bei Croson/Sundali, 30 J. Risk & Uncertainty 195 (2005). 409 Die Neigung zum trend chasing, die durch gamblers fallacy und clustering illusion erklärt werden kann, wurde schon vielfach experimentell nachgewiesen; s. dazu etwa De Bondt, 9 Int. J. Forecasting 355 (1993). Empirische Studie über das trend chasing von Anlegern bei Benartzi, 56 J. Fin. 1747 (2001). 410 s. insbesondere u. § 2 V.3.a)cc)(6)(a). 404

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(2) Ambiguity aversion Ebenso wie Menschen Muster in zufälligen Ereignisketten zu erkennen meinen, scheuen sie unklare oder mehrdeutige Situationen; sie sind „ambiguitätsavers“ (ambiguity averse). Hieraus folgen Fehleinschätzungen, die unter Kognitionspsychologen unter dem Stichwort Ambiguitätsaversion (ambiguity aversion) zusammengefasst werden.411 In einem von Ellsberg vorgeschlagenen Experiment können die Probanden wählen, aus welcher von zwei Urnen eine Kugel gezogen werden soll. In Urne 1 sind 100 Bälle, 50 rot und 50 schwarz. In einer Urne 2 befinden sich ebenfalls 100 Bälle, die aus rot und schwarz zufällig zusammengesetzt sind. Bei rot gewinnt der Versuchsteilnehmer 100 US-amerikanische Dollar, bei schwarz geht er leer aus.412 Jeder Leser, der hier intuitiv zu Urne 1 neigt, unterliegt der Ambiguitätsaversion. Die Gewinnchancen sind nämlich für beide Urnen gleich (50%).413 Diese Abweichung vom Verhalten eines homo oeconomicus (der hinsichtlich beider Urnen indifferent wäre) zeigt: Menschen fürchten sich vor Situationen, die sie nicht überschauen können und die ihnen unvertraut sind. Auf Implikationen für den Kapitalmarkt kommen wir in Kürze zu sprechen.414 (3) Conservatism/belief-perseverance, confirmation bias Auf einer Linie mit Repräsentativitätsheuristik und Ambiguitätsaversion betreffen eine Reihe weiterer kognitiver Verzerrungen die Reaktion des Menschen auf neue Information. Grund dieser Fehler ist ein in der Psychologie weit bekanntes Bedürfnis nach Dissonanzfreiheit. Wie dieses Bedürfnis wirkt, ist Gegenstand der sog. Theorie der kognitiven Dissonanz, deren Grundgedanke zuerst von Leon Festinger formuliert wurde:415 Hiernach empfindet jeder Mensch Unstimmigkeiten in Wahrnehmung und Denken als störend. Er versucht sie daher zu vermeiden oder zu beseitigen – und verstößt hiermit gegen elementare Prinzipien der Rational Choice Theory.416 411 Grundlegend Ellsberg, 75 Q. J. Econ. 643 (1961). Für einen Literaturüberblick Camerer/Weber, 5 J. Risk & Uncertainty 325 (1992). 412 Ähnlich auch schon Keynes, A Treatise on Probability, 1921, S. 75. 413 Ellsberg, 75 Q. J. Econ. 643, 650 (1961). 414 s. u. § 2 V.3.a)cc)(6)(b) sowie im Zusammenhang mit dem debiasing u. § 4 IV. 415 Festinger, A Theory of Cognitive Dissonance, 1957. 416 Umfassend zur Dissonanztheorie Frey/Gaska in Frey/Irle (Hrsg.), Theorien der Sozialpsychologie, Band I, 2. Aufl. 1993, S. 275 ff.; Schulz-Hardt, Realitätsflucht in Entscheidungsprozessen, 1997, S. 57 ff.; instruktiv auch Aronson/Wilson/

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– Ebenso wie Menschen mehrdeutige Entscheidungssachverhalte meiden, zögern sie, von einmal geformten Erwartungen abzuweichen (conservatism bias oder belief-perseverance). Werden Menschen mit Daten konfrontiert, die von ihren Erwartungen abweichen, unterschätzen sie daher den Wert abweichender Information und aktualisieren ihre Erwartungen fehlerhaft. In einem bekannten Experiment von Edwards wurden Bälle aus einer Urne gezogen. Urne 1 enthielt drei blaue und sieben rote Kugeln, Urne 2 sieben blaue und drei rote Kugeln. Die Versuchsteilnehmer sollten einschätzen, aus welcher Urne eine zufällig herausgezogene Verteilung stammte. Die objektive Wahrscheinlichkeit, dass eine Zufallsziehung von acht roten und vier blauen Kugeln aus Urne 1 stammt, beträgt 97%. Versuchsteilnehmer schätzten die Wahrscheinlichkeit trotzdem durchschnittlich nur als 70% ein und überbewerteten dabei offensichtlich die zuvor geformte Erwartung einer 50–50-Chance.417 – Umgekehrt überbewerten Menschen Daten, die ihre Erwartungen bestätigen, als Beweis für die Richtigkeit ihrer ursprünglichen Annahmen. Sie finden allzuschnell Gründe, um Information, die ihre Meinung widerlegen könnte, für nicht stichhaltig zu befinden. Und sie interpretieren mehrdeutige Information im Sinne vorgefertigter Meinungen.418 Menschen tendieren außerdem dazu, von vornherein nach bestätigenden Nachrichten zu suchen und von der Suche nach gegenteiliger Information abzusehen.419 Diese Phänomene werden üblicherweise unter dem Stichwort confirmation oder confirmatory bias zusammengefasst.420 – Konfrontiert man Menschen, die unterschiedlicher Ansicht sind, daher mit Argumenten, die sowohl für als auch gegen ihre Meinung sprechen, werden sie hierdurch stärker polarisiert (sog. illusion of knowledge),421 obwohl echte Baysianer sich einander annähern müssten. In einem von Lord und anderen durchgeführten Versuch wurden die Probanden mit eiAkert, Sozialpsychologie, 4. Aufl. 2004, S. 188 ff.; Goldberg/von Nitzsch, Behavioral Finance, 4. Aufl. 2004, S. 118 ff. 417 Edwards in Kahneman/Slovic/Tversky (eds.), Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, 1982, S. 359, 361. 418 Zu allem Lord/Ross/Lepper, 37 J. Pers. & Soc. Psychol. 2098, 2101 (1979); Snyder/Cantor, 15 J. Exp. Soc. Psychol. 330 (1979); Lord/Lepper/Preston, 47 J. Pers. & Soc. Psychol. 1231 (1984); Rabin/Schrag, 114 Q. J. Econ. 37, 38 (1999); D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1549 (2001). 419 Snyder/Swann, 36 J. Pers. & Soc. Psychol. 1202 (1978); Beattie/Baron, 40 Q. J. Exp. Psychol. 269 (1988). 420 Etwa Chapman/Johnson in Gilovich/Griffin/Kahneman (eds.), Heuristics and Biases, The Psychology of Intuitive Judgment, 2002, S. 120, 133. 421 Lord/Ross/Lepper, 37 J. Pers. & Soc. Psychol. 2098 (1979); Scheinkman/ Xiong, 111 J. Pol. Econ. 1183, 1188 (2003). In anderem Sinne verwenden Barber/ Odean, 15 Rev. Fin. Stud. 455, 460 (2002) den Begriff.

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ner Statistik über die Todesstrafe konfrontiert. Sowohl diejenigen, die zuvor Gegner der Todesstrafe waren, als auch Befürworter der Todesstrafe fanden, dass dieselbe Information sie in ihren Meinungen bestärkte.422 (4) Anchoring Dem conservatism bias zugrunde liegt das allgemeine Phänomen des „anchoring“ (Ankereffekt).423 Hierunter versteht man die Angewohnheit, Schätzungen aufzustellen, indem man von einem bestimmten Initialwert („Anker“) ausgeht und von hieraus die Prognose zur endgültigen Antwort nach „oben“ oder „unten“ korrigiert.424 Dies ist an sich nicht schlimm. Studien haben jedoch ergeben, dass Menschen vom Initialwert zu stark beeinflusst werden – beim conservatism sind dies die ursprünglichen Erwartungen. In einem bekannten Versuch Kahnemans und Tverskys sollten die Teilnehmer einschätzen, wie viel Prozent der in den Vereinten Nationen vertretenen Staaten afrikanisch waren. Zunächst wurde allerdings eine Zahl nach dem Zufallsprinzip ermittelt, und die Versuchsteilnehmer sollten angeben, ob diese Prozentzahl höher oder niedriger als ihre Schätzung sei. Die Versuchsergebnisse machten deutlich, dass die Befragten die zufällig ermittelte Zahl als Ausgangswert nahmen und ihre Einschätzung übermäßig stark von diesem „Anker“ beeinflusst war. Wurde den Teilnehmern „10%“ als Ursprungswert gegeben, schätzten sie den Anteil an afrikanischen Staaten durchschnittlich auf 25%; wurde ihnen „65%“ vorgegeben, schätzten sie den Anteil auf 45%.425 (5) Availability heuristic Während Rational Choice Theory unterstellt, dass Marktteilnehmer als Gruppe alle verfügbare Information ausschöpfen, lautet eine in ihrer Wichtigkeit kaum zu überschätzende Einsicht der Behavioral Decision Theory: Agenten greifen überproportional stark auf die Information zurück, die am schnellsten und besten verfügbar ist (Verfügbarkeitsheuristik, availability heuristic).426 Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Herzanfalls höher ein, wenn kürzlich ein uns Nahestehender eine Herzattacke erlitten hat, und 422

Lord/Ross/Lepper, 37 J. Pers. & Soc. Psychol. 2098, 2101 (1979). Grundlegend Tversky/Kahneman, 185 Science 1124, 1128 (1974). 424 Tversky/Kahneman, 185 Science 1124, 1128 (1974); ausführlich Stephan in Fischer/Kutsch/Stephan (Hrsg.), Finanzpsychologie, 1999, S. 101, 108 ff. 425 Tversky/Kahneman, 185 Science 1124, 1128 (1974). 426 Grundlegend Tversky/Kahneman, 5 Cog. Psychol. 207 (1973); Tversky/Kahneman, 185 Science 1124, 1127 (1974). 423

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wir sehen eine höhere Chance, in der Nachbarschaft überfallen zu werden, wenn gerade letzte Woche ein solcher Überfall stattgefunden hat. „What’s available“ ist daher Kernfrage jeder auf Behavioral Economics aufbauenden Rechtspolitik und Rechtsanalyse.427 Hier lassen sich in aller Kürze folgende Punkte festhalten. Gerade auf sie wird in der weiteren Arbeit häufig zurückzukommen sein. – Kaum der Erklärung bedarf, dass sich Agenten umso eher an ein Ereignis erinnern, je häufiger dieses Ereignis in der Vergangenheit wiedergekehrt ist, und dass das Ereignis umso besser verfügbar ist, je kürzer es zurückliegt.428 – Unabhängig von der Quantität des Ereignisses bleiben hervorstechende (saliente) Erfahrungen länger im Gedächtnis als unscheinbare Ereignisse.429 Klibanoff, Lamont und Wizman haben etwa herausgefunden, dass Börsenkurse schneller auf Neuigkeiten reagierten, die auf der Titelseite der New York Times auftauchten, als auf Information, die nicht in solch hervorstechender Weise präsentiert wurde.430 Der herausragenden Bedeutung des Hervorstechens (salience) entsprechend, beschäftigt sich eine Reihe von Studien daher ausschließlich damit, die Faktoren zu identifizieren, die das Hervorstechen von Information beeinflussen: (1) Hier spielt zunächst das Publikationsmedium eine Rolle.431 Man kann sich leichter an Ereignisse aus dem Fernsehen erinnern als an Geschehnisse, von denen man in der Zeitung liest. Gut im Gedächtnis bleiben weiterhin Ereignisse, die interpersonal (also durch „Mund-zu-MundPropaganda“) weitergegeben werden. Hier spricht man von Informationskaskaden, in denen besonders verfügbare Information zirkuliert.432 Gerade unter Anlegern scheinen solche Informationskaskaden zu existie427

s. den gleichlautenden Aufsatztitel von Sunstein, 97 Nw. U. L. Rev. 1295 (2003). 428 s. etwa Stephan in Fischer/Kutsch/Stephan (Hrsg.), Finanzpsychologie, 1999, S. 101, 125. 429 Statt vieler Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1519 (1998); Stephan in Fischer/Kutsch/Stephan (Hrsg.), Finanzpsychologie, 1999, S. 101, 125. Statt salience wird auch der Begriff der vividness (Lebendigkeit, Bildhaftigkeit) verwandt; s. etwa Schwarz, Zeitschrift für Sozialpsychologie 1982, 343, 344. 430 Klibanoff/Lamont/Wizman, 53 J. Fin. 673 (1999); gleichsinnig Huberman/Regev, 56 J. Fin. 387 (2001): Reaktion auf eine Veröfentlichung in der New York Times, obwohl dieselbe Information schon vorher in dem Magazin Nature veröffentlicht worden war. Für weitere Studien über Anlegerverhalten und die Verfügbarkeitsheuristik s. insbesondere Andreassen, 3 J. Behav. Dec. Making 153 (1990); Andreassen/Krauss, 9 J. Forecasting 347 (1990). 431 Allgemein Sunstein, 97 Nw. U. L. Rev. 1295, 1308 (2003). 432 Sunstein, 97 Nw. U. L. Rev. 1295, 1305 (2003) m. w. N. in Fn. 67.

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ren: Eine frühe Studie von Robert Shiller und John Pound ergab, dass der Großteil individueller Käufer von Aktien durch interpersonale Kommunikation auf die Aktie aufmerksam wurde.433 (2) Auch kommt es darauf an, auf welche Art und Weise das Ereignis in dem Medium präsentiert wurde: bei Printmedien kommt es auf Schriftgröße, Fettdruck, farbliche Hervorhebung etc. an; generell erhöhen Beispiele und Anekdoten die Verfügbarkeit.434 (3) Daneben ist entscheidend, welchen Aufwand Agenten für die Verarbeitung der Information aufwenden müssen,435 insbesondere wie verständlich die Information ist.436 Abstrakte, differenzierte oder statistische Information wird daher unterbewertet, farbenfrohe, anekdotische und mit Beispielen versehene Information wird überbewertet.437 – Nicht zuletzt scheint die Verfügbarkeit von der Prädisposition des Agenten abzuhängen:438 Optimistische Menschen etwa erinnern sich leichter an Erfolgsgeschichten als an schmerzhafte Erfahrungen. (6) Implikationen für das Anlegerverhalten, insbesondere Über- und Unterreaktionen Mit den oben genannten Trugschluss-Mechanismen ist das Rüstzeug zusammen, um einige der bedeutendsten Anomalien des Kapitalmarktgeschehens zu verstehen. (a) Über- und Unterreaktionsphänomene Die für die Kapitalmarktforschung elementare Methode der Ereignisstudie (event-study), in der die Reaktion von Marktpreisen auf bestimmte Neuigkeiten und Ereignisse wie Dividendenankündigungen, Übernahmeangebote, Kapitalerhöhungen, Abspaltungen und so weiter untersucht wird, geht davon aus, dass Marktteilnehmer binnen weniger Tage neue Informa433 Shiller/Pound, 12 J. Econ. Behav. & Org. 47, 62 (1989). s. zu hierzu auch kürzlich Hong/Kubik/Stein, 59 J. Fin. 137 (2004). 434 s. die Nachweise sogleich in Fn. 437. 435 Statt vieler Reber/Schwarz, 8 Consciousness and Cognition 338 (1999). 436 Für den Kapitalmarkt und Anlegerverhalten die Nachweise bei Daniel/ Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 169 Fn. 29 (2002). 437 Clark/Rutter, 15 Eur. J. Soc. Psychol. 105 (1985); Odean, 53 J. Fin. 1887, 1889 (1998); differenzierend Taylor/Thompson, 89 Psychol. Rev. 155 (1982). 438 Sunstein, 97 Nw. U. L. Rev. 1295, 1310 (2003). Darüber hinaus werden kulturelle Einflüsse als Faktoren der Verfügbarkeit genannt; s. etwa Kahan/Braman, 151 U. Pa. L. Rev. 1291, 1313 ff. (2003).

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tion in Preise einarbeiten.439 Dem zugrunde liegt unverkennbar die ECMH und die Vorstellung von Spekulation als Mechanismus der Markteffizienz. Zahlreiche Studien aus den letzten 20 Jahren haben jedoch Abweichungen von dieser Vorstellung nachgewiesen, also Über- und Unterreaktionen des Marktes auf wertrelevante Neuigkeiten: – Überreaktionen sind daran erkennbar, dass Wertpapierpreise in einem relativ kurzen Zeitabschnitt 1 positiv korrelieren, hierdurch abnormal hohe – also nicht durch das herkömmliche Modell zur Bewertung von Wertpapieren, dem sog. Capital Asset Pricing Model (CAPM), erklärbare – Renditen erzielen (sog. kurzfristige positive Autokorrelation oder Momentum, positive short-term autocorrelation oder short-term momentum) und dass diese Preisbewegung in einem relativ langen Zeitabschnitt 2 revidiert wird, die Papiere also abnormal niedrige Renditen erzielen (langfristige negative Autokorrelation und Renditenumkehr, negative longterm autocorrelation und long-term reversal).440 Ausnutzen lassen sich solche Preismuster durch eine antizyklische Anlagestrategie (contrarian trading), indem man also die Gewinner der Vergangenheit verkauft und Verliereraktien ins Portfolio aufnimmt.441 Überreaktionen sind empirisch im Zusammenhang mit zahlreichen kursrelevanten Ereignissen nachgewiesen worden, etwa Unternehmensübernahmen442, dem Wechsel vom OTC-Markt zur NYSE oder Amex443 oder Börsengängen (IPO’s)444. Die 439 s. nur Fama, 49 J. Fin. Econ. 283, 284 (1998). Grundlegend zu den EventStudies als Technik der Kapitalmarktforschung Fama/Fisher/Jensen/Roll, 10 Int. Econ. Rev. 1 (1969). 440 Grundlegend De Bondt/Thaler, 40 J. Fin. 793 (1985); De Bondt/Thaler, 42 J. Fin. 557 (1987); Chopra/Lakonishok/Ritter, 31 J. Fin. Econ. 235 (1992); aus neuerer Zeit etwa La Porta/Lakonishok/Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. 859 (1997). Für zahlreiche weitere Nachweise s. Sapusek, Informationseffizienz auf Kapitalmärkten, 1998, S. 172 ff.; Daniel/Hirshleifer/Subrahmanyam, 53 J. Fin. 1839, 1868 f. (1998); Fama, 49 J. Fin. Econ. 283, 285 ff. (1998). Darüber hinaus finden sich Studien, die Überreaktionen (weitgehend) auf traditionelle Erklärungsmuster zurückführen, s. etwa Ball/Kothari, 25 J. Fin. Econ. 51 (1989); Chan, 61 J. Bus. 147 (1988); Zarowin, 25 J. Fin. & Quant. Analysis 113 (1990); wieder anders Chopra/Lakonishok/ Ritter, 31 J. Fin. Econ. 235 (1992). 441 s. nur De Bondt/Thaler, 40 J. Fin. 793 (1985); danach insbesondere Fama/ French, 96 J Pol Econ 246 (1988); Poterba/Summers, 22 J. Fin. Econ. 27 (1988); Cutler/Poterba/Summers, 58 Rev. Fin. Stud. 529 (1991). 442 Negative langfristige Autokorrelation der Käufer-Renditen, s. nur Asquith, 11 J. Fin. Econ. 51 (1983); Agrawal/Jaffe/Mandelker, 47 J. Fin. 1605 (1992). Diese Kursentwicklung kann allerdings auch als Unterreaktion auf ein schlechtes Investment des Käufers angesehen werden, das schon früher stärker hätte im Preis berücksichtigt werden müssen; vgl. Fama, 49 J. Fin. Econ. 283, 287 (1998). Für Deutschland s. Nowak, ZBB 2001, 449, 461 ff., der die langfristige Renditenumkehr allerdings nicht untersucht. 443 Dharan/Ikenberry, 50 J. Fin. 1547 (1995).

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Renditenumkehr kann dabei einen Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren einnehmen,445 aber auch binnen kürzerer Zeit geschehen (eine oder mehrere Wochen)446, obwohl hier größere Messschwierigkeiten bestehen447. Einen weiteren Beweis für die Überreaktionsthese liefern schließlich Studien über das Finanzierungsverhalten von Emittenten: Nach Kurssprüngen tendieren diese dazu, Eigenkapital auf den Markt zu bringen, nach kontinuierlichen Kursverlusten neigen sie zum Rückkauf eigener Aktien oder zum Going Private.448 Erklären kann man Überreaktionen mit bekannten Urteilsverzerrungen: (1) Ganz im Sinne der Verfügbarkeitsheuristik legen Anleger zu starken Wert auf das vergangene Abschneiden der Emittenten und unterschätzen aufgrund der Repräsentativitätsheuristik (base-rate neglect!) die objektive Tendenz, dass sich Einkünfte auf lange Sicht wieder ihrem Durchschnitt annähern (sog. mean reversion). Hierdurch kommt es zu kurzfristigen Überreaktionen und langfristigen Preiskorrekturen, wobei die Preiskorrekturen umso stärker sind, je heftiger die Überreaktion ausfällt.449 (2) In einem viel zitierten Modell von Barberis, Shleifer und Vishny erkennen Anleger in zufälligen Gewinnentwicklungen aufgrund der Repräsentativitätsheuristik fälschlicherweise Trends (trend-chasing). Da Anleger in dem Modell an Trends glauben, vernachlässigen sie die soeben genannte Tendenz zur mean reversion der Gewinne. Sie überreagieren auf die Gewinnbekanntgaben. Da die Fundamentalwertentwicklung – wie erwähnt – zufällig ist und mithin die tatsächliche Entwicklung die Erwartungen der Anleger nicht erfüllt, revidieren sie langsam ihre Meinungen, es kommt zu langfristigen Kurskorrekturen.450 (3) Die Neigung von Anlegern zum trend-chasing ist auch Grundlage eines Spekulationsmodells, von dem in der folgenden Arbeit immer wieder die Rede sein wird: das sog. positive feedback trading. In diesem Modell werden Spekulanten durch die Spekulation anderer Marktteilnehmer zum Handel auf derselben Seite motiviert. Sie kaufen also, weil Preise steigen, und verkaufen, weil Preise sinken.451 Das Gefährliche an diesem Spekulationsverhalten: Rationale Spekulanten haben Anreize, erstens Preissig444

Vgl. hierzu die Nachweise o. § 2 V.1. in Fn. 296. De Bondt/Thaler, 40 J. Fin. 793 (1985). 446 Lehmann, 105 Q. J. Econ. 1 (1990). 447 Dazu etwa Jegadeesh/Titman, 48 J. Fin. 65 (1993), Daniel/Hirshleifer/Subrahmanyam, 53 J. Fin. 1839, 1868 (1998). 448 s. schon o. § 2 IV.2.a) m. w. N. in Fn. 252. 449 De Bondt/Thaler, 40 J. Fin. 793 (1985); ähnlich Lakonishok/Shleifer/Vishny, 49 J. Fin. 1541, 1574 (1994). 450 Barberis/Shleifer/Vishny, 49 J. Fin. Econ. 307 (1998). 445

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nale zu setzen, um positive feedback trading auszulösen und später durch antizyklisches Handels auszubeuten, zweitens, in einem Prozess des positive feedback trading nicht als informationsorientierte technische Händler zu handeln, sondern auf der Welle zunächst mitzureiten, sich also als stimmungsorientierte technische Händler zu betätigen.452 Die Folgen sind exakt die hier beobachteten Preismuster: (a) Überreaktion und spätere Korrektur sowie (b) exzessive (d.h. nicht durch Fundamentalwertveränderung gerechtfertigte) Volatilität.453 – Unterreaktionen kann man daran erkennen, dass Neuigkeiten oder wertrelevante Ereignisse in einem Zeitabschnitt 1 positive kurzfristige Autokorrelation auslösen, weil Information nicht sofort in Preise eingearbeitet wird, und dieser Bewegung kein revidierender Zeitabschnitt 2 folgt.454 Die meisten dieser Unterreaktionen sind für den Zeitraum von einem bis zwölf Monaten nachgewiesen worden.455 Ausbeuten kann man solche Reaktionen durch zyklische Anlagestrategien (momentum trading). In einer grundlegenden Studie kommen Jegadeesh und Titman zu dem Ergebnis, dass zwischen den Jahren 1965 und 1989 Anleger, die ihr Portfolio mit NYSE- und Amex-Gewinner-Aktien der letzten sechs Monate füllten, Renditen erzielten, die mit traditionellen Erklärungsmustern (etwa des systematischen Risikos des Portfolios) nicht erklärt werden konnten.456 Doch Unterreaktionen wurden auch im Hinblick auf spezifische Ereignisse nachgewiesen, so im Zusammenhang mit (unerwarteten) Gewinnankündigungen457, stock splits458 sowie mit dem Rückkauf eigener Aktien am Markt459 oder durch öffentliches Erwerbsangebot460. Auch diese 451 Grundlegend De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 45 J. Fin. 375 (1990); danach etwa Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 28 (1990); Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 729 (2003). 452 Hierzu noch ausführlich u. § 2 V.3.b). 453 s. nur D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1568 (2001). 454 Hierzu die Nachweise in den folgenden Fußnoten; Übersicht über die einschlägige Literatur bei Daniel/Hirshleifer/Subrahmanyam, 53 J. Fin. 1839, 1868 f. (1998). 455 So zusf. Barberis/Shleifer/Vishny, 49 J. Fin. Econ. 307 (1998). 456 Jegadeesh/Titman, 48 J. Fin. 65 (1993). s. auch schon Levy, 22 J. Fin. 595 (1967) und dazu Jensen/Bennington, 25 J. Fin. 469 (1970); ferner Rouwenhorst, 53 J. Fin. 267 (1998). 457 Grundlegend schon Ball/Brown, 6 J. Acct. Res. 159 (1968); danach insbesondere Bernard/Thomas, 27 J Acct. Res. Suppl. 1 (1989); Bernard/Thomas, 13 J. Acct. & Econ. 305 (1990); Bernard, in Thaler (ed.) Advances in Behavioral Finance, 1992, S. 303. 458 Ikenberry/Rankine/Stice, 31 J. Fin. & Quant. Analysis 357 (1996); Desai/ Jain, 70 J. Bus. 409 (1997); s. auch schon Grinblatt/Masulis/Titman, 13 J. Fin. Econ. 461(1984). 459 Ikenberry/Lakonishok/Vermaelen, 39 J. Fin. Econ. 181 (1995).

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

Preisbewegungen lassen sich mit Heuristiken und Urteilsverzerrungen des Anlegerpublikums erklären: So erwarteten in einer Alternative des oben bereits vorgestellten Modells von Barberis, Shleifer und Vishny Anleger aufgrund des conservatism bias, dass vergangene über- oder unterdurchschnittliche Gewinnentwicklungen schnell wieder zum Durchschnitt zurückkehren werden. Diese Erwartung führt dazu, Signale für die positive Gewinnentwicklung zu unterschätzen und die Tendenz zur mean reversion überzugewichten. Die Preise werden daher nur zögerlich auf das informierte Niveau geführt. – Dass Märkte gleichzeitig überreagieren und unterreagieren, erscheint widersprüchlich. Darf man die Ergebnisse von Behavioral Finance in die Analyse kapitalmarktrechtlicher Sachverhalte einfließen lassen, wenn man nicht exakt vorhersagen kann, wie sich Agenten verhalten (etwa ob sie über- oder unterreagieren)? Diese Frage führt zur generellen Diskussion um den Wert von Behavioral Economics für das Recht (Behavioral Law & Economics), die in § 3 intensiv behandelt werden soll. (b) Weitere Anomalien Auch einige andere Anomalien kann man mit den behandelten Heuristiken und Urteilsverzerrungen erklären: – Studien haben ergeben, dass Anleger übermäßig stark in inländische Aktien investieren, obwohl sie nach moderner Portfolio-Theorie diese Aktien eigentlich sogar „shorten“ müssten, um ihr Risiko perfekt zu diversifizieren, und dass sie die Anlage trotzdem als risikoärmer auffassen als die Anlage in ausländischen Aktien (sog. home bias).461 Besonders tragisch kann dieser Fehler werden, wenn Arbeitnehmer – was empirisch bestätigt wurde462 – ihr Vermögen vor allem in Aktien ihres eigenen Unternehmens anlegen, man denke hier nur an den Fall „Enron“. Ambiguity aversion bietet eine Erklärungsmöglichkeit: Bei inländischen Aktien ha460

Lakonishok/Vermaelen, 45 J. Fin. 455 (1990). French/Poterba, 81 Am. Econ. Rev. 222 (1991); Cooper/Kaplanis, 7 Rev. Fin. Stud. 45 (1994); Baxter/Jerman, 87 Am. Econ. Rev. 170 (1997); Kang/Stulz, 46 J. Fin. Econ. 3 (1997); Tesar/Werner, 14 J. Int. Money & Fin. 467 (1995); Lewis, 37 J. Econ. Lit. 571 (1999); Kilka/Weber, 1 J. Psychol. & Fin. Markets 176 (2000). Hiermit im Einklang steht, dass Kapitalmarktteilnehmer für Produkte mit Ambiguität einen Preisabschlag berechnen, hierzu insbesondere Weber, zfbf 1989, 447. Zu einem gewissen Grad mag die Präferenz für heimische Anlagen freilich rational sein, weil Anleger in der Lage sind, lokale Information gewinnbringend auszubeuten, s. hierzu die kürzliche Studie von Ivkovic/Weisbrenner, 60 J. Fin. 267 (2005). 462 s. die Studie von Huberman, 14 Rev. Fin. Stud. 659 (2001). 461

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ben Aktionäre – oft fälschlicherweise – ein Gefühl von Vertrautheit und Kompetenz, das ihnen bei inländischen Aktien fehlt. – Mit dem Ankereffekt und der Verfügbarkeitsheuristik verbunden ist die Eigenschaft von Menschen, erste Eindrücke überzubewerten. Unter dem halo effect verstehen Kognitionspsychologen den Fehler vieler Menschen, erste positive Eindrücke von bestimmten Eigenschaften auf weitere unverwandte Charakteristika des zu Beurteilenden auszudehnen, obwohl hinreichend Information für eine vom Ersteindruck unabhängige Bewertung zur Verfügung steht.463 Auch diese Erkenntnisse können für die Kapitalmarktforschung fruchtbar gemacht werden. So haben empirische Studien gezeigt, dass insbesondere Wachstumsaktien häufig überbewertet werden.464 Dies mag daran liegen, dass Anleger bei starkem Umsatzwachstum ein ebenso starkes Ansteigen der Eigenkapitalrendite erwarten, obwohl beides nicht notwendigerweise miteinander verbunden ist.465 Eine Analyse von Shefrin und Statman ergab, dass professionelle Portfolio-Manager offenbar von der Größe und der niedrigen book-to-market ratio auf hohe Renditen schließen, obwohl statistisch die entgegengesetzte Beziehung zwischen diesen Größen besteht.466 – Die Verfügbarkeitsheuristik entpuppt sich als besonders gefährlich in Boom-Zeiten. Stehen Anleger zu stark unter dem Eindruck einer Reihe kürzlicher Erfolgsnachrichten, verfallen sie leicht in irrationale Euphorie und engagieren sich in positive feedback trading. Hierdurch entstehen Spekulationsblasen.467 Ein drastisches Beispiel: Am 2. März 2000 verkaufte die Firma 3Com fünf Prozent ihrer Anteile an der Tochtergesellschaft Palm, die elektronische Terminplaner (palm pilots) vertreibt.468 Die Transaktion bewirkte eine Marktkapitalisierung von Palm in Höhe von 53 Milliarden US-Dollar, obwohl die gesamte Marktkapitalisierung von 3Com nur 28 Milliarden Dollar betrug – ein plausibles Ergebnis nur, wenn 3Com neben der Beteiligung an Palm hauptsächlich Schulden angesammelt hätte, was aber nicht der Realität entsprach.469 Eine andere Studie ergab, dass Emittenten ihren Börsenwert allein dadurch steigern 463

Nisbett/Wilson, 35 J. Pers. & Soc. Psychol. 250 (1977). Lakonishok/Shleifer/Vishny, 49 J. Fin. 1541, 1574 (1994). 465 So die Vermutung von D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1542 (2001). 466 Shefrin/Statman, 21(2) J. Portfolio Mgmt. 26, 29 (1995). 467 s. allgemein Bitmead/Durand/Ng, 5 J. Behav. Fin 154 (2004), die auch noch overconfidence und biased self-attribution als Gründe der Internet-Aktienblase identifizieren. 468 Zum Sachverhalt Lamont/Thaler, 111 J. Pol. Econ. 227, 230 (2003). 469 Siehe Lamont/Thaler, 111 J. Pol. Econ. 227 (2003). Manche versuchen solche Anomalien auf Grundlage der ECMH zu erklären, s. Schwartz/Moon, 56(3) Fin. Analysts J. 62 (2000); Hall, 91 Am. Econ. Rev. 1 (2001). 464

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konnten, dass sie in ihre Firma (§ 17 HGB) den Zusatz „.com“ einfügten – unabhängig davon, ob das Geschäft der Emittenten tatsächlich etwas mit dem Internet zu tun hatte.470 dd) Warum spekulieren schlecht kalibrierte Anleger überhaupt? Warum lernen sie nicht? Warum verlassen sie nicht den Markt? Wenn Anleger so viele Fehler machen, warum spekulieren sie dann überhaupt? Klassischer Finanztheorie zufolge müssten sie zumindest auf lange Sicht ihr Geld an besser informierte Spekulanten verlieren und entweder dazulernen oder den Markt verlassen.471 Schon aufgrund der bisherigen Ausführungen lässt sich erahnen, dass dies nicht der Fall ist. Einen Teil der Erklärung liefern die folgenden Urteilsverzerrungen.472 (1) Overconfidence, overoptimism, self attribution bias, hindsight bias – Empirische Studien und Experimente haben gezeigt, dass Individuen bei ihren Urteilen zu selbstbewusst sind (overconfidence, übersteigerte Urteilssicherheit).473 Diese Studien sind so zahlreich, dass overconfidence als eines der am besten abgesicherten Phänomene der Urteilspsychologie gilt.474 Hiermit einher geht ein Hang zum übermäßigen Optimismus (overoptimism) und Wunschdenken (wishful thinking).475 Menschen überschätzen die Präzision ihres Wissens;476 sie überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten477 und haben generell unrealistisch positive Selbstbilder478. 470

Cooper/Dimitrov/Rau, 56 J. Fin. 2371 (2001). s. o. § 2 IV.1.b)bb). 472 Zum anderen Teil der Erklärung u. § 2 V.3.b). 473 Für eine neuerliche Zusammenfassung der Literatur siehe Griffin/Varey, 65 Org. Behav. & Hum. Decision Processes 227 (1999). s. im Übrigen die Nachweise in den folgenden Fußnoten. Anklänge schon bei Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 569 (1971): „With inhomogeneity of beliefs every person may be better informed, in his own opinion!“. 474 So Daniel/Titman, 55(6) Fin. Analysts J. 28 (1999). 475 Irwin, 21 J. Personality 329 (1953); Weinstein, 39 J. Pers. & Soc. Psychol. 806 (1980); Kunda 53 J. Pers. & Soc. Psychol. 636 (1987); Weinstein/Klein, 15 J. Soc. & Clin. Psychol. 1 (1996); Thaler, 14(1) J. Econ. Persp. 133 (2000). 476 Fischhoff/Slovic/Lichtenstein, 3 J. Exp. Psychol.: Hum. Percep. Perf. 552 (1977); Lichtenstein/Fischhoff, 20 Org. Behav. & Hum. Perf. 159 (1977); Einhorn/ Hogarth, 85 Psychol. Rev. 395 (1978); Alpert/Raiffa in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 294; Lichtenstein/Fischhoff/Philipps in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 306. 477 s. schon Frank, 47 Am. J. Psychol. 285 (1935). 471

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Sie denken, sie seien bessere Autofahrer oder Freunde, seien intelligenter und hätten mehr Humor als tatsächlich zutreffend.479 Vielen Wissenschaftlern und Studenten nicht fremd, überschätzen sie ihre Fähigkeit, Zeitvorgaben für bestimmte Projekte (etwa Doktorarbeiten oder anderen Publikationen) einzuhalten (planning fallacy).480 Schließlich erwarten Agenten nicht nur überdurchschnittlich positive Resultate aus zufälligen Ereignissen, sondern verhalten sich oftmals so, als könnten sie zufällige Ergebnisse beeinflussen – ein Effekt, der als illusion of control bezeichnet wird.481 Der overconfidence-bias ist zumindest in Domänen, die als von Männern beherrscht angesehen werden, stärker ausgeprägt bei Männern als bei Frauen, was als „gender bias“ bezeichnet wird.482 Übermäßiges Selbstbewusstsein lässt sich durch eine Reihe von Gründen erklären: Intuitiv einleuchtend ist, dass Urteilssicherheit und Optimismus Entscheidungen erleichtern. Overconfidence und overoptimism erfüllen insoweit die Funktionen klassischer Heuristiken. Auch einen evolutionspsychologischen Ursprung mögen die Verzerrungen haben: In der Selfdeception Theory des Psychologen Robert Trivers haben Individuen die natürliche Veranlagung zu denken, sie seien besser und schlauer als andere, um ihre Mitmenschen über die eigenen Qualitäten kontinuierlich zu täuschen.483 – Auf einer Linie mit übermäßigem Selbstbewusstsein liegt der Wahrnehmungsfehler, Erfolge tendenziell den eigenen Qualitäten, Misserfolge hingegen dem Zufall zuschreiben (self-attribution bias, biased self-attribution oder self-serving bias).484 – Self-attribution erklärt darüber hinaus eine weitere Urteilsverzerrung, den so genannten hindsight bias. Um ihre Qualitäten als Entscheidungsträger herauszustellen, glauben Menschen im Nachhinein, sie hätten „alles 478

Greenwald, 35 Am. Psychologist 603 (1980). Zur Selbstüberschätzung von Autofahrern Svenson, 47 Acta Psychologica 143 (1981). 480 s. nur Buehler/Griffin/Ross, 67 J. Pers. & Soc. Psychol. 366 (1994). 481 Grundlegend Langer 32 J. Pers. & Soc. Psychol. 311 (1975). 482 Lundeberg/Fox/Punccohar 86 J. Educational Psychol. 114 (1994). Kürzlich aber Mohan/Chen, 5 J. Behav. Fin. 57 (2004): kein gender bias im IPO-Markt. 483 Trivers, Social Evolution, 1985. 484 Grundlegend Bem, 1 J. Exp. Soc. Psychol. 199 (1965); danach insbesondere Miller/Ross, 82 Psychol. Bulletin, 213 (1975); Langer/Roth, 32 J. Pers. & Soc. Psychol. 951 (1975); Schlenker/Miller, 35 J. Pers. & Soc Psychol 755 (1977); Nisbett/ Ross, Human Inference: Strategies and Shortcomings of Social Judgment, 1980, S. 231 ff.; Kunda, 53 J. Pers. & Soc. Psychol. 636 (1987); Psyzczynski/Greenberg, 20 Advances Exp. Soc. Psychol. 297, 298 ff. (1987). s. auch Gilovich, Why We Know what Isn’t So, 1991, S. 75–87. 479

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schon damals kommen sehen“.485 Sie überschätzen die Anfangswahrscheinlichkeiten von Prozessen, glauben ex post, sie hätten bessere Vorhersagen aufgestellt, als es tatsächlich der Fall war,486 werfen anderen zu schnell vor, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben,487 und neigen zur Ex-post-Rationalisierung von Geschehensabläufen (ex-post-rationalization)488 – ein Phänomen, das man evolutionspsychologisch mit dem Streben erklären kann, der Natur nicht ausgeliefert und Herr seines Schicksals zu sein. (2) Implikationen für den Kapitalmarkt Der Kapitalmarkt ist Anwendungsfeld par excellence für Überoptimismus und übersteigerte Urteilssicherheit.489 Zum einen bietet Spekulation am Kapitalmarkt besonders geeignete Rahmenbedingungen für übermäßiges Selbstbewusstsein und Optimismus, denn diese Fehleinschätzungen tauchen am ehesten bei schwierigen Prognosen auf, über deren Erfüllung man kein klares und schnelles Feedback erhalten kann.490 Zum anderen werden auch Anleger „an sich“ klassischerweise als zu selbstbewusst charakterisiert:491 Grund hierfür ist einerseits, dass von Anfang an nur solche Personen am Marktgeschehen teilnehmen, die meinen, sie seien überdurchschnittlich begabte Spekulanten.492 Andererseits führt die natürliche Selektion auf dem 485

Fischhoff, 1 J. Exp. Psychol: Hum. Percep. Perf. 288 (1975); Fischhoff/Beyth, 13 Org. Behav. & Hum. Perf. 1 (1975). 486 Fischhoff in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 335, 341: „They even misremember their own predictions so as to exaggerate in hindsight what they knew in foresight“. 487 s. etwa Arkes/Faust/Guilmette/Hart, 73 J. Applied Psychol. 305 (1988); Fischhoff in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 335, 341; Kamin/Rachlinksky, 19 Law & Hum. Behav. 89 (1995). 488 D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1549 (2001). 489 s. nur Daniel/Titman, 55(6) Fin. Analysts J. 28 (1999): „the most prominent anomalies can be explained by what is called ‚investor overconfidence‘ “. 490 Fischhoff/Slovic/Lichtenstein, 3 J. Exp. Psychol.: Hum. Percep. Perf. 552 (1977); Lichtenstein/Fischhoff, 20 Org. Behav. & Hum. Perf. 159 (1977); Lichtenstein/Fischhoff/Philipps in Kahneman/Slovic/Tverksy (eds.), Judgment under Uncertainty, Heuristics and Biases, 1982, S. 306; Griffin/Tversky, 24 Cog. Psychol. 411, 425 ff. (1992); Daniel/Titman, 55(6) Fin. Analysts J. 28, 29 (1999). Zu den Lernschwierigkeiten auf dem Kapitalmarkt s. auch noch u. § 3 II. 491 s. schon Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 637 (1995) ohne Bezug zu den Ergebnissen kognitiver Psychologen. Für eine frühe Untersuchung mit Wertpapieranalysten s. Staël von Holstein, 8 Org. Behav. & Hum. Perf. 139 (1972). 492 Odean, 53 J. Fin. 1887, 1896 (1998); Odean, 89 Am. Econ. Rev. 1279, 1280 (1999).

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Markt in Verbindung mit dem self-attribution bias dazu, dass nach längerer Zeit nur noch solche Spekulanten auf dem Markt bleiben, die sich für überdurchschnittlich begabt halten, selbst wenn ihr Erfolg überwiegend auf Glück beruht.493 Empirische Bestätigung finden diese Überlegungen in Studien zum exzessiven Handel von Kleinanlegern, insbesondere mit Day-Trading-Accounts bei Online-Brokern,494 und in der Vorliebe von Anlegern für aktiv verwaltete Fonds, obwohl diese Anlagen regelmäßig schlechter abschneiden als ihre passiv verwalteten Seitenstücke.495 Für das Verhalten von Anlegern haben die beschriebenen Urteils- und Wahrnehmungsverzerrungen zahlreiche Implikationen: – Übermäßig selbstbewusste Anleger überschätzen ihre Fähigkeiten als Spekulanten. Sie lernen daher langsam und sehen nur zögerlich ihre Fehler ein.496 Der self attribution bias sorgt in Boom-Zeiten dafür, dass Anleger „Erfolg auf Bullen-Märkten mit Intelligenz verwechseln“497, Gewinne also ihren Fähigkeiten zuschreiben, obwohl sie schlicht Glück hatten. Machen Anleger Verlust, bleiben sie zu lange im Markt, denn der self-attribution bias hindert sie an der Einsicht, dass sie gar keine so guten Spekulanten sind. Überschätzen Spekulanten im Nachhinein systematisch ihre Vorhersagefähigkeiten (hindsight bias), führt dies dazu, dass sie irgendwann mit breiter Brust den Markt betreten, obwohl ihre Vorhersagefähigkeiten objektiv weit hinter professionellen Anlegern zurückbleiben. Ex-post-rationalization versetzt Spekulanten oftmals in den Irrglauben, dass sie bestimmte Risiken in Zukunft erkennen und Fehlinvestitionen vermeiden könnten, und hält sie davon ab, den Markt trotz hoher Einbußen zu verlassen. In Bullen-Märkten kann die Reue darüber, „nicht schon früher eingestiegen zu sein“ darüber hinaus irrationalen Überschwang anheizen.498 – Außer der Lernfähigkeit beeinträchtigen die oben genannten Urteilsverzerrungen auch das Analysevermögen von Anlegern. Übermäßig selbstbewusste und optimistische Marktteilnehmer machen zahlreiche Fehler: 493 Benos, 1 J. Fin. Markets 353, 355 (1998); Odean, 53 J. Fin. 1887, 1896 f. (1998); Odean, 89 Am. Econ. Rev. 1279, 1280 (1999); Gervais/Odean, 14 Rev. Fin. Stud. 1, 19 (2001). 494 Barber/Odean, 15 Rev. Fin. Stud. 455 (2002). 495 Odean, 53 J. Fin. 1887, 1889 (1998) m. w. N. 496 Speziell zu den Hindernissen bei der Einsicht, dass man exzessiv und verlustreich handelt, s. instruktiv Odean, 89 Am. Econ. Rev. 1279, 1295 (1999). 497 In den Worten von Senior Justice Neely in West Virginia v. Morgan Stanley & Co., 459 S.E.2d 906, 917 (W. Va. 1995): „Like so many other enthusiastic and ambitious persons before them, (the investors) tended to confuse profits in a bull market with intelligence“. 498 Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 169–174.

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Sie überbewerten den Wert privat erlangter Information im Vergleich zu dem von anderen Tradern besessenen Wissen,499 und sie überschätzen ihre Fähigkeit, Information und Preissignale zu interpretieren500. Obwohl Bayes’ Gesetz verlangt, dass man neue Information nach seiner Verlässlichkeit gewichtet, tendieren Menschen dazu, die Qualität der Quelle einer bestimmten Information nicht zu hinterfragen (source neglect):501 In Experimenten behandelten Probanden Gerüchte wie verlässliche Nachrichten, obwohl sie behaupteten, nicht von ihnen beeinflusst zu sein.502 Schließlich zeigten sich Personen mit weniger Information selbstbewusster in ihren Vorhersagen als solche mit mehr Information.503 Dieses auf den ersten Blick verblüffende Ergebnis leuchtet ein, wenn man sich verdeutlicht, dass overoptimism und overconfidence Mechanismen zur Vereinfachung von Entscheidungen sind: Sich widersprechende Information kann leicht Konflikte hervorrufen, Zukunftsereignisse, die zunächst in einem klaren Licht erschienen, werden bei neuer Information relativiert.504 – Ein auf overconfidence aufbauendes Modell zur Erklärung verschiedener Anomalien stellen Daniel, Hirshleifer und Subrahmanyam vor.505 Für diese Arbeit besonders interessant ist ihr Ansatz, um kurzfristiges Momentum und langfristige Renditenumkehr („Überreaktion“) zu erklären:506 In ihrem Modell sorgt übermäßiges Selbstbewusstsein dafür, dass Agenten den Wert privater Information überschätzen. Während die nachfolgenden öffentlichen Preissignale die Entscheidungen der Anleger im Durchschnitt widerlegen (die Agenten hatten ihr privates Wissen ja überschätzt), sorgt der self-attribution bias dafür, dass Anleger öffentliche In499

s. nur Odean, 53 J. Fin. 1887, 1894 (1998). Benos, 1 J. Fin. Markets 353, 354 (1998); Odean, 53 J. Fin. 1887, 1895 (1998). 501 Griffin/Tversky, 24 Cog. Psychol. 411 (1992). 502 DiFonzo/Bordia, 71 Org. Behav. & Hum. Decision Processes 329, 346 (1997) „Rumors do not have to be believed or trusted to powerfully affect trading, they simply have to make sense.“. 503 Peterson/Pitz, 61 Acta Psychologica 229 (1986); Peterson/Pitz, 14 J. Exp. Psychol.: Learning, Memory and Cognition 85 (1988). 504 s. Peterson/Pitz, 61 Acta Psychologica 229 (1986); Peterson/Pitz, 14 J. Exp. Psychol.: Learning, Memory and Cognition 85 (1988). 505 Daniel/Hirshleifer/Subramanyam, 53 J. Fin. 1839 (1998); experimentelle Bestätigung bei Bloomfield/Hales, Predicting the Next Step of a Random Walk: Experimental Evidence of Regime-Shifting Beliefs (February 8, 2001). AFA 2002 Atlanta Meetings; herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=259309; dagegen allerdings Asparouhova,/Hertzel/Lemmon, Behavioral Biases and Investor Behavior: Predicting the Next Step of a Random Walk (Revisited) (September 2004); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=597942. 506 Dazu schon o. § 2 V.3.a)cc)(6)(a). 500

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formation durchschnittlich als bestätigend empfinden, auf öffentliche Information also unterreagieren.507 Die Folge ist das Preismuster, das wir schon o. cc)(6)(a) kennen gelernt haben: kurzfristige Überreaktion, langfristige Preiskorrektur. – In einem Model von Simon Gervais und Terrance Odean werden Anleger aufgrund des self-attribution bias mit zunehmender Zeit am Markt übermäßig selbstbewusst.508 Mit dem Selbstbewusstsein steigen daher Handelsvolumen und Volatilität. Das Model impliziert, dass diese Effekte stärker während steigender Preisentwicklungen sind als bei fallenden Preisen – eine Vorhersage, die empirisch bestätigt werden konnte509. (3) Implikationen für die Abgrenzung „guten“ und „schlechten“ Spekulierens Übersteigerte Urteilssicherheit und Optimismus haben wichtige Implikationen für die Abgrenzung von gutem und schlechtem Spekulieren. Vor der Behandlung der Behavioral Finance konnte als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass Massenspekulation grundsätzlich mit Skepsis zu betrachten sei.510 Overconfidence und overoptimism stärken diese Zweifel, so dass es sich lohnt, ein weiteres Zwischenergebnis festzuhalten:511 Fünfte Leitlinie Massenspekulation aufgrund übersteigerter Urteilssicherheit und Optimismus von Kleinanlegern gibt besonderen Anlass zur Skepsis. (1) Übermäßiges Selbstbewusstsein ist per definitionem Quelle von Missverständnissen und heterogenen Erwartungen.512 Übermäßiger Optimismus führt begriffsnotwendig zu Überbewertungen. Beide Heuristiken erhöhen außerdem das Handelsvolumen513 und führen zu exzessivem, d.h. verlustreichem Han507

Daniel/Hirshleifer/Subramanyam, 53 J. Fin. 1839, 1841 f. (1998). Gervais/Odean, 14 Rev. Fin. Stud. 1 (2001). 509 Statman/Thorley/Vorkink, Investor Overconfidence and Trading Volume (2003); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=168472. 510 s. o. § 2 IV.3. 511 Zu den Zwischenergebnissen „Eins bis Vier“ o. § 2 III.3. u. § 2 IV.3. 512 Scheinkman/Xiong, 111 J. Pol. Econ. 1183, 1184 f. (2003). 513 s. nur Shefrin/Statman, 29 J. Fin. & Quant. Analysis, 323, 343 ff. (1994); Odean, 53 J. Fin. 1887 (1998); Odean, 89 Am. Econ. Rev. 1279 (1999); Barber/ Odean, 55 J. Fin. 773 (2000); Gervais/Odean, 14 Rev. Fin. Stud. 1, 2 (2001); Barber/Odean, 15 Rev. Fin. Stud. 455, 456 f. (2002); Statman/Thorley/Vorkink, Investor Overconfidence and Trading Volume (2003); herunterladbar unter http:// ssrn.com/abstract=168472. 508

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del:514 Spekulanten verschwenden Ressourcen an die Informationssuche, produzieren hohe Transaktionskosten, die sie durch ihre Spekulationsgewinne nicht kompensieren, und verlassen trotzdem nicht den Markt515 – eben weil sie denken, in Zukunft wieder mehr Erfolg zu haben.516 (2) Daneben können übermäßig selbstbewusste Spekulanten Profitmöglichkeiten zutreffend kalibrierter und mit höherwertiger Information ausgestatteter Händler eliminieren, ihr Vertrauen auf die eigene Information zerstören und somit aus dem Markt drängen.517 (3) Schließlich bauen auch das Risikotransfer- und Informationsarbitrage-Modell mit ihren volkswirtschaftlich positiven Bewertungen von Spekulation auf die Überlegung auf, dass Individuen mit tatsächlich besserer Information und tatsächlich besserer Risikoübernahmekapazität die Rolle von Spekulanten einnehmen.518 Diese Gedankenketten drohen jedoch zu zerbrechen, wenn Agenten handeln, die nur denken, sie seien besser informiert und könnten Risiken kostengünstig übernehmen.519 Spekulation übermäßig selbstbewusster oder optimistischer Anleger führt daher zu ineffizienter Risikoallokation und Informationssuche.520 Einwenden könnte man gegen diese negative Bewertung, dass aggressives Trading Preise informativer mache, weil übermäßig selbstbewusste oder optimistische Agenten mit großvolumigem Handel stärkere Signale an Liquiditätsanbieter sendeten und hierdurch eine schnellere Anpassung der Preise bewirkten.521 Hiergegen spricht jedoch bereits, dass market makers und sonstige Liquiditätsanbieter nicht notwendigerweise von großen Orders und aggressivem Handel auf Informationsvorteile schließen – eben weil sie hinter der Order uninformierte Händler vermuten.522 Tun sie es doch, muss zum anderen bedacht werden, dass die Preissignale übermäßig selbst514 Odean, 53 J. Fin. 1887 (1998); Odean, 89 Am. Econ. Rev. 1279 (1999); Barber/Odean, 55 J. Fin. 773 (2000). 515 Zusf. Odean, 53 J. Fin. 1887, 1916 (2003); Barber/Odean, 55 J. Fin. 773, 799 f. (2000); Barber/Odean, 141 Q. J. Econ. 261, 263 (2001); Gervais/Odean, 14 Rev. Fin. Stud. 1, 18 (2001). Speziell zum Day Trading Barber/Odean, 15 Rev. Fin. Stud. 455 (2002. Passend zur oben genannte Idee des gender bias haben Studien evenfalls gezeigt, dass Männer häufiger und im Durchschnitt erfolgloser handeln als Frauen, s. Barber/Odean, 141 Q. J. Econ. 261 (2001). 516 s. o. § 2 V.3.a)dd)(1). 517 Zu dem noise trader-Risiko als Begrenzung von Arbitragemöglichkeiten noch § 2 V.3.b)aa). s. vorerst nur Odean, 53 J. Fin. 1887, 1902 (1998). 518 s. dazu o. § 2 II.1. 519 Im Hinblick auf Risikotransfer s. zusf. Daniel/Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 173 (2002). 520 Zusf. hinsichtlich der Risikoallokation Odean, 53 J. Fin. 1887, 1916 (2003). 521 In diese Richtung Benos, 1 J. Fin. Markets 353, 355 (1998). 522 s. hierzu Mahoney, 28 J. Corp. L. 541, 548 (2003).

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bewusster Anleger in den meisten Fällen gar nicht zutreffen und Börsenkurse eher von ihren Fundamentalwerten fortbewegen.523 Passen Liquiditätsanbieter ihre Preise daher dem Druck aggressiver Trader an, werden Preise gerade weniger informativ.524 Welche rechtlichen Implikationen übersteigerte Urteilssicherheit und Überoptimismus haben, soll erst beleuchtet werden, nachdem die Betrachtungen der Behavioral Finance abgeschlossen sind.525 Bereits jetzt lässt sich jedoch erahnen, dass overconfidence und overoptimism das zentralste aller kapitalmarktrechtlichen Prinzipien auf den Prüfstand stellen, nämlich dass Anleger grundsätzlich nicht vor ihrer eigenen Torheit geschützt werden sollen.526 Schon jetzt lässt sich erahnen, dass Behavioral Finance Deregulierungstendenzen im Kapitalmarktrecht Einhalt gebieten und stattdessen fordern (und legitimieren) könnte, was insbesondere von Ökonomen häufig in offener Feindschaft bekämpft wird: Paternalismus.527

ee) Zur Systemhaftigkeit von Fehleinschätzungen, insbesondere conformity effect und herding Dass Anleger Fehler machen, bezweifelt auch die klassische Kapitalmarkttheorie nicht. Sie geht jedoch davon aus, dass sich Fehler gegenseitig ausgleichen und daher keinen Einfluss auf Preise haben.528 Dem setzt die Behavioral Finance – wie schon häufig angedeutet – entgegen, dass Fehleinschätzungen nicht zufällig, sondern systematisch auftreten. Hierfür lassen sich spezielle Argumente finden, die im Folgenden genannt seien: Es liegt in der Natur der oben beschriebenen Heuristiken und Urteilsverzerrungen, dass ihnen alle Menschen zum Opfer fallen können. Agenten machen daher in denselben Situationen dieselben Fehler.529 Anleger befinden sich besonders häufig in ähnlichen Situationen: Sie verfügen zum selben Zeitpunkt über dieselbe oder ähnliche Information und sind derselben konjunkturellen Lage und Marktstimmung ausgesetzt. 523

Vgl. auch Odean, 53 J. Fin. 1887, 1900 (1998). Preisstörende Wirkung attestieren übermäßig selbstbewussten Liquiditätsnachfragern (die keine Insider sind) daher auch Odean, 53 J. Fin. 1887, 1889, 1900 (1998); Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623, 625 (1999). 525 s. u. § 3, § 4. 526 s. o. § 1. 527 Zum Problem der Rechtfertigung von Paternalismus allgemein Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 365–388. 528 s. schon o. § 2 IV.3. 529 Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 23 (1990). 524

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Darüber hinaus sorgt eine weitere selbständige Heuristik dafür, dass Anleger systematisch zu denselben Entscheidungen neigen: Alle Lebewesen vereinfachen sich das Leben dadurch, dass sie ihre Artgenossen nachahmen. Sie gucken voneinander ab und erhalten so einen free ride aufgrund des Suchaufwandes ihrer Artgenossen.530 Hieraus folgt zweierlei: Erstens fühlen sich Menschen unwohl, wenn sie einen völlig neuen Weg einschlagen und sich von der Gruppe isolieren. Stattdessen suchen sie die Konformität der Gruppe (conformity effect).531 Zweitens: Menschen vertrauen übermäßig (d.h. Bayes’ Gesetz wiedersprechend) auf privat kommunizierte Information. Wie bereits erwähnt, ergab eine Studie von Robert Shiller und John Pound, dass der Großteil individueller Käufer von Aktien durch interpersonale Kommunikation auf die Aktie aufmerksam wurde.532 Information, die durch privates Gespräch übertragen wird, hinterlässt bei Menschen also einen stärkeren Eindruck als auf weniger personalen Kommunikationswegen transportierte Nachrichten.533 Aufgrund der Verfügbarkeitsheuristik entstehen so Informationskaskaden und folglich konforme Verhaltensweisen.534 Soweit man auf das Verhalten der in praxi wichtigsten Spekulanten, nämlich professionellen Fondsmanagern, schaut, kommen weitere Gründe hinzu: Bereits oben wurde gezeigt, dass auch Experten Opfer von Urteilsverzerrungen sind.535 Machen daher professionelle Fonds- oder Portfoliomanager Fehler, gewinnen diese häufig einen systematischen Charakter durch einen empirisch vielfach bestätigten Herdentrieb innerhalb dieser professionellen Anleger (herding, auch parallel trading oder parallel action536).537 Dieses Herdenverhalten kann irrational, begrenzt rational, aber auch vollkommen rational sein.538

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Bikhchandani/Hirshleifer/Welch, 12(3) J. Econ. Persp. 151, 152 (1998). Grundlegend Asch, 70 Psychological Monographs, 9 (Whole No. 416) (1956). Bestätigt wurde der conformity effect etwa in Bond/Smith, 119 Psychol. Bulletin 111 m. w. N. (1996), die darüber hinaus kulturelle Unterschiede für den Konformitätseffekt verantwortlich machen. 532 Shiller/Pound, 12 J. Econ. Behav. & Org. 47, 62 (1989). s. dazu o. § 2 V.3.a)cc)(5). 533 Dazu Kuran/Sunstein, 51 Stan. L. Rev. 683 (1999). 534 s. schon o. § 2 V.3.a)cc)(5). 535 s. etwa o. § 2 V.3.a)bb)(6), § 2 V.3.a)cc)(6)(b). 536 Kraus/Stoll, 7 J. Fin. & Quant. Analysis 2107 (1972). 537 Empirische Nachweie über das Herdenverhalten von institutionellen Anlegern bei Lakonishok/Shleifer/Vishny, 32 J. Fin. Econ. 23 (1992) (schwache Anzeichen für Herdenverhalten); Grinblatt/Titman/Wermers, 85 Am. Econ. Rev. 1088 (1995); Sias/Starks, 46 J. Fin. Econ. 103 (1997); Nofsinger/Sias, 54 J. Fin. 2263 (1999); differenzierte Ergebnisse bei Wermers, 54 J. Fin. 581 (1999). Frühe Nachweise bei Kraus/Stoll, 7 J. Fin. & Quant. Analysis 2107 (1972). 531

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Erklären lässt es sich aus zahlreichen Gesichtspunkten: (1) Gemeinsame Prädispositionen: Fonds- und Portfoliomanagern teilen die gleiche Ausbildung, Erfahrungen, Methoden und so fort. Aufgrund dieser gemeinsamer Prädispositionen erhalten und suchen sie nach derselben Information, interpretieren sie ähnlich und kommen zu denselben Anlageentscheidungen.539 (2) Handelskaskaden: Ein rationaler Grund für Fonds- und Portfoliomanager, mit der Herde zu ziehen, entsteht, wenn das Handelsverhalten der Konkurrenz sichtbar wird – durch Ordervolumen, Gerüchte, interpersonale Kommunikation oder durch Preisbewegungen. Sind diese Signale hinreichend stark, können selbst Fondsmanager in Besitz gegenteiliger Information einen Anreiz haben, diese Information zu ignorieren.540 (3) AgencyProbleme im Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis: Unterstützt wird dies dadurch, dass Fondsmanager von ihren Arbeitgebern aufgrund ihrer kurzfristigen Leistung relativ zum Abschneiden ihrer Kollegen oder des Marktes bewertet werden. Orientieren sich die Fondsmanager an dem Verhalten ihrer Kollegen, riskieren sie daher nicht, „negativ aufzufallen“ – selbst wenn das von ihnen betreute Portfolio schlecht abschneidet.541 (4) Werben um Investoren: Dieselben Gedanken lassen sich auf das Prinzipal-Agenten-Verhältnis zwischen Fondsmanager und Investor übertragen. Auch Investoren bewerten Fonds anhand ihres bisherigen, kurzfristigen Abschneidens relativ zum Markt.542 Fonds haben daher einen Anreiz, sich nicht von den Anlagestrategien der Masse zu entfernen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere nachgewiesen worden, dass sich Fonds gegen Quartals- und Jahresende in so genanntem window dressing engagieren: Um neue Kunden anzuwerben, entfernen sie Verlierer-Aktien der letzten Zeit aus dem Portfolio und kaufen vergangene Gewinner-Aktien.543 (5) Limits of arbitrage: Aufgrund der sogleich zu behandelnden Beschränkungen, denen informierte Händler unterliegen, kann es rational sein, nicht gegen die Herde anzuhandeln, sondern frühzeitig Herdenbewegungen vorwegzunehmen (rational trend-chasing).544 538 Literaturüberblick über das rational herding bei Devenow/Welch, 40 Eur. Econ. Rev. 603 (1996). 539 Froot/Scharfstein/Stein, 47 J. Fin. 1461 (1992); s. auch Kraus/Stoll, 7 J. Fin. & Quant. Analysis 2107, 2108 (1972): „price aggressive“. 540 Grundlegend dazu Bikhchandani/Hirshleifer/Welch, 100 J. Pol. Econ. 992 (1992); s. auch schon Kraus/Stoll, 7 J. Fin. & Quant. Analysis 2107, 2108 u. 2109 (1972): „price responsive“ und „follow the leader“. 541 Scharfstein/Stein, 80 Am. Econ. Rev. 465 (1990). 542 Dazu noch u. § 2 V.3.b)cc)(1). 543 Lakonishok/Shleifer/Thaler/Vishny, 81 Am. Econ. Rev. Papers & Proceedings 227 (1991). s. auch die Angaben o. § 2 III.2.c)dd)(1)(a) zum window dressing und dem Januar-Effekt. 544 Devenow/Welch, 40 Eur. Econ. Rev. 603, 605 (1996).

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Herdenverhalten ist schließlich auch für Intermediäre nachgewiesen worden, die Kleinanleger für ihre Anlageentscheidungen heranziehen: für Sell Side-Analysten545 ebenso wie für die Herausgeber von Investment-Newslettern546. Die These von der Systemhaftigkeit der Urteilsverzerrungen erscheint nach alledem theoretisch hinreichend fundiert und ist empirisch durch die zahlreichen bereits zitierten Studien über Fehlbewertungen am Aktienmarkt abgesichert. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass entgegen klassischer Finanzierungstheorie Urteilsverzerrungen systematisch auftreten und sich gegenseitig gerade nicht ausgleichen können. b) Limits of arbitrage Selbst wenn Anleger systematisch denselben Fehlvorstellungen über Wertpapierpreise unterliegen – traditioneller Kapitalmarkttheorie zufolge müssten sich stets hinreichend viele besser informierte Spekulanten finden, die solche Urteilsverzerrungen gewinnbringend ausnutzen und hierdurch Preise auf ihr informiertes Niveau zurückführen. Dieser Annahme stellt die Behavioral Finance ihr zweites Standbein entgegen: die sog. limits of arbitrage. Die zentrale These lautet: Handel informierter Spekulanten (hier Arbitrage genannt) ist sowohl risikoreich als auch kostenintensiv. Bei systematisch auftretenden Urteilsfehlern und einer hohen Anzahl von noise traders kann informiertes Spekulieren daher unattraktiv sein.547 Die Folge: Wertpapierpreise werden nicht auf ihrem fairen Niveau gehalten. Darüber hinaus gehen Vertreter der Behavioral Finance sogar davon aus, dass informierte Händler es unter Umständen attraktiver finden können, statt gegen noise traders zu wetten, positive feedback trading-Strategien zu verfolgen, d.h. von der informierten Marktseite auf die Seite der stimmungsorientierten technischen Händler (sentiment-oriented technical traders) zu wechseln – eine These, die modelltheoretisch formuliert548 und empirisch verifiziert wurde549. Die Gründe begrenzter Arbitragemöglichkeiten sind zahlreich: 545 Trueman, 7 Rev. Fin. Studies 97 (1994). Zuletzt Clement/Tse, 60 J. Fin. 307 (2005). Zur Terminolgie etwa Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135, 149 (2002). 546 Graham, 54 J. Fin. 237 (1999). 547 Grundlagen findet man schon bei Keynes, The General Theory of Employment, Interest, and Money, 1936, S. 157. Empirische Bestätigungen etwa bei Gemmill/Thomas, 57 J. Fin. 2571 (2002); Mitchell/Pulvino/Stafford, 57 J. Fin. 551 (2002). 548 De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 45 J. Fin. 375 (1990); Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 28 (1990); Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 729 (2003).

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aa) Risiken von Arbitrageuren Arbitrage ist risikoreich. Zum einen sind Arbitrageure dem Risiko ausgesetzt, dass sich die Fundamentalwerte der von ihnen gehaltenen Positionen in eine unvorhergesehene Richtung bewegen (sog. Fundamentalrisiko, fundamental risk).550 Daneben tragen Arbitrageure das sog. noise trader-Risiko (noise trader risk):551 Hierunter versteht man die Gefahr, dass vorhandene Fehlbewertungen nicht eliminiert, sondern weiter verstärkt werden. Schließen informierte Händler in einem frühen Stadium einer ungerechtfertigten Preisbewegung Wetten gegen noise traders ab, können sie daher das Pech haben, dass ihr „Schnäppchen ein Schnäppchen bleibt“.552 Antezipieren Arbitrageure dieses Risiko, engagieren sie sich von vornherein nicht in falsch bewerteten Papieren.553 bb) Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs (short sale constraints) Dass Arbitrageure oftmals keine Wetten gegen noise traders abschließen, kann außerdem daran liegen, dass die Form, in der diese Wetten abgeschlossen werden müssen, zu kostspielig ist. Angesprochen sind hiermit die Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs (short sale constraints). Ausgangspunkt ist folgendes Szenario: Angenommen sei, Aktie X notiere bei 100, werde von 1000 Aktionären gehalten und von weiteren 1000 Spekulanten beobachtet. Wird dieselbe Nachricht von 500 „Bullen“ als Kaufsignal interpretiert und von 500 „Bären“ als Verkaufssignal, ändert sich der Aktienkurs erwartungsgemäß nicht, sofern alle „Bären“ Aktionäre sind.554 Stammen die „Bären“ jedoch ausschließlich aus der Gruppe der Spekulanten, die die Aktie lediglich beobachten, müssen sie einen Umweg machen, um ihre Einschätzung in den Preisbildungsprozess einzubringen: Sie leihen 549 Im Hinblick auf das Verhalten von Hedge-Fonds während der Internet-Blase zuletzt Brunnermeier/Nagel, 59 J. Fin. 2013 (2004). 550 s. etwa De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 98 J. Pol. Econ. 703, 705 (1990); Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 20 (1990); Abreu/Brunnermeier, 66 J. Fin. Econ. 341, 342 (2002). 551 Grundlegend hierzu De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 98 J. Pol. Econ. 703, 705 (1990); danach etwa Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 20 (1990). s. im Übrigen D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1536 (2001); Abreu/Brunnermeier, 66 J. Fin. Econ. 341, 342 (2002). 552 Stout, 28 J. Corp. L. 635, 655 (2003): „bargain stays a bargain“. 553 s. nur Stout, 28 J. Corp. L. 635, 655 (2003). 554 s. das Beispiel bei Stout, 48, Duke L.J. 701, 758 f. (1999).

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sich 500 Aktien, um sie an die Bullen zu verkaufen und nach einem Kursrückgang zurückzukaufen. Eine solche Transaktion unterliegt aber – völlig unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen555 – wirtschaftlichen Beschränkungen, die sie kostspielig und bisweilen undurchführbar machen: Solche Beschränkungen ergeben sich erstens aus der Gebühr, die die Verleiher – typischerweise Banken oder andere institutionelle Anleger – für die Wertpapierleihe berechnen,556 zweitens aus dem jedem short sale inhärenten Risiko, dass sich die Preise im angepeilten Zeitrahmen nicht in die erwartete Richtung bewegen. Hier ist insbesondere zu bedenken, dass risikoaverse Spekulanten vor short sales eher zurückschrecken als vor der Einnahme einer langen Position.557 Der Grund: Während das Verlustrisiko von langen Positionen auf die investierte Summe begrenzt ist, ist das Verlustrisiko eines Leerverkaufs prinzipiell unbegrenzt, denn nach dem Verkauf kann das Wertpapier unbegrenzt in die Höhe steigen. Neben diesen Risiken kann der Leerverkauf drittens unmöglich sein, weil gar nicht genügend Kapital vorhanden ist, um das Wertpapier auszuleihen.558 Bei alledem ist schließlich zu bedenken, dass die o. g. Gebühr für die Wertpapierleihe umso höher ist, je illiquider der Markt559 und je stärker die Differenz in den Bewertungen560. Short sales sind also gerade dann besonders schwer durchzuführen, wenn sie am meisten gebraucht werden.561 Solche short sale-Restriktionen wirken sich asymmetrisch aus, sie führen zu inflationären Preisen: Alle anderen Limitierungen der Arbitrage ignoriert, sind Preise in Märkten mit short sale-Restriktionen zwar effizient in dem Sinne, dass keine Arbitrage-Möglichkeiten bestehen, um Fehlbewertungen auszubeuten.562 Da ein nicht unerheblicher Teil der Marktteilnehmer ihre Ansichten über den tatsächlichen Wert des gehandelten Wertpapiers aber nicht in den Preisbildungsprozess einbringen kann, entsprechen die 555 Zu Rechtsfragen der Wertpapierleihe und Leerverkäufe in Deutschland s. Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, 1992; Dörge, AG 1997, 396; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 574 ff.; Kümpel/Peters, AG 1994, 525. 556 Scheinkman/Xiong, 111 J. Pol. Econ. 1183, 1184 (2003). Empirische Bestätigung durch D’Avolio, 66 J. Fin. Econ. 271 (2002); Geczy/Musto/Reed, 66 J. Fin. Econ. 241 (2002); Jones/Lamont, 66 J. Fin. Econ. 207, 208 (2002). 557 Scheinkman/Xiong, 111 J. Pol. Econ. 1183, 1184 (2003). 558 Scheinkman/Xiong, 111 J. Pol. Econ. 1183, 1184 (2003). 559 Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 728 (2003) m. w. N. 560 Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 728 (2003); D’Avolio, 66 J. Fin. Econ. 271, 272 (2002). 561 D’Avolio, 66 J. Fin. Econ. 271, 302 (2002). 562 Worauf Lamont/Thaler, 111 J. Pol. Econ. 227, 229 f. (2003) hinweisen.

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Preise nicht dem Wert, „auf den sich alle Marktteilnehmer bei verständiger Würdigung einigen würden“, sie widersprechen also ihrem Fundamentalwert.563 Anders gewendet: Unterliegen Leerverkäufe Restriktionen, erhalten optimistische Bewertungen systematisch ein schwereres Gewicht – ein weiterer Grund dafür, dass schlechte Nachrichten nur langsam in Preise eingearbeitet werden („bad news travel slowly“).564 Die Gefahr wird außerdem durch Urteilsverzerrungen verstärkt, die schon oben vorgestellt wurden: Liegen Anleger mit einer Aktie im Minus, können sie aufgrund von loss aversion und endowment effect zum Verkauf oftmals nur durch ein Premium überzeugt werden. Für die Kaufentscheidung gilt das jedoch nicht. Zwar ist bei alledem richtig, dass auch optimistischen Spekulanten der Zugang zum Markt aufgrund von short sale-Restriktionen verwehrt bleiben kann, so insbesondere, wenn der Händler Wertpapier X nur kaufen würde, wenn er gleichzeitig Papier Y „shorten“ könnte, um sich gegen bestimmte Risiken zu versichern.565 Dieser gegenläufige Effekt dürfte die soeben beschriebene Marktzutrittsschranke für pessimistische Trader aber bei weitem nicht kompensieren. cc) Agency-Probleme Begrenzungen der Arbitrage ergeben sich auch aufgrund einschlägiger Agency-Probleme.566 Diese lassen sich danach einteilen, ob man das Verhältnis zwischen Arbitrageur und Investor betrachtet oder die Beziehung zwischen den beim Arbitrageur angestellten Fondsmanagern zu ihrem Arbeitgeber.

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Grundlegend schon Lintner, 4 J. Fin. & Quant. Analysis, 347 (1969); danach etwa E. Miller, 32 J. Fin. 1151, 1154 (1977); Figlewski, 16 J. Fin. & Quant. Analysis, 463, 464 (1981); Macey/Mitchell/Netter, 74 Cornell L. Rev. 799, 813 (1989); Stout, 48 Duke L.J. 701, 759 (1999); Diether/Malloy/Scherbina, 57 J. Fin. 2113, 2114 (2002); Jones/Lamont, 66 J. Fin. Econ. 207, 208 (2002); Lamont/Thaler, 111 J. Pol. Econ. 227, 231 (2003); Ofek/Richardson, 58 J. Fin. 1113, 1116 (2003); Posner, Economic Analysis of Law, 6th Ed. 2003, S. 458. Frühe empitische Bestätigung dieser These bei Figlewski, 16 J. Fin. & Quant. Analysis, 463 (1981). 564 Abreu/Brunnermeier, 66 J. Fin. Econ. 341, 344 (2002); s. auch in anderem Zusammenhang Hong/Lim/Stein, 55 J. Fin. 265 (2000) unter diesem Titel. 565 Hierauf weist Jarrow, 35 J. Fin. 1105, 1106 (1980) hin. 566 Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. 35 (1997); Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 734 (2003).

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(1) Arbitrageur und Investor Viele informierte Spekulanten – insbesondere Fonds – sind als Gesellschaften organisiert. Hierdurch kommt es zu einem Phänomen, das in Anspielung an die berühmte „Trennung von Herrschaft und Eigentum“ griffig als seperation of brains and capital bezeichnet wird.567 Das PrinzipalAgenten-Verhältnis zwischen Geldgebern und institutionellen Anlegern ist von einigen Schwierigkeiten gekennzeichnet, die die Arbitrage erheblich erschweren: Das Grundproblem liegt in der Art und Weise, wie Investoren die Leistung ihrer Agenten bewerten, nämlich (a) aufgrund ihres bisherigen Abschneidens (b) in einem relativ kurzen Zeitraum. Das zuerst genannte Bewertungskriterium ist vollkommen rational. Da die Geldgeber nicht verlässlich zukünftige Gewinnchancen am Kapitalmarkt einschätzen können (könnten sie es, bräuchten sie keine Fonds!),568 bleibt ihnen nichts anderes übrig, als den Blick auf die Vergangenheit zu richten. Dass sie hierbei relativ kurzfristige Zeitabschnitte zugrunde legen, mag teils vernünftige Gründe haben – etwa die Tatsache, dass sie ebenso gut aus dem reichhaltigen Angebot an passiv verwalteten Anlagevehikeln oder Index-Zertifikaten auswählen könnten – teils liegt es an der bereits oben beschriebenen kurzsichtigen Verlustaversion (myopic loss aversion), an der Anleger typischerweise leiden.569 Sammeln Fonds also in Zeitabschnitt 1 eine bestimmte Summe an Kapital ein, das sie in fehlbewertete Papiere investieren, und entfernen sich die Preise in Zeitabschnitt 2 aufgrund von noise noch weiter von den Fundamentalwerten, kann es sein, dass die Anleger ihr Geld aus dem Fonds abziehen, um weitere Verluste zu vermeiden. Arbitrageure sind dann gezwungen, ihre Positionen zu schließen und einen Verlust zu realisieren. Dies ist besonders tragisch, denn aufgrund der Preisbewegung in Zeitabschnitt 2 haben sich sogar noch höhere Profitmöglichkeiten auf lange Sicht ergeben. Die skurrile Konsequenz: Fonds fehlt das Geld gerade dann, wenn (a) sie es am besten gebrauchen könnten und (b) es am besten angelegt wäre.570 Unterstützt wird dieses Agency-Problem durch ein ernsthaftes Kommunikationsproblem. Einerseits müssen die Entscheidungsträger ihre Geldgeber von der Richtigkeit der eingeschlagenen Anlagestrategie überzeugen. Ande567 Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. 35, 36 (1997): „The fundamental feature of such arbitrage is that brains and resources are separated by an ageny relationship“; Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 89. 568 Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. 35, 37 (1997). 569 Dazu o. § 2 V.3.a)bb)(6). 570 Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. 35, 37 (1997).

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rerseits dürfen sie ihnen nicht die Geheimnisse ihrer Anlagestrategie verraten: Würde Information hierüber am Kapitalmarkt bekannt, würden zum einen zukünftige Gewinnmöglichkeiten vernichtet; zum anderen würden sich die Fonds überflüssig machen. Ebenso wie Risikoaversion hält die Angst vor dieser vorzeitigen Flucht des Anlagekapitals Arbitrageure von vornherein davon ab, aggressiv gegen noise traders zu wetten – der Arbitrage sind also Grenzen gesetzt. (2) Fondsmanager und Arbitrageur Arbitrageure beschäftigen ihrerseits Fonds- und Portfoliomanager. Während klassische Finanztheorie voraussetzt, dass die Anreize dieser Agenten weitgehend mit den Interessen ihres Prinzipals übereinstimmen (etwa weil die Entlohnung an die Entwicklung des jeweils betreuten Portfolios gekoppelt ist),571 können diese Manager in der Realität gezwungen sein, exzessive Risiken einzugehen. Hierfür spricht zunächst die Kurzlebigkeit des Gewerbes: Nicht zuletzt weil die Geldgeber der Arbitrageure auf das kruzfristige Abschneiden ihres Investments schauen, werden auch Fondsmanager anhand eines kurzfristigen Zeitrahmens bewertet. Anlagestrategien mit langfristiger Erfolgsperspektive zahlen sich daher nicht notwendigerweise aus. Dies führt in Verbindung mit hohem Konkurrenzdruck zwischen den Fondsmanagern dazu, dass einzelne Manager sich nicht erlauben können, auf kurze Sicht hinter ihren Kollegen zurückzubleiben. Es entsteht daher relativ schnell ein final term problem, sobald ein Fondsmanager hinter seinen Kollegen zurückhängt: Er glaubt, bereits so tief im Ansehen seines Arbeitgebers gesunken zu sein, dass weitere Verluste seine Position nicht wesentlich verschlechtern können. Er setzt „alles auf eine Karte“, um die bisherigen Verluste durch ein risikoreiches Geschäft wieder auszugleichen.572 Gleichzeitig sind den Arbeitgebern Grenzen bei der Kontrolle gesetzt, so dass sie ihre Arbeitnehmer nicht immer von falschen Entscheidungen abhalten können:573 Zum einen stellt sich ein Expertise-Problem: Die Überwachung von Fondsmanagern erfordert die Fähigkeit, schnell über das Risiko einzelner Investments zu entscheiden. Wer diese Fähigkeiten mitbringt, wird jedoch selbst als Händler eingestellt, denn in dieser Position ist er viel wertvoller für die Firma. Auf der anderen Seite müssen Kontrol571 572 573

Vgl. Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 641 m. w. N. (1996). Brown/Harlow/Starks, 51 J. Fin. 85 (1996). Zum Folgenden Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 646 ff. (1996).

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leure mit den Handelsinstrumenten der zu Überwachenden vertraut sein, was angesichts der teilweise hoch komplizierten Instrumente (man denke an den Derivatenhandel) häufig gar nicht möglich ist. Ein strenges Überwachungssystem ist außerdem kontraproduktiv, denn erstens möchten hochqualifizierte Arbeitskräfte nicht in solchen Umfeldern arbeiten,574 zweitens kann zu viel Kontrolle übermäßig abschrecken und das Eingehen gewollter Risiken verhindern. Diese Argumentation ist aus dem Gesellschaftsrecht zur so genannten business judgment rule bestens bekannt.575 Ein ebenso bekanntes Problem von Organisationen ist schließlich das des „inhärenten Vertrauensvertrages“:576 Kontrolleure zögern häufig, tiefer nachzuforschen, sofern das Verhalten des zu Überwachenden den Anschein von Normalität hat. Grund hierfür ist, dass man leicht in eine Rolle als „Unruhestifter“ gedrängt wird, dass tiefere Kontrolle Misstrauen gegenüber dem zu Überwachenden impliziert und daher die Beziehung zu ihm vergiften kann und dass jeder rationale Kontrolleur beim Anschein von Normalität ein hohes Risiko eingeht, am Ende keine Unregelmäßigkeiten herauszufinden. Zur Schaffung eines solchen Anscheins von Normalität sollen aber selbst risikoreicher Trader in der Lage sein.577 In der Konsequenz entwickeln große Fonds somit ein hierarchisches System von Kontrolle, das im Durchschnitt effizient ist, vereinzelte Exzesse jedoch nicht verhindern kann578 – eine weitere Grenze der Arbitrage. dd) Gläubiger-Probleme Schwierigkeiten bekommen informierte Spekulanten nicht nur mit ihren Eigenkapitalgebern und Arbeitnehmern, sondern auch mit ihren institutionellen Fremdkapitalgebern, insbesondere Banken. Diese sehen in den Kreditverträgen grundsätzlich Klauseln vor, wonach die Kreditsumme fällig wird, wenn sich die Finanzsituation des Arbitrageurs in einem bestimmten Maße verschlechtert. Entsprechend den bereits genannten Gedanken können auch sie daher ihr Kapital aus der Gesellschaft abziehen, wenn sich eigentlich die größten Arbitrage-Chancen auftun. Dieses Problem vergrößert sich sogar noch deshalb, weil Fremdkapitalgeber ihre Kenntnisse von der prekären Finanzsituation des Arbitrageurs für „front-running“ ausnut574

s. nur Rose, 75 B.U.L. Rev. 531, 540 (1995). Dazu Fleischer, FS Wiedemann, 2002, 827, 832; s. auch Spindler in MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, § 93 Rn. 24 ff. 576 Dazu Wilensky, Organizational Intelligence: Knowledge and Policy in Government and Industry, 1967, S. 91 f. 577 Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 647 (1996). 578 So das Fazit von Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 646 (1996). 575

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zen können579 und daher einen Anreiz haben, Arbitrageure in finanzielle Not zu versetzen.580 ee) Koordinationsprobleme (synchronization risk) Doch Arbitrageure haben nicht nur Probleme mit ihren Eigen- und Fremdkapitalgebern sowie mit ihren Arbeitnehmern, sondern auch mit den anderen Mitgliedern ihrer Berufsgruppe: Da jeder Arbitrageur mit anderen Arbitrageuren darum konkurriert, die von uninformierten Händlern bereitgestellten Profitmöglichkeiten auszunutzen, sind sie permanent der Gefahr ausgesetzt, als Gruppe übermäßig auf Preisstörungen zu reagieren. Antezipieren alle Arbitrageure solche Überreaktionen, schöpfen sie überhaupt keine Arbitragemöglichkeiten aus. Koordination zwischen Arbitrageuren könnte helfen, ist tatsächlich aber nicht umsetzbar, denn informierte Spekulanten haben Angst davor, ihren Konkurrenten profitable Spekulationsmöglichkeiten zu verraten.581 Im Ergebnis führt dies dazu, dass Arbitrage sequenziell und verspätet stattfindet.582 Antezipieren früh informierte Arbitrageure diesen Verspätungseffekt, versagt die oben IV.1.b)bb) dargestellte Technik der backwards induction, und Händler können keine an der langfristigen Wertentwicklung orientierte Anlagestrategie verfolgen.583

ff) Transaktionskosten und begrenzte Rationalität von informierten Händlern Selbstverständlich ist auch Arbitrage mit Transaktionskosten verbunden. Zu Buche schlagen neben Kommissionen und der Geld-Brief-Spanne (bid/ ask-spread) bei unverzögertem Handel vor allem zahlreiche Such- und Informationskosten.584 Aus diesen Gründen sind auch professionelle Spekulanten nur begrenzt rational, benutzen also Daumenregeln, Erfahrung, „In579

Zum front-running o. § 2 III.2.c)dd)(1). Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 105. 581 Bei näherer Betrachtung dürfte es sich hier um eine Variation des bekannten „Gefangenen-Dilemmas“ aus der Spieltheorie handeln: Jeder informierte Arbitrageur geht davon aus, dass sein Handel allein nicht den Preis beeinflussen kann. Zwar könnten alle Arbitrageure zusammen die Preise in die richtige Richtung bewegen. Fehlende Kommunikation macht dies jedoch unmöglich. 582 Abreu/Brunnermeier, 66 J. Fin. Econ. 341 (2002). 583 Abreu/Brunnermeier, 66 J. Fin. Econ. 341, 344 (2002); ebenso im Ergebnis Dow/Gorton, 49 J. Fin. 819, 821 f. (1994). 584 Allen, 28 J. Corp. L. 551, 556 (2003); Gilson/Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 734 (2003); Stout, 28 J. Corp. L. 635, 656 (2003). 580

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§ 2 Ökonomischer Hintergrund der Spekulation

stinkt“ und so weiter, wenn sie Aktien bewerten.585 Einprägsam sind insoweit die Worte David Hirshleifers: „Even at the Olympics no one runs at the speed of light; some cognitive tasks are just too hard for any of us“586. gg) Noise trader-Profitmöglichkeiten Spiegelbildlich zu den bereits aufgezeigten Grenzen informierten Spekulierens haben entgegen den Annahmen klassischer Kapitalmarkttheorie auch noise traders die Möglichkeit, über längere Zeit profitabel auf dem Markt zu handeln: Übermäßig selbstbewusste Anleger, die Risiken systematisch unterschätzen, können höhere Renditen erzielen, weil sie risikoreichere Positionen einnehmen.587 Aufgrund ihres aggressiven Handels können sie Liquiditätsanbieter profitabler ausbeuten als informierte Spekulanten,588 und sie können informierte Händler einschüchtern und vom Markt verdrängen589. Kurz: Genau so wie informierter Handel verlustreich sein kann, ist noise trading unter Umständen profitabel. 4. Zusammenfassung, weitere Implikationen für die Abgrenzung von „guter“ und „schlechter“ Spekulation und Ausblick Die Suche nach der Abgrenzung von „guter“, also volkswirtschaftlich wünschenswerter, und „schlechter“, gesamtökonomisch schädlicher, Spekulation führte zu der Einsicht, dass Massenspekulation keineswegs uneingeschränkt zu begrüßen, sondern volkswirtschaftlich mit skeptischem Auge zu betrachten sei.590 Folgende entscheidende Fragen wurden für die weitere Untersuchung festgehalten: Wirken sich Bewertungsfehler uninformierter noise traders auf Wertpapier aus? Und funktioniert die marktmäßige Auslese von Spekulanten? Die erste Frage beantwortet die Behavioral Finance überzeugend mit „Ja“ (Psychologie), die zweite Frage ebenso plausibel mit „Nein“ (limits of arbitrage). 585 Ausführliche Studie bei Stephan/Kiell, Decision Processes in Professional Investors: Why Incentives and Expertise do not Alleviate Judgmental Biases, Working Paper, 2004. 586 D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1536 (2001). 587 De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 98 J. Pol. Econ. 703, 713 ff. (1990); De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, 64 J Bus 1, 2, 6 ff. (1990); Shleifer/Summers, 4(2) J. Econ. Persp. 19, 24 f. (1990). 588 Benos, 1 J. Fin. Markets 353, 356 (1998); Hirshleifer/Luo, 4 J. Fin. Markets 73 (2001). 589 Kyle/Wang, 52 J. Fin. 2073 (1997). 590 s. o. § 2 IV.3.

V. Behavioral Finance

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Ließ die Arbeit Jack Hirshleifers über den sozialen Wert von Spekulation und die durch Spekulation verursachten sozialen Kosten Skepsis gegenüber massenhafter Spekulation entstehen, wurde diese Skepsis durch die Einsichten der Behavioral Finance weiter gefestigt: Sechste Leitlinie Um „schlechte“ Spekulation handelt es sich, wenn Teilnehmer massenhafter Spekulation systematisch Urteilsverzerrungen unterliegen. Was folgt aus dieser Einsicht für den Fortgang der Arbeit? Aus der Erkenntnis, dass der Markt in den soeben genannten Fällen nicht (immer) für die Auslese „guter“ und „schlechter“ Spekulation sorgen kann, folgt zunächst ein grundsätzlicher Regelungsauftrag an den Gesetzgeber. Wie das deutsche Kapitalmarktrecht – de lege ferenda und de lege lata – diesem Regelungsauftrag gerecht werden kann, soll sogleich für den Bereich der Prospekt- und Ad-hoc-Publizität untersucht werden (s. u. § 3, § 4). Daneben darf man jedoch nicht verkennen, dass auch Behavioral Finance kein Pauschalurteil gegen Spekulation impliziert: Zwar existieren zahlreiche Studien über Anomalien, über Fehlbewertungen und Fehlallokationen – dies ändert jedoch weder etwas an den oben IV.1. herausgearbeiteten grundsätzlichen Funktionen der Spekulation noch an der Tatsache, dass Märkte in zahlreichen (nicht publizierten) Fällen diese Funktion tatsächlich erfüllen. Hieraus folgt: Erstens lässt sich Spekulation weder nach der Art des Geschäfts591 noch nach den am Geschäft Beteiligten592 pauschal in gute und schlechte Spekulation einteilen. Zweitens ist es von den Rahmenbedingungen abhängig, ob und inwieweit Kapitalmarktspekulation einen volkswirtschaftlichen „Segen“ oder „Fluch“ darstellt: Inwieweit werden Kapitalanleger mit Information versorgt, die sie leicht missverstehen können? Inwieweit ermutigt Kapitalmarktinformation exzessive Spekulation? Wie sind die Bedingungen dafür, dass uninformierte Anleger aus ihren Fehlern lernen? Wie hoch sind die Begrenzungen, denen Arbitrageure unterliegen, um erfolgreich Wetten gegen noise traders abzuschließen? Dies sind die entscheidenden Fragen, die bei der Regulierung des Kapitalmarktrechts bedacht werden müssen. Der unschätzbare Wert der Behavioral Finance besteht darin, diese Fragen aufgeworfen zu haben und zahlreiche Ansätze anzubieten, um sie zu beantworten.

591 592

Außer Taktiken parasitärer Händler, dazu o. § 2 III.2.c)dd). So aber Choi, 88 Cal. L. Rev. 279 (2000).

§ 3 Behavioral Decision Theory und Jurisprudenz: Behavioral Law & Economics Die ökonomische Analyse der Spekulation schloss mit der Einsicht, dass die Ergebnisse der Behavioral Finance in die Gestaltung und Auslegung des deutschen Kapitalmarktrechts einfließen sollten. Dies schafft größere Probleme als auf den ersten Blick erkennbar. Denn während klassische Rational Choice Theory zumeist eindeutige Vorhersagen über das Verhalten von Agenten trifft, scheint Behavioral Decision Theory weitaus komplexer. Wie kann man entscheiden, welchen Urteilsverzerrungen Spekulanten unterliegen? Oben wurde die allgemeine Neigung von Menschen vorgestellt, niedrige Wahrscheinlichkeiten überzugewichten; conservatism, representativeness und availability bias könnten hingegen dafür sprechen, unwahrscheinliche Ereignisse bei der Entscheidungsfindung völlig auszublenden. Kann man hier keine eindeutigen Vorhersagen machen, darf Behavioral Economics dann überhaupt für die rechtliche Analyse verwertet werden? Steht dem nicht insbesondere entgegen, dass Gesetze – wie schon erwähnt – auf Subsumtionsfähigkeit zugeschnitten sein müssen und Verallgemeinerungen daher unausweichlich sind? Gerade das deutsche Zivilrecht geht außerdem davon aus, dass individuelle Fehler einem allgemeinen Verkehrsmaßstab weichen müssen, um den Rechtsverkehr sicher, vorhersehbar und effizient zu gestalten. Deshalb werden etwa empfangsbedürftige Willenserklärungen vom objektiven Empfängerhorizont ausgelegt (§§ 133, 157 BGB, arg ex §§ 116, 119 ff. BGB), die Fahrlässigkeit i. S. d. § 276 Abs. 1 BGB wird objektiv bestimmt. Warum sollte also gerade das Kapitalmarktrecht Rücksicht auf den „individuellen Schlendrian“ nehmen? Die Frage nach der Verwertbarkeit von Behavioral Economics für die juristische Analyse ist die Frage nach den Chancen und Grenzen von Behavioral Law & Economics. Sie soll zunächst beleuchtet werden. Vorbereitet wird hierdurch die rechtliche Einzelanalyse (dazu u. § 4).

I. Einleitung

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I. Einleitung Die wachsende Popularität von Behavioral Economics und insbesondere Behavioral Finance ist – vor allem in den Vereinigten Staaten – auch Rechtswissenschaftlern nicht verborgen geblieben. Ebenso wie Vertreter der Behavioral Economics die Prämissen klassischer ökonomischer Theorie hinterfragen, benutzen Juristen die Einsichten Daniel Kahnemans, Amos Tverskys und anderer, um klassische ökonomische Analyse des Rechts anzuzweifeln, zu widerlegen und zu verfeinern. Die hieraus gewachsene rechtsmethodische Bewegung wird Behavioral Law & Economics oder Law & Behavioral Science1 genannt.2 Ihr Hauptvertreter, der Chicagoer Rechtswissenschaftler Cass Sunstein3, ist davon überzeugt, dass die Arbeiten von Kahneman, Tversky und Thaler Jura-Studenten der nächsten Generation ebenso vertraut sein werden wie die Transaktionskostenökonomen (also insbesondere Coase und Williamson) den vergangenen Generationen von (US-)Studenten.4 Gerade für das Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht werden große Hoffnungen in das noch junge Gebiet ökonomischer Theorie gesetzt.5 Ob Begriffe wie anchoring, framing, hindsight bias, loss aversion oder certainty effect jemals ebenso zum Repertoire eines deutschen Juristen gehören werden wie error in persona oder aberratio ictus erscheint freilich 1

So Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1057 (2000). Zu weit ist sicherlich der Begriff „Law and Psychology“, so aber Guthrie, 97 Nw. U. L. Rev. 1115, 1116 (2003); vgl. hierzu etwa den Überblick bei Blumenthal, 12 S. Cal. Interdisc. L.J. 1 (2002). 2 Pionierarbeit hierzu unter dem Titel „Experimental Law and Economics“ bei Hoffman/Spitzer, 85 Colum. L. Rev. 991 (1985) sowie bei Edwards/von Winterfeldt, 59 S. Cal. L. Rev. 225 (1986). s. auch schon Ulen, 12 Hamline L. Rev. 385 (1989); Ellickson, 65 Chi-Kent L. Rev. 23 (1989); Noll/Krier, 19 J. Legal Stud. 747 (1990). Früh schon kritisch Romano, 59 S. Cal. L. Rev. 313 (1986). Überblick über die Behavioral Law & Economics-Literatur bei Langevoort, 51 Vand. L. Rev. 1499 (1998); Sunstein, 1 Am. L. & Econ. Rev. 115 (2000); Sammlungen wichtiger Aufsätze bei Sunstein (ed.), Behavioral Law and Economics, 2000; Parisi/Smith (eds.), The Law and Economics of Irrational Behavior, 2005. 3 Seine wichtigsten Arbeiten zu Behavioral Law & Economics umfassen Sunstein, 64 U. Chi. L. Rev. 1175 (1997); Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471 (1998); Sunstein, 112 Yale L.J. 61 (2002); Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159 (2003). Anwendung der Einsichten kognitiver Psychologie auf Moral- und Rechtstheorie bei Sunstein, 88 Minn. L. Rev. 1556 (2004). 4 Sunstein, Transscript of Section of Law And Economics, Ass’n of American Law Schools Annnual Meeting (Jan. 1997), zitiert nach Thompson, 75 Wash. U. L.Q. 779, 780 Fn. 7. 5 Bainbridge, 68 U. Cin. L. Rev. 1023, 1058 (2000): „probably the most exciting intellectual development of the last decade“.

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§ 3 Behavioral Decision Theory und Jurisprudenz

zweifelhaft. Die Popularität von Behavioral Economics unter Juristen lebt in den Vereinigten Staaten vor allem von der Popularität der ökonomischen Analyse des Rechts im allgemeinen.6 Fehlende Akzeptanz dieser Interpretationsweise in Deutschland wird daher auch ihrer Fortentwicklung durch die Behavioral Decision Theory das Leben schwer machen – auch wenn der deutschen Jurisprudenz insoweit Nachholbedarf attestiert wird7. Andererseits bieten die vermutlich differenzierteren und näher an der Realität entwickelten Bilder, die Behavioral Economics vom Verhalten des Menschen entwirft, auch eine Chance: Traditionell werfen nicht nur deutsche Juristen den Vertretern der ökonomischen Rechtsanalyse vor, sie verwendeten ein realitätsfernes Menschenbild.8 Stärker ausdifferenzierte Annahmen über menschliches Verhalten, gestützt auf gesicherte empirische Studien, könnten daher auch diese Kritiker davon überzeugen, rechtsökonomische Argumente in ihren Überlegungen zu berücksichtigen.9 Darüber hinaus bietet Behavioral Decision Theory wertvolle Instrumente, um empirische Daten zu analysieren und auf menschliches Verhalten zurückzuführen.10 Schließlich schafft sie eine einheitliche Terminologie und somit eine Plattform für interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Juristen, Ökonomen, Psychologen und (anderen) Sozialwissenschaftlern.11 Auch hier scheint die deutsche Jurisprudenz Nachholbedarf zu haben.12

6 Kelman, 50 Stan. L. Rev. 1577, 1586 (1998). Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1765 f. (1998) argumentiert überzeugend, dass schon eine zentrale Einsicht des Coase-Theorems [Coase, 3 J.L. & Econ. 1 (1960)], nämlich in der rechtlichen Analyse das Auge nicht auf das vom Recht verlangte, sondern das vom Recht provozierte tatsächliche Verhalten der Parteien zu richten, im Kern Behavioral Law & Economics bedeutete. 7 Fleischer FS Immenga, 2004, 575, 586. 8 Stellvertretend Fezer, JZ 1986, 817, 822; Fezer, JZ 1988, 223, 224. Zur Auseinandersetzung s. etwa Kirchner, Ökonomische Theorie des Rechts, 1997; Ott/ Schäfer, JZ 1988, 213; Kirchgässner, JZ 1991, 104; monographisch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 2004. 9 Vgl. Eidenmüller, JZ 2005, 216, 221: „Die notwendige Metamorphose des homo oeconomicus macht ihn menschlicher“; Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135, 138, 153 (2002); Wagner in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, Vor § 823 Rn. 54. Eidenmüller a. a. O., S. 224 meint darüber hinaus, die Akzeptanz ökonomischer Analyse unter Juristen würde auch deshalb steigen, weil Behavioral Law & Economics den ökonomischen Effizienzkalkül „rechtsnäher“ mache. 10 Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1487 (1998). 11 Sunstein, 97 Nw. U. L. Rev. 1295 (2003). Diese Möglichkeiten reichen bis hin zu Evolutionstheoretikern, s. Jones, 53 Fla. L. Rev. 831 (2001); Ulen, 53 Fla. L. Rev. 931 (2001) sowie den Hinweis von Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1593, 1599 (1998). 12 s. auch Engel, 67 RabelsZ (2003), 406, 410.

II. Allgemeine Diskussion von Behavioral Law & Economics

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Angesichts dieser Aussichten lohnt es sich, die Behavioral Decision Theory auf ihre juristische Verwertbarkeit zu untersuchen.

II. Allgemeine Diskussion von Behavioral Law & Economics Nicht überraschend hat Behavioral Law & Economics in den USA zum einen Befürworter13, zum anderen Kritiker14. In Deutschland ist die Debatte bisher kaum wahrgenommen worden,15 teilweise werden Forschungsergebnisse missverstanden.16 Wie bereits einleitend erwähnt, erschöpft sich die 13

Etwa Cunningham, 59 Wash. & Lee L. Rev. 767, 788 (2002); Guthrie/Rachlinski/Wistrich, 86 Cornell L. Rev. 777, 828 f. (2001); Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051 (2000); Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627 (1996); Langevoort, 51 Vand. L. Rev. 1499 (1998); Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135 (2002); Prentice, 56 Vand. L. Rev. 1663 (2003); Rachlinski, 85 Cornell L. Rev. 739 (2000); Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165 (2003); Sunstein, 64 U. Chi. L. Rev. 1175 (1997); Jolls/ Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471 (1998); Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159 (2003); Ulen, 51 Vand. L. Rev. 1747 (1998). Die Verwertbarkeit nur bestimmter Fehleinschätzungen für die rechtliche Analyse bejahend Issacharoff, 51 Vand. L. Rev. 1729, 1734 (1998). 14 Mitchell, 43 Wm. & Mary L. Rev. 1907 (2002); Mitchell, 91 Geo. L.J. 67 (2002); Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551 (1998). Zu Vorsicht drängend Rostain, 34 Law & Soc’y Rev. 973 (2000). Mit generell antitheoretischer Haltung auf Grenzen hinweisend Scott, 86 Va. L. Rev. 1603, 1640 ff. (2000); ähnlich Kelman, 50 Stan. L. Rev. 1577 (1998). Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1787 f. (1998) lehnt Behavioral Law & Economics als Alternative zur herkömmlichen ökonomischen Analyse ab, räumt aber ein, dass sie herkömmliche Rechtsökonomie in Teilbereichen ergänzen kann. 15 s. allerdings Eidenmüller, JZ 2005, 216; Engel, 23 Behav. & Brain Sci. 747 (2000); Engel in Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, 2002, S. 305; Engel, 67 RabelsZ (2003), 406; Engel, 67 RabelsZ (2003), 781; Engel, Social Dilemmas, Revisited from a Heuristics Perspective (March 2004). MPI Collective Goods Preprint No. 2004/4; herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=539442; Engel, JZ 2005, 581; Englerth, Behavioral Law and Economics – eine kritische Einführung, Preprints of the Max Planck Institute for Research on Collective Goods, Bonn, 2004/1l, 2004; herunterladbar unter http://www.mpp-rdg.mpg.de/pdf_dat/2004_11online.pdf; Fleischer FS Immenga, 2004, 575; Kirchner, Ökonomische Theorie des Rechts, 1997, S. 14 ff.; Rittner, JZ 2005, 668 (mit Schlusswort von Eidenmüller). Übersicht über die wichtigsten Urteilsfehler bei van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S. 88 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 66 ff.; knapp Faber, Ökonomische Analyse der ärztlichen Aufklärungspflichten, 2005, S. 83 ff.; Janson, Ökonomische Theorie im Recht, 2004, S. 43–46; Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 168–177; Sauer, ZBB 2005, 24, 26; Wagner in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, Vor § 823 Rn. 54. Zu endowment effect, loss aversion und status quo bias bereits Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 125 ff. 16 s. Keßler in Keßler/Micklitz, Anlegerschutz in Deutschland, Schweiz, Großbritannien, USA und der Europäischen Gemeinschaft, 2004, S. 11, 48, der meint, aus

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§ 3 Behavioral Decision Theory und Jurisprudenz

Verwertung der Erkenntnisse von Behavioral Finance im Gutachten von Holger Fleischer für den 64. Deutschen Juristentag im Ruf nach Aufklärung über die Wirkungsweise der Kapitalmärkte,17 in einem späteren Festschriftbeitrag möchte Fleischer den rechtsökonomischen Apparat allerdings durch behutsame Integration empirisch erhärteter Verhaltensmuster allmählich verfeinern.18 Mit derselben Tendenz diskutiert Horst Eidenmüller Anwendungsbeispiele von Behavioral Law & Economics im Schuldrecht.19 Anne van Aaken möchte die Erkenntnisse der Behavioral Economics aus Angst vor Paternalismus nur „ex post“ auf Rechtsprechungsebene anwenden, nicht aber schon „ex ante“ auf Gesetzgebungsebene.20 1. Argumente pro und contra Behavioral Law & Economics Der Streit um Behavioral Law & Economics wird auf drei Feldern ausgetragen, der Psychologie, der Wirtschaftswissenschaften und der Jurisprudenz. In psychologischer Hinsicht21 kritisieren Gegner von Behavioral Law & Economics vor allem die Versuchsanordnung und die Aufgabenbeschreibung in den Experimenten22 und bezweifeln generell die Übertragbarkeit dem Dispositionseffekt folge die Neigung von Anlegern zu Panikverkäufen, wenn ihre Aktien in die Verlustzone gerieten, und zum irrational langen Festhalten, so lange die Aktien trotz fallender Kurse in der Gewinnzone blieben. Tatsächlich verhält es sich genau entgegengesetzt: Aufgrund ihrer Verlustaversion zögern Aktionäre, Verluste zu realisieren, und streichen Gewinne zu schnell ein (s. o. § 2 V.3.a)bb)(6)). 17 Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 30 f.; zust. Keßler in Keßler/ Micklitz, Anlegerschutz in Deutschland, Schweiz, Großbritannien, USA und der Europäischen Gemeinschaft, 2004, S. 11, 48; Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 176 f. 18 Fleischer FS Immenga, 2004, 575, 586 f. 19 Eidenmüller, JZ 2005, 216, 221 ff. 20 van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S. 108. Englerth, Behavioral Law and Economics – eine kritische Einführung, Preprints of the Max Planck Institute for Research on Collective Goods, Bonn, 2004/1l, 2004, S. 69; herunterladbar unter http://www.mpp-rdg.mpg.de/pdf_dat/2004_11online.pdf, sieht in Behavioral Law & Economics zwar eine Steuerungs-, aber noch keine Rechtfertigungstheorie. 21 Guter Überblick aus genuin psychologischer Sicht bei Plous, The Psychology of Judgment and Decision Making, 1993, S. 257 ff. 22 s. insbesondere die Werke des Hauptkritikers Gigerenzer: Als Auswahl Gigerenzer/Todd, Simple Heuristics That Make Us Smart, 1999; Gigerenzer/Hoffrage, 102 Psychol. Rev. 684 (1995); Gigerenzer/Goldstein, 103 Psychol. Rev. 650 (1996); Gigerenzer, 2 Eur. Rev. Soc. Psychol. 83 (1991) und die Nachweise bei Scott, 86 Va. L. Rev. 1603, 1642 Fn. 87 (2000). Daneben etwa Mitchell, 43 Wm. & Mary L. Rev. 1907, 1971 ff. (2002).

II. Allgemeine Diskussion von Behavioral Law & Economics

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experimenteller Ergebnisse auf Situationen des Alltags bzw. „wahren Lebens“.23 So könnten Menschen in der Realität lernen, während einschlägige Experimente vielfach auf einmaligen Situationen aufbauten.24 Darüber hinaus widersprächen sich viele kognitive Fehler, so dass unklar sei, von welcher Anomalie der Rechtsanwender ausgehen solle.25 Schließlich existiere keine einheitliche Theorie über den Ursprung der biases;26 insbesondere seien viele kognitive Verzerrungen situationsabhängig und insoweit noch nicht hinreichend untersucht27. Der Anspruch von Vertretern der Behavioral Law & Economics, realitätsnähere Verhaltensmodelle präsentieren zu können, sei daher „im besten Falle empirisch zweifelhaft und unvollständig, im schlimmsten Falle empirisch falsch und in die Irre führend“28. Provozierend wirft ein Gegner der Behavioral Decision Theory ihren Verfechtern vor, indem sie die Bedeutung ihrer Disziplin überschätzten, unterlägen sie selbst einer Urteilsverzerrung, nämlich dem so genannten fundamental attribution error, wonach Menschen die fundamentalen Charakteristika von Agenten häufig überschätzten, den Zusammenhang, in dem menschliches Handeln geschehe, jedoch unterbewerteten.29 Auf dem wirtschaftswissenschaftlichen „Schlachtfeld“ stößt man zunächst auf zahlreiche finanzierungstheoretische Argumente gegen den ökonomischen Wert speziell von Behavioral Finance: Zum einen wird ihren Vertretern vorgeworfen, sie hätten weder eine einheitliche Theorie über Voraussetzungen und Reichweite der kognitiven Verzerrungen noch eine einheitliche Theorie über die Wirkungsweise der biases und heuristics auf dem Kapitalmarkt. Eine „Inefficient“30 oder „Deficient Capital Market Hypothesis“31 23 Mitchell, 43 Wm. & Mary L. Rev. 1907, 1979 (2002); Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 114 ff. (2002); Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1570 (1998). 24 Mitchell, 43 Wm. & Mary L. Rev. 1907, 1977 (2002). s. auch Kelman, 50 Stan. L. Rev. 1577, 1583 (1998). 25 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1777 (1998); Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 16 (2004); Hanson/Kysar,112 Harv. L. Rev. 1422, 1427 (1999); hierzu auch Gigerenzer/Todd in Gigerenzer/Todd (eds.), Simple Heuristics That Make Us Smart, 1999, S. 3, 28. 26 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1768 (1998); Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 58 f. (2004); Hillman, 85 Cornell L. Rev. 717, 731 (2000). 27 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1777 (1998); Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 105 f. (2002). 28 Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 123 f. (2002): „(. . .) their claims to greater realism in their behavioral models and more accuracy in their behavioral predictions will be empirically dubious and incomplete at best and empirically false and misleading at worst“. 29 Scott, 86 Va. L. Rev. 1603, 1643 f. (2000). 30 Dazu Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135, 140 (2002). 31 Dazu D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533 (2001).

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§ 3 Behavioral Decision Theory und Jurisprudenz

existiere gerade nicht.32 Darüber hinaus seien die zu beobachtenden Anomalien – insbesondere Überreaktionen einerseits, Unterreaktionen andererseits – zufällige Abweichungen von der ECMH, die sich auf lange Sicht ausgleichen und die Effizienzhypothese daher nur bestätigen würden.33 Auch wisse man noch zu wenig über Verhaltensanomalien. Es sei daher gut denkbar, dass sie sich als empirische Hirngespinste entpuppten oder unter einen weiteren Begriff von Rationalität gefasst werden könnten.34 Im übrigen seien viele der psychologischen Innovationen bereits in traditionellen Modellen enthalten.35 Auch dass professionelle Investmentmanager passive Fonds im Durchschnitt nicht schlagen könnten,36 wird als – angeblich unüberwindbares – Argument für die ECMH und gegen die Verfechter der Behavioral Finance angeführt.37 Wie Barberis und Thaler gezeigt haben, kann dieses Argument jedoch nicht überzeugen. Die Unmöglichkeit, den Markt auf lange Sicht zu schlagen, zeigt für sich genommen nur, dass informierte Anleger aus Marktanomalien keinen überdurchschnittlichen Profit erzielen können – es bedeutet aber nicht, dass Preise zu jeder Zeit den Fundamentalwert des jeweiligen Instruments zutreffend widerspiegeln.38 Allein aus der Tatsache, dass 32 Vgl. neuerdings aber etwa die „Adaptive Market Hypothesis“ von Lo, Reconciling Efficient Markets with Behavioral Finance: The Adaptive Markets Hypothesis, Journal of Investment Consulting (im Erscheinen); herunterladbar unter http:// ssrn.com/abstract=728864, die Elemente herkömmlicher Theorie mit Behavioral Finance vereinigt. 33 Fama, 49 J. Fin. Econ. 283 (1998). Zum Argument, dass sich Verhaltensanomalien auf Makroebene grundsätzlich ausgleichen, als allgemeiner Grund gegen Behavioral Law & Economics s. etwa Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 70 f. 34 Rubinstein, 57(3) Fin. Analysts J. 15, 16 (2001); ebenso Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1555 et passim (1998); s. auch Kelman, 97 Nw. U. L. Rev. 1347, 1363 (2003): „The first response is that critics of rational choice theory frequently believe subjects behave irrationally only because they do not understand their true, complex goals (. . .). The second response, closely related to the first, is that critics believe that a principal’s ends are context-dependent in situations in which the context does not really alter their ends, but in which the context simply alters the effective price of meeting a given end“. Hierzu kürzlich, allerdings ohne Bezug zur juristischen Diskussion, auch V. Smith, 34 J. Socio-Econ. 135 (2005). 35 Rubinstein, 57(3) Fin. Analysts J. 15, 22 (2001). Ebenso hinsichtlich traditioneller ökonomischer Analyse des Rechts Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1552 (1998). 36 Auch wenn hierüber viele Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen existieren, herrscht über die höchstens durchschnittliche Profitabilität aktiver Anlagestrategien laut Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 394 (2004) „almost a consensus“. 37 Deutlich Rubinstein, 57(3) Fin. Analysts J. 15, 21 (2001): „In fact, just to pile on the metaphors, the behavioralists have nothing in their arsenal to match it; it is a nuclear bomb against their puny sticks“.

II. Allgemeine Diskussion von Behavioral Law & Economics

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Arbitrageure nicht überdurchschnittlich erfolgreich gegen noise traders wetten können, lässt sich mit anderen Worten nicht gleichzeitig schließen, dass nur wenig irrationale Spekulanten vorhanden sind. Ganz im Gegenteil: Es könnte auch bedeuteten, dass sich zu viele noise traders auf dem Markt befinden. Dass dem Handel informierter Spekulanten Grenzen gesetzt sind, gehört als limits of arbitrage gerade zum Rückgrat von Behavioral Finance. Andererseits – und insofern nicht mehr finanzierungsspezifisch – führen Gegner von Behavioral Law & Economics an, Parteien, die Wahrscheinlichkeiten nicht einschätzen könnten, würden dies entweder lernen,39 würden vom Markt diszipliniert bzw. den Markt verlassen,40 schalteten Intermediäre ein, die weniger anfällig für Fehleinschätzungen seien,41 oder würden andere Strukturen finden, in denen sie Fehler vermeiden könnten (insbesondere Gesellschaften gründen)42. Dies gelte gerade für Anleger, die sich nicht als solche betätigen würden, könnten sie keine Wahrscheinlichkeiten einschätzen.43 Ihnen stehe darüber hinaus ein ganzer Apparat an Finanzintermediären und Anlageberatern zur Verfügung, die aus den kognitiven Mängeln zahlreicher Spekulanten ein Geschäft gemacht hätten.44 Davon abgesehen sei Behavioral Decision Theory antitheoretisch:45 Anstelle selbst eine „positive“ Theorie menschlichen Verhaltens zu formulieren, beschränke sich Behavioral Economics darauf, traditionelle Rational Choice Theory anzuzweifeln. Generell werde in der ökonomischen Theorienbildung deskriptive Genauigkeit mit einem Verlust an Vorhersagekraft erkauft. Behavioral Law & Economics könne daher zwar Verhalten ex post gut erklä38

Barberis/Thaler in Constantinides/Harris/Stulz (eds.), Handbook of the Economics of Finance, 2003, Vol. 1B, S. 1053, 1057 f.; zust. Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 394 (2004). 39 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1768, 1777 (1998); Kelman, 97 Nw. U. L. Rev. 1347, 1364 (2003); Mitchell, 91 Geo. L.J. 67, 87 ff. (2002). 40 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1777 (1998); Kelman, 97 Nw. U. L. Rev. 1347, 1364 (2003); Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1570 (1998); Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 70; s. auch Kelman, 50 Stan. L. Rev. 1577, 1583 (1998); Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1070 (2000). 41 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1768, 1784 (1998); Kelman, 97 Nw. U. L. Rev. 1347, 1364 (2003); s. auch Kelman, 50 Stan. L. Rev. 1577, 1583 (1998); Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165, 1168 (2003). 42 Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1777 (1998); Heath/Larrick/Klayman, 20 Res. Org. Behav. 1 (1998). 43 Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 17 (2004). 44 Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 17 (2004). 45 Kelman, 50 Stan. L. Rev. 1577, 1586 (1998); Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1553, 1558 (1998); ähnlich Farber, 68 U. Chi. L. Rev. 279, 296 (2001).

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ren, aber nicht vorhersagen, wie sich Menschen in Zukunft verhielten.46 Über den Menschen im Spiegel von Behavioral Economics gäbe es daher nur eine Vorhersage: „He might do anything“47. Auch wenn klassische ökonomische Theorie abstrahiere, vereinfache und daher zahlreiche widerlegbare Ergebnisse produziere, sei diese Falsifizierbarkeit gerade Attribut jeder brauchbaren Theorie.48 Schließlich sei nicht einzusehen, warum Gesetze mit Rücksicht auf kognitive Fehlvorstellungen der Bürger erlassen werden sollten, wenn der Gesetzgeber oder andere Regulierungsstellen ebenso Urteilsverzerrungen unterlägen.49 Diese Argumente können allerdings nur bedingt überzeugen. Angefangen mit dem Vorwurf, Behavioral Economics sei antitheoretisch, verweisen Behavioral Decision Theorists vor allem auf die von Kahneman und Tversky entwickelte Prospect Theory,50 die viele der oben genannten Verzerrungen in einer einheitlichen Theorie zusammenfasst. Darüber hinaus wurden oben Modelle vorgestellt, die Über- und Unterreaktionen von Finanzmärkten ebenso eindeutig vorhersagen können wie Rational Choice-Modelle.51 Daneben lässt sich nicht leugnen, dass Behavioral Economics noch in den Kinderschuhen steckt und insbesondere im theoretischen Bereich noch viel Nachholbedarf besteht.52 Dass dem Menschen mehrere Verhaltensweisen offen stehen, ist allerdings nicht nur Merkmal jeder auf die cognitive heuristics literature aufbauenden Entscheidungstheorie, sondern gilt auch für klassische Modelle.53 Schließlich erscheinen aber zwei Punkte entscheidend: Zum einen hat Behavioral Economics von vornherein nicht den Anspruch, Rational Choice Theory und traditionelle ökonomische Analyse zu ersetzen; sie leistet vor allem den Dienst, überkommene Denkmuster zu ergänzen und zu verfeinern.54 Zum anderen ist theoretische Konsistenz für Ökonomen 46 Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1559 (1998); s. auch Arlen, 51 Vand. L. Rev. 1765, 1768 (1998); Lee, Alternatives to Cognition, 1998, S. 16. 47 Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1559 (1998). 48 Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1560 (1998) in Anlehnung an Karl Popper. 49 Etwa Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 71. 50 Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1593, 1597 (1998); s. auch den Hinweis von Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 375 (2004). Zur Prospect Theory s. o. § 2 V.3.a)bb). 51 s. o. § 2 V.3.a)cc)(6)(a). 52 Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1593, 1597 (1998). 53 Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1593, 1598 (1998). 54 Deutlich Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1074 f. (2000): „The goal of the law-and-behavioral-science movement is not, at least at this stage, to replace rational choice theory with an inconsistent paradigm but to modify the implausible elements of rational choice theory and supplement the inadequate elements in order to create a tool with more predictive power in specific situations“; s. auch schon

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weitaus wichtiger als für Gesetzgeber und Rechtsanwender, die nicht nach dem theoretischen Ursprung von Verhaltensprognosen fragen müssen.55 Auch soweit Gegner von Behavioral Law & Economics darauf hinweisen, kognitive Fehleinschätzungen würden auf lange Sicht durch Lernen, Marktdisziplin und Intermediation ausgelöscht, sind dem eine Reihe von Argumenten entgegenzuhalten: Was zunächst das Lernen angeht, ist äußerst zweifelhaft, ob Anleger überhaupt hinreichend lernen können. Voraussetzungen eines solchen Lernprozesses wären insbesondere geringe Lernkosten, die Möglichkeit „richtiger“ und aussagekräftiger Rückmeldung (feedback)56 und vor allem gleichbleibende äußere Umstände.57 Gerade hieran wird es auf dem Kapitalmarkt aber häufig fehlen:58 Selbst wenn Spekulanten lernen und Fehlentscheidungen in Zukunft vermeiden, ist nicht garantiert, dass sie auch erfolgreicher handeln (limits of arbitrage). Weil zahlreiche Faktoren die Kurse an Finanzmärkten beeinflussen, haben Anleger auch Schwierigkeiten, Erfolge verlässlich ihrem Können und nicht dem Zufall zuzuschreiben – diese Fähigkeit wird zusätzlich durch overconfidence, biased self-attribution und den hindsight bias beschränkt.59 Lernen erscheint daher höchstens auf extrem lange Sicht möglich, womit die Frage bliebe, ob Gesetzgeber und Rechtsanwender nicht zumindest in der Zwischenzeit Konsequenzen aus den Ergebnissen der Behavioral Decision Theory zu ziehen hätten.60 Selbst wenn Anleger lernen sollten, sorgt darüber hinaus der Generationenwechsel dafür, dass ungeschulte, übermäßig selbstbewusste und per Erbschaft unverhofft zu Geld gekommene (house money effect!) Anleger immer wieder Geld auf den Finanzmärkten investieren und Preise von ihren Fundamentalwerten entfernen.61 Soweit Kritiker den Blick auf den Markt richten, ist die Behauptung, Fehler uninformierter Marktteilnehmer würden durch den Handel geschulter Wettbewerber ausgeglichen und irrationale Akteure schließlich aus dem Ulen, 51 Vand. L. Rev. 1747, 1748 (1998): „Behavioral law and economics does not attempt to undo any of the remarkable accomplishments of law and economics. Rather, it is an attempt to refine“. In diese Richtung wohl am Ende auch Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551, 1567 (1998). 55 Vgl. Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1072 f. (2000). 56 Odean, 53 J. Fin. 1887, 1896 (1998). 57 Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 395 (2004). 58 Im Ergebnis Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 395 (2004). 59 Im Ergebnis ebenso Odean, 53 J. Fin. 1887, 1896 (1998). Speziell zu den Hindernissen bei der Einsicht, dass man exzessiv und verlustreich handelt, s. instruktiv Odean, 89 Am. Econ. Rev. 1279, 1295 (1999). 60 Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1071 (2000). 61 D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1538 (2001); Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 639 (1995).

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Markt verdrängt, zumindest im Bereich Behavioral Finance und Kapitalmarktrecht eine reine petitio principii. Zweites Standbein der Behavioral Finance ist gerade die These, dass sich informierte Spekulanten gegen noise traders nicht immer durchsetzen können (limits of arbitrage).62 Wenn Kritiker auf die in der Tat zahlreich vorhandenen Finanzintermediäre hinweisen, ist dem entgegenzuhalten, dass solche Experten zum einen kostspielig sind63 und dementsprechend allseits ein gegenläufiger Trend hin zur Disintermediation von Finanzentscheidungen eingesetzt hat.64 Darüber hinaus haben Studien ergeben, dass Experten oft selbst kognitiven Fehlern unterliegen, am häufigsten dem overconfidence bias, denn Experten verfügen über Theorien und Modelle, deren praktischen Wert sie tendenziell überbewerten.65 Einprägsam ist insoweit der Satz Dale Griffins und Amos Tverskys, Experten hätten „oft Unrecht, aber selten Zweifel“66. Finanzplaner werden bei alledem als Vorzeigebeispiel solcher übermäßig selbstbewussten und uneinsichtigen Experten gehandelt.67 Man denke hier nur an den Fall der Barings Bank68 oder den Niedergang von Long-Term Financial Management, einem Investmentfonds, in dem das Wissen unter anderem von Wirtschaftsnobelpreisträgern geballt war.69 Schließlich gilt: Wenn Anleger selbst kognitiven Verzerrungen unterliegen und daher etwa das wahre Ausmaß bestimmter Risiken verkennen, sind sie auch kaum in der Lage, Ratschläge von Investmentberatern auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen.70 Das Risiko eigener Fehler wird somit durch die Gefahr der Ausbeutung durch Anlageberater ersetzt. Da beide Phänomene denselben Ursprung haben (kognitive Verzerrungen) und zur selben Konsequenz führen können (gestörte Markteffizienz), fordern sie beide rechtliche Konsequenzen. Zwar ist einzugestehen, dass Regulierer ebenso Denkfehlern unterliegen wie Bürger.71 Dies ist an sich aber ein rein prozedurales Argument, das 62 Daneben bliebe darauf hinzuweisen, dass Behavioral Economics jedenfalls für nicht marktmäßiges Verhalten Bedeutung behielte. 63 Allgemein Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165, 1224 (2003). 64 Hierzu Merkt in 64. DJT, Gutachten G, 2002, S. 41 f. 65 Griffin/Tversky, 24 Cog. Psychol. 411 (1992); Odean, 53 J Fin 1887, 1896 (1998); s. auch Plous, The Psychology of Judgment and Decision Making, 1993, S. 258 m. w. N. 66 Griffin/Tversky, 24 Cog. Psychol. 411, 412 (1992): „often wrong but rarely in doubt“. Aufgegriffen etwa von Gigerenzer, Das Einmaleins der Skepsis, 2002, S. 21 f. 67 Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165, 1216 (2003), der als zweites Beispiel Anwälte nennt. 68 Dazu schon einleitend o. § 1. 69 Hierzu insbesondere Lowenstein, When Genius Failed, 2001. 70 Daniel/Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 183 (2002).

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davor warnt, Entscheidungen blind dem Gesetzgeber oder sonstigen Regulierungsstellen zu überlassen. Es kann jedenfalls nicht von dem Ziel abhalten, selbst nach den besten Ergebnissen zu suchen und dabei die Ergebnisse der Behavioral Decision Theory einzubeziehen. 2. Argumente pro Behavioral Law & Economics gerade im Kapitalmarktrecht Gerade das Kapitalmarktrecht erscheint bei alledem als besonders fruchtbares Feld für Behavioral Law & Economics: In theoretischer Hinsicht wurden oben zahlreiche Gedankengänge vorgestellt, die das Kapitalmarktgeschehen als Anwendungsfeld par excellence für Behavioral Decision Theory erscheinen lassen: Um nur einige zu wiederholen, gelten Anleger als Paradigmen übermäßig selbstbewusster Agenten72 und Finanzintermediäre als Vorzeigebeispiel übermäßig selbstbewusster und uneinsichtiger Berater73. Der Lernprozess wird durch zahlreiche Besonderheiten des Kapitalmarkts behindert,74 informierte Spekulanten haben besondere Schwierigkeiten, Fehler von noise traders auszubeuten,75 und so weiter. Ebenso ist die empirische Erforschung systematischer Fehleinschätzungen und deren Auswirkungen auf Marktpreise für den Kapitalmarkt besonders weit fortgeschritten und ausdifferenziert. Man denke hier nur an die zahlreichen oben vorgestellten Anomalie-Studien, die sich mit biases und heuristics erklären ließen.76 Drittens – und vielleicht am wichtigsten – liegt klassische Finanzierungstheorie zahlreichen Rechtsinstitutionen des geltenden Rechts zugrunde. Das Recht der Ad-hoc-Mitteilungen etwa basiert auf der Ansicht, dass jede öffentlich bekannte Information unmittelbar in Preise eingearbeitet, Märkte durch Ad-hoc-Mitteilungen also informationell effizient und Gelegenheiten zum Insiderhandel eliminiert würden (halbstrenge Form der ECMH).77 71

Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1543 (1998); Jolls/Sunstein, Debiasing through Law (Sept. 2004, revised March 2005). John M. Olin Law & Economics Working Paper No. 225 (2d Series); herunterladbar unter http://ssrn.com/ abstract_id=590929, S. 32. 72 s. o. § 2 V.3.a)dd)(2). 73 s. soeben § 3 II.1. 74 s. soeben § 3 II.1. 75 s. o. § 2 V.3.b). 76 s. insbesondere o. § 2 V.3.a)cc)(6). 77 s. nur Hopt, BFuP1994, 89, 94; von Rosen, Die Bank 1995, 9, 12 f.; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 Rn. 9.

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Zweifel an der Effizienzhypothese wecken daher zugleich Zweifel an der Interpretation dieser Institutionen78 und fordern daher auch aus objektiv- und subjektiv-teleologischer – also genuin rechtlicher – Sicht Konsequenzen. Schließlich spricht ein rechtssystematisches Argument für Behavioral Decision Theory im Kapitalmarktrecht: Die Ergebnisse aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Teil dieser Arbeit legen nahe, dass Spekulation auf Kapitalmärkten in der Tat Charakterzüge verschwenderischen Glücksspiels trägt.79 Dass der Staat gegenüber Glücksspiel paternalistisch ist, den Zutritt von Spekulanten zum Kapitalmarkt jedoch grundsätzlich nicht beschränkt, sondern in letzter Zeit ganz im Gegenteil bewusst öffnet (Änderung des Rechts der Termingeschäfte, Lockerung von Aufklärungspflichten beim Internet-Broking etc.80), wird klassischerweise mit den positiven Externalitäten von Kapitalmarktspekulation gerechtfertigt, insbesondere ihrer effizienzsteigernden Wirkung. Die Einsichten aus dem ökonomischen Teil dieser Arbeit zeigen jedoch, dass Spekulation nicht immer effizienzsteigernd ist, sondern im Gegenteil preisstörende Wirkungen haben kann, die Missallokation von Kapital und hohe volkswirtschaftliche Kosten nach sich zieht. Der krasse Gegensatz zwischen Paternalismus im Glücksspiel und Laissez-faire auf dem Kapitalmarkt ist daher in rechtssystematischer Hinsicht nicht ohne Weiteres verständlich. Eine an den Grundsätzen der Behavioral Finance ausgerichtete Rechtsanalyse des Kapitalmarktrechts erscheint nach alledem daher lohnenswert. 3. Grenzen und erste allgemeine Vorgaben für die rechtliche Analyse im Lichte der Behavioral Decision Theory Bei aller Euphorie für die neuen Perspektiven ökonomischer und rechtlicher Analyse ist jedoch zur Vorsicht zu mahnen. Zum einen möchte – wie bereits erwähnt – Behavioral Decision Theory schon von ihrem Selbstverständnis her klassische ökonomische Theorie er78 s. für das deutsche Recht Spindler, WM 2004, 2089, 2093 im Hinblick auf den Kausalitätsnachweis in Kapitalmarktinformationshaftungsprozessen; mit Blick auf die US-amerikanische fraud-on-the-market-doctrine etwa Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 4th Ed. 2005, S. 686 ff. 79 s. auch Moxter, Geleitwort zu R.H. Schmidt, Aktienkursprognose, 1976: S. 5 f.: „Man darf die Vermutung nicht von der Hand weisen, daß der Aktienhandel infolge sehr ungleicher Chancen-Risiken-Verteilungen Gemeinsamkeiten mit verbotenen Glücksspielen habe“; gleichsinnig speziell im Hinblick auf Spekulation mit Finanzderivaten Stout, 21 J. Corp. L. 53, 66 (1995): „In other words, from a social perspective, derivatives speculation may amount to simple gambling“; s. auch Stout, 14 Brookings Rev. 38, 41 (1996). 80 s. dazu einleitend o. § 1.

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gänzen und verfeinern, nicht aber ersetzen. Rechtsinstitute des Kapitalmarktrechts sind daher immer zunächst mit klassischer Finanzierungstheorie zu analysieren und dann mit Hilfe von Behavioral Finance zu überprüfen. Das junge Alter von Behavioral Economics verbietet zum anderen die überstürzte Anwendung ihrer Ergebnisse.81 Dies hebt einerseits die Bedeutung empirischer Studien: Nur wo systematische Urteilsverzerrungen hinreichend empirisch abgesichert sind, sollten sie für die rechtliche Analyse verwandt werden. Dies hebt andererseits den Stellenwert der Rechtsvergleichung:82 Deutet Behavioral Finance auf bestimmte rechtliche Implikationen, lohnt sich der Blick in andere Rechtsordnungen, um zu überprüfen, ob ähnliche Rechtsinstitute vorhanden sind oder ob mit anderen Regeln dieselben oder bessere Ergebnisse erzielt werden können. Beide Vorgaben sollen im rechtsanalytischen Teil dieser Arbeit berücksichtigt werden.

III. Paternalismus und Paternalismus-Konzepte Schon mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass Behavioral Decision Theory paternalistische Gesetze fordern kann.83 Paternalismus steht allerdings nicht nur im Gegensatz zur kürzlichen Entwicklung des deutschen Kapitalmarktrechts.84 Paternalismus bereitet vor allem Vertretern klassischer ökonomischer Analyse Bauchschmerzen, die gute Gründe dafür anführen, dass der Staat freie Entscheidungen des einzelnen grundsätzlich respektieren müsse.85 Als Antwort hierauf haben Vertreter von Behavioral Law & Economics zwei Paternalismus-Konzepte entworfen, auf die in der weiteren Arbeit zurückzukommen sein wird und die daher nun vorgestellt werden sollen:86 – Ein erstes Konzept stammt von dem einflussreichsten Vertreter von Behavioral Law & Economics, Cass Sunstein, und von dem vielleicht wichtigs81 Ebenso Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U Pa. L. Rev. 1211, 1214 (2003); Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 11, 69 (2004); Gilson/ Kraakman, 28 J. Corp. L. 715, 739 (2003); Fleischer FS Immenga, 2004, 575, 586. 82 Zum besonderen Nutzen der Rechtsvergleichung im Rahmen ökonomischer Analyse, Mattei/Cafaggi in Newman (ed.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, 1998, Stichwort: Comparative Law and Economics; van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S. 127, 148; Fleischer, FS Wiedemann, 2002, 827, 848; s. allgemein Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, § 2. 83 Zum Legitimationsproblem allgemein Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 365–388. 84 Dazu schon o. § 1 m. w. N. 85 s. einige der Argumente schon o. § 3 II.1. 86 Konzepte, die nicht auf Behavioral Decision Theory aufbauen, finden sich bei Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 367 ff. m. w. N.

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ten Befürworter von Behavioral Economics, Richard Thaler. Aufbauend auf ein Konzept, das Sunstein „Anti-Antipaternalismus“ (anti-antipaternalism) nannte,87 entwickeln sie im Jahre 2003 das Prinzip des „Freiheitlichen Paternalismus“ (libertarian paternalism): Dieses Regelungsprogramm ist paternalistisch, denn es sieht es als legitim an, die Entscheidungen von Individuen auch dann zu beeinflussen, wenn deren Handlungen keine Externalitäten haben.88 Gleichzeitig ist es freiheitlich, denn es verfolgt nicht das Ziel, Entscheidungsalternativen abzuschneiden.89 Theoretische Grundlage des Konzepts ist die Einsicht, dass das Recht als Ausgangspunkt des Entscheidungsprozesses („starting point“) notwendigerweise Entscheidungen des Menschen beeinflusst. Sieht z. B. ein Arbeitnehmer dispositive Arbeitszeiten als „Normalzustand“ an, verlangt er wegen des endowment effect und status quo bias für die Aufgabe dieser Rechtsposition ein Premium. Im Verhandlungswege wird er diese Rechtsposition daher nur gegen besondere Begünstigungen eintauschen,90 der ursprünglich vom Gesetzgeber gewählte Zustand wird sich also auch nach Verhandlungen wahrscheinlich durchsetzen. In anderen Situationen zielt das Recht darauf ab, Personen hinreichend zu informieren, und beeinflusst aufgrund der Verfügbarkeitsheuristik notwendigerweise die Entscheidungen der Adressaten. Beeinflusst jede Norm daher menschliche Entscheidungen, kann „Freiheitlicher Paternalismus“ laut Sunstein und Thaler vier Formen annehmen:91 Minimalpaternalismus (minimal paternalism) besteht darin, dispositives Recht im oben genannten Sinne als Startpunkt für rechtsrelevante Entscheidungen aufzustellen.92 Entscheidungsverlangen (required active 87

Hierunter verstand der Chicagoer Rechtswissenschaftler „Skepsis gegenüber Antipaternalismus, ohne dabei paternalistische Regeln zu verteidigen“; s. Sunstein, 64 U. Chi. L. Rev. 1175, 1178 (1997); Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1541 (1998): „a skepticism about antipaternalism, but not an affirmative defense of paternalism“. Für einen früheren Ansatz s. Sunstein, 53 U. Chi. L. Rev. 1129 (1986). 88 Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159, 1162 (2003). 89 Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159, 1161 (2003). 90 Hierzu insbesondere Kahneman/Knetsch/Thaler, 98 J. Pol. Econ. 1325, 1326 (1990), die mit dieser Studie das für traditionelle ökonomische Analyse zentrale Coase-Theorem kritisieren [dazu Coase, 3 J.L. & Econ. 1 (1960)]. 91 Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159, 1188 ff. (2003). 92 Beispiele sind etwa Höchstarbeitszeiten oder Mindesturlaubszeiten im Arbeitsrecht. Wie bereits erwähnt, beeinflussen diese Regeln Entscheidungen und sind insofern paternalistisch, als sie dem Begünstigten eine Rechtsposition einräumen, für dessen Aufgabe dieser aufgrund des endowment effect ein Premium verlangen wird und das deshalb im Verhandlungswege nur gegen besondere Begünstigungen eingetauscht würde. Da sie den Rechtsunterworfenen die Option lassen, ihre Rechtsbezie-

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choice) fordern ihre Adressaten auf, aktiv eine Entscheidung zu treffen.93 Prozedurale Beschränkungen (procedural constraints) legen allen, die von dispositivem Recht abweichen wollen, Transaktionskosten auf, um sie von ihrer Wahl abzuhalten (ohne die Möglichkeit zur abweichenden Wahl auszuschließen). Inhaltliche Beschränkungen (substantive constraints) schließlich reduzieren die Bandbreite an inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die von einem bestimmten Status abweichende Parteien wählen wollen.94 – Das zweite hier vorzustellende Paternalismus-Konzept entstand zeitgleich mit dem von Sunstein und Thaler95 und deckt sich in vielen Teilen mit ihm.96 Aufbauend auf frühere Arbeiten zweier Co-Autoren entwickeln Colin Camerer, Samuel Issacharoff, George Loewenstein, Ted O’Donoghue, und Matthew Rabin eine Form von Paternalismus, die auch für freiheitsliebende Menschen akzeptabel sein müsste: den „asymmetrischen Paternalismus“ (asymmetric paternalism).97 Asymmetrisch paternalistische Regeln sind solche, die für begrenzt rationale Entscheidungsträger hohe Vorteile schaffen, für komplett rationale Entscheidungsträger jedoch keine Mehrbelastung bedeuten.98 Asymmetrischer Paternalismus ist also in den Worten der Autoren „relatively harmless to those who reliably make decisions in their best interest, while at the same time advantageous to those making suboptimal choices“99. Auch für diese Form des hungen abweichend vom Recht zu gestalten, ist Minimalpaternalismus gleichzeitig „freiheitlich“. 93 Paternalistisch sind diese Vorschriften insoweit, als sie vom Adressaten eine Entscheidung fordern, obwohl dieser auch die Freiheit haben müsste, gerade keine Entscheidung zu treffen; Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159, 1189 (2003). 94 Als „freiheitlich paternalistisch“ gelten diese Gesetze, weil sie einen gewissen Gestaltungsraum offen halten. Beispiele dieser Regeln findet man im zwingenden Vertragsrecht, etwa in § 138 II BGB, der lediglich die Höhe möglicher Zinssätze begrenzt. 95 Dazu Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159, 1160 Fn. 6 (2003). 96 s. zu diesem generellen Ansatz auch Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165, 1225 (2003): „Paternalistic constraints on choice cannot be justified with psychology absent a showing that the costs of privately developing better ways to make choices are greater than the costs of restricting individual choice“. 97 Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U. Pa. L. Rev. 1211 (2003); s. vorher O’Donoghue/Rabin in Aaron (ed.), Behavioral Dimensions of Retirement Economics, 1999, S. 125, 150. 98 Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U. Pa. L. Rev. 1211, 1219 (2003): „A policy is asymmetrically paternalistic if it creates large benefits for those people who are boundedly rational (. . .) while imposing little or no harm on those who are fully rational“. 99 Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U. Pa. L. Rev. 1211, 1212 (2003).

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§ 3 Behavioral Decision Theory und Jurisprudenz

Paternalismus finden die Autoren zahlreiche Beispiele im Recht, etwa in Informationsvorschriften, die uninformierten Menschen bessere Entscheidungen erlauben, ohne informierte Entscheidungsträger zusätzlich zu belasten,100 oder in Widerrufsfristen, die den Vertragsvollzug höchstens ein paar Tage hinausschieben, uninformierten oder überstürzten Verbrauchern aber die Möglichkeit geben, schlechte Entscheidungen rückgängig zu machen101. Die genannten Konzepte versuchen Rechtsetzern und Rechtsanwendern die Angst vor dem Reizbegriff Paternalismus zu nehmen. Sie bemühen sich insbesondere, Paternalismus bei Entscheidungen zu rechtfertigen, die keine erkennbaren negativen Externalitäten nach sich ziehen. Für den Bereich des Kapitalmarkts wird die Begründungsschwelle paternalistischer Konzepte freilich dadurch abgesenkt, dass mit der preisstörenden Wirkung uninformierter Spekulation eine greifbare Externalität vorhanden ist. Trotzdem haben die Konzepte auch für das weitere Vorgehen wichtige Implikationen: (1) In sozialpsychologischer Hinsicht bescheren sie uns die Einsicht, dass jedes – nicht nur das ausdrücklich als paternalistisch bezeichnete – Recht Entscheidungen beeinflusst (ein bemerkenswerter Gegensatz zum Coase-Theorem102). (2) In ökonomischer Hinsicht machen sie uns dafür sensibel, dass Entscheidungsbeeinflussung durch Gesetz nicht notwendigerweise „mit der Brechstange“ zu erfolgen hat, sondern Entscheidungsalternativen grundsätzlich offen halten und den Entscheidungträger dennoch in die „richtige Richtungen leiten“ kann. Dies erweist sich als besonders fruchtbar für die vorliegende Arbeit, die zu dem Zwischenergebnis gelangt ist, dass „gute“ und „schlechte“ Spekulation auf dem Kapitalmarkt nicht durch „Alles-oderNichts-Regelungen“, sondern punktuell, durch vorsichtige Einführung empirisch erhärteter und theoretisch überzeugender Einsichten der Behavioral Finance fortgebildet werden solle. (3) In rechtsmethodischer Hinsicht weisen die vorgestellten Konzepte auf Formen hin, die solche „freiheitlich“ oder „asymmetrisch“ paternalistischen Gesetze annehmen können. Darüber hinausgehend wird im weiteren Verlauf der Arbeit zu untersuchen sein, ob den Folgen von Heuristiken und Urteilsverzerrungen nicht auch durch das exakte Gegenteil von Paternalis100 Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U. Pa. L. Rev. 1211, 1230 (2003). 101 Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U. Pa. L. Rev. 1211, 1240 (2003). 102 Dazu schon der Hinweis o. § 3 I. m. w. N. in Fn. 6.

IV. Zusammenfassung

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mus entgegengewirkt werden kann, sofern nur hinreichende Voraussetzungen für Lernen vorliegen, nämlich den unvermittelten und gleichberechtigten Zugang zum Markt.

IV. Zusammenfassung Nach einer Diskussion der Argumente pro und contra Behavioral Law & Economics erschienen die Gründe für eine Berücksichtigung der Behavioral Decision Theory in der juristischen Analyse überzeugend. Grenzen ergeben sich insbesondere aus der Tatsache, dass es sich hierbei um eine noch junge Disziplin handelt, deren Forschungsergebnisse nicht vorschnell dazu verleiten sollten, traditionelle Regelungsmuster zu verwerfen. Hieraus folgt, (a) dass klassiche ökonomische Analyse auch weiterhin den Ausgangspunkt der Überlegungen darstellen und in einem zweiten Schritt aufgrund von Behavioral Economics hinterfragt, ergänzt und evtl. revidiert werden sollte, (b) dass Argumentationsmuster der Behavioral Decision Theory nicht nur theoretisch einleuchten, sondern auch empirisch bewiesen sein sollten, um in die Analyse einzufließen, (c) und dass bei alledem stark darauf geachtet werden sollte, inwieweit Regelungen, die von Rational Choice Theory einerseits, Behavioral Decision Theory andererseits favorisiert werden, im rechtsvergleichenden Panorama auftauchen und sich in der jeweiligen Rechtsordnung bewährt haben. Erste Leitlinien zur Umsetzung von Einsichten der Behavioral Economics wurden in den vorgestellten Paternalismus-Konzepten gefunden, die aufzeigten, wie Recht Entscheidungen beeinflussen kann, ohne die Entscheidungsfreiheit inakzeptabel zu beschränken.

§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation mit Hilfe der Prospekt- und Ad-hoc-Publizität Aufbauend auf die ökonomische Analyse der Spekulation, insbesondere die oben gewonnenen Einsichten zur Behavioral Finance und ihrer Verwertung in der juristischen Analyse, soll nun untersucht werden, inwieweit das Recht dazu dienen kann, „gute“ Spekulation zu ermutigen und „schlechte“ Spekulation zu verhindern. Anwendungsbeispiel soll dafür das Recht der Emissionsprospekt- und Ad-hoc-Publizität sein.

I. Bedeutung von Disclosure für Markt und Spekulation Louis Loss’ berühmter Satz von „disclosure, again disclosure, and still more disclosure“1 beschreibt nicht nur das Bemühen, Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien zu bekämpfen.2 Er kann gleichzeitig als wichtigster Mechanismus verstanden werden, um „gutes“ Spekulieren von „schlechtem“ Spekulieren zu trennen.3 Unternehmenspublizität spielt für Spekulanten in vielfacher Weise eine Rolle: Zum einen senkt die Veröffentlichung von Tatsachen die Chance, profitabel aufgrund der veröffentlichten Information zu handeln, denn nach der Publikation ist Gewinn nur noch durch news trading möglich und erfordert sofortige Reaktion und schnellen Zugang zu den Kapitalmärkten.4 Zum anderen stellen Informationskosten einen wesentlichen Kostenfaktor jedes Spekulanten dar. Disclosure senkt diese Kosten,5 verhindert mehrfache Suche nach derselben Information und überwindet somit das Problem, dass InLoss, Securities Regulation, Vol. 1, 2nd Ed. 1961, S. 21. Vgl. hierzu etwa Assmann, ZBB 1989, 49, 59 ff. Grundlegend freilich erneut Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970). 3 Die Bedeutung von Unternehmenspublizität für die Allokationsfunktion von Kapitalmärkten betonend Merkt, Unternehemspublizität, 2001, S. 316 f.; Merkt/ Rossbach, JuS 2003, 217, 220. 4 Bei Über- und Unterreaktionen der anderen Marktteilnehmer bleibt der – freilich noch schwierigere – informationsorientierte technische Handel, s. dazu o. § 2 III.2.c)cc)(3). 5 s. nur Baums, ZHR 167 (2003), 139, 143; Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 697 (1995). Zusammenfassend zum Problem kürzlich Schröder, Unternehmenspublizität und Kapitalmärkte, 2002, S. 116–118. 1 2

I. Bedeutung von Disclosure für Markt und Spekulation

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dividuen höhere Anreize zur Informationssuche haben können als volkswirtschaftlich erwünscht.6 Die Bedeutung von Disclosure für den Kapitalmarkt erkennt man mit Grundwissen über Markt-Mikrostruktur:7 Preiseffizienz und Liquidität sind oftmals widerstreitende Ziele von Kapitalmarktregulierung.8 Das Verbot des Insiderhandels beispielsweise ermutigt Spekulation, erhöht also die Liquidität, verbietet aber einigen informierten Spekulanten (den Insidern) den Handel aufgrund ihrer Information und senkt insofern die Markteffizienz.9 Ebenso erhöht der Abbau persönlicher Marktzutrittsschranken etwa im Bereich des Terminhandels die Liquidität, steigert aber ebenso das noise trader-Risiko und kann daher kurz- und langfristig die Preiseffizienz senken. Disclosure hingegen ist eines der wenigen Instrumente, das sowohl Markteffizienz als auch Liquidität steigert:10 Wird der Markt mit zutreffender Information versorgt, werden auch Informationsasymmetrien abgebaut, so dass das Risiko adverser Selektion (adverse selection risk) sinkt. Händler ohne private Information (insbesondere utilitarian traders) strömen auf den Markt, Liquiditätsanbieter (insbesondere Dealer) können ihre Kosten adverser Selektion auf mehr Schultern verteilen und sind bereit, ein höheres Inventarrisiko einzugehen. Sie stellen daher mehr Liquidität bereit und senken gleichzeitig den adverse selection spread component ihres bid/ask-spread.11 Dies senkt Handelskosten. Informierte Händler können zwar nicht so profitabel (weil langsam) handeln wie in intransparenten Märkten (stealth trading12). Wegen der geringeren Handelskosten können sie aber schon aufgrund weniger relevanter Information Profit erzielen.13 Informierter Handel lohnt sich also weiterhin.

6 Coffee, 70 Va. L. Rev. 717, 733 f. (1984); Easterbrook/Fischel, 70 Va. L. Rev. 669, 681 ff. (1984). Dazu schon o. § 2 IV.2.c). 7 Dazu o. § 2 III. 8 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 241. 9 In den Wirtschaftswissenschaften rankt eine intensive Diskussion um die Vorund Nachteile des Insiderhandels; s. hierzu als Einstieg Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 188 ff.; Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 591 ff. 10 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 241. 11 Theoretische Grundlagenarbeit hierzu bei Diamond/Verrecchia, 46 J. Fin. 1325 (1991); empirische Bestätigung etwa durch Welker, 11 Contemporary Acc. Res. 801 (1995); Healy/Hutton/Palepu, 16 Contemporary Acc. Res. 485 (1999); Leuz/Verrecchia, 38 J. Acc. Res. Supplement 91 (2000): Untersuchung deutscher Unternehmen, die von HGB-Rechnungslegung auf IAS oder US-GAAP umstellten. 12 Zum Begriff o. § 2 III.2.c)cc)(2). 13 Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 215 f.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

In gut informierten Märkten ist außerdem das noise trader-Risiko geringer: Werden alle Marktteilnehmer mit zutreffender Information versorgt, haben irrationale Anleger per definitionem weniger Grund, falsche Erwartungen an zukünftige Preise zu stellen. Spekulationsblasen etwa durch positive feedback trading sind weniger wahrscheinlich. Stimmungsorientierte technische Händler haben geringere Anreize, auf der Seite uninformierter Anleger zu handeln. Squeezers oder Bluffer haben geringere Chancen, ihre Taktiken gewinnbringend umzusetzen. Schließlich baut Disclosure nicht nur Informationsasymmetrien ab, sondern zeigt neue Gelegenheiten auf, zusätzliches privates Wissen in Preise einzuarbeiten. Gibt ein Pharma-Unternehmen beispielsweise bekannt, es forsche momentan an einem neuartigen Medikament, haben Spekulanten Anreize, Information über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Erforschung dieses Medikaments zu sammeln. Insofern schafft Disclosure zwar Informationsasymmetrien, die Preise werden jedoch informativer, weil stärker diversifizierte Information in Preise eingearbeitet wird.14 Kurzum: Werden zutreffende Daten publiziert, und werden die Daten auch zutreffend verstanden, findet „gutes“ Spekulieren statt, „schlechtes“ Spekulieren wird reduziert. Doch Disclosure birgt nicht nur Chancen, sondern schafft auch Gefahren: Publizitätspflichten beeinflussen, über welche Information Anleger im Sinne des availability bias „verfügen“.15 Dies gilt nicht nur für Anleger, die selbst Ad-hoc-Mitteilungen oder Emissionsprospekte studieren. Unternehmenspublizität wird auf zahlreichen anderen Kanälen zu Anlegern geleitet, sei es durch Zeitungs- oder Analystenberichte, in Gesprächen mit Anlageberatern oder Freunden, auf Web-Foren oder in Fernsehreportagen (Informationskaskaden).16 Welche Nachrichten Unternehmen herausgeben, bestimmt daher maßgeblich die Stimmung auf dem Markt, die wiederum erhebliche Auswirkungen auf das Anlegerverhalten hat. In diesem Zusammenhang ist auch auf die von Cass Sunstein eingeführte Idee des rechtlichen „starting point“ zurückzukommen:17 Als vom Gesetz geforderte Information, trägt die kapitalmarktrechtliche Unternehmenspublizität ein gewisses „Gütesiegel“, so dass es nicht überrascht, wenn Anleger erwarten, dass die Information wertrelevant ist.18 Wird der Markt mit unzutreffender Information gefüttert oder 14 Kim/Verrechia, 17 J. Acct. & Econ. 41 (1994). s. auch Barron/Byard/Enis, Leveling the Informational Playing Field (December 2002); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=362400, S. 4. 15 Zum availability bias o. § 2 V.3.a)cc)(5). 16 Dazu o. § 2 V.3.a)cc)(5). 17 Dazu o. § 3 III. 18 Zum halo-effect o. § 2 V.3.a)cc)(6)(b).

II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospektrecht

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missverstehen Anleger an sich zutreffende Information, steigt das noise trader-Risiko, weswegen informierte Spekulanten den Markt verlassen bzw. nur noch kleinere Positionen einnehmen. Liquiditätsanbieter berechnen eine höhere Geld-Brief-Spanne wegen höherer Informationsasymmetrien und erhöhter Volatilität. Kurz: Unter diesen Umständen kommt es zu „schlechter“ Spekulation, „gute“ Spekulation wird vermindert.

II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospekt- und Ad-hoc-Mitteilungsrecht Von hoher Bedeutung für Spekulanten ist zunächst, ob sie es auf dem Kapitalmarkt mit einem level playing field zu tun haben oder strukturellen Nachteilen gegenüber anderen Spekulanten ausgesetzt sind. Zu den ersten Einsichten dieser Arbeit gehörte, dass Spekulation ein Nullsummenspiel (zero-sum game) ist.19 Spekulanten erzielen Gewinne, wenn andere Spekulanten verlieren. Ob alle Spekulanten auf einem ebnen Spielfeld gegeneinander antreten – also etwa von einer Information zum selben Zeitpunkt erfahren und diese Information gleich gut verstehen können – hat daher unmittelbare Auswirkungen auf die Gewinnaussichten der Teilnehmer. Auf rechtlicher Seite stellt sich hier vor allem die Frage, wer eigentlich Adressat von Ad-hoc- und Prospektpublizität sein soll (dazu u. 2). Hiernach richtet sich außerdem, auf welchem Wege man die Ad-hoc-Veröffentlichung einer Insiderinformation nach § 15 WpHG fordert (s. § 15 Abs. 7 WpHG).

1. Das Konzept der Bereichsöffentlichkeit als Einstieg in das Problem Einen guten Einstieg in die Problematik verspricht die zuletzt genannte Frage. Im Zentrum der Diskussion steht ein Dogma, das zum festen Bestandteil deutschen Kapitalmarktrechts gehört: das Konzept der Bereichsöffentlichkeit.

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s. schon o. § 1.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

a) Bestandsaufnahme zum deutschen und europäischen Recht Ursprung der deutschen Ad-hoc-Publizitätspflicht ist die Börsenzulassungsrichtlinie, die durch den mittlerweile aufgehobenen § 44a BörsG a. F. umgesetzt wurde.20 Sie verlangte in Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Schema C Nr. 5A, Schema D Nr. 4A, der Emittent müsse „das Publikum unverzüglich über neue erhebliche Tatsachen in Kenntnis setzen, die in (seinem, Anm. d. Verf.) Tätigkeitsbereich eingetreten sind und die der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind“.21 Schon weil der Öffentlichkeitsbegriff dieser Regelung auf die „breite“ Öffentlichkeit abstellte, wurde das Veröffentlichungsgebot überwiegend so interpretiert, dass auch mit „Publikum“ – also dem Bekanntgabeadressaten – die breite Öffentlichkeit gemeint sei.22 Der Gesetzgeber folgte dieser Vorgabe allerdings nicht. In seiner Begründung zu § 15 WpHG a. F. erklärte er: „Ausreichend ist die Herstellung der zu § 13 Abs. 1 bereits dargestellten Bereichsöffentlichkeit“23. Bereichsöffentlich sei eine Tatsache, wenn sie „Marktteilnehmern“ bekannt gegeben werde – ein Begriff, den der Gesetzgeber vom „breiten Anlegerpublikum“ abgrenzt.24 Konsequent genügte nach § 15 Abs. 3 WpHG a. F. zur Erfüllung der Ad-hoc-Publizitätspflicht die Veröffentlichung „über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, das bei Kreditinstituten, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen, anderen Unternehmen, die ihren Sitz im Inland haben und an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, und Versicherungsunternehmen weit verbreitet ist“. Kleinanlegern musste und muss dieses Informationssystem nicht zugänglich sein.25 20 Richtlinie 79/279/EG des Rates vom 5.3.1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungsrichtlinie), ABl. Nr. L 66 v. 16.3.1979. Diese Richtlinie ging 2001 in der sog. Koordinationsrichtlinie auf (Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, ABl. Nr. L 184, bereinigt ABl. Nr. L 217). 21 Diese Anforderungen waren in Artt. 68, 81 (i. V. m. Art. 102) der Koordinationsrichtlinie aufgegangen. Zur Änderung durch die Marktmissbrauchsrichtlinie s. noch u. § 4 II.1.d). 22 s. nur Assmann, AG 1994, 237, 252; Möllers in Möllers/Rotter (Hrsg.), Adhoc-Publizität, 2003, § 3 Rn. 55. Zu Unklarheiten bei der Interpretation s. von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 93 m. w. N. Für die Koordinationsrichtlinie s. Brecht, Das Pflichtenprogramm börsennotierter Aktiengesellschaften im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 2004, S. 230 (Art. 102 Abs. 1 der KoordinationsRiLi). 23 Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48. s. auch Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 102. 24 Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 46.

II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospektrecht

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Diesem Konzept der Bereichsöffentlichkeit folgte auch die herrschende Meinung.26 Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG)27 hat hieran nichts geändert,28 denn in § 15 Abs. 7 WpHG überlässt der Gesetzgeber die nähere Regelung, auf welche Art und Weise Ad-hoc-Mitteilungen zu veröffentlichen sind, dem Bundesfinanzministerium als Verordnungsgeber. Dieses wiederholt in § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) den Publikationsweg des § 15 Abs. 3 WpHG a. F., hält also die Veröffentlichung über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, das bei Kreditinstituten, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG tätigen Unternehmen usw. weit verbreitet ist, für ausreichend.29 Eine Minderheitsmeinung hielt dies schon unter § 15 Abs. 3 WpHG a. F. für europarechtswidrig,30 wenn auch für de lege lata beachtlich31. Andererseits 25 Inzident Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 46: „Es ist daher (. . .) nicht erforderlich, dass das breite Anlegerpublikum ebenfalls Gelegenheit hatte, die Information zur Kenntnis zu nehmen“. 26 Arbeitskreis Deutsche Börse, WM 1994, 2038, 2046; F. Immenga, ZBB 1995, 197, 205; Kümpel, WM 1994, 2137, 2138; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 10.82; von Rosen, Die Bank 1995, 9, 12; Schlittgen, Die Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, 2000, S. 86; Schlüter, Börsenhandelsrecht, 2. Aufl. 2002, Kap. D Rn. 211; Schäfer in Dreyling/Schäfer, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 2001, Rn. 384; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 43; neuerdings auch Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 13 WpHG Rn. 37. 27 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 28.10.2004, BGBl. I, S. 2630. 28 Für eine erste Stellungnahme Rodewald/Tüxen, BB 2004, 2249, 2250. Unklar allerdings die BaFin, Emittentenleitfaden, Stand: 15. Juli 2005, S. 19, die hinsichtlich des Merkmals „nicht öffentlich bekannt“ i. R. d. § 13 WpHG ausführt: „Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass die Insiderinformation einem breiten Publikum zeitgleich zugänglich ist. Das kann etwa durch ein allgemein zugängliches, elektronisches Informationsverbreitungssystem erfolgen. (. . .) Jeder interessierte Marktteilnehmer hat so die Möglichkeit, von der Insiderinformation Kenntnis zu nehmen (Bereichsöffentlichkeit), so dass die Chancengleichheit nicht beeinträchtigt wird“. Hinsichtlich des Veröffentlichungsweges für Ad-hoc-Meldungen wiederholt die BaFin, Emittentenleitfaden, Stand: 15. Juli 2005, S. 65 dagegen lediglich die Angaben von § 5 WpAIV. 29 Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung – WpAIV) v. 13.12.2004, BGBl. I, S. 3376. Dazu noch ausführlich u. § 4 II.1.d)bb). 30 Heinze, Europäsiches Kapitalmarktrecht, Recht des Primärmarktes, 1999, S. 296; Hirte in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 47, 67; Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, 1996, 4.21 Rn. 33; Grundmann in Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, 2001, BankR VI Rn. 132 f.; von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 97; Möllers, ZBB 2003, 390, 393 f.; Wilga in Möllers/Rotter (Hrsg.), Ad-hocPublizität, 2003, § 10 Rn. 35.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

wurde schon unter dem alten Recht eine richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 3 WpHG a. F. verlangt.32 b) Rechtsvergleichender Blick auf die Vereinigten Staaten: Die Bereichsöffentlichkeit als selective disclosure im Sinne von Regulation „Fair Disclosure“ Rechtsvergleichende Alternativmodelle zur Bereichsöffentlichkeit finden sich zuhauf: In den meisten europäischen Ländern wie auch in den Vereinigten Staaten sind Ad-hoc-Meldungen in elektronische Informationsplattformen einzustellen, die für alle Marktteilnehmer zum selben Zeitpunkt erreichbar sind.33 Für das weitere Vorgehen interessant ist der Vergleich mit einem Regelungsvorstoß aus den Vereinigten Staaten, der im Jahre 2000 erlassenen Regulation „Fair Disclosure“ (im Folgenden: Regulation FD). Mit diesem Regelwerk verbot die SEC das so genannte selective disclosure, d.h. die Überlassung von Insiderinformation an ausgewählte professionelle Marktteilnehmer wie institutionelle Investoren oder Aktienanalysten, ohne zugleich auch das Publikum zu informieren. Regulation FD fordert, dass Emittenten wertrelevante Information stets zeitgleich auch der Öffentlichkeit bekanntgeben.34 Bei nicht beabsichtigter Aufdeckung solcher Information muss das Disclosure umgehend („promptly“) nachgeholt werden.35 Auf welche Weise, lässt Regulation FD offen; außreichend ist gem. 17 CFR 243.101(e) jede Form, die für eine „broad, non-exclusionary distribution of the information to the public“ sorgt. 31 Hirte in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Das zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 47, 67 ff.; Wilga in Möllers/ Rotter (Hrsg.), Ad-hoc-Publizität, 2003, § 10 Rn. 42 ff., der jedoch Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland für möglich hält. 32 Assmann, AG 1994, 237, 252; Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, 1996, 4.21 Rn. 33; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, BankR VI Rn. 133; Möllers in Möllers/Rotter (Hrsg.), Ad-hoc-Publizität, 2003, § 3 Rn. 55; s. auch Assmann, ZGR 1994, 494, 528 Fn. 130. Schon für mit dem deutschen Recht unvereinbar hielt das Konzept der Bereichsöffentlichkeit offenbar Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 153 f.; Hopt, ZGR 1997, 1, 24 f.; Struck, Ad hoc-Publizitätspflicht zum Schutz der Anleger vor vermögensschädigendem Wertpapierhandel, 2003, S. 160 ff.; nur de lege ferenda wohl Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 182 f., 186. 33 s. Möllers, ZBB 2003, 390, 393 m. w. N. In den USA werden Ad-hoc-Meldungen in das Datenverarbeitungssystem EDGAR (Electronic Data Gathering, Analysis, and Retrieval) eingegeben. Dieses ist über das Internet für jedermann einsehbar (http://www.sec.gov/info/edgar.shtml). 34 17 CFR 243.100(a)(1). 35 17 CFR 243.100(a)(2).

II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospektrecht

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Die selektive Weitergabe von Insiderinformation an handverlesene Marktteilnehmer ist zwar auch unter dem deutschen Recht grundsätzlich gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verboten (s. daneben § 15 Abs. 1 S. 3 u. 4 WpHG).36 Doch auch das Prinzip der Bereichsöffentlichkeit wäre mit Regulation FD nicht vereinbar. Zum einen sind Systeme zur Herstellung der Bereichsöffentlichkeit gerade nicht allgemein zugänglich, also exclusionary.37 Zum anderen kann man nicht von einer „breiten“ („broad“) Publikation der Information sprechen, wenn lediglich professionelle Marktteilnehmer in den Besitz der Information gelangen. Während Regulation FD darauf abzielt, allen Anlegern ein level playing field bereitzustellen, verschafft die Bereichsöffentlichkeit den bevorteilten professionellen Marktteilnehmern einen Zeitvorsprung. Dies macht die Veröffentlichung selektiv im Sinne von Regulation FD. Anders gewendet: Während in den USA Tatsachen immer dem gesamten Anlegerpublikum bekannt gegeben werden müssen, gilt in Deutschland Disclosure nicht als selektiv, wenn mit der Weitergabe zugleich die Bereichsöffentlichkeit hergestellt ist. c) Rechtspolitische Diskussion Die Konzepte der Bereichsöffentlichkeit und der zeitgleichen Information des breiten Anlegerpublikums sollen zunächst auf rechtspolitischer Ebene diskutiert werden. Sodann ist ein Blick auf die Rechtslage de lege lata zu werfen [dazu u. d)]. aa) Das „Windschattenargument“ und seine Revision Gegen das Prinzip der Bereichsöffentlichkeit wird zumeist eingewandt, es benachteilige systematisch Kleinanleger und schwäche dadurch die institutionelle Effizienz der Märkte.38 36 s. nur Assmann, AG 1997, 50, 57; Götz, DB 1995, 1949, 1951; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, BankR VI Rn. 157; Hopt in Hadding/Hopt/ Schimansky (Hrsg.), Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 3, 9; Hopt in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, 2. Aufl. 2001, § 107 Rn. 39; Leuering, NZG 2005, 12; Schlaus in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 35, 38; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 14 Rn. 45. 37 s. o. § 4 II.1.a). 38 Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 182; Hirte in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 47, 66; Pellens/Füllbier in Baetge, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 1995, S. 23, 37 f.; D. Schneider, DB 1993, 1429, 1430; vgl. auch M. Weber, NJW 1994, 2849, 2852.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

Dieser intuitiv einleuchtenden Begründung können Vertreter des Bereichsöffentlichkeitskonzepts ein raffiniertes Argument entgegensetzen, das im Folgenden „Windschatten“- oder „Trittbrettfahrer-Argument“ genannt werden soll. Hiernach profitieren Kleinanleger davon, dass professionelle Spekulanten vorrangig informiert werden, weil jegliche wertrelevante Information bereits durch den Handel einiger gut informierter Händler in Preise eingearbeitet wird. Ohne selbst Informationskosten auf sich nehmen zu müssen, können auch Kleinanleger – so dieses Argument – stets zu „fairen“, dem inneren Wert der gehandelten Instrumente entsprechenden Preis investieren und deinvestieren. Sie sind „price-protected“ und erhalten aufgrund des Informationsaufwandes der institutionellen Anleger einen „free ride“. Der Suchaufwand wird gesamtökonomisch effizient verteilt, denn professionelle Anleger können Information schneller und besser interpretieren als ihre ungeschulten Wettbewerber.39 Dieser Gedankengang ist schlüssig in einer Welt, in der die ECMH in ihrer halbstrengen Form erfüllt ist40 und in der Kleinanleger ihre informationellen Nachteile zutreffend einschätzen und sich ihnen entsprechend verhalten41. Unsere Einsichten zur Behavioral Finance fordern jedoch Revision: Entgegen der ECMH haben Experimente gezeigt, dass Information, die von einer Vielzahl von Individuen besessen wird, Preise stärker beeinflusst als Information, die nur wenige Individuen kennen.42 Plausibel erklärt werden kann dieses Phänomen mit einigen wohl bekannten Urteilsverzerrungen: Overconfidence und overoptimism verleiten Anleger dazu, privat erlangte Information überzubewerten. Sie erkennen nicht, dass Information schon vollständig im gegenwärtigen Preis enthalten ist, bzw. meinen, dass ihre Information noch stärker berücksichtigt werden müsse. Unterstützt wird dies durch den Ankereffekt, denn dieser führt dazu, dass Anleger 39

Grundlegend Easterbrook/Fischel, 70 Va. L. Rev. 669, 694 (1984); danach allgemein etwa Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 5th Ed. 2004, S. 187; s. auch schon R.H. Schmidt, Aktienkursprognose, 1976, S. 157–163; H. Reuter, Aktienmarkt und Aktieninformationsmarkt, 1980, S. 234–236. Ähnlich Coffee, 70 Va. L. Rev. 717, 747 f. Inzident schon Beaver, 136 J. Accountancy, 49, 53 (1973). Für Deutschland inzident wohl auch Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 46 sowie Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 123. 40 Zu dieser Grundlage s. nur Easterbrook/Fischel, 70 Va. L. Rev. 669, 694 (1984): „So long as informed traders engage in a sufficient amount of searching for information and bargains, market prices will reflect all publicly available information“; H. Reuter, Aktienmarkt und Aktieninformationsmarkt, 1980, S. 235. 41 Dazu Lev, 38 Acc. Rev. 1 (1988). 42 Bloomfield/Libby, 34 J. Acc. Res. 183 (1996); Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623, 626 m. w. N. (1999).

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schon aus Unwissenheit über das Konzept der Bereichsöffentlichkeit den gegenwärtigen Preis als „Normalpreis“ auffassen. Erfahren Kleinanleger wertrelevante Tatsachen, nachdem diese bereits durch den Handel einiger professioneller Marktteilnehmer in den Preis eingearbeitet wurden, machen sie daher – wie in einem Experiment von Bloomfield und anderen eindrucksvoll nachgewiesen wurde – systematisch zwei Fehler: Sie verkennen, (a) dass die Information längst im Preis enthalten ist und (b) von einer Vielzahl anderer ebenfalls übermäßig selbstbewusster Anleger besessen wird.43 So kommt es zu systematischen Überreaktionen: Kleinanleger überbewerten Wertpapiere, die bereits überbewertet sind, und unterbewerten solche, die bereits zu einem zu niedrigen Kurs gehandelt werden.44 Im Gegensatz zur goldenen Regel jedes Spekulanten „kaufen sie teuer und verkaufen billig“45. Während man in einer Welt mit unbegrenzten Arbitrage-Möglichkeiten und vollständiger Konkurrenz unter den informierten Spekulanten noch annehmen könnte, dass jede Überbewertung uninformierter Anleger durch Gegenwetten besser informierter Marktteilnehmer kompensiert wird,46 fehlt diese Chance unter der viel realistischeren Annahme begrenzter Arbitrage. In diesem Fall heben die Überreaktionen des breiten Anlegerpublikums die Kurse bei positiven Neuigkeiten über ihr faires Niveau, bei negativer Information darunter. Von price-protection (und free ride) kann keine Rede sein. Antezipieren professionelle Anleger die Überreaktionen des breiten Publikums, haben sie darüber hinaus einen Anreiz, nicht als informationsorien43

Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623 (1999). Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623, 624 (1999). Das grundlegende Modell findet sich schon bei Copeland, 31 J Fin 1149 (1976). Empirische Bestätigung bei Patell/Wolfson, 13 J. Fin. Econ. 223 (1984); ebenso Oerke, Ad-HocMitteilungen und deutscher Aktienmarkt, 1999, S. 196 sub. 3, der diese Reaktion aber nicht auf den Handel von Privatanlegern zurückführt, da für den untersuchten Zeitabschnitt auch im IBIS-System (Vorgängersystem von XETRA) erhöhtes Handelsvolumen feststellbar sei (Oerke a. a. O., S. 189). Dies erscheint jedoch nicht überzeugend: Zum einen ist zu bedenken, dass Banken und andere institutionelle Investoren auch Kunden-Orders über IBIS abwickelten, was Oerke a. a. O., S. 189 selbst einräumt. Zum anderen könnte das erhöhte Handelsvolumen auch der institutionellen Anleger Zeugnis über den (gescheiterten) Versuch von besser informierten Händlern ablegen, gegen die Masse von noise traders am Tag danach anzuhandeln. Erhöhter Handel von institutionellen Anlegern auf der Seite der Privatanleger würde schließlich zumindest die u.g. Vermutung bestätigen, dass institutionellen Anlegern Anreize zu positive feedback trading-Strategien gesetzt werden (in diesem Sinne auch Oerke a. a. O., S. 196 sub. 3). 45 Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623, 624 (1999): „buy high, sell low“. 46 Dazu sogleich. 44

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tierte technische Händler zu handeln, sondern als stimmungsorientierte technische Händler. Sie handeln auf derselben Seite wie die Masse, setzen hierdurch Preissignale für positive feedback trading und treiben die Fehlbewertung noch weiter in die Höhe. Die Opfer sind informierte Händler, die eine am Fundamentalwert orientierte antizyklische Handelsstrategie verfolgen. Haben sie nicht genug Stehvermögen, müssen sie Positionen mit Verlusten schließen. Das Ergebnis dieses Prozesses: kurz- und langfristige Effizienzstörungen, Blasenbildung, erhöhte Volatilität und reduzierte Liquidität zumindest insoweit, als mit den value traders die „Liquiditätsanbieter letzter Zuflucht“ (liquidity suppliers of last resort) fehlen47. Doch selbst in einer Welt mit unbegrenzten Arbitrage-Möglichkeiten und vollständiger Konkurrenz wäre das Konzept der Bereichsöffentlichkeit nicht bedenkenfrei. Zur Verdeutlichung sei unterstellt, dass Emittent E eine wertsteigernde Insiderinformation – z. B. den Abschluss eines lukrativen Geschäfts – bereichsöffentlich macht (erste Handelsrunde). Mit Verzögerung reagiert das breite Anlegerpublikum auf die nun weit bekannte Nachricht in der oben beschriebenen Weise (zweite Handelsrunde). Die Strategie eines professionellen Händlers besteht grundsätzlich darin, in der ersten Handelsrunde eine Position mit Wertpapieren des E aufzubauen und diese Position in der zweiten Handelsrunde an das breite Anlegerpublikum zu höheren Preisen abzustoßen.48 Hier nun gilt es zu bedenken, dass professionelle Spekulanten nicht nur in der ersten Handelsrunde einen Informationsvorteil haben, sondern auch in der zweiten.49 In der ersten Runde handeln sie profitabel als news traders, solange die Neuigkeit noch nicht in den Marktpreis eingearbeitet worden ist. In der zweiten Handelsrunde handeln sie als informationsorientierte technische Händler, denn sie können am besten abschätzen, inwieweit die nun breit-öffentliche Information schon vorher im Preis enthalten war.50 Entscheidend ist nun, dass dieser Informationsvorteil in der zweiten Runde den Anreiz professioneller Spekulanten zerstört, den Preis schon in der ersten Handelsrunde auf ein informiertes Level zu heben. Stattdessen werden sie es vorziehen, in der ersten Runde aggressiv zu handeln, um es den anderen Händlern zu erschweren, Information aus vergangenen Preisbewegungen abzuleiten und somit den eigenen Informationsvorteil zu erhöhen (signalling jamming).51 Dies schreckt die für das Funktio47

Dazu schon o. § 2 III.2.c)cc)(1). Vgl. im Hinblick auf den Handel vor Wirksamkeit der US-amerikanischen Regulation FD Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 417 (2005). 49 Vgl. Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 417 (2005); ähnliches Modell bei Hirshleifer/Subramanyam/Titman, 49 J. Fin. 1665 (1994). 50 Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 417 (2005). 51 Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 417, 419 (2005): „Put more bluntly, by trading more agressively, he ‚throws sand in the eyes‘ of the others“. 48

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nieren des Marktes so wichtigen, auf langfristige Wertentwicklung konzentrierten value traders ab und senkt ebenso wie oben auf lange Sicht die Informationseffizienz.52 Nach alledem kann das Windschattenargument schon auf theoretischer Ebene nicht überzeugen [zur empirischen Absicherung u. cc)]. bb) Liquidität und Lerneffekte Gegen die gleichzeitige Information von professionellen Anlegern und breiter Öffentlichkeit wird weiterhin eingewandt, die Liquidität leide, wenn professionelle Marktteilnehmer in Kenntnis von Insiderinformation zunächst warten müssten, bis auch die breite Öffentlichkeit informiert sei.53 Wie lange professionelle Marktteilnehmer warten müssen, hängt allerdings ganz davon ab, welche Anforderungen man an die Information der breiten Öffentlichkeit stellt. Hier sollte es ausreichen, wenn Ad-hoc-Meldungen in ein elektronisches Datenverarbeitungssystem eingespeist werden, das allen Marktteilnehmern über das Internet zugänglich ist.54 Professionelle Händler dürften in einem solchen System ebenso schnell an Information kommen wie unter dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass auch das Konzept der Bereichsöffentlichkeit liquiditätssenkende Wirkungen hat: Die Bereichsöffentlichkeit erhöht ebenso wie klassischer Insiderhandel die Möglichkeiten einiger, Liquiditätsanbieter profitabel auszubeuten. Liquiditätsanbieter erhöhen folglich den adverse selection component des bid/ask-spread und erhöhen somit die allgemeinen Handelskosten aller Marktteilnehmer.55 An dieser Stelle könnte man freilich einwenden, dass unter einem solchen Disclosure-Regime der Unterschied zwischen Bereichsöffentlichkeit und Information der breiten Öffentlichkeit verschwinde, weil professionelle news traders auch auf solchen Informationsplattformen Nachrichten schneller suchen, analysieren und verstehen könnten als ihre ungeschulten oder 52

So die Schlussfolgerung von Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 417, 436 (2005). 53 Etwa von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 99; Tippach, Das InsiderHandelsverbot und die besonderen Rechtspflichten der Banken, 1995, S. 80. 54 Ebenso Möllers, ZBB 2003, 390, 394; Möllers in Möllers/Rotter (Hrsg.), Adhoc-Publizität, 2003, § 3 Rn. 56; s. auch schon Hirte in Hadding/Hopt/Schimansky, Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 47, 70: Zugang der breiten Öffentlichkeit zu den Informationsnetzen der Bereichsöffentlichkeit. 55 Vgl. im Zusammenhang mit der US-amerikanischen Regulation FD mit demselben Ergebnis Brunnermeier, 18 Rev. Fin. Stud. 438 ff. (2005).

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semiprofessionellen Wettbewerber. Dass Kleinanleger auch bei gleichzeitigem Informationszugang Wettbewerbsnachteile gegenüber professionellen Händlern haben, lässt sich nicht bestreiten.56 Dies ändert jedoch nichts an der Vorzugswürdigkeit der gleichzeitigen Information über ein allgemein zugängliches System gegenüber dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit: Oben wurde die Information der breiten Öffentlichkeit mit dem Anlegerverhalten minderwertig informierter, aber übermäßig selbstbewusster Kleinanleger begründet, die sich als news traders betätigen (im Folgenden „Pseudo-news traders“, „Hobby-news traders“).57 Bereits im zweiten Teil dieser Arbeit wurde gezeigt, dass diese Anleger vor allem auf Internet-Discount-Broker-Accounts handeln,58 so dass sie unter dem hier vorgeschlagenen Veröffentlichungsmodus über das Internet zeitgleich mit professionellen Anlegern von Ad-hoc-Meldungen erfahren können. Die zeitgleiche Information dieser Anleger und professioneller Marktteilnehmer hätte den Vorteil, dass erstere deutlicher auf ihre Informationssuch- und Informationsverarbeitungsnachteile aufmerksam gemacht würden. An der Differenz zwischen dem von ihnen angepeilten und tatsächlich realisierten Kauf- oder Verkaufspreis könnten sie klar erkennen, wie spät sie im Vergleich zu professionellen Händlern auf die Nachricht reagiert haben. Unter dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit würde dieser Lerneffekt behindert. Hier bewirkt übermäßiger Optimismus, Wunschdenken, die Ankerheuristik59 und fehlendes Wissen um das Konzept der Bereichsöffentlichkeit, dass Kleinanleger den Marktpreis, der nach dem Handel der professionellen Anleger entstandenen ist, als von der Information unbeeinflusst auffassen und glauben, mit den ebenfalls später informierten „Pseudo-news traders“ über die Ausbeutung dieser Information zu konkurrieren. Da diese Konkurrenten dieselben Such- und Verarbeitungsschwierigkeiten haben und auf derselben Seite handeln, unterliegt jeder einzelne dieser „Hobby-news traders“ leicht die Illusion, aufgrund einer noch wertvollen Information gehandelt zu haben. Wird diese Überreaktion in den nächsten Tagen wieder aus dem Preis herausgearbeitet, sorgt der self-attribution bias des typischerweise übermäßig selbstbewussten Spekulanten60 dafür, dass er diese Preisbewegung dem Zufall, aber nicht seinen Informationsnachteilen zuschreibt. Er hält sich weiterhin für einen erfolgreichen news trader, erfährt langsamer 56 s. nur Assmann, AG 1994, 237, 242; zust. etwa Matusche in Herrmann/Berger/ Wackerbarth, Deutsches und Internationales Bank- und Wirtschaftsrecht im Wandel, 1997, S. 100, 111. 57 s. o. § 4 II.1. 58 s. o. § 2 V.3.a)dd)(1). 59 s. soeben unter § 4 II.1.c)aa). 60 Dazu o. § 2 V.3.a)dd)(1).

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von seinen Informationsnachteilen gegenüber professionellen Händlern und verlässt den Markt insgesamt später als unter einem Konzept der gleichzeitigen Anlegerinformation. Zwar ist auch unter diesem Konzept nicht ausgeschlossen, dass „Pseudo-news traders“ von einer Überreaktion des breiten Anlegerpublikums nach Veröffentlichung der Neuigkeit profitieren. Wird diese Preisbewegung jedoch in der Folgezeit wieder rückgängig gemacht, kann der Anleger dies besser als Korrektur einer Überreaktion erkennen, denn zumindest weiß er aufgrund des oben genannten Feedbacks (Differenz zwischen dem erwarteten und tatsächlichen Preis seiner Transaktion), dass er die Neuigkeit nicht oder zumindest nicht so profitabel ausbeuten konnte, wie er erwartet hatte. cc) Empirische Absicherung: Studien zu den Auswirkungen von Regulation FD in den USA Die oben genannten theoretischen Erwägungen bescheinigen dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit, dass es die informationelle Markteffizienz kurz- und langfristig senke, Liquidität vom Markt abziehe und die Volatilität erhöhe, weil es positive feedback trading-Strategien informierter Händler provoziere. Empirische Absicherung für diese Vorwürfe finden sich in Studien zu den Auswirkungen der im Jahre 2000 erlassenen US-amerikanischen Regulation FD: Hiernach führte Regulation FD nicht nur zum Abbau von Informationsasymmetrien,61 sondern auch zu einem Anstieg der Marktliquidität und des Handelsvolumens62 sowie zu informativeren Preisen63. Natürlich haben diese Ergebnisse für die Diskussion der Bereichsöffentlichkeit nur begrenzten Wert, denn die von Regulation FD bekämpfte Praxis des selective disclosure war um ein Vielfaches „selektiver“ als das Konzept 61 Chiyachantana/Jiang/Taechapiroontong/Wood, 39 Fin. Rev. 549, 560 ff., 575 (2004); Eleswrapu/Thompson/Venkataraman, 39 J. Fin. & Quant. Analysis 209, 212 ff., 223 (2004); a. A. allerdings Straser, Regulation Fair Disclosure and Information Asymmetry (March 2002); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract= 311303, S. 34 f. 62 Bailey/Li/Mao/Zhong, 58 J. Fin. 2487, 2489 (2003); Chiyachantana/Jiang/ Taechapiroontong/Wood, 39 Fin. Rev. 549, 560 ff. (2004). Senkung der bid/askspreads wurde ebenfalls festgestellt von Eleswrapu/Thompson/Venkataraman, 39 J. Fin. & Quant. Analysis 209, 215 ff. (2004). 63 Heflin/Subramanyam/Zhang, 78 Acc. Rev. 1, 5 ff., 17 (2003); Shane/Soderstrom/Yoon, Earnings and Price Discovery in the Post-Reg. FD Information Environment: A Preliminary Analysis“ (November 15, 2001); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=291082, S. 20. Informativere Preise erwarten auch aufgrund ihrer Experimente Barron/Byard/Enis, Leveling the Informational Playing Field (December 2002); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=362400, S. 22 f. Die Studie von Heflin/Subramanyam/Zhang war zum Teil von der SEC finanziert, dazu Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135, 167 Fn. 137 (2002).

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der Bereichsöffentlichkeit.64 Sie deuten aber zumindest eine Wirkungstendenz von Systemen an, die Elemente selektiven Disclosures aus ihrer Kapitalmarktordnung streichen und durch Elemente gleichzeitiger Information ersetzen. dd) Sollte Behavioral Finance nicht sogar eine Ausweitung des Konzepts der Bereichsöffentlichkeit fordern? Deutet somit alles darauf hin, ein Konzept der breiten Öffentlichkeitsinformation zu bevorzugen, lohnt es sich, an dieser Stelle kurz zu verharren und zu fragen, ob Behavioral Finance nicht auch Argumente zugunsten des Konzepts der Bereichsöffentlichkeit anbietet. Intuitiv spricht hierfür, dass Behavioral Law & Economics paternalistische Regelungskonzepte befürwortet65 und dass der gleichberechtigte Zugang von Klein- und professionellen Anlegern zu Information das exakte Gegenteil von Paternalismus ist. Man könnte etwa argumentieren, der verzögerte Zugang zum Markt verderbe die Geschäfte von Kleinanlegern und schütze sie hierdurch langfristig vor ihren eigenen Fehlern. Kleinanleger müssten nur hinreichend über ihren Nachteil informiert werden, und sie würden von ruinösen Handelstaktiken Abstand nehmen. Ebenso könnte man meinen, dass Emittenten unter einem System der Bereichsöffentlichkeit höhere Anreize hätten, den Markt mit Information zu versorgen: Da professionelle Marktteilnehmer in der oben aa) beschriebenen ersten Handelsrunden nicht mit Kleinanlegern um die Ausbeutung der Nachricht konkurrieren, könnte das Konzept der Bereichsöffentlichkeit Emittenten Anreize setzen, den Markt frühzeitig, differenziert und auf hohem Niveau zu informieren, denn Emittenten würden sicher sein, dass ihre Mitteilung korrekt verstanden würde. Die vorrangige Versorgung der professionellen Marktöffentlichkeit könnte demnach kurz- und langfristige Volatilität senken und Marktschocks verhindern.66 Sollte man daher sogar eine Ausweitung des Konzepts der Bereichsöffentlichkeit – oder gar sonstige Formen selektiver Informationsweitergabe – fordern? Die Antwort lautet: nein. Eine solche Fürsprache würde die bisherigen Ergebnisse dieser Arbeit ignorieren. Übermäßiges Selbstbewusstsein, Wunschdenken, Ankereffekte und fehlendes Wissen vom Konzept der Bereichsöffentlichkeit führen dazu, dass sich „Pseudo-news traders“ durch die 64 Zur Vergleichbarkeit von Bereichsöffentlichkeit und selective disclosure i. S. v. Regulation FD s. o. § 4 II.1.b). 65 s. o. § 3 III. 66 Vgl. im Hinblick auf selective disclosure gegenüber Finanzanalysten und Regulation FD Langevoort, 97 Nw. U. L. Rev. 135, 164 f. (2002).

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zwei Handelsrunden gerade nicht vom Handel abschrecken lassen. Es erscheint daher vorzugswürdig, sie mit professionellen Marktteilnehmern um die Ausbeutung von Neuigkeiten konkurrieren zu lassen, denn hierdurch erhalten sie eine deutlichere Rückmeldung über ihre strukturellen Nachteile.67 Auch hat die obige Argumentation gezeigt, dass professionelle Anleger selbst ohne Begrenzung der Arbitragemöglichkeiten ihren Informationsvorteil gerade nicht dazu nutzen würden, um Preise informativer zu machen, sondern um den anderen Spekulanten „Sand in die Augen zu streuen“ bzw. Signale für positive feedback trading zu setzen.68 Aus diesen Gründen ist auch nicht gewährleistet, dass Emittenten einen Anreiz hätten, den Markt früher und reichhaltiger mit Information zu versorgen. Wenn professionelle Anleger Preissignale setzen, um positive feedback trading zu initiieren, ist dies gerade das Gegenteil von wohl überlegter Einarbeitung differenzierter Information in Preise. Die oben entwickelten Gegenargumente können daher nicht überzeugen. Gleichzeitig – dies sollte für den rechtsmethodischen Teil dieser Arbeit festgehalten werden – zeigt die Diskussion um den gleichberechtigten Zugang von Anlegern zum Kapitalmarkt, dass Behavioral Finance nicht nur Paternalismus favorisiert, sondern auch dafür votieren kann, Marktteilnehmer Situationen auszusetzen, in denen sie mit ihren Fehlern konfrontiert werden, sofern hiervon ein Lerneffekt zu erwarten ist.69 Hierauf wird zurückzukommen sein.70 ee) Zwischenergebnis Das Konzept der gleichzeitigen Information von breitem Anlegerpublikum und professionellen Marktteilnehmern ist nach alledem de lege ferenda vorzugswürdig. Es wäre daher wünschenswert, wenn § 5 WpAIV so geändert würde, dass Ad-hoc-Mitteilungen in ein allen Marktteilnehmern über das Internet zugängliches elektronisches Datenverarbeitungssystem eingespeist werden müssten.71

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s. soeben unter § 4 II.1.c)bb). s. o. § 4 II.1.c)aa). 69 s. o. § 3 III. s. auch schon den allgemeinen Hinweis von Fleischer FS Immenga, 2004, 575, 586 f.: „Dabei gilt es zu bedenken, daß nicht alle nachweisbaren Verhaltensanomalien nach rechtspaternalistischer Remedur rufen“. 70 s. noch § 4 II.2.d)jj)(1)(b): „Warnung im materiellen Sinne“. 71 s. dazu o. § 4 II.1.c)bb) m. w. N. 68

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d) Die Veröffentlichung von Ad-hoc-Meldungen de lege lata Fraglich ist, ob die gleichzeitige Information von breitem Anlegerpublikum und professionellen Händlern auch der Rechtslage de lege lata entspricht. aa) Europarechtliche Vorgaben Auf europarechtlicher Ebene ist das Recht der Ad-hoc-Meldungen durch die Marktmissbrauchsrichtlinie neu geregelt worden.72 Diese überlässt in Art. 6 Abs. 10 die nähere Bestimmung der Veröffentlichungsweise von Adhoc-Nachrichten einer Durchführungsrichtlinie, die hierauf von der Kommission im Kommitologieverfahren erlassen wurde (im Folgenden „Durchführungsrichtlinie“)73. Schon deren Art. 2 Abs. 4 könnte einen Abschied von dem Prinzip der Bereichsöffentlichkeit fordern. In dieser Vorschrift verlangt die Kommission: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Emittenten in ausreichendem Maße dafür Sorge tragen, dass die Veröffentlichung einer Insider-Information an das Publikum so zeitgleich wie möglich für alle Anlegerkategorien in den Mitgliedstaaten erfolgt, in denen diese Emittenten die Zulassung ihrer Finanzinstrumente zum Handel auf einem geregelten Markt beantragt oder bereits erhalten haben“ (Hervorheb. d. Verf.). Unklar bleibt allerdings die Wirkrichtung dieses Differenzierungsverbotes: Verbietet es differenzierte Bekanntgabe mit Rücksicht auf Anlegerkategorien oder im Hinblick auf Mitgliedstaaten?74 In den Erwägungsgründen sowohl der Durchführungs- als auch der Marktmissbrauchsrichtlinie sucht man vergeblich nach Antworten. Erwägungsgrund Nr. 4 der Durchführungsrichtlinie wiederholt lediglich das Gebot zur zeitgleichen Veröffentlichung „für alle Anlegerkategorien in den Mitgliedstaaten“; Erwägungsgrund Nr. 43 der Marktmissbrauchsrichtlinie betont „die Notwendigkeit, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer“ zu schaffen,75 und auch hier bleibt offen, ob Differenzierungen nach Anlegerkategorien oder nach Mitgliedstaaten verboten sein sollen. 72 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 16. 73 Richtlinie 2003/124/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation, ABl. Nr. L 339 v. 24.12.2003, S. 70. 74 Im zuletzt genannten Sinne Rodewald/Tüxen, BB 2004, 2249, 2250. 75 ABl. Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 20.

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Allerdings verweist die Kommission für die Art und Weise der Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen in Art. 2 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie auf Artt. 102, 103 der Richtlinie 2001/34/EG (sog. Koordinationsrichtlinie)76. Diese Artikel übernahmen von der Börsenzulassungsrichtlinie das Konzept der breiten Öffentlichkeitsinformation, so dass starke Indizien darauf hindeuten, dass der europäische Gesetzgeber an der bisherigen Rechtslage nichts ändern wollte. Auf der anderen Seite erklären die Erwägungsgründe der Marktmissbrauchsrichtlinie: „Die modernen Kommunikationsmittel ermöglichen einen zunehmend gleichberechtigten Zugang zu den Finanzinformationen für professionelle Finanzmarktteilnehmer und für private Anleger“77. In Anlehnung an ein schon in der früheren Diskussion aufgekommenes Argument könnte man hieraus ableiten, Gleichberechtigungsprobleme erledigten sich allein durch voranschreitende Technik, erforderten also kein gesetzgeberisches Eingreifen.78 Hiergegen spricht allerdings zumindest für die derzeitige Rechtslage in Deutschland, dass keiner der Internetanbieter (insbesondere auch nicht die Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität) eine vollständige Sammlung von Ad-hoc-Mitteilungen anbietet.79 Außerdem erscheint der gleichzeitige Zugang von Anlegern zu Ad-hoc-Information als ein zu wichtiges Thema, um es gestützt auf den o. g. Erwägungsgrund privaten Institutionen zu überlassen. Nach alledem wird man auch der Marktmissbrauchsrichtlinie und ihrer Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG weiterhin ein Konzept der breiten Öffentlichkeitsinformation entnehmen können.80

76 Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, ABl. Nr. L 184, bereinigt ABl. Nr. L 217. 77 ABl. Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 18, Erwägungsgrund Nr. 25. 78 Hierzu etwa von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 100 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 16.328; Matusche in Herrmann/ Berger/Wackerbarth, Deutsches und Internationales Bank- und Wirtschaftsrecht im Wandel, 1997, S. 100, 112; Merkt, RabelsZ 64 (2000), 517, 530 f.; von Rosen in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 2 Rn. 211; Wittich, AG 1997, 1, 5. Die voranschreitende Verbreitung des Internets zieht Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, BankR VI Rn. 133 als Argument für eine richtlinienkonforme Auslegung des § 15 WpHG (a. F.) heran. 79 Möllers, ZBB 2003, 390, 394. 80 Ebenso im Ergebnis Grimme/v. Buttlar, WM 2003, 901, 907 (freilich ohne Blick auf die Durchführungsrichtlinie).

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bb) Deutsche Rechtslage Diese Vorgabe würde für das deutsche Recht allerdings dann keine Wirkungen entfalten, wenn sich der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich (erneut) für ein Konzept der Bereichsöffentlichkeit entschieden hätte. Auch die richtlinienkonforme Auslegung verlangt nämlich kein Judizieren contra legem.81 Wie bereits oben gesehen, hat sich der Gesetzgeber des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes bewusst für ein Konzept der Bereichsöffentlichkeit entschieden.82 Gegen die Fortgeltung dieser Entscheidung hat Möllers eingewandt, dass der Gesetzgeber im 4. Finanzmarktförderungsgesetz mit Rücksicht auf § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG a. F. beklagte, der Missbrauch von Ad-hoc-Mitteilungen zu Werbezwecken mache es „für den durchschnittlichen Anleger unmöglich, die wirklich kursrelevanten Informationen zu erkennen“.83 Auch seien die Schadensersatzansprüche der §§ 37b, 37c WpHG nicht erklärbar, würde sich die Ad-hoc-Publizität allein an professionelle Anleger wenden.84 Mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 WpAIV hat sich das Bundesfinanzministerium aber erneut zugunsten der Bereichsöffentlichkeit entschieden.85 Der Gesetzgeber des AnSVG hat sich zu der Frage nicht weiter geäußert, sondern die Art und Weise der Veröffentlichung gem. § 15 Abs. 7 WpHG dem Verordnungsgeber überlassen. De lege lata bleibt es daher angesichts dieser eindeutigen Entscheidung dabei, dass Ad-hoc-Mitteilungen nur bereichsöffentlich gemacht werden müssen.86 e) Zusammenfassung Das Konzept der Bereichsöffentlichkeit stellte das erste Dogma traditionellen Kapitalmarktrechts dar, das mithilfe von Einsichten zur Behavioral Finance hinterfragt wurde. Die Analyse führte zu dem Ergebnis, dass de lege ferenda ein Konzept der gleichzeitigen Information professioneller und 81 Etwa Brechmann, Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994, S. 266 ff.; Canaris, FS Bydlinski, 2002, 47, 91 ff.; Klauer, Die Europäisierung des Privatrechts, 1998, S. 51 f. jeweils m. w. N. A.A. Grundmann, ZEuP 1996, 399. 82 Dazu o. § 4 II.1.a). 83 Begr RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 87 (Hervorheb. d. Verf.); zum Argument Möllers in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, 2003, § 3 Rn. 57. 84 Möllers in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, 2003, § 3 Rn. 57, Struck, Ad hoc-Publizitätspflicht zum Schutz der Anleger vor vermögensschädigendem Wertpapierhandel, 2003, S. 161. 85 s. schon o. § 4 II.1.d)bb). 86 Zur inhaltlichen Gestaltung von Ad-hoc-Meldungen s. aber noch u. § 4 II.2.e)aa).

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un- bzw. semiprofessioneller Marktteilnehmer zu befürworten ist. In rechtsmethodischer Hinsicht konnte die o. § 3 IV aufgestellte Vermutung bestätigt werden, dass Regelungskonzepte, die auf Behavioral Decision Theory aufbauen, nicht immer Paternalismus fordern, sondern möglicherweise sogar – wie im Fall der gleichzeitigen Anlegerinformation – das exakte Gegenteil, nämlich den gleichberechtigten und unvermittelten Zutritt zum Markt. De lege lata sind Ad-hoc-Meldungen allerdings aus unumstößlichen subjektivteleologischen Gründen auch weiterhin nur bereichsöffentlich zu machen. 2. Bewertungsmaßstab für den Inhalt von Emissionsprospekten und Ad-hoc-Mitteilungen Mit den vorstehenden Überlegungen ist das Fundament gelegt, um zu analysieren, auf welchen Anlegertyp bei der inhaltlichen Gestaltung von Emissionsprospekten und Ad-hoc-Mitteilungen abgestellt werden sollte. Rechtliche Bedeutung hat diese Frage insbesondere, weil ihre Antwort impliziert, welcher Maßstab für die Richtigkeit und Vollständigkeit von Emissionsprospekten und Ad-hoc-Meldungen gelten soll. a) Zwei Konzepte Ähnlich dem oben genannten Konzept der Bereichsöffentlichkeit und dem Modell der breiten Anlegerinformation konkurrieren hier zwei Modelle, die etwas vergröbert folgendermaßen charakterisiert werden können. Nach dem ersten Modell soll Kapitalmarktinformation das breite Anlegerpublikum ansprechen. Angaben im Emissionsprospekt oder in Ad-hocMitteilungen müssen so gefasst werden, dass der ungeschulte Kleinaktionär sie versteht. Zwar kommt kapitalmarktrechtlicher Publizität in diesem Modell nicht die Funktion individueller Anlageberatung zu, denn solche Anlageberatung müsste die gesamte Vermögenssituation des Anlegers mitbedenken. Auch schließt die Information des breiten Publikums die gleichzeitige Information professioneller Anleger mit detaillierter Information nicht notwendigerweise aus. Ziel von Kapitalmarktinformation ist aber trotzdem, den Kleinanleger über die Lage des Emittenten ebenso gut aufzuklären wie professionelle Marktteilnehmer.87 Dieses Modell soll im folgenden Modell der unmittelbaren Anlegerinformation genannt werden. In dem zweiten Modell sind professionelle Marktteilnehmer Adressaten der Information. Zentralfiguren dieses Modells sind Finanzintermediäre wie 87

s. hierzu die Nachweise u. § 4 II.2.b) in Fn. 99 ff.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

Fonds- und Portfoliomanager, Finanzanalysten, Broker und Anlageberater und auch die Presse88. Sie haben die Aufgabe, Information aufzubereiten, an das breite Anlegerpublikum weiterzukommunizieren und gegebenenfalls individuelle Anlageberatung zu betreiben. Aus diesem Grund kann man das zweite Modell das Modell der mittelbaren Kapitalmarktinformation89 oder Filtermodell nennen.90 Greifen Kleinanleger nicht auf Finanzintermediäre zurück, und missverstehen sie die Information, stehen sie ohne Schutz dar, es sei denn, der Fehler hätte auch professionellen Anlegern unterlaufen können. Dieser Mechanismus macht die Wirkungen des Filtermodells abstufbar: So kann man als Adressaten nicht den „professionellen Marktteilnehmer schlechthin“ bestimmen, sondern einen stilisierten Marktteilnehmer mit bestimmten Fähigkeiten. Verfügt der Kleinanleger nicht über diese Fähigkeiten, muss er sie – aber eben auch nur sie – durch einen Berater substituieren. b) Bestandsaufnahme zum deutschen Recht Ein solches Filtermodell in abgestufter Form hat der BGH in seinem grundlegenden BuM-Urteil zur Prospekthaftung aus dem Jahre 1982 vertreten. In dieser Entscheidung stellte der Zweite Zivilsenat für die Bewertung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Prospektangaben auf den „durchschnittlichen Anleger“ ab, „der zwar eine Bilanz zu lesen versteht, aber nicht unbedingt mit der in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut zu sein braucht“91. Zu Recht dem Vorwurf ausgesetzt, inkompatible Anforderungen aufzustellen, weil „durchschnittliche Anleger“ 88

s. hierzu auch kürzlich Spindler, NZG 2004, 1138. Vgl. Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 44: „Modell der mittelbaren Information durch Kapitalmarktintermediäre“; s. auch Loistl, Die Bank 1993, 456, 458 f.; Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 276. 90 Firtel, 72 S. Cal. L. Rev. 851, 866 ff. (1999): „filtration theory“; s. hierzu auch schon Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 375 ff. Assmann, FG Kübler, 1997, 317, 330 f. spricht mit Rücksicht auf die BGH-Rechtsprechung zur Prospekthaftung („durchschnittlicher Anleger“) vom „Modell der Marktinformation“, in der Prospekte nur dem Informationsbedürfnis des Marktes genügen müssen und „die Umsetzung marktbezogener Information durch Prospekte der im Verantwortungskreis des einzelnen Anlegers anzusiedelnden individuellen Anlageberatung“ überlassen ist (a. a. O., S. 331). Diese Vorstellung der Marktinformation ist auch dem Modell der Bereichsöffentlichkeit inhärent, s. erneut Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48 (Information von Marktteilnehmern). 91 BGH NJW 1982, 2823, 2824 (BuM); zust. OLG Frankfurt WM 1994, 291, 295 (Bond); OLG Frankfurt WM 2004, 1831, 1835 (EM. TV); Ehricke in Hopt/ Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 220; zust. ebenfalls OLG Düsseldorf WM 1984, 586, 592 (BuM), das sich allerdings nur auf den „durchschnittlichen Anleger“ bezieht; ebenso LG Frankfurt WM 1992, 1768, 1771 (Bond): „verständiger und sorgfältiger Anleger“. 89

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keine Bilanz lesen könnten,92 bedeutet die BGH-Judikatur vor allem, dass Anlegern nicht schon im Prospekt bilanzielle Zusammenhänge vermittelt werden müssen, sondern sie insoweit auf Anlageberater angewiesen sind,93 und dass der Prospekt erläuternde Angaben enthalten muss, soweit Information nur bei darüber hinaus gehendem Spezialwissen verständlich wäre.94 Bei anderen Gerichten und in der Literatur erfreut sich das Filtermodell hoher Beliebtheit: So nennen einige Stimmen als Prospektadressat den „kundigen Leser oder den sachverständig-beratenen Anleger“95, den professionellen Marktteilnehmer96 oder den Fachmann97.98 Von anderen wird demgegenüber das Alternativmodell favorisiert: So stellt eine verbreitete Literaturansicht auf den unkundigen Kleinaktionär ab99, auf den „unbewanderten Laien“100, und auch wenn andere Aufmerksamkeit, Kritikfähigkeit und vor allem Verständnis verlangen,101 heißt dies 92 Etwa Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 317; Assmann in Assmann/Schütze, Hanbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 7 Rn. 64; Assmann in Assmann/ Lenz/Ritz, VerkaufsprospektG, 2001, § 13 Rn. 23; Hamann in Schäfer, WpHG, 1999, §§ 45, 46 BörsG Rn. 84; Schwark, ZGR 1983, 162, 168; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG Rn. 19; dagegen OLG Frankfurt WM 2004, 1831, 1835 (EM. TV). 93 Instruktiv hierzu OLG Frankfurt WM 2004, 1831, 1835 ff. (EM. TV). 94 OLG Frankfurt WM 1994, 291, 295 (Bond). 95 So eine der Vorinstanzen im BuM-Prospekthaftungsprozess: LG Düsseldorf WM 1981, 102, 106 (BuM). 96 Spindler, DStR 2002, 1576, 1577. 97 Vgl. Wittmann, DB 1980, 1579, 1583; Schönenberger, Ökonomische Analyse der Notwendigkeit und Effizienz des börsengesetzlichen Haftungsregimes, 2000, S. 126 („fachkundiger Anleger“). 98 Außerdem das Filtermodell befürwortend Assmann, FG Kübler, 1997, 317, 331 („Modell der Marktinformation“); Assmann in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Deutsches und europäisches Bank- und Börsenrecht, 1994, S. 110 f.; Ekkenga, Anlegerschutz, Kapitalmarkt und Rechnungslegung, 1998, S. 441 ff.; Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, Recht des Primärmarktes, 1999, S. 374, 376 ff. („Intermediär-Lösung“); zuneigend auch Kübler, AG 1977, 85, 90 f.; offen Assmann, AG 1993, 549, 560 f. 99 Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 318 f.; Brondics/Mark, AG 1989, 339, 341; Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 2279; H.H. Ehricke, DB 1980, 2429, 2432; Hamann in Schäfer, WpHG, 1999, §§ 45, 46 BörsG Rn. 84; Kunz, Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, Jur. Diss. Bochum 1992, S. 87 f.; Kunz, BB 1994, 738, 739. 100 Wunderlich, DStR 1975, 688, 690 (im Hinblick auf zivilrechtliche Prospekthaftung). 101 Vgl. OLG Düsseldorf 1981, 960, 965 (BuM); Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 44; Hopt/Voigt in Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 42 ff.; J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 1996, S. 92–94 (hinsichtlich Textangaben); Schwark, ZGR 1983, 162, 170; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG Rn. 19. Gegen das Merk-

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allein noch nicht, dass Kleinanleger gezwungen sind, auf professionelle Berater zurückzugreifen102. Im Hinblick auf den Adressaten von Ad-hoc-Mitteilungen werden ebenfalls die beiden einleitend genannten Modelle diskutiert. Aufgekommen ist die Frage insbesondere im Zusammenhang mit zahlreichen Haftungsklagen gegen Organmitglieder wegen falscher Ad-hoc-Mitteilungen, auch wenn sich der BGH in seinen Informatec-Urteilen zu dieser Frage – soweit ersichtlich – nicht geäußert hat.103 Entsprechend dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit sieht die wohl herrschende Meinung professionelle Marktteilnehmer als Adressaten des Inhaltes von Ad-hoc-Mitteilungen an.104 Andere bestreiten dies und verlangen, dass die breite Öffentlichkeit (zumindest auch) bzw. der „durchschnittliche Anleger“ durch Ad-hoc-Meldungen informiert werden müsse.105 c) Rechtsvergleich mit dem Recht der Vereinigten Staaten Auch in den Vereinigten Staaten werden sowohl Filtermodell als auch das Konzept der unmittelbaren Anlegerinformation diskutiert.106 mal der Aufmerksamkeit LG Frankfurt WM 1998, 1181, (MHM Mode) unter Berufung auf BGH NJW 1982, 2823 (BuM). 102 Deutlich insoweit Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 44 (Modell der mittelbaren Kapitalmarktinformation empfiehlt sich nicht als allgemeine Leitlinie). A.A. wohl LG Frankfurt WM 1992, 1768, 1771 (Bond) unter Berufung auf BGH NJW 1982, 2823 (BuM). Unklar insoweit die Ausführungen des OLG Düsseldorf 1981, 960, 964 f. (BuM). 103 BGHZ 160, 134 (Informatec I); BGH NJW 2004, 2668 (Informatec II). 104 LG München I WM 2001, 1948 (Informatec I); Ekkenga, ZGR 1999, 165, 190; Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 137; Happ, JZ 1994, 240, 243; Rieckers, BB 2002, 1213, 1214; wohl auch Arbeitskreis Deutsche Börse, WM 1994, 2038, 2046 („Die Unterrichtung des breiten Anlegerpublikums verlangt das Gesetz somit nicht“). Auf der Ebene des europäischen Kapitalmarktrechts Mülbert, WM 2001, 2081, 2095, 2098 f. Auf rechtspolitischer Ebene Hopt/Voigt, WM 2004, 1801, 1802. 105 OLG München NJW 2003, 144, 144 f. (Informatec II); LG Augsburg WM 2001, 1944, 1945 (Informatec II); Möllers, ZBB 2003, 390, 393 f.; Möllers in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publikzität, 2003, § 3 Rn. 53 ff.; Möllers in Horn/Krämer, Bankrecht 2002, 2003, S. 271, 289 ff.; Möllers/Leisch, BKR 2001, 78, 80; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1652; Möllers/Leisch, ZIP 2002, 1995; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1473; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 Rn. 153 f., §§ 37b, 37c Rn. 35; inzident in der Tendenz Hopt, WM 1985, 793, 801. Auf der Ebene des europäischen Rechts pro unmittelbare Anlegerinformation Möllers, ZGR 1997, 334, 358 ff.; Möllers, ZBB 2003, 390, 393 f. Auf rechtspolitischer Ebene Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 173 Fn. 76; auch schon Hopt, ZGR 1980, 224, 239 f. 106 Ausführlich Firtel, 72 S. Cal. L. Rev. 851 (1999); knapper Überblick bei Hazen, 86 Nw. U. L. Rev. 987, 1025 ff. (1992).

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Ebenso wie in Deutschland sind zahlreiche Wissenschaftler in den USA der Ansicht, dass Disclosure nur an professionelle Marktteilnehmer adressiert sein solle. Zum einen wird dem Kleinanleger angesichts der Komplexität des Kapitalmarktgeschehens die Fähigkeit abgesprochen, überhaupt informierte Investmententscheidungen zu treffen.107 Zum anderen ist man – ebenso wie teilweise in Deutschland – überzeugt, Finanzintermediäre könnten den Informationsfluss zum Anleger effizienter steuern als Emittenten.108 Anklänge findet diese Betrachtungsweise auch in Gerichtsentscheidungen.109 Herrschend ist diese Ansicht jedoch nicht. Spätestens seit dem im Jahre 1969 veröffentlichten Wheat-Report, in dem eine hierzu berufene Kommission die Disclosure-Politik des Securities Act und Securities Exchange Act evaluierte, sieht die SEC sowohl professionelle Marktteilnehmer als auch Kleinanleger als Adressaten von Kapitalmarktpublizität an.110 Die Entscheidung Feit v. Leasco Data Processing Equipent Corp. übernahm diese Philosophie.111 Chancengleichheit zwischen Kleinanlegern und professionellen Marktteilnehmern zu schaffen, war auch danach erklärtes Ziel verschiedener SEC-Reformen: Schon oben wurde Regulation FD vorgestellt, mit der die SEC sicherstellt, dass alle Marktteilnehmer zur gleichen Zeit von veröffentlichten Informationen erfahren.112 Mit den so genannten „Plain English“107 Grundlegend Kripke, 45 N.Y.U. L. Rev. 1151, 1164 (1970); Kripke, 28 Bus. Law. 631 (1973). 108 Grundlegend Cohen, 79 Harv. L. Rev. 1340, 1352 f., 1377 (1966); s. auch Mann, 40 Geo. Wash. L. Rev. 222, 226 (1971). Wesentlich zementiert wird dieser Ansatz durch Easterbrook/Fischel, 70 Va. L. Rev. 687 ff., 693–695 (1984). 109 Shvetz v. Industrial Rayon Corp., 212 F.Supp. 308, 310 (S.D.N.Y. 1960): „While it might be true that a person of limited education or non familiarity with corporate finances and legal matters would find it difficult to understand many of the facets of the proposed merger, that is not the test. The statute requires the absence of false and misleading statements, as do the S.E.C. rules. Nowhere does either require that corporate reorganizations and mergers be explained in language comprehensible to school children.“; zust. Walpert v. Bart, 280 F.Supp. 1006, 1014 (D. Md. 1967); McCloskey v. Epko Shoes, Inc., 391 F.Supp. 1279, 1283 (D.C.Pa. 1975): „The fact that an unsophisticated investor may be confused by, or not understand such language is not the test to be applied“. 110 Hierzu zusammenfassend Firtel, 72 S. Cal. L. Rev. 851, 860 ff. (1999); Loss/ Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 5th Ed. 2004, S. 182 ff. 111 332 F.Supp. 544, 566 (E.D.N.Y.): „The significance of these observations is that the objectives of full disclosure can be fully achieved only by complete revelation of facts which would be material to the sophisticated investor or the securities professional not just the average common shareholder. But, at the same time, the prospectus must not slight the less experienced. They are entitled to have within the four corners of the document an intelligible description of the transaction“. 112 s. o. § 4 II.1.b). Diese Regelung gilt freilich grundsätzlich nur für den Sekundärmarkt, s. 17 CFR § 243.100(2)(iv).

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Reformen aus dem Jahre 1998 verlangt die SEC außerdem eine sprachlich klare Gestaltung von Emissionsprospekten, um Informationsasymmetrien zwischen Kleinanlegern und professionellen Marktteilnehmern auf dem Primärmarkt zu reduzieren.113 d) Rechtspolitische Diskussion Das Filtermodell und das Modell der unmittelbaren Anlegerinformation sollen zunächst auf rechtspolitischer Ebene diskutiert werden. Sodann stehen einschlägige Fragen de lege lata im Vordergrund [dazu u. e)]. aa) Schwächen des Marktes für Anlageberatung Ein Grundstein im Gedankengebäude der Filtertheorie ist die Überzeugung, dass (a) professionelle Marktteilnehmer Information von Emittenten besser verstehen und effizienter aufbereiten und filtern als direkte Kommunikation zwischen Emittent und breitem Anlegerpublikum114 und dass (b) Finanzintermediäre Kleinanleger zu vorteilhafteren Investitionsentscheidungen leiten115. Dabei können – ganz im Sinne des Filtermodells – Finanzintermediäre nicht nur klassische Anlageberater und Portfolio-Manager sein, sondern auch Investmentfonds, die Kleinanlegern Geldanlagen anbieten, Finanzanalysten oder die Presse.116 An dieser Gedankenkette lassen sich zahlreiche Zweifel formulieren: Abgesehen davon, dass übermäßig selbstbewusste Kleinanleger häufig gar nicht auf Finanzintermediäre zurückgreifen (Prozess der Disintermediation),117 erkennt man zunächst ein Argument wieder, das schon oben als allgemeines Argument gegen Behavioral Law & Economics auftauchte, nämlich die Behauptung, das Recht brauche kognitive Fehler von Marktteilnehmern nicht zu berücksichtigen, wenn und weil der private Beratungsmarkt dies viel effektiver besorgen könne.118 Schon oben wurde jedoch da113 Sec. Act Rel. No. 33-7497, 63 Fed. Reg. 6370 (1998). Hierzu noch u. § 4 II.2.d)jj). 114 Insoweit etwa Cohen, 79 Harv. L. Rev. 1340, 1377 (1966); Ekkenga, Anlegerschutz, Kapitalmarkt und Rechnungslegung, 1998, S. 426 ff.; Firtel, 72 S. Cal. L. Rev. 851, 868 (1999); s. hierzu auch Coffee, 70 Va. L. Rev. 717, 724 (1984). 115 Etwa Heinze, Europäsiches Kapitalmarktrecht, Recht des Primärmarktes, 1999, S. 376. 116 s. o. § 4 II.2.a). 117 Dazu Barron/Byard/Enis, Leveling the Informational Playing Field (December 2002); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=362400, S. 3 und schon o. § 3 II.1. 118 s. o. § 3 II.1.

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rauf hingewiesen, dass dieses Argument ein Trugschluss ist. Wenn nämlich Marktteilnehmer unter Urteilsverzerrungen leiden, können sie ebenso von Beratern ausgebeutet werden.119 Selbst wenn man unterstellt, dass professionelle Marktteilnehmer tatsächlich alle Information über sämtliche Emittenten sammeln und analysieren,120 setzt das Filtermodell weiterhin voraus, dass sie – insbesondere Anlageberater – Kleinanleger interessengemäß beraten. Dafür spricht, dass Finanzintermediäre vom Erfolg ihrer Kunden leben: Beraten sie ihre Kunden schlecht, ziehen diese ihr Geld auf lange Sicht aus dem verwalteten Portfolio ab. Außerdem konkurrieren Finanzintermediäre um die Gunst der Kunden. Dieser Wettbewerb müsste für eine marktmäßige Auslese schlecht beratender Intermediäre sorgen, so dass schließlich nur noch diejenigen übrig bleiben müssten, die ihren Kunden zur richtigen Anlageentscheidung verhelfen. Dass dieser Marktmechanismus ausreichend diszipliniert, ist jedoch äußerst zweifelhaft: Zunächst kann man schon in Frage stellen, ob Finanzintermediäre als Gruppe überhaupt ein hinreichendes Interesse daran haben, das Vermögen ihrer Kunden zu vermehren. Das mag für die Anbieter von Investmentfonds zutreffen; das Einkommen von Anlageberatern ist jedoch zum größten Teil abhängig vom Umsatz, nicht aber vom Erfolg der Kunden.121 Das Training, das Anlageberater absolvieren, ist daher ebenso auf das Profil eines Verkäufers zugeschnitten wie auf das eines Beraters.122 Doch auch wenn man unterstellt, Anlageberater hätten ausreichende Anreize, ihre Kunden optimal zu beraten, bestehen Zweifel an ihrer Fähigkeit, dies tatsächlich zu tun: Zum einen ist es wahrscheinlich, dass auch professionelle Marktteilnehmer kognitiven Fehlvorstellungen unterliegen,123 insbesondere dem overconfidence und overoptimism bias, denn Urteilssicherheit ist ebenso elementares Attribut jeden Verkäufers wie Optimismus124. Schon oben bei den limits of arbitrage wurden darüber hinaus Gründe vorgestellt, warum Fonds- und Portfoliomanager Anreize haben können, exzessive Risiken einzugehen.125 119

s. o. § 3 II.1. Zweifel hat insoweit Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 44. 121 Dies als Argument anführend Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 648 f. (1996); Prentice, 51 Duke L.J. 1397, 1429 (2002); Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 642 (1995). 122 Für die USA Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 650 (1996): „(. . .) as much a salesperson as a transmitter of information“. 123 s. schon o. § 2 V.3.b)ff). 124 Studien haben gezeigt, dass optimistische Verkäufer mehr Erfolg haben als ihre pessimistischen Kollegen, s. etwa Corr/Gray, 69 J. Occupational & Organizational Psychol. 83 (1996). s. im Übrigen Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 663 (1996) m. w. N. zur psychologischen Literatur. 125 s. o. § 2 V.3.b)cc)(2). 120

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Diese Argumente lassen sich auf klassische Anlageberater übertragen, denn auch sie werden nach ihrer kurzfristigen Leistung bewertet.126 In BoomZeiten droht der übermäßig selbstbewusste und am self-attribution bias leidende Intermediär darüber hinaus leicht, in Hybris zu verfallen und davon überzeugt zu sein, immer die richtigen Entscheidungen zu treffen (hot hand effect). Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob der Markt tatsächlich im oben genannten Sinne die Spreu vom Weizen der Finanzintermediäre trennen kann. Denn die Transparenz auf dem Markt wird durch den Zufall verdunkelt: Erstens ist es äußerst schwer, beim Abschneiden von Fonds-, Portfolio-Managern und Anlageberatern zwischen Können und Glück zu unterscheiden und darauf aufbauend die Zukunft zu prognostizieren.127 Empirische Untersuchungen zeigen, dass man aus der vergangenen Bilanz professioneller Anleger kaum auf ihre zukünftige Leistung schließen kann.128 Zweitens besteht die Gefahr, dass Intermediäre, die sich mit vergangenen Marktkonditionen auskannten, schlecht auf zukünftige Veränderungen vorbereitet sind.129 Drittens können selbst die besten Anlageberater zumindest kurzfristig aufgrund zufälliger Ereignisse oder Marktaktivität Misserfolge einfahren (denke an die limits of arbitrage). Da Kleinanleger ihre Anlageberater aber aufgrund ihrer kurzfristigen Performance bewerten (s. o.),130 haben Anlageberater, Fondsmanager und sonstige Finanzintermediäre oft nicht den Mut bzw. keine hinreichenden Anreize, ihre Anlagestrategie von der Konkurrenz zu entfernen, und „traben“ stattdessen „mit der Herde“.131 Besseres Können setzt sich auf dem Beratungsmarkt daher nicht notwendigerweise durch. Weiterhin ist – wie bereits angedeutet und vielleicht am wichtigsten – der Anleger selbst häufig daran gehindert oder nicht gewillt, schlechte Berater oder sonstige Finanzintermediäre auszuwechseln. Dafür spricht nicht nur das allgemeine Pfadabhängigkeits-Phänomen (Je länger sich Anleger von demselben Berater helfen lassen, desto stärker lohnt es sich, bei diesem Berater zu bleiben, denn er kennt die Vermögensverhältnisse am besten, ist mit den Risikopräferenzen des Kunden vertraut etc.), sondern auch einige bekannte Urteilsverzerrungen: Durch einen Überschwang an Werbung, Zeitungsmeldungen, Mundpropaganda und sonstigen Informationskaskaden entwickeln Anleger in Boom-Zeiten, unterstützt durch die Verfügbarkeitsheuris126 Etwa Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 662 (1996); Prentice, 51 Duke L.J. 1397, 1433 f. (2002). 127 Hierzu Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 442 ff. 128 Zusf. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 462 f. 129 Zusf. Harris, Trading & Exchanges, 2003, S. 476. 130 Dazu schon o. § 2 V.3.b)cc). 131 Dazu ausführlich o. § 2 V.3.a)ee).

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tik, die Erwartung, dass Anlageberater zuverlässig und erfolgreich seien, ohne zu hinterfragen, ob die Erfolgsgeschichten auf Können oder Glück zurückzuführen sind. Die Repräsentativitätsheuristik sorgt dafür, dass Anleger ihrem Berater Geld aufgrund weniger Erfolgsgeschichten der jüngsten Vergangenheit anvertrauen, ohne zu hinterfragen, wie lange der Berater schon im Geschäft ist und wie viele Anleger er bereits beraten hat (sample size neglect, law of small numbers). Base-rate neglect bewirkt, dass Anleger Erfolg von Anlageberatern bereitwillig auf Können zurückführen, ohne zu hinterfragen, wie sich der Markt allgemein in der Referenzperiode entwickelt hat und wie wahrscheinlich es daher insgesamt war, am Markt Erfolg zu haben. Hierfür spricht auch der self-attribution bias, denn diese Urteilsverzerrung hindert Anleger auch an der Einsicht, dass sie eine schlechte Auswahlentscheidung getroffen haben. Nicht ausgeschlossen ist sogar, dass sich Anleger im Nachhinein an mehr Anlageerfolg erinnern, als ihnen der Berater tatsächlich beschert hat.132 Schließlich scheuen sich Anleger davor, bei Unklarheiten oder Verständnisschwierigkeiten nachzufragen, um ihr minderes Wissen nicht gegenüber dem Anlageberater preiszugeben,133 und haben häufig Angst davor, dass Misstrauen das Verhältnis zu ihrem Anlageberater vergiftet und er ihre Interessen daher nicht optimal vertritt.134 Hinzu kommen einige bewusst von Beratern eingesetzte Mittel während des Verkaufsgesprächs, die Anleger davon abhalten, ihre Berater zu kontrollieren und auszutauschen: Berater bauen typischerweise eine freundschaftliche oder freundschaftsähnliche Beziehung zu ihren Kunden auf, die eine moralische Barriere errichtet und Anleger davon abhält, ihr Geld anderweitig zu investieren. Teilweise suchen Kunden bewusst eine solche Beziehung zu ihrem Anlageberater, weil sie glauben, dass er sie dann besser berät.135 Darüber hinaus haben Berater es in der Hand, durch geschickte Beschreibung (framing) Einfluss auf die Anlageentscheidung zu nehmen: So können sie das Phänomen des mental accounting ausnutzen und einen house money effect provozieren, indem sie einen bestimmten Teil des zu investierenden Geldes (z. B. den Gewinn aus einer früheren Anlage) als für bestimmte Investitionen „reserviert“ beschreiben. Sie können das Phänomen der loss aversion ausnutzen und bestimme Anlagemöglichkeiten nicht als „entgangene Gewinne“, sondern als „Verlust“ einer guten Chance beschreiben, um den Anleger zur Kaufentscheidung zu bewegen.136 Möchte der Berater, 132

Prentice, 51 Duke L.J. 1397, 1485 f. (2002). Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 653 f. (1996). 134 Prentice, 51 Duke L.J. 1397, 1469 f. (2002); generell dazu Rose, 75 B.U. L. Rev. 531, 540 f. (1995). 135 Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 654 (1996). 136 Dazu Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 654 (1996). 133

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dass der Anleger deinvestiert, spricht er nicht davon, „Verluste zu kappen“, sondern „Vermögen zu transferieren“137 und so fort.138 Schon das Kernargument des Filtermodells, Finanzintermediäre würden Kleinanleger zu den richtigen Entscheidungen leiten, erscheint nach alledem daher höchst zweifelhaft. bb) Das „Windschattenargument“ Auch das Windschattenargument kann von den Vertretern des Filtermodells ins Feld geführt werden.139 So könnte man argumentieren, Kleinanleger seien schon über den Preismechanismus davor geschützt, überhöhte Preise für Wertpapiere zu bezahlen bzw. zu einem zu niedrigen Preis zu deinvestieren, denn schon der Handel einiger informierter Marktteilnehmer führe zu fairen Preisen.140 Insofern sei auch das Ziel von Disclosure-Vorschriften erreicht, Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien zu verhindern, denn schon der Handel einiger professioneller Marktteilnehmer könne zuverlässig die „Schwarzen Scharfe“ unter den Emittenten herauspicken und deren Preise senken. Es sei daher nicht notwenig, dass Emittenten Kapitalmarktinformation kleinanlegergerecht aufbereiteten. Hiergegen sprechen jedoch alle Argumente, die bereits o. 1.c)aa) bei der Diskussion des Bereichsöffentlichkeits-Konzepts gegen das Windschattenargument angeführt wurden. Am Anfang der Gedankenkette steht erneut, dass übermäßig urteilssichere und optimistische Kleinanleger verkennen, dass ihre professionellen Wettbewerber zumeist besser informiert sind als sie selbst. Im Gegensatz zu den soeben genannten Erwägungen schließen sie daher trotz Unverständlichkeit der Information massenhaft Spekulationsgeschäfte ab und unterliegen dabei systematisch denselben Interpretationsfehlern. Sie überreagieren beispielsweise auf überraschende Gewinnprognosen, vernachlässigen die Tendenz zur mean reversion oder erkennen Trends in zufälligen Wertentwicklungen und entfernen so Preise von ihren Fundamentalwerten. Dieses noise trader-Risiko schreckt informierte Händler ab (limits of arbitrage), die entweder den Markt verlassen, somit der Markteffizienz weiteren Schaden zufügen und nicht mehr als „Liquiditätsanbieter der letzten Zuflucht“ bereitstehen oder die sich als stimmungsorientierte technische Händler betätigen und hierdurch Preisverzerrungen 137 Dazu Gross, The Art of Selling Intangibles, 1982, S. 150 und dazu Shefrin/ Statman, 40 J. Fin. 777, 780 f. (1985). 138 Für weitere Beispiele Langevoort, 84 Cal. L. Rev. 627, 650 ff. (1996). 139 s. hierzu schon o. § 4 II.1.c)aa). 140 s. auch Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 43 f.

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unterstützen und die Volatilität erhöhen. Auch das Windschattenargument spricht daher nicht für ein Filtermodell. cc) Heterogene Erwartungen und exzessive Spekulation auf Bullen-Märkten Soziale Kosten entstehen aber nicht nur aufgrund der soeben geschilderten Auswirkungen des Filtermodells auf Markteffizienz, Volatilität und Liquidität, sondern auch aufgrund des bei unverständlicher Information zu erwartenden erhöhten Handelsvolumens.141 Unverständliche Information stellt nämlich einen Quell par excellence für heterogene Erwartungen dar,142 die auf Missverständnissen und Fehlinterpretationen beruhen.143 Zwar erscheint die Behauptung, dass unverständliche Information mehr Spekulation auslöst, paradox, denn Marktteilnehmer müssten vor Handel zurückschrecken, wenn sie Information nicht verstehen.144 Dieses Argument setzt jedoch rationale Agenten voraus, die ihr Handelsvolumen entsprechend den zutreffend eingeschätzten Informationsvorteilen reduzieren. Zumindest in Boom-Zeiten kann man hiervon aber gerade nicht ausgehen: Erzielen übermäßig selbstbewusste noise traders allein aufgrund ihres Glücks bzw. der Marktstimmung (positive feedback trading) Kursgewinne, sorgt der self attribution bias dafür, dass sie sich für qualifizierte Anleger halten. Das Streben nach Dissonanzfreiheit bewirkt, dass sich Kleinanleger bei der Informationssuche auf solche Information beschränken, die ihre Erwartungen bestätigen (confirmation bias), und abstrakte oder unverständliche Information in ihrem Sinne interpretieren (illusion of knowledge). Die Repräsentativitätsheuristik und der conservatism bias führen dazu, dass der Marktstimmung widersprechende Nachrichten nur zögerlich in Preise eingearbeitet werden, so dass noise traders über eine längere Periode erfolgreich auf einer Welle des Marktoptimismus schwimmen können. Der house money effect sorgt dafür, dass Anleger bereit sind, immer größere Risiken einzugehen. Während dieser Zeit erhöhen sie stetig ihr Handelsvolumen, investieren Ressourcen in ihre Spekulationstätigkeit, verschwenden Zeit, lösen ehemals diversifizierte Portfolios auf und so weiter. Spekulationsexternalitäten rechtfertigen diese sozialen Kosten nicht, ganz im Gegenteil: Aufgrund der limits of arbitrage (insbesondere der wirtschaftlichen Beschränkungen der Aktien141

Zu diesen Kosten allgemein o. § 2 IV.3. Stout, 81 Va. L. Rev. 611, 696 f. (1995). 143 Vgl. auch D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1537 (2001). 144 In diesem Argument kehrt der bereits oben gegen das Konzept der breiten Öffentlichkeit angeführte Gedankengang wieder, dass verzögerte Information von professionellen Marktteilnehmern und breitem Anlegerpublikum unprofessionelle news traders eigentlich von ruinöser Spekulation abhalten müsste. 142

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leihe und des Leerverkaufs) werden Preise systematisch von ihren Fundamentalwerten entfernt und die Volatilität steigt. dd) Selektive Wahrnehmung und suboptimales Handelsvolumen auf Bären-Märkten Hat sich der Markt in einen Bären-Markt verwandelt, führen die Repräsentativitäts- und Verfügbarkeitsheuristik sowie conservatism spiegelbildlich zu den soeben genannten Gedanken dazu, dass sich Anleger durch unverständliche negative Kapitalmarktinformation überproportional stark vom Handel abschrecken lassen. In diesem Fall ist das Handelsvolumen suboptimal, die Liquidität leidet, Liquiditätsanbieter erhöhen ihren bid/ask-spread, Handelskosten steigen und utilitarian traders verlassen den Markt. Hierdurch sinkt die Anzahl gegenseitig vorteilhafter Tauschgeschäfte, Risiken werden suboptimal verteilt. ee) Das breite Anlegerpublikum als Chance für mehr Markteffizienz Darüber hinaus stellt das breite Anlegerpublikum auch eine Chance für die Markteffizienz dar. Bereits oben wurde gezeigt, dass Disclosure nicht nur Anleger mit Information versorgt, sondern auch zur Suche neuer bisher noch nicht im Preis enthaltener Information anreizt.145 Werden Kleinanleger mit verständlicher Information ausgestattet, ergibt sich hieraus die Chance, dass sie neue Information zutreffend in Preise einarbeiten, auf die professionelle Marktteilnehmer nicht gekommen wären. Kleinanleger sind eine viel heterogenere Gruppe als ihre professionellen Wettbewerber, die häufig dieselbe Ausbildung genossen haben, dieselben Erfahrungen teilen, nach derselben Information suchen, dieselben Bewertungsmethoden anwenden und daher häufig dieselben Reaktionen zeigen.146 ff) Beeinflusst Lesbarkeit Anlageentscheidungen? Gegen die unmittelbare Information des breiten Anlegerpublikums auf dem Primärmarkt wird zuweilen eingewandt, dass Kleinanleger den Emissionsprospekt ohnehin nicht lesen würden.147 Rückhalt erfährt dieses Argu145

s. o. § 4 I. Dazu Barron/Byard/Enis, Leveling the Informational Playing Field (December 2002); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=362400, S. 6. s. auch o. § 2 V.3.a)ee). 147 Cohen, 79 Harv. L. Rev. 1340, 1351 f. (1966); Firtel, 72 S. Cal. L. Rev. 851, 870 (1999); Kripke, 28 Bus. Law. 631, 633 (1973). 146

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ment aus der verbreiteten Neigung unter Spekulanten zum übermäßigen Selbstbewusstsein und Optimismus. Diese Urteilsverzerrungen könnten Anleger auch davon abhalten, Information überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Trotzdem stellt sich hier die Frage, ob das Argument nicht Ursache und Wirkung verwechselt. Dass nur wenige Anleger Prospekte lesen, könnte exakt daran liegen, dass ihnen diese Prospekte unverständlich bleiben. Zumindest bedeutet es nicht, dass man das Ziel aufgeben sollte, den Prospekt auch für ungeschulte Anleger verständlich zu machen. Die hier gewonnenen Einsichten zur Verfügbarkeitsheuristik sprechen außerdem dafür, dass der Prospekt – einmal als verständliches Medium ausgestattet – wieder stärker ins Blickfeld von Marktteilnehmern rückt. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass auch andere Informationsquellen des Spekulanten (Gerüchte, Gespräche mit Freunden und Kollegen, Zeitungsberichte etc.) vom Inhalt des Prospekts beeinflusst werden. Die Lesbarkeit des Prospekts beeinflusst daher auch die Anekdoten, die Freunde an den Anleger weitergeben, oder die Berichterstattung von Journalisten, die ebenfalls nicht immer über die erforderliche Ausbildung oder Zeit verfügen, den Prospekt auf Herz und Nieren zu überprüfen. Schließlich würden auch professionelle Anleger davon profitieren, wenn Prospekte allgemein verständlicher formuliert wären, denn Verständlichkeit senkt generell Informationskosten. So würden auch Investmentbanker es begrüßen, wenn Prospekte weniger juristischen Fachjargon enthielten, und es käme auch geschulten Spekulanten zugute, wenn Sätze eine bestimmte Höchstlänge nicht übersteigen, keine doppelten Verneinungen enthalten dürften usw. gg) Informationsüberlastung (information overload)? Weiterhin wird gegen die unmittelbare Information des breiten Anlegerpublikums eingewandt, die hierdurch ausgelöste Informationsflut würde zu Informationsüberlastung (information overload) führen und daher die informationelle Effizienz der Märkte schwächen.148 Verzichtete man andererseits auf Informationsinhalt, um die Lesbarkeit zu erhöhen, würde das Informationsbedürfnis der professionellen Anleger verletzt.149 148 s. etwa Assmann, FG Kübler, 1997, 317, 331; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991, Rn. 185; Schwark, ZGR 1983, 162, 168; Spindler, DStR 2002, 1576, 1577. Allgemein geringere Informationsmasse anmahnend Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 61 (2004); vgl. auch Bainbridge, 68 U. Cin. L. Rev. 1023 (2000); Spindler, WM 2003, 2073, 2077. Zum information overload s. daneben etwa Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 30 f.; Hopt, WM 1985, 793, 801; Köndgen, FS Druey, 2002, 791, 793; Viscusi, 48 Rutgers L. Rev. 625, 661 ff. (1996).

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Sowohl Prospekt als auch Ad-hoc-Mitteilung lassen sich aber in zwei Teile aufteilen, von denen der erste für professionelle Anleger gedacht ist und der zweite Teil ungeschulten Anlegern Information vermittelt.150 Professionelle Anleger erhalten auf diesem Weg die gewohnte Information auf komprimiertem Raum. Kleinanleger erhalten ein für sie verständliches Dokument, das trotz des möglicherweise größeren Umfangs besser lesbar ist.151 Das wahre Problem liegt in der Entscheidung, welche technischen Details kleinanlegergerecht erklärt werden müssen und auf welche Erläuterungen auch hier verzichtet werden kann. Hierbei muss ein Kompromiss gefunden werden zwischen anlegergerechter Erklärung und Vermeidung von Informationsüberlastung. Richtig ist, dass der Grenznutzen jeder neuen Information abnimmt – ein auch aus dem Verbraucherschutz-, Produzenten- und Produkthaftungsrecht bekanntes Problem.152 Dies bedeutet, dass Emittenten bei der Gestaltung von Kapitalmarktinformation abwägen müssen zwischen dem zusätzlichen Informationsgewinn jeder neuen Angabe und dem Verfügbarkeitsverlust (i. S. d. Verfügbarkeitsheuristik) der bereits vorhandenen Information. Das aber ist kein genuines Problem der Kapitalmarktinformation für Kleinanleger, sondern eine Abwägung, die der Emittent auch dann vornehmen muss, wenn er professionelle Marktteilnehmer informiert. Schließlich kann der Zwang, Umstände so zu erklären, dass Kleinanleger sie verstehen, die Informationsflut sogar eindämmen, denn die Prospektverantwortlichen können sich dann nicht mehr hinter mehrdeutigen, verklausulierten und schwammigen Ausführungen verstecken. Die Einzelheiten der inhaltlichen Gestaltung von Kapitalmarktinformation sollen erst weiter unten behandelt werden.153 Hier ist zunächst festzuhalten, dass Kapitalmarktinformation als standardisierte Information selbstverständlich nicht individuelle Anlageberatung ersetzen kann und braucht.154 149

Kripke, 28 Bus. Law. 631, 633 (1973). s. auch Werlen, SZW 1995, 270, 272 Fn. 17: „Quadratur des Kreises“. 150 Zu den konkreten Anforderungen s. noch u. § 4 II.2.d)jj). 151 Falls sich technische Sachverhalte nicht „übersetzen“ lassen, muss die Erklärung durch eine Warnung ersetzt werden. Hierzu noch ausführlich u. § 4 II.2.d)jj). 152 s. nur BGH NJW 1987, 372, 373 (Verzinkungsspray): „Auch hat der Hersteller seine Gefahrenhinweise für den Verbraucher möglichst eindrücklich zu gestalten; in Grenzen kann ein Zuviel an detaillierten Instruktionen dieses Ziel verfehlen“; Foerste in Graf von Westphalen (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, 2. Aufl. 1997, § 24 Rn. 209; J. Meyer, Instruktionshaftung, 1992, S. 264 ff.; Spindler in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 823 Rn. 505; Wagner in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rn. 591. 153 s. u. § 4 II.2.d)jj), § 4 II.2.e)bb). 154 Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 45; Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 174; Kripke, The SEC and Corporate Cisclosure: Regulation in Search of a

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Weiterhin bedeutet Verständlichkeit nicht, dass etwa der Jahresabschluss „1:1 übersetzt“ werden müsse. Stattdessen kommt es darauf an, ungeschulten Anlegern unter der Pämisse, dass sie nicht sämtliche verfügbare Information aufnehmen können, eine verständige Entscheidung zu ermöglichen. Man wird Emittenten daher einerseits etwa einräumen dürfen, von der Warnung vor Risiken mit extrem niedriger Wahrscheinlichkeit abzusehen.155 Auf der anderen Seite wird man allgemein gehaltene, für Kleinanleger unverständige Information auch unter dem Gesichtspunkt zu prüfen haben, dass sie den Informationswert anderer Angaben schmälern.156 Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass sich Emissionsprospekt und Ad-hoc-Mitteilung sowohl an das breite Publikum richten als auch professionelle Anleger schnell und effizient mit Information versorgen können, ohne notwendigerweise zu einem information overload zu führen.157 hh) Informations- und sonstige Transaktionskosten Nicht leugnen lässt sich allerdings, dass die Informationsproduktionskosten der Emittenten steigen, wenn man Emissionsprospekte und Ad-hoc-Mitteilungen sowohl an professionelle wie ungeschulte Marktteilnehmer adressiert.158 Diese Kosten dürften allerdings durch die Vorteile der unmittelbaren Anlegerinformation mehr als kompensiert werden. Ferner produziert auch das Filtermodell zahlreiche Kosten, die bei unmittelbarer Information des breiten Publikums eingespart werden: Auch Finanzberater müssen Emittenten analysieren, müssen mit Anlegern kommunizieren und ihnen komplexe Information vermitteln, haben Anreize, Ressourcen in Werbung zu investieren, und so weiter. Die erhöhten Informationsproduktionskosten können dem Modell der unmittelbaren Anlegerinformation daher zwar Grenzen aufzeigen, auf die sogleich noch einmal zurückzukommen sein wird. Sie können es jedoch nicht grundsätzlich in Frage stellen. Purpose, 1979, S. 29; Mülbert, WM 2001, 2085, 2098 f.; Schwark, EWiR 1993, 143, 144. 155 Ebenso im Rahmen des Produkthaftungsrechts OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 406, 408 f. (Impfschaden); J. Meyer, Instruktionshaftung, 1992, S. 318; Wagner in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rn. 591; einschränkend Foerste in Graf von Westphalen (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, 2. Aufl. 1997, § 24 Rn. 200. 156 Zur Lehre vom Gesamteindruck und zur buried facts doctrine des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts noch u. § 4 II.2.e)bb)(3). 157 Gegen den Schutz von Anlegern mit überdurchschnittlichem Fachwissen Claussen, Bank- und Börsenrecht, 3. Aufl. 2003, § 9 Rn. 83; der für diese Ansicht auch Kort, AG 1999, 9, 14 anführt. 158 Dies als Argument gegen das Konzept der unmittelbaren Anlegerinformation anführend etwa Assmann, FG Kübler, 1997, 317, 331 („noch aufwendiger“).

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

ii) Zwischenergebnis Das Modell der unmittelbaren Anlegerinformation ist als Maßstab für die Richtigkeit und Vollständigkeit von Emissionsprospekten und Ad-hoc-Mitteilungen daher de lege ferenda vorzugswürdig. Prospekte und Ad-hoc-Mitteilungen sollten sich sowohl an das breite Publikum richten als auch an professionelle Anleger. jj) Anforderungen an die Formulierung von Emissionsprospekt und Ad-hoc-Mitteilung Offen ist bisher allerdings geblieben, welche konkreten Anforderungen an die sprachliche Gestaltung von kapitalmarktrechtlicher Information zu stellen sind. Hierbei lässt sich grundsätzlich differenzieren zwischen der Warnung vor Gefahren der Spekulation („Warnung“) und „positiv erklärender“ Information („Erklärung“). Zunächst gibt es selbstverständlich allgemeine Leitlinien für klares und verständliches Deutsch, die sich etwa in Anlehnung an das Handbuch zur US-amerikanischen Plain English-Rule (Plain English Handbook)159 entwickeln ließen, die sich aber auch schon seit jeher in Standardwerken der deutschen Stilkunst finden, etwa Ludwig Reiners’ Stilfibel160. Diese Regeln brauchen im Folgenden nicht dargestellt zu werden.161 Daneben interessieren nach den Erkenntnissen dieser Arbeit vor allem spezielle Gestaltungsmittel, um kognitiven Fehlvorstellungen entgegenzuwirken. Wie man Urteilsverzerrungen eliminiert, wird in der Psychologie unter dem Stichwort debiasing diskutiert. Die Diskussion ist stark im Fluss, die Literatur bisher recht bruchstückhaft, übergreifende Konzepte gibt es kaum. Viele Studien untersuchen Ansätze interpersonaler Kommunikation, sind also für debiasing durch Information ad incertas personas nur begrenzt verwertbar. Soweit Masseninformation untersucht wird, geht es zumeist um die Gestaltung von Warnhinweisen. Mit ihnen sei daher begonnen:

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Herunterladbar unter http://www.sec.gov/pdf/handbook.pdf. Reiners, Stilfibel, 30. Aufl. 1999. 161 Die wesentlichen Regeln des Plain English Handbook lauten: Keine langen Sätze, keine passive Sprache, keine schwachen Verben, keine überflüssigen Wörter, kein Juristen- und Finanzjargon, keine definierten Termini, keine abstrakten Wörter, keine unnötigen Details und keine unlesbare äußere Gestaltung, s. a. a. O. S. 17 ff. 160

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(1) Warnungen Differenzieren lässt sich hier zwischen als solchen erkennbaren Warnhinweisen (hier sog. „Warnung im formellen Sinne“) und der raffinierteren Variante, der hier sog. „Warnung im materiellen Sinne“ [dazu u. (b)]. (a) Warnung im formellen Sinne Dass ungeschulte Anleger aufgrund von Warnungen überhaupt ihr Handelsvolumen reduzieren und daher von verzerrten Anlageentscheidungen absehen, erscheint schon prinzipiell fraglich. Grund hierfür sind eine Reihe kognitiver Verzerrungen: Erstens lesen übermäßig urteilssichere oder optimistische Menschen Warnhinweise nicht162 oder sind der Meinung, Warnhinweise „seien nur für die anderen da“163. Zweitens sind Warnungen in Disclosure-Dokumenten naturgemäß an eine unbestimmte Anzahl von Anlegern gerichtet und behandeln oftmals ein abstrakt formuliertes Risiko (etwa „Währungsschwächen“, „sinkende Nachfrage auf den Rohstoffmärkten“ etc.). Im Zusammenhang mit der Verfügbarkeitsheuristik wurde gezeigt, dass abstrakte, schwer zu verstehende Information Menschen weniger stark beeinflusst als einfache, mit Anekdoten angereicherte Information.164 Schwer zu verstehende Information unterstützt daher das Festhalten an zuvor gefertigten Meinungen (belief-perseverance),165 Warnhinweise werden ignoriert. Darüber hinaus lässt drittens der confirmation bias vermuten, dass Anleger, die sich einmal zu einer Investition durchgerungen haben, bewusst nach Information suchen, die ihre Wahl bestätigt, und Warnhinweisen auch aus diesem Grund keine Beachtung schenken. Aus den genannten Gründen läuft ein auf Warnhinweise aufbauendes System Gefahr, zu reinem „law in the books“ zu verkommen. Kernfrage eines sinnvollen Warnungskonzepts ist daher, wie Warnhinweise zu präsentieren sind. Aus den bisherigen Erkenntnissen über Urteilsverzerrungen sowie aus einem Einblick in das Fallmaterial anderer Rechtsgebiete, in denen Warnpflichten eine Rolle spielen – insbesondere das Verbraucherschutz-, Produkt- und Produzentenhaftungsrecht166 – lassen sich einige erste Orientierungspfeiler aufstellen: 162

Choi/Pritchard, 56 Stan. L. Rev. 1, 12, 22 (2004. Dazu etwa Langevoort, 81 Va. L. Rev. 853, 880 (1995). 164 s. o. § 2 V.3.a)cc)(5). 165 D. Hirshleifer, 56 J. Fin. 1533, 1546 (2001). 166 Zum Verbraucherschutzrecht s. die Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-Informationspflichten-Verordnung, 163

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– Warnhinweise müssen soweit wie möglich die Charaktermerkmale abstrakter Information verlieren.167 Das bedeutet: (1) Damit Anleger Warnhinweise nicht immer nur auf „die anderen“ beziehen, sollten Anleger durch Warnungen direkt angesprochen werden (z. B.: Anstatt davon zu sprechen, dass „sich nur geschulte Anleger in dem angebotenen Kapitalmarktprodukt engagieren sollten“, sollte der Warnhinweis lauten: „Sie sollten das angebotene Wertpapier nur zeichnen, wenn sie über hinreichende Kenntnisse vom Kapitalmarktgeschehen verfügen“ o. ä.). (2) Warnungen sollten spezifische Probleme behandeln, die durch Beispiele veranschaulicht werden. Anstelle allgemein von „Währungsrisiken“ zu sprechen, sollte die Warnung etwa benennen, von welchen Wechselkursen das Papier abhängt, welche konkreten Faktoren das Risiko begründen und wie die konkreten Folgen eines Währungsverfalls (oder einer Aufwertung) aussehen würden. Dies alles sollte an einem Beispielszenario oder durch kurze, repräsentative Anekdoten veranschaulicht werden, wobei Anekdoten hier vorzugswürdig wären. Der Vorteil von Anekdoten liegt zum einen darin, dass sie sich dem Leser noch leichter einprägen als imaginäre Beispiele, zum anderen darin, dass sich Anekdoten leicht transportieren lassen und sich daher für die schon häufig zitierten Informationskaskaden eignen. – Kaum der Erwähnung bedarf – dies ist auch in anderen Rechtsgebieten seit langem etabliert – dass Warnungen deutlich, in klarer, präziser Sprache und in einfachen Sätzen formuliert werden müssen.168 Darüber hiBGB-InfoVO) vom 2. Januar 2002 (BGBl. I, S. 342), die allerdings hauptsächlich regelt, welche Information dem Verbraucher mitgeteilt werden muss und sich nur am Rande mit der Gestaltung der Information beschäftigt (s. dazu die Angaben in den folgenden Fußnoten). Zum Produkt- und Produzentenhaftungsrecht s. insbesondere Foerste in Graf von Westphalen (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, Band 1, 2. Aufl. 1997, § 24 Rn. 176 ff.; Schmidt-Salzer, Produkthaftung, Band III/1, 2. Aufl. 1990, Rn. 4.1005 ff.; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 2001, S. 718; monographisch J. Meyer, Instruktionshaftung, 1992. 167 Vgl. demgegenüber für das Produkt- und Produzentenhaftungsrecht BGH NJW 1987, 372, 373 (Verzinkungsspray): „Die Standardisierung bestimmter Warnhinweise kann zur Erhöhung der Sicherheit stärker beitragen als eine speziell auf das einzelnen Produkt und seine besondere Anwendung zugeschnittene individuelle Warnung“. 168 Zur Obliegenheit einer „deutlich gestalteten Belehrung“ über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Zur „hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form“ bestimmter Information im Zusammenhang mit Fernabsatzverträgen § 1 Abs. 4 S. 3 BGB-InfoVO. Zu den „deutlich lesbare(n), klare(n) und genaue(n) Angaben“ im Zusammenhang mit Reiseverträgen § 4 Abs. 1 BGBInfoVO, ähnlich § 9 Abs. 2 u. 4 BGB-InfoVO („in deutlich hervorgehobener Form“), § 9 Abs. 5 BGB-InfoVO („muss sich deutlich abheben“). Zur „leicht verständliche(n) Form“ von Information über die Konditionen für Überweisungen durch Kreditinstitute § 12 Abs. 1 S. 1 BGB-InfoVO. Zur „Deutlichkeit“ als Instruk-

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naus bietet sich eine optisch hervorstechende Gestaltung von Warnhinweisen an (etwa größere Schrift als im restlichen Dokument, Farbdruck, Textrahmen etc.),169 wobei hier freilich die Grundsätze über die Informationsüberlastung (information overload) zu beachten sind, stärker entscheidungsrelevante Warnungen also deutlicher präsentiert werden müssen als weniger relevante.170 Hierzu gehört auch, dass Warnungen ggf. auf den spekulativen Charakter der Papiere hinweisen müssen.171 – Der Gefahr, dass Anleger Warnhinweise ignorieren, sollte außerdem dadurch entgegengewirkt werden, dass Warnungen nicht gebündelt unter einem besonderen Gliederungspunkt (etwa „Risikofaktoren“) präsentiert werden, sondern unter dem jeweiligen sachlichen Themenbereich. Werden dem Leser sämtliche Warnungen auf einmal präsentiert, neigt er umso eher dazu, die jeweilige Seite zu überschlagen bzw. als eine Pauschalwarnung aufzufassen und die spezifischen Risiken des Papiers daher zu übersehen. Nur für solche Risikofaktoren, die sich keinem anderen Bereich zuordnen lassen, sollte es bei einem eigenen Abschnitt verbleiben (etwa „Sonstige Risikofaktoren“). – Mit Rücksicht auf die oben gewonnenen Erkenntnisse zur Verfügbarkeitsheuristik und zum confirmation bias sowie conservatism ist zu fordern, dass Warnungen umso hervorstechender präsentiert werden, je stärker der Emittent in der Vergangenheit den Markt mit Information versorgt und je seltener er dabei gewarnt hat. Insbesondere sollten die Anforderungen an das Hervorstechen steigen, wenn die Information in räumlichem und/oder tionspflicht im Rahmen des Produkt- und Produzentenhaftungsrechts etwa BGHZ 99, 167, 181 (Motorradlenkerverkleidung); BGHZ 116, 60, 68 ff. (Kindertee I); BGH NJW 1987, 372, 373 (Verzinkungsspray): „möglichst eindrücklich“; BGH NJW 1994, 932, 933 (Kindertee II); BGH NJW 1995, 1286, 1287 (Kindertee III); BGH VersR 1960, 342, 343 (Fußbodenklebemittel); aus der Literatur etwa Hager in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1999, § 823 F 15; J. Meyer, Instruktionshaftung, 1992, S. 141, 277, 313 ff.; Schmidt-Salzer, Produkthaftung, Band III/1, 2. Aufl. 1990, Rn. 4.1034; Zeuner in Soergel, BGB, 12. Aufl. 1998, § 823 Rn. 177. 169 Für die Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen etwa Heinrichs in Palandt, BGB, 64 Aufl. 2005, § 355 Rn. 16; Martis/Meinhof, MDR 2004, 4, 8. Für das Produzentenhaftungsrecht BGHZ 116, 60, 69 f. (Kindertee I); BGH NJW 1995, 1286, 1287 (Kindertee III); Foerste in Graf von Westphalen (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, 2. Aufl. 1997, § 24 Rn. 203; J. Meyer, Instruktionshaftung, 1992, S. 141; a. A. Schmidt-Salzer, Produkthaftung, Band III/1, 2. Aufl. 1990, Rn. 4.1036. 170 Dazu o. § 4 II.2.d)gg). Für die Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen BGH NJW 1996, 1964, 1965; OLG Naumburg NJW-RR 1994, 377; Martis/Meinhof, MDR 2004, 4, 9; großzügiger möglicherweise OLG Hamm VuR 2003, 303, 304. 171 So schon Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 2279; dagegen Schwark, ZGR 1983, 162, 169 f.

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zeitlichem Zusammenhang mit anderer Information präsentiert wird, neben der sie leicht übersehen werden könnte.172 Dieselbe Warnung braucht daher in der ersten Ad-hoc-Mitteilung seit drei Monaten nicht ebenso auffallend veröffentlicht zu werden, wie wenn sie im Emissionsprospekt, zusammen mit der Bekanntgabe eines lukrativen Geschäftsabschlusses oder nach einer Reihe positiver Mitteilungen publiziert wird.173 – Man sollte ferner die Erkenntnisse über framing und Verlustaversion für die Warnung fruchtbar machen und fordern, dass Risiken nicht nur als entgangene Gewinnmöglichkeiten beschrieben werden, sondern als Verlust von Vermögen – und zwar (direkte Anrede!) des Anlegervermögens („. . . können Sie ihr Geld verlieren“). Selbst die Wendung „Verlust der Anlage“ sollte vermieden werden. Verbuchen Anleger investiertes Geld auf dem geistigen Konto „Anlagen“, legen sie es hierdurch mental „auf die Seite“. Der Verlust dieses Geldes stört sie weniger, denn dieses Geld war ohnehin für risikoreiche Geschäfte „reserviert“. Warnt man daher nur vor dem Verlust „der Anlage“, droht diese Warnung auch schon aus Gründen des mental accounting zu verpuffen. – Schließlich bietet es sich an, für Emissionsprospekte die Aufnahme graphisch illustrierter statistischer Erhebungen über Anlegerverhalten zu fordern. Funktional käme dies dem Hinweis auf Zigaretten-Werbeplakaten gleich („Der Bundesgesundheitsminister warnt . . .“). Hier könnte auf allgemeine empirisch mehrfach bewiesene Anlegerfehlentscheidungen hingewiesen werden – etwa Studien zum Dispositionseffekt174 oder die Studien Barbers und Odeans zum vermögensschädigenden exzessiven Handel von Kleinanlegern175. – Zum „Verstecken“ von Warnhinweisen in der Fülle sonstiger Information s. noch allgemein u. e)bb)(3). 172

Dieser Gedanke liegt Urteilen aus dem Produkt- und Produzentenhaftungsrecht zugrunde, nach denen umso deutlicher auf Gesundheitsgefahren hinzuweisen ist, je harmloser das Produkt auf den Durchschnittsverbraucher erscheint; s. insoweit BGHZ 116, 60, 68 (Kindertee I); BGH NJW 1995, 1286, 1287 (Kindertee III); Spindler in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 823 Rn. 505; Wagner in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rn. 594. Vgl. im Zusammenhang mit der Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen auch BGH NJW 2002, 3396, 3398 m. w. N. zur älteren Rechtsprechung. Zum alten § 2 Abs. 1 HWiG s. etwa OLG Naumburg NJW-RR 1994, 377. 173 Insoweit verhält es sich ähnlich wie mit den verstärkten Warnpflichten eines Produzenten, wenn Verbraucher infolge von Produktgewöhnung nicht mit neuen Hinweisen rechnen; dazu BGHZ 116, 60, 70 (Kindertee I); Foerste in Graf von Westphalen (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, 2. Aufl. 1997, § 24 Rn. 204. 174 s. o. § 2 V.3.a)bb)(6). 175 Dazu o. § 2 V.3.a)dd)(1).

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(b) Warnung im materiellen Sinne Die bisherigen Ausführungen betrafen Warnhinweise, die als solche erkennbar sind („Warnung im formellen Sinne“). Ein zweiter Weg besteht darin, Anleger mit ihren Verständnisschwierigkeiten zu konfrontieren, ohne sie ausdrücklich vor der Investition zu warnen („Warnung im materiellen Sinne“). In dem oben 1.c)aa) erwähnten Experiment bestand der von Bloomfield seinen Kollegen beschrittene Weg darin, Kleinanlegern ihre Informationsnachteile vor Augen zu halten, damit sie ihr Handelsvolumen entsprechend anpassen.176 Diese Strategie lag auch den hier angestellten Überlegungen zur Bereichsöffentlichkeit zugrunde: Durch gleichzeitigen Handel mit professionellen news traders sollten „Hobby-news traders“ mit ihren Informations- und Zugangsnachteilen zum Kapitalmarkt konfrontiert und hierdurch von exzessivem Handel abgehalten werden.177 Inhaltlich würde ein solches Konfrontationskonzept bedeuten, dass termini technici, mathematische Formeln und ähnliche unverständliche Information erlaubt wäre, soweit sie so präsentiert wird, dass der Anleger sie nicht ignorieren kann – etwa durch den fettgedruckten, farblich hervorgehobenen Hinweis „Diese Information ist Teil des Prospektes und sollte bei Ihrer Investitionsentscheidung berücksichtigt werden“. Eine Technik des geltenden Rechts, die diesem Prinzip diametral zuwider läuft und daher besonders fragwürdig erscheint, ist die geltende Praxis des Fußnoten-Accounting: Hierdurch wird Information, die ungeschulte Anleger bei rationaler Entscheidung von der Investition abhalten könnte, gerade so unauffällig wie möglich präsentiert. (c) Diskussion: formelle und materielle Warnung Vergleicht man dieses Konfrontationsmodell mit dem Modell formeller Warnungen, fällt die Entscheidung zugunsten der formellen Warnung aus. Grund hierfür ist die zentrale Schwäche des Konfrontationsmodells, dafür zu sorgen, dass Anleger zur Auseinandersetzung mit der unverständlichen Information gezwungen werden. Dies wird durch die o. (a) genannten Urteilsverzerrungen (insbesondere den confirmation bias) gerade verhindert. Das Konfrontationsmodell ist daher erwägenswert in Sachverhalten, in denen Konfrontation sichergestellt wird, Emissionsprospekt und Ad-hoc-Mitteilung reichen hierfür jedoch nicht aus. 176 177

Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623, 625 (1999). s. o. § 4 II.1.c)dd).

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(2) Erklärungen Die inhaltliche Gestaltung von Erklärungen – der zweiten grundsätzlichen Form von Kapitalmarktinformation neben der Warnung – wird kaum unter dem Stichwort debiasing diskutiert. Folgende Grundsätze seien aus den bisherigen Erkenntnissen dieser Arbeit entwickelt: (a) Availability bias und Paritätsprinzip Oben § 2 V.3.a)cc)(5) wurde darauf hingewiesen, dass hervorstechend präsentierte Information Anlegerverhalten stärker beeinflusst als unscheinbare oder schwer verständliche Information. Emittenten können daher systematisch Über- oder Unterreaktionen hervorrufen, indem sie z. B. positive Information hervorstechend, schlechte Nachrichten hingegen verklausuliert und in abstrakter Sprache präsentieren. Dass Emittenten solche Effekte ausnutzen, verdeutlicht schon ein flüchtiger Blick auf die Judikatur. So machte etwa eine der Ad-hoc-Mitteilungen, die Gegenstand des Informatec-Verfahrens waren, ein gewinnversprechendes Geschäft als „erneuten Mega-Deal“ bekannt.178 Rechtsinstrument, um solchen systematischen Fehlleitungen der Anleger entgegenzuwirken, könnte ein Paritätsprinzip sein, demzufolge negative Unternehmensdaten in derselben Schriftgröße und farblichen Gestaltung, in ebenso verständlicher Sprache, ebenso farbenfroh und anekdotenreich – schlicht: ebenso hervorstechend – präsentiert werden müssen wie verkaufsfördernde Information. Auch graphische Veranschaulichungen, Fettdruck, Umgangssprache, aktive Rede und andere Faktoren, die das Hervorstechen schriftlich präsentierter Information bestimmen, wären demnach immer einheitlich zu verwenden. Ebenso sollten positive und negative Unternehmensdaten gleich fein untergliedert und durch Überschriften abgetrennt werden. Dogmatische Verankerung eines solchen Prinzips könnte die Lehre vom Gesamteindruck sein, die der BGH im BuM-Urteil erschaffen hat179 und die auch für das Recht der Ad-hoc-Mitteilungen Geltung beansprucht180: Hiernach können auch an sich zutreffende Einzelangaben ein verzerrtes Bild von der Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage des Emittenten entstehen lassen, wenn man die Information in ihrer Gesamtheit betrachtet. Um eine unzulässige Prospektangabe würde es sich demnach etwa handeln, wenn ein Emittent in einem gesonderten Abschnitt, in Schriftgröße 14 178

s. BGH NJW 2004, 2668, 2670 (Informatec II). BGH NJW 1982, 2823, 2824 (BuM); zust. OLG Frankfurt WM 1994, 291, 294 (Bond). 180 Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, §§ 37b, 37c Rn. 34. 179

II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospektrecht

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und in Fettdruck davon spricht, mit dem kürzlichen Auftrag von der Firma X habe er einen „Mega-Deal an Land gezogen“, obwohl er gleichzeitig die kürzliche Abwertung seiner Immobilien in dem allgemeinen Abschnitt „Risikofaktoren“ in Schriftgröße 10 als „Wertanpassung“ beschönigt. So einleuchtend und wünschenswert ein solches Paritätsgebot ist, so schwierig dürfte seine praktische Umsetzung in Haftungsfragen sein. Dies liegt zum einen an den allgemeinen o. § 3 II. behandelten Schwächen der Behavioral Decision Theory als Maßstab für juristische Entscheidungen (das noch junge Alter der Disziplin, das teilweise Fehlen empirisch abgesicherter Erkenntnisse, die teils widersprüchlichen Ergebnisse etc.), andererseits daran, dass man über das Hervorstechen von Information vernünftigerweise verschiedener Meinung sein kann. Emittenten muss daher ein Gestaltungsspielraum eingeräumt werden, nur Extremfälle sollten eine Haftung auslösen. Hierfür wird man zu fordern haben, dass der Emittent bzw. sonstige Haftungsschuldner die jeweiligen Urteilsverzerrungen objektiv eindeutig ausgenutzt hat, dass also hinsichtlich des einseitigen Hervorstechens bestimmter Information unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Behavioral Decision Theory vernünftigerweise keine Meinungsverschiedenheiten herrschen können. (b) Fehler bei der Informationsgewichtung und die Verwendung graphischer Veranschaulichungen und Vergleiche Oben § 2 V.3.a)bb)(4) wurde gezeigt, dass Menschen Wahrscheinlichkeiten systematisch falsch gewichten (denke an den certainty effect oder das Übergewichten niedriger Wahrscheinlichkeiten). Fordert bestimmte Information die Einschätzung und Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten, sollte der Emittent dem Leser die Einschätzung daher durch graphische Verdeutlichungen und Vergleiche erleichtern. Prognostiziert der Emittent die Erfolgsaussichten bestimmter Projekte, könnte man ebenfalls fordern, dass er diesen Projekten einen Nutzenerwartungswert zuordnet, damit der Leser einen einheitlichen Vergleichsmaßstab an die Hand bekommt. Bohrt ein Emittent etwa gerade in Sibirien nach Öl, könnte die Erfolgswahrscheinlichkeit – sofern nach kaufmännischer Einschätzung zutreffend – mit einem „Fünfer im Lotto“ o. ä. verglichen oder durch ein Balkendiagramm veranschaulicht werden. (3) Verhältnis von Erklärungen und Warnungen Die vorstehenden Ausführungen gingen davon aus, dass die entscheidungserheblichen Sachverhalte Anlegern sowohl erklärt als auch dass Anle-

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

ger vor Risiken gewarnt werden müssen. Dies provoziert die Frage, ob die Warnung die Erklärung auch ersetzen kann. Grundlage der hier angestellten Überlegungen zum „Windschattenargument“ und seiner Revision war ein Experiment, in dem Spekulanten aufgrund eines Informationsnachteils und übermäßigen Selbstbewusstseins zu aggressiv handelten und so das Funktionieren des Marktes störten.181 In diesem Experiment zeigte sich, dass die schlechter informierten Probanden – einmal über ihren Informationsnachteil aufgeklärt – ihr Handelsvolumen anpassten und Misserfolg vermieden.182 Exzessiven Handel minder informierter, aber übermäßig selbstbewusster Kleinanleger kann man also nicht nur dadurch unterbinden, dass man Informationsasymmetrien beseitigt, sondern auch indem man sie hinreichend deutlich auf ihren Informationsnachteil aufmerksam macht. Hierauf aufbauend könnte man in Anlehnung an das aus dem Gesellschaftsrecht bekannte „Comply, or explain“ ein kapitalmarktrechtliches Gebot des „Warn, or explain“ („Warne oder erkläre“) formulieren. Nach diesem Modell müssten Emittenten Sachverhalte nur dann kleinanlegergerecht erklären, wenn sie nicht hinreichend vor ihren Gefahren warnen. Für ein solches Modell sprechen zunächst die Informationsproduktionskosten, die mit der Erklärung verbunden sind. Aus der Praxis wird teilweise angemahnt, die Information des breiten Publikums stoße bei komplizierten Kapitalmarkttransaktionen an ihre natürlichen Grenzen, weil bestimmte komplexe Sachverhalte in einfacher Sprache gar nicht ausgedrückt werden könnten.183 Emittenten sollten daher im Rahmen der Prospektpflicht und Prospekthaftung die Möglichkeit haben, den Adressatenkreis selbst zu bestimmen.184 Könnten ungeschulte Anleger erfolgreich von der Investition in höchst komplizierte, für sie nicht verständliche und nicht verstandene Kapitalmarktprodukte abgehalten werden, würde dies auch das noise trader-Risiko beim Handel mit diesen Produkten senken, die Vielfalt der Finanzmarktprodukte erweitern und daher zu einer insgesamt höheren Akzeptanz und Bedeutung des organisierten Kapitalmarkts beitragen. Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass auch professionelle Anleger – wie schon mehrfach erwähnt – nicht immun gegen Urteilsverzerrungen sind.185 Darüber hinaus wurden bereits zahlreiche Gründe vorgestellt, 181

Dazu o. § 4 II.2.d)bb). Bloomfield/Libby/Nelson, 24 Acc. Org. & Soc’y 623, 624, 641 (1999). 183 Vgl. zu diesem Argument bereits Mertens, 51. DJT, Referat P, S. 16–18. 184 Kamlah, WM 1998, 1429, 1434 f.; zust. Hamann in Schäfer, WpHG, 1999, §§ 45, 46 BörsG Rn. 84; ähnlich auch Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991, Rn. 185. 185 s. etwa o. § 2 V.3.b)ff). 182

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warum Anleger Warnungen ignorieren. Auch die oben (1)(a) aufgelisteten Vorschläge zur Verstärkung der Wirkung von Warnungen können nicht garantieren, dass Anleger Warnungen stets im gebotenen Maß berücksichtigen. Wenn der Emittent die Kosten breiter Anlegerinformation scheut, kann er sich außerdem von vornherein nur an solche Anleger wenden, die für sich selbst fechten können und ein private offering machen [Art. 3 Abs. 2 lit. a) der Prospektrichtlinie186, § 3 Abs. 2 Wertpapierprospektgesetz (WpPG)187]. Schließlich hat die Erklärung gegenüber der (reinen) Warnung auch marktstrukturelle Vorteile: Erstens setzt die Erklärung weitere Anreize zur Suche nach neuer, bisher unerforschter Information.188 Zweitens meistert die Erklärung den bereits oben I. erwähnten Drahtseilakt zwischen Effizienz- und Liquiditätssteigerung, fördert also sowohl Informationseffizienz als auch Marktliquidität, während Warnungen Anleger schlicht vom Handel abhalten und hierdurch die Liquidität verringern.189 Die Warnung kommt daher nicht als alleiniges Mittel zur Filterung von „gutem“ und „schlechtem“ Spekulieren in Betracht. Stattdessen sollten Sachverhalte zunächst allgemein verständlich erklärt werden. Nur wo Sachverhalte in einfacher Sprache nicht mehr erklärbar sind, sind Warnungen notwendig. Daneben spricht freilich nichts dagegen, Erklärungen und Warnungen zu kombinieren. (4) Grenzen der Verhaltenssteuerung durch Kapitalmarktinformation Trotz dieses Plädoyers für eine an den Erkenntnissen der Behavioral Finance ausgerichtete Kapitalmarktinformation dürfen die Grenzen nicht verkannt werden, die diesem Medium bei der Behebung von Urteilsverzer186

Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. 187 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist (Wertpapierprospektgesetz – WpPG), verabschiedet als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 22. Juni 2005, BGBl. I S. 1698. 188 Dazu o. § 4 I. 189 Zu diesen unterschiedlichen Wirkungen von Erklärung und Warnung s. in anderem Zusammenhang auch Schwark, FS Steindorff, 1990, 473, 484 f.: Termingeschäftsfähigkeit kraft Information(sblatt), die nicht vom Handel abschrecken soll.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

rungen gesetzt sind: Kapitalmarktinformation ist an eine Vielzahl von Adressaten gerichtet, sie kann daher nicht die Situation jedes einzelnen Marktteilnehmers berücksichtigen, kann insbesondere keine spezifischen Urteilsverzerrungen des einzelnen einbeziehen und auch kaum alle Trugschlüsse abdecken, denen Anleger möglicherweise unterliegen. Dies legt die weitere Forderung nach Ergänzungskonzepten nahe, die nicht im Kapitalmarkt-, sondern vor allem im Bankrecht verankert werden könnten. Hiervon ist am Schluss dieser Arbeit zu handeln.190 e) Informationsadressat und Rechtsprobleme de lege lata Nach diesen Ausführungen zur Rechtslage de lege ferenda sollen nun einige ausgewählte Probleme des geschriebenen Rechts anhand der gewonnenen Erkenntnisse beleuchtet werden. aa) Der Informationsadressat de lege lata Die Frage nach dem grundsätzlichen Bewertungsmaßstab für die Richtigkeit und Vollständigkeit von Emissionsprospekt und Ad-hoc-Meldung de lege lata ist zumindest für den Emissionsprospekt schnell beantwortet. Art. 5 Abs. 1 S. 2 der Prospektrichtlinie und § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG legen fest, dass Prospektinformation „in leicht zu analysierender und verständlicher Form“ darzulegen ist.191 Allein mit dieser Norm ist zwar noch nicht gesagt, für wen die Information leicht zu analysieren und verständlich sein muss; ein Blick auf Erwägungsgrund 19 S. 2 der Richtlinie zeigt jedoch, dass der europäische Gesetzgeber Anlegern allein durch den Prospekt eine Anlageentscheidung ermöglichen möchte und sie nicht wie das Filtermodell auf weitere Finanzintermediäre verweist.192 Darüber hinaus führt die Richtlinie in Erwägungsgrund 16 aus, Ziel sei einerseits, „den unterschiedlichen Schutzanforderungen für die verschiedenen Anlegerkategorien und ihrem jeweiligen Sachverstand Rechnung zu tragen“, andererseits seien „die Angaben gemäß dem Prospekt“ (!) nicht gefordert, wenn sich das Angebot „ausschließlich an qualifizierte Anleger“ richte. Aus dem argumentum e contrario, dass in allen Fällen, in denen sich der Prospekt nicht ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet, „die Angaben gemäß dem Prospekt“ 190

s. u. § 4 IV. § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG spricht von „analysierbarer“ Form. 192 Erwägungsgrund 19 S. 2 lautet: „Deshalb sind in allen Mitgliedstaaten Schutzmaßnahmen zur Absicherung der Interessen der derzeitigen und potenziellen Anleger erforderlich, um sie in die Lage zu versetzen, eine fundierte Bewertung der Anlagerisiken vornehmen und somit Anlageentscheidungen in voller Kenntnis der Sachlage treffen zu können“ (ABl. Nr. L 345, S. 65). 191

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erforderlich sind und dass diese Angaben gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie in leicht zu analysierender und verständlicher Form formuliert werden müssen, folgt, dass Bezugspunkt des Verständlichkeitsgebotes aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 zumindest auch das breite Anlegerpublikum sein muss. Schwieriger fällt die Beantwortung der Frage für den Bereich der Adhoc-Mitteilungen. Wie bereits gesehen, möchte die Marktmissbrauchsrichtlinie das breite Anlegerpublikum durch Ad-hoc-Mitteilungen informieren.193 Bereits oben wurde allerdings gezeigt, dass das Bundesfinanzministerium in der WpAIV am Konzept der Bereichsöffentlichkeit festgehalten und sich hierdurch gegen die Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie entschieden hat.194 Sind professionelle Anleger somit hinsichtlich der Art und Weise der Veröffentlichung die entscheidenden Adressaten von Ad-hoc-Mitteilungen, muss gleiches jedoch nicht notwendigerweise auch für die inhaltliche Gestaltung gelten. Schon aufgrund des Gebots zur richtlinienkonformen Auslegung wäre hierfür eine ebenso eindeutige Entscheidung des deutschen Gesetzgebers zugunsten professioneller Anleger erforderlich wie im Rahmen der Bereichsöffentlichkeit. Zwar hat der Gesetzgeber des AnSVG die Frage nach dem Adressaten der Ad-hoc-Meldung nicht ausdrücklich behandelt. Allerdings hat schon der Gesetzgeber des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes – wie Möllers zutreffend ausführt – durch die §§ 15 Abs. 1 S. 3, 37b, 37c WpHG Kleinanleger in den Adressatenkreis der Ad-hoc-Publizität aufgenommen.195 Diese Auslegung hat darüber hinaus den Vorteil, dass das Anlegerschutzniveau auf Primärund Sekundärmarkt angeglichen und die Auswirkungen des europarechtswidrigen und rechtspolitisch verfehlten § 5 WpAIV minimiert werden. Trotz des Konzepts der Bereichsöffentlichkeit müssen Ad-hoc-Mitteilungen daher auch de lege lata für das breite Anlegerpublikum formuliert werden. Zwar erscheint der hierdurch bewirkte Widerspruch zwischen Veröffentlichungsweise und inhaltlichem Maßstab für Ad-hoc-Meldungen auf den ersten Blick unvereinbar.196 Diese Widersprüchlichkeit ist jedoch nur die Konsequenz aus der Tatsache, dass die Entscheidung des europäischen Gesetzgebers zugunsten einer gleichzeitigen Information aller Anleger (Veröffentlichungsweise) durch eine eindeutige Entscheidung des deutschen Normgebers (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 WpAIV) verworfen wurde,197 es an einer solchen Entscheidung hinsichtlich des inhaltlichen Maßstabs der Ad-hocPublizitätspflicht jedoch fehlt. 193 194 195 196 197

s. o. § 4 s. o. § 4 s. o. § 4 s. o. § 4 Dazu o.

II.1.d)aa). II.1.d). II.1.d)bb) m. w. N. in Fn. 83, 94. II.1.d)bb). § 4 II.1.d)bb).

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bb) Weitere ausgewählte Probleme des geschriebenen Rechts Ist damit die grundsätzliche Entscheidung über die Adressaten von Emissionsprospekten und Ad-hoc-Meldungen zu begrüßen, lassen sich zahlreiche Zweifel an der Umsetzung dieses Konzepts im Detail formulieren: So sollen etwa Risikofaktoren im Emissionsprospekt gem. der neuen Prospektverordnung198 (Art. 2 Nr. 3 i. V. m. mit dem jeweils geltenden Anhang, für Aktien also etwa Anhang I Nr. 4) in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst werden, obwohl oben gezeigt wurde, dass Anleger solche Kompendien von Warnhinweisen leichter überblättern als spezifische, im jeweiligen Sachgebiet aufgeführte Warnungen.199 Ebenso verbietet § 15 Abs. 2 S. 1 WpHG zwar, dass Ad-hoc-Mitteilungen mit eindeutig werbendem Charakter verboten sind. Gegen unterschiedlich hervorstechende Präsentation verschiedener Unternehmensdaten kennt das Recht aber kein allgemeines Mittel.200 Eine Pflicht zum ausdrücklichen Hinweis darauf, dass etwa die Fußnoten ebenso entscheidungserheblich für die Anlageentscheidung sein sollten wie Blickfänge, sucht man ebenfalls vergeblich. Im Folgenden seien weitere Fragen sowohl zum Recht der Emissionsprospekte als auch zum Recht der Ad-hoc-Mitteilungen ausgewählt, um die Leistungsfähigkeit der oben gefundenen Grundsätze de lege ferenda für die Interpretation des geschriebenen Rechts zu überprüfen: (1) Die Pflicht zur narrativen Aufarbeitung von Jahresabschlussangaben im Emissionsprospekt Seit dem BuM-Urteil des BGH wird diskutiert, inwieweit Emittenten Angaben des Jahresabschlusses narrativ aufarbeiten, also mit Worten allgemeinverständlich erklären müssen. Wie bereits erwähnt, setzte der BGH voraus, dass durchschnittliche Anleger „Bilanzen lesen“ könnten, und verneinte folglich eine Pflicht zur näheren Erklärung, die über die bilanzrechtlich geforderten Erläuterungen, insbesondere im Lagebericht und Anhang, hinausgingen. Teile der Literatur stimmen dem Zweiten Zivilsenat insoweit zu.201 198 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1; berichtigt ABl. Nr. L 215 v. 16.6.2004, S. 3. 199 Dazu o.§ 4 II.2.d)jj)(1)(a). 200 s. aber o. § 4 II.2.d)jj)(2)(a) das Paritätsprinzip. 201 Etwa J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 1996, S. 92; Schwark, ZGR 1983, 162, 168; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG

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Andere vertreten die Gegenposition, wonach sich Emittenten durch einen bloßen Hinweis auf die Bilanz nicht sollten exkulpieren können202 – eine Ansicht, die auch in den USA vorherrscht, wo insbesondere Item 303 der Regulation S-K (17 CFR 229.302) eine narrative Diskussion der derzeitigen finanziellen Lage und zukünftigen Aussichten verlangt.203 Vor Inkrafttreten des WpPG deuteten einige Anzeichen darauf hin, dass sich der deutsche Gesetzgeber gegen eine prospektrechtliche Pflicht zur Erläuterung von Jahresabschlusszahlen entschieden hatte:204 So sah § 13 Abs. 5 BörsZulV vor, dass bestimmte Angaben nicht im Prospekt wiederholt werden mussten, wenn diese den in den Prospekt aufgenommenen Jahresabschlüssen „unmittelbar zu entnehmen“ waren (s. auch jetzt noch § 2 Abs. 6 VermVerkProspV, der dem alten § 2 Abs. 3 VerkProspV entspricht). Narrative Aufarbeitung wäre nicht erforderlich in einer Welt, in der unprofessionelle Anleger zutreffend erkennen würden, ob sie Jahresabschlüsse verstehen, und nach dieser Erkenntnis ihr Anlageverhalten anpassen oder auf tatsächlich an ihrem Erfolg interessierte Finanzintermediäre zurückgreifen könnten. In der Realität sind diese Voraussetzungen freilich – wie bereits gesehen – nur selten erfüllt. Angaben in Jahresabschlüssen sind das Paradigma abstrakter, schwer zu verarbeitender, zu großem Teil für Laien völlig unverständlicher Information. Taugen solche Zahlen daher nicht zum Abbau von Informationsasymmetrien („Erkläre“), ist auch ihr Wert als Warnung (im materiellen Sinne) begrenzt: Der confirmation bias sorgt dafür, dass ungeschulte Kleinanleger Jahresabschlusszahlen entweder überhaupt nicht beachten oder missdeuten, um ihre Entscheidung zu bestätigen.205 Darüber hinaus sind viele wichtige Informationen auch im Jahresabschluss nur versteckt präsentiert, insbesondere in den verklausulierten Erläuterungen im Anhang, und werden daher langsamer in Preise eingearbeitet als hervorstechend präsentierte Information.206 Rn. 19; im Grundsatz ebenso Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991, Rn. 185; wohl auch Claussen, Bank- und Börsenrecht, 3. Aufl. 2003, § 9 Rn. 83 („Ein Prospekt kann kein Lehrbuch in Bilanzlesen sein“); Köndgen, Theorie der Prospekthaftung, 1983, S. 15 („Jede Prospektwerbung bedarf daher der Unterstützung durch sachverständige Informationsmittler“, Hervorheb. im Orignial). 202 Assmann, WM 1983, 138, 140; Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 318; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 7 Rn. 70; Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rn. 2279. 203 Hierzu Coffee/Seligman, Securities Regulation, Cases and Materials, 9th Ed. 2003, S. 1008; Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 3rd Ed. 2001, S. 85 ff. 204 In diesem Sinne Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, VerkaufsprospektG, 2001, § 13 Rn. 23. 205 s. o. § 2 V.3.a)cc)(3). 206 Zusf. Daniel/Hirshleifer/Teoh, 49 J. Monetary Econ. 139, 169 f. (2002).

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Die ProspektVO scheint die vorstehend angedeutete Skepsis gegenüber „nackten“ Jahresabschlusszahlen im Prospekt zu teilen. So verlangt etwa Ziff. 9.1. Anhang I ProspektVO für die Emission von Aktien ausdrücklich die „Beschreibung“ der Finanzlage des Emittenten und meint hiermit offenbar mehr als die bloße „Beibringung geprüfter historischer Finanzinformationen“, die in Ziff. 20.1. Anhang I ProspektVO geregelt ist. Darüber hinaus ordnet Art. 28 Abs. 5 ProspektVO an, dass sich Emittenten bei der Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises darum „bemühen, den Anlegerschutz in Form von Verständlichkeit der Informationen und ihrer Zugänglichkeit nicht zu beeinträchtigen“. Zwar kann man hiergegen einwenden, Art. 28 Abs. 5 ProspektVO wolle nur den Gefahren für die Verständlichkeit entgegenwirken, die sich daraus ergeben, dass sich bestimmte Information in einem anderen, räumlich getrennten Dokument befindet. Auch spricht Art. 28 Abs. 5 ProspektVO nur von einem „Bemühen“ der Emittenten, verwendet aber nicht ausdrücklich den Begriff der „Pflicht“. Die Vorschrift enthält aber zumindest insoweit einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, als sie anerkennt, dass allein aus dem Verweis auf nicht unmittelbar einsichtiges Zahlenmaterial Verständnisschwierigkeiten erwachsen können. Schließlich spricht für eine grundsätzliche Kommentierungspflicht von Angaben des Jahresabschlusses die Generalklausel des Art. 5 Abs. 1 S. 2 der Prospektrichtlinie (§ 5 Abs. 1 S. 1 WpPG), die für den ganzen Prospekt („diese Informationen“ i. S. d. Richtlinie) eine leicht zu analysierende und verständliche Form fordert. Gegen eine Pflicht zur Erläuterung von Bilanzzahlen könnte man freilich einwenden, diese sei im neuen Recht der Emissionsprospekte abschließend durch die Vorschriften über die Zusammenfassung (den sog. „Kurzprospekt“) geregelt (s. etwa § 5 Abs. 2 WpPG). Dann käme dieser Institution jedoch eine anlegerschutzbegrenzende Wirkung zu, die kaum dem Willen des Richtliniengebers entsprochen haben kann. Andererseits wird gegen eine Pflicht zur narrativen Aufarbeitung eingewandt, die Erläuterungspflicht sei bilanzrechtlich durch die Vorschriften über den Anhang abschließend geregelt.207 Der Jahresabschluss dient aber zum einen – zumindest wenn nach HGB aufgestellt – nicht primär der Information des Kapitalmarktes, sondern erfüllt insbesondere auch Kapitalerhaltungs- und Gläubigerschutzfunktionen.208 Zum anderen hat der Jahresabschluss nicht den Zweck, ein breites Publikum zu informieren, sondern 207

So Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG Rn. 19. s. hierzu nur Hommelhoff/Schwab in Staub, HGB, 4. Aufl. 2002, § 342 Rn. 4. Zur Diskussion um „monistische“ (ausschließlich Institutionenschutz) und „dualistische“ Konzepte des Schutzzwecks der Rechnungslegungspublizität s. Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 250 ff. 208

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richtet sich an mit Bilanzierungsregeln vertraute „sachverständige Dritte“ (für die Bilanzierung nach HGB s. § 238 I 2 HGB).209 Schließlich könnte man sich auch de lege lata darauf berufen, dass eine narrative Aufarbeitung von Jahresabschlusszahlen zu einem information overload führe und die informationelle Effizienz des Kapitalmarktes senke.210 Insoweit is allerdings auf die schon o. d)gg) genannten Argumente zu verweisen: So bedeutet narrative Aufarbeitung nicht, dass jeder Jahresabschluss „1:1 übersetzt“ werden müsse, sondern lediglich, dass den Anlegern alle für die Investitionsentscheidung wesentliche Information zu erklären ist, die bei hinreichendem Sachverstand aus Bilanz, GuV, Anhang und Lagebericht erkennbar wäre. Sowohl de lege ferenda als auch de lege lata sprechen daher die besseren Argumente für eine grundsätzliche Pflicht zur narrativen Aufarbeitung von Jahresabschlusszahlen. (2) Das Verhältnis der Ad-hoc-Publizität zur handelsrechtlichen Regelpublizität Das Verhältnis zwischen kapitalmarktrechtlicher Publizität und handelsrechtlicher Regelpublizität wird auch im Recht der Ad-hoc-Meldungen diskutiert: Laut Gesetzesbegründung zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz sollen Tatsachen nicht ad-hoc-pflichtig sein, „die bereits im Rahmen der laufenden Veröffentlichungen der Jahresabschlüsse und Lageberichte (. . .) darzustellen sind“211. Außerdem sah § 15 WpHG a. F. vor, dass nur „neue“ nicht öffentlich bekannte Tatsachen bekanntzugeben seien. Während die h. M. diesem Merkmal neben dem des „Nicht öffentlich Bekanntseins“ keine Bedeutung zuschrieb,212 leitete Ekkenga aus diesem Erfordernis ab, dass alle – aber auch nur – solche Tatsachen bekannt zu geben waren, die bei der vergangenen Abschlussprüfung noch nicht berücksichtigt werden konnten;213 andere vertraten sogar die Ansicht, dass eine Tatsache auch dann nicht „neu“ war, wenn sie in der Regelpublizität nur hätte erwähnt werden müssen, obwohl sie tatsächlich nicht erwähnt worden war.214 209

s. dazu Merkt in Baumbach/Hopt, 31. Aufl. 2003, § 243 Rn. 4. s. dazu schon o. § 4 II.2.d)gg); vgl. im vorliegenden Zusammenhang Schwark, ZGR 1983, 162, 168; J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 1996, S. 92. 211 Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48. 212 Burgard, ZHR 162 (1998), 51, 58; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 153; Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 36; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2000; von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 89 f.; Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, 2001, S. 182 f. 213 Ekkenga, Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998, S. 448. 210

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Zwar verzichtet § 15 WpHG in der Fassung des AnSVG auf das Merkmal der „Neuheit“. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen Ad-hoc- und Regelpublizität ist aber geblieben. Sie ist Teil einer allgemeineren Fragestellung, nämlich inwieweit das Kapitalmarktrecht darauf reagieren soll, dass bestimmte Tatsachen auch ohne gesonderte kapitalmarktrechtliche Publikation am Markt bekannt sind. In den Vereinigten Staaten wurde hierzu die so genannte truth on the market doctrine von Judge Easterbrook in der Entscheidung Wielgos v. Commonwealth Edison Co. entwickelt. Hiernach können Emittenten von der Veröffentlichung bestimmter Information absehen, wenn sie ohnehin „am Markt“ bekannt ist.215 Die Kenntnis des Marktes kann sich ergeben aus öffentlichen Verfahren, Presseberichten, vor allem aber aus anderen Publikationen des Emittenten selbst.216 Legitimationsgrundlage dieser Doktrin ist die ECMH und das „Windschattenargument“:217 Geht man davon aus, dass jede öffentlich bekannte Information auch durch den Handel einiger informierter Arbitrageure prompt in Marktpreise eingearbeitet wird, dann ist der unwissende Marktteilnehmer allein durch diesen Preisbildungsmechanismus hinreichend geschützt (price-protected).218 Den Emittenten trotzdem zur (erneuten) kapitalmarktrechtlichen Publikation zu verpflichten, verursachte daher nur unnötige Kosten. Dieser Gedankengang hat aber – zumindest soweit auf die Informationsverbreitung durch den Jahresabschluss abgestellt wird – Schwächen: Erstens ist es nicht Aufgabe der bilanzrechtlichen Publizität, das breite Anlegerpublikum mit Information zu versorgen.219 Zweitens wurde bereits oben gezeigt, dass der Arbitrage Grenzen gesetzt sind. Auch wenn einige informierte Händler Bilanzzahlen richtig zu interpretieren wissen, heißt das nicht 214 Schäfer in Dreyling/Schäfer, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 2001, Rn. 377 ff.; zust. Braun in Möllers/Rotter (Hrsg.), Ad-hoc-Publizität, 2003, § 8 Rn. 40. 215 Wielgos v. Commonwealth Edison Co., 892 F.2d 509, 516 (7th Cir. 1989) in Anknüpfung an In re Apple Computer Securities Litigation, 886 F.2d 1109 (9th Cir.1989); Flamm v. Eberstadt, 814 F.2d 1169, 1179-80 (7th Cir.1987); Rodman v. Grant Foundation, 608 F.2d 64, 70 (2d Cir.1979). Bestätigt etwa in In re Convergent Technology Securities Litigation, 948 F.2d 507, 513 (9th Cir. 1989); Philipps v. LCI International, Inc., 190 F.3d 609 (4th Cir. 1999); Longman v. Food Lion, Inc., 197 F.3d 675 (4th Cir. 1999). 216 Wielgos v. Commonwealth Edison Co., 892 F.2d 509 (7th Cir. 1989); In re Apple Computer Securities Litigation, 886 F. 2d 1109 (9th Cir. 1989). 217 Dazu schon o. § 4 II.1.c)aa). 218 Wielgos v. Commonwealth Edison Co., 892 F.2d 509, 514 (7th Cir. 1989): „Form S-3 and the shelf registration rules (. . .) (assume) that readers are sophisticated“. 219 s. schon o. § 4 II.2.e)bb)(1).

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notwendigerweise, dass die Information vollständig in Preise eingearbeitet werden kann. Dies gilt gerade deshalb, weil Jahresabschlusszahlen und im Lagebericht enthaltene Information höchst abstrakt und schwer zu verarbeiten ist, das breite Anlegerpublikum daher höchstens mit einiger Verzögerung auf die neue Information reagiert und Arbitrageure mithin einem besonders hohen noise trader-Risiko ausgesetzt sind. Bestätigt werden diese Überlegung durch die bereits erwähnten Studien über die verzögerte Angleichung von Wertpapierpreisen an per Jahreabschluss verbreitete Information.220 Diese Argumente sprechen de lege ferenda dafür, die Ad-hoc-Pflichtigkeit einer Tatsache nicht allein deshalb auszuschließen, weil sie bereits im Jahresabschluss oder Lagebericht genannt wurde. Gleiches muss erst recht gelten, wenn sich im Jahresabschluss oder Lagebericht erwähnte Tatsachen wesentlich ändern.221 De lege lata tun sich für diese Lösung aber weitere Hürden auf: Bereits oben wurde gezeigt, dass für die Veröffentlichung einer ad-hoc-pflichtigen Tatsache de lege lata die Herstellung der Bereichsöffentlichkeit ausreicht. Von der Bereichsöffentlichkeit kann man jedoch erwarten, dass sie Jahresabschlüsse versteht.222 Da es widersprüchlich wäre, für den Begriff des öffentlich nicht bekannten Umstandes i. S. d. § 13 WpHG weiter gehende Anforderungen zu stellen als für die Veröffentlichungsweise einer ad-hocpflichtigen Tatsache,223 muss grundsätzlich auch die Veröffentlichung durch den Jahresabschluss ausreichen, um die öffentliche Bekanntheit eines Umstandes nach § 13 WpHG herzustellen, wobei es selbstverständlich immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Hiernach bereichsöffentliche Information ist de lege lata daher nicht ad-hoc-publizitätspflichtig. Gleiches muss a fortiori im Verhältnis zur kapitalmarktrechtlichen Regelpublizität gelten, denn diese Publizität ist der Bereichsöffentlichkeit „noch eher“ bekannt.224

220

Dazu o. § 4 II.2.e)bb)(1) m. w. N. in Fn. 206. Insofern a. A. zum alten § 15 WpHG Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 130 f.: „gilt danach nicht als ‚neue Tatsache‘ “. 222 Gegen dieses Pauschalurteil S.H. Schneider, NZG 2005, 702, 706. 223 Die Konsequenz wäre, dass bereichsöffentliche Informationen nach § 15 WpHG sofort noch einmal zu veröffentlichen wären, bis das breite Anlegerpublikum informiert ist. 224 De lege ferenda ist für die kapitalmarktrechtliche Regelpublizität freilich zu fordern, dass auch sie sich an das breite Anlegerpublikum wendet – ein in dieser Arbeit ausgeklammertes Thema. 221

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

(3) Die buried facts doctrine und die Lehre vom Gesamteindruck Kehrseite der soeben gemachten Ausführungen ist, dass Umstände auch dann als nicht veröffentlicht gelten können, obwohl sie formell veröffentlicht wurden. Dies ist die Rechtsfolge einer weiteren Doktrin des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts, der buried facts doctrine. Nach diesem Konzept darf offen gelegte Information von Gerichten ignoriert und Dokumente daher als irreführend eingestuft werden, wenn eine Tatsache zwar genannt, aber so sehr in anderer Information versteckt wurde, dass Anleger sie vernünftigerweise nicht erkennen konnten.225 Diese Lehre zieht die zutreffende Konsequenz aus Einsichten der Behavioral Finance. Hiernach entstehen Irreführungsgefahren nämlich nicht nur, wenn Emittenten Information nicht offen legen, sondern auch, wenn Emittenten die nur begrenzte Rationalität von Kapitalmarktakteuren durch Informationsüberladung (information overload) ausnutzen.226 Funktionell äquivalente Grundsätze findet man etwa im deutschen Produkt- und Produzentenhaftungsrecht, wo anerkannt ist, dass gebotene Warnhinweise nicht in Gebrauchsinformationen oder Werbetexten versteckt werden dürfen.227 Die deutsche Kapitalmarktrechtsdogmatik hält mit der bereits erwähnten Lehre vom Gesamteindruck eine Institution bereit, durch die man die Einsichten der buried facts doctrine in das deutsche Recht integrieren kann.228 Ein falscher Gesamteindruck kann nämlich nicht nur entstehen, wenn mehrere für sich genommen korrekte Informationen ein insgesamt falsches Urteil indizieren, sondern erst recht, wenn Teile dieser Information von Akteuren nicht wahrgenommen werden, weil sie unter anderen Fakten begraben wurden. Mit den hier gewonnenen Erkenntnissen über Informationswahrnehmung und Informationsverarbeitung kann man die Lehre weiter verfeinern.229 Ähnlich wie schon o. d)jj)(2)(a) beim Paritätsprinzip wird man jedoch für eine auf Behavioral Decision Theory gestützte Anwendung 225 Grundlegend Kohn v. American Metal Climax, Inc. 322 F.Supp. 1331, 1362 (D.C.Pa. 1970); bestätigt etwa in Gould v. American Hawaiian S. S. Co., 331 F.Supp. 981, 995 (D.Del., 1971). Zusf. Sec. Act Rel. No. 33-7497, 63 Fed. Reg. 6370-01, S. 9: „Under the buried facts doctrine, a court would consider disclosure to be false and misleading only if its overall significance is obscured because material information is ‚buried‘, for example, in footnotes or appendices“. 226 s. dazu schon o. § 4 II.2.d)gg). 227 s. etwa BGHZ 99, 167, 181 (Motorradlenkerverkleidung); BGHZ 116, 60, 68 (Kindertee I); Foerste in Graf von Westphalen (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, 2. Aufl. 1997, § 24 Rn. 203; Hager in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1999, § 823 F 15; J. Meyer, Instruktionshaftung, 1992, S. 141; Spindler in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 823 Rn. 505; Wagner in MünchKommBGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rn. 594. 228 Dazu o. § 4 II.2.d)jj)(2)(a). 229 s. dazu o. § 2 V.3.a)cc).

II. Anlegergleichbehandlung im Emissionsprospektrecht

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der buried facts doctrine zu verlangen haben, dass bei vernünftiger Betrachtung keine Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen können, dass die Gestaltung der Kapitalmarktinformation kognitive Fehler so ausnutzte, dass Information ignoriert wurde. (4) Erweiterungen? Die Lehre vom Gesamteindruck bietet auch abseits von Fällen „begrabener Fakten“ ein kapitalmarktrechtliches Instrument, um aus Einsichten der Behavioral Finance konkrete Anreize für die Gestaltung von Kapitalmarktinformation zu entwickeln. Bereits oben wurde das in der Lehre vom Gesamteindruck verankerte „Paritätsprinzip“ vorgestellt, mit dem man der Ausnutzung insbesondere der Verfügbarkeits- und Repräsentativitätsheuristik begegnen kann.230 Vorstellbar wäre auch, dass ein Emittent – ohne in der Sache falsche Angaben zu machen – den halo effect so ausnutzt, dass Anleger das erwartete Wachstum des Unternehmens mit der erwarteten Rendite der Aktie gleichsetzen.231 Auch diese Taktik könnte man mit der Lehre vom Gesamteindruck durchkreuzen. Wie bereits erwähnt, darf diese Lehre aber im Lichte von Behavioral Decision Theory zunächst nur vorsichtig fortgebildet werden. Auf Behavioral Finance und Anlegerpsychologie gestützte Haftung nach §§ 44, 45 BörsG; 37b, 37c WpHG muss also zunächst auf Fälle beschränkt werden, in denen Emittenten (in der Psychologie etablierte, empirisch nachgewiesenene) Urteilsverzerrungen eindeutig ausgenutzt haben [s. schon o. d)jj)(2)(a) und soeben (3)]. f) Zusammenfassung Nachdem begründet wude, dass der Gesetzgeber de lege ferenda vom Konzept der Bereichsöffentlichkeit Abstand nehmen sollte, lag die Antwort nahe, dass Kapitalmarktinformation auch inhaltlich an die breite Anlegermasse adressiert werden sollte. Dies konnte im vorstehenden Abschnitt bestätigt werden. Gleichzeitig wurden einige inhaltliche Anforderungen aufgestellt, denen Kapitalmarktinformation im Lichte der Behavioral Decision Theory genügen sollte. Über die Dichotomie „Warne“ und „Erkläre“ einerseits sowie „Warnung im formellen Sinne“ und „Warnung im materiellen Sinne“ andererseits wurden einige generelle Regelungskonzepte für Kapitalmarktinformation diskutiert. Die wichtigsten Ergebnisse: (a) Grundsätzlich sollte Kapitalmarktinformation auf das Prinzip des „Erkläre“ aufbauen; so230 231

s. o. § 4 II.2.d)jj)(2)(a). Zum halo effect o. § 2 V.3.a)cc)(6)(b).

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

weit Erklärungen nicht möglich sind, sind Warnungen notwendig (daneben spricht nichts dagegen, Warnungen und Erklärungen miteinander zu kombinieren). (b) Warnungen im formellen Sinne sind grundsätzlich gegenüber Warnungen im materiellen Sinne zu bevorzugen. Die so aufgestellten Grundsätze wurden anhand einiger Rechtsprobleme de lege lata überprüft und angewendet. Hierbei wurde gezeigt, (a) dass Angaben im Jahresabschluss auch de lege lata kleinanlegergerecht narrativ erläutert werden sollten, (b) dass trotzdem Tatsachen, die über die handelsoder kapitalmarktrechtliche Regelpublizität bereichsöffentlich gemacht wurden, de lege lata nicht der Ad-hoc-Publizitätspflicht unterfallen und (c) dass die deutsche Lehre vom Gesamteindruck mithilfe von Behavioral Decision Theory nach dem Vorbild der US-amerikanischen buried facts doctrine fortgebildet werden sollte.

III. Spekulative Information in Emissionsprospekt und Ad-hoc-Mitteilung Stand soeben der Informationsadressat im Mittelpunkt der Diskussion, soll es nun um den Informationsinhalt gehen, wie also die spekulative Information im Recht der Emissionsprospekte und Ad-hoc-Mitteilungen behandelt wird und werden sollte. 1. Begriff der spekulativen Information Dabei ist zunächst der Begriff der spekulativen Information zu definieren. In den einschlägigen Kommentierungen sucht man ihn vergeblich.232 Besonders erwähnt werden „Vorhaben“ und „Pläne“, „Meinungen“ und „Werturteile“, „Prognosen“, „Rechtsauffassungen“, „Gerüchte“233 und „gestreckte Entscheidungssachverhalte“234. Die ProspektVO nennt in ihrem Art. 2 Abs. 10 u. 11 die Begriffe „Gewinnprognose“ und „Gewinnschätzung“. 232 Spekulation wird teilweise in anderem Zusammenhang aufgegriffen und skeptisch betrachtet: Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 82 spricht sich gegen die Einführung eines „zusätzlichen spekulativen Elements“ im Zusammenhang mit den mehrstufigen Entscheidungsprozessen aus. Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 13 WpHG Rn. 32 spricht im Zusammenhang mit zukünftigen Tatsachen als Insidertatsachen von „künftigen Ereignissen, über die nur spekuliert werden kann“. 233 s. mit Unterschieden im einzelnen Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 56; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 32 f. 234 Hierzu insbesondere Burgard, ZHR 162 (1998), 51; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999.

III. Spekulative Information im Emissionsprospekt

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Bereits oben wurde Spekulation definiert als Handel, um aus der Vorhersage zukünftiger Preise zu profitieren.235 Spekulative Information wäre demnach jede Information, von der auf zukünftige Kursentwicklungen geschlossen werden kann. Dieser Begriff ist jedoch zu weit, denn hiernach müsste auch alle wertrelevante, objektiv feststehende, aber nicht öffentlich bekannte Information, also klassisches Insiderwissen, spekulativ sein. Solche Information – etwa über eine morgige unerwartet hohe oder niedrige Gewinnankündigung – als „spekulativ“ zu bezeichnen, fällt schon intuitiv schwer, weil ihr das für die Spekulation charakteristische Merkmal der Unsicherheit fehlt.236 Als spekulative Information soll daher im Folgenden nur Information über unsichere Umstände bezeichnet werden, von der auf zukünftige Kursentwicklungen geschlossen werden kann. Unsicher sind dabei alle Umstände, die momentan – wenn auch objektiv verifizierbar – so doch von keinem Marktteilnehmer erkannt oder vorhergesehen werden können. Charakteristikum spekulativer Information ist ihr Zukunftsbezug, etwa bei Plänen und Vorhaben, bei Prognosen, bei Werturteilen oder Rechtsauffassungen, also bei jeder Information über kursrelevante zukünftige Ereignisse wie den Ausgang eines Prozesses, einer Präsidentenwahl, das Ergebnis von Tarifverhandlungen, Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Lage, unter Umständen sogar das Wetter (im Folgenden: „zukunftsgerichtete“ oder „zukunftsorientierte Information“). Spekulativ kann aber auch gegenwartsoder vergangenheitsbezogene Information sein. Hierunter fallen insbesondere Gerüchte über vergangene oder gegenwärtige Umstände, die bisher von keinem Marktteilnehmer verifiziert (und daher nicht in den Preis eingearbeitet) werden konnten, etwa die Information, Grundeigentum einer AG sei möglicherweise kontaminiert, oder die Vermutung, in bisher unerforschten Landstrichen schlummerten reichhaltige Eisen-, Gold- oder Rohölvorräte. Andererseits muss spekulative Information nicht geheim sein. Im Gegenteil: Typisch – wenn auch nicht notwendig – für spekulative Information ist, dass Marktteilnehmer sich auch nach Veröffentlichung der Information durch weitere Nachforschung einen Wissensvorsprung erarbeiten können und hierdurch zu besser informierten Spekulanten aufsteigen. 2. Problematik: Wie viel spekulative Information braucht und verträgt der Markt? Zwei Fragen interessieren, will man den Rechtsrahmen für die Veröffentlichung spekulativer Information erforschen: Wo fordert oder ermutigt das Gesetz die Publikation spekulativer Information? Und: Inwieweit verbietet 235 236

s. o. § 2 I. Dazu Aschinger, Börsenkrach und Spekulation, 1995, S. 18.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

das Gesetz die Veröffentlichung solcher Angaben? Eine dritte, zunächst ausgeblendete Frage lautet, inwieweit Emittenten einspringen müssen, um „schlechte“ Spekulation aufgrund solcher Information zu unterbinden.237 Was zunächst die Frage nach den Publizitätspflichten angeht, so dürfte in jeder Kapitalmarktrechtsordnung zunächst unbestritten sein, dass nicht alle spekulative Information publizitätspflichtig ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass den Spekulanten allein zukünftige Entwicklungen des Börsenkurses interessieren, Fixpunkte für Publizitätspflichten jedoch nicht Börsenkurse, sondern die inneren Werte der gehandelten Instrumente sind. Dies gilt auch für das deutsche Recht. Zwar stellt § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG für den Begriff der Insiderinformation darauf ab, dass die Information im Falle ihres Bekanntwerdens „geeignet ist, den Börsen- oder Marktpreis (. . .) erheblich zu beeinflussen“, so dass grundsätzlich Raum für die Ansicht bliebe, es ginge dem Gesetz allein um Kurse und nicht um Fundamentalwerte. Allerdings haben sowohl die Prospekt- als auch die Ad-hoc-Mitteilungspflicht (unter anderem) den Zweck, Marktteilnehmern eine informierte Investitionsentscheidung zu ermöglichen und die Informationseffizienz der Kapitalmärkte zu steigern.238 Dementsprechend fügt auch § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG hinzu, die Kursrelevanz sei vom Bezugspunkt eines „verständigen Anlegers“ zu beurteilen.239 Diesen „verständigen Anleger“ interessiert aber nur der innere Wert des Wertpapiers, nicht aber, wie andere Marktteilnehmer reagieren.240 Um Keynes’ Beispiel des Schönheitswettbewerbes aufzugrei237

s. hierzu u. § 4 III.4. s. nur Assmann/Kümpel, WpHG, 3. Aufl. § 15 Rn. 2; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 23; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 147; Köndgen, FS Druey, 2002, 791, 795; Möllers in Möllers/Rotter (Hrsg.), Ad-hoc-Publizität, 2003, § 3 Rn. 43; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 Rn. 9 („realistische Wertpapierpreise“). s. auch schon Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 96. 239 Dies war auch vor dem AnSVG der entscheidende Maßstab, s. etwa Assmann, AG 1998, 438, 439; Marxen/Müller, EWiR 2000, 885, 886; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 13 WpHG Rn. 46; Spindler, DStR 2002, 1576, 1577. Zum Teil wurde diese Perspektive ausdrücklich damit begründet, dass „überzogene Börsenreaktionen“ aus dem Maßstab ausgeschlossen werden sollen, s. Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 13 WpHG Rn. 46. 240 Deutlich Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 81; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 10.71; Pananis, WM 1997, 460, 463. Zumindest missverständlich wird andererseits auch auf das „breites Anlegerpublikum“ abgestellt, so Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 13 WpHG Rn. 31 (im Hinblick auf Gerüchte); anders wohl Loesche, Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung in den Insiderhandelsverboten des WpHG, Jur. Diss. Gießen 1998, S. 72: „Tatsachen (. . .) die mittelbar oder unmittelbar Einfluß auf die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens und/oder seiner Bewertung durch die Anleger haben könnte“. Daneben herrscht ein grundsätzlicher Streit darüber, inwieweit bei der Interpretation des Merkmals „Auswirkung“ auf bi238

III. Spekulative Information im Emissionsprospekt

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fen,241 ist der „verständige Anleger“ auf die Bewertung „wahrer“ Schönheit aus, während Spekulanten sich nur dafür interessieren, wen die anderen Teilnehmer wählen. Klar ist aber auch, dass sich Spekulanten auch für fundamentalwertbezogene Information interessieren. Als Beispiel sei angenommen, dass eine Aktiengesellschaft A in ihrem Emissionsprospekt angebe, sie erwarte aus Projekt X in einem Jahr entweder einen außerordentlichen Profit von 20 Millionen Euro oder einen Verlust von 10 Millionen Euro. Die Erfolgschancen für Projekt X seinen 50:50. In diesem Fall beträgt der Kapitalwert von Projekt X bei einem unterstellten Zinssatz von 10% ca. 4,55 Millionen Euro.242 Die Information über Projekt X ist daher wertrelevant. Gleichzeitig erlaubt die Angabe Spekulation über den Erfolg von Projekt X. Spekulanten haben einen Anreiz, die erwarteten Gewinne und Verluste zu berechnen und daraufhin zu überprüfen, ob die Aktie von A derzeit zutreffend bewertet ist. Technische Händler können nachforschen, ob der Markt auf die Bekanntgabe der Nachricht unter- oder überreagiert hat, und entweder auf der einen oder anderen Seite informationsorientiert oder sentimentorientiert handeln. Spekulative Information und die nach dem Konzept der Wertrelevanz publizitätspflichtige und publizitätsfähige Information teilen somit eine nicht unbeträchtliche Schnittmenge. Hat man dies erkannt, lautet die entscheidende Frage: „Wie viel spekulative Information braucht und verträgt der Markt?“ Ist man Anhänger der ECMH in ihrer halbstrengen Form, und glaubt man an das Rational Choice-Modell der Spekulation, dann fällt die Antwort auf diese Frage leicht: alle Information.243 Dass spekulative Information einen sozialen Wert hat, ist unbestritten.244 Wären Marktteilnehmer in der Lage, die Wertrelevanz jeder spekulativen Information zutreffend zu erkennen, könnte jede auch noch so marginale Information korrekt in Preise eingearbeitet werden, Börsenkurse würden immer den gegenwärtigen „fairen“ Wert des gehandelten Instruments widerspiegeln; die Kapitalallokation würde perfekt funktionieren. Exzessiver Handel würde nicht stattfinden, wenn und weil jeder Marktteilnehmer zutreffend erkennen würde, inwieweit sein Wissen über das Wissen des Marktes hinausgeht.245 lanzrechtliche Grundsätze zurückzugreifen sei; hierzu m. w. N. Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 60 ff. 241 Zu diesem Beispiel s. o. § 2 III.2.c)dd)(1)(a). 242 20 Mio Euro  0:5  10 Mio Euro  0:5 1:1 243 Vgl. auch Köndgen, FS Druey, 2002, 791, 796 (jede kursrelevante, nicht nur jede „erheblich“ kursrelevante Information). 244 Für Prognosen hervorhebend Baums, ZHR 167 (2003), 139, 162 f.; Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 48: „überragende Bedeutung“.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

Behavioral Finance mahnt hingegen zur Vorsicht: Zum einen sind Marktteilnehmer nicht in der Lage, überhaupt alle Information zu verarbeiten (bounded rationality), zum anderen unterliegen sie kognitiven Fehleinschätzungen und können deshalb selbst die Information, die sie zur Kenntnis nehmen, nicht immer zutreffend einschätzen. Lernen sie darüber hinaus nicht aus ihren Fehlern, und bleiben sie im Markt, obwohl sie ihn vernünftigerweise verlassen sollten, und sind die Mittel von besser informierten Händlern beschränkt, um Wetten gegen solche noise traders abzuschließen, dann leidet die Effizienz der Märkte, und das Handelsvolumen wird exzessiv. Die Veröffentlichung spekulativer Information birgt also auch Gefahren. Wäre es daher besser, dem Markt Information zu verheimlichen? Sollte er zumindest in irgendeiner Weise auf die Spekulativität der Information aufmerksam gemacht oder vor dem Handel aufgrund der Information gewarnt werden? 3. Zukunftsgerichtete Information, insbesondere Prognosen Zunächst soll das Paradigma spekulativer Information in den Mittelpunkt gerückt werden: die zukunftsgerichtete Information und hier insbesondere die Prognosen des Emittenten über seine Zukunft.246 Deren Behandlung wird im Zusammenhang mit dem Emissionsprospektrecht teilweise als „eine der schwierigsten Gegenwartsfragen“ des Kapitalmarktrechts bezeichnet.247 a) Bestandsaufnahme zur Deutsche Rechtslage aa) Recht der Emissionsprospekte Planungen, Prognosen und sonstige zukunftsorientierte Information findet man in Deutschland vor allem im Lagebericht gem. § 289 Abs. 1 S. 4 HGB sowie im Zwischenbericht gem. § 40 BörsG.248 Für Emissionsprospekte fordern § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG und Art. 5 Abs. 1 S. 1 der Prospektrichtlinie generalklauselartig, dass Emittenten das Anlegerpublikum auch über „die Zukunftsaussichten des Emittenten“ aufklären. Dementsprechend 245 Einzig die Frage würde sich stellen, inwieweit die Veröffentlichung spekulativer Information exzessiven Suchaufwand provoziert, dazu o. § 2 IV.2.c). 246 Zum Begriff o. § 4 III.1. 247 So Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 46. 248 Umfassend zu den Veröffentlichungspflichten hinsichtlich Prognosen im deutschen Recht Glöckle, Die zukunftsbezogene Publizität von Kapitalgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Jur. Diss. Tübingen, 1996; Siebel/Gebauer, WM 2001, 118 ff.; Siebel/Gebauer, WM 2001, 173 ff.

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verlangt die ProspektVO etwa in Anhang I, Ziff. 5.2.3 die Aufdeckung bereits fest beschlossener künftiger Investitionen und in Anhang I, Ziff. 12.2 Informationen über „bekannte Trends, Unsicherheiten, Nachfrage, Verpflichtungen oder Vorfälle, die wahrscheinlich die Aussichten des Emittenten zumindest im laufenden Geschäftsjahr wesentlich beeinträchtigen dürften“. Schließlich kann sich eine Pflicht zur Aufdeckung zukunftsgerichteter Information aus der im BuM-Urteil des BGH entwickelten Lehre vom Gesamteindruck ergeben.249 Angesichts dieser Prospektpflicht ist nicht mehr strittig, dass Vorhaben, Pläne und Prognosen auch unter den Begriff der „Angabe“ i. S. d. § 44 BörsG fallen.250 Im Zentrum der wissenschaftlichen Diskussion steht, wie die Richtigkeit zukunftsgerichteter Fragen im Rahmen der §§ 44, 45 BörsG zu beurteilen ist. Ganz herrschende Meinung ist hier zunächst, dass Prospekterlasser und Prospektveranlasser zwar den Eintritt ihrer Prognosen mit dem Prospekt nicht garantieren, jedoch insoweit verantwortlich sind, als Prognosen ausreichend durch Tatsachen gestützt und kaufmännisch vertretbar sein müssen.251 Hierdurch wird – wie Schwark kommentiert – die „Beurteilung selbst Ansatzpunkt der Prospekthaftung“252. Darüber hinaus verlangte der BGH in seinem BuM-Urteil, dass die Prospektverantwortlichen bei der Aufstellung von Prognosen Zurückhaltung walten lassen und auf Umstände hinweisen, die der erwarteten Entwicklung entgegenstehen können.253 Angesichts der fortgeschrittenen gesetzlichen Publikationspflichten von zukunftsbezogener Information wird dieses Zurückhaltungsgebot teilweise allerdings nicht mehr als verbindlich angesehen.254 249 Dazu im vorliegenden Zusammenhang BGH NJW 1982, 2823, 2824 (BuM); Assmann, WM 1983, 138, 140. Zur Lehre vom Gesamteindruck schon o. § 4 II.2.e)bb)(3). 250 Grundlegend schon BGH NJW 1982, 2823, 2826 (BuM); danach OLG Düsseldorf WM 1984, 586, 595 f. (BuM). Aus der Literatur etwa Assmann, WM 1983, 138, 140; Groß, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2002, §§ 45, 46 BörsG Rn. 24; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG Rn. 21. Zur Entwicklung der Dogmatik bis zum BuM-Urteil des BGH s. Glöckle, Die zukunftsbezogene Publizität von Kapitalgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Jur. Diss. Tübingen, 1996, S. 141–144. 251 Grundlegend BGH NJW 1982, 2823, 2824 ff. (BuM). Aus der Literatur etwa Assmann in Assmann/Schütze, 2. Aufl. 1997, § 7 Rn. 64; Assmann in Assmann/ Lenz/Ritz, VerkProspG, 2001, § 13 Rn. 39; Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 48; Groß in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, BankR IX 188. 252 Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG Rn. 22; Schwark, ZGR 1983, 162, 170 ff. 253 BGH NJW 1982, 2823, 2826 (BuM); Hamann in Schäfer, WpHG, 1999, §§ 45, 46 BörsG Rn. 75; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991, Rn. 156; ablehnend Schwark, ZGR 1983, 162, 172; Schwark in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 45 BörsG Rn. 23.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

Hinsichtlich der Art und Weise, wie zukunftsgerichtete Information im Prospekt zu präsentieren ist, fordert die ProspektVO, dass der Emittent „die wichtigsten Annahmen erläutert, auf die (er) seine Prognose oder Schätzung gestützt hat“ (s. etwa für Aktien Anhang I, Ziff. 13.1). Diese Grundlagen müssen darüber hinaus mit den historischen Finanzinformationen vergleichbar sein (s. etwa Anhang I, Ziff. 13.3); außerdem muss die Information von unabhängigen Buch- oder Abschlussprüfern geprüft werden (s. etwa Anhang I, Ziff. 13.2). Aufdeckung der den Prognosen zugrunde liegenden Annahmen fordert neben der ProspektVO auch Ziff. 4.2.2 der deutschen Going Public-Grundsätze255, ohne sich auf die „wichtigsten Annahmen“ zu beschränken. Ziff. 4.2.1 der Grundsätze fordert eine sprachlich eindeutige Kennzeichnung von Prognosen als zukunftsgerichtete Aussagen. Begrenzend wirkt auch Ziff. 3.4.2 der Grundsätze, wonach die Prospektangaben keinen werbenden Charakter haben dürfen, sondern auf die sachliche Informationsweitergabe beschränkt sein müssen. Ziff. 4.2.3 schließlich enthält ein Substantiierungsgebot für in dem Prognoseteil enthaltene Warnhinweise.256 bb) Recht der Ad-hoc-Meldungen Ad-hoc-Mitteilungen sind ausdrücklich erst seit Inkrafttreten des AnSVG Medium zukunftsgerichteter Information. Zum Verständnis des gegenwärtigen Rechts ist es sinnvoll, sich noch einmal kurz die Rechtslage nach § 15 WpHG a. F. vor Augen zu halten: § 15 WpHG a. F. setzte den Eintritt einer „Tatsache“ voraus. Dieser Begriff war – klassischer Straf- und Zivilrechtsdogmatik entsprechend – grundsätzlich auf gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände und Geschehnisse beschränkt.257 Auch nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz sollten „Werturteile (Meinungsäußerungen, Rechtsauffassungen, Auffassungen persönlicher Art) und andere subjektive Wertungen, die bloße Meinungen ausdrücken“ aus dem Tatsachenbegriff ausgeklammert bleiben.258 Trotzdem hielt die ganz h. M. 254 Seibel/Gebauer, WM 2001, 173, 175; zust. Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 48. 255 Herunterladbar unter http://deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/de/kir/gdb_navigation/listing/20_Going_Public/05_Regularien/10_Going_Public_Grundsaetze; hierzu Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 483. 256 Die ProspektVO enthält insoweit nur die Anforderung, die Risikofaktoren müssten „klar“ offengelegt werden, s. etwa Anhang I, Ziff. 4. 257 Etwa Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 27; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 31. Zum alten § 44a BörsG Heidmeier, AG 1992, 110, 111 f.

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diese restriktive Interpretation für unzutreffend: Zum einen konnte der Umstand, dass Prognosen, Vorhaben, Meinungen und dergleichen von bestimmten Personen geäußert wurden, eine ad-hoc-pflichtige Tatsache darstellen.259 Zum anderen wurde auch die zukunftsbezogene Information an sich unter Umständen für publizitätspflichtig gehalten.260 Zur Begründung wurde bei Meinungsäußerungen als Abgrenzungsmerkmal oft die Figur des Tatsachenkerns herangezogen;261 bei Prognosen wurde darauf abgestellt, dass auch sie auf Tatsachen basierten262. Der herrschenden Meinung entsprechend mussten für das Merkmal der „Kurserheblichkeit“ i. S. d. § 15 WpHG a. F. auch die Auswirkungen der Tatsache nicht notwendigerweise bereits eingetreten sein, es genügte, wenn solche Auswirkungen in der Zukunft eintreten konnten, was durch eine Ex-ante-Prognose festgestellt werden sollte.263 Die Grenze wurde überwiegend anhand von Wahrscheinlichkeitskonzepten gezogen, wobei hierbei zumeist eine „überwiegende“264 oder „mehr als 50%ige Wahrscheinlichkeit“265 gefordert wurde, teilweise auch 258

Begr RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 46; zust. etwa Wittich, AG 1997,

1, 2. 259 s. nur Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 56. 260 Statt vieler Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 28; Ekkenga, ZGR 1999, 165, 192; von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 119 f.; Kümpel, AG 1997, 66, 69; Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 60. 261 Statt vieler Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 28; Koch, DB 2005, 267, 269. 262 Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 56; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 32. Restriktiv Braun in Möllers/Rotter (Hrsg.), Ad-hoc-Publizität, 2003, § 8 Rn. 7 ff. Soweit zukunftsgerichtete Information einen solchen Tatsachenkern nicht vorweisen konnte, wurde die Publizitätspflicht allerdings verneint (dezidiert Ekkenga, ZGR 1999, 165, 192; wohl auch Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 23). 263 s. nur Braun in Möllers/Rotter (Hrsg.), Ad-hoc-Publizität, 2003, § 8 Rn. 83; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 23; Caspari, ZGR 1994, 530, 540; Caspari in Baetge, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 1995, S. 65, 75 ff.; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 454; von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 120; Kümpel, WM 1996, 653, 654 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 16.287; Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 60; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 10.71; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 78. A.A. zum mittlerweile aufgehobenen § 44a BörsG Pellens, AG 1991, 62, 65. Gegen die Ex-ante-Prognose Hirte in Hadding/ Hopt/Schimansky (Hrsg.), Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in der praktischen Umsetzung, 1996, S. 47, 77 ff.; dagegen etwa von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 130 ff. 264 Grimme/v. Buttlar, WM 2003, 901, 906; Kümpel/Assmann in Assmann/ Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 83; Schanz, Börseneinführung, 2. Aufl. 2002, § 16 Rn. 10; Wölk, AG 1997, 73, 78.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

„hinreichende Wahrscheinlichkeit“266 oder „hohe Wahrscheinlichkeit“267, teilweise wurde hinsichtlich der „Kursbeeinflussung“ einerseits und „Erheblichkeit“ andererseits differenziert268. Häufig wurden diese Konzepte im Hinblick auf gestreckte Entscheidungssachverhalte („voluntative gestreckte Sachverhalte“) entwickelt und waren daher von dem Ziel geprägt, die Geheimhaltungsinteressen und Entscheidungsfreiheit des Emittenten zu schützen.269 Insbesondere von dem ehemaligen Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel und der Deutschen Börse AG wurde darüber hinaus vertreten, in Anlehnung an die aus dem US-amerikanischen Recht stammende probability-magnitude-Formel eine Abstufung nach der Bedeutung der zu erwartenden Auswirkung vorzunehmen270 – ein Gedanke, auf noch zurückzukommen sein wird271. Aufgrund der Marktmissbrauchsrichtlinie und ihrer Umsetzung ins deutsche Recht durch das AnSVG wurde das Recht der Ad-hoc-Publizität grundlegend verändert: Der Begriff der zu veröffentlichenden Information ist nun – übereinstimmend mit dem für das Insiderhandelsrecht entscheidenden Begriff – in § 13 WpHG definiert. Fest steht daher, dass auch Information über zukünftige Umstände ad-hoc-pflichtig ist, vorausgesetzt ihr Ein265 Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, 2001, S. 268; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 104. Im Hinblick auf die Insidertatsache i. S. d. § 13 WpHG Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 13 Rn. 65e. 266 Kleinmann, Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, 1998, S. 42. 267 Caspari in Baetge, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 1995, S. 65, 77; Kleinmann, Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, 1998, S. 167, 240; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 10.71. 268 Loesche, Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung in den Insiderhandelsverboten des WpHG, Jur. Diss. Gießen 1998, S. 69–71; Loesche, WM 1998, 1849. 269 Mit niedrigeren Anforderungen für sog. kognitive gestreckte Sachverhalte daher Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 Rn. 97. Ausdrücklich nicht auf gestreckte Sachverhalte beschränkt aber etwa Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 Rn. 83. Bei gestreckten Entscheidungssachverhalten wird teilweise zum Schutz des Entscheidungsprozesses auch verlangt, die Tatsache müsse „endgültig“ oder „defninitiv“ sein und alsbald zum Tragen kommen („Endgültigkeitsthese“, hierzu m. w. N. Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 84 ff.); kritisch und wieder anders Burgard, ZHR 162 (1998), 51, 77–79. 270 Deutsche Börse AG/BAWe, Insiderhandelsverbote und Ad-hoc-Publizität nach dem WpHG, Leitfaden, 2. Aufl. 1998, S. 39. Ebenso Pananis, WM 1997, 460, 464; ähnlich die Gesamtschau von Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 119 f.; kritisch Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 104. 271 s. u. § 4 III.3.c)bb).

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tritt ist „hinreichend wahrscheinlich“ (§ 13 Abs. 1 S. 3 WpHG).272 Zur Konkretisierung dieses Begriffes der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gibt die Regierungsbegründung zum AnSVG keine Hilfestellung. Auch die Richtlinie kann insofern nicht helfen: Weder schreibt sie ausdrücklich vor, dass sich Insiderinformation auch auf zukünftige Umstände beziehen kann noch konkretisiert sie die hierbei anzustellenden Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Es ist daher davon auszugehen, dass die oben genannten Wahrscheinlichkeitskonzepte auch zum Begriff der „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“ i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG vertreten werden. Die Grenze der freiwilligen Veröffentlichung zukunftsgerichteter Information ergibt sich aus § 15 Abs. 2 S. 1 WpHG, der die Ad-hoc-Veröffentlichung offensichtlich nicht ad-hoc-pflichtiger Angaben verbietet. Je weiter man daher die Publikationspflicht für zukünftige Umstände im Rahmen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG i. V. m. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG fasst, desto geringer sind die von § 15 Abs. 2 S. 1 WpHG aufgestellten Hürden. Andererseits teilt § 15 Abs. 2 S. 1 WpHG die soeben identifizierten Auslegungsprobleme – eine Belastung, deren Schwere durch das Offensichtlichkeitserfordernis i. R. d. § 15 Abs. 2 S. 1 WpHG allerdings abgemildert wird. cc) Umgang mit dem Problem der zukunftsbezogenen Information in Rechtsprechung und Literatur Die Dogmatik zu den Kernvorschriften der deutschen Kapitalmarktpublizität erscheint im Hinblick auf Prognosen und andere zukunftsgerichtete Information wenig ausgefeilt.273 Im Rahmen des § 15 WpHG hat sich die Diskussion auf die Frage konzentriert, inwieweit zukunftsorientierte Information überhaupt Gegenstand der Publizitätspflicht sein kann. Wenig förderlich war hier, dass der Streit hauptsächlich unter dem Stichwort „Kurserheblichkeit“ geführt wurde – dem am schwersten zu bestimmende Element des gesamten § 15 WpHG a. F. Auch war die bisherige Diskussion um die Ad-hoc-Pflichtigkeit zukunftsgerichteter Information von dem Streben mitbestimmt, die berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Emittenten zu schützen, eine Frage, die gem. § 15 Abs. 3 WpHG nun von dem Begriff der ad-hoc-pflichtigen Tatsache abgekoppelt ist. Auch das AnSVG bringt insgesamt wenig Klarheit, denn auch dieses Regelwerk konkretisiert nicht den entscheidenden Begriff der „hinreichenden“ Wahrscheinlichkeit. 272 s. auch Begr RegE AnSVG, BR-Drucks. 341/04, S. 65: Prognosen und Meinungsurteile fallen nun ausdrücklich unter den Begriff des „Umstandes“ i. S. d. § 13 WpHG. 273 Ebenso Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 47: „wenig ausgeprägtes Problembewusstsein“.

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§ 4 Filterung „guter“ und „schlechter“ Spekulation

Die Dogmatik zur Prospektpublizität war im Wesentlichen von der BuMEntscheidung des BGH geprägt, kreiste also um Haftungsfragen und den Begriff der „Richtigkeit“ zukunftsbezogener Information.274 Trotz intensiver Diskussion konnten Rechtsinstitute zur Prospekthaftung wie das „Gebot zur Zurückhaltung“ seit der BuM-Entscheidung kaum fortentwickelt werden. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen zukünftige Entwicklungen aufzudecken sind, wird zu oberflächlich untersucht. b) Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme Angesichts dieser Schwächen deutscher Dogmatik lohnt sich ein rechtsvergleichender Blick auf andere Kapitalmarktrechtsordnungen. aa) Vereinigte Staaten In den Vereinigten Staaten wird die Grenze der kapitalmarktrechtlich zu publizierenden Tatsachen anhand des Begriffs der „materiality“ gezogen. Dass eine zukunftsgerichtete Information material ist, ist notwendige Voraussetzung jeder Veröffentlichungspflicht.275 Die Fallgruppe zukunftsorientierter Information wird zumeist unter dem Stichwort „forward looking information“ oder „soft information“ diskutiert. Ebenso wie das deutsche Recht vom „verständigen Anleger“ ausgeht, wird der Begriff der materiality vom Standpunkt eines „reasonable investor“ bestimmt.276 Ob zukunftsgerichtete Information veröffentlichungspflichtig ist, wird – wenn auch nicht immer277 – anhand des bereits oben erwähnten probability/magnitude-test bestimmt: Hiernach hängt die materiality einer Zukunftsaussicht sowohl von der Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses ab als auch vom Umfang der voraussichtlichen Auswirkungen.278 274 Zur Konzentration der Prospektpublizitätsdiskussion auf Haftungsfragen allgemein Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 277. 275 Statt aller Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 4th Ed. 2005, S. 599: „That is, the information’s materiality is a necessary, but not a sufficient condition to require its disclosure“. 276 Etwa SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833, 849 (2d Cir. 1968); Cox/ Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 4th Ed. 2005, S. 563. 277 So Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 4th Ed. 2005, S. 583; einen Allgemeinheitsanspruch erhebt dagegen wohl Hazen, The Law of Securities Regulation, 4th Ed. 2002, S. 163. 278 Grundlegend SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833, 849 (2d Cir. 1968): „In each case, then, whether facts are material within Rule 10b-5 when the

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Die SEC stand der Veröffentlichung zukunftsgerichteter Information Anfang der 70er Jahre äußerst skeptisch gegenüber.279 Im Zuge der aufkommenden ECMH280 stand diese Position aber unter heftigem Beschuss, so dass die SEC sie aufgab. Im Jahre 1978 gab sie ein bis heute gültiges281 Positionspapier heraus, in dem sie die Veröffentlichung zukunftsgerichteter Information nicht nur zulässt, sondern ermutigt.282 Diese Einstellung äußert sich in einigen Reglementierungen der SEC: So bestimmt Securities Act Rule 175, dass bestimmte forward-looking statements nicht als irreführend bewertet werden dürfen, es sei denn, sie wurden ohne vernünftige Grundlage („reasonable basis“) oder in bösem Glauben („bad faith“) aufgestellt. Unter Rule 175 fallen insbesondere Projektionen im Registrierungsdokument, worauf Instruction 7 zu Item 303(a) der Regulation S-K (17 CFR 229.303) ausdrücklich hinweist. Gleichlautende Haftungsfreiräume finden sich in Securities Exchange Act Rule 3b-6 für den Sekundärmarkt. Rückenwind für diese spekulationsoptimistische Haltung bekam die SEC auch von der Rechtsprechung. Gerichte entwickelten zunächst die sog. „bespeaks caution doctrine“. Hiernach können zukunftsgerichtete Angaben als nicht irreführend gewertet werden, wenn die Publikation mit Warnhinweisen versehen ist,283 die hinreichend konkret und auf die jeweiligen Voraussagen zugeschnitten sind.284 Teilweise wird auch davon gesprochen, die facts relate to a particular event and are undisclosed by those persons who are knowledgeable thereof will depend at any given time upon a balancing of both the indicated probability that the event will occur and the anticipated magnitude of the event in light of the totality of the company activity“; danach insbesondere Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 238 f. (1988); United States v. Mylett, 97 F.3d 663, 667 (2d Cir. 1996). Aus dem deutschen Schrifttum hierzu Gruson/Wiegmann, AG 1995, 173, 178 f. 279 Hierzu m. w. N. Hazen, The Law of Securities Regulation, 4th Ed. 2002, S. 159 f. Zur Entwicklung des US-amerikanischen Rechts s. außerdem Glöckle, Die zukunftsbezogene Publizität von Kapitalgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Jur. Diss. Tübingen, 1996, S. 64 ff.; komprimiert Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 47 f.; Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 462 f. 280 Dazu o. § 2 V.1. 281 Dazu Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 4th Ed. 2005, S. 584. 282 Sec. Act Rel. No. 33-5992 (Nov. 7, 1978). 283 Polin v. Conductron Corp., 552 F.2d 292, 806 Fn. 28 (8th Cir.), cert. denied, 434 U.S. 857 (1977); Sinay v. Lamson & Sessions Co., 948 F.2d 1037, 1040 (6th Cir. 1991); I. Meyer Pincus & Assos. v. Oppenheimer & Co., 936 F.2d 759, 763 (2d Cir. 1991); Kaufman v. Trump’s Castle Funding 7 F.3d 357 (3d Cir. 1993); In re N2K Inc. Securities Litigation, 202 F.3d 81 (2d Cir. 2000); Carr v. CIGNA Securities, 95 F.3d 544 (7th Cir. 1996); Rhodes v. Omega Research, Inc., 38 F.Supp.2d 1353 (S.D.Fla. 1999); Rapoport v. Asia Electronics Holding Co., 88 F.Supp. 421 (S.D.N.Y. 2000). 284 Kaufman v. Trump’s Castle Funding 7 F.3d 357 (3d Cir. 1993).

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Warnhinweise müssten so formuliert sein, dass sich Anleger nicht auf anscheinend übermäßig optimistische Vorhersagen verlassen.285 Vage oder blankohafte Freizeichnungen, sog. „boilerplate disclaimers“, reichen hierfür nicht aus.286 Die Anforderungen sind strenger, wenn die Prognosen grob fahrlässig gemacht wurden.287 Die Doktrin wird ebenso wie Securities Act Rule 175 und Securities Exchange Act Rule 3b-6 nicht angewendet, wenn die Prognosen wissentlich falsch sind.288 Einen Markstein setzte in diesem Zusammenhang der US Supreme Court mit seiner viel zitierten Entscheidung Basic Inc. v. Levinson289. In dieser Entscheidung wandten die Richter den probability/magnitude-test auf die Aufdeckung höchst spekulativer Information über eine zukünftige Übernahme an, lehnten damit den sog. „agreement-in-principle-test“ ab, wonach keine Information herausgegeben werden musste, bevor über Preis und Struktur der Transaktion Einigkeit erzielt wurde, und ermöglichten hierdurch eine früher einsetzende Publizitätspflicht. Als Grund führte der Supreme Court ausdrücklich an, dass Anleger gut in der Lage seien, die Bedeutung spekulativer Information einzuschätzen.290 Noch weiter gehen manche Circuit Courts und halten unter Führung des Fourth Circuit zukunftsgerichtete Information erst dann für materially misleading, wenn die unhaltbaren Vorhersagen den Grad einer Garantie erreicht haben.291 Bestätigt wurde die publikationsfreundliche Haltung schließlich im Private Securities Litigation Reform Act aus dem Jahre 1995 (PSLRA). Mit So Hazen, The Law of Securities Regulation, 4th Ed. 2002, S. 167 m. w. N. Kaufman v. Trump’s Castle Funding 7 F.3d 357 (3d Cir. 1993); Rubinstein v. Collins, 20 F.3d 160 (5th Cir. 1994); Gray v. First Winthrop Corp., 82 F.3d 1078 (9th Cir. 1996); United States v. Morris, 80 F.3d 1151, 1167 f. (7th Cir. 1996); In re Stratosphere Corp. Securities Litigation, 1 F.Supp. 2d 1096 (D.Nev. 1998); Semerenko v. Cendant Corp., 223 F.3d 165 (3d Cir. 2000). 287 Rubinstein v. Collins, 20 F.3d 160 (5th Cir. 1994); Klien v. First Western Government Securities Inc., 24 F.3d 480 (3d Cir. 1994); Franklin High Yield v. County of Martin Minnesota, 152 F.3d 736 (8th Cir. 1998). 288 In re ZZZ Best Securities Litigation, 864 F.Supp. 960 (C.D.Cal. 1994); In re Grand Casinos, Inc., Securities Litigation, 988 F.Supp. 1273 (D.Minn. 1997); Voit v. Wonderware Corp., 977 F.Supp. 363 (E.D.Pa. 1997). 289 485 U.S. 224 (1988). 290 Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 234 (1988): „Disclosure, and not paternalistic withholding of accurate information, is the policy chosen and expressed by the Congress“. 291 Raab v. General Physics Corp., 4 F.3d 286, 289 f. (4th Cir. 1993); Hillson Partners Ltd. Partnership v. Adage, Inc., 42 F.3d 204, 216 (4th Cir. 1994). Ebenso Lakser v. New York State Electric & Gas Corp., 85 F.3d 55 (2d Cir. 1996); Krim v. BancTexas Group, Inc., 989 F.2d 1435, 1446 (5th Cir. 1993); Selarls v. Glasser, 64 F.3d 1061, 1067 (7th Cir. 1995). 285 286

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diesem Gesetz wurden zwei weitere safe harbors eingeführt, die bereits publizitätspflichtige Emittenten (sog. reporting companies i. S. v. § 13(a) oder § 15(d) Securities Exchange Act) und deren Management vor privaten Schadensersatzklagen schützen: Gem. § 27A Securities Act und § 21E Securities Exchange Act kann keine private Schadensersatzklage darauf gestützt werden, dass zukunftsgerichtete Information irreführend war, wenn (1) diese Information entweder – ähnlich der bespeaks caution doctrine – mit hinreichenden Warnhinweisen versehen wurde oder (2) der Kläger nicht beweisen kann, dass die Beklagten von der Falschheit ihrer Prognosen wussten.292 Nicht anwendbar sind diese Regeln auf bestimmte Transaktionen, insbesondere Initial Public Offerings, Übernahmeangebote und Going Private Transaktionen. In diesen Fällen bleibt jedoch Securities Act Rule 175, Securities Exchange Act Rule 3b-6 und die richterliche bespeaks caution doctrine anwendbar.293 bb) Kanada Interessante Regeln über zukunftsgerichtete Information (dort unter dem Stichwort future-oriented financial information294) findet man auch in Kanada. Eine detaillierte Regelung enthält das kanadische Recht für den Primärmarkt in National Policy No. 48.295 Es handelt sich hierbei um eine von den Canadian Securities Administrators (CSA) herausgegebene Modell-Leitlinie, die in jeder kanadischen Provinz von der zuständigen Autorität als lokale Leitlinie (local policy statement) aufgenommen werden kann (in dem für das Kapitalmarktrecht Kanadas maßgeblichen Ontario also von der Ontario Securities Commission, der OSC). Solche Leitlinien haben zwar keine formale Gesetzeswirkung, ihnen kommt jedoch eine starke de factoWirkung zu.296 Die Regelung unterteilt zukunftsorientierte Information in die Kategorien Voraussichten (forecasts) und Vorausschätzungen (projections). Voraussichten sind weniger spekulativ als Vorausschätzungen, denn sie basieren auf tatsächlichen Planungen des Emittenten, so wie sie sich nach den „wahrscheinlichsten Annahmen über ökonomische Bedingungen“ 292 Hierzu aus dem deutschsprachigen Schrifttum etwa Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 288–290. 293 Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation, Cases and Materials, 4th Ed. 2005, S. 592. 294 Johnston/Rockwell, Canadian Securities Regulation, 3rd Ed. 2002, S. 87; MacIntosh/Nicholls, Securities Law, 2002, S. 128. 295 Abgedruckt im Canadian Securities Law Reporter (Loseblatt, Stand: 2002), S. 17,221. 296 Instruktiv zum Regelungsintstrument der policy MacIntosh/Nicholls, Securities Law, 2002, S. 84 ff.

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darstellen.297 Im Gegensatz dazu können Vorausschätzungen einzelne oder mehrere Hypothesen (hypotheses) enthalten.298 Sie können daher nicht nur auf den Planungen des Emittenten beruhen, sondern auch auf lediglich plausiblen Annahmen.299 Für die Angabe von future-oriented financial information im Emissionsprospekt enthält National Policy No. 48 besondere Regelungen: Zum einen dürfen Prospekte projections nur enthalten, wenn der Emittent mindestens 24 Monate operative Geschäfte unterhalten hat (Rule 4.1). Zum anderen müssen zulässige projections mit fettgedruckten Warnhinweisen versehen sein, die den Leser darauf hinweisen, dass die Vorausschätzungen möglicherweise völlig falsch sein können (Rule 5.1). c) Abgrenzung „guten“ und „schlechten“ Spekulierens durch die Veröffentlichung zukunftsorientierter Information Die rechtsvergleichende Bestandsaufnahme hat mit dem US-amerikanischen Recht ein weitaus spekulationsfreudigeres Regelwerk zu Tage gefördert als das deutsche Recht. Das kanadische Recht enthält eine dem deutschen Recht fremde Unterscheidung zwischen Voraussichten (forecasts) und Vorausschätzungen (projections). Fraglich ist, inwieweit diese rechtsvergleichenden und die bereits erarbeiteten ökonomischen Einsichten fordern, das deutsche Disclosure-Regime für zukunftsgerichtete Information zu ändern.

297 National Policy No. 48, Part 2: „ ‚Forecast‘ means (future-oriented financial information) prepared using assumptions all of which reflect the entity’s planned courses of action for the period covered given management’s judgement as to the most probable set of economic conditions“. 298 National Policy No. 48, Part 2: „ ‚Projections‘ means (future-oriented financial information) prepared using assumptions that reflect the entity’s planned courses of action for the period covered given management’s judgement as to the most probable set of economic conditions, together with one or more Hypotheses“. 299 National Policy No. 48, Part 2: „ ‚Hypotheses‘ means assumptions that assume a set of economic conditions or course of action that are consistent with the issuer’s intended course of action and represent plausible circumstances“.

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aa) Allgemeine Anforderungen an die Veröffentlichung zukunftsorientierter Information (1) Grundsätzliche Konzepte Die vorstehenden Überlegungen haben mehrere Grundkonzepte aufgezeigt, wie man nicht nur zukunftsorientierte, sondern spekulative Information allgemein in der kapitalmarktrechtlichen Publizität behandeln kann. Ein erstes Modell besteht darin, dem Markt bestimmte Information vorzuenthalten (Informationsfilterungsmodell). Diesen Effekt haben Konzepte, die für die Kurserheblichkeit zukunftsbezogener Information i. S. d. §§ 13 Abs. 1 S. 1, 15 WpHG eine „hohe“ oder „an Sicherheit grenzende“ Wahrscheinlichkeit verlangen300 oder die zukunftsbezogene Information ohne hinreichenden Tatsachenkern von der Publizitätspflicht ausschließen möchten. Auch der BGH greift in seinem BuM-Urteil dieses Konzept auf, wenn er verlangt, dass der Emittent in Fällen, in denen an der wirtschaftlichen Gesundheit des Emittenten Zweifel bestehen oder der Erfolg geplanter Sanierungsmaßnahmen nicht absehbar ist, „Prognosen (. . .) an einen deutlichen Vorbehalt unter Hinweis auf jene Risiken knüpfen oder besser von einer wirtschaftlichen Voraussage überhaupt absehen“ müsse.301 Auf dieser Linie liegt außerdem die differenzierte Rule 4.1 der kanadischen National Policy No. 48, die Emittenten Vorausschätzungen (projections) verbietet, wenn sie noch keine 24 Monate im operativen Geschäft sind. Ein zweites Konzept zielt nicht so sehr darauf, den Informationsfluss zum Markt zu begrenzen, sondern in erster Linie durch Haftungsnormen für die Richtigkeit der aufgedeckten Information zu sorgen (Haftungsmodell). Da zukunftsbezogene Information naturgemäß unsicher ist, werden die Anforderungen an die „Richtigkeit“ der Information allerdings reduziert. Man kann das Haftungsmodell daher unter dem Motto zusammenfassen „Du darfst veröffentlichen, so lange die Vorhersagen eine vernünftige Grundlage haben“. Den Informationsfluss steuert man mit diesem Modell durch die Anforderungen an diese Grundlage. Je höher sie sind, desto höher ist die Gefahr, sich aufgrund zukunftsbezogener Information haftbar zu machen, und desto eher werden Emittenten von der Veröffentlichung von Information absehen. Da Emittenten in diesem Modell immer dann nicht haften, wenn ihre Prognosen auf besagter vernünftiger Grundlage beruhen, kann das Modell 300

Wenn auch das Motiv einer solchen Auslegung nicht notwendigerweise der Schutz des Marktes, sondern die Bewahrung der Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens sein mag. 301 BGH NJW 1982, 2823, 2826 (BuM), Hervorheb. d. Verf.

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gleichzeitig dem Zweck dienen, die Versorgung des Marktes mit Kapitalmarktinformation zu ermutigen. Ebenso wie das allgemeine Verschuldenserfordernis im Deliktsrecht die allgemeine Handlungsfreiheit des Schädigers schützt,302 bewahrt die (Verschuldens-)voraussetzung „Keine vernünftige Grundlage“ den Emittenten vor Haftung (safe harbor) und schafft so Anreize, den Markt mittels Prognosen zu informieren. Dieser Anreiz ist – erneut – umso höher, je niedriger die Anforderungen an die Vernünftigkeit der Grundlage ausgestaltet sind. Dieses Konzept steht nicht nur im Mittelpunkt der deutschen Prospekthaftungsdogmatik, die sich – wie gesehen – darauf konzentriert, Maßstäbe für die Richtigkeit von Prognosen aufzustellen.303 Es liegt auch Securities Act Rule 175 und Securities Exchange Act Rule 3b-6 zugrunde, die einen safe harbor für Prognosen errichten, die auf einer vernünftigen Grundlage (reasonable basis) beruhen. Unterstützt wird das Ziel der Richtigkeitsgewähr dadurch, dass man Anlegern nicht nur ex post Schadensersatzansprüche gewährt, wenn sich der Emittent nicht an das Gebot einer vernünftigen Grundlage hält, sondern auch ex ante die Beurteilung erleichtert, ob die Prämissen die Prognose tragen. Paradigma ist insoweit die neue ProspektVO (etwa in Anhang I, Ziff. 13.1) oder Ziff. 4.2.2 der deutschen Going Public-Grundsätze, die fordern, dass die den Prognosen zugrunde liegenden (im Falle der ProspektVO: „wichtigsten“) Annahmen aufgedeckt werden.304 Die SEC verlangt ein solches Disclosure zwar nicht als notwendige Voraussetzung für ihre safe harbors, sie ermutigt Emittenten jedoch dazu, die bedeutsamsten „key assumptions“ ihrer Vorhersagen aufzudecken.305 Demgemäß bestimmt 302 Dazu Larenz/Canaris Lehrbuch des Schuldrechts II/2, 13. Aufl. 1994, § 75 I 1 = S. 350 u. § 75 I 2 c = S. 352. 303 Dazu o. § 4 III.3.a)cc). 304 s. dazu o. § 4 III.3.a). 305 Sec. Act Release No. 6084, [1979 Transfer Binder] Fed. Sec. L. Rep. (CCH) 82,117, 81,942 (June 25, 1979): „While the Commission has determined to follow the Advisory Committee’s recommendation that disclosure of assumptions not be mandated under all circumstances, it wishes to re-emphasize its position on the significance of assumption disclosure. Under certain circumstances the disclosure of underlying assumptions may be material to an understanding of the projected results. The Commission also believes that the key assumptions underlying a forward looking statement are of such significance that their disclosure may be necessary in order for such statements to meet the reasonable basis and good faith standards embodied in the rule“. s. auch noch Sec. Act Release No. 5992, [1978 Transfer Binder] Fed. Sec. L. Rep. (CCH) 81,756, 81,038 (Nov. 7, 1978): „While the Division believes that disclosure of assumptions would help investors to comprehend projections and assist in establishing a reasonable basis for projections disclosed, there may be instances where reasonably based and adequately presented projections would sig-

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Item 10 von Regulation S-K (17 CFR 229.10): „The Commission also believes that investor understanding would be enhanced by disclosure of the assumptions which in management’s opinion are most significant to the projections or are the key factors upon which the financial result of the enterprise depend and encourages disclosure of assumptions in a manner that will provide a framework for analysis of the projection“. Ebenso verlangen manche US-Gerichte solches Disclosure als notwendige Voraussetzung, um eine Prognose als nicht irreführend zu qualifizieren.306 Unterstützen kann man die Richtigkeitsgewähr schließlich dadurch, dass man zukunftsgerichtete Information extern prüfen lässt, etwa – so wie in der ProspektVO (s. etwa Anhang I, Ziff. 13.2) vorgesehen – durch Buchoder Abschlussprüfer. Ein drittes Konzept schließlich verfolgt das Motto: „Du darfst veröffentlichen, wenn Du hinreichend warnst“ (Warnungsmodell). Verbreitet ist dieses Modell insbesondere erneut in den USA. Es liegt der richterrechtlichen bespeaks caution doctrine ebenso zugrunde wie den safe harbors von § 27A Securities Act und 21E Securities Exchange Act. Im kanadischen, deutschen und europäischen Kapitalmarktrecht sind hinreichende Warnhinweise kein alleiniger Grund, um zukunftsorientierte Information zuzulassen; Warnung wird gleichwohl als erstrebenswert angesehen. Deshalb verlangt die ProspektVO (Art. 2 Nr. 3 i. V. m. Anhang I Nr. 4 usw.) die Offenlegung von Risikofaktoren, deshalb verlangt Rule 5.1 der kanadischen National Policy No. 48, dass projections mit fettgedruckten Warnhinweisen versehen werden, und deshalb fordert Ziff. 4.2.1 der deutschen Going Public-Grundsätze eine sprachlich eindeutige Kennzeichnung von Prognosen als zukunftsgerichtete Aussagen.

nificantly add to the mix of information available to investors in the absence of disclosure of underlying assumptions. However, the Division believes under certain circumstances the disclosure of underlying assumptions may be material to an understanding of the projected results. For example, where projected results are based to a significant degree upon the introduction of a new product or service meeting certain anticipated levels of sales and contribution to earnings, disclosure of the projection without this information might be misleading“. 306 Marx v. Computer Sciences Corp., 507 F.2d 485 (9th Cir. 1974); Beecher v. Able, 374 F.Supp. 341 (S.D.N.Y. 1976); Jakobe v. Rawlings Sporting Goods Co., 943 F.Supp. 1143, 1159 (E.D. S.D. 1994); zust. aus der Literatur etwa Poole, 14 J. Corp. L. 547, 613 (1989) m. w. N. in Fn. 322 u. 323.

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(2) Einordnung und Diskussion Die soeben aufgezeigten Konzepte werden in der deutschen Literatur zwar nicht unter den jeweiligen Bezeichnungen, aber doch der Sache nach diskutiert.307 Sie sollen zunächst in den Kontext der bisherigen Arbeit gestellt [nachfolgend unter (a) und (b)] und sodann im Hinblick auf ihre Stärken und Schwächen analysiert werden [s. u. (c)]. Dann soll untersucht werden, inwieweit die hierbei gewonnenen Erkenntnisse in die Interpretation des geschriebenen Rechts einfließen können [s. u. (4)]. (a) Paternalismusdimensionen Ordnen und diskutieren lassen sich die soeben herausgearbeiteten Konzepte zunächst nach ihrem Paternalismusgehalt:308 „Klassischer“ Paternalismus liegt dem Modell zugrunde, den Anlegern Information vorzuenthalten.309 Dieser Paternalismus trifft alle Anleger gleich, ob professionell oder privat, irrational oder rational. „Asymmetrischer“ bzw. „freiheitlicher“ Paternalismus ist das Prinzip des zuletzt genannten Warnungsmodells. Es fördert den Informationsfluss, rät ungeschulten Anlegern jedoch, sich nicht auf Projektionen zu verlassen, und wirkt daher solchen Urteilsverzerrungen wie overoptimism und source neglect entgegen. Andererseits können geschulte Anleger Warnhinweise einfach überlesen. Der Paternalismusgrad des Haftungsmodells schließlich richtet sich ganz nach den Anforderungen, die man an die „vernünftige Grundlage“ der Projektion stellt. Sind die Anforderungen hier niedrig, ermutigt das Haftungsmodell die Veröffentlichung und verlässt sich darauf, dass die Informationsadressaten die Information hinreichend einzuschätzen wissen. Je höher die Anforderungen an die vernünftige Grundlage, desto stärker wird das Haftungsmodell dem Informationsfilterungsmodell angeglichen, weil Emittenten umso eher von der Veröffentlichung von Prognosen absehen.

307 Für eine Kombination von Haftungsmodell und Warnungsmodell Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 58–60. Für ein Safe-Harbor-Modell s. Baums, ZHR 167 (2003), 139, 164 f. Für schärfere Anforderungen an die Aufstellung von Prognosen Claussen, BB 2002, 105, 108. 308 Zu Paternalismus und Paternalismuskonzepten o. § 3. 309 s. auch Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 234 (1988): „paternalistic withholding of (. . .) information“; Flamm v. Eberstadt, 814 F.2d, 1169, 1175 (1987): „attribute to investors a child-like simplicity“.

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(b) Warne und erkläre Sieht man genauer hin, erkennt man außerdem im Warnungs- und Haftungsmodell die schon oben aufgezeigten Konzepte des „Warne“ und „Erkläre“. Während das Haftungsmodell darauf aus ist, Anreize zu setzen, damit Anleger Zukunftsaussichten richtig verstehen („Erkläre“), möchte das Warnungsmodell Anleger vor Augen führen, dass sie Geld verlieren können, wenn sie ihre Anlageentscheidung auf die zukunftsgerichtete Information stützen („Warne“). Das Informationsfilterungsmodell führt insoweit eine dritte Dimension ein, nämlich die Vorenthaltung von Information, weil der Markt sie systematisch falsch verstehen könnte. (c) Diskussion de lege ferenda (aa) Informationsfilterungsmodell Als klassisch paternalistische Regel ist dem Informationsfilterungsmodell grundsätzlich mit Skepsis zu begegnen.310 Verstärkt wird diese Skepsis durch die Tatsache, dass man den Effekt dieses Modells (Vorenthaltung von Information) auch über das Haftungsmodell erreichen kann, indem man die Anforderungen an eine „vernünftige Grundlage“ streng fasst. Trotzdem versteift man sich beim Haftungsmodell nicht auf ein strenges „Alles oder Nichts“-Konzept, sondern bleibt flexibel, um einzelfallgerecht zu entscheiden. Gerade die Identifizierung der Information, die dem Markt vorenthalten werden soll, erscheint zu situationsabhängig, um allgemeine subsumtionsfähige Regeln zu formulieren. (bb) Haftungsmodell Das Haftungsmodell trägt zunächst alle schon oben genannten Vorzüge des „Erkläre“ gegenüber dem einfachen „Warne“.311 Insbesondere liefert es dem Kapitalmarkt „zutreffende“ Information und kann grundsätzlich sowohl Liquidität als auch Effizienz des Marktes fördern, während das Warnungsmodell hauptsächlich darauf abzielt, Spekulation ungeschulter Anleger zu vermeiden.312 Besondere Zweifel an der Überzeugungskraft des Haftungsmodells ergeben sich aber aus der Natur zukunftsgerichteter Information: Erstens liegt es im Wesen solcher Information, dass ihre „Richtigkeit“ unsicher ist. Der Wert von Erklärungen ist daher von vornherein begrenzt, 310 311 312

Dazu schon o. § 3 III. Dazu o. § 4 II.2.d)jj)(3). s. o. § 4 II.2.d)jj)(3).

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Richtigkeitsgewähr im Sinne von Prognosesicherheit kann nicht erwartet werden. Dementsprechend lassen sich zweitens die Voraussetzungen einer „vernünftigen Grundlage“ häufig gar nicht sinnvoll bestimmen. Dies gilt insbesondere für junge Unternehmen in engen Märkten. Hier kann das Management auf kein langjähriges operatives Geschäft zurückblicken. Außerdem werden Emittenten in illiquiden Märkten weniger intensiv von Finanzanalysten und institutionellen Anlegern beobachtet, so dass keine oder weniger Vergleichsprognosen existieren. Hinzu kommt drittens, dass die Richtigkeit von Prognosen auch richterlich nur schwer überprüft werden kann. Insoweit liegt es ähnlich wie mit Geschäftsentscheidungen des Vorstandes und der Haftung nach § 93 Abs. 1 AktG (business judgment rule):313 Zum einen lässt sich die Ausgangslage, in der die Prognose abgegeben wurde, nur schwer rekonstruieren. Zum anderen müssen Manager gerade hier gegen den hindsight bias der Richter geschützt werden. Erreicht wird dies in den §§ 44 ff. BörsG, §§ 37b f. WpHG freilich durch das Haftungserfordernis grober Fahrlässigkeit. Dies schützt auf der anderen Seite jedoch auch bei übermäßig optimistischen, d. h. „falschen“ Vorhersagen. Gerade solche Vorhersagen werden viertens allerdings häufig sein: Manager sind schon aufgrund ihrer Leitungsfunktion oftmals extrem optimistisch, wenn es um die eigenen Zukunftsaussichten geht. Ohne dass man ihnen bösen Glauben oder keine hinreichende Grundlage für ihre Projektionen vorwerfen könnte, werden sie daher häufig zu übermäßig euphorischen Vorhersagen gelangen.314 Dies allein wäre nicht schlimm, wenn zumindest Anleger den Informationsgehalt von Prognosen hinreichend einschätzen könnten. Einige der oben genannten Urteilsverzerrungen wirken dem jedoch entgegen: Der bei Anlegern ebenfalls weit verbreitete übermäßige Optimismus (overoptimism) sorgt dafür, dass sie Zukunftsaussichten nur allzu bereitwillig durch die rosarote Brille betrachten, der Hang zum source neglect lässt sie die Quelle der Prognose nicht hinreichend hinterfragen. Wird der Emittent dazu noch auf einem Bullen-Markt gehandelt, tragen die Repräsentativitäts- und Verfügbarkeitsheuristik zur Euphorie bei. Für den Primärmarkt könnte man hier auf die Emissionsbegleitung durch die Banken verweisen und sich darauf berufen, dass schon Banken das Management zur nötigen Vorsicht mahnen315 und dass richterliche Kontrolle 313

Dazu o. § 2 V.3.b)cc)(2) m. w. N. in Fn. 575. Dazu Langevoort, 146 U. Pa. L. Rev. 101 (1997); zust. Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 49; Fleischer FS Immenga, 2004, 575, 584 f. 315 s. etwa Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 174. 314

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daher nur in Ausnahmefällen erforderlich sei. Davon abgesehen, dass dieses Argument zumindest bei Prognosen in Ad-hoc-Mitteilungen keinen Wert hätte, entpuppt sich der Gedanke bei näherem Hinsehen aber als zirkulär: Die „Schärfe des Haftungsschwertes“ bestimmt nämlich gleichzeitig die Anreize von Banken, das Management zu kontrollieren. Die oben genannten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Haftungsmodells senken daher gleichzeitig die Kontrollanreize der Banken. Zwar ist einzuräumen, dass Banken auch unabhängig von Haftungsregeln einen Anreiz haben, die von ihnen begleiteten Emissionen mit einem „Qualitätssiegel“ zu versehen, um Anleger nicht zu enttäuschen. Bei zu strenger Kontrolle riskieren Banken jedoch, Kunden unter den Emittenten zu verlieren. Zwar sind auch die Emittenten als Gruppe daran interessiert, dass es zu keinem Marktversagen aufgrund von Vertrauensverlust kommt, so dass ihr richtig verstandenes Interesse den Banken eigentlich keinen Grund geben dürfte, von Kontrolle abzusehen. Zu bedenken ist jedoch, dass dieser Gedankengang eine langfristige Perspektive voraussetzt, dass Investmentbanker– ähnlich wie Fondsmanager und Anlageberater – aber tendenziell auf kurze Sicht evaluiert und bezahlt werden.316 Schließlich kann der Verweis auf die Banken zumindest nicht über die entscheidende Schwäche des Haftungsmodells hinweghelfen, dass Anleger auch Prognosen auf vernünftiger Grundlage missverstehen können. Stehen der Rolle von Banken als Gatekeeper somit gewichtige Zweifel entgegen, richtet sich der Blick auf die (Sell Side-)Analysten, die den Markt – insbesondere auch den Sekundärmarkt – tagtäglich mit Prognosen versorgen. Auch hier lassen sich jedoch einige Gründe formulieren, warum diese Marktteilnehmer übermäßig optimistische Anleger nicht davon abhalten, ebenso übermäßig euphorische Prognosen des Emittenten zu glauben: Erstens haben auch Analysten nur begrenzte Ressourcen und beobachten insbesondere Emittenten in weniger liquiden Märkten nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit. Soweit sie Emittenten die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zukommen lassen, haben sie zweitens zahlreiche Anreize, Emittenten nicht in der gebotenen Strenge zu kontrollieren, insbesondere sind Analysten häufig in Investmentbanken eingegliedert, die sich wiederum um Emittenten als Kunden für Finanzierungsvorhaben bemühen (sog. underwriting business).317 Drittens wurde schon oben § 2 V.3.a)ee) der auch unter (Sell Side-)Analysten starke Hang zum herding vorgestellt: Analysten erhalten 316

s. schon o. § 2 V.3.b)cc) u. § 4 II.1.c)aa). Empirische Nachweise hierzu kürzlich etwa bei Agrawal/Chen, Do Analyst Conflicts Matter? Evidence from Stock Recommendations“ (May 2005); herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=654281, die unter anderem herausfinden, dass Analystenempfehlungen umso optimistischer sind, je stärker der vorhandene Interessenkonflikt. Positive Bewertung dieses Interessenkonfliktes bei J. Spindler, Conflict or Credibility: Analyst Conflicts of Interest and the Market for Underwriting Busi317

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dieselbe Information, haben grundsätzlich dieselbe Ausbildung und wenden dieselben Analysemethoden an. Es ist daher häufig vollkommen rational, wenn sich Analysten bei ihren Prognosen an den Ergebnissen der anderen orientieren. Dies aber senkt die Glaubwürdigkeit der Analysten als Gruppe, denn einzelne Anleger können nicht erkennen, inwieweit eine Vorhersage auf eigener Nachforschung oder auf rational herding beruht. Dass Finanzanalysten Emittenten nur unzureichend kontrollieren, ist viertens auch empirisch belegt – am beeindruckendsten durch den Niedergang von Enron, der auch von Analysten nicht vorhergesehen wurde.318 Hiergegen könnte man erneut einwenden, dass die aufgezeigten Missstände verschwinden würden, wenn Analysten nur in ein schlagkräftiges Haftungsregime eingebunden wären.319 Dieses Argument ist aber allen bereits oben erwähnten Einwänden ausgesetzt, die sich generell gegen das Haftungsmodell richten (Durchsetzungsschwierigkeiten bei der Haftung wegen fehlerhafter Prognosen sowie die systemimmanente Schwäche des Haftungsmodells, dass Anleger auch Prognosen „auf vernünftiger Grundlage“ missverstehen können). (cc) Warnungsmodell Eine Schwäche des Warnungsmodells wurde bereits genannt: Warnhinweise an sich verbessern nicht die informationelle Effizienz der Märkte, sondern reduzieren das Handelsvolumen derer, die den Wert der jeweiligen Information nicht hinreichend einschätzen können. Im Gegenteil: In einem allein auf Warnhinweise aufbauenden System könnten Emittenten sogar wissentlich falsche Prognosen aufstellen, wenn sie nur hinreichend warnen. Schließlich tragen Warnhinweise – wie bereits erörtert – immer die Gefahr in sich, überlesen oder bewusst ignoriert zu werden.320 (3) Vorschlag: „Erkläre warne, und vorenthalte“ als Prinzip für die Veröffentlichung zukunftsgerichteter Information Die Schwächen von Warn- und Haftungsmodell legen zunächst nahe, sich bei der Regelung der Publikation zukunftsgerichteter Information nicht auf ein Modell allein zu verlassen, sondern beide Modelle miteinander zu ness (July 2004). U. Chicago Law & Economics, Olin Working Paper No. 215; herunterladbar unter http://ssrn.com/abstract=564381. 318 s. nur Seligman, 80 Wash. U. L. Q. 449 (2002). 319 Einführend zur Haftung von Analysten Fleischer in 64. DJT, Gutachten F, 2002, S. 131 f. Zur Haftung von Rating-Agenturen kürzlich Habersack, ZHR 169 (2005), 185, 199 ff. 320 s. schon o. § 4 II.2.d)jj)(1)(a).

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kombinieren. In concreto würde dies bedeuten, Emittenten zur Aufdeckung zukunftsbezogener Information zu ermutigen oder gar zu verpflichten, sofern sie auf einer vernünftigen Grundlage basieren, gleichzeitig aber zu fordern, dass Prognosen mit hinreichenden Warnhinweisen versehen werden. Die wichtigsten Grundsätze für die Gestaltung von Warnhinweisen wurden bereits oben niedergelegt.321 Informationsverarbeitungskosten von Prognosen könnten darüber hinaus gesenkt werden, wenn man Emittenten generell – also auch im Rahmen des § 15 WpHG – dazu verpflichtete, die Prämissen ihrer Prognosen offenzulegen. Hierdurch würde außerdem der Erklärungseffekt gesteigert, denn nicht nur würde der Kapitalmarkt über die Zukunft des Emittenten aufgeklärt, sondern auch über die Grundlagen informiert, die den Emittenten zu seiner Prognose veranlassten. Eingeschränkt werden müsste diese grundsätzliche Pflicht zur Aufdeckung der Prognosegrundlagen freilich durch das Geheimhaltungsinteresse des Emittenten, das etwa im Rahmen der Ad-hoc-Publizitätspflicht durch § 15 Abs. 3 WpHG zur Abwägung kommen würde. Die Schwächen beider Modelle legen darüber hinaus den Ruf nach paternalistischer Vorenthaltung von Information nahe. Dies erscheint gerechtfertigt, wo (a) zukunftsgerichtete Information nur von begrenztem Wert für die Gesellschaft (insbesondere: Markteffizienz) ist, (b) im Gegenteil, Information sogar systematisch Fehlreaktionen des Marktes auslösen kann und (c) zu massenhafter exzessiver Spekulation verleitet. Wie bereits erwähnt, erscheint die Identifizierung solcher Information zu situationsabhängig, um im Sinne des Filtermodells subsumtionsfähige Regeln über „Informationsverbote“ aufzustellen.322 Stattdessen erscheint es vorzugswürdig, den Informationsfluss über das Haftungsmodell feinzusteuern, indem man die Vertretbarkeit der Prognose im Einzelfall strenger nachprüft, insbesondere durch gerichtliche Revision ihrer Grundlage in Haftungsprozessen. Aufbauend auf die bisherigen Erkenntnisse zum Fluch und Segen von Spekulation lassen sich hierfür einige Kriterien definieren, in deren Licht das Haftungsmodell behutsam fortgebildet werden kann: – Im ökonomischen Teil der Arbeit wurde gezeigt, dass exzessive Spekulation insbesondere durch heterogene Erwartungen ausgelöst werden kann.323 Solche Erwartungen können insbesondere aufgrund waghalsiger Prognosen entstehen, die viele übermäßig optimistische Spekulanten akzeptieren und gegen die ebenso viele (übermäßig selbstbewusste) Spekulanten wetten. Je phantastischer die Prognose, je ungewöhnlicher die Berechnungsweise, aufgrund derer der Emittent zu seiner Vorhersage ge321 322 323

s. o. § 4 II.2.d)jj)(1)(a). s. o. § 4 III.3.c)aa)(2)(c)(aa). s. o. § 2 II.3 u. § 2 IV.3.

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langt, kurz: je stärker eine Prognose polarisiert, desto strenger sollte die Vertretbarkeit der Prognose überprüft werden. – Der Inhalt einer Prognose oder sonstigen Information über zukünftige Umstände ist nicht der einzige Faktor, der die Anzahl der Wetten beeinflusst, die auf und gegen sie abgeschlossen werden. Eine wesentliche Rolle spielt auch, wie hervorstechend (salient) sie präsentiert wird. In Anlehnung an das o. II.2.d)jj)(2)(a) entworfene Paritätsmodell kann man die Anforderungen an die Vertretbarkeit daher umso strenger formulieren, je hervorstechender die Information präsentiert wird. Vorsichtig mit in die hierbei anzustellende Prüfung einbeziehen kann man auch die Erkenntnisse zur Repräsentativitätsheuristik:324 Die Anforderungen sollten also umso strenger sein, je weniger wahrscheinlich es ist, dass die Anleger die Information aus Repräsentativitätsgründen hinterfragen. – Oben (2)(c)(bb) wurde gezeigt, dass Prognosen umso unsicherer sind und umso schlechter überprüft werden können, je jünger der Emittent und je enger der Markt ist, in dem das Wertpapier gehandelt wird. Bestätigt wird dies durch einen Ausflug in die Markt-Mikrostruktur, wo anerkannt ist, dass die Arbitrage umso unattraktiver und das noise trader-Risiko umso höher ist, je jünger der Emittent und je illiquider sein Papier ist. Schließlich ist auch die externe Kontrolle des Emittenten, insbesondere durch Finanzanalysten, häufig unzureichend.325 Zu exakt diesen Überlegungen passt es, dass Rule 4.1 der kanadischen National Policy No. 48 Emittenten projections verbietet, wenn sie noch keine 24 Monate im operativen Geschäft sind.326 – Im Rahmen der Kosten von Spekulation und Hirshleifers Überinvestitionsthese wurde gezeigt, dass Spekulation umso weniger erwünscht ist, je schneller sich die Sachlage aufklärt.327 Auch dies sollte den Grad an Revisibilität der Prognose bestimmen: Je schneller die prognostizierte Tatsache verifiziert oder falsifiziert werden kann, desto höhere Anforderungen sollten an die Prognosegrundlage gestellt werden. – Frühzeitiges Disclosure von Prognosen ist umso eher gewünscht, je stärker Gerüchte am Markt über zukünftige Tatsachen kursieren. Geht man davon aus, dass das Management grundsätzlich am besten in der Lage ist, die Zukunft des Emittenten zu prognostizieren (insbesondere weil es über bessere Information verfügt als der Markt), kann frühzeitige Infor324

Dazu o. § 2 V.3.a)cc)(1), § 2 V.3.a)cc)(5). s. o. § 4 III.3.c)aa)(2)(c)(bb). 326 In bemerkenswertem Gegensatz steht diese Regel zu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 VermVerkProspV, der junge Emittenten sogar zur weitergehenden Aufstellung von Vorausschätzungen verpflichtet. 327 s. o. § 2 IV.2.c). 325

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mation exzessive Spekulation unterbinden (dazu ausführlich sogleich 4.). Unter diesen Umständen sollte der Maßstab für die Vertretbarkeit der Prognose gesenkt werden; gleichzeitig sollte der Emittent allerdings auf diese Situation aufmerksam machen. (4) Zukunftsgerichtete Information de lege lata Wie bereits oben II.2.b) identifiziert, trägt das deutsche Recht der Emissionsprospekte und Ad-hoc-Meldungen Charakterzüge sowohl des Haftungs- (§§ 44, 45 BörsG, §§ 37b, 37c WpHG) als auch des Warnungsmodells (etwa Art. 2 Nr. 3 ProspektVO). Im Bereich der Prospekthaftung kann man den oben II.2.d)jj)(1)(a) herausgearbeiteten Grundsätzen über die inhaltliche Gestaltung von Warnhinweisen (etwa direkte Ansprache des Anlegers, Verwendung von Beispielen etc.) ohne Bruch mit der herrschenden Kapitalmarktrechtsdogmatik zur Durchsetzung verhelfen, indem man Warnhinweise, die diesen Anforderungen widersprechen und daher keine hinreichende Wirkung erwarten lassen, als nicht existent und den Emissionsprospekt daher als unvollständig i. S. d. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG behandelt. Wie schon mehrfach angesprochen, kommen hierfür aufgrund der inhärenten Schwächen der Behavioral Decision Theory für die rechtliche Analyse328 zumindest nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft jedoch nur Extremfälle in Betracht, in denen über die fehlende Wirkung der Warnhinweise keine verünftigen Zweifel herrschen dürfen.329 Kernfrage sowohl im Rahmen der §§ 44, 45 BörsG als auch der §§ 37b, 37c WpHG bleibt daher, wie man Haftungsanreize setzen kann, damit Emittenten von der Veröffentlichung „gefährlicher“ zukunftsgerichteter Information absehen. Aufhänger hierfür ist das bereits genannte Gebot, dass Prognosen auf einer vernünftigen Grundlage basieren, also ausreichend durch Tatsachen gestützt und kaufmännisch vertretbar sein müssen.330 Die Anforderungen an eine solche vernünftige Grundlage sollten also entsprechend den o. (3) genannten Grundsätzen umso strenger gefasst werden, je jünger der Emittent, je illiquider der Markt, je ungewöhnlicher die Berechnungsmethode, je hervorstechender die Präsentation und so fort.

328 329 330

Dazu schon o. § 3 II. s. dazu schon o. s. § 4 II.2.d)jj)(2)(a). Dazu schon o. § 4 III.3.a)aa).

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bb) Der probability/magnitude-test Bereits oben wurde der aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht stammende probability/magitude-test vorgestellt, der zur Interpretation des Merkmals „hinreichend wahrscheinlich“ i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG herangezogen werden könnte. Dieser Test gibt keine Abgrenzungskriterien an, sondern lediglich eine Methode, wie die Kursrelevanz zukunftsbezogener Information zu bestimmen ist. Als solche Methode entspricht er einer zentralen Einsicht moderner Finanzierungstheorie, wonach Kapitalwerte (net present values) berechnet werden, indem man die möglichen Ergebnisse eines Projektes mit deren Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert und auf den Bewertungsstichtag abzinst.331 Er ist daher als grundsätzliche Methode nicht nur zur Bestimmung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG zu begrüßen, sondern allgemein zur Bestimmung der Wertrelevanz zukünftiger Umstände i. R. d. § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG („Angaben, die im Hinblick auf den Emittenten und die (. . .) Wertpapiere notwendig sind“). Trotzdem hat der Test einige Schwächen, die es zu überwinden gilt. Dem probability/magnitude-test liegt die Rational Choice Theory insoweit zugrunde, als er davon ausgeht, dass Anleger Wahrscheinlichkeiten immer zutreffend gewichten332. Dies ist problematisch, denn bereits oben wurde gezeigt, dass Anleger dazu neigen, Wahrscheinlichkeitsunterschiede im Bereich geringer Wahrscheinlichkeiten einzuebnen333 und in anderen Situationen die Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse zu überschätzen,334 so insbesondere wenn sie ihnen in eingänglicher Weise präsentiert werden oder sie in jüngster Vergangenheit von ähnlichen Ereignissen erfahren haben (Verfügbarkeitsheuristik)335. Dies suggeriert, dass Information hinsichtlich zukünftiger Ereignisse mit niedrigen Wahrscheinlichkeiten aber möglicherweise hohem Einfluss auf das Geschäftsergebnis systematisch überschätzt werden. Dies erscheint besonders gefährlich, denn übermäßig optimistische Manager werden nur allzu oft bereit sein, den Markt mit positiven, aber bloß möglichen Aussichten für den Emittenten zu versorgen, während unwahrscheinliche Verlustmöglichkeiten nur allzu bereitwillig ausgeblendet werden. Die unbeschränkte Anwendung des probability/magnitude-test auf Ereignisse mit niedriger Wahrscheinlichkeit würde daher systematisch Markteuphorie anfeuern. Statt aller Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, 7th Ed. 2003, S. 32 ff. 332 Zum besonderen Begriff des Gewichtens s. o. § 2 V.3.a)bb)(4). 333 s. o. § 2 V.3.a)bb)(4). 334 s. o. § 2 V.3.a)bb)(4). 335 s. o. § 2 V.3.a)cc)(5). 331

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Ein Beispiel mag das Problem verdeutlichen: Angenommen sei, ein startup-Unternehmen gehe an die Börse mit einer soliden Aussicht auf Profite, die ihm einen Kapitalwert von 20 Mio. Euro bescherten. Hat das Unternehmen eine geringe Chance von 0.1% auf außerordentliche Gewinne in Höhe von 1 Mrd. Euro in drei Jahren, etwa weil es sich als Marktführer in einer neuartigen, besonders lukrativen Produktionsweise entpuppen könnte, dann fügt dies dem gegenwärtigen Unternehmenswert ca. 750.000 Euro hinzu.336 Überschätzen Anleger die Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Ereignisses und gewichten337 sie wie eine 1%ige oder gar 5%ige Chance, kommen sie zu einem zusätzlichen Kapitalwert von 7,5 Mio. Euro oder gar 37,5 Mio. Euro – im letzteren Fall also zum Vielfachen des soliden Unternehmenswertes. In diesem Fall kann die Aufdeckung solcher Prognosen zu systematischen Fehlbewertungen von Aktien führen. Sind hinreichend viele informierte Anleger auf dem Markt, können sie gegen irrationale Anleger Wetten abschließen und systematisch Geld verdienen. Unterliegt solche Arbitrage jedoch Schranken, kann das Disclosure bloß möglicher Ereignisse zur systematischen Fehlallokation von Risikokapital führen. Empirische Nachweise für solche Entwicklungen findet man im kürzlichen Internet-Boom, als insbesondere die Repräsentativitäts- und Verfügbarkeitsheuristik zur systematischen Überbewertung solcher Unternehmen führte. Abhelfen kann man im Rahmen des probability/magnitude-test, indem man für die Wertrelevanz zukunftsgerichteter Information eine Mindestwahrscheinlichkeit fordert, ganz so wie – freilich mit Rücksicht auf die Geheimhaltungsinteressen des Emittenten – zu § 15 WpHG a. F. vertreten.338 Dies scheint auch dem Gesetzgeber des AnSVG vorzuschweben, der zukünftige Ereignisse nur dann ad-hoc-pflichtig machen will, wenn „konkrete Tatsachen vorliegen, die den Eintritt des Ereignisses oder des Umstands voraussehbar erscheinen lassen“339. Schließlich erweist sich die Einführung einer Mindestwahrscheinlichkeit als sinnvolles Gegenmittel, um einem information overload entgegenzuwirken, der Gefahr also, dass wichtige Einzelheiten in der Fülle weniger wichtiger Information untergeht und von den Informationsadressaten nicht mehr wahrgenommen wird.340 In Anlehnung an die Studien von Kahneman und Tversky zur Einschätzung bloß möglicher Ereignisse erscheint es daher sinnvoll, die Grenze bei 336

337 338 339 340

1:000:000:000 Euro  0:001 1:13 Zum besonderen Begriff des Gewichtens s. o. § 2 V.3.a)bb)(4). s. o. § 4 III.3.a)bb). Begr RegE AnSVG, BR-Drucks. 341/04, S. 65. Dazu schon o. § 4 II.2.d)gg).

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1% Eintrittswahrscheinlichkeit zu ziehen. Weitere Faktoren, die die Abwägung pro und contra „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG beeinflussen sollten, sind die bereits oben aa)(3) herausgearbeiteten Faktoren. Die Schranke sollte also heraufgesetzt werden, wenn das noise trader-Risiko besonders hoch ist, etwa bei jungen Emittenten in illiquiden Märkten, allgemeiner Markteuphorie, hervorstechender Präsentation der Prognose usw. d) Zusammenfassung und Resümee Dieser Teil der Arbeit widmete sich der spekulativen Information und hier zunächst Prognosen und sonstiger zukunftsgerichteter Information. Mittels einer dogmatischen und rechtsvergleichenden Analyse wurden drei grundsätzliche Modelle herausgearbeitet, um die Veröffentlichung solcher Information zu regeln: das Informationsfilterungsmodell, das Haftungsmodell und das Warnungsmodell. De lege ferenda erschien eine Kombination von Haftungs- und Warnungsmodell am günstigsten. Hierfür sprach insbesondere, dass man die Effekte des Informationsfilterungsmodells (Vorenthaltung von Information) flexibler über die mit dem Haftungsmodell gesetzten Publikationsanreize erreichen konnte, ohne sich auf ein strenges „Alles oder Nichts“ zu versteifen.341 Es konnten einige Kriterien herausgearbeitet werden, die bei der Feinsteuerung des Haftungsmodells bedacht werden sollten. Hiernach sollte die Veröffentlichung von Prognosen und anderer zukunftsgerichteter Information umso strenger kontrolliert werden, (a) je stärker die Prognose den Markt polarisiert, (b) je hervorstechender sie präsentiert wird, (c) je jünger der Emittent ist, (d) je illiquider der Markt, in dem seine Papiere gehandelt werden, (e) und je eher die prognostizierten Tatsachen verifiziert oder falsifiziert werden können. Pro Veröffentlichung kann allerdings sprechen, dass bereits Gerüchte über konkrete Prognosen am Markt zirkulieren (dazu noch ausführlich sogleich u. 4.). Diese Vorgaben, so ein weiteres Ergebnis, lassen sich bruchlos in die Dogmatik des deutschen Kapitalmarktrechts einführen, indem man die Anforderungen an die „vernünftige Grundlage“, auf denen Prognosen nach deutschem (insbesondere Prospekthaftungs-)Recht beruhen müssen, entsprechend anpasst. Die schon im vorherigen Teil der Arbeit entwickelten Vorgaben für das Warnungsmodell342 konnten ebenfalls in das Recht der Prospekthaftung integriert werden. 341 342

Zu dieser rechtsmethodischen Vorgabe s. schon o. § 3 IV. s. schon o. § 4 II.2.d)jj)(1).

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Ein Element des Informationsfilterungsmodells wurde in die Diskussion des probability/magnitude-test eingeführt, wo – gestützt auf die Einsichten Kahnemans und Tverskys zum Gewichten von Entscheidungsalternativen – eine Mindestwahrscheinlichkeit für das zu veröffentlichte Ereignis zu fordern ist. 4. Gerüchte Eine zweite Unterart spekulativer Information ist das Gerücht. Anders als die soeben betrachtete Information sind Gerüchte nicht notwendigerweise auf die Zukunft bezogen, sondern das Paradigma gegenwartsbezogener spekulativer Information. Man denke nur an das Gerücht, das Management von Emittent A verhandle momentan über die Übernahme von Unternehmen B, arbeite an einem Plan zur feindlichen Übernahme von Konkurrent C343 oder habe bereits intern seinen Rücktritt bekannt geben344. Aufgrund ihrer in praxi vorherrschenden Relevanz seien im Folgenden nur Gerüchte auf dem Sekundärmarkt betrachtet. a) Einleitung, Begriffliches, Problematik Zwei Rechtsfragen stehen im Vordergrund, wenn man über Spekulation aufgrund von Gerüchten nachdenkt: Inwieweit sollten Emittenten verpflichtet sein, Gerüchte zu kommentieren? Und inwieweit fällt der Handel unter Verwendung von nicht öffentlicher Information über Gerüchte unter das Insiderhandelsverbot der §§ 13, 14 WpHG?345 Die folgenden Ausführungen sollen sich zunächst auf die Kommentierungspflicht konzentrieren und dann die dort gefundenen Ergebnisse anhand des Insiderhandelsverbots kurz überprüfen. Ein Gerücht enthält mehrere Informationen, die jeweils für sich Spekulation ermutigen können: Zum einen ist da die Tatsache, dass ein Gerücht existiert („Gerücht als Tatsache“).346 Diese Tatsache ist gegenwärtig und objektiv nachprüfbar und erfüllt daher die Voraussetzungen des „Umstandes“ i. S. v. § 13 WpHG.347 Das Gerücht als Tatsache ist zwar kursrelevant 343

So im Fall VGH Kassel AG 1998, 436. Anlehnung an die Vorgänge bei Borussia Dortmund im Oktober 2004 und Daimler-Chrysler im Juli 2005. 345 Zum Auskunftsanspruch des § 16 Abs. 4 WpHG und Gerüchten s. Assmann, AG 1998, 438, 440 f. 346 Assmann, AG 1998, 438; s. auch Ekkenga, ZGR 1999, 165, 193. 347 s. zum Begriff der „Tatsache“ i. S. d. § 13 WpHG Assmann in Assmann/ Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 13 Rn. 34a m. w. N. auch zur Gegenansicht. 344

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im oben 2. definierten Sinne und kann insbesondere front-runners und stimmungsorientierte technische Händler zum Handel motivieren. Dass Marktteilnehmer in einer bestimmten Weise über einen Emittenten denken, lässt für sich genommen den inneren Wert dieses Emittenten jedoch unberührt, ist also wertirrelevant im oben 2. definierten Sinne. Das Gerücht als Tatsache interessiert den „verständigen Anleger“ daher nicht und kann auch nicht unter § 13 WpHG fallen. Daneben ist jedes Gerücht auf Tatsachen bezogen, hat also einen – zutreffenden oder unzutreffenden – Tatsachenkern („Gerücht über Tatsachen“)348. In den oben genannten Beispielen bestand der Tatsachenkern etwa darin, dass eine feindliche Übernahme geplant sei oder das Management demnächst den Emittenten verlassen werde. Ein solches Gerücht ist bewertungsrelevant, sofern es sich auf einen wertrelevanten Tatsachenkern bezieht. Das Gerücht ist dann – ebenso wie Prognosen – unsichere Information über wertrelevante Umstände. Es kann als Information mit Tatsachenkern daher ebenso wie Prognosen unter den Begriff des Umstandes i. S. d. § 13 WpHG fallen;349 seine Bewertungsrelevanz richtet sich nach dem Sicherheitsgrad der Information.350 Schließlich – und für Spekulanten am wichtigsten – kann man Information darüber haben, ob ein Gerücht wahr oder falsch ist. Hierbei handelt es sich um nichts anderes als Information über den Tatsachenkern des Gerüchts (daher im Folgenden „Information über den Tatsachenkern“. Das Gerücht über Tatsachen unterscheidet sich von der Information über den Tatsachenkern im Grad der Sicherheit: Das Gerücht vermittelt unsicheres Wissen über den Tatsachenkern, die Information über den Tatsachenkern sicheres Wissen. Ob Emittenten ad-hoc-publizitätspflichtig sind, wenn sie über Information über den Tatsachenkern eines Gerüchts verfügen, ist die Frage nach der hier im Mittelpunkt stehenden Kommentierungspflicht.351

348

Assmann, AG 1998, 438; BaFin, Emittentenleitfaden, Stand: 15. Juli 2005,

S. 20. 349 s. zum Tatsachenbegriff iRd § 13 WpHG schon Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 13 Rn. 34a. 350 Vgl. Assmann, AG 1998, 438, 439; Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 13 Rn. 34a. Beispiel: Unterstellt sei, es existiere das Gerücht, Ölproduzent A bohre im Norden Alaskas nach Öl. Die durchschnittlichen Chancen, in dieser Gegend auf Öl zu stoßen, seien 20%. Auf der anderen Seite würde eine erfolgreiche Bohrung zu einem zukünftigen Cash-flow führen, dessen Kapitalwert (net present value) mit 100 Mio Euro beziffert werde. Schätzt man die Sicherheit des Gerüchts mit 10% ein, müsste man A konsequenterweise einen zusätzlichen Wert von 2 Mio Euro zuschreiben (100.000.000 Euro  0.2  0.1). 351 Ebenso Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 33.

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b) Bedeutung von Gerüchten für die Spekulation Gerüchte können Spekulanten ebenso zum Handel motivieren wie Prognosen und sonstige zukunftsgerichtete Information:352 Gerüchte provozieren heterogene Erwartungen über ihren Tatsachenkern und initiieren dadurch Spekulation getreu nach dem bereits erwähnten Motto „differences in opinions make a horserace“. Außerdem reizen Gerüchte zur Nachforschung an. Hat man sich einmal einen Wissensvorsprung verschafft, und kann man Gerüchte besser einschätzen als andere, kann man auch zukünftige Preisentwicklungen besser vorhersehen und mit diesem besseren Wissen Geld verdienen. Schließlich machen Gerüchte auf Gefahren aufmerksam, gegen die sich Hedger versichern wollen. Gerüchte lösen daher alle oben § 2 II. genannten Grundformen von Spekulation aus (Informationsarbitrage, Risikotransfer und HE-Spekulation). c) Gesamtwirtschaftliche Implikationen von Spekulation aufgrund von Gerüchten Handelt es sich bei Spekulation aufgrund von Gerüchten um „gute“ oder „schlechte“ Spekulation? Die Antwort hierauf fällt differenziert aus. Alle Spekulation aufgrund von Gerüchten, die sich als falsch entpuppen, die also von vornherein keine hinreichende Tatsachengrundlage haben, ist Verschwendung von Ressourcen. Unter diesen Umständen fallen nicht nur alle mit der Spekulation verbundenen Transaktionskosten an, sondern Preise werden auch von ihren Fundamentalwerten entfernt. Solche Spekulation ist „schlecht“, es wäre wünschenswert, wenn kein Handel aufgrund von falschen Gerüchten stattfände. Spekulation aufgrund zutreffender Gerüchte teilt grundsätzlich alle Eigenschaften informierten Handels und ist insoweit prinzipiell „gut“. Einige Eigenschaften der Spekulation aufgrund von Gerüchten mahnen jedoch auch hier zur Skepsis: Erstens liegt es in der Natur von Gerüchten, dass sie häufig Umstände betreffen, die sich schon in naher Zukunft als wahr oder falsch entpuppen. Zwar kann Spekulation aufgrund zutreffender Gerüchte Preise schon zu einem früheren Zeitpunkt auf ihr „richtiges“ Level hinbewegen, somit Preissprünge glätten und die Ressourcenallokation verbessern. Gerade bei Gerüchten stellt sich aufgrund der beschriebenen Kurzlebigkeit jedoch mehr als sonst die Frage, ob die Spekulationskosten den Zeitgewinn rechtfertigen.353 352 Allgemein Peterson, 3 J. Psychol. & Fin. Markets 218 (2003); Kimmel, 5 J. Behav. Fin. 134 (2004).

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Zweitens wurde bereits oben die verbreitete Urteilsverzerrung des source neglect vorgestellt, wonach Anleger häufig nicht die Quelle einer Information hinterfragen.354 Folgerichtig haben Modellversuche ergeben, dass Probanden Gerüchte oftmals als verlässliche Information behandeln.355 Bestätigt werden solche Versuchsergebnisse auch durch Fallstudien über Taktiken von rumormongers, die durch das gezielte Streuen von Gerüchten Spekulationsblasen erschaffen.356 Dies zeigt, dass Gerüchte ein hohes noise traderRisiko in sich tragen, was wiederum informiertes Spekulieren behindert und Preise aus dem Gleichgewicht bringt. Bezog sich diese Form des noise trader-Risikos noch darauf, dass falsche Gerüchte von Anlegern für bare Münze genommen werden, tragen drittens auch zutreffende Gerüchte ein solches Risiko in sich. Dies folgt daraus, dass Gerüchte zu der Art von Information gehören, auf die Spekulanten besonders leicht überreagieren.357 Gerüchte werden häufig durch Mund-zuMund-Progaganda, etwa über das Internet, kommuniziert, nehmen hierbei oftmals immer fantastischere Inhalte an (der „Stille-Post-Effekt“) und sind häufig mit farbenreichen Anekdoten versehen. Gerüchte sind daher besonders verfügbar (available) im Sinne der Verfügbarkeitsheuristik. Selbst wenn zutreffende Gerüchte kursieren, überreagieren Anleger daher häufig. Damit aber behandeln sie die eigentlich in ihrem Kern zutreffenden Gerüchte ebenso wie falsche Gerüchte – sie geben ihnen einen anderen Tatsachenkern. d) Kommentierungspflicht aus § 15 WpHG Für die Regelung einer Kommentierungspflicht kann man sich grundsätzlich drei Modelle vorstellen:358 – Im ersten Modell darf der Emittent jeden Kommentar zum Gerücht verweigern („No Comment“-Modell). – In einem zweiten Modell gibt der Gesetzgeber dem Emittenten eine begrenzte Kommentierungspflicht auf (etwa ob Gerüchte „nicht“ oder „teilweise zutreffen“) und schützt ihn durch einen Haftungsfreiraum vor Schadensersatzklagen wegen Irreführung, die auf ebendiese Angaben gestützt werden („Safe Harbor-Modell“). 353 354 355 356 357 358

Zum Problem allgemein o. § 2 IV.2.c) u. § 2 IV.3. s. o. § 2 V.3.a)dd)(1). Dazu o. § 2 V.3.a)dd)(1) m. w. N. in Fn. 502. Zu ihnen o. § 2 III.2.c)dd)(2). So auch die Einschätzung von Odean, 53 J. Fin. 1887, 1894 (1998). Vgl. auch Hazen, 46 Md. L. Rev. 954, 971 ff. (1986).

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– Schließlich kann der Gesetzgeber volle Aufdeckung aller Information über ein Gerücht verlangen, über die der Emittent verfügt („Full DisclosureModell“). Den Anreiz hierzu kann man einerseits mithilfe privatrechtlicher Haftungsandrohung setzen („privatrechtliche Variante“), zum anderen kann man einer Aufsichtsstelle (in Deutschland etwa der BaFin) aufgeben, Emittenten durch Hoheitsakt zur Erklärung zu zwingen, sobald das Gerücht ein bestimmtes Maß erreicht hat („öffentlich-rechtliche Variante“). aa) Rechtliche Annäherung an das Thema und Kernfrage Einer Kommentierungspflicht unterliegt der Emittent ohne weiteres, wenn der Tatsachenkern eines Gerüchts selbst ad-hoc-publizitätspflichtig ist. Kursiert am Markt etwa das Gerücht, der Vorstand von X habe sich zum Verkauf von Tochtergesellschaft Y entschlossen, und bejaht man die Ad-hoc-Pflichtigkeit dieser Tatsache, dann muss X seinen Entschluss gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG bekannt geben und somit das existierende Gerücht bestätigen. Die Frage nach der Kommentierungspflicht von Gerüchten lautet daher, ob der Emittent zur Veröffentlichung von an sich nicht ad-hoc-pflichtiger Information nur deshalb verpflichtet sein kann, weil hierüber Gerüchte kursieren. Dass der Tatsachenkern nicht schon an sich publizitätspflichtig ist, kann dabei insbesondere zwei Gründe haben: Denkbar ist zunächst, dass die Tatsache an sich nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erfüllt, etwa weil es sich um einen zukünftigen, aber noch nicht hinreichend wahrscheinlichen Umstand handelt (s. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG). Denkbar ist zweitens, dass die Tatsache grundsätzlich gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen wäre, die Publikationspflicht aber (noch) gem. § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG wegen überwiegender berechtigter Interessen des Emittenten suspendiert ist. bb) Notwendigkeit einer gesetzlichen Pflicht? Zweifelhaft ist allerdings zunächst, ob es überhaupt einer gesetzlich festgeschriebenen Kommentierungspflicht bedarf. Kursieren unzutreffende Gerüchte über nicht publizitätspflichtige Umstände, und bewegen diese Gerüchte den Börsenkurs von seiner Ausgangsbewertung fort, haben Emittenten häufig ausreichende Anreize, freiwillig Ad-hoc-Meldungen herauszugeben. Selbsterklärend ist dies für Gerüchte, die den Kurs des Wertpapiers drücken. Doch auch bei ungerechtfertigter Euphorie ohne Tatsachengrundlage können Emittenten freiwillig einschreiten. Weiß das Management, dass bestimmte positive Gerüchte nicht zutref-

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fen, kann es sich auch ausrechnen, dass es früher oder später zu Kurskorrekturen kommen wird. Diese Volatilität verschreckt Anleger, senkt die Liquidität des Wertpapiers und erhöht daher langfristig die Kapitalkosten. Haben Anleger aufgrund eines Gerüchts zu teuer gekauft und nun Geld verloren, sind sie außerdem eher geneigt, das amtierende Management abzuwählen, weil es nicht gegen das Gerücht vorgegangen ist. Zweifelhaft ist allerdings, ob das Management stets diese langfristige Perspektive einnehmen wird. Auf kurze Sicht hat es zahlreiche Gründe, um falsche positive Gerüchte am Markt kursieren zu lassen. So schützt ein hoher Börsenkurs das Management gegen feindliche Übernahmen, erleichtert seine Wiederwahl, ermöglicht die Aufbringung von Eigenkapital zu geringeren Kosten und erhöht den Wert etwa gewährter Aktienoptionsrechte (stock options). Der self-attribution bias sorgt außerdem dafür, dass Vorstände erhöhte Börsenpreise nicht nur auf Gerüchte zurückführen, sondern auf ihren Erfolg – sie sehen häufig also gar nicht die Notwendigkeit, Gerüchte zu kommentieren. Zumindest bei unwahren Gerüchten über positive Tatsachen haben Emittenten daher keine hinreichenden Anreize, freiwillig das Gerücht zu kommentieren. Ein solcher Bedarf besteht auch bei Gerüchten mit zutreffendem Tatsachenkern. Dass Emittenten solche Gerüchte nicht immer freiwillig kommentieren, leuchtet erneut ohne weiteres ein für negative Tatsachen. Hier hofft das Management häufig darauf, dass sich die Umstände bessern – unterstützt durch den Hang zum übermäßigen Optimismus, wenn es um die Beurteilung der eigenen Lage geht. Doch auch wenn das Gerücht eine positive Tatsache betrifft, ist nicht immer mit einer freiwilligen Kommentierung durch das Management zu rechnen. Hier kann das Management Anreize haben, gute Nachrichten erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt zu geben, etwa um hiermit in der Hauptversammlung zu glänzen. Es liegen damit hinreichende Gründe vor, um über eine gesetzliche Kommentierungspflicht nachzudenken. cc) Das Für und Wider einer Kommentierungspflicht Pro Kommentierungspflicht spricht zunächst das allgemeine Informationsinteresse des Marktes. Insofern kann man alle Argumente anführen, die grundsätzlich für gesetzliche Disclosure-Pflichten streiten:359 Mit präziser Information über das, was bisher nur gerüchteweise am Markt bekannt ist, könnten zu einem früheren Zeitpunkt genauere Preise hergestellt und hiermit verbundene Allokationsvorteile erzielt werden. Hinzu kommt, dass der 359

Dazu schon o. § 4 I.

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Emittent zu viel geringeren Kosten zuverlässige Aussagen über den Wahrheitsgehalt eines Gerüchts machen kann als die Masse der Marktteilnehmer – Suchkosten können also gespart werden. Eine allein auf diese Argumente aufbauende Begründung leidet aber an einem entscheidenden Mangel: Selbstverständlich unterliegt der Emittent einer Kommentierungspflicht, wenn Gerüchte über eine ad-hoc-pflichtige Tatsache kursieren, sie ergibt sich aus den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 WpHG. Wie oben herausgearbeitet, kreist die Diskussion um die Kommentierungspflicht aber um die Frage, warum gerade Gerüchte den Emittenten zur Aufdeckung von Tatsachen zwingen sollen, zu der er ansonsten nicht verpflichtet wäre. Hier kann man zwei Argumente pro Kommentierungspflicht machen: Erstens wurde bereits oben unter c) gezeigt, dass gerade die Spekulation aufgrund von Gerüchten volkswirtschaftlich mit besonders skeptischem Auge zu verfolgen ist: Kursieren falsche Gerüchte am Markt, ist hierauf aufbauende Spekulation ausschließlich negativ zu beurteilen. Kursieren zutreffende Gerüchte, sind die Effizienzvorteile von auf Gerüchten basierender Spekulation oftmals zweifelhaft (reiner Zeitvorteil) und können leicht zu Verschwendung von Zeit, Geld und sonstigen Ressourcen führen. Darüber hinaus wurde im ökonomischen Teil dieser Arbeit eine Gruppe von parasitären Spekulanten vorgestellt, die ihr Geld damit verdienen, Gerüchte in die Welt zu setzen, die sog. rumormongers.360 Zwar sind solche Praktiken gem. § 20a WpHG als Marktmanipulation unter Strafe gestellt. Vorverlagerte Publizitätspflichten können dieses Verbot aber zusätzlich flankieren – ähnlich wie § 15 WpHG auch der Prävention von Insiderhandel dient361. Gegen eine Kommentierungspflicht wurde schon zu § 15 WpHG a. F. angeführt, dass sie anderen erlaube, den Emittenten durch gezieltes Streuen von Gerüchten zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Publizität zu zwingen.362 Dieses Argument hat bei näherer Betrachtung jedoch nur bedingte Überzeugungskraft: Zum einen werden Spekulanten oder Konkurrenten des Emittenten schon durch § 20a WpHG, durch § 1 UWG und § 823 BGB vom gezielten Streuen von Gerüchten abgehalten. Soweit es um falsche und unternehmensschädigende Gerüchte geht, werden Emittenten außerdem freiwillig klarstellende Statements abgeben, so dass der angeführte „Zwang“ auch ohne gesetzliche Kommentierumgspflicht besteht. Schließlich gilt es zu bedenken, dass Kommentierungspflichten schon nach der obigen Argumenta360

S.o. § 2 III.2.c)dd)(2). Hierzu statt aller BaFin, Emittentenleitfaden, Stand: 15. Juli 2005, S. 38; Kümpel, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, S. 96. 362 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 153. 361

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tion nur in Betracht kommen, wenn das Gerücht zu Spekulation führt. Dies legt dem Vorhaben, Emittenten zu nicht vorgesehener Publizität zu zwingen, beträchtliche Steine in den Weg: Entweder muss der Initiator selbst aufgrund seines Gerüchts handeln, wodurch er das Entdeckungs- und Bestrafungsrisiko nach § 20a WpHG in die Höhe treibt. Will er selbst nicht am Markt tätig werden, muss er hoffen, dass andere Spekulanten auf sein Gerücht reagieren, d.h. das gestreute Gerücht muss einen „Markttest“ bestehen. Zutreffend hingewiesen ist mit dem obigen Einwand aber auf die Geheimhaltungsinteressen des Emittenten, die selbst dann gegen Kommentierungspflichten sprechen, wenn Gerüchte nicht absichtlich durch andere gestreut wurden. Diese Geheimhaltungsinteressen sprechen aber nicht pauschal gegen jede Kommentierungspflicht. Die Abwägung zwischen ihnen und den Informationsinteressen des Marktes kann – wie von § 15 Abs. 3 WpHG vorgesehen – in einem weiteren Gedankenschritt stattfinden. Schließlich könnte man gegen eine Kommentierungspflicht einwenden, sie verpflichte den Emittenten, den Markt im Hinblick auf Gerüchte über die eigenen Wertpapiere zu überprüfen, was zu nicht unbeträchtlichen Kosten führen würde. Auch insoweit ist jedoch zu bedenken, dass nach der obigen Interpretation nur dann Kommentierungspflichten in Betracht kommen, wenn Gerüchte bereits am Markt bekannt sind und zu merklicher Spekulation geführt haben. In diesem Fall ist zu erwarten, dass auch der Emittent bereits von dem Gerücht erfahren hat. Die besseren Argumente sprechen somit für eine grundsätzliche Kommentierungspflicht. Begrenzend ist jedoch zu berücksichtigen (a) das Geheimhaltungsinteresse des Emittenten und (b) dass nicht schon jedes Gerücht Kommentierungspflichten auslösen darf, sondern nur solche, die schon zu spürbarer Spekulation geführt haben oder solche Spekulation sicher erwarten lassen. Hierauf wird zurückzukommen sein. dd) Deutsche Rechtslage vor dem AnSVG Inwieweit Emittenten einer Kommentierungspflicht unterliegen, war schon nach früherem Recht zweifelhaft. Die überwiegende Meinung lehnte eine allgemeine Kommentierungspflicht ab.363 Einige Vertreter dieser Meinung stützten sich darauf, dass Gerüchte häufig nicht aus dem Tätigkeits363 Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 455; Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 34; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 153; Hopt in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, 2. Aufl. 2001, § 107 Rn. 52; Hopt, ZGR 2002, 333, 347; Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 33; a. A. Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 122 f., 136 f., 140 f.

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bereich des Emittenten stammten und daher von § 15 WpHG a. F. nicht erfasst seien. Folgerichtig bejahten sie ausnahmsweise eine Berichtigungspflicht, wenn die Gerüchte etwa wegen missverständlicher Äußerungen eines Vorstands oder rechtswidrigen Unterlassens von Ad-hoc-Mitteilungen „aus der Sphäre des Emittenten“ stammten.364 Andererseits wurde geleugnet, dass die Information über die Richtigkeit bzw. Falschheit eines Gerüchts hinreichende Auswirkungen auf die Lage der Gesellschaft vermuten ließ.365 Entstanden Gerüchte aufgrund unrichtiger Ad-hoc-Meldungen des Emittenten, war dieser freilich gem. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG a. F. (jetzt § 15 Abs. 2 S. 2 WpHG) zur Berichtigung verpflichtet – doch diese Berichtigungspflicht entstand allein aufgrund der falschen Veröffentlichung, war also keine gerüchtsspezifische Kommentierungspflicht. ee) Rechtsvergleichender Blick auf ein Alternativmodell: Die Listing Rules der NYSE und NASDAQ In den USA neigen Gerichte zu einer ähnlichen Differenzierung: Beruht das Gerücht auf einer falschen Stellungnahme des Emittenten, muss er die Fakten klarstellen.366 Zur Kommentierung falscher Statements Dritter – etwa Investmentanalysten – sollen er jedoch nicht verpflichtet sein.367 Eine detaillierte Regelung über die Auswirkungen von Gerüchten auf Publizitätspflichten enthalten die Regelwerke der New York Stock Exchange (NYSE) und der NASDAQ. Sec. 202.03 des Listed Company Manual der NYSE368 verlangt ein klärendes Statement, sobald Gerüchte oder unübliche 364 Geibel in Schäfer, WpHG, 1999, § 15 Rn. 34; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 153 („von dem Unternehmen selbst ausgehen“); ähnlich Hopt, ZGR 2002, 333, 347; Kümpel/Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 WpHG Rn. 57; von Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 88 f. Gegen eine Kommentierungspflicht bei Gerüchten ohne Tatsachenkern Ekkenga, ZGR 1999, 165, 192 f.; ähnlich Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 16. 365 So Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 WpHG Rn. 33. 366 Electronic Specialty Co. v. International Controls Corp., 409 F.2d 937 (2d Cir. 1969); Raab v. General Physics Corp., 4 F.3d 286, 288 (4th Cir. 1993); Warshaw v. Xoma Corp., 856 F.Supp. 561 (N.D. Cal. 1994); In re Healthcare Compare Corp. Securities Litigation, 75 F.3d 276 (10th Cir. 1996); inzident auch Elind v. Liggett & Myers Inc., 635 F.2d 156, 163 (2d Cir. 1980). 367 Elind v. Liggett & Myers Inc., 635 F.2d 156 (2d Cir. 1980); In re Cypress Semiconductor Securities Litigation, 891 F.Supp. 1369 (N.D. Cal. 1995. Zust. etwa Hazen, The Law of Securities Regulation, 4th Ed. 2004, S. 668; Umfassend Hazen, 46 Md. L. Rev. 954. 368 Abrufbar unter http://www.nyse.com/listed/1022221393251.html. Knapp hierzu auch im vorliegenden Zusammenhang Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929, 935 Fn. 60.

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Marktaktivität implizieren, dass Information über bevorstehende Entwicklungen aus der Gesellschaft entwichen ist.369 Gleiches gilt für an der NASDAQ gelistete Gesellschaften gem. IM-4120-1 Abs. 2 S. 2 der NASD Rules.370 Bemerkenswert ist hierbei, dass NYSE-Sec. 202.03 von den Gerüchten oder der unüblichen Marktaktivität auf das Leck in der Gesellschaft schließt. Dies erschwert dem Emittenten den Einwand, er sei für das Gerücht nicht verantwortlich. Ausdrücklich ausgesprochen wird dieser Gedanke auch von IM-4120-1 Abs. 2 S. 2 der NASD Rules: „If rumors or unusual market activity indicate that information on impending developments has become known to the investing public, or if information from a source other than the issuer becomes known to the investing public, a clear public announcement may be required as to the state of negotiations or development of issuer plans“ (Hervorheb. d. Verf.). ff) Kommentierungspflicht – de lege lata und de lege ferenda Nachdem bereits oben begründet wurde, dass eine Kommentierungspflicht grundsätzlich zu begrüßen ist, und nachdem mit den Regelwerken der NYSE und der NASDAQ mutige Alternativmodelle gefunden wurden, die eine Kommentierungspflicht auch dann vorschlagen, wenn der Emittent nicht (erwiesenermaßen) für ein Gerücht verantwortlich ist, soll nun untersucht werden, ob eine solche Pflicht auch dem gesetzgeberischen Konzept des neuen § 15 WpHG entspricht. Sodann ist ein Blick darauf zu werfen, wie man sich die gesetzliche Regelung einer Kommentierungspflicht alternativ vorstellen könnte [dazu u. (2)]. (1) Kommentierungspflicht de lege lata Die oben angegebenen Literaturstimmen zu § 15 WpHG a. F. lehnten eine Kommentierungspflicht zum einen ab, weil (und wenn) Gerüchte nicht den „Tätigkeitsbereich des Emittenten“ betrafen, zum anderen mangels erforderlicher Auswirkungen auf die Lage des Emittenten. Beide Merkmale tauchen in den neuen §§ 13, 15 WpHG nicht mehr auf: Ad-hoc-publizitätspflichtig ist nun auch Information über Umstände, die zwar nicht im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sind, aber ihn trotzdem „unmittelbar betreffen“ (§ 15 Abs. 1 S. 1 WpHG). Außerdem setzt § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht mehr voraus, dass ein Umstand gerade wegen seiner Auswir369

Sec. 202.03 S. 2: „If rumors or unusual market activity indicate that information on impending developments has leaked out, a frank and explicit announcement is clearly required“. 370 Abrufbar unter http://cchwallstreet.com/NASD/NASD_Rules/.

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kungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten geeignet ist, den Kurs zu beeinflussen. Inwieweit nach dem neuen § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG eine Kommentierungspflicht bei Gerüchten besteht, hängt daher zunächst davon ab, wie das Unmittelbarkeitserfordernis des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu interpretieren ist. Die Marktmissbrauchsrichtlinie enthält in ihrem Art. 6 Abs. 1 zwar ein gleichlautendes Erfordernis, konkretisiert den Begriff der Unmittelbarkeit aber nicht näher. Die Begründung zum AnSVG liefert ebenfalls keine Definition, sondern gibt allein Beispiele für nicht im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetretene, aber dennoch unmittelbare Tatsachen, nämlich die Übermittlung eines Übernahmenangebotes oder die Herabstufung des Emittenten durch eine Rating-Agentur.371 Hält man sich vor Augen, dass die Information über die Richtigkeit eines Gerüchts nichts anderes ist als die Information über den – tatsächlich vorhandenen oder vermeintlichen – Tatsachenkern dieses Gerüchts,372 dann lässt sich die Unmittelbarkeit dieser Information nicht verneinen, wenn nur der Tatsachenkern das Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt. Dies leuchtet ohne weiteres ein für zutreffende Gerüchte, gilt aber auch für falsche Gerüchte: Angenommen sei, es kursiere das Gerücht, Emittent A werde auf seiner nächsten Hauptversammlung einen unerwartet hohen Gewinn bekannt geben. Dieses Gerücht stimmt nicht. Akzeptiert man, dass die Bekanntgabe eines unerwartet hohen Gewinnes den Emittenten unmittelbar betrifft, ist nicht einzusehen, warum dasselbe nicht auch für die Information gelten soll, dass kein solcher Gewinn bekannt gegeben wird. Entscheidend ist daher, ob die Information über den Tatsachenkern eines Gerüchts hinreichende Kursrelevanz hat. Unter § 15 WpHG a. F. konnte man an diesem Merkmal zumindest für den Bereich der falschen Gerüchte zweifeln: Dass bestimmte Umstände nicht zutreffen, lässt die Finanz- und Ertragslage sowie den Geschäftsverlauf des Emittenten nämlich unberührt. Dass etwas nicht zutrifft, ist ein Nullum, das an sich keine Auswirkungen haben kann. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG n. F. hat das Erfordernis der Auswirkungen auf die Lage des Emittenten jedoch aufgegeben. Gem. § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG kommt es für die Kursrelevanz allein auf den Maßstab eines „verständigen Anlegers“ an. Bereits oben wurde begründet, dass einen solchen Anleger alle wertrelevante Information interessiert.373 Wertrelevanz kann sich aus grundsätzlich zwei Sachverhalten ergeben. Den verständigen Anleger inte371 372 373

Begr RegE AnSVG, BR-Drucks. 341/04, S. 67. s. o. § 4 III.4.d)aa). s. o. § 4 III.2.

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ressieren zunächst alle neuen Tatsachen, die noch nicht im Kurs eingearbeitet sind. Ebenso ist er aber daran interessiert, dass bestimmte im Kurs enthaltene Information nicht zutrifft. Auch in diesem Fall stimmt der Börsenkurs nicht mit dem inneren Wert des Wertpapiers überein. Der zuletzt genannte Fall liegt vor, wenn am Markt ein falsches Gerücht kursiert und entsprechender Handel den Börsenkurs vom Ausgangswert entfernt hat. Unter dem neuen § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG lässt sich eine Kommentierungspflicht aus § 15 WpHG daher grundsätzlich auch für falsche Gerüchte begründen (zu Einschränkungen noch weiter u.). Kursiert ein Gerücht mit zutreffendem Tatsachenkern, arbeiten die Marktteilnehmer dieses Gerücht im Idealfall proportional zu seiner Verlässlichkeit in den Kurs ein. Wie bereits gesehen, wird der Markt jedoch nicht selten auf ein Gerücht überreagieren.374 In diesem Fall wird der Tatsachenkern eines Gerüchts aufgebauscht; er trifft so, wie ihn die Marktteilnehmer verstehen, nicht zu; das Gerücht ist daher nichts anderes als ein falsches Gerücht.375 Überreagieren Marktteilnehmer, liegt daher exakt derselbe Fall vor wie bei der Spekulation aufgrund falscher Gerüchte. In anderen Fällen verstehen Spekulanten den Tatsachenkern eines zutreffenden Gerüchts richtig, arbeiten ihn aufgrund der geringen Verlässlichkeit des Gerüchts aber nur unvollständig in den Preis ein. In diesem Fall besteht zwar eine Diskrepanz zwischen dem gegenwärtigen Börsenkurs und dem inneren Wert des Emittenten. Trotzdem lässt sich ein Informationsinteresse des Marktes nur schwer begründen. Zu bedenken ist nämlich, dass es hier um Fälle geht, in denen der Tatsachenkern eines Gerüchts keine bereits nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG grundsätzlich zu veröffentlichende Tatsache darstellt. Reagiert der Markt in der soeben beschriebenen Weise auf das Gerücht, bewegt er den Börsenkurs noch weiter auf den fairen Wert des Papiers zu. Für ein Informationsbedürfnis des Marktes bestünde daher eigentlich sogar noch weniger Anlass (!). Es lassen sich aber trotzdem Argumente finden, warum „verständige Anleger“ auch in diesem Fall an einer Kommentierung durch den Emittenten Interesse haben: Zum einen können Anleger ohne eigene Nachforschungen nicht entscheiden, ob sie es mit einem Gerücht ohne oder mit zutreffendem Tatsachenkern zu tun haben. Zum anderen kann man ex ante kaum entscheiden, ob der Markt „zutreffend“ auf ein Gerücht reagiert oder den Tatsachenkern aufbauscht, inwieweit also der gegenwärtige Börsenkurs den inneren Wert des Emittenten zutreffend widerspiegelt. Auch wenn zutreffende Gerüchte am Markt kursieren, kann die Bestätigung, das Gerücht stimme, daher kurserheblich i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG sein. 374 375

s. dazu schon o. § 4 III.4.c). s. dazu schon o. § 4 III.4.c).

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Spricht somit nichts gegen die Merkmale der „Unmittelbarkeit“ i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG und der „Kurserheblichkeit“ i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 u. 2 WpHG, scheinen Emittenten grundsätzlich gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zur Kommentierung von Gerüchten verpflichtet. Zwei Argumente lassen sich allerdings gegen eine Kommentierungspflicht unter § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG formulieren: Erstens heißt es in der Regierungsbegründung zu § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG, ein „bloßes Gerücht“ sei zur Begründung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit i. S. d. 13 Abs. 1 S. 3 WpHG „nicht ausreichend“376. Dies deutet auf die Tendenz des Gesetzgebers, Gerüchte aus dem Anwendungsbereich des § 13 WpHG auszuschließen. Allerdings beziehen sich die Ausführungen des Gesetzgebers auf den Begriff der hinreichenden Wahrscheinlichkeit i. S. d. 13 Abs. 1 S. 3 WpHG. Er hatte daher den klassischen Fall im Auge, in dem ein Investor den Insider-Tip bekommt, es bestehe ein Gerücht, dass in Zukunft ein bestimmtes Ereignis eintreten werde, z. B. eine feindliche Übernahme377. Kommentierungspflichten ergeben sich im Gegensatz dazu vor allem hinsichtlich bereits eingetretener Tatsachen, die gerade nicht unter § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG fallen. Die Stelle ist daher zu unsubstantiiert, um als allgemeine Ablehnung von Kommentierungspflichten verstanden zu werden. Schwerer wiegt dagegen der zweite denkbare Einwand, der Gesetzgeber habe die Pflichten des Emittenten zur Richtigstellung abschließend in § 15 Abs. 2 S. 2 WpHG geregelt. Insbesondere könnte man dieser Norm die Wertung entnehmen, Emittenten müssten nur dann berichtigend tätig werden, wenn Unklarheiten am Markt auf eigenen Ad-hoc-Mitteilungen beruhen, nicht aber, wenn die Unklarheiten den Emittenten nicht zugerechnet werden könnten. Gegen eine solche Interpretation spricht jedoch die in § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG enthaltene Wertung: Hiernach wird die Suspendierung der Ad-hoc-Pflicht wegen berechtigter Interessen des Emittenten aufgehoben, wenn zu befürchten ist, dass die Öffentlichkeit irregeführt wird und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation nicht gewährleisten kann. Nach den Gründen für diese Lage fragt das Gesetz hier gerade nicht, sondern stellt die Informationsinteressen des Marktes in diesem Fall über die berechtigten Interessen des Emittenten. Nach alledem ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG grundsätzlich eine allgemeine Kommentierungspflicht bei am Markt kursierenden Gründen über grundsätzlich (noch) nicht von der Ad-hoc-Pflicht umfasste Umstände. Diese Pflicht hat selbstverständlich Schranken. Die erste Schranke ergibt sich aus § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG. Selbst wenn Gerüchte am Markt den 376 377

Begr RegE AnSVG, BR-Drucks. 341/04, S. 65. So in VGH Kassel AG 1998, 436.

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Emittenten zu einer klarstellenden Kommentierung verpflichten, können überwiegende berechtigte Interessen des Emittenten eine Kommentierung blockieren. Ob dies der Fall ist, muss – wie auch sonst im Falle des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG – anhand einer Interessenabwägung festgestellt werden. Stellungnahmen zum AnSVG erwecken den Eindruck, als sähen sie die Geheimhaltungsinteressen des Emittenten stets als untergeordnet an, sobald Gerüchte am Markt kursierten, da in diesen Fällen immer eine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten sei und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation nicht gewährleisten könne.378 Auch die Regelwerke der NYSE und NASDAQ zeigen in diese Richtung.379 Dem kann in dieser Allgemeinheit jedoch nicht zugestimmt werden. Ob Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und ob der Emittent die Vertraulichkeit noch gewährleisten kann, hängt davon ab, wie stark die Gerüchte am Markt sind. Der Gesetzesbegründung zu § 15 WpHG lässt sich nicht entnehmen, dass der Emittent veröffentlichungspflichtig sein solle, wenn schon die geringsten Anzeichen hierfür bestünden. Dies macht auch rechtssystematischen und -politischen Sinn, da ansonsten schon Kommentierungspflichten zu Gerüchten entstehen könnten, obwohl die Gerüchtestreuer nicht einmal die Strafbarkeitsschwelle des § 20a WpHG überschritten haben. Zweitens existiert eine § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG immanente Schranke der Kommentierungspflicht. Selbst wenn keine Geheimhaltungsinteressen des Emittenten involviert sind, kann man ihm nicht zumuten, auf jedes noch so unbedeutende Gerücht zu reagieren. Dogmatisch bruchlos einfügen lässt sich diese Wertung in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, indem man anerkennt, dass den verständigen Anleger i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG nach den oben genannten Grundsätzen nicht jedes Gerücht am Markt interessiert. Die Schwelle ist erst dann überschritten, wenn merklicher Handel aufgrund des Gerüchts stattfindet und daher zumindest die Gefahr besteht, dass sich der Kurs des Wertpapiers aufgrund des Gerüchts vom Ausgangswert entfernt. Eine feste Grenze lässt sich hier nicht aufstellen und ist vom Gesetzgeber für § 13 378 Kuthe, ZIP 2004, 883, 885; eine solche Pflicht zumindest dann verneinend, wenn das Gerücht nicht vom Emittenten ausgeht, Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929, 935. Vorsichtiger Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1952; Spindler, NJW 2004, 3449, 3452. 379 s. Sec. 202.03(1)6 NYSE Listed Company Manual: „If rumors are correct or there are developments, an immediate candid statement to the public as to the state of negotiations or of development of corporate plans in the rumored area must be made directly and openly. Such statements are essential despite the business inconvenience which may be caused and even though the matter may not as yet have been presented to the company’s Board of Directors for consideration“. Ähnlich IM-4120-1 der NASD Rules: „Such an announcement may be required, even though the issuer may not have previously been advised of such information or the matter has not yet been presented to the issuer’s Board of Directors for consideration“.

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Abs. 1 S. 2 WpHG allgemein abgelehnt worden.380 Emittenten haben hier vielmehr dieselben Überlegungen anzustellen wie bei der Entscheidung, ob andere Tatsachen ad-hoc-pflichtig sind. Zu berücksichtigen ist insbesondere, ob das Gerücht zutrifft. Kursieren falsche Gerüchte, hat Spekulation – wie oben c) gesehen – überhaupt keinen sozialen Wert. Falsche Gerüchte sind daher vorbehaltlich der o. g. Schranke aus § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG vom Emittenten zu berichtigen, sobald man vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass er Kenntnis von dem Gerücht hatte. Kursieren zutreffende Gerüchte,381 kommt es allein auf das Volumen der durch das Gerücht ausgelösten Spekulation und die damit verbundene Gefahr von Preisstörungen an. Kommentierungspflichten können hier nur unter strengeren Voraussetzungen angenommen werden, denn erstens ist das Spekulationsvolumen für Emittenten schwerer ersichtlich als Preisbewegungen, zweitens lässt sich nur schwer feststellen, welcher Teil der Geschäfte auf dem Gerücht basiert. (2) Kommentierungspflicht de lege ferenda Angesprochen ist damit die entscheidende Schwäche der Kommentierungspflicht aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Ihre Voraussetzungen sind nur schwer judizierbar. Sind Emittenten nicht schon freiwillig bereit, Gerüchte zu kommentieren, werden sie sich häufig auf die Begründung zurückziehen, sie hätten die Voraussetzungen ihrer Kommentierungspflicht nicht erkennen können bzw. ihre Geheimhaltungsinteressen gem. § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG seien höherrangig gewesen. Diese Entscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen, bereitet all die Schwierigkeiten, die bereits oben bei der Behandlung zukunftsgerichteter Information angesprochen wurden. Diese Schwierigkeiten erscheinen gerade im Bereich der Gerüchte nahezu unüberwindbar: Welchen Einfluss Gerüchte auf Handelsvolumen und Kursentwicklung hatten, wird sich im Nachhinein kaum feststellen lassen. Es ist daher gut vorstellbar, dass die oben bejahte Kommentierungspflicht zum reinen law in the books verkommt. Um das Informationsinteresse des Marktes schnell und effizient zu befriedigen, würde es sich daher anbieten, die Entscheidung über die Kommentierung nicht dem Emittenten zu überlassen, sondern der BaFin zu überantworten. Diese würde bei hinreichender Stärke des Gerüchts den Emittenten per Verwaltungsakt zur Kommentierung verpflichten. Seine Geheimhaltungsinteressen könnte er auf verwaltungsrechtlichem Wege so geltend machen, wie dies nach altem Recht bei der Befreiung von der Ad-hoc-Pflicht üblich war.382 Wegen der oben genannten Schwächen richterlicher Über380 381

Begr RegE AnSVG, BR-Drucks. 341/04, S. 65. Auf die der Markt auch nicht überreagiert, s. o. § 4 III.4.c).

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prüfbarkeit wäre die Entscheidung der BaFin, ob ein Gerücht hinreichend stark ist, nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen über den Beurteilungsspielraum vor richterlicher Nachprüfung geschützt. Eine solche Regelung findet auch rechtsvergleichenden Rückhalt: Gem. Sec. 202.04 des Listed Company Manual kann die NYSE Emittenten zur öffentlichen Erklärung verpflichten, falls nicht öffentlich bekannte Tatsachen verantwortlich für ungewöhnliche Marktaktivität sein könnten.383 gg) Insiderhandel Für die Auslegung des Insiderhandelsverbots bedeuten die Ergebnisse zur Kommentierungspflicht: Insiderhandel aufgrund der Information, ein bisher gerüchteweise am Markt bekannter Tatsachenkern treffe zu oder treffe nicht zu, fällt unter § 14 WpHG. Dies entspricht dem allgemeinen Ziel des Insiderhandelsverbots, ein level playing field unter den Marktteilnehmern zu schaffen. Zwar mag man bedauern, dass diese Interpretationsweise dazu führt, dass Insider nicht Wetten gegen Gerüchtestreuer abschließen und die Preise somit auf ihrem fairen Niveau halten können. Dies ist jedoch nichts anderes als das wohl bekannte, häufig gegen das Insiderhandelsverbot vorgetragene Argument, es verhindere sozial erwünschten informierten Handel, das vom Gesetzgeber mit seiner Entscheidung für ein Insiderhandelsverbot gerade nicht für durchschlagend erachtet wurde. Die oben gefundenen Ergebnisse zur Kommentierungspflicht führen daher zu keinen unangemessenen Ergebnissen im Rahmen des § 14 WpHG. e) Zusammenfassung Zusammenfassend lassen sich folgende Punkte festhalten: Spekulation aufgrund von Gerüchten ist tendenziell dem Bereich „schlechter“ Spekulation zuzuordnen. Diese Erkenntnis rechtfertigt grundsätzlich eine Pflicht der Emittenten zur Kommentierung von Gerüchten, also eine vorverlagerte Pflicht zur Bekanntgabe von Information über Umstände, die ohne die Gerüchte nicht publikationspflichtig wären. De lege lata lassen sich solche Pflichten aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG herleiten. Sie unterliegen jedoch zum einen der Schranke des § 15 Abs. 3 382

Hierzu etwa Zimmer in Schwark, KMRK, 3. Aufl. 2004, § 15 Rn. 128 ff. Sec. 202.04 S. 5 u. 6 des NYSE-Regelwerks lautet: „Under these circumstances, the company may be called by its Exchange representative to inquire about any company developments which have not been publicly announced but which could be responsible for unusual market activity. Where the market appears to reflect undisclosed information, the company will normally be requested to make the information public immediately“. 383

IV. Alternativkonzept

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WpHG, zum anderen der aus § 13 Abs. 1 S. 1 u. 2 („Kurserheblichkeit“) folgenden Schranke einer hinreichenden Stärke des Gerüchts. Die Anforderungen hierfür sind schwächer bei falschen Gerüchten und stärker bei zutreffenden Gerüchten. Schwierigkeiten der gerichtlichen Überprüfung lassen Zweifel aufkommen, ob diese Kommentierungspflicht jemals gerichtlich mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, nahezu unmöglich erscheint dies für die Kommentierung zutreffender Gerüchte.384 Als Alternativmodell de lege ferenda erstrebenswert erscheint ein auf Verwaltungsakt und Beurteilungsspielraum aufbauendes Modell, das die erwähnten Durchsetzungsprobleme vermeidet.

IV. Alternativkonzept: Aufklärungspflichten, insbesondere von Banken und Discount-Brokern Die vorstehende Untersuchung hat die Einsichten der Behavioral Finance verwandt, um mittels standardisierter Kapitalmarktinformation „gute“ von „schlechter“ Spekulation zu trennen. Dieses Rechtsinstrument hat Schwächen, auf die schon oben hingewiesen wurde.385 Ergänzt wird die für eine unbestimmte Anzahl von Anlegern formulierte Kapitalmarktinformation durch individuelle Anlageberatung. Auch auf deren Schwächen ist hingewiesen worden.386 Trotzdem bietet das Rechtsverhältnis zwischen Finanzintermediär und Anleger zahlreiche Chancen für ein debiasing, die im Folgenden als Alternativkonzept angedeutet werden sollen. 1. Plädoyer für einen Anlegertest Anlageberatung bedeutet in Deutschland auch im Finanzintermediär-Anleger-Verhältnis hauptsächlich Disclosure. Obwohl die individuelle Betreuung z. B. durch einen Bankangestellten Möglichkeiten birgt, einzelne Urteilsverzerrungen zu therapieren bzw. zu entschärfen, funktioniert auch dies in der Praxis nicht optimal. Der Grund hierfür liegt – neben der Tatsache, dass auch Finanzintermediäre nicht immun gegen Urteilsverzerrungen sind – zum einen darin, dass Intermediäre nur unvollständig an der richtigen Entscheidung der Anleger interessiert sind,387 zum anderen an den Schwächen des 384 In diesen Fällen wird sich eine Kommentierungspflicht freilich häufig aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ergeben, weil der Tatsachenkern des Gerüchts die Anforderungen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erfüllt. Dies ist jedoch nicht der hier untersuchte Bereich einer allein aufgrund des Gerüchts vorverlagerten Publikationspflicht. 385 s. o. § 4 II.2.d)jj)(4). 386 s. o. § 4 II.2.d)aa).

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debiasing-Mittels „Information“ an sich: Auch Banken unterbreiten ihren Kunden häufig abstrakte und verklausulierte Information, die entweder nicht gelesen, nicht verstanden oder aus den bereits o. II.2.d)aa) genannten Gründen nicht hinterfragt wird (Angst vor Gesichtsverlust etc.). In solcher Information finden Anleger häufig entweder nur Information, die ihre vorher gefertigten Entscheidungen bestätigt (confirmation bias), oder sie kommen zu der Überzeugung, die Information sei „eigentlich für andere“ da (overconfidence). Dies gibt Anlass, über Alternativen nachzudenken. Bereits oben wurde die Ambiguitätsaversion vorgestellt (ambiguity aversion).388 Dass sich Menschen vor unsicheren oder unüberschaubaren Situationen fürchten, kann als fruchtbarer debiasing-Mechanismus eingesetzt werden, um insbesondere übermäßig selbstbewusste Individuen besser zu kalibrieren.389 Die Ambiguitätsaversion kann ausgelöst bzw. gesteigert werden, indem man den Entscheidungsträger mit seinen Schwächen konfrontiert oder ihm demonstriert, dass er mit Experten konkurriert, die zur Entscheidung viel besser qualifiziert sind, oder dass seine Stärken in anderen Bereichen liegen.390 Einschätzungen werden außerdem genauer, wenn Subjekte gezwungen werden, die Position eines Außenstehenden einzunehmen (sog. considering the opposite).391 Übermäßig selbstbewusste Individuen können daher durch Tests zu einer korrekten Selbsteinschätzung gelangen.392 Hierauf aufbauend könnte man die von Finanzintermediären z. B. bei der Depoteröffnung verbreitete Information durch einen Anlegertest ersetzen bzw. ergänzen, mit dem man ermittelt und dem Kunden dann verdeutlicht, welche Präferenzen er hat, inwieweit er die Fähigkeiten mitbringt, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, und inwieweit seine Entscheidungsfindung bei Unsicherheit verzerrt ist. Ein solcher Test müsste von Psychologen, Ökonomen und Juristen in interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelt werden. 2. Insbesondere: Die Rolle von Discount-Brokern Übermäßig selbstbewusste Anleger findet man insbesondere unter der Kundschaft von Discount-Brokern.393 Wie bereits oben erwähnt, ist der 387

Dazu ausführlich o. § 4 II.2.d)aa). s. o. § 2 V.3.a)cc)(2). 389 Grundlegend insbesondere Heath/Tversky, 4 J. Risk & Uncertainty 5 (1991). 390 Fox/Tversky, 110 Q. J. Econ. 585 (1995). 391 Lord/Lepper/Preston, 47 J. Pers. & Soc. Psychol. 1231 (1984). 392 s. aus der debiasing-Literatur: Fitzsimons/Williams, 6 J. Exp. Psychol. 195 (2000); Hacket Renner/Renner, 15 Appl. Cog. Psychol. 23 (2001); s. auch Bolger/ Önkal-Atay, 20 Int. J. Forecasting 29 (2004). 388

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Handel dieser Anleger zumeist exzessiv,394 und zwar am verheerendsten wenn sich Kleinanleger als „Pseudo-Day Trader“ engagieren. Diese Spekulanten unterliegen nämlich nicht nur der Fehleinschätzung, sich für schlauer, geschickter oder besser informiert zu halten, sondern auch dem sog. procrastination bias395. Hierunter versteht man eine besonders geschickte Form des Selbstbetruges, mit der es Individuen schaffen, die Zukunft in so kurze Zeitintervalle aufzuteilen, dass sie für jeden Intervall isoliert eine rationale Entscheidung treffen, auf lange Sicht jedoch extrem unbefriedigende Ergebnisse erzielen. Hauptanwendungsfall ist die „Psychologie des Rauchens“:396 Hat ein Raucher vor, seine teure und gesundheitsschädigende Angewohnheit aufzugeben, schiebt er diese Entscheidung nicht selten bis zum nächsten Tag auf.397 Betrachtet er den Zeitraum bis zum nächsten Tag, scheint das Opfer, mit dem Rauchen aufzuhören, viel größer als der allein hierdurch erzielte Gesundheits- und Vermögensvorteil.398 Schiebt man die Entscheidung daher bis zum nächsten Tag auf, und wiederholt man dieses Ritual wochen- und monatelang, stellt man nach Jahren fest, dass sich Gesundheits- und Vermögenszustand merkbar verschlechtert haben. Gleiches gilt für „Pseudo-Day Trader“: Betrachten diese Spekulanten immer nur das konkret ins Auge gefasste Geschäft, glauben sie, die hieraus drohenden Verluste seien zu vernachlässigen. Sie schließen ein verlustreiches Geschäft nach dem anderen ab, ohne zu merken, dass sie sich immer weiter in den Ruin treiben. Bestehen demnach zahlreiche verlässliche Anzeichen dafür, dass die Kunden von Discount-Brokern, insbesondere solche mit Day-Trading-Accounts, exzessiv handeln, rückt die Rolle der Discount-Broker als Gatekeeper in den Vordergrund: Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unterliegen Discount-Broker aber nur eingeschränkten Aufklärungspflichten nach § 31 WpHG: Weist der Broker vor Beginn der Geschäftsbeziehungen deutlich darauf hin, dass er keine individuelle Beratung und Aufklärung erbringe, bestätigt der Kunde, dass er keine individuelle Beratung wolle, und bezeichnet er sich 393

s. o. § 2 V.3.a)dd)(1). s. o. § 2 V.3.a)dd)(1). 395 Grundlegend dazu Akerlof, 81 Am. Econ. Rev. Papers & Proceedings 1 (1991). 396 Hierzu Stracca, 25 J. Econ. Psychol. 373, 386 f. (2004). 397 Nichtraucher können sich anstelle des Rauchens hier die Entscheidung vorstellen, endlich mit einer Hausarbeit/Publikation/Dissertation anzufangen und daher mit dem Surfen durchs Internet aufzuhören. 398 Fängt man nicht mit der Hausarbeit etc. an, weil man noch durchs Internet surft, teilt man die Zeitintervalle nicht in Tage, sondern in Fünf-Minuten-Abschnitte ein. 394

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als erfahren in Wertpapiergeschäften, dann beschränken sich die Aufklärungspflichten des Brokers aus § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpHG darauf, „geeignetes schriftliches Material mit standardisierten Informationen über die in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäfte zur Verfügung zu stellen“ (Hervorheb. d. Verf.).399 Die Erkenntnisse dieser Arbeit geben Anlass, diese Rechtsprechung zu überdenken. Aufgrund der genannten Urteilsverzerrungen dürften Kunden von Discount-Brokern die unterbreitete Information in praxi kaum lesen. Erstens sind Kunden von Discount-Brokern das Paradigma übermäßig selbstbewusster Anleger (s. o.). Zweitens bezieht sich die vom BGH für ausreichend gehaltene Standard-Information am Anfang der Geschäftsbeziehung auf kein konkretes Geschäft und erweckt in besonderem Maße den Eindruck, sie sei „nur für die anderen da“. Drittens könnten gerade Anleger, die ein Online-Depot eröffnen möchten, besonders kostengünstig zur Teilnahme an dem oben beschriebenen Test verpflichtet werden – etwa durch eine entsprechende Voraussetzung bei der Eröffnung des Online-Depots. Zwar mag man einwenden, dass diese Anleger auch einen solchen Test einfach überspringen werden. Der Test hat gegenüber der standardisierten Information aber einige Vorteile: Er fordert Interaktion zwischen Anleger und „Berater“, er gibt dem Anleger die Chance, Einsichten über Fehleinschätzungen selbst zu entwickeln, so dass davon auszugehen ist, dass diese Erkenntnisse viel länger verfügbar sein werden als „an den Kopf geworfene“ Warnhinweise (availability heuristic), er erlaubt eine individuelldifferenzierte Auswertung je nach Anlegerziel und Testergebnis, und schließlich arbeitet er mit dem heilsamen Effekt, die Selbsteinschätzung des Anlegers zu frustrieren – eine vorweggenommene Simulation der späteren Anlegerpleite.400 3. Zusammenfassung Nach alledem sprechen de lege ferenda gute Gründe dafür, einen Anlegertest zum festen Bestandteil bankrechtlicher Aufklärungspflichten bei der Depoteröffnung zu machen – insbesondere bei Discount-Brokern sollte nicht hierauf verzichtet werden.

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Grundlegend BGHZ 142, 345, 354 (Consors); bestätigt zuletzt in BGH WM 2004, 24, 26 (Consors). 400 Die darüber hinaus gehende Frage, inwieweit Banken und sonstige Finanzintermediäre die Pflicht haben sollten, den voll informierten Kunden „vor sich selbst zu schützen“ [verneinend zuletzt für Discount-Broker BGH WM 2004, 24, 26 (Consors)], kann hier nicht weiter vertieft werden.

§ 5 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Dass auf Kapitalmärkten spekuliert wird, weiß jeder am Wirtschaftsleben Interessierte. Welchen Wert Kapitalmarktspekulation für die Volkswirtschaft hat, wird unterschiedlich beurteilt. Der Gesetzgeber stand Spekulation herkömmlich skeptisch gegenüber, öffnet gerade in letzter Zeit aber Kapitalmärkte immer weiter, insbesondere für die Spekulation von Kleinanlegern. In den Wirtschaftswissenschaften herrscht traditionell eine spekulationsoptimistische Meinung vor, die im Zuge verschiedener Finanzkrisen, zuletzt der geplatzten „Internet-Blase“ der späten 1990er Jahre, zunehmend in Zweifel gezogen wird. Aufbauend auf Einsichten einiger Kognitionspsychologen hat sich aus dieser Bewegung eine Disziplin verselbständigt, die traditionelle Kapitalmarkttheorie hinterfragt und die zumindest in der deutschen Kapitalmarktrechtswissenschaft bisher kaum rezipiert wurde, die Behavioral Finance. Diese Arbeit versuchte, zwei zentrale Fragen zu beantworten: Wie kann man auf ökonomischer Ebene volkswirtschaftlich „gute“ von „schlechter“ Spekulation trennen? Und: Inwiefern kann das Recht dazu dienen, „gute“ Spekulation zu ermutigen und „schlechte“ Spekulation zu unterbinden? I. Der erste, ökonomische, Teil dieser Arbeit diente der Beantwortung der zuerst genannten Frage. 1. Die hier so genannte mikroskopische Analyse der Spekulation verschaffte einen Einblick in die Motive und die Identität von Spekulanten. Vier Modelle beleuchteten verschiedene Aspekte: a) In dem Risikotransfermodell, das auf Arbeiten von John Maynard Keynes und John R. Hicks zurückgeht, handeln risikoneutrale oder risikofreundliche Spekulanten auf der einen Seite mit risikoaversen Hedgern auf der anderen Seite. Spekulation ist nach diesem Modell ein Mechanismus zur effizienten Verteilung von Risiken. b) In dem Informations-Arbitragemodell, für das stellvertretend eine grundlegende Arbeit von Sanford J. Grossman und Joseph E. Stiglitz steht, unterscheiden sich Spekulanten und Nichtspekulanten nicht durch die Bereitschaft, Risiken zu übernehmen, sondern durch ihren Informationsstand. Spekulationsgeschäfte kommen zwischen informierten Arbitrageuren und solchen Marktteilnehmern zustande, die rational uninformiert bleiben. Spekulation ist ein Modell zur effizienten Verteilung von Informationskosten mit günstigen Wirkungen auf die Markteffizienz. c) Ein spekulationsskeptisches Modell stellte Jack Hirshleifer mit dem (hier so genannten) Hetero-

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§ 5 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

gene-Erwartungen-Modell (HE-Modell) der Spekulation vor. Seine zentrale These: Weder unterschiedliche Risikobereitschaft noch der Grad an Information motiviert Spekulanten, sondern allein unterschiedliche Erwartungen über zukünftige Preisentwicklungen. d) Betrachteten die vorgenannten Modelle den Spekulanten noch als Einzelperson, rückt das Agency-Modell von James Dow und Gary Gorton die Beziehung zwischen Spekulant und Portfolio-Manager in den Vordergrund. Nach diesem Modell resultiert ein Großteil der Spekulation aus der Unfähigkeit von Parteien, vollständige Dienstverträge über das Portfolio-Management abzuschließen und hierbei insbesondere das sinnvolle sog. actively doing nothing vom vertragswidrigen Nichtstun („simply doing nothing“) zu unterscheiden. 2. Nach diesem ersten Blick in die Modellwelt richtete sich das Augenmerk auf die Realität der Spekulation und die Teilnehmer des tatsächlichen Kapitalmarktgeschehens. Dies diente gleichzeitig als Einführung in die Grundbegriffe der Markt-Mikrostruktur, einer weiteren Teildisziplin der modernen Finanzwissenschaften. Von den profit-oriented traders wurden die so genannten utilitarian traders abgegrenzt und die Unterformen profitorientierter Händler aufgefächert: nach ihrem Informationsstand (informiert und uninformiert) sowie nach ihrer Handelsstrategie (value traders, news traders, information-oriented technical traders, arbitrageurs, order anticipators, insbesondere sentiment-oriented technical traders sowie bluffers). 3. Damit war der Boden bereitet für die gesamtwirtschaftliche (makroskopische) Analyse der Spekulation. Als gesamtwirtschaftlicher „Segen“ konnten die Auswirkungen von Spekulation auf die verschiedenen Dimensionen der Markteffizienz identifiziert werden (Spekulation als Mechanismus der Markteffizienz), deren Fernfolgen, insbesondere auf Kapital- und Risikoallokation, die durch Spekulanten bereitgestellte Liquidität, die Öffnung neuer Primärmärkte und die durch sie ermöglichte finanzielle Innovation sowie die Tatsache, dass sich Spekulationsvorteile als Belohnung für volkswirtschaftlich erwünschte Tätigkeit instrumentalisieren lassen. Der „Fluch“ von Spekulation wurden in ihren möglicherweise nachteiligen Wirkungen auf die Kapitalallokation erkannt und vor allem in den durch Spekulation verursachten Informations- und Transaktionskosten. Anhand Hirshleifers berühmter Überinvestitionsthese wurde gezeigt, dass Preiseffizienz und Liquidität Güter sind, die von der Volkswirtschaft mitunter zu teuer erkauft werden. 4. Aus dieser grundlegenden Einsicht folgten zwei entscheidende Fragen: Kann Massenspekulation uninformierter Anleger Wertpapierpreise von ihren Fundamentalwerten entfernen? Und funktioniert die marktmäßige Auslese dieser uninformierten noise traders? Die Antwort auf diese Fragen erfor-

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derte eine intensive Auseinandersetzung mit der Behavioral Finance. Nach einem kursorischen Überblick über die theoretischen Grundlagen dieses noch jungen Gebiets der Finanztheorie wurden eine Reihe von Urteilsverzerrungen und -heuristiken (biases und heuristics) und deren Auswirkungen auf Kapitalmarktpreise vorgestellt. Schnell wurde deutlich, dass Anleger viele kognitive Fehler machen und dass diese Fehler häufig systematisch auftreten, sich also entgegen traditioneller Kapitalmarkttheorie nicht gegenseitig ausgleichen. Dies führte zur zweiten oben aufgeworfene Frage. Wenn uninformierte Anleger bei der Bewertung von Wertpapieren Fehler machen, dann – so die traditionelle Lehre – finden sich ausreichend informierte Händler, die aus diesen Fehlbewertungen Profit schlagen und die Preise auf ihr informiertes Niveau zurückführen. Dass dies in der Realität nicht immer der Fall ist, zeigt das zweite Standbein der Behavioral Finance, die sog. limits of arbitrage. Es wurden eine Reihe von Beschränkungen zusammengestellt, denen informierter Handel unterliegt und derentwegen Fehlbewertungen am Markt lange Zeit überleben können. Bestätigt wurden diese Überlegungen durch zahlreiche empirische Studien über Marktanomalien, also Phänomene, die sich mit der Efficient Capital Market Hypothesis (ECMH) nicht in Einklang bringen lassen, etwa Unter- und Überreaktionen des Marktes, Fehlbewertungen beim Börsengang von Tochtergesellschaften (internet carve-outs) oder das berühmte equity premium puzzle. 5. Mit diesen Erkenntnissen zum ökonomischen Hintergrund der Spekulation konnte die Eingangsfrage beantwortet werden: Um „schlechte“ Spekulation handelt es sich, (1) wenn die Teilnehmer massenhafter Spekulation systematisch Urteilsverzerrungen unterliegen und (2) wenn aufgrund von Umständen spekuliert wird, die sich mit Sicherheit in nächster Zukunft aufklären. Deutlich wurden auch die Probleme, die bei der Umsetzung dieser Erkenntnis auf rechtlicher („policy-“) Ebene folgen: Erstens lässt sich Spekulation weder nach der Art des Geschäfts noch anhand der an dem Geschäft Beteiligten pauschal in „gute“ und „schlechte“ Spekulation einteilen. Zweitens ist es von den Rahmenbedingungen abhängig, inwieweit Kapitalmarktspekulation ihre Funktionen erfüllt: Inwieweit werden Kapitalanleger mit Information versorgt, die sie leicht missverstehen können? Inwieweit ermutigt Kapitalmarktinformation exzessive Spekulation? Wie sind die Bedingungen dafür, dass uninformierte Anleger aus ihren Fehlern lernen? Wie hoch sind die Schranken, denen Arbitrageure unterliegen, um erfolgreich Wetten gegen noise traders abzuschließen? Hiermit waren die entscheidenden Fragen herausgearbeitet, die bei der Regulierung von Spekulation bedacht werden müssen. II. Bevor sich diese Arbeit der rechtlichen Einzelanalyse widmen konnte, musste sie allerdings zunächst die aus rechtsmethodischer Sicht höchst reiz-

260

§ 5 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

volle Frage beantworten, inwieweit Behavioral Decision Theory überhaupt klassische ökonomische Analyse des Rechts verändern kann. Nachdem die Chancen und Grenzen von Behavioral Law & Economics erörtert waren, kam sie zu dem Schluss, dass Behavioral Decision Theory fruchtbar gemacht werden sollte, um klassische ökonomische Analyse zu ergänzen, zu verfeinern und auch zu revidieren. Grenzen folgten jedoch aus der Tatsache, dass es sich bei den Behavioral Economics um eine noch junge Disziplin handelt, deren Forschungsergebnisse nicht vorschnell dazu verleiten sollten, traditionelle Regelungsmuster zu überwerfen. Hieraus folgte, (a) dass klassische ökonomische Analyse auch weiterhin den Ausgangspunkt rechtsökonomischer Überlegungen darstellen sollte, die dann aufgrund von Behavioral Decision Theory zu hinterfragen ist, (b) dass Argumentationsmuster der Behavioral Decision Theory nicht nur theoretisch einleuchten müssen, sondern auch empirisch bewiesen sein sollten, (c) dass bei alledem stark auf rechtsvergleichende Erkenntnisse über die Praxis verschiedener Regelungsmodelle geachtet werden sollte. Erste Leitlinien zur Umsetzung von Einsichten der Behavioral Economics in der rechtlichen Analyse gaben zwei Paternalismus-Konzepte vor, die aufzeigten, wie Recht Entscheidungen beeinflussen kann, ohne die Entscheidungsfreiheit inakzeptabel zu beschränken. III. Mit diesem theoretischen Rüstzeug ausgestattet, widmete sich die Arbeit der Beantwortung konkreter Einzelfragen, die de lege ferenda und de lege lata zu erörtern waren. Hierbei beschränkte sie sich auf zwei Rechtsmaterien, die für das Kapitalmarktrecht von hervorstechender Bedeutung sind, das Recht der Emissionsprospekte und das Recht der Ad-hoc-Mitteilungen. Die hierbei gefundenen Ergebnisse lassen sich thesenartig wie folgt zusammenfassen: 1. a) De lege ferenda sollte das Konzept der Bereichsöffentlichkeit aufgegeben und durch ein Modell gleichzeitiger Anlegerinformation ersetzt werden. In rechtsmethodischer Hinsicht konnte hierbei die im dritten Teil der Arbeit aufgestellte Vermutung bestätigt werden, dass Regelungskonzepte, die auf Behavioral Decision Theory aufbauen, nicht notwendigerweise Paternalismus fordern, sondern eventuell das exakte Gegenteil, nämlich den gleichberechtigten und unvermittelten Marktzugang für alle Akteure. b) De lege lata sind Ad-hoc-Meldungen auch nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) und der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) nur bereichsöffentlich zu machen. Insbesondere eine europarechtskonforme Auslegung von § 5 Abs. 1 Nr. 1 WpAIV ist angesichts der klaren Entscheidung des Verordnungsgebers nicht möglich.

§ 5 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

261

2. a) De lege ferenda ist Kapitalmarktinformation in Emmissionsprospekt und Ad-hoc-Meldung inhaltlich an das breite Anlegerpublikum zu adressieren. Über die Dichotomie von „Warne“ und „Erkläre“ einerseits sowie „Warnung im formellen Sinne“ und „Warnung im materiellen Sinne“ andererseits konnten einige generelle Leitlinien für die hiernach gebotene inhaltliche Gestaltung von Kapitalmarktinformation diskutiert werden. Die wichtigsten Ergebnisse: (1) Grundsätzlich sollte Kapitalmarktinformation auf das Prinzip des „Erkläre“ aufbauen; soweit Erklärungen nicht möglich sind, sind Warnungen notwendig. (2) Warnungen im formellen Sinne sind grundsätzlich gegenüber Warnungen im materiellen Sinne zu bevorzugen. b) Die so aufgestellten Grundsätze konnten anhand einiger Rechtsprobleme de lege lata überprüft und angewendet werden. Hierbei kam die Arbeit zu den Ergebnissen, (1) dass in den Emissionsprospekt übernommene Angaben des Jahresabschlusses grundsätzlich kleinanlegergerecht narrativ erläutert werden müssen, (2) dass trotzdem Inhalte, die über die handels- und kapitalmarktrechtliche Regelpublizität der Bereichsöffentlichkeit bekannt gemacht worden sind, nicht (weiterhin) der Ad-hoc-Publizitätspflicht unterfallen und (3) dass die deutsche Lehre vom Gesamteindruck mit Rücksicht auf die hier gewonnenen Einsichten zur Behavioral Decision Theory und in Anlehnung an die US-amerikanische buried facts doctrine fortgebildet werden sollte. 3. Stand zuvor der Informationsadressat im Mittelpunkt der Analyse, richtete sich der Blick danach auf den Informationsgegenstand, die spekulative Information. a) Nachdem der Begriff der spekulativen Information definiert wurde, ging es zunächst um Prognosen und sonstige zukunftsgerichtete Information des Emittenten. Durch eine dogmatische und rechtsvergleichende Analyse konnten drei grundsätzliche Modelle zur Regelung solcher Information herausgearbeitet werden: das Informationsfilterungsmodell, das Haftungsmodell und das Warnungsmodell. aa) De lege ferenda erschien eine Kombination von Haftungs- und Warnungsmodell am günstigsten, insbesondere weil man die Effekte des Informationsfilterungsmodells (Vorenthaltung von Information) flexibler über die mit dem Haftungsmodell gesetzten Publikationsanreize erreichen konnte, ohne sich auf ein strenges „Alles oder Nichts“ zu versteifen. Es wurden sodann einige Kriterien herausgearbeitet, die bei der Feinsteuerung des Haftungsmodells bedacht werden müssen. Hiernach sollte die Veröffentlichung von Prognosen und anderer zukunftsgerichteter Information umso strenger kontrolliert werden, d.h. umso eher Haftung auslösen können, (1) je stärker die Prognose den Markt polarisiert, (2) je hervorstechender sie präsentiert wird, (3) je jünger der Emittent ist, (4) je illiquider der Markt ist, in dem seine Papiere gehandelt werden, (5) und je eher die prognostizierten Tatsa-

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chen verifiziert oder falsifiziert werden können. (6) Für eine frühzeitige Veröffentlichung kann allerdings sprechen, dass bereits Gerüchte über konkrete Prognosen am Markt zirkulieren. bb) De lege lata ließen sich diese Vorgaben für das Haftungsmodell bruchlos dadurch in die Dogmatik des deutschen Kapitalmarktrechts einführen, dass die Anforderungen an die „vernünftige Grundlage“, auf denen Prognosen nach dem grundlegenden BuM-Urteil des BGH beruhen müssen, entsprechend angepasst wurden. Die schon zuvor entwickelten Vorgaben für das Warnungsmodell konnten ebenfalls in das Recht der Prospekthaftung integriert werden. Ein Element des Informationsfilterungsmodells wurde schließlich bei der Diskussion des probability/magnitude-test gefunden, wo – gestützt auf die Einsichten Kahnemans und Tverskys zum Gewichten von Entscheidungsalternativen – eine Mindestwahrscheinlichkeit für das zu veröffentlichte Ereignis gefordert wurde. b) Als zweites Paradigma spekulativer Information wurden Gerüchte analysiert, die am Sekundärmarkt kursieren. Schnell wurde klar, dass Spekulation aufgrund von Gerüchten tendenziell dem Bereich „schlechter“ Spekulation zuzuordnen ist. Diese Erkenntnis rechtfertigte de lege ferenda grundsätzliche eine Pflicht des Emittenten zur Kommentierung von Gerüchten, also eine vorverlagerte Pflicht zur Bekanntgabe von Information über Umstände, die ohne die Gerüchte nicht publikationspflichtig wären. De lege lata konnte eine solche Pflicht aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG hergeleitet werden. Sie unterliegt jedoch zum einen der Schranke des § 15 Abs. 3 WpHG, zum anderen dem aus § 13 Abs. 1 S. 1 u. 2 WpHG („Kurserheblichkeit“) folgenden Erfordernis einer hinreichenden Stärke des Gerüchts. Die Anforderungen hierfür sollten schwächer bei unzutreffenden Gerüchten und stärker bei zutreffenden Gerüchten sein – ein Ergebnis, das zur ökonomischen Bewertung von Spekulation aufgrund von Gerüchten passte. Schwierigkeiten der gerichtlichen Überprüfung ließen Zweifel aufkommen, ob diese Kommentierungspflicht jemals gerichtlich mit Erfolg durchgesetzt werden könnte, nahezu unmöglich erschien dies für die Kommentierung zutreffender Gerüchte. Als Alternativmodell de lege ferenda erstrebenswert erschien daher ein auf Verwaltungsakt und Beurteilungsspielraum aufbauendes Modell, das die erwähnten Durchsetzungsprobleme vermeidet. 4. Nachdem das Kapitalmarktrecht im Zentrum dieser Arbeit stand, wurde zum Schluss ein Blick auf Alternativmodelle zur Filterung von Spekulation geworfen und das Bankrecht in den Mittelpunkt einer kurzen Betrachtung gerückt. De lege ferenda wurden Gründe dafür entwickelt, einen Anlegertest zum festen Bestandteil bankrechtlicher Aufklärungspflichten bei der Depoteröffnung zu machen. Insbesondere bei Discount-Brokern sollte hierauf nicht verzichtet werden.

Anhang 1: Graphische Darstellungen 1. Utilitätskurve nach Prospect Theory1 Utilität

Verlust

Gewinn

2. Entscheidungsgewicht für Gewinne (w +) und Verlust (w –)2 1.0 w+ w–

Ent schei dungsgewicht (w )

0.8

0.6

0.4

0.2

0.0 0.0

1 2

0.2

0.4 0.6 Wahrscheinlichkeit ( p)

0.8

Nach Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263 (1979). Nach Tversky/Fox, 102 Psychol. Rev. 269 (1995).

1.0

Anhang 2: Mathematischer Appendix 1. Fundamentalwert als Grenzwert des mittleren Schätzwertes Es sei V der Fundamentalwert eines Wertpapiers. Es sei Vi ã V þ ei die Schätzung eines i-ten Spekulanten, worin ei die individuelle Abweichung jedes einzelnen Marktteilnehmers vom Fundamentalwert symbolisiert. Die Fehlbewertung kann positiv (Wert wird überschätzt) oder negativ (Wert wird unterschätzt) sein. Da die Bewertungsfehler zufällig verteilt sind, gleichen sie sich mit einer zunehmenden Zahl an Marktteilnehmern gegenseitig aus. Im Grenzfall erhält man È1ê

lim ei ã 0:

n!1

Für den mittleren Schätzwert (Schätzung des Marktes) Vm gilt Pn i ã 1 Vi Vm ã n n 1 X È V þ ei ê ã n iã1 ! n n X 1 X ã Vþ ei n iã1 iã1 ã

n n V X 1X 1þ e n iã1 n iã1 i |ffl{zffl} n

ãVþ

n 1X e: n iã1 i

Bei einer großen Zahl von Marktteilnehmern gilt ! Pn n 1X i ã 1 Vi lim e ã lim V þ n iã1 i n n!1 n!1 n 1X ã V þ lim ei n!1 n iã1 |fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl} 0

ã V:

Anhang 2

265

Man erkennt, dass der Differenzbeitrag zum Fundamentalwert unter der Annahme zufälliger Abweichungen quadratisch gegen 0 konvergiert

lim

n! 1

n 1X e n iã1 i

! ã0

und der mittlere Schätzwert Vm und der Fundamentalwert V im Grenzfall übereinstimmen Pn i ã 1 Vi V ã lim È2ê ã lim Vm : n n!1 n!1

2. Einfluss eines weiteren Traders auf den mittleren Schätzwert Es sei der mittlere Schätzwert Vm aufgrund der Teilnahme von n Tradern am Markt bekannt. Übt ein weiterer Teilnehmer Einfluss auf den Markt aus, so erhält man einen neuen mittleren Schätzwert Vm Pnþ1 Vm ã

i ã 1 Vi : nþ1

Der Èn þ 1ê-te Trader verändert also den Schätzwert um DVm ã Vm  Vm : Unter den in Abschnitt 1. genannten Voraussetzungen gilt dann DVm ã Vm  Vm P nþ1 Pn i ã 1 Vi i ã 1 Vi  ã n þP 1 n Pn   nþ1 e i iã1 i ã 1 ei  Vþ ãVþ n nþ1 P nþ1 Pn i ã 1 ei i ã 1 ei  ã n nþ1 P Pn n en þ 1 e iã1 i i ã 1 ei þ  ã n nþ1 nP þ1 Pn n enþ1 n Èn þ 1ê i ã 1 ei i ã 1 ei þ  ã nþ1 nÈn þ 1ê nÈn þ 1ê Pn   enþ1 i ã 1 ei þ n  Èn þ 1ê ã nþ1 nÈn þ 1ê Pn enþ1 e i iã1  : ã nþ1 nÈn þ 1ê

266

Anhang 2

In jedem Fall gilt für den Grenzübergang Pn  en þ 1 i ã 1 ei  lim DVm ã lim n!1 n!1 nþ1 nÈn þ 1ê Pn en þ 1 i ã 1 ei  lim ã lim n!1 nþ1 n ! 1 nÈn þ 1ê Pn 1 i ã 1 ei ã en þ 1 lim  lim : n!1 nþ1 n ! 1 nÈn þ 1ê |fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} 

0

0

Bei genügend großer Zahl von Marktteilnehmern verschwindet der Einfluss eines zusätzlichen Traders auf dem Markt lim DVm ã 0:

n!1

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Glossar der wichtigsten finanzökonomischen und psychologischen Fachbegriffe1 adverse selection risk

siehe adverse selection spread component

adverse selection spread Teil der Geld-Brief-Spanne, der Dealer für das Risiko component kompensiert, mit einem besser informierten Händler ins Geschäft zu kommen (sog. adverse selection risk) Agent

Synonym für Entscheidungsträger, Handelnder, Akteur, Marktteilnehmer

Ambiguitätsaversion

Abneigung von Menschen gegenüber unklaren oder mehrdeutigen Entscheidungssituationen; siehe auch home bias

ambiguity aversion

Ambiguitätsaversion

anchoring

siehe Ankereffekt

Ankereffekt

Phänomen, wonach numerische Schätzungen überproportional stark von einem salienten, aber normativ irrelevanten Initialwert („Ankerwert“) beeinflusst sind

Arbitrageur

1. Synonym für informierter Händler 2. profitmotivierter informierter Händler, der dadurch Profit erzielen möchte, dass er Preisunterschiede zwischen Instrumenten erkennt, deren Bewertung von denselben Variablen abhängt und die relativ zueinander fehlbewertet sind

ask

siehe offer

asset exchanger

utilitarian trader, der handelt, um Geld gegen andere Vermögensgegenstände einzutauschen, die er aktuell – typischerweise zur Produktion – benötigt

Attributionsfehler

Fehler bei der Ursachenzuschreibung für Handlungen und Ereignisse

auction market

siehe Auktions-Markt

Auktions-Markt

Markt, auf dem Marktteilnehmer nicht mit Dealern, sondern – unvermittelt oder vermittelt durch Broker – miteinander handeln und auf dem Geschäfte durch Vermitt-

1 Das folgende Glossar definiert die angegebenen Begriffe so, wie sie dieser Arbeit zugrunde liegen. Es dient allein dazu, die Lesbarkeit und das Verständnis der vorliegenden Arbeit zu erhöhen, und erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Die hier genannten finanzökonomischen Definitionen gehen zum größten Teil zurück auf Harris, Trading & Exchanges, 2003; für die Durchsicht der psychologischen Fachbegriffe danke ich Ekkehard Stephan.

312

Glossar lung (matching) von Orders nach bestimmten Matchingund Preisfeststellungsregeln (order matching-, order precedence- oder trade pricing rules) zustande kommen

availability heuristic

siehe Verfügbarkeitsheuristik

base-rate neglect

aus der Repräsentativitätsheuristik folgender Effekt, wonach Menschen bei der kognitiven Verarbeitung von Wahrscheinlichkeitsinformation die a priori-Wahrscheinlichkeit von Ereignissen (Basisrate, base-rate), d.h. insbesondere die Grundhäufigkeit aller möglichen Ereignisse, vernachlässigen

Basisrate

siehe base-rate neglect

Bayes’ Gesetz

Regel der Wahrscheinlichkeitsrechnung, deren Kerngedanke besagt, dass ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsberechnungen im Lichte neuer Information immer proportional zum Vorhersagewert dieser Information aktualisiert werden müssen

Bayesianer

idealisierter Entscheidungsträger, der stets Bayes’ Gesetz beachtet

Begrenzte Rationalität

auf Herbert Simon zurückgehendes Verhaltensmodell, nach dem Menschen komplexe Entscheidungen nicht vollständig rational und streng nutzenmaximierend treffen, sondern vereinfachte und abgekürzte Entscheidungsstrategien (insbesondere Urteilsheuristiken) verwenden

belief-perseverance

siehe conservatism

Besitztumseffekt

siehe endowment effect

best bid

höchstes Kaufangebot (Synonym: market bid)

best offer

niedrigstes Verkaufsangebot (Synonym: market offer)

Bestensauftrag

Order, mit der der Händler zu dem besten erreichbaren Preis sofort handeln möchte

biased self-attribution

siehe self-attribution bias

bid

Kaufangebot

bid/ask-spread

siehe Geld-Brief-Spanne

bid/bidding price

Preis eines Kaufangebots

Bluffer

parasitärer Händler, der aus dem Handel anderer Marktteilnehmer Profit schlagen möchte, indem er andere durch Täuschung zum Handel bewegt

borrower

siehe Leiher

Broker

Marktteilnehmer, der Geschäfte zwischen Händlern vermittelt

brokered market

Markt, auf dem Brokern die Rolle zukommt, Liquidität zu finden

Glossar

313

certainty effect

Phänomen, wonach sichere Entscheidungsalternativen den Menschen überproportional stärker beeinflussen als Entscheidungsalternativen aus dem mittleren und niedrigen Wahrscheinlichkeitsbereich

clustering illusion

Urteilsverzerrung, aufgrund derer Menschen in Zufallsprozessen systematische Muster zu erkennen glauben

confirmation bias

Neigung von Menschen, solche Daten, die ihre Erwartungen bestätigen, überproportional (d.h. Bayes’ Gesetz widersprechend) als Beleg für die Richtigkeit ihrer Erwartungen zu interpretieren und den Erwartungen widersprechende Daten unterproportional zu gewichten (Synonym: confirmatory bias)

confirmatory bias

siehe confirmation bias

conservatism (bias)

Neigung von Menschen, bei neu eintreffender Information von bereits bestehenden Annahmen nur zögerlich abzuweichen (Synonym: belief-perseverance)

Dealer

profitmotivierter Händler, der anderen Marktteilnehmern Liquidität verkauft

dealer-market

siehe Dealer-Markt

Dealer-Markt

Markt, auf dem Marktteilnehmer unvermittelt oder vermittelt durch Broker mit Dealern handeln

decision weight

siehe Entscheidungsgewicht

designated sponsor

siehe specialist

disposition effect

siehe Dispositionseffekt

Dispositionseffekt

aus der Prospect Theory ableitbare Tendenz von Anlegern, Wertpapiere bei Gewinnen zu früh, bei Verlusten hingegen zu spät zu verkaufen

endowment effect

aus der Prospect Theory ableitbare Tendenz von Menschen, beim Verkauf eines in ihrem Eigentum befindlichen Gutes einen höheren Preis zu fordern, als sie für den Erwerb desselben Gutes zu zahlen bereit wären

Entscheidungsgewicht

im Rahmen der Prospect Theory postulierte subjektive Gewichtung einer Ereigniswahrscheinlichkeit

fledgling

utilitarian trader, der handelt, um herauszufinden, ob er als professioneller Spekulant oder sonstiger Händler bestehen könnte

framing (effect)

aus der Prospect Theory ableitbares Phänomen, wonach Menschen bei derselben Entscheidung unterschiedliche Präferenzen haben, je nachdem ob die Entscheidungsfolgen als Gewinn oder Verlust beschrieben werden

front runner

Order-Antezipator, der aus dem Handel anderer dadurch Profit schlägt, dass er ihn vorwegnimmt

314

Glossar

gambler

utilitarian trader, der handelt, um den hiermit verbundenen Nervenkitzel zu genießen

Geld-Brief-Spanne

Differenz zwischen dem Preis, zu dem Dealer oder sonstige Liquiditätsanbieter bereit sind zu kaufen und dem Preis, zu dem sie verkaufen würden

Handelsinstrument

siehe Instrument

Hedger

utilitarian trader, der handelt, um sich am Kapitalmarkt gegen bestimmte Risiken zu versichern

Heterogene-Erwartungen- (HE-) Modell der Spekulation

Spekulationsmodell, in dem Spekulanten untereinander allein aufgrund unterschiedlicher Erwartungen handeln, nicht aber weil sie unterschiedliche Risikopräferenzen haben oder über unterschiedliche Information verfügen

hindsight bias

Phänomen, wonach ein eingetretenes Ereignis in der Rückschau (hindsight) wahrscheinlicher erscheint als in der Vorschau (foresight)

home bias

Angewohnheit von Anlegern, bei der Anlage in Wertpapieren zu inländischen Emittenten zu neigen und diese übermäßig (d.h. Markowitz’ Portfoliotheorie widersprechend) stark im Portfolio zu gewichten

house money effect

auf mental accounting aufbauende Angewohnheit von Menschen, mit kürzlich gewonnenem Geld höhere Risiken einzugehen als mit aus anderen Quellen stammendem Geld

information-oriented technical trader

siehe informationsorientierter technischer Händler

InformationsarbitrageModell der Spekulation

Spekulationsmodell, in dem informierte Spekulanten (Arbitrageure) mit rational uninformierten Marktteilnehmern (insbesondere utilitarian traders) handeln

informationsorientierter technischer Händler

Technischer Händler, der davon ausgeht, dass informierte Händler systematisch Fehler machen, und dessen Ziel es ist, diese Fehler durch technische Analyse zu erkennen, hierdurch fundamentalwertbezogene Information zu gewinnen und durch Handel auszubeuten

informierter Händler

Händler, der über (zutreffende) Information über den Fundamentalwert der von ihm gehandelten Instrumente verfügt

Instrument

jeder Gegenstand eines Handels (z. B. Wertpapiere)

Investor

utilitarian trader, der handelt, um über gegenwärtigen Reichtum auch noch in der Zukunft zu verfügen (Gegenteil: Leiher)

Leiher

utilitarian trader, der handelt, um über zukünftigen Reichtum schon in der Gegenwart zu verfügen (Gegenteil: Investor)

Glossar

315

limit order

Order, mit welcher der Händler zu dem besten erreichbaren Preis handeln möchte, sofern dieser nicht schlechter ist als der vom Händler festgesetzte sog. limit price

limit price

siehe limit order

limits of arbitrage

Oberbegriff für die Gesamtheit der Beschränkungen, denen informierter Handel unterliegt und derentwegen es für informierte Händler zu risikoreich sein kann, Wetten gegen uninformierte Händler abzuschließen

loss aversion

siehe Verlustaversion

market bid

siehe best bid

market maker

siehe specialist

market offer

siehe best offer

market order

siehe Bestensauftrag

matching

siehe Auktions-Markt

mental accounting

aus narrow framing folgende Eigenart von Menschen, Gewinne und Verluste finanztechnisch ähnlicher, aber psychologisch unterschiedlicher Entscheidungen in separaten „geistigen Konten“ zu verbuchen und die Gewinn-VerlustRechnung auf jedes Konto separat anzuwenden, anstatt die Konten zu integrieren

myopic loss aversion

aus Verlustaversion und mental accounting folgende Angewohnheit von Anlegern, für die Anlage in Wertpapieren separate geistige Konten zu eröffnen und, anstelle langfristig zu denken, die Kontostände nach einem zu kurzen Zeitabschnitt (bei Aktien ca. ein Jahr) zu evaluieren

narrow framing

Angewohnheit von Menschen, Entscheidungen über Gewinn- und Verlustmöglichkeiten isoliert zu betrachten, nicht aber als Teil einer Abfolge ähnlicher Entscheidungen; siehe auch mental accounting

news trader

informierter Händler, der dadurch Profit erzielen möchte, dass er durch fundamentalwertbezogene Analyse von Neuigkeiten Differenzen zwischen dem gegenwärtigen und des aufgrund dieser Neuigkeit zu erwartenden zukünftigen Preises eines Handelsinstruments ermittelt, der Positionen typischerweise nur kurzfristig hält und so schnell wie möglich handelt

noise trader

siehe uninformierter Händler

offer

Verkaufsangebot (Synonym: ask)

offer/offering/asking price

Preis eines Verkaufsangebots

omission bias

aus regret aversion folgende Neigung von Menschen, die negativen Folgen aktiven Tuns stärker zu gewichten als äquivalente negative Folgen des Unterlassens

316

Glossar

Order

Übertragung eines Kauf- oder Verkaufsangebots an einen Broker oder ein automatisches Trading System

Order-Antezipator

parasitärer Händler, der allein aus dem zukünftigen Handel anderer Marktteilnehmer Profit schlagen möchte, indem er ihn voraussieht; siehe auch front runner, stimmungsorientierter technischer Händler und squeezer

order-anticipator

siehe Order-Antezipator

order-driven market

siehe Auktions-Markt

Order-Markt

siehe Auktions-Markt

order matching rules

siehe Auktions-Markt

order precedence rules

siehe Auktions-Markt

overconfidence

siehe übersteigerte Urteilssicherheit

overoptimism

siehe übermäßiger Optimismus

parasitärer Händler

profitmotivierter Händler, der aus dem Handel anderer Marktteilnehmer Profit schlagen möchte, indem er entweder den zukünftigen Handel anderer voraussieht (OrderAntezipator) oder andere durch Täuschung zu zukünftigem Handel bewegt (Bluffer)

parasitic trader

siehe parasitärer Händler

positive feedback trading

zyklischer Handel, zu dem Spekulanten durch die Spekulation anderer Marktteilnehmer motiviert werden (also kaufen, weil Preise steigen, und verkaufen, weil Preise sinken)

price decoding

siehe technische Händler

profit-motivated trader

siehe profitmotivierter Händler

profitmotivierter Händler

Händler, dessen einziges Motiv zum Handel Gewinnerzielung ist

Prospect Theory

auf Tversky und Kahneman zurückgehendes und heute zentrales Entscheidungsmodell der Behavioral Decision Theory, demzufolge Menschen Entscheidungen unter Risiko und Ungewissheit nicht an finalen Vermögenszuständen orientieren, sondern an Veränderungen gegenüber einem bestimmten Status Quo (typischerweise dem jetzigen Vermögenszustand); siehe auch Verlustaversion, reflection effect

quote

Übermittlung eines eigenen Kauf- oder Verkaufsangebots, insbesondere von Dealern

quote driven market

siehe Dealer-Markt

Rahmungseffekt

siehe framing

reflection effect

aus der Prospect Theory ableitbares Phänomen, wonach Menschen risikoavers sind, wenn es um Entscheidungen über die Realisierung von Gewinnen geht, das Risiko hin-

Glossar

317

gegen suchen, wenn sie hierdurch Verluste vermeiden können regret aversion

aus der Angst vor dem Bereuen folgende Angewohnheit von Menschen, bei Entscheidungen unter Ungewissheit auch zu berücksichtigen, welchen Nutzen alternative Handlungen erwarten lassen, und sich so zu verhalten, dass die Chance des Bereuens minimiert wird

Repräsentativitätsheuristik

Urteilsheuristik, nach der Menschen die subjektive Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses primär danach einschätzen, wie typisch („repräsentativ“) dieses Ereignis für die zugrunde liegende Ereignispopulation oder den zugrunde liegenden kausalen Prozess ist und dabei andere wichtige Information wie Basisrate oder Stichprobengröße außer Acht lassen; siehe auch base-rate neglect, sample size neglect

representativeness heuristic

siehe Repräsentativitätsheuristik

Risiko

Unsicherheit über das Eintreten mehrerer hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit bekannter Umweltzuständen (siehe auch Ungewissheit)

Risikotransfermodell der Spekulation

Spekulationsmodell, in dem risikoneutrale oder risikosuchende Spekulanten mit risikoaversen Hedgern handeln

rumormonger

Bluffer, der andere zum Handel bewegt, indem er Gerüchte streut

salience

das im Wahrnehmungsfeld Hervorstechende

sample size neglect

auf der Repräsentativitätsheuristik beruhende Tendenz von Menschen, bei der Bewertung von Stichprobenereignissen die Größe der Stichprobe zu vernachlässigen oder zu ignorieren

self-attribution bias

Attributionsfehler, der darin besteht, Erfolge tendenziell den eigenen Qualitäten, Misserfolge hingegen dem Zufall zuschreiben (Synonyme: self-serving bias; biased self-attribution)

self-serving bias

siehe self-attribution bias

sentiment-oriented technical trader

siehe stimmungsorientierter technischer Händler

specialist

Dealer, der kraft Marktregulierung grundsätzlich verpflichtet ist, Liquidität zu einem „vernünftigen“ Preis bereit zu stellen, und hierfür im einzelnen unterschiedlich ausgestaltete Privilegien genießt (Synonyme: market maker, designated sponsor)

Spekulant

profitmotivierter Händler, der aus der Vorhersage zukünftiger Preise Gewinn erzielen möchte und Vermögenspositionen kurzfristig einnimmt

318

Glossar

squeezer

Order-Antezipator, der daraus Profit schlagen möchte, dass er den Markt illiquider Wertpapiere monopolisiert, hierdurch andere zum Handel mit ihm zwingt und ihnen dabei die Preise diktiert

standing limit order

limit order, die noch nicht ausgeführt wurde, weil der limit price noch nicht erreicht wurde

status-quo bias

aus der Prospect Theory ableitbare übermäßige Tendenz, am gegenwärtigen Zustand festzuhalten und sich Veränderungen dieses Status quo zu widersetzen

stealth trading

siehe value trader

Steuersparer

utilitarian trader, der handelt, um seine Steuerlast zu minimieren

stimmungsorientierter technischer Händler

parasitärer technischer Händler (und Order-Antezipator), der davon ausgeht, dass uninformierte Händler systematisch Fehler machen, der diese Fehler durch technische Analyse erkennen und durch Handel ausbeuten möchte

sunk cost fallacy

Unfähigkeit von Menschen, bei Entscheidungen vorher entstandene und nicht rückgängig zu machende („versunkene“) Kosten (sog. sunk costs) zu ignorieren

sunk costs

siehe sunk cost fallacy

tax avoider

siehe Steuersparer

technische Analyse

siehe technische Händler

technischer Händler

profitmotivierter Händler, der durch die Beobachtung und Analyse des Marktgeschehens (sog. technische Analyse, auch price decoding, trade decoding) Differenzen zwischen dem gegenwärtigen und zukünftigen Preis der von ihm gehandelten Instrumente ermittelt

trade decoding

siehe technische Händler

trade pricing rules

siehe Auktions-Markt

trend chasing

aus der clustering illusion folgende Angewohnheit von Anlegern, aus zufälligen Kursentwicklungen vermeintliche Trends zu extrapolieren und sich deshalb in positive feedback trading zu engagieren

übermäßiger Optimismus

Tendenz von Menschen, bezüglich der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Zukunft optimistischere Erwartungen zu hegen als bezüglich der Fähigkeiten und der Zukunft vergleichbarer anderer Personen (siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein)

übermäßiges Selbstbewusstsein

Oberbegriff für übersteigerte Urteilssicherheit und übermäßigen Optimismus

übersteigerte Urteilssicherheit

Angewohnheit von Menschen, die eigene Urteilsfähigkeit systematisch zu überschätzen (siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein)

Glossar Ungewissheit

uninformierter Händler

Urteilsheuristik

utilitarian trader

value trader

Verfügbarkeitsheuristik

Verlustaversion

319

Unsicherheit über die Eintrittswahrscheinlichkeiten der möglichen Umweltzustände oder hinsichtlich der möglichen Umweltzustände selbst (auch: Unsicherheit im engen Sinne); siehe auch Risiko Händler, der über keine zutreffende Information über den Fundamentalwert der von ihm gehandelten Instrumente verfügt (Synonym: noise trader) von Menschen verwendete kognitive Regel, die bei Entscheidungen unter Risiko und Ungewissheit umfangreiche Informationssuche und -analyse erspart, Entscheidungen vereinfacht und teilweise erst ermöglicht („Entscheidungsdaumenregel“, „Abkürzung“) Händler, der neben der typischerweise ebenfalls vorliegenden Gewinnerzielungsabsicht zumindest noch ein weiteres Motiv zum Handel hat informierter Händler, der dadurch Profit erzielen will, dass er durch fundamentalwertbezogene Analyse Differenzen zwischen dem Wert des gehandelten Instruments und dessen gegenwärtigem Preis ermittelt, der Positionen auch langfristig einnehmen kann und typischerweise langsam und unmerklich handelt (sog. stealth trading) Urteilsheuristik, nach der Menschen bei Entscheidungen unter Unsicherheit überproportional stark auf solche Information zurückgreifen, die kognitiv besonders leicht und schnell zugänglich ist; siehe auch salience aus der Prospect Theory ableitbares Phänomen, wonach ansonsten risikoaverse Menschen aus Verlustangst bereit sind, Risiken einzugehen, um hierdurch Verluste zu vermeiden; siehe auch reflection effect

Stichwortverzeichnis Abfindung 65 Ad-hoc-Meldung siehe Ad-hoc-Mitteilung Ad-hoc-Mitteilung – Anlegerschutzverbesserungsgesetz siehe dort – Art und Weise der Bekanntgabe siehe Bereichsöffentlichkeit – Bedeutung für Markt und Spekulation 154 ff. – Bekanntgabe von siehe Bereichsöffentlichkeit – Bereichsöffentlichkeit siehe dort – buried facts doctrine siehe dort – Gerüchte siehe dort – handelsrechtliche Regelpublizität 204 f. – Informationsadressat von siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – Maßstab für die inhaltliche Richtigkeit der siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – truth on the market doctrine siehe dort – und handelsrechtliche Regelpublizität 203 ff. – Verständnishorizont siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – zukunftsgerichtete Information 214 f. Adressat siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt adverse selection risk 69, 155 adverse selection spread component 68 ff., 155, 165

Agency-Modell der Spekulation 38 ff. agreement-in-principle-test 220 Aktienoptionen 64, 242 Ambiguitätsaversion 106 ambiguity aversion siehe Ambiguitätsaversion Analysten 229 f. siehe auch Herdenverhalten anchoring siehe Ankereffekt Anekdoten 110, 185, 189 f., 194, 240 Ankereffekt – Begriff 108 – und Bereichsöffentlichkeit siehe dort Anlageberater 38 Anleger, verständiger 210 f., 247 f. Anlegerschutzverbesserungsgesetz – Bereichsöffentlichkeit 159 f., 172 – Gerüchte siehe dort – handelsrechtliche Regelpublizität 204 f. – Informationsadressat der Ad-hocMitteilung 199 – probability/magnitude-test siehe dort – zukunftsgerichtete Information siehe dort Anlegertest 253 f. Anomalien siehe Marktanomalien AnSVG siehe Anlegerschutzverbesserungsgesetz Anti-Antipaternalismus siehe Paternalismus Arbitrageur – Bedeutung für Markteffizienz 52 – Begriff des 51 – Beispiele von Arbitrage-Geschäften 51

Stichwortverzeichnis Asymmetric Paternalism siehe Asymmetrischer Paternalismus Asymmetrischer Paternalismus siehe Paternalismus auction market siehe Auktions-Markt Aufklärungspflichten 20 f., 253 ff. siehe auch Discount-Broker Auktions-Markt 43 Ausleseprozess siehe Darwinismus availability heuristic siehe Verfügbarkeitsheuristik Bachelier, Louis 24, 61 backwards induction 62 Bank – Aufklärungspflichten 253 ff. – Emissionsbegleitung durch 228 Barings Bank 21 base-rate neglect siehe Repräsentativitätsheuristik Basic Inc. v. Levinson 220 Bayes, Thomas siehe Bayes’ Gesetz Bayes’ Gesetz 88 ff., 103 f., 120, 124 siehe auch false positive Begrenzte Rationalität 91 f. Behavioral Decision Theory 80 f. siehe auch Behavioral Economics, Behavioral Law & Economics Behavioral Economics 80 f., 141 ff., 144 f. siehe auch Behavioral Finance Behavioral Finance – 3Com 115 – ambiguity aversion siehe Ambiguitätsaversion – anchoring siehe Ankereffekt – Ankereffekt siehe dort – availability heuristic siehe Verfügbarkeitsheuristik – base-rate neglect siehe Repräsentativitätsheuristik – Begrenzte Rationalität siehe dort – Begriff der 80 f. – belief-perseverance siehe conservatism

321

– Bereichsöffentlichkeit 162 ff. – Besitztumseffekt siehe endowment effect – biased self-attribution siehe self-attribution bias – certainty effect siehe dort – closed end fund puzzle siehe dort – clustering illusion siehe dort – confirmation bias siehe dort – confirmatory bias siehe confirmation bias – conformity effect siehe dort – conjunction fallacy siehe dort – conservatism siehe dort – decision weight siehe Entscheidungsgewicht – disposition effect siehe Dispositionseffekt – Dispositionseffekt siehe dort – endowment effect siehe dort – Entscheidungsgewicht siehe dort – Entwicklungsgeschichte 81 ff. – equity premium puzzle siehe dort – event-study 110 – ex-post-rationalization siehe hindsight bias – framing siehe dort – gambler’s fallacy siehe dort – halo effect siehe dort – Herdenverhalten siehe dort – herding siehe Herdenverhalten – Hervorstechen siehe dort – hindsight bias siehe dort – home bias siehe dort – hot hand siehe dort – house money effect siehe dort – illusion of knowledge siehe dort – Informationskaskaden siehe dort – Januar-Effekt siehe dort – Juristische Implikationen 136 ff., 154 ff. – limits of arbitrage siehe dort – loss aversion siehe Verlustaversion

322

Stichwortverzeichnis

– Marktanomalien 53 f., 82 ff., 90; 102, 110 ff. – mental accounting siehe dort – myopic loss aversion siehe dort – narrow framing siehe dort – omission bias siehe dort – overconfidence siehe übersteigerte Urteilssicherheit, siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein – overoptimism siehe übermäßiger Optimismus, siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein – parallel action siehe Herdenverhalten – parallel trading siehe Herdenverhalten – planning fallacy siehe dort – positive feedback trading siehe dort – procrastination bias siehe dort – Psychologische Grundlagen 91 ff. – Rahmungseffekte siehe framing – reflection effect siehe dort – regret aversion siehe dort – representativeness heuristic siehe Repräsentativitätsheuristik – salience siehe Hervorstechen – sample size neglect siehe Repräsentativitätsheuristik – selective disclosure siehe dort – self-attribution bias siehe dort – self-serving bias siehe self-attribution bias – size effect siehe small firm effect – small firm effect siehe dort – source neglect siehe dort – status-quo bias siehe dort – sunk cost fallacy siehe dort – Systemhaftigkeit von Urteilsverzerrungen 123 ff. – Theorie der kognitiven Dissonanz siehe dort – trend chasing siehe dort – twin-stocks siehe dort – Über- und Unterreaktionen siehe dort

– übermäßiger Optimismus siehe dort – übermäßiges Selbstbewusstsein siehe dort – übersteigerte Urteilssicherheit siehe dort – Urteilsheuristik siehe dort – vierfaches Muster der Risikoeinstellungen 100 – window dressing siehe dort – wishful thinking siehe dort Behavioral Law & Economics 136 ff. – als Grundlage für interdisziplinäre Zusammenarbeit 138 – Bedeutung von Rechtsvergleichung 149 – Darwinismus siehe dort – Diskussion 139 ff. – Entwicklung 137 – Grenzen 148 f. – im Kapitalmarktrecht 147 f. – in Deutschland 139 f. – Intermediäre als Argument gegen 143, 146 – Lernfähigkeit als Argument gegen 143, 145 – Marktauslese als Argument gegen siehe Darwinismus – Ökonomische Argumente 141 ff. – Paternalismus siehe dort – Paternalismus-Konzepte siehe dort – Psychologische Argumente 140 f. – und klassische ökonomische Analyse des Rechts 138 belief-perseverance siehe conservatism Bereichsöffentlichkeit – Ankereffekt 162 f. – Anlegerschutzverbesserungsgesetz siehe dort – Begriff der 158 – de lege ferenda 161 ff. – de lege lata 170 ff. – Diskussion 161 ff. – limits of arbitrage 163 f.

Stichwortverzeichnis – Liquidität 165 f. – Marktmissbrauchsrichtlinie 170 f., 199 – Regulation FD siehe dort – selective disclosure siehe dort – signalling jamming siehe dort – übermäßiges Selbstbewusstsein 162 ff. – Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung siehe dort – Windschattenargument 161 ff. Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs 127 ff., 183 f. Besitztumseffekt siehe endowment effect bespeaks caution doctrine 219 f. bias siehe Urteilsverzerrung biased self-attribution siehe self-attribution bias bid-ask-spread siehe Geld-Brief-Spanne Bluffer 56 boilerplate disclaimers 220 Börsenspekulationsgeschäft (§ 23 BörsG) 23 Börsenzulassungsrichtlinie 157, 171 bounded rationality siehe Begrenzte Rationalität Broker 24 , 39 siehe auch AgencyModell der Spekulation, Churning, Discount-Broker brokered market 44 BuM-Urteil (BGH) 174 ff., 194, 213, 218, 223 buried facts doctrine 206 ff. Casino 66 siehe auch Glücksspiel certainty effect 99 Churning 39 closed end fund puzzle 83 clustering illusion 105 confirmation bias 107, 183, 189, 191, 193, 201, 254

323

confirmatory bias siehe confirmation bias conformity effect 124 conjunction fallacy 103 f. conservatism 107, 114, 183, 184, 189, 191 cornering the market 55 f. Darwinismus 63, 143 Dealer – als uninformierter Händler 47 – auf Auktions-Märkten 43 – Begriff des 23 f., 41 f., 47 – Dealer-Markt siehe dort – Preisfindungsfunktion 42 – two-sided order flow 42 dealer market siehe Dealer-Markt Dealer-Markt 41 f. decision weight siehe Entscheidungsgewicht designated sponsor 42 Deutscher Juristentag 21, 139 f. Differenzeinwand 20, 72 Disclosure – Bedeutung für Markt und Spekulation 154 ff. – Gütesiegel siehe dort – selective disclosure siehe dort Discount-Broker 21, 166, 254 ff. Disintemediation 146 siehe auch Finanzintermediär disposition effect siehe Dispositionseffekt Dispositionseffekt 100 f. Dissonanzfreiheit siehe Theorie der kognitiven Dissonanz ECMH siehe Efficient Capital Market Hypothesis educated guess 63, 78 f. Efficient Capital Market Hypothesis 20, 59 ff., 80 ff., 89, 147, 162 f., 204, 211 f. siehe auch Behavioral Finance, Markteffizienz

324

Stichwortverzeichnis

endowment effect 97 f. Enron 65, 66, 74, 114 f. Entscheidungsgewicht 98 ff. siehe auch probability/magnitude-test Entscheidungstheorie 84 ff. equity premium puzzle 83, 102 Erwartungsnutzen 86 Expected Utility Theory 85 f., 91, 94, 98 f., 101 ex-post-rationalization siehe hindsight bias fairer Wert siehe Fundamentalwert false positive 88 f. Fama, Eugene 28, 61, 81 f. Filtermodell 173, 174 ff., 176 ff. finanzielle Innovation 72 f. Finanzintermediär 143, 145 f., 178 ff., 198, 201, 253 ff. siehe auch Herdenverhalten fledgling siehe Grünschnabel Fondsmanager 38 f., 53, 125, 131, 173 f., 178 ff. siehe auch PortfolioManager forward-looking information siehe zukunftsgerichtete Information framing 95 ff., 100 ff., 181, 192 siehe auch narrow framing Frankfurter Wertpapierbörse 44 Freiheitlicher Paternalismus siehe Paternalismus Friedman, Milton 57 f. front runner 52 Fn. 144, 132 f., 237 f. front running siehe front runner fundamentale Analyse 50 Fundamentalwert 48 f., 59 f., 62 f., 208 f. Fußnoten-Accounting 193 future-oriented information siehe zukunftsgerichtete Information gambler siehe Spieler gamblers fallacy 105

Gebot zur Zurückhaltung siehe Zurückhaltegebot Geld-Brief-Spanne 42, 68 f., 155, 165 Gerüchte siehe auch rumormonger – Anlegerschutzverbesserungsgesetz 244 f., 246 ff. – Begriffliches 237 f. – Diskussion Kommentierungspflicht 242 ff. – Full Disclosure-Modell 241 – Geheimhaltungsinteressen des Emittenten 244, 249 f. – Gerücht als Tatsache 237 f. – Gerücht über Tatsachen 238 – Information über den Tatsachenkern 238 – Kommentierungspflicht 237 ff. – Kommentierungspflicht de lege ferenda 242 ff., 251 f. – Kommentierungspflicht de lege lata 244 f., 246 ff. – Marktmissbrauchsrichtlinie 247 – Modelle für Kommentierungspflicht 240 ff. – No Comment-Modell 240 – noise trader-Risiko siehe dort – Problematik 237 f. – Safe Harbor-Modell 240 – self-attribution bias 242 – source neglect siehe dort – und Insiderhandel 252 – Vereinigte Staaten 245 f. – wohlfahrtsökonomische Implikationen 239 f. Gesamteindruck siehe Lehre vom Gesamteindruck Gesetz der großen Zahlen 62 f., 70 f., Anhang 2 Gigerenzer, Gerd 92 Fn. 349 Gilson, Ronald 21, 61 ff. Glücksspiel 148 Going Public Grundsätze der Deutschen Börse 214, 224, 225 growth stocks 83

Stichwortverzeichnis Grünschnabel 46 Gütesiegel 156, 229 halo effect 115 Handel, antizyklischer und zyklischer 110 ff. siehe auch Händler Handelskosten 74 f. handelsrechtliche Regelpublizität siehe Regelpublizität Handelsstrategien siehe Handel, Händler, Markt-Mikrostruktur Händler – aktiver 47 f. – Arbitrageur siehe dort – Bluffer siehe dort – front runner siehe dort – informationsorientierter technischer siehe dort – informierter siehe dort – Marktmanipulator (market manipulator) 56 – news trader siehe dort – Order-Antezipator siehe dort – parasitärer siehe dort – passiver 47 f. – profitmotivierter 44 f. – rumormonger siehe dort – stimmungsorientierter technischer siehe dort – squeezer siehe dort – utilitarian trader siehe dort – value trader siehe dort HE-Modell siehe Heterogene-Erwartungen-Modell Hedger – Begriff des 25, 45 – im Heterogene-Erwartungen-Modell 34 herding siehe Herdenverhalten Herdenverhalten 124 ff. – Gründe 125 – unter Analysten 126

325

– unter Fonds- und Portfolio-Managern 125 – unter Herausgebern von InvestmentNewslettern 126 Hervorstechen 109 f., 190 f., 194 f., 200 f., 232, 233, 236 Heterogene-Erwartungen-Modell siehe Spekulation Heuristik siehe Urteilsheuristik hindsight bias 117 f., 119, 145 – von Anlegern 119, 145 – von Richtern 228 – zukunftsgerichtete Information siehe dort Hirshleifer, Jack 29 ff., 75 ff. Hobby-news trader siehe news trader home bias 114 f. homo oeconomicus 84 f. siehe auch Rational Choice Theory hot hand 105, 180 house money effect 98, 101 f., 145, 181, 183 IBIS 163 Fn. 44 illusion of control 117 illusion of knowledge 107 f., 183 Information, spekulative siehe spekulative Information information-oriented technical trader siehe informationsorientierter technischer Händler information overload 185 ff., 190 f., 203, 206, 235 Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – Ad-hoc-Mitteilung 199 – Anlegerschutzverbesserungsgesetz 199 – BuM-Urteil 174 ff., 194 – de lege ferenda 178 ff. – de lege lata 198 ff. – Emissionsprospekt 174 f., 198 f. – Erklärung 194 f., 195 ff. – Filtermodell siehe dort

326

Stichwortverzeichnis

– information overload siehe dort – Informationskosten 187 – konkrete Anforderungen 188 ff., 193, 195 ff. – Marktmissbrauchsrichtlinie 199 – Modell der unmittelbaren Anlegerinformation siehe dort – Paritätsprinzip 194 f. – Plain English siehe dort – und Anlageberatung 186 f. – Vereinigte Staaten 176 ff. – Warne oder erkläre siehe dort – Warnung im formellen Sinne siehe dort – Warnung im materiellen Sinne siehe dort – Warnungen siehe dort – Wertpapierprospektgesetz 199 Informationsarbitrage-Modell der Spekulation 26 f. Informationskaskaden 109 f., 124, 156, 180, 190 Informationskosten 75 ff. informationsorientierter technischer Händler 50, 163 f. Informationsüberlastung siehe information overload informierter Händler – Begriff des 46 f. – Erscheinungsformen 48 ff. – Handelsstrategien 48 ff. – informationsorientierter technischer Händler siehe dort – news trader siehe dort – value trader siehe dort Initial Public Offering 83 f., 111 innerer Wert siehe Fundamentalwert Insiderhandel 73, 147, 155, 165, 237, 243, 252 interdisziplinäre Zusammenarbeit 138, 254 Investor 24, 45 IPO siehe Initial Public Offering Irrationalität 92

Jahresabschluss siehe narrative Aufarbeitung Januar-Effekt 53 f. Kahneman, Daniel 80 f., 94 f., 99, 144, 235 f. Kapitalmarkt – -effizienz siehe Markteffizienz – -information siehe Ad-hoc-Mitteilung, Disclosure, Prospektpublizität – -publizität siehe Ad-hoc-Mitteilung, Disclosure, Prospektpublizität – -teilnehmer siehe Marktteilnehmer Keynes, John Maynard 25 ff., 54 Kraakman, Reinier 21, 61 ff. Laidlaw v. Organ 76 least cost information seeker 28 least cost risk bearer 26, 67 Leerverkauf 114 siehe auch Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs Lehre vom Gesamteindruck 194, 206 f., 207, 208, 213 Leiher 45 level playing field 157 ff. siehe auch Bereichsöffentlichkeit Libertarian Paternalism siehe Freiheitlicher Paternalismus limit order siehe Order limits of arbitrage 126 ff. – Agency-Probleme 129 ff. – Arbitrageur und Gläubiger 132 f. – Arbitrageur und Investor 130 f. – Begriff der 126 – Bereichsöffentlichkeit siehe dort – Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs siehe dort – Expertise-Problem 131 f. – final term problem 131 – Fondsmanager und Arbitrageur 131 f. – Fundamentalrisiko 127

Stichwortverzeichnis – – – –

Kommunikationsprobleme 130 f. Kontrollproblem 132 Koordinationsproblem 133 noise trader risk siehe noise traderRisiko – noise trader-Risiko siehe dort – positive feedback trading 126 – separation of brains and capital 130 – synchronization risk 133 – Transaktionskosten 133 f. Linda (Experiment) 103 Liquidität 68 ff – Anreize zur Kontrolle des Managements 71 – Bedeutung von Disclosure für 154 ff. – Begriff der 68 – Bereichsöffentlichkeit siehe dort – Dimensionen der 68 – Transaktionskosten 68 f. – wohlfahrtsökonomische Implikationen 70 ff. loss aversion siehe Verlustaversion Mathematischer Appendix 264 ff. market for corporate control siehe Markt für Unternehmenskontrolle market maker 23 f., 42, 122 f. market order siehe Order Markowitz, Harry 60 Fn. 171, 90 Markt für Anlageberatung 178 ff. Markt für Unternehmenskontrolle 64 Marktanomalien siehe Behavioral Finance Markteffizienz 48 f., 53 ff., 59 ff. – allokative 60, 64 – Bedeutung von Disclosure für 154 ff. – Efficient Capital Market Hypothesis siehe dort – fundamentale 60 – informationelle 60 – institutionelle 60 – Mechanismus der siehe Spekulation

327

– Wirkungsfacetten 60 – wohlfahrtsökonomische Implikationen 64 ff. Markt-Mikrostruktur 40 ff. – Auktions-Markt siehe dort – Begriff der 40 – Dealer siehe dort – Dealer-Markt siehe dort – Effizienz siehe Markteffizienz – Grundbegriffe 41 Fn. 87 – Händler siehe dort – Liquidität siehe dort – Marktstruktur 41 ff. – Marktteilnehmer 44 ff. – Order siehe dort – Volatilität siehe dort Marktmissbrauchsrichtlinie 170 f., 199, 216, 247 – Bereichsöffentlichkeit siehe dort – Gerüchte siehe dort – zukunftsgerichtete Information siehe dort Marktöffnung 72 Marktpublizität siehe Disclosure Marktteilnehmer siehe Markt-Mikrostruktur Massenspekulation 39, 78 ff., 121 ff., 134 materiality 218 f. mean reversion 112, 114, 182 mental accounting 95 ff., 97 ff., 181, 192 siehe auch framing, narrow framing Missallokation 74, 148 Modell der unmittelbaren Anlegerinformation173, 175 f., 176 ff. Morgenstern, Oskar 85 f. Mund-zu-Mund-Propaganda 109 myopic loss aversion 102, 130 narrative Aufarbeitung von Jahresabschlussangaben – Wertpapierprospektgesetz 202

328

Stichwortverzeichnis

– Prospektverordnung 201 f. narrow framing 96 f., 97, 102 NASDAQ 245 f. Neumann, John von 85 f. New York Stock Exchange 111, 113, 245 f. news trader 49 f. – Hobby-news trader 166, 168 f. – Pseudo-news trader 166, 168 f. no trade theorem 90 noise siehe noise trader noise trader – Begriff des 46 f. – Profitmöglichkeiten 134 siehe auch limits of arbitrage – und informierte Händler 63, 79, 126 siehe auch limits of arbitrage noise trader-Risiko, 156 f. siehe auch limits of arbitrage – Begriff des 127 – Disclosure 156, 196, 204 f., 232, 236 – Gerüchte 240 Nullsummenspiel 19, 35, 46, 157 Nutzenerwartungswert siehe Erwartungsnutzen NYSE siehe New York Stock Exchange Offenlegungspflichten siehe Disclosure Öffentlichkeit, breite 158 siehe auch Bereichsöffentlichkeit omission bias 101 optimization under constraints 91 Optionshandel 55, 67 Order 43 order anticipator siehe Order-Antezipator Order-Antezipator 52 ff. order-driven market siehe AuktionsMarkt Order-Markt siehe Auktions-Markt

overconfidence siehe übersteigerte Urteilssicherheit, siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein overoptimism siehe übermäßiger Optimismus, siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein parallel action siehe Herdenverhalten parallel trading siehe Herdenverhalten Parasitärer Händler – Bedeutung für Regulierung 57 – Begriff des 48 – Erscheinungsformen 52 ff. – Handelsstrategien 52 ff. Paternalismus – Anti-Antipaternalismus 149 ff. – Asymmetrischer Paternalismus 151 f. – Bedeutung 152 f. – Bereichsöffentlichkeit 168 f. – freier und gleichberechtigter Zutritt zum Markt 152 f., 169 – Freiheitlicher Paternalismus 150 – Glücksspiel 148 – Paternalismus-Konzepte 149 ff. – starting point 150 – übermäßiges Selbstbewusstsein 123 – und Behavioral Finance 123 – und Behavioral Law & Economics 149 ff., 152 – zukunftsgerichtete Information 226 Paternalismus-Konzepte siehe Paternalismus Pizza-Essen (Experiment) 98 Plain English 177 f. planning fallacy 117 Plus-Minus-Null-Sucht siehe status-quo bias Portfolio-Manager 38 f., 115, 125, 131, 173 f., 178 ff. siehe auch Fondsmanager Portfolio-Theorie 90, 114 positive feedback trading 48, 112 f., 115, 126, 156, 164, 167, 169

Stichwortverzeichnis Preiseffizienz 62 ff., 64 ff. Preisgenauigkeit, 62 ff., 64 ff. Preisstabilität 57 ff. Preisstörung 48, 55, 79, 121 ff., 148, 152, 251 siehe auch noise Private Securities Litigation Reform Act 221 probability/magnitude-test 216, 218, 220, 234 ff., 235 – Anlegerschutzverbesserungsgesetz 235 – Entscheidungsgewicht 234 ff. procrastination bias 255 Profitmotivierter Händler siehe Händler Prognosen siehe zukunftsgerichtete Information Prospektpublizität – Bedeutung für Markt und Spekulation 154 ff. – Informationsadressat siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – Maßstab für inhaltliche Richtigkeit von siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – Verständnishorizont siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt Prospect Theory 94 f., 96, 98, 100, 144 Prospektverordnung 201 f., 208, 212 f., 224, 225, 233 – narrative Aufarbeitung von Jahresabschlussangaben siehe dort – zukunftsgerichtete Information siehe dort ProspektVO siehe Prospektverordnung Pseudo-news trader siehe news trader PSLRA siehe Private Securities Litigation Reform Act Publizitätspflichten siehe Ad-hoc-Mitteilung, Disclosure, Prospektpublizität, Regelpublizität

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Quersubventionierer 45 quote-driven market siehe DealerMarkt Quotrix 44 Rabatt 96 Rahmungseffekte siehe framing random walk 89 Rational Choice Theory 84 f., 89 f., 101 f., 103, 106, 108 – als Kern klassischer Finanzierungstheorie 89 f. – Bayes’ Gesetz siehe dort – der Spekulation 89 f., 101 f., 211 – Expected Utility Theory siehe dort – Rational Expectations Theory siehe dort – Subjective Expected Utility Theory siehe dort – Theoretische Grundlagen 84 ff. – und Jurisprudenz 136 siehe auch Behavioral Law & Economics Rational Expectations Theory 86 ff. Rationalitätsmodelle 91 ff. reflection effect 94 f., 100 Regelpublizität – handelsrechtliche 200, 203 ff. – kapitalmarktrechtliche 205 regret aversion 101 Regulation FD 160 f., 167 f. siehe auch selective disclosure Regulation S-K 201, 219, 224 f. Repräsentativitätsheuristik 103 ff. – base-rate neglect 103 f. – sample size neglect 104 f. – clustering illusion siehe dort – gambler’s fallacy siehe dort representativeness heuristic siehe Repräsentativitätsheuristik Risiko (Begriff) 85 Risikoallokation 25 f., 66 ff., 122 Risikofaktoren im Emissionsprospekt 191, 194 f., 200, 225

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Stichwortverzeichnis

Risikotransfermodell der Spekulation 25 f. rumormonger 56, 240, 243 salience siehe Hervorstechen sample size neglect siehe Repräsentativitätsheuristik Schönheitswettbewerb (Keynes) 54, 210 f. selective disclosure 160 f., 167 f. self-attribution bias 117, 119 ff., 145, 166, 180, 181, 183, 242 Self-deception Theory 117 self-serving bias siehe self-attribution bias sentiment-oriented technical trader siehe stimmungsorientierter technischer Händler separation of brains and capital siehe limits of arbitrage Shiller, Robert 82 f., 124 short sale constraints siehe Beschränkungen der Wertpapierleihe und des Leerverkaufs short sale siehe Leerverkauf signalling jamming 164 Simon, Herbert 91 f. size effect siehe small firm effect small firm effect 82 f. soft information siehe zukunftsgerichtete Information source neglect 120 specialist 23 f., 42 Spekulant 23 f. siehe auch Spekulation Spekulation – Abgrenzung von „guter“ und „schlechter“ 56 f., 77 ff., 121 ff., 134 ff. – Agency-Modell der 38 ff. – als Belohnung 73 – als Informationsarbitrage 26 ff. – als Mechanismus der Markteffizienz 61 ff.

– als Risikotransfer 25 f. – Bedeutung von Disclosure für siehe dort – Begriff der 23 f. – Filterung „guter“ und „schlechter“ mit Hilfe des Rechts 21 f., 154 ff. – Gesamtökonomische Bewertung 26, 28, 35 57 ff. – Heterogene-Erwartungen-Modell der 29 ff. – in der Realität 40 ff. – Kosten der 74 ff. – mikroskopische Analyse 24 ff. – Modelle der 25 ff. – moralische Bewertung der 19 f. – Nutzen der 57 ff. – Rational Choice-Modell der siehe Rational Choice Theory – spekulative Information siehe dort – teleskopische Analyse 57 ff. – und Wohlfahrt 57 ff. spekulative Information – Begriff der 208 f. – Problematik 209 ff. Spieler 45 f. Spielgeschäft (§ 762 BGB) 20 squeezer 55 f. siehe auch cornering the market 55 f. St. Petersburg Dilemma 85 standing limit order siehe Order starting point siehe Paternalismus status-quo bias 97 stealth trading 50, 70, 155 stimmungsorientierter technischer Händler – Auswirkungen auf den Markt 54 f. – Begriff des 53 – Beispiel 53 f. – Bereichsöffentlichkeit 163 f. – und informierte Händler 55 sunk cost fallacy 97 f. Sunstein, Cass 137, 150 f. Steuersparer 45

Stichwortverzeichnis Stout, Lynn 35, 65 Subjective Expected Utility Theory 85 f. Suchkosten 75 ff., 154 f. technische Analyse 50 technischer Händler – informationsorientierter technischer Händler siehe dort – stimmungsorientierter technischer Händler siehe dort Termingeschäft 20, 148 Termingeschäftsfähigkeit 20 Thaler, Richard 84, 102, 150 f. Theorie der kognitiven Dissonanz 106 trend-chasing 105, 112, 125 truth on the market doctrine 204 f. Tulpenhysterie 54 Tversky, Amos 80 f., 94 f., 99, 144, 235 f. twin-stocks 83 Überinvestitionsthese 75 ff. übermäßiger Optimismus 116 ff. siehe auch übersteigerte Urteilssicherheit, übermäßiges Selbstbewusstsein – Bedeutung für Regulierung 121 ff., 254 ff. – Bereichsöffentlichkeit siehe dort – Verständnis von Information 162 f. – von Anlegern 118 f., 184 f. – von Finanzintermediären 179 – von Managern 228, 242 übermäßiges Selbstbewusstsein 116 ff. siehe auch übersteigerte Urteilssicherheit, übermäßiger Optimismus – Anlegertest siehe dort – Bedeutung für Regulierung 121 ff., 145, 254 ff. – Bereichsöffentlichkeit siehe dort – Discount-Broker siehe dort – gender bias 117 – illusion of control siehe dort

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– Implikationen für den Kapitalmarkt 118 ff. – Paternalismus 123 – planning fallacy siehe dort – Risikoallokation 122 – source neglect siehe dort – Über- und Unterreaktionen 120 f. – Verständnis von Information 162 f. – von Anlegern 118 f., 166, 184 f., 253 ff. – von Experten 146 – von Finanzintermediären 179 – Warnhinweise 184 f., 196, 254 ff. Über- und Unterreaktionen 110 ff. Überreaktionen siehe Über- und Unterreaktionen übersteigerte Urteilssicherheit 116 ff., 118 ff., 121 ff., 179, 182 siehe auch übermäßiges Selbstbewusstsein Ungewissheit (Begriff) 85 uninformierter Händler siehe noise trader Unmittelbarkeit (§ 15 WpHG) 246 f. Unterinvestitionsthese 75 Unterreaktionen siehe Über- und Unterreaktionen Urteilsfehler 91 ff. siehe auch Behavioral Finance Urteilsheuristik 91 ff. siehe auch Behavioral Finance – Begriff der 92 – Synonyme 92 – und Irrationalität 92 Urteilsverzerrung 91 ff. siehe auch Behavioral Finance utilitarian trader 45 ff. – Bedeutung für die Märkte 46 – Bedeutung für Regulierung 57, 65 – Disclosure und 155, 184 – Erscheinungsformen des 45 ff. value stocks 83 value trader

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Stichwortverzeichnis

– als Liquiditätsanbieter letzter Zuflucht 49, 164 – Bedeutung für Liquidität 49 – Bedeutung für Markteffizienz 49 – Begriff des 48 f. – und Bereichsöffentlichkeit 163 f., 164 f. Vereinte Nationen (Experiment) 108 Verfügbarkeitsheuristik 108 f. – Anlageberatung 180 f. – Anlegertest 256 – Disclosure 156, 185, 189, 191 f., 194 f., 228 – Gerüchte 240 – halo effect siehe dort – Herdenverhalten 124 – Hervorstechen siehe dort – information overload 186 – interpersonale Kommunikation 124 – Lehre vom Gesamteindruck 207 – Paritätsprinzip 194 f. – Paternalismus 150 – probability/magnitude-test 234 f. – Über- und Unterreaktionen 112 – Verfügbarkeit siehe Hervorstechen – Warnungen 189, 191 f. – zukunftsgerichtete Information siehe dort Verlustaversion 94 f., 100 f., 102, 129, 130, 181, 192 Volatilität 54, 82, 101 f., 113, 121, 157, 164, 167 f., 184, 242 Warne oder erkläre 196 Warnung 189 ff., 193 ff. siehe auch Informationsadressat von Ad-hocMitteilung und Emissionsprospekt, Warnung im formellen Sinne 189 ff. Warnung im materiellen Sinne 193 Wert, fairer, innerer siehe Fundamentalwert Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung 159, 172

Wertpapierleihe siehe Leerverkauf Wertpapierprospektgesetz 23, 197, 199, 202, 212 f. – Informationsadressat des Emissionsprospekts siehe Informationsadressat von Ad-hoc-Mitteilung und Emissionsprospekt – narrative Aufarbeitung siehe dort – zukunftsgerichtete Information siehe dort Wheat-Report 177 Wielgos v. Commonwealth Edison Co. 204 window dressing 53, 125 Windschattenargument siehe Bereichsöffentlichkeit, zukunftsgerichtete Information wishful thinking 116 WpAIV siehe Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung WpPG siehe Wertpapierprospektgesetz XETRA 44, 163 Fn. 44 zukunftsgerichtete Information – agreement-in-principle-test siehe dort – Anlegerschutzverbesserungsgesetz siehe dort – Basic Inc. v. Levinson siehe dort – bespeaks caution doctrine siehe dort – boilerplate disclaimers siehe dort – BuM-Urteil (BGH) 213, 218, 223 – de lege ferenda 222 ff., 227 ff. – de lege lata 233 ff. – Diskussion 222 ff. – Erkläre, warne und vorenthalte 230 ff. – Going Public Grundsätze der Deutschen Börse siehe dort – Haftungsmodell 223 f., 227 ff. – hindsight bias 228 – in Ad-hoc-Mitteilung 214 ff. – in Emissionsprospekt 212 ff.

Stichwortverzeichnis – Informationsfilterungs-Modell 223, 227 – Kanada 221 f. – Kriterien für die gerichtliche Überprüfung von 231 ff. – Marktmissbrauchsrichtlinie 216 f. – materiality siehe dort – Paternalismusdimensionen 226 – Position der SEC 219 – Private Securities Litigation Reform Act siehe dort – probability/magnitude-test siehe dort – Prospektverordnung 208, 212 f., 214, 224, 225, 233

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– Regulation S-K siehe dort – übermäßiger Optimismus 228 – und Gerüchte 232 f. – Vereinigte Staaten 218 ff. – Verfügbarkeitsheuristik 228, 232 – Voraussichten und Vorausschätzungen (221 f.) – Warnungsmodell 225, 230 – Wertpapierprospektgesetz 212 f. – Windschattenargument 182 f., 196 – Zurückhaltegebot siehe dort Zurückhaltegebot 213