195 36 2MB
German Pages 285 [286]
Forschungen zum Alten Testament 2. Reihe Herausgegeben von Bernd Janowski (Tübingen) · Mark S. Smith (New York) Hermann Spieckermann (Göttingen)
49
Tanja Pilger
Erziehung im Leiden Komposition und Theologie der Elihureden in Hiob 32–37
Mohr Siebeck
Tanja Pilger, geboren 1978; Studium der Ev. Theologie und Jüdischen Studien in Münster, Jerusalem und Berlin; 2010 Promotion in Göttingen; seitdem wissenschaftliche Mitarbeiterin mit den Schwerpunkten Altes Testament und christlich-jüdische Studien an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin.
e-ISBN PDF 978-3-16-151147-9 ISBN 978-3-16-150611-6 ISSN 1611-4914 (Forschungen zum Alten Testament, 2. Reihe) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. © 2010 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Nehren auf alterungbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Vorwort Die vorliegende Studie wurde im Dezember 2009 an der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Dissertation angenommen. Das Promotionsverfahren schloss am 3. Februar 2010 mit dem Rigorosum ab. Für die Druckfassung wurde die Untersuchung durchgesehen und geringfügig überarbeitet. Diese Arbeit ist dank des guten akademischen Umfeldes in Göttingen entstanden. Mein erster und herzlicher Dank gilt Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spieckermann. Er hat diese Arbeit zum Hiobbuch angeregt und die thematische Ausrichtung auf die Elihureden unterstützt. In den drei Jahren der Entstehung der Dissertation ist er mir stets ein besonnener, kritischkonstruktiver und verständiger Gesprächs- und Diskussionspartner gewesen. Für die sofortige Erstellung des Erstgutachtens sei ihm besonders gedankt. Des Weiteren danke ich Prof. Dr. Reinhard G. Kratz sehr herzlich für vielfältige konstruktive Anregungen sowie für die Erstellung des Zweitgutachtens. Eingebettet ist die Dissertation in die Arbeit des interdisziplinären, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Graduiertenkollegs „Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder. Polytheismus und Monotheismus in der Welt der Antike“, dem ich von März 2007 bis Februar 2010 als Stipendiatin angehörte. Die Kollegsitzungen erlaubten mir gewonnene Erkenntnisse zu präsentieren. Den Professorinnen und Professoren wie den Kollegiatinnen und Kollegiaten danke ich für vielfältige Anregungen und Hinweise sehr herzlich. Mein Dank gilt gleichermaßen den Mitgliedern im „Doktorandenkolloquium Altes Testament“, die den Fortgang der Arbeit mitverfolgt und einzelne Aspekte eingehend mit mir diskutiert haben. Für konstruktive Rückmeldung, fachlichen Austausch und teils freundschaftlichen Rat danke ich Dipl.-Theol. Björn Corzilius, PD Dr. Anselm C. Hagedorn, Dipl.-Theol. Marcus Held, Dr. Anja Klein, PD Dr. Melanie Köhlmoos, PD Dr. Ingo Kottsieper, Judith Krawelitzki, Dr. Hanne Løland, apl. Prof. Dr. Thilo A. Rudnig und Dr. Alexa Wilke sehr herzlich. Darüber hinaus sei Prof. Dr. Choon-Leong Seow für die Bereitstellung unveröffentlichter Manuskripte sowie für Unterstützung und Betreuung während meines dreimonatigen Forschungsaufenthaltes im Frühjahr 2009 am Princeton Theological Seminary, NJ, gedankt. Für kritische Anmer-
VI
Vorwort
kungen für die Drucklegung der Arbeit danke ich Prof. Dr. Markus Witte sehr herzlich. Den Herausgebern der Reihe Forschungen zum Alten Testament 2. Reihe, Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spieckermann, Prof. Dr. Bernd Janowski und Prof. Dr. Mark S. Smith, danke ich sehr für die Aufnahme meiner Arbeit. Herr Dr. Henning Ziebritzki und Frau Tanja Mix vom Verlag Mohr Siebeck haben durch sehr gute Zusammenarbeit und kompetente Betreuung die Vorbereitung des Drucks unterstützt. Dafür sei ihnen gedankt. Ohne treue Gesprächspartner und gute Freundinnen und Freunde hätte meine Arbeit an den Elihureden nicht gelingen können. Für Freundschaft und Verständnis, fachlichen Rat und Anteilnahme danke ich Esther Kobel und Dominique Mouttet sowie Dr. Dagmar Pruin und Björn Budack mit Anna und Jann von Herzen. Mein herzlicher Dank gilt ebenfalls meiner Familie. Sie lehrte mich erste Weisung und überlegte Auseinandersetzung, die mich geprägt haben. Mit ihrem Zutrauen und ihrer Liebe hat sie meinen Weg unterstützt und begleitet. Meinen Eltern und Großeltern sei diese Arbeit gewidmet.
Berlin, im September 2010
Tanja Pilger
Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................. V Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... X
KAPITEL 1: Einleitung in die Elihureden ........................................ 1 1.1 Der Horizont ..................................................................................... 1 1.2 Die Fragen ......................................................................................... 4 1.2.1 Die Elihureden als ursprünglicher Bestandteil der Hiobkomposition ...................................................................... 6 1.2.2 Die Elihureden als Interpolation ............................................. 10 1.2.3 Die Textumstellung der Elihureden ........................................ 16 1.2.4 Das literarische Wachstum ..................................................... 17 1.2.5 Schlussfolgerungen und Aufgaben ......................................... 20 1.3 Methodik und Gliederung ................................................................ 24 1.4 Entstehungszeitraum und -ort .......................................................... 27
KAPITEL 2: Analyse der Elihureden .............................................. 36 2.1 Einführung ...................................................................................... 2.2 Die narrative Einleitung und die Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33 ................................................................................. 2.2.1 Einleitung ............................................................................... 2.2.2 Übersetzung ........................................................................... 2.2.3 Interpretation der narrativen Einleitung in Hiob 32,1–5 .......... 2.2.4 Rückblick auf die Textentstehung der narrativen Einleitung ... 2.2.5 Interpretation der Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32,6–33,33 2.2.5.1 Elihus Selbsteinführung in Hiob 32,6–22 .................... 2.2.5.2 Rückblick auf die Textentstehung der Selbsteinführung Elihus ........................................ 2.2.5.3 Elihus Erwiderung an Hiob in Hiob 33,1–33 ............... 2.2.5.4 Rückblick auf die Textentstehung der Erwiderung Elihus an Hiob ............................................................
36 36 36 37 45 49 52 52 56 57 66
VIII
Inhaltsverzeichnis
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34 ...................................................... 68 2.3.1 Einleitung ............................................................................... 68 2.3.2 Übersetzung ........................................................................... 68 2.3.3 Interpretation .......................................................................... 74 2.3.4 Rückblick auf die Textentstehung ........................................... 87 2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35 ....................................................... 89 2.4.1 Einleitung ............................................................................... 89 2.4.2 Übersetzung ........................................................................... 90 2.4.3 Interpretation .......................................................................... 92 2.4.4 Rückblick auf die Textentstehung ......................................... 100 2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37 ........................................... 102 2.5.1 Einleitung ............................................................................. 102 2.5.2 Übersetzung ......................................................................... 102 2.5.3 Interpretation ........................................................................ 116 2.5.4 Rückblick auf die Textentstehung ......................................... 129 2.6 Zusammenfassung ......................................................................... 131
KAPITEL 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile ..................................................................... 138 3.1 Die Grundschicht der Elihurede: Erziehung im Leiden .................. 3.1.1 Komposition ......................................................................... 3.1.2 Theologie ............................................................................. 3.1.2.1 Schöpfer und Geschöpf ............................................. 3.1.2.2 Gottes Erziehung in Träumen und Visionen .............. 3.1.2.3 Gottes Erziehung und die gnädige Zuwendung des Engels ................................................................ 3.1.2.4 Schöpfer und Schöpfung ........................................... 3.1.3 Autorenkreis ......................................................................... 3.2 Die erste Fortschreibung der Elihurede: Gottes Erziehung und Elihus Antwort .............................................................................. 3.2.1 Komposition ......................................................................... 3.2.2 Theologie ............................................................................. 3.2.3 Autorenkreis ......................................................................... 3.3 Die zweite Fortschreibung der Elihurede: Hiob – ein Gerechter? ... 3.3.1 Komposition ......................................................................... 3.3.2 Theologie ............................................................................. 3.3.2.1 Gerechtigkeit versus Sündhaftigkeit ......................... 3.3.2.1.1 Hiobs Unschuld .................................................. 3.3.2.1.2 Die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott ........... 3.3.2.1.3 Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht .............
138 138 141 141 143 147 163 167 168 168 169 176 176 176 180 180 186 192 195
Inhaltsverzeichnis
3.3.2.1.4 Die Frevler und Hiob .......................................... 3.3.2.1.5 Zusammenfassung .............................................. 3.3.2.2 Gott als Schöpfer ...................................................... 3.3.3 Autorenkreis ......................................................................... 3.4 Die dritte Fortschreibung der Elihureden: Transzendenz und Gottesfurcht .................................................................................. 3.4.1 Komposition ......................................................................... 3.4.2 Theologie ............................................................................. 3.4.3 Autorenkreis ......................................................................... 3.5 Weitere Zusätze und Glossen ........................................................ 3.6 Zusammenfassung .........................................................................
IX 199 202 203 206 206 206 211 224 224 225
KAPITEL 4: Theologie der Elihureden ......................................... 231 4.1 Erziehung im Leiden ..................................................................... 231 4.2 Schöpfer, Geschöpf und Schöpfung ............................................... 236 4.3 Gottes Gerechtigkeit und Gottesfurcht ........................................... 240
Anhang: Textentstehung der Elihureden .............................................. Literaturverzeichnis ............................................................................ Stellenregister ..................................................................................... Namensregister ................................................................................... Stichwortregister .................................................................................
244 251 265 270 272
Abkürzungsverzeichnis Der Studie und dem Literaturverzeichnis liegt folgendes Abkürzungsverzeichnis zugrunde: Theologische Realenzyklopädie. Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, IATG, zusammengestellt von Schwertner, S.M., Berlin/ New York 2 1994. Darüber hinausgehende oder von IATG abweichende Abkürzungen sind nach der folgenden Auflistung verwendet: AK ATD.A ATM CBR CRBS DCH DDD GK FAT II HThKAT KTU NICOT PK RGG4
SBL.SCSt VWGTh
WBC
Afformativkonjugation Das Alte Testament Deutsch Apokryphen, hg.v. Kaiser, O./ Perlitt, L., Göttingen 1, 2000ff. Altes Testament und Moderne, Münster 1, 1988ff. Currents in Biblical Research, 1/1, 2002ff. Currents in Research, Biblical Studies, Sheffield 1, 1993ff. The Dictionary of Classical Hebrew, hg.v. Clines, D.J.A., Sheffield 1, 1993ff. Dictionary of Deities and Demons in the Bible, hg.v. Toorn, K./ Becking, B./ van der Horst, P.W., Leiden 1995. Wilhelm Gesenius’ Hebräische Grammatik. Völlig umgearbeitet von E. Kautzsch, Hildesheim 281962 (Leipzig 11910). Forschungen zum Alten Testament, 2. Reihe, Tübingen 1, 2003. Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, hg.v. Zenger, E., Freiburg i.Br. 1, 1999ff. Die keilalphabetischen Texte aus Ugarit The New International Commentary on the Old Testament, hg.v. Harrison, R.K., Grand Rapids, MI, 1976ff. Präformativkonjugation Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, vierte, völlig neu bearb. Aufl., hg.v. Betz, H.D./ Browning, D.S./ Janowski, B./ Jüngel, E., 8 Bde. und Register, Tübingen 1998–2007. Society of Biblical Literature, Septuagint and Cognate Studies 1, 1972ff. Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, hg.v. der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, Gütersloh 7, 1994ff. Word Biblical Commentary, Dallas, TX 1, 1987ff.
Die Kurztitel in den Anmerkungen nehmen das erste Substantiv des Titels auf. Abweichungen betreffen die Kommentare zum Hiobbuch, die mit der jeweiligen Reihe abgekürzt werden. Weitere Änderungen sind im Literaturverzeichnis jeweils in eckigen Klammern genannt. Werden von einer Autorin/ einem Autor mehrere Titel aufgeführt, sind sie in alphabetischer Reihenfolge des ersten Substantivs des Titels verzeichnet.
KAPITEL 1
Einleitung in die Elihureden 1.1 Der Horizont 1.1 Der Horizont
Gnädig wendet sich ein Engel dem leidenden Menschen zu. Dieser hat sich zuvor als unschuldig erachtet und ist von Gott durch Leiden erzogen worden. Der Engel bewirkt vor Gott die Befreiung des Menschen zu neuem Leben. Das Gnadenhandeln des Engels und Gottes Erziehung ermöglichen dem Menschen Gottesbegegnung und zielen auf Gottes Befreiung des leidenden Menschen. Gnade, Erziehung und Befreiung bilden zentrale Aspekte der Antwort Elihus an Hiob in Hi 32–37. Die Elihureden präsentieren eine theologisch hoch reflektierte Position und wollen Gottesbegegnung im Leiden als weisheitliche Erkenntnis in der Krise vermitteln. Darin liegt ein Perspektivwechsel, der eine grundsätzliche Reflexion des Gottesbildes impliziert. Diese neue Sicht wird im Horizont des Hiobbuches eröffnet. Das Hiobbuch führt im Prolog (Hi 1,1–2,13) in das Geschick Hiobs ein, das sich mit den Kontingenzerfahrungen im Leben des integeren, aufrichtigen und gottesfürchtigen Mannes Hiob beschäftigt. 1 Hiob verliert trotz seiner Gottesfurcht und seines aufrichtigen Lebens seine zehn Kinder, seinen Besitz und seine Gesundheit. Der Leser weiß aus den Himmelsszenen im Prolog (Hi 1,6–12; 2,1–10), dass Gott mit dem Satan paktiert und daher für Hiobs Leiden verantwortlich ist.2 Hiob hält jedoch trotz der erlittenen Verluste an seiner Gottesfurcht fest. Während die Rahmenhandlung Hiob als geduldigen und demütigen Protagonisten einführt, der sich seinem Gott fügt, entwirft die Dialogdichtung (Hi 3,1–31,40; 38,1–42,6) ein anderes Bild. Dort behauptet Hiob beharrlich seine Unschuld und seine moralische Integrität. Er fordert Gott zu einem Rechtsstreit heraus, da er sein körperliches Leiden als ungerechtfertigt erfährt. Hiob klagt Gott an und erlebt Gott als einen willkürlichen Herr1
Die Studie verwendet zur Abgrenzung einzelner Textkorpora im Hiobbuch bestimmte Termini, zu denen der Prolog, der Hi 1,1–2,13 umfasst, und der Epilog in Hi 42,7–17 zählen. Beide zusammen bilden die Rahmenhandlung des Hiobbuches, in die die Dialogdichtung in Hi 3,1–31,40; 38,1–42,6 integriert ist; vgl. KÖHLMOOS, Auge, 48. Die Elihureden werden als Monologdichtung verstanden; vgl. W AHL, Schöpfer, 148. 2 Vgl. VON RAD, Weisheit, 267–288.
2
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
scher. Hiob erfährt Gott als Feind, der sich ohne Grund im Leiden Hiobs austobt.3 Hiobs Glaube an einen gnädigen und befreienden Gott ist erschüttert, ja Gott selbst ist aufs Äußerste problematisch und für Hiob ungerecht geworden.4 Gerechtigkeit gerät zum Streitobjekt zwischen Hiob und Gott.5 Zudem scheint eine Form weisheitlicher Erkenntnis in einer Krise zu stecken. Am Ende segnet und restituiert Gott Hiob. Er erhält seinen Besitz in doppelter Menge zurück und ihm werden Kinder in derselben Zahl geboren.6 Hiob stirbt schließlich lebenssatt und alt. Die Hiobkomposition behandelt ein theologisches Problem, das im Prolog in den Himmelsszenen angelegt ist und in der Dichtung entfaltet wird.7 In den Himmelsszenen erscheint der Satan als Mitglied des Hofstaates vor JHWH. Er bezweifelt die Echtheit von Hiobs Gottesfurcht, die von seinen materiellen Gütern, seinen Kindern und seiner Gesundheit abhängt. Gott paktiert mit dem Satan und sistiert den Zusammenhang von Tun und Ergehen im Leben Hiobs. Gott ist für Hiobs Leiden verantwortlich und gibt die von ihm geschaffene Wohlordnung der Welt und der Gottesbeziehung des Menschen preis. 8 Hiobs Klagen bestreiten deshalb Gottes Recht und Gerechtigkeit. Auch wenn Gott durch Hiobs Restitution im Epilog als gerecht erscheint,9 bleiben Gottes Gerechtigkeit und Macht, seine Erhabenheit als Schöpfer und seine Wirkmächtigkeit im Leiden angesichts des Geschicks Hiobs verdunkelt. Die Elihureden thematisieren das fraglich gewordene Gottesbild. Sie reflektieren Gottes Erhabenheit als Schöpfer über Welt und Mensch, die 3
Vgl. SPIECKERMANN, Satanisierung, 444; DERS., Art. Hiob, 1777. Vgl. VON RAD, Weisheit, 286; CLINES, Book, 1–20. PERLITT, Gott, 142, spricht auch von der ‚Gnadenlosigkeit‘ Gottes, da die Hiobkomposition den Gott Israels, der als gnädig und barmherzig geglaubt worden ist, preis gegeben hat. 5 Vgl. SPIECKERMANN, Satanisierung, 437. 6 Siehe VON RAD, Weisheit, 288–292. 7 „Der Dialog führt nur in neuer Form und inhaltlichen Variationen explizit aus, was als theologische Problemkonstellation bereits implizit in der Novelle [s.c. Hi 1,1–2,10; 42,12–17] angelegt ist“, SPIECKERMANN, Satanisierung, 434. 8 Der Verlust von Kindern und Besitz in der ersten Himmelsszene (1,6–12) sowie der Verlust der körperlichen Integrität in der zweiten Himmelsszene (2,1–10), der zur sozialen Ausgrenzung Hiobs führt, ist auf das von Gott gewährte Handeln des Satans zurückzuführen. In den Himmelsszenen paktiert Gott mit dem Satan und arbeitet mit ihm Hand in Hand. Die Satanisierung Gottes, sein willkürliches Handeln am gläubigen Hiob und Gottes Preisgabe des Menschen entgegen geglaubter Gotteskenntnis, bilden die Problematik des Hiobbuches, vgl. SPIECKERMANN, Satanisierung, 435f. Indem der Satan in Zweifel zieht, dass Gott Hiobs Wohlergehen aufgrund der Frömmigkeit Hiobs gewährt, wird Hiobs Leiden durch den Pakt zwischen Gott und Satan zu einem ‚Testfall‘ für die Frage nach Frömmigkeit, Leid und Schuld, vgl. KÖHLMOOS, Auge, 92–100, insbesondere 99. Die theologische Ökonomie zwischen Hiobs Frömmigkeit und seinem Besitz und Wohlergehen steht zur Diskussion; vgl. aaO., 101–103. 9 Vgl. SCHMID, Schriftdiskussion, 261. 4
1.1 Der Horizont
3
Frage nach Gottes Gerechtigkeit angesichts der Behauptung menschlicher Gerechtigkeit vor Gott sowie Gottes Erziehung und Befreiung im Leiden. Sie sind in vier Monologe gegliedert und wollen ein weiterer Versuch sein, auf Hiobs Geschick eine Antwort zu geben. In der Hiobkomposition bilden sie eine eigenständige Texteinheit, die wie das Hiobbuch in den Bereich der alttestamentlichen Weisheitsliteratur gehört. Sie sind in Hi 32,1–6a als Prosa und in Hi 32,6a–37,24 als Poesie verfasst. Elihu führt sich als junger und durch den Geist Gottes inspirierter Redner ein. Seine Reden unterbrechen den Zusammenhang von Hiobs Schlussrede in Hi 29–31, die Gottes Reaktion fordert, und Gottes Erwiderung an Hiob im Sturmwind in Hi 38f. Elihu konzentriert sich auf das Gottesbild unter dem Aspekt der Erziehung im Leiden und der Befreiung. Gott erzieht den leidenden Menschen durch Träume, Visionen, Krankheit und Elend (Hi 33,15–30; 36,5–15). Er befreit ihn zu neuem Leben, indem sich ein Engel dem Leidenden gnädig zuwendet. Der Engel vermittelt als Fürsprecher zwischen Gott und Mensch und führt die körperliche Restitution und die Wiederherstellung des guten Verhältnisses zwischen Gott und Mensch herbei. Wendet sich der Mensch von seinen schlechten Taten ab, befreit Gott ihn aus seinem Elend. Im Leiden ist Gottesbegegnung möglich, die auf das Ende des Leidens und den Beginn neuen Lebens zielt. Elihu fragt nicht nach der Ursache des Leidens, sondern nach der Befreiung vom Leiden. In den Elihureden wird eine Form der Weisheit in der Krise sichtbar, die sich zutraut, der in der Hiobproblematik kulminierenden Krise mit neuer Einsicht entgegen zu treten. 10 Mit der Betonung göttlicher Erziehung im Leiden und der Befreiung vollziehen Elihus Monologe in der Hiobkomposition einen Perspektivwechsel im Gottesbild. Diese veränderte Perspektive ermöglicht Elihu, den Menschen als geistbegabtes Geschöpf anzuerkennen und Gott als den Schöpfer des einzelnen Menschen zu qualifizieren (32,8.18.22; 33,4; 34,14f.; 35,10; 36,3). Als Schöpfer übt Gott seine Macht über die meteorologischen Phänomene (36,27–37,13), die Welt und den Menschen aus (34,13; 35,9–15; 36,22–26). Die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf manifestiert sich ebenso in Gottes Erhabenheit, Transzendenz und Gerechtigkeit 10 SPIECKERMANN, Art. Hiob, 1778, sieht im Hiobbuch die Krise der Weisheit dokumentiert und durch weisheitliche Theologie in Prov 1–9; Sir 49,9; Weish 12,11–18 überwunden. Innerhalb des Hiobbuches liegt bereits in den Elihureden eine Form weisheitlicher Erkenntnis in der Krise vor. Wird angenommen, dass die ältere Weisheit Israels von einer optimistischen Welt- und Lebensansicht geprägt gewesen sei, wie sie sich in Prov 10–31 findet, dann meldet sich mit der Frage, warum einem guten Menschen Leid widerfährt, die Krise der Weisheit zu Wort, vgl. PREUSS, Einführung, 69f. Jedoch hat auch die ältere Weisheit von Krisen und Konflikten gewusst, vgl. SPIECKERMANN, Gleichnis, 99–115. Zur Krise der Weisheit siehe VON RAD, Weisheit; LANGE, Art. Weisheitsliteratur, 1366–1369; K ÖHLMOOS, Art. Weisheit/ Weisheitsliteratur II., 490–493.
4
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
(33,23–30; 34,10–33; 35,1–16). Gott wird als gerechter und erhabener Herrscher beschrieben, der in seiner Souveränität dem Menschen entzogen, unverfügbar und transzendent überlegen bleibt.
1.2 Die Fragen 1.2 Die Fragen
Die Elihureden geben aufgrund von sprachlicher Gestalt, theologischem Gehalt und Stellung in der Hiobkomposition Anlass zu zwei Fragen. Wie ist Elihu als Redner in der Hiobkomposition zu beurteilen? Gehören die Elihureden nicht zum ursprünglichen Textbestand des Hiobbuches?11 Die erste Frage wird in der Forschung kontrovers beurteilt. Die Stellungnahmen umfassen die hohe Wertschätzung Elihus und seiner Reden als unverzichtbaren Teil der Hiobkomposition. Kein anderer Redner habe eine Lösung angesichts des Leidens Hiobs zu formulieren vermocht.12 Andere 11 Zur Forschungsgeschichte des Hiobbuches allgemein vgl. KUHL, Hiobbuche, 261– 316; DERS., Literarkritik, 163–205; DERS. Literarkritik (Fortsetzung), 257–317; MÜLLER, Hiobproblem; NEWSOM, Considering Job, 87–118; VAN OORSCHOT, Tendenzen, 351– 388; NEWSOM, Re-considering Job, 155–182; CLINES, WBC 17, xxix–cxv; CLINES, WBC 18A, mit Bibliographien zu den jeweiligen Kapiteln. Zum Hiobbuch im Kontext des Alten Orients vgl. jüngst UEHLINGER, Hiob-Buch, 97–163. Zur Rezeptionsgeschichte des Hiobbuches vgl. die jeweiligen Abschnitte über die ‚History of Consequences‘ bei SEOW, Job, (unveröffentlichtes Manuskript). Zur Forschungsgeschichte der Elihureden siehe N ICHOLS, Composition, 97–103; MENDE, Leiden, 3–13; W AHL, Schöpfer, 1–32; DERS., Evangelium, 356–358; VAN OORSCHOT, Tendenzen, 362–368; VERMEYLEN, Créateur, 744–748; NEWSOM, Re-considering Job, 166–168. 12 SAADIAH BEN J OSEPH AL-F AYYM (882–942) schätzt Elihu wegen seiner Ausführungen über Gott. In den Elihureden und insbesondere in Hi 36f. manifestiere sich Gottes Macht und Erhabenheit im Regen. Für Saadiah ist Elihu ein wie Gott geachteter Redner, dessen Reden Gott im Epilog nicht verurteilt. Vgl. GOODMAN, 58f.; 348–381; 410–413. Ein positives Urteil über Elihu ist ebenfalls in ABRAHAM IBN ESRAS Hiobkommentar von 1140 zu finden, da Elihu die Verborgenheit Gottes für den Menschen herausstellt. Wie das Wunder des Regens als Gottes Geheimnis zu verstehen sei, so bleiben Hiob auch die Rechte Gottes mit dem Menschen verborgen. Die positive Wertschätzung Elihus wird durch Gottes Erhabenheit und Gerechtigkeit, die Züchtigung im Leiden, das persönliche Leiden als Mittel, um böse Taten zu verhindern oder um Glückseligkeit im künftigen Leben zuzusichern, unterstützt. Der gesamte Kommentar ist auf frühere jüdische Kommentatoren gestützt; vgl. GALLINER, Hiobkommentar, 8f.; 52f.; 11–49. Die Predigten Calvins zu Hi 32,1–3; 33,8–13; 33,14–17; 33,23–26; 33,29–33; 34,10–15; 37,14–20 deuten auf ein wohlmeinendes Urteil über Elihu, den er als göttlichen, geistbegabten Redner, der die Wahrheit des Wortes Gottes aufrecht erhält, erachtet. Die Elihureden wertet Calvin als Beleg für Gottes Verborgenheit und die Unerforschlichkeit göttlicher Vorsehung; vgl. CALVIN, Predigten, 335–379; SCHREINER, Wisdom, 131–135. Eine wohlwollende Meinung über Elihu belegen Anfang des 18.Jh. Johann Conrad Dippel, vgl. WAHL, Schöpfer, 6, und MICHAELIS, Übersetzung, 136–161, der in Elihu Hiobs Nachbarn, der Gott Hoch-
1.2 Die Fragen
5
wiederum verurteilen Elihu. Er steuere keinen neuen Gedanken zum Gespräch bei; vielmehr seien seine Monologe ein retardierendes Moment zwischen Hiobs Schlussrede und den Gottesreden.13
achtung und Liebe entgegen bringt, erkennt. STUHLMANN, Hiob, 20–23, schätzt Elihu aufgrund seiner Gewandheit und Konsequenz, nach Weisheit und Güte Gottes aus Naturerfahrungen und im Menschenleben zu suchen. Nicht Gottes Ungerechtigkeit, sondern seine Weisheit und Güte bilden den Gegenstand der Elihureden, vgl. aaO., 41f. EWALD, Buch, 297, beurteilt Elihu als einen späteren Redner, der ein wahrer Vorredner und Dolmetscher Gottes mit höchster menschlicher Weisheit sei. B OELICKE, Elihu-Reden, 23–29, sieht Elihu als jungen Redner an und schätzt seine zur ursprünglichen Dichtung gehörenden Reden, da er Gottes Allmacht und Gerechtigkeit mit seiner Liebe und Weisheit verbinde. Gott schicke aus Liebe dem Menschen sein Leid, dass die Sünden zu Tage treten. STRAHAN, Job, 25, bewertet Elihu trotz seines schlechten Sprachstils als einen „firstclass theologian“. VOLZ, Weisheit, 89, und FOHRER, KAT, 447, charakterisieren Elihu als einen zurückhaltenden, bescheidenen und selbstbewussten Redner. MAAG, Hiob, 215, erachtet Elihu als den rechten Tröster für Hiob. MENDE, Leiden, 424–427, nennt die göttliche Geistbegabung und die biblische Schriftgelehrsamkeit als Charakteristika des weisen Redners Elihu. W AHL, Schöpfer, 52f., versteht Elihu als Vermittler der göttlichen Weisheit, der dem Zweifelnden „den Glauben an den gütig waltenden Schöpfergott“ eröffnet (53). Die Übersetzung seines Namens zeige bereits sein theologisches Programm an „Er ist mein Gott, der Sohn des Gottes, der gesegnet hat, der Busiter aus dem Geschlecht Erhaben“; vgl. aaO., 42. SEOW, Elihu, 10–31, bindet die Reden Elihus inhaltlich in die Gesamtkomposition ein. Da Gott im Epilog Elihus Ausführungen nicht verurteilt, sieht Seow in den Elihureden die richtige und rechte Antwort zur Hiobproblematik vorliegen und der Redner Elihu findet seine höchste Anerkennung, vgl. aaO., 10f.; 30f. Mit diesem Urteil stützt er sich auf jüdische Kommentare aus dem Mittelalter, wie Saadiah, Japhet ben Ali, Maimonides, Abraham ibn Ezra, Nahmanides, Gersonides, Joseph Kara, Joseph ibn Kaspi, vgl. SEOW, Elihu, 1f. (unveröffentlicht). 13 Die erste verurteilende Einschätzung belegt das Testament Hiobs im 1.Jh. n.Chr. Elihu stößt, vom Satan veranlasst, wütende Worte aus, er wird als der Sündhafte bezeichnet, der kein Gedächtnis unter den Lebenden hat, und ist ein Sohn der Finsternis; vgl. SCHALLER, Testament, 363–365; zu den Textstellen auch W AHL, Elihu, 1–17. Auch in der rabbinischen Literatur aus tannaitischer und amoräischer Zeit wird Elihu keine wohlmeinende Beachtung gezollt; vgl. M ACK, Job, 107–110; 231–135. In der Alten Kirche wird Elihu durch Gregor den Großen als stolz und arrogant erachtet, auch wenn er ihm theologisch ein Verständnis der Hiobthematik zubilligt; vgl. Gregor der Große, Praefatio IX, Bd. 143, 22ff.; W AHL, Schöpfer, 4. Luther tut Elihu als einen unnützen Redner ab, vgl. LUTHER, Tischrede 142, WA. Tr 1,68; vgl. W AHL, Evangelium, 356f. HERDER, Geist, 98–100; 140f., erachtet Elihu als einen jungen, weitläufigen Redner, der anmaßend und kühn ist. DUHM, KHC, xi; 152f., kritisiert Elihu als weitschweifigen Redner von kindlicher Eitelkeit, der mit hohem Selbstgefühl die Ausführungen der Freunde Hiobs wiederholt und viele Nebensächlichkeiten in seinen leeren Reden hinzufügt. CHENEY, Dust, 166, und MÜLLNER, Diachronie, 448, verstehen Elihu als einen jugendlichen, geschwätzigen Besserwisser, der zwar viel redet, aber nichts Neues gegenüber den Freunden Hiobs als Antwort hinzufügt. VIVIERS, Elihu, 137–152, bewertet Elihu als einen ‚garrulous rhetor , der auf den ersten Blick logisch und rational argumentiert, jedoch in
6
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Die zweite Frage nach der Ursprünglichkeit der Elihureden ist vom 18.Jh. an diskutiert worden. Wiederum gehen die Meinungen auseinander, ob der Redner Elihu mit seinen vier Monologen in Hi 32–37 zum ursprünglichen Textbestand der Hiobkomposition gehört oder späterer Fortschreibung seine Existenz verdankt.14 Mit dieser Diskussion geht die Frage nach dem Autor der Elihureden einher. Es lassen sich verschiedene Standpunkte zur Frage nach der Ursprünglichkeit der Monologe Elihus erkennen, die im Folgenden in vier Gruppen systematisiert werden: Die Elihureden gehören nach der ersten Gruppe zum ursprünglichen Textbestand der Hiobkomposition (Kap. 1.2.1). Andere vertreten die Ansicht, dass die Kapitel 32–37 nachträglich in die Hiobkomposition eingeschrieben worden sind (Kap. 1.2.2). Wenige nehmen an, dass die Elihureden ursprünglich an anderer Stelle in der Hiobkomposition verortet gewesen sind und erst später ihren Platz zwischen Hi 31 und Hi 38 gefunden haben (Kap. 1.2.3). Die Annahme der Interpolation der Elihureden wird in der vierten Gruppe um die These ergänzt, dass Hi 32–37 in mehreren Bearbeitungen ihre jetzige Gestalt erreicht haben (Kap. 1.2.4). Im Folgenden sollen die Positionen der vier Gruppen vorgestellt, sodann beurteilt und schließlich daraufhin befragt werden, welche Aufgaben sich für die vorliegende Studie ergeben (Kap. 1.2.5). 1.2.1. Die Elihureden als ursprünglicher Bestandteil der Hiobkomposition Die These, dass die Elihureden zum ursprünglichen Textbestand des Hiobbuches gehören, ist bis ins 18. und 19.Jh. mehrheitlich vertreten worden und prägt die Arbeiten von HODGES 1751 und STICKER 1842.15 BUDDE hat 1876 den Nachweis versucht, dass die Reden Elihus mit dem Sprachgebrauch des Hiobbuches übereinstimmen, die Eigentümlichkeiten der Elihureden das Maß sprachlicher Freiheit nicht übersteigen und gleichwohl die Elihureden einen charakteristischen Eigenbeitrag im Hiobbuch leisten. Aufgrund seiner Analysen gelangt er zu der Überzeugung, dass die Elihureden zum ursprünglichen Bestand des Hiobbuches gehören. 16 BOELICKE Gänze fehlliegt, vgl. aaO., 137; 151. Die Elihureden werden als ein retardierendes Moment in der Hiobkomposition aufgefasst von K AISER/ MATHYS, Buch, 81–85. 14 Wenige Arbeiten lassen die Frage nach der Echtheit der Elihureden unberücksichtigt, so etwa HERTZBERG, Buch, 9f.; 128f. und die Arbeiten, die ein sprachwissenschaftliches oder themenspezifisches Interesse verfolgen, vgl. Kap. 1.2.1. 15 Siehe HODGES, Elihu; STICKER, Buch, 262f. 16 Vgl. B UDDE, Beiträge, 63–160. Budde analysiert den spezifischen Sprachgebrauch der Elihureden, die poetischen Formen der Partikel, die dichterischen Suffixformen und die defektive und plene Schreibweise vieler Worte. Aufgrund der Übereinstimmungen zum Hiobbuch gelangt B UDDE, Beiträge, 123, zu dem Ergebnis, dass „die Möglichkeit der Abfassung durch denselben Autor“ nicht auszuschließen sei. Auch die Abweichungen
1.2 Die Fragen
7
hat in seiner Monographie 1879 die Auffassung vertreten, dass die Elihureden in einem engen Zusammenhang mit den vorangehenden Redegängen und den nachfolgenden Gottesreden stehen. Sie seien daher aus theologischen und hermeneutischen Gründen nur als integraler Teil des ganzen Hiobbuches zu verstehen.17 CORNILL tritt 1913 für die Sicht ein, dass die Lösung des im Hiobbuch gestellten Problems allein in Inhalt und Weisheit der Elihureden besteht, die im Leiden die höchste Betätigung der göttlichen Liebe im Diesseits erkennen. Daher spricht er sich für die Ursprünglichkeit der Elihureden in der Hiobkomposition aus.18 In der englischsprachigen Forschung zeichnet sich seit der letzten Hälfte des 20.Jh. die These ab, dass die Elihureden zum ursprünglichen Textbestand der Hiobkomposition gehören. Diese Auffassung geht einher mit einer neuen Einschätzung der Inhalte der Elihureden und des Redners Elihu. Ihnen wird eine positive und wohlwollende Beurteilung entgegen gebracht. In der Hiobkomposition nehmen die Elihureden daher einen wichtigen Stellenwert ein. In seinen 1975 und 1985 erschienenen Kommentaren hat HABEL die These vertreten, dass die Elihureden aufgrund ihres Stils, der Handlung und des thematischen Fortgangs im Hiobbuch ein intergraler Bestandteil der Gliederung des Buches seien.19 Elihus Auftreten als Vermittler sei die Folge der Forderung Hiobs nach einem Schiedsrichter zwischen ihm selbst und Gott in Hi 31,35. Elihu stelle daher einen Rechtsvermittler dar. 20 Mit den Elihureden liege eine rechtgläubige, abschließende Stellungnahme des Gesprächs auf Erden vor, bevor Gott als himmlischer Gesprächspartner auf der Bühne erscheine.21 Auf dieser Einsicht aufbauend bemüht sich MAGDALENE 2007 in ihrer Monographie, die Elihureden im juristischen Sinn zu verstehen. Elihu trete als von Gott bestellter zweiter Ankläger auf, der Hiob anklage, verurteile und Gott verteidige. Der Vergleich der Elihureden mit neubabylonischen Rechtsprozessen zeige, dass ein zweiter Ankläger erst dann spreche, wenn der Angeklagte mit seinen Ausführungen zum Ende gekommen sei. Dem zweiten Ankläger obliege die abschließende Widerlegung des Rechtsfalls. Die Elihureden seien daher als konstitutive, kritische Komponente im Rechtsprozess Hiobs in den Elihureden gegenüber der Hiobdichtung führen nicht zu der Annahme, dass die Elihureden später ergänzt seien, vgl. aaO., 124–146. 17 Vgl. B OELICKE, Elihu-Reden, insbesondere 23–36f. 18 Vgl. CORNILL, Einleitung, 247–249. 19 Siehe HABEL, Book; DERS., OTL; DERS., Role, 81–98. 20 Zur Vorstellung von Elihu als ‚legal mediator and arbitrary , vgl. HABEL, OTL, 449–454; 462–467; 469f.; 476–480; 502–505. DERS., Role, 82–85; 94, gelangt zu dem Ergebnis, dass die Antwort Elihus forensisch und dramatisch sei. „Elihu presents the case of the earthly arbiter, the ‚answer‘ of orthodoxy from a trial context.“ AaO., 94; vgl. auch CHENEY, Dust, 164; ZUCKERMAN, Job, 150. 21 Vgl. HABEL, OTL, 35–37.
8
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
zu verstehen.22 Den Thesen Habels schließen sich in der englischsprachigen Forschung weitgehend WILSON, WEINBERG, ALTHANN, WATERS, und LYNCH an.23 SEOW argumentiert in seinem unpublizierten Beitrag (2009) mittels einer detailierten philologischen und linguistischen Analyse und aufgrund des literarischen Kontextes der Elihureden innerhalb der Hiobkomposition, dass die Monologe in Hi 32–37 ein integraler Bestandteil des Hiobbuches seien. Die Elihureden reagieren seiner Auffassung zufolge auf die Frage nach dem Ort der Weisheit aus Hi 28, indem in Hi 32–37 Weisheit gefunden werden kann. Sie erwidern zugleich Hiobs Forderung in der Schlussrede in Hi 29–31, in der er nach einem Schiedsrichter zwischen ihm und Gott verlangt. Elihu trete selbst als Vermittler und Schiedsrichter vor Hiob auf.24 Werden die Elihureden als ursprünglicher und wesentlicher Bestandteil der Hiobkomposition erachtet, ist mit diesem exegetischen Urteil häufig 22
Vgl. MAGDALENE, Scales, 225–246. Sie nimmt auch an, dass die Rechtsthemen der Hiobdichtung in den Elihureden abschließend verbunden und zu einer Einheit gebracht werden. Aus diesem Grund müssten die Elihureden zum ursprünglichen Hiobbuch gehören, auch wenn es wahrscheinlicher ist, dass sie eine Ergänzung zu einem älteren Textbestand in neubabylonischer oder persischer Zeit darstellen. „Although it is conceivable, from a literary perspective, that the Elihu speeches are a Neo-Babylonian or Persianperiod addition to an earlier text, from a legal perspective they are much more likely to be original to the text.“ AaO., 246. Vgl. zur Rechtsthematik in den Elihureden auch HOFFMAN, Perfection, 289–293. 23 W ILSON, Role, 81–94, erachtet in seinem Aufsatz von 1996 die Elihureden als integralen Teil des Hiobbuches, da Elihu Leiden als Erziehungs- oder Disziplinierungsmaßnahme versteht, Hiobs Aussagen zitiert und beurteilt und Hiob auf die Gottesreden vorbereitet. WEINBERG, Elihu, 149–166, geht 1998 davon aus, dass Elihu das Hiobbuch verfasst habe, da nur über ihn eine detaillierte Personenangabe mit regionaler Herkunft und familiärer Abstammung genannt sei. Die Schlüsselbegriffe der Elihureden bilden seiner Meinung nach den Hintergrund für die Ausführungen der anderen Teile der Hiobkomposition, so dass der Autor der Hiobkomposition mit dem Autor der Elihureden zu identifizieren sei. ALTHANN, Elihu‘s contribution, 9–12, begründet 1999 mit der Vierzahl der Elihureden, die mit der Anzahl der Gottesreden in Hi 38f.; 40,1–2; 40,6–41, 26; 42,7f. korrespondiert, als formalem Kriterium die Echtheit von Hi 32–37 in der Hiobkomposition. Die Vierzahl entspreche ebenfalls den Redeabschnitten in Hi 3; 4–17; 18– 26; 27. Die Elihureden beinhalten einen Reflexionsprozess, um Hiob auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten und Gottes Erscheinen zu ermöglichen. W ATERS nimmt in seinen Studien 1999 aus strukturellen, theologischen, stilistischen und linguistischen Argumenten an, dass die Elihureden einen genuinen Bestandteil des Hiobbuches darstellen, vgl. W ATERS, Authenticity, 28–41; DERS., Theology, 143–159. LYNCH, Bursting, 345–364, bietet, auf HABEL gestützt, in seinem Beitrag von 2006 eine rhetorische Analyse der Elihureden. 24 Vgl. SEOW, Elihu, 18–31; DERS., Job, 43–54 (unveröffentlichte Manuskripte). SEOW setzt sich in seinen Analysen intensiv mit den Argumenten des 1921 erschienen Hiobkommentars von DRIVER und GRAY auseinander. Vgl. dazu Kap. 1.2.2.
1.2 Die Fragen
9
die theologische Einschätzung verbunden, dass sie für das Gesamtverständnis des Buches unverzichtbar seien.25 Andere Arbeiten sind von einem sprachwissenschaftlichen oder themenspezifischen Interesse geleitet und behandeln deshalb die Ursprünglichkeit der Elihureden nicht. JOHNS ist in seiner Dissertation 1983 lediglich an der literarischen und theologischen Funktion der Elihureden interessiert. Elihu werde als Prophet und Weisheitslehrer vorgestellt, der die Beziehung zwischen Gott und Mensch korrigiert und die Gottesrede vorbereitet. Zudem liege das Augenmerk der Elihureden auf disziplinierendem Leiden.26 MCCABE legt den Schwerpunkt seiner Dissertation von 1985 auf die theologische Bedeutung der Elihureden, die er in Gottes Gerechtigkeit, dem Leiden als disziplinarischer Maßnahme, Elihu als jungem Weisheitslehrer und als Evangelisten in Hi 36,1–21, der Hiob eine Wahl zwischen Leben und Tod bietet, erachtet.27 DIEWERT konzentriert sich in seiner Dissertation von 1991 auf eine Auslegung der Elihureden gemäß der Methode des ‚Rhetorical Criticism‘. Er berücksichtigt Sprache, Stil und Gliederung der Elihureden und ordnet die Reden in die literarische Gesamtkomposition des Hiobbuches ein.28 KLINGER vergleicht in seiner Dissertation 2007 das Hiobbuch mit der griechischen Tragödie und gelangt zu dem Ergebnis, dass die Elihureden im dramaturgischen Verlauf des Hiobbuches einen ursprünglichen Bestandteil bilden.29 Unter form- und kultgeschichtlichem Aspekt findet allein die erste Elihurede aufgrund bestimmter Inhalte in Hi 33,15–30 Beachtung. SEYBOLD sieht in Hi 33,15–30 eine mit dem Restitutionsverfahren verbundene Krankenbußpraxis vorliegen, deren Resultat in kultischer und sozialer Rehabilitation besteht, während GERSTENBERGER die in Hi 33,15–30 geschilderte Befreiung als Bittzeremonie im rituellen Verfahren einer Krankenheilung deutet.30 OEMING analysiert die Funktion des Engels in Hi 33,23–30. Der Engel findet einen Gnadenschatz im Himmel in Form des Lösegeldes und 25
Vgl. HABEL, OTL, 21–73; SEOW, Elihu. Vgl. JOHNS, Elihu, insbesondere 193–197. 27 Vgl. MCCABE, Significance, insbesondere 225–250. 28 Zur Methodik vgl. D IEWERT, Composition, 24–25. Eine Untersuchung der Wortspiele in Hi 32–37 führt CURTIS, Word Play, 23–30, im Jahr 1992 durch. VAN DER LUGT, Criticism, bietet 1995 eine rhetorische Analyse der strophischen Struktur jedes poetischen Textes im Hiobbuch. Dieser Gliederung zufolge erachtet VAN DER LUGT die Elihureden als sekundäre Ergänzung, vgl. aaO., 410–455. VIVIERS, Elihu, 137–153, nimmt 1997 eine literarische und rhetorische Analyse der Elihureden vor. Darüber hinaus verfolgt W ATERS, Theology, 143–159, in seinem Beitrag von 1999 ein rein theologisches Interesse, so auch MCCABE, Significance; W AHL, Beitrag, 250–255; DERS. Evangelium, 358–361. 29 Vgl. KLINGER, Leiden, 264–286. 30 Siehe GERSTENBERGER, Mensch, 138f.; SEYBOLD, Gebet, 46; 60f.; 91f.; 175. 26
10
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
veranlasst das gnädige Eingreifen Gottes zum Heil des Menschen. 31 J ANOWSKI bezieht das vom Engel gefundene Lösegeld in Hi 33,24 in die alttestamentliche Lösegeldvorstellung ein. Da die Gabe des Lösegeldes aus dem Tod rette, geschehe durch sie ‚Existenzstellvertretung‘.32 ROHDE sieht in Hi 33,23–28 die „Wiederherstellung des unschuldig Leidenden in der Audienz vor Gott“ vorliegen, die mit königlich-höfischen Wendungen in einer kultischen Szene beschrieben sei.33 1.2.2 Die Elihureden als Interpolation Bereits die jüdische Auslegung im 14. Jh. hat die Elihureden als nachträgliche Ergänzung im Hiobbuch angesehen.34 Unabhängig voneinander haben EICHHORN und VELTHUSEN im Jahre 1787 die These aufgestellt, es handele sich bei den Elihureden um einen späteren Nachtrag im Hiobbuch. 35 Die Mehrzahl der deutschsprachigen Forscher ist diesem Standpunkt gefolgt.36 Im englischsprachigen Raum ist insbesondere seit der ersten Hälfte des 20.Jh. die These vertreten worden, die Elihureden seien zu einem späteren Zeitpunkt in das Hiobbuch eingefügt worden.37 In manchen Fällen ist die
31
Vgl. OEMING, Lösegeld, 89–101. Vgl. J ANOWSKI, Sühne, 149f.; DERS. Auslösung, 5–39. Zum Begriff ‚Existenzstellvertretung‘ vgl. die Erörterung in Kap. 3.1.2.3. 33 ROHDE, Knecht, 225. 34 So W ITTE, Leiden, 36. DERS., Elihureden, 21–25, verweist auf LEVI GERSON (1288–1370), der als erster jüdischer Kommentator die Elihureden möglicherweise als eine spätere Ergänzung im Hiobbuch erachtet. 35 W AHL, Elihureden, 58–61, vertritt die These, dass EICHHORN 1787, und auf sein Urteil gestützt, STUHLMANN 1804, die Elihureden als literarisches Zuwachs im Hiobbuch betrachtet haben. W ITTE, Elihureden, 21–25, zeigt hingegen auf, dass Ende des 18.Jh. und zu Beginn des 19.Jh. weitere Exegeten zu dem Urteil gelangt sind, dass die Elihureden eine Interpolation im Hiobbuch sind: VELTHUSEN, Sermon; EICHHORN, Einleitung, xiii; STUHLMANN, Hiob, 20–44; 189–214; DE WETTE, Beytrag, 285. 36 EWALD, Hiob, 297–299; DELITZSCH, BC, 449f.; 493; B UDDE, HK, 197f.; DUHM, KHC, XI; HÖLSCHER, HAT, 5; 83; FOHRER, KAT, 49f.; WEISER, ATD, 215f.; W ESTERMANN, Aufbau, 133f.; ALBERTZ, Weltschöpfung, 146–149; DE W ILDE , Buch, 2–5; MAAG, Hiob, 204–215; PREUSS, Einführung, 82f.; W AHL, Schöpfer, 101; REMUS, Menschenbildvorstellungen, 63–67; K ÖHLMOOS, Auge, 71–73; KAISER, Buch; STRAUSS, BK, 266f.; 325. 37 W ATSON, Book, 377; DAVIDSON, Book, xii; xl–lii; DRIVER/ GRAY, ICC; P OPE, AncB, xxvii–xxviii; ZUCKERMAN, Job, 146; TREVES, Book, (1995) 261–272; WHYBRAY, Job, 22f.; ZERAFA, Wisdom, 46–53; DELL, Book, 195–198; ANDERSEN, Job, 50; ALONSO SCHÖKEL, Reading, 48; NEWSOM, Book, 18f.; 200–233; VRIEZEN/ VAN DER WOUDE, Literature, 436; PERDUE, Wisdom, 128–130. Siehe auch DHORME, EtB, lxxvii–lxxxvi; LÉVÊQUE, Job, 537–575; VERMEYLEN, Job, 23f.; 73f. 32
1.2 Die Fragen
11
Annahme der sekundären Ergänzung der Elihureden mit einer Geringschätzung Elihus und seiner Inhalte verbunden.38 Die Argumente, die die Annahme der sekundären Ergänzung der Elihureden unterstützen, lassen sich in textexterne und textinterne unterscheiden.39 Zu den textexternen Argumenten zählt die Beobachtung, dass Elihu außerhalb seiner Reden keine namentliche Erwähnung in der Hiobkomposition findet. Hiobs Dialogpartner werden mit Ausnahme von Elihu im Prolog eingeführt. Der Epilog nimmt nicht auf Elihu, wohl aber auf Hiobs Freunde Bezug.40 Hätten die Elihureden einen Bestandteil der Hiobkomposition gebildet, wäre Gottes Beurteilung der Reden Elihus im Epilog zu erwarten gewesen. Die Gottesreden in Hi 38,1–41,26, die auf die Elihureden folgen, adressieren zwar eine einzelne Person, sie beziehen sich aber nicht auf den Vorredner Elihu. Gott antwortet Hiob, ohne auf Elihus Reden zu reagieren. Die Elihureden unterbrechen daher den Kommunikationszusammenhang zwischen Hiob in Hi 29–31 und Gott in Hi 38f. Im Unterschied zu Hiobs Freunden zitiert Elihu Äußerungen Hiobs und adressiert ihn namentlich. Die genealogische Information in Hi 32,2.6 unterscheidet Elihu von den Akteuren der Hiobkomposition, zudem ist die Selbsteinführung Elihus in Hi 32 in Stil und Ton von den Einleitungen der anderen Personen verschieden. Gegenüber den Redegängen der Dialogdichtung in Hi 3–31 fällt auf, dass vier einzelne Reden aufeinander folgen, ohne dass eine Erwiderung an Elihu durch einen weiteren Gesprächspartner folgt. Neben den textexternen Argumenten sind textinterne Gründe geltend gemacht worden, die Elihureden als Interpolation zu betrachten. Inhaltliche, philologische und linguistische Argumente haben DRIVER und GRAY 1921 veranlasst, die Reden in Hi 32–37 als sekundäre Ergänzung zu beurteilen. Die Elihureden fallen durch die 19 Belege der Gottesbezeichnung
„Gott“ auf und bevorzugen ! anstelle von ! als Personalpronomen der 1.Sg.c.41 Des Weiteren zeichnen sich die Elihureden nach DRIVER und GRAY durch einen auffällig häufigen Gebrauch von Aramaismen aus, die
38
Vgl. T SEVAT, Meaning, 1–37; insbesondere 11. Er lässt die Reden des Elihu völlig unberücksichtigt. 39 Zu den textexternen Begründungen für die Annahme der sekundären Ergänzung der Elihureden vgl. D HORME, EtB, xcviii–cv; FOHRER, KAT, 49f.; LÉVÊQUE, Job, 537–575; VERMEYLEN, Job, 23f.; DELL, Job, 198. 40 Vgl. POPE, AncB, xxviii; VAN OORSCHOT, Entstehung, 180. 41 Demgegenüber sind " „Gott“ und #$ „Šadday“ jeweils sechsmal belegt. Vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, xlii, sowie zu den Personalpronomina vgl. aaO., xliii–xliv. Siehe auch DHORME, EtB, lxxxi. Darüber hinaus fehlen Elihu bestimmte, in der Literatur des Alten Testaments selten, jedoch im Hiobbuch häufig belegte Partikel und Pronominalsuffixe; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, xliv–xlv.
12
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
in der Mehrzahl in der Dialogdichtung nicht belegt sind.42 Sprache und Stil der Elihureden führen DRIVER und GRAY daher zu der Annahme, dass die Elihureden eine sekundäre Ergänzung darstellen.43 Daneben ist von SNAITH und GORDIS die These vertreten worden, es gäbe eine ältere Textfassung des Hiobbuches ohne die Elihureden. Jedoch sei die Ergänzung der Elihureden in Hi 32–37 auf denselben Autor, der das Hiobbuch verfasst hat, zu einem späteren Zeitpunkt in seinem Leben zurückzuführen.44 Die textexternen Gründe lassen eine sekundäre Ergänzung der Elihureden plausibel erscheinen. Die bereits genannten und von DRIVER und GRAY vorgebrachten textinternen Argumente hat SEOW bezüglich der Aramaismen überzeugend widerlegt, so dass sie die These der Interpolation der Elihureden nicht mehr begründen. 45 Die vorliegende Studie zeigt zusätzliche textinterne Gründe auf, um weiterhin an der Annahme der sekundären Ergänzung der Elihureden festzuhalten. Diese bestehen aus spezifischen theologischen Begriffen, die allein in den Elihureden zu finden sind, komplexen inhaltlichen Aussagen und dem wiederholten Anredewechsel in den Monologen Elihus.46 Werden die Elihureden als Interpolation erachtet, ist die Position vertreten worden, Elihu als Leser des Hiobbuches anzusehen. ANDERSEN beobachtet 1976, dass Elihu mit seinen Zitaten und Anspielungen aus der Dialogdichtung in Hi 3–31 früheres Material des Hiobbuches wie der Leser eines Buches und nicht wie der Zuhörer einer Debatte zitiert. Daher seien die Elihureden als spätere Ergänzung anzusehen.47 ALONSO SCHÖKEL liest das Hiobbuch 1977 als ein dramatisches literarisches Werk und findet in 42
Zu den Aramaismen in den Elihureden gehören nach DRIVER/ GRAY, ICC, xlvi– xlvii, im Einzelnen % pi. „lehren“ in 33,33; 35,11; " „verkünden“ in 32,6.10.17; 36,2;
„Wort“ in 32,11.14f.18; 33,1.8.32; 34,2f.16; 35,4.16; 36,2.4;
„verkünden“ in 33,3; &$ „erhaben“ in 36,26; 37,23; % „sauber“ in 33,9; „Geduld haben“ in 36,2; #' „Tat“ in 34,25; '' „zerschlagen“ in 34,24. DHORME, EtB, lxxxii, ergänzt die Liste um „in Fülle geben“ in 36,31; " „fallen“ in 37,6; " ( „Wundertat“ in 37,16 und „hell, glänzend“ in 37,21. Zu den philologischen Argumenten vgl. auch STAPLES, Speeches, 5–24. 43 Vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, xl–xlviii. Siehe auch SNAITH, Book, 75–84, der den Gebrauch der Präpositionen in den Elihureden, der Gottesbezeichnungen, des Personalpronomens in der 1.P.Sg.c., die Aramaismen und bestimmte, seltene Worte geltend macht, Differenzen im Stil der Elihureden gegenüber der Dichtung geltend zu machen und für eine sekundäre Ergänzung der Elihureden zu plädieren. 44 Vgl. SNAITH, Book, 74–85; GORDIS, MorS II, 546–553; DERS., Elihu, 60–78. 45 SEOW, Elihu, 5–8, prüft sämtliche, als Aramaismus bezeichnete Worte und gelangt zu dem Ergebnis, dass es sich lediglich bei % „sauber“, '' „zerschlagen“ und &$ „erhaben“ um Worte aramäischen Ursprungs handelt und die drei Begriffe % „Hand“, „Geduld haben“ und #' „Tat“ möglicherweise Aramaismen seien. 46 Siehe dazu Kap. 1.3. 47 Vgl. ANDERSEN, Job, 52.
1.2 Die Fragen
13
den Elihureden die Meinung eines Lesers als Charakter des Publikums der Hiobkomposition wieder.48 In den Elihureden, so argumentiert NEWSOM in ihrem Hiobkommentar 2003, meldet sich ein ‚dissatisfied reader‘ der Hiobkomposition zu Wort. Hier sei auch die erste re-lecture des Hiobbuches zu finden.49 Ihrer Interpretation des Hiobbuches legt sie die Theorie M. Bakhtins zugrunde und nimmt an, dass mit den einzelnen Akteuren in der Hiobkomposition verschiedene Stimmen und Perspektiven zu den Themen des Hiobbuches zu Wort kommen.50 Das Hiobbuch stelle daher einen polyphonen Text dar. 51 Seine Intention bestehe in einem Bildungsroman für die Lesenden zur Ausbildung eines eigenständigen moralischen Urteils. Einen Modellleser sieht MÜLLNER (2004) in den Elihureden am Werk. Dieser antworte in der Haltung eines jungen und zornigen Redners. Dem Leser Elihu liege die Dialogdichtung zwischen Hiob und seinen Freunden als abgeschlossener Kommunikationsvorgang vor, den die Autoren der Elihureden in vier Monologen fortschreiben und kommentieren.52 Zu dem Urteil der Nachträglichkeit der Elihureden gelangen auch WAHL, WITTE, KÖHLMOOS, KAISER, SYRING und VAN OORSCHOT, die eine diachrone Analyse des Hiobbuches vornehmen. 53 WAHL nimmt in seiner 48
Vgl. ALONSO SCHÖKEL, Reading, 48. Vgl. NEWSOM, Book, 200–233. Sie geht davon aus, dass nicht der Inhalt der Elihureden, sondern die Tatsache, dass sie von dem ersten Leser des Hiobbuches zeugen, die Monologe in Hi 32–37 interessant macht; vgl. aaO., 233. 50 Zu Bakhtin vgl. NEWSOM, Book, 10f.; 21–31, sowie im Einzelnen BAKHTIN, Imagination; DERS., Speech Genres; DERS., Art and Answerability. Bakhtin unterscheidet zwischen einer monologischen und dialogischen Wahrheit eines Textes und stellt die These auf, dass Dialoge wesentlich polyphon ausgerichtet sind, indem ihnen gemäß der Anzahl der Dialogpartner verschiedene Perspektiven zugrunde liegen. 51 NEWSOM, Book, 24, nimmt daher an: „the author is not setting up the confrontation in such a way that one voice triumphs, for no one voice can speak the whole truth. Rather, the truth about piety, human suffering, the nature of God, and the moral order of the cosmos can be adequately addressed only by a plurality of unmerged consciousnesses engaging one another in open-ended dialogue.“ 52 Vgl. MÜLLNER, Diachronie, 447–469. Der Begriff „Modellleser“ lässt eine kommunikationstheoretische Sichtweise vermuten, die jedoch fehlt. Von der Nachträglichkeit der Elihureden auszugehen bedeute nach MÜLLNER, Diachronie, 466f., jedoch keine Entfernung Elihus von der Leidenssituation Hiobs. Vielmehr sei Elihu mit den Zitierungen und Anreden Hiobs an Hiobs Leiden eng verbunden. Die Elihureden führen ihrer Meinung nach an „die Grenze von Textentstehung und Kommentierung“; aaO., 467. 53 Unter Berücksichtigung einer textgenetischen Gesamtkomposition des Hiobbuches bereits MAAG, Hiob, 204–215. Die diachrone Betrachtung steht in der Tradition der Redaktionsgeschichte, die aus den Engführungen der alten Literarkritik herausgeführt hat. Vgl. VAN OORSCHOT, Entstehung, 165; 170; SCHMID, Authors, 145–153. Zur Redaktionskritik und Redaktionsgeschichte als exegetischer Methode vgl. KRATZ, Exegese, 126–156; DERS., Art. Redaktionsgeschichte/ Redaktionskritik I, 367–378. Zur innerbiblischen Schriftauslegung allgemein vgl. F ISHBANE, Interpretation, 281–283; DERS., Deve49
14
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Dissertation von 1993 an, die Elihureden seien das Werk eines späteren Dichters und stellen selbst eine literarisch einheitliche, weisheitliche Abhandlung im Hiobbuch dar.54 Die homogene Komposition der Elihureden leiste mit der Beschreibung von Gott als gerechtem Schöpfer einen eigenen theologischen Beitrag in der vorliegenden Hiobkomposition. 55 WITTE votiert 1994 ebenfalls für die sekundäre Ergänzung. Die Reden setzen eine ursprüngliche Dichtung, bestehend aus Hiob- und Freundesreden sowie einer Gottesrede, voraus und bieten einen theologischen Entwurf, Gott als gerechten Schöpfer zu erweisen.56 Die Dichtung erfahre drei weitere Bearbeitungsprozesse in Form der Niedrigkeits-, Majestäts- und Gerechtigkeitsredaktion, die durch die Theologie der Elihureden beeinflusst seien. 57 KÖHLMOOS (1999) geht von einem mehrstufigen Textwachstum der Hiobkomposition aus. Dem Hiobbuch liege ihrer Meinung nach eine Hiobnovelle zugrunde, die über das unschuldige Leiden des frommen gerechten Hiob berichte. Diese sei um die Himmelsszenen sowie den Grundbestand der Dialogdichtung erweitert und zum Hiobbuch gestaltet worden.58 In einem weiteren Stadium der Textgenese seien die Elihureden zwischen die Schlussrede Hiobs und die erste Gottesrede eingefügt worden, bevor die zweite Gottesrede ergänzt worden ist. 59 KAISER (2003 und 2006) vertritt lopment, 25–35; und im Hiobbuch vgl. DERS., Book, 86–98. Die Dissertationen von W ITTE über den dritten Redegang und von SYRING zu den narrativen Texten im Hiobbuch sowie von ROHDE über den Knecht Hiob im Vergleich mit Mose verfolgen ebenfalls ein redaktionsgeschichtliches Interesse, vgl. WITTE, Leiden; SYRING, Anwalt; ROHDE, Knecht. 54 Vgl. W AHL, Schöpfer, 172. 55 Vgl. aaO., 138–142; 143–148. W AHL nimmt an, dass das Hiobbuch bereits komplett inklusive der Himmelsszenen vorgelegen hat, als das literarisch einheitliche Textkorpus der Elihureden ergänzt worden ist, vgl. aaO., 147. 56 Zu diesem Ergebnis gelangt WITTE durch seine literarische und redaktionskritische Analyse des dritten Redegangs in der Hiobkomposition, vgl. W ITTE, Leiden, 57–171. Zur Einordnung der Elihureden in die Hiobkomposition vgl. aaO., 174. 57 Zur redaktionsgeschichtlichen Skizze des Hiobbuches vgl. WITTE, Leiden, 191, und zu den drei Redaktionsschichten vgl. aaO., 193–229. WITTE, Leiden, 173f., vertritt die These, dass die Elihureden ihren Anknüpfungspunkt in der ursprünglichen Dichtung vorgefunden haben und dies die Zitationstechnik andeute. Die Intention der Elihureden bestehe in einem stimmigen theologischen Entwurf, „Gott argumentativ und prädikativ als den gerechten Schöpfer zu erweisen“ (aaO., 172). Nach Einfügung der Elihureden haben diese in der vorangegangenen Dichtung weitere Redaktionen ausgelöst, so W ITTE, Leiden, 173f. Er nimmt die folgende redaktionsgeschichtliche Chronologie an: Der weise Mann Elihu hat einen Bearbeitungsprozess der Dichtung in Gang gesetzt, an den sich die Niedrigkeits-, Majestäts- und Gerechtigkeitsredaktion mit einer eigenen Akzentsetzung anschließen. 58 Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 48–55. Dagegen SPIECKERMANN, Satanisierung, 435f., der die Himmelsszenen als ursprünglichen Bestandteil der Hiobnovelle erachtet. 59 Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 71–73.
1.2 Die Fragen
15
die These, die Elihureden seien in der zweiten Ausgabe der Hiobdichtung ergänzt worden, noch bevor die Einfügung der Himmelsszenen in den Prolog vorgelegen habe. 60 SYRING (2004) kommt aufgrund der Analyse der narrativen Texte des Hiobbuches zu dem Ergebnis, der Grundbestand der Dichtung sei ursprünglich selbständig tradiert worden. Die Elihureden seien ohne ihre narrative Einleitung eine erste Bearbeitung des Grundbestandes der Hiobdichtung. Die narrative Einleitung zu den Elihureden sei erst in einer Erweiterungs- und Redaktionsschicht, nachdem zuvor die Grundschicht von Pro- und Epilog eingefügt worden seien, entstanden.61 ROHDE (2007) bezieht in seine Analyse der Rolle und Figur Hiobs im Blick auf die Bezeichnung Hiobs als Knecht aus den Elihureden hauptsächlich die Szenerie von Hi 33,23–28 ein. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass der wiederhergestellte Kranke in Hi 33 in einer Gottesschau sein Audienzrecht vor Gott zurück erhält. In dieser kultischen Szene in Hi 33,26 liege eine Bezugnahme auf die Himmelsszenen vor.62 VAN OORSCHOT (2007) vertritt die These, dass die Elihureden eine spätere Bearbeitung in der Hiobkomposition bilden. Aufgrund der stilistischen Parallele zwischen Hi 31,40b– 32,5 und Hi 42,7–9, die den Zorn Elihus und Gottes nennen, sowie der Parallele zwischen Hi 28,28 und Hi 37,24 sei anzunehmen, dass Hi 28 sowie der Epilog bereits vorgelegen haben, als die Elihureden in das Textkorpus eingefügt worden sind. Die Behauptung, Weisheit in jedem Menschen zu finden, setze die Frage nach dem Ort der Weisheit in Hi 28 voraus und Gottes Urteil über die Freunde Hiobs sei Elihus Kritisierung der Freunde bekannt.63 60
Vgl. KAISER, Gott, 279–282; DERS., Buch, 116–117. KAISER spezifiziert die Textgenese der Elihureden dahingehend, dass sie in ihrem Grundbestand aus vier Reden bestehen, die durch den Elihuredaktor, den Majestätsbearbeiter, den Gerechtigkeitsbearbeiter und einen späteren Bearbeiter ergänzt worden sind. Weitere Glossen seien in den Text eingetragen worden; vgl. DERS., Buch, 58–68; 126f. Zu der ersten Ausgabe der Hiobdichtung gehöre eine weisheitliche Lehrerzählung über den Aramäer Hiob, der trotz seiner Verluste an seinem Gott festgehalten habe. In einem ursprünglichen Teil der Dichtung in Hi 3–39* stelle der Dichter Hiob als schwerkranken Mann vor, der nach der Ursache seines Leidens frage, den seine Freunde in Antworten trösten und dem schließlich Gott selbst antwortet; vgl. KAISER, Gott, 271–279. Zum ursprünglichen Textumfang der Dichtung bezieht sich Kaiser auf die Ergebnisse bei W ITTE, Leiden, 191. 61 Vgl. SYRING, Hiob, 143–147; 173. 62 Ausgehend von der Hiobfigur interessiert ROHDE, Knecht, 40–101; 102–176; 221– 228, der Knecht Hiob, dessen theologisches Profil durch den Vergleich mit der Gestalt des Mose geschärft wird. ROHDE bearbeitet in seiner Studie hauptsächlich Hi 1,6–12.22; 2,1–10; 42,2–6.7–10. Zu Hi 33,23–28 und der Bezugnahme auf die Himmelsszenen vgl. aaO., 59–61; 84; 225. 63 Demnach liege in den Elihureden eine weitere Fortschreibung in der Hiobkomposition vor, da Elihu wie Gott über Hiobs Freunde zornig, Elihu aber im Unterschied zu Gott auch über Hiob wütend ist, vgl. VAN OORSCHOT, Entstehung, 179–182. Während die
16
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Sind sich WAHL, WITTE, KÖHLMOOS, KAISER, SYRING und VAN OORdarin einig, dass die Elihureden eine Interpolation im Hiobbuch bilden, so unterscheiden sie sich in der Annahme, welcher Textumfang der Hiobkomposition bereits bei ihrer Ergänzung vorgelegen hat. Die vorliegende Studie wird aufgrund der Analyse der Elihureden Klärung darüber bieten, welche Textteile der Hiobkomposition in Hi 32–37 vorausgesetzt und welche Fortschreibungsprozesse in den Elihureden als Interpretationen der Hiobthematik zu verstehen sind. SCHOT
1.2.3 Die Textumstellung der Elihureden FREEDMAN geht bereits 1968 davon aus, dass die Elihureden ursprünglich ein integraler Bestandteil der Dialogdichtung gewesen seien, jedoch nicht auf die Schlussrede Hiobs folgen, sondern jeden der drei Redegänge beendet haben. Elihus Eröffnung in Hi 32f. folgt auf den ersten Redegang im Anschluss an Hi 12–14, Elihus zweite Rede in Hi 34 schließt an Hi 27 an und Hi 35 beendet den zweiten Redegang nach Hi 21. Die Schlussrede Elihus in Hi 36f. habe das Ende der Dialogdichtung zwischen Hiob und seinen Freunden markiert und eine vermittelnde Funktion zwischen Hiobs abschließender Rede und der Gottesreden eingenommen. Ein späterer Autor habe die Elihureden als vier aufeinanderfolgende Monologe reorganisiert und ihnen infolge der Textumstellung eine zentrale Bedeutung im Hiobbuch zukommen lassen.64 CLINES hingegen vertritt in seinem Kommentar von 2006 die Ansicht, die Elihureden hätten ursprünglich fünf Reden umfasst und das Weisheitsgedicht Hi 28 inkludiert. Er nimmt eine Textumstellung von Hi 32–37 vor, indem er die Reden hinter Hi 27 einfügt, so dass Hi 28 die fünfte Elihurede bildet. An die Elihureden schließt nun die Schlussrede Hiobs an, der die Gottesreden in unmittelbarem Anschluss folgen. Ein unterbrochener Kommunikationszusammenhang zwischen Hiob und Gott besteht nach Clines‘ Textrekonstruktion nicht.65 Demzufolge gehören die Reden zwar zum ursprünglichen Textbestand, sie seien jedoch im Überlieferungsprozess auseinander gerissen worden.66 Die Textumstellung impliziert, dass in der Dichtung durchweg Hiobs Unschuld nenne, deute die Fortschreibung in den Elihureden Hiobs Unschuldsbeteuerung als Missbrauch und Verrechtlichung des Gottesverhältnisses. Die Verfasser der Elihureden greifen für die Weiterentwicklung der Hiobfigur vorhandene Motive und Traditionen auf und nutzen dieses Material für eigene Aussagen. Die Fortschreibung in den Elihureden wende sich gegen die weisheitliche Skepsis und proklamiere eine neue Hochachtung menschlicher Weisheit. 64 Vgl. FREEDMAN, Notes, 51–59. Ihm folgt in seinen Analysen M ARTIN, Elihu. 65 Siehe dazu den Kommentar von CLINES, WBC 18; DERS., Elihu, 243–253. 66 CLINES, Elihu, 248–253, stellt die These auf, es könne bei der Überlieferung des Hiobbuches eine Blattvertauschung, ähnlich der Tradierung der Jesaja-Rolle in Qumran,
1.2 Die Fragen
17
Dramaturgie des Hiobbuches Gott in Hi 38 direkt im Anschluss auf Hiobs Schlussrede in Hi 29–31 antworte. CLINES‘ These überzeugt nicht, da die Elihureden Hiobs Schlussrede mit den Unschuldsbeteuerungen inhaltlich voraussetzen und nicht vorbereiten. In Hiobs Schlussrede fehlt eine Reaktion auf Elihus Reden, die nach fünf aufeinanderfolgenden Reden zu erwarten wäre. Zudem bildet die Schlussrede Elihus eine Vorbereitung Hiobs auf Gottes Erscheinen im Sturmwind in Hi 38–41. Diese Gliederung kann bei der Textumstellung von CLINES nicht mehr angenommen werden. 1.2.4 Das literarische Wachstum Einige Forscher haben nicht nur die These vertreten, dass die Elihureden eine spätere Ergänzung in der Hiobkomposition darstellen, 67 sondern die Entstehung der Reden auf einen literarischen Wachstumsprozess zurückgeführt.68 NICHOLS hat bereits in ihrem Beitrag von 1911 angenommen, dass Hi 34 das Werk eines zweiten Kommentators der Hiobdichtung und an ein weises Auditorium gerichtet sei. Hi 32,11–16 diene als Einführung zu Hi 34. Die daraus resultierende Umstellung habe ebenfalls die Einfügung der narrativen Einleitung in Hi 32,2–5 veranlasst und führe zu der späteren Ergänzung weiterer Einzelverse.69 Nichols Analyse führt zu der Annahme des literarischen Wachstums der Elihureden, ohne intertextuelle Referenzen in die Hiobdichtung oder eine theologische Profilierung der Fortschreibungen darzulegen. JASTROW hat in seinem Kommentar von 1920 ein weiteres Mal die These des literarischen Wachstums der Elihureden vertreten. Seiner Meinung nach seien die vier Reden nacheinander in das Hiobbuch, aus Dichtung und Gottesreden bestehend, ergänzt worden. Die vier Reden bilden separate Kompositionen, die jeweils nach einer Lösung der Hiobthematik suchen. 70 An diese Argumentation schließt IRWIN 1937 an. Er nimmt ebenfalls vier selbständige Dichtungen in Hi 32–37 an, die die Ansichten von vier verschiedenen Autoren widerspiegeln. Hi 33 spielt mit der Einführung des Fürspracheengels in die Hiobkomposition sowie mit der Vorstellung vom Leiden als Disziplinierungmaßnahme Gottes eine entgegeben haben. Die Reden in Hi 32–37 seien mit der Schlussrede Hiobs vertauscht worden, so dass die Elihureden ohne Hi 28 hinter Hi 31 eingefügt worden seien. 67 Vgl. Kap. 1.2.2. 68 Über das literarische Wachstum der Elihureden allgemein vgl. WAHL, Schöpfer, 20–23. 69 NICHOLS, Composition, 97–114, schlussfolgert aufgrund von literarischen und linguistischen Evidenzen sowie den sozialen und religiösen Konditionen, dass das Hiobbuch um 400 v.Chr. entstanden ist, und stellt die These auf, dass die sorgfältige Analyse von Hi 32–37 zeigt, dass mehrere Autoren für die Komposition der Elihureden verantwortlich seien; vgl. aaO., 115–126; 152–181. 70 Vgl. J ASTROW, Book, 77–82; 162–167.
18
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
scheidende theologische Rolle. 71 Die Gottesreden seien jedoch erst nach der Hinzufügung der Elihureden in das Hiobbuch ergänzt worden. Die literarische Einheitlichkeit der Elihureden bezweifelt ebenfalls KUHL in seinem Beitrag von 1954, ohne allerdings weitere Analysen vorzunehmen.72 WESTERMANN geht in seiner Arbeit über den Aufbau des Hiobbuches 1956 davon aus, die vier Elihureden seien in Hi 32f.; 34; 35; 36f. in ihrer Struktur durcheinander geraten und die verworrenen Texte haben eine Ordnung notwendig gemacht.73 Er legt ein einheitliches Aufbauschema für die Elihureden zugrunde, das aus drei Reden besteht, ohne die Einleitung in Hi 32 zu berücksichtigen. Jede Rede beginne mit einem Höraufruf, der zu einem herausfordernden Streitgespräch erweitert sei. 74 Es folgen die Zitierung der These Hiobs und ihre Bestreitung.75 Begründung, Mahnung und Warnung an Hiob beschließen jede Rede.76 Die Rede Elihus in Hi 34 fällt aus diesem Schema durch ihr weises Auditorium, das von Hiob und seinen Freunden zu unterscheiden ist, heraus. Sie entspricht jedoch dem Aufbauschema der drei übrigen Reden und bringt durch das abschließende Urteil Elihus über Hiob vor dem Forum der Weisen die Auseinandersetzung zum Abschluss.77 In seinem 1963 publizierten Kommentar nimmt FOHRER aufgrund einer Strukturanalyse der Elihureden eine Textumstellung einzelner Perikopen vor, so dass das Korpus von Hi 32–37 drei Reden mit gleichem Aufbau umfasst. Dieser bestehe aus einer Aufforderung zum Hören, an die sich die Zitierung und möglicherweise ein Urteil über Hiob anschließen.78 Darauf 71
Vgl. IRWIN, Elihu Speeches, 37–47. Siehe KUHL, Hiobbuche, 312f. 73 Zum vollständigen Aufbau einer Elihurede gehören eine Redeeinleitung, die Zitierung einer These Hiobs und die Bestreitung dieser These; vgl. W ESTERMANN, Aufbau, 138. 74 Die Höraufrufe bestehen in der ersten Rede aus Hi 33,1.2–4.5.6–7; in der zweiten Rede aus Hi 33,31.32–33 und in der dritten Rede aus Hi 34,16; 36,2–3; vgl. W ESTERMANN, Aufbau, 138. 75 Hiobs Zitate finden sich in Hi 33,12f. in Elihus erster, in Hi 35,2–3 in seiner zweiten und in Hi 33,8–11 in Elihus dritter Rede. Da WESTERMANN, Aufbau, 136–138, in Hi 33,8–11 und Hi 33,12f. ein doppeltes Zitat Hiobs vorliegen sieht, in der Schlussrede Elihus jedoch eine Zitierung Hiobs ausbleibt, nimmt er eine Textumstellung vor und setzt Hi 33,8–11 vor die inhaltlichen Ausführungen Elihus in Hi 36,5–15. Die Bestreitung der Aussage Hiobs folgt in der ersten Rede Elihus in Hi 35,9–14; in der zweiten Rede in Hi 35,4–8 und in der dritten Rede in Hi 33,5–7; vgl. aaO., 138. 76 Die Begründungen enthalten die inhaltlichen Ausführungen Elihus, zu denen in der ersten Rede Hi 33,14–30, in der zweiten Rede Hi 36,22–37,13 und in der dritten Rede Hi 36,8–15 zählen; vgl. ebd. Die abschließende Mahnung findet sich in Hi 35,14 in der ersten, in Hi 37,14–24 in der zweiten und in Hi 36,16–21 in der dritten Rede. 77 Vgl. WESTERMANN, Aufbau, 138–140. 78 Die erste Rede beginnt in Hi 33,1–7 mit dem einleitenden Höraufruf, dem die Zitierung Hiobs in 33,8–11 folgt; die zweite Rede ist nach dem Höraufruf in Hi 34,2–4 und 72
1.2 Die Fragen
19
antworte Elihu mit seiner Ablehnung, seiner ersten und zweiten Ausführung und beschließe jede Rede mit einer Folgerung für Hiob.79 Die Selbsteinführung in Hi 32 sei den drei Reden vorangestellt, während Hi 37,14–23 sie beschließen. Der Hymnus auf Gottes Walten in der Natur in Hi 36,27– 37,13 bilde einen späteren Nachtrag zu den Elihureden.80 MENDE analysiert in ihrer Dissertation von 1990 die Elihureden literarkritisch unter Berücksichtigung des Kontextes und der Redaktionsgeschichte des Hiobbuches. Sie versucht zu zeigen, dass die Elihureden aus einer Grundschicht und drei weiteren Bearbeitungen bestehen. Ihr zufolge knüpfen Hi 32–37 an die Hiobdichtung, die menschliches Leiden denkerisch zu bewältigen sucht, an. Die Elihureden führen mit der Thematisierung der „Frage nach der Gerechtigkeit Gottes angesichts des unverdienten Leidens der Gerechten“ die Dichtung positiv weiter. 81 Mendes Analysen implizieren, dass sich Elihu in der Grundschicht in seiner ersten Rede an Hiob (Hi 32f.) und in seiner zweiten Rede an die Freunde (Hi 34*) wendet. Der erste Bearbeiter lässt Elihu als jemanden, der Hiob in drei Reden belehrt, auftreten (Hi 32f.; 34; 36f.), während der zweite Bearbeiter eine polemisch-aggressive Verurteilung Hiobs in die Reden, nunmehr auf vier um Hi 35 erweitert, einträgt. Der dritte und letzte Bearbeiter integriert die Selbstdarstellung Elihus in Hi 32, wodurch seine Überlegenheit betont wird.82 VERMEYLEN hat in seinem Aufsatz 2004 eine eigene Redaktionsgeschichte der Elihureden vorgelegt. Darin legt er dar, dass die Reden in Hi 32–37 nachträgich in das Hiobbuch eingearbeitet worden sind und eine weitere redaktionelle Bearbeitung erfahren haben. Die Grundschicht, beHiobs Zitat in Hi 34,5f. um eine Verurteilung Hiobs in 34,7–9 ergänzt. Die dritte Rede beginnt mit der Aufforderung zum Hören in 33,31–33 und dem Zitat in 35,2–3; vgl. FOHRER, KAT, 446. 79 Die einzelnen Teile bestehen in der ersten Rede aus Hi 33,12 als Ablehnung der These, 33,13–18 als erster und 33,19–25 als zweiter Ausführung, an die in 33,26–30 die Folgerung für Hiob anschließt. In der zweiten Rede führt Elihu die Erwiderung in 34,10f. aus, die erste Ausführung folgt in 34,12–15, die zweite in 34,16–22 und eine Nebenausführung in 34,23–29. In 34,31–37 nennt Elihu abschließende Folgerungen für Hiob. In der dritten Rede lehnt Elihu in 35,4–8 Hiobs Zitat ab, führt in 35,9–36,4 seine erste und in 36,5–15 seine zweite Darlegung aus und endet in 36,16–21 mit abschließenden Bemerkungen für Hiob; vgl. FOHRER, KAT, 446; zur dritten Rede siehe auch aaO., 470– 478. 80 Vgl. FOHRER, KAT, 478–483. 81 MENDE, Leiden, 11. Als Thema der Dichtung nennt MENDE, Leiden, 13, die Frage, wie Gottes Gerechtigkeit und seine heilsgeschichtliche Führung in dieser Weltzeit mit der Erfahrung einer Welt zu vereinbaren seien, in der der Gerechte leidet und die Macht des Bösen aber auf eine rätselhafte Weise triumphiert. 82 Vgl. MENDE, Leiden, 139f. Die Thesen Mendes werden im Einzelnen in den Analysen in Kap. 2 berücksichtigt.
20
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
stehend aus Teilen der Monologe in 32–33; 34; 36–37 an Hiobs Freunde und Hiob, biete eine Neuinterpretation innerhalb der Hiobkomposition und sei im 2.Jh. v.Chr. entstanden. Die weitere redaktionelle Fortschreibung richte die Inhalte Elihus stärker auf Hiob aus und reagiere agressiver als die Grundschicht der Elihureden. Vermeylen erachtet sie als Ergebnis der Krise 167–164 v.Chr.83 1.2.5 Schlussfolgerungen und Aufgaben Mit dem Gang durch die Forschungsgeschichte ist eine aktuelle Tendenz deutlich geworden, von der Einheitlichkeit des Hiobbuches auszugehen und die Elihureden als ursprünglichen Bestandteil der Hiobkomposition anzusehen. In vielen Fällen geht mit dieser These eine positive Würdigung der Elihureden einher, indem Hi 32–37 als inhaltlich bedeutender Teil in der Hiobkomposition gewertet werden. Thematische Schwerpunkte werden im Auftreten des Engels als Vermittler zwischen Gott und Mensch in Hi 33 und im Verständnis Elihus als rechtlichen Vermittlers erkennbar. Analyse, Komposition und Theologie in der vorliegenden Arbeit führen zu einer positiven Wertschätzung der Elihureden. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Elihureden zum ursprünglichen Bestand des Hiobbuches gehört haben (Kap. 1.2.1). Die Analysen zeigen, dass die sekundäre Ergänzung der Elihureden in die Hiobkomposition gegenüber der Annahme ihrer Ursprünglichkeit die plausiblere These ist. Darauf deuten bereits die in Kap. 1.2.2 genannten textexternen und textinternen Argumente hin. Das vorgebrachte Argument, dass die Elihureden aufgrund der Aramaismen eine nachträgliche Ergänzung im Hiobbuch seien, lässt sich nicht aufrecht erhalten.84 Weitere textinterne Beobachtungen in den Elihureden legen es aber nahe, ein differenziertes literarisches Wachstum der Elihureden anzunehmen. Elihu adressiert Hiob in der 2.P.Sg. mit der Nennung seines Namens und spricht über Hiob in der dritten Person. Der Wechsel von der Anrede Hiobs in der 2.P.Sg. mit und ohne Nennung von Hiobs Namen zu der Rede über Hiob in 3.P.Sg. deuten auf literarisches Wachstum in den Elihureden hin. Des Weiteren spricht Elihu in Hi 32; 34; 37 eine Gruppe von Personen in 2.P.Pl. an. Hi 32 lässt an Hiob und die Freunde als Adressaten denken. In Elihus zweiter Rede in Hi 34 ist eine Identifikation mit Hiobs Freunden als Auditorium ausgeschlossen. Stattdessen besteht Elihus Publikum aus einem Kreis von weisen Personen, die Elihu als ihren Weisheitslehrer be83 84
xlvii.
Vgl. VERMEYLEN, Créateur, 743–773. Vgl. SEOW, Elihu, 3–10, in Auseinandersetzung mit DRIVER/ GRAY, ICC, xlvi–
1.2 Die Fragen
21
trachten.85 Diese Erweiterung des Adressatenkreises lässt auf eine sekundäre Ergänzung von Hi 34 schließen. Hi 37 lässt sowohl an Hiob und die Freunde als auch an ein weises Publikum als Zuhörerschaft denken. Elihu beginnt seine ersten drei Reden jeweils mit einem Zitat Hiobs, das den inhaltlichen Anknüpfungspunkt der Ausführungen bildet. 86 Es liegen jedoch keine direkten Zitate vor. Die wörtliche Übereinstimmung mit Aussagen Hiobs bleibt auf Halbverse beschränkt. Daher ist eine bewusste Neugestaltung und gezielte Interpretation der Äußerungen Hiobs in Elihus Reden durch redaktionelle Fortschreibung zu vermuten. Als weiteres Argument ist hinzuzufügen, dass Elihu proportional die Gottesbezeichnung „Gott“ häufiger verwendet als Hiob und seine Freunde, während diese in gleicher Häufigkeit " „Gott“ nennen. Elihu bevorzugt als Pronomen der 1.Sg.c. ! anstelle von "!. In der übrigen Dichtung sind beide Pronomina gleichermaßen belegt.87 Des Weiteren belegen alle Elihureden bestimmte Termini, die in der übrigen Hiobkomposition keine oder nur selten Erwähnung finden: Das Nomen '# „Wissen, Kenntnis“ ist allein in Hi 32,6.10.17; 36,3; 37,16 und '# „Erkenntnis“ in Hi 36,4 belegt. Die übrige Hiobkomposition verwendet stattdessen '# „Wissen, Erkenntnis“, 88 das ebenfalls in Hi 35,11; 36,12 belegt ist.89 Das Nomen ' „Frevel“ findet nur in den Elihureden Erwäh85
Vgl. zu dem Publikum in Hi 34 ausführlich die Ausführungen in Kap. 2.3.3. Die Zitate Hiobs sind durch eine kurze Einleitung eingeführt. Hiob wird namentlich genannt, um eine Aussage von ihm einzuleiten, oder in der 2.Sg. adressiert. Nach GORDIS, Quotations, 166, bilden Zitate Zitierungen bereits existierender Literatur und referieren auf Textpassagen einer Rede oder eines spezifischen Gedankengangs. Zitate können durch ein Verbum dicendi eingeleitet sein, so z.B. direkte Zitate einer Rede durch die Aufnahme einer Thematik. Gordis klassifiziert verschiedene Typen und Arten von Zitaten in der alttestamentlichen Weisheitsliteratur, ohne allerdings die sogenannten Zitate Hiobs, die Elihu in Hi 33,9–11; 34,5f.9; 35,2f. vorbringt, zu erörtern. Durch Zitate kann auch der sich entwickelnde Gedankengang eines Dialogs oder aber ein neuer, von einer älteren Aussage verschiedener Standpunkt einer Person, so z.B. die vehementen Unschuldsbeteuerungen Hiobs in Hi 31,1–4.13–15.23 oder Hiobs Rückblick auf die Tage glücklicher Unschuld in Hi 27,7–12, ausgedrückt werden; vgl. aaO., 173–181; 188–190; 192–193. 87 Zu einer detaillierten Erhebung der Personalpronomina 1.Sg.c. wie der Gottesbezeichnungen vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, xlii–xliii. SEOW, Job, 43–46 (unveröffentlichtes Manuskript), argumentiert, dass weder der Gebrauch der Personalpronomina noch die Verwendung der Gottesbezeichnung ein hinreichendes Indiz für sekundäre Ergänzung der Elihureden seien; vgl. auch SEOW, Elihu, 5f., (unveröffentlichtes Manuskript). 88 Vgl. zu den Belegstellen von '# „Wissen, Erkenntnis“ Hi 13,2; 15,2; 21,14.22; 33,3; 35,11; 36,12; 38,2; 42,3. Diesen o.g. Unterschied nennen bereits DRIVER/ GRAY, ICC, II 234. 89 SEOW, Elihu, 8f., weist ebenfalls auf bestimmte, in den Elihureden gebrauchte Termini hin, und listet über die oben genannten Begriffe hinaus $! „Menschen“ in 34,8.10.34.36; 37,7; '! „Jugend“ in 33,25; 36,14; !' „Antwort“ in 32,3.5 und '( 86
22
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
nung (Hi 34,10; 35,8); daneben gebraucht Elihu die Personenbezeichnung ' „Frevler“, die in der Dialogdichtung ebenfalls belegt ist.90 Der parallele Gebrauch der Nomina " „Geist“ und $! „Atem“ ist als positive Bestimmung des Menschen als Gottes Geschöpf allein in den Elihureden verwendet (Hi 32,8; 33,4; 34,14). Mit beiden Nomina wird der Mensch als geistbegabtes Geschöpf Gottes bestimmt. Aussagen über Gott als Schöpfer eines Individuums finden sich nur in den Elihureden (Hi 32,22; 33,4; 35,10; 36,3), nicht aber in der Dialogdichtung.91 Die Formulierung
& „ein Ohr öffnen“ drückt Gottes Offenbarungshandeln in Hi 33,16; 36,10.15 aus. Gott offenbart dem leidenden Menschen seine Erziehung in Träumen, Visionen und im Elend. Eine Hochschätzung der Vorstellung von Gottes Offenbarung gibt es in Anknüpfung an das Motiv in Hi 4,12–21 lediglich in den Elihureden. Der für das Verständnis des Engels in Hi 33,23f. wichtige Terminus ()* „Lösegeld“ wird in der Hiobkomposition allein in den Elihureden verwendet (Hi 33,24; 36,18). Singulär in der Hiobkomposition nennen die Elihureden die Formulierung ' $ „den Unterweltkanal durchqueren“ (Hi 33,18; 36,12). Das Wort +#, „Gerechtigkeit“ ist mit Ausnahme von Hi 27,6 nur in den Elihureden gebraucht (Hi 33,26; 35,8; 37,23). Behauptet Hiob in Hi 27,6 in der Dialogdichtung seine Unschuld, so ist das Nomen in den Elihureden auf die menschliche Gerechtigkeit (Hi 35,8) und auf Gottes Gerechtigkeit (Hi 33,26; 37,23) bezogen. Dieser spezifische Sprachgebrach deutet darauf hin, dass die Elihureden gegenüber der übrigen Hiobkomposition ein eigenes theologisches Profil aufweisen.92 Diese zusätzlichen textinternen Argumente legen die Schlussfolgerung nahe, dass die Elihureden eine spätere Ergänzung in der Hiobkomposition bilden und selbst keine literarische Einheit darstellen, sondern gewachsen sind. Die vorliegende Studie setzt an diesem Punkt an und legt dar, dass die Elihureden ursprünglich eine einzige Elihurede als Grundschicht ent„Schöpfer“ in 36,3. Aufgrund dieser wenigen Worte ist für SEOW ein spezifischer Wortschatz Elihus gegen DRIVER und GRAY nicht anzunehmen. 90 Das Nomen '$ „Frevler“ ist in Hi 3,17; 8,22; 9,22.24; 10,3; 11,20; 15,20; 16,11; 18,5; 20,5.29; 21,7.16.17.28; 22,18; 24,6; 27,7.13; 34,18.26; 36,6.17; 38,13.15; 40,12 belegt. Zum Frevler vgl. Kap. 3.3.2.1.4. 91 Zur Menschenschöpfung in den Elihureden vgl. ALBERTZ, Weltschöpfung, 146f. 92 Einige weitere Einzelbelege sind auffällig häufig, jedoch nicht ausschließlich in den Elihureden zu finden: Das Verbum hi. „hören, zu Gehör bringen“ gestaltet die Höraufrufe und weist neben Hi 9,16 allein in Hi 32,11; 33,1; 34,2.16; 37,14 Belegstellen in der Hiobkomposition auf. Die Wendung + „ohne Untersuchung“ ist nur in Hi 34,25; 36,26, die Formulierung + „ohne Untersuchung“ dagegen in Hi 5,9; 9,10 belegt; weitere Belegstellen von + in Ps 145,3; Jes 40,28; Prov 25,3. Darüber hinaus ist vornehmlich in den Elihureden das Wortfeld &$ „erhaben“ in Hi 36,24.26; 37,23 belegt. Verbalformen sind im Alten Testament allein in Hi 8,11; 12,23 gebraucht.
1.2 Die Fragen
23
halten haben. Sie ist als Ergänzung der Hiobkomposition geschaffen worden.93 Indizien für eine Textumstellung der Elihureden im Hiobbuch lassen sich nicht erweisen.94 Die vorliegende Studie nimmt die weitere Beobachtung ernst, dass in den Elihureden die Kommentierung und Fortschreibung der Kommunikation zwischen Hiob und seinen Freunden vorliegt. 95 Jedoch bedarf diese These der Präzisierung. Aufgrund der Textentstehung der Elihureden liegen nicht in den vier Monologen, sondern in der Grundschicht die theologischen Gedanken eines späteren Lesers vor, welche in den weiteren Fortschreibungen und Reden Elihus neu akzentuiert und vertieft werden. Die Arbeiten, die spätere Ergänzungen in den Elihureden analysieren und von einem literarischen Wachstum der Elihureden in mehreren Bearbeitungsprozessen ausgehen (Kap. 1.2.4), weisen weder eine kompositions- noch eine theologiegeschichtliche Entwicklung der Elihureden auf. 96 Die vorliegende Studie möchte diese Forschungslücke schließen. Die Untersuchung verfolgt die Fortschreibung einer einzigen Elihurede zu vier Monologen, profiliert die Fortschreibungen theologisch und bietet Klärung darüber, welche Textteile der Hiobkomposition in Hi 32–37 vorausgesetzt sind. Dadurch reiht sich die Studie in die neuere Hiobforschung ein, die das Hiobbuch nach den Methoden der Redaktionskritik untersucht.97 Da redaktionskritische und kompositionsgeschichtliche Methodik in der genannten Reihenfolge unabdingbar zusammengehören, arbeitet die vorliegende
93
Dazu ausführlich in Kap. 1.3. Gegen die in Kap. 1.2.3 vorgebrachte Thesen von FREEDMAN und CLINES. 95 Vgl. die Thesen von ANDERSEN, Job, 52; ALONSO SCHÖKEL, Reading; 48; NEWSOM, Book; M ÜLLNER , Diachronie, 447–469. 96 MENDE, Leiden, 321–326, ist bemüht, die Bearbeitungen inhaltlich zu profilieren. Doch sie verliert sich letztlich in zu kleine Details; vgl. zu einer kritischen Beurteilung der Arbeit Mendes VAN OORSCHOT, Tendenzen, 364–366. 97 Redaktionskritische Analysen zum Hiobbuch unternehmen den Versuch, tendenzkritisch verschiedene Fortschreibungen einander zuzuordnen und jede Fortschreibung inhaltlich sinnvoll an die vorliegenden Aussagen anknüpfen zu lassen. Exemplarisch führt dies W ITTE, Leiden, anhand der Hiobfigur durch. Zu dieser Forschungstendenz vgl. VAN OORSCHOT, Entstehung, 168; KRÜGER, Buch. Die Identifikation von literarischen Schichten ist mit der Suche nach religions- und theologiegeschichtlichen Querbezügen verbunden, um eine präzisere Verortung der Textstrata im Hiobbuch zu gewähren; vgl. V AN OORSCHOT, Entstehung, 169. Einzelanalysen belegen, dass das Hiobbuch in intensivem Dialog mit der alttestamentlichen Überlieferung steht und innerbiblische Auslegungen wie Anspielungen im Hiobbuch zu finden sind; vgl. SCHMID, Schriftdiskussion, 242–261. Er zeigt auf, dass in einzelnen Stellen im Hiobbuch ein kritischer Umgang mit der priesterschriftlichen Theologie ihren Niederschlag gefunden hat, vgl. aaO., 244–248, und dass das Hiobbuch einzelne Bezüge zur deuteronomistischen Theologie aufgreift, vgl. aaO., 250–252. 94
24
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Untersuchung Komposition und Theologie der Elihureden zunächst analytisch und sodann synthetisch heraus.
1.3 Methodik und Gliederung 1.3 Methodik und Gliederung
Die vorliegende Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Analyse (Kap. 2), Komposition (Kap. 3) und Theologie der Elihureden (Kap. 4). Die Studie analysiert, ausgehend von der Endgestalt von Hi 32–37, die vier Reden mit Hilfe der Redaktionskritik und kommt zu dem Ergebnis, dass die Elihureden ursprünglich eine einzige Erwiderung Elihus in einer Rede enthalten haben. Die Kompositionsgeschichte schärft das theologische Profil der Grundschicht und der einzelnen Fortschreibungen. Durch tendenzkritische Urteile, Bezüge zur Hiobkomposition sowie zu Texten und Motiven im Alten Testament wird das theologische Profil der Grundschicht und der Fortschreibungen in den Elihureden spezifiziert. Die Studie ist von der Erkenntnis geleitet, dass sich die Entstehung der Elihureden als Fortschreibungsprozess innerhalb der Hiobkomposition verstehen lässt. Die Entstehung der Elihureden ist auf Autorenkreise zurückzuführen, die sich angesichts des Geschicks Hiobs und seiner Kontingenzerfahrungen eindringlich mit der Hiobthematik beschäftigen und gegenüber der Dialogdichtung ein eigenes theologisches Profil entwickeln.98 Die Theologie der Elihureden berücksichtigt die Endgestalt von Hi 32– 37 und zeigt den spezifisch theologischen Beitrag der Elihureden in der Hiobkomposition, in der Weisheitsliteratur und im Vergleich zu parallelen alttestamentlichen Überlieferungen auf. Mit der redaktionskritischen Analyse, der kompositionsgeschichtlichen Entfaltung und der theologischen Profilierung der Elihureden reiht sich die Studie in die neuere deutschsprachige Hiobforschung ein, berücksichtigt aber ebenfalls an der Endgestalt des masoretischen Textes orientierte Ansätze, die hauptsächlich im englischsprachigen Raum vertreten werden. Die Entstehung der Elihureden lässt sich verkürzt folgendermaßen darstellen: Die Grundschicht führt Elihu als geduldigen und jungen Redner ein, der Hiob zum Hören seiner Rede aufruft. Elihu widerspricht der Unschuldsbehauptung Hiobs und setzt ihr Gottes Kommunikations- und Offenbarungsweisen in Traum, Vision und Krankheit entgegen. Dadurch erzieht Gott den leidenden Menschen und befreit ihn aus seinem Leiden zu neuem Leben. Der kranke und vom Tod bedrohte Mensch benötigt für
98 Zu den Autorenkreisen der Elihureden vgl. auch die Ausführungen über die Träger der Hiobkomposition bei SCHMID, Authors, 145–153, und über die Schreiber bei TOV, Practices, 7–14.
1.3 Methodik und Gliederung
25
seine Restitution einen Engel als Fürsprecher vor Gott. Der Fürspracheengel wendet sich dem leidenden Menschen gnädig zu und erbittet mit seinem Lösegeld die Befreiung des Menschen. Gottes Erziehung im und Befreiung vom Leiden hat als weiteren Schwerpunkt Gottes Schöpferwirken in den Wetterphänomenen, mit denen Gott seine Macht demonstriert, zur Seite. Mit Gottes Erhabenheit über den meteorologischen Erscheinungen bereitet Elihu Hiob auf Gottes Erscheinen im Sturmwind vor. Die erste Fortschreibung gestaltet Elihus Rede als autoritative Antwort gegenüber Hiobs Freunden aus. Gott wird weiterhin als Lehrer verstanden, der den leidenden Menschen erzieht. Elihu verbindet den Gedanken der Erziehung Gottes im Elend mit einer Vergeltungslehre und Umkehrtheologie, so dass die Gerechten und Elenden aus ihrem Leiden aufgrund ihrer Umkehr und Hinwendung zu Gott befreit werden, die Gottlosen und Frevler jedoch ohne Einsicht sterben. Die erste Fortschreibung knüpft an den Gedanken von Gottes Erziehung im Leiden in der Grundschicht an und kombiniert ihn mit der Vorstellung der Umkehr des leidenden Menschen. Die zweite Fortschreibung ergänzt in Hi 34 eine zweite Rede, die an ein weises Publikum gerichtet ist. Die Selbsteinführung und die Erwiderung Elihus in Hi 32f. werden dadurch zur ersten, die abschließenden Ausführungen Elihus in Hi 36f. zur Schlussrede Elihus gestaltet. Hi 34 legt den Schwerpunkt auf die Frage nach Hiobs Gerechtigkeit und Gottes Unrecht und führt gegen Hiobs reklamierte Unschuld Gottes Gerechtigkeit, sein Recht und sein Gerichtshandeln an. Die zweite Fortschreibung greift Hiobs mehrfach konstatierte Unschuld aus der Dialogdichtung auf und interpretiert sie dahingehend, dass Hiob seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet habe. Die dritte Fortschreibung fügt eine weitere Rede Elihus in Hi 35 hinzu, die Gottes Transzendenz und Souveränität betont, welche der Mensch mit seiner Gerechtigkeit und seiner Sündhaftigkeit nicht beeinflussen kann. Auf Gottes Erziehung, Gerechtigkeit, Erhabenheit und Schöpfertätigkeit soll der Mensch im Leiden mit seiner Hinwendung zum Schöpfer reagieren, welche als Vertrauen auf Gott und Gottesfurcht gedeutet wird. Mit Gottes Transzendenz und Souveränität und der angemessenen Reaktion des Menschen im Leiden formuliert die dritte Fortschreibung die Thematik der Gerechtigkeit der zweiten Fortschreibung neu. Analysen und Komposition von Hi 32–37 zeigen, dass die Elihureden an einer theologischen Interpretation der Hiobproblematik interessiert sind und die in der Grundschicht genannten und eingeführten Gedanken in den weiteren Bearbeitungen fortschreiben. Die Nachzeichnung der Kompositionsgeschichte der Elihureden berücksichtigt ebenfalls die theologischen Profile der einzelnen Fortschreibungen und die Autorenkreise, die für die Abfassung der einzelnen Fortschreibungen verantwortlich sind.
26
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Der Schluss besteht in der Darstellung der Theologie der Elihureden (Kap. 4). Sie fasst systematisch das theologische Profil von Hi 32–37 zusammen. Die Elihureden entwickeln weisheitliche Erkenntnis in der Krise und nehmen einen Perspektivwechsel in der Hiobkomposition vor. Die Weisheit der Elihureden besteht in der Erziehung im Leiden und in der Befreiung vom Leiden. Die Reden Elihus enthalten zudem die Vorstellung von Gott als mächtigem Schöpfer der Welt und der Wetterphänomene und zeigen Gottes kontinuierliches Schöpferwirken auf. Zugleich wird der Mensch als Geschöpf Gottes neu in den Blick genommen. Mit Gottes Schöpfertätigkeit verbindet Elihu den Gedanken der Gerechtigkeit Gottes, die sich in seiner Wohlordnung der Welt zeigt und die zur Gottesfurcht führt. Als vorläufiges Resümee lässt sich festhalten: In dem Korpus der Elihureden spiegelt sich eine Auseinandersetzung mit der theologischen Problemkonstellation des Hiobbuches wider. Die Elihureden deuten die Hiobthematik neu und bewirken damit einen Perspektivwechsel in der theologischen Problemkonstellation des Hiobbuches. Sie bilden ein Bindeglied zwischen den Redegängen Hiobs mit seinen Freunden einerseits und den Gottesreden und Hiobs Antworten andererseits. Die Komposition der Elihureden bestätigt dieses Ergebnis. Die Elihureden sind so gestaltet, dass ihr Anfang an die vorangegangenen Akteure der Dichtung anknüpft und ihr Ende die Gottesrede nahtlos vorbereitet. Die vier Monologe der Elihureden können daher keine andere Verortung in der Hiobkomposition haben als im Anschluss an Hiobs Schlussrede in Hi 29–31 und vor der ersten Gottesrede in Hi 38f. Der Respekt vor dem Wort Gottes und dem sich im Sturmwind offenbarenden Gott hat die Einfügung weder einer weiteren Antwort an Hiob noch eine Erwiderung im Anschluss an Gottes Auseinandersetzung mit Hiob zugelassen. Als Bindeglied zwischen Dialogdichtung und Gottesreden fügen sich die Elihureden in die Hiobkomposition ein, geben ihr ein verändertes Profil, ohne dass die Autorenkreise der Elihureden die Inhalte aus der vorliegenden Dichtung umformulieren müßten. Zudem haben die Elihureden als abgeschlossener Redenkomplex, nachdem die Redegänge zwischen Hiob und seinen Freunden zum Abschluss gelangt sind, eine prominente, Autorität heischende Stellung in der Hiobkomposition erhalten. Die Analysen der vier Monologe und die Komposition der Elihureden legen dar, dass die Elihureden über einen längeren Zeitraum gewachsen sind, in dem verschiedene Autorenkreise die Elihureden verfasst haben.
1.4 Entstehungszeitraum und -ort
27
1.4 Entstehungszeitraum und -ort 1.4 Entstehungszeitraum und -ort
Die Entstehung der Elihureden setzt eine schriftliche Vorlage des Hiobbuches voraus. Durch die inhaltlichen und sprachlichen Referenzen zur Dialogdichtung in Hi 3–31 und zur Rahmenhandlung in Hi 1,1–2,13; 42,7–17 ist eine Tradierung der Elihureden unabhängig von der Hiobkomposition ausgeschlossen. Die inhaltlichen Voraussetzungen, die Kenntnis der Figur Hiobs in Ezechiel und Ben Sira und die Textüberlieferungen des Hiobbuches sind zu berücksichtigen, wenn man Entstehungszeitraum und Entstehungsort der Elihureden eingrenzen will. So setzen die Hiobkomposition und mit ihr die Elihureden einen etablierten Monotheismus voraus, da die Hiobproblematik nur dann zu verstehen ist, wenn der Glaube an den einen Gott weithin Akzeptanz und Anerkennung genießt und zum integralen Thema der Weisheitsliteratur im Alten Testament geworden ist. Ein etabliertes monotheistisches Gotteskonzept lässt sich in spätnachexilischer Zeit als verbreitet annehmen.99 Gottesbild und theologischer Problemaufriss der Hiobkomposition können erst die Folge eines etablierten Monotheismus sein.100 Auch wenn das Hiobbuch mit , - . , ) , !/ # 1 0 „mein Herr“ und 2 „Šadday“ sowie der Nennung Gottes als # „einer“ oder „er“ in der Dialogdichtung verschiedene 99 Zu einem entwickelten Monotheismus in spätnachexilischer Zeit vgl. M ÜLLER, Art. Monotheismus, 1461; STOLZ, Einführung, 187. Die Rede über ein monotheistisches Gotteskonzept setzt Definitionen des Monotheismus voraus. Bei dem Begriff ‚Monotheismus‘ handelt es sich um ein Kunstwort, das durch Henry Moore 1660 eingeführt worden ist; vgl. LANG, Monotheismus, 150; P ETRY, Entgrenzung, 8. Allgemein ist unter Monotheismus der Glaube an den einen Gott zu verstehen, vgl. LANG, Art. Monotheismus, 148. Eine ausführliche Diskussion des Begriffs siehe bei M ACDONALD, Deuteronomy, 1–58. Zutreffend hat SCHMID, Differenzierungen, 17f., verdeutlicht, dass innerhalb des Wortes Monotheismus weitere Differenzierungen vorgenommen werden müssen, um einer inhaltslosen Beschreibung zu entgehen. Daher unterscheidet SCHMID zwischen exkludierenden und inkludierenden Konzepten, evolutionären und revolutionären Systemen, impliziten und expliziten Ausdrucksformen, Einheit und Einzigartigkeit Gottes wie auch monolatrischen und monotheistischen Gotteskonzeptionen. P ETRY, Entgrenzung, 1–14, warnt davor, jeden Text, der die Existenz eines Gottes ohne die Berücksichtigung anderer Gottheiten zu thematisieren, als monotheistisch zu verstehen. Stattdessen zeugen allein diejenigen Texte, die die Existenz anderer Götter negieren, von einem monotheistischen Gotteskonzept. 100 Vgl. zur monotheistischen Gotteskonzeption, die als Grundlage für die Hiobproblematik angesehen wird, SPIECKERMANN, Art. Hiob, 1778. Er geht von dem im 6.Jh. v.Chr. erkämpften Monotheismus als Voraussetzung und Grundlage des Hiobproblems aus und datiert die Hiobkomposition ins 5./4.Jh. v.Chr.; vgl. auch KÖHLMOOS, Auge, 355–366; MÜLLER, Art. Monotheismus, 1461; LANGE, Art. Weisheitsliteratur, 1367f.; TREVES, Book, 261–272; SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Ijob, 344. Dagegen nimmt S ITZLER, Vorwurf, 155–157, an, dass Hiobs Anklage gegen Gott nicht eines Monotheismus bedarf.
28
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Gottesbezeichnungen gebraucht und in der Rahmenhandlung vornehmlich das Tetragramm verwendet wird,101 zeigt sich durch Gottes Erscheinen im Sturmwind sowie durch die Wiederaufnahme des Tetragramms in Hi 42,12, dass diese Bezeichnungen Gottes mit dem einen Gott JHWH identifiziert werden.102 Die Elihureden schließen mit ihren Ausführungen an das monotheistische Gotteskonzept der Hiobkomposition an. Die weithin anerkannte Wohlordnung der Schöpfung bildet eine weitere theologische Voraussetzung für die Problemstellung des Hiobbuches. 103 Hiobs Vorwurf, dass Gott ein willkürlicher Herrscher und sein Leiden grundlos sei, lässt sich nur vor dem Hintergrund einer allgemein angenommenen Wohlordnung der Schöpfung verstehen. Doch diese ist für Hiob angesichts seiner Lebens- und Leidenserfahrung nicht mehr in der Welt erkennbar. Hiob erfährt in seinem Leiden Gottes Willkür und erlebt ihn als Menschenfeind.104 Die Elihureden wollen die Wohlordnung der Schöpfung durch Gottes alleinige Macht über den Erdkreis und Gottes Verfügung über die meteorologischen Erscheinungen verdeutlichen. Der Schöpfergott wird als gerechter, mächtiger und erhabener Herrscher gedacht. Dadurch gewinnt zugleich die Unterscheidung von Schöpfer und Geschöpf sowie die Anerkennung des Machtgefälles in der Gott-Mensch-Relation neue Kontur. Die Elihureden setzen mit ihrer Thematisierung der Frage nach der Gerechtigkeit Gottes gegenüber der Gerechtigkeit des Menschen bestimmte weisheitliche und rechtliche Traditionen voraus. Nach weisheitlicher Vergeltungsvorstellung und Tat-Folge-Entsprechung haben Gottesfürchtige und Gerechte Gelingen in ihrem Leben zu gewärtigen, Frevler hingegen Verderben.105 Darüber hinaus setzt Elihu mit der Vorstellung des gefundenen Lösegeldes die Rechtstraditionen im Bundesbuch und im Deuteronomium voraus. Für Hi 36,5–15 scheint die Lehre von den zwei Wegen in Dtn 11,26; 30,15–20; Jer 21,8f. vorausgesetzt zu sein. Das Motiv belegt darüber hinaus Sir 15,14–17. Die Vorstellung von Gottes Vergeltung in Hi 36,6f., nach der Gerechte leben und Frevler umkommen, lässt das Sozial101 Vgl. zu den Gottesbezeichnungen im Hiobbuch im Einzelnen DRIVER/ GRAY, ICC, xxxv–xxxvi; xlii–xliii. Das Tetragramm ist abgesehen von der Rahmenhandlung einmalig in der Dichtung in Hi 12,9 belegt; vgl. FOHRER, KAT, 232f.; 245. Zur Textkritik vgl. HORST, BK, 180. Da das Tetragramm nur in der Rahmenhandlung im Hiobbuch belegt ist und andere Handschriftentraditionen " anstelle von " belegen, ist die Ursprünglichkeit von " in Hi 12,9 in Zweifel gezogen worden. Siehe auch H ÖLSCHER, HAT, 32f., der Hi 12,7–9 nicht als ursprünglich erachtet; DE W ILDE, Buch, 166. Die Gottesbezeichnung # ist in Hi 31,15, die Bezeichnung " u.a. in Hi 31,4 belegt. 102 Siehe KÖHLMOOS, Auge, 362. 103 Vgl. SCHMID, Literaturgeschichte, 152f., der für die Hiobthematik eine Ordnungstheologie grundlegend voraussetzt. 104 Vgl. SPIECKERMANN, Art. Hiob, 1777f.; SCHMID, Literaturgeschichte, 152f. 105 Vgl. JANOWSKI, Tat, 247–271; DERS., Art. Vergeltung, 1000.
1.4 Entstehungszeitraum und -ort
29
gesetz in Dtn 25,1 als mögliche Referenz in den Blick kommen. Hiobs Insistieren auf seiner Integrität und moralischen Unschuld und die Zusammenfassung der Rechts- und Gerechtigkeitsthematik in Hi 32–37 lassen auf eine vorausgesetzte weisheitliche wie deuteronomistische Traditionsbildung schließen.106 Dies unterstützt die Interpretation des ‚Zeichens‘ in Hi 31,35 als Bekenntnis der absoluten, sich im Dekalog niederschlagenden Torafrömmigkeit Hiobs.107 Gottes Offenbarung in nächtlichen Träumen und Visionen sowie die gnädige Zuwendung des Engels zum leidenden Menschen deuten auf Traditionen der erzählenden Überlieferung im Alten Testament als Verstehenshorizont hin. Die Träume verweisen in die Abraham-, Jakob- und Josefüberlieferung der Genesis. Die Tradition des Engels und Botens lässt auf Hagar, Abraham und Jakob schließen. 108 Gottes Geistbegabung des Menschen und seine Rückkehr zur Erde bedient sich der Begrifflichkeit aus dem zweiten Schöpfungsbericht in Gen 2–3. Die Vorstellung von Gottes Gerechtigkeit nimmt auf die Abrahamüberlieferung Bezug, indem Hi 34,10.17 auf Gen 18,25 und Hi 33,26 auf Gen 15,6 verweist.109 Die in Hi 33,26 überlieferte Vorstellung, dass Gott sein Angesicht zeigt, setzt die Unsichtbarkeit des göttlichen Angesichts voraus, wie sie in Moses Gottesbegegnung in Ex 33,11.20 artikuliert und auch in der Jakob-Esau-Überlieferung in Gen 32f. zur Sprache gebracht wird. Einzelne, stichwortartig gebrauchte Vorstellungen teilt Elihu mit der prophetischen Tradition des zweiten Jesaja. Zu den Textstellen im Jesajabuch zählen insbesondere Jes 42,1–5 mit der Vorstellung von Gott als Schöpfer durch " „Geist“ und $! „Atem“ und Jes 43,1–4 mit der Kombination der Schöpfertätigkeit Gottes und der Befreiung Israels durch Gott aufgrund eines Lösegeldes. Des Weiteren bestehen motivliche Parallelen zu Jes 44,1–8 aufgrund der Geschöpflichkeit des Menschen, der Macht Gottes und dem Verbum ! pi. „einen Ehrennamen geben, schmeicheln“.110
106
Vgl. zur Theologie des Deuteronomiums SPIECKERMANN, Liebe, 190–205; MOBackground, 77–87. Des Weiteren betont SPIECKERMANN, Art. Hiob, 1778, dass Rechtstexte dem Hiobbuch als Referenzliteratur dienen; vgl. zum Hiobbuch im Kontext altorientalischer Rechtstradition MAGDALENE, Scales, und HOFFMAN, Book, 21–31. 107 Vgl. dazu im Einzelnen WITTE, Zeichen, 723–742. 108 Vgl. zu den Referenzen in die Genesis Kap. 3.1.2.2. Darüber hinaus sind Gottes Offenbarungen in Träumen in I Reg 3,5; II Sam 7,4 von Bedeutung. 109 Die Textpassagen Hi 33,26; 34,10.17 gehören späteren Fortschreibungen der Elihurede an. Die Erzählungen in Gen 15,1–6; 18,16–33, die Referenztexte für Elihu zu sein scheinen, bilden ebenfalls jüngere Texte der Genesisüberlieferung. Zu Gen 18 vgl. Kap. 3.4.2; zu Gen 15 vgl. Kap. 3.3.2.1. 110 Siehe im Einzelnen Kap. 2.2.5.1; 3.1.2.1; 3.1.2.3.
RAN,
30
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Unabhängig von den inhaltlichen Voraussetzungen kennen die Bücher Ezechiel und Jesus Sirach eine Person mit Namen Hiob, die kaum vom Hiobbuch zu trennen ist. Ez 14,14.20 nennt Hiob neben Noah und Daniel und zählt die drei Männer zu den Gerechten, die durch Gott gerettet werden. In der Hiobforschung ist daher die These vertreten worden, dass Ez 14 eine alte Hioberzählung bekannt sei.111 Die Perikope in Ez 14,12–20 nimmt Motive auf, die in der Rahmenhandlung der alten Hiobnovelle bedeutungslos, jedoch in den Elihureden ausgestaltet sind. Ez 14,14 spricht wie Hi 32,1 von
$! $ $ „diesen drei Männern“. 112 Die Männer sind durch +#, „Gerechtigkeit“ ausgezeichnet. Dieser Begriff verweist auf Hiobs Unschuldsbehauptung in Hi 27,6, auf Hiobs Charakterisierung als gerechte Person in Hi 32,1.2; 34,5f.; 35,2f., auf menschliche Gerechtigkeit in Hi 35,8 und auf Gottes Gerechtigkeit in Hi 33,26; 34,17; 37,23. Das Motiv der Befreiung des Gerechten in Ez 14,14.20 weist eine Parallele zu Gottes Befreiung des Leidenden vom Leiden in Hi 33,24–30; 36,8–15 auf. Die Belege in Ez 14 und den Elihureden zeigen, dass mit der Person Hiobs die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen und Gottes Befreiungshandeln der gerechten Menschen verbunden worden sind. Es ist daher anzunehmen, dass Ez 14 nicht nur die ältere Hiobtradition aus der Rahmenhandlung bekannt ist, sondern dass ältere Traditionen über Hiob in Ez 14 und den Elihureden eine entsprechende und ähnliche theologische Neuinterpretation erfahren haben. Mit Sir 49,9 (HB und Syr) liegt eine weitere Textstelle vor, die die Hiobtradition als bekannt voraussetzt.113 Wie in Ez 14,14.20 wird Hiob als Gerechter angesehen. Dies überrascht nicht, denn Hiob wird in der griechischen Texttradition in Hi 1,1 als 3í4567 „gerecht“ eingeführt.114 Darüber hinaus lassen die Parallelen zwischen Hi 36,22–37,13, die Gottes erhabene Macht über den Wetterphänomenen ausgestalten, und dem weisheitlichen Hymnus in Sir 42,15–43,33 darauf schließen, dass Jesus Sirach die Hiobkomposition inklusive der Elihureden bekannt gewesen ist.115 Die inhaltlichen Voraussetzungen und die Kenntnis der Figur Hiobs in Ezechiel und Jesus Sirach sprechen für eine Entstehung der Elihureden in 111
Vgl. EWALD, Buch, 18; B UDDE, HK, xii–xiv; NICHOLS, Composition, 110; HÖLHAT, 1; FOHRER, KAT, 27; 31; HORST, BK, ix; HABEL, OTL, 85f. 112 Diese Formulierung fehlt in Rahmenhandlung und Dichtung. 113 Die Erwähnung Hiobs fehlt in der griechischen Textversion und ist lediglich in der hebräischen und syrischen Überlieferung belegt; vgl. WITTE, Hiob, 163–194. 114 Es bildet in der LXX das fünfte Epitheton, das in MT in Hi 1,8; 2,3 zur Charakterisierung Hiobs fehlt. 115 Einen Vergleich von Hi 36f. und Sir 42f. hat NEWSOM, Hymn, 160–174; DIES, Book, 220–230, vorgenommen. VERMEYLEN, Créateur, 766f., sieht darüber hinaus auch in Sir 1,2.30; 2,1–5.8; 3,17–29; 4,11–19; 5,6; 7,5; 8,6; 10,7.9.12–18; 16,12–23; 16,24– 17,14; 30,25 Anklänge an die Theologie der Elihureden vorliegen. SCHER ,
1.4 Entstehungszeitraum und -ort
31
persisch-hellenistischer Zeit als terminus a quo. Für den Entstehungszeitraum der Elihureden sind die Textüberlieferungen in Qumran, die griechische Übersetzung des Hiobbuches in der Septuaginta und der Exeget Aristeas zu Rate zu ziehen und beim terminus ad quem zu berücksichtigen. In Qumran sind einzelne Fragmente zum Hiobbuch gefunden worden, zu denen die folgenden Texte im Hiobbuch zählen: 4QpaleoJobc enthält Fragmente aus Hi 13; 14 und ist zwischen 225 und 150 v.Chr. verfasst worden. Die Fragmente sind in paleohebräischer Schrift geschrieben und weisen einen archaisierenden Charakter auf.116 4QJoba umfasst einen Teiltext aus Hiobs Schlussrede in Hi 31,14–19 und Teile der Elihureden in Hi 32,3–4; 33,10f.24–26.28–30; 35,16; 36,7–11.13–27.32f.; 37,1–5.14–15.117 Die Textfolge zeigt an, dass die Elihureden in 4QJoba dem Reinigungseid Hiobs gefolgt und integraler Bestandteil der Hiobüberlieferung gewesen sind. Das Fragment 4QJoba stammt aus hasmonäischer Zeit zwischen 100 und 50 v.Chr.118 Da die Elihureden im 1.Jh. v.Chr. in Qumran zur Hiobüberlieferung gehört haben, ist davon auszugehen, dass sie spätestens seit dem 2.Jh. v.Chr. Teil der Hiobkomposition sind. Das Fragment 2QJob enthält die abschließenden inhaltlichen Ausführungen der ersten Elihurede in Hi 33,28–30 und ist zwischen 30 v.Chr. und 68 n.Chr. entstanden.119 Der aramäischsprachige Targum des Hiobbuches ist in den Qumranfragmenten in 11QtgJob enthalten und umfasst Textteile aus Hi 17–42. 120 Die Datierung des Targums in 11QtgJob ist umstritten. Es wird sowohl die Entstehung im 1.Jh. n.Chr. als auch eine Datierung des Textes bereits in der Mitte des 2.Jh. v.Chr. angenommen. 121 Der Targum weist verschiedene 116
Zu den Textfragmenten aus Hi 13; 14 in 4QpaleoJobc vgl. DJD XXXIX, 393; DJD IX, 155–157. Zur paleohebräischen Schrift vgl. SEOW, Job, Introduction, 7 (unveröffentlichtes Manuskript); NEWSOM, Art. Book, 412f. Die folgenden Textfragmente enthalten ebenfalls Teiltexte der Hiobkomposition, jedoch keine Fragmente der Elihureden: 4QJobb stammt aus später hasmonäischer, eventuell früher herodianischer Zeit, ist ins 1.Jh. v.Chr. zu datieren und enthält Hi 8,15–17; 9,27; 13,4; 14,4–6; 31,20f.; vgl. DJD XVI, 179f.; DJD XXXIX, 408. Das Fragment in 4Q157 enthält einen Targum von Hi 3,5.6.9; 4,16.18–21 und Hi 5,1–4 und ist um 20–50 n.Chr. entstanden, vgl. DJD VI, 90; DJD XXXIX, 427. Siehe auch SEOW, Job, Introduction, 6f. (unveröffentlichtes Manuskript). 117 Zum Text siehe DJD XVI, 171–178. 118 Vgl. DJD XXXIX, 392. 119 Vgl. DJD III, 71; DJD XXXIX, 423. NEWSOM, Art. Book, 412f., vertritt die These, dass aufgrund der Textüberlieferung im Fragment 2QJob die Elihureden um die Zeitenwende integraler Bestandteil der Hiobkomposition gewesen sind. 120 Vgl. DJD XXIII, 79–180; DJD XXXIX, 431. Zu den Teiltexten in Hi 32–37 gehören 32,10–17; 33,6–10; 33,24–32; 34,6–17; 34,24–34; 35,6–15; 36,7–16; 36,23–33; 37,10–19. Daneben gibt es Reste eines Targums in 4QtgJob. 121 Zur Spätdatierung des aramäischen Targums vgl. DJD XXIII, 79–180 und DJD XXXIX, 431. Dagegen vertreten MAIER, Qumran-Essener, 344; WITTE, Greek Book, 53, die These, dass der Targum aufgrund sprachlicher Kriterien ins 2.Jh. v.Chr. zu datieren
32
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
Parallelen zur griechischen Übersetzung auf, so dass es möglich ist, dass der Targum bereits den griechischen Übersetzern vorgelegen hat.122 Abschließend lässt sich festhalten, dass der älteste in Qumran erhaltene Textbeleg aus dem Hiobbuch lediglich Fragmente aus Hi 13f. in 4QpaleoJobc umfasst und aus dem beginnenden 3.Jh. v.Chr. stammt. Die Fragmente der Elihureden in 4QJoba, 2QJob und 11QtgJob zeigen an, dass im 1.Jh. v.Chr. die Elihureden in die Hiobkomposition eingefügt gewesen sind. Es ist anzunehmen, dass sie spätestens im 2.Jh. v.Chr. Teil der Hiobkomposition gewesen sind. Die älteste griechische Textfassung des Hiobbuches ist gegenüber dem hebräischen Text in MT um ein Fünftel kürzer.123 Die Auslassungen in den Elihureden betragen in etwa ein Drittel des hebräischsprachigen Textes.124 Trotz des geringeren Umfangs weist die ältere griechische Textfassung der Elihureden einige markante Zusätze auf, die zu einer Änderung des Inhalts führen. Zu den entscheidenden Veränderungen gehört, dass die Septuaginta in Hi 33,15–18 und Hi 36,5–10 die Ausgestaltung von Gottes Erziehung im Leiden reduziert und lediglich in Hi 33,19 und Hi 36,12 aufnimmt. In Hi 33,23f. belegt der griechische Text nicht den Fürspracheengel wie in MT, sondern tausend todbringende Engel.125 Übernimmt die LXX in Hi 34 die Anrede an eine 1.P.Pl., so fehlt ihr doch die Vorstellung von Gottes Gericht und ergänzt dagegen den Gedanken, dass Gott alles ausersehen habe. 126 Darüber hinaus betont sie die Schöpfungsthematik in Hi 34,11–15 und trägt den Gedanken der Ewigkeit Gottes in Hi 34,17 ein, lässt allerdings die Idee der Vergeltung Gottes in Hi 34,11 unberücksichtigt. Die LXX weist in ihrer ältesten Textrekonstruktion der Schlussrede Elihus erhebliche Unterschiede gegenüber MT auf: Die LXX gestaltet Hi 36f. sei. SHEPHERD, Targum, 1–21, nimmt an, dass der 11QtgJob in den drei Jahrhunderten vor der Tempelzerstörung 70 n.Chr. verfasst worden ist. 122 Vgl. W ITTE, Greek Book, 53. Dies unterstützt die Annahme, dass der Targum bereits im 2.Jh. v.Chr. entstanden ist. 123 Siehe den Band der Göttinger Septuaginta-Edition, ZIEGLER, LXX Goettingensis, insbesondere 150f. Zur ältesten griechischen Textfassung vgl. G ENTRY, Materials, sowie SEOW, Job, Introduction, 7–13 (unveröffentlichtes Manuskript); auch FERNÁNDEZ MARCOS, Septuagint Reading, 251–266; COX, Context, 105–116; W ITTE , Greek Book, 33–54. 124 Diese Beobachtung bereits bei FERNÁNDEZ MARCOS, Septuagint Reading, 262, ohne allerdings auf einzelne Beispiele einzugehen. Zu den Auslassungen in der LXX in Hi 32–37 vgl. auch NICHOLS, Composition, 126–147. 125 Zu Hi 33,23f. in der LXX vgl. Kap. 3.1.2.3. 126 Zu Hi 34 vgl. LXX Gottingensis, 363–369. Der aramäischsprachige Targum, der in Qumran überliefert ist, enthält ebenfalls zwei Fragmente aus Hi 34, jedoch fehlen in Qumran hebräischsprachige Texte zu Hi 34. Vgl. DJD XXIII, 79–180; hier 133–137; MARTÍNEZ/ T IGCHELAAR, Scrolls, 1184–1201, hier 1192f.; M AIER, Qumran-Essener, 343–357, hier 350f.
1.4 Entstehungszeitraum und -ort
33
durch die Anrede in Hi 36,1 ebenfalls als Schlussrede Elihus, sie weist jedoch einen gegenüber MT geringeren Umfang auf.127 Die Thematik der einleitenden Verse ist beschränkt auf den Gegensatz zwischen Gerechten bzw. Unschuldigen sowie Gottlosen. Während Gott die Gerechten erhört, erhält er Gottlose nicht am Leben. Als Gottesbezeichnung ist in Hi 36,5.12 489567 „Herr“ belegt. Das Thema der Erziehung Gottes im Leiden findet aufgrund der Auslassungen in 36,5b–9b keine Erwähnung, obwohl es das Hauptthema in MT darstellt. Durchgängig ist eine Person in der 2.P.Sg.m. angeredet, so dass die Schlussrede der LXX stärker an Hiob adressiert ist als die Rede in MT.128 Im Zentrum der Schlussrede steht nicht die Erziehungsthematik, obgleich sie mit :53;? @96?;A? 96=6B7 C3DE?= =F5 :GH;5 IGH67 „[Zeus] who has put men on the way to wisdom by establishing as a valid law ‚By
34
Kapitel 1: Einleitung in die Elihureden
len motivlichen Parallele nicht von hellenistischen Einflüssen in den Elihureden gesprochen werden. 135 Zudem erwähnt die LXX die Erziehungsthematik in Hi 32–37 lediglich vereinzelt, die bei hellenistischen Einflüssen zu erwarten wäre. Der jüdisch-hellenistische Exeget Aristeas, der um 100 v.Chr. zu datieren ist,136 kennt die narrativen Teile des Hiobbuches, in denen Hiob durch den Verlust seiner Herden, seiner Kinder wie seiner eigenen Gesundheit schwere Schicksalsschläge erleidet, ohne dass diese mittels Himmelsszenen durch das Handeln des Satans verantwortet werden. In dieser elenden Lage besuchen ihn Eliphas, Baldad und Sophar sowie Elihu, der Sohn Barachiel, der Boziter. Zur Zeit der Abfassung des Aristeas bilden die Elihureden bereits einen Bestandteil des Hiobbuches und nennen Elihu als eigenen Redner mit väterlicher Abstammung.137 Als terminus a quo zur Bestimmung des Entstehungszeitraums der Hiobkomposition liegen in spätnachexilischer Zeit ein etabliertes monotheistisches Gotteskonzept, eine anerkannte Wohlordnung der Schöpfung und die deuteronomistische Theologie vor. Als terminus ad quem dient die älteste Textfassung der griechischen Übersetzung in der LXX. Sie ist in das 2.Jh. v.Chr. zu datieren, da Aristeas an der Schwelle vom 2. zum 1.Jh. v.Chr. sicher um die Hiobüberlieferung inklusive der Elihureden gewußt hat. Zudem können die hebräischsprachigen Fragmente aus Qumran in das 1.Jh. v.Chr. und der Targum in das 2.Jh. v.Chr. datiert werden. Es ist daher
suffering they shall win understanding‘.“ Siehe ebenfalls HERODOT, Historien 1, 207, =J 3K I65 :HLI= MN?= OPG95= IHLI= QKQ6?;. „Meine bitteren Leiden sind mir zur Lehre geworden.“ 135 TREVES, Book, 261–270, vertritt dagegen die These, dass das Hiobbuch in Gänze aus hellenistischer Zeit stammt und in Stil und Genre Parallelen zur griechischsprachigen Philosophie, insbesondere zum Dialog Platons, aufweist. Da keine Verweise auf Kriegserfahrungen im Hiobbuch anklingen, sei das Buch in der 2.Hälfte des 2.Jh. v.Chr. entstanden, die Elihureden seien jedoch einige Jahre später ergänzt worden. In Hi 37,12 meint TREVES, Book, 267, griechische Einflüsse auf Eratosthenes zu erkennen. Im Unterschied zum Hiobbuch sind im Koheletbuch, das ebenfalls der alttestamentlichen Weisheitsliteratur angehört, Spuren griechischen Denkens durch die Integration eines hellenistischen apersonalen Schicksalsglaubens in alttestamentlicher Weisheit nachweisbar. Zu den Einflüssen des hellenistischen Gedankenguts im Koheletbuch vgl. HENGEL, Judentum, 210–240; KRÜGER, Kohelet, 43f.; SPIECKERMANN, Art. Hiob, 1778; DERS., Gott, 104–124, insbesondere 109–115. 136 Zum Exegeten Aristeas vgl. WALTER, Aristeas, 293f.; W ITTE, Greek Book, 53. 137 Vgl. W ALTER, Aristeas, 295f. Auch das Testament Hiobs kennt Elihu, schätzt ihn jedoch als eine sündhafte Person ein. Dem Testament Hiobs liegt das Hiobbuch in der griechischen Übersetzung als Textvorlage zugrunde. Es ist frühestens im 1.Jh. v.Chr., jedoch eher im 1. oder 2.Jh .n.Chr. verfasst. Zur zeitgeschichtlichen Einordnung des Testaments Hiobs vgl. SCHALLER, Testament, 309–312.
1.4 Entstehungszeitraum und -ort
35
plausibel, dass die Verschriftung der Hiobkomposition bis zum 3.Jh. v.Chr. stattgefunden hat. Da die Elihureden zu den jüngeren Textpassagen der Hiobkomposition gehören, sind sie spätestens im frühen 3.Jh. v.Chr., frühestens im späten 4.Jh. v.Chr. in das Korpus des Hiobbuches integriert worden.138 Die Analyse und Komposition der Elihureden kommt zu dem Ergebnis, dass die Elihureden durch verschiedene Autorenkreise fortgeschrieben und über mehrere Jahrzehnte und Generationen hinweg entstanden sind. Es ist daher möglich, dass die Grundschicht der Elihureden im 4.Jh. v.Chr. in das Textkorpus ergänzt worden ist, während die Bearbeitungen und die Umgestaltung in vier Monologe erst im 3.Jh. v.Chr. abgeschlossen gewesen sind. Eine Tradierung der Grundschicht der Elihurede losgelöst vom Hiobbuch ist ausgeschlossen. Denn die Texte in Hi 32–37 wären ohne die Einbindung in Hiobs Unschuld in seinen Klagen und die Reden der Freunde, aber auch ohne das Wissen um die Himmelsszenen im Prolog, die abschließende Verurteilung der Freunde durch Gott und die Restitution Hiobs unverständlich geblieben. Als Entstehungsort der Elihureden in Hi 32–37 ist derjenige Ort, an dem das Hiobbuch entstanden und überliefert worden ist, anzunehmen. Die Hioberzählung in der Rahmenhandlung deutet aufgrund der Herkunftsbezeichnungen der Akteure auf eine von Palästina aus orientierte Lokalisierung des Hiobbuches hin. 139 Darüber hinaus deutet der hebräische Name Elihus mit seiner familiären Herkunft auf die Entstehung der Reden in Israel hin.140 Die sich in den Elihureden widerspiegelnde theologische Reflexion ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit unter Gelehrten und Weisen in Israel entstanden.
138 In ihrer kompositionsgeschichtlichen Studie geht NICHOLS, Composition, 103–109; 115; 147–152, davon aus, dass die Elihureden um 400 v.Chr. und zeitnah nach der Entstehung des Hiobbuches in das Textkorpus ergänzt worden sind. Ohne die Ergänzung von Hi 32–37 wäre das Hiobbuch kaum in religiösen Zirkeln weitertradiert worden. E WALD, Buch, 297, nimmt dagegen an, dass die Elihureden erst 100–200 Jahre später in die Dichtung ergänzt worden sind. WEINBERG, Elihu, 149–166, identifiziert Elihu als Autor des Hiobbuches und datiert die Hiobkomposition und die Elihureden ins 4.Jh. v.Chr. GUGGISBERG, Gestalt, 100, datiert die Elihureden ca. 300 v.Chr. in frühhellenistische Zeit. SCHMID, Literaturgeschichte, 177–180; 183, nimmt die Ptolemäerzeit im 3.Jh. v.Chr. als Entstehungszeit der Elihureden an. NEWSOM, Book, 204f., vertritt die Ansicht, dass Hi 32–37 in spätpersischer oder frühhellenistischer Zeit entstanden seien. Die Aramaismen und das linguistische Profil der Reden deuten ihrer Meinung nach auf einen späten Weisheitstext aus dem 3.Jh. v.Chr. hin. 139 Vgl. FOHRER, KAT, 42f.; zum Ort und zur intellektuellen Welt, in der die Hiobkomposition entstanden ist, vgl. KNAUF, Heimat, 64–67; SCHMID, Authors, 149; 153 140 Vgl. LÉVÊQUE, Job, 570f.
KAPITEL 2
Analyse der Elihureden 2.1 Einführung Die Reden des Elihu umfassen vier Monologe in Hi 32,6–33,33; 34,1–37; 35,1–16 und 36,1–37,24 und sind durch Bi- und Trikola im Parallelismus membrorum geschrieben. Die narrative Einleitung in Hi 32,1–5 markiert den Beginn der Elihureden und begründet das Auftreten Elihus. Seine Einführung ist notwendig, da der Redner Elihu weder im Prolog in Hi 1–2, noch in der Dialogdichtung in Hi 3–31 erwähnt ist. Elihu bleibt auch im Epilog ungenannt, obwohl Hiob, seine Freunde und Gott in Hi 42,7–17 nochmals genannt sind. Signalisiert die prosaische Einleitung deutlich den Anfang der Elihureden, so fehlt ein eindeutiges Textindiz in Hi 37 zur Beendigung der Elihureden. Erst die Erwiderung JHWHs in Hi 38,1 deutet den Schluss der Reden Elihus an. Im Unterschied zu MT expliziert die LXX das Ende der Elihureden, bevor Gott seine Rede in Hi 38,1 eröffnet.1 Die Analyse der Elihureden bildet den ersten Hauptteil der Arbeit und legt im Anschluss an die Übersetzung jede einzelne Elihurede textorientiert aus. Der Interpretation folgt ein Rückblick auf die Textentstehung mit den Ergebnissen der Analyse. Die Zusammenfassung beschließt das Kapitel und leitet zur Komposition der Elihureden als zweitem Hauptteil über.
2.2 Die narrative Einleitung und die Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33 2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
2.2.1 Einleitung Hi 32–33 lassen sich in die narrative Einleitung in Hi 32,1–5 sowie die in poetischer Sprache verfasste Rede in Hi 32,6–33,33 gliedern. Die Selbsteinführung Elihus in Hiob 32,6–22 und seine Erwiderung an Hiob in Hi 33 bilden die beiden Teile der Eröffnungsrede.
Vgl. die Ergänzung in Hi 38,1: I;=J 3R => :8EEH5 STU56V? =W7 UKX;Y7 ;Z:;? C 489567 =[ S\] 35J U^U:67 4_ ?;@F?, vgl. LXX Gottingensis, 383. 1
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
37
Die Einleitung in Hi 32,1–5 knüpft an die Dialogdichtung an, indem auf ihre bisherigen Akteure verwiesen wird. Nachdem die Freunde mit ihren Antworten zum Ende gekommen sind, ergreift Elihu das Wort. Die Redeeröffnungsformel in Hi 32,6a leitet von der narrativen Einleitung zur Eröffnungsrede Elihus über. Hi 32,1-6 führen Elihu als zornigen und geduldigen Redner ein, der sich von Hiob und von seinen Freunden distanziert. Die Eröffnungsrede stellt Elihu in Hi 32,6a–17 als autoritativen Redner gegenüber seinen Vorrednern und in Hi 33,1–7 vor Hiob dar. Auf die Selbsteinführung Elihus folgt, anknüpfend an Zitate Hiobs in Hi 33,9–11 und deren thetischer Negierung in Hi 33,12–14, die erste argumentative Darlegung Elihus in Hi 33,15–30. Sie thematisiert Traum, Vision und Krankheit als Gottes Offenbarungsmedien, Gottes Erziehung des leidenden Menschen und seine Befreiung vom Leiden. Die Befreiung kann ein Fürspracheengel vermitteln, indem er sich dem leidenden Menschen gnädig zuwendet. Elihus Interesse besteht nicht mehr darin, nach der Ursache des Leidens zu fragen, sondern die Befreiung vom Leiden in den Blick zu nehmen. Er favorisiert die These, dass Gott durch Leiden erzieht und Gottes Erziehung auf die Befreiung vom Leiden zielt. Den Schluss der Rede bilden zwei Höraufrufen in Hi 33,31.33 und eine Redeaufforderung an Hiob in 33,32. 2.2.2 Übersetzung Hiob 32 1. Da sind diese drei Männer2 zum Ende gekommen, Hiob zu antworten, denn er war gerecht in seinen Augen. 3 2. Darauf entbrannte der Zorn Elihus, des Sohnes Barachels, des Busiters, aus der Sippe Ram;4 über Hiob ist sein Zorn entbrannt, weil er sein Leben5 gegenüber6 Gott als gerecht betrachtet hat,
2 LXX Gottingensis, 353, übersetzt mit 6` =9;A7 @^U65 a=6V „seine drei Freunde“ und hält an der Charakterisierung als Freunde fest. 3 Anstelle von "!' in MT bezeugen Sym., LXX, Syr. !' „in ihren Augen“. Dem schließen sich HÖLSCHER, HAT, 78; STRAUSS, BK, 242; 274; LÉVÊQUE, Job, 576 an. Dem masoretischen Text hingegen folgen B UDDE, HK, 196; 198; WEISER, ATD, 216; FOHRER, KAT, 446; DE W ILDE, Buch, 306; 309; W AHL, Schöpfer, 38; MENDE, Leiden, 14; 17; P OPE, AncB, 210; CLINES, WBC 18A, 683; HARTLEY, NICOT, 428. 4 Die LXX nennt STU56V7 und b9P5cU als Eigennamen, ohne deren Bedeutung wiederzugeben. An die Sippe anschließend ergänzt sie mit =W7 deE^=5367 PD97 Elihus Herkunftsland, das mit dem Hiobs identisch ist; vgl. LXX Gottingensis, 207; 353. 5 Das Nomen $(! ist mit „Leben“ wiedergegeben, vgl. 18Gesenius, s.v. $(!, 833–836; HALAT, s.v. $(!, 672–674; SEEBASS, Art. $(!, 531–555. 6 Zur Wiedergabe des -separativum, vgl. die Interpretation in Kap. 2.2.3. sowie die Ausführungen in Kap. 3.3.2.
38
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
3. 7und über seine drei Freunde ist sein Zorn entbrannt, weil sie keine Antwort gefunden haben, so dass sie Gott8 als Frevler erscheinen ließen. 4. 9Doch Elihu hat mit Worten gegenüber Hiob gewartet10, denn sie waren älter als er an Tagen. 5. Da sah Elihu, dass es keine Antwort im Mund der drei Männer gab, und sein Zorn entbrannte. 6. Da antwortete Elihu, der Sohn Barachels, der Busiter, und sagte:11 Jung bin ich an Tagen, aber ihr seid Hochbetagte, daher hatte ich Angst und ich fürchtete mich, euch mein Wissen zu verkünden. 7. Ich sagte: Betagte sollen reden und Bejahrte sollen Weisheit kundtun. 8. Jedoch, Geist ist es, der in einem Menschen ist, 12 und der Atem Šaddays bringt sie zur Einsicht.
4QJob a belegt Hi 32,3b.4 ebenfalls; der Eigenname Elihu wird in V.4 nicht " wie MT, sondern " wie in Vv.1.2.6 geschrieben. 8 Nach der Tiqun Sopherim ist nicht " „Hiob“ (MT), sondern
„Gott“ ursprünglich; vgl. LXX Gottingensis, 354, 4_ fH;?=6 a=>? ;Z?5 OE;W „und sie erachten ihn [s.c. Hiob] gottlos zu sein“. 4QJoba belegt eine Leerstelle, so dass sowohl die Tiqun Sopherim mit " als auch
als Objekt möglich wären, vgl. DJD XVI, 172f. An MT halten DUHM, KHC, 153; STRAHAN, Book, 266; WEISER, ATD, 216; STRAUSS, BK, 242; CLINES, WBC 18A, 683f., fest. Es lesen
HÖLSCHER, HAT, 78; FOHRER, KAT, 446; P OPE, AncB, 212; MENDE, Leiden, 15; 17; W AHL, Schöpfer, 38. Dass die Freunde Gott für schuldig erklären, bildet einen angemessenen Anknüpfungspunkt für die Elihureden, da Elihu dieser Aussage widerspricht und Gott ins Recht zu setzen gedenkt. Da jedoch die Reden der Freunde einen Schuldspruch über Gott in Hi 4–25 nicht belegen, ist mittels der Tiqun Sopherim Hiob als Objekt eingetragen worden, so dass zum einen die Urteile der Freunde über Hiob angemessen wider gegeben, zum anderen die theologische Brisanz der Aussage entkräftet wird. Denn es dürfte auch für den Verfasser der Elihureden eine gedankliche Unmöglichkeit darstellen, dass Menschen Gott ins Unrecht setzen könnten. Vgl. STRAUSS, BK, 243f.; 276, der dieses jedoch anbringt, um gegen die Tiqun Sopherim zu votieren. Berücksichtigt man zudem, dass Elihu selbst in Hi 34,17 anfragt, ob sein Gegenüber Gott für schuldig erklären könne, so ist die Annahme berechtigt, dass in Hi 32,3 der aus der Perspektive Elihus dargestellte Vorwurf an die Freunde Hiobs gerichtet ist, dass sie Gott für schuldig erklärten. Daher ist die Tiqun Sopherim als ursprüngliche Lesart anzusehen. 9 In der ältesten Fassung der LXX sind die Vv.4b–5 nicht übersetzt; vgl. LXX Gottingensis, 354. 10 Zu in Hi 32,4a; vgl. HALAT, s.v. , 300; 18Gesenius, s.v. , 348; auch MENDE, Leiden, 15; 18; STRAUSS, BK, 242; CLINES, WBC 18A, 648. 11 Die älteste Textfassung der LXX überliefert Hi 32,6–11a.13f.17–22, vgl. LXX Gottingensis, 354–357. 12 LXX Gottingensis, 355, übersetzt mit OUUJ :?;VIG ME=5? M? 96=6A7 „sondern Geist ist in Sterblichen“ und betont die Endlichkeit, Begrenztheit und Sterblichkeit des Menschen. 7
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
39
9. Weder sind Betagte weise noch verstehen Alte Recht.13 10. Daher sage ich: Höre14 mich. Ich will mein Wissen verkünden, auch ich. 11. Seht, ich habe auf eure Worte gewartet, ich höre15 auf eure einsichtigen Gedanken16, bis (zum Abschluss) eurer ergründeten Worte. 12. Und ich habe euch meine Aufmerksamkeit zugewandt 17, doch siehe, es gibt für Hiob keinen Zurechtweiser, einen von euch, der seinen Worten antwortet. 13. Dass ihr nicht sagt: Wir haben Weisheit gefunden, Gott wird ihn wegwehen,18 nicht ein Mensch. 14. Es haben sich aber zu mir keine Worte gestellt, und mit euren Worten werde ich ihm nicht erwidern. 15. Sie sind zerbrochen, sie haben nicht mehr geantwortet, Worte sind ihnen ausgegangen. 16. Doch ich wartete, da sie nicht redeten; denn sie stehen still, sie antworteten nicht mehr. 17. Ich19 will antworten, auch ich, mein Teil. Ich will mein Wissen verkünden, auch ich. 18. Denn ich bin angefüllt mit Worten, der Geist meines Inneren20 drängt mich.
13 Die Wendung !+" […] ist als doppelte Verneinung zu verstehen, vgl. LXX Gottingensis, 355; so auch FOHRER, KAT, 448f.; MENDE, Leiden, 15; STRAUSS, BK, 242; W AHL, Schöpfer, 46. 14 MT belegt einen Adhortativ in der 2.Sg.m.; dagegen belegen den Imp.Pl. LXX Gottingensis, 355 (O468E=K I6e); Vulg.; Syr.; Ms 196; Ms 554; vgl. DE ROSSI, Biblia, 189. Die Anrede im Sg. ist im Mikrokontext als lectio difficilior anzusehen, da in Vv.6.11–14 eine pluralische Anrede vorliegt. Die Änderung in den Imp.Pl. lässt sich als Anpassung der Anrede in der Eröffnungsrede verstehen; im Makrokontext der Elihureden überwiegt die Anrede an Hiob mit dem Imp.Sg. MT gehört daher zum ursprünglichen Textbestand. So auch EWALD, Hiob, 300; MENDE, Leiden, 19; FOHRER, KAT, 449; STRAUSS, BK, 242; 244. Dem Text in der LXX folgen WEISER, ATD, 217 und W AHL, Schöpfer, 46. HÖLSCHER , HAT, 78, streicht den Vers. 15 Als Abschreibfehler durch Auslassung des ersten ist ursprünglich zu lesen anstelle von MT ; vgl. FOHRER, KAT, 449; MENDE, Leiden, 19; STRAUSS, BK, 244. 16 So HALAT, s.v. !", 1548f., hier 1549. Weitere Belege im Pl. nur in Jes 40,14; Ps 49,4; 78,72; Prov 28,18. 17 Die Wendung #' !" ist nur noch in Hi 38,18 belegt. 18 Es sind mit "!(# (stoßen), Ms 245, und "!(# (verfolgen), Ms 207, vgl. D E ROSSI, Biblia, 190, zwei weitere Lesarten bezeugt. KENNICOTT, Testamentum, 511, gibt "!(# in Ms 48 und "!(#* in Ms 82 als Textzeugen an. Jedoch ist an MT festzuhalten; so auch FOHRER, KAT, 448; MENDE, Leiden, 20; W AHL, Schöpfer, 49; vgl. 18Gesenius, s.v. %#!, 786. LXX Gottingensis, 356, übersetzt mit ;g96I;? E6@^? 4e9^h „wir finden Weisheit über Gott“. 19 LXX Gottingensis, 356, ergänzt eine Redeeinleitung i:6U]? 3R STU56V7 UKQ;5 „und Elihu antwortete und sagte“.
40
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
19. Siehe, mein Inneres: wie Wein wird es nicht geöffnet, sondern wie neue Schläuche wird es gespalten. 20. Ich will reden, dass ich mich erleichtere, ich werde meine Lippen öffnen, dass ich antworten werde. 21. Nicht jedoch werde ich für einen Mann Partei nehmen, 21 und einem Menschen werde ich keinen Ehrennamen geben. 22 22. Denn ich weiß nicht einen Ehrennamen zu geben, nach kurzer Zeit nähme mich [sonst] mein Schöpfer weg. 23
Hiob 3324 1. Hingegen, Hiob, höre doch meine Worte und höre auf alle meine Reden! 2. Siehe doch, ich habe meinen Mund geöffnet25, meine Zunge spricht aus meinem Gaumen. 3. Die Rechtschaffenheit meines Verstandes sind meine Worte, und das Wissen meiner Lippen, Lauteres künden sie. 4. Der Geist Gottes hat mich gemacht und der Atem Šaddays belebt26 mich. 5. Wenn du kannst, erwidere mir, stelle dich vor mir auf, finde dich ein! 6. Siehe, ich bin wie dein Mund für Gott, aus Lehm wurde auch ich abgekniffen. 7. Siehe, mein Schrecken wird dich nicht aufschrecken, und meine Hand27 wird auf dir nicht schwer lasten.
20 Zur Übersetzung von j mit „Inneres“ oder „Leib“ vgl. 18Gesenius, s.v. j, 139f; STRAHAN, Book, 267. 21 Vgl. zur Übersetzung HALAT, s.v. ! k „Angesicht“, 886–890, hier 887; so auch DUHM, KHC, 156; HÖLSCHER, HAT, 78; FOHRER, KAT, 449; P OPE, AncB, 211; W AHL, Schöpfer, 51; STRAUSS, BK, 243; CLINES, WBC 18A, 681; 723. B UDDE, HK, 204, übersetzt mit „Person ansehen“. 22 Die Übersetzung von ! in Verbindung mit „einen Ehrennamen geben“; vgl. 18 Gesenius, s.v. ! pi., 554f.; vgl. auch STRAUSS, BK, 243. Mit „schmeicheln“ übersetzen hingegen HÖLSCHER, HAT, 78; FOHRER, KAT, 449; W AHL, Schöpfer, 51; MENDE, Leiden, 16. 23 Gott als Schöpfer Elihus zu nennen, ist in LXX Gottingensis, 357, nicht belegt. 24 LXX, Gottingensis, 357–363, übersetzt in ihrer ältesten rekonstruierbaren Textfassung allein Hi 33,1–7.8b–19a.20a.21–27.30.31a. 25 Die Wendung ( ( „ich habe meinen Mund geöffnet“ nur in Hi 3,1; 33,2; Jes 53,7; Ez 3,2; 21,27; Ps 38,14; 39,10; 78,2; 109,2; Prov 24,7; 31,8f.26; Dan 10,16; Sir 15,5. 26 LXX Gottingensis, 358, belegt in 33,4b :?6c 3R :?=649G=6967 l 353GE46eEG I; „der Atem des Allherrschers lehrt mich.“ 27 % ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 187; HALAT, s.v. % „Hand“. LXX Gottingensis, 358, übersetzt mit P;^9 „Hand“; so auch DUHM, KHC, 157. Dagegen FOHRER, KAT, 452; 454, der mit „Drängen“ übersetzt; G ORDIS, MorS II, 372f., übersetzt mit „pressure, weight“. Eine ähnliche Aussage ist in Hi 9,34b; 13,21 überliefert. In den Reden Hiobs ist von Gottes Hand gesprochen, die Hiob nicht aufschrecken möge. In Hi
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
41
8. So hast du vor meinen Ohren gesagt, und ich höre den Klang der Worte: 9. ‚Rein bin ich, ohne Verfehlung, sauber28 bin ich, und ich habe kein Vergehen. 29 10. Siehe, er findet Beschwerden30 gegen mich, er hält mich für seinen Feind. 11. Er stellt meine Füße in den Pflock, er bewahrt alle meine Wege. 31 12. Siehe, in diesem hast du nicht Recht, werde ich dir antworten, denn Gott ist größer als der Mensch. 13. Warum streitest du mit ihm, denn allen seinen32 Worten erwidert er nicht. 14. Denn durch eines spricht Gott und durch ein zweites betrachtet man 33 es nicht. 15. Während eines Traumes, (in) Nachtgesichten, während Tiefschlaf auf Menschen fällt,34 im Schlummer auf einem Bett, 16. da öffnet er35 das Ohr der Menschen und durch ihre Erziehung drückt er sein Siegel auf,36
12,9; 19,21 erwähnt Hiob, dass Gottes Hand ihn berühre. Zur Ausgestaltung des HandMotivs vgl. KÖHLMOOS, Auge, 159f.; 272; vgl. HABEL, OTL, 302; LINDSTRÖM, Suffering, 246. 28 Das Adjektiv % „sauber“ ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 190. LXX Gottingensis, 358f., übersetzt mit mI;I:=67 3K ;nI5 „untadelig bin ich“ und verwendet ein in der LXX in Hi 1,1.8; 2,3 belegtes Adjektiv zur Charakterisierung Hiobs. Ein sprachlicher Bezug zum Prolog fehlt in MT. 29 Vv.10–11 belegt 4QJob a, Frg. 3, vgl. DJD XVI, 173. 30 Die Übersetzung von ""! „Beschwerden, Klagen“ ist unklar, so HALAT, s.v.
"!, 1621. DUHM, KHC, 158; HÖLSCHER, HAT, 80; W AHL, Schöpfer, 57, übersetzen mit „Vorwände“. MENDE, Leiden, 30; 33, übersetzt mit „Feindschaften“ durch Herleitung des Substantivs von der Verbalwurzel "! „sich weigern, abhalten, verhindern“. 31 LXX Gottingensis, 359, fügt in Vv.12–13 zwei weitere Zitate Hiobs an: :F7 QJ9 UKQ;57 3^45o7 ;nI5 4_ 6a4 M:4L46K? I6e nD?567 QG9 ME=5? C M:G?Y 96=F?. UKQ;57 3K 35J =^ =W7 3^4p7 I6e 6a4 M:4L46;? :q? rWI „Denn in welcher Weise sprichst Du: Gerecht bin ich, hört er mich nicht? Denn der Ewige ist höher als die Sterblichen. Du aber sagst: Hört er nicht durch mein Recht jede Rede?“ Hi 33,12 aus MT bleibt in der griechischen Übersetzung unübersetzt. Dass Hiob 3^4567 „gerecht“ sei, wird in LXX aus Hi 32,1 wiederholt und ist in Hi 1,1 genannt; vgl. auch MARCOS, Reading, 264. 32 Das Personalpronomen ist auf $"! „Mensch“ in Hi 33,12b bezogen; so H ÖLSCHER, HAT, 80; MENDE, Leiden, 34. 33 In Hi 33,14b kann Gott unmöglich wie in V.14a Subjekt sein, so dass unpersönlich zu übersetzen ist; vgl. FOHRER, KAT, 452; MENDE, Leiden, 34f. 34 Das Trikolon in Hi 33,15 fällt nach den Bikola auf. Da Hi 33,15a mit 4,15 identisch ist, kann er als Glosse gestrichen werden; vgl. Kap. 2.2.5.3. 35 Logisches Subjekt ist Gott aus Hi 33,14a; vgl. FOHRER, KAT, 453; MENDE, Leiden, 30; 35. 36 Die Textüberlieferung und die wörtliche Übersetzung von s" „und in ihren Fesseln bestätigt er sie“ sind problematisch; vgl. dazu C LINES, WBC 18A, 685f. Dies
42
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
17. um einen Menschen von einer Tat abzubringen37 und er bedeckt38 den Stolz von dem Mann.39 18. Er hält sein Leben40 von der Grube zurück und sein Leben vom Durchqueren des Unterweltkanals41.
zeigt bereits LXX Gottingensis, 360, mit ihrer Übersetzung M? ;t3;E5? @o6e =6568=657 a=6B7 MX;@opE;? „durch derartige Bilder der Furcht hat er sie geschreckt“. In MT passt s „Fessel“ nicht in den Kontext der Träume und Visionen; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, I 287f. Dagegen überliefern Vulg. und mittelalterliche Handschriften in Ms Harley 1528
s bzw. s" die Thematik der Erziehung; vgl. Kennicott; De Rossi; die Editionen der Biblia Hebraica (Neapel 1491–1493; Brescia 1494; Pesaro 1511–1517) und die Rabbinerbibel (Venedig 1517). Es kann durch die veränderte Vokalisation von k sk u an MT festgehalten und mit „und in ihrer Erziehung“ übersetzt werden; vgl. auch HABEL, OTL, 456; 458; MENDE, Leiden, 35; STRAUSS, BK, 246; 286; siehe auch 18Gesenius, s.v. s", 644; HALAT, s.v. s", 528. Das Verbum q. „versiegeln, bestätigen“ ist allein in I Reg 21,8; Est 3,12; 8,8.10; Jes 8,16; Ez 28,12; Jer 32,10.44; Dan 9,24; 12,4; Hi 9,7; 33,16 belegt. Aufgrund der o.g. griechischen Übersetzung sowie der Nennung von schreckenden Träumen in Hi 7,14 wird anstelle von q. die Verbalform pi. „schrecken“ gelesen, vgl. 18Gesenius, s.v. , 412f; ebenso s.v. , 411. Daran schließen sich BUDDE, HK, 208; WEISER, ATD, 218; FOHRER, KAT, 453; P OPE, AncB, 215; 218; GORDIS, MorS II, 375; W AHL, Schöpfer, 59f. an. Darüber hinaus ändern gemäß der LXX, teils auch unter Bezug auf Hi 7,14 s in , so DUHM, KHC, 159; DRIVER/ GRAY, ICC, I 288; II 242f.; DHORME, EtB, 450f.; LÉVÊQUE, Job, 579; HÖLSCHER, HAT, 80, und CLINES, WBC 18A, 682. Berücksichtigt man abschließend die Umvokalisation und die Thematik über Gottes Erziehung des Menschen in Hi 33,19, so ist am Konsonantenbestand von MT festzuhalten. 37 Neben v' in MT bezeugen Vulg. und Syr. " v', das durch Haplographie der Konsonanten des vor- wie nachstehenden Wortes, # und "&", zustande gekommen ist. Dieser Lesart schließen sich D RIVER/ GRAY, ICC, II 243; HÖLSCHER, HAT, 80; FOHRER, KAT, 454 an. 38 MT bezeugt das Verbum s pi. „bedecken‚ verbergen“, vgl. HALAT, s.v. s, 464f. Daran halten DHORME, EtB, 451f.; P OPE, AncB, 218; GORDIS, MorS II, 375; HABEL, OTL, 458; MENDE , Leiden, 36, fest. Einige Handschriften bezeugen s „abhauen, abschneiden, tilgen“, vgl. HALAT, s.v. s, 465; so DUHM, KHC, 159; B UDDE, HK, 208; DRIVER/ GRAY, ICC, I 288; II 244; HÖLSCHER, HAT, 80; WEISER, ATD, 218; LÉVÊQUE, Job, 579; FOHRER, KAT, 453f.; W AHL, Schöpfer, 59f.; CLINES, WBC 18A, 682. 39 In V.17 ist Gott logisches Subjekt des Infinitivs, der syntaktisch an die beiden Verbformen
& und in V.16 anschließt. So auch HÖLSCHER, HAT, 80f.; P OPE, AncB, 215; FOHRER, KAT, 453; 458; W AHL, Schöpfer, 59; CLINES, WBC 18A, 682; 696; 732. Dagegen MENDE, Leiden, 30; 35f.; STRAUSS, BK, 246, die den # „Mensch“ als Subjekt zu s
„abbringen“ erachten. 40 Die Nomen $(! „Seele, Leben“ und „Leben, Sterblichkeit, Wohlsein, Lebendigkeit, Aktivität“ sind synonym verwendet und daher beide mit „Leben“ zu übersetzen. Vgl. RINGGREN, Art. , 874–898. 41 Die Übersetzung von ist unsicher, vgl. HALAT, s.v. IV , 1405. 17Gesenius, s.v. I , 833, nennt als Grundbedeutung eine in der Hand getragene Waffe oder einen Schössling. LXX Gottingensis, 360, übersetzt mit M? :6UKIh „im Krieg“. B UDDE, HK, 208f., übersetzt mit „Geschoss“. So auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 288; II 244f.; W EISER, ATD, 218; MENDE, Leiden, 36. FOHRER, KAT, 453, übersetzt mit „in den Spieß zu ren-
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
43
19. Er [der Mensch] wird zurechtgewiesen im Schmerz auf seinem Bett, der Streit42 seiner Knochen ist beständig. 20. Sein Leben ekelt43 sich vor der Nahrung und sein Leben vor der Lieblingsspeise44. 21. Sein Fleisch schwindet weg vom Sehen 45, und seine Knochen werden fleischlos46, sie werden nicht gesehen. 22. Deshalb nähert sich sein Leben der Grube und sein Leben denen, die den Tod verursachen47.
nen“; STRAUSS, BK, 246, vertritt die These, es handle sich bei um ein aus dem Ugaritischen abgeleitetes Wort, das eine kleine Handwaffe darstellt, und er übersetzt daher mit „bevor er ins Messer gerät“. DUHM, KHC, 159; HÖLSCHER, HAT, 80, bringen mit
" „Unterwelt“ in Zusammenhang. Dagegen verstehen DHORME, EtB, 452f.; LÉVÊQUE, Job, 579; P OPE, AncB, 215; 218; HABEL, OTL, 456; 468f., als „Kanal“ unter Verweis auf ) . W AHL, Schöpfer, 59, übersetzt mit „Unterweltsfluß“, so auch G ORDIS, MorS II, 362; 375f.; CLINES, WBC 18A, 682; 733, mit „river of death“. Diese Bedeutung lässt sich aus dem Keret-Epos in KTU 1.14, Kol. I, Z. 21, herleiten. Im Akkadischen verweist šiliۊtu auf den mythologischen Fluss der Unterwelt. Dass die Seele einer Person den Unterweltfluss auf ihrer Reise zum Tod passieren muss, ist ebenfalls in der Babylonischen Theodizee, belegt, vgl. TUAT III, Z.16–17, 147; LAMBERT, Wisdom, 70f.; P OPE, , die Parallelen zum UgariAncB, 218; HABEL, OTL, 468f. Die semantische Nähe zu w x tischen und Akkadischen wie auch die Annahme eines durch und ausgedrückten synonymen Parallelismus membrorum in 33,18 lassen die Übersetzung „Unterweltkanal“ sehr wahrscheinlich erscheinen. 42 Dem Qetib „Streit“ schließen sich P OPE, AncB, 218; MENDE, Leiden, 30; 36; C LINES, WBC 18A, 698, an. Dagegen folgen dem Kere " „Schwund“ HÖLSCHER, HAT, 80f.; W AHL, Schöpfer, 62. 43 ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 184. 44 Vgl. HALAT, s.v. " „Verlangen, Wunsch, Begehren, Gier“, 1542–1544. 45 Zu vgl. HALAT, 1084f. Das Wort umfasst das Bedeutungsspektrum „Aussehen“ (I Sam 16,12), „Schau, Schaustück“ (Nah 3,6) und „Sehen, Anblick, Offenbarung, Schauen“ (Hi 33,21). Darüber hinaus ist es nur noch in Gen 16,13 als Gottesbezeichnung „Gott des Schauens“, vgl. V ON RAD, Genesis, 148, belegt. 46 Vgl. HALAT, s.v. ($, 1495. Die Verbalwurzel ist nur in Jes 13,2; Hi 33,21 belegt. Anstelle von ($ in MT ist mit Qere "($ als ursprünglicher Text zu lesen; vgl. auch G INSBURG, Writing, 539. Die Änderung in ($ lässt sich aufgrund eines Abschreibfehlers vom vorangehenden Wort erklären. 47 ist als Pt.Pl.m., " hi. „töten“ zu analysieren; vgl. DHORME, EtB, 456; CLINES, WBC 18A, 699f. Weitere Belege des Pt.Pl.m. in II Reg 17,26; Jer 26,15 und des Pt.Sg.m. in I Sam 2,6. LXX Gottingensis, 361, übersetzt mit yQQ5E;? 3R ;n7 HG?=6? l zePc a=6V l 3R {Yc a=6V M? |3} „Aber seine Seele nähert sich dem Tod, sein Leben der Unterwelt.“ Die Nomina HG?=67 und |3p7 sind parallel verwendet, so dass LXX die Worte $ und synonym versteht. CLINES, WBC 18A, 682, bemüht sich um eine möglichst wortgetreue Übersetzung durch „those who bring death“. STRAUSS, BK, 246; 249f., hingegen ändert unter Verweis auf II Chr 22,11 in die Passivform u und übersetzt V.22 „So nähert sich sein Leben der Grube, (und) seine Existenz denen, die getötet werden sollen“. Die Übersetzung „Todesengel“ oder „Todesboten“ wählen EWALD, Hiob, 302; 305; DRIVER/ GRAY, ICC, I 289f.; GORDIS, MorS II, 362; 376f.; FOHRER, KAT, 454; M ENDE, Leiden, 31; WEISER , ATD, 218. D UHM , KHC, 160 und BUDDE ,
44
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
23. 48Wenn es um seinetwillen49 [sc. des Menschen] einen Engel gibt, einen Fürsprecher, einen von Tausend, dem Menschen seine Rechtschaffenheit mitzuteilen, 24. dann ist er [sc. der Engel] ihm gnädig und spricht: Befreie50 ihn vom Hinuntergehen in die Grube, ich habe ein Lösegeld gefunden. 25. Sein Fleisch wird von Jugend kräftig sein, er wird zurückkehren zu den Tagen seines Jugendalters. 26. Er [sc. der Engel] wird zu Gott beten und er [sc. Gott] wird ihm [sc. dem Menschen] freundlich gesinnt sein, so dass er sein Angesicht in Jubel sehen lässt51 und er dem Menschen seine Gerechtigkeit zurückgibt. 27. Er [sc. der Mensch] singt 52 vor53 Menschen und er sagt: ‚Ich habe gesündigt, Rechtschaffenes habe ich verdreht, und er [sc. Gott] ist mir nicht gleich. 28. 54Er befreit mein55 Leben vom Hinübergehen in die Grube
HK, 210, lesen " und übersetzen „den Toten“. Dem schließt sich ebenfalls H ABEL, OTL, 456; 458, an. H ÖLSCHER, HAT, 80f., und W AHL, Schöpfer, 62, konjezieren zu "+ „der Toten Ort“. P OPE, AncB, 219, schlägt eine eigene Übersetzung mit „to the waters of Death“ vor, indem er hier "" liest. 48 LXX nimmt in Hi 33,23f. Bezug auf MT, setzt jedoch inhaltlich eine Akzentverschiebung; vgl. ausführlich Kap. 3.1.2.3. 49 Die Bedeutung von " ' „um seinetwillen“ erklärt sich aus der Grundbedeutung ‚über‘ im Zusammenhang des Schirmens, Schützens oder Sich Erbarmens, vgl. GK §119cc. 50 '#( „befreien“ ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 185; HALAT, s.v. '#(, 864. Die Verbalform " '#( ist auch bei GINSBURG, Writings, 539, belegt. Formen zu '( „frei lassen“ belegen hingegen Sir 10,3 (HA); 43,14 (HM); 43,22; 46,7; 47,23 (alle HB). So auch Ms Or.2091; Kennicott-De Rossi. Vgl. HALAT, s.v. '(, 912f., mit weiteren Belegstellen in der Bedeutung „lösen, frei lassen, unbeachtet lassen“ in Lev 10,6; 13,45; 21,10; Num 5,18; Jdc 5,2; Ex 32,25b; Ez 24,14; Prov 1,25; 4,15; 8,33; 13,18; 15,32. Es ist plausibel, dass " '( mit der Bedeutung „frei lassen“ die ursprüngliche Lesart bildet, aufgrund einer abirratio occuli das als # gelesen und geschrieben wurde. Es schließen sich '( an B UDDE, HK, 210f.; DUHM, KHC, 161; DRIVER/ GRAY, ICC, II 248f.; HÖLSCHER, HAT, 80f.; FOHRER, KAT, 453; 455; GORDIS, MorS II, 377f.; MENDE, Leiden, 38f.; W AHL, Schöpfer, 64; STRAUSS, BK, 250. Das Verbum '#( hat dem Klang nach eine Ähnlichkeit mit #(, das in 33,28 belegt ist. CLINES, WBC 18A, 701, emendiert zu " #(. Eine Verbindung zwischen #( und ( findet sich neben Hi 33,24 auch in Ps 49,8, vgl. Kap. 3.1.2.3. 51 Da kein neues Subjekt genannt ist, hat das Verbum " 3.Sg.m. waw-consecutivum von hi. „sehen lassen“, " „Gott“ zum Subjekt. Die Verbalform " hi. ist identisch mit " qal „sehen“. Hifil lesen auch DELITZSCH, BC, 445; B UDDE, HK, 211; MENDE, Leiden, 39; STRAUSS, BK, 246; 250. 52 Anstelle von / „er herrscht“ ist „er singt“ zu vokalisieren; so auch D UHM, KHC, 161; P OPE, AncB, 220; FOHRER, KAT, 453; MENDE, Leiden, 40; W AHL, Schöpfer, 64; STRAUSS, BK, 247; CLINES, WBC 18A, 703. 53 Zur Übersetzung von ' mit „vor“, vgl. FOHRER, KAT, 461; CLINES, WBC 18A, 703.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
45
und mein Leben wird Licht sehen56. 29. Siehe, all diese (Dinge) wird Gott machen zweimal oder dreimal mit einem Mann: 30. damit er [sc. Gott] sein Leben aus der Grube zurückführt, um im Licht des Lebens erleuchtet zu werden57. 31. 58Höre aufmerksam hin, Hiob, höre mich! Verhalte dich still, und ich will reden. 32. Wenn es Worte gibt, erwidere mir! Rede, denn ich habe Gefallen an deiner Gerechtigkeit. 33. Wenn es keine [Worte] gibt, hör du auf mich! Verhalte dich still und ich will dich Weisheit lehren.
2.2.3 Interpretation der narrativen Einleitung in Hiob 32,1–5 Hi 32,1 knüpft mit der Nennung
$! $ $ „diese drei Männer“ und der Erwähnung Hiobs an die Protagonisten der Dialogdichtung in Hi 3–31 an. In Hi 32,2–5 folgt die Einführung des neuen Redners Elihu und in Hi 32,6 die Einleitung zu Elihus Rede. Die narrative Einleitung fällt durch einen Subjektwechsel von V.1 zu V.2 auf: Sind in V.1 noch die Vorredner thematisiert, liegt das Interesse in Vv.2–5 in der Einführung des neuen Redners. Elihu ist notwendig geworden, nachdem die Freunde Hiobs mit ihren Antworten zum Ende gekommen sind und Hiob selbst seine Klage abgeschlossen hat. Das Verstummen Hiobs und seiner Freunde in V.1 evoziert die Schlussfolgerung, dass Elihu während der Redegänge zwischen Hiob und seinen Freunden schweigend anwesend gewesen sei. Elihu wird in Hi 32,1–6 insgesamt dreimal mit Namen genannt. Sein Name ist in den Schreibweisen " (Vv.2.5.6) und " (V.4) belegt.59 In V.6 wird Elihu mit seiner väterlichen und regionalen Herkunft vorgestellt, V.2 nennt zuDas Fragment 2Q15 überliefert einige Worte aus Hi 33,28–30. Aus V.28 ist ', aus V.29 '( und aus V.30 " belegt. Die Leerstellen lassen eine problemlose Ergänzung von MT zu; vgl. DJD III, 71; NEWSOM, Art. Book, 412. 55 Entgegen des Qere "$(! und " in V.28 ist an Ketib $(! und in MT festzuhalten, da V.28 wie V.27 zur direkten Rede des restituierten Menschen gehört. Die Belege des Suffix 3.Sg.m in Vv.18.20.21.22.30 erklärt die als Qere vorgeschlagene Änderung. Vgl. Theod.; Peshitta; so auch BUDDE, HK, 212; DUHM, KHC, 162; GORDIS, MorS II, 364; 380; EWALD, Hiob, 302; 306; HÖLSCHER, HAT, 80f.; POPE, AncB, 215; HABEL, OTL, 456; W AHL, Schöpfer, 64; FOHRER, KAT, 455; MENDE, Leiden, 40; STRAUSS, BK, 250; CLINES, WBC 18A, 682; 704. DRIVER/ GRAY, ICC, I 293; II 252, stimmt auch dem Ketib zu, sieht jedoch mit dem Suffix 1.Sg.c. einen Bezug auf Elihu vorliegen, so dass mit V.28 der Schluss der Elihurede eingeleitet wird. 56 Dies entspricht der Bedeutung „leben“, siehe 18Gesenius, s.v. ", 26f. 57 Hier liegt ein synkopierter Infinitiv zu " ni. „erleuchtet werden“ vor. Vgl. HALAT, s.v. ", 23f.; MENDE, Leiden, 41; CLINES, WBC 18, 704. Kennicott, Testamentum, 512f., bezeugt in Ms 89 " . 58 LXX Gottingensis, 363, überliefert nur Hi 33,31a. 59 4QJob a belegt in V.4 ebenfalls " ; vgl. DJD XVI, 172. 54
46
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
sätzlich seine familiäre Abstammung. 60 Elihus Name enthält bereits sein theologisches Programm: Der Redner " „Er ist mein Gott“ wird als Sohn seines Vaters „Gott hat gesegnet“ in Hi 32,2.6 vorgestellt.61 Beide Eigennamen enthalten die Gottesbezeichnung als theophores Element. Sie findet innerhalb der Elihureden, aber auch in der Dialogdichtung die häufigste Erwähnung. 62 Darüber hinaus gehören Sohn und Vater der Familie „erhaben“ an (32,2). Tlihus regionale Herkunft ist mit " „Busiter“ angegeben. 63 Name und Abstammung Elihus deuten bereits seine Autorität zum Reden an. Der Charakterisierung durch Herkunft und Abstammung sind sein Zorn (32,2–5), seine Geduld und sein jüngeres Alter gegenüber seinen Vorrednern (32,4) hinzugefügt. Elihu wird nicht als Freund wie Hiobs vorherige Gesprächspartner eingeführt. Nicht nur das Schweigen der Vorredner, sondern auch Elihus entbrannter Zorn begründet sein Auftreten in 32,2. Zornig ist Elihu über Hiob, da er sich Gott gegenüber im Recht betrachtete, und über seine Freunde, da sie Hiob nicht zu antworten vermocht und Gott als einen Frevler erscheinen ließen (Vv.2.3). Die Wendung % " „da entbrannte Zorn“ rahmt die einleitenden Verse Vv.2a.5b und wird durch % „es entbrennt Zorn“ in Vv.2.3 erneut aufgenommen. Mit der Partikel ist die Person genannt, über die der Zorn entbrennt, und mit ' wird der Anlass des Zornes benannt.64 Da seine Vorredner älter sind als Elihu, geduldet er sich (V.4). Der Abschluss der narrativen Einleitung liegt in V.5 mit Elihus abschließender Feststellung, dass die Freunde keine Antwort haben, vor. Die $! $ $ „drei Männer“ in V.5 verweisen zurück an den Anfang in V.1.65 Vv.2–5 erscheinen als kunstvolle Komposition, die durch % " „und es entbrann60 Elihu (" ) ist an vier alttestamentlichen Stellen belegt. In I Sam 1,1 ist ein Vorfahre Samuels mit diesem Namen genannt, in I Chr 27,18 ist ein Bruder Davids als " erwähnt, mit dieser Schreibweise ist auch ein Korachiter in I Chr 26,7 und ein Führer Manasses als " in I Chr 12,21 belegt. , ein Bruder Davids in I Sam 16,6; I Chr 2,13, wird aufgrund der Übersetzung in der LXX in I Chr 27,18 mit Elihu identifiziert. Siehe auch WAHL, Schöpfer, 40; CLINES, WBC 18A, 714; M ENDE, Leiden, 23. 61 Zu diesen Übersetzungen bereits W AHL, Schöpfer, 41; präsentisch übersetzt WEISER , ATD, 219. 62 Vgl. DRIVER/ GRAY, ICC I, xlii–xliii; siehe auch Kap. 1.2.2. 63 Gen 22,20f. nennen " als jüngeren Bruder des ~"', des erstgeborenen Sohnes Nahors, des Bruders Abrahams. Hiob wird in Hi 1,1 als ~"' ~ „im Land Uz“ lebend vorgestellt. Hiob und Elihu stammen aus derselben Region und Elihu ist der Jüngere gegenüber Hiob. MENDE, Leiden, 23, deutet Namen und Herkunft Elihus dahingehend, dass der Verfasser der Elihureden mit der alttestamentlichen Überlieferung sehr vertraut gewesen ist. 64 Vgl. MENDE, Leiden, 24. 65 Die in Hi 32,1.5 genannten $! $ $ sind ebenfalls in Gen 18,2 belegt. Die drei Männer suchen Abraham in Mamre auf und sind im weiteren Textverlauf als Personengruppe (Gen 18,9), als Gott (Gen 18,3.10.13.14) oder als Engel (Gen 19,1.8.10) genannt.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
47
te Zorn“ in Vv.2.5 gerahmt wird. Die namentliche Nennung Elihus ohne weitere Angaben seiner Herkunft reicht in Vv.4.5 aus, nachdem er in V.2 ausführlich vorgestellt ist. Die erneute, ausführliche Einführung Elihus in V.6 überrascht allerdings. Das Motiv der Gerechtigkeit und des Rechts kennzeichnet Hi 32,2–5. Es ist mit der Aussage, Hiob sei seiner Ansicht nach +#, „gerecht“ (32,1), eingeleitet. Darauf folgt in 32,2 der Zorn Elihus, weil Hiob "$(! "+#,
„sein Leben gegenüber Gott als gerecht betrachtet hat“. Das lässt grammatikalisch ein separatives und ein komparatives Verständnis zu, jedoch ist im Kontext der Selbstaussagen Hiobs und der Erwiderungen seiner Freunde das -separativum zu favorisieren. 66 Die Rechtsthematik wird mit dem Verbum '$ hi. „als Frevler erscheinen lassen“ aufgegriffen. Das von Elihu genannte, abschließende Urteil der Freunde Hiobs in 32,3 erklärt Gott für schuldig. Das Motiv der Gerechtigkeit und des Rechts rezipiert Themen der Dialogdichtung und wird im weiteren Verlauf der Elihureden spezifiziert.67 Die ausbleibende Antwort bildet eine Leitthematik der narrativen Einleitung und hebt hervor, dass eine angemessene Erwiderung noch aussteht. V.1 knüpft an das Ende der Antworten der Freunde Hiobs an. Diese Information fällt auf, da sie bereits in Hi 25 zum Ende gekommen sind.68 Hi 32,1a bildet folglich eine Leseanweisung, dass nun entgegen der Erwartung einer Erwiderung eines bereits bekannten Freundes, diese ausbleibt und stattdessen eine neue Person zur Antwort ansetzt. Hi 32,1 schließt daher logisch an die vorangehende Dialogdichtung an und leitet zur Einführung des neuen Redners über.
Zur Wiedergabe des -separativum, vgl. GK §133a–e; JM §133e; W AHL, Schöpfer, 38; MENDE, Leiden, 15, 17; B UDDE, HK, 198f.; HÖLSCHER, HAT, 78. Dagegen nehmen ein -komparativum DUHM, KHC, 153; STRAHAN, Book, 266; P OPE, AncB, 210; HABEL, OTL, 170; CLINES, WBC 18A, 683, an. Zu Hiobs Behauptungen seiner Gerechtigkeit vgl. Kap. 3.3.2.1.1. 67 Vgl. zu +#, „gerecht“ Hi 34,17; 36,7. Weiteres Vorkommen von +#, in Hi 12,4; 17,9; 22,19; 27,17. Vgl. zum Verbum +#, „gerecht, im Recht sein“ in den Elihureden Hi 32,2; 33,12.32; 34,5; 35,7 und in der Dialogdichtung Hi 4,17; 9,2.15.20; 10,15; 11,2; 13,18; 15,14; 22,3; 25,4; 27,5; 40,8. Die Wendung +#, findet sich neben Hi 32,2 ebenfalls in Hi 4,17; Gen 38,26; Ez 16,52. Das Nomen + # , ist in Hi 6,29; 8,3.6; 29,14; 31,6; 35,2; 36,3 überliefert. Zum Gerechtigkeitsmotiv in der Dialogdichtung siehe ebenfalls die von W ITTE, Leiden, 183–190; 215–221, herausgearbeitete Gerechtigkeitsredaktion; vgl. Kap. 3.3.2. 68 CLINES, WBC 18A, 708–710; 905–909; DERS., Elihu, 243–253, vertritt daher die These, dass die Reden des Elihu nach der letzten Freundesrede in Hi 27, die er entgegen der Überlieferung in MT Zophar in den Mund legt, ihren ursprünglichen Ort in der Hiobkomposition hatten. Der Anschluss mit "$" setzt seines Erachtens voraus, dass zuvor die Freunde gesprochen hätten; vgl. DERS., Elihu, 243f. 66
48
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Das Ende der Schlussrede Hiobs in Hi 31,40 ist auch in den Blick zu nehmen. Ist Hi 31,40a noch poetisch formuliert, so bildet Hi 31,40b einen narrativen Nachsatz. Dieser besagt, dass Hiobs Reden vollkommen gewesen seien. Diese Aussage trifft auf die elaborierten Hiobreden in den Redegängen zwischen Hiob und seinen Freunden und auf die Elihureden zu, da Hiob trotz einer expliziten Redeaufforderung in Hi 33,32 keine Erwiderung an Hiob vorbringt. Erst in dem Wissen um die fehlende Antwort Hiobs auf die Elihureden kann der Nachsatz in Hi 31,40b eingetragen worden sein. 69 So bildet Hi 31,40b zwar das Ende der Schlussrede Hiobs, jedoch ist der Nachsatz offensichtlich erst mit den Elihureden ergänzt worden.70 Die Aussage über Hiobs Gerechtigkeit in V.1b evoziert, dass Hiob dies von sich in den Redegängen behauptet habe. In Hiobs Rede ist jedoch kein Satz belegt, in dem er mit +#, „gerecht“ seine eigene Gerechtigkeit konstatiert. Es liegt lediglich eine Anspielung auf Hiobs Unschuldsbeteuerungen in Hi 9,2.15–22; 10,7; 13,18–23; 16,17; 23,7.10–12; 27,5f.; 31,6.13– 21.30 vor. Seine Gerechtigkeit reklamiert Hiob in Hi 27,6. Elihu nimmt den Gedanken über Hiobs Recht und Gerechtigkeit in zwei Reden in Hi 34,5f.; 35,2 auf. Hi 32,1 spielt daher vorausblickend auf ein Thema der Elihureden an. Die Aussage der Freunde Hiobs in Hi 32,3b, dass sie Gott für schuldig erklären, behauptet keiner der Freunde in der Dialogdichtung. Elihu zitiert sie indirekt in Hi 32,12f., indem sie Gott für Hiobs Leid verantwortlich machen. Auch diese Aussage fehlt in den Freundesreden. Hi 32,3b setzt daher nicht die Inhalte der Reden der Freunde, jedoch die Kenntnis des indirekten Zitates in der Komposition der Elihureden voraus. Die prosaische Einleitung in Hi 32,1–5 unterscheidet sich von den narrativen Texten der Rahmenhandlung. Während Hi 32,1.5 die Freunde Hiobs als
$! $ $ „diese drei Männer“ (V.1) oder als $ $ $! „drei Männer“ (V.5) bezeichnet und sie in 32,3 als "' „seine Freunde“ nennt,71 sind Hiobs Freunde in Hi 2,11; 42,7.10 in der Rahmenhandlung als ' „Freunde“ genannt und nicht als $! „Männer“ zusammengefasst. 72 Die Differenzierung in drei Einzelpersonen Eliphas, Bildad und Zophar fehlt bei Elihu. Wird der Redner Elihu durch die Anga69 Zudem fehlt diese Notiz in allen übrigen Reden der Hiobdichtung. Als sekundär gegenüber dem Hiobdialog sehen DHORME, EtB, 429; DRIVER/ GRAY, ICC, 277; FOHRER, KAT, 427; GORDIS, MorS II, 356, und HÖLSCHER, HAT, 77, daher Hi 31,40b an. 70 Vgl. zu dieser Argumentation auch MENDE, Leiden, 21f.; so auch BUDDE, HK, 196f.; DE W ILDE, Buch, 306; 309; SYRING, Anwalt, 143–147. 71 Vgl. MENDE, Leiden, 23–25, die davon ausgeht, dass Vv.1.5 einer literarischen Schicht angehören. 72 Die Formulierung
$! $ $ findet sich darüber hinaus allein in Ez 14,14.16. Hier ist Hiob als einer der drei gerechten Männer neben Noah und Daniel genannt; vgl. zu Ez 14,14–20 die Ausführungen in Kap. 1.4.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
49
be seiner väterlichen, familiären und regionalen Herkunft charakterisiert und enthält sein Name bereits sein theologisches Programm, so werden Hiobs Freunde lediglich mit ihrer regionalen Herkunft vorgestellt. Von den Akteuren der Hiobkomposition deutet einzig die Vorstellung des Redners Elihus sein theologisches Programm an. Mit dem Vaternamen Elihus „Gott hat gesegnet“ liegt ein Bezug zu dem Verbum pi. „segnen, fluchen“ vor. Es ist Leitbegriff in der Rahmenhandlung in Hi 1,5.10.11.21; 2,5.9; 42,12,73 jedoch in den Elihureden nicht weiter ausgestaltet. Da die Bezeichnung der Freunde Hiobs als $! „Männer“ in Vv.1.5 in der narrativen Rahmenhandlung und in der Dialogdichtung nicht gebraucht wird und nur in der Einleitung in Hi 32,1–5 belegt ist, liegt es nahe, Hi 32,1–5 gegenüber der Rahmenhandlung und der Dialogdichtung als nachträgliche Ergänzung anzunehmen. Ein weiterer Verweis in die Rahmenhandlung bildet die Wendung % „es entbrennt Zorn“. Sie wird in Hi 42,7 mit Gott als Subjekt gebraucht: Gottes Zorn ist gegen die Freunde Hiobs entbrannt, die nicht wie sein Knecht Hiob in rechter Weise gesprochen haben. Elihu äußert sich wie Gott gegenüber den Freunden Hiobs zürnend. Es ist daher ausgeschlossen, Elihu als Freund Hiobs zu bezeichnen. Darüber hinaus zürnt Elihu im Unterschied zu Gott in Hi 42,7 auch über Hiob.74 In Hi 32,2–5 liegt folglich eine weitergehende Aussage vor als in Hi 42,7. 2.2.4 Rückblick auf die Textentstehung der narrativen Einleitung Bei der Interpretation von Hi 32,1–6 fallen einige Dubletten oder Mehrfachnennungen auf: Zu ihnen gehört die viermalige Nennung des Namens Elihus in Vv.2.4.5.6. Vv.4.5 nennen allein seinen Vornamen, während Vv.2.6 seine väterliche und regionale Herkunft angeben und V.2 darüber hinaus Elihus familiäre Abstammung erwähnt. Zudem wird in Hi 32,2–5 viermal Elihus zorniges Auftreten ausgesagt. Weiterhin fällt die fehlende Antwort der Freunde Hiobs auf. Sie wird dreimal als Voraussetzung für Elihus Erwiderung in Vv.1.3.5 konstatiert. Des Weiteren wird über die drei Freunde Hiobs als
$! $ $ „diese drei Männer“, die die Rahmenhandlung und die Dialogdichtung nicht nennen, und als ' „Freunde“, wie in Hi 2,11–13, gesprochen. Die Aussage über Hiobs eigene Gerechtigkeit ist in V.1 und V.2 doppelt und in V.2 um die Behauptung seiner
73 Weitere Belegstellen sind in Hi 29,13; 31,20 zu finden. Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 48– 55; 71f., zum Verbum „segnen, fluchen“ als Leitwort in der Rahmenhandlung und als theologische Deutekategorie der ursprünglichen Hiobnovelle. 74 Vgl. SYRING, Anwalt, 145f. Zum zornigen Auftreten Elihus als weisem Redner vgl. Kap. 3.3.2.1.
50
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Gerechtigkeit gegenüber Gott ergänzt. Diese Beobachtungen führen zu der Annahme, dass die narrative Einleitung literarisch nicht einheitlich ist.75 Hi 32,1 schließt an die Charaktere der Dialogdichtung an und bildet eine Überleitung von der Dialogdichtung zu den Elihureden. Hi 32,1a besagt, dass die Freunde nicht mehr zu antworten imstande sind, so dass eine neue Antwort notwendig geworden ist. Hi 32,1b beinhaltet mit der Behauptung von Hiobs Gerechtigkeit eine zusammenfassende Aussage seiner Unschuldsbeteuerungen in seinen Reden. Mit Vv.2f. wird das Auftreten des zornigen Redners Elihu begründet, dessen Zorn über Hiob und seine Freunde entbrennt.76 V.2b nennt den Grund des Zornes, dass Hiob sein Leben vor Gott als gerecht betrachtet. Mit V.2b liegt inhaltlich eine von Hi 32,1 differierende Aussage vor. Während V.1 Hiobs Selbstwahrnehmung als gerecht benennt, behauptet in 32,2b Hiob seine Gerechtigkeit vor Gott. 77 Die Nennung der drei Freunde Hiobs in Hi 32,3 mit "' „seine Freunde“ anstelle von
$! $ $ „diese drei Männer“ in Hi 32,1 lässt vermuten, dass verschiedene Trägerkreise am Werk gewesen sind.78 Die Aussage in Hi 32,3a ist inhaltlich identisch mit Hi 32,1 und nimmt die fehlende Antwort der Freunde auf. Hi 32,3 gliedert sich syntaktisch an Hi 32,2 an, so dass von demselben Autorenkreis in 32,2f. auszugehen ist.79
75 So auch MENDE, Leiden, 22, die schlussfolgert, dass mehrere Hände zur Entstehung der Einleitung beigetragen haben. B UDDE, HK, 200, spricht vom schlechten Stil und großer Breite des Ausdrucks in Hi 32,1–6 und sieht Hi 32,2–5 als spätere Ergänzung an. N ICHOLS, Composition, 125; 152, folgt seinem Urteil. Dagegen halten DUHM, KHC, 153; FOHRER, KAT, 446f.; W AHL, Schöpfer, 36–45; STRAUSS, BK, 267 und CLINES, WBC 18A, 710–716, an der literarischen Einheitlichkeit von Hi 32,1–5 fest. 76 MENDE, Leiden, 24, hat hier bereits eine differenzierte Begründung des Zornes Elihus vorliegen gesehen, die in ihrer Differenziertheit in Hi 32,5 nicht wieder aufgenommen wird. Daher sieht sie in Hi 32,5 eine literarische Ergänzung vorliegen; vgl. MENDE, Leiden, 25. 77 Die der Grundschicht der Elihureden zugehörenden Textteile lassen eine Aussage über Hiobs Gerechtigkeit vor Gott in der narrativen Einleitung nicht plausibel erscheinen. Erst die Aussagen über Hiob in Hi 34,5f., die anschließenden Ausführungen über Gottes Recht und Gericht sowie Hiobs Zitat in Hi 35,2, das die Grundschicht von Hi 34 voraussetzt, lassen die mit dem -separativum ausgedrückte Formulierung in Hi 32,2b sinnvoll erscheinen. Dagegen sieht M ENDE, Leiden, 22, in Hi 32,1.2 identische Aussagen über Hiobs Gerechtigkeit vorliegen. Jedoch sei V.1 wie auch V.5 gegenüber Vv.2f. eine Hinzufügung eines späteren Bearbeiters, so M ENDE, Leiden, 25, da in beiden Versen die Freunde als $! $ $ bezeichnet und allein ein äußerer, kein innerer Grund für Elihus Zorn genannt sei. Vv.1.5 bringen ihrer Meinung nach das Versagen der Freundesweisheit vor Hiob als Grund für Elihus Eingreifen zum Ausdruck. 78 Vgl. MENDE, Leiden, 22. 79 MENDE, Leiden, 25, vertritt die These, dass Vv.2f. das Eingreifen Elihus nicht aus äußerlichen Gründen, die in dem Schweigen der Freunde Hiobs bestehen, sondern mit der These, dass Gott durch Hiob wie durch dessen Freunde Unrecht geschehen sei, begrün-
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
51
Dem Zorn Elihus in Hi 32,2.3.5 ist in V.4 seine Geduld gegenübergestellt. Der Inhalt ist neu, auch fehlen sprachliche Bezüge zu Vv.1–3.5. Diese sind zu !+ „Alte“ in V.9 und „Tage“ in V.7 erkennbar. Die Aussage in V.4b ist identisch mit dem Anfang der Rede in Hi 32,6a.80 V.4a zeigt an, dass Elihus Reden an Hiob gerichtet ist.81 V.6a eröffnet die erste Elihurede mit der Redeeröffnungsformel und enthält wie die Eröffnungen der Freundesreden der Dialogdichtung Elihus lokale Herkunft, ergänzt sie aber um die Angabe seines Vaternamens. Diese Informationen sind allerdings aus V.2 bekannt und fehlen in den folgenden Redeeröffnungen in Hi 34,1; 35,1; 36,1, die lediglich den Namen Elihu angeben. In der Dialogdichtung wird nur Hiob allein mit seinem Namen als Redner eingeführt. Die Dubletten und die Mehrfachnennungen in Vv.1–6, die kompositorische Gliederung in Vv.2–5 und die Rahmung um Vv.2.5 mit dem Zorn Elihus lassen es plausibel erscheinen, dass Vv.2–5 einer Fortschreibung angehören und die narrative Einleitung gestalten. Die zweifache ausführliche Nennung der Herkunft Elihus in Vv.2.6 unterstützt diese Beobachtung. Es liegt daher nahe, dass V.6 ursprünglich auf V.1 folgt.82 Allein die um Vaternamen wie Herkunft des Redners ergänzte Redeeröffnung hat Elihu eingeführt und sein theologisches Programm angedeutet. Der anschließende, eröffnende Teil der ersten Rede in Hi 32 stellt Elihu vor. Mit Vv.1.6 als narrativer Einleitung sind die drei Männer als Charaktere der Dialogdichtung benannt, der inhaltliche Anknüpfungspunkt mit Hiobs Gerechtigkeitsbehauptung gegeben sowie Elihu als Antwortender eingeführt. Eine Charakterisierung seiner Person und seine Redeintention folgen in der Rede. Elihus Distanzierung von Hiobs Freunden deutet die zusammenfassende Nennung der drei Männer an. In V.2 wird die Rednereinführung um die Nennung der Familie Elihus erweitert. Außerdem wird in Vv.2–5 das Motiv des Zornes des Redners nachträglich ergänzt.83 Hi 32,2b schreibt zudem die Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs aus Hi 32,1 fort, indem Hiob nun seine Unschuld vor Gott geden. Dies passe zum Duktus der Grundschicht der Elihureden, da die erste Rede Hiob, die zweite Rede seine Freunde adressiere. 80 Vgl. MENDE, Leiden, 22. 81 MENDE, Leiden, 25, sieht die Elihureden in doppelter Richtung adressiert: Zum einen sind sie in Hi 32,2 an Hiob, wie dies in der Grundschicht der ersten Elihurede ausgedrückt ist, zum anderen sind sie in Hi 32,3 an dessen Freunde gerichtet, wie in Hi 34 belegt. 82 Für eine sekundäre Ergänzung von Hi 32,2–5 votieren bereits B UDDE, HK, 200; NICHOLS, Composition, 125f. Das viermalige Nennen des entbrannten Zorns Elihus könne nur als Einschub zu verstehen sein, zudem treten alle Züge schärfer und deutlicher hervor, schließe V.6a unmittelbar an V.1 an. Die Vv.2–5 nähmen inhaltlich lediglich vorweg, was die anschließende Selbsteinführung des Redners besagt. 83 Gegen MENDE, Leiden, 24–26.
52
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
äußert habe. In Hi 32,3b behauptet Elihu, dass Hiobs Freunde Gott zum Frevler machen. Diese Aussage belegen die Freundesreden in der Dialogdichtung nicht. Sie ist allein im Zusammenhang von Hi 32,6–22 verständlich.84 Es ist daher plausibel, Hi 32,1.6 als ursprünglichen Text der narrativen Einleitung anzusehen. Sie benennt die fehlende Antwort der Freunde Hiobs und Hiobs Gerechtigkeit als Ausgangspunkt, dass Elihu mit V.6 seine Antwort beginnt. Wie Hiobs Freunde wird Elihu mittels seiner regionalen Herkunft vorgestellt. Die Angabe seiner väterlichen Abstammung als Sohn des segnenden Gottes autorisiert Elihu zur Antwort. Hi 32,2–5 sind sekundär ergänzt worden, zum einen um das Gerechtigkeitsmotiv zu betonen und dahingehend zu profilieren, dass Hiob sich vor Gott als gerecht erachtet, zum anderen um weiterhin die fehlende Antwort der Freunde hervorzuheben. Die narrative Einleitung in Hi 32,1–5 scheint die Unschuldsbehauptungen Hiobs, wenngleich sie nicht zitiert werden, zu kennen. Die Rede von
$! $ $ „diesen drei Männern“ und die Wendung % „es entbrennt Zorn“ machen es wahrscheinlich, dass Hi 2,11–13 und 42,7.10 aus der Rahmenhandlung bekannt sind. 2.2.5 Interpretation der Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32,6–33,33 2.2.5.1 Elihus Selbsteinführung in Hiob 32,6–22 Elihus Eröffnungsrede beginnt mit der Redeeröffnungsformel in Hi 32,6a und ist in zwei Teile gegliedert: Hi 32,6–33,7 bilden die Selbsteinführung Elihus und Hi 33,8–33 seine erste argumentative Erwiderung an Hiob.85 Im ersten Teil lassen sich Hi 32,6–22 in drei sechszeilige Strophen gliedern. Vv.6–10 bekunden die Redeabsicht des jungen Redners Elihu,86 die er an seine älteren Vorredner in der 2.P.Pl. richtet. Seine Jugend nennt er als Grund für sein bisheriges Schweigen und aufgrund der Wertschätzung des Alters hat er sein Wissen bislang zurückgehalten. Vv.7–9 lassen Gedanken Elihus in Form eines inneren Monologs erkennen. 87 In V.7 lässt Elihu älteren Personen das Prädikat der Weisheit zukommen. Mit dem Weisheitswort in V.8 führt Elihu an, dass Geist in jedem Menschen ist und
84 MENDE, Leiden, 24, dagegen behauptet, dass Hi 32,5 und nicht Hi 32,3 die in Vv.12.15ff. formulierten Gedanken voraussetze. Vgl. auch Kap. 2.2.5.1. 85 Vgl. dazu auch W EISER, ATD, 216–222; FOHRER, KAT, 445f.; 448f.; 452f.; W AHL, Schöpfer, 45–70; CLINES, WBC 18A, 706. 86 Vgl. FOHRER, KAT, 450; CLINES, WBC 18A, 716. W AHL, Schöpfer, 45, spricht von einer apologetischen Selbstintroduktion. 87 Vgl. W HYBRAY, Job, 139.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
53
der Atem Šaddays zur Einsicht bringt.88 Elihu bindet Weisheit nicht an Lebensalter, sondern an Gottes Geist und billigt folglich in V.9 nicht allein den Alten Weisheit und Recht zu. V.7 und V.9 belegen beide einen Weisheitsterminus, der in V.7 aus „Weisheit“ und in V.9 aus dem Verbum „weise sein“ besteht. Die Schlussfolgerung in V.10 ist durch „daher“ eingeleitet und adressiert mit dem Imp.Sg. '$ „höre“ eine einzelne Person. Abschließend bekundet Elihu, er wolle sein Wissen verkünden. Die Redebekundung in V.10 nimmt die Formulierung '# " „mein Wissen verkünden“ aus V.6 auf.89 Die Worte „Tage“ in Vv.6f. und !+ „Alte“ in V.9 bilden eine Doppelung zu 32,4. Nachdem in V.6 Hiob und seine Freunde als ältere Vorredner Elihus adressiert gewesen sind, Elihu in Vv.7–9 Weisheit durch Geistbegabung und nicht durch hohes Lebensalter hervorgerufen sieht und sich selbst dadurch als jungem Redner Autorität verleiht, geht Elihu zu seinem Redewunsch und der ausschließlichen Adressierung Hiobs in V.10 über.90 Mit Hi 32,8 spricht Elihu jedem Menschen weisheitliches Reden zu. Dieser Gedanke ist neu gegenüber der Dialogdichtung. Denn Hiob behauptet in Hi 12,12 !" " $$ „in betagten Menschen ist Weisheit und die Länge der Tage bedeutet Einsicht“ und nennt hohes Alter als Bedingung für Weisheit. Elihu rezipiert $$ „betagt, alt“ in Hi 12,12 in seinem Eröffnungssatz in Hi 32,6. Doch er distanziert sich von Hiobs Aussage und erachtet jeden Menschen durch Geist und Gottes Atem als weise. Mit Hi 32,6–9 liegt zum einen eine konträre Aussage zu Hi 12,12 vor, zum anderen aber etabliert Elihu mit der Vorstellung, dass Gottes Geist Erkenntnis in jedem Menschen bewirkt, eine neue Interpretation des Weisheitsverständnisses gegenüber seinen Vorrednern. Die in Hi 32,10 verwendeten Stilmittel aus Höraufruf und Redebekundung sind ebenfalls in Hi 13,17; 15,17a kombiniert. Es ist wahrscheinlich, 88 Da " „Geist“ parallel zu #$ $! „Atem Šaddays“ steht, verstehen ihn als „Geist Gottes“ W EISER, ATD, 219; FOHRER, KAT, 449–451; P OPE, AncB, 212f.; MENDE, Leiden, 18; W AHL, Schöpfer, 47f.; STRAUSS, BK, 277f.; W HYBRAY, Job, 139. Nicht so C LINES, WBC 18A, 718. 89 Der Begriff '# „Wissen, Erkenntnis“ ist im Alten Testament nur in den Elihureden in Hi 32,6.10.17; 36,3; 37,16 belegt. 90 MENDE, Leiden, 84, geht dagegen davon aus, dass Hi 32,6–10 nach dem „Stilgesetz der konzentrischen Symmetrie“ mit V.8 im Zentrum und je zwei antithetisch zugeordneten Aussagen nach vorne und hinten aufgebaut sei. Sie vertritt die These, dass der die Jugend Elihus betonende V.6b, der zudem Elihus Angst vor der eigenen Rede nennt, mit Elihus Redeabsicht in V.10 korrespondiere. V.7 behauptet Elihus Achtung vor dem Alter und der darin liegenden Weisheit und könne V.9 zugeordnet werden, der dagegen konstatiert, dass nicht jeder Alte auch weise ist. Aufgrund dieser Struktur schließt MENDE, Leiden, 290–294, dass Vv.6–10 literarisch einheitlich seien. MENDE berücksichtigt jedoch nicht, dass mit 32,6–10 eine sechszeilige und keine fünfzeilige Strophe vorliegt, da V.6a und V.6b zwei Bikola bilden.
54
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
dass Elihu ihm bekannte stilistische Wendungen aufnimmt und in seine eigene Rede integriert. Vv.11–16 verdeutlichen die Selbstabgrenzung Elihus von seinen Vorrednern, die sich auch in der achtmaligen Verneinung in dieser Strophe zeigt. Elihu spricht seine Vorredner in Vv.11–14 in 2.P.Pl. an und er spricht über ihre Reden in Vv.15f. In Vv.11f. sind Trikola überliefert, die sich jedoch als drei Bikola gliedern lassen. 91 Vv.11–16 bekräftigen, dass Elihus Vorredner keine Antwort gefunden haben. Elihu ist durch seine Geduld in Vv.11.16 gekennzeichnet. Wird davon ausgegangen, dass Vv.11f. aufgrund der Trikola drei Bikola bilden, so steht im Zentrum der Vv.11–16 die indirekte Rede der drei Männer in V.13. Vv.11f. sind klimaktisch zu der Aussage gesteigert, dass keiner der Männer Hiob unterweisen oder antworten könne. 92 Im Anschluss an das indirekte Zitat in V.13 folgen die Feststellungen, dass Elihu mit den Worten der Männer nicht zu erwidern gedenkt und sie auch keine Antwort bieten könnten. Die Verbform "
„ich habe gewartet“ in Vv.11.16 rahmt die Vv.11–16. Die literarische Einheitlichkeit von Vv.11–16 ist daher anzunehmen. Ist in V.10 noch eine einzelne Person angeredet, so ist in Vv.11–14 wie bereits in V.6 eine Personengruppe adressiert. Lässt V.6 die Anrede an Elihus vier Vorredner erwarten, so ist in V.10 die Anrede auf Hiob beschränkt. In Vv.11–14 liegt eine Anrede an Hiobs Freunde vor. Eine Adressierung Hiobs ist ausgeschlossen, da in V.12 eine Aussage über Hiob in der 3.Person getroffen wird. Kann der Anredewechsel innerhalb der Vv.6– 10 aus dem inhaltlichen Gedankengang gefolgert werden, so ist der Wechsel des Publikums von Hiob in V.10 zu seinen Freunden in V.11 unerklärlich. Die Adressierung Hiobs in V.10 lässt die Anrede an eine Personengruppe und die Nennung Hiobs in der 3.Person nicht erwarten. Vv.15f. sind zwar nicht mehr an die Vorredner adressiert, jedoch bilden die in V.14 genannten „mit euren Worten“ das logische Subjekt in V.15 sowie das Bezugswort für V.16. Vv.15f. schließen daher syntaktisch an Vv.11–14 an. Vv.11–16 bilden folglich eine logische und gedankliche Einheit, folgen jedoch nicht nahtlos auf die vorangegangenen Verse in 32,6–10.93 Die Aussage, dass die Freunde Hiobs keine Antwort für Hiob gefunden haben, wiederholt den Inhalt aus Hi 32,1.3.5. Das Motiv des Wartens, mit dem Elihu als geduldiger Redner eingeführt ist und das Hi 32,11.16 rahmt, ist in Hi 32,4.6 genannt. 91
Vgl. bereits MENDE, Leiden, 19; W AHL, Schöpfer, 49, Anm.27. Zum Begriff " „Lehrer“ vgl. Kap.3.2. 93 Dagegen ist MENDE, Leiden, 26–29, der Meinung, dass Hi 32,15–22 eine Ergänzung des dritten Bearbeiters der Elihureden seien, da ein Subjektwechsel in Vv.15f. zum Vorangegangenen vorliegt. Einen literarischen Bruch zwischen V.10 und V.11 markiert sie nicht. 92
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
55
Das konkrete Eingehen auf die Worte der Männer und die Feststellung Elihus, dass sie keine Antwort gefunden haben, impliziert Elihus Anwesenheit während der Dialoge zwischen Hiob und seinen Freunden. Die Dichtung scheint den Verfassern der Elihurede daher vorausgesetzt zu sein. Eine Antwort der Freunde Hiobs wird nicht mehr erwartet, da Elihu lediglich konstatiert, dass sie keine Antwort gefunden haben. Vv.17–22 bilden den dritten Teil der Selbsteinführung Elihus, ohne auf seine Vorredner Bezug zu nehmen. Elihus Antwort wird in V.17a programmatisch mit !' „ich will antworten“ eingeleitet. Diese Verbalform beschließt V.20 und bildet einen Rahmen um Vv.17–20. V.17b wiederholt V.10b wörtlich.94 V.18 begründet Elihus Antwortwunsch, indem Elihu mit Worten angefüllt ist und der Geist seines Inneren ihn drängt. Das Bildwort in V.19 führt dies aus. 95 Es ist durch das Nomen j „Inneres, Bauch“ sprachlich mit V.18 und mit dem Verbum ( „öffnen“ mit V.20 verknüpft. V.20 beschließt Elihus Redewunsch. Vv.21f. bilden Elihus allgemeine Redeintention, die mit $ „Mann, Mensch“ und # „Mensch“ als Objekte ausgestaltet ist. Die Vv.21f. weisen mit den Verben $! „erheben“ in Vv.21a.22b und mit ! pi. „schmeicheln“ in Vv.21b.22a eine chiastische Struktur auf. Elihu beabsichtigt keine Parteinahme für eine Person oder Schmeichelei, da ihn sonst sein Schöpfer hinwegraffte. Vv.21f. führen mit !$' „mein Schöpfer“ eine zentrale theologische Aussage ein. Elihu sieht in Gott seinen Schöpfer und sich selbst als Gottes Geschöpf. Vv.17–22 weisen zahlreiche Bezüge zu den vorangegangenen Versen auf. Das Verbum !' „antworten“ ist bereits in Hi 32,1.3.5.12.15.16 genannt und in Vv.17.22 erstmalig ohne Negation aufgenommen. Das Nomen " „Geist“ ist in Hi 32,8.18 erwähnt und das Verbum '# „kennen, wissen“ ist in Hi 32,7.22 genannt. Vv.17–22 lenken mit ihrem Vokabular in die nachfolgende Strophe in Hi 33,1–7. Das Verbum ( „öffnen“ ist in Hi 32,19 ohne Objekt, in Hi 32,20 mit ($ „meine Lippen“ als Objekt sowie in Hi 33,2 mit ( „mein Mund“ als Objekt gebraucht. Von Elihus Lippen ist in Hi 33,3 erneut die Rede. Die Schöpfungsthematik wird in Hi 33,4 rezipiert und wie in Hi 32,22 mit dem Verbum $' „tun, machen“ ausgedrückt.
94
Es ist daher ein literarisches Wachstum in 32,11–17 zu vermuten. Elihus Inneres ist so sehr angefüllt, dass es nicht mehr wie Wein geöffnet, sondern wie neue Schläuche gespalten wird. FOHRER, KAT, 451; STRAUSS, BK, 281, erachten es als fraglich, ob das Bildwort treffend ausgestaltet sei und in den Mikrokontext passe. Fohrer sieht einen mangelhaften Vergleich vorliegen, Strauß versteht es als Explikation von V.18. CLINES, WBC 18A, 722f., sieht in Vv.18f. die prophetische Erfahrung inneren Druckes des Elihu ausgedrückt. M ENDE, Leiden, 20f., sieht weniger einen Vergleich als vielmehr eine Überbietung des Vorangegangenen vorliegen. In diesem Sinne auch W AHL, Schöpfer, 51, Anm. 38. 95
56
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Abgesehen von den zahlreichen genannten sprachlichen Bezügen in den Makrokontext der ersten Elihurede weist die Formulierung !( $! „Angesicht erheben, einen Ehrennamen geben“ Parallelen in die zweite Elihurede in Hi 34,19 und in den Epilog der Hiobkomposition auf. In Hi 32,21 wird mit der Formulierung die neutrale Redeweise Elihus ausgesagt. Hingegen gebraucht Elihu in Hi 34,19 dieses Prädikat mit Gott als Subjekt. Gott verhält sich gegenüber Fürsten neutral und parteilos und er behandelt Vornehme gegenüber armen Personen nicht bevorzugt. Genau wie Gott sich parteilos äußert, so intendiert Elihus Rede ebenfalls seine Neutralität und Parteilosigkeit. Der Epilog zeigt in Hi 42,8f. ein anderes Bild als Hi 32,21; 34,19. Wie in Hi 34,21 ist Gott Subjekt des Verbums, jedoch zeigt Gott seine Parteinahme für Hiob, weil Hiob !"! „richtig, in rechter Weise“ geredet hat (Hi 42,7).96 Die Wendung !( $! „Angesicht erheben, Partei nehmen“ drückt den Wendepunkt im Verhalten Gottes gegenüber Hiob aus und leitet den Beginn der Restitution Hiobs im Epilog ein.97 Im Unterschied zu Gott ergreift Elihu in keiner Weise für Hiob Partei, sondern widersetzt sich vielmehr seinen Worten. Elihu schließt sich trotz derselben Formulierung wie in Hi 42,8f. nicht der dortigen Aussage an, sondern intendiert, für Gott Partei zu ergreifen. Elihu stellt Gott in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Das in Hi 32,21f. überlieferte Verbum ! pi. „einen Ehrennamen geben, schmeicheln“ ist darüber hinaus in Jes 44,5; 45,4 belegt.98 In Jes 44,5 ist der Name Israel als ein ehrenvoller Name genannt, in Jes 45,4 ist das Verbum in der Rede Gottes an Kyrus überliefert, den Gott um seines Knechtes Jakob und um seines Erwählten Israels willen beim Namen rief. Gott hat Kyrus einen Ehrennamen gegeben, ohne dass Kyrus ihn kannte. Vor dem Hintergrund, dass in Jesaja das Verbum ! mit der Vergabe eines Ehrennamens gebraucht ist, scheint Elihu sich von diesem Verständnis zu distanzieren, indem er nicht des Schmeichelns fähig ist. Einen Ehrennamen nimmt Elihu nicht für Hiob an. 2.2.5.2 Rückblick auf die Textentstehung der Selbsteinführung Elihus Die Redebekundung in V.10, der Adressatenwechsel von Hiob in V.10 zu Hiobs Freunden in V.11 und die erneute Redebekundung Elihus in Vv.17– 22 ohne Beachtung seines Publikums lassen es unwahrscheinlich erschei-
96
In Gen 19,21 nimmt Gott ebenfalls explizit Partei für Lot. Es gibt keine weiteren Belege, dass Gott für eine Person Partei ergreift. 97 Vgl. zu der Formulierung auch die Ausführungen in Kap. 3.4.1 und 3.4.2. 98 Eine weitere Belegstelle ist in Sir 36,12 (HB) zu finden.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
57
nen, Hi 32,6–22 als einen literarisch einheitlichen Text anzusehen.99 Führt die Redeeinleitung von der Adressierung der Vorredner auf Elihus Anrede an Hiob in 32,10 hin, sind in Vv.11–14 ausschließlich die Freunde Hiobs angeredet. Vv.11–14 gestalten das Motiv der fehlenden Antwort aus, das aus 32,1.3.5 bekannt ist. Daher scheinen Vv.11–14 eine Fortschreibung zu sein. Diese Beobachtung ist durch die Rede über Hiob in Hi 32,12, die der Anrede Hiobs in Hi 32,10 widerspricht, unterstützt. Vv.15f. sind syntaktisch von Vv.11–14 abhängig. V.17b und V.10b sind identisch. Im Zuge der Ergänzung von Vv.11–16 ist V.17 ergänzt worden, um an den Ausgangsvers in V.10 anzuknüpfen. 100 Die identischen Aussagen in Vv.10b. 17b, in denen Elihu seinen Redewunsch bekundet, gliedern die Selbsteinführung Elihus in drei Strophen in Hi 32,6–10.11–16.17–22. In der ursprünglichen Textfassung der ersten Elihurede begründen Vv.18–22 Elihus Redebekundung in V.10 und folgen auf Vv.6–10. Während Vv.18f. den Grund für Elihus Rede angibt und diesen mit dem Bildwort ausgestaltet, folgt in V.20 eine Bekräftigung des Redewunsches Elihus. Eine Absichtserklärung über die Parteilosigkeit Elihus beschließt die Selbsteinführung. Der erneute Höraufruf in der 2.P.Sg. und die namentliche Adressierung Hiobs in Hi 33,1a leitet zum zweiten Teil der Eröffnungsrede Elihus über. Die Vorstellung von der Weisheit, die betagten Menschen vorbehalten ist, bildet die Voraussetzung der These Elihus, dass Weisheit auch jungen Menschen durch den Geist Gottes innewohnt. So setzt Hi 32,6–10 Hiobs Rede in Hi 12,12 voraus. Der mit dem Redewunsch kombinierte Höraufruf greift auf Hi 13,17; 15,17 zurück. Die Formulierung !( $! „Angesicht erheben, Partei nehmen“ in Hi 32,21 scheint Hi 42,8 zu kennen. 2.2.5.3 Elihus Erwiderung an Hiob in Hiob 33,1–33 Elihus Erwiderung wird durch drei Imp.Sg.m. '$ „höre“ in Hi 33,1.31.33 gerahmt. In Hi 33,1 adressiert Elihu Hiob mit Namen und ruft ihn zum Hören seiner Rede auf. Hi 33,1–8 führen Elihu als Redner vor Hiob ein und leiten zum nachfolgenden Zitat Hiobs in Vv.9–11 über.101 Die direkte Anrede lenkt den Blick auf Hiob und zeigt eine vom Redner ausgehende
99 So bereits MENDE, Leiden, 21–29; FOHRER, KAT, 445; vgl. auch VIVIERS, Elihu, 137–153. 100 Vgl. das Prinzip der Wiederaufnahme von V.10 in V.17 nach K UHL, Wiederaufnahme, 1–11. 101 Im Unterschied dazu betitelt MENDE, Leiden, 41, mit ‚einleitender Selbstrechtfertigung‘ und WEISER, ATD, 220, sieht hier eine als fiktives Streitgespräch geführte, weisheitliche Diskussionsrede vorliegen.
58
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Vertrautheit mit seinem Adressaten an. 102 Mit "" „doch hingegen“ schließt V.1 adversativ an die vorangegangenen Ausführungen an. 103 In Vv.2f. folgen auf Elihu bezogene Redebekundungen, die seine Worte in positiver Weise als rechtschaffen, verständig und klug qualifizieren.104 In V.4 bekennt Elihu sich zu Gott als seinem Schöpfer, der ihn belebt hat. Elihu kennzeichnet sich als Gottes Geschöpf, durch Gottes Geist geschaffen und durch Šaddays Atem belebt. V.4 führt mit „Herz, Verstand“ als Ort von Weisheit und Gotteserkenntnis im Menschen einen zentralen Begriff für die Elihureden ein. 105 Mit " „Geist Gottes“ und #$ $! „Atem Šaddays“ in V.4 liegt eine Referenz zu " „Geist“ und #$ $! „Atem Šaddays“ in 32,8 und zu " „Geist“ in Hi 32,18.20 vor. Die allgemeine Aussage in Hi 32,8, dass Weisheit jeden Menschen durch Gottes Geist auszeichnet, wird in Hi 33,4 präzisiert und auf Elihu bezogen. Dies zeigt sich an der Modifizierung von " in 32,8.18 als " in 33,4 und an den Suffixen 1.Sg.c. Gott ist in Hi 33,4 als Schöpfer Elihus genannt und Elihu ist ein durch Gottes Geist und Atem gekennzeichnetes Geschöpf. Das Verbum $' „tun, machen“ in 33,4 stellt eine Verbindung zu !$' „mein Schöpfer“ in 32,22 her. Das Verbum pi. „beleben“ ist im Hiobbuch allein in Hi 33,4; 36,3 belegt und die Aussage, dass Gottes Atem einen Menschen belebt, ist singulär im Alten Testament. 106 In Vv.5–8 folgen Anreden an Hiob. Das Verbum , hit. „sich 102
Darüber hinaus evoziert die Anrede, Elihu sei ein Akteur der Dialogdichtung. Zur Vertrautheit zwischen Elihu und Hiob vgl. BUDDE, HK, 204; P OPE, AncB, 216; FOHRER, KAT, 456. WEISER, ATD, 220, spricht von einer bescheidenen Vertrautheit wie einem siegesgewissen Selbstbewusstsein, die Vv.1–7 kennzeichnen. 103 Dieser Anschluss ist nur insofern sinnvoll, wenn das zuvor Genannte einen Gegensatz zu den nachfolgenden Ausführungen in 33,1–8 bildet, so STRAUSS, BK, 282. W AHL, Schöpfer, 54, vertritt dagegen die These, dass mit 33,1 die Rede eröffnet werde. Die Formulierung "" ist ebenfalls in Hi 1,11; 2,5; 5,8; 11,5; 12,7; 13,3.4; 14,8; 17,10 belegt. 104 Hi 33,3 belegt '# „Erkenntnis, Wissen“ und nicht '# „Erkenntnis“ wie in Hi 32,10.17. '# ist der geläufigere Begriff und in Hi 13,2; 15,2; 21,14.22; 33,3; 34,35; 35,11; 36,12; 38,2; 42,3 belegt. Zur begrifflichen Unterscheidung beider Termini vgl. FOHRER, KAT, 450; MENDE, Leiden, 41; CLINES, WBC 18A, 684f. 105 ist weiterhin in Hi 34,14; 36,5.13; 37,1.24 belegt. Darüber hinaus ist in Hi 34,10.34 gebraucht. 106 Mit Gott als Subjekt ist pi. „beleben“ gebraucht in Dtn 6,24; 32,39; I Sam 2,6; Neh 9,6; Jer 49,11; Hos 6,2; Ps 30,4; 33,19; 41,3; 80,19; 85,7; 119,50.93; 138,7; 143,11; Hi 36,6. Weitere Belege in Gen 12,12; 19,32.34; Ex 1,17f.22; 22,17; Num 31,15; Dtn 20,16; Jos 9,15; Jdc 21,14; Neh 3,34; I Sam 27,9.11; II Sam 12,3; I Reg 18,5; 20,31; II Reg 7,4; Jes 7,21; Ez 3,18; 13,18; 18,27; Hos 14,8; Ps 22,30; Koh 7,12; Sir 9,13 (H A); 33,21 (HE). Dass der Atem Wesensmerkmal menschlichen Lebens ist, zeigt die Negation, dass man alles, was Atem hat, vernichten solle. Diese Aussage ist belegt in Jos 10,40; 11,11.14; I Reg 15,29. Darüber hinaus wird über den toten Sohn der Witwe von Zarepta in I Reg 17,17 und die bei der Sintflut getöteten Menschen in Gen 7,22 gesagt, dass kein Atem mehr in ihnen ist. Dtn 20,16 verbietet, was Atem hat, am Leben zu lassen. Gottes
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
59
einfinden“ in 33,5 verweist zurück auf Hi 1,6; 2,1 in die sog. Himmelsszenen des Prologs. Ist es in 33,5 gebraucht, damit Hiob sich vor Elihu einfindet, wird in Hi 1,6; 2,1 das Einfinden des Satans vor Gott dargestellt. Hiob ist nicht zum Hören, sondern zur Erwiderung aufgerufen, sofern er dazu imstande ist. Elihu behauptet wie Hiobs Mund vor Gott zu sein und er ist genau wie Hiob aus Lehm abgekniffen. Trotz seinem sehr hohen Selbstanspruch und seiner weisheitlichen Erkenntnis bleibt er mit Hiob auf Augenhöhe. V.7 betont, dass Elihus Reden Hiob nicht belasten. Mit V.8 leitet Elihu die nachfolgenden Äußerungen Hiobs ein. Der Satz in V.8b "+" '$ „und den Klang deiner Worte will ich hören“ deutet Elihus Anwesenheit während der Klagen Hiobs an.107 Gerahmt werden die Vv.1–8 durch das Verbum '$ „hören“, indem durch den Imp.Sg.m. !'$ „höre doch“ in 33,1 Hiob zum Hören aufgefordert wird und in 33,8 Elihu mit '$ „ich will hören“ seine Hörabsicht bekundet. Mit Hi 33,8 gelangt die in Hi 32,6 eingeleitete Selbsteinführung Elihus zum Ende und leitet die anschließenden Zitate in Hi 33,9–11 ein. Die so genannten Zitate Hiobs bilden den inhaltlichen Anknüpfungspunkt der Elihurede. In den Zitaten in Hi 33,9–11 beteuert Hiob seine Reinheit und seine Unschuld. Hiob behauptet, dass Gott Klagen gegen ihn fände und ihn für seinen Feind erachte. Des Weiteren sagt er über Gott, er stelle seine Füße in den Pflock und beobachte jeden seiner Wege. Ausgehend von den Zitaten Hiobs setzt Elihu sich inhaltlich mit Hiob auseinander. Hiobs Beteuerung der eigenen Unschuld und Reinheit entspricht der Aussage in Hi 32,1, dass Hiob sich selbst für gerecht hält. Die Zitate nehmen allerdings den Gedanken in Hi 32,2, dass Hiob sich selbst als gerecht vor Gott erachte, nicht auf. Hiob versteht seine Beziehung zu Gott gemäß Hi 33,10 als Feindschaft und er sieht sich in Hi 33,11 Gottes strenger und ihn bedrängenden Observanz ausgesetzt.108 Werden die Vv.9–11 mit den Reden Hiobs verglichen, zeigen sich nur geringe Übereinstimmungen. Hiobs Behauptung seiner Unschuld in Hi 33,9 stimmt mit keiner Beteuerung seiner Reinheit und Unschuld in Hi 9,2.15–22; 10,7; 13,18–23; 16,17; 23,7.10–12; 27,5f.; 31,6.13–21.30 wörtlich überein. Elihu gebraucht sogar mit % „sauber, rein“ ein Hapax Legomenon. Hi 33,10b.11 lassen sich jedoch als wörtliche Zitate Hiobs ausweiAtem kann den Scheiterhaufen in Jes 30,33 entzünden. Kraftlosigkeit wird in Dan 10,17 auch durch die Wendung, dass kein Atem in Daniel sei, ausgedrückt. Positiv ist der Begriff $! in Ps 150,6 aufgenommen, indem dazu aufgefordert wird, dass alles, was Atem hat, JHWH loben solle; sowie in Prov 20,27, dass der Atem des Menschen für JHWH eine Leuchte sei. In Hi 26,4 fragt Hiob Gott an, wessen Atem von Gott ausginge. 107 Dies ist ein weiteres Argument, so DUHM, KHC, 157; FOHRER, KAT, 457, anzunehmen, dass Elihu bei den Reden Hiobs anwesend gewesen sei. 108 Das Verbum $ „bewahren“ hat eine negative Konnotation in Hi 33,11, so CLINES, WBC 18A, 729; K ÖHLMOOS, Auge, 160; LINDSTRÖM, Suffering, 422.
60
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
sen. In Hi 33,10b liegt derselbe Inhalt wie in Hi 13,24 und in Hi 33,11 dieselbe Aussage wie in Hi 13,27.109 Mit " „Feind“ in Hi 33,10b wird ein Wortspiel zu " „Hiob“ angedeutet, das Elihu aus Hi 13,27 aufnimmt. Die fehlende wörtliche Entsprechung des Zitates in den Reden Hiobs, die Anspielungen auf Hiobs Unschuldsbeteuerungen sowie ihre Fortschreibung mit dem Wort % „rein, sauber“ lassen auf eine spätere Ergänzung der Elihurede gegenüber der Dialogdichtung schließen. Die Adressierung Hiobs in V.12a zeigt das Ende des Zitats Hiobs an und verweist mit „dieses“ auf die vorangegangenen Äußerungen zurück. Elihu erwidert, dass Hiob mit seinen Behauptungen im Unrecht sei. Das Motiv der Antwort gelangt in Hi 33,12 auf einen Höhepunkt.110 In der narrativen Einleitung wird in Hi 32,1.3.5 die fehlende Antwort von Elihus Vorrednern festgestellt, die in 32,12.15f. erneut ausgesagt wird. Elihu bekundet durch die Redeeröffnung in 32,6 wie auch in 32,17.20 seinen Wunsch Antwort zu geben. Die Aussage !' „ich will dir antworten“ in 33,12a richtet Elihus Antwortwunsch explizit auf Hiob. Den Grund für Hiobs unberechtigte Aussage nennt Elihu in Hi 33,12b. Gott ist größer als der Mensch. Auch wenn das Verbum „groß sein“ mit in Dtn 14,24; 30,5; Nah 3,16 konstruiert ist, liegt an keiner dieser Belegstellen ein Vergleich zwischen Gott und Mensch vor, der Gottes Größe gegenüber dem Menschen aussagt.111 Ein Vergleich zwischen der Größe Gottes und der des Menschen ist folglich singulär. In Sir 43,28 (HB) wird über Gott ausgesagt, dass er größer ist als alle seine Werke. Gottes Größe wird mit dem Komparativ "#& „größer als“ ausgedrückt. Die Begründung der Erwiderung wie der Antwort Elihus ist mit dem Nomen $"! „Mensch“ allgemein gestaltet, ohne Hiob zu nennen. Vv.13f. leiten zum Hauptteil der Erwiderung Elihus über. In V.13a schließt Elihu seine Frage an, warum Hiob mit Gott hadert und einen Rechtsstreit führt. Elihu zeigt Hiob die Ausweglosigkeit des Rechtsstreits mit Gott auf, da Gott nicht allen Angelegenheiten antwortet. Ein letztes Mal in der Eröffnungsrede Elihus ist das Verbum !' „antworten“ aufgenommen und mit Gott als Subjekt gebraucht. Das Motiv des Antwortens kommt zu einem Abschluss in der Elihurede. 109 Hi 19,11 ist inhaltlich identisch mit Hi 33,10b; 13,24 und unterscheidet sich lediglich durch die Nennung von , „Feind“ anstelle von " „Feind“ von beiden Belegstellen. 110 Vgl. MÜLLNER, Diachronie, 459–461. 111 In Dtn 14,24 ist der Weg zu groß für das Volk, in Dtn 30,5 verheißt Gott, dass er Israel größer machen wolle als seine Väter und in Nah 3,16 werden Händler, die zahlreicher als die Sterne seien, genannt. Im Hiobbuch ist an anderer Stelle ein Vergleich zwischen Gott und Mensch durch die Formulierung +#, ausgesagt, vgl. Hi 4,17; 32,2. Diese Wendung ist darüber hinaus nur in Gen 38,26; Ez 16,52 verwendet; vgl. auch Hi 25,4. Siehe auch Kap. 3.3.2.1.2.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
61
Der inhaltliche Hauptteil der Eröffnungsrede in Hi 33,15–30 beinhaltet Träume, Visionen (Vv.15–18) und Krankheit (Vv.19–22) als Offenbarungsmedien Gottes. Eine für Hi 32,6–33,12 charakteristische Adressierung fehlt in Vv.15–30 gänzlich. 112 Die Begriffe $! „Menschen“ in Vv.15.16.27, # „Mensch“ in Vv.17.23 sowie die mit Suffix 3.Sg.m. ausgesagten Bezüge zu # in Vv.18.22.26, darüber hinaus $"! „Mensch“ in V.26 und die dazugehörigen Bezüge in Vv.27.28 nennen allgemein den Menschen als Gegenstand der Ausführungen. Dass es um Gottes Erziehung und Befreiung geht, zeigt die Gottesbezeichnung in V.14 an. Auf Gott wird expressis verbis nur in V.26 durch " und in V.29 durch verwiesen. Hi 33,15–30 sind daher als allgemeine, inhaltliche Ausführungen ausgewiesen. Das Ende der Ausführungen markiert der erneute, an Hiob namentlich adressierte Höraufruf in V.31. Die inhaltliche Darlegung Elihus thematisiert Gottes Kommunikationsund Offenbarungsweisen: Gott erscheint in Träumen, Visionen (Vv.15–18) und durch die Krankheit eines Menschen (Vv.19–22), um den träumenden oder leidenden kranken Menschen zu erziehen (Vv.16.19). Gottes Erziehung intendiert jeweils, dass der Mensch aus seiner passiv erleidenden Situation befreit, er restituiert wird und zum Leben zurückkehrt (Vv.17f.23– 25). In Vv.23–26 vermittelt ein Engel als Fürsprecher zwischen dem kranken und vom Tod bedrohten Menschen und Gott. Der Engel teilt dem Menschen seine Aufrichtigkeit mit, er ist ihm gegenüber gnädig und er legt Fürsprache für den Menschen vor Gott ein, damit Gott den leidenden Menschen befreit. Der restituierte Mensch bekennt, nachdem der Engel erneut für ihn gebetet und Gott dem Menschen seine Gerechtigkeit zurückgegeben hat, seine Sündhaftigkeit (Vv.27f.). In Vv.29f. führt Elihu das Befreiungsgeschehen am leidenden Menschen allein auf Gott zurück. Träume und Visionen bilden in V.15 das Medium der Offenbarung und der Erziehung Gottes. Elihu vertritt die These, dass Gott sich dem leidenden Menschen in Träumen und nächtlichen Visionen offenbart (Vv.15–17). Gottes Erziehung intendiert in V.17 den träumenden, passiven Menschen von Stolz und Tun abzubringen und in V.18 sein Leben vor der Grube und dem Unterweltkanal zu bewahren. Gottes Offenbarung ist in V.16 durch den Ausdruck
& „er öffnete ein Ohr“ angezeigt. In der Hiobdichtung ist der Terminus
& singulär in den Elihureden in Hi 33,16; 36,10.15 belegt. Träume und Visionen erhalten aufgrund der Intention, dass vom Tod bedrohte Menschen nicht in den Tod gelangen, im Wesentlichen eine positive Bedeutung.113
112 Dagegen sieht W AHL, Schöpfer, 61, die allgemeinen Ausführungen „speziell auf Hiob gemünzt“. 113 Zum Traumverständnis Elihus und zur Formulierung &" siehe Kap. 3.1.2.2.
62
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Das Thema über Gottes Erziehung im Leiden eines Menschen ist in Hi 33,16.19 angesprochen und in Elihus Schlussrede in Hi 36,8–12.15.22 erneut aufgenommen. Ist in Hi 33,15–30 Gottes Erziehung mit seiner Befreiung des leidenden Menschen kombiniert, so sind in Hi 36,8–15 beide Themen ebenfalls miteinander verbunden, doch ist die Befreiung vom Leiden an die vorherige Umkehr des leidenden Menschen gebunden.114 Den kranken und leidenden Menschen erzieht Gott in Hi 33,19–22.115 Die Begriffe „Leben“, $ „Fleisch“ und ,' „Knochen“ beschreiben den von der Krankheit getroffenen Menschen.116 Mit jedem neuen Halbvers ist sein sich zunehmend verschlechternder Gesundheitszustand beschrieben.117 Ihm droht der Tod, da sich ihm diejenigen Personen, die den Tod verursachen, nahen (V.22). Nach V.23 besteht die Möglichkeit, dass ein „Engel“ dem vom Tod bedrohten Menschen zu Hilfe kommt.118 Er ist als ~ „Fürsprecher“ charakterisiert, als % ! „einer aus den Tausend“119 spezifiziert und er gehört dem Hofstaat Gottes an. Der Engel teilt dem Menschen $ „Aufrichtigkeit“ mit (V.23b) 120 und wendet sich ihm gnädig zu (V.24). Daraufhin bittet der Engel vor Gott aufgrund des gefundenen Lösegeldes, den Menschen vor dem Tod zu befreien (V.24).121 So114
Vgl. zum Erziehungsgedanken in Hi 33 und Hi 36 Kap. 3.1.2; Kap. 3.2.2 und Kap.
4.1. 115 Auch wenn mit " ho. „erzogen werden“ eine passive Verbalform vorliegt, ist wieterhin der # aus V.17, auf den sich in Vv.18.19 die Suffixe beziehen, Gegenstand der Ausführungen. Gott ist als Subjekt der Erziehung zwar nicht expressis verbis genannt, aber aus Vv.16f. mitgedacht. 116 Der Bezug zu # in 33,17 ist durch die Suffixe in 33,19–22 gewährleistet. 117 SEYBOLD, Gebet, 31f., sieht in Hi 33,19–22 einen Text vorliegen, der objektiv und typisierend einen Krankheitszustand beschreibt, der durch den zerfallenden Körper wie das Erreichen der Totenwelt durch den Kranken dargestellt ist, vgl. aaO., 35f. 118 Auch wenn das Wort , das eine Nominalbildung der Wurzel mit der Bedeutung „schicken, senden“, bildet, eine Funktion und keine Wesensart umschreibt und ein Bedeutungsfeld vom menschlichen Gesandten bis zum Boten Gottes impliziert, vgl. MACH, Entwicklungsstadien, 39, so liegt durch die o.g. Beschreibung des in Hi 33,23, kombiniert mit der Unterordnung seines Tuns unter das Handeln Gottes in Hi 33,29, die Bedeutung eines Boten Gottes durch einen Engel vor. Vgl. bereits J OHANSSON, Parakletoi, 26f. 119 Diese Formulierung ist nur in Hi 9,3; Sir 6,5 (HA); Koh 7,28 belegt; vgl. auch REITERER, Verhältnis, 415. 120 Zum Verständnis von "$ # #&
vgl. die Diskussion bei CLINES, WBC 18A, 736, der in dieser Mitteilung die Funktion des Fürsprechers des Engels vorliegen sieht. Vergleichbar den Propheten könnten Engel einen Menschen vor Gott repräsentieren. OEMING, Lösegeld, 90, zufolge überliefert Hi 33,23 die Vorstellung eines namenlosen Engels, „der für einen in Lebensgefahr schwebenden Menschen persönlich eintritt und vor Gott Fürsprache hält, also um eine Art ‚Fürbittengel “. Vgl. detailliert Kap. 3.1.2.3. 121 Auch wenn in V.24 kein Subjekt zum Verbum "!!" „und er ist ihm gnädig“ angegeben ist, lässt die Syntax allein zu, den Engel aus V.23 aufzunehmen; vgl. HÖLSCHER,
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
63
wohl in der Gnade als auch in der Bitte und in dem Auffinden des Lösegeldes zeigt sich die Funktion des Engels als Fürsprecher, wie sie durch ~ „Fürsprecher“ in V.23 bezeichnet ist. Der Text schweigt darüber, ob Gott das Lösegeld annimmt. In V.25 folgt jedoch, dass sich der körperliche Zustand des vom Tod bedrohten Menschen verändert, der Körper restituiert wird und jugendliche Frische zurückerhält.122 Der Prozess der körperlichen Restitution lässt darauf schließen, dass das vermittelnde Tun des Engels zum Erfolg geführt hat und der Mensch von seinem Leiden und seiner Krankheit befreit ist.123 Auch wenn die körperliche Restitution des Menschen stattgefunden hat, ist das Befreiungsgeschehen noch nicht zum Ende gekommen. Die Fürsprecherfunktion des Engels zeigt sich erneut in seinem Gebet in V.26.124 Seine Bitte ist mit dem Verbum ' q. „beten, bitten“ ausgedrückt, das eine an Gott gerichtete Bitte überliefert. Den einzigen Belegstellen in Gen 25,21; Ex 8,26; 10,18; Jdc 13,8 ist gemeinsam, dass eine Person für eine andere Person eine Bitte vor Gott bringt.125 Die Vorstellung, dass ein Engel HAT, 80; P OPE, AncB, 215; FOHRER, KAT, 453; 460; SEYBOLD, Gebet, 60f.; MENDE, Leiden, 38f.; STRAUSS, BK, 289; CLINES, WBC 18A, 737. DUHM, KHC, 160f., und DRIVER/ GRAY, ICC, I 291, sehen auch den Engel als Subjekt an, in der Bitte jedoch nicht Gott, sondern die in V.22 genannten Todesengel adressiert. W AHL, Schöpfer, 65, erachtet implizit ebenfalls den Engel als Subjekt, sagt jedoch, dass „das unsichtbare subiectum regens dieser Verse allein der sich erbarmende, gnädige Gott (V 24)“ sei. Dagegen ergänzt B UDDE, HK, 210f., hinter "!!", zudem ergänzt er hinter ( noch "$(!, lässt dafür jedoch $ # aus. EWALD, Hiob, 305f.; W EISER, ATD, 218; 222, unter Verweis auf 33,29; GORDIS, MorS II, 364; 377f., sehen Gott als Subjekt des Verses an. Die nachfolgende Bitte richtet Gott an den Engel, er möge den vom Tod bedrohten Menschen aus der Grube befreien, da er, nämlich Gott, ein Lösegeld gefunden habe. Befreit der Engel den Menschen, liegt ein textimmanenter Widerspruch zu Hi 33,28 vor, in dem Gott als Subjekt der Befreiung genannt ist. Stattdessen ist der Engel Subjekt zu "!!" in 33,24. 122 Dagegen CLINES, WBC 18A, 738, der in V.25 lediglich einen Wunsch des Engels vorliegen sieht. 123 GUGGISBERG, Gestalt, 100, hat dem Handeln des Engels mehrere Aufgaben zugrunde gelegt. Der Engel habe dem Menschen die Bedeutung seines Leidens erklärt und seine Pflicht mitgeteilt, diesem gegenüber sein Mitleid gezeigt, Fürsprache vor Gott eingelegt, dessen vorzeitigen Tod abgewendet und ein Lösegeld angeboten. Daneben gibt es Interpretationen, der Engel in Hi 33,23 sei ein Kultexperte mit prophetischen Funktionen, der dem Kranken zur Seite gestanden habe, so dass die gesamte Szenerie in Hi 33,14–30 in einer Bittzeremonie im rituellen Verfahren einer Krankenheilung bestehe, in welcher dem Ritualfachmann als vermittelndem Experten eine Schlüsselfunktion zukomme; vgl. GERSTENBERGER, Mensch, 138f.; 168. Zu dem Handeln des Engels in Hi 33, vgl. Kap. 3.1.2.3. 124 Dagegen sehen E WALD, Hiob, 306; B UDDE, HK, 211; GERSTENBERGER, Mensch, 157, den restituierten Menschen als Subjekt. 125 Isaak betet zu Gott um Rebekkas willen, da sie unfruchtbar ist. Ihre Schwangerschaft folgt sogleich (Gen 25,21). Nachdem Pharao Mose um ein Gebet bittet (Ex 8,24f.),
64
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
bei Gott für andere Menschen bittet, belegt ebenfalls Tob 12,5.6.12. Hier legt der Engel Rafael Fürbitte bei Gott ein. Es ist daher plausibel anzunehmen, dass der Engel in Hi 33,26 Sprecher der Bitte ist. Im Anschluss an die Fürbitte des Engels ist Gott freundlich gestimmt, er zeigt sein Angesicht in Jubel und gibt dem Menschen seine Gerechtigkeit zurück. Gerechtigkeit scheint hier nicht im Sinne von Hiobs Unschuldsbeteuerungen oder seiner Behauptungen, im Recht zu sein, gebraucht, sondern es ist vielmehr an eine Form göttlicher Gerechtigkeit oder Gottes treuer Hilfe und Zuwendung, die die Gottesbeziehung des Menschen wieder zurechtrückt, gedacht.126 Die Wiederherstellung des Menschen mit Gerechtigkeit wirkt doppelt zur vorangegangenen körperlichen Restitution. In V.27f. schließt ein Sündenbekenntnis des restituierten Menschen an. Der Beter bekennt seine Einsicht in die eigene Sündhaftigkeit und erkennt dankend an, dass Gott ihn aus Krankheit und Todesnähe befreit hat. Das Bekenntnis der eigenen Sündhaftigkeit ist durch j „ich habe gesündigt“ und "' „ich habe verkehrt“ ausgedrückt.127 Mit V.29 wird das Tun des Engels dem Handlungsbereich Gottes zugeordnet. Die Zahlenfolge drückt Gottes Bereitschaft zum wiederholten Eingreifen in Langmut und Geduld aus. V.30 fasst beide Textteile zusammen: Gott gibt dem Menschen sein Leben zurück und der Mensch wird im Licht des Lebens erleuchtet. Die Befreiung vom Leiden besteht in der Rückführung des Leidenden zum Leben durch Gott. Die gnädige Tat des Engels und die Befreiung des Menschen durch Gott bedürfen keiner vorherigen Umkehr. Auch wenn der einst vom Tod bedrohte Mensch in Hi 33,27 seine Sünde bekennt, ist dieses Sündenbekenntnis keine Voraussetzung für die gnädige Zuwendung des Engels, die körperliche Restitution, die Befreiung folgt Moses Gebet zu JHWH (V.26). Dieser Vorgang steigert sich in Ex 10,17f. dahingehend, dass Pharao zuvor seine Sünde bekennt und Mose abermals eine Bitte bei Gott vorlegt, dass er nicht sterbe. Auch darauf folgt das an JHWH adressierte Gebet des Mose. Allen diesen Belegen ist wie auch Hi 33,26 gemeinsam, dass sie keinen Gebetstext überliefern, sondern lediglich die Gebetsnotiz nennen. In Jdc 13,8 betet Manoach zu JHWH wegen des angekündigten Kindes und bittet darum, der Mann Gottes möge nochmals zu ihm und seiner Frau kommen. Es sind mit Ausnahme des Engels in Hi 33,26 immer Menschen, die Gott bitten. Entsprechend der Parallelbelege liegt in Hi 33,26 ein vermittelndes Bitten der betenden Person für eine andere Person vor. Auch die Belege von ' ni. zeigen, dass die Bitte jeweils an Gott adressiert ist. Vgl. I Chr 5,20; Jes 19,22; II Sam 21,14; 24,25; Esr 8,23; Gen 25,21; II Chr 33,13.19. Darüber hinaus ist ' hi. „beten“ in Sir 37,15; 38,14 belegt, um die an Gott gerichtete Bitte eines Menschen auszudrücken. 126 Vgl. EWALD, Hiob, 306; DUHM, KHC, 161. Siehe auch Kap. 3.3.2. 127 Ein Sündenbekenntnis mit j findet sich darüber hinaus in II Sam 24,10 im Mund Davids, der mit diesen Worten die Schuld auf sich nimmt, um sie von den Israeliten abzuwenden. In kollektiven Sündenbekenntnissen sind beide Verben im Rahmen der Einweihung des ersten Tempels unter Salomo in I Reg 8,47; II Chr 6,37 ("!"' "!j "!'$") sowie im Munde der Beter in Ps 106,6 ("!'$ "!"' " "!"' "!j) belegt.
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
65
durch Gott und die Wiedergabe der Gerechtigkeit Gottes an den Menschen.128 Erst im Anschluss erfolgt das Sündenbekenntnis als menschliche Reaktion auf Gottes Befreiungshandeln.129 Der Impetus der Ausführungen in Hi 33,15–30 deutet im Verständnis des Leidens einen Perspektivwechsel an. Nicht mehr die Ursache für das persönliche Leiden, sondern die Befreiung vom Leiden steht in Elihus Interesse.130 Nach Gottes erfolgter Erziehung am Menschen handelt Gott befreiend an diesem und der Mensch erhält sein Leben zurück. Das Ziel der göttlichen Erziehung besteht folglich in der Befreiung des leidenden, vom Tod bedrohten Menschen. Der zweite Teil der Eröffnungsrede Elihus in Hi 33 ist durch die Leitworte $(! „Seele, Leben“, „Leben“ und $ „Grube“ sowie das Verbum "$ hi. „zurückführen, umkehren“ ausgestaltet. Das Verbum "$ hi. wird in Hi 33,5.32 zur Adressierung an Hiob verwendet und Elihu fordert Hiob zur Erwiderung auf. In Hi 32,14 redet Elihu seine Vorredner an und betont, dass er nicht mit ihren Worten erwidern wolle. In den inhaltlichen Ausführungen in Hi 33 erhält das Verbum die Bedeutung „zurückbringen, zurückgeben, zurückkehren“. In 33,25 kehrt der kranke Mensch zu seinem Jugendalter zurück, in V.26 gibt Gott dem Menschen seine Gerechtigkeit wieder und in V.30 führt Gott den vom Tod bedrohten Menschen zum Leben zurück. Mit dem Verbum wird zweimal in Vv.25.26 die Restitution des Menschen ausgesagt und einmal in V.30 mit der Wendung $(! $
128 OEMING, Lösegeld, 100, ohne auf die Wiedergabe der Gerechtigkeit einzugehen, formuliert daher: „Der Erlöste erkennt und bekennt erst im Nachhinein seine Schuld“. Oeming sieht hier Anklänge an die Rechtfertigungslehre vorliegen. Vgl. auch HABEL, OTL, 462; CLINES, WBC 18A, 737. 129 Dagegen sehen W EISER, ATD, 222; FOHRER, KAT, 460; HESSE, ZBK, 180f.; J ANOWSKI, Sühne, 149f., in dem gefundenen ( einen Akt der Umkehr des Menschen vorliegen. DE W ILDE, Buch, 316f., und DRIVER/ GRAY, ICC, I 290, behaupten, der kranke Mensch habe seine Sünden bekannt und sich bekehrt, so dass er in Folge dessen befreit aus den Toren des Todes zu vollständiger Gesundheit zurückgekehrt sei. 130 Es ist eine pädagogische oder bildende Funktion des Leidens von FOHRER, KAT, 461; MENDE, Leiden, 367; W AHL, Schöpfer, 174; CLINES, WBC 18A, 731, angenommen worden. W AHL, Schöpfer, 53, sieht in Hi 33,13–28 die Entfaltung einer „sog. Leidenspädagogik, die das vielfältige Handeln Gottes am Strauchelnden schildert“ (53) und die auf Ez 18,23 herausläuft (vgl. aaO., 69), vorliegen. Den Begriff „Leidenspädagogik“ qualifiziert W AHL als Terminus in der Theologie- und Philosophiegeschichte, nicht durch alttestamentliche Parallelen (aaO., 140), zudem behauptet er, die Elihureden überlieferten eine klimaktisch aufgebaute und als systematische Lehre entfaltete Leidenspädagogik, welche Leid nicht mehr als Läuterung, sondern als zurechtweisendes Mittel Gottes verstehe; vgl. aaO., 161f. Es scheint hingegen angebracht zu sein, eine „Erziehung im Leiden“ und keine „Leidenspädagogik“ als entfaltete Lehre in den Elihureden anzunehmen; vgl. Kap. 3.1.2; 3.2; 4.1.
66
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
„das Leben zurückführen“ zusammengefasst. 131 Die Nomen $(! „Seele, Leben“ und „Leben“ sind in Vv.18.20.22.28.30 parallel und synonym verwendet. Beide dienen der Beschreibung des Menschen, der vom Tod zurückgehalten wird. Die Bedrohung durch den Tod ist mit dem Wort $ „Grube“ ausgedrückt, das in Vv.18.22.28.30 belegt ist. Während die Worte $(!, und $ in den weiteren Elihureden keine Aufnahme finden, ist das Verbum "$ erneut in Hi 35,4; 36,10 verwendet. Weder Träume und Visionen noch ein Engel als Fürsprecher für den leidenden und vom Tod bedrohten Menschen finden bei Elihu in seinen folgenden Reden Erwähnung. Auch ein Sündenbekenntnis ist kein weiteres Mal genannt. Hi 33,31–33 beschließen die Eröffnungsrede Elihus mit zwei an Hiob gerichteten Höraufrufen in Vv.31.33 und einem Redeaufruf in V.32. In V.31a ist Hiob namentlich adressiert. Der Redeaufruf in V.32 fordert Hiob zu einer erneuten Antwort auf und ist wie Hi 33,23 mit der Formulierung $ „wenn es gibt“ eingeleitet. Elihu betont, dass er Gefallen an Hiobs Gerechtigkeit und Recht hat und Hiob daher reden möge. Sind die inhaltlichen Ausführungen Elihus allgemein auf jeden Menschen bezogen, werden sie durch die abschließende Anrede an Hiob auf ihn bezogen. Wie in Hi 32,1 hält Elihu an Hiobs Gerechtigkeit fest. Hiobs Reaktion bleibt jedoch aus. Stattdessen mahnt Elihu ihn zu hören und zu schweigen und intendiert nun die Verkündigung seiner Weisheit. Die mit '$ „hören“ gebildeten Höraufrufe in 32,10; 33,1.31.33 rahmen die Rede. Das Motiv des weisen und verständigen Redners ist in Hi 33,33 aus Hi 32,6–10; 33,3f.6f. aufgenommen. Das Nomen „Weisheit“ rahmt in Hi 32,7; 33,33 beide Redeteile der Eröffnung Elihus. Elihu ist nun imstande, sich endgültig als weiser Lehrer zu bezeichnen. Eine Anrede an Hiobs Freunde fehlt. Dies lässt darauf schließen, dass sie nicht zum ursprünglichen Adressatenkreis der Rede gehörten. 2.2.5.4 Rückblick auf die Textentstehung der Erwiderung Elihus an Hiob In den inhaltlichen Ausführungen Elihus in Hi 33,15–30 fallen das Trikolon in V.15 und die doppelte Restitution des leidenden Menschen in Vv.24–25 und V.26–28 auf. Hi 33,15 bildet ein Trikolon, das innerhalb der in Bikola gestalteten Texteinheit Vv.16–18 überrascht. Es ist naheliegend, dass V.15a eine Glosse ist, die durch wörtliche Parallele zu Hi 4,13 in den Text eingetragen wurde.132 Vgl. zu der Formulierung $(! $
auch Thr 1,11.19; Rut 4,15; Ps 19,8; 35,17; Prov 25,13. 132 Vgl. B UDDE, HK, 208; DUHM, KCH, 159; DRIVER/ GRAY, ICC, II 242; HÖLSCHER, HAT, 80; FOHRER, KAT, 453f.; DE W ILDE, Buch, 308; 313; MENDE, Leiden, 43; 276; W AHL, Schöpfer, 59f. Dagegen erachten GORDIS, MorS II, 362; CLINES, WBC 18, 694f. V.15 als ursprünglichen Textbestand. 131
2.2 Narrative Einleitung und Eröffnungsrede Elihus in Hiob 32–33
67
Die Vorstellung von der Befreiung durch Gott (V.24 und V.28) sowie die Mitteilung bzw. Rückgabe von Aufrichtigkeit (V.23b) und Gerechtigkeit (V.26), auch wenn in V.23 der Engel, in V.26 Gott der Akteur ist, stellen eine Doppelung im Text dar. Die Fürsprache des Engels in V.24 und seine Fürbitte in V.26 bildet eine weitere Dublette. Ist in V.25 an eine körperlich physische Restitution durch die Wiederherstellung des Fleisches des Menschen von Jugend an im Blick, steht in V.26 die Rückgabe der Gerechtigkeit an den bereits körperlich restituierten Menschen durch den Begriff der +#, „Gerechtigkeit“ im Zentrum. Die Wiederherstellung des Menschen mit Gottes Gerechtigkeit setzt seine physische Restitution voraus. Diese Beobachtungen unterstützen die Annahme, dass die ursprüngliche Elihurede in Hi 33,15–30 nicht die zweite Restitution des Menschen in 33,26–28 enthalten hat. Demzufolge reagiert Elihu auf Hiobs Behauptungen seiner Unschuld mit Träumen, Visionen und Krankheit als Offenbarungsmedien Gottes. Mit ihnen erzieht er den leidenden Menschen, um ihn körperlich zu restituieren und ihm neues Leben zu ermöglichen. Mit der Mitteilung der Aufrichtigkeit reagiert Elihu auf die seiner Meinung nach unzutreffend geäußerten Unschuldsbehauptungen Hiobs. Auf Gnade und Lösegeld folgt die körperliche Restitution. Die Fortschreibung ergänzt Gottes Wiedergabe der Gerechtigkeit an den restituierten Menschen. Allein die Mitteilung der Aufrichtigkeit reicht nicht aus, den leidenden Menschen aufgrund der mehrfachen Behauptung seiner Unschuld wieder herzustellen. Der Erhalt der Gerechtigkeit setzt den Menschen wieder in eine angemessene Gott-Mensch-Relation und ermöglicht ihm, seine Sünde vor Gott zu bekennen. Mit dem Sündenbekenntnis liegt eine dem Menschen angemessene Reaktion auf Gottes Gerechtigkeit vor. Die zweite Restitution in 33,26–28 nimmt die Gerechtigkeitsthematik auf, die bereits in Hi 32,2–5 angeklungen ist.133 Dem Redeteil in Hi 33 liegen Teile der Dialogdichtung bereits vor. So setzt das angebliche Zitat Hiobs in Hi 33,9–11 Hiobs Rede in Hi 13,24.27 voraus. Darüber hinaus spielt das Zitat auf die Unschuldsbehauptungen Hiobs in Hi 9,2.15–22; 10,7; 13,18–23; 16,17; 23,7.10–12; 27,5f.; 31,6.13– 21.30 an.
133
Vgl. dazu Kap. 2.6; Kap. 3.3 und Kap. 4.3.
68
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34 2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
2.3.1 Einleitung Die zweite Elihurede in Hi 34 erfährt durch die erneute Redeeröffnungsformel in 34,1 eine Abgrenzung von Elihus Eröffnungsrede. In 34,4 benennt Elihu seine Redeintention: Recht soll geprüft werden, damit das Gute erkannt wird. Anlass zu Elihus Rede sind Äußerungen Hiobs, der seine Unschuld behauptet, sich selbst als gerecht erachtet und zugleich Gott ins Unrecht setzt und für ungerecht erklärt (34,5f.9). Demgegenüber entwirft Elihu ein Bild von Gott als mächtiger und gerechter Herrscher, der als Schöpfer seine Macht über dem Erdkreis und den Lebewesen ausübt. Ausgehend von dieser Vorstellung befasst sich Elihu mit Gottes Recht, seiner gerechten Herrschaft und seinem Handeln im Gericht, dessen Zeit Gott festlegt. Während des Gerichts zerschlägt Gott die gewaltigen und frevelnden Personen (34,10–30). Am Ende seiner Rede verwirft Elihu Hiobs Reden (34,34–37). Gottes Recht und seine Gerechtigkeit angesichts der Gerechtigkeitsbehauptungen Hiobs, in denen er auf sein Recht insistiert, stehen im Vordergrund der Rede. Rechtstermini bilden ihre Leitbegriffe, zu denen j($ „Recht, Rechtsfall, Gericht“ sowie das Verbum +#, „im Recht, gerecht sein“, das Adjektiv +#, „gerecht“, das Nomen '$ „Frevler“ und das Verbum '$ hi. „zum Frevler erklären, schuldig sprechen“ gehören. Elihu unterlässt die namentliche Anrede Hiobs in seinem einleitenden Redeteil in Vv.1–9. Stattdessen wird Hiob in der 3.P.Sg. zum Gegenstand der zweiten Elihurede (34,5f.9.35–37), indem Elihu den Fall Hiobs anhand seiner zitierten Äußerungen diskutiert. Die Höraufrufe geben in Hi 34,2– 10 eine Gruppe von weisen Personen als Publikum Elihus an. Auf diesen Adressatenkreis bezieht Elihu sich in Hi 34,37 abschließend nochmals. Darüber hinaus spricht Elihu jedoch in Hi 34,16f.33 unvermittelt eine einzelne Person an, bei der nur an Hiob zu denken ist. Die beobachteten Adressatenwechsel lassen auf ein literarisches Wachstum der zweiten Elihurede schließen. Die Interpretation wird dieses spezifizieren. 2.3.2 Übersetzung 1. Da antwortete Elihu und sprach: 2. Hört, Weise, meine Worte, und Wissende, hört auf mich!134
134 Die Redeeinleitung erinnert an 1QHa IX, 36f., wo es heißt: '# $" "'$. LANGE, Weisheit, 228, nimmt nicht an, dass die Elihurede die Textvorlage für die Hodayot gebildet hat.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
69
135
Denn ein Ohr soll Worte prüfen und ein Gaumen soll Speise kosten136. Recht wollen wir uns prüfen137, wir wollen unter uns wissen, was gut ist. Denn Hiob hat gesprochen: ‚Ich bin gerecht aber Gott nimmt mein Recht weg. Trotz meines Rechtes soll ich lügen,138 ein Pfeil hat mich unheilbar139 gemacht – (ich bin) ohne Verfehlung. Wer ist ein Mann wie Hiob? Er trinkt Verspottung wie Wasser. Und er ist unterwegs zur Gemeinschaft mit Unheiltätern und wandelt mit Frevelmenschen.140 Denn er hat gesagt: ‚Nicht nützt es einem Mann, dass er sich mit Gott befreundet .141
135 Hi 34,3f. fehlen in der ältesten griechischen Version der Septuaginta, vgl. LXX Gottingensis, 364. 136
) wird unter Berufung auf Hi 12,11 sowie auf die Textüberlieferung bei Theod., Syr., Vulg. in ) geändert; vgl. P OPE, AncB, 221; 223, und CLINES, WBC 18A, 746. Dagegen schlagen BUDDE, HK, 213; NICHOLS, Composition, 175; DRIVER/ GRAY, ICC, I 154; HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 464; HESSE, ZBK, 181; WAHL, Schöpfer, 74, alternativ dazu ) . vor. An MT hält hingegen MENDE, Leiden, 48 fest. Die Syntax im Parallelismus membrorum lässt jedoch anstelle des Infinitivs ein Objekt erwarten, um eine Parallele zu V.3a und dem dortigen Objekt „Reden“ herzustellen, so dass hier am Konsonantenbestand des masoretischen Textes unter veränderter Vokalisation mit Verweis auf Hi 12,11 festgehalten wird. 137 Wie in Hi 34,3 „prüfen“ wird diese Übersetzung auch für in V.4 gewählt; vgl. 18Gesenius, s.v. 2, 138; HALAT, s.v. II , 115, mit der Bedeutung „scharf ins Auge fassen, prüfen“; vgl. auch HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 462; WEISER, ATD, 223; DE W ILDE, Buch, 321; W AHL, Schöpfer, 74. Dagegen halten an der Grundbedeutung „wählen, erwählen“ B UDDE, HK, 214; DUHM, KHC, 163; DRIVER/ GRAY, ICC, I 295; P OPE, AncB, 221; MENDE, Leiden, 48, fest. 138 LXX Gottingensis, 364, ändert in Mz;8E=6 3R =[ 49^I=^ I6e „Er lügt aber gegen mein Urteil.“ 139 So möglichst nah an MT übersetzt. LXX Gottingensis, 364, übersetzt mit => KU67 I6e „mein Pfeil“. Es konjezieren , in , DHORME, EtB, 465f.; DUHM, KHC, 163; HÖLSCHER, HAT, 82, der V.6b dahingehend versteht, dass Hiobs heilloses Leiden ohne Schuld sei. ~ „Schlag“ ist daneben nur in Jes 30,26 belegt. MT ist gemäß Hi 6,4 im Sinne von „Wunde“ wiederzugeben; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, I 295; II 253, der „my arrow(-wound)“ übersetzt; vgl. auch DUHM, KHC, 163; FOHRER, KAT, 464; MENDE, Leiden, 49. 140 Die griechische Übersetzung in Hi 34,8 ist als Fortsetzung des Zitats aus Vv.5f. gestaltet; vgl. LXX Gottingensis, 364f., 6aP I9=]? 6a3R OE;LE7 C36V 465?Y?LE7 I;=J :6568?=Y? =J m?6I =6V :69;eHW?5 I;=J OE;F?. „Nicht sündigte ich noch handelte ich gottlos oder teilte einen Weg mit denen, die Unrecht tun, um mit Gottlosen zu gehen.“ In LXX liegt gegenüber MT in Hi 34,8 die gegenteilige Aussage vor. 141 LXX Gottingensis, 365, leitet das Zitat in 2.P.Sg. und nicht in 3.P.Sg. ein. 11QtgJob überliefert ebenfalls eine aramäische Übersetzung von Hi 34,6–9, die jedoch einige Auslassungen aufweist. Anstelle der Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs sind in
70
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
10. Daher, Menschen des Verstandes, höret mich: Fern sei von Gott Frevel und von Šadday Unrecht,142 11. denn die Tat143 eines Menschen vergilt er ihm144 und gemäß dem Verhalten eines Mannes lässt er ihn treffen. 12. Gewiss, Gott macht sich nicht zum Frevler und Šadday beugt kein Recht. 13. Wer hat ihm die Erde145 anvertraut und wer setzt den ganzen Erdkreis146? 14. Wenn er nur sich selbst beachtete, dann zöge er seinen Geist und seinen Atem zu sich zurück, 15. dann verschiede alles Fleisch gemeinsam und ein Mensch kehrte zum147 Staub zurück. 16. 148Doch wenn (Du) Einsicht (hast)149, höre dieses, höre auf den Klang meiner Worte.
11QtgJob, xxiv, 1–3, Hiobs Sündlosigkeit und seine Zusammenkunft mit Übeltätern genannt; vgl. DJD XXIII, 133. 142 Die Formel
„fern sei es von“ bildet eine Schwurformel, die in V.11 durch den -Satz begründet wird. Eine derartige syntaktische Konstruktion ist ebenfalls in I Sam 2,30; 20,9 und mit Gott als Subjekt ist sie nur in Gen 18,25 belegt. Anstelle der folgenden Nomina vokalisieren je einen Inf.cstr. DUHM, KHC, 163; HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 462; DE W ILDE, Buch, 321; vgl. auch MENDE, Leiden, 49; CLINES, WBC 18A, 744; 748; DUHM, KHC, 163; W EISER, ATD, 225; BUDDE, HK, 215; DRIVER/ GRAY, ICC, II 254; STRAUSS, BK, 293f. Dagegen übersetzt LXX Gottingensis, 365: IL I65 ;tp f??=5 4e9^6e OE;WE5 4_ f??=5 :?=649G=6967 =9GX5 => 3^456?. Die Beteuerungsformel ist auf den Redner Elihu bezogen, dem es vor Gott ferne sei, gottlos zu sein. 143 Es ist mit '( an MT festzuhalten; so auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 296; FOHRER, KAT, 462; LÉVÊQUE, Job, 581; DE W ILDE, Buch, 318; HABEL, OTL, 473. Die Variante '( lässt sich durch die Vergleichspartikel im zweiten Kolon erklären, um einen synonymen Parallelismus membrorum zu gestalten; vgl. die Texttradition in LXX, Syr., Sah., Aeth., Ms 95; vgl. NICHOLS, Composition, 176; CLINES, WBC 18A, 744; 748. 144 LXX Gottingensis, 365, ersetzt in 34,11a Gottes Vergeltung durch den Gedanken, dass Gott dem Menschen mitteilt, wie er ihn gemacht habe, und trägt die Schöpfungsthematik ein. 145 Mit , liegt eine erstarrte Lokativform vor, so GK §90f.; vgl. G ORDIS, MorS II, 387; MENDE, Leiden, 50. Dagegen lesen B UDDE, HK, 215; HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 464; STRAUSS, BK, 252f.; CLINES, WBC 18A, 749, ),. 146 Das Nomen „Erdkreis“ ist in Hi 34,13; 37,12; Hi 18,18; I Sam 2,8; II Sam 22,16; Jes 13,11; 14,17.21; 18,3; 24,4; 26,9.18; 27,6; 34,1; Jer 10,12; 51,15; Ps 9,9; 18,16; 19,5; 24,1; 33,8; 50,12; 77,19; 89,12; 93,1; 96,10.13; 98,7.9; Prov 8,26.31; Thr 4,12; I Chr 16,30; Nah 1,5 sowie in Sir 10,4 (HA); 16,19 (HA); 37,3 (HBD); 39,22 (HB); 43,3 (HB) und u.a. in CD 20,34; 1QS 3,18; 4,2.6.19; 5,19; 10,15; 1QSb 4,27; 1QHa 6,17; 4Q169, Frg. 1, 2,9; 4Q177, Frg. 1, 4,7; 11Q5 26,14 belegt. 147 Es liegt ein ' der Richtungsangabe vor, vgl. 18Gesenius, s.v. ', 962–966, hier 964f. 148 Hi 34,16–22 sind mit Ausnahme von V.18b ebenfalls in der LXX übersetzt, Vv.19f. weisen keine inhaltlichen Anklänge an MT auf, Vv.21f. hingegen deuten auf MT als Vorlage hin; vgl. LXX Gottingensis, 366f. N ICHOLS, Composition, 177, erachtet V.16 aufgrund des unpassenden Adressatenwechsels als Glosse an.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
71
17. Herrscht150 sogar einer, der Recht hasst oder erklärst Du151 den Gerechten, der gewaltig ist,152 für schuldig?153 18. Sagt154 man zu einem König ‚nichtsnutzig 155 und ‚Frevler zu Edlen? 19. Er [sc. Gott]156 nimmt nicht für Fürsten Partei und betrachtet Vornehme nicht vor Armen, denn die Tat seiner Hände gilt allen. 20. Im Nu sterben sie, und zwar zur halben Nacht [die Vornehmen kommen um157, sie gehen hinüber und sie bringen Mächtige ohne Kraft158 ab.159]
Die Betonung von ! auf der Penultima implizierte einen Imp.Sg., der nicht in die syntaktische Struktur in 34,16 passt. Stattdessen ist in die Ultimabetonung des Nomens ! „Einsicht“ zu ändern; vgl. E WALD, Hiob, 329; DUHM, KHC, 164; MENDE, Leiden, 51. 150 Die Übersetzung von $ „herrschen“ ist auf LXX Gottingensis, 366, die mit dem Verbum UUeI5 „herrschen“ übersetzt, gestützt. Die weiteren Belegstellen zeigen an, dass das Verbum entweder in der Bedeutung „binden, verbinden (von Wunden)“ oder aber „satteln“ gebraucht ist. Mit „Herrschen“ übersetzen DUHM, KHC, 165; WEISER, ATD, 223; P OPE, AncB, 222; MENDE, Leiden, 51f.; CLINES, WBC 18A, 744; 750. HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 464, übersetzen mit „Zügel führen“ in Anlehnung an die sonst gebräuchliche Übersetzung „satteln“; so auch W AHL, Schöpfer, 84. B UDDE, HK, 216, übersetzt mit „bändigen“; mit „verbinden“ übersetzen STRAUSS, BK, 252; FREULING, Grube, 221. 151 Mss 17; 257 bezeugen dagegen mit '$ die 3.P.Sg., vgl. KENNICOTT, Testamentum, 513. Die erneute Anrede in V.16 in der 2.P.Sg. lässt jedoch dessen Wiederaufnahme in V.17b zu. Die finite Verbform in 3.P.Sg. ist durch deren Beleg in 34,12.29a erklärbar. 152 Die Adjektive +#, „gerecht“ und „mächtig“ sind in explikativer Asyndese nebeneinander gestellt; vgl. GK §120g; §131a.i; MENDE, Leiden, 52; CLINES, WBC 18A, 750. LXX Gottingensis, 366, übersetzt dagegen mit nD?56? 3^456? und trägt nicht Gottes Macht, sondern seine Ewigkeit in den Text, die in MT nicht genannt ist. 153 Zur Syntax der disjunktiven Frage vgl. GK §150g. 154 Anstelle des in MT belegten Inf.cstr. ist mit LXX Gottingensis, 366; Pesh.; Vulg. Pt.Sg.m. ) zu vokalisieren; vgl. GK §113ee, Anm. 2. 155 Vgl. HALAT, s.v. ' , 128; siehe auch CLINES, WBC 18A, 751. 156 Es ist wahrscheinlich, hier den in V.17 genannten +#,, d.h. Gott, als Bezug zu $ anzusehen. Der nächstliegende Bezug wäre mit '$ in V.18b gegeben, dies entbehrt jedoch einer inhaltlichen Logik; aus V.18a wäre ebenfalls denkbar, solange man in Vv.17–22 ideale, menschliche Königsherrschaft thematisiert sieht, was jedoch mit Vv.19b.21 inhaltlich unmöglich ist. 157 Die Übersetzung folgt '"$ "'"& anstelle von MT ' "$'&, auch wenn diese Lesart keine Bezeugungen in DE ROSSI, Biblia; KENNICOTT, Testamentum, aufweist. Das Nomen '"$ ist in V.20 aus V.19 wieder aufgenommen. Im Kontext passt zudem die Nennung des ' inhaltlich nicht. Vgl. zur Textänderung auch NICHOLS, Composition, 178; HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 464; W AHL, Schöpfer, 85; STRAUSS, BK, 252; 254; FREULING, Grube, 221. An MT kann nur unter Annahme einer constructio ad sensum, vgl. GK §132g, festgehalten werden, so B UDDE, HK, 216; DUHM, KHC, 165; WEISER, ATD, 223; POPE, AncB, 222; 224; MENDE, Leiden, 53; C LINES, WBC 18A, 745; 751f. Trotz Textänderung erachten DRIVER/ GRAY, ICC, I 298f.; II 258, Vv.20a.b als korrupt. 149
72
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
21. Denn seine Augen (sehen) auf die Wege eines Mannes und jeden seiner Schritte sieht er. 22. Es gibt weder Dunkelheit noch Stockfinsternis, dass dort Unheiltäter verborgen werden. 23. Denn er [sc. Gott] setzt einem Menschen keine Zeit160, dass er [sc. Mensch] zu Gott ins Gericht gehe. 24. Er [sc. Gott] zerschlägt Gewaltige ohne Untersuchung und bestellt161 andere an ihrer Stelle, 25. weil er ihre Taten162 kennt, dass er die Nacht wendet und sie zerschlagen werden. 26. Unter163 Frevlern schlägt er sie an einem Ort, an dem man sieht, 27. weil164 sie nun einmal von ihm abgewichen sind und keine Einsicht in alle seine Wege haben,165
Zur Übersetzung von # , vgl. MENDE, Leiden, 47; 53. Vv.19f. fallen durch Trikola auf, die inhaltlich nicht als drei Bikola angesehen werden können. V.20b ist gemäß MT mit „doch sie bringen Mächtige ohne Kraft ab“ zu übersetzen, jedoch passt dies, nachdem die Vornehmen zuvor in V.20a umgekommen sind, logisch nicht. Selbst wenn man an MT in V.20a festhält, ergibt der Vers keine sinnvolle Aussage. Auch MENDE, Leiden, 53f., überzeugt nicht, wenn sie in V.20b das in V.20a genannte Subjekt wieder aufnimmt, denn die Spannung zwischen dem Dahingehen, d.h. Sterben des Volkes, und der Beseitigung der Gewaltherrscher ohne Kraftanstrengung durch eben jenes dahin gegangenes Volk, erklärt sie nicht. 160 Statt #"' ist #'" zu lesen. Das ist aufgrund des abschließenden Konsonanten des vorangegangenen Wortes $ entfallen, so auch BUDDE, HK, 217; DUHM, KHC, 166; STRAHAN, Book, 289; NICHOLS, Composition, 178; POPE, AncB, 222; HÖLSCHER, HAT, 82; FOHRER, KAT, 464; W AHL, Schöpfer, 87; CLINES, WBC 18A, 753; dagegen MENDE, Leiden, 54, die an MT festhält und #"' „andauernd“ übersetzt. 161 Da die Verbalform #'" als ni. vokalisiert ist, das Lexem #' ni. jedoch nicht belegt ist, ist hi. zu vokalisieren; vgl. FOHRER, KAT, 463; W AHL, Schöpfer, 87; CLINES, WBC 18A, 754. 162 Das Nomen #' „Tat“ ist neben Hi 34,25 nur in Dan 4,34 belegt, so dass ein Aramaismus vorliegt; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, II 260; MENDE, Leiden, 54; SEOW, Elihu, 5–8. Gemäß 18Gesenius, s.v. #', 706; DHC, 378f. gibt es eine weitere Belegstelle in Sir 36,12. 163 hier wörtlich übersetzt, so auch WAHL, Schöpfer, 87. Dagegen übersetzen HÖLSCHER, HAT, 82; W EISER, ATD, 224; FOHRER, KAT, 463, mit „wie“; MENDE, Leiden, 47, mit „als“ und CLINES, WBC 18A, 745, mit „for their wickedness“. Dagegen denkt CLINES, WBC 18A, 745; 755f., an die Freveltaten anstelle der Frevler, da beide Substantive im Hebräischen dieselbe Form im Plural bilden. 164 Die Wendung ' $ leitet gemäß GK §158b, Anm.3, einen Kausalsatz ein; vgl. B UDDE, HK, 218; FOHRER, KAT, 463f.; P OPE, AncB, 222; HÖLSCHER, HAT, 82f.; W EISER , ATD, 224; W AHL, Schöpfer, 87; MENDE , Leiden, 47; STRAUSS, BK, 252; 254f. 165 LXX Gottingensis, 367–369, übersetzt in der ältesten griechischen Textfassung allein Hi 34,23b–25a.26f., wo es in V.23b heißt: C QJ9 489567 :G?=7 M@69 „denn der Herr hat alles ausersehen“. Im Unterschied zu MT hat LXX die Vorstellung, dass der Herr alles (er)sehe in den Text getragen. Darüber hinaus beschränkt sich der griechische 158 159
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
73
28. 166damit sie vor ihn das Schreien der Armen bringen, dass er das Schreien der Elenden hört. 29. Da hält er Ruhe – wer erklärt zum Frevler? Und er verbirgt das Angesicht – wer betrachtet ihn?167 168 Sowohl gegenüber einer Nation als auch gegenüber Menschen insgesamt 169 30. macht er170 einen gottlosen Menschen wegen der Fallstricke171 des Volkes zum König. 172 31. Denn er hat zu Gott gesagt:173 ‚Ich habe geirrt174, ich werde nicht bös handeln.175 32. Abgesehen von dem, was ich sehe, unterweise Du mich, wenn ich Unrecht getan habe, ich will (es) nicht mehr hinzufügen. ?176
Text auf Gottes Vernichtung der gottlosen Personen, ohne auf die mächtigen Menschen einzugehen. 166 Die Vv.28–33 fehlen in der LXX, vgl. LXX Gottingensis, 368f. N ICHOLS, Composition, 179, erachtet sie daher als eine Fortschreibung mit besonderer nationaler Referenz. 167 11QtgJob, xxv, übersetzt Hi 34,23–29a: In V.24 sind ebenfalls die Mächtigen genannt, V.24b.25a.27b–28 sind mit MT dem Inhalt nach identisch; Vv.25b.26 fehlen. V.29 ist mit ' ' ! "(! s" nur fragmentarisch erhalten; dies gilt gleichfalls für V.30: " + '$ $! . Es ist durchaus denkbar, dass MT bekannt war, jedoch hinsichtlich des schwierigen Textverständnisses in Vv.29–30 harmonisiert wurde. Daran schließt mit " + eine Verbform 3.Pl.m. an, die in MT nicht genannt ist. Der aramäische Targum setzt mit einer Ich-Rede fort, die in MT erst ab Hi 34,31 belegt ist, daran schließen Fragmente aus Vv.33.34 an; vgl. DJD XXIII, 135. 168 Der Text in MT ist in Vv.29b–33 sehr schwierig; vgl. B UDDE, HK, 217f. 221. So erachten DRIVER/ GRAY, ICC, I 300, diese Verse als korrupt und lassen Vv.29b.30.31b und V.32a unübersetzt. Dem Urteil schließen sich P OPE, AncB, 225, und GORDIS, MorS II, 392–394, an. Dagegen spricht MENDE, Leiden, 55–58; 65f., ohne Emendationen zumindest in Vv.29b.30 von einer inhaltlich sinnvollen und strukturell durch den Chiasmus zusammengebundenen Texteinheit und erachtet Vv.29b–32 der dritten Bearbeitungsschicht der Elihureden zugehörig, vgl. aaO., 47; 55f.; 66. 169 An # halten P OPE, AncB, 222; 225; GORDIS, MorS II, 392; STRAUSS, BK, 252, und C LINES, WBC 18A, 745, fest. W AHL, Schöpfer, 88, und HÖLSCHER, HAT, 82f., ändern # in , „schauen, blicken“. DE W ILDE, Buch, 325, ändert in „er zürnt“; DUHM, KHC, 167, in '. MENDE, Leiden, 47, hält an MT fest. 170 Anstelle des Inf.cstr.q. mit ist Part.Sg.m. , hi. „zum König machen“, zu vokalisieren, das auch in Ez 17,16 belegt ist. Diese geänderte Vokalisation auch bei N ICHOLS, Composition, 179, und GORDIS, MorS II, 392. 171 Vgl. zur Übersetzung mit „Fallstricken“ BUDDE, HK, 219; DUHM, KHC, 167; W AHL, Schöpfer, 88; MENDE, Leiden, 47; STRAUSS, BK, 252; CLINES, WBC 18A, 759. 172 V.30 wird als Glosse zu Vv.24–26, so FOHRER, KAT, 465, oder als spätere Hinzufügung verstanden, vgl. HESSE, ZBK, 182; MENDE, Leiden, 47, 56f. 173 mit He interrogativum. 174 Es ist mit HÖLSCHER, HAT, 82; P OPE, AncB, 223; W EISER, ATD, 224; FOHRER, KAT, 653; W AHL, Schöpfer, 89; CLINES, WBC 18A, 745, ! „irren“ anstelle von v! „erheben, tragen“ zu lesen. Dagegen hält MENDE, Leiden, 57f., an MT fest. 175 Siehe HALAT, s.v. III „bös handeln“, 274; vgl. FOHRER, KAT, 465.
74
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
33. Soll er es Deiner Meinung nach vergelten,177 wenn Du verwirfst, wenn Du prüfst und nicht ich? Doch was Du verstehst, rede. 34. Menschen des Verstandes sprechen zu mir und ein weiser Mann hört mich: 35. ‚Hiob redet nicht mit Einsicht und seine Worte sind nicht mit Einsicht (gesprochen). 36. Ach, Hiob möge auf immer geprüft werden178, weil er wie 179 Männer des Unheils antwortete. 37. Denn er fügt zu seiner Sünde Vergehen hinzu, uns schlägt er und er macht seine, an Gott (gerichteten) Worte180 zahlreich.‘181
2.3.3 Interpretation Elihus zweite Rede bündelt seine Auffassungen von Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht. Die Rede bildet einen an eine weise Personengruppe adressierten Monolog Elihus anlässlich des Falles Hiobs,182 an dessen Ende Elihu ein Urteil über Hiob fällt. Höraufrufe, inhaltliche Signale und Themenwechsel gliedern die zweite Elihurede in fünf Teile: Vv.1–9 bilden die Redeeinleitung und akzentuie176 Dagegen emendiert WAHL, Schöpfer, 89, zu , so dass er Hiob von Gott adressiert sieht, der Hiob auch in V.33 weiterhin anredet. Dies erscheint im Kontext jedoch völlig unvermittelt und unpassend. Eine Gottesrede ist in Hi 32–37 nicht überliefert. 177 So die Übersetzung von ' bei 18Gesenius, s.v. ', 974–976, hier 976. 178 ist als Wunschpartikel zu verstehen, vgl. GK§159cc. HÖLSCHER, HAT, 82, und FOHRER, KAT, 463, streichen als Dittographie. 179 Es ist die Vergleichspartikel "$! anstelle des in MT belegten "$! für ursprünglich zu erachten; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, II 265f.; HÖLSCHER, HAT, 82f.; FOHRER, KAT, 465; D E W ILDE , Buch, 326; CLINES, WBC 18A, 745; 763. 180 " entspricht hier der Widerreden in V.36; vgl. W AGNER, Art. , 369. 181 Hi 34,34–37 sind Teil der älteren griechischen Übersetzung, vgl. LXX Gottingensis, 369. Vv.34f. sind dem Inhalt nach mit MT identisch. Mit 6a Ic? 3R OUUJ IGH; \Y Ic 3[7 f=5 O?=:o495E5?
E:;9 6` m@96?;7 ist in V.36 ein an Hiob adressierter Imperativ, dass er lernen solle, gerichtet, damit er nicht wie die Unverständigen rede. V.37 bezieht mit „`? Ic :96EHDI;? M@S I9=^57 lIF?“ das Auditorium durch die 1.P.Pl. nochmals in Elihus Rede ein. 182 STRAUSS, BK, 291, sieht eine weisheitliche Lehrrede vorliegen. Werden jedoch die Merkmale einer weisheitlichen Lehrrede, die LANG, Lehrrede, 31–36, aufführt, berücksichtigt, dann lässt sich dieses Urteil nicht aufrecht erhalten. Zu den Merkmalen gehören ihm zufolge die Anrede an den Schüler, die Höraufforderung, die imperativische Unterweisung, die Mahnung durch Vetitive sowie die motivierende Aufforderung zum Lernen der kostbaren, nützlichen Lehre. Das Hauptstück der Lehrrede, meist aus Imperativen und Vetitiven bestehend, ist frei gestaltet. Folgen des weisen oder unweisen Verhaltens bilden den Schluss einer weisheitlichen Lehrrede. Mit Ausnahme der Höraufforderung und dem Hauptstück der Rede, das jedoch nicht aus Imperativen oder Vetitiven besteht, liegen in Hi 34 keine Merkmale einer weisheitlichen Lehrrede vor.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
75
ren die Redeabsicht. Sie besteht darin, das Recht zu überprüfen und das Gute zu entscheiden. In Vv.10–15 werden im ersten Teil der inhaltlichen Ausführung die Gedanken der Einleitung entfaltet. Sie thematisieren Gottes Macht und Souveränität durch sein Vergeltungs-, Rechts- und Schöpfungshandeln und sind an denselben weisen Personenkreis wie die Redeeinleitung adressiert. Vv.16–22 stellen die Fortsetzung des ersten Teils dar und beschreiben Gott als gewaltigen, aber gerechten Herrscher, der unparteilich ist. Allerdings ist dieser Teil an eine einzige Person in 2.P.Sg. und nicht mehr an die weisen Personen gerichtet. Vv.23–32 schildern Gottes Handeln im Gericht und in Vv.33–37 folgt der Schluss der Rede mit einer Verurteilung Hiobs, in der Elihu seine weise Zuhörerschaft wieder mit einbezieht.183 Mit 34,1 liegt eine erneute Redeeröffnungsformel zur Einleitung der Elihurede vor. Sie erweckt den Eindruck, zuvor habe eine andere Person gesprochen. Dies ist in Hi 32f. jedoch nicht belegt.184 Der Redeeröffnung in Hi 34,1 kommt daher eine gliedernde Funktion in den Reden Elihus zu.185 Hinzu tritt eine weitere textimmanente Beobachtung. Während Hiobs Freunde vor jeder ihrer Reden mit der Angabe ihrer Herkunft eingeführt sind, wenngleich sie aus Hi 2,11–13 bekannt sind,186 so fehlt die Nennung der Herkunft Elihus in Hi 34,1. Der Unterschied zwischen den Redeeröffnungen der Freunde und Hi 34,1 deutet darauf hin, dass Elihu von den Freunden Hiobs abgegrenzt ist und nicht mit ihnen identifiziert werden soll. Die Eröffnungen der Hiobreden verschweigen ebenfalls Hiobs Herkunft. Hi 34,1 stellt daher keine Parallele zwischen Elihu und Hiobs Freunden, sondern zwischen Elihu und Hiob her. Vv.2–9 bilden die Redeeinleitung, die durch den Höraufruf in V.2, die Einleitungen der Äußerungen Hiobs in Vv.5.9 und die Frage in V.7 gegliedert ist. Der imperativische Höraufruf im Plural richtet sich an die „Weisen“ und die '# „Wissende“. Er ist mit den Verben hi. „hören, zu Gehör bringen“ und '$ „hören“, die auch in Hi 33,1; 34,16 gebraucht sind, gestaltet. 187 Ein aus der ersten Elihurede bekanntes Stilmittel wird daher wieder aufgenommen. Die Adressierung einer bislang ungenannten Personengruppe nach der ausschließlichen Anrede Hiobs in Hi 33,1f.5–8.12f.31–33 fällt auf. Zudem markiert die Charakterisierung der Angeredeten als weise ein Textsignal 183
Diese Grobgliederung findet sich auch bei W AHL, Schöpfer, 73; VIVIERS, Elihu, 144–146; CLINES, WBC 18A, 764–766. 184 Vgl. MENDE, Leiden, 59. 185 So auch MENDE, Leiden, 59. 186 In Hi 4,1; 15,1; 22,1 ist ! ( „Eliphas der Temane“, in Hi 8,1; 18,1; 25,1 $ ## „Bildad der Schuchiter“ und in Hi 11,1; 20,1 '! (, „Zophar der Naamane“ genannt. 187 Wie in Hi 33,1 nimmt Hi 34,2 die auf; vgl. MENDE, Leiden, 59f.
76
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
gegenüber Elihus Eröffnungsrede. In dieser adressiert Elihu Hiob und seine Freunde (Hi 32,6.11–14), die zwar aufgrund ihres Alters als weise gelten (Hi 32,7), jedoch nicht jeder alten Person Weisheit und Erkenntnis gegeben ist (Hi 32,9), da Elihu Weisheit und Erkenntnis in der Geistbegabung jedes Menschen begründet sieht (Hi 32,8). Den Freunden Hiobs spricht er ab, Weisheit gefunden zu haben (Hi 32,13). Es ist nur schwerlich denkbar, dass Elihu in Hi 34,2 die Freunde Hiobs als weise adressiert.188 Werden die folgenden Verse zu Rate gezogen, so ist dies ausgeschlossen. Das Bildwort in V.3 begründet den Höraufruf. Das Nomen „Ohr“ bildet ein Wortspiel zu hi. „zu Gehör bringen“ (V.2)189 und stellt eine Referenz zu Hi 33,16; 36,10.15 dar. Mit der Voranstellung des Satzobjektes j($ „Recht“ in Hi 34,4 wird der Bezugspunkt der Rede deutlich herausgestellt.190 Elihus Intention liegt in der Prüfung des Rechts und der Entscheidung darüber, was gut ist. Die Kohortative ! „wir wollen prüfen“ und '#! „wir wollen wissen“ formulieren die Absichtserklärung Elihus. Durch den Gebrauch der 1.P.Pl. bindet der Redner Elihu sich an sein Auditorium. Dass er zudem mit seinem Publikum einen Konsens anstrebt, zeigen die nachfolgenden Präpositionen ʥʰʬʚ ! „wir wollen für uns prüfen“ und ʥʰʩʰʩʡ '#! „wir wollen unter uns wissen“ an. Elihu identifiziert sich daher mit seinen Adressaten.191 Die Identifikation Elihus mit seinem weisen Publikum wird dadurch unterstützt, dass sich Elihu gemäß den Aussagen in Hi 32,8.10.17; 33,3–4.12.33 durchgängig in seiner Eröffnungsrede als weiser Redner charakterisiert. Demgegenüber sieht Elihu die Reden der Freunde Hiobs als unweise an (Hi 32,13) und bezweifelt Weisheit und Recht bei seinen älteren Vorrednern (Hi 32,9). Er grenzt seine Antwort zudem von den Worten seiner Vorredner ab (Hi 32,12.14–16). Es ist aufgrund der Selbstidentifikation Elihus mit seinen Adressaten in Hi 34,4, ihrer Charakterisierung als weise Personen in Hi 34,2.10 und Elihus Beschreibung als weiser Redner in Hi 33,1–8.33 undenkbar, dass die zweite Elihurede Hiobs Freunde adressiert, denn Elihu spricht ihnen in Hi 32 188
Diese These lässt sich erst mit der Analyse zu Hi 34,4 verifizieren. Demgegenüber sieht W AHL, Schöpfer, 73, 91, die in Hi 32,1–6 genannten Freunde als Adressaten der Rede an, da sie in Hi 32,7.9 als „weise“ bezeichnet seien, vgl. D UHM, KHC, 163; STRAHAN, Book, 285; WEISER , ATD, 224; FOHRER, KAT, 466; CHENEY, Dust, 165f.; V IVIERS, Elihu, 144. MENDE, Leiden, 59f., geht davon aus, dass in 34,2 eine ironische Anspielung auf die Freunde vorliegt und in der Szenerie des Buches mit einer Personengruppe niemand anderes als die Freunde Hiobs gemeint sein können. 189 Dies bemerkt bereits WAHL, Schöpfer, 74f. Das Bildwort ist ebenfalls in Hi 12,11 belegt. 190 Zur chiastischen Versstruktur vgl. VIVIERS, Elihu, 144. Zum programmatischen Charakter und synonymen Parallelismus von V.4 vgl. WAHL, Schöpfer, 75f. 191 Die Identifikation mit dem Publikum begegnet abschließend erneut in Hi 34,37 durch "!!.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
77
Weisheit ab. Stattdessen bilden weise Personen das Auditorium, das Elihu gleichgesinnt ist, dem er als Redner vorsteht und das nicht mit Hiob und seinen Freunden zu identifizieren ist.192 Mit dem weisen Auditorium als Adressatenkreis der zweiten Elihurede liegt einmalig im Hiobbuch ein Publikum vor, das nicht aus einem Akteur der Hiobkomposition besteht. Das Auditorium wird auf einen Kreis ausgeweitet, der wie Elihu in der Rahmenhandlung nicht genannt, aber auch an keiner anderen Stelle in der Hiobkomposition eingeführt ist. Mit seiner Zuhörerschaft möchte Elihu eine Entscheidung über den Fall Hiobs treffen. Jedoch erwidert sein Auditorium ihm nicht. Seine Zuhörer scheinen ihn als Weisheitslehrer anzuerkennen und seinen Thesen zu folgen. Da mit dem Publikum ein neuer, der übrigen Hiobdichtung unbekannter Personenkreis eingeführt wird, ist es naheliegend, dass Elihus Rede in Hi 34 sekundär in das Textkorpus der Elihureden ergänzt worden ist.193 Mit Vv.5f. liegt eine weitere Begründung des Höraufrufes vor, die die allgemeine Redeintention aus V.4 inhaltlich spezifiziert und als Zitat Hiobs gestaltet ist. Hiob selbst ist gerecht (V.5a) und ohne Verfehlung (V.6b) und Gott hat Hiobs Rechtssache weggenommen (V.5b). Gott steht ihm gegenüber im Unrecht und Hiob muss gegen seine Rechtssache, die er für angebracht erachtet, lügen (V.6a). Die Einführung des Zitats nennt Hiob in der 3.P.Sg. In Vv.5f. ist aus V.4 das Wort j($ „Recht“ aufgenommen, das mit dem Suffix 1.Sg.c. spezifiziert ist und Hiobs konkrete Rechtssache meint. Dass Hiob sich selbst als gerecht und ohne Verfehlung erachtet und Gott angesichts seiner Rechtssache ins Unrecht setzt, bildet den inhaltlichen Anlass der vorliegenden Rede. Elihu zeichnet ein Bild von Hiob, der gegen Gott rebelliert und ihn für sein Leiden, das er als ungerecht erfährt, verantwortlich macht.194 Die allgemeine Redeintention aus Hi 34,4 wird in den Zitaten in Hi 34,5f. auf Hiobs Fall hin zugespitzt. Mit den Zitaten in Hi 34,5f. nimmt Elihu ein stilistisches Mittel aus Hi 33,9–11 auf und knüpft an Aussagen Hiobs aus der Dialogdichtung an. Die Kombination der Aussagen in Vv.5f. ist in den Hiobreden nicht belegt. Der Ausspruch +#, „ich bin im Recht, ich bin gerecht“ ist im Alten Testament ausschließlich in den Reden Hiobs in Hi 9,15; 10,15 verwendet. 195 192 Die Anrede in Hi 34,2 adressiert daher nicht mehr Hiobs Freunde, sondern weise Personen; vgl. NICHOLS, Composition, 175; HÖLSCHER, HAT, 88; WESTERMANN, Aufbau, 138f.; STRAUSS, BK, 270; 292, die einen Kreis von Weisen als Publikum der zweiten Elihurede ansehen, ohne den Bezug zu Hi 34,4.37 und Hi 32 aufzuzeigen. 193 Die Adressierung der Weisen in Hi 34 nimmt W EISER, ATD, 225, zum Argument, dass die Elihureden fiktiven Charakter haben und eine nachträgliche Einschaltung bilden. 194 Vgl. auch FOHRER, KAT, 362; MENDE, Leiden, 48; CLINES, WBC 18A, 744; 746. 195 Dies gilt ebenfalls für die finite Verbform in der PK +#, „ich bin im Recht, ich bin gerecht“, vgl. Hi 9,20; 13,18. In Hi 32,1 ist Hiob singulär als +#, „gerecht“ gekennzeichnet. Darüber hinaus erinnert die Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs an seine Un-
78
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Die in V.5b belegte Aussage j($ s " „und Gott verdreht meine Rechtssache“ stellt eine Referenz zu Hi 27,2 j($ s „so wahr Gott lebt, er verdreht mein Recht“ dar. Es ist naheliegend, dass Hiobs Unschuldsbeteuerung in Hi 27,2–6 eine Referenznahme für Elihu bildet. 196 Jedoch stimmt Elihus Zitierung mit keiner Äußerung Hiobs exakt überein. Die Verbform „ich lüge“ ist in Hi 34,6 und in Hiobs Rede in Hi 6,28 belegt. Singulär ist die Formulierung, dass der Pfeil Hiob unheilbar gemacht habe, die den Schrecken von Hiobs Leiden ausdrückt. Das Nomen ~ „Pfeil“ bezieht sich auf Hi 6,4 zurück. Hier sieht Hiob sich durch die von Gott geschickten Pfeile bedroht und Hiob richtet seine Klage erstmalig gegen Gott. Die Formulierung '$( „ohne Verfehlung“ gebraucht Hiob selbst nicht und ist allein im ersten Zitat Hiobs in Hi 33,9b belegt. Hi 34,6 scheint daher die erste Elihurede zu rezipieren, 197 jedoch liegt kein direktes Zitat einer Hiobrede vor, sondern lediglich eine Kombination verschiedener Anspielungen. In Hi 34,5f. liegt kein wörtliches Zitat vor, sondern Elihu formuliert lediglich Anspielungen auf einzelne Wendungen Hiobs und kombiniert diese zu neuen Aussagen. Elihu entwirft ein Hiobbild für seine Ausführungen, das verschiedene Elemente des Selbstverständnisses Hiobs aufnimmt. Auf diese Weise erfährt die Hiobthematik eine Fortschreibung in der Hiobkomposition, die sich bereits in Hi 33,9–11 niederschlägt und sich in Elihus Ausführungen in Hi 34 fortsetzt. In dem durch Elihu eingeführten Zitat Hiobs liegt eine Gegenüberstellung von Hiobs und Gottes Gerechtigkeit vor, die ebenfalls pointiert in Hi 32,2 formuliert ist: Elihus Zorn ist gerade daran entbrannt, dass Hiob sich selbst vor Gott als gerecht erachtet. Die inhaltliche Aussage über Hiobs Gerechtigkeit gegenüber Gott ist folglich sowohl in Hi 32,2 als auch in Hi 34,5f. berichtet.198 Die Frage in V.7 und die erneute namentliche Nennung Hiobs markieren das Ende der vorangehenden Zitate. Die von Elihu aufgeworfene Frage, wer ein Mann wie Hiob sei, der Verspottung wie Wasser trinke, deutet schuldsbeteuerungen in Hi 9,2.15–22; 10,7; 13,18–23; 16,17; 19,7; 23,10–12; 27,2–6; 31,6.13–21.23.30; siehe Kap. 3.3.2.1.1. 196 Vgl. Kap. 3.3.2.1.1. 197 Das Nomen '$( „Verfehlung“ ist in der Hiobdichtung in Hi 7,21; 8,4; 13,23; 14,17; 31,33; 33,9; 34,6.37; 35,6; 36,9 belegt. 198 Nach Auffassung von MENDE, Leiden, 60, entsprechen sich die beiden je die Rede einleitenden Zitate in Hi 33,8–11 und 34,5–6 aufs genaueste, da sie beide beinhalten, dass Hiob selbst gerecht sei, Gott ungerecht an ihm handele, indem er ihn unschuldig leiden ließe. Jedoch ist diese inhaltliche Parallele überbewertet, fehlt in Hi 33,9–11 das Rechtsvokabular, auch wenn Elihu Hiobs Unschuld zitiert. Wird in Hi 33 Hiobs Verhältnis zu Gott in Feindschaft und Observanz gesehen, so wird in Hi 34 die Behauptung von Hiobs Gerechtigkeit und das gleichzeitige Ins Unrecht-Setzen Gottes ausgesagt. Eine inhaltliche Gleichsetzung von Hi 33,9–11 und Hi 34,5f. ist daher ausgeschlossen.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
79
bereits Elihus Missachtung Hiobs an. Diese expliziert Elihu mit seiner anschließenden Aussage in V.8. Er zählt Hiob zu den " '( „Unheiltäter“ und '$ $! „Frevelmenschen“. Es liegt ein Widerspruch zu der von Elihu eingeführten Selbstaussage Hiobs in 34,5f. vor, denn Elihu wäre außerstande, Hiob noch als gerecht zu nennen.199 V.9 begründet die Vv.7–8 und fügt ein weiteres Zitat Hiobs an. In dem Zitat in V.9 behauptet Hiob, dass einem Mann sein Gottesverhältnis nichts nutzt und Hiob stellt damit seine Beziehung zu Gott wesentlich zur Disposition. V.9 spielt dabei auf zwei Aussagen aus der Dialogdichtung an. Hiobs Anfrage über die Frevler, die keinen Nutzen in ihrem Gottesverhältnis sehen (so Hi 21,15), und Eliphas Rückfrage, ob ein Mann einen Nutzen für Gott bringe (so Hi 22,2).200 Die Frage nach dem Nutzen der Frömmigkeit Hiobs spielt, wenngleich ohne sprachliche Referenz, auf die Himmelsszenen im Prolog an, in denen der Satan in 1,9; 2,3 vor Gott anfragt, ob Hiobs Frömmigkeit einen Nutzen für diesen habe. Werfen Dichtung und Prolog die Frage nach dem Nutzen der Frömmigkeit auf, so liegt allein in Hi 34,9 eine Antwort vor, dass Frömmigkeit und Gottesbeziehung einem Menschen nicht nutze. Der Vergleich mit der übrigen Dichtung zeigt jedoch, dass diese Aussage keiner Hiobrede entnommen ist. Hiobs Selbstwahrnehmung einerseits, die in Elihus Worten in Hi 34,5f. durch Hiobs Gerechtigkeit ausgedrückt ist, und die von Elihu in Vv.7–9 konstatierte Fremdwahrnehmung Hiobs andererseits, durch die Hiob als frevelhafter Mensch und Unheiltäter charakterisiert ist, dem sein Gottesverhältnis nicht nutze, stehen sich konträr gegenüber. Zudem wirken die Zitierungen Hiobs in Vv.5f. und V.9 doppelt und deuten auf ein literarisches Wachstum der Rede hin. Die Gegenmeinung zu Hiob erhärtet sich in Vv.10–15, in denen Elihu nun selbst Stellung zur aufgeworfenen Rechtsthematik und dem GottMensch-Verhältnis bezieht. Der Höraufruf in V.10 ist mit „daher“ konsekutiv an die vorangegangene Redeeinleitung angeschlossen. Es wird da-
199
Den inhaltlichen Widerspruch zwischen Vv.5f. und Vv.7–9 bemerkt bereits MENLeiden, 61. Sie sieht zudem in Vv.7–9 eine aggressive Polemik und Elihus verurteilende Redeweise über Hiob vorliegen. Eine polemische Vorverurteilung Hiobs sehen ebenso WEISER, ATD, 225, und W AHL, Schöpfer, 80. Vgl. auch VERMEYLEN, Créateur, 752. 200 Das Verbum s „Nutzen haben“ ist in den Reden Eliphas in Hi 15,3; 22,2.21, nicht jedoch in Hiobs Reden belegt; vgl. auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 254, und CLINES, WBC 18A, 771. W AHL, Schöpfer, 80, sieht in V.9 kein Zitat Hiobs vorliegen, sondern meint, dass Hiob sich selbst nicht zum Frevler gemacht hätte, sondern den Frevler selbst in Hi 21,7.13–15 verworfen habe, so dass Elihu Hiob keine ihm gemäße Aussage in den Mund lege. Zur Frevlerthematik vgl. Kap. 3.3.2.1.4. DE ,
80
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
durch das Ende des vorherigen Zitats angezeigt. 201 Es sind mit $! „Verstandesmenschen“ wie in V.2 weise Personen adressiert. Der konsekutive Satzanschluss wie der erneute Höraufruf bilden das Textsignal für einen neuen Einstieg im Redenverlauf. Die folgende Schwurformel
„es sei fern“ wird in V.11 begründet. Sie ist im Hiobbuch nur noch in Hi 27,5 belegt. Elihus These in V.10, dass Gott fern von Frevel und Unrecht ist, bildet die Gegenbehauptung zu Hiobs eingangs zitierten Äußerungen in Hi 34,5f. Grund für die These besteht darin, dass Gott die Tat eines Menschen vergilt und ihn gemäß seinem Verhalten treffen lässt. V.12 schließt argumentativ mit den Aussagen, dass Gott nicht für schuldig erklärt und kein Recht beugt, an. Elihu setzt Gott ins Recht und spricht ihm ab, Unrecht zu tun. Diese negativen Behauptungen in Vv.10.12 implizieren noch nicht, dass Gott gerecht ist, reagieren jedoch auf Hiobs zitierte Äußerungen.202 Es ist Elihus Bestreben, Gott ins Recht zu setzen und ihm abzusprechen, Unrecht zu tun. Die in Vv.10–12 geäußerten Gedanken nehmen den in der Redeeinleitung mit j($ „Recht“ benannten Leitgedanken (Vv.4–6) auf, indem Recht nun auf Gott bezogen wird. Gott beugt kein Recht (V.12), wie Hiob ihm bezüglich seiner Rechtssache in 34,5 unterstellt. Das Nomen '$ „Frevel“ in V.10 stellt einen Rückbezug zu V.8 her und die Thematik ist mit dem Verbum '$ hi. „für schuldig erklären“ in V.12 wieder aufgenommen. Das Nomen „Verhalten“ in V.11 verweist auf das entsprechende Verbum „unterwegs sein“ in V.8. Thematisieren Vv.10–12, dass Gott fern des Unrechts ist, so behandeln Vv.13–15 Gottes Macht als Schöpfer. Die mit „wer“ eingeleitete Frage in V.13 lässt die Antwort „niemand“ erwarten. Gott allein ist die Erde anvertraut und er hat den ganzen Erdkreis gesetzt.203 Das potentiale Konditionalgefüge in Vv.14f. zeigt an, dass Gott die Macht über Leben und Tod der Lebewesen inne hat. Er wäre imstande, Geist und Atem von den Lebewesen zurückzuziehen, so dass sie zu Staub zurückkehren. Mit der parallelen Nennung von " „Geist“ und $! „Atem“ in V.14 liegt ein Rückbezug zu Hi 32,8; 33,4 und dem Verhältnis von Schöpfer zu Geschöpf vor. Gott belebt nach Hi 34,14f. jedes Lebewesen durch Geist und Atem und er hat als Schöpfer nicht nur die Macht über das Leben, sondern auch über 201 Dagegen stellt MENDE, Leiden, 60–62, die These auf, dass V.10a sekundär zusammen mit Vv.7–9 ergänzt wurde. 202 Vgl. MENDE, Leiden, 62, die hier die vorläufige Zurückweisung der Anklage vorliegen sieht. DUHM, KHC, 164, und W AHL, Schöpfer, 82, sehen in Vv.10–12 Gottes unfehlbare und gerechte Vergeltung thematisiert. W EISER, ATD, 225, erachtet Vv.10–15 als Apologie der Gerechtigkeit Gottes und des Vergeltungsdogmas an. Zu Gottes Vergeltung siehe auch J ANOWSKI, Tat, 266–270. 203 Die -Fragen begegnen darüber hinaus in den Elihureden in Hi 36,22b.23 sowie in den Gottesreden in Hi 38,2.5.25.36f.41; 39,5; 41,3.5. Zu den verschiedenen Fragearten in den Gottesreden und den Elihureden vgl. Kap. 3.1.2.4.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
81
den Tod.204 Gottes Schöpfungshandeln an der Erde wie an den Lebewesen wird eingeführt, um Gottes Macht auszusagen und diese mit den Aussagen über Gottes Recht zu kombinieren. Die inhaltliche Einheit in Vv.10–15 schließt mit dem erneuten Höraufruf in V.16. Auffallend ist wiederum bei den Vv.13–15, dass Wortbezüge in die Redeeinleitung fehlen. Dies deutet darauf hin, dass eine neue Thematik eingeführt wird. Allerdings liegt mit der Beschreibung des Menschen in Hi 34,15 als $ „Fleisch“ ein Rückbezug zu Hi 33,21.25 vor. Die Formulierung $ in 34,14 weist eine Parallele zu Hi 1,8; 2,3 auf. Fragt JHWH in 1,8; 2,3 den Satan an, ob er auf seinen Knecht Hiob acht gehabt hätte, so ist in 34,15 eine Aussage im Potentialis formuliert, die besagt, dass, wenn Gott nur auf sich selbst acht hätte, der Tod des Menschen resultiere. Elihu intendiert mit seinen inhaltlichen Ausführungen in 34,10–15, Gott von Unrecht und Frevel zu distanzieren, da Gott sich mit seiner Vergeltung und der ausbleibenden Schulderklärung an Recht hält (Vv.10–12). Elihu manifestiert Gott in seiner alleinigen Macht gegenüber der Erde, da er der Schöpfer der Lebewesen ist (Vv.13–15). Gottes Recht ist ohne seine Macht nicht denkbar, auch wenn sie in Hi 34,10–15 nacheinander genannt sind. Die Verbindung von Gottes Macht und Recht wird in den nachfolgenden Versen aufgenommen und ausgeführt. In V.16 folgen unvermittelt zwei Höraufrufe, die die Verben '$ „hören“ und hi. „zu Gehör bringen“ aus V.2 aufnehmen. Elihu redet jedoch nicht mehr die weisen Personen, sondern eine einzige Person an. Wie die Anrede an Hiob in Hi 32,10; 33,1–13.31–33, so richtet Elihu seine Ausführungen an Hiob.205 Von V.16 an adressiert Elihu nun diejenige Person, über die er in Vv.5–9 gesprochen hat. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die
204
Der in Vv.13–15 enthaltene Schöpfungsgedanke ist in der LXX noch stärker profiliert: 7 M:6^pE;? =c? QW? =^7 3K ME=5? C :65F? =c? i: 6a9?>? 4_ =J M?o?= :G?=. ;n QJ9 68U65=6 Ee?KP;5? 4_ => :?;VI :9 a=[ 4=EP;A?. =;U;e=LE;5 :qE EJ9X CI6HeI3o? :q7 3R 96=>7 ;n7 QW? O:;U;8E;=5 H;? 4_ M:UGEHp. „13. Der, der die Erde gemacht hat; wer aber ist er, der die Dinge unter dem Himmel macht? 14. Denn wenn er will, hält er fest und den Geist neben ihm zurück, 15. dann wird jedes Fleisch einmütig vollenden, jeder Sterbliche aber wird zur Erde hinübergehen, von der er auch geformt ist.“ Mit dem Verbum :65Y „ich mache“ wird Gott als Schöpfer der Erde und der Lebewesen benannt, der Ordnung hält, aber auch den Geist zurückzuhalten imstande ist. Das Wort QW7 „Erde“ rahmt die Verse. In V.13 wird mit ihm der Schöpfungsbereich Gottes ausgesagt, in V.15 wird mit der Erde zum einen das Material genannt, aus dem der Mensch geformt ist, zum anderen der Ort erwähnt, an den der Sterbliche zurückkehren wird. Gott ist eindeutig als Schöpfer von Erde und Mensch und der Mensch ist klar als Sterblicher bezeichnet. 205 So FOHRER, KAT, 468. CLINES, WBC 18A, 744; 750, ergänzt MT sogar um die namentliche Anrede an Hiob. WESTERMANN, Aufbau, 135, erachtet dagegen V.16 nicht zum ursprünglichen Textbestand.
82
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Redeeinleitung und der nun folgende zweite Teil der inhaltlichen Ausführung demselben Textstratum der Rede in Hi 34 angehören.206 Die Vv.17–22 schließen an den Höraufruf in V.16 an. Sie thematisieren Gottes Macht durch seine ideale Königsherrschaft. V.17 ist mit -interrogativum an V.16 syntaktisch angeschlossen und beinhaltet in beiden Kola zwei rhetorische Fragen. Herrscht sogar jemand, der das Recht hasst? Diese Frage impliziert Elihus These von einer gerechten Herrschaft. Weiter fragt Elihu Hiob, ob er einen gewaltigen Gerechten zum Frevler machen könne. Die Anfrage enthält die Verneinung und expliziert Gottes Macht und Gerechtigkeit. V.17 fasst mit j($ „Recht“, +#, „gerecht“ und '$ hi. „zum Frevler machen“ die zentralen Rechtstermini in Hi 34 zusammen. Gottes Herrschaft und Macht werden in die Aussage über Gottes Gerechtigkeit integriert. Zugleich ist Hiob von Elihu in der Frage direkt angesprochen. Elihu führt in V.17 Gottes Herrschaft als ideale Königsherrschaft aus, die Gott positiv als gerecht und gewaltig bezeichnet. V.18 ist wie V.17 mit -interrogativum als rhetorische Frage eingeleitet und fragt, ob jemand zu einem König „nichtsnutzig“ und „Frevler“ zu Edlen sagen könne. Die Frage impliziert die Verneinung, dass eine Verkehrung der Verhältnisse, die den König als nichtsnutzig und einen Edlen als Frevler erachtet, unmöglich ist. Zu Gottes gerechter Herrschaft gehören geordnete und angemessene Maßstäbe und Verhältnisse. Vv.19–22 knüpfen an V.17 an und erweitern die Aussagen über Gottes gerechte Herrschaft. Er nimmt weder Partei für Fürsten noch betrachtet er Vornehme vor Armen. Gottes Parteilosigkeit bildet einen neuen Gedankengang. 207 Thematisiert V.19 Gottes Parteilosigkeit gegenüber Fürsten, Armen wie Edlen, so trifft sie alle doch ein Geschick. V.20 deutet auf Gottes Gericht hin, das plötzlich in der Nacht eintrifft und über Fürsten, Könige und Arme ergeht. 208 Sie werden umkommen und sterben (V.20). 206 DUHM, KHC, 164, sieht aufgrund des Adressatenwechsels daher in Hi 34,16–37 eine neue Elihurede vorliegen, die mit Hi 33,31–33; 34,3 ursprünglich eingeleitet gewesen ist. MENDE, Leiden, 62f., erkennt den Adressatenwechsel wie die Spannung zwischen der Redeintention in Hi 34,4 und den an Hiob gerichteten Äußerungen als Indizien für eine Bearbeitung der Elihurede in Vv.16–20 an. Die inhaltliche Auseinandersetzung sei in Vv.10–15 noch nicht umfangreich genug, dass sie bereits auf Hiob hin gebündelt werden könne. 207 Vgl. auch FOHRER, KAT, 468; W AHL, Schöpfer, 86. 208 Vgl. auch Ex 33,5; Num 16,21.45; 17,10; Jes 47,9; Jer 4,20; Ps 6,10.11; 73,19 zu '& „Ruhe, Weile, Nu“ und Ex 11,4; II Reg 19,35 sowie Ps 119,62 zu
"," „und zur halben Nacht“. V.20b ist korrupt und unübersetzbar. Dagegen geht MENDE, Leiden, 53, ohne Textänderungen von einem sinnvollen Text in MT aus: V.20 schlösse an die Unparteilichkeit Gottes aus V.19 an und führt diese mit dem plötzlichen Sterben aller Menschen weiter, das Folge des göttlichen Gerichts sei. Das Nomen ' „Volk“ sei als Kollektivum für alle Glieder des Volkes zu verstehen und inkludiere die in V.19 genannten Personengruppen.
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
83
Vv.21f. nehmen Gott als Subjekt aus V.19 auf und begründen den plötzlichen Tod aller in V.20 genannten Personen mit Gottes Allwissenheit. Gott sieht die Wege eines Menschen und kennt jeden seiner Schritte. Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs von Vv.16–22 und der formalen inneren Gliederung kann von einer literarischen Einheit der Verse ausgegangen werden. 209 Im Anschluss an den Höraufruf in V.16 folgen zwei rhetorische Fragen in Vv.17–18. Diese Verse implizieren die These von Gottes Macht und Gerechtigkeit. Gott hasst als Herrscher das Recht nicht und er verkehrt die Ordnung nicht, wie Elihu eingangs in Hiobs Äußerungen anführt. Hingegen profiliert Elihu in V.19a Gottes Gerechtigkeit hinsichtlich seiner Parteilosigkeit gegenüber verschiedenen Personengruppen, die in Vv.19b.20 und Vv.21f. begründet werden. Gottes Tun gilt allen und seine Allwissenheit zeigt sich gegenüber jeder Person. Die Perikope in Hi 34,16–22 ist durch ihre Rede vom Menschen von Hi 34,10–15 unterschieden. Hi 34,10–15 sprechen allgemein vom Menschen als # „Mensch“, $ „Mann, Mensch“ oder $ „Fleisch“, dagegen sind in 34,18–19 verschiedene Menschengruppen mit „König“, '$ „Frevler“, #! und '"$ „edel“, $ „Fürst“ und # „arm“ genannt. Trotz dieser Differenz liegt mit " '( „Unrechttäter“ in 34,22 eine Referenz zu dieser Personengruppe in der Redeeinleitung in V.8 vor. Die Perikope in Vv.16– 22 verweist mit ausgewählten Begriffen auch in den nachfolgenden Abschnitt in Vv.23–32. Mit „mächtig“ liegt in V.17 eine Gottesbezeichnung vor, die in V.24 zur Beschreibung mächtiger Personen aufgenommen wird. Sind in V.21 die Wege des Menschen, so in V.27 Gottes Wege genannt. Die arme Person, der gleiches Recht gegenüber dem Edlen in V.19 zugesprochen wird, ist in V.28 mit ihrem Geschrei im Gericht erwähnt. In V.29 sind erneut '$ hi. „zum Frevler machen“ (Vv.12.17) und s „verbergen“ (V.22) verwendet. Die Nacht, die in V.20 den Todeszeitpunkt benennt, ist auch in V.25 in der Gerichtsschilderung Gottes belegt. Sie zeigt den Zeitpunkt der Gottesferne an.
209 Dagegen stellt CLINES, WBC 18A, 745, die These auf, dass die Sinneinheit bereits in V.20 beendet ist und mit Vv.21–30 der nachfolgende Teiltext vorliegt. MENDE, Leiden, 46f.; 63f., nimmt an, dass mit Vv.16–20 eine sekundäre Bearbeitung vorliegt, Vv.21ff. der Grundschicht angehören und auf die Ausführungen in Vv.10–15 zu Gottes permanenter Anwesenheit in der Menschenwelt, die in seiner lebenschaffenden und erhaltenden Macht dokumentiert sei, folgen. Vv.21–23 ergänzten diesen Gedanken um Gottes richterliche Aufmerksamkeit gegenüber den Menschen. Mende belässt jedoch unberücksichtigt, dass in V.21 ein Subjekt fehlt und dieses aus V.15 aufzunehmen ist. In 34,15 ist jedoch in beiden Kola der Mensch (in V.15a mit $ „jedes Fleisch“ und in V.15b mit # „Mensch“) Subjekt und V.21 verlangt Gott als Subjekt. Daher kann V.21 unmöglich auf V.15 folgen, da die dort genannten "!' „seine Augen“ auf Gott bezogen sind und Mendes These daher inhaltlich ausgeschlossen ist.
84
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Liegen verschiedene Stichwortbezüge zwischen 34,16–22 und 34,23–32 vor, so liegt in V.23 ein Themen- und Subjektwechsel gegenüber Vv.16– 22 vor. Die Anrede an eine Person in Vv.16–22 entfällt von V.23 an und Elihu spricht stattdessen über eine Person als $ „Mann“. In V.23b ist Gott mit der Bezeichnung explizit genannt. In V.22 bilden die " '( „Unheiltäter“ das Nomen regens. Von V.22 zu V.23 liegt daher ein Subjektwechsel vor. Darüber hinaus nimmt V.23 den Begriff j($ „Recht, Gericht“ auf und verwendet die Formulierung j($ „ins Gericht gehen“. Nicht mehr Gottes Recht, sondern Gottes Gericht steht in Elihus Interesse. Die Vv.23–32 führen nun Gottes Gerichtshandeln als neues Thema in Hi 34 ein und beschreiben dieses Gericht ausführlich.210 Eröffnet V.23 mit der Aussage, dass kein Mensch die Zeit setzt, mit Gott ins Gericht zu gehen, so folgt in Vv.24–30 eine Beschreibung über Gottes Gerichtshandeln. Während Vv.23–29a den Schwerpunkt auf Gottes Gericht legen, ändert sich dies in Vv.29b.30 und ein gottloser Mensch verantwortet das Gericht. Gott setzt in Hi 34,23 die Zeit für sein Gericht gegen die Mächtigen aufgrund seiner Allwissenheit und gegen die Frevler, da sie sich am Armen vergangen haben. In Vv.23–29a kommt zum Ausdruck, dass Gottes Handeln im Gericht sein gerechtes Tun impliziert. Gottes gerechtes Handeln impliziert, dass nicht alle Menschen im Gericht umkommen, sondern es mächtige und frevelnde Personen trifft. In Vv.29b.30 verursacht hingegen der gottlose Mensch das Gericht, das nun nicht mehr einen ausgewählten Personenkreis trifft, sondern alle Menschen. Darauf deuten die Formulierungen # „Mensch“, "& „Volk“ und ' „Volk“ hin.211 210
Den Beginn einer neuen Texteinheit sehen hier ebenfalls F OHRER, KAT, 462f. und W AHL, Schöpfer, 84f., vorliegen. Dagegen nehmen W EISER, ATD, 226; VIVIERS, Elihu, 144; LUGT, Criticism, 429f., in Vv.16–30 eine Langstrophe an, in denen Elihu vor Hiob Gott verteidigt. 211 Der Text in Vv.23–30 ist in sehr schwierigem Hebräisch erhalten. Kausale Einleitungen sind in V.23 mit „denn“ und in V.25 mit „weil“ formuliert. V.27 ist mit $ ' „weil“ ebenfalls kausal an V.26 angeschlossen und V.28 folgt V.27 mit einem Inf.cstr. V.29a ist durch zwei gleiche Glieder gestaltet: Der Aussage über Gott folgt eine mit „wer“ eingeleitete rhetorische Frage, die die Antwort ‚niemand‘ erwarten lässt. Vv.29b.30 schließen mit der Konjunktion " an und können zusammen als ein Bikolon aufgefasst werden; vgl. GORDIS, MorS II, 392f. Da Vv.29b–32 nicht zum Gerichtskontext passen, legt MENDE, Leiden, 65; 69, dar, dass Vv.29b–32 vom dritten Bearbeiter ergänzt wurden, um das Motiv der Verborgenheit Gottes auszugestalten. Wenn Gott sein Angesicht verberge, kann der Mensch ihn nicht schauen, dies gelte über dem Volk und über einen Menschen (V.29b), weil gottlose Menschen herrschen und es Fallstricke für das Volk gebe (V.30); vgl. auch aaO., 56f. Der Anschluss mit ' an den vorangegangenen Vers bleibt jedoch ungeklärt. In Vv.29b.30 lässt sich eine Struktur im Versmaß erkennen: "& „Volk“ und ' „Volk“ sowie die beiden Erwähnungen von # „Mensch“ sind jeweils chiastisch gestellt, vgl. MENDE, Leiden, 57. Darüber hinaus lässt sich eine stilistische Parallele zu V.29a feststellen: Folgt V.29a der Gliederung beider Kola durch: x - " - y
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
85
Eine Ausführung über Gottes Gericht belegen weder Gott, Hiob noch Hiobs Freunde in der Dialogdichtung. Die Ausgestaltung von Gottes Gerichtshandeln scheint in den Elihureden eine Folge der gerechten Herrschaft Gottes zu sein, die in der Hiobdichtung fehlt. Das Gericht tritt zu einem von Gott bestimmten und für den Menschen nicht gewussten Zeitpunkt ein.212 Gott zerschlägt gewaltige Personen ohne Untersuchung und setzt andere an ihre Stelle (V.24), denn er kennt ihre Taten. Unter Frevlern schlägt er sie, an einem Ort, wo man sieht (V.26). Gottes Handeln im Gericht ist mit den Verben '' „zerschlagen“ in V.24, # „zerschlagen“ in V.25 und +(s „schlagen“ in V.26 ausgedrückt. Gott zerschlägt die mächtigen Personen ohne Untersuchung, da er ihre Taten kennt und allwissend ist (V.25a),213 und er zerschlägt die Frevler, da sie von Gott abgewichen sind, keine Einsicht in Gottes Wege haben (V.27) und das Schreien der Armen nicht vor Gott bringen (V.28a). Doch obwohl die Frevler in Gottes Augen versagen, hört er das Geschrei der Elenden. V.29a beschließt die Darstellung mit zwei rhetorischen Fragen. Sie beinhalten Gottes ruhiges Verhalten und die Unmöglichkeit seines Schuldspruches
(V.29a) und x - " - y (V.29a), so sind die V.29b.30 durch folgende Struktur gekennzeichnet: '" - x - '" - x (V.29b) und - y - - y (V.30). Die Strukturen sind nicht identisch, jedoch fällt auf, dass je ein Element in den aufeinanderfolgenden Sinneinheiten jeweils wiederholt wird. MENDE, Leiden, 55f., postuliert den syntaktischen Anschluss von V.29b an V.29a. Sie interpretiert V.29 dahingehend, dass sich V.29b auf !"$ " beziehe und bedeute, dass wenn Gott sich verborgen hielte, kein Mensch Gottes heilvolle Gegenwart über dem Volk und über den Menschen zu erkennen vermag. Jedoch nennt Gottes Gerichtshandeln in den vorangegangenen Versen Gottes heilvolle Gegenwart nicht, so dass inhaltlich kein Anschluss vorliegt. Des Weiteren ist ein syntaktischer Anschluss an s" oder j+$ in V.29a aufgrund der Präposition ' unmöglich, zudem fehlen in V.29a Objekte mit Ausnahme des Suffixes in "!"$, das jedoch auf Gott rückbezogen ist. 212 Zu Vv.23–30 formuliert STRAUSS, BK, 298, dass Gottes richtendes Handeln jenseits aller menschlichen Gerichtsbarkeit und allen Gerechtigkeitsempfindens stehe. W AHL, Schöpfer, 88f., sieht in Vv.23–30 Gottes gerechtes Vergelten im Gericht ausgedrückt. Gott als allweiser und allgerechter Herrscher bestimmt den Zeitpunkt des Gerichts, er erkennt die Vergehen des Menschen und zerschmettere diese ohne Verhör, da er all sein Tun kenne. Als verborgener Gott ist sein Handeln dem Menschen gegenüber nicht immer einsichtig und es erscheint unverständlich. 213 MENDE, Leiden, 64, vertritt dagegen die These, dass V.25 aufgrund der Doppelung gegenüber V.21, der ebenfalls Gottes Allwissenheit beinhaltet, sowie dem von ihr beobachteten, angeblichen Widerspruch zu V.26 zusammen mit Vv.16–20 ergänzt wurde. Ihr Argument stützt sie weiterhin, dass mit Vv.25.27 zwei Begründungen für das Gerichtshandeln vorlägen, so dass V.25 eine Doppelung zu V.27 darstelle. Sie übersieht dabei, dass das Gericht sowohl an die gewaltigen wie die frevelnden Personen ergeht, indem sie als einschränkende Präposition versteht und nur die frevelnden gewaltigen Personen in Gottes Gericht kommen; vgl. aaO., 64f.
86
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
sowie die Verborgenheit Gottes, so dass Gott für einen Menschen nicht sichtbar ist.214 Das Gericht Gottes trifft die Frevler und die mächtigen Personen. Mit dem Adjektiv „mächtig“ liegt ein Rückbezug zu Hi 34,17 vor. Dort ist Gott als +#, „mächtiger Gerechter“ genannt. Macht bildet ein Gottesprädikat. Diese Vorstellung nennt Hi 36,5 ebenfalls und bezeichnet Gott als mächtig und gewaltig. Es fällt auf, dass die mächtigen Personen, die ausschließlich mit dem Gottesprädikat charakterisiert sind, Gottes Gericht trifft. Weniger überraschend ist, dass die Frevler ins Gericht gelangen mit der Begründung, dass sie das Geschrei der Armen nicht vor Gott gebracht haben. Zudem evozieren Hi 34,8.10.11.17, dass die Frevler mit Unrecht, Unheil und Frevel zu identifizieren sind und folglich im Gegensatz zu dem stehen, was Elihu als Gottes Recht und Gerechtigkeit versteht. Mit Vv.31–37 liegt der Abschluss der Rede vor. In Vv.31f. fragt Elihu an, ob sich der gottlose Herrscher mit der nachfolgenden Aussage an Gott gewandt hat. Bekennt er seine Fehler, gesteht er das eigene Unrecht zu und distanziert er sich in Zukunft von dem begangenen Übel, dann fordert er Gott ebenfalls auf, dass er ihn erziehen möge.215 Die als Frage eingeleitete Aussage des gottlosen Menschen deutet an, dass die Abkehr vom Übel, die Hinwendung zu Gott und die Annahme von Gottes Erziehung den gottlosen Menschen rehabilitieren werde. Eine Anrede an eine zweite Person begegnet in V.33, die nicht mit der Gottesanrede in V.31, sondern der Anrede an Hiob in 34,16 identisch ist.216 Vv.34–37 beschließen die Rede und die in V.10 adressierten $! „Verstandesmenschen“ formulieren als Personengruppe in 3.P.Pl ein abschließendes Urteil über Hiob in Vv.34f.217 Sie verurteilen seine Reden als einsichts- und erkenntnislos. Dieses Fazit wiederholen Vv.36f., indem Hiob wie Männer des Unheils Widerreden vorbringt und er Vergehen zu seiner Sünde hinzufügt. Das Verbum „prüfen“ in V.36 verweist zurück auf V.3; die "$! „Männer des Unheils“ in V.36 sind in Vv.8.22 als " '( „Unheiltäter“ genannt und die Aussagen in Hi 34,8.36, dass Hiob den Menschen des Unheils angehöre, sind identisch. Das Nomen '$( „Verfehlung“ ist in Hiobs Ein214
MENDE, Leiden, 55, interpretiert V.29a auf Gottes Verborgenheit hin. Die von MENDE, Leiden, 57; 66, vertretene Position, dass hier einer aus dem Volk, das durch den gottlosen Menschen beherrscht ist, sprechen könne, ist aufgrund der Syntax ausgeschlossen. Sie sieht des Weiteren in Vv.31f. den Grund vorliegen, weshalb das ganze Volk die Gottesferne im Preisgegebensein an einen ruchlosen Herrscher erfahren müsse. Er bestehe in der Überheblichkeit des Herrschers, seiner mangelnden Bereitschaft zu Umkehr und göttlicher Belehrung, aaO., 66. 216 So auch MENDE, Leiden, 66; 68. 217 Im Unterschied zu Hi 34,10 sieht MENDE, Leiden, 68, in Hi 34,34 nicht mehr Hiobs Freunde, sondern weise Menschen grundsätzlich genannt. 215
2.3 Die zweite Elihurede in Hiob 34
87
gangszitat in V.6b und im abschließenden Urteil in V.37 aufgenommen. Behauptet Hiob von sich, ohne Verfehlung zu sein, so besteht das abschließende Urteil Elihus über Hiob darin, dass dieser zu seiner Sünde sogar noch Verfehlung hinzufüge. Nicht die Verfehlungslosigkeit, sondern Hiobs Mehrung von Verfehlung und Sünde veranlassen Elihu, Hiob als verwerflich anzusehen. V.37 bildet durch die Nennung der 1.P.Pl. einen weiteren Rückverweis zur Redeeinleitung. Sowohl in 34,4 als auch in 34,37 ist die Form "!! „unter uns“ genannt. Die 1.P.Pl. ist wieder aufgenommen und Vv.4.37 rahmen die zweite Elihurede. Das in Vv.34–37 abschließende Fazit zeichnet sich durch literarische Spannungen zwischen den in 3.P.Pl. genannten $! „Verstandesmenschen“ und der Nennung der 1.P.Pl. mit "!! „unter uns“ in V.37 aus. Zudem ist die zweimalige namentliche Nennung Hiobs in V.35 und V.36 auffällig, da sie in V.36 fehlen könnte. Beide Beobachtungen sowie die Tatsache, dass V.36f. in den Kontext der Rede sprachlich stärker eingebunden ist, führen zu der Annahme, dass Vv.34f. gegenüber Vv.36f. später ergänzt worden sind. 2.3.4 Rückblick auf die Textentstehung Die Interpretation der zweiten Elihurede hat gezeigt, dass Hi 34 literarisch nicht einheitlich ist,218 sondern aufgrund der textinternen Spannungen einen mehrstufigen literarischen Wachstumsprozess durchlaufen hat. Die These, Hi 34 bestehe aus einer zu den Elihureden gehörenden Grundschicht sowie drei weiteren Bearbeitungsschichten, ist bereits aufgestellt worden.219 Die Redeeröffnungsformel in Hi 34,1 setzt Elihu als bereits eingeführten Redner voraus. Seine Einführung liegt in Hi 32f. vor. Die erneute Redeeröffnung deutet bereits auf einen literarischen Zuwachs hin. Die Tatsache, dass Hiobs Freunde in der gesamten Rede nicht mehr angeredet werden, lässt auf den sekundären Charakter von Hi 34 gegenüber Hi 32f. schließen, denn in Hi 32,6–16; 35,4 sind die Freunde explizit als Adressaten genannt. Die Anrede an weise Personen in Vv.2.10 lässt keine Identifikation mit Hiobs Freunden zu. Die Tatsache, dass Elihu zwar mit seinem Publikum das 218
Die Annahme der Einheitlichkeit der Rede vertritt dagegen WAHL, Schöpfer, 172–
181. 219
Vgl. dazu MENDE, Leiden, 46f; 68f.; 139–143; 275f.; 290–298. Der wesentliche Unterschied der vorliegenden Studie gegenüber der These Mendes besteht darin, dass nach der Interpretation von Hi 34 in Kap. 2.3.3 Elihus zweite Rede in Gänze gegenüber seiner Eröffnungsrede ergänzt ist. Nach M ENDE, Leiden, 68f.; 290–298, jedoch gehören Hi 34,2–6.10b–15.21–24.26–29a der Grundschicht der Elihureden an, der ebenfalls Hi 32,2–3.6a.6ab–14; 33,1–15ab.16–30 zuzurechnen sind. Auch VERMEYLEN, Créateur, 768f., geht davon aus, dass Hi 34,7–9.16–20.25.29b–33 einer späteren Bearbeitung der Elihureden angehören.
88
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Recht zu prüfen intendiert, darauf aber seine monologischen Ausführungen ohne Reaktionen aus dem Auditorium folgen und er sein abschließendes Urteil mit den weisen Personen, die er in 3.P.Pl. nennt, fällt, deuten auf eine nachträgliche Ergänzung hin. Des Weiteren ist in Hi 34,5.7.35.36 über Hiob namentlich in 3.P.Sg. geredet. In Elihus Eröffnungsrede hingegen ist Hiob in Hi 33,1.31 mit Namen in 2.P.Sg. angeredet. In Spannung dazu steht die namenlose Anrede an eine 2.P.Sg. in Hi 34,16.17.33. Hi 34 lässt sich folglich als Fortschreibung in den Elihureden verstehen. Die literarischen Spannungen deuten auf eine sekundäre Ergänzung der gesamten zweiten Elihurede hin. Die textinternen Spannungen innerhalb der Rede, die mit der Adressierung an die weisen Personen, der Rede über Hiob und an Hiob sowie Elihus abschließendem Urteil, das er allein oder aber mit seinem Publikum fällt, vorliegen, zeigen ein weiteres literarisches Wachstum innerhalb der Elihurede an. Die durch die Anrede an eine zweite Person gekennzeichneten Redeteile in Vv.16–22.33 bilden daher eine weitere Ergänzung, indem sie Elihus Ausführungen auf Hiob hin profilieren. Die Rede in Hi 34 ist in Hi 34,7– 9.34f.36f. durch drei Verurteilungen Hiobs gekennzeichnet. Ein vorangestelltes Urteil vor den inhaltlichen Ausführungen passt nicht in den Kontext der Redeeinleitung und erweist Vv.7–9 daher als sekundäre Ergänzung. Hi 34,34f. ist aufgrund der Rede über die in Hi 34,2.10 genannten Adressaten der Rede in 3.P.Pl. eine spätere Fortschreibung. Hi 34,36f. erwähnt Hiob wie bereits in Hi 34,35 namentlich und ist durch einzelne Stichworte mit dem Anfang der Rede verbunden. Elihu bindet in Hi 34,37 mit dem Suffix 1.P.Pl. seinen Monolog an sein Auditorium in Hi 34,4 zurück. Hi 34,36f. können daher als ursprünglicher Schluss der zweiten Elihurede in Hi 34 angesehen werden. Zum ältesten Textbestand der zweiten Elihurede gehören daher Hi 34,1– 6.10–15.23–32.36f. Die Rede führt Gottes Recht und Gericht angesichts des Falles Hiobs aus und ist mit dem Leitbegriff j($ „Recht, Rechtssache, Gericht“ ausgestaltet. Hiob ist lediglich zum Gegenstand der Rede deklariert. Die Fortschreibungen der zweiten Elihurede in Hi 34,16–22.33 sind von einem späteren Autorenkreis und die Verurteilungen Hiobs in Hi 34,7–9.34f. sind wiederum nachträglich in die Komposition der Elihureden ergänzt worden. Die Verurteilungen spiegeln explizit die ablehnende Einstellung gegenüber Hiobs Äußerungen wider und bilden die letzten Ergänzungen in das Korpus der Elihureden.220 Die zweite Elihurede setzt mit der Identifizierung Elihus mit seinem weisen Auditorium seine Selbsteinführung in Hi 32,8.10.17; 33,3–4.12.33 voraus. Das erste Zitat Hiobs in Hi 34,5f. verweist auf die Gerechtigkeitsaussage Hiobs in Hi 9,15; 10,15. Die Formulierung '$( „ohne Verfeh220
Vgl. zu den Fortschreibungen im Einzelnen Kap. 2.6.
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
89
lung“ in Hi 34,6b scheint das Zitat Hiobs in Hi 33,9–11 zu kennen. Ebenfalls ist es aufgrund der wörtlichen Parallele von Hi 34,5b und Hi 27,2 sowie der Verwendung der Schwurformel
in Hi 34,10 und Hi 27,5, dass der Reinigungseid Hiobs in Hi 27,2–6 der zweiten Elihurede bekannt ist. Das Zitat in Hi 34,9 verweist wiederum auf Hiobs Rede in Hi 21,15 und Eliphas Erwiderung in Hi 22,2. Die Frage nach dem Nutzen der Frömmigkeit spielt ebenfalls auf die Unterredung zwischen dem Satan und Gott in Hi 1,9; 2,3 an, in der die Ökonomie von Frömmigkeit und Wohlergehen zur Disposition steht.
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35 2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
2.4.1 Einleitung Hi 35 bildet mit 16 Versen die kürzeste Elihurede. In ihr thematisiert Elihu Gottes Erhabenheit, Transzendenz und Souveränität. Die dritte Rede Elihus gliedert sich in zwei Teile. Hi 35,1–8 ist durch die namenlose Anrede an eine 2.P.Sg. gekennzeichnet, zu der sich in Hi 35,4 die Adressierung der Freunde Hiobs hinzugesellt. Hi 35,9–16 schildert eine Notsituation einer anonymen Person. Im ersten Teil stellt ein Zitat Hiobs in Hi 35,2b.3 den Anlass für die erneute Rede Elihus dar. Gottes Erhabenheit, Transzendenz und Souveränität stellt Elihu in das Zentrum seiner Rede.221 Gottes Souveränität ist unabhängig und unbeeinflussbar von menschlicher Gerechtigkeit und Sündhaftigkeit, so die Auffassung Elihus. Gleichzeitig behandelt er die Frage, ob menschliche Frömmigkeit für Gott einen Nutzen habe, und verneint sie im ersten Teil der Rede. Im zweiten Teil der Rede in Hi 35,9– 16 fehlt die Anrede an Hiob. Angesichts von Not und Leiden formuliert Elihu seine Gedanken über Gottes Transzendenz und Souveränität. Gott wird als Schöpfer des leidenden Menschen benannt und gibt Lobgesänge in der Nacht in Zeiten der Bedrückung. Als Geschöpf ist dem Menschen eine Hinwendung zu Gott in der Not möglich, jedoch bleibt Gott dem Menschen unverfügbar und unbeeinflussbar. Gott kann durch kein Gebet oder Lobgesang zum Eingreifen motiviert werden. Dem Menschen bleiben daher Gottvertrauen und das geduldige Warten auf Gottes Handeln. Abschließend verurteilt Elihu Hiobs Reden als einsichtslos.
221
W AHL, Schöpfer, 93f., sieht dagegen in der Verbindung von Hiobs Unschuldsbeteuerungen einerseits und den Gedanken der Unerreichbarkeit und Gerechtigkeit des Schöpfergottes andererseits sowie in dem Begriff +#, „Gerechtigkeit“ die Leitthemen der dritten Elihurede vorliegen.
90
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
2.4.2 Übersetzung 1. Da antwortete Elihu und sagte: 2. Hast Du dieses über das Recht gedacht? Du hast gesagt: ‚Ich bin gerecht vor Gott. 222 3. Denn Du sagst:223 ‚Was nützt sie [sc. meine Gerechtigkeit]224 Dir225? Was habe ich für einen Nutzen ohne meine Sünde226? 4. Ich will Dir Worte erwidern und Deinen Freunden mit Dir. 5. Blicke zum Himmel und sieh! Betrachte die Wolken, höher sind sie als Du.227 6. 228Wenn Du gesündigt hast, was kannst Du ihm anhaben, und (wenn) Deine Verfehlungen viel sind, was kannst Du ihm tun? 7. Wenn Du gerecht bist, was kannst Du ihm geben 229 oder was kann er aus Deiner Hand nehmen? 8. Dein Frevel trifft einen Mann wie Dich und einen Menschen Deine Gerechtigkeit. 9. Aus der Menge der Bedrückten230 schreit man auf, Die Übersetzung von +#, ist umstritten. LXX Gottingensis, 370, übersetzt mit =5 ;Z:7 3^45o7 ;nI5 f??=5 4e9^6e „denn er sagte, er ist gerecht vor Gott“. HALAT, s.v. +#,, 942f., schlägt vor „das Recht, das ich habe“; mit „Recht“ übersetzen des Weiteren: HÖLSCHER, HAT, 84; W EISER, ATD, 227, FOHRER, KAT, 470, mit „Gerechtigkeit“ dagegen: DRIVER/ GRAY, ICC, I 304; W AHL, Schöpfer, 94; MENDE, Leiden, 70f. STRAUSS, BK, 256, übersetzt mit „Rechtheit“. Als Adjektiv gibt CLINES, WBC 18A, 787, wieder. Zum Verständnis des s. Kap. 2.4.3. 223 Die Einleitung erfolgt mittels eines „introductory colon“, vgl. W ATSON, Poetry, 171; CLINES, WBC 18A, 788. 224 Subjekt des Verbums ist Hiobs Gerechtigkeit, d.h. +#,, aus V.2b; vgl. HÖLSCHER, HAT, 84; FOHRER, KAT, 470; POPE, AncB, 227; W AHL, Schöpfer, 94; MENDE, Leiden, 70; STRAUSS, BK, 256; CLINES, WBC 18A, 787. 225 Dagegen ändern HÖLSCHER, HAT, 84; FOHRER, KAT 472; CLINES, WBC 18A, 788, in , so dass Hiob nach dem Nutzen seiner Frömmigkeit für sich selbst fragt. Dieses Textverständnis passt zu Hiobs Unschuldsbeteuerungen. An MT halten DRIVER/ GRAY, ICC, I 304; II 267; GORDIS, MorS II, 400; MENDE, Leiden, 71, die alle eine indirekte Aussage und kein Zitat vorliegen sehen, fest; vgl. auch STRAUSS, BK, 256; 302. Die Beibehaltung von MT ist möglich, indem ein direktes Zitat angenommen wird, in welchem Hiob nach dem Nutzen seiner Gerechtigkeit vor Gott fragt. 226 Die Form j übersetzen dagegen als Verbum DRIVER/ GRAY, ICC, I 304; CLINES, WBC 18A, 787f. 227 LXX übersetzt mit 4=GIH; 3R ?K@p 7 izpUJ O:> E6V „beobachte die Wolken, wie hoch über Dir sie sind“, vgl. LXX Gottingensis, 370. B UDDE, HK, 223; FOHRER, KAT, 470, übersetzen mit „hoch über dir“; vgl. H ABEL, OTL, 487; STRAUSS, BK, 256; C LINES, WBC 18A, 787. WAHL, Schöpfer, 96, übersetzt unter Verweis auf Jes 55,9 mit „überragen“. Ein -komparationis nehmen an DRIVER/ GRAY, ICC, I 304. 228 Die Vv.6–15 sind in 11QtgJob, Col. XXVI, überliefert; vgl. DJD XXIII, 137–139. 229 Die Vv.7b–10a fehlen ursprünglich in der LXX; vgl. LXX Gottingensis, 370f. 230 Es ist an MT festzuhalten. Die Übersetzung „Bedrückte“ als Pt.Pl.Pass. von +$' „bedrücken“ ist vorzuziehen, da die Personengruppe der +"$' „Menge der Bedrückten“ den „Vielen“ am Ende des zweiten Kolon gegenübergestellt wird. So zwar auch 222
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
91
man ruft um Hilfe aus der Gewalt Vieler231. 10. Aber niemand232 spricht: ‚Wo ist Gott, der mich gemacht hat233, der Lobgesänge234 in der Nacht gibt? 11. Er unterweist235 uns mehr236 als die Tiere der Erde und macht uns weiser als die Vögel des Himmels. 12. Dann237 schreit man, doch er antwortet nicht – wegen des Hochmuts der Bösen. 13. Fürwahr, Gott hört Nichtiges238 nicht239 und der Allmächtige betrachtet es240 nicht.
MENDE, Leiden, 72, sie übersetzt aber mit „Bedrückungen“; dagegen übersetzen als intensiven Plural mit „oppressions“ D RIVER/ GRAY, ICC, I 305; II 268 (unter Verweis auf GK §124e), und CLINES, WBC 18A, 787; 789; mit „Bedrückung“ STRAUSS, BK, 256; W AHL, Schöpfer, 97, und mit „Bedrücker“ FOHRER, KAT, 470, indem er ein Pt.Akt. liest. 231 DRIVER/ GRAY, ICC, I 305; II 268; CLINES, WBC 18A, 787; 789, verstehen im Sinne von „mächtig“. So auch W AHL, Schöpfer, 97, der mit „sie klagen vor dem Arm des Mächtigen“ übersetzt. 232 So die Übersetzung von ; vgl. CLINES, WBC 18A, 787, 789; HABEL, OTL, 488. P OPE, AncB, 228, sieht dagegen Hiob als Redner von Vv.10f. an. In den Plural " „sie sagen“ ändert B UDDE, HK, 223. 233 Auffällig ist v/k ' als Part.Pl.m.q. mit Suffix 1.Sg.c., das die Auffassung eines Herrschaftsplural nahe legt, so GK §124k, oder als scheinbare Bildung mit Pluralsuffix zu verstehen ist, so GK §99ss. 234 " ist Pl. zu I , vgl. HALAT, 262; 18Gesenius, s.v. 2, „lobsingen“. Weitere Belege in II Sam 23,1; Jes 24,16; 25,5; Ps 95,2; 119,54. Ebenfalls mit „Lobgesängen“ übersetzt bei B UDDE, HK, 223; FOHRER, KAT, 470; 476; MENDE, Leiden, 70; 72f. Dagegen übersetzen TUR-SINAI, " (s, 297 und P OPE, AncB, 227–229, mit „strength“. LXX belegt @eU4J7 „Wache“, vgl. LXX Gottingensis, 370. Zur Diskussion um Herkunft, Bedeutung und Korrekturen vgl. CLINES, WBC 18A, 790. 235 Synkopiertes Part.Sg.m.q. von % pi. „lehren, unterweisen“, vgl. GK §68k; B ERGSTRÄSSER , Grammatik §15e. So auch FOHRER, KAT, 472; M ENDE, Leiden, 73; STRAUSS, BK, 257. 236 Es liegt ein -komparationis vor, so DRIVER/ GRAY, ICC, I 306; FOHRER, KAT, 470; W AHL, Schöpfer, 98; MENDE, Leiden, 70; 73; CLINES, WBC 18A, 787; 790. DELITZSCH, BC, 466f., sieht den Urheber der Lehre durch angezeigt; STRAUSS, BK, 256f., übersetzt dagegen separativ mit „im Unterschied von“, vgl. GK §133b. 237 k hier mit temporaler Bedeutung, vgl. HALAT, s.v. $, 1430–1432; DELITZSCH, BC, 467; GORDIS, MorS II, 402; CLINES, WBC 18A, 790f. 238 "$ „Nichtiges“ ist als Satzobjekt zu verstehen, vgl. HALAT, s.v. "$, 1323–1325; vgl. B UDDE, HK, 223; DRIVER/ GRAY, ICC, I 307; P OPE, AncB, 227; HABEL, OTL, 487; C LINES, WBC 18A, 787; 791. Auch wenn W AHL, Schöpfer, 98, „Eitelkeit“ voranstellt, ist es doch als Objekt zu den folgenden Verben gedacht. Dagegen FOHRER, KAT, 470, der mit „umsonst“ übersetzt und den Ausdruck an den Versanfang stellt. GORDIS, MorS II, 402, versteht "$ nicht als Objekt, sondern als prädikativen Nominativ und übersetzt daher „It is false that God does not hear and that the Almighty does not see it“. 239 LXX überliefert einen von MT verschiedenen Gedanken: m=6: QJ9 6a 68U;=5 C 489567 n3;A? „der Herr will kein Unrecht sehen“; vgl. LXX Gottingensis, 371. 240 Die Endung von !"$ ist nicht als Suffix 3.Sg.f., sondern als ‚energic ending‘ zu verstehen, vgl. CLINES, WBC 18A, 791. Dagegen versteht STRAUSS, BK, 257, das Suffix
92
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
14. Wieviel weniger wenn241 Du gesagt hast, dass Du ihn nicht betrachtest.242 Die Rechtssache liegt vor ihm und Du wartest243 auf ihn. 15. 244Doch jetzt: Ja, sein Zorn zieht nicht zur Verantwortung245 und er weiß nicht viel von Verfehlung246. 16. Doch Hiob, sein Mund tut Nichtiges auf, er macht247 ohne Wissen viel Worte248.
2.4.3 Interpretation Hi 35,1 eröffnet die dritte Elihurede mit der Redeeröffnungsformel.249 Elihu adressiert seinen namentlich nicht genannten Adressaten in 2.P.Sg. in Vv.2–8, den er in Vv.2b.3 zitiert. Durch die Ergänzung der Anrede um ' „deine Freunde“ in 35,4 ist die Anrede an Hiob plausibel. In Hi 35 3.Sg.fem. als Abstraktum, vgl. GK §122q. M ENDE, Leiden, 73f., sieht hier ein neutrisches Verständnis des femininen Pronominalobjektes vorliegen. PETERS, EHAT, 401, vertritt die Auffassung, dass "$ als mask. nicht eindeutig erwiesen sei. DRIVER/ GRAY, ICC, II 269, halten eine Verschreibung für vorstellbar, so dass "!"$ zu lesen sei. 241 Vgl. zu % Hi 9,14. Diese Übersetzung nach DRIVER/ GRAY, ICC, I 307; II 269; C LINES, WBC 18A, 787; 791. Dagegen verstehen B UDDE, HK, 224; GORDIS, MorS II, 402, % als Konditionalsatz. 242 LXX Gottingensis, 371, übersetzt in V.14a ohne Übereinstimmung mit MT 4_ EDE;5 I; „und er wird mich retten“. Die plötzliche Anrede an eine 2.P.Sg. in MT entfällt in V.14a, findet sich aber in V.14b in der LXX. 243 MT belegt die Verbalform
"". Sie ist hergeleitet von " „warten“ so DRIVER/ GRAY, ICC, II 269; CLINES, WBC 18A, 791f. FOHRER, KAT, 472, nimmt „warten, ausharren“ an, liest " " und übersetzt mit „so harre sein“. HÖLSCHER, HAT, 84, liest
" " und übersetzt „harre sein“. M ENDE, Leiden, 74, hält an MT mit einer Verschreibung von ursprünglich " " fest. GORDIS, MorS II, 402f., dagegen liest hitpolel wie in Ps 37,7 und erachtet die Verbalform " als metaplastische Form zu , beide sind Denominative zu " und übersetzt mit „trust“. 244 Vv.15–16 fehlen ursprünglich in LXX. H ÖLSCHER, HAT, 84f. sieht in Vv.15–16 zusammen mit 36,1 eine nachträgliche Ergänzung, um Hi 36f. als eigenständige Rede zu markieren. 245 "( ist als Subjekt zu #+( verstanden. Dagegen sei die Formulierung #+( syntaktisch im Hebräischen unmöglich, so DRIVER/ GRAY, ICC, II 270, und #+( mit #+ / ( als Part.Sg.m. zu vokalisieren. Vgl. auch FOHRER, KAT, 472; W AHL, Schöpfer, 100; MENDE, Leiden, 74. FOHRER, KAT, 470, übersetzt „in die Verantwortung ziehen“ und P OPE, AncB, 228; W AHL, Schöpfer, 100; CLINES, WBC 18A, 787; 792, übersetzen mit „punishes“ bzw. „strafen“. 246 $( ist als Schreibfehler zu '$( zu verstehen. So bereits LXX, Sym., Theod., Vulg.; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, II 270f.; FOHRER, KAT, 472; W AHL, Schöpfer, 100; MENDE, Leiden, 74; STRAUSS, BK, 257; CLINES, WBC 18A, 792f.; GORDIS, MorS II, 403. 247 So gemäß Vokalisation in MT. Es ist auch die Schreibweise belegt, vgl. G INSBURG, Writings, 546; vgl. HALAT, s.v. , 438. Alternativ sind # und # belegt, vgl. die Ms Harley 1528; Ms Or. 2626–28. 248 In 4QJob a, Frg. 6 ist die in MT belegte Formulierung '# „ohne Wissen Worte“ überliefert, vgl. DJD XVI, 174. 249 Der Name " ist hier wie in 32,4 in defektiver Schreibweise geschrieben.
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
93
liegt daher ein von Hi 34 verschiedener Adressatenkreis vor und es ist wahrscheinlich anzunehmen, dass Elihus zweite und dritte Rede verschiedenen Textstrata der Komposition der Elihureden angehören. Die Frage j($ $ „hast du dieses von Recht gedacht?“ in V.2a rezipiert das Nomen j($ „Recht“ und nimmt mit der Rechtsthematik einen Leitgedanken aus Hi 34 auf. Der anaphorische Anschluss mit „dieses“ zeigt einen weiteren Rückverweis zu Hi 34 an. Hi 35,2b.3 bilden drei Zitate Hiobs. In Hi 35,2b stellt Hiob die Behauptung +#, „ich bin gerecht vor Gott“ auf. Das Verständnis der Aussage
+#, ist umstritten, erlaubt das den Satz sowohl komparativ als auch separativ zu übersetzen.250 Hiob selbst hat in keiner seiner Reden mit +#, seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet.251 Eine durch ausgedrückte Verhältnisbestimmung von Gott und dem Menschen allgemein ist allein in Hi 4,17; 33,12 belegt, ohne dass sie auf Hiob spezifiziert wäre. Einzig in der narrativen Einleitung in Hi 32,2 ist Hiobs Gerechtigkeit vor Gott mit der Formulierung
"$(! "+#, ' „dass er sein Leben vor Gott als gerecht erachtet“ gebraucht. Die Behauptung der Gerechtigkeit Hiobs vor Gott ist folglich nur in den Elihureden in Hi 32,2; 35,2 belegt.252 Das doppelte Verständnis des lässt neben des separativen ebenfalls ein komparatives Verständnis der Aussage zu. Ist dies der Fall, dann erachtet Hiob sich sogar für gerechter als Gott. Mit beiden Interpretationen liegt eine Neuinterpretation der Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs vor. Die separative Bedeutung ist allerdings wahrscheinlicher als das komparative Verständnis.253 250 Ein -komparationis nehmen GORDIS, MorS II, 398, 400, und CLINES, WBC 18A, 787, oder ein prägnantes in komparativem Sinn nimmt STRAUSS, BK, 256, an. Ein separatives Verständnis führt zur Übersetzung von „gegenüber“, so FOHRER, KAT, 470, oder „vor“, so DRIVER/ GRAY, ICC, I 304; WEISER, ATD, 227; HÖLSCHER, HAT, 84, und W AHL, Schöpfer, 94. MENDE, Leiden, 70f., übersetzt mit „fern von“. MENDE, Leiden, 70–72, versteht Hi 35,2b dahingehend, dass Hiob über die Missachtung seiner Gerechtigkeit durch Gott klage und Gerechtigkeit ein vom Menschen ausgehendes, normgebundenes und gemeinschaftsgemäßes Verhalten oder Handeln oder einen daraus resultierenden Zustand heilvollen Ergehens beschreibe. In Kenntnis über Hiobs Gerechtigkeit lasse Gott ihn daher leiden. Demzufolge wäre Hiob in dem von Elihu zitierten Satz gerecht und Elihu gewährte ein positives Hiobbild, das den Elihureden in Hi 34,7–9.34–37; 35,16 fern liegt. 251 Darüber hinaus belegen Hi 9,2b; 25,4 die Frage, ob ein Mensch vor Gott gerecht sein könne, die mit ' +#, ausgesagt ist; vgl. dazu Kap. 3.3.2.1.2. 252 Daneben ist +#, mit Suffix 1.Sg.c. belegt in Ps 4,2; 7,9; 18,21.25; 35,27 sowie in Reden Gottes in Jes 41,10; 51,5. Im Unterschied zu Hiob behaupten die Psalmenbeter ihre Gerechtigkeit jeweils bei gleichzeitiger Anerkennung der Gerechtigkeit Gottes (Ps 7,18; 18,23; 35,28), ausgenommen von Ps 4. Das Verbum +#, ist mit syntaktisch nur in Gen 38,26; Ez 16,52 kombiniert, jedoch fehlen hier Bezüge zu Gott. 253 Vgl. auch die Komposition der Elihureden in Kap. 3.3.2, insbesondere in Kap. 3.3.2.1.2.
94
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
In V.3 folgen zwei weitere Zitate Hiobs, die jeweils als -Frage gestaltet sind: In V.3a fragt Hiob s „was nützt es dir?“, in V.3b schließt er mit j ' „was habe ich für einen Nutzen ohne meine Sünde?“ an. Hiob adressiert in V.3a Gott und fragt nach dem Nutzen seiner in V.2b ausgesagten Gerechtigkeit vor Gott. V.3 resultiert aus V.2, indem der Gerechtigkeitsaussage Hiobs die Frage nach dem Nutzen der Gerechtigkeit vor Gott folgt.254 Wie bereits V.2b, so sind die Aussagen in V.3a und V.3b in keiner Rede Hiobs belegt. Die Aussage j ' „was habe ich für einen Nutzen von meiner Sünde?“ in V.3b ist im Textverständnis mehrdeutig, da das sowohl komparativ als auch separativ verstanden sein kann und zu zwei verschiedenen Textverständnissen führt. Liegt ein separatives Verständnis vor, so ist Hiobs Sündlosigkeit impliziert und die Frage lautete, welchen Nutzen Hiob habe, ohne Sünde zu sein.255 Liegt hingegen der Frage ein komparatives Verständnis zugrunde, so fragt Hiob, was ihm mehr nutze als seine Sünde. Mit dieser Frage bestätigt Hiob, dass er sich selbst als sündig ansieht. Folglich erlaubt die Interpretation von MT in V.3b, dass Hiob an seiner Sündlosigkeit festhält oder aber seine Sündhaftigkeit behauptet. Die in Hi 35,2b.3 zitierten Aussagen Hiobs sind wegen zweierlei Aspekten von Interesse: Vv.2b.3b erlauben zwei verschiedene Textverständnisse, da das jeweils komparativ oder separativ wiedergegeben werden kann. Mit der Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs in V.2b einerseits und der Behauptung seiner Sündhaftigkeit in V.3b andererseits stehen zwei konträre Aussagen einander gegenüber. Elihu greift in Vv.6–7 Hiobs Sündhaftigkeit wie auch seine Gerechtigkeit auf, so dass für V.3b ein komparatives Verständnis, das an Hiobs Sünde festhält, naheliegt. Elihu entwirft demzufolge in seiner dritten Rede ein Hiobbild, das sich zwischen den Extremen von Gerechtigkeit und Sündhaftigkeit bewegt. Diese Spannung, die sich in den Zitaten Hiobs in Vv.2b.3 manifestiert, bildet den inhaltlichen Anlass für Elihus dritte Rede. Elihus Redeaufforderung folgt in V.4, die ! „ich“ betont an den Anfang stellt. Die Anrede weitet die Zuhörerschaft mit ' ' „deine Freunde mit dir“ auf Hiobs Freunde aus und stellt die Adressierung Hiobs zugleich in den Vordergrund. 254
Dagegen MENDE, Leiden, 71; 77f., die Hi 35,3a aufgrund des Tempuswechsels von V.2b (Perf.) zu V.3a (Impf.) als sekundär erachtet. Zudem unterscheide sich V.3a kaum von V.3b, so dass er gut gefehlt haben könne. Des Weiteren liege ihres Erachtens eine inhaltliche Überschneidung zu Hi 34,9 vor. 255 Ein -seperativum nehmen an P OPE, AncB, 227f.; HABEL, OTL, 486f., der mit „if I avoid sin“ übersetzt; FOHRER, KAT, 470; W AHL, Schöpfer, 94; STRAUSS, BK, 256, der ein präzises nach GK §113d vorliegen sieht und die beide jeweils „ohne“ übersetzen. Vgl. auch MENDE, Leiden, 70; 72, die mit „fern von meiner Sünde“ wiedergibt, das „ohne zu sündigen“ bedeute.
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
95
Die drei Imp.Sg.m. von j! hi. „blicken“, „sehen“ und "$ „betrachten“ in V.5 leiten Elihus Ausführungen in Vv.5–8 ein und rufen Hiob zum Sehen auf. Er soll seinen Blick in den Himmel und auf die Wolken lenken. Mit den Imperativen liegen Anweisungen vor, die Hiob die Perspektive des Weisheitsschülers einnehmen lassen. 256 Durch Beobachtung von Himmel und Wolken soll er zur Erkenntnis über Gott angeleitet werden. Welterfahrung und Welterkenntnis implizieren eine Gotteserkenntnis. Die komparativische Aussage, dass die Wolken höher als er seien, impliziert eine Metapher für das Verhältnis zwischen Gott und Mensch: Gott ist höher als der Mensch. Der göttliche Bereich bleibt dem menschlichen Bereich überlegen und beide Bereiche sind voneinander verschieden und distanziert.257 Einen Zugang zur göttlichen Transzendenz und erhabenen Distanz hat der Mensch nicht.258 Der Himmel und Wolken schauende Hiob gelangt durch Weltbeobachtung zu einer Erkenntnis über Gott. Hiob ist von Gott unterschieden und Gott ist ihm gegenüber überlegen. Der Blick in den Himmel und auf die Wolken geschieht erstmalig in der Elihurede in 35,5. Mit den +$ „Wolken“ wird ein in der Schlussrede Elihus zentraler Begriff eingeführt. 259 Der parallele Gebrauch von $ „Himmel“ und +$ „Wolken“ verweist auf Dtn 33,26; Jes 45,8; Jer 51,9; Ps 36,6; 57,11; 78,23; 108,5; Hi 38,37. Gottes Unvergleichlichkeit beschreibt Dtn 33,26, indem Gott am Himmel zur Hilfe fährt und seine Hoheit in den Wolken zu erkennen ist. Gottes Gericht in Babel ( '&!
j($ $ ) reicht nach Jer 51,9 bis zum Himmel und bis zu den Wolken. Darüber hinaus sind Himmel und Wolken mit Gottes Gerechtigkeit in Jes 45,8 ( +#,), seiner Gnade in Ps 36,6; 57,11; 108,5 (#s), seiner Wahrheit in Ps 57,11; 108,5 () sowie mit seinem Vertrauen in Ps 36,6 ( !") verbunden. Gottes Tun für Israel erweist sich in seiner Macht über Wolken und Himmel in Ps 78,23. Die Belegstellen zeigen, dass Gottes Macht und Erhabenheit in Himmel und Wolken zum Ausdruck seiner Transzendenz und souveränen Herrschaft bekannt und gebräuchlich gewesen sind. An diese auf Welterkenntnis beruhende Unterweisung schließen in Vv.6f. zwei Konditionalsätze an, 260 die die Differenz zwischen Hiob und 256
Vgl. dazu auch den Begriff der „pedagogical injunctions“ bei H ABEL, OTL, 491. Vgl. dazu auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 305; P OPE, AncB, 228. 258 Vgl. HABEL, OTL, 491. 259 Das Nomen +$ „Wolken“ ist in 35,5 erstmalig in der Hiobkomposition gebraucht und darüber hinaus in Hi 36,28; 37,18.21; 38,37 belegt. Das Nomen $ „Himmel“ ist im Hiobbuch in Hi 1,16; 2,12; 11,8; 14,12; 15,15; 16,19; 20,6.27; 22,14; 26,11.13; 28,24; 35,5; 37,3; 38,29.37; 41,3 belegt. 260 V.6 folgt dem synonymen Parallelismus membrorum und besteht in jedem Bikolon aus einem Konditionalsatz. Jede Protasis in V.6 belegt Verbformen im Perfekt, hingegen schließen in der Apodosis jeweils Verba im Impf. an. Jede Apodosis besteht aus einer mit eingeleiteten rhetorischen Frage. In V.7 liegt dieselbe syntaktische Struktur vor 257
96
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Gott prononcieren. 261 Elihu fragt Hiob in V.6 an, was er Gott tun kann, wenn er gesündigt und seine Verfehlungen gemehrt habe. Die rhetorische Frage impliziert die Antwort „nichts“. In V.7 ist Hiobs Gerechtigkeit ausgesagt, und Elihu fragt, was Hiob Gott geben oder Gott aus Hiobs Hand nehmen könne. Wie in V.6 ist in V.7 die Antwort „nichts“ impliziert und Hiobs Gerechtigkeit beeinflusst Gott nicht. Hiob wird als sündiger und als gerechter Mensch angeredet, jedoch hat er in seinem Tun keinen Einfluss auf Gott. Dadurch erhält Elihu die Differenz zwischen Mensch und Gott aufrecht. V.8 bringt den Gedankengang zum Abschluss, indem in V.8a mit dem Nomen '$ „Frevel“, dem Verbum j „sündigen“ und dem Nomen '$( „Verfehlung“ die Aussagen über Hiobs Sünde und in V.8b mit +#, „Gerechtigkeit“ die Behauptungen über Hiobs Gerechtigkeit aus Vv.2– 3.6–7 aufgenommen werden. Elihus Schlussfolgerung besteht darin, dass Sünde und Gerechtigkeit die Menschen untereinander treffen, während Gott durch zwischenmenschliche Interaktionen, seien sie frevelhaft oder gerecht, unberührt bleibt.262 Gottes Transzendenz und Souveränität bilden die impliziten Aussagen gegenüber der Sünde und Gerechtigkeit des Menschen.263 Im ersten Teil der Rede liegt mit den Verben + „nehmen“ und ! „geben“ ein Rückverweis auf Hi 1,21b vor. Hiob bekennt in 1,21b, dass Geben und Nehmen von Gott komme. Der Mensch ist der Empfänger von Gottes Gabe. Elihu spricht hingegen in Hi 35,7 davon, dass Hiob als gerechter Mensch Gott nichts geben und Gott auch nichts von Hiob empfangen könne. Die zitierten Aussagen Hiobs in Hi 35,2b.3 fehlen allerdings in seinen Reden. Das Verbum s „nützen“ verwendet Eliphas in seinen Reden in Hi 15,3; 22,2.21 sowie Elihu in Hi 34,9. Das Verbum ' „Nutzen haben“ ist in Hi 15,3; 21,15; 30,13 belegt. Das Nomen j „Sünde“ ist in der Dialogdichtung nur in Hiobs Reden in Hi 10,6; 13,22.23; 14,16 gebraucht. Nach Hiobs Selbstaussagen ist er nicht ohne Sünde, sondern sieht sich durchaus als sündig an. Ein separatives Verständnis des in 35,3 entspricht folglich nicht den Selbstaussagen Hiobs in der Dialogdichtung, auch wenn Hiob seine Unschuld beteuert. 264 Daher ist ein komparatives mit Ausnahme dessen, dass die Apodosis zwei mit eingeleitete rhetorische Fragen beinhaltet; vgl. auch WAHL, Schöpfer, 95. 261 Auch wenn Gott durch keine Gottesbezeichnung in V.6 eingeführt ist, sondern auf ihn nur durch die jeweiligen Suffixe 3.Sg.m. in " und " in beiden Kola referiert ist, liegt der Rückbezug zu Hi 35,2 vor. 262 So auch FOHRER, KAT, 475; HABEL, OTL, 489; 492; MENDE, Leiden, 78f.; W AHL, Schöpfer, 97; CLINES, WBC 18A, 789, 797f. 263 Vgl. auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 305; HABEL, OTL, 491f. 264 Neben dem Nomen ist im Hiobbuch ebenfalls das Verbum j belegt. Hiobs Söhne sündigen gemäß Hi 1,5; 8,4 und seine Sündlosigkeit behauptet Hiob in 1,22; 2,10. Eli-
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
97
Verständnis in Hi 35,3 anzunehmen, so dass Elihu an Hiobs Sündhaftigkeit festhält. Der zweite Teil in 35,9–16 fällt gegenüber dem ersten Teil in 35,1–8 dadurch auf, dass weder die Adressierung Hiobs fortgesetzt noch die Leitgedanken Sündhaftigkeit und Gerechtigkeit aufgenommen sind. In Vv.9– 12 ist unvermittelt eine Personengruppe in 3.P.Pl. eingeführt, die aus der Menge der Bedrückten besteht, und in V.11 durch die Suffixe im Pl. sowie in Vv.9.12 durch die Verbformen im Pl. genannt sind. Trotz dieser Differenzen deutet der Neueinsatz in V.9 mit dem Subjektwechsel nicht auf einen literarischen Zusatz in Hi 35,9–16 hin. Denn Gott bleibt in seiner Transzendenz und Souveränität Gegenstand der Elihurede. Beide sind nun in den Kontext der Bedrückung und des Leidens eingebunden. Sie sind nicht mehr mit der Anrede an Hiob verbunden und greifen Hiobs Gerechtigkeit und Sünde nicht auf. V.9 ist im chiastischen Parallelismus membrorum gestaltet. Die Verben +' „schreien“ und '"$ „um Hilfe rufen“ werden durch ihre jeweils mit angezeigten Objekte am Anfang und Ende des Bikolon gerahmt. Mit den Verben ist die Situation der Gewalt und Unterdrückung angedeutet.265 Die Opfer der Unterdrückung schreien und rufen um Hilfe. V.10a führt das in V.10a.11 folgende Vertrauensbekenntnis266 ein. Es wird von einer Person aus der Menge der Bedrückten gesprochen.267 Da die Einleitung " „aber niemand spricht“ jedoch negiert ist, gibt es niemanden, der sich zu der Vertrauensaussage in Vv.10f. bekennt. Sie beginnt mit der Frage $' " „wo ist Gott, mein Schöpfer?“ Im Leiden wird die Frage nach Gott gestellt. Ist dies der Fall, drückt sich in ihr die Anerkenntnis Gottes als Schöpfer aus. In der Hinwendung des notleidenden Menschen zu Gott, seinem Schöpfer, zeigt sich Gottvertrauen. Als Schöpfer gibt Gott nach V.10b Lobgesänge in der Nacht.268
phas konstatiert in Hi 5,24, dass Hiob nicht gesündigt habe. Im potentialis oder als Frage ist Hiobs Sündigen in 7,20; 10,14; 35,6 genannt. Hi 24,19 nennt allgemein Personen als sündigend, während in 31,30 Hiobs Gaumen sündigt. Ein persönliches, durch den restituierten Menschen formuliertes Sündenbekenntnis liegt in Hi 33,27 vor. 265 Der Text gibt keine Auskunft über ein konkretes historisches Ereignis, das als Bedrückung erfahren wurde. Dagegen sieht MENDE, Leiden, 79, eine konkrete politische Unterdrückung angesprochen. 266 Dagegen FOHRER, KAT, 474, der hier einen Hymnus vorliegen sieht. Für diese Gattung sind jedoch ein imperativischer Aufruf zum Lob im Plural sowie das Gotteslob typisch. Beide Elemente fehlen in 35,10f. Vielmehr ähnelt 35,10f. Vertrauenspsalmen wie Ps 4; 11; 16; 23. 267 POPE, AncB, 228, ist der Auffassung, die Meinung Hiobs werde hier wiedergegeben. 268 Die Herleitung des Nomens " „Lobgesänge“ ist auf das Verbum I „singen, preisen“ und das Nomen „Gesang“ zurückzuführen; vgl. HALAT, s.v. I , 262f.;
98
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
V.11 ist mit den Verbformen "!( „er unterweist uns“ und " „er macht uns weise“ als chiastischer Parallelismus membrorum gestaltet. Mit $ „Himmel“ liegt ein Rückbezug zur Einleitung in der Rede in 35,5 vor. Die parallele Verwendung von „Vieh“ und $ %"' „Vögel des Himmels“ ist allein in Gen 2,20; I Sam 17,44; Jer 9,9 belegt. Durch das komparativum werden die Menschen in ihrer Erkenntnisfähigkeit den Tieren und Vögeln als überlegen genannt.269 Den Menschen im Vergleich zu den Tieren als weiser zu bezeichnen, passt in den Kontext der Schöpfungsthematik in den Elihureden. Mit der Geschöpflichkeit des Menschen durch Geistbegabung (32,8) ist auch seine Erkenntnisfähigkeit impliziert. Der den Tieren überlegenen Erkenntnis des Menschen in Hi 35,11 korrespondieren in Hi 12,7–9 die abqualifizierenden Aussagen Hiobs über die Belehrung durch Tiere sowie die Thesen in Hi 28,21, dass Weisheit von den Vögeln des Himmels verborgen sei. Der Bezug auf die 1.P.Pl. in Hi 35,11 unterstützt zudem die Annahme einer sekundären Ergänzung in Hi 35, da ein Rückbezug zur Anrede in Hi 34 vorliegt, zugleich aber auch mit Hiob und seinen Freunden der Adressatenkreis in Hi 35,4 gemeint sein kann. Das Vertrauensbekenntnis in Vv.10a–11 bringt zum Ausdruck, dass der Mensch die ihm von Gott geschenkten Lobgesänge in der Nacht singen solle. Im Anschluss an Hi 35,9 ist die Nacht als Not und Bedrückung zu verstehen. In der Bedrückung solle der Mensch sein Vertrauen auf Gott richten, der nicht nur Geber der Lobgesänge in bedrängten Zeiten, sondern außerdem der Schöpfer des Menschen ist. Mit der Anrufung Gottes als $' „mein Schöpfer“ drückt der bekennende Mensch aus, dass Gott ihn geschaffen hat und er sich als sein Geschöpf versteht. Mit dem Bekenntnis erkennt der Mensch seine Geschöpflichkeit an und entspricht ihr, indem er die ihm von Gott gegebenen Lobgesänge singt. 270 Implizit ist auf Gottes Macht als Schöpfer hingewiesen. In V.12a ist wie bereits in V.9 das Schreien der Bedrückten aufgenommen und um Gottes Reaktion ergänzt. Gott antwortet nicht. Nachdem die bedrückten Geschöpfe nicht gemäß ihrer Geschöpflichkeit in der Not reagieren und sich nicht entsprechend den ihn gegebenen Lobliedern an Gott gewendet haben, sondern ihr Geschrei vorbringen, bleibt auch Gottes Reaktion aus. Begründet wird die fehlende Antwort Gottes mit der Anma-
s.v. , 262; vgl. GORDIS, MorS II, 401f.; HABEL, OTL, 488; SPIECKERMANN, Nacht, 441f. 269 Dagegen vertreten P OPE, AncB, 227; 229; HABEL, OTL, 487, die Ansicht, hier liege ein auctoriales vor. Sie übersetzen daher mit „by the beasts of earth“ und „by the birds of heaven“. Es sei ein verbreiteter Topos alttestamentlicher Weisheit, so POPE, AncB, 229, dass der Mensch durch Beobachtung der Tiere Weisheit lernen solle. 270 Vgl. FOHRER, KAT, 476.
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
99
ßung der Bösen.271 Die fehlende Hinwendung zu Gott als Schöpfer der Bedrückten ist in V.12b auf den Hochmut zurückzuführen und die bedrückten, schreienden Menschen sind als böse degradiert. V.13 schließt inhaltlich mit der Aussage an, dass Gott Nichtiges nicht höre und der Allmächtige dieses auch nicht sehe. Mit dem Verbum "$ „betrachten“ in V.13b liegt ein Bezug zum ersten Teil der Elihurede in V.5 vor. Das Geschrei der Bedrückten wird als "$ „Nichtiges“ identifiziert und abqualifiziert.272 Gottes Reaktion bleibt aus. In V.14 redet Elihu eine namentlich nicht genannte Person an, die wie in Hi 35,2–8 auf Hiob schließen lässt, und eine indirekte Äußerung Hiobs beinhaltet. Ihre Einleitung ist identisch mit Hi 35,3a. Elihu richtet sich mit der folgenden Aussage an Hiob: Wenn Hiob Gott nicht betrachtet, dann kann er auch nicht erwarten, dass Gott sich ihm zuwendet. Die Ausführungen aus Hi 35,9–13 werden in V.14 auf Hiob bezogen. Denn auch Hiob hat in der Auffassung Elihus verfehlt, sich an seinen Schöpfer mit Lobgesängen zu wenden. In V.14b formuliert Elihu weiter, dass die Rechtssache Gott nun vorliege und Hiob auf Gott zu warten habe. Elihu deutet an, dass die Antwort noch ausbleiben wird. Eine Reaktion Gottes scheint nicht aussichtslos, da das Warten sonst zwecklos wäre. Hi 35,14 nimmt den Gedanken der Unverfügbarkeit, Souveränität und Transzendenz Gottes aus Hi 35,2–8 auf. Gott ist durch das Geschrei nicht beeinflussbar und der Mensch kann Gott gegenüber allein warten und ausharren.273 Elihu scheint mit # „Rechtssache“ auf den von Hiob eingeforderten Rechtsstreit mit Gott anzuspielen, auch wenn nicht von „Rechtsstreit“ wie in der Dialogdichtung die Rede ist. V.15 setzt mit '" „doch jetzt“ neu ein274 und führt die Thematik der Transzendenz Gottes fort: Gottes Zorn zieht nicht zur Verantwortung. 275 Von Verfehlungen weiß Gott selbst nicht viel, so dass Elihu die Aussage des rechtmäßigen Tuns Gottes evoziert. Mit '$( „Verfehlung“ ist ein Wort Mit "& liegt ein Nomen vor, das vornehmlich zur Beschreibung Gottes dient. Zu den weiteren Belegstellen im Hiobbuch vgl. 37,4; 38,11; 40,10. Darüber hinaus in Ex 15,7; Lev 26,19; Jes 2,10.19.21; 4,2; 13,11.19; 14,11; 16,6; 23,9; 24,14; 60,15; Jer 12,5; 13,9; 48,29; 49,19; 50,44; Ez 7,20.24; 16,49.56; 24,21; 30,6.18; 32,12; 33,28; Hos 5,5; 7,10; Am 6,8; 8,7; Mi 5,3; Nah 2,3; Zeph 2,10; Sach 9,6; 10,11; 11,3; Ps 47,5; 59,13; Prov 8,13; 16,18. 272 Vgl. HABEL, OTL, 494, der die Schreie der Bedrückten als nichts anderes als leere Äußerungen des eigenen Selbstinteresses erachtet, sofern Gott als ein gerechter Gott diese Schreie nicht beachtet. FOHRER, KAT, 476, versteht das Schreien der Menschen dahingehend, dass sie Gott in seinem Handeln zu beeinflussen intendieren. 273 Vgl. auch HÖLSCHER, HAT, 89; FOHRER, KAT, 476; W AHL, Schöpfer, 100. 274 Dagegen sieht CLINES, WBC 18A, 794, die indirekte Rede aus V.14 fortgeführt. 275 Vom Zorn Gottes spricht Hiob in seinen Reden in Hi 9,5.13; 14,13; 16,9; 19,11; 21,17; 27,3. Darüber hinaus ist % in Hi 4,9; 18,4; 20,23.28; 32,2f.5; 36,13.33; 40,11.24.26; 42,7 belegt. 271
100
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
aus Hi 35,6 aufgenommen, das dort im Zusammenhang von Hiobs Verfehlungen gebraucht ist. V.16 leitet mit "" „doch Hiob“ ein abschließendes Urteil über Hiob ein, das zu der Anrede Hiobs in Vv.2–8.14 in Widerspruch steht. Hiobs Worte werden in V.16 mit '# „ohne Wissen“ abqualifiziert. Dies lässt darauf schließen, dass Elihu Hiobs Worte mit dem Geschrei der Bedrückten in Vv.9–13 identifiziert. Die Verurteilung Hiobs drückt Elihu ebenso in Hi 34,35 mit '# „nicht mit Wissen“ aus. Im Unterschied dazu bezeichnet Elihu seine Worte in Hi 33,3b als ($ '#" „und das Wissen auf meinen Lippen“ und sein Reden als "'# „allwissend“ in 36,4. Die Vv.9–13 weisen durch ihre Motive Bezüge in die übrigen Elihureden auf:
„Nacht“ referiert auf den Zeitraum, in welchem Gott sich in Träumen und Visionen zu erkennen gibt (33,15). Fürsten und Arme werden in der Nacht zerschlagen (34,20) und Gott führt sein Gericht an mächtigen Personen durch (34,25). Elihu warnt Hiob nicht nach der Nacht zu lechzen (36,20). In den Elihureden ist die Nacht der Zeitpunkt für Gottes Handeln, sei es durch seine nächtliche Offenbarung, so in Hi 33, sei es durch sein richterliches Handeln, so in Hi 34; 35; 36. Mit ihr deutet Elihu die Zeit der Not und Anfeindung, aber auch die Zeit möglicher Gottesbegegnung an.276 Die Formulierung $' „mein Schöpfer“ zeigt Gott als Schöpfer des Menschen in Hi 35,10 an. Sie ist in den übrigen Elihureden allein auf Elihu in Hi 32,22; 33,4; 36,3 spezifiziert. 2.4.4 Rückblick auf die Textentstehung Die dritte Elihurede beginnt in Hi 35,1 mit einer Redeeinleitung und setzt Elihu als bekannten Redner voraus. Elihu adressiert Hiob in Vv.2–8.14, ohne ihn mit Namen zu nennen, während Elihu in Hi 35,16 eine abschließende Verurteilung Hiobs ausspricht. Hi 35,2–8 fällt gegenüber Hi 34 durch die durchgängige Anrede an eine 2.P.Sg. auf. Das Reden über Hiob im Schlussurteil der zweiten Elihurede in Hi 34,34–37 steht in Spannung zu seiner Adressierung in Hi 35,2. Elihus Rückfrage in Hi 35,2a, die den Begriff j($ „Recht“, und das Zitat Hiobs in 35,2b.3, das die Rechts- und Gerechtigkeitsthematik aus Hi 34 als Ausgangspunkt der Rede aufnimmt, verweisen zurück auf Hi 34. Da die Analyse gezeigt hat, dass Hi 34 nicht zum ursprünglichen Textbestand der Elihureden gehört, ist auch 35,2–8 ein späterer Nachtrag. Die Redebekundung Elihus in Hi 35,4 adressiert Hiob und seine Freunde als sein Publikum. Hiobs Freunde sind als Adressaten Elihus vorausgesetzt. Wie in Hi 32,11–16 sind Hiob und seine Freunde in 35,4 adressiert, 276
Vgl. zu
„Nacht“ STIGLMAIR, Art. /
, 552–562.
2.4 Die dritte Elihurede in Hiob 35
101
jedoch ist in Hi 35,5–8 die Anrede nur auf Hiob gerichtet. Mit ihrer Bezeichnung als Freunde Hiobs liegt ein Rückverweis zu Hi 32,3 in der narrativen Einleitung der Elihureden und zu Hi 2,11–13 im Prolog und zu Hi 42,7–10 im Epilog vor. Elihus dritte Rede nimmt Hiobs Behauptung seiner Gerechtigkeit in Hi 35,2–3 zum Anlass seiner Ausführung über Gottes Transzendenz und Souveränität in Hi 35,5–15. Gottes Souveränität und Transzendenz ist in Hi 35,5–8 auf Hiobs Sünde und Gerechtigkeit hin formuliert und in Hi 35,9– 15 im Kontext der Leiderfahrung eines Menschen gestaltet. Der Souveränität Gottes steht die Geduld des Menschen gegenüber, der sich als Geschöpf mit seinem Gottvertrauen in der Not zu seinem Schöpfer wendet. In Hi 34 liegt mit den Zitaten Hiobs in Hi 34,5f. eine ähnliche Redeeinleitung wie in Hi 35,2–3 vor. In Hi 34 führt Elihu jedoch Gottes Recht, Gerechtigkeit und Gericht aus, die in seiner dritten Rede nicht expliziert werden. Die in Hi 35 von Hi 34 verschiedene inhaltliche Akzentsetzung Elihus deutet auf eine Fortschreibung der Gerechtigkeitsthematik, ausgehend von Hiobs Unschulds- und Gerechtigkeitsbehauptung, in Hi 35. Elihus dritte Rede in Hi 35 weist jedoch keine literarische Einheitlichkeit auf, da Hiob in Hi 35,2–15 angeredet und in Hi 35,16 namentlich verurteilt wird. Die Verurteilung Hiobs erscheint gegenüber den Anreden in Hi 35,2–8.14 und in Elihus Schlussrede in Hi 36,2–4.5–15.16–21 unpassend. Es ist daher anzunehmen, dass Hi 35,16 später ergänzt worden ist. Da die dritte Elihurede in Hi 35,1–15 Elihus Ausführungen in Hi 34 sowie die Anrede an Hiobs Freunde in Hi 32,11–16 und die Rede über sie in Hi 32,3 voraussetzt, gehört Elihus dritte Rede einem späteren Textstratum an. Dieses ist durch die namenlose Anrede an Hiob gekennzeichnet und führt in den Elihureden bereits allgemein elaborierte Ausführungen auf Hiob hin an. Der Fortschreibung in Hi 35,1–15 hat die fortgeschriebene erste Elihurede und die Grundschicht der zweiten Elihurede in Hi 34* bereits vorgelegen. Hi 35,16 bildet den Schluss von Hi 35,1–15 und eine wiederum spätere Ergänzung, die Hiob abschließend verurteilt. Die Vorstellung von der Gerechtigkeit eines Menschen vor Gott ist neben Hi 35,2 in der Rede Eliphas in Hi 4,17 belegt. Mit Hi 35,6f. liegt eine Anspielung auf Hiobs Bekenntnis in Hi 1,21 vor, dass Geben und Nehmen von Gott komme. Die Gedanken des Nutzens der Gerechtigkeit und die Vorstellung von der Sünde Hiobs verweisen in die Dialogdichtung in Hi 15,3; 21,15; 22,2.21; 30,13 und Hi 10,6; 13,22.23; 14,16. Der Weisheitssatz in Hi 35,11 ist rückbezogen auf Hi 12,7–9 und Hi 28,21.
102
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37 2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
2.5.1 Einleitung Die 57 Verse umfassende Schlussrede bildet die längste Elihurede. In der Redeeinleitung in Hi 36,2–4 adressiert Elihu eine 2.P.Sg.m. und nennt als Redeabsicht, dass er Gott Recht geben wolle. Elihu formuliert mit der Aussage über Gottes Erhabenheit und Macht die thetische Einleitung seiner Rede in 36,5–7. Im Unterschied zu den vorangegangenen Reden fehlt ein eröffnendes Zitat Hiobs. Elihu beginnt seine inhaltlichen Ausführungen mit Gottes Erziehung in 36,8–15, die einer entsprechenden und angemessenen Reaktion des notleidenden Menschen bedarf. Die Befreiung des Menschen von Not und Elend ermöglicht lediglich seine Umkehr von unrechten Taten und seine Hinwendung zu Gott. Fehlen diese, folgt der Tod. In Hi 36,16–21 schließen an Hiob adressierte Mahnungen an. In Hi 36,22f. bezeichnet Elihu Gott abschließend als Lehrer und führt in Hi 36,24f. Gottes Kraft und Erhabenheit aus. Hi 36,26 wiederholt die These über Gottes Macht aus V.22. In Hi 36,27–37,13 begründet Elihu Gottes Macht und Erhabenheit und beschreibt Gott als Urheber der meteorologischen Erscheinungen von Wolken, Regen, Licht, Donner, Schnee, Winden und Frost. In den Wetterphänomenen manifestieren sich Gottes Macht und Erhabenheit. Mit diesen Ausführungen bereitet Elihu Gottes Erscheinen im Sturmwind in Hi 38,1 und die Gottesreden in Hi 38–41 vor. Im Anschluss an eine namentliche Adressierung Hiobs in Hi 37,14 folgen in 37,15–24 abschließende Fragen an Hiob, eine Theophanieschilderung sowie Aussagen über Gottes Macht, Recht und Gerechtigkeit. Ihnen korrespondiert die dem Menschen gebotene Gottesfurcht. In Hi 37,23f. enden die Elihureden mit dem Aufruf zur Furcht Gottes, der auch den weisen Personen gilt. Eine abschließende narrative Notiz fehlt und erst der Beginn der Gottesrede in Hi 38,1 signalisiert das Ende der Elihureden. 2.5.2 Übersetzung Hiob 36 1. Da fügte Elihu hinzu und sprach: 2. Habe Geduld mit mir, eine kurze Zeit277, und ich werde Dich in Kenntnis setzen, denn es gibt noch Worte für Gott.278 ' „ein wenig“ nur in Jes 28,10.13 im Alten Testament belegt, ' in Dan 7,8; vgl. HALAT, s.v. ', 265. 278 LXX ergänzt in V.2b M? MI65 „in mir“, lässt dafür " unübersetzt; vgl. LXX Gottingensis, 372. Das doppeldeutige Verständnis des Verses hat dazu geführt, mittels Textänderungen ein eindeutiges Verstehen des Textes vorzunehmen, so dass über Gott weitere Worte gesagt werden; vgl. D UHM, KHC, 171; HÖLSCHER, HAT, 85. Zur Diskussion 277
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
103
3. Ich werde mein Wissen von fern her279 erheben und meinem Schöpfer Recht erteilen. 4. Wahrlich, gewiss 280 sind meine Worte nicht Trug, vollkommen in Wissen281 (bin ich) vor Dir. 5. Siehe, Gott ist gewaltig und er verwirft nicht,282 283 gewaltig (ist er) an Verstandeskraft.284 6. Er erhält keinen Frevler am Leben aber Recht gibt er den Elenden285. 7. 286Er nimmt seine Augen nicht von einem Gerechten weg und Könige (setzt er) auf den Thron,287
vgl. CLINES, WBC 18A, 809. Siehe auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 309; II 272. Da in Hi 36f. keine Gottesrede folgt, ist ohne Textänderung an MT festzuhalten; vgl. E WALD, Hiob, 312; POPE, AncB, 230; FOHRER, KAT, 473; HABEL, OTL, 494; STRAUSS, BK, 306; C LINES, WBC 18A, 806. Dagegen vertreten DELITZSCH, Buch, 109 und T UR-SINAI, ", 299, die These, dass Gott selbst sich zu Wort meldet. 279 Des Weiteren ist die Wendung +" in II Sam 7,19; II Reg 19,25; Jes 37,26; Hi 39,29; Ez 3,13; I Chr 17,17; II Chr 26,15 belegt. 280 ! wird durch emphatisch verstärkt, vgl. 18Gesenius, s.v. !, 74; W AHL, Schöpfer, 103. 281 Vgl. HALAT, s.v. '#, 219. 282 LXX Gottingensis, 372, übersetzt eingangs mit Q^Q?YE4; 3R =5 C 489567. Die Gottesbezeichnung wird im weiteren Verlauf mit C nEPe9>7 „der Mächtige“ wiedergegeben, vgl. LXX Gottingensis, 372–381. W AHL, Schöpfer, 104, ergänzt unter Verweis auf Hi 8,20 „integer“ als Objekt zu s „verwerfen“. 283 Die Vv.5b–9b fehlen ursprünglich in LXX, vgl. LXX Gottingensis, 372f. 284 Hi 36,5 hat aufgrund eines empfundenen Widerspruchs zu V.6 zu Emendationen und Konjekturen geführt, vgl. MENDE, Leiden, 88–90, die selbst an MT festhält und V.5 einwandfrei mit „Siehe, Gott ist gewaltig, aber nicht verwirft er, gewaltig ist er an der Kraft des Herzens.“ (86) übersetzen kann. Vgl. STRAUSS, BK, 258–260; CLINES, WBC 18A, 810f. 285 Es fällt auf, dass die Personengruppen '$ „Frevler“ und !' „Elende“ parallel, jedoch in verschiedenen Numera verwendet sind; in V.7 trifft dies ebenfalls auf +#, „Gerechter“ und „Könige“ zu. Dies ist in poetischer Sprache möglich und die Nomen im Sg. sind als Kollektiva aufzufassen; vgl. dazu GK §123.124; JM §135; C LINES, WBC 18A, 811. 286 Vv.7–11 sind in 4QJob a, Frg. 7, und Vv.7–16 sind in 11QtgJob, Col. XXVII überliefert. Die Textüberlieferung variiert gegenüber MT an zwei Stellen: in 36,7 ist in 4QJoba s anstelle von s , in Hi 36,11b '! anstelle von '! überliefert; vgl. DJD XVI, 174. 287 V.7a ist in seinem Verständnis aus zweierlei Gründen schwierig: Dies liegt an der Partikel ", und daran, ob dieses Kolon an das erste Kolon anschließt, so die Punktuation der Masoreten, oder aber von dem nachfolgenden Kolon abhängig ist. Dies hat zu Textänderungen geführt, vgl. MENDE, Leiden, 90f. Sie versteht V.7a als Aposition und übersetzt mit „und zwar als Könige auf dem Thron“, den sie jedoch als nachträgliche Glosse erachtet. 4QJoba, Frg. 7, col. I überliefert V.7a und in V.7a: s . 11QtgJob, col. XXVII überliefert Hi 36,7–16 und beginnt mit V.7a " " s ]' " , "[ „alle seine Freunde werden erhaben sein“. Syntaktisch scheint es
104
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
doch er setzt sie auf immer, so dass sie erhaben sind. 8. Und wenn sie an Fesseln gefesselt288, sie an Fesseln des Elends gefangen sind, 9. dann teilt er ihnen ihre Tat289 und ihre Vergehen mit, denn sie haben sich überhoben. 10. Und dann öffnet er ihre Ohren für die Erziehung und er spricht, dass sie vom Unrecht umkehren. 11. Wenn sie hören, dann290 dienen sie, dann vollenden291 sie ihre Tage im Guten und ihre Jahre im Glück. 12. Doch wenn sie nicht hören, gehen sie in den Unterweltkanal hinüber und sie verscheiden wie ohne Wissen. 13. Im Herzen Gottlose aber hegen292 Zorn, sie rufen nicht um Hilfe, denn er hat sie gefesselt. 14. Ihre Seele stirbt in der Jugend und ihr Leben in […293]. 15. Er rettet einen Elenden in seinem Elend und öffnet in Bedrängnis ihr294 Ohr. 295 16. Und gewiss lockt296 er Dich aus dem Rachen der Not297,
wahrscheinlich, dass V.7a von V.7b abhängt. CLINES, WBC 18A, 812, versteht $" in V.7b als Verbum zu V.7a. 288 "s ist Pt.Pass.Pl.m., vgl. auch MENDE, Leiden, 91, und CLINES, WBC 18A, 812. Dagegen ändern in s B UDDE, HK, 227; DRIVER/ GRAY, ICC, II 274, und GORDIS, MorS II, 414. Diese Änderung lässt sich jedoch aus 36,13 herleiten, so dass an MT als ursprünglichem Text festzuhalten ist. 289 Anstelle von '( in MT überliefert 11QtgJob " #'; vgl. DJD XXIII, 140. 290 Zur Syntax in V.11a, vgl. GK §159r. 291 4QJob a bezeugt MT mit " ,
pi. „vollenden“; vgl. DJD XVI, 174. 11QtgJob belegt " $, vgl. DJD XXIII, 140. LXX Gottingensis, 373, übersetzt mit Ee?=;UKE6eE5? „sie werden vollenden“. Anstelle von MT bezeugen einige Handschriften " ,
pi. „genießen“, vgl. GINSBURG, Writings, 547. 292 Vgl. HALAT, s.v. $, 1235. 293 Die Übersetzung von $#+ in V.14b bereitet Schwierigkeiten. HALAT, I $#+, 1005, übersetzt „Kultprostituierter, Geweihter“. Dtn 23,18; I Reg 15,12; II Reg 23,7; Hi 36,14 belegen die maskuline Form, Gen 38,21f.; Dtn 23,18; Hos 4,14 die feminine Form und I Reg 14,24; 22,47 den kollektiven Singular. Zur Diskussion der Belege vgl. STIPP, Qedešen, 209–240. Zu Hi 36,14 nimmt er an, dass in Anlehnung an Ištars Gang zur Unterwelt an homoerotische oder männliche Prostituierte zu denken ist, vgl. aaO., 229– 233. Dagegen vertritt STARK, Kultprostitution, 114, die These, es handele sich bei den $#+ in Hi 36,14 um junges Alter als eine religiös konnotierte Lebensspanne. Der Parallelismus membrorum lässt eine Zeitspanne parallel zu '! „in der Jugend“ und keine Personengruppe erwarten. Wie MT belegt auch 4QJoba $#+. LXX Gottingensis, 374, übersetzt mit i:> OQQKUY? „durch Engel“. 11QtgJob übersetzt mit „die den Tod verursachen“, vgl. DJD XXIII, 140. 294 Das Suffix 3.Pl.m. kann sich nicht auf das Nomen !' „Elender“ Sg.m. in V.15a beziehen. Als Bezugsworte sind die Gottlosen aus V.13 und die in Vv.8–12 genannten Personen möglich. 295 Vv.16–21 stellen ein schwieriges Hebräisch dar, so DRIVER/ GRAY, ICC I, 312; P OPE, AncB, 233; GORDIS, MorS II, 415; HESSE, ZBK, 187; MURPHY, FOTL, 41; DE
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
105
in eine Weite, unter der298 keine Enge ist, und in eine Ruhe299, in der Dein Tisch von Fett angefüllt ist. 17. Aber Recht eines Frevlers hast Du angefüllt300, Gericht und Recht ergreifen Dich.301
W ILDE, Buch, 336f.; W AHL, Schöpfer, 110f.; CLINES, WBC 18A, 816; 864. Der Text ist ebenfalls in 4QJoba belegt, nicht jedoch im aramäischen Targum in 11QtgJob, der allerdings 36,7–15.23–33 übersetzt; vgl. DJD XVI, 175; DJD XXIII, 140–142. LXX übersetzt nur Vv.17.18.19.21a. Zur Diskussion von V.16 im Einzelnen vgl. M ENDE, Leiden, 94–96; C LINES, WBC 18A, 816f. Nach STRAUSS, BK, 260; 310, sind die syntaktischen Verhältnisse von MT klar. 296 Vgl. zu "s „verlocken, verführen“ 18Gesenius, 880, und HALAT, 707; B UDDE, HK, 228f.; GORDIS, MorS II, 415; MENDE, Leiden, 86, und CLINES, WBC 18A, 816. Ein weiterer Beleg in Hi 2,3. Dagegen lesen DHORME, EtB, 497; HÖLSCHER, HAT, 85; W AHL, Schöpfer, 110, s und übersetzen mit „entreißen“. 297 Vgl. HALAT, s.v. I ,, 984; B UDDE, HK, 228. Zur Diskussion vgl. CLINES, WBC 18A, 816, der selbst mit „from the mouth of distress“ übersetzt. So bereits P OPE, AncB, 233. GORDIS, MorS II, 406 übersetzt mit „trouble“. Dagegen sieht FOHRER, KAT, 473, , ( als verderbt an. 298 Das Suffix 3.Sg.fem. ist auf bezogen, vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, II 277. Dies sei unter Verweis auf späteres Hebräisch möglich, vgl. GORDIS, MorS II, 416; MENDE, Leiden, 96. Aufgrund fehlender Numerus-Kongruenz ändern das Suffix in 2.Sg.m. B UDDE, HK, 229; DHORME, EtB, 497; HÖLSCHER, HAT, 85; DE W ILDE, Buch, 337; FOHRER, KAT, 473; vgl. auch W EISER, ATD, 230. DHORME, EtB, 497, bezieht das Suffix auf ( ,. P OPE, AncB, 231; 233, emendiert und übersetzt „in unconfined expanse he set you“. DUHM, KHC, 173; W AHL, Schöpfer, 110, emendieren zu , als Jussiv zu „mutlos machen“ mit Suffix. 299 ! „Ruhe“ ist parallel zu „Weite“ und als Nomen zu verstehen, vgl. HALAT, s.v. !, 654; MENDE, Leiden, 96; STRAUSS, BK, 310. Dagegen verstehen HARTLEY, NICOT, 472; CLINES, WBC 18A, 817; LÉVÊQUE, Job, 586; W AHL, Schöpfer, 110, ! als Verbum und übersetzen mit „hinuntersteigen“ oder „sich niederlassen, ausruhen“. GORDIS, MorS II, 418, übersetzt es mit „food“. ! als Dittographie zu verstehen BUDDE , HK, 229; H ÖLSCHER, HAT, 85; D HORME, EtB, 498; F OHRER , KAT, 473; POPE, AncB, 234, und HABEL, OTL, 498. Dagegen setzt DE W ILDE, Buch, 337, ! im Anschluss an , ( und schließt es mit der Präposition an. DUHM, KHC, 172, konjeziert, setzt !" vor ( und liest für , besser ,. 300 Das Verbum streichen DHORME, EtB, 498; HÖLSCHER, HAT, 85, als Dittographie zu V.16c. Vgl. auch GORDIS, MorS II, 416; TUR-S INAI, ", 303; P OPE, AncB, 231. 301 MT ist ebenfalls in 4QJoba belegt; vgl. DJD XVI, 175. DRIVER/ GRAY, ICC, I 312f., halten an MT von V.17 fest. Dem Verbum „ergreifen“, vgl. HALAT, s.v. , 1612f., fehlt ein Objekt in MT, so dass zahlreiche Konjekturen vorgenommen worden sind. DE W ILDE, Buch, 337, ersetzt #" durch ", holt das aus V.18a als Suffix 2.Sg.m. zu " in V.17b und übersetzt „Wenn du aber von Frevel erfüllt bleibst, dann werden Recht und Gericht dich festhalten.“ DHORME, EtB, 498; DUHM, KHC, 173; DRIVER/ GRAY, ICC, II 278; HÖLSCHER, HAT, 85; P OPE, AncB, 234; DE W ILDE, Buch, 337; MENDE , Leiden, 97; W AHL, Schöpfer, 110f., und CLINES, WBC 18A, 818f., lesen das aus V.18a als Suffix 2.Sg.m. am Versende. Die o.g. Übersetzung nimmt ebenfalls das in V.18a als Objekt zu als Suffix 2.Sg.m. in V.17b an. Dagegen belassen das in V.18 GORDIS, MorS II, 417, der ein emphatisches Verständnis annimmt, und FOHRER, KAT,
106
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
18. Schau302, dass es [sc. Recht] Dich nicht im Überfluss verleitet,303 und viel Lösegeld – es soll Dich nicht verführen304. 19. 305[Stellt306 er Dein Hilfegeschrei307 nicht in Not bereit,308 und alle Kraftanstrengungen309?]
473, der es als verknüpfende Glosse ansieht. B UDDE, HK, 230, fügt V.17 im Anschluss an V.18 ein und übersetzt „Doch erfüllst du dich mit dem Richten des Frevlers, So werden Richten und Gericht zugreifen“. HÖLSCHER, HAT, 84f., konjeziert j($" # '$ #" # " „Du übst Gericht aus über den Bösen, und deine Hände handhaben das Recht“. T UR-SINAI, ", 303, konjeziert " j($" # #". Ließe die Konjektur in V.17a einen verständlichen und korrekten Text erstehen, so gilt dies nicht für V.17b, da das Subjekt j($ mit dem Verbum " im Pl. konstruiert sei. Vgl. auch P OPE, AncB, 234; GORDIS, MorS II, 416f. 302 MT wie auch 4QJoba, vgl. DJD XVI, 175, belegen das Nomen „Zorn“; vgl. LXX Gottingensis, 374, HeI>7. An MT halten DRIVER/ GRAY, ICC I, 313; FOHRER, KAT, 471; 473; MENDE, Leiden, 86, und STRAUSS, BK, 259, fest. Da und das Verbum s nicht kongruent sind, ist eine textliche Änderung in den Imp.Sg.m. zu „sehen, schauen“ vorzunehmen, der mit in Mss 166; 196; 245 belegt ist; vgl. HALAT, s.v. , 313; 17Gesenius, s.v. , 239; MENDE, Leiden, 97f. Den Imperativ lesen auch DRIVER/ GRAY, ICC II, 278; GORDIS , MorS II, 417; POPE, AncB, 234; HABEL, OTL, 498; HÖLSCHER , HAT, 84; W AHL, Schöpfer, 110f., und CLINES, WBC 18A, 819. E WALD, Hiob, 317, ändert zu s „Unrecht“; B UDDE, HK, 230, verbessert in , „dass es heiß ist“. 303 MT belegt +(s (zu II +(s) „Überfluss“; vgl. auch D HORME, EtB, 499; HÖLSCHER, HAT, 85; GORDIS, MorS II, 417; P OPE, AncB, 234; HABEL, OTL, 498; STRAUSS, BK, 259, 311. Der Apparat ersetzt durch +($ (zu I +(s „die Hände zusammenschlagen“) „Spott, Höhnen, Lästerung“, vgl. B UDDE, HK, 230; DRIVER/ GRAY, ICC, I 313; II 278; FOHRER, KAT, 471; DE W ILDE, Buch, 337f.; CLINES, WBC 18A, 807; 820. DELITZSCH, Buch, 110; 174, und W AHL, Schöpfer, 110f., lesen +($ „Fülle, Überfluss, Reichtum“ zu II +($ als Subjekt des Verses. Dagegen lesen +($ „Züchtigung“ DUHM, KHC, 173; MENDE , Leiden, 86, 98. 304
j! hi „ausstrecken, lenken, verführen, verleiten, leiten, verdrängen“, vgl. 18Gesenius, 809–811. 305 DRIVER/ GRAY, ICC, II 279f., halten V.19 für sehr schwierig; LXX hilft nicht zur Restauration des Textes, die einen völlig anderen Text übersetzt: IL E; M44U5?G=Y 4]? C ?6V7 3;LE;Y7 M? O?GQ4} ?=Y? O3e?G=Y? 4_ :G?=7 =6B7 49=56V?=7 „Nicht wandelt Dich freiwillig der Verstand, einer Bitte in Einengung derer, die unfähig sind“. H ESSE, ZBK, 187, lässt Vv.19f. unübersetzt. Emendationen bei H ABEL, OTL, 498f. DELITZSCH, BC, 475, übersetzt mit „Soll dich hinstellen dein Schreien außer Bedrängnis und alle Anstrengungen der Kraft?“; vgl. auch G ORDIS, MorS II, 417f. 306 Anstelle von ' q. ' „aufstellen“ lesen dagegen TUR-SINAI, ", 303; GORDIS, MorS II, 417f., ' hi. "' „aufwecken, erregen, in Bewegung bringen“ vgl. HALAT, s.v. "', 758f. Weitere Übersetzungsvarianten bei MENDE, Leiden, 98f.; DRIVER / G RAY, ICC, I 313; POPE, AncB, 235; H ÖLSCHER , HAT, 84f.; W AHL, Schöpfer, 110f.; STRAUSS, BK, 311; CLINES, WBC 18A, 821. 307 Der Konsonantenbestand von MT lässt ' $ in der Bedeutung „Reichtum“ (zu I '.$ „edel, vornehm“) wie auch „Geschrei um Hilfe“ (zu I '"$) zu. Die Übersetzung „Hilfegeschrei“ bei B UDDE, HK, 230; WEISER, ATD, 230; FOHRER, KAT, 472f.; MENDE, Leiden, 87; W AHL, Schöpfer, 110, und STRAUSS, BK, 311. Mit „Reichtum“ übersetzen DRIVER/
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
107
20. 310Lechze nicht nach der Nacht, dass Völker an ihrer Stelle hinaufgehen. 21. Hüte Dich, wende Dich nicht zum Unheil, denn deswegen hast Du Elend vorgezogen.311 312 22. Siehe, Gott erweist sich in seiner Macht erhaben. Wer ist ein Lehrer313 wie er?314 23. Wer zieht ihn hinsichtlich seines Weges zur Verantwortung? Und wer hat gesagt: ‚Du hast Unrecht getan.‘? 24. Gedenke, dass Du sein Werk preist, das Menschen besingen. 25. Jeder Mensch schaut es, ein Mensch erblickt (es) von Ferne. 26. 315Siehe, Gott ist erhaben und wir verstehen nicht, die Zahl seiner Jahre ist unergründlich.316
GRAY, ICC, I 313, II 279; HÖLSCHER, HAT, 84; GORDIS, MorS II, 417, und CLINES, WBC 18A, 807; 820f. DUHM, KHC, 173, ändert in $ „dein Schreien“. 308 FOHRER, KAT, 473, liest als ursprünglichen Text von V.19a " '"$ anstelle von , '"$. POPE, AncB, 234f.; WEISER, ATD, 230; HABEL, OTL, 498f.; WAHL, Schöpfer, 111, ändern in " ; Habel versteht , als „adversary“. Zur Diskussion vgl. C LINES, WBC 18A, 820f. 309 Das Nomen ~ „Kraftanstrengung“ ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 191. 310 MT wird als korrupt und verderbt angesehen durch F OHRER, KAT, 473; DE W ILDE, Buch, 338; CLINES, WBC 18A, 822; und als „the most unintelligible of these verses“, DRIVER/ GRAY, ICC, I 313. DELITZSCH, Buch, 110, lässt V.20, B UDDE, HK, 230; W EISER , ATD, 230, lassen V.20b unübersetzt; vgl. zur Diskussion MENDE , Leiden, 99f., und W AHL, Schöpfer, 111, Anm. 77. Textänderungen bei DUHM, KHC, 173; HÖLSCHER, HAT, 85; DE W ILDE, Buch, 338. Dagegen halten DRIVER/ GRAY, ICC, I 313; II 280f., an MT fest, ergänzen ein vor und übersetzen „Long not for the night, That peoples may go up from their place.“ WAHL, Schöpfer, 110f., fügt eingangs in V.20 unter Wiederaufnahme aus V.21 $ ein. 311 An MT ' „wegen diesem“ halten GORDIS, MorS II, 418; MENDE, Leiden, 87; 100, fest. Zum Verbum vgl. HALAT, II , 115, „vorziehen“ wie in II Sam 6,21. Statt qal lesen E WALD, Hiob, 499; DHORME, EtB, 502; DRIVER/ GRAY, ICC II, 281; P OPE, AncB, 235; W EISER, ATD, 230; HÖLSCHER, HAT, 85; HABEL, OTL, 499, und C LINES, WBC 18A, 823, unter Verweis auf die Peschitta pual. DE W ILDE, Buch, 333, 338, ändert in und übersetzt „denn dazu bist Du vom Leiden geprüft“. Anstelle von '
lesen B UDDE, HK, 231; DUHM, KHC, 173; DRIVER/ GRAY, ICC, I 313; FOHRER, KAT, 473,
"' „Schlechtigkeit“, das in Hos 10,9 belegt ist, da die Konstruktion ein Vergleichswort fordert. 312 In 4QJob a sind Vv.22–25 vollständig überliefert. Hi 36,22a.24b.25a fehlen allerdings in LXX. 313 4QJob a überliefert hier wie MT; LXX Gottingensis, 375, übersetzt 3e?GE=p7 „Herrscher“. 314 Die Formel " „wer ist wie er“ ist darüber hinaus in Ex 15,11; Dtn 33,29; Jes 44,7; Jer 49,19; 50,44; Mi 7,18; Ps 35,10; 71,19; 89,8.9 belegt; vgl. FOHRER, KAT, 473f.; C LINES, WBC 18A, 865. 315 In der LXX fehlen Vv.26.27b.28a.29. In 4QJoba sind nur Vv.26f. überliefert.
108
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
27. Denn er nimmt Wassertropfen317 weg 318, Regen wird für seine Wasserflut319 destilliert320, 28. den [sc. Regen321] Wolken (nieder)rieseln und auf viele Menschen322 träufeln.323
Der Anschluss mit " von + " deutet in Hi 36,26b auf eine Dittographie zu " in V.26a hin, vgl. W AHL, Schöpfer, 114. Zur Diskussion um die Übersetzung von V.26b vgl. CLINES, WBC 18A, 825. 317 So MT, daran anschließend DELITZSCH, Buch, 111; HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 478; MENDE, Leiden, 101; W AHL, Schöpfer, 114; STRAUSS, BK, 259, und CLINES, WBC 18A, 807. Dagegen ändern in (j! „Tropfen aus dem Meer“ DUHM, KHC, 174; DRIVER/ GRAY, ICC, I 315, II 282; LÉVÊQUE, Job, 588, und HABEL, OTL, 496, 499. Das Nomen %j! ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 194. 318 Das Verbum '& ohne Präposition auch in Jer 26,2. Weiteres Vorkommen des Verbums in Hi 15,4.8; 36,7; vgl. HALAT, s.v. II '&, 196, „heraufziehen“ aus dem Mittelhebräischen. 319 # ist im Alten Testament nur in Gen 2,6; Hi 36,27 belegt. LXX übersetzt ?;@KUp. 11QtgJob, col. XXVIII, 5–6 lässt mit ' ' (j " ! "!!'" j +" [! ] !!' s( &s das Wort # unübersetzt. HALAT, s.v. #, 11, gibt „Hervorquellen“ für Gen 2,6 an. Lehnwörter sind ednj „Wasserflut“ aus dem Akkadischen und a-dé-a „Flut aus der Tiefe“ aus dem Sumerischen. 320 Das Verbum ++ „seihen, läutern“ deutet auf einen Reinigungsprozess hin. Es ist unsicher, ob die Verbform "+ (MT) im Sg. oder Pl. überliefert ist. DUHM, KHC, 174f.; DRIVER/ GRAY, ICC, I 315, II 282; HÖLSCHER, HAT, 86; CLINES, WBC 18A, 807; HALAT, s.v. ++, 267 plädieren für den Singular und sehen in Gott das Satzsubjekt. Dagegen befürworten DELITZSCH, Buch, 111; WEISER, ATD, 231; P OPE, AncB, 231; MENDE , Leiden, 87, 101f., und STRAUSS, BK, 259, den Plural mit den Wassertropfen als Subjekt. GORDIS, MorS II, 420, schließt sich dem an, sieht jedoch nicht in den Wassertropfen das Subjekt, sondern eine unpersönliche Verbform vorliegen, so dass er übersetzt „and rain is distilled from His flood“ (408). Zur Übersetzung „destillieren“ vgl. POPE, AncB, 231, und CLINES, WBC 18A, 826; 870, der einen Reinigungsprozess vorliegen sieht. Weitere Belegstellen in Hi 28,1; Ps 12,7; I Chr 28,18; 29,4; Jes 25,6; Mal 3,3. Die o.g. Übersetzung nimmt einen unpersönlichen Pl. an. 321 Die Relativpartikel $ ist auf j „Regen“ in V.27b rückbezogen. 322 # ist als kollektiver Plural zu verstehen. In V.30 bezieht sich das Suffix in " ' auf diesen zurück. 11QtgJob überliefert &s ' '; vgl. DJD, XXIII, 143. STRAUSS, BK, 262, übersetzt mit „große Menschheit“. An MT halten HÖLSCHER, HAT, 86; GORDIS, MorS II, 420, und MENDE, Leiden, 87; 103, fest. Dagegen lesen als Nebenform zu „Regenschauer“ (vgl. Dtn 32,2) DRIVER/ GRAY, ICC, I 316; POPE, AncB, 236, der es aus dem Ugaritischen ableitet; LÉVÊQUE, Job, 588; DE W ILDE, Buch, 339; 343; CLINES, WBC 18A, 828. # lesen DRIVER/ GRAY, ICC, I 316; CLINES, WBC 18A, 807. Stattdessen konjizieren zu # LÉVÊQUE, Job, 588; POPE, AncB, 231; 236; DE W ILDE, Buch, 339; 343. 323 So gemäß MT. In LXX ist V.28 um weitere Kola ergänzt und daher umfangreicher: reLE6?=5 :U5DI= ME4^E;? 3R ?K@p M:_ OIeHL=Y? 96=F? [1]
9? fH;=6 4=L?;E5? 6t3E5? 3R 46^=p7 =GX5? [2] M:_ =68=657 :qE5? 6a4 MX^E==^ E6e l 35G?65 6a3R 35UUGEE;=^ E6e l 493^ O:> EDI=67. „Die Stunde setzt er den Haustieren fest, sie kennen die Ordnung des Lagers. Staunt über dies alles dein Sinn nicht und weicht dir das Herz nicht aus dem Leib?“ Vgl. FOHRER, KAT, 480. 316
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
109
29. Wahrlich, wer324 versteht die Ausspannungen325 der Wolken – Krachen seiner Hütte. 30. Siehe, über sie326 breitet er sein Licht327 aus und die Gründe des Meeres328 bedeckt329 er. 31. Denn durch sie330 schafft er Recht331 den Völkern, er gibt Speise in Fülle.
MT enthält anstelle von % ursprünglich %. Das ist durch abirratio occuli zustande gekommen. Das in ist eine Dublette des ersten Konsonanten zu %, das in ist aufgrund des nachfolgenden ersten Buchstabens in ausgefallen und das aus wurde als angepasst. LXX bezeugt entsprechend 4_ MJ?. Peshitta liest ". Es lesen % DHORME, EtB, 506; HÖLSCHER, HAT, 86; W AHL, Schöpfer, 115; CLINES, WBC 18A, 807; 829, und " B UDDE, HK, 233; DUHM, KHC, 175; DRIVER/ GRAY, ICC, II 283; FOHRER, KAT, 480. 325 MT überliefert $(, das neben Hi 36,29 in Ez 27,7 belegt ist. $( ist in Bezug auf Wolken des Weiteren belegt in Ps 105,39; 1QM10,11; 1QHfr.3:4. Dagegen konjezieren in $ ( HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 480; W AHL, Schöpfer, 115, unter Verweis auf Hi 37,16. 326 Das Suffix von " ' ist rückbezogen auf den kollektiven Plural # in V.28 und daher hier im Plural wiedergegeben. Dagegen sehen DUHM, KHC, 175; WEISER, ATD, 231; MENDE, Leiden, 104f., einen Bezug auf Gott vorliegen. P OPE, AncB, 237, liest für " ' in Vv.30.33 den alten göttlichen Namen Aliy unter Verweis auf ugaritische Parallelen. So auch HABEL, OTL, 499, der mit „most High“ übersetzt. 327 In dieser Übersetzung auch DELITZSCH, Buch, 111f.; GORDIS, MorS II, 421; MENDE , Leiden, 87, 105; CLINES, WBC 18A, 807. " wird als „lightning“ bzw. „Blitz“ verstanden von P OPE, AncB, 237. Dagegen ändern "" in "# als Rückbezug zu Hi 36,27 DUHM, KHC, 175; DRIVER/ GRAY, ICC, I 316, II 283; HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 480; DE W ILDE, Buch, 342, und W AHL, Schöpfer, 115. 328 An $$" „und die Gründe des Meeres“ in MT hält MENDE, Leiden, 106, fest. Sie versteht die Meeresgründe als himmlische Wasserkammern, die Gott zugedeckt hat, um eine erneute Sintflut zu verhindern. G ORDIS, MorS II, 421, und CLINES, WBC 18A, 831f., halten an MT fest. Dagegen wird $$ geändert zu $ „Gipfel der Berge“, so DUHM, KHC, 175; DRIVER/ GRAY, ICC, II 283f.; HÖLSCHER, HAT, 86; WEISER, ATD, 231; FOHRER, KAT, 480, und W AHL, Schöpfer, 115. 329 Die Übersetzung belässt MT, vgl. HALAT, s.v. s, 464f.; DRIVER/ GRAY, ICC, I 316, II 283f.; GORDIS, MorS II, 421f.; W AHL, Schöpfer, 115. Dass Wasser bedeckt wird, besagen auch die Textstellen in Gen 7,19f.; Hi 22,11; 38,34; Hab 2,14. P OPE, AncB, 237, ändert s in "s und sieht eine Parallele zum ugaritischen Pantheon vorliegen. 330 Das Bezugswort des Suffixes ist umstritten. Hält man an der Versfolge in MT fest, dann ist an "" und $$ in V.30 gedacht. Das Suffix sei auf +$ in V.29 bezogen, so DELITZSCH, Buch, 112; HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 482; GORDIS, MorS II, 422, und CLINES, WBC 18A, 828. W AHL, Schöpfer, 115, erlaubt einen Bezug sowohl zu +$ als auch zu $$ in V.30. 331 Entgegen mehrerer Konjekturvorschläge ist an MT festzuhalten. 11QtgJob übersetzt ebenfalls mit #, vgl. DJD XXIII, 143. LXX Gottingensis, 377, übersetzt nachträglich mit 495?;A; siehe auch HABEL, OTL, 496; 499; WAHL, Schöpfer, 115; DELITZSCH, Buch, 112; DUHM, KHC, 175; WEISER, ATD, 231, und MENDE, Leiden, 87, 107. Vgl. auch HALAT, s.v. ", 256, sowie s.v. #, 211, Akk. zanƗnu „pflegen, versorgen“, The Assyrian Dictionary, s.v. zannu B, 43–45; mhe. „nähren, füttern“. Siehe dagegen " „er 324
110
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
32. Über beide Handflächen deckt332 er Licht, und er befiehlt333 über es334 durch einen, der eintritt.335 33. Seine Donnerstimme336 tut er gegen ihn337 kund,338 [er erregt Zorn über Schlechtigkeit]339.
pflegt“ bei HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 480; DRIVER/ GRAY, ICC, I 316; POPE, AncB, 231; 236f. 332 Das Verbum s wird mit Akk. und ' konstruiert, so in Mal 2,16; Ez 24,7; Ps 44,20; vgl. HALAT, s.v. s, 464. Gemäß DRIVER/ GRAY, ICC, II 284f., kann s auch mit ' anstelle eines Akkusativobjektes konstruiert werden, vgl. Hi 21,26; Num 16,33; Hab 2,14; Mal 2,16; vgl. auch GORDIS, MorS II, 422; CLINES, WBC 18A, 807. Dagegen DHORME, EtB, 507f.; HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 480; W AHL, Schöpfer, 116 ändern s (MT) in s! = $! und übersetzen mit „heben“. 333 Das Verbum ", kann mit ' konstruiert werden; vgl. HALAT, 947f. Als Empfänger des Befehls sind Teile der Schöpfung neben Hi 36,32 ebenfalls in Hi 37,11f.; Jes 5,6; 45,12; Ps 33,6; 78,23; 148,5 genannt. 334 Das feminine Suffix ' kann unter der Annahme, dass " „Licht“ fem. ist wie in Jer 13,16, auf " in V.32a bezogen sein; vgl. H ÖLSCHER, HAT, 86; P OPE, AncB, 238, der darauf verweist, dass urru im Akkadischen ebenfalls fem. ist; vgl. AHw, s.v. urru(m), 1433. Dem schließen sich GORDIS, MorS II, 422; MENDE, Leiden, 87; 107, an. Dagegen ändern BUDDE, HK, 234; DRIVER/ GRAY, ICC, II 285; W AHL, Schöpfer, 116, in " ', da " mask. ist. 335 Vgl. HALAT, s.v. '&(, 860f.‚ „dringen, etwas jmd. treffen lassen, sich jmd. annehmen, eintreten für jemanden“; so auch H ÖLSCHER, HAT, 86; P OPE, AncB, 238; W AHL, Schöpfer, 116, und CLINES, WBC 18A, 833. DRIVER/ GRAY, ICC, II 285, übersetzen „against the mark“. DELITZSCH, Buch, 112, denkt bei '&( unter Bezug auf Hi 33,23 am ehesten an einen Engel, „der den Verkehr zwischen Gott und der Menschheit vermittelt“. HABEL, OTL, 496, und MENDE, Leiden, 107, plädieren für „target“ bzw. „Angreifer“, dem die o.g. Übersetzung folgt. DUHM, KHC, 175, konjeziert den gesamten Vers und liest " ' +" " s ( % ' „Auf der Schleuder wiegt er das Licht und schleudert es auf das Ziel.“ Weitere Belege des Verbums im hi. allein in Jer 15,11; 36,25; Jes 53,6.12; 59,16; Hi 36,32. 336 So HALAT, s.v. I ', 1169. Weitere Belege nur in Ex 32,17; Mi 4,9. So auch P OPE , AncB, 232; 238; G ORDIS, MorS II, 423; H ABEL, OTL, 496, und CLINES, WBC 18A, 833f., der Übersetzungsmöglichkeiten wie Emendationen diskutiert. B UDDE, HK, 234; FOHRER, KAT, 480, und W AHL, Schöpfer, 116, ändern in "'. 337 Das Suffix von " ' ist auf '&( in V.32b bezogen; so M ENDE, Leiden, 87. P OPE, AncB, 232; HABEL, OTL, 496, sehen hier eine Gottesbezeichnung vorliegen. WAHL, Schöpfer, 116, ändert " ' in "'. 338 Syntaktisch unklar bleibt, ob Gott aus V.32 oder aber "' in V.33b Subjekt zu #& ist. Es scheint plausibel zu sein, Gott anzunehmen. Dagegen nehmen D RIVER/ GRAY, ICC, I 317; GORDIS, MorS II, 424, und HÖLSCHER, HAT, 86, "' an. 339 MT ist im zweiten Kolon verderbt und nicht übersetzbar:
"' ' % !+. Liest man stattdessen
"' ' % !+ und vokalisiert wie Theodosius
"' als Substantiv „Schlechtigkeit“ und nicht als Partizip, dann ließe sich übersetzen „er erregt Zorn über Schlechtigkeit“. Unübersetzt lässt DELITZSCH, Buch, 112. Das Part.hi. lesen ebenfalls HÖLSCHER, HAT, 86; FOHRER, KAT, 479f., und W AHL, Schöpfer, 116. Dagegen als Substantiv in syntaktischer Parallele zu % zu verstehen bei CLINES, WBC 18A, 834f., der mit „passion“ (807) übersetzt. Dem Substantiv
"' „Schlechtigkeit“ schließen sich BUD-
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
111
Hiob 37 1. 2. 3. 4.
5.
340
Auch in diesem erbebt mein Verstand und er fährt auf von seinem Ort. Hört immer341 auf das Toben seiner Stimme, und auf das Grollen, das aus seinem Mund herausgeht. Unter dem ganzen Himmel ist seine Rechtschaffenheit342 und sein Licht [erscheint] über den Enden der Erde. Hinter ihm [sc. Licht343] brüllt eine Stimme, er donnert mit der Stimme seiner Majestät. aber er hemmt sie nicht,344 wenn seine Stimme sich hören lässt. Gott donnert Wundertaten mit seiner Stimme,345 er tut große Dinge, aber wir verstehen nicht.
DE , HK, 234; DUHM , KHC, 175; HÖLSCHER , HAT, 86; W EISER, ATD, 231; P OPE, AncB, 232; 238, und CLINES, WBC 18A, 835, an. GORDIS, MorS II, 424, ändert
"' ' in
"' ' unter Bezug auf das aramäische Wort "' ', das „Sturm“ bedeutet. MENDE, Leiden, 107f., versteht das Verbum
' wie in Hi 36,20 im Sinne eines feindseligen sich Erhebens bzw. sich Empörens und übersetzt V.33b mit „Zorn eifernd gegen den, der sich empört“. W AHL, Schöpfer, 116, liest
' „Frevel“. 340 Vv.1–5a.6b.7a.10a.11.12a.13.18.21.a sind in der ältesten griechischen Textfassung, vgl. LXX Gottingensis, 378–383, nicht belegt. Vv.1–5 sind jedoch in 4QJoba überliefert. 341 Mit '"$ "'$ „hört immer“ liegt eine Figura Ethymologica vor, die die Emphase im Deutschen nach sich zieht und einen durativen Aspekt ausdrückt. Diese Figura Ethymologica ist darüber hinaus in Jes 6,9; 55,2; Hi 13,17; 21,2; 37,2 belegt. Origenes ergänzt LXX und übersetzt m46e; als Imp.Sg. Die Anrede \Y wird in L‘–Sc–613–644 vorangestellt. Die Anrede an eine einzige Person nehmen auch DUHM, KHC, 175, und HÖLSCHER , HAT, 86f. an. Zur Syntax vgl. auch C LINES, WBC 18A, 836, der wie MENDE , Leiden, 118f.; W AHL, Schöpfer, 116, an MT festhält fest. 342 Die Bestimmung der Form " $ ist umstritten. Es ist denkbar, dass hier ein Verbum mit Suffix, das auf & in V.2b bezogen ist, vorliegt; vgl. HALAT, s.v. I $, 1523f., „loslassen“. POPE, AncB, 239–241; HABEL, OTL, 499; HARTLEY, NICOT, 477, und CLINES, WBC 18A, 836, verstehen das Verbum aus dem Ugaritischen als „blitzen“. MENDE, Leiden, 120, leitet das Wort " $ zu aramäisch $ „lösen, loslassen“ her. Jedoch wäre dann das parallele Versmaß gestört, da das zweite Kolon aus einem Nominalsatz besteht. So bereits GORDIS, MorS II, 425, der – begründet dadurch, dass der Parallelismus ein Nomen und kein Verbum erfordert – an dem Substantiv $ „strength, power“ unter Verweis auf Jos 10,13; II Sam 1,18; I Reg 8,5; LXX; Prov 23,31; Cant 1,4; 7,10 wie auch GenR 54; bBer 42b; 153a festhält. Ein Nomen nimmt auch DELITZSCH, Buch, 112, an und übersetzt mit „Rechtlichkeit“; vgl. auch HALAT, s.v. $, 429f. Dem schließt sich auch o.g. Übersetzung an. 343 Bezug zu " in V.3b. 344 Das Suffix Pl.m. ist auf "+ in V.4a sowie auf " $ und "" in V.3 bezogen. V.4b wird konjiziert und um ein Objekt durch + +' " ergänzt, so B UDDE, HK, 235; DRIVER/ GRAY, ICC, I 317; DHORME, EtB, 511; HÖLSCHER, HAT, 87; LÉVÊQUE, Job, 589; FOHRER, KAT, 479f.; MENDE, Leiden, 121, und W AHL, Schöpfer, 117. Dagegen sieht P OPE, AncB, 239; 241, nicht Gott, sondern „men“ als Subjekt. Die Ergänzung von "( auch bei DRIVER/ GRAY, ICC, I 317, II 289. Keine Konjektur bei DELITZSCH, Buch, 112, und GORDIS, MorS II, 425, da sich das Suffix durchaus auf "" beziehen kann.
112
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
6. Denn zum Schnee spricht er: ‚Falle zur Erde!‘346, sowohl (zum) Regen des Regens347 als auch (zum) Regen der Regenfälle: ‚Sei stark!‘ 348. 7. Die Hand349 jedes Menschen versiegelt er,350 dass alle Menschen sein Tun verstehen.351 8. Da kommt ein Tier in einen Schlupfwinkel und in seine Lagerstätten legt es sich. 9. Aus der Kammer kommt ein Sturmwind352 und von Nordwinden (kommt) Kälte.
345
An MT halten GORDIS, MorS II, 408, und MENDE, Leiden, 118; 121, fest. Dagegen streicht BUDDE, HK, 235, V.5a – abgesehen von " (! – als Glosse zu V.4b. DUHM, KHC, 176, sieht in V.5a eine Variante zu V.4 und liest stattdessen: " (! "!. So auch FOHRER, KAT, 480; LÉVÊQUE, Job, 589. CLINES, WBC 18A, 837, geht davon aus, dass V.5a nicht zum ursprünglichen Textbestand gehört. DRIVER/ GRAY, ICC, I 318, II 289, übersetzen in Anlehnung an Hi 5,9; 36,26 „he does wondrous things“. W AHL, Schöpfer, 117, ändert V.5a in "#& + ' und sieht " (! als Objekt zu $' in V.5b in Anlehnung an Ps 136,4 an. 346 Vgl. 18Gesenius, s.v. " I, 271, Imp. der aramäischen Verbform " „fallen“, vgl. auch DRIVER/ GRAY, ICC, II 289; FOHRER, KAT, 481; LÉVÊQUE, Job, 590; GORDIS, MorS II, 426; MENDE, Leiden, 121. 347 DRIVER/ GRAY, ICC, II 290; GORDIS, MorS II, 426; WEISER, ATD, 231; FOHRER, KAT, 481; W AHL, Schöpfer, 117; MENDE, Leiden, 121f., und CLINES, WBC 18A, 838, sehen eine Dittographie vorliegen. DUHM, KHC, 176, nimmt als ursprünglichen Text $& "' j" an. Dagegen hält HABEL, OTL, 500, an MT fest, da die doppelte Nennung des Regens zur besonderen Hervorhebung dient. 348 "' ist als Verbum anstelle des Nomens mit Suffix zu übersetzen, da der chiastische Parallelismus einen Imperativ erfordert; vgl. D HORME, EtB, 512f.; HÖLSCHER, HAT, 86f.; LÉVÊQUE, Job, 590; FOHRER, KAT, 479; 481; GORDIS, MorS II, 426; DE W ILDE, Buch, 339; 345; W AHL, Schöpfer, 117; MENDE, Leiden, 121f. 349 An MT halten DRIVER/ GRAY, ICC, I 318; GORDIS, MorS II, 427; MENDE, Leiden, 122, fest. Dagegen ändern DUHM, KHC, 176; FOHRER, KAT, 481; LÉVÊQUE, Job, 590; P OPE, AncB, 241, # in #'. 350 Vv.6b.7a fehlen in ältester rekonstruierter Textfassung der LXX. 351 V.7b weist zwei Schwierigkeiten auf: Die Konstruktusverbindung in MT $! " $' ist – entgegen MENDE, Leiden, 122 – inhaltlich nicht sinnvoll und wäre mit „damit alle Menschen seines Tuns erkennen“ zu übersetzen. Es ist daher in " $' $! '# zu ändern; da das nachfolgende Wort mit beginnt, ist das Schlussmem durch Haplographie ausgefallen; so auch DRIVER/ GRAY, ICC, II 290; HÖLSCHER, HAT, 87; POPE, AncB, 241f.; GORDIS, MorS II, 427; W AHL, Schöpfer, 117; vgl. die Übersetzung bei D ELITZSCH, BC, 483. Dagegen lesen D UHM, KHC, 177; FOHRER , KAT, 481; CLINES, WBC 18A, 839, $"!. Darüber hinaus ist der Bezug des Suffixes von " $' doppeldeutig: Es kann sowohl auf Gott wie auf den Menschen bezogen sein, jedoch besteht zwischen Suffix und $! keine Kongruenz, so dass Gott als Bezug zu favorisieren ist. LXX übersetzt " $' mit =c? e=6V OEHK?;5? „Schwäche, Krankheit, Kraftlosigkeit“ und bezieht es daher eindeutig auf den Menschen, nicht auf Gottes Tun; vgl. LXX Gottingensis, 379; DUHM, KHC, 177. 352 Belegstellen von ("s „Sturmwind“ liegen nicht in den Gottesreden, sondern lediglich in Hi 21,18; 27,20; 37,9 vor. Darüber hinaus im Alten Testament in Num 21,14; Jes 5,28; 17,13; 21,1; 29,6; 66,15; Jer 4,13; Am 1,14; Prov 1,27; 10,25; Hos 8,7; Nah 1,3.
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
113
10. 353Aus Gottes Atem entsteht Frost und eine breite354 Wasserfläche ist starr ausgegossen355. 356 11. Auch belastet357 er Wolken mit Feuchtigkeit358, er zerstreut das Gewölk seines Lichtes. 12. Und sie359 wenden sich rundherum360 in seiner [sc. Gottes] Lenkung 361, 362 damit sie alles, was er ihnen363 befohlen hat, tun, auf dem Kreis seiner Erde.
353 Vv.10–19 sind ebenfalls in 11QtgJob ins Aramäische übersetzt; in ältester Textfassung der LXX fehlen Vv.10a.11.12a.b.13; ebenso fehlen Hi 37,6–13 in 4QJob a. Die griechische Übersetzung lässt in ihren ältesten Teilen erahnen, dass MT vorgelegen hat. 354 Vgl. HALAT, s.v. , 1131. 355 Die Herleitung von +," ist umstritten. Nach DUHM, KHC, 177; DRIVER/ GRAY, ICC, II 291, und FOHRER, KAT, 479, 481, liegt ein Bezug zu Hi 36,16 vor und sie interpretieren es von I +", hi. „in die Enge treiben, drängen“, vgl. HALAT, 951. GORDIS, MorS II, 427; MENDE, Leiden, 123; CLINES, WBC 18A, 840f., sehen ein Substantiv zu +, ho. „ausgelehrt, ausgegossen, gegossen werden“, siehe HALAT, 409, mit Parallele in Hi 38,38 vorliegen; vgl. auch W EISER, ATD, 231; H ÖLSCHER, HAT, 86; P OPE, AncB, 239, und W AHL, Schöpfer, 118, der es als Part.ho. unter Verweis auf Hi 11,15; 37,18 versteht. Da +," parallel mit + konstruiert ist, ist +," als starre Wassermasse zu verstehen. 356 37,11–13 fehlen in der ältesten rekonstruierbaren griechischen Übersetzung, vgl. LXX Gottingensis, 380f. 357 Das Verbum j ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 190. 358 Vgl. HALAT, s.v. , 1141, „Nass, Feuchtigkeit, Wasserfülle, Wassermenge“; jedoch bleibt die genaue Bedeutung ungewiss, da es hap.leg. ist; vgl. G REENSPAHN, Hapax, 197; HÖLSCHER, HAT, 86f.; FOHRER, KAT, 479; 481; GORDIS, MorS II, 408; 428; HABEL, OTL, 500; DE W ILDE , Buch, 346; MENDE , Leiden, 123; W AHL, Schöpfer, 118; C LINES, WBC 18A, 808; 841. Unter Verweis auf LXX liest D UHM, KHC, 177, # und übersetzt mit „Hagel“. DRIVER/ GRAY, ICC II, 291, ändern in +. 359 Mit MENDE, Leiden, 118; 124; W AHL, Schöpfer, 118, ist " " auf "" !' bezogen; vgl. auch HÖLSCHER, HAT, 86f.; W EISER, ATD, 232. 360 "s ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 192, und als Adv. zu übersetzen, so GORDIS, MorS II, 428; CLINES, WBC 18A, 842. 361 Es ist mit " " am Konsonantenbestand von MT, der den Sg. belegt, festzuhalten. Da die fünf weiteren Belegstellen in Prov 1,5; 11,14; 12,5; 20,18; 24,6 die Pluralform verwenden, ist die masoretische Vokalisation leicht verständlich. Den Singular belassen DELITZSCH, Buch, 113; HÖLSCHER, HAT, 86f.; W EISER, ATD, 232; DE W ILDE, Buch, 340; GORDIS, MorS II, 428; MENDE, Leiden, 124; W AHL, Schöpfer, 118, und STRAUSS, BK, 263. FOHRER, KAT, 481, und CLINES, WBC 18A, 842, halten sich an Qere. LXX, Gottingensis, 380, belegt mit H;;6eUH], die hebräische Vorlage scheint unverständlich gewesen zu sein. 11QtgJob übersetzt V.12a mit "
"'$ " " " #' , vgl. DJD XXIII, 146, „und es sagt: Sie hören es/sie und Wandel/ gehen für ihre Taten“. Vulg. übersetzt dagegen mit „voluntas gubernantis“. 362 Folgende Worte sind über V.12a.b – entgegen der masoretischen Akzentsetzung – als eine Sinneinheit aufzufassen: ", $ '( „damit sie alles, was er ihnen befohlen hat, tun“. So auch DELITZSCH, Buch, 113; HÖLSCHER, HAT, 86; MENDE, Leiden, 118; W AHL, Schöpfer, 118, Anm. 150. Die Nachträge des Origenes in der LXX entsprechen der masoretischen Akzentsetzung, vgl. LXX Gottingensis, 380.
114
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
13. Entweder zum Strafstock364 für seine Erde365 oder zur Gnade lässt er ihn366 treffen367. 14. Höre dieses, Hiob! Stelle Dich hin und betrachte aufmerksam die Wundertaten Gottes. 15. Weißt Du,368 dass Gott über sie [sc. Wolken369] bestimmt, und er Licht seinem Gewölk leuchten lässt?
363 Die Suffixe Pl.m. sind auf ' und "" !' in V.11 bezogen; vgl. DELITZSCH, Buch, 113; HÖLSCHER, HAT, 86, und FOHRER, KAT, 479. W AHL, Schöpfer, 118, liest '( statt '( und ändert in Suffix Sg.m. zu " ",. HABEL, OTL, 500; MENDE, Leiden, 124; 133, halten eine Textänderung für unnötig, da die Suffixe im Pl. an den Kollektivbegriff !' "" anschließen können. An MT hält CLINES, WBC 18A, 842, fest. 364 j$ als Instrument zur Strafe, vgl. ZOBEL, Art. j$, 966–974. So auch DELITZSCH, Buch, 113; DUHM, KHC, 177; W EISER, ATD, 232; FOHRER, KAT, 481; MENDE, Leiden, 125; W AHL, Schöpfer, 118. LXX Gottingensis, 381, hat V.13 nachträglich ergänzt und MT scheint ihre Textvorlage gewesen zu sein; sie übersetzt mit :53;^? „Erziehung“, so dass das Erziehungsmotiv wieder aufgenommen ist. 365 ", in V.13a bereitet in der Syntax des Verses Schwierigkeiten, da beide Kola das Verses mit eingeleitet sind. Die in MT überlieferte Syntax ist ebenfalls in LXX wie in QtgJob belegt. Da die dreimalige Nennung von die parallele Syntax stört, ist das zweite des Verses in V.13a als Dittographie zu verstehen und daher nicht Bestandteil des ursprünglichen Textes. ", schließt an j$ an; vgl. FOHRER, KAT, 481; W AHL, Schöpfer, 118. Die Wendung ", streicht DELITZSCH, Buch, 113. Konjekturen nehmen im Einzelnen vor: GORDIS, MorS II, 429, trennt ", in ", , der Plural ist rückbezogen auf $! in V.7a und er übersetzt mit „Be it for chastisement – if they do not obey – or for love, He brings it all to pass.“ (408). So auch T UR-S INAI, ", 311; HARTLEY, NICOT, 479; P OPE, AncB, 243f. Dagegen lesen DHORME, EtB, 517, und HÖLSCHER , HAT, 87, "!", anstelle von ", . D UHM, KHC, 178, konjeziert in ", streicht und stellt den „Fluch“ syntaktisch parallel zur „Zuchtrute“, so auch DRIVER/ GRAY, ICC, I 320, II 293. Dagegen halten HABEL, OTL, 500f., und CLINES, WBC 18A, 843, an MT als Ausgangstext der Überlieferung mit drei syntaktisch parallel gestellten Nomen fest. MENDE, Leiden, 125, sieht in dem zweiten die Einleitung eines Konditionalsatzes vorliegen und übersetzt daher V.13a „Entweder als Zuchtrute, wenn seiner Erde sie gebührt“ (118). Siehe auch STRAUSS, BK, 263, 265. 366 Als Bezugswort des Suffixes Sg.m. dient in V.12b. Dagegen nehmen DELITZSCH, Buch, 113; G ORDIS , MorS II, 429 # in V.7a an. M ENDE, Leiden, 125; CLINES, WBC 18A, 843f., sehen einen Rückbezug zu "" !' aus V.11b vorliegen. Mit dem Neutrum übersetzen FOHRER, KAT, 479; W AHL, Schöpfer, 118; STRAUSS, BK, 263. 367 Das Verbum , hi., vgl. 18Gesenius, 721f. „etwas treffen lassen“, das im Hiobbuch allein in Hi 34,11 belegt ist; vgl. auch FOHRER, KAT, 479; W AHL, Schöpfer, 118. 368 LXX Gottingensis, 381, übersetzt stattdessen 6t3I;? „wir wissen“. Es folgt in V.15b eine Aussage über Gottes Macht. Auch die Vv.16f. sind nicht als an Hiob gerichtete Anfragen, sondern als Aussagen über Gott formuliert. 369 Das Suffix 3.Pl.m. bezieht sich auf die Wolken in V.11 zurück. Dies wird dadurch unterstützt, dass in V.15b die Worte " und !' wie in V.11b kombiniert sind. Dagegen nehmen EWALD, Hiob, 315; W EISER, ATD, 232; MENDE, Leiden, 126, einen Rückbezug zu " (! in V.14 an, der jedoch wegen fehlender Numerus-Kongruenz in MT unmöglich ist.
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
115
16. Weißt Du von dem Schweben370 der Wolken, (von) Wundern, vollkommen in Wissen? 17. Du, dessen Kleider (bereits) heiß sind,371 wenn die Erde Ruhe hält vom Südwind 372. 373 18. Breitest Du mit ihm Wolken aus, die fest sind, wie ein Spiegel aus Metall gegossen? 19. 374Lasse uns wissen, was wir ihm sagen sollen, nichts können wir aufstellen angesichts der Finsternis375. 20. Wird ihm erzählt, dass ich rede, oder spricht ein Mann, dass es ihm mitgeteilt wird? 21. Doch jetzt sieht man kein Licht, hellglänzend376 ist es in den Wolken und der Wind geht vorüber und erklärt sie [sc. Wolken] für rein. 22. Aus goldenem Norden kommt es 377, über Gott wird Hoheit in Ehre gehalten.378 23. 379Den Allmächtigen haben wir nicht gefunden, er ist erhaben an Kraft und Recht
$ ( ist hap.leg., vgl. GREENSPAHN, Hapax, 185; P OPE, AncB, 244. Die Partikel $ am Versanfang kann sich nur auf den Angeredeten beziehen. 372 Nach HALAT, s.v. "#, 221, kann hier sowohl Süden als Himmelsrichtung als auch der Südwind gemeint sein. WEISER, ATD, 232; GORDIS, MorS II, 410, übersetzen mit Südwind. 373 37,18 fehlt in LXX. 374 Dagegen werden Vv.19–22 umgestellt in Vv.18.21a.c.19.20.22a.21b.22b, so DUHM, KHC, 178f.; HÖLSCHER, HAT, 86f. Eine weitere Versumstellung nimmt P OPE, AncB, 240 vor, so dass V.21 zwischen V.18 und V.19 ergänzt wird und die Lichtthematik an V.15 anschließt. An MT halten NICHOLS, Composition, 172f.; W EISER, ATD, 232; FOHRER, KAT, 483–486; WAHL, Schöpfer, 124–129, und MENDE, Leiden, 118–138, fest. 375 So auch EWALD, Hiob, 315; W EISER, ATD, 232; GORDIS, MorS II, 410. Dagegen wird „Finsternis“ geändert in v „Sprachlosigkeit“; vgl. FOHRER, KAT, 483f.; DE W ILDE, Buch, 340; 348; WAHL, Schöpfer, 125. P OPE, AncB, 240; W HYBRAY, Job, 156, übersetzen mit „ignorance“. Jedoch liegt mit der Finsternis ein Bezug zu Hi 34,22 sowie zu Hi 34,20.25; 35,10; 36,20 vor. ist darüber hinaus in Hi 3,4f.; 10,21; 12,22.25; 15,22f.30; 17,12f.; 18,18; 20,26; 23,17; 26,10; 29,3; 38,19 belegt. 376 HALAT, s.v. , 107, übersetzt mit „verdunkelt“, als Alternative wird „hellglänzend“ angegeben. Nach W AGNER, Aramaismen, 32, liegt ein aramäisches Lehnwort vor, das von pi. „glänzen, sich verfinstern“ hergeleitet wird. Die Meinungen darüber, welche der beiden Bedeutungen an dieser Stelle zu favorisieren sei, gehen auseinander. „Glänzend“ bei HÖLSCHER, HAT, 86; TUR-S INAI, ", 313; P OPE, AncB, 240; FOHRER, KAT, 483; GORDIS, MorS II, 410; STRAUSS, BK, 266; vgl. auch W AHL, Schöpfer, 125. „Verdunkelt“ dagegen bei DELITZSCH, Buch, 114; DHORME, EtB, 521f.; B UDDE, HK, 238. 377 Subjekt zu ist " aus V.21. 378 LXX Gottingensis, 382, übersetzt M:_ =68=657 I;QGUp l 3oX 4_ =5Ic :?=649G=6967 „auf diesen [sc. Wolken] sind die Herrlichkeit und Ehre des Allherrschers groß“. Die Nennung Gottes als Allherrscher ist aus V.23a in MT übernommen. 379 Anstelle der masoretischen Vokalisation des Bikolons liegt ein Trikolon vor; vgl. P OPE, AncB, 240; 246; WEISER, ATD, 232; GORDIS, MorS II, 410. Ähnlich WAHL, Schöpfer, 127. LXX hält am Bikolon fest. 370 371
116
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
und viel Gerechtigkeit beugt er nicht.380 24. Daher fürchten ihn die Menschen, er sieht381 nicht alle im Verstand Weisen.382
2.5.3 Interpretation Hi 36–37 ist mit der Formel " " %s" „da fügte Elihu hinzu und sprach“ eingeleitet und setzt die vorherigen Elihureden voraus. Die Redeeinleitung in Hi 36,1 ist auch in Hi 27,1; 29,1 belegt. Sie gestaltet Hi 36f. als Schlussrede Elihus. In Hi 36,2–4 ist Hiob zum Warten aufgefordert, ohne ihn mit Namen zu nennen.383 Die Adressierung Hiobs in Hi 36,2.4 im Anschluss an die Nennung Hiobs in 3.P.Sg. und das abqualifizierende Urteil Elihus über Hiob in Hi 35,16 überraschen. Die Vv.2–4 weisen eine innere Gliederung auf. V.2a und V.4b werden durch die Anrede an die 2.P.Sg.m. gerahmt. Vv.2–4 bekunden die Redeabsicht des Redners, seine Autorität und nennen Gott als Gegenstand der Schlussrede. Da ein Zitat Hiobs am Anfang fehlt, betont Elihu in seiner Einleitung, dass er über Gott reden möchte. Das Wort #"' „noch, mehr“ lässt darauf schließen, dass es sich bei Vv.2–4 und möglicherweise weitere Teile der Schlussrede Elihus um eine literarische Ergänzung handelt. In der Redeeinleitung in Hi 36,2–4 intendiert Elihu die Fortsetzung seiner Ausführungen über Gott (V.2b), den er als '( „meinen Schöpfer“ bezeichnet (V.3).384 Elihu selbst nennt sich truglos und vollkommen in Wissen, das er von fern her holt (V.4). Da Elihus Intention darin besteht, seiSiehe HALAT, s.v. II !', „bedrücken, demütigen, Gewalt antun, beugen“, 807f. LXX Gottingensis, 383, übersetzt in V.24b wie in V.24a @6pHLE6?=5 „sie werden sich fürchten“. 382 Dagegen übersetzt W EISER, ATD, 232, „er achtet keinen, der sich weise dünkt.“ Das Verbum ist anstelle von MT vokalisiert mit: u u . Darüber hinaus ist mit u zu vokalisieren und asseverativ zu verstehen, so dass zu übersetzen ist „Gewiss alle im Verstand Weisen sehen ihn“; vgl. GORDIS, MorS II, 434, und CLINES, WBC 18A, 850f. 383 Die verwendeten Verben in V.2 stellen Aramaismen dar. Zum Aramaismus von vgl. B UDDE, HK, 225; DUHM, KHC, 171; DRIVER/ GRAY, ICC II, 272; P OPE, AncB, 232; GORDIS, MorS II, 412; CLINES, WBC 18A, 809, sowie W AGNER, Aramaismen, 70. Weitere Belegstellen von mit anderer Bedeutung in Ps 22,13; Jdc 20,43; Hab 1,4; Ps 142,8; Prov 14,18. Vgl. auch 18GESENIUS, 581; HALAT, s.v. I , 481; siehe auch The Assyrian Dictionary, s.v. katƗru, 304, „to think, hesitate“. Daher leitet SEOW, Elihu, 7 (unveröffentlicht), das Verbum nicht aus dem Aramäischen, sondern allein aus dem Akkadischen ab. Zu " „verkünden, in Kenntnis setzen“ vgl. sechs Belege für das hebräische Verbum (Hi 15,17; 32,6.10.17; 36,2; Ps 19,3) und 14 Belegstellen im Danielbuch: Dan 2,4.6 (2x).7.9.10.11.16.24.27; 3,32; 5,7.12.15. Vgl. auch CLINES, WBC 18A, 809; W AGNER, Aramaismen, 53. Es ist jedoch auffällig, dass in V.2b keine aramäische Pluralbildung , wie in Hi 35,16, vorliegt, sondern das hebräische belegt ist. 384 Diese Bezeichnung ist singulär im Alten Testament, vgl. bereits DRIVER/ GRAY, ICC, II 272; TUR-SINAI, ", 299; GORDIS, MorS II, 412; C LINES, WBC 18A, 810; 854. 380 381
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
117
nem Schöpfer Recht zu geben, impliziert dies, dass Elihu Gott als seinen Schöpfer anerkennt und sich selbst als Geschöpf Gottes versteht. Die Worte " „in Kenntnis setzen, verkünden“ und '# „Wissen, Erkenntnis“ in Hi 36,2 sind auch in Hi 32,6.10.17 und das Motiv des wissenden Redners ist in Hi 33,2–3 belegt. Die Redeeinleitung in Hi 36,2–4 rezipiert Elihus Selbsteinführung in Hi 32,6–33,7 und erweckt den Eindruck einer Dublette in der Komposition der Elihureden. In den Vv.5–15 folgt der erste Teil der inhaltlichen Argumentation Elihus. Den thetischen Neueinsatz in V.5 signalisiert „siehe Gott“. Daran schließen drei Aussagen über den als bezeichneten Gott an. Gott ist gewaltig, er verwirft nicht und er ist gewaltig an Verstandeskraft. Die doppelte Nennung von „mächtig“ betont Gottes Macht.385 Die Nomina „Kraft“ und „Verstand“ führen Leitworte der Schlussrede ein; „Kraft“ wird in 36,19.22; 37,23 und „Verstand“ in 36,13; 37,1.24 wieder aufgegriffen. Gottes Macht und Weisheit bilden die Eröffnungsthese Elihus zu Beginn seiner Rede. Elihu spezifiziert sie durch Gottes gerechte Ordnung in der Welt in Vv.6–7. Gott lässt den Frevler nicht am Leben, aber er gibt den Elenden Recht.386 Gott richtet sein Augenmerk auf den Gerechten und setzt Könige für immer auf den Thron. Obwohl Gott die Frevler nicht leben lässt, liegt hier kein Widerspruch zu der Aussage in V.5, dass Gott nicht verwirft, vor. 387 Denn Elihu kann in sein Gottesbild integrieren, dass Gott nicht verwirft und er zugleich den Frevler nicht am Leben erhält. Der Tod des Frevlers ist mit Gottes Macht kompatibel und gleichzeitig impliziert Gottes Recht für den Elenden seine gerechte Vergeltung. Elihus Verständnis der
Weder „mächtig“ noch s „verwerfen“ werden in der folgenden Rede nochmals aufgegriffen. Es liegen auch keine weiteren alttestamentlichen Belege vor, die das Vorkommen beider Worte bezeugen. Das Adjektiv hat jedoch neben dem Aspekt der Macht auch die Konnotation des Zerstörerischen; vgl. Jes 16,14; 17,12; 28,2. 386 Der !' „Elender“ ist eine Person, die unter Elend und Schmerz leidet sowie sozial rechtsunfähig gewesen ist. Daher rühren die Übersetzungen „bedrückt“, aber auch „niedrig, gering“ oder „demütig, unterwürfig“; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, I 310. CLINES, WBC 18A, 862. FOHRER, KAT, 476f., versteht sie als „niedrige, gerecht Leidende“. 387 Aufgrund der Widersprüchlichkeit und des schwierigen Textverständnisses von V.5 und V.7 sind Versumstellungen durch D UHM, KHC, 171; BUDDE, HK, 226f., und DRIVER/ GRAY, ICC, I 310; II 272–274, vorgenommen worden. M ENDE, Leiden, 91–88, konstatiert, dass in Vv.5–7 vorgenommene Konjekturen zu Harmonisierungen des Textes geführt haben. Sie hält daran fest, dass Vv.5–7 mit Ausnahme der sekundären Glosse in V.7a zum ursprünglichen Bestand der Elihureden gehören (91). CLINES, WBC 18A, 856f., sieht dagegen zwischen V.5 und V.6 einen Widerspruch vorliegen. STRAUSS, BK, 306, sieht keinen Widerspruch, da er V.6a dahingehend versteht, dass der Frevler sich ja selbst das Leben entzieht. 385
118
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Gerechtigkeit Gottes zeigt sich im Tod des Frevlers und dem Recht für den Elenden.388 Die Vv.8–14 führen die Konsequenzen von Gottes Macht, Weisheit und Gerechtigkeit für den leidenden Menschen aus. Das Leiden ist durch die Worte s „fesseln“, + „Fessel“ und „Fessel“ in V.8 ausgedrückt und deutet auf eine Gefangenschaft hin. In Vv.8.15 wird Leiden als !' „Elend“, und nicht als Krankheit wie in Hi 33,19, interpretiert. Gott handelt unvermittelt an leidenden Menschen389, er berichtet ihnen ihre Taten und ihre Verfehlungen, da sie sich erhoben haben (Vv.8–9). Er öffnet ihre Ohren für die Erziehung und eröffnet ihnen die Möglichkeit zur Umkehr vom Unrecht (V.10). Nachdem Gott Erziehung im Leiden ermöglicht, steht der leidende Mensch vor der eigenverantwortlichen Entscheidung, der Erziehungsmaßnahme Gottes Gehör zu schenken oder sich dieser zu entziehen. Hört er und dient er Gott, vollendet er sein Leben im Guten und in Glück (V.11); verweigert er sich zu hören, so geht er in den Unterweltkanal hinüber und verscheidet ohne Wissen (V.12). Die Gottlosen jedoch hegen Gottes Zorn und sterben bereits in ihrer Jugend, ohne dass Gott für ihren Tod verantwortlich gemacht wird (V.13f.). Hi 36,15 beschließt Gottes Erziehung im Elend mit Gottes Befreiung des Elenden. Gott befreit den Elenden in seinem Elend und öffnet in Bedrängnis sein Ohr.390 Die Vv.5–15 lassen sich konzentrisch gliedern. In der Mitte steht V.10, der Gottes offenbarendes Eingreifen durch Erziehung mit dem Terminus &" „da öffnet er ein Ohr“ nennt. Vv.5.15 bilden durch !' „Elend“ eine Rahmung um die Ausführungen. Die Rettungsaussage am Ende entspricht inhaltlich der thetischen Eröffnung in V.5, die Gottes Macht und Verstandeskraft nennt.391 Durch das Verbum pi. „am Leben erhalten“ in V.6 und das Nomen „Leben“ in V.14 ist eine weitere konzentrische Struktur zu erkennen. Gott lässt die Frevler nicht am Leben (V.6) und das Leben der Gottlosen stirbt in ihrer Jugend (V.14). Der Schlussvers V.15 388
Die Gerechtigkeit Gottes unterliegt dem Prinzip der gerechten und ausgleichenden Vergeltung; vgl. WEISER, ATD, 233; FOHRER, KAT, 476; W AHL, Schöpfer, 105. 389 Es ist umstritten, ob die leidenden Menschen noch näher zu spezifizieren sind. Die Verbformen im Plural lassen, so W EISER, ATD, 233; STRAUß , BK, 307, einen Bezug zu in V.7 zu; dagegen sehen DELITZSCH, BC, 472; FOHRER, KAT, 476f.; CLINES, WBC 18A, 858, den Gerechten (V.7) als Subjekt an. Es ist ebenfalls an alle bereits genannten Personengruppen zu denken. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass in V.13f. von den (! als einer spezifischen Gruppe geredet ist. 390 In dem Vers bilden die Worte ~ und ~ ein Wortspiel; vgl. CURTIS, Word Play, 27. 391 HABEL, OTL, 503f., hat ebenfalls eine konzentrische Komposition für die Vv.8–15 angenommen, die um die Vv.11.12 gerahmt seien. Zuzustimmen ist Habel, dass in Vv.11.12 jeweils eine Aussage über das Hören eingeleitet wird. In Vv.8.15 korrespondieren die Termini „affliction“ miteinander. Allerdings legt sich für die Begriffe „bound“ (V.8.13f.) und „open the ears“ (V.10.15) keine konzentrische Struktur nahe.
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
119
stellt durch die Aufnahme von &" „er öffnete das Ohr“ aus V.10 einen Rückverweis zur Mitte des Textabschnittes Vv.5–15 dar. Mit beiden Formulierungen wird Gottes Offenbarung an seine Erziehung im Leiden gebunden. Das Wortfeld !' „Elend“ bildet durch die Belege in Hi 36,8.15.21 ein Leitwort im ersten Teil der inhaltlichen Darlegung Elihus in Hi 36,5–15. Es deutet Leiden in dieser Perikope als Elend. Gegenüber den Ausführungen in Hi 33,19–30, in denen Elihu allein die gnädige, durch den Engel vermittelte Befreiung des leidenden Menschen ausführt, ist die in Hi 36 geschilderte Befreiung des leidenden Menschen durch Gott an die Umkehr von unrechten Taten einerseits und das Hören auf Gottes Erziehung andererseits geknüpft. Beide Vorstellungen erinnern an deuteronomistische Umkehrtheologie. 392 Die Gegenüberstellung von '$ „Frevler“ und +#, „Gerechter“ in 36,6–7 weist zurück auf Hi 35,5–8. An den Gedankengang in Vv.5–15 schließen in den Vv.16–21 Mahnungen an eine einzige Person an, die Gottes Erziehung im Leiden auf Hiobs Situation anwenden. 393 Die Vv.16–21 unterscheiden sich von Hi 36,5–15 durch die Anrede an eine 2.P.Sg.m. Das zuvor angesprochene Elend des Leidenden wird in V.16 mit dem Bild des Rachens der Not beschrieben. Gott bleibt aus V.15 Satzsubjekt und befreit Hiob aus der Not.394 V.16a.b zeigen die Weite, die jenseits von Enge und Einengung ist, und die Gelassenheit und Ruhe, die ein gefüllter Tisch bietet, als Ziele der Befreiung an.395 Die Vv.17–20 formulieren Hiobs Situation aus Elihus Perspektive, der diesen als Frevler erachtet, den Recht und Gericht ergreifen. Der warnend verurteilende Redestil Elihus ähnelt den Verurteilungen Hiobs durch Elihu in Hi 34,7–9.34–37; 35,15f., jedoch liegt in Vv.16–21 anstelle einer ab392
Vgl. HABEL, OTL, 504–508; CLINES, WBC 18A, 859f. Zu einer Lehre von den zwei Wegen vgl. Dtn 30,15–20; Jer 21,8f.; Sir 15,14–17; vgl. dazu Kap. 3.2.2. 393 Vgl. B UDDE, HK, 229; Weiser, ATD, 232; FOHRER, KAT, 477. CLINES, WBC 18A, 862, ist skeptisch, inwieweit in Vv.16–25 die Aussagen in Vv.5–15 auf Hiob hin angewendet werden. W AHL, Schöpfer, 111f., sieht hier die Gedanken über Sinn und Unsinn des Leids angesichts des gerechten Schöpfers, die nun auf den Fall Hiob übertragen werden, vorliegen. Leid bildet daher als Erziehungsleiden die deutlichste Redeweise Gottes, um Frevler zur Umkehr und in den Dialog mit Gott zu bewegen. 394 Gott als Satzsubjekt nehmen B UDDE, HK, 228; GORDIS , MorS II, 406; DHORME, EtB, 497; DELITZSCH, Buch, 110; DE W ILDE, Buch, 332; MENDE, Leiden, 95, an. Dagegen halten dies DUHM, KHC, 172; DRIVER/ GRAY, ICC, II 277; FOHRER, KAT, 473, für unmöglich und sehen in Hiobs Wohlergehen, seinem Reichtum oder seiner Freiheit das Subjekt des Verses vorliegen. 395 Dagegen sieht STRAUß , BK, 310, hier Hiobs frühere Segnungen vorliegen, die durch ruhende Gelassenheit, einen vollen Tisch als Zeichen des Gesegneten sowie Fülle ausgedrückt werden. Zur Bildsprache „Enge – Weite“, vgl. Gen 26,22; II Sam 22,20; Ps 4,2; 18,20; 31,9; 118,5; 119,45 sowie DE W ILDE, Buch, 337.
120
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
schließenden Verurteilung eine Mahnung vor, die Hiobs Besserung intendiert. Daran schließen eine Begründung in V.18, eine rhetorische Frage in V.19 sowie ein Vetitiv in V.20 an.396 In V.18 warnt Elihu davor, dass Hiob sich nicht über das Maß durch das Recht über den Frevler anstiften lassen solle, er solle sich auch nicht vom Lösegeld verführen lassen. Mit der Frage in V.19 weist Elihu Hiob an, sich weder auf sein Hilfegeschrei in der Not noch auf eigene Kraftanstrengungen verlassen zu können. V.20 warnt davor, nicht nach der Nacht zu lechzen.397 Die Nacht ist der Zeitpunkt, zu welchem Menschen umkommen. Weder eigene, menschliche und selbst gewollte Kraftanstrengung noch großes Geschrei in der Not sind Hilfe oder Möglichkeiten für Hiob, aus seinem Elend befreit zu werden. V.21 beschließt den Abschnitt mit einer Warnung und nimmt mit !' „Elend“ ein Leitwort aus Vv.5–15 wieder auf. Die in Vv.17–20 aufgeführten Mahnungen und Beschreibungen der Situation Hiobs fasst Elihu mit " „Unheil“ in V.21 zusammen. Durch einige Nomina sind die Ausführungen in Vv.16–21 auf Vv.5–15 bezogen: '$ „Frevler“ (36,6.17), j($ „Recht, Gericht“ (36,6.16), '"$ „um Hilfe rufen“ bzw. '"$ „Hilfegeschrei“ (36,13.19), „Kraft“ (36,5.19), " „Unrecht“ (36,10.21) und !' „Elend“ (36,8.15.21). Darüber hinaus liegen Referenzen zu den Elihureden vor. Das Nomen ( „Lösegeld“ in V.18 nennt Elihu mahnend, so dass Hiob sich nicht verführen lassen solle. Hingegen verweist Elihu in Hi 33,24 auf das bereitgehaltene Lösegeld, das der Engel für den vom Tod bedrohten Menschen findet und das die Restitution bewirkt. Elihu warnt Hiob nun in Hi 36,18 davor, sich nicht durch Lösegeld verführen und damit selbstsicher auf die eigene Befreiung zu verlassen. Mit '"$ „Hilfegeschrei“ in Hi 36,19 liegt ein Bezug zu Hi 35,9 vor. Das Geschrei der notleidenden Menschen helfe nicht, so Elihu, sondern die Hinwendung zu Gott, dem Schöpfer, wäre in der Not angemessen. Das Motiv der Nacht ist bereits in Hi 34,25 als Zeitraum göttlichen Handelns im Gericht genannt; darüber hinaus ist die Nacht in Hi 35,10 als Zeit der Bedrückung benannt.398 396 W AHL, Schöpfer, 112f., sieht dagegen eine konzentrische Struktur in Vv.16–21 vorliegen: Die rhetorische Frage in V.19 werde von je zwei Mahnungen in Vv.17f. und Vv.20f. gerahmt, wobei Elihus Vorwurf an Hiob in dessen einseitig gestörtem Gottesverhältnis bestehe. 397 Diese Warnung erinnert an Hi 34,20f., sie entgegnet aber auch Hiobs Wunsch, er wäre in der Nacht vor Gott sicher (vgl. Hi 3,1ff.; 7,10ff.; 10,18ff.; 17,13ff.), so W AHL, Schöpfer, 113. Einen ironischen Beigeschmack sieht dagegen C LINES, WBC 18A, 864, vorliegen, da Hiob weit davon entfernt sei, nach der Nacht zu lechzen (vgl. Hi 7,3f.; 30,17). 398 Vgl. auch P OPE, AncB, 235, der die Nacht als Zeit der Katastrophe unter Verweis auf Hi 34,20.35; Dan 5,30 versteht. B UDDE, HK, 230, versteht sie als Nacht des Todes. MENDE, Leiden, 100, belässt MT und versteht die Nacht als Bild für das göttliche Ge-
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
121
Elihu intendiert in Vv.16–21 Hiobs Handeln zu verurteilen. Er warnt ihn vor Selbstüberheblichkeit sowie davor, sein Lösegeld zu überschätzen oder sich in seinem Klagen auszuruhen. Selbsterlösungs- und Selbstbefreiungstätigkeiten Hiobs durch eigene Kraftanstrengung werden durch Elihu eindeutig abgelehnt. Mit dem Wortbezug !' „Elend“ in V.21 zu V.15 nimmt Elihu den Gedanken der Befreiung aus dem Elend auf. Dem Abschnitt fehlen auf Gott bezogene theologische Implikationen, die Elihu in V.2b als Gegenstand der Rede genannt hat und die in den nachfolgenden Vv.22–33 wieder aufgenommen sind. Die Vv.16–21 unterbrechen die inhaltlichen Ausführungen in Hi 36,5–15.22–33 durch die ausschließliche Adressierung Hiobs und lassen eine Fortschreibung der Schlussrede plausibel erscheinen. Hi 36,22 führt den inhaltlichen Gedankengang aus Hi 36,5–15 fort. Er ist wie Hi 36,5 mit „siehe Gott“ eingeleitet und greift den Begriff „Kraft“ auf. Die These in 36,22a nennt Gottes Macht und Erhabenheit. Sie wird durch die drei nachfolgenden rhetorischen Fragen in Hi 36,22b.23, die jeweils die Verneinung implizieren, unterstützt: Gott ist ein unvergleichlicher Lehrer, niemand hat ihm seinen Weg angewiesen und keiner sagt, Gott habe Unrecht getan.399 Gott ist in 36,22 singulär im Hiobbuch als
" „Lehrer“ bezeichnet.400 Lassen Hi 36,22f. weitere inhaltliche Gedanken erahnen, so überrascht die Adressierung einer namenlosen Person mit dem Imp.Sg.m. „gedenke“ in 36,24. Da Hi 36,22f. Aussagen über Gottes Erhabenheit und Lehrtätigkeit formulieren, ist es in Hi 36,24 undenkbar, dass Gott adressiert ist. Vielmehr liegt wie in Hi 36,16–21 eine namenlose Anrede vor, die an Hiob als Adressaten denken lässt. Richtet in Hi 36,16–21 Elihu negative Warricht, da der Begriff
in Hi 34f. mehrmals im Zusammenhang von Gerichtsaussagen gebraucht ist. STRAUß , BK, 311f., sieht in der Nacht eine „nachexilische, metaphorische Chiffre für das göttliche (Völker-)Gericht“. GORDIS, MorS II, 418, sieht in den Völkern das Subjekt zum Inf.cstr. und einen Bezug zu Hi 24,13–17 sowie 34,20.25 vorliegen. 399 Vgl. Jes 40,13; Dan 4,35; siehe auch Hi 34,32b; Hi 9,12b; 21,31 zu Gottes alleiniger Macht. 400 Die Bezeichnung " „Lehrer“ gilt einem lehrenden Priester, so II Reg 17,28; II Chr 15,3; Hab 2,18, oder einem die Lüge lehrenden Prophet, so Jes 9,14. Nach Prov 5,13 kann man sich auch des Gehorsams seinen Lehrern gegenüber verweigern. Jes 28,26 überliefert, dass ein Bauer durch den Kreislauf von Saat und Ernte von Gott belehrt wird. In Jes 30,20f. wird von Gott zweimal als Lehrer gesprochen. Das Motiv der Erziehung ist in eine Leidenssituation eingebunden. Der Mensch wird in Jes 30,21 zur Beachtung des rechten Weges aufgefordert, während in Hi 36,11f. der Mensch umkehrt und dient. In der Psalmenliteratur ist belegt, dass der Beter Gott bittet, er möge ihm seinen Weg lehren, vgl. Ps 27,11; 86,11; 119,33. In einem Makarismus wird in Ps 94,12 ein Mann gelobt, den Gott erzieht und der durch Gottes Weisung unterrichtet wird. In all diesen Belegstellen liegt eine Anrede an Gott vor. Ps 25,8.9.12 berichtet über Gottes Lehrtätigkeit; vgl. STRAUß , BK, 312f. In Dan 2,47; 5,23 ist die aramäische Form " belegt.
122
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
nungen an Hiob, so folgt in Hi 36,24 eine positive Aufforderung an ihn.401 Die auffordernde Mahnung zum Gedenken ist charakteristisch für die Gebetssprache der Psalmen, allerdings ist hier Gott deren Adressat und nicht ein Mensch.402 Eine Person wird hingegen mit diesem Imperativ in Dtn 9,7; 32,7; II Reg 9,25; Hi 4,7 adressiert. Eine Parallele liegt folglich dem Stil nach zwar zur Gebetssprache der Psalmen vor, jedoch entspricht die Anrede an eine einzelne Person dem Gebrauch in den erzählenden Schriften. Hi 36,24 ist durch einen Stichwortbezug mit Hi 36,23 verbunden: Das Nomen
'( „Werk“ in V.24 nimmt das Verbum '( „tun, machen“ in V.23b wieder auf. Aus der rhetorischen Anfrage, wer sagen könne, dass Gott Unrecht getan habe, folgt in V.24a der Lobpreis des Menschen über Gottes Werk. Hi 36,25 schließt durch das Suffix 3.Sg.m. " „es“ an " '( „sein Werk“ in Hi 36,24 an. Die Vorstellung, dass ein Mensch Gottes Werk schauen kann, blickt auf die Ausführungen in Hi 36,27–37,13 voraus, in denen Gott in seiner Beherrschung der meteorologischen Phänomene und in Licht und Donner erscheinend vorgestellt wird. Jedoch schaut es der Mensch nur von Ferne. Die Formulierung +" „von Ferne“ greift auf die Einleitung in 36,3 zurück, in der Elihu bekundet, sein Wissen von fern her zu nehmen. Hi 36,26 ist wie Hi 36,5.22 mit „siehe Gott“ eingeleitet. Es liegt mit dem Adjektiv &$ „erhaben“403 eine wiederholte These über Gottes Erhabenheit vor, die bereits mit dem entsprechenden Verbum in Hi 36,24 ausgesagt wird. Mit der Verbalform '#! „wir wissen nicht“ wechselt Elihu nach V.24 wieder die Anrede und identifiziert sich mit dem Auditorium.404 Darüber hinaus werden über Gott die Zahl seiner Jahre sowie seine Unergründlichkeit benannt, die beide dem Menschen entzogen bleiben. Die thetischen Formulierungen in V.22 und V.26 haben beide Gottes Erhabenheit zum Inhalt und erwecken den Eindruck einer Dopplung. Aufgrund des Anredewechsels von Hi 36,22f. zu Hi 36,24, des syntaktischen Anschlusses von V.25 und V.24 und der Doppelung von V.22 und V.26 scheinen Vv.24–26 eine nachträgliche Ergänzung zu sein. In Hi 36,27–33 begründet Elihu seine Thesen über Gottes Erhabenheit, Lehrtätigkeit und Unergründlichkeit mit Gottes Beherrschung der Wetter401
Die Beobachtung, dass in V.24 die Mahnungen aus Vv.16–21 wieder aufgenommen werden, findet sich auch bei W AHL, Schöpfer, 118. Dass die Vv.22–25 als positive Mahnung ein Pendant zu Vv.16–21 als negative Warnung darstellen, bereits bei W EISER, ATD, 234. 402 Der Imperativ, plene geschrieben, ist des Weiteren in Ex 32,13; Dtn 9,7.27; 32,7; II Reg 9,25; Jer 14,21; 18,20; Ps 25,6; 74,2.22; 89,51; 132,1; 137,7; Thr 5,1; Hi 7,7 belegt. Die defektive Schreibweise belegen Hi 4,7; 10,9; II Reg 20,3; Jes 38,3; 44,21; Mi 6,5; Ps 25,7; 74,18; 89,48; 119,49; Neh 1,8. 403 &$ „erhaben“ ist nur in Hi 36,26; 37,23 und Aramäisch in Dan 2,6.12.31.48; 4,7.9.18; 5,9; 6,15.24; 7,5.28; Ez 5,11 belegt. 404 Vgl. zu diesem Phänomen Hi 34,4.37.
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
123
phänomene. Gottes Macht im Wetter schildert Elihu in deskriptiven Aussagen. Vv.27–28 beschreiben die Entstehung des Wasserkreislaufes, der auf Gottes Tun zurückgeführt wird. V.27 führt die Entstehung der Regenwolken aus und in V.28 folgt das Rieseln und Träufeln des Regens auf die Menschen.405 V.29 zeigt Gottes Macht in den von ihm ausgespannten Wolken und in dem Krachen seiner Hütte an. Er dient der Überleitung zu Vv.30–33. Gottes Macht reicht nach V.30 vom Ausspannen des Lichtes bis zu den Gründen des Meeres. Gott richtet Völker, gibt Speise in Fülle (V.31) und ist Herr über das Licht (Vv.30.32).406 V.33 führt ebenfalls den Donner auf Gottes Macht zurück. Der Verweis auf die beträufelten Menschen (V.28) und das Richten der Völker (V.31) zeigt an, dass Gottes Tun nicht unabhängig und losgelöst von Menschen geschieht.407
405 Vgl. DUHM, KHC, 174: „Der Verf. weiss bereits, dass die Wolken aus der Ausdünstung des Meeres entstehen, der Dichter der Gottesreden weiss es noch nicht, sondern nimmt an, dass Gott irgendwo Speicher für die Atmosphärilien habe (Cap. 38,22ff.). Komisch ist die Ausrede, dass Gott Cap.38 dem Hiob Rätsel aufgeben wolle und darum so thue, als ob der Mensch die Entstehung des Regens nicht kenne: wenn es doch eben vorher Elihu auseinandergesetzt haben soll! Der Verf. der Elihureden ist eben ein paar hundert Jahre jünger als der Dichter und hat, wahrscheinlich irgendwie durch griechische Vermittlung, einige neue Kenntnisse in der Physik erworben. Das Herausziehen der Tropfen ist natürlich gleichwohl für ihn ein Geheimnis und Wunder.“ Der Argumentation DUHMS schließt sich CLINES , WBC 18A, 869f., unter Berufung auf Hi 38,25–27.37f., an; vgl. auch STRAUSS, BK, 314f. Dagegen sieht MENDE, Leiden, 101, nicht, dass die Entstehung des Wasserkreislaufes dem Autor des Textes bekannt gewesen ist. 406 Die Versfolge in Hi 36,26–33 ist umstritten, so dass Versumstellungen Konsequenzen für V.31 mit sich bringen: Vv.29f. werden vorangestellt und folgen auf V.26, so dass V.31 direkt an V.28 anschließt, so DE W ILDE, Buch, 339. Alternativ dazu wird die Versfolge in Vv.26–28 belassen, V.31 wird vor V.29 eingefügt und V.32 folgt auf V.30; vgl. DHORME, EtB, 506f.; POPE, AncB, 231; 236f.; LÉVÊQUE, Job, 588, und CLINES, WBC 18A, 828. Da B UDDE, HK, 233f.; HÖLSCHER, HAT, 86, V.29f. ebenfalls als Glosse streichen, folgt V.31 auf V.28. Es halten DRIVER/ GRAY, ICC, I 316f.; GORDIS, MorS II, 408f., 422; HABEL, OTL, 496; HARTLEY, NICOT, 475; MENDE, Leiden, 87, 107, und W AHL, Schöpfer, 115, an MT fest. Im Unterschied dazu haben einige Kommentatoren V.31 im Anschluss an V.28 gestellt, da die Thematik des Speisen-Gebens nicht in den Kontext des Blitzes passe, sondern vielmehr an den rieselnden und träufelnden Regen in V.28 anschließe. ' in V.31a knüpfe an # in V.28b an, das Suffix Pl.m. beziehe sich auf +$ in V.28a; vgl. LÉVÊQUE, Job, 588; POPE, AncB, 231; 236f.; CLINES, WBC 18A, 828; 871; DRIVER/ GRAY, ICC, I 316. Jedoch zerreißt man bei Einfügung von V.31 vor V.29 den thematischen Zusammenhang der Wolken, die in V.28f. genannt werden, zudem leitet V.29 zur Gewitterthematik in Vv.30–33 über. An der in MT überlieferten Versfolge halten HABEL, OTL, 496; 499; W AHL, Schöpfer, 115; DELITZSCH, Buch, 112; DUHM, KHC, 175; WEISER, ATD, 231; MENDE, Leiden, 87; 107, fest. 407 CLINES, WBC 18A, 870, spricht daher auch von Gottes Taten als ‚human-related network‘.
124
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
V.27b fällt durch den Terminus # auf, der nur in Gen 2,6 eine weitere Belegstelle aufweist. Die Übersetzungsvarianten wie Interpretationen variieren und lassen sich wie folgt klassifizieren:408 Das Nomen # kann mit „Wasserflut“ oder „Wasserstrom“ wiedergegeben werden.409 Bei Annahme einer identischen Übersetzung wie in Gen 2,6 wird in Hi 36,27 mit „Dunst“ oder „Nebel“ übersetzt.410 Wiederum andere lehnen eine Parallele von Hi 36,27 zu Gen 2,6 ab und ziehen stattdessen zur Bedeutungsklärung Lehnwörter aus der altorientalischen Umwelt heran. Ein Bezug zum Sumerischen ID oder zum Akkadischen edû wird ebenfalls herangezogen. Es ist # „Strom“ als Grundbedeutung angenommen, der einerseits den unterirdischen Süßwasserstrom oder Grundwasser in Gen 2,6, andererseits den himmlischen Strom in Hi 36,27 meinen kann. Die Herleitung des Nomens von Sumerisch ID und Akkadisch edû lässt auf „Wasserfluten“ als Übersetzung schließen.411
Die Vv.27–30 zeichnen sich durch verschiedene Wasserthematiken aus, die mit den Worten %j! „Tropfen“, „Wasser“, j „Regen“ und # „Wasserflut“ in V.27 sowie „Meer“ in V.30 ausgedrückt werden. Nach V.29 hat Gott in der "s „Hütte“ einen Ort, von dem aus er die Macht zur Beherrschung des Wetters hat. V.31b benennt, dass Gott Speise in Fülle gibt. Das Verbum hi. „voll machen“ ist daneben nur in Hi 35,16 gebraucht und stellt einen Bezug zum Adjektiv „mächtig“ her. Es ist als Gottesprädikat in Hi 36,5 genannt und bezeichnet Gott als mächtig. Gott gibt nach Hi 36,31 etwas von dem, was er selbst ist. Mit der Beschreibung in Hi 36,27–33 reicht der Machtbereich Gottes von den Wolken, über den Regen bis hin zu den Gründen des Meeres. Gott trägt Sorge für die Fruchtbarkeit des Landes und für die Speise der Völker. Hi 37,1–6 bilden eine neue Sinneinheit. Das Subjekt „mein Verstand“ in Hi 37,1 nimmt Bezug auf den Redner. Die Figura Ethymologica in Hi 37,2 mit dem Imp.Pl. '"$ "'$ „hört immer“ unterstützt den Beginn eines neuen Abschnittes. Beide markieren gegenüber den vorangegangenen Ausführungen ein Textsignal für eine neue Sinneinheit, auch wenn an Hi 36,27–33 mit % „trotz diesem“ in Hi 37,1 anaphorisch angeknüpft wird. Die Adressierung einer Personengruppe in Hi 37,2 fällt gegenüber 408 Die Diskussion ist zusammengefasst bei K AISER, Bedeutung, 101–107; MENDE, Leiden, 102f.; CLINES, WBC 18A, 827. 409 Vgl. FOHRER, KAT, 480, der mit „Wasserstrom“ übersetzt und MENDE, Leiden, 87; 102f., die # unter Verweis auf Ps 104,13 als „Wasserflut“ versteht. 410 HÖLSCHER, HAT, 86, übersetzt V.27 „Wie er des Wassers Tropfen, anzieht, wie er den Regen in Dunst zerstiebt.“ und lehnt ein Verständnis von # als Flut himmlischer Meere explizit ab. So auch W EISER, ATD, 231. W AHL, Schöpfer, 114f., übersetzt mit „Nebel“, so dass V.27 einen synonymen Parallelismus darstellt, der den Wasserkreislauf in drei Stadien beschreibt. DUHM, KHC, 175, ändert in "# und übersetzt mit „Nebel“. Mit „mist“ übersetzen DRIVER/ GRAY, ICC, II 282; CLINES, WBC 18A, 827. 411 Vgl. The Assyrian Dictionary, s.v. edû, 35f. Die Herleitung von ID und ednj bereits bei ALBRIGHT, Matter, 102f.; SPEISER, ‘Ed, 9–11. Vgl. P OPE, AncB, 235f.; GORDIS, MorS II, 419; MENDE, Leiden, 102. KAISER, Bedeutung, 106, spricht sich unter Verweis auf edû als akkadische Parallele für „Flut“ als Übersetzung aus.
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
125
der Anrede Hiobs in Hi 36,2–4.16–21.24 auf. Auch wenn stilistisch ein Bruch durch Hi 37,1–2 vorliegt, bleibt Gott aus Hi 36,22–33 Thema der Ausführungen in Hi 37,2–6. Dies ist mit den Suffixen in Hi 37,2–4 sowie mit der Nennung von als Gottesbezeichnung in Hi 37,5 deutlich. Das Wort "+ „Stimme“ ist Leitwort der Verse. Die Ausdrücke & „Toben“, &$ „brüllen“ und ' „donnern“ evozieren Gottes Theophanie. Durch " „Licht“ und ' „donnern“ sind Elemente einer Naturerscheinung im Gewitter, durch die Begriffe ( „Mund“ und "+ „Stimme“ anthropomorphe Bilder und mit dem Verbum &$ „brüllen“ das Bild eines Löwen in das Gottesbild integriert. Gottes Machtbereich reicht nach Hi 37,3 von $ „unter dem ganzen Himmel“ bis ~ "(! ' „an die Enden der Erde“. 412 In Hi 37,5 wird zusammengefasst, dass Gott große Dinge tut. Elihu identifiziert sich wieder mit seinem Auditorium durch die Formulierung '#! " „und wir wissen nicht“. Sie ist wörtlich aus 36,26 übernommen. Hi 37,6 begründet Hi 37,5 und es folgt die in Hi 37,2 angekündigte Rede Gottes. Gott befiehlt Schnee und Regen zur Erde zu fallen. Den folgenden Beschreibungen über Gottes Beherrschung der Wetterphänomene in Hi 37,7–13 sind in Vv.7–8 Aussagen über Mensch und Tier vorangestellt. Zur Zeit des Winters versiegelt413 Gott den Menschen, damit der Mensch Gottes Tun erkenne (V.7). Die Tiere hingegen suchen ihren winterlichen Unterschlupf in eigener Verantwortung (V.8). In Vv.9–11 sind weitere Wetterphänomene angesprochen, die auf Gottes Tun zurückgeführt werden. Mit # „die Kammer“ ist offenbar ein Ort gemeint, aus dem der Sturmwind herauskommt und den Gott selbst überblickt.414 Parallel zu ("s „Sturmwind“ ist der Begriff „Nordwinde“ verwendet. Die winterliche Szene ist aus V.6 in V.9 durch + „Kälte“ wieder aufgenommen und in V.10 mit + „Frost“ weitergeführt. Gott ist als Verursacher des Frostes explizit mit $! „durch den Atem Gottes“ benannt. In V.11 bleibt Gott handelndes Subjekt und das Motiv des Regens (36,27.28; 37,6), der Wolken (36,28.29) und des Lichtes (36,30.32; 37,3) wird zusammengefasst. In V.12 befiehlt Gott über die Lenkung der Wolken. Den Schluss markiert V.13, da in V.14 ein erneuter Höraufruf folgt. Gott lässt Zu den weiteren Belegstellen von $ zählen Hi 28,24; 37,3; 41,3; Gen 7,19; Dtn 2,25; 4,19; Koh 1,13; Dan 9,12; und von ~ "(! zählen Dtn 22,12; Jes 11,12; Ez 7,2; Hi 37,3; 38,13. 413 Zum Bild des Versiegelns siehe die Ausführungen zu Hi 33,16 in Kap. 2.2.5.3; vgl. STRAUSS, BK, 319, der mit das schützende Verschließen, das zugleich bewahrend in der Hand hält, konnotiert. 414 Vgl. GORDIS, MorS II, 427. Dass hier eine ganz bestimmte Kammer als Herkunftsort des Windes gemeint ist, findet sich auch bei MENDE, Leiden, 122; W AHL, Schöpfer, 122f.; STRAUSS, BK, 320, und CLINES, WBC 18A, 877. Dagegen sieht DUHM, KHC, 177, hier den Sturm aus dem Süden kommen, indem er " in unter Verweis auf Hi 9,9 ändert und zum Vergleich Sach 9,14; Ps 78,26 heranzieht. 412
126
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
seinen Erdkreis mit den Wettererscheinungen zum Strafstock oder aus Gnade treffen. Die Nomina j$ „Strafstock“ und #s „Gnade“ sind einander gegenüber gestellt.415 Wie der Mensch auf Gottes Erziehungsmaßnahme hören oder nicht hören kann (Hi 36,11f.), so kann Gott strafend oder gnädig in der Welt handeln. Die Kombination von deskriptiven Aussagen über Gott in Hi 36,26–33; 37,6–13 und der Theophanieschilderung in Hi 37,1–5, die unerwartete Adressierung einer Personengruppe in Hi 37,2.5 und die Bezugnahme auf den Redner in Hi 37,1 lassen auf ein Textwachstum der Schlussrede schließen.416 Das Vokabular der Schlussrede Elihus weist in den deskriptiven Aussagen über Gottes Macht über die meteorologischen Erscheinungen in Hi 36,27–37,13 zahlreiche Stichwortbezüge zu den Gottesreden auf. Zu den Stichwortbezügen zwischen Elihus Schlussrede und der ersten Gottesrede zählen die Worte „Wasser“ in 36,27; 37,10; 38,30.34, j „Regen“ in 36,27; 37,6; 38,28, +$ „Wolke“ in 36,28; 37,18.21; 38,37 und ' „Wolke“ in 36,29; 37,11.16; 38,34. Des Weiteren bilden die Worte "$ „Krachen“ in 36,29; 39,7, "s „Hütte“ in 36,29; 38,40, $( „ausbreiten“ in 36,30; 39,26, s pi. „bedecken“ in 36,30.32; 38,34, und #&! hi. „berichten“ in 36,9.33; 38,4.18 Referenzen zwischen Hi 36 und der ersten Gottesrede.417 Die Theophanieschilderung in Hi 37,1–5 bereitet in V.5b mit dem Stichwort " (! „Wundertaten“ den abschließenden Teil der Elihurede in Hi 37,14 vor, der mit " (! „Wundertaten Gottes“ die durch Gottes Macht entstandenen Wetterphänomene explizit als Gottes Wunder nennt. Mit der Formulierung " #& $' „er tut Wunder“ und dem Nomen " (! „Wundertaten“ in 37,5b liegt eine Referenz zu Hi 5,9; 9,10; 42,3 vor. Die Theophanie in Hi 37,1–5 ist des Weiteren durch einzelne Stichwortverbindungen mit den Gottesreden verbunden. Das Nomen " „Licht“ in 36,30.32; 415 Vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, I 320; WEISER, ATD, 235; FOHRER, KAT, 483. W AHL, Schöpfer, 124, sieht in Gottes Naturwalten, dass Gott auf Erden durch Segen und Strafe für Gerechtigkeit sorgt. 416 Dagegen sind die Ausführungen in Hi 36,27–37,14 als Hymnus auf Gottes Walten in der Natur aufgefasst worden, die später ergänzt seien, da sie im Widerspruch zu Hi 35 mit dem Lobpreis Gottes durch den Menschen stehen; vgl. FOHRER, KAT, 478–483. DE W ILDE, Buch, 339–350, erweitert den Hymnus um das Ende der Elihureden. Zum Hymnus in Hi 36f. vgl. auch NEWSOM, Book, 220–223; DIES., Hymn, 160–174. Die Differenz zwischen Hi 35 und Hi 36 lässt jedoch nicht darauf schließen, dass es sich in Hi 36,27– 37,14 um einen sekundären Hymnus in den Elihureden handelt. Auch die Einleitung mit
„siehe Gott“ in Hi 36,26, so DE W ILDE, Buch, 341, weist noch kein hinreichendes Merkmal für einen Hymnus auf. Wird der gesamte Text der Schlussrede betrachtet, belegen Hi 36,22–33 einen in Strophen gegliederten Textabschnitt, der in drei vierzeilige und durch Bikola gestaltete Strophen mit „siehe“ in Hi 36,22.26.30 untergliedert werden kann. 417 Vgl. Kap. 3.1.2.4.
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
127
37,3.11.15.21; 38,15.19.24; 41,10 stellt einen Bezug zu beiden Gottesreden her. Allein in die erste Gottesrede weisen die Nomina & „Toben“ in 37,2; 39,24 und %! „Flügel, Ende“ in 37,3; 38,13; 39,13.26. Die Nomina „Herz, Verstand“ in 37,1; 41,16 und "+ „Stimme“ in 37,2.4.5; 38,25.34; 40,9 verweisen in die zweite Gottesrede. Des Weiteren referiert der im Hiobbuch singuläre Ausdruck , "( „er geht aus seinem Mund heraus“ in 37,2b; 41,13b und die Wendung $ „unter dem ganzen Himmel“ in 37,3; 41,3 auf Gottes zweite Rede. Dies trifft ebenfalls für das Verbum ' „donnern“ in 37,4.5; 40,9 zu. In Hi 37,6–13 liegen weitere sprachliche Bezüge in die erste Gottesrede vor. Zu ihnen gehören & $ „Schnee“ in 37,6; 38,22, „Schlupfwinkel“ in 37,8; 38,40, !"' „Lagerstätte“ in 37,8; 38,40, $ „sich legen“ in 37,8; 38,19; 39,28, + „Frost“ in Hi 37,10; 38,29, !' „Wolke, Gewölk“ in 37,11.15; 38,9, ( hit. „sich wenden“ in Hi 37,12; 38,14, das Verbum
", pi. „befehlen“ in Hi 36,32; 37,12; 38,12 sowie das Nomen ~ „Erde“, das in der ersten Gottesrede in Hi 38,4.13.18.24.26.33; 39,14.24, nicht jedoch in Gottes zweite Rede, belegt ist. Die zahlreichen sprachlichen Verknüpfungen durch einzelne Stichwortbezüge zwischen der Schlussrede Elihus und den Gottesreden deuten an, dass Elihu insbesondere in seiner Beschreibung der Macht Gottes in den Wetterphänomenen in Hi 36,27–37,13 die Gottesreden vorbereitet. 418 Es fällt jedoch auf, dass Elihu Gottes Macht lediglich auf das Wetter beschränkt. Hi 37,14–24 beschließen die Schlussrede und die vier Monologe Elihus. Das Ende sowohl der Rede als auch der Monologe ist in Vv.15–24 durch einige Brüche gekennzeichnet, die die literarische Einheitlichkeit des Endes der Elihureden unwahrscheinlich erscheinen lassen. Vv.15–18 sind als Fragen an Hiob gerichtet. In V.19 bezieht Elihu durch den Gebrauch der 1.P.Pl. sein Auditorium mit ein. Vv.20–22 schildern eine weitere Theophanie Gottes, die gegenüber der Theophanieschilderung in Hi 37,1–5 doppelt wirkt. Vv.23f. bilden einen inhaltlichen Schluss der Elihurede, indem „Kraft“ und „Verstand“ als Leitworte der Schlussrede Elihus und j($ „Recht, Gericht“ und +#, „Gerechtigkeit“ als Leitbegriffe der Elihureden aufgenommen sind. Der Höraufruf ! „höre“ in V.14 leitet das Ende der Elihurede ein und Elihu adressiert Hiob namentlich. 419 Er weist zugleich zurück auf Elihus erste namentliche Adressierung Hiobs in Hi 33,1. Das „dieses“
418
Vgl. Kap. 3.1.2.4 und Kap. 3.4.2. Der Imp. ! ist im Hiobbuch nur in Hi 33,1; 34,16 und darüber hinaus im Alten Testament in Num 23,18; Ps 5,2; 39,13; 54,4; 55,2; 78,1; 80,2; 84,9; 86,6; 140,7; 141,1; 143,1 belegt. 419
128
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
knüpft anaphorisch an die vorangegangenen Ausführungen an.420 Dies zeigt sich auch in der Wideraufnahme des Wortes " (! „Wundertaten“, das in Hi 37,5 belegt ist. Die in Hi 36,27–37,13 beschriebenen meteorologischen Phänomene sind in Hi 37,14 als " (! „Wundertaten Gottes“ zusammengefasst und dem Machtbereich Gottes unterstellt.421 In Vv.15–18 folgen an Hiob gerichtete rhetorische Fragen, in denen Elihu anfragt, ob Hiob Gottes mächtige Taten zu verstehen imstande sei. Die Fragen lassen dem Inhalt und der Syntax nach eine Vorwegnahme der Anfragen Gottes an Hiob in Hi 38f. erkennen,422 auch wenn nicht auf Vokabular aus der Gottesrede zurückgegriffen wird. 423 Gott wird in V.15 als " bezeichnet, in Vv.15.18–20 ist durch Suffixe auf ihn Bezug genommen. Vv.15–18 führen Hiob die Begrenztheit menschlichen Verstehens in die Taten Gottes, die sich in den verschiedenen Wetterphänomenen zeigen, vor Augen, so dass er erkennt, dass er Gott nicht vollständig zu erkennen vermag. Hiob weiß nichts über die Entstehung oder Lenkung der Wolken, noch etwas über das Wehen des Windes. 424 Mit V.19 folgt eine Aufforderung an Hiob, sein Wissen an eine Gruppe 1.P.Pl.c. zu verkünden. Mit der nicht spezifizierten Personengruppe könnten Elihu und Hiob oder eine fremde Personengruppe gemeint sein. In V.20 folgt mit # „ich spreche“ ein Bezug auf den Redner. Der Imperativ "!'#" „lasse uns wissen“ ist in den Gottesreden in Hi 38,3; 40,7; 42,4 durch !'#" „lasse mich wissen“ aufgenommen.425 V.21 stellt '" „und jetzt“ voran und leitet die Lichttheophanie von Norden in V.22 ein.426 Während man jetzt kein Licht sieht (V.21a), wird es in den Wolken hellglänzend, so dass das Licht nun von Norden kommt (V.22a). In V.22 ist der "(, „Norden“ der Ort der Gottestheophanie.427 Die
420
Vgl. Hi 35,2; 37,1; zum anaphorischen Verständnis auch STRAUSS, BK, 321. Vgl. STRAUSS, BK, 321. Vgl. auch Ps 136,4–9; 107,24; Sir 42,17; 43,24f.29. Zu Gottes Wundertaten vgl. auch Ex 3,20; 34,10; Jos 3,5; Jer 21,2; Ps 40,6; 72,18; 78,4; 86,10; 98,1; 106,22; 136,4; Hi 5,9; 9,10. Siehe auch Ps 107,24; Sir 42,17; 43,24f.29. 422 Vgl. STRAUSS, BK, 322. 423 Eine Ausnahme bildet das Verbum '# „kennen, wissen, verstehen“, das in den Fragen in Hi 37,15f. jedoch in der PK und in Hi 38,4.18.21.33; 39,1f. in der AK gebraucht ist. 424 Mit dem Verbum '+ hi. „ausbreiten“ liegt eine Anspielung in den priesterschriftlichen Schöpfungsbericht vor, vgl. Gen 1, 7.14f.17. Vgl. C LINES, WBC 18A, 882. 425 Weitere Belegstellen von !'#" „lasse mich wissen“ in Ex 33,13; Ps 25,4; 39,5; 143,8; Hi 10,2; 13,23; mit dem Suffix 1.Pl.c. nur in Hi 37,19. 426 Zur Lichttheophanie vgl. HÖLSCHER, HAT, 90f.; FOHRER, KAT, 485; MENDE, Leiden, 128f.; STRAUSS, BK, 324f. 427 Der Norden ist in Jes 14,13; Ps 48,2f. als Ort Gottes angesehen. Mit "(, ist der Gottesberg Baals, der ebenfalls im Norden lokalisiert ist, angedeutet; vgl. KTU 1.3, III, Z.29; IV, Z. 19.38; V, 51–55. Auch die Nennung des nahenden Gold hat ihre Parallele in der Beschreibung des goldenen Palastes Baals, vgl. KTU 1.4, I, Z. 25–43; V, Z. 30–40; 421
2.5 Die Schlussrede Elihus in Hiob 36–37
129
Nomina +$ „Wolken“ und " „Licht“ nehmen Leitworte der Schlussrede Elihus in Hi 36,28.30.32; 37,3.11.15.18 auf und " „Licht“ verweist zurück in die erste Theophanie in Hi 37,2–5. Das Nomen #" „Hoheit“ stellt einen weiteren Ausdruck für eine Gottestheophanie dar.428 Die Lichttheophanie aus dem Norden in Hi 37,21f. wirkt doppelt gegenüber der Theophanie im Donner in Hi 37,1–5. Vv.23f. beinhalten die abschließenden Aussagen der Elihurede. V.23 gebraucht #$ „Šadday“ als Gottesbezeichnung. Gott ist erhaben in seiner Kraft, dass eine Personengruppe, mit der sich Elihu selbst identifiziert, ihn nicht findet. Daran schließt in V.23b an, dass Gott Recht und Gerechtigkeit nicht beugt und daher in seiner Macht gerecht ist. Aus diesen Aussagen folgert Elihu in V.24, dass Menschen Gott fürchten, Gott aber nicht alle im Verstand weisen Personen sieht. Mit den Verben „fürchten“ und „sehen“ liegt ein Wortspiel vor. Elihu räumt am Ende ein, dass Gott auch den weisen Personen verborgen bleiben kann. Weisheit sei keine Garantie für Gottes gnädige Zuwendung zum Menschen. V.23a nimmt mit &$ „erhaben“ aus Hi 36,24.26 und „Kraft“ aus Hi 36,5.19.22 zentrale Begriffe auf und fasst Gottes Erhabenheit zusammen. V.23b nennt darüber hinaus die für die Elihureden zentrale Gerechtigkeitsthematik. Das Nomen +#, „Gerechtigkeit“ ist in Hi 33,26; 35,8 und das Wort j($ „Recht, Gericht“ in Hi 32,8; 34,4.5.6.12.17.23; 35,2; 36,6 gebraucht. Auch das Schlusswort „Verstand“ verweist in die übrigen Elihureden in Hi 33,3; 34,14; 36,5.13; 37,1.429 V.23f. sind daher als zusammenfassendes Schlusswort der vier Elihureden zu betrachten, das Gerechtigkeit und Macht sowie die Gottesfurcht des Menschen als Summarium nennt. 2.5.4 Rückblick auf die Textentstehung Hi 36–37 ist durch die Redeeinleitung, wie sie auch in Hi 27,1; 29,1 begegnet, als Schlussrede Elihus gestaltet. Die erneute Aufforderung zur Geduld an Hiob in Hi 36,2–4, da Elihu noch mehr für Gott sagen wolle, stellt eine Dublette zur Rednereinführung in Hi 32,6–33,7 dar. Mit Hi 36,5–15 folgt der erste Teil der inhaltlichen Darlegung Elihus über Gottes Macht und seine erhabene Kraft. Sie werden anhand der Erziehung im Elend und Gottes Befreiung des leidenden Menschen, die die Umkehr des Menschen und seinen Gehorsam erfordern, dargestellt. In der notwendigen Umkehr des Menschen beruht der Unterschied in der Erziehung im Leiden zu Hi
vgl. STRAUSS, BK, 324; P OPE, AncB, 286f. Dagegen äußert sich CLINES, WBC 18A, 885, skeptisch bezüglich der Gottesbergassoziation. 428 Vgl. Ps 8,2; 96,6; 111,3; 145,5; 148,13; Hab 3,3; I Chr 16,27; 29,11. 429 Vgl. darüber hinaus auch in Hi 34,10.34 belegt.
130
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
33. Er lässt darauf schließen, dass in Hi 36,5–15 eine Fortschreibung zur ersten Elihurede vorliegt. Die inhaltliche Ausführung wird in Vv.16–21 durch eine ausschließliche Adressierung Hiobs unterbrochen, an die in Hi 36,22f. weitere allgemeine Thesen über Gottes souveräne Macht und Lehrtätigkeit anschließen. Da Hi 36,24–26 wieder durch eine Anrede an eine 2.P.Sg. gekennzeichnet sind und Elihu sich mit dem Gebrauch der 1.P.Pl. mit den Adressaten identifiziert, fallen sie aus dem Argumentationsgang heraus, der von Hi 36,27–33 an fortgeführt wird und die Thesen über Gottes Macht und Lehre mit seiner Beherrschung der Wetterphänomene begründet. Hi 37,1–5 enthält eine Theophanieschilderung, die thematisch in den Kontext von Gottes Handeln im Wetter passt, aber nicht den deskriptiven Aussagen in Hi 36,27–33; 37,6–13 entspricht. Im Unterschied zu diesen Ausführungen liegt in Hi 37,1 ein Rednerbezug vor und Elihu adressiert in Hi 37,2 mit der 2.P.Pl. eine Personengruppe. Hi 37,1–5 erwecken daher den Eindruck einer späteren Fortschreibung. Mit Hi 37,6–14 folgen weitere Schilderungen über Gottes Macht über die meteorologischen Phänomene, die in V.14 durch einen Höraufruf an Hiob zum Ende kommen. Hi 37,15–19 bilden an Hiob adressierte Fragen, die der syntaktischen Struktur zufolge die Anfragen Gottes an Hiob aus Hi 38f. vorwegnehmen, jedoch ohne intertextuelle Referenzen in die Gottesrede auskommen. Die Fragen intendieren offenbar Hiobs Erkenntnis, die er in Hi 36,27–33; 37,6–13 bereits über Gottes Macht über die meteorologischen Erscheinungen gewonnen hat, zu unterstützen und erneut Hiobs begrenzte Einsicht in Gottes Macht zu demonstrieren. Die Theophanieschilderung Gottes mit seinem Kommen im Licht vom Norden her manifestiert Gottes Macht im Wetter und ist gegenüber der Theophanie in Hi 37,1–5 doppelt. Die abschließenden Aussagen Elihus in Hi 37,23f. setzen ein umfangreiches Korpus der Elihureden mit einer bearbeiteten Rechts- und Gerechtigkeitsthematik voraus. Diese Beobachtungen führen zu der Annahme, dass zum Grundbestand der ursprünglichen Elihurede in Elihus Schlussrede in Hi 36–37 lediglich Hi 36,22f.27–33; 37,6–14 zu zählen haben. Mit Hi 36,22f. schließt Elihu an seine Redeabsicht in Hi 33,33, dass er Weisheit verkünden wolle, an.430 Elihus Weisheit besteht darin, Gott in seiner Macht und als Lehrer zu beschreiben. Die Lehre Gottes zeigt sich dem Menschen in den Wetterphänomenen, in denen Gott seine Macht in Hi 36,27–33; 37,6–13 demonstriert. Mit den deskriptiven Aussagen über Gottes Lehrtätigkeit und Macht im Wetter bereitet Elihu die Gottesreden in Hi 38f. vor. Der Höraufruf in Hi 37,14 bildet den Schluss der Elihurede. Mit ihm fasst Elihu die Wetter-
430
Kap. 2.3 und Kap. 2.4 haben gezeigt, dass Hi 34 und Hi 35 nicht zum ursprünglichen Textbestand der Elihurede zählen.
2.6 Zusammenfassung
131
phänomene als Gottes Wundertaten zusammen und bereitet Hiob auf das Hören der Gottesrede vor. In Hi 36,5–15 liegt somit eine erste Fortschreibung der Grundschicht vor, die Gottes Erziehung im Leiden ausformuliert und um den Aspekt der menschlichen Umkehr als Bedingung für die Befreiung vom Elend durch Gott ergänzt. Mit dem Gedanken der Umkehr unterscheidet sich Hi 36,5– 15 von Hi 33,15–30. Als Schlussrede sind Elihus Ausführungen erst mit der Einfügung der Redeeröffnung in Hi 36,1 und der Redeeinleitung in Hi 36,2–4, die die Motive aus Hi 32 wieder aufnimmt, gestaltet. Eine Redeeinleitung wird notwendig, um Hi 36f.* von der eingeschriebenen zweiten Elihurede in Hi 34* abzugrenzen. Wie in Hi 36,2–4 redet Elihu auch in Hi 36,16–21 Hiob direkt an. Die Anrede an Hiob in Hi 36,16–21 führt den Gedanken der Erziehung Gottes im Leiden aus Hi 36,5–15 auf Hiobs Situation hin aus. Liegen in Hi 36,16–21 negative Warnungen an Hiob vor, so schließt in derselben Fortschreibung an die Thesen über Gottes Lehrtätigkeit und Macht in Hi 36,22f. eine positive Aufforderung an Hiob in Hi 36,24 an, dass Hiob Gottes Werk preisen möge. Darauf folgt eine Überleitung zu den deskriptiven Aussagen. Hi 36,25f. fasst Gottes Tun als sein Werk zusammen, behauptet Gottes Souveränität und die Begrenztheit menschlicher Erkenntnis in Gottes Taten. Die Theophanieschilderungen in Hi 37,1–5.20–22 bereiten Gottes Erscheinen im Sturmwind explizit als Gottesoffenbarung vor und schildern sein Kommen. Die in den deskriptiven Aussagen beschriebene Macht Gottes über die Wetterphänomene erweist sich in Hi 37,1–5.20–22 durch Gottes eigenes Erscheinen in Donner und Licht. Die Schlussaussagen in Hi 37,23f. nehmen Gottes Macht und Gerechtigkeit als zentrale Gedanken der Elihureden wieder auf und bilden eine weitere spätere Ergänzung in der Komposition der Elihureden. Die Redeeröffnung der Schlussrede Elihus setzt die Einleitungen der Schlussreden Hiobs in Hi 27,1; 29,1 voraus. Die Vorstellung von Gottes Erziehung in Hi 36,5–15 sowie von dem Lösegeld in Hi 36,18 setzen Elihus erste Rede in Hi 33,19–30 als bekannt voraus. Der zweite Teil der Schlussrede weist zahlreiche Stichwortbezüge in die Gottesreden auf und scheint diese zu kennen.
2.6 Zusammenfassung 2.6 Zusammenfassung
Die Analysen haben gezeigt, dass die vier Monologe Elihus keine literarische Einheit bilden, obwohl sie eine abgeschlossene Texteinheit in der Hiobkomposition darstellen. Die breit ausgestaltete Eröffnungsrede Elihus
132
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
in Hi 32f. weist einige Spannungen auf, die zu dem Schluss führen, dass die Selbsteinführung Elihus in Hi 32 literarisch nicht einheitlich ist. Der narrative Teil in Hi 32,1–5 betont in Vv.2–5 Elihus zorniges Auftreten. Dies steht im Widerspruch mit seinem behutsamen und demütigen Auftreten im poetischen Teil in Hi 32,6–10. Weist bereits dieser Unterschied Vv.2–5 als Fortschreibung aus, wird diese Erkenntnis durch Dubletten in V.1 und Vv.2–5 verstärkt. Dass die Freunde keine Antwort mehr an Hiob vorbringen können, sagt bereits V.1 und wird in Vv.3.5 erneut erwähnt. Des Weiteren doppeln sich die Aussagen über Hiobs eigene Gerechtigkeit in V.1 und Vv.2–3. Die Einführung des Redners mit der Nennung seiner familiären Abstammung und regionalen Herkunft in Vv.2.6 bilden eine weitere Wiederholung in der narrativen Einleitung. Hi 32,11–17 fallen gegenüber der Adressierung Hiobs in Hi 32,10 durch einen Wechsel der Anrede in der 2.P.Pl. auf. Zudem redet Elihu in Hi 32,12 über Hiob, nachdem er sich zuvor in Hi 32,6–9 an ihn und seine Freunde wendet und in Hi 32,10 ausschließlich Hiob anspricht. In Hi 32,11–17 liegt daher die ausschließliche Anrede an Hiobs Freunde vor. Elihu distanziert sich von ihren Erwiderungen und intendiert eine eigene Antwort. Er deutet an, dass seine Lehre Gott als Lehrer und Unterweiser für Hiob beinhaltet. Eine Adressierung fehlt in Hi 32,18–22 und Elihu nennt allgemein seine Redeabsicht. Die alleinige Anrede Hiobs in Elihus erster Rede setzt mit Hiobs Namensnennung in Hi 33,1 ein. Darauf folgen Elihus Einführung vor Hiob und angebliche Zitate Hiobs als inhaltliche Anknüpfung der Elihurede. Den Äußerungen Hiobs, in denen er seine Unschuld behauptet und Gott seinen Feind nennt, widerspricht Elihu. Er entwirft stattdessen das Bild eines sich offenbarenden Gottes, der den leidenden Menschen in Traum, Vision oder Krankheit erzieht. Gottes Erziehung intendiert die Befreiung des Menschen vom Leiden zu neuem Leben. Die Befreiung kann ein Fürspracheengel durch seine gnädige Zuwendung vermitteln, so dass der kranke Mensch körperlich restitutiert wird und seine Gerechtigkeit von Gott zurück erhält. Die Restitution des leidenden Menschen ist zweifach geschildert. In Hi 33,25 wird der leidende Mensch körperlich restituiert und in Hi 33,26–28 folgt die Wiederherstellung der GottMensch-Relation mit der Gabe von Gottes Gerechtigkeit. Da die Reaktion auf die Krankheit in Hi 33,25 aus dem Argumentationsgang Elihus in Hi 33,19–30 folgt, deutet die Gerechtigkeitesthematik in 33,26–28 auf sekundären Zuwachs in der Komposition der Elihureden hin. Die Argumentation Elihus in Hi 33,15–30 zeichnet sich mit Ausnahme von Hi 33,15a und der doppelten Restitution des vom Tod bedrohten Menschen in Hi 33,26–28 durch logische Stringenz aus. Demzufolge gehören Hi 32,1.6a.6a–10. 18–22; 33,1–14.15a.b.16–25.29–33 der Grundschicht der Elihureden an.
2.6 Zusammenfassung
133
Die Analyse der zweiten Elihurede hat gezeigt, dass Hi 34 nicht aus der Hand desselben Verfasserkreises stammt wie Hi 32f. und die Rede in Hi 34 selbst literarisch nicht einheitlich ist. Angesichts der textinternen Spannungen hat sie wohl einen mehrstufigen literarischen Wachstumsprozess durchlaufen. 431 Die Redeeröffnungsformel in Hi 34,1 setzt Elihu als bekannten Redner voraus. Da Elihu bereits in Hi 32 eingeführt worden ist und keine andere Person vor Elihus Rede in Hi 34 gesprochen hat, deutet die erneute Redeeröffnung in Hi 34,1 auf literarischen Zuwachs hin. Der Vergleich zwischen den Auditorien der beiden Reden zeigt ebenfalls, dass die adressierten Personengruppen verschieden sind. So spricht Elihu in Hi 34 weise Personen und Hiob nacheinander, hingegen in Hi 32f. alle vier Vorredner, allein Hiob oder allein seine Freunde, an. Da Elihu Hiobs Freunde nicht als weise erachtet, ist eine Identifizierung der weisen Personen in Hi 34 mit den Freunden Hiobs ausgeschlossen, so dass Elihus Auditorium in Hi 34 von den Adressaten in Hi 32f. unterschieden werden muss.432 Demzufolge ist Hi 34 in Gänze als Fortschreibung zu betrachten. Wird die Rede in Hi 34 im Einzelnen analysiert, so deuten verschiedene Indizien auf ein weiteres Textwachstum hin: Elihu spricht über Hiob mit der Nennung seines Namens in Hi 34,5.7.35.36 und er redet ihn gleichzeitig ohne namentliche Nennung in Hi 34,16.17.33 an. Neben der Adressierung Hiobs sind in Hi 34,2.10.34.37 weise Personen angesprochen, in Hi 34,34f. spricht Elihu über sie und in Hi 34,37 identifiziert er sich wie in Hi 34,4 mit seinem weisen Auditorium. Die Adressatenwechsel innerhalb der zweiten Elihurede deuten auf einen weiteren Fortschreibungsprozess hin. Die durch die Anrede an eine zweite Person gekennzeichneten Redeteile in Hi 34,16–22.33 bilden eine Ergänzung, die Elihus Ausführungen in seiner zweiten Rede auf Hiob ausrichten, so dass Vv.16–33 durch seine Adressierung gerahmt werden. Die Verurteilung Hiobs in Vv.34f., die den Adressatenkreis der weisen Personen nennt, stellt einen weiteren Einschub vor dem Schlussurteil in Vv.36f. dar. Eine Ergänzung bildet auch das Urteil über Hiob in Vv.7–9, das den Schluss bereits vor der Rede vorwegnimmt. Werden die Einschübe aus der zweiten Elihurede herausgestrichen, umfasst der älteste Textbestand von Hi 34 die Vv.1–6.10–15.23–32.36f. Sie ist im zweiten Fortschreibungsprozess ergänzt worden. Die ursprünglich eine Elihurede wird durch Hi 34* unterbrochen und in drei Reden gestaltet. 431 Es ist bereits die These, Hi 34 bestehe aus einer zu den Elihureden gehörenden Grundschicht sowie drei weiteren Bearbeitungsschichten, aufgestellt worden, vgl. dazu MENDE, Leiden, 46f.; 68f.; 139–143; 275f.; 290–298. Im Unterschied zu M ENDE, Leiden, 68f.; 290–298, die den Grundbestand der zweiten Elihurede in Hi 34,2–6.10b–15.21– 24.26–29a der Elihu-Grundschicht zurechnet, hat die Analyse in Kap. 2.3.3 gezeigt, dass Hi 34 in Gänze gegenüber Elihus Eröffnungsrede später ergänzt worden ist. 432 Vgl. die Ausführungen in Kap. 2.3.3.
134
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
Die Anrede an ein weises Auditorium lässt Hiob zum Rechtsfall der Diskussion werden. Die Behauptung von Hiobs Gerechtigkeit und Gottes Ungerechtigkeit bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt der Rede. Elihu widerspricht vehement, indem er Gottes Recht, seine Vergeltung und sein Gerichtshandeln, das Frevler und Mächtige umkommen lässt, ausführt. Hiob wird abschließend verurteilt. Mit Hi 34* ist Gottes Recht und Gericht in die Elihureden eingetragen und Gottes Gerechtigkeit impliziert. Ihr Leitbegriff ist j($ „Recht, Gericht“. Die Ergänzungen in Hi 34,7–9.16– 22.33.34f. enthalten die auf Hiob hin ausgerichteten Textpassagen Elihus, so Vv.16–22.33, und namentliche Verurteilungen Hiobs in Vv.7–9.34f. Die dritte Elihurede in Hi 35,1 beginnt mit einer Redeeinleitung. Sie adressiert Hiob in Vv.2–8.14, ohne ihn mit Namen zu nennen. Das Reden über Hiob im Schlussurteil in Elihus zweiter Rede in Hi 34,35f. steht in Spannung zu seiner Anrede in Hi 35. Hi 35,4 adressiert neben Hiob auch seine Freunde, die in Hi 32,3 genannt und in Hi 32,11–17 angeredet werden. Elihus Rückfrage in Hi 35,2a, die den Begriff j($ „Recht“ aufnimmt, und das Zitat Hiobs in 35,2b.3, das die Rechtsthematik aus Hi 34 als Ausgangspunkt der Rede aufnimmt, verweisen zurück auf Hi 34. Auch die Nennung der 1.P.Pl., durch die Elihu sich mit seinem Auditorium identifiziert, deutet auf eine Fortschreibung von Hi 34* hin. Da Hi 35 Elihus Ausführungen in Hi 34 voraussetzt, gehört Elihus dritte Rede einem späteren Textstratum in der Komposition der Elihureden als die älteste Fassung von Hi 34 an. Hi 35 selbst weist keine literarische Einheit auf, da Hiob in Hi 35,2–15 angeredet, in Hi 35,16 jedoch namentlich verurteilt wird. Die eingangs ausgeführte Rechtsthematik ist weiterhin entfaltet und nennt mit der Hinwendung des notleidenden Menschen zu Gott, seinem Schöpfer, sowie der Unverfügbarkeit Gottes, dessen Eingreifen der Mensch nicht erwirken, sondern nur geduldig erwarten kann, weitere Antworten auf die Frage nach Gottes Gerechtigkeit. Die Rede über Hiob in der dritten Person in Hi 35,16 ist unpassend nach den Anreden an Hiob in Hi 35,1–15 und als spätere Ergänzung zu erachten. Hi 36–37 sind durch die Redeeinleitung, die auch in Hi 27,1; 29,1 belegt ist, als Schlussrede Elihus gestaltet. Sowohl die Rednereinführung in Hi 36,1 als auch Elihus erneute Aufforderung zur Geduld an Hiob in Hi 36,2–4, die gegenüber Elihus Selbsteinführung in seiner Eröffnungsrede in Hi 32,6–33,7 doppelt wirken, sprechen für einen sekundären Zuwachs. Mit Hi 36,5–15 folgen Ausführungen über Gottes Macht und erhabene Kraft, die Gottes Erziehung des leidenden Menschen implizieren. Sofern der leidende Mensch in seinem Elend von seiner Überlegenheit umkehrt und sich zu Gott wendet, führt die Erziehung Gottes zur Befreiung aus dem Elend. Der Gedanke der göttlichen Erziehung in Hi 36 wiederholt Hi 33. Jedoch enthält Hi 36,5–15 mit der Umkehr des Menschen ein von der gnädigen
2.6 Zusammenfassung
135
Zuwendung des Engels in Hi 33 verschiedenes theologisches Profil. Es ist daher plausibel anzunehmen, dass in Hi 36,5–15 eine erste Fortschreibung der Grundschicht in Hi 33* vorliegt. Hi 36,16–21 unterbrechen Elihus Ausführung mit einer ausschließlichen Adressierung Hiobs, an die in Hi 36,22f. weitere Thesen über Gott als Lehrer und mächtigen Schöpfer folgen. Da Hi 36,24–26 erneut durch eine Anrede an eine 2.P.Sg. gekennzeichnet sind und zudem eine Wir-Gruppe in der 1.P.Pl. mit einbezogen ist, fallen sie aus dem Argumentationsgang Elihus heraus. Dieser wird von Hi 36,27–33 an fortgeführt und begründet mit Gottes Beherrschung der meteorologischen Erscheinungen seine Macht, die in Hi 36,22f. genannt ist. Hi 37,1–5 beinhalten im Unterschied zur Beschreibung von Gottes Macht in Hi 36,27–33 eine Theophanieschilderung. Sie ist an eine Personengruppe in 2.P.Pl. adressiert und fügt sich daher nicht in die Beschreibung über Gottes Macht über das Wetter ein. Jedoch scheinen die deskriptiven Aussagen für die Theophanie in Hi 37,1–5 vorausgesetzt zu sein. Mit Hi 37,6–13 folgen weitere Schilderungen über Gottes Macht über meteorologische Phänomene, die durch den Höraufruf an Hiob in Hi 37,14 zu Ende kommen. Der Höraufruf in Hi 37,14 bildet mit Hi 33,1 einen Rahmen um die inhaltlichen Ausführungen Elihus. Die deskriptiven Aussagen über Gottes Beherrschung der meteorologischen Phänomene in Hi 36,27–33; 37,6–13 beschränken Gottes Macht auf die Wettererscheinungen und bereiten durch zahlreiche sprachliche Referenzen die Gottesreden in Hi 38f. vor. Hi 37,15–19 enthalten an Hiob adressierte Fragen, die mit ihrer syntaktischen Struktur die Anfragen Gottes an Hiob aus Hi 38f. vorwegnehmen und daher den Eindruck einer späteren Ergänzung erwecken. Die Theophanieschilderung in Vv.20–22 folgt auf die Fragen in Vv.15–19 und wirkt doppelt gegenüber Hi 37,1–5, so dass sie später als Gottes Theophanie im Donner in die Elihurede ergänzt worden ist. Die Schlussaussagen in Hi 37,23f. fassen mit Gottes Kraft, Gerechtigkeit und Recht die inhaltlichen Gedanken der vier Elihureden zusammen und können erst den Schluss der vier Reden, nicht jedoch der einen Elihurede bilden. Es folgt daraus, dass in der Schlussrede allein Hi 36,22f.27–33; 37,6–14 zur Grundschicht der Elihurede gehören. Aus den Analysen resultiert, dass die Elihureden ursprünglich nur eine einzige Elihurede waren, die aus der ersten Rede Elihus die Verse in Hi 32,1.6a.6a–10.18–22; 33,1–14.15a.b.16–25.29–33 und aus Elihus vierter Rede die Abschnitte in Hi 36,22f. 27–33; 37,6–14 umfasst. Diese ursprüngliche Elihurede ist zum ersten Mal fortgeschrieben worden, indem zum einen in Hi 32,11–17 Elihus zunehmende Distanzierung von Hiobs Freunden ergänzt wurde, um Elihus Antwort deutlich von ihren Erwiderungen zu unterscheiden. Zum anderen hat Gottes Erziehung im Leiden mit der Umkehr des Menschen als Voraussetzung für die Befreiung
136
Kapitel 2: Analyse der Elihureden
vom Leiden in 36,5–15 ein eigenes und von der gnädigen Zuwendung des Engels in Hi 33 deutlich unterschiedenes theologisches Profil erhalten. In Hi 34* und den Passagen in Hi 32,2–5; 33,26–28; 36,2–4 liegt derselbe inhaltliche Schwerpunkt vor und Elihu setzt sich mit der Gerechtigkeitsthematik auseinander. In ihnen drückt Elihu die Relation zwischen Mensch und Gott mithilfe des Rechts- und Gerechtigkeitsvokabulars aus. Es geht nicht um Hiobs gerechtes Gottesverhältnis, sondern allgemein um die Möglichkeit, eine Beziehung von Gott und Mensch aufgrund der Gerechtigkeit zu denken. Die Texte gehören der zweiten Fortschreibung an und ihre Bearbeiter gliedern die Elihurede nun in drei Monologe. Die Texte in Hi 34,16–22.33; 35,2–15; 36,16–21.24–26; 37,15–18 sind durch die Anrede an Hiob in der 2.P.Sg. ohne seine Namensnennung gekennzeichnet. Die Anreden sind in die inhaltlichen Redeausführungen Elihus in Hi 34; 36; 37 eingebunden oder schließen in Hi 35 an die Thematik der Vorrede in Hi 34 an. Sie gehören zur dritten Fortschreibung der Elihureden. Mit Hi 35,1–15 wird eine weitere Rede ergänzt, so dass die Elihureden vier Monologe umfassen. In Hi 34,16–22.33 behauptet Elihu durch rhetorische Anfragen und Thesen Gottes Gerechtigkeit. Elihu greift die Gerechtigkeitsthematik in Hi 35,2–4 erneut auf und führt in Hi 35,5–15 Gottes Souveränität und Transzendenz aus. Der Mensch, mag er auch gerecht sein, muss Gott gegenüber Geduld aufbringen, weil Gott dem Menschen verborgen bleiben kann. In Hi 36,16–21 entfaltet Elihu seine Ausführungen über Gottes Erziehung im Leiden auf Hiob hin und mahnt ihn vor Selbstüberheblichkeit und einem falschen Vertrauen auf gefundenes Lösegeld. Elihu richtet in Hi 37,15–19 seine Anfragen an Hiob und fragt Hiob nach seiner Erkenntnis über die Wundertaten Gottes in der Schöpfung. Die Fragen gestaltet Hiob wie Gottes Fragen in Hi 38–41. In den Theophanien in Hi 37,1–5.20–22 erscheint Gott im Donner (Vv.1–5) und im Licht (Vv.20–22). Eine Beschreibung von Gottes Macht über die Wetterphänomene, wie in Hi 36,27–33; 37,6–13, fehlt. Stattdessen ist Gottes Erscheinen in Donner und Licht genannt. Die Theophanieschilderungen in Hi 37,1–5.20–22 bereiten Gottes Offenbarung im Sturmwind in Hi 38,1 vor. Darüber hinaus sind die expliziten Verurteilungen Hiobs durch Elihu in Hi 34,7–9.34f.; 35,16, die in der 3.P.Sg. erfolgen und ihn mit Namen erwähnen, nachträglich in die Reden eingetragen. Die Elihureden sind also aus einer einzigen Elihurede in drei Fortschreibungen zu den vier Monologen Elihus umgearbeitet worden. Die ursprüngliche Elihurede enthält einen spezifischen theologischen Gehalt und jede ihrer weiteren Fortschreibungen geben ihr und den Elihureden ein jeweils eigenes theologisches Profil, das vorliegende Gedanken Elihus und der Hiobkomposition weiterführt. Diese Textentstehung zeichnet die nachfol-
2.6 Zusammenfassung
137
gende Kompositionsgeschichte der Elihureden unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen theologischen Profile der Fortschreibungen nach.
KAPITEL 3
Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile 3.1 Die Grundschicht der Elihurede: Erziehung im Leiden 3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden 3.1.1 Komposition Die Grundschicht der Elihureden besteht ursprünglich aus einer Rede. Die Elihurede ist notwendig geworden, da Hiobs Freunde schweigen und Hiob sich selbst als gerecht erachtet. In Hi 32,6 wird Elihu als bislang unbekannter Redner in die Hiobkomposition eingeführt. Der Name " ist theologisches Programm und bedeutet „Er ist mein Gott“, der von seinem Vater „Gott hat gesegnet“ abstammt. Die Redeeröffnungen Hiobs und seiner Freunde nennen die väterliche Abstammung nicht. Die Grundschicht der Elihurede umfasst zwei Teile. Ihr erster Teil besteht aus Elihus Selbsteinführung und seinen Ausführungen über Gottes Erziehung im Leiden eines Menschen in Hi 32,6–10.18–22; 33,1–15*.16– 25.29–33. Ihr zweiter Teil enthält 36,22f.27–33; 37,6–13, in dem Elihu Gottes Lehrtätigkeit, Macht und Erhabenheit durch Gottes Beherrschung der meteorologischen Phänomene verdeutlicht. Die namentliche Adressierung Hiobs in Hi 37,14 beschließt die Grundschicht der Elihurede. Der erste Teil der Elihurede ist durch eine elf Bikola umfassende Einleitungsstrophe in Hi 32,6–10.18–22 eröffnet. 1 Ihre Mitte bildet die Mitteilung der Redeabsicht Elihus in Hi 32,10: Nachdem Elihu in V.6 seine Vorredner anspricht, zeigen Vv.7–9 Elihus Gedanken während der Dialoge zwischen Hiob und seinen Freunden an: Gegen die Erkenntnis, dass Weisheit an Alter gebunden ist, stellt Elihu die These auf, dass Weisheit jedem Menschen durch Gottes Geist und Atem gegeben und nicht dem Alter vorbehalten ist. Elihu räumt jedoch ein, dass weder jede Person weise ist noch jeder Mensch Recht versteht. Der Abschluss in V.10 bekundet den an Hiob gerichteten Höraufruf und Elihus Redewunsch, dass auch er sein Wissen verkünden wolle. Elihus Begründung folgt in 32,18–20, indem er sich selbst mit Worten erfüllt sieht und der Geist ihn in seinem Inneren drängt. 1
Das Ende der Einleitung ist durch die namentliche Adressierung Hiobs in Hi 33,1 gegeben. Hi 32,6a.b ist aufgrund der Länge als zwei Bikola anzusehen.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
139
Mit seiner Redeintention in Hi 32,21f. beurteilt Elihu sich selbst als unparteiisch und aufrichtig, da der Respekt gegenüber seinem Schöpfer dies von ihm verlangt. Elihu wird als junger Redner gegenüber seinen alten Vorrednern eingeführt, der während des Dialogs zwischen Hiob und seinen Freunden sein Wissen noch zurückgehalten hat. Steht in Vv.7–9 mit " „Geist“ die Geistbegabung des Menschen im Mittelpunkt, wird in Vv.18– 20 zentral, dass Elihu mit dem Geist angefüllt ist. Elihu präsentiert sich folglich als eine junge Person mit einem spezifischen, geistzentrierten Weisheitsverständnis, das einen dezidiert schöpfungstheologischen Hintergrund hat. Liegt das Augenmerk in Hi 32 vornehmlich auf dem Selbstporträt Elihus, so folgt in Hi 33 Elihus direkte Hinwendung zu Hiob.2 Hi 33,1–8 führen auf die in 33,9–11 belegten Zitate Hiobs hin und sind durch das Verbum '$ „hören“ in 33,1a.8b sowie das Verbum hi „hören, zu Gehör bringen“ und das Nomen „Ohr“ in 33,1b.8a gerahmt. Die Aussage, dass Gottes Geist Elihu gemacht und der Atem Šaddays ihn belebt habe, steht in 33,4 im Zentrum und nimmt den Gedanken der Geistbegabung jedes Menschen aus 32,8 wieder auf. Durch den Geist wirkt Gott als Schöpfer. In 33,4 kommt das Geist-Gottes-Motiv zum Abschluss.3 Mit Hiobs Zitaten in Hi 33,9–11, die Hiob als unschuldigen Mann, der keine Verfehlung hat, und Gott als seinen Feind benennen, liegt Elihus inhaltlicher Anknüpfungspunkt für seine Rede vor.4 Elihu widerspricht diesen Äußerungen vehement in 33,12, da er Gott größer erachtet als den Menschen. Nach einer Überleitung in 33,13f. folgen Elihus inhaltliche Ausführungen in 33,15– 30. Gott offenbart sich erziehend am Menschen durch Träume und Visionen (33,15–18), um die Menschen von ihrem Stolz abzubringen und vor dem Tod zu bewahren, und durch schwere, zum Tod führende Krankheit (33,19–22). Für den in der Krankheit vom Tod bedrohten Menschen kann ein Engel als Fürsprecher aus dem Hofstaat Gottes auftreten. Er teilt ihm die Aufrichtigkeit des leidenden Menschen mit (V.23) und ist ihm gegenüber gnädig (V.24). Der Engel bittet um die Befreiung des Menschen aufgrund des von ihm gefundenen Lösegeldes, so dass der vom Tod bedrohte Mensch restituiert wird (Vv.24f.). Diese Geschehnisse und Handlungen werden dem Tun Gottes untergeordnet (V.29f.), so dass er für Restitution und Befreiung des Menschen verantwortlich ist. In 33,31–33 folgen drei abschließende Höraufrufe. Hi 33,31a enthält zwei Höraufrufe an Hiob, denen ein weiterer Höraufruf in Hi 33,33a folgt. Werden die ersten Ausführungen Elihus mit drei Höraufrufen (32,10; Sie ist durch "" „hingegen“, die beiden Höraufrufe !'$ „höre doch“ und !
„höre“ und die namentliche Nennung Hiobs angezeigt. 3 Hingegen ist $! in Hi 37,10 nochmals aufgenommen. 4 Zu den Zitaten und Unschuldsbeteuerungen vgl. Kap. 2.2.5.3; Kap. 3.3.2.1.1. 2
140
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
33,1a.b) eingeleitet, so enden sie auch mit drei Höraufrufen (33,31a.33). Die abschließenden Höraufrufe rahmen Elihus Redeaufforderung in V.32, die Hiob die Möglichkeit zu einer Gegenrede gibt, die jedoch ausbleibt. Der Höraufruf in 33,33, der mit „wenn es keine gibt“ eingeleitet ist und folglich an $ „wenn es Worte gibt“ in V.32 anschließt, eröffnet einen neuen Gedankengang, der in Elihus Weisheitslehre besteht (V.33b). Diese folgt im anschließenden zweiten Teil der Rede in Hi 36,22f.27– 33; 37,6–13. Die Eingangsthese in 36,22f. nennt Gott in seiner Macht und Erhabenheit, aber auch als einzigen legitimen Lehrer. Elihus Weisheit besteht darin, dass er Gott als kraftvoll erhabenen Lehrer und mächtigen Herrscher über die Wetterphänomene beschreibt. Eingeleitet wird die Textpassage mit „siehe, Gott“. Gottes Erhabenheit zeigt sich in seiner Macht über Wolkenentstehung (36,27–29; 37,11f.), Licht (36,30.32) sowie Donner (36,29.33), Regen (36,28; 37,6) und Schnee (37,6), aber auch über die Entstehung von Frost (37,10) und Winden (37,9). In diesen Versen liegt eine mythisch anmutende, jedoch rein deskriptive Charakterisierung Gottes als mächtiger und erhabener Herr über meteorologische Phänomene vor. Sie lässt Motive aus der syrisch-kannaanäischen Mythologie erahnen, ohne selbst mythologisch ausgestaltet zu sein.5 Der zweite Teil der Grundschicht der Elihurede weist eine konzentrische Struktur auf und wird durch Hi 36,22; 37,13 gerahmt. Während die Eingangsthese Gottes Macht und Erhabenheit einerseits sowie seine Lehrtätigkeit andererseits nennt, nimmt das Summarium in Hi 37,13 Gottes Erziehung mittels des Strafstockes wieder auf, stellt der Strafe jedoch die Gnade Gottes gegenüber. Die Mitte der konzentrischen Struktur bilden Hi 36,33 und 37,6. In beiden Versen wird Gott als sprechender Gott vorgestellt. In Hi 36,33 berichtet er dem Donner, in 37,6 spricht er zum Schnee. Beide Male handelt Gott durch das Wort. Hi 36,29f. wie Hi 37,9f. nennen Gottes Macht über Gewitter, Licht, Wind, Frost und Eis. Charakterisieren Hi 36,27f. Gott als Urheber des Wasserkreislaufes, der Wolken und der Entstehung des Regens, so beschreiben Hi 37,11.12a Gott als Lenker verschiedener Wolken. Die Aussagen in Hi 36,23 und Hi 37,12b entsprechen sich, da Gott als alleinigem Unterweiser kein Unrecht vorgeworfen werden kann. Hi 37,14 beschließt die Grundschicht der Elihurede mit einem abschließenden, namentlich an Hiob adressierten Höraufruf, der mit ! „höre“ auf die Anrede in Hi 33,1 zurückverweist. Die genannten " (! „Wun-
5 Die Bezüge zur ugaritischen Mythologie in der Schlussrede Elihus in Hi 36f. sind in Kap. 3.4.2 näher ausgeführt. Vgl. zu diesen Motiven KTU 1.1 III, 49–54; 1.3 III, 26–28; IV, 15b–20; 25–27; KTU 1.4 V, 6–9; VII 27–33; 49–52.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
141
dertaten Gottes“ wie auch „dies“ weisen sowohl auf die Ausführungen Elihus zurück als auch auf die Gottesreden voraus. 3.1.2 Theologie 3.1.2.1 Schöpfer und Geschöpf Elihu legt das Augenmerk auf die Gegenüberstellung von Schöpfer und Geschöpf sowie auf die Schöpfung. Der einzelne Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er mit " „Geist“ und $! „Atem“ (32,8; 33,4) belebt ist. Darüber hinaus resultiert aus der Geistbegabung des Menschen, dass Geist und Atem Gottes den Menschen zur Einsicht bringen (32,8). Elihu bezeichnet Gott später als seinen Schöpfer (32,22). Manifestiert sich die menschliche Geschöpflichkeit in Geistbegabung und Erkenntnisfähigkeit, impliziert sie gleichermaßen die Vorstellung, dass der Mensch aus Lehm geschaffen ist (33,6).6 Die Nomina " „Geist“ und $! „Atem“ begegnen in den Elihureden in Hi 32,8; 33,4. Im übrigen Hiobbuch werden sie in Hi 4,9; 27,3 verwendet.7 Eliphas behauptet in seiner ersten Rede in Hi 4,9, dass die Frevler durch Šaddays Atem umkommen und durch den Geist seines Zornes verscheiden. Das Nomen " „Geist“ ist durch % „Zorn“ präzisiert.8 Die Elihureden und weitere Texte des Alten Testaments weisen die geläufige Vorstellung auf, dass Gottes Geist und Atem Leben für einen Menschen bedeuten.9 Hiob selbst gebraucht die Wendung in seiner Beteuerungsformel in Hi 27,2–6, in der er behauptet, dass in ihm noch Atem und Gottes Geist seien und er noch ein lebendiges Wesen sei.10 Hi 4,9; 27,3 belegen demzufolge differierende Vorstellungen von Gottes Geist und Atem. Elihu stimmt mit der Aussage Eliphas‘ in Hi 4,9 nicht überein, integriert jedoch die Vorstellung Hiobs aus Hi 27,3 in seine Aussagen und bezieht sie auf seine Person, 6
ALBERTZ, Weltschöpfung, 146f., teilt die Menschenschöpfungsaussagen in den Elihureden in zwei Gruppen: die eine ziele auf Elihus Erschaffung anderen Personen gegenüber (33,4.6) und die andere behaupte die Menschenschöpfung im Verhältnis zwischen Elihu und Gott (32,22). Des Weiteren belege Hi 34,14f. allgemeine Aussagen zur Menschenschöpfung. ALBERTZ resultiert, dass „die Menschenschöpfungsbelege der Elihureden ein völlig uneinheitliches Bild“ zeigen, das von der Auflösung der festen Traditionsbildung gekennzeichnet sei (aaO., 147). Die Belege deuten einen abstrakten Begriff von der Erschaffung Elihus und der Geschöpflichkeit des Menschen an. 7 Mit Ausnahme von Hi 34,14 liegen keine weiteren Belegstellen im Hiobbuch vor. Vgl. auch Kap. 3.3.2.2. 8 So auch in II Sam 22,16; 4Q381, Frg. 29,3 belegt. 9 Die Vorstellung, Geist und Atem als Lebensträger des Menschen anzusehen, belegen ebenfalls Gen 2,7; 6,3; 3,19; Ps 104,29f.; 33,6; 90,3; 146,4; siehe auch Jes 43,5; 57,16. Vgl. Kap. 3.4.2. 10 Vgl. FOHRER, KAT, 379f. Zu Hi 27,2–6 vgl. auch Kap. 3.3.2.1.1.
142
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
indem Elihu sich selbst durch Gottes Geist und Atem geschaffen und belebt versteht. Die parallele Verwendung von " „Geist“ und $! „Atem“ findet sich auch im Jesajabuch. Gottes Gabe von " „Geist“ und $! „Atem“ werden in Jes 42,5 miteinander kombiniert und auf das Volk bezogen:
' ' ! / ! , , " ~ ' + / j .!" . " / * - / " So spricht der Gott, JHWH, der den Himmel geschaffen hat und ihn ausspannt, der ausbreitet die Erde und das, was auf ihr wächst, der dem Volk Atem gibt und Geist denen, die auf ihr gehen.
Sowohl $! als auch " sind auf das Volk der Erde bezogen. Gott ist als Schöpfer des Himmels und der Erde genannt, der Geist und Atem dem Volk gegeben hat. Geistgabe und Schöpfertätigkeit Gottes werden in Jes 42,5 miteinander verbunden.11 Beide Aspekte erwähnt Elihu in Hi 33,4, jedoch erschafft Gott mit dem Geist einen einzelnen Menschen und es liegt keine universale Geistbegabung wie in Jes 42,5 vor. Elihu unterlässt die Einbindung der Geistgabe in die Vorstellung von Gottes erhaltendem Schöpferwirken in der Welt, das in Jes 42,5 der Geistbegabung von Volk und Menschen vorausgeht.12 Die Vorstellung von der Geistbegabung des Menschen in Hi 32,8; 33,4 hat eine Parallele im zweiten Schöpfungsbericht. Ihr kommt in Gen 2,7 ein zentraler Stellenwert zu. Sie ist nicht mit " „Geist“, sondern durch $! „Lebensatem“ ausgedrückt. ( ! # " ! " w " w # 1 w( ' w # w x w " w, " Da bildete JHWH, Gott, den Menschen, Staub aus der Erde, und er blies in seine Nase Lebensatem ein. Und der Mensch wurde zu einem lebendigen Wesen.
In Gen 2,7 ist der Mensch als durch Gottes Atem inspiriertes und zum Leben berufenes Geschöpf ausgezeichnet. Er ist als $(! „lebendiges Wesen“ bezeichnet.13 Nicht allein Gottes Erschaffung des Menschen aus der 11 Der Erhalt der Schöpfung und Gottes fortlaufendes Schöpferhandeln an der gesamten Menschheit werden durch den Geist in Jes 42,5 angezeigt, vgl. E LLIGER, Deuterojesaja, 231f. 12 Die weiteren Ausführungen über die Theologie der Grundschicht der Elihureden wird zeigen, dass Gottes Wirken in der Schöpfung, eingegrenzt auf die meteorologischen Erscheinungen, in Hi 36–37 im Mittelpunkt stehen, nicht jedoch im ersten Teil der Rede. Vgl. Kap. 3.1.2.4. 13 Die Erschaffung des Menschen steht in Gen 2–3 im Mittelpunkt des sogenannten jahwistischen Schöpfungsberichtes. Gottes geschaffene Welt ist anthropozentrisch. Gott formt den Menschen aus Erde; mit dem Wortspiel zwischen # „Mensch“ und # „Erde“ deutet sich die „schöpfungsmäßige Lebensverbundenheit zwischen Mensch und Erde“ an, so VON RAD, Genesis, 53. Ein lebendiges Wesen wird dieser aus Erde geformte
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
143
Erde, sondern darüber hinaus auch der eingehauchte Lebensatem charakterisieren den Menschen als lebendiges Wesen. Die Vorstellung vom Menschen als geistbegabtem und inspiriertem Geschöpf sind in Gen 2,7 und Hi 32,8; 33,4 identisch. Hi 33,4 weist durch die Wendung ! #$ $!" „und der Atem Šaddays belebt mich“ wie Gen 2,7 auf die Lebendigkeit und Vitalität des Menschen hin, die allein Gott mit seinem Atem bei der Erschaffung des Menschen gewährt. Die Gabe des Geistes Gottes impliziert in Hi 32,8 zudem Erkenntnisfähigkeit. Ist der Mensch mit Geist begabt und impliziert diese Geistbegabung Erkenntnis, so lässt sich vor dem Hintergrund von Gen 2,7 folgern, dass der einzelne Mensch gemäß der Elihurede ein mit Gottes Geist inspiriertes und gottebenbildliches Geschöpf ist. Die Elihureden charakterisieren jeden Menschen wesentlich als geistbegabt. Die Geistbegabung des Menschen ist auf Gott zurückzuführen, der den Menschen mit seinem Geist inspiriert. Sie impliziert Erkenntnisfähigkeit, Einsicht und Weisheit eines Menschen, die nicht an hohes Alter oder Lebenserfahrung gebunden sind, sondern jedem Menschen, auch jungen Personen, zukommen. 3.1.2.2 Gottes Erziehung in Traum und Vision Elihu verbindet in Hi 33,15–18 Gottes Erziehung mit " „Traum“ und
" „nächtliche Vision“. 14 In ihnen öffnet Gott das Ohr des Menschen, um diesen von seinen schlechten Taten wie von seinem Stolz abzubringen, da beide zum Tod führen. Gottes Erziehung intendiert daher, den Menschen vor dem Tod zu bewahren.15 Die Einführung von Träumen oder Visionen legt zwar nahe, dass eine Schau folgt, jedoch lässt die Formulierung
& „das Ohr öffnen“ einen Wortempfang erwarten. Elihu beschreibt keine selbst geschaute nächtliche Vision und schildert keinen Traum, sondern seine Ausführungen verdeutlichen, dass nächtliche Träume und Visionen legitime Offenbarungsmittel und Erziehungsmöglichkeiten Gottes sind.16 Mensch allerdings erst mit der Einhauchung des Lebensatems, der ihm Vitalität verleiht. Vgl. aaO. Jüngst auch ARNETH, Fall, 129–140, der Gen 2,7 mit dem nachfolgenden V.8 zusammen interpretiert. Vgl. auch die Wendung " $! in Gen 7,22. 14 Zur Terminologie von " und " vgl. LANCKAU, Herr, 65–72. Dass Visionen in der Nacht geschaut werden, vgl. Mi 3,6; II Sam 7,4.17; Gen 15,1. Das Nomen # „Tiefschlaf“ ist neben Hi 33,15 ebenfalls in Gen 2,21; Jes 29,10 belegt. 15 Vgl. EHRLICH, Traum, 146–148, der in Hi 33,14–16 den Traum als ein Mittel der Offenbarung Gottes anerkennt, der den Menschen belehrt; vgl. auch J ASSEN, Divine, 243. 16 Zum Offenbarungscharakter des Traums vgl. LANCKAU, Herr, 69–72, der darlegt, dass es sich bei einer
" „nächtliche Vision“ um einen überprüften Offenbarungstraum handelt. Dem Terminus selbst liege die Bedeutung ‚nächtliche Erkenntnis‘ zugrunde. Der Vergleich der Einleitungen in Jes 1,1 und Jes 2,1 zeige, dass " „Vision“ in Jes 1,1 und # „Wort“ in Jes 2,1 parallel gebraucht seien. Auch Ez 13,7; Gen 15,1; Num
144
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Da die Elihureden Teil der alttestamentlichen Weisheitsliteratur sind, verwundert der Schwerpunkt auf Gottes Offenbarung in Träumen und Visionen. Liegt der alttestamentlichen Weisheit ein Verständnis zugrunde, dass Welt- und Gotteserkenntnis einander bedingen,17 so ist der Weisheitsliteratur im Alten Testament ein spezifisches Offenbarungsverständnis eher fremd. Offenbarung Gottes ist nicht vonnöten, da Welt- und Gotteserkenntnis ineinander verwoben sind. In diesem theologischen Zusammenhang spricht Elihu davon, dass Gott sich in Träumen und Visionen offenbart. Nach den Elihureden scheint es Gotteserkenntnis nicht ausschließlich durch Welterkenntnis zu geben. Es bedarf nicht allein der Welterfahrung, sondern der Träume und Visionen als Medien, die den Menschen zur Gotteserkenntnis führen. Auch Gottes Geistbegabung des Menschen in 32,8; 33,4, die jeder Person Erkenntnis ermöglicht, scheint nicht hinreichend zur Gotteserkenntnis zu sein. Träume und Visionen ermöglichen ebenfalls Gottesbegegnung und in dieser Begegnung vollzieht sich Gotteserkenntnis. Einzelnen Menschen gibt Gott gibt sich in menschlichen Träumen und Visionen zu erkennen.18 Träume und Visionen sind dem Einflussbereich des Menschen entzogen, so dass sie das Potential zu göttlicher und deshalb reiner Lehre haben.19 Die im Hiobbuch vorliegenden Traum- und Visionsverständnisse profilieren Elihus Vorstellung. Der Gebrauch von " „Vision“ in Hi 4,13 führt zu dem Vergleich von Hi 33,15–18 mit der nächtlichen Vision und Audition Eliphas‘ in Hi 4,12– 21. ! ~ ! " u& 2 " 12 ! 1 ' 2 / ( ! .!/ ' v 13 # ( ., ' / " # ' ! + # 14 v w 1 ' v w s w%x1 w ! 'w " 15 ' w .+"w 2 w !'w#& ! w ! w w * x"w#/ 1' 16
24,4.16 bestätigen, dass " „Vision“ und „Schau“ Vorläufer der Bezeichnungen
" # „Wort JHWHs“ und # „das Wort“ bilden. Eine nächtliche Vision zu schauen bedeutet meist eine „im Schlaf (Tiefschlaf) empfangene und bisweilen mit besonderen Erregungszuständen verbundene Offenbarung des göttlichen Wortes, bei der visuelle Erscheinungen aber keine oder allenfalls eine geringe Rolle spielen“, vgl. JEPSEN, Art.
, 827. 17 Vgl. KRATZ/ SPIECKERMANN, Götterbilder, Bd. 1, XXII–XXIII. 18 Dieser Gedanke findet sich auch bei LANCKAU, Herr, 48, der in dem Satz „Gottesgedanken äußern sich gewöhnlich in menschlichen Traumgedanken, Traumgedanken können Gottesgedanken sein.“ den kulturgeschichtlichen common sense des Traumverständnisses im Alten Orient ansieht. Vgl. zum Traumverständnis im Alten Orient auch ZGOLL, Traum. 19 „Most biblical dreams are presented as communications from God containing information about the future, and they therefore retain a divinatory aspect in function if not in name.“ F LANNERY-DAILEY, Dreamers, 49.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
145
12. Und zu mir stahl sich ein Wort, und mein Ohr nahm ein Flüstern von ihm auf, 13. in beunruhigenden Gedanken von nächtlichen Visionen, wenn Tiefschlaf auf Menschen fällt. 14. Schrecken ergriff mich und Zittern, sie erschreckte viele meiner Knochen. 15. Und ein Wind ging über mein Gesicht das Haar meines Fleisches stand zu Berge. 16. Es stand – doch ich erkannte sein Aussehen nicht – eine Gestalt vor meinem Auge. Einen Windhauch und eine Stimme hörte ich.
In Schrecken und Zittern empfängt Eliphas eine göttliche Offenbarung (Vv.12–16), die Gottes Gerechtigkeit und seine Erhabenheit als Schöpfer über der Kreatürlichkeit des Menschen zum Inhalt hat (Vv.17–21). Der Mensch ist außerstande, seine eigene Gerechtigkeit vor Gott zu behaupten (4,17). 20 Vision und Audition Eliphas‘ ereignen sich nachts durch einen Wortempfang. Elihu fehlt im Unterschied zu Eliphas die Schilderung eines konkreten Traums mit einem entsprechenden Inhalt. Es geht nicht um eine bestimmte Offenbarung Gottes, sondern generell um Träume und Visionen als Offenbarungsmedium und Erziehungsmittel Gottes sowie deren Funktion und Intention. Nicht der Inhalt eines Traums steht im Vordergrund, sondern seine Funktion und Intention.21 Die Nomina " „Traum“ und " „Vision“ sind in Hi 7,14; 20,8 ebenfalls parallel verwendet. In Hi 7,14 wendet sich Hiob in direkter Anrede an Gott und sagt, dass Gott ihn durch Träume entmutigt und in Visionen aufschreckt.22 In Träumen und Visionen erfährt Hiob eine schreckende Bedrohung Gottes. In Hi 20,8 vergleicht Zophar den Frevler mit einem dahinfliegenden, unbeständigen Traum.23 Hier liegt ein metaphorisches Verständnis des Traumes vor.24
20
Zur Textstelle im Einzelnen FOHRER, KAT, 143–146; GORDIS, MorS II, 50; SEOW, Eliphaz, Job 4, 767–768 (unveröffentlicht). Siehe auch Kap. 3.3.2.1.2. 21 Vgl. allgemein ROFÉ, Wisdom, 6f., und SCHMID, Schriftdiskussion, 257f., der in Hi 33,14–18 eine positive und orthodoxe Aufnahme von Hi 4 vorliegen sieht, die prophetische Elemente enthalte. 22 LANCKAU, Herr, 69, spricht daher auch von Albträumen in Hi 7,14. Dagegen vertritt EHRLICH, Traum, 145f. die These, dass in Hi 7,14 Träume zwar zu schreckhaften Erlebnissen eines Menschen zu zählen sind, sie jedoch im Traum Gott manifestieren und offenbaren. 23 Vgl. EHRLICH, Traum, 153. In Ps 73,20; Weish 18,17–19 sind ebenfalls schreckende Träume überliefert. ZGOLL, Traum, 78f., legt dar, dass Träume im Alten Orient unbeständig oder nicht vollständig zu ergründen sein können. 24 Dagegen sieht FLANNERY-DAILEY, Dreamers, 50, in Hi 7,14; 20,8; 33,15 ein negatives Traumverständnis vorliegen; ebenso erachtet LANCKAU, Herr, 67, Hi 33,14–16 als Audition eines göttlichen Wortes, sieht diesen jedoch als Albtraum an.
146
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Der akkadische Weisheitstext Ludlul bl nmeqi überliefert ebenfalls Traumschilderungen, die sich in schwerer Krankheit und im Schlummer ereignen.25 Vier nächtliche Träume werden im Einzelnen beschrieben, ohne ihre Intention zu berücksichtigen. Lediglich die letzte Traumschilderung zeigt an, dass im Anschluss an den Traum ein gutes Zeichen folgt und die Krankheit weicht. Der signifikante Unterschied der Elihurede gegenüber der Dialogdichtung und den Schilderungen in Ludlul bl nmeqi besteht darin, dass in Träumen das Potential zu Gottes Erziehung des Menschen und göttlicher Offenbarung liegt. Elihu betont, dass in Vision und Traum, wie von Eliphas in Hi 4,12–21 geschildert, Gottesoffenbarung enthalten ist, ohne eine konkrete Offenbarung Gottes selbst zu schildern. Mit der Erziehung und Offenbarung Gottes im Traum inkludiert Elihu Gotteserkenntnis für den Menschen. Elihu knüpft an alttestamentliche Motivik an, nach der Träume und Visionen eine Offenbarung Gottes beinhalten und sich nachts ereignen.26 Das Spezifikum Elihus besteht darin, dass dem einzelnen Menschen in Träumen und Visionen sowohl Gottes Offenbarung als auch Gottes Erziehung zueigen werden. Erziehung und Offenbarung enthalten kein besonderes Wort oder eine spezifische Lehre, sondern intendieren den Menschen von seinen schlechten Taten und seinem Stolz zu distanzieren. Die Vorstellung, dass Gottes Erziehung in Träumen und Visionen offenbar wird, ist im Alten Testament nicht belegt. Mit ihr nimmt Elihu einen Perspektivwechsel in der Hiobkomposition und der alttestamentlichen Weisheitsliteratur vor.
25
Vgl. TUAT III/1, Z.5–49, 126–128. Gott zeigt sich in nächtlichen Träumen in Gen 20,3; 31,10f. Dies ist mit " „Traum“ formuliert. In Gen 20,3 erscheint Gott dem König Abimelech, um ihn davor zu bewahren, die als Schwester Abrahams ausgewiesene Sarah zur Frau zu nehmen. In Gen 31,10f. träumt Jakob nachts und hört die Stimme eines Engels Gottes. In beiden Stellen liegt dem Traum eine Offenbarung zugrunde. Darüber hinaus träumt Jakob in Beth-El in Gen 28,12, Josef träumt zweimal in Gen 37,5.9, der Pharao träumt zweimal in Gen 41,1.5 und Josef erinnert sich der Träume seiner Brüder in Gen 42,9. Zu den Träumen in der Josefsgeschichte, vgl. im Einzelnen LANCKAU, Herr, 125–362. Im Unterschied zu den Belegstellen der Genesis bietet Hi 33,15–18 eine grundsätzliche Ausführung über die Intention von Träumen. Die Schilderung eines konkreten Traumes oder einer Vision fehlt. Neben den Belegstellen in der Genesis ist " „Traum“ ebenso in Num 12,6 und I Reg 3,5 belegt. Nach Num 12,6 offenbart sich Gott einem israelitischen Propheten; vgl. EHRLICH, Traum, 137–139. Dass der " ein Medium der Gottesoffenbarung ist, belegt ebenfalls I Sam 28,6.15. I Reg 3,5 beschreibt Gottes Erscheinung vor Salomo in Gibeon im nächtlichen Traum. In II Sam 7,4 empfängt Nathan Gottes Wort in der Nacht für seine Verheißung der ewigen Daviddynastie (vgl. auch V.17). Die Kombination aus Traum und Vision, ohne eine Gotteserscheinung oder ein zu deutendes Bild zu erwähnen, ist ebenfalls in Jes 29,7; Jl 3,1 belegt. 26
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
147
3.1.2.3 Gottes Erziehung und die gnädige Zuwendung des Engels Ein weiteres göttliches Offenbarungsmedium besteht in Hi 33,19–30 in der Krankheit, durch die ein Mensch erzogen wird. Der sich zunehmend verschlechternde Gesundheitszustand des Menschen führt dazu, dass seine $(! „Seele, Leben“ zu sterben droht (33,19–22). Wenn dem Menschen der Tod naht, kann ein Engel aus Gottes Hofstaat als Fürsprecher für den vom Tod bedrohten Menschen auftreten. Der Engel teilt dem leidenden Menschen seine Aufrichtigkeit mit und erweist sich ihm gegenüber gnädig (33,23f.). Er richtet sich mit seiner Bitte an Gott, er möge den vom Tod bedrohten Menschen befreien, da er ein Lösegeld gefunden hat (33,24). Der Befreiungsvorgang wird nicht dargelegt, jedoch schließt sich die Restitution des Menschen an, der zu den Tagen seiner Jugend zurückkehrt (33,25). Der leidende Mensch ist nicht aktiv an diesem Geschehen beteiligt. Dies zeigen auch die passiven Verbalformen " ho. „er wird erzogen“ in 33,19 und (j1 u pu. „er wird kräftig sein“ in 33,25 an. Erziehung geschieht sowohl in der Krankheit als auch in der Mitteilung der Aufrichtigkeit durch den Engel. Abschließend führt Elihu alle Geschehnisse auf Gott zurück und ordnet die Taten des Engels dem Tun Gottes unter. Gott restituiert und befreit den vom Tod bedrohten Menschen aus seiner Krankheit (33,29f.). Das Leiden des Menschen zielt darauf, dass Gott den leidenden Menschen zum Leben befreit. In der Befreiung vom Leiden liegt ein Perspektivwechsel vor. Die Vorstellung von Gottes Erziehung im Leiden thematisiert nicht ausschließlich Elihu in der Hiobkomposition. Eliphas greift diesen Gedanken in seinen drei Reden in Hi 5,17–21; 15,3; 22,3f. auf. Seine Ausführungen beginnt er mit einem Makarismus in 5,17f.: s 2 s - . . .! 17 27 ! "# " ~ " * 18 17. Siehe, glücklich ist der Mensch, den Gott zurechtweist. verwirf die Erziehung Šaddays nicht! 18. Denn er fügt Schmerzen hinzu und verbindet. Er zerschlägt, doch seine Hände heilen.
Eliphas sieht es gern, dass ein Mensch von Gott zurechtgewiesen und erzogen wird, und erkennt Gott als Lehrer an (V.17). 28 Der nachfolgende 27 Gemäß dem Q im textkritischen Apparat, so GORDIS, MorS II, 45; SEOW, Eliphaz, Job 5, 829f. (unveröffentlicht). 28 Der Makarismus ist ein typisches Stilelement in weisheitlich geprägten Psalmen und ist in Ps 1,1; 2,12; 33,12; 34,9; 40,5; 84,13; 112,1; Prov 3,13; Koh 10,17 belegt; vgl. auch SEOW, Eliphaz, Job 5, 827 (unveröffentlicht). Zur Textstelle vgl. FOHRER, KAT, 152f.; POPE, AncB, 44; CLINES, WBC 17, 148f.; SEOW, Eliphaz, Job 5, 795–797 (unveröffentlicht).
148
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Vers bindet Gottes Erziehung an die von ihm verursachten Schmerzen, jedoch heilt Gott gleichermaßen (V.18). Damit rettet Gott Hiob auf sechsfache Weise (Vv.19–21). Eliphas erwähnt jedoch weder Gottes Medien der Erziehung noch die Inhalte. Während Eliphas in Hi 15,3 Hiobs Worte als vergebliches Wissen bezeichnet und seine Erziehung ihm nichts nutzt, bindet er Hiobs Erziehung in Hi 22,3–4 in die Frage nach Hiobs Gerechtigkeit ein. 2 * ', " + 2 , * 2 ~( 3 j w ' w. w / w 1 4 3. Hat Šadday Gefallen daran, dass Du gerecht bist? Oder ist es ein Nutzen, dass Deine Wege integer sind? 4. Unterweist er Dich wegen Deiner Gottesfurcht, geht er mit Dir ins Gericht?
Die rhetorischen Satzfragen lassen die Negation erwarten. Hiobs Erziehung verfolgt keinen ihm dienlichen Zweck. Die aus der Gottesfurcht resultierende Erziehung ist für Hiob letztlich nutzlos.29 Elihu knüpft mit seinen Ausführungen weniger an Hi 15,3; 22,4, sondern vielmehr an Hi 5,17f. an. Während Eliphas in kurzen Thesen Gottes schmerzliche Erziehung des Menschen gut heißt, benennt Elihu Träume, Visionen und Krankheit als Gottes Erziehungsmittel. Expliziert Eliphas den Inhalt göttlicher Erziehung nicht, liegt in der Mitteilung der Aufrichtigkeit des Menschen die Lehre Elihus vor. Elihu eröffnet eine Perspektive für den leidenden Menschen jenseits des Leidens. Sie besteht in Gottes Befreiung vom Leiden und dem neuen Leben für den einst leidenden Menschen. Die Befreiung wird durch die gnädige Zuwendung des Engels vermittelt. Der Engel markiert den wichtigsten Unterschied in der Elihurede gegenüber Eliphas. Auch wenn Eliphas in seiner ersten Rede in Hi 4,12–21 eine Vision und Audition als göttliche Offenbarung schildert und später in Hi 5,17f. Gottes Erziehung durch Schmerzen preist, führt erst die Grundschicht der Elihurede beide Gedanken in einem Argumentationsgang zusammen, der die Befreiung des Menschen und seine Hinführung zu neuem Leben intendiert. Das Novum besteht bei Elihu in der Kombination verschiedener Vorstellungen. Elihu verbindet den Gedanken göttlicher Erziehung mit der stellvertretenden Fürsprache und dem erziehenden Eingreifen des Engels in der Todesbedrohung des Menschen. Zudem integriert er den Gedanken der Befreiung des kranken Menschen und seine Rückkehr in ein neues Leben. Eine wichtige Rolle kommt dem Engel in Elihus Argumentation zu. Seine Funktion wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die LXX, den Pro29
Vgl. HÖLSCHER, HAT, 54; 57; FOHRER, KAT, 349; STRAUSS, BK, 62.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
149
log des Hiobbuches sowie einzelne Worte und Begriffe, die mit weiteren Belegstellen im Alten Testament verglichen werden, untersucht. Der „Engel“ in Hi 33,23 kommt aus dem Hofstaat Gottes, da er als % ! „einer aus Tausend“ erscheint. Er ist als ~ „Fürsprecher“ charakterisiert und ein Mittler zwischen dem vom Tod bedrohten Menschen und Gott. Bereits in Hi 1,14 ist ein „Engel“ als Bote genannt, der Hiob die ‚Hiobsbotschaften‘ überbringt.30 Hi 4,18 belegt mit den " „seine Engel“ Gottes Engel, an denen Irrtum haftet, und Hi 5,1; 15,15 nennt mit $#+ „Heilige“ ebenfalls himmlische Wesen. 31 Ob nur in Hi 33,23 ein Engel ~ „Fürsprecher“ genannt wird, hängt von der Deutung der schwierigen Stelle in Hi 16,20 ab. 32 Die Vorstellung vom Hofstaat
30 Der Begriff ‚Hiobsbotschaft‘ bei FOHRER, KAT, 88; zur Textstelle vgl. HÖLSCHER, HAT, 13; FOHRER, KAT, 88–94. 31 Vgl. FOHRER, KAT, 146; 271; P OPE, AncB, 219; CLINES, WBC 17, 137f., 341, 353. Dagegen sieht OEMING, Lösegeld, 91, den Engel in Hi 33,23 als singulär an. Jedoch ist an keiner der o.g. Belegstellen die nähere Funktion sowie das Handeln des Engels zwischen Gott und dem vom Tod bedrohten Menschen entfaltet. W ITTE, Leiden, 72, äußert sich skeptisch, ob in 5,1 die Vorstellung eines fürsprechenden Engels vorliegt oder 4,18 zu 5,1b im Engelverständnis konträr aufzufassen sind. Zu Hi 36,14 vgl. Kap. 2.5.3. 32 Zu den fünf Belegstellen von ~ zählen Gen 42,23; Jes 43,27; II Chr 32,31; Hi 16,20; 33,23. In Gen 42,23 spricht Joseph mit seinen Brüdern durch den zwischen ihnen stehenden ~ , der gewährleistet, dass die Brüder nicht erfahren, dass Joseph mit ihnen spricht. In II Chr 32,31 werden die zwischen den Fürsten Babels und den Einheimischen nach Jerusalem kommenden Gesandten als v , bezeichnet. In Jes 43,27 sind die , mit dem "$ parallel gestellt und werden als Verbrecher Jakobs genannt. Hi 16,20 belegt ebenfalls ~ mit der Erwähnung !' ( # " ' , , wobei der Kontext keine Auskunft darüber gibt, wen Hiob exakt meint; vgl. zur Problemstellung MÜLLER, Hiobproblem, 63; 92–93. Einen Bezug zu Hi 19,25 sieht SEOW, Job’s G‘l, 698–700, vorliegen. Da der Text in Hi 16,20 schwierig zu verstehen ist, werden Textänderungen vorgenommen; vgl. DRIVER/ GRAY, ICC, I 148f.; II 108, die den Text in , ändern; FOHRER, KAT, 281, der zu ' , konjiziert. Zur Diskussion vgl. H ABEL, OTL, 265f.; CLINES, WBC 17, 371, der als Sg. vokalisiert; vgl. auch D E W ILDE, Buch, 193–195. Einen als ~ zu bezeichnen ist folglich in Hi 33,23 singulär im Alten Testament. Wie die o.g. Belegstellen zeigen, verdeutlicht das Wort immer die Vermittlung eines Dritten zwischen zwei anderen Personen oder Gruppen. OEMING, Lösegeld, 90, vertritt die These, dass die Etymologie von ~ umstritten ist und daher je nach Kontext der Begriffsinhalt des Wortes zu bestimmen sei. Jedoch kann der in Hi 33,23 genannte namenlose Engel kein anderer als ein Fürbittengel sein, der persönlich für einen in Lebensgefahr schwebenden Menschen durch Fürsprache vor Gott eintritt; vgl. auch J OHANSSON, Parakletoi, 25–29. Weder zu dem Engel Michael in Dan 12,1 noch zu den Erzengeln, die mit ihren Namen Michael, Sariel, Raphael und Gabriel in I En 9,3.10 genannt sind, liegen Parallelen vor, da es in Hi 33 um individuelles Leiden geht, aus dem ein namenloser Fürbittengel rettet.
150
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Gottes findet sich bereits in den Himmelsszenen im Prolog, in denen in Hi 1,6; 2,1 der Satan den
! „Göttersöhnen“ angehört.33 Die Septuaginta ist gegenüber MT in Hi 33,23f. deutlich umfangreicher ausgestaltet und überliefert eine vom hebräischen Text differierende Engelvorstellung. MJ? E5? P^U565 mQQ;U65 H?=p@o965 ;7 a=F? 6a Ic =9DE} a=o? MJ? ?6LE} = 493^ M:5E=9@W?5 M:_ 48956? O?QQ;^U} 3R O?H9D:h =c? e=6V IKIz5? =c? 3R m?65? a=6V 3;^X} O?HKX;=5 =6V Ic :;E;A? a=>? ;n7 HG?=6? O??;DE;5 3R a=6V => EFI
E:;9 OU65@c? M:_ =6^P6e =J 3R E=q a=6V MI:ULE;5 Ie;U6V Wenn tausend todbringende Engel wären, wird gewiß nicht einer von ihnen ihn verletzen. Wenn er im Herzen einsieht, sich zum Herrn zu wenden, (wenn) er dem Menschen seinen Tadel berichtet und seinen Unverstand aufzeigt, er ihm helfen wird, dass er nicht in den Tod fällt, und er seinen Körper wie Fett auf einer Wand erneuern wird, dann wird sein Gebein von Mark voll sein.
Die LXX erwähnt tausend Engel, die als mQQ;U65 H?=p@o965 charakterisiert werden. Einen Engel als Fürsprecher gibt es nicht, jedoch soll keiner der todbringenden Engel den kranken Menschen verletzen. Daran anschließend werden die Umkehr des Menschen und seine Hinwendung zu Gott genannt, die nicht in MT belegt sind. Nach erfolgter Umkehr zeigt Gott dem Menschen Tadel und Unverstand auf und erweist seine Hilfe für den Menschen, indem er sein Leben erneuert. In MT hingegen teilt der Engel dem Menschen seine Aufrichtigkeit ohne vorherige Umkehr durch mit. LXX überliefert ein Rettungsgeschehen, in welchem allein Gott am Menschen handelt. Die Engel bleiben abgesehen von ihrer Beschreibung als todbringend in diesem Geschehen funktionslos. Die dem Fürsprache33
Die Erwähnung eines Engels im Hofstaat Gottes im Rahmen einer Gotteserscheinung ist ebenfalls in Gen 28,12; Ex 3,2; Dtn 33,2; Sach 14,5; Dan 7,9ff. belegt. Darüber hinaus ist der Engel in das Konzept vom Hofstaat Gottes in Gen 32,2f.; Hi 1,6–12; 2,1–7; Ps 89,6ff.; 97,7.9; Sach 3 integriert; vgl. dazu M ACH, Entwicklungsstadien, 61. Einen Engel als Mittler zwischen Gott und Individuen belegt die Genesis ebenfalls in Gen 16,7.9.10f.; 21,17; 22,11.15; 31,11. In Hi 33,23 ist der „Engel“ allein durch # ~ % ! „ein Fürsprecher aus Tausend“, hingegen sind die in der Genesis belegten Engel durch Gottesbezeichnungen spezifiziert. Gen 16,7.9.10.11; 22,11.15 nennen den " „Engel JHWHs“, Gen 21,17 den
„Engel Gottes“ und Gen 31,11 den
„Engel Gottes“. Dass Gott einen Engel schickt, findet sich ebenfalls in Ex 23,20; 33,2; Num 20,16; II Chr 32,21. In Hos 12,5 kämpft Jakob mit dem Engel und er siegt, weint und fleht ihn an. Auch wenn Gott in Hi 33 den Engel nicht schickt, so ist das Tun des Engels den Taten Gottes untergeordnet, so dass der Engel Gott gemäß handelt.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
151
engel in MT zugeschriebenen Tätigkeiten, dass er gnädig ist und Gott unter Anbietung eines Lösegeldes um Befreiung bittet, sind in der LXX nicht genannt. Das vermittelte Handeln Gottes in MT wird zu einem direkten Handeln Gottes in der LXX. Die Charakterisierung der Engel als todbringend zeigt eine ablehnende Einstellung an. 34 Folglich bezeugt der Text in der LXX ein Interaktionsgeschehen zwischen Gott und Mensch, das die Restitution des Menschen zum Ziel hat. 35 In diesem Ziel, nicht in dem Weg dorthin, stimmen MT und LXX überein. Die Ausschaltung des Engels in seiner Mittler- und Fürsprachefunktion in LXX wird darauf zurückzuführen sein, dass der Satan in Hi 1f. zu den Engeln gerechnet wird. Die Passage in Hi 33,23f. mit dem Engel als Fürsprecher für den leidenden und vom Tod bedrohten Menschen vor Gott hat sprachliche wie inhaltliche Parallelen zur zweiten Himmelsszene im Prolog in Hi 2.36 Hi 2 erzählt in der zweiten Himmelsszene Gottes Pakt mit dem Satan, der zuvor die Frömmigkeit Hiobs angezweifelt und auf sein Wohlergehen zurückgeführt hat. 37 In Hi 2,5f. fordert der Satan Gott mit den Worten heraus: 1 w ! wx w. v " w.,' w'& " w # ! 5 / w.( ! w w # w. wj w " w / " 6 5. Jedoch, schicke doch Deine Hand aus und berühre seine Knochen und sein Fleisch. In Dein Gesicht wird er Dir fluchen.
34
Die Engel werden mit dieser Übersetzung nicht abgewertet, sondern ihre Bezeichnung als todbringend ist Folge einer ablehnenden Einstellung ihnen gegenüber; vgl. MACH, Entwicklungsstadien, 107f. 35 Diese Änderung in der LXX gegenüber MT ist allzu konsequent, berücksichtigt man, dass diejenigen Textstellen in MT, die von Engeln zeugen, in der LXX negativ bewertet werden; vgl. MACH, Entwicklungsstadien, 108f., und W ITTE, Book, 51f. MACH vermutet, dass der Satan einen negativen Einfluss auf die Engelvorstellungen gehabt habe. Dies zeige sich ebenfalls in Hi 20,15; 40,11, in denen die Ausführung der Strafe auf die Engel übergehe, während Gottes gütige Art gewahrt bleibe. Die Engel seien in der LXX zunehmend selbst als böse dargestellt und als eigenständige, negative und todbringende Wesen gewertet. Einen Dualismus von Gott und todbringenden Engeln gebe es in der LXX des Hiobbuches nicht; ebenso fehle eine Personifizierung der Engel, so dass sie weiterhin anonym bleiben. Die Gemeinschaft in Qumran hat hingegen die Vorstellung einer aus entgegen gesetzten Mächten bestehenden Geisterwelt ausgebildet, vgl. 1QH VIII, 14–19; 1QS III, 13–15; 1QS IV, 1–26; vgl. auch KRATZ, Geheimnisse, 138–146. Im Unterschied zu dieser Idee bleiben die Engel in der LXX weiterhin Gott untergeordnet; vgl. MACH, Entwicklungsstadien, 110. 36 Eine Anspielung auf die Satansszenen sehen bereits HORST, BK, 256, und STRAUSS, BK, 289f., vorliegen, ohne allerdings sprachliche und inhaltliche Bezüge im Einzelnen aufzuzeigen. 37 Zu den Himmelsszenen vgl. SPIECKERMANN, Satanisierung, 432–436; KÖHLMOOS, Auge, 75–103.
152
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
6. Da sprach JHWH zum Satan: Er ist in Deiner Hand, nur sein Leben bewahre.
Nach dem Dialog zwischen Gott und Satan dürfen in der zweiten Himmelsszene Hiobs ,' „Knochen“ und $ „Fleisch“ zu Schaden kommen. Jedoch soll Hiobs $(! „Seele, Leben“ unangetastet bleiben, wenn der Satan Hiob an seinem Gebein und Fleisch berührt. Diese drei Worte nimmt Elihu zur Beschreibung des leidenden Menschen auf. Die Begriffe „Leben“ und $(! „Seele, Leben“ sowie ,' „Knochen“ und $ „Fleisch“ bilden in Hi 33,19–22 die Termini, mit denen der Mensch beschrieben ist, der sich aufgrund zunehmender Krankheit dem Tod nähert. Mit ,', $ und $(! liegt dasselbe Vokabular vor, mit dem in der zweiten Himmelsszene der Pakt zwischen Gott und Satan über Hiob geschlossen ist, aus dem Hiobs Leid resultiert. Diese sprachliche Nähe wird zudem durch eine inhaltliche Nähe unterstützt. Dürfen nach Hi 2,5 ,' und $ Hiobs durchaus zu Schaden kommen, wenn der Satan Hiob berührt, so schwindet in Hi 33,21 der $ des Menschen, und seine ",' sind fleischlos geworden. Nach Hi 2,5; 33,21 geraten sowohl ,' als auch $ in Mitleidenschaft durch die Krankheit. In Hi 2,6 muss hingegen die $(! „Seele, Leben“ von Hiob bewahrt bleiben. Sowohl in Hi 33,18 als auch in 33,22 wird mit $(! der Höhepunkt der Bedrohung des Lebens durch den Tod angezeigt. Daran schließt in Hi 33,23– 30 an, dass der Mensch vor dem Tod zurückgehalten und befreit wird. Die Befreiung ist in Hi 33,30 erneut mit $(! angezeigt.38 Das Geschehen in Hi 33 vollzieht sich in Übereinstimmung mit dem Pakt zwischen Gott und Satan in Hi 2: Fleisch und Knochen des Menschen kommen zwar zu Schaden, aber das Leben des leidenden Menschen bleibt bewahrt. Hi 33 ist in seiner poetischen Darstellung komplexer und differenzierter im Gebrauch der Termini als der narrative Dialoggang in Hi 2. Die komplexe Darstellung und die differenzierte Verwendung der Begriffe in Hi 33 lassen eine literarische Abhängigkeit von Hi 2,5f. vermuten. Die Ausgestaltung des Menschenbildes in Hi 33 integriert auf diese Weise Formulierungen und Gedanken aus Hi 2. Zu den inhaltlichen Bezügen tritt hinzu, dass in Hi 33,23–30 eine motivliche Parallele zur Hofstaat-Szenerie der Himmelsszenen vorliegt. Tritt der Satan in Hi 1,6–12; 2,1–7 als zu den
! „Göttersöhnen“ gehörend vor JHWH auf, so erscheint der Engel in Hi 33,23 als % ! „einer 38
Neben den genannten finden sich weitere Wortbezüge in die Rahmenhandlung. Die Nomina $ „Fleisch“ (V.25) und $(! „Seele, Leben“ (V.28) verweisen in die sog. Zweite Himmelsszene, darüber hinaus findet der „Engel“ ebenfalls Erwähnung in Hi 1,14. Das Substantiv $ „Aufrichtigkeit“ (V.23.27) erinnert an die Charakterisierung Hiobs als rechtschaffen (Hi 1,1.8; 2,3). Das Verbum j „sündigen“ (V.27) verweist des Weiteren in Hi 1,5.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
153
von den Tausend“ ebenfalls aus Gottes Hofstaat. Paktieren in den Himmelsszenen Gott und Satan Hand in Hand (2,6), so ist das Tun des Engels in Hi 33 dem Handeln Gottes unterstellt (33,29f.). Sowohl den Himmelsszenen im Prolog als auch der Szenerie in Hi 33 liegt demnach die Vorstellung von Gottes Hofstaat zugrunde. In Hi 33 liegt jedoch hinsichtlich des geschilderten Geschehens eine Neuinterpretation gegenüber der zweiten Himmelsszene vor. Paktiert in der Himmelsszene Gott mit dem Satan, so dass Gott vermittelt durch das Handeln des Satans das Leiden Hiobs verursacht, so beschreibt die Szene in Hi 33 Gottes Restitution und Befreiung des leidenden Menschen zum Leben. Diese wird durch die gnädige Tat des Engels vermittelt. Da Hi 33 die Szene in Hi 2 neu interpretiert, ist auch das überlieferte Gottesbild von dem in Hi 2 verschieden. Intendiert Gott in den Himmelsszenen, Hiobs Leiden zu verantworten, so dass die Ursache für Hiobs Leiden transparent ist, wird der Erziehung im Leiden Offenbarungsqualität zugesprochen. Die Erziehung im Leiden zielt auf Gottes Befreiung vom Leiden.39 Das Handeln des Engels (Hi 33,23f.) bedarf in diesem Kontext weiterer Erhellung. Die Begriffe / „Aufrichtigkeit“ (33,23) und ( „Lösegeld“ (33,24), das Verbum ! „gnädig sein“ (33,24) und die Wendung $ # „in die Grube hinabsteigen“ (33,24) sind von besonderer Bedeutung für Profil und Funktion des Engels und sein Handeln am leidenden Menschen.
39 Die Ausführungen zu Hi 33,19–25 und ihrer Parallele in Hi 2,5f. deuten darauf hin, dass die zweite Himmelsszene in Hi 2,1–7 bereits integraler Bestandteil in der Hiobkomposition gewesen ist, als die Grundschicht der Elihureden ergänzt worden ist. Da die zweite Himmelsszene die erste Unterredung zwischen Gott und Satan in Hi 1,6–12 voraussetzt, gehören beide Himmelsszenen in Hi 1,6–12; 2,1–7 bereits der Hiobkomposition an; vgl. FOHRER, KAT, 29–32; 40f.; MAAG, Hiob, 20–90; 204–215; SPIECKERMANN, Satanisierung, 434–436. Eine sekundäre Ergänzung von Hi 1,6–12; 2,1–7 ist immer wieder angenommen worden. Die Himmelsszenen seien als eine spätere Ergänzung im Prolog angesehen worden, die vor Einfügung der Elihureden in die Hiobkomposition ergänzt worden seien, so KÖHLMOOS, Auge, 71–73; 90–92. Dagegen gehören nach KAISER, Gott, 269–289, insbesondere 279–282; DERS., Buch, 79–123, die Elihureden der zweiten Ausgabe des Hiobbuches an, dem die Unterredungen zwischen Gott und dem Satan noch fehlen. Diese These unterstützt SYRING, Hiob, 91–94, der annimmt, dass die Grundform der Hioberzählung in Hi 1–2 ohne die Satansszenen auskommen und sie erst ergänzt worden sind, als Erzählung und Dichtung miteinander verbunden worden sind. Die poetischen Teile der Elihureden bilden nach SYRING, Hiob, 173, die erste Bearbeitung der ursprünglich selbständig tradierten Dichtung und werden erst in einer Erweiterungs- und Redaktionsschicht um die narrative Einleitung in Hi 31,40b–32,5 ergänzt. SCHMID, Entstehung, 177, vertritt dagegen die These, dass die sog. Himmelsszenen bereits zum Textbestand des Hiobbuches gehört haben, als die Elihureden ergänzt worden sind; vgl. aaO., 179–182.
154
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Die erste Tat des Engels besteht darin, dass er dem vom Tod bedrohten Menschen dessen / „Aufrichtigkeit“ berichtet (33,23).40 In 33,3 behauptet Elihu von sich selbst, er wolle Hiob mit aufrechten Worten antworten. Nach 33,23 teilt der Engel dem leidenden Menschen seine Aufrichtigkeit mit. Dem vom Tod bedrohten Menschen fehlt offenkundig dessen Aufrichtigkeit, die Elihu sich selbst zuspricht.41 Der Verlust des $ ist in 33,15–30 nicht expliziert, jedoch ist es aufgrund der Unschuldsbehauptungen Hiobs in Hi 33,9–11 sowie der Befreiung von Hochmut und Stolz als Intention von Träumen und Visionen in Hi 33,15–18 naheliegend, dass der Mensch Aufrichtigkeit nötig hat.42 Es folgt die gnädige Zuwendung des Engels zum Menschen in 33,24, die mit dem Prädikat ! „gnädig sein“ ausgedrückt wird. Dieses Verbum ist im Alten Testament nicht mit dem Engel, sondern meist mit Gott als Subjekt gebraucht.43 Die Verwendung des Gottesprädikats mit dem Engel 40 $ meint „Aufrichtigkeit“ oder „Rechtschaffenheit“. Es ist empfohlen, auf aufrechten Wegen zu gehen, so Prov 2,13; 4,11, und dies ist als Furcht Gottes angesehen, so Prov 14,2. Wer Aufrichtigkeit zurück- und vorenthält, erleidet Mangel, so Prov 11,24, und wer edle Personen schlägt, verstößt gegen die Aufrichtigkeit eines Menschen, so Prov 17,26. Die Bedeutungsnuancen implizieren eine ethische, auf zwischenmenschliches Verhalten ausgerichtete Handlungsdimension sowie einen Ausdruck der Gottesfurcht, der mit einem aufrechten Leben einhergeht. Daher bildet das eigene Leben, das mit aufrichtigem Herzen geführt wird, eine angemessene Reaktion auf Gottes Gebote (Ps 119,7; I Reg 9,4; I Chr 29,17; I Reg 3,6). Dtn 9,5 dagegen bringt die Gefahr vor Überschätzung der eigenen Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit gegenüber dem Tun Gottes zum Ausdruck. Aufrecht zu sein impliziert ein rechtes, aufrichtiges Verhalten in zwischenmenschlichen Interaktionen und einen aufrechten Lebenswandel vor Gott. Die Mitteilung des $ setzt in Hi 33,23 jedoch nicht ein Tora gemäßes und gottgefälliges Leben voraus. In Hi 37,3 kann Gott selbst sogar als rechtschaffen und aufrichtig bezeichnet werden. 41 Die Hiobkomposition verwendet das Adjektiv $ „rechtschaffen, aufrichtig“ zuvor zur Charakterisierung Hiobs in Hi 1,1.8; 2,3, vgl. FOHRER, KAT, 70–74; HABEL, OTL, 86; KAISER, Hiob, 99. Hiob hat in Hi 6,24–26 seine Freunde dazu aufgefordert, ihn zu unterweisen und zu lehren, sich zugleich aber über $ „aufrichtige Worte“ beklagt, diese als schmerzhaft klassifiziert und abgelehnt; vgl. FOHRER, KAT, 173f.; HABEL, OTL, 150. 42 Dagegen sieht GORDIS, MorS II, 377, in 33,23b keinen Akt moralischer Rehabilitation des Menschen vorliegen, sondern vielmehr dessen physische Wiederherstellung ausgesagt. 43 Das Verbum ! ist vornehmlich mit Gott als Subjekt verwendet, so in Gen 43,29; Ex 33,19; Num 6,25; Ps 67,2; 123,2f.; II Sam 12,22; II Reg 13,23; Jes 30,18f.; 33,2; Am 5,15; Mal 1,9a. Die an Gott gerichtete Bitte, er möge ihm gnädig sein, ist in Ps 4,2; 6,3; 9,14; 25,16; 26,11; 27,7; 30,9–11; 86,16; 31,10; 41,5.11; 51,3; 56,2; 57,2; 86,3; 119,29.58.132 belegt; eine Bitte um das Ausbleiben der Gnade führt Ps 59,6; Dtn 7,2 an; dass Gott sich nicht erbarmt, belegen Jes 27,11; Thr 4,16. Jedoch sind auch Menschen in der Lage, einander gnädig zu sein, vgl. Ps 37,21.26; 112,5; Prov 14,31; 19,17; 28,8; Hi 19,21; Jdc 21,22; Jer 22,23 oder aber vom gnädigen Handeln zu lassen, vgl. Dtn 28,50; Ps 109,21. Ein Engel wird an keiner weiteren Stelle als Subjekt gnädigen Handelns ge-
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
155
als Subjekt zeigt an, dass das Handeln des Engels eindeutig Gott untergeordnet ist. Der Engel nimmt in der gnädigen Zuwendung zum todesbedrohten Menschen göttliche Züge an und handelt göttlich. An keiner weiteren Stelle im Hiobbuch wird dem leidenden Menschen Gnade gewährt. Bildad fordert zwar Hiob in Hi 8,5 auf, dass Hiob bei Gott um Gnade flehen solle, und Hiob bittet seine Freunde, dass sie ihm gnädig sind (19,21), aber die Vorstellung des gnädigen Handelns Gottes hat hier keinen Stellenwert. In Hi 22,23–30 stellt Eliphas Gottes rettendes und gnädiges Handeln in Aussicht, jedoch fehlt die explizite Nennung gnädiger Zuwendung. Die bedingungslose, gnädige Zuwendung des Engels zum leidenden Menschen, der vom Tod bedroht ist, bildet daher einen neuen Gedanken in der Hiobkomposition. Sie stellt eine gezielte Reaktion auf Hiobs Reden dar. Die Gnade des Engels und Gottes Befreiung des leidenden Menschen gelten nach Elihu selbst demjenigen, der seine Unschuld beteuert und Gott als seinen Feind erachtet. Nachdem der Engel sich dem vom Tod bedrohten und mit Aufrichtigkeit ausgezeichneten Menschen gnädig zugewendet hat, richtet er an Gott die Bitte, er möge den Menschen vom Hinabsteigen in die Grube befreien. Die Wendung $ # „in die Grube hinabsteigen“ und das Verbum ! „gnädig sein“ haben eine Parallele in Ps 30,9–11.44 w !/ #1 " w + w " w 9 1 w# 1 w( ' w# .1 w w # w # w', 10 /' " ! " " ' 11 9. Zu Dir, JHWH, rufe ich, und zu meinem Herrn flehe ich. 10. Was ist der Gewinn an meinem Blut, wenn ich zur Grube hinabsteige? Wird Staub Dich loben? Wird er Deine Wahrheit kundtun? 11. Höre, JHWH, und sei mir gnädig! JHWH sei mir ein Helfer.
Der Psalmbeter schreit zu Gott und fleht ihn um Gnade an, da er Gott nicht mehr loben oder Gottes Wahrheit erzählen kann, wenn er gestorben ist.45 nannt. Da ! ein Gottesprädikat ist, sieht WEISER, ATD, 218, in 33,24 ebenfalls Gott als Subjekt. 44 Vgl. auch die Formulierung "$ # und
"$ # in Gen 37,35; Num 16,30; Ez 31,17; 32,27; Hi 7,9; Ps 55,16. Eine Verbindung zwischen Hi 33,23–30 und Ps 30 hat bereits GERSTENBERGER, Psalms, 133–136, gesehen. 45 WEBER, Psalmen I, 150f., sieht in Ps 30 das Danklied eines aus der Todesgefahr genesenen Menschen vorliegen. In Vv.9–11 enthält es die Anrufung Gottes als gegenwärtige Klage, nicht jedoch im Rahmen eines Rückblickes. Ps 30 ist als Dankgebet nach der tödlichen Bedrohung auf das Bittgebet in Ps 28 bezogen. Dagegen sieht J ANOWSKI, Konfliktgespräche, 269–274, in Ps 30,9–11 einen Rückblick auf die Klage vorliegen. Er nimmt in Ps 30 drei Vergangenheitsebenen an und ordnet Vv.9–11 der zweiten Ebene zu: In der Gegenwart lobt der Beter Gott, blickt auf erster Ebene zurück auf die erfahrene
156
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Der Tod des Beters schädigt sogar Gott, weil er im Tod Gott nicht mehr loben kann. Daher appelliert der Beter an Gottes Gnade und Hilfe, dass er nicht sterbe.46 Ist Ps 30 aus der Notsituation des Beters heraus formuliert, so reflektiert Hi 33,24 einen Geschehensablauf, in welchem die Befreiung aus dem Tod nur mit der gnädigen Vermittlung des Engels möglich bleibt. Der Grund für die Befreiung besteht in Hi 33,24 in dem durch den Engel gefundenen Lösegeld für den vom Tod bedrohten Menschen. Der Begriff ( „Lösegeld“ ist juridischer Provenienz. Er bezeichnet das Geld, das zur Abwendung einer Strafe oder als Entschädigung zu leisten ist. 47 Mit der Lösegeldvorstellung werden auch Mensch und Gott zueinander ins Verhältnis gesetzt. In Ex 30,12 ist die Vorstellung überliefert, dass ein Israelit im Falle seiner Musterung an JHWH ein Lösegeld für sein Leben geben muss. 48 Darüber hinaus belegt Jes 43,3f. die Vorstellung, dass Gott selbst als Erlöser Israels ein Lösegeld für Israel gibt. w s w *w , w ( w !w' .w v w.#+ w x w " w ! 1 w * 3 ( !ww w u w w # w ¡ " w 1 w ! 1 " w # !w !' w + w 1 4
Rettung und erinnert auf der zweiten Ebene das Flehen des Beters in Bedrängnis. Unter Bezugnahme auf Ps 6,6; 88,11; 30,10; 115,17f.; Jes 38,18f.; Sir 17,27f. zeigt J ANOWSKI, Konfliktgespräche, 246–250, auf, dass es auch zum Nachteil Gottes ist, wenn er den Beter in den Tod lässt, da dieser Gott nicht mehr loben kann. 46 Vgl. HOSSFELD/ ZENGER, Psalmen, NEB, 190. 47 Vgl. BERGES, Jesaja, HThKAT, 274; J ANOWSKI, Sühne, 153; LANG, Art. (, 316f. Die Wendung ( , „ich habe ein Lösegeld gefunden“ ist singulär. Mit dem Terminus ( „Lösegeld“ sind ausgewählte zwischenmenschliche Interaktionen geregelt. Im Bundesbuch besagt Ex 21,30, dass wenn ein Lösegeld auferlegt wird, man zur Befreiung entsprechend dem Auferlegten zahlen solle. Gemäß J ANOWSKI, Sühne, 154, liegt in Ex 21,30 der älteste Beleg für ( vor. Kein Lösegeld soll für einen Mörder oder für einen, der des Lebens schuldig ist, so Num 35,31f., angenommen werden. Darüber hinaus belegen Prov 13,8, dass der Reichtum eines Mannes sein Lösegeld sei, und Prov 21,18, dass ein Frevler das Lösegeld für den Gerechten sei. Prov 6,35 besagt, dass ein Mann, den ein anderer Mann durch Ehebruch mit dessen Frau betrogen hat, sich unparteiisch gegenüber Lösegeld verhalte und keines annehme, da dieses Vergehen nicht geschont werde. Samuel bekräftigt in seiner Abschiedsrede vor Israel in I Sam 12,3, dass er mit Lösegeld nicht unsachgemäß umgegangen ist, indem er ein Auge zugedrückt hat. Der Missbrauch des Einnehmens von Lösegeld kommt in der Sozialkritik des Amos in Am 5,12 zum Ausdruck, indem Lösegeld zur Bestechung verwendet wird, die Gott verurteilt; vgl. JEREMIAS, Amos, ATD, 61; 69; vgl. B ERGES, Jesaja, HThKAT, 274f. J ANOWSKI, Sühne, 167f., sieht darüber hinaus in I Sam 12,3; Prov 6,35 die Vorstellung unrechtmäßig angenommenen Lösegelds zugrunde gelegt. Darüber hinaus vertritt er die These, dass das in Am 5,12 genannte Bestechungsgeld mit der Korrumpierung der Rechtspflege in Jes 5,20.23.24a wie auch mit Jes 1,23 korrespondiere. 48 Das Zählen der Israeliten galt gefährlich, da der Zorn Gottes sich in einer Plage über die Gezählten manifestieren könne, vgl. DOHMEN, HThKAT, 276; zu den genannten Textstellen siehe ebenfalls JANOWSKI, Sühne, 154–168.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
157
3. Denn ich bin JHWH, Dein Gott, der Heilige Israels, Dein Retter. Ich habe für Dich Ägypten zum Lösegeld gegeben, Kusch und Saba49 an Deiner statt, 4. da Du würdig bist in meinen Augen, bist Du geehrt und ich liebe Dich. und ich gebe einen Menschen für Dich und Völker für Dein Leben.
Jes 43,3–4 gehört zum Heilsorakel in Jes 43,1–7. Gott ist als Schöpfer Jakobs und als Bildner Israels zugleich Erlöser. Die persönliche Anrede bezieht durch Jakob und Israel jede Person mit ein, die zu den Angeredeten gehört.50 In Jes 43,3–4 erscheint Gott als der Herr der Völker, der allein sein Volk Israel aus dem Exil befreien kann, und dazu in die Geschichte und Geschicke der Völkerwelt eingreift. Seine Einführung als $ $"#+ „Heiliger Israels“ zeigt an, dass er sein Handeln auf sein Volk gerichtet hat. 51 V.3 spricht ebenfalls wie V.1 von der Erlösung Israels, gebraucht allerdings das Verbum '$ hi. „retten“. Gott selbst wird Ägypten, Kusch und Seba als Lösegeld für das kleine Israel geben.52 Da Gott Israel als würdig erachtet und liebt, gibt er sogar Völker für sein Volk hin.53 Israel ist Gottes erwähltes und geliebtes Volk, das seinen Wert nicht aus sich selbst heraus, sondern in Gottes Augen hat.54 Den Texten in Hi 33,24 und Jes 43,3f. ist gemeinsam, dass Gottes Befreiung für eine Gruppe oder Person aufgrund eines Lösegeldes verantworDie Trias , „Ägypten“, $" „Kusch“ und s „Saba“, darüber hinaus nur in Jes 45,14. 50 Vgl. zum Heilsorakel in Jes 43,1–7WESTERMANN, Jesaja, ATD, 95–98. 51 Vgl. ELLIGER, BK, 295. 52 Daher klassifiziert J ANOWSKI, Sühne, 169f., ( „Lösegeld“ auch als Terminus der theologischen Sprache, da Gott selbst Israel auslöst. Nicht der Urheber der Verschuldung, sondern Gott als Geschädigter gibt das Lösegeld zur Auslösung des Schuldigen. Daher sei Gottes Handeln der Erweis seiner Liebe zu seinem Volk und folglich Erlösungshandeln. 53 J ANOWSKI, Sühne, 170, meint durch die -Formulierungen in Jes 43,3b.4b bildete der zentrale Aussagegehalt des Lösegeld-Begriffs der Stellvertretungsgedanke. Trete das Lösegeld an die Stelle des verwirkten Lebens, erwirke es die Lösung des Menschen aus Todesverfallenheit. ( sei folglich als ‚Existenzstellvertretung‘ oder als ‚Lebensäquivalent‘ zu verstehen. 54 Der historische Hintergrund von Jes 43 bestand in der Erfahrung Israels keine eigenständige politische Herrschaft auszuüben. Zuerst beherrschten die Babylonier und anschließend die Perser das Territorium und sie behielten ebenfalls die Oberhand in der Rechtsausübung. Dagegen präsentieren die Verfasser von Jes 40–55 einen souveränen Gott, der mit Ägypten, Kusch und Saba eine sehr hohe Entschädigung für die Freilassung seines Volkes zahlte; vgl. B ERGES, Jesaja, HThKAT, 275. Dagegen denken W ESTERMANN, BK, 97, und J ANOWSKI, Sühne, 170, in Jes 43,3f. an keine konkreten politischen Verhältnisse. Janowski sieht in Jes 43,3f. „die unvergleichliche Größe der göttlichen Heilszuwendung“ vorliegen. „Die Auslösung Jakob-Israels aus dem Exil hat ihren Grund in der Liebe Gottes zu seinem Volk, sie ist das den ersten Exodus überhöhende, gnädige Handeln des Schöpfers und Bildners Israels.“ (aaO., 170); vgl. ALBERTZ, Weltschöpfung, 1–53. 49
158
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
tet wird.55 Der Grund für die befreiende Zuwendung Gottes zu Israel liegt in Jes 43,3f. in seiner Liebe zu seinem Volk und in Hi 33,24 in der Gnade des Engels, der als Fürsprecher zwischen Gott und dem leidenden Menschen vermittelt. Während jedoch in Hi 33,24 der Engel das Lösegeld findet und an Gott entrichtet, ist es in Jes 43,3f. Gott selbst, der das Lösegeld zur Befreiung seines Volkes gibt. In Jes 43,3f. ist mit der Gabe des Lösegeldes die Idee der Stellvertretung verbunden, die mit dem Wort „statt, für“ in 43,3b.4b ausgedrückt ist. Für Israel gibt Gott die Länder Ägypten, Kusch und Seba. Jes 43,3b.4b liegt der Gedanke der substitutiven Stellvertretung, der die stellvertretende Lebenshingabe impliziert, zugrunde. Der Gedanke der Stellvertretung ist in Hi 33,23f. ebenfalls enthalten, indem der Engel als Fürsprecher charakterisiert ist. Es handelt sich in Hi 33,23f. um eine repräsentative Stellvertretung, bei der ein Engel als Mittler für den leidenden Menschen vor Gott eintritt, nicht um Substitution.56 Das substitutiv-stellvertretende Handeln des Engels ist jedoch aufgrund des gefundenen Lösegeldes behauptet worden. Es ist dahingehend präzisiert, dass es sich bei ( „Lösegeld“ um das „die Interzession ermöglichende Bußverhalten des Kranken“ handelt und die Umkehr des Menschen intendiere.57 Die Gabe des Lösegeldes bewirke Errettung aus Todesverfallenheit und durch die Rettung geschehe ‚Existenzstellvertretung‘. 58 Diese Form substitutiver Stellvertretung setze eine Umkehr des Menschen implizit voraus. Jedoch fehlen in Hi 33,23f. sowohl eine Umkehr des Menschen als auch eine stellvertretende Lebenshingabe des Engels für den vom Tod bedrohten Menschen.59 Eine aktive Umkehr lässt sich wegen der Nennung des Lösegeldes nicht vermuten. Stattdessen liegt eine repräsentative Stellvertretung des Engels als Fürsprecher in Hi 33 vor. Sie bietet eine Neuinterpretation gegenüber der Fürbitte Hiobs in Hi 42,8–10. Leistet in Hi 42 Hiob Fürbitte für seine Freunde, dass sie vor Gott wieder hergestellt werden und Bestand erhalten, so ist in Hi 33 eine Fürsprache durch Hiob selbst oder den leidenden MenDas Befreiungsgeschehen ist in Jes 43,3f. mit '$ hi. „retten“ und in Hi 33,24 mit '( „befreien, frei lassen“ ausgesagt. Das Motiv der Befreiung ist in der zweiten Fortschreibung in Hi 33,15–30 durch #( „befreien“ in 33,28 aufgenommen. 56 Zur Begrifflichkeit von Repräsentation und Substitution als divergierende Stellvertretungsvorstellungen vgl. SPIECKERMANN, Art. Stellvertretung, 135f. 57 J ANOWSKI, Sühne, 149f., unter Verweis auf WEISER, ATD, 223f.; FOHRER, KAT, 460f., 477. Nur in Hi 33,24; 36,18 ist der Begriff ( im Kontext der Restitution eines Kranken genannt; vgl. J ANOWSKI, Sühne, 150. 58 So J ANOWSKI, Sühne, 150, auf GESE, Sühne, 87, rekurrierend. „Die Warnung Elihus vor Spott und ‚hohem Lösegeld‘ […] impliziert die Bitte an Hiob, nicht das zu verweigern, was nach Hi 33,23f. als das wahre Lösegeld gilt: umzukehren und nach Gottes Willen zu leben.“ Siehe auch FOHRER, KAT, 460; HESSE, ZBK, 180f. 59 Vgl. Kap. 2.2.5.3. 55
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
159
schen ausgeschlossen und unmöglich. Für den leidenden Menschen wird stattdessen Fürsprache vor Gott gehalten. Der Engel legt diese Fürsprache vor Gott ein und bringt ein Lösegeld vor, damit der leidende Mensch restituiert wird. Die Motive des Lösegeldes und der Befreiung sind ebenfalls in Ps 49,8 mit den Worten ( „Lösegeld“ und #( „befreien“ kombiniert: .( * w x w xw w 2 ( w / #(xw Einer kann einen anderen (Bruder) nicht loskaufen, niemand kann Gott sein Lösegeld geben.
Ein Mensch kann sich selbst weder loskaufen noch Gott sein Lösegeld geben, so dass die Selbsterlösung des Menschen definitiv ausgeschlossen ist.60 In Ps 49,16 schließt daher die Aussage an, dass Gott den Beter aus dem Totenreich befreien wird. Implizit besagt Ps 49,8, dass keine Person für sich selbst ein Lösegeld bereithalten kann, sondern dies eine andere Person gewähren muss. Darüber hinaus kann Gott allein aus dem Tod befreien. Die Aussage in Hi 33,24 gibt wenig Informationen über die Lösegeldvorstellung. Das Finden des Lösegeldes ist singulär im Alten Testament. Eine Verbindung zur vorausgegangenen Mitteilung der Aufrichtigkeit an den leidenden Menschen scheint zu bestehen, bleibt aber unklar. 61 Der Blick in die mit ( ausgedrückte Lösegeldvorstellung im Alten Testament zeigt, dass nur in 33,24 eine Person für eine andere an Gott ein Lösegeld gibt. In Hi 33,24 spiegeln sich die Traditionen, dass sowohl Gott ein Lösegeld zu geben ist (so Ex 30,12) als auch für jemanden ein Lösegeld gegeben wird (so Num 35,31f.; Jes 43,3; Prov 6,35; 21,18) wieder. Zudem liegt Hi 33,24 die Vorstellung zugrunde, dass mit dem Lösegeld ein angemessener Betrag vorliegt (so Ex 21,30; I Sam 12,3). Der Engel bringt für den vom Tod bedrohten, kranken Menschen ein Lösegeld vor Gott.62 Implizit 60 So bereits JANOWSKI, Sühne, 171–173. Darüber hinaus vertritt er die These, dass Ps 49,8 in die spätnachexilische Zeit zu datieren sei, da nicht mehr eine akute Notlage, so in Jes 43,3f. das Exil oder in Hi 33,19–30 die Krankheit, sondern das Todesgeschick allgemein thematisiert sei. Der Realität des Sterbenmüssens ist die Hoffnung auf die „Transzendenz der Gottesgemeinschaft“ gegenübergestellt, so J ANOWSKI, Sühne, 174. Mit Ps 49,8 sei die inneralttestamentliche Bedeutungsentwicklung der Lösegeldvorstellung abgeschlossen. 61 Dagegen CLINES, WBC 18A, 738, der annimmt, dass das Lösegeld eine Metapher für die Befreiung darstellt, und in poetischer Weise aussagt, dass es keinen guten Grund für den vom Tod bedrohten Menschen gibt zu sterben. 62 Dagegen trägt J ANOWSKI, Sühne, 171; 174, für Hi 33,24 ebenfalls den Gedanken der Stellvertretung ein: In Hi 33,24 liege ein stellvertretendes Handeln zugunsten eines vom Tode bedrohten Menschen vor, indem der angelus intercessor mit dem gefundenen und an Gott gezahlten Lösegeld den todkranken Menschen auslöse. Jedoch besteht das
160
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
ist die Vorstellung enthalten, dass ein Mensch sich selbst nicht auslösen kann (vgl. Ps 49,8), sondern allein Gott aus dem Tod zu befreien vermag (Ps 49,16).63 Ferner ist die These vertreten worden, dass der Vorstellung vom Lösegeldes in 33,24 der Gedanke des himmlischen Gnadenschatzes zugrunde liegt.64 Der Lohn guter Taten könne neben dem Täter auch anderen Personen zugute kommen. Dieser anspruchsvolle Vorstellungskomplex fände sich bereits in vorexilischer Zeit, ließe sich allerdings erst sicher im Deuteronomistischen Geschichtswerk nachweisen. Er stamme aus den Vorstellungskreisen, dass einerseits gute Werke eines Menschen nicht vergeblich oder verloren, sondern bei Gott aufgehoben und angerechnet seien. Zudem seien sie auf andere Personen übertragbar. Andererseits sei die von Gott geschenkte Gnade so überschäumend reich, dass sie für die Deckung der Sünden vieler ausreiche.65 Demzufolge liege der Elihurede die theologische Vorstellung eines ‚himmlischen Gnadenschatzes‘ zugrunde, in den Gerechte einzahlen und der an die Bedürftigen ausgezahlt werde. Der Engel könne im Himmel den Gnadenschatz in Form eines Lösegeldes finden, das er Gott zugunsten des vom Tod bedrohten Menschen anbiete, um den Menschen zu befreien.66 Da das Tun des Engels mit dem Handeln Gottes identifiziert werde, veranschauliche der Engel das eigentlich unanschauliche Handeln Gottes. Nicht die Leidenspädagogik, sondern die „unerwartete gnädige Intervention Gottes (in Gestalt des Engels) zum Heil des Menschen“67 werde in Hi 33,15–30 thematisiert.68 Eine substitutive Stellvertretung oder die Vorstellung des himmlischen Gnadenschatzes überzeugen nicht für das Textverständnis in Hi 33,23f. Die alttestamentlichen Belegstellen zeigen vielmehr die vermittelnde und fürsprechende Funktion des Engels für den Menschen vor Gott in Hi
Handeln des Engels nicht im stellvertretenden Tun für den Menschen, sondern darin, zwischen Gott und Mensch zu vermitteln, dass der Mensch befreit wird. 63 Gegen J ANOWSKI, Sühne, 174, der in Ps 49,8 die Lösegeldvorstellung im Alten Testament zu einem Abschluss gekommen sieht. 64 Vgl. OEMING, Lösegeld, 97. 65 Die Verbindung beider Vorstellungskreise finde sich, so OEMING, Lösegeld, 99f., vor allem in David- und Abrahamtraditionen; vgl. zu den Belegstellen im Einzelnen I Reg 11,12f.32.34.39; 15,4f.; II Reg 8,19; 19,34; 20,6; auch Ps 132,10; Jes 37,35; I Chr 17,19 sowie Gen 18,26.32; 26,24; II Reg 13,23. 66 Vgl. OEMING, Lösegeld, 100; FOHRER, KAT, 460. 67 OEMING, Lösegeld, 101. 68 Die Analyse Oemings lässt allerdings unberücksichtigt, dass dem gnädigen Handeln des Engels sowie seiner Fürsprache die Rückgabe des $ „Aufrichtigkeit“ an den Menschen vorangestellt ist sowie der gnädige Mensch von Gott in 33,26 seine +#, „Gerechtigkeit“ zurück erhält. Vgl. Kap. 3.3.2.1.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
161
33,23f. auf. 69 Es liegt daher eine repräsentative, effektive Stellvertretung des Engels für den leidenden Menschen vor Gott vor, indem der Engel sowohl auf Erden dem Menschen gegenüber als auch im Himmel Gott gegenüber handelt.70 Sein Erscheinen ist in nachexilischer Zeit ein Indiz für die theologische Tendenz, Gottes Transzendenz hervorzuheben und zu bekräftigen.71 Gleichzeitig ist Gott präsent und der Welt gegenüber nicht beziehungslos, allerdings offenbart er sich nur ausgewählten Personen. 72 Eine Personifizierung des Engels mit Namen fehlt in Hi 33 allerdings.73 Die Funktionen eines interpretierenden Eingreifens des Engels sind in Hi 33,23 nicht in der Weise herausgebildet, dass von einem angelus interpres gesprochen werden könnte, da der Engel dem Menschen weder eine Gottesoffenbarung noch einen Traum oder eine Vision deutet. 74 Werden ebenfalls die Träume und Visionen als Offenbarungsmedien Gottes in Hi 33,15–18 zu Rate gezogen, so stehen in Hi 33,15–30 der Engel auf der einen und Träume und Visionen auf der anderen Seite unverbunden nacheinander. Der Engel vertritt auch nicht das menschliche Anliegen im himmlischen Gericht. 75 Eine ausgestaltete und durchdachte Angelologie liegt in Hi 33,23 nicht vor, nur weil ein Engel in vermittelnder und repräsentativer Funktion aufgrund seines gnädigen Handelns die Restitution des
69
Daher trifft auf Hi 33 die Definition zu, dass ein Engel ein zwischen Gott und Mensch vermittelnder Botschafter sei, dem eine interpretierend-deutende und hermeneutische Rolle mit mediatorischer Funktion zukommt, die göttliche Boten erfüllen, indem sie Menschen vor Gott repräsentieren; vgl. MEIER, Angel I, 86. Zur vermittelnden Funktion des Engels bereits E WALD, Hiob, 305f.; CLINES, WBC 18A, 735–740. DRIVER/ GRAY, ICC, I 290, beschreiben den Engel als ‚interpreter of angels mediating between God and man‘. 70 Vgl. GUGGISBERG, Gestalt, 100. 71 Vgl. SCHÖPFLIN, Interpreter, 201f.; EYNIKEL, Angel, 121. 72 In monotheistischen Gotteskonzeptionen kommt vermittelnden Personen, die die Beziehung zwischen Gott und Mensch bzw. Gott und Welt gewähren, ein verstärktes Interesse zu; vgl. LANG, Monotheismus, 154f.; WELLHAUSEN, Geschichte, 289f.; STOLZ, Einführung, 197f.; KOCH, Monotheismus, 565. 73 Persönliche Namen von Engeln belegen dagegen Dan 8,15f.; 10,13.21; 12,1; Tob 3,17; 5–6; vgl. EYNIKEL, Angel, 116. 74 MACH, Entwicklungsstadien, 61, sieht in Hi 33,23 keinen angelus interpres am Werk. Dieser sei nur in Sach 1,9.13f.; 2,2.5.7.10; 4,1.4f.; 5,5 sowie mit dem Namen Gabriel in Dan 8,15ff.; 9,21f. belegt. Dagegen nimmt HÖLSCHER, HAT, 87f., einen angelus interpres an, J ANOWSKI, Sühne, 149, versteht den Engel in 33,23 als einen interzessorischen Mittler und STRAUSS, BK, 289f., erachtet den Engel als Interpret göttlicher Offenbarung. 75 So MACH, Entwicklungsstadien, 62, unter Verweis auf Sach 1,11–13; Hi 5,1; 33,23. Jedoch fehlt in Hi 33,15–30 mit Ausnahme von $ „Aufrichtigkeit“ und +#, „Gerechtigkeit“ jedwede Rechts- und Gerichtsterminologie. Diese nimmt erst Hi 34 auf.
162
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
vom Tod bedrohten Menschen bewirkt.76 Das Erscheinen des Engels zeigt Gottes Transzendenz und bedingungslose Gnade, die die Befreiung des leidenden Menschen ohne die vorausgegangene Umkehr ermöglicht, an. Eine Parallele des Engels in Hi 33,23 zu einem persönlichen Schutzgott, der im Alten Orient verbreitet ist,77 lässt sich als traditionsgeschichtlicher Hintergrund nicht identifizieren.78 Die altorientalische Vorstellung des persönlichen Schutzgottes setzt ein exklusives Verhältnis zwischen Gottheit und einzelner Person oder Personengruppe voraus Von Seiten Gottes manifestiert sich dieses Verhältnis durch Schutz und Hilfeleistung, von Seiten des Menschen ist es durch Vertrauen, Lobpreis und Opfer charakterisiert. In Hi 33 liegt kein exklusives und kontinuierliches Verhältnis zwischen dem fürsprechenden Engel und dem vom Tod bedrohten Menschen vor. Das vermittelnde Handeln des Engels ist durch die Todesbedrohung notwendig geworden. Nach der Einleitung in 33,23 mit " ' $ „wenn es um seinetwillen einen Engel gibt“ kann der Engel im Leiden auch ausbleiben und menschliche Aktionen beeinflussen sein Handeln nicht. Die Fürsprache des Engels ist in 33,23 nicht durch ein bestehendes, dauerhaftes Verhältnis konstituiert. Daher liegt es nahe, dass kein persönlicher Schutzengel auftritt. Es ist in 33,23 für den Menschen allein lebensnotwendig, dass ein Mittler für ihn eintritt.79 In Hi 33,15–25.29–30 nennt Elihu Träume, Visionen und Krankheit als Gottes Offenbarungsmittel, seine Erziehung als einen möglichen Perspektivwechsel im Leiden und Gottes Befreiung des leidenden Menschen als Beginn des neuen, restituierten Lebens. Elihu nimmt einen Perspektivwechsel angesichts des Leidens Hiobs und seiner Unschuld vor. Offenbarung in Träumen und Visionen bewirkt Erziehung und Befreiung Gottes. Die Erziehung Gottes kann auch das Gnadenhandeln des Engels sowie die Befreiung des leidenden Menschen zum Leben hervorrufen, so dass der leidende Mensch körperlich restituiert, befreit und zum Leben zurückgeführt wird. Der Engel vermittelt zwischen Gott und dem vom Tod bedrohten Menschen und tritt als sein Fürsprecher vor Gott auf. Dem Menschen teilt er seine Aufrichtigkeit mit, zeigt sich ihm gnädig und bewirkt seine Befreiung aufgrund des gefundenen Lösegeldes. Eine Umkehr vom schlechten Tun oder eine Hinwendung zu Gott von Seiten des leidenden Menschen ist nicht erforderlich. In der gnädigen Zuwendung des Engels 76
Von einer biblischen Angelologie allgemein zu sprechen ist nach M ACH, Entwicklungsstadien, 63, auch nur möglich, versteht man sie als eine ‚Engellehre im Werden‘. Dagegen W AHL, Schöpfer, 163. 77 So KEEL/ UEHLINGER, GGG, 398. Zur Vorstellung des persönlichen Schutzgottes im Akkadischen lama.r, lamass(at)u oder šdu; vgl. LÖHNERT/ ZGOLL, Art. Schutzgott, 201–207. 78 Diesen Zweifel hegt bereits SEYBOLD, Gebet, 60–62. 79 Vgl. GUGGISBERG, Gestalt, 100f.
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
163
zum Menschen sind göttliche Züge zu erkennen und das Handeln des Engels wird dem Tun Gottes untergeordnet. Das von dem Engel gefundene und Gott dargebrachte Lösegeld bewirkt die Befreiung des Menschen aus dem Tod. Die Passage mit Gottes Befreiung des leidenden Menschen durch die gnädige Zuwendung des Engels weist sprachliche, inhaltliche und motivliche Parallelen zur zweiten Himmelsszene in Hi 2 auf. Dort paktiert Gott mit dem Satan und verantwortet durch das Handeln des Satans das Leiden Hiobs. Hi 33 beschreibt hingegen die gnädige Zuwendung des Engels zum leidenden Menschen, die zu dessen körperlicher Restitution und Befreiung führt. Die Szenerie in Hi 33 bildet daher eine Neuinterpretation des Paktes zwischen Gott und Satan, da das gnädige Tun des Engels dem Handeln Gottes untergeordnet ist und der Engel als Fürsprecher aus Gottes Hofstaat auftritt. Das Lösegeld deutet auf die repräsentative Stellvertretung des Engels für den vom Tod bedrohten Menschen hin. Die gnädige Zuwendung des Engels zum Menschen ist ein neuer Gedanke in der Hiobkomposition. Liegt der Weisheit ein Verständnis zugrunde, dass Welterfahrung zu Gotteserfahrung führt, so stellt Elihu die These auf, dass Gott sich durch bestimmte Medien, wie Träume, Visionen oder Krankheiten, dem Menschen offenbart. In ihnen geschieht dem leidenden Menschen eine Gotteserfahrung. Dank der Offenbarung Gottes ist es dem leidenden Menschen möglich, dass sein Leiden beendet wird und er zu neuem Leben gelangt. Ist lange Zeit mit dem Hiobbuch die Krise der Weisheit angesehen worden, da hier der Zusammenhang von Tun und Folge durchbrochen ist,80 so führen die Elihureden die theologischen Diskurse der Hiobkomposition in eine andere Richtung: Mit der Leidenserfahrung kommt Weisheit nicht in eine Krise oder wird ad absurdum geführt, sondern weisheitliche Erkenntnis ist in die Welt- und Lebenserfahrung integriert, so dass in der Leidenserfahrung Gottesbegegnung möglich ist. Die Elihurede bietet weisheitliche Erkenntnis in der Krise. 3.1.2.4 Schöpfer und Schöpfung Im Schlussteil seiner Rede präsentiert Elihu Gott als Schöpfer in Hi 36,22f.27–33; 37,6–13. Dank der Gegenüberstellung von Schöpfer und Geschöpf in Hi 32–33 ist die Schöpfungsthematik der Grundschicht der Elihurede bereits bekannt. 81 Elihu thematisiert nun die Unterscheidung von Schöpfer und Schöpfung und beschränkt sich auf die Beschreibung von Gott als Gebieter der meteorologischen Phänomene in Hi 36,27–33; 37,6– 13. Gott erweist seine Macht und Erhabenheit, indem er den Regenkreis80 81
Zur Krise der alttestamentlichen Weisheit im Hiobbuch vgl. Kap. 1.1. Vgl. Kap. 3.1.2.1.
164
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
lauf beherrscht, den Gang der verschiedenen Wolkenarten befiehlt, Licht, Donner, Blitz und Winde einsetzt, Regen und Schnee fallen und Frost entstehen lässt. Gottes Macht und Tun zeigt sich in den Wetterphänomenen. Die Grundschicht der Elihurede ist in ihrem zweiten Teil durch zahlreiche Stichwortbezüge mit der ersten Gottesrede in Hi 38f. verbunden.82 Eine literarische Referenz zwischen Hi 36,27–33; 37,6–13 und Hi 38f. ist wahrscheinlich anzunehmen. Aufgrund dieser Referenzen liegt in Hi 36,27–33; 37,6–13 eine literarische Vorbereitung der ersten Gottesrede vor.83 In den Gottesreden erscheint Gott als Akteur in der Dialogdichtung der Hiobkomposition und fordert Hiob im Sturmwind durch Fragen über die Schöpfung, die Welt und die Tierwelt heraus. Hiob erfährt in den Gottesreden die von ihm gewünschte Begegnung mit Gott, so dass hier ein in der Dialogdichtung aufgebauter Spannungsbogen zu seinem Abschluss gelangt. 84 Der Gott, von dem durch verschiedene Bezeichnungen die Rede gewesen und von dem in unterschiedlichen Bildern gesprochen worden ist, wird nun mit dem im Sturm erscheinenden Gott JHWH identifiziert. Die an Hiob gerichteten Fragen Gottes intendieren seinen Machterweis gegenüber der von ihm geschaffenen Schöpfung, die einerseits zur Erkenntnis der eigenen Ohnmacht Hiobs wie andererseits zu einer veränderten Erkenntnis über die Welt führen.85 Die Gottesreden sind durch direkte Wortfragen, die nach dem Handelnden fragen, und direkte Satzfragen, die ein Tun erfragen, gekennzeichnet. Die Wortfragen intendieren die Antwort ‚Du‘ und die Satzfragen rufen die Verneinung hervor.86 Beide Frageformen beabsichti82
Vgl. die Auflistung in Kap. 2.5.3. WEISER, ATD, 232–236, erkennt in Hi 36,26–37,13 eine Heranführung der Elihureden an die Gottesreden, die „die Elihureden mit dem Schluß der Hiobdichtung verknüpfen soll, indem er [sc. Elihu] Gedanken der Gottesrede vorwegnimmt“ (232). Der Abschnitt in Hi 37,14–24 weise weitere Parallelen zu den Fragen in den Gottesreden auf, vgl. WEISER, ATD, 232; NEWSOM, Book, 220f. Dagegen sieht FOHRER, KAT, 484, in der letzten Elihurede in Hi 37,14–24, HÖLSCHER, HAT, 89, in Hi 37,1–24 eine Vorbereitung der Gottesreden vorliegen. Dagegen MENDE Leiden, 303–305, die in den ursprünglichen Elihu- und Gottesreden zwei inhaltlich gezielt gestaltete Antwortreden auf die Problematiken in Hi 4–31 vorliegen sieht. ALBERTZ, Weltschöpfung, 149, erachtet Hi 36f. als eine weitergehende und daher spätere Abwandlung der Weltschöpfungstradition als Hi 38f. 84 Da Gott in Hi 38–41 dem Wunsch Hiobs, eine Antwort von Gott zu verlangen, nachkommt, und folglich die Gottesreden direkt auf die Dialogdichtung in Hi 3–31 folgen, ist anzunehmen, dass die Gottesrede in Hi 38f. in älteren Textfassungen auf Hi 31 folgte und die Elihurede in ihrer Grundschicht erst später ergänzt worden ist. Die Elihureden in Hi 32–37 unterbrechen den Gesprächsablauf und Spannungsbogen der Hiobkomposition, vgl. FOHRER, KAT, 40f.; MAAG, Hiob, 204–215; KÖHLMOOS, Auge, 71–73. Vgl. zu dieser Annahme die Positionen in Kap. 1.2.2; 1.2.3 und 1.2.4. 85 Zu den Ausführungen über die Gottesrede vgl. K ÖHLMOOS, Auge, 321–331. 86 Vgl. aaO., 328. 83
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
165
gen, den Angeredeten zu der Erkenntnis zu bringen, dass Gott allein die Macht über die Schöpfung hat und dem Menschen in ihr keine Sonderrolle zukommt.87 Ist die Gottesrede durch die beiden Fragetypen gestaltet, so weist die Elihurede in ihrer Darlegung der Macht Gottes in Hi 36,27ff. keine Fragen, sondern konstatierende Aussagen auf. Eine Gegenüberstellung der gemeinsamen Stichworte in der Gottesrede und der Grundschicht der Elihurede veranschaulicht die literarischen Bezüge und lässt die Unterschiede zwischen Elihurede und Gottesrede erkennen. Zu den Stichwortbezügen zwischen Hi 36,27–33 und der ersten Gottesrede zählen die folgenden Worte: „Wasser“ (36,27; 37,10; 38,30.34), j „Regen“ (36,27; 37,6; 38,28), +$ „Wolke“ (36,28; 37,18.21; 38,37), ' „Wolke“ (36,29; 37,11.16; 38,34), "$ „Krachen“ (36,29; 39,7), "s „Hütte“ (36,29; 38,40), $( „ausbreiten“ (36,30; 39,26), s pi. „bedecken“ (36,30.32; 38,34), und #&! hi. „berichten“ (36,9.33; 38,4.18). Keines dieser Worte bildet einen sprachlichen Bezug in die zweite Gottesrede. In Hi 37,6–13 liegen ebenfalls sprachliche Bezüge allein in die erste Gottesrede vor, zu denen & $ „Schnee“ (37,6; 38,22), „Schlupfwinkel“ (37,8; 38,40), !"' „Lagerstätte“ (37,8; 38,40), $ „sich legen“ (37,8; 38,19; 39,28), + „Frost“ (Hi 6,16; 37,10; 38,29), !' „Wolke, Gewölk“ (37,11.15; 38,9), ( hit. „sich wenden“ (Hi 37,12; 38,14), das Verbum
", pi. „befehlen“ (Hi 36,32; 37,12; 38,12) sowie das Nomen ~ „Erde“ gehören. Die Gottesrede ist durch Satz- und Wortfragen gekennzeichnet und die Elihurede beschreibt indikativische Aussagen über Gott. Implizieren die Satzfragen in den Gottesreden die Verneinung ohne eine indikativische Aussage zu treffen, so entfaltet Elihu mithilfe der einzelnen Begriffe, die ebenfalls die Gottesrede belegt, seinen Argumentationsgang in Hi 36,27– 33; 37,6–13. In ihm präzisiert Elihu die Erhabenheit und Macht Gottes, indem Gott den Wasserkreislauf entstehen lässt und die Entstehung von Regen, Donner, Licht, Frost und Schnee beherrscht. Elihu beantwortet in Bezug auf die Wetterphänomene die Anfragen Gottes in beschreibenden Aussagen über Gott oder expliziert diejenigen Aussagen, die implizit in den Gottesfragen enthalten sind. Trotz der Stichwortverbindungen greift Elihu jedoch nicht alle, in der Gottesrede genannten Themen auf, sondern beschränkt sich in seiner Darstellung der Macht Gottes auf die meteorologischen Erscheinungen als Wirkbereich Gottes. Die Tierwelt, die Zeiten des Gebärens oder Gottes gründendes Erschaffen der Erde nimmt er nicht auf. Die Beschränkung des Wirkbereichs Gottes auf die Wetterphänomene ist verständlich, wenn berücksichtigt ist, dass Gott in Hi 38,1 Hiob aus dem Sturmwind antwortet. Elihu intendiert mit seiner Deskription Gottes 87
Vgl. aaO., 337–341.
166
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
alle meteorologischen Phänomene als Wundertaten Gottes zu begreifen. Hingegen beabsichtigt Gott mit seiner Rede Hiobs Unterwerfung und seine Einsicht in die menschliche Ohnmacht gegenüber der Macht Gottes. Die Aspekte der Unterwerfung und Ohnmacht Hiobs fehlen in der Elihurede. Die Stichwortverbindungen zwischen der Elihu- und der Gottesrede, Gottes Macht und Erhabenheit in Hi 36,22f.27–33; 37,6–13 und in Hi 38f. als Themen der Elihu- und der Gottesrede und die Beschränkung des Wirkbereich Gottes auf die Wetterphänomene in Hi 36f. weisen die Elihurede als literarische Vorbereitung der Gottesrede aus. Die mit den Fragen implizit evozierten Antworten über Gottes Macht in der Gottesrede formuliert Elihu zu indikativischen Aussagen über Gott. Elihu antwortet auf die von Gott gestellten Fragen nach Macht und Herrschaft über die Schöpfung mit dem Verweis auf Gottes Erhabenheit über die meteorologischen Erscheinungen. Elihus Darstellung der Macht Gottes in Hi 36,27–33; 37,6–13 erweist sich daher als Antwort auf diejenigen Fragen, die im Verlauf der Hiobkomposition später von Gott vorgebracht werden. Die Grundschicht der Elihurede bildet daher eine vorweggenommene Antwort auf die nachfolgenden Anfragen Gottes. Elihus Rede stellt in Hi 36,27–33; 37,6–13 ein Bindeglied zwischen der Grundschicht der Elihurede wie der nachfolgenden Gottesrede dar. Mit Hi 37,14 wird Gottes Macht gegenüber der Schöpfung durch den Terminus " (! „Wundertaten“ als sein Wunderwirken gedeutet. Mit dieser Interpretation schließt sich Elihu dem Urteil Hiobs in Hi 42,3 an. Hiob interpretiert, nachdem er Gottes Reden gehört hat, Gottes mächtiges und schöpferisches Tun und Walten in der Welt und von den Tieren als " (! „Wundertaten“. Elihu übernimmt diese Deutung und präzisiert sie als " (! „Gottes Wundertaten“. Elihu interpretiert daher Gottes Walten über den Wetterphänomenen als Wundertaten Gottes. Auch wenn ein einzelner literarischer Bezug durch das Wort $! „Atem“ in 32,8; 33,4; 37,10 zwischen der Vorstellung von der Geschöpflichkeit des Menschen und Gottes Beherrschung der meteorologischen Phänomene vorliegt, stehen beide Aspekte unverbunden nacheinander. Berücksichtigt man neben Hi 36,22f.27–33; 37,6–14 hinaus die Themen der Grundschicht der Elihurede, dann ist die Erschaffung des Menschen durch Gott ein Schwerpunkt der Elihurede in Hi 32f. Gottes Geist belebt den Menschen und macht ihn zu einem kognitiven Wesen. Elihu bezeichnet Gott als seinen Schöpfer. Die Menschenschöpfung bildet hingegen kein Thema der Gottesrede, die Gott allein in seiner Schöpfermacht über Welt und Tier, jedoch nicht über den Menschen nennt. Mit der Vorbereitung der Gottesrede in Hi 36,22f.27–33; 37,6–13 liegt eine Beschränkung des Wirkbereichs Gottes vor, wenn man diesen mit dem in der ersten Gottesrede implizierten Schöpfungsbereich Gottes vergleicht. Elihu weitet Gottes Schöp-
3.1 Grundschicht: Erziehung im Leiden
167
fermacht in Hi 32f. aus, indem Elihu sich als Gottes Geschöpf und jeden Menschen durch Gottes Geist und Einsicht belebt sieht. Die Erschaffung des Menschen aus Lehm und Gottes Geist sowie die mit der Schöpfung des Menschen verbundene Erkenntnisfähigkeit des Menschen benennt in der Hiobkomposition einzig Elihu. 88 Weder Hiobs Freunde, noch Gott selbst greifen auf diese Thematik zurück.89 3.1.3 Autorenkreis Die Grundschicht der Elihurede erlaubt wenige Rückschlüsse auf ihren Autorenkreis. Da Elihu sich als junger Redner gegenüber seinen älteren Vorrednern präsentiert, ist zu vermuten, dass mindestens eine Generation zwischen der Dialogdichtung und der Grundschicht der Elihureden liegt. Der aus einer jüngeren Generation stammende und weise Autor ist mit der Hiobtradition vertraut und spielt auf ausgewählte Textstellen der Hiobkomposition an. Er adressiert Hiob mit Namen und zitiert ihn eingangs. Der Autorenkreis der Grundschicht der Elihureden knüpft inhaltlich an Hiobs Behauptung seiner Unschuld in der Dialogdichtung an und gibt vor, Hiobs Aussagen in dem Zitat in Hi 33,9–11 zu kennen. Es zeigt sich jedoch, dass Hiobs Unschuldsbehauptung mit eigenen Worten interpretiert und nicht im Wortlaut übernommen wird. Die theologische Intention des Autorenkreises besteht in der Eröffnung einer Perspektive aus dem Leiden. Der inhaltliche Fokus liegt auf Gottes Erziehung im Leiden und der Befreiung des Leidenden zum Leben. Die Befreiung aus dem drohenden Tod kann ein Engel als Fürsprecher durch sein Gnadenhandeln vermitteln. Durch das Lösegeld übernimmt der Engel eine Funktion repräsentativer Stellvertretung und er vermittelt zwischen dem leidenden Menschen und Gott. Mit dem Erscheinen des Engels als Mittler zwischen Gott und Mensch bleibt die Transzendenz Gottes gewahrt. Der Autorenkreis wechselt gegenüber der Dialogdichtung die Perspektive, indem er nicht mehr nach der Leidursache fragt, sondern mit Gnade, Erziehung und Befreiung das Ende vom Leiden formuliert. Darüber hinaus werden dem Menschen Offenbarungen in Träumen, Visionen und Krankheit zuteil, durch die er erzogen und zu neuem Leben befreit werden kann. Der Gedanke der Offenbarung Gottes als legitimes Erziehungsmittel, das die Befreiung des leidenden Menschen zu neuem Leben intendiert, bildet ein Novum in der Hiobkomposition. Auch wenn Eliphas in seiner ersten Rede in Hi 4,12–21 eine Vision und Audition als göttliche Offenbarung schildert und später in Hi 5,17f. Gottes Erziehung durch 88 Die Vorstellung von der Erschaffung des Menschen aus Lehm sowie das Verständnis, dass der Mensch geistbegabt ist, finden sich auch in Hi 10,9–12. 89 Vgl. auch die Ausführungen in Kap. 3.3.2.
168
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Schmerzen preist, führt erst die Grundschicht der Elihurede beide Gedanken dezidiert in einem Argumentationsgang zusammen, der die Befreiung des Menschen und seine Hinführung zu neuem Leben intendiert. Der Autorenkreis vertritt nicht dieselben Ideen wie Hiob, Gott oder Hiobs Freunde und seine Vorstellungen und inhaltlichen Ausführungen finden in Hiobs Reden, den Freundesreden und Gottes Antworten keine spätere Aufnahme. Der Autorenkreis spiegelt vielmehr die Gedanken späterer Leser der Hiobkomposition wider. Die Ideen der Grundschicht der Elihurede sind durch Fortschreibungen und nicht durch Kommentare an anderen Stellen des Buches ergänzt worden.
3.2 Die erste Fortschreibung der Elihurede: Gottes Erziehung und Elihus Antwort 3.2 Die erste Fortschreibung: Gottes Erziehung – Elihus Antwort 3.2.1 Komposition Die Elihurede ist in Hi 32,11–17 und Hi 36,5–15 fortgeschrieben worden. Diese Fortschreibung profiliert das Motiv der Antwort Elihus und der Erziehung Gottes. In Hi 32,11–16 spricht Elihu Hiobs Freunde und nicht mehr Hiob an. Der Textabschnitt ist konzentrisch gegliedert und seine Mitte bildet V.13 mit dem Zitat der Freunde Hiobs.90 Die Worte " „ich habe gewartet“ und # pi. „sprechen“ bzw. # „Wort“ in Vv.11.16 rahmen Hi 32,11–16. Die Vv.11b.12 und Vv.14f. sind durch die Stichworte
„Wort“, „Rede“ und !' „antworten“ miteinander verbunden. Mit diesen Leitworten ist angedeutet, dass Elihu auf die Antworten der Freunde gewartet und ihnen aufmerksam zugehört hat. Er hat jedoch unter den Freunden niemanden gefunden, der eine angemessene Unterweisung oder Antwort für Hiob hat. Da die Worte der Freunde Hiobs keine Weisheit enthalten, will Elihu selbst eine neue Antwort formulieren. In 32,17 ist !' „ich will antworten“ betont an den Anfang gestellt und nimmt Elihus Redeintention und seinen Antwortwunsch aus 32,10 auf. Da in V.17b die Redeintention Elihus aus V.10b wörtlich wiederholt wird, begründet V.18 in der ersten Fortschreibung V.17 und nicht mehr V.10. Die Wiederholungen in V.17b und V.10b teilen die Einleitung der Elihurede in Hi 32 in drei Strophen ein.91 Elihus Rede wird durch die erste Fortschreibung als autori90
Zur konzentrischen Struktur von Hi 32,11–16 ist zu berücksichtigen, dass Vv.11f. Trikola bilden und als drei Bikola anzusehen sind; vgl. Analysen in Kap. 2.2.5.1. Hi 32,11–16 bilden daher sieben Verseinheiten. Das Zitat in V.13 ist als Stilmittel aus Hi 33,9–11 aufgenommen. 91 Vgl. zu der wörtlichen Wiederholung von 32,10b in 32,17b als Prinzip der Wiederaufnahme KUHL, Wiederaufnahme, 1–11.
3.2 Die erste Fortschreibung: Gottes Erziehung – Elihus Antwort
169
tative Antwort stilisiert. Mit dem Verb hi. „unterweisen, lehren“ ist in 32,13 das Erziehungsmotiv der Grundschicht aus Hi 33,19 aufgegriffen. Die Fortschreibung in Hi 32,11–17 setzt voraus, dass Hiobs Freunde von Hi 32,1 an als Personengruppe bekannt sind. Hi 32,11.16 knüpfen an die Geduld Elihus in Hi 32,6 an. Nachfolgend in 32,18–22 schließen allein auf den Redner bezogene Aussagen an, die in die namentliche Adressierung Hiobs in 33,1 und seine ausschließliche Anrede in Hi 33 münden. Mit der Fortschreibung in Hi 32,11–17 liegt Hi 32 als poetische Selbsteinführung Elihus vor, an die in Hi 33 nach einer weiteren, an Hiob namentlich gerichteten Höraufforderung Elihus inhaltliche Ausführungen zu Gottes Erziehung im Leiden folgen. Darüber hinaus gehören Hi 36,5–15 der ersten Fortschreibung an. In ihnen wird die Thematik über Gottes Erziehung im Leiden aus Hi 33* erneut entfaltet und den Ausführungen über Gottes Macht (Hi 36,22f.27–33; 37,6–13) vorangestellt. Gott erweist sich als mächtig, indem er gerecht vergilt, den Frevler bestraft und dem Gerechten und Elenden zu seinem Recht verhilft (Vv.5–7). Gott erzieht die Gottlosen, Frevler, Gerechten und Könige im Elend. Jedoch erfährt der leidende Mensch nur dann seine Befreiung, wenn er von seinem Unrecht umkehrt. Hi 36,5–15 ist wie Hi 36,22 mit „siehe, Gott“ eingeleitet und folgt auf Elihus erneute Redebekundung in Hi 33,33, mit der er seine Weisheitslehre einführt. Die von Elihu in 33,33 angekündigte Weisheit besteht in Gottes Macht zur Vergeltung sowie in Gottes Erziehung im Leiden, die die Umkehr des Menschen zur Befreiung aus seinem Leiden voraussetzt. Mit der Umkehr des Menschen liegt gegenüber der Grundschicht ein weiterführender Gedanke in der Elihurede vor, nachdem in Hi 33,15–25.29–30 allein die gnädige Zuwendung des Fürspracheengels die Befreiung des leidenden Menschen durch Gott veranlasst hat. Bleibt die Umkehr aus, wird der leidende Mensch sterben, so Hi 36,13–14. Hi 36,5–15 variiert das aus Hi 33,15–30* bekannte Motiv der Befreiung vom Leiden, so dass die erneuten Ausführungen über Gottes Erziehung im Leiden und die an die Umkehr bedingte Befreiung des Menschen nur hinter Hi 33 und vor Hi 36,22f.27–33; 37,6–14 in die Elihurede eingetragen werden konnten. Die Leidenssituation wird zudem in Hi 36,5– 15 als !' „Elend“ interpretiert. Diese Deutung des Leidens ist gegenüber der Grundschicht, die die Krankheit nennt, neu. 3.2.2 Theologie Die theologische Entfaltung der ersten Fortschreibung impliziert die Elihurede als Antwort zu gestalten, Leid als Elend zu interpretieren, Gottes gerechte Vergeltung und Gottes Erziehung im Elend zu benennen und die Befreiung des leidenden Menschen an seine erfolgte Umkehr zu binden.
170
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Mit der Fortschreibung in Hi 32,11–17 ist die erste Elihurede zu einer Antwort Elihus an Hiob wie auch an die Freunde Hiobs stilisiert. Sind in der Grundschicht der Elihurede der an Hiob gerichtete Höraufruf wie die nachfolgenden Ausführungen Elihus im Vordergrund, so stellt die erste Fortschreibung den Antwortcharakter der Elihurede in den Mittelpunkt. Das Verbum !' „antworten“ bildet aufgrund seiner Verwendung in Hi 32,12.15.16.17 ein Leitwort in der ersten Fortschreibung. Elihus Antwort unterscheidet sich von den Antworten der Freunde durch seine Rede über Hiob in Hi 32,12. Sie folgt erst, als die Freunde schweigen. Dies deutet an, dass die Elihurede gegenüber den Freundesreden als gültige und autoritative Antwort verstanden werden will. Die Inhalte aus den Antworten der Freunde, die Elihu nicht als Unterweisung für und Erwiderung an Hiob beurteilt, gibt Elihu in Hi 32,13b lediglich in einem Satz wieder. Der Einleitungssatz in V.13a "( „dass sie nicht sagen“ zeigt an, dass Elihu ihren Aussagen nicht zustimmt. Seiner Meinung nach behaupten sie von sich Weisheit gefunden zu haben. Hat Elihu in Hi 32,7 seinen älteren Vorrednern noch Weisheit zugebilligt, spricht er sie den Freunden in Hi 32,13 explizit ab. Darüber hinaus widerspricht Elihu ihrer These, dass Gott für Hiobs Leiden verantwortlich sei. Das Gottesbild der Freunde, wonach Gott Hiobs Vernichtung verantwortet, ist nicht mit Elihus Ausführungen über Gott, der dank der gnädigen Zuwendung des Engels die Befreiung des leidenden Menschen intendiert, vereinbar. Elihu bestreitet in Hi 32,12, dass einer der Freunde Hiobs ein " „Zurechtweiser“ für Hiob gewesen sei. Der Terminus " „Schiedsrichter“ verweist zurück auf Hi 9,33.92 Dort fordert Hiob, mit Gott ins Gericht gehen zu können, um Recht zu erlangen (9,32). Aufgrund des Rechtskontextes ist in Hi 9,33 mit " ein Schiedsrichter gemeint, der zwischen Hiob und Gott Recht spricht.93 Durch die parallele Verwendung von " „Zurechtweiser“ und !"' „Antwortender“ in 32,13 sieht Elihu den " hingegen als eine Person an, die Hiob unterrichtet, belehrt und erzieht.94 Es bleibt zu fragen, wer Hiob zurechtweist, wenn dies den Freunden Hiobs nicht gelungen ist. Elihu versteht sich selbst nicht als " „Unterwei-
92
Es liegt ebenfalls eine Anspielung auf Hi 40,2 vor. Gott selbst bezeichnet Hiob als einen " in 40,2, der mit Gott rechten wolle, worauf Hiob sich mit seinem Stillschweigen in 40,3–5 Gott unterwirft. 93 In Hi 9,33; 40,2 ist der Begriff " in einem juridischen Sinn gebraucht, dass er einen Schiedsrichter im Gericht meint, der zwischen zwei Parteien entscheidet. In Am 5,10; Jes 29,21 ist der " derjenige, der im Tor Recht spricht und für die Torgerichtsbarkeit verantwortlich ist. 94 Im Sinne von ‚erziehen, lehren, unterweisen‘ ist auch " in Prov 9,7; 25,12; 28,23 belegt.
3.2 Die erste Fortschreibung: Gottes Erziehung – Elihus Antwort
171
ser“.95 Der Geist (32,8.18.20), seine Belebung mit Gottes Atem (33,4) und seine im Geist begründete Erkenntnisfähigkeit (32,8) autorisieren Elihu zu reden. Seine Worte sind aufrichtig (33,2–3) und weise (33,33). Als Lehrer oder Unterwieser, durch die Verben hi. „lehren“ und hi. „unterweisen“ ausgedrückt, wird Elihu nicht charakterisiert. Unterweisung und Erziehung obliegen nach den Ausführungen Elihus Gott selbst, 96 indem Gott den Menschen im Leiden erzieht. In Hi 33,19 wird dies mit dem Verbum ho. „erzogen werden“ ausgesagt, und in Hi 36,22 erkennt Elihu Gott als einen " „Lehrer“ an. Da Gott durch Träume, Visionen und Krankheiten (Hi 33,15–30), sowie im Elend (Hi 36,5–15) erzieht und unterweist, ist die Schlussfolgerung naheliegend, dass Elihu in der Fortschreibung in 32,13 Gott und nicht sich selbst als " erachtet. In Hi 36,5–15 führt Elihu ein weiteres Mal aus, dass Gott den leidenden Menschen erzieht. Nicht der Mensch allgemein ist Elihus Thema, sondern Elihu nimmt den '$ „Frevler“, %! „Gottloser“ und !' „Elenden“ (36,6) sowie +#, „Gerechten“ und „König“ (36,7) in den Blick. Diese Menschen leiden, da sie durch Fesseln gefangen sind und es ihnen elend ergeht (36,8). In ihrem Elend teilt Gott den Leidenden ihre Taten und Vergehen mit, die mit ihrer Überheblichkeit begründet werden (36,9). Sodann öffnet Gott ihre Ohren für die Erziehung und fordert sie auf, von ihrem Unrecht umzukehren (36,10). Überheblichkeit, Vergehen und Unrecht sind die Ursache, dass den gefangenen Menschen in ihrem Elend Erziehung nottut. Der leidende Mensch hat der Erziehung zu folgen und Gott zu dienen, damit er aus Leiden und Gefangenschaft befreit werde und ein glückliches Leben zurück erlange (36,11). Die Umkehr als Reaktion des leidenden Menschen auf Gottes Erziehung impliziert eine Veränderung des Verhaltens des Menschen. Korrespondieren Gehorsam und Handeln, befreit Gott den Menschen aus seinem Leiden. Fehlen Gehorsam und Tun, stirbt er ohne Einsicht (36,12). Gottlose Menschen bleiben in ihrem Elend und sterben 95 Dagegen SEOW, Elihu, 29 (unpubliziert), der Elihu als den Unterweiser Hiobs und als " ansieht. Der Terminus " verweist auch auf die Berufung des Propheten Ezechiels in Ez 3. Ezechiel könnte zu einem " werden, wenn Gott ihn nicht verstummt hätte, so Ez 3,26. Z IMMERLI, Ezechiel, 111, und GREENBERG, Ezechiel, 137, verstehen den " in Ez 3,26 als einen Mahner. Wie Elihu in Hi 32,18; 33,4 ist Ezechiel durch Geist begabt (" ", Ez 3,24). Elihu kündigt an, dass er seine Lippen und seinen Mund öffnen wolle (($ ( in Hi 32,20; ( ( in Hi 33,2), in Ez 3,27 kündigt Gott an, dass er Ezechiels Mund wieder öffnen werde (( (), so dass er in JHWHs Namen gegen Israel und Juda prophezeien werde. Liegen mit der Geistbegabung und dem Öffnen des Mundes inhaltliche Parallelen zwischen Elihu und Ezechiel vor, so besteht der entscheidende Unterschied jedoch darin, dass Elihu keinen göttlichen Auftrag für seine Rede erhält, den der Prophet jedoch in Ez 3,27 auferlegt bekommt. Göttliche Herkunft von Elihu zeigt allein die Abstammung von seinem Vater „Gott hat gesegnet“ an. 96 Vgl. die Grundschicht der Elihurede in Hi 33,15–18.19–22.29f.; 36,22.
172
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
bereits in der Jugend (36,13f.). Erziehung Gottes und Umkehr des Menschen bewirken die Befreiung aus dem Elend (36,15). Mit den Worten ! 'k „Elender“ in 36,6.15 und !)' „Elend“ in 36,8.15 liegt das Leitmotiv von Hi 36,5–15 vor. Mit ihnen wird Leiden als Elend interpretiert. Elihu betont mit den Leitworten ! 'k „Elender“ in 36,6.15 und !)' „Elend“ in 36,8.15 die Notwendigkeit und Möglichkeit der Rettung des Menschen, sofern er Gottes Erziehung annimmt. Das Wortfeld ‚Elend‘ bzw. ‚elend‘ ist in der Dialogdichtung ausschließlich in Hiobs Reden in Hi 10; 24; 29; 30 belegt.97 In Hi 10,15 bezeichnet Hiob seine Lebenssituation als " + „Schande, Schmach“ und !' „Elend“.98 Hiob hat im Unterschied zum Frevler den um Hilfe rufenden Elenden in Hi 29,12 errettet. Er hat sich keine Vergehen zuschulden kommen lassen, sondern demjenigen geholfen, dem aller Lebensmut vergangen ist. In Hi 30,16.27 beschreibt Hiob sein Leiden als !)' „Tage des Elends“ und er erachtet sich als elendig und arm. Elihu nimmt Hiobs Gedanken auf und deutet Leiden als Elend. Diese Deutung findet sich nicht in den Reden der Freunde Hiobs. Mit Elihus Interpretation von Leiden als Elend liegt eine Referenz zu Dtn 24 und den Psalmen vor. Dtn 24,12–15 nennt die rechtlichen Richtlinien, nach denen die Elenden nicht bedrückt und rechtzeitig entlohnt werden sollen. In den Psalmen identifiziert sich der Beter als Elender und schreit bei Gott um Hilfe, in der Hoffnung von Gott erhört zu werden.99 Die zahlreichen Belege in den Psalmen zeigen an, dass der Elende in seiner Armut, Bedrückung und in seinen Schmerzen bei Gott Gehör findet und Gott ihm in seiner Not Recht verschaffen wird. Wird dieses Verständnis des Elenden in Hi 36,5–15 berücksichtigt, deutet Elihu an, dass sich ein Mensch im Leiden als Elender verhalten und nicht als Frevler benehmen möge. Denn einem Elenden schenkt Gott seine Zuwendung und Gott befreit ihn aus dem Elend, so dass der einst leidende Mensch zu seinem Leben zurückfindet. Elihus Rede bietet in der ersten Fortschreibung eine neue Antwort auf Hiobs Leiden, die von der Erwiderung der Freunde fundamental differiert. Elihu spricht nicht allgemein vom Menschen, sondern vom '$ „Frevler“ und %! „Gottlosen“ sowie +#, „Gerechten“ und !' „Elenden“ (Hi 36,5– 15). Über diese Personengruppen formuliert Elihu seine Vergeltungslehre, die ein Erweis der Gerechtigkeit Gottes darstellt. Während gerechte Men97
Vgl. Hi 10,15; 24,4.9.14; 29,12; 30,16.27 sowie in den Elihureden in 36,6.8.15.21. Der Text in 10,15b, der !' " " + '$ überliefert, bildet aufgrund des Trikolons eine Glosse, so FOHRER, KAT, 197, 200. HÖLSCHER, HAT, 30, streicht bereits 10,15b.16a. GORDIS, MorS II, 114; CLINES, WBC 17, 222; HABEL, OTL, 184, lesen " statt und übersetzen ‚and satiated with my affliction‘. 99 Zu den Belegstellen im Psalter vgl. Ps 18,28; 22,25; 34,7; 35,10; 40,18; 69,30; 70,6; 74,21; 82,3; 86,1; 88,10.16; 140,13. Siehe auch Prov 22,22; 31,9. 98
3.2 Die erste Fortschreibung: Gottes Erziehung – Elihus Antwort
173
schen nicht umkommen und die Elenden aus ihrem Elend errettet werden, bleiben Frevler und Gottlose nicht am Leben.100 Die Vorstellung von Gottes Gerechtigkeit ist seiner Macht untergeordnet, mit der die Ausführungen in 36,5–15 in V.5 eingeleitet werden. Elihu konzentriert sich auf eine von Gott gestiftete, gerechte und gute Wohlordnung der Welt. Die Vorstellung der ausgleichenden Gerechtigkeit findet sich ebenfalls in Dtn 25,1: ' ' " +2 ¢ + 2 , " j( j ! " ! 1 * Wenn ein Rechtsstreit zwischen Menschen ist, sie vor Gericht treten und einander richten, dann machen sie den Gerechten gerecht und erklären den Frevler für schuldig.
Hier richtet sich die Gerichtsbarkeit in der zwischenmenschlichen Rechtsprechung nach dem Prinzip, dass der Gerechte sein Recht erhält und der Frevler entsprechend für schuldig erklärt wird. Elihu übernimmt diesen Gedanken und appliziert ihn auf Gottes Gerichtshandeln, indem er ihn jedoch noch weiter differenziert und nicht allein die Frevler und Gerechten, sondern gleichfalls die Elenden, Könige und Gottlosen in Gottes gerechte Vergeltung einbezieht. Gottes gerechte Vergeltung ist bei Elihu mit Gottes Erziehung und Befreiung vom Elend kombiniert. Mit der Erziehung Gottes verbindet Elihu den Gedanken der Umkehr des leidenden Menschen, auf die seine Befreiung folgt. Mit der Umkehr ist der leidende Mensch vor die Wahl zwischen der Hinwendung zu Gott auf der einen und Abwendung von Gott auf der anderen Seite gestellt. Die Hinwendung zu Gott bedeutet die Distanzierung vom eigenen Unrecht, Gehorsam gegenüber Gott und Lebensglück, während die Abkehr von Gott den Tod ohne Erkenntnis in der Jugend impliziert. Die Wahl deutet auf die Vorstellung von den zwei Wegen in Dtn 11,26; 30,15–20 hin, die sich in Segen und Fluch zeigen. Dtn 30,15–20 ruft zur Entscheidung zwischen Leben und Tod auf, die sich in dem Gehorsam gegenüber Gottes Geboten ma100 Hiobs Freunde haben insbesondere im zweiten Redengang in Hi 15; 18; 20 anhand der Ausführungen über den Frevler ihr Festhalten an der Vorstellung von Gottes Vergeltung kenntlich gemacht; vgl. KÖHLMOOS, Auge, 227–232. Sie sieht in den Frevlerreden in Hi 15; 18; 20 drei Themen in unterschiedlicher Kombination vorliegen: die Plötzlichkeit des Untergangs des Frevlers, seine Ausrottung über die Generationen hinweg und seine wesenhafte Gier (vgl. aaO., 230). Hiobs Schilderungen des Handelns Gottes in Hi 16f.; 19 entsprechen den Freundesreden (vgl. aaO., 235–242). Mit ihren Analysen kommt KÖHLMOOS, Auge, 278–282, zu dem Schluss, dass die Freunde Hiobs diesem ihre Erkenntnis, dass „die Welt eine Ordnung hat, in der der Frevler vernichtet wird“ (279), als Ermutigung und Trost nahelegen. Jedoch gelangen sie zum Gegenteil, indem Hiob aus den Darstellungen des Frevlers das Bild eines frevelhaften Gottes gewinnt; vgl. auch FREULING, Grube, 180–192. Mit der Vorstellung, dass die Gottlosen sterben, liegt eine Reaktion auf das Todeswunschmotiv Hiobs, das in Hi 3; 17 belegt ist, vor; vgl. zum Todeswunschmotiv KÖHLMOOS, Auge, 152–161; 172f.
174
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
nifestiert.101 Jer 21,8f. spricht explizit von dem # „Weg des Lebens“ und dem " # „Weg des Todes“. Sir 15,14–17 (HAB) ruft den Menschen zur Entscheidung zwischen Leben und Tod auf und mahnt ihn, das Gebot zu bewahren und einsichtig nach dem Gebot zu handeln.102 Hi 36,5– 15 und Dtn 30,15–20 sind die Worte "j „gut“, " „Tod“ und ' „dienen“ gemeinsam. Das Wortfeld „lieben“ bildet ein Leitwort in Dtn 30,15– 20, ebenso die Gegenüberstellung von „Segen“ und
+ „Fluch“. Diese sind in den Elihureden allerdings nicht gebraucht. Ein motivlicher Bezug scheint in Hi 36,5–15 zu Dtn 30,15–20 vorzuliegen, ohne ihn umfassend durch sprachliche Referenzen auszugestalten. Elihu nimmt in Hi 36,5–15 Gottes Erziehung des leidenden Menschen und die Vorstellung von seiner Befreiung aus Hi 33,19–30 auf. Beide Texte verbinden den Terminus s" „Erziehung“ (33,16; 36,10), die Formulierung
& „ein Ohr öffnen“ (33,16; 36,10.15) und das Motiv der Befreiung durch Gott, das mit '( „befreien“ in Hi 33,24 und mit ,! hi. „retten, befreien“ in Hi 36,15 ausgedrückt ist. Hi 36 fehlt gegenüber Hi 33 der vermittelnde und fürsprechende Engel. Stattdessen fordert Gott zur Befreiung des Menschen aus seinem Elend seine Umkehr, durch die der Mensch Gottes Erziehung annimmt und sich selbst von Vergehen, Überheblichkeit und Unrecht abwendet. Ohne Umkehr ist Befreiung vom Leiden ausgeschlossen. Wie in Hi 33 intendiert Elihu auch in Hi 36 durch Gottes Erziehung die Befreiung des Menschen. Dass es sich sowohl in Hi 33,15–18 als auch in Hi 36,5–15 um Gottes Offenbarung handelt, wird durch die Wendung
& „ein Ohr öffnen“ angedeutet. Die Wendung
& „ein Ohr öffnen“ kombiniert Elihu mit dem Begriff s" „Erziehung“ und nimmt beide in der Grundschicht in Hi 33,16 sowie in der ersten Fortschreibung in Hi 36,10 auf. Gottes Erziehung wird in anderen Texten des Alten Testaments ebenfalls thematisiert, jedoch nicht wie in der Elihurede im Kontext von Träumen, Visionen oder Elend dargestellt.103 Das spezifische theologische Profil in der ersten Fortschreibung besteht in der Offenbarung und Erziehung Gottes sowohl durch Vision und Traum (Hi 33*) als auch im Elend (Hi 36*). Die Formulierung
& „ein Ohr öffnen“ und der Begriff s" „Erziehung“ wird im Alten Testament allein in der Elihurede kombiniert. Ihre Kombination prägt das theologische Profil der Rede.
101
Zu Dtn 30,15–20 vgl. BRAULIK, Deuteronomium, 219f.; T IGAY, Deuteronomy,
287f. 102 103
Vgl. SAUER, Sirach, 133f. Vgl. Kap. 3.1.2.2.
3.2 Die erste Fortschreibung: Gottes Erziehung – Elihus Antwort
175
Mit dem Wort s" „Erziehung“ liegt in Hi 33,16; 36,10 eine Referenz zu den Proverbien vor, in dem es einen Schlüsselbegriff bildet.104 Die Belege zeigen, dass s" „Erziehung“ für den Lernenden die notwendige Grundlage für weises, verständiges Handeln und somit für ein gelingendes Leben bildet. Erziehung impliziert Glück, Wohlstand und ein gottgefälliges Leben in Gottesfurcht. Die Proverbien veranschaulichen, wie Erziehung eine Besserung des Menschen intendiert und zu einem besseren Lebenswandel führt.105 Es obliegt dem Einzelnen die Erziehung Gottes anzunehmen oder abzulehnen. Erziehung entspringt der Initiative Gottes durch die Kundgabe seiner Lehre, und sie ist zugleich eine willentliche Entscheidung des Menschen, die Erziehung anzunehmen oder sich ihr zu widersetzen. Mit der Verbindung von göttlicher Erziehung und Offenbarung einerseits und der Umkehr andererseits, die den Menschen vor die Entscheidung zwischen seiner Hinwendung zu Gott sowie seiner Annahme der Erziehung einerseits und seiner Abkehr von Gott wie dem Verharren in Erkenntnislosigkeit andererseits stellt, nimmt Elihu eine den Proverbien bekannte Vorstellung von Erziehung auf. Elihu ist als Redner deutlich von Hiobs Freunden als seinen Vorrednern abgegrenzt. Seine Distanzierung gegenüber den Redegängen in der Dialogdichtung ist auch in seinem Reden über Hiob in der 3.Person erkennbar. Elihus Rede ist als Antwort stilisiert, die Gültigkeit gegenüber den Vorrednern reklamiert. In Elihus autorisierter Antwort versteht er Gott als " „Unterweiser“ für Hiob (32,13). Leiden interpretiert Elihu als Elend, in welchem dem Leidenden Gottes Erziehung widerfährt. Der Gedanke der Erziehung Gottes und der daraus resultierenden Befreiung des leidenden Menschen findet erneute und explizite Aufnahme aus der Grundschicht. Die Erziehung Gottes hat ebenfalls Offenbarungscharakter, bedarf allerdings der Umkehr des leidenden Menschen, durch die er sich von seinen schlechten Taten abwendet. Elihu differenziert den leidenden Menschen zudem in Gerechte und Elende auf der einen und Gottlose und Frevler auf In Prov 1,1–7 stellt es neben „Weisheit“ bzw. „weise“ und '# „Erkenntnis“ bzw. '# „kennen, wissen“ ein Leitwort dar. Es ist in Prov 1,2.7; 15,33 mit „Weisheit“ und darüber hinaus mit " „Widerrede“ in Prov 5,12; 6,23; 10,17; 12,1 (zusätzlich mit '# „Erkenntnis“); 13,18; 15,5.10.32 parallel verwendet. Erziehung wird von dem Vater an den Sohn weitergegeben, so in Prov 1,8; 3,11; 4,1; 13,1.24; 15,5; 19,27 und ist von Jugend an vermittelt, so in Prov 22,15; 23,13. Die Gottesfurcht besteht nach Prov 1,7; 15,33 aus der Erziehung und der Weisheit und die " s" „Erziehung JHWH“ sollte man nach Prov 3,11 nicht verwerfen. Man ist aufgefordert, Erziehung zu nehmen (Prov 1,3; 8,10; 24,32), sie zu hören (Prov 4,1; 8,33; 19,20.27), zu bewahren (Prov 10,17) oder sie zu lieben (Prov 12,1; 13,24). Ohne Erziehung stirbt man und ist tot, so Prov 5,23; vgl. auch BRANSON, Art. s, 693, der die Erziehung als „Grundlage für ein weises Handeln in der Zukunft“ erachtet. 105 Vgl. BRANSON, aaO., 696–97. 104
176
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
der anderen Seite. Gottes gerechte Vergeltung, seine Erziehung der leidenden Personen und die geforderte Umkehr implizieren die Befreiung aus dem Elend für gerechte, elende und Gott dienende Menschen. Indem denjenigen, die zu Gott umkehren, die Befreiung aus dem Elend angekündigt wird, und den Gottlosen in ihrer Erkenntnislosigkeit der Tod treffen wird, apostrophiert Elihu Gottes gerechte Vergeltung neu. 3.2.3 Autorenkreis Der Autorenkreis der ersten Fortschreibung speist seine Ideen aus dem theologischen Profil der Grundschicht der Elihurede, nimmt jedoch eigene Akzentsetzungen vor. Die rein auf der Gnade beruhende Befreiung des Menschen aus seinem Leiden, wie sie in der Grundschicht in Hi 33,15– 25.29f. vertreten wird, lehnen die Vertreter der ersten Fortschreibung ab und setzen mit Gottes Vergeltung und der Umkehrtheologie ihre eigenen theologischen Akzente. Die angesprochene Leidenssituation interpretieren sie als Elend und knüpfen an Hiobs Selbsteinschätzung seines Lebens als Tage des Elends in Hi 30 an, während die Freunde Hiob nicht als Elenden, sondern als einen Frevler erachtet haben. Der Autorenkreis hält an der Vorstellung von Gottes Erziehung im Leiden und der Befreiung des Menschen vom Leiden fest.
3.3 Die zweite Fortschreibung der Elihurede: Hiob – ein Gerechter? 3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter? 3.3.1 Komposition Die zweite Fortschreibung gestaltet die Elihurede in drei Monologe um und fügt mit Hi 34,1–6.10–15.23–32.36f. eine neue Rede Elihus ein. Darüber hinaus gehören Hi 32,2–5; 33,26–28; 36,1–4 als Ergänzungen in einem bestehenden Textkorpus der zweiten Fortschreibung an. Inhaltlich ist die zweite Fortschreibung durch die Gerechtigkeitsthematik gekennzeichnet, indem die Relation zwischen Gott und Mensch mittels des Gerechtigkeitsund Rechtsvokabulars ausgedrückt und Gott als gerechter Herrscher aufgefasst wird. Einzelne Worte wie j($ „Recht, Gericht“ in Hi 32,9; 36,6; +#, „gerechter“ in Hi 32,1; 36,7 und '$ „Frevler“ in Hi 36,6 haben Anstoß gegeben, dass die bislang bloß stichwortartig benannte Thematik eine eigene Ausgestaltung in der Rede in Hi 34* und in Hi 32,2–5; 33,26–28; 36,2–4 erfährt. Die Rechts- und Gerechtigkeitsthematik verweist zudem auf ein zentrales Motiv der Hiobkomposition. Der Abschluss der Dialogdichtung und die Einführung des neuen Redners in 32,1.6 werden um Hi 32,2–5 erweitert und zur narrativen Einlei-
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
177
tung der Elihureden gestaltet. Mit dem Schweigen der Freunde ist Elihus Auftreten legitimiert. Die Einleitung führt Elihu als zornigen Redner ein (V.2), der Anstoß an den Reden seiner Vorredner nimmt, da Hiob seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet (V.2) und Hiobs Freunde Gott als Frevler erscheinen lassen (V.3). Die Wendung % „es entbrennt Zorn“ ist viermal in Vv.2–5 genannt und rahmt Vv.2–5. Das erzürnte Auftreten Elihus zeigt dem Leser vorweg an, dass Elihu den Reden Hiobs und seiner Freunde widersprechen wird. Die viermalige Nennung deutet das ungeheure Ausmaß von Elihus Zorn an, der trotz seiner Geduld (32,4) auftritt. Das Motiv des Zorns wird in den Elihureden nicht weiter aufgenommen, die Reden belegen allein Elihus Verurteilung Hiobs und seiner Freunde. Mit der Einfügung von Hi 32,2–5 fungiert nicht mehr Hi 32,6, sondern Hi 32,2 als Einführung des neuen Redners Elihu. Hi 32,2 nennt wie in Hi 32,6 Elihus Herkunft und ergänzt sie mit ($ „erhabene Familie“ um die Angabe seiner familiären Abstammung. Die Vv.2–5 gestalten das in Hi 32,1 genannte Motiv der fehlenden Antwort der Freunde in 32,3.5 weiter aus. Sie nehmen Elihus Resultat in Hi 32,11–16, dass Hiobs Freunde keine Antwort an Hiob vorgebracht haben, vorweg. Die narrative Einleitung gibt an, dass keine Antwort mehr von den Freunden zu erwarten ist. Das Wortfeld !' „antworten“ bildet wegen der Belege in 32,1.3.5.6 ein weiteres Leitmotiv der narrativen Einleitung, das in der Eröffnungsrede in Hi 32,12.15.16.17; 33,12.13 fortgeführt wird. Hiobs Behauptung seiner Gerechtigkeit vor Gott kennzeichnet Hi 32,2f. Nach Hi 32,1 erachtet Hiob sich selbst als gerecht. Hi 32,2 interpretiert 32,1 um, indem Hiob nun seine eigene Gerechtigkeit vor Gott nennt. Hi 33,26–28 ergänzen den ersten Teil der inhaltlichen Ausführungen. Sie beinhalten eine Fürbitte des Engels vor Gott, die Gott freundlich stimmt, dass er sein Angesicht in Jubel zeigt und dem Menschen seine Gerechtigkeit zurückgibt (33,26). 106 Hi 33,25.26 nennen zwei Restitutionsmöglichkeiten des Menschen: Während Hi 33,25 die physische Restitution impliziert, geht es in Hi 33,26 um die Wiederherstellung des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch. Hat der Mensch von Gott seine Gerechtigkeit 106
Die in MT in Hi 33,26 einleitend genannte Fürbitte des Engels fehlt in LXX, stattdessen ist ein Gebet des restituierten Menschen belegt: ;aXGI;?67 3R :9>7 48956? 4_ 3;4=J a=[ fE=5 ;nE;U;8E;=5 3R :96ED:h 4H9[ EB? MXpQ69^ O:63DE;5 3R O?H9D:657 35456E8?p? „Er [Mensch] betet zum Herrn und es wird ihm Angenehmes widerfahren. Er geht hinein als reine Person mit einem Bekenntnis und wird den Menschen Gerechtigkeit wiedergeben.“ Der Mensch betet zu Gott, bevor dieser ihm seine Gerechtigkeit zurückgibt. Da in LXX in 33,23 kein Fürspracheengel in das Geschehen zwischen Gott und Mensch eingreift, kann der griechische Text nur in dem Menschen den Sprecher des Gebets erachten. Die nachfolgenden Vv.27f. sind in LXX als Selbstgespräch des restituierten Menschen gestaltet, während in MT die Sündenerkenntnis des Menschen folgt; vgl. auch Kap. 3.1.2.3.
178
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
wiedererlangt, erkennt und bekennt der befreite Mensch seine eigene Sündhaftigkeit vor anderen Menschen und macht Gott für seine Befreiung verantwortlich (33,27f.). 107 In 33,29f. schließt Elihus Schlusswort an, in dem er Gott für alle Widerfahrnisse des Menschen verantwortlich macht. Mit der Hinzufügung von Hi 34* ist der Anfang gesetzt, die ursprünglich eine und als Antwort konzipierte Elihurede in drei Monologe in Hi 32f.; 34; 36f. zu verwandeln. Hi 34,1; 36,1 werden als Redeeinleitungen ergänzt. In der neu eingefügten Elihurede in Hi 34,1–6.10–15.23–32.36f. werden Hiobs Gerechtigkeit vor Gott, Hiobs Ins-Unrecht-Setzen Gottes und Gott als gerechter Herrscher thematisiert. Die Redeeröffnungsformel in Hi 34,1 nennt Elihus Herkunft nicht. Sie ist vielmehr wie die Eröffnungen der Hiobreden gestaltet. Elihus zweite Rede adressiert nicht Hiob oder seine Freunde, sondern weise Personen (Vv.2.10), mit denen Elihu sich selbst identifiziert (V.4). Elihus weiser Adressatenkreis ist zum Hören (34,2f.), zur Entscheidung über Recht und das, was gut ist, aufgefordert. Elihus Redeintention besteht in der Prüfung von j($ „Recht“ (34,4). Der Intention folgt in Hi 34,5f. ein Zitat Hiobs, in welchem Hiob seine Gerechtigkeit behauptet und zugleich Gott ins Unrecht setzt. Die Gliederung in Hi 34 mit dem Höraufruf in V.2, der Redeintention in V.4 und dem Zitat Hiobs in V.5f. entspricht den jeweiligen Elementen in Elihus Eröffnungsrede. 108 Elihu widerspricht in seinen Ausführungen Hiobs Auffassung (34,10). Gott beugt kein Recht, sondern er hält an einer gerechten Ordnung fest (34,12), indem er jedem Menschen sein Tun vergilt (34,11). Für Elihu ist Gott Schöpfer über Erdkreis und Erde (34,13). Gottes Macht zeigt sich darin, dass er den Lebewesen Geist und Atem gibt, aber in gleicher Weise auch entziehen kann und den Tod der Lebewesen herbeiführt (34,14f.). Gott hat die Macht über Leben und Tod inne. Die Ausführungen werden in Hi 34,23–32 fortgesetzt und bestimmen j($ als Gericht Gottes. 109 Die 107 Mit dem Verbum #( „befreien“ in Hi 33,28 wird nun ein Rückverweis auf '( „befreien“ in Hi 33,24 hergestellt, das mit der Hinzufügung von Hi 33,28 eindeutig als „befreien, erlösen“ zu verstehen ist; vgl. die Übersetzung in Kap. 2.2.2. 108 Zu diesen gehören die Adressierung Hiobs in 32,10, die Redeintention Elihus in 32,21f. und die Zitierung Hiobs als inhaltlichem Anknüpfungspunkt der Rede in 33,9–11, dem die direkte Erwiderung Elihus in 33,12–30 folgt. In gleicher Weise erwidert Elihu in Hi 34,10–15 mit seinen inhaltlichen Ausführungen. Die Analyse in Kap. 2.3.3 hat gezeigt, dass die Verurteilung Hiobs durch Elihu in 34,7–9 inhaltlich im Widerspruch zu der Selbstaussage Hiobs in Hi 34,5f. steht und zudem als abschließendes Urteil über Hiob vorwegnimmt, was in 34,34–37 als Resultat der Rede beschlossen ist. Die einführende Nennung der Verurteilung Hiobs durch Elihu bildet daher eine weitere Fortschreibung innerhalb der zweiten Elihurede; vgl. M ENDE, Leiden, 60f. 109 Die Analysen in Kap. 2.3.3; 2.3.4 zeigen, dass Hi 34,16–22.33 durch die Anrede an eine zweite Person gekennzeichnet sind, ohne den Namen des Adressaten zu nennen. Hi 34,16–22.33 sind aufgrund der Ausformulierung über Gott als gerechten Herrscher sowie seine Unparteilichkeit inhaltlich an Hi 34,10–15 angeschlossen, jedoch auf eine einzelne
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
179
Einleitung in 34,23 ist mit „denn“ gestaltet. Der Abschnitt in Hi 34,23– 32 bildet daher den zweiten Teil der Begründung der Eingangsthese in Hi 34,10, nachdem Elihu zuvor in Hi 34,11–15 Gottes Recht begründet. Steht in Hi 34,11–15 Gottes j($ als Recht im Vordergrund, liegt das Augenmerk in Hi 34,23–32 auf j($ als Gericht Gottes. Der Mensch setzt nicht die Zeit für Gottes Gericht, sondern Gott selbst entscheidet den Zeitpunkt seines Gerichtshandelns (34,23). Gottes Gericht impliziert, dass Gott mächtige Personen aufgrund seiner Allwissenheit ohne Untersuchung schlägt (34,24f.). Er schlägt ebenfalls die Frevler (34,26f.), die sich von Gott abwenden, und ohne Einsicht versäumt haben, das Geschrei der Armen und Elenden vor Gott zu bringen (34,28). Auch wenn ein derartiges Gericht dem Menschen willkürlich erscheint, kann niemand Gott für schuldig erklären (34,29). Seine Macht reicht allerdings so weit, dass er einen gottlosen Menschen über eine einzelne Person oder eine Nation zum König setzen kann (34,30). Die Gottlosigkeit dieses Herrschers wird revidiert, indem er sich von seinem bösen Tun distanziert und Gott bittet, dass er ihn unterweist (34,31f.) Mit Hi 34,31f. sind die Ausführungen Elihus über Gottes Gericht zum Ende gekommen.110 Es folgt ein abschließendes Urteil in Hi 34,36f., dass Hiob dem Kreis der widerspenstigen Unheiltäter angehört, Sünden zu seinen Vergehen hinzufügt und seine Worte gegen Gott mehrt. Diese Verurteilung lässt eine Identifizierung Hiobs mit den Frevlern, gegen die Gott Gericht hält, zu. Der Rückverweis auf das Auditorium durch "!! „unter uns“ mit dem Suffix 1.P.Pl. in 34,37 bildet einen Rahmen mit der Redeintention in Hi 34,4. Hi 34* führt demnach den Begriff j($ als Recht, Rechtssache und Gericht aus. Der Schluss der Rede besteht in einer Verurteilung Hiobs, die Elihu in Übereinstimmung mit seinem Auditorium trifft. Hi 36,1–4 leiten die in Hi 36,5–15 und 36,22f.27–33; 37,6–14 folgenden Ausführungen ein. Eine erneute Redeeinleitung ist notwendig, da Hiob angeredet wird und nicht mehr die weisen Personen wie in Hi 34* angesprochen werden. In 36,1 wird mit %s" " " „und Elihu fügte hinzu und sprach“ der Schlussteil der Reden eingeleitet. Die erste Rede in Hi 32f. dient als Eröffnungsrede mit der Selbsteinführung Elihus. Die dritte Person hin modifiziert. Die Vv.16.33 rahmen den Textabschnitt in Hi 34,16–33 durch die Adressierung einer Person. Hi 34,16–22.33 setzen Hi 34* voraus und gehören einer nachfolgenden Fortschreibung aufgrund des plötzlichen Anredewechsels innerhalb der Rede an. Die Analyse in Kap. 2.3.3 hat gezeigt, dass allein 34,16–22 gegenüber 34,10–15.23– 32 sekundär sind. 110 Die Analyse in Kap. 2.3.3 hat gezeigt, dass Hi 34,33 aufgrund der Anrede an eine 2.P.Sg., die von der Adressierung Gottes in direkter Rede in 34,31f. verschieden ist, später ergänzt worden ist. Darüber hinaus sind Hi 34,34f. gegenüber der ältesten Textfassung von Hi 34 sekundär, da sie zwar denselben Personenkreis wie in Hi 34,2.10 nennen, ihn jedoch nicht adressieren, sondern über ihn in 3.P.Pl. sprechen.
180
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Rede wird als Schlussrede stilisiert. Ihre Redeeröffnung stammt aus Hi 27,1; 29,1. Die Dreizahl der Elihureden entspricht den drei Antworten der Freunde Eliphas in Hi 4f.; 15; 22 und Bildads in Hi 8; 18; 25 sowie den drei Redegängen im Dialogteil der Hiobdichtung. Die Redeeinleitung in Hi 36,2–4 richtet die Anrede auf eine einzige Person. Hiob wird zur Geduld aufgefordert (36,2), da Elihu sein Wissen verkünden wolle (36,3). Er präsentiert sich als allwissender, trugloser Redner (36,4), der weitere Ausführungen über Gott vorbringen will (36,2.3). Elihu bezeichnet Gott als '( „meinen Schöpfer“, eine Vorstellung, die er aus Hi 32,22 aufnimmt. Indem Elihu Gott Recht geben möchte (36,3), liegt der inhaltliche Schwerpunkt der Schlussrede Elihus auf der Darstellung Gottes in seiner erhabenen Macht. Gott erzieht und befreit Gerechte und Frevler in ihrem Elend, sofern sie von ihren schlechten Taten umkehren und sich zu ihm hinwenden (36,5–15). Zudem zeigt sich Gottes Macht in seiner Beherrschung der Wetterphänomene (36,27–33; 37,6–13). Elihus Selbstverständnis als allwissender Redner in Hi 36,4 erinnert an seine poetische Selbsteinführung in Hi 32,6–10.11.16–22; 33,2–3. Die Redeeinleitung in Hi 36,2–4 verzichtet auf Elihus Charakterisierung als zornigem Redner in Hi 32,2–5 und betont stattdessen Elihus Weisheit. Es fehlt ein Zitat Hiobs als inhaltlicher Anknüpfungspunkt für Elihu, jedoch bleibt Hiob weiterhin in der Rede adressiert. Gegenstand der Schlussrede Elihus ist weniger Hiob als vielmehr Gott. Die Intention der Schlussrede besteht daher darin, Gott als Elihus Schöpfer Recht zu geben, Gottes Erziehung im Elend auszuführen, dem leidenden Menschen Umkehr von schlechten Taten sowie seine Befreiung zu ermöglichen und Hiob auf Gottes Erscheinen im Sturmwind in Hi 38 vorzubereiten. 3.3.2 Theologie 3.3.2.1 Gerechtigkeit versus Sündhaftigkeit Die zweite Fortschreibung verändert das theologische Profil der Elihurede zum einen im Blick auf das Bild Elihus und zum anderen hinsichtlich der Gott-Mensch-Relation. Elihu wird als zorniger Redner gegenüber Hiob und seinen Freunden in Hi 32,2–5 dargestellt und zugleich als geduldiger Redner beschrieben. Das theologische Profil wird um die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott und Gottes Recht und Gerechtigkeit in einer eigenen Rede in Hi 34* und in kleineren Zusätzen in Hi 32,2–5; 33,26–28; 36,2–4 ergänzt. Die Frage nach menschlicher und göttlicher Gerechtigkeit verweist zurück in verschiedene Themenbereiche der Dialogdichtung, die in der Darstellung der Theologie eigens thematisiert werden. Die Beschreibung Elihus als zornigem Menschen, nachdem er als geduldig, verständig und weise charakterisiert worden ist (32,6–10.11.16–22;
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
181
33,2–4), ist nur auf dem Hintergrund verständlich, dass Elihu den Äußerungen Hiobs widerspricht und an den bisherigen Antworten der Freunde Anstoß nimmt.111 Führt die zweite Fortschreibung Elihu als zornigen Redner ein, so widerspricht dies dem Bild eines Weisen in Israel, der sich durch seine Gottesfurcht, seine Lebenserfahrung und seinen vernünftigen Sachverstand auszeichnet und gerade nicht zornig auftritt.112 Die narrative Einleitung nennt Elihus Zorn vorweg und unterrichtet den Leser, dass Elihu Hiob und seine Freunde verurteilt, bevor er selbst zu Wort kommt. Mit der Wendung % „es entbrennt Zorn“ liegt innerhalb der Hiobkomposition eine Referenz zu Hi 42,7 vor.113 In Hi 42,7 entbrennt Gottes Zorn gegenüber Hiobs Freunden, da sie Hiob nicht angemessen geantwortet haben. Elihu wird in Hi 32,2–5 zornig wie Gott und übernimmt sein Urteil über die drei Freunde. Hat Gott in Hi 42,7 Hiobs Reden als !"! „etwas Beständiges, Gegründetes, etwas mit Grund“ erachtet, so ist Elihu über Hiob zornig. 114 Die narrative Einleitung nennt Hiobs Behauptung seiner Gerechtigkeit vor Gott als Grund für den Zorn. Innerhalb der Hiobkomposition erhält der Zorn Elihus seine Plausibilität in Gottes Reaktion auf Hiobs Freunde in Hi 42,7. Elihus Zorn wird mit der Zornesäußerung Gottes parallel gestellt, jedoch ist Elihu nicht nur wie Gott über die Freunde Hiobs, sondern auch über Hiob zornig. Gleichzeitig ist in Hi 32,4 Elihu als geduldiger Redner charakterisiert. Neben Weisheit, Einsicht und Gottvertrauen integriert die zweite Fortschreibung auch Zorn, Ärger und Wut in das Bild des israelitischen Weisen. Die zornige Erregung wird mit der zweiten Fortschreibung der Elihureden zu einem integralen Wesensmerkmal einer weisen Person. Elihus Zorn entbrennt wegen eines bestimmten Rechts- und Gerechtigkeitsverständnis, das sich in den Erweiterungen in Hi 32,2–5; 33,26–28; 36,2–4 andeutet. Es enthält die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott, die sich wegen Hiobs Behauptung seiner eigenen Gerechtigkeit 111
Der Widerspruch zu Hiob ist bereits in der Grundschicht der Elihurede in 33,9–12 ersichtlich; der zu den Freunden ist erst in Hi 32,11–16 in der ersten Fortschreibung expliziert. 112 Zum Bild des Weisen in Israel, vgl. VON RAD, Weisheit, 75–101, 376–377, 390– 405. Er spricht dem Weisen ein Vertrauen auf Gott, das ein Wissen um Gott sowie ein Bekenntnis zu ihm umfasst (vgl. aaO., 89–95), und ein Vertrauen in die von Gott gesetzten Ordnungen zu (vgl. aaO., 390). Der Weise verfüge nicht allein über einen großen Wissensschatz, sondern sein Wissen um Gott führe erst dazu, den weisen Menschen in das richtige Verhältnis zu den von ihm erkannten Gegenständen zu setzen (vgl. aaO., 94). Mit einem zornigen Charakter zeichnet sich dagegen der Tor aus, so Prov 29,22, vgl. aaO., 90f. Der Zorn gehört nicht zu den Eigenschaften eines Weisen, so Prov 15,1; 21,14; 27,4, der Zornige soll gemieden werden, so Prov 22,24, und die weisen Menschen wenden den Zorn, so Prov 29,8b. 113 Vgl. zu dem Aspekt, dass Elihu gegen Hiobs Freunde zornig ist, Kap. 2.2.3. 114 Vgl. SYRING, Anwalt, 145–147; VAN OORSCHOT, Entstehung, 179–182.
182
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
stellt, und den Gedanken der Gerechtigkeit Gottes, die der Mensch von Gott empfängt und die sich implizit in Gottes Recht und Gericht zeigt. In ihnen wird Elihus Auffassung über die Möglichkeit menschlicher und göttlicher Gerechtigkeit ersichtlich. Es ist wahrscheinlich anzunehmen, dass sich in der zweiten Fortschreibung ein Ringen um Gerechtigkeit widerspiegelt. In Hi 32,2–5; 34* wird die Relation zwischen Gott und Mensch durch den Begriff der Gerechtigkeit ausgedrückt. Hiob bezeichnet sich in 32,2–3 nicht nur als gerecht, sondern er behauptet seine Gerechtigkeit vor Gott. Nach Elihus Ausführungen ist es unangemessen für Hiob, seine Gerechtigkeit vor Gott zu behaupten, und für Hiobs Freunde, Gott als Frevler erscheinen zu lassen. Der narrativen Einleitung entsprechend formuliert Elihu in Hi 34,5f. Behauptungen Hiobs. In ihnen insistiert Hiob auf seiner Gerechtigkeit und setzt Gott ins Unrecht. Dieser Einstellung widerspricht Elihu, da Gott fern von Unrecht und Frevel ist und er sein Recht nicht beugt. Hiobs Gerechtigkeit vor Gott zu behaupten setzt Hiobs Unschuld voraus, die in der Grundschicht der Elihurede in Hi 32,1; 33,9 eingeführt ist. Mit Hi 32,1 liegt die Einleitung der Elihureden vor und in Hi 33,9 ein angebliches Zitat Hiobs, mit dem Elihu seine inhaltlichen Ausführungen einleitet. Die zweite Fortschreibung setzt Hiobs Unschuldsbehauptung in die Relation zu Gott. Hiob sagt seine Gerechtigkeit vor Gott aus (32,2), er erachtet sich als gerecht und setzt Gott ins Unrecht (34,5f.). Nach Elihu setzt Hiob seine eigene Gerechtigkeit der Gerechtigkeit Gottes kontradiktorisch entgegen. Er schafft eine theologische Konstellation, die die Dialogdichtung mit den Unschuldsbehauptungen Hiobs nicht aufgeworfen hat. Elihu selbst erachtet Hiob dagegen nicht als gerecht und spricht ihm ab, seine Gerechtigkeit vor Gott zu behaupten (34,10.36f.). Stattdessen vertritt Elihu die These, dass Gott sich an sein Recht hält und gerecht richtet (34,10–15.23–32). Elihu lehnt es in Hi 33,12 ab, dass Hiob sich selbst als gerecht nennt und seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet. Elihu gebraucht die Negation von +#, „im Recht sein, gerecht sein“ (33,12), um Hiob verständlich zu machen, dass er mit seinen in 33,9–11 zitierten Aussagen nicht im Recht ist. Gerechtigkeit ist keine Eigenschaft, die Elihu Hiob oder einem Menschen zugesteht. Elihu nennt sich selbst nicht gerecht, sondern präsentiert sich als lauteren Wissens (33,2–3), als geistbegabten Weisen (32,8.17–22; 33,4), Weisheitslehrer (33,33) und vollkommen in Wissen (36,3–4). Elihus Gebrauch des Verbums +#, „im Recht sein, gerecht sein“ in Hi 33,12 zeigt seinen Widerspruch zu der Gerechtigkeitsbehauptung und Unschuld Hiobs in Hi 33,9–11 an. Elihu bezeichnet mit dem Verbum +#, Hiobs Aussage als unangemessen. Hiob maßt sich in der Behauptung seiner Gerechtigkeit einen Selbstanspruch an, der nicht zutreffend und unangemessen aus Eli-
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
183
hus Perspektive ist. Eine differenzierte Betrachtung und Analyse des Leidens und der Lebenssituation Hiobs liegt jedoch außerhalb Elihus Interesses. Gottes Gerechtigkeit wird in Hi 33,26–28 in der zweiten Restitution nach der physischen Wiederherstellung des Menschen in Hi 33,25 thematisiert. Die Notwendigkeit der Gerechtigkeit Gottes lässt sich im Kontext der Elihurede plausibilisieren. Eine weitere Wiederherstellung des Menschen ist nach 33,25 notwendig, nachdem Hiob sich selbst als gerecht bezeichnet (32,1), seine eigene Gerechtigkeit vor Gott behauptet (32,2–3) und sich als unschuldig erachtet (33,9). Mit der zweiten Restitution in Hi 33,26–28 gibt Gott dem körperlich wiederhergestellten Menschen seine Gerechtigkeit zurück (33,26). Die zweite Wiederherstellung stellt den Menschen in ein intaktes Verhältnis zu Gott, welches Gott selbst ermöglicht. 115 Eine dem Menschen gemäße Antwort auf seine Befreiung und die ihm zuerteilte Gerechtigkeit folgt in 33,27f. Auf die wiedererlangte Gerechtigkeit reagiert der restituierte Mensch, indem er seine Sünde bekennt (33,27) und einsieht, dass er Aufrichtiges verdreht und Gott ihn aus dem Tod zum Leben gerettet hat (33,28). In seinem Bekenntnis erkennt der restituierte Mensch Gott eindeutig als Befreier an. Bildet die körperliche und physische Wiederherstellung des Leibes eine Reaktion auf die Krankheit und die Todesbedrohung des Menschen (33,25), so reagiert Gott auf die Unschuldsbehauptungen Hiobs mit der Gerechtigkeit (33,26). Gerechtigkeit kommt eindeutig und ausschließlich von Gott, der selbst, ohne Vermittlung einer weiteren Person, dem Menschen seine Gerechtigkeit zukommen lässt. Nicht die Behauptung der Gerechtigkeit des Menschen steht im Mittelpunkt, sondern der Empfang der Gerechtigkeit. Ist der Mensch körperlich wieder hergestellt, empfängt er von Gott seine Gerechtigkeit. Mit dem Begriff Gerechtigkeit liegt eine Verhältniszuschreibung von Gott zum Menschen vor, indem Gott den Menschen wieder in ein rechtes Gottesverhältnis setzt. Gerechtigkeit ist hier positiv zu verstehen und explizit auf Gott als Urheber bezogen. Die angemessene Reaktion des Menschen auf den Erhalt der Gerechtigkeit Gottes besteht nicht in der Behauptung der eigenen Gerechtigkeit, sondern in der Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit, die zu dem Bekenntnis des Menschen führt, dass Gott den Menschen aus Krankheit und Todesbedrohung befreit hat. Explizit nennt die zweite Fortschreibung in Hi 33,26 115
Mit der zweiten Restitution in Hi 33,26 erhält der Mensch Gerechtigkeit von Gott zurück. Die Vorstellung, dass ein Mensch Gerechtigkeit erlangt, hat eine Parallele in Gen 15,6. Hier rechnet Gott Abram seinen Glauben an die Nachkommenverheißung als Gerechtigkeit an; vgl. VON RAD, Theologie, Bd.1, 391f.; DERS., Genesis, 140–143. In Gen 15,6 geht es jedoch nicht wie in Hi 33,26 um die Wiederherstellung einer Gott-MenschRelation, sondern um die Bestätigung dieser.
184
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Gottes Gerechtigkeit und verzichtet darauf, diesen Begriff auch für einen Menschen zu gebrauchen. Neben der wiedererlangten Gerechtigkeit wird Gottes Angesicht in Hi 33,26 sichtbar. Dies ist mit der Formulierung "!( " „er zeigt sein Angesicht“ ausgedrückt. Die Vorstellung, dass Gott sein Angesicht zeigt, ist ungewöhnlich, auch wenn Hiob in Hi 19,26f. seinen Wunsch geäußert hat, dass er Gott schauen wolle. Jer 18,17; Ex 33,29 geben die Vorstellung wieder, dass Gottes Angesicht nicht zu sehen ist, und Ex 33,11a.23 belegt, dass Mose nur Gottes Rücken sehen kann. In Gen 32,31 benennt Jakob den Ort, an dem Gott ihm erschienen ist, !( „Angesicht Gottes“. Das Sehen des Angesichts des Bruders wird in Gen 33,10 mit dem Sehen von Gottes Angesicht verglichen. Des Weiteren belegen Ps 11,7; 17,15; Ex 24,11b eine Gottesschau, die mit dem Verbum „schauen“ ausgedrückt wird. Mit hi „sehen lassen“ ist allein in Gen 33,10 die Vorstellung, dass das Angesicht Gottes sichtbar ist, belegt. Sie weist die einzige Parallele zu Hi 33,26 auf, nach der Gott sein Angesicht dem Fürspracheengel zeigt. Neben der mit Gerechtigkeit ausgesagten Relation von Gott und Mensch thematisiert Elihu in Hi 34* Gottes Recht, Gericht und Gerechtigkeit mithilfe der Leitworte j($ „Recht, Gericht, Rechtssache“, +#, „gerecht sein, im Recht sein“ und '$ „Frevler“. Sie bildet Elihus Antwort auf die in Hi 34,5f. zitierte Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs. Aufgrund der Belege in 34,4.5.6.12.23 dient der Begriff j($ der zweiten Elihurede als Leitbegriff, der in drei Bedeutungsnuancen verwendet wird: j($ ist allgemein als ‚Recht‘ in Vv.4.12 gebraucht, er ist durch das Suffix 1.Sg.c. j($ als Rechtssache Hiobs in Vv.5.6 spezifiziert und er begegnet in V.23 in der Formulierung j($ „mit Gott ins Gericht gehen“.116 Des Weiteren ist das Wortfeld +#, „gerecht sein, im Recht sein“ durch +#, in der Unschuldsbehauptung Hiobs in V.5 aufgenommen. Es fällt auf, dass das Nomen +#, „Gerechtigkeit“ neben j($ „Recht“ nicht in Hi 34 belegt ist, obwohl es in der zweiten Fortschreibung in Hi 33,26 eingefügt wird. Die zweite Elihurede macht von dem Wort +#, offenbar bewusst keinen Ge-
W AHL, Schöpfer, 75f., sieht den Begriff j($ ebenfalls in Hi 34 als Leitbegriff an. Seiner Meinung nach umfasst er das Bedeutungsspektrum ‚Entscheidung, Urteil, Gericht‘. In Hi 34 differenziert er drei verschiedene Verständnisse von j($: das Prinzip des göttlichen Rechts, auf dem alles Recht fußt, den Maßstab zur Beurteilung individuellen Handelns (Vv.5–6) sowie die zu befindende Rechtssache (V.4). W AHL, Schöpfer, 77f., interpretiert den Begriff j($ mithilfe des Wortes +#, „Gerechtigkeit“, indem er ein gemeinschaftsgerechtes Verhalten der Menschen untereinander wie auch des Menschen zu Gott annimmt. Wahls Analyse ist durchgehend von der These geprägt, Hi 34 als ursprünglich in Hi 32–37 und literarisch einheitliche Elihurede anzusehen und in Hi 34 die Rede vom gerecht vergeltenden Schöpfer anzunehmen, die die Frage nach der absoluten Gerechtigkeit Gottes thematisiere, vgl. aaO., 72f.; 77f.; 85. 116
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
185
brauch, weil es dem Gerechtigkeitsverständnis in Hi 34* nicht entspricht.117 Darüber hinaus durchzieht das Wortfeld '$, sowohl als '$k k „Frevler“ als auch als '$ „Frevel“ die gesamte Rede. Gott selbst ist fern von Frevel (V.10) und zur Zeit des Gerichts Gottes schlägt Gott vielmehr die Frevler (V.26). Die '$ „Frevler“ sind von den # „Armen“ und den !' „Elenden“ zu unterscheiden. Mit dem Verbum '$ hi. „für schuldig erklären“ ist ausgedrückt, dass Gott nicht schuldig erklärt (V.12) noch für schuldig erklärt werden kann (V.29a).118 In die Ausführungen über Gottes Recht und Gericht ist die Aussage über Gottes Verborgenheit integriert. In Gottes rechtem Handeln kann Gott dem Menschen verborgen und unzugänglich bleiben (34,29a). Elihu unterstützt die Behauptungen Hiobs, dass er gerecht und Gott ungerecht ist, in Hi 34* nicht. Gott ist nach Elihu fern von Frevel und Unrecht, Gott hält sich an sein Recht und die von ihm gesetzte Wohlordnung der Welt. Er richtet im Gericht die mächtigen Personen und die Frevler, die sich durch soziales Fehlverhalten vergangen haben. Implizit enthalten Elihus Ausführungen mit der Vorstellung, dass Gott sich an sein Recht bindet und als Richter Gericht hält, den Gedanken der Gerechtigkeit Gottes. Elihu zitiert Hiob eingangs mit seiner Gerechtigkeits- und Unschuldsbehauptung (34,5f.), ohne sich im Verlauf seiner Rede weiterhin mit Hiob auseinanderzusetzen. Stattdessen beschließt Elihu seine Rede mit dem Urteil, dass Hiob seine Sünde vermehrt und er implizit ein Frevler ist. Der Frevler erhält in der zweiten Fortschreibung während Gottes Gerichtshandeln sein spezifisches Profil (34,26–28). Er ist nicht gottesfürchtig, da er keine Einsicht in Gottes Wege hat. Obwohl er nach der Auffassung Elihus wie jeder Mensch geistbegabt und göttlich inspiriert ist (32,8), macht der Frevler von seinem Erkenntnisvermögen und Verstand keinen Gebrauch. Seine fehlende Gotteserkenntnis und sein soziales Vergehen bewirken, dass Gott den Frevler im Gericht schlägt. Elihu verurteilt Hiob in Hi 34,36f., so dass er Hiob als Frevler ansieht, ohne jedoch den Terminus '$ „Frevler“ zu gebrauchen. In der zweiten Fortschreibung manifestiert sich ein Bild des Frevlers, das in der ersten Fortschreibung in Hi 36,6 in der Gegenüberstellung zum +#, „Gerechten“ angedeutet worden ist. Das Urteil in Hi 34* erlaubt allein die Interpretation, dass Elihu eine Identifizierung Hiobs mit dem Frevler vornimmt. Elihus Ausführungen über Gottes Ge117 Dagegen W AHL, Schöpfer, 77f. Er sieht für die juridischen Begriffe in Hi 34 in der Vorstellung von +#, „Gerechtigkeit“ ihren Hintergrund. Er erkennt darüber hinaus auch Hi 34,5.17 als Belegstellen für +#, an. Elihus Frage nach dem in der individuellen +#, bestehenden, wahrhaften Gemeinschaftsverhältnis und damit nach dem wahren Verhältnis von Gott-Mensch-Mitmensch, bilde das Thema in Hi 34, so W AHL, ebd. 118 Inhaltlich sind in diesem Kontext auch die Begriffe '$( „Vergehen“ (Vv.6.37), " „Unheil“ (Vv.8.22.36), "' „Unrecht“ (Vv.10.32) und j „Sünde“ (V.37) zu nennen.
186
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
richt gegen mächtige Personen und Frevler deutet an, dass alle übrigen Personen im Gericht Bestand haben und nicht umkommen. In Gottes Gerichtshandeln manifestiert sich Gottes Gerechtigkeit und Herrschaft implizit. Denn Gott richtet den Frevler wegen seiner Gottlosigkeit und seinem sozialen Fehlverhalten und die mächtigen Personen, da sie sich mit „mächtig“ ein Gottesprädikat (36,5) anmaßen. Mit diesen Themen rezipiert Elihu Problemstellungen der Dialogdichtung. Sie lassen sich in Hiobs Unschuldsbehauptungen als inhaltlicher Voraussetzung für sein Insistieren auf seiner Gerechtigkeit vor Gott, der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott, Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht und in das Verständnis des Frevlers systematisieren. Keines dieser Themen wird in der narrativen Rahmenhandlung angesprochen. Der Blick in die Dialogdichtung intendiert, das spezifische theologische Profil der Elihureden in der zweiten Fortschreibung darzulegen (Kap. 3.3.2.1.1 bis Kap. 3.3.2.1.4). Die theologische Profilierung zeigt sich in der Vorstellung von menschlicher Sündhaftigkeit und Gottes Recht und Gerechtigkeit, die beide abschließend ausgeführt werden (Kap. 3.3.2.1.5). 3.3.2.1.1 Hiobs Unschuld Im Verlauf seiner Reden erklärt Hiob seine Unschuld.119 Er gebraucht dazu in Hi 9,15.20; 10,15; 13,18 die Formulierung ‚Ich bin gerecht‘. Diese Formulierung ist ausschließlich Selbstaussage Hiobs. Erstmalig bekundet Hiob in Hi 6,29 im Recht zu sein und sein Recht. Er erwartet von seinen Freunden, dass sie sich ihm zuwenden, da er sich im Recht weiß. Bildad greift im Anschluss an Hiobs Rede in Hi 6f. in Hi 8,6 Hiobs behauptete Unschuld auf. + # , w" !w£ " w ' w ' w ' *w w " w Wenn Du lauter und rechtschaffen bist, dann wird er über Dir wachen und die Wohnstätte Deiner Gerechtigkeit wieder herstellen.
Der Konditionalsatz nennt in der Protasis Hiobs Unschuld. In der Apodosis sind Gottes Wachen über Hiob und die Wiederherstellung seines Wohnortes angeführt. Ist Hiob gerecht, dann stellt Gott Hiobs Wohnstätte seiner Gerechtigkeit wieder her. Mit dem Konditionalsatz impliziert Bildad, dass menschliche Gerechtigkeit möglich,120 jedoch auch in einem entsprechend guten Leben ersichtlich ist. Die Rechts- und Gerechtigkeitsthematik findet eine Ausgestaltung in Hi 9f., die mehrere Unschuldsbehauptungen Hiobs inkludiert. Eingeleitet mit 119 Vgl. die Belege in Hi 6,29; 9,15.19–22; 13,18; 16,17; 19,7; 23,4–7; 27,2–6; 29,14; 31,6.13.16. 120 Vgl. W ITTE, Leiden, 63–65.
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
187
der Frage in 9,2, ob ein Mensch vor Gott gerecht sein kann, formuliert Hiob anfangs einen Hymnus auf Gottes Walten in der Schöpfung (9,4–14). An diesen knüpft er in Hi 9,15 an, wenn Hiob bei seinem Richter um Gnade fleht. j ( / w ! ' wxw + # , w 1 121
der ich, wenn ich auch im Recht wäre, nicht antwortete, ich flehte zu meinem Richter um Gnade122.
Hiob kann, selbst wenn er im Recht wäre, Gott keine Antwort geben, sondern müsste sich an Gott als seinen Richter wenden. In Hi 9,19–22 fragt Hiob an, wer ihn zum Gericht vorlade, und beteuert seine Unschuld. ! # '. j " ~ / 19 ! + ' " ! ! ' + 2 , 20 ws w ( !w' # xw ! 21 £ ' " * ' 22 19. Wenn es um die Kraft des Starken geht, siehe, (er hat sie), oder wenn es um Gericht geht, wer lädt mich vor? 20. Wenn auch ich im Recht wäre, mein123 Mund spräche mich schuldig. Integer bin ich, doch er erklärt mich für schuldig. 21. Integer bin ich, nicht kümmere ich mich um meine Seele. Ich verwerfe mein Leben. 22. Einerlei ist es, daher sage ich: ‚Den Integeren und den Frevler vernichtet er‘.
Hiobs Beteuerung seiner eigenen Unschuld impliziert, dass Gott ihn für schuldig erklärt (9,20). Dies führt zu einer erneuten Behauptung seiner Unschuld und der Aussage, er wolle sein Leben verwerfen (9,21). Gottes Willkür erfährt nicht nur Hiob selbst, sondern sie trifft ebenfalls die integeren wie frevelnden Personen. Denn es ist für Gott einerlei sei, ob eine Person integer und aufrichtig oder frevelhaft ist, denn er vernichtet sie alle (9,22). Gottes Handeln erscheint angesichts der Vergleichgültigung des Unterschiedes zwischen Frevler und Gerechtem als willkürlich. Im weiteren Redenverlauf folgen in Hi 10,7.15 weitere Unschuldsbehauptungen Hiobs. Hiob nimmt in Hi 13 den Begriff j($ „Recht“ auf, da er sich den Prozess mit Gott wünscht, in welchem Gott sich an die Grenzen des Rechts halten müsse. Hiob will einerseits mit Gott streiten, da ihm bewusst ist, Die Verwendung des Verbums +#, neben !' lässt nicht auf die Bedeutung ‚gerecht sein‘, sondern ‚im Recht sein‘ schließen. 122 So auch DE W ILDE, Buch, 137; KÖHLMOOS, Auge, 201. Dagegen übersetzen HÖLSCHER , HAT, 28; FOHRER, KAT, 195 mit ‚Gegner‘. 123 So KÖHLMOOS, Auge, 201; dagegen lesen "( statt ( FOHRER, KAT, 199; DE W ILDE , Buch, 148. 121
188
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
dass er in der Anklage Gottes nichts zu verlieren habe, andererseits seine Sache verteidigen, hoffend, dass die Herausforderung den Grund der Konfrontation Gottes mit ihm zutage bringt. 124 Hiob behauptet in 13,18 von sich selbst, Recht aufgestellt zu haben und ist überzeugt davon, dass er sich im Recht befindet. + 2 , ! 1 * ' # j ' ! Siehe doch, ich habe mein Recht aufgestellt, ich weiß, dass ich im Recht bin.
Ist Hiob sich in 13,18 seiner Unschuld bewusst und hofft auf einen Prozess mit Gott, so ist Hiob in 19,7 von der Erkenntnis geleitet, dass es kein Recht mehr gibt, sondern allein Gewalt herrscht. j w " w' 1 w ! ' wx"ws w+' , w
Wenn ich ‚Gewalt‘ schreie, wird mir nicht geantwortet. Ich schreie um Hilfe, doch es gibt kein Recht.
Hiob erachtet sich als Opfer von Gewalt. Obwohl er um Hilfe schreit, fehlen Antwort und Recht. Implizit ist die Überzeugung der eigenen Unschuld in 19,7 enthalten. 125 Seine Rechtssache thematisiert Hiob im Verlauf der Dichtung in 23,4–7. Dazu bedient er sich wie in 19,7 des Begriffes j($. .. £ 1 ( j ¤ " ! ( ' 4 / ! " ! ! '1 £ '# 5 wv w wxw # ' w w/ * 6
j ( / ,! j £ ( 1 " . ' .! 7 4. Ich will vor ihm den Rechtsfall aufstellen und meinen Mund will ich mit Widerreden füllen. 5. Ich will die Worte wissen, die er mir erwidern wird, und ich will verstehen, was er mir sagen wird. 6. Will er in der Fülle seiner Kraft mit mir streiten? Er stelle sich doch nicht so gegen mich. 7. Dort streitet ein Rechtschaffener mit ihm, ich hätte für immer mein Recht gewonnen.
Hiob fordert Gott zum Rechtsstreit heraus, da er zu seinem Recht gelangen möchte. Die Behauptung seiner Unschuld erlangt in Hiobs feierlichem Eid in 27,2–6 ihren Höhepunkt. Der Eid wird mit der Schwurformel eingeleitet:126 ( ! 2 " j s 2 w u ws xw'"& #'w w+2 , w £w 5 124
Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 298–300. Zur Textstelle vgl. W ITTE, Leiden, 158. 126 Diese Formel ist einmalig im Hiobbuch belegt; vgl. W ITTE, Leiden, 156; KÖHLMOOS, Auge, 307f. 125
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
189
w w% xw wx "w + + # , 6 2. So wahr Gott lebt, der meine Rechtssache wegnimmt und Šadday, der mein Leben betrübt. 5. Fern sei es von mir, dass ich euch recht gebe. Bis ich verscheide, gebe ich meine Integrität nicht preis. 6. An meiner Gerechtigkeit halte ich fest, ich lasse sie nicht los. Mein Herz schmäht keinen meiner Tage.
Hiobs Rechtssache ist, wie bereits in 19,7 vorbereitet, ausweglos geworden, was durch den Eid in 27,2 verstärkt wird. Hiob beteuert, fern von
"' „Schlechtigkeit, Bosheit“ und „Trug, Täuschung“ zu sein (27,4), zugleich bekräftigt er seine „Integrität“ (V.5), die in der Behauptung seiner +#, „Gerechtigkeit“ gipfelt (V.6).127 Der Höhepunkt des Eides besteht in Hiobs Festhalten an seiner Gerechtigkeit. In 27,6 liegt zudem der einzige Beleg von +#, in der Dialogdichtung vor, der auf das Wortfeld +#, in Hi 9,15.20; 10,15; 13,18 zurückverweist. Gerechtigkeit Hiobs impliziert gemäß Hi 27,2–6, dass er an seinem Leben festhält, aufrichtig und integer sowie ohne Verfehlung und Streit ist. Sie ist Inbegriff gelungenen menschlichen Lebens.128 Hi 27,2–6 bildet die abschließende und umfassende Unschuldsbehauptung Hiobs vor seiner Schlussrede, in der er von Gott Antwort und Rechtsstreit einfordert. Sowohl Hi 23,4–7 als auch Hi 27,2–6 zeigen, dass Hiob mit der Anerkennung seiner Unschuld durch Gott rechnet. In seiner Schlussrede (Hi 29–31) erinnert Hiob in Hi 29 an sein früheres, glückliches Leben, in dem er Ansehen genossen, sich durch seine Fürsorge für den !' „Elenden“ und die " „Waise“ (V.12), und seinen Einsatz für Menschen, die "' „blind“, s( „lahm“ und " „bedürftig, unterdrückt“ sind (Vv.15f.), ausgezeichnet hat. Aufgrund seiner Sorge für die Schwachen kann er selbst als Antitypus zum Frevler bezeichnet werden (29,2–6).129 In diesem Kontext nimmt 29,14 das Thema von Hiobs Recht erneut auf: 127
Zum umfassenden Unschuldsbekenntnis in Hi 27,2–6 vgl. W ITTE, Leiden, 156f., der hier Hiobs Ich im Mittelpunkt einer vertikalen und senkrechten Achse sieht. Die eine Achse bestehe aus den juridischen Begriffen der jeweiligen ersten Halbverse j($, $!, ($, und +#,, die andere Achse aus anthropologischen Termini der zweiten Halbverse $(!, (, !"$ , !, , und . Das Bekenntnis entspricht Hiobs vorangegangenen Unschuldsbeteuerungen, es bildet das umfassendste Unschuldsbekenntnis Hiobs bei gleichzeitiger Anklage Gottes, vgl. aaO., 160, und leitet die direkte Herausforderung Gottes in Hi 29–31 ein, so aaO., 165f., 169. 128 Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 308f., die in Hi 27,2–6 eine weisheitliche Vorstellung von
+#, vorliegen sieht, die juristisch nicht eingeklagt werden kann, da sie gemäß Prov 3,33; 10,3.6–7; 18,10 eine Gabe Gottes sei. Stellt Hiob sie in Frage, so steht Gottes Gerechtigkeit selbst zur Disposition; vgl. aaO., 309. 129 Siehe KÖHLMOOS, Auge, 310f.
190
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
j % ! , " ' * ! " + # , Mit Gerechtigkeit bekleidete ich mich und sie bekleidete mich. Wie ein Mantel und ein Kopfbund ist mein Recht.
Hiobs Kleidung aus Recht und Gerechtigkeit lassen auf seine Hoheit und Ehre schließen, die ihm früher zugekommen sind. In der Metapher symbolisiert die Kleidung Hiobs Identität. Hiob hält bleibend an seiner wesentlichen moralischen und religiösen Integrität fest. Sie korrespondiert mit Hiobs Vorwurf an Gott in 19,9, dass Gott ihn seiner Ehre entkleidet hat.130 In 31,6 fordert Hiob von Gott ein gerechtes Urteil. u - . ' # " +# , ! / ! + Er soll mich wiegen auf der Waage der Gerechtigkeit, dass Gott meine Aufrichtigkeit wisse.
Hiob bittet, dass Gott ihn auf der Waage der Gerechtigkeit wiegt, damit er seine Aufrichtigkeit und Integrität wisse. Die Begriffe +#, „Gerechtigkeit“ und " „Integrität“ sind in 31,6 miteinander kombiniert und parallelisiert. Daran anschließend beteuert er seine Unschuld und Aufrichtigkeit mit der Aussage, dass er den Armen keinen Wunsch abgeschlagen und die Witwe beachtet habe. 131 In 31,13 zeigt Hiob mittels einer rhetorischen Frage seinen rechtlichen Einsatz für die Schwachen an: # ' 1 " 2 ' j s Wenn ich das Recht meines Sklaven verworfen habe oder meine Magd (verworfen habe) in ihrem Rechtsstreit mit mir?
Die rhetorische Frage beinhaltet die Verneinung. Hiob hält weiterhin an seiner moralischen Integrität fest. Mit 31,13 widersetzt sich Hiob den Vorwürfen Eliphas in 22,9, er habe das Recht der Witwe und der Waisen nicht beachtet.132 Entgegen dieser Anschuldigungen erwidert Hiob in 31,16: £ 1 ! !' " £ 2 ~( ' ! Wenn ich den Armen einen Gefallen vorenthalten habe oder ich die Augen der Witwe vernichtet habe?
Die rhetorische Frage impliziert wieder die Verneinung. Nach Hiobs Selbstverständnis hat er sich in seinem Sozialverhalten gegen Arme und Witwen nicht vergangen. 130
Vgl. aaO., 312, die in 29,14 in Recht und Gerechtigkeit Hoheitsinsignien vorliegen
sieht. 131
Vgl. zu Hi 31,16 FOHRER, KAT, 436. P OPE, AncB, 204 sieht in Hi 31,16f. Hiobs direkte Reaktion zu Eliphas Vorwürfen in Hi 22,7–9 vorliegen. 132 Vgl. zu der inhaltlichen Verbindung zwischen Hi 27,2–6 und 31,13 W ITTE, Leiden, 166.
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
191
In den Elihureden wird Hiob als gerecht oder als unschuldig charakterisiert. Diese Charakterisierung setzt die in den Hiobreden überlieferten Unschuldsbeteuerungen Hiobs voraus.133 Ohne die mehrfachen Beteuerungen Hiobs und insbesondere die abschließenden Erklärungen Hiobs über seine eigene Unschuld in Hi 29–31 ist es unmöglich für Elihu, Hiobs eigene Gerechtigkeit durch "!' +#, " „denn er ist gerecht in seinen Augen“ in Hi 32,1 oder seine Unschuld in dem Zitat in Hi 33,9–11 zu behaupten. Elihu erachtet die Behauptung der Unschuld und Gerechtigkeit Hiobs jedoch als unrecht, was sein Zorn in Hi 32,2–5 und seine explizite Ablehnung der Aussagen Hiobs in Hi 33,12 erweisen. Elihu widerspricht folglich den Unschuldsbehauptungen Hiobs und spricht ihm sogar das Recht ab, seine Gerechtigkeit und Unschuld als Selbstwahrnehmung zu äußern. Die Behauptungen der Unschuld Hiobs sind in der Dialogdichtung mit zwei weiteren Themen verbunden. Hiob bettet sie in die Behauptung seiner moralischen und religiösen Integrität, die er in Hi 9,20–22; 27,2–6; 31,6 mit „integer“ oder " „Integrität“ anzeigt. Dieses Wortfeld gebrauchen die Elihureden nicht; die moralische und religiöse Integrität Hiobs ist für Elihu nicht relevant. Die Integrität eines Menschen in den Blick zu nehmen impliziert an den Zustand vor der Leidenssituation anzuknüpfen. Die Integrität ändert weder das Leiden, noch trägt sie zur Verschonung vom Leiden bei. Ein Aufrechterhalten von Integrität und Unschuld führt den Blick zum Leiden und fragt nach dem Grund des Leidens. Elihu erörtert jedoch nicht die Frage nach dem Warum und Woher des Leidens, die in die Auseinandersetzung um die Integrität Hiobs integriert ist. Stattdessen lenkt er seinen Blick auf die Erziehung Gottes, die sich im Leiden vollzieht, und auf die Befreiung vom Leiden, zu der Gottes Erziehung führt. Sein Interesse ist auf einen Perspektivwechsel anlässlich des Leidens Hiobs gerichtet, der dem Leidenden eine Perspektive im Leiden eröffnet und auf das Ende des Leidens zielt. Intendieren die Elihureden das Ende des Leidens, so unterbleibt auch die Auseinandersetzung mit Hiobs moralischer Integrität. Des Weiteren fehlt Elihus Auseinandersetzung mit Hiobs Forderung nach einem Rechtsstreit mit Gott. Hiobs Behauptungen seiner Unschuld führen dazu, dass Hiob mit Gott in einen Rechtsstreit treten möchte, um vor ihm seine Gerechtigkeit anerkennen zu lassen. Neben den Belegen für j($ „Recht, Gericht“ in 9,32; 14,3; 22,4,134 fordert Hiob unter Verwendung des Verbums „streiten, rechten“ in Hi 9,3; 10,2; 13,8.19; 23,6 sowie des Nomens „Rechtsstreit“ in Hi 13,6; 29,16; 31,13.35, dass er im Rechtsstreit mit Gott seine Gerechtigkeit erlangen wolle. In Hi 23,4–6; 133 Als wesentlichen und ursprünglichen Teil der Hiobdichtung erachtet WITTE, Leiden, 94; 156–158; 165f.; 225, die Unschuldserklärungen Hiobs an. 134 Siehe dazu unten unter Kap. 3.3.2.1.3.
192
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
31,13 ist die Forderung des Rechtsstreits auch mit der Unschuldsbehauptung Hiobs verbunden. Elihu greift den Gedanken des Rechtsstreites, ausgedrückt durch das Verbum , nur in 33,13 auf, um ihn sofort zu verwerfen. Mit dem Argument, dass Gott nicht jedem antwortet, bezweifelt Elihu, dass ein Rechtsstreit mit Gott erfolgreich sei (33,13). Stattdessen nennt Elihu Traum und Vision als Kommunikations- und Offenbarungsmedien Gottes, in denen er sich dem Menschen zu erkennen gibt. Die Kommunikationsstruktur von Träumen und Visionen besteht darin, dass Gott die Initiative ergreift und der Mensch ausschließlich der Empfänger dessen ist, was Gott ihm mitteilt. Da im Rechtsstreit die beiden miteinander streitenden Personen als gleichwertige Partner auftreten, kann Elihu seine Ausführungen nicht in dieses Modell integrieren. Zudem wahrt die Vorstellung des Rechtsstreits nicht die Differenz zwischen Gott und Mensch, die Elihu mit der Unterscheidung von Schöpfer und Geschöpf sowie durch die Gnadenvermittlung des Engels als wesentlich für die Gott-Mensch-Relation erachtet. Geht es Elihu um Gottes Kommunikation mit den leidenden Menschen und nicht um die von der leidenden Person eingeforderte Erwiderung Gottes, so muss das Motiv des Rechtsstreites unberücksichtigt bleiben. 3.3.2.1.2 Die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott Die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott wird in einzelnen Aussagen in Hi 4,17; 9,2.20–22; 15,14; 22,3; 25,4 und in den Elihureden in Hi 32,2; 34,5f.; 35,2 thematisiert. In den Gottesreden und in der Rahmenhandlung fehlt die Thematik. Die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott ist in Hi 4,17; 32,2 mit der Formulierung +#, ausgedrückt.135 Eliphas führt in seiner Vision in Hi 4,12–21, die Gottes Offenbarung impliziert,136 die Gerechtigkeitsthematik und die Frage nach der menschlichen Gerechtigkeit vor Gott erstmalig in 4,17 in die Hiobkomposition ein: j v / ' + 2 , . .! Kann ein Mensch vor Gott gerecht sein oder kann ein Mann vor seinem Schöpfer rein dastehen?
Die Frage impliziert die Verneinung. Die Interpretation des Verses ist jedoch umstritten, da das in beiden Kola neben dem Verständnis eines separativum ebenfalls die komparative Übersetzung erlaubt. Die Übersetzung von +#, mit „gerecht vor“ lässt sich jedoch eher plausibilisieren, da in Hi 3 noch keine Unschuldsbehauptung Hiobs vorliegt. Zudem führt EliGen 38,26; Ez 16,52 belegt ebenfalls +#,, jedoch nicht um ein Gott-MenschVerhältnis, sondern um die Beziehung zwischen zwei Personen auszusagen. Das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Gerechtigkeit zeigt sich auch in Ps 51,6; Jes 43,26. 136 Vgl. die Ausführungen zur Theologie der Grundschicht unter Kap. 3.1.2. 135
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
193
phas die Gerechtigkeitsthematik erstmalig in die Komposition ein, so dass er Hiob nicht antwortet, sondern Eliphas selbständig ein Thema in die Dialogdichtung einbringt. Ein Verständnis, nach dem ein Mensch sich für gerechter als Gott erachtet, ist naheliegend, wenn jemand zuvor seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet hat. Die komparative Aussage wirkt im Kontext der Dialogdichtung daher weniger sinnvoll, so dass der separativen Bedeutung mit ‚gerecht vor‘ der Vorzug gegeben wird.137 Die Frage, ob ein Mensch vor Gott gerecht ist, wird in Hi 9,2; 25,4 mit der Wendung ' $"! +#, „wie ist ein Mensch gerecht gegenüber Gott?“ aufgenommen.138 Hiob eröffnet seine Rede in Hi 9f. mit dieser Frage unter Bezug auf Bildads abschließende Äußerung in Hi 8,20, dass Gott einen gerechten Menschen nicht verwirft. Hiob nimmt die Gegenüberstellung von Gott und Mensch aus Hi 4,17 in Hi 9,2 wieder auf. ' .! + 2 , ' # ! Gewiss weiß ich, dass es sich so verhält. Doch wie kann ein Mensch vor Gott gerecht sein?
Die aufgeworfene Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott beantwortet Hiob erst im Verlauf seiner Rede in 9,20–22. Menschliche Gerechtigkeit ist vor Gott unmöglich, zumindest bleibt sie folgenlos, denn kein gerechter und integerer Mensch hat vor Gott Bestand. Da Gott willkürlich handelt, ist es für Hiob einerlei, ob ein Mensch gerecht oder sündig ist, denn Gott vernichtet sie beide gleichermaßen.139 Menschliche Gerechtigkeit gibt es vor Gott nicht. Eliphas und Bildad nehmen die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen in zweifacher Weise in Frageform auf. Eliphas fragt in Hi 15,14: # + 2 , " * * .! Was ist der Mensch, dass er rein dastünde und dass der von einer Frau Geborene gerecht sein kann?
Ein separatives sehen in Hi 4,17 DUHM, KHC, 28; HÖLSCHER, HAT, 18; P OPE, AncB, 35; 37; LÉVÊQUE, ÉtB, 259–263; ALONSO SCHÖKEL/ SICRE DIAZ, Job, 127; DE W ILDE, Buch, 103; 108; GORDIS, MorS II, 42; 50; HABEL, OTL, 113; 116; CLINES, WBC 17, 107; 112; 132f.; VAN OORSCHOT, Gerechtigkeit, 210; SEOW, Job 4, 767 (unveröffentlicht), die daher mit ‚vor Gott‘ bzw. ‚before God‘ übersetzen, ebenfalls vorliegen. FOHRER, KAT, 128; 131, übersetzt mit ‚gegenüber‘; H ORST, BK, 58; 74–76, spricht sich sowohl gegen den Komparativ als auch gegen ein ‚vor Gott‘ aus, übersetzt dagegen mit ‚Ist wohl ein Mensch entgegen Gott im Recht‘ (AaO., 58). KÖHLMOOS, Auge, 184, 194f., vermag die genaue Aussage nicht zu ermitteln und sieht ein double entendre enthalten, bevorzugt jedoch eine komparativische gegenüber einer separativischen Übersetzung. DAVIDSON, Book, 33, übersetzt komparativisch. 138 Die Formulierung ' +#, nur hier im Alten Testament. 139 Zum Text Hi 9,19–22 siehe Kap. 3.3.2.1.1. 137
194
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Ebenso fragt Bildad in Hi 25,4: # * ' .! + 2 , Doch wie kann ein Mensch vor Gott gerecht sein und wie kann ein von einer Frau Geborener rein dastehen?
Der Zusammenhang zwischen Hi 15,14 und 25,4 ist aufgrund der einleitenden -Frage, der Nomina $"! „Mensch“ und $ #" „von einer Frau geboren“ sowie der Verbformen „er ist rein“ und +#, „er ist gerecht“ offensichtlich. Unterschieden sind die beiden Fragen jedoch darin, dass Hi 15,14 ohne Gottesbezug auskommt und allein nach der Gerechtigkeit des geborenen Menschen fragt, Hi 25,4 jedoch die menschliche Gerechtigkeit vor Gott zur Disposition stellt. Beide Fragen implizieren die Verneinung, so dass kein Mensch gerecht ist (15,14) und schon gar nicht gerecht vor Gott sein kann (25,4).140 In Hi 22,3 fragt Eliphas, ob Gott an Hiobs Gerechtigkeit Gefallen habe. w 2 w *w', " w+ 2 , w *w2 w~( Hat Šadday Gefallen daran, dass Du gerecht bist? Hat er Gewinn, dass Du integer bist in Deinen Wegen?
Nicht allein die Formulierung als Frage zeigt an, dass Eliphas vor Gott keinen Nutzen in Hiobs Behauptung seiner Gerechtigkeit sieht. Darüber hinaus vertritt Eliphas die Auffassung Hiob sei nicht gerecht, denn er hat seine schlechten Taten vermehrt, schuldhafte Vergehen begangen (22,5) und sich sozial gegenüber dem Bruder, dem Erschöpften, der Witwe und der Waisen vergangen (22,6–9). Daher wird Gott auch mit Hiob ins Gericht gehen (22,4). Hiobs Gerechtigkeit vor Gott wird zwar in 22,3 als hypothetische Voraussetzung der Rede angenommen, jedoch in 22,4–9 abgelehnt. Die Belege in Hi 4,17; 15,14; 22,3 zeigen, dass Eliphas in jeder seiner Reden die Thematik der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott aufnimmt. Eliphas stellt das Thema in Frageform dar, so dass seine Aussageabsicht in der impliziten Verneinung besteht. Kein Mensch ist vor Gott gerecht (4,17; 15,14). Gott hätte nicht einmal Gefallen daran, dass Hiob gerecht wäre (22,3). Allein in Hi 22,3 wird Hiob mit der Wendung +#, „dass Du gerecht bist“ als Gerechter adressiert. Jedoch trägt diese Adressierung hypothetischen Charakter, da die Anklage Hiobs in 22,5–9 mit Hiobs sozialem Fehlverhalten folgt. Es ist naheliegend, dass mit den Aussagen
140 Im Textkorpus der Bildadreden liegt mit der Aussage in Hi 25,4 ein Widerspruch zu seiner These in Hi 8 vor, die Gottes Tun als gerecht erachtet und eine gerechte Vergeltung der Frevler belegt. Vgl. W ITTE, Leiden, 65.
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
195
Eliphas in 4,17; 15,14; 22,3 die Gerechtigkeit Hiobs vor Gott implizit bestritten wird.141 Geht es um die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott, so stellt Elihu im Unterschied zu seinen Vorrednern in Hi 4,17; 9,2; 15,14; 25,4 nicht die Gegenüberstellung von Mensch und Gott, sondern das Verhältnis Hiobs zu Gott dar. Elihu präzisiert die Gerechtigkeit des Menschen auf Hiob hin, der diese nun gemäß den Äußerungen Elihus in Hi 32,2; 34,5f. vor Gott selbst behauptet. Die Formulierungen, mit denen Elihu in Hi 32,2; 34,5f. Hiobs Gerechtigkeit vor Gott charakterisiert, gebraucht Hiob selbst nicht. Es handelt sich vielmehr um Elihus Interpretation der Unschuldsbeteuerung Hiobs und der rhetorischen Anfragen der Freunde. Elihu spezifiziert die Fragen der Freunde und interpretiert Hiob als einen Menschen, der seine Gerechtigkeit vor Gott postuliert. Elihus Interpretation der Aussagen Hiobs wird zunächst einmal nur durch die Unschuldsbehauptungen Hiobs in Hi 9,15–22; 10,7.15; 27,2–6 unterstützt. Elihus Zitat Hiobs in Hi 34,5f., er habe seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet, liegt in den Reden Hiobs nicht vor. Stattdessen gebraucht Elihu das Stilmittel der Übertreibung, welches er zur Interpretation der Äußerungen Hiobs heranzieht. Diese neue Interpretation der Aussagen Hiobs zeigt, dass Elihu inhaltlich einen anderen Schwerpunkt setzt als Hiob und die Freunde in der Dialogdichtung. Die von Hiob behauptete Gerechtigkeit vor Gott bietet Elihu einen Anknüpfungspunkt, dass er Gott, und nicht Hiob, in das Zentrum seiner Ausführungen stellt. Sein Interesse besteht nicht in der Auseinandersetzung mit Hiobs Position, sondern darin, Gott selbst ins Recht zu rücken und seine Gerechtigkeit zu thematisieren. Die Anknüpfungen Elihus an die Dialogdichtungen zeigen die Fortschreibung von Ideen in der Hiobkomposition an und erklären die Elihureden gegenüber der Dialogdichtung als ein jüngeres Textstratum. 3.3.2.1.3 Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht Die Ausführungen über Hiobs Unschuldsbehauptungen und über die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott legen den Schwerpunkt auf die menschliche Gerechtigkeit. Im Zentrum der Elihureden stehen gleichwohl Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht. Eine Erörterung von Gottes 141
W ITTE, Leiden, 83f., kommt nach der Analyse von Hi 4,17; 15,14; 25,4 zu dem Ergebnis, dass nicht die generelle Möglichkeit der menschlichen Gerechtigkeit, sondern ironisch die Wirklichkeit der Gerechtigkeit Hiobs bestritten werde. Witte rechnet diese Verse und die jeweiligen Kapitel der Niedrigkeitsredaktion des Hiobbuches zu, die die erste kompositionelle Veränderung gegenüber der Grundstruktur der Dichtung bildet; vgl. W ITTE, Leiden, 175–179, 191f., 194–205, 224–226. Sie sind einer protochassidischen Redaktion der Hiobdichtung im frühen 3.Jh. v.Chr. in Palästina zuzuschreiben. Vgl. W ITTE, Leiden, 194–205.
196
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Gerechtigkeit, seinem Recht und Gericht findet in der Dialogdichtung in Hi 8,3; 9,32; 14,3; 22,4; 40,8 anhand des Wortes j($ „Recht, Gericht“ statt. 142 Das Verhältnis der Bedeutungsnuancen zueinander bedarf einer weiteren Klärung. Bildad eröffnet seine Rede in Hi 8,3 mit den Begriffen j($ „Recht“ und +#, „Gerechtigkeit“. +# , ' 2 " j ' Verdreht Gott das Recht oder verdreht Šadday Gerechtigkeit?
Mit Hi 8,3 liegen die ersten Nennungen von j($ „Recht“ und +#, „Gerechtigkeit“ in der Hiobkomposition vor. Bildads Frage, ob Gott Recht und Gerechtigkeit verdreht, impliziert die Verneinung. Sie lässt das Resultat zu, dass Gott sich an Recht und Gerechtigkeit hält. Im Verlauf seiner weiteren Rede hält Bildad an einem gerechten Walten Gottes fest, das Bildad anhand der Vergeltung Gottes aufweist (Hi 8,20–22).143 In Hi 9,15–22 widersetzt sich Hiob der Vorstellung, dass Gott gerecht sein könnte. Seiner Erfahrung und Erkenntnis zufolge vernichtet Gott den Frevler und den Gerechten. Das Geschick des Gerechten ist von dem des Frevlers nicht mehr zu unterscheiden. Hiob stellt daher gerechtes Handeln bei Gott völlig in Zweifel. Seine Willkür schließt Gerechtigkeit aus. Trotzdem verlangt Hiob in Hi 9,32, dass Gott gemeinsam mit ihm vor Gericht gehe. j w" 2 w. !w ! ' w !/ *w x * Denn er ist kein Mensch wie ich, dass ich ihm antworten könnte: ‚Wir gehen gemeinsam ins Gericht.‘144
Das Nomen j($ bildet hier den hebräischen Begriff für Gericht. Mit Hiobs Feststellung in 9,33, dass es keinen Schiedsrichter zwischen ihm und Gott gebe, zeichnet sich bereits die Aussichtslosigkeit des Gerichtsverfahrens ab.145 Die Asymmetrie der Rechtspartner macht ein Rechtsverfahren zudem unmöglich. Trotz dieser Erkenntnis hält Hiob an der Vorstellung der Anklage Gottes im Gericht in 14,3 weiterhin fest:
Zum Begriff j($ im Hiobbuch vgl. SCHOLNICK, Meaning, 521–529; SCHULTZ, Issue, 159–175. 143 Zur Bildadrede in Hi 8, vgl. W ITTE, Leiden 63; SEOW, Bildad: Two Responses (Job 8), 1–36 (unveröffentlicht). 144 Zur Übersetzung vgl. KÖHLMOOS, Auge, 202; FOHRER, KAT, 196; 212; DE W ILDE, Buch, 139; GORDIS, MorS II, 98. 145 Der Schiedsrichter ist im Hebräischen als " bezeichnet. Zum " in der ersten Fortschreibung siehe Kap. 3.2. 142
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
197
w ' wj ¥ w "/ / w" w !'w + w '% Trotz diesem hast Du Deine Augen aufgetan und führst ihn146 mit Dir ins Gericht.
Hiob gebraucht die Formulierung j($ " hi. „ins Gericht führen“. 147 Erstmalig begegnet in Hiobs Rede die Vorstellung eines Gerichts, das jeden Menschen trifft und von Gott selbst durchgeführt wird. Eine Schilderung über Gottes Gericht führt Hiob in Hi 14 nicht aus. In Hi 9,32 hingegen treten Hiob und Gott als Prozessgegner im Gericht auf.148 Eliphas, der in Hi 4,17; 15,14; 22,3 bereits die Frage nach der menschlichen Gerechtigkeit vor Gott erörtert hat, thematisiert Gottes Recht und Gericht in Hi 22,4 mit den Begriffen +#, „Gerechtigkeit“ und j($ „Recht“, die Bildad in Hi 8,3 bereits parallel verwendet hat. j( w ' w. w / w 1 Unterweist er [sc. Šadday] Dich wegen Deiner Gottesfurcht und geht er mit Dir ins Gericht?
Eliphas verwendet in Hi 22,3 die Wendung j($ " „ins Gericht kommen“ wie Hiob sie in Hi 14,3 gebraucht.149 Die Partikel unterstützt die These, dass Eliphas das Gericht meint und nicht bloß einen Rechtsstreit andeutet.150 Liegt in Hi 22,4 zwar die Ankündigung des Gerichts vor, die aus den Anklagen gegen Hiobs soziales Vergehen resultiert, so fehlt eine Schilderung des angekündigten Gerichts im weiteren Verlauf der Eliphasrede. Die Vorstellung des Gerichts und Ausführungen über den Vollzug des Gerichts sind im weiteren Verlauf der Dialogdichtung nicht ausgestaltet. Dieses Gericht kann es nicht geben, weil Gott Angeklagter und Richter zugleich ist. In der zweiten Gottesrede fragt Gott in Hi 40,8 Hiob nach seinem Recht.
Es wäre singulär in Vv.1–6, Hiob mit " als Satzobjekt zu verstehen. Daher ist in "" zu ändern und das Suffix auf #" $ in 14,1 bezogen; vgl. HÖLSCHER, HAT, 37; FOHRER, KAT, 239. Die allgemein auf den Menschen bezogene Aussage ist jedoch auf Hiob übertragbar. 147 Einen Bezug zwischen Hi 14,3 und Hi 34,23 hat bereits S CHOLNICK, Meaning, 526, erkannt. 148 Die Wendung j($ " hi. „ins Gericht führen“ ist singulär im Hiobbuch, so W ITTE, Leiden, 95, der aufgrund des Widerspruchs zu Hi 9,32 von einer sekundären Ergänzung in Hi 14,3 ausgeht. 149 Vgl. auch KÖHLMOOS, Auge, 292. 150 Der Begriff j($ in 22,3 als Gericht auch bei DRIVER/ GRAY, ICC, I 192; HÖLSCHER , HAT, 54; FOHRER , KAT, 349; GORDIS, MorS II, 240; MENDE, Leiden, 150; C LINES, WBC 18A, 538; 553f. Dagegen jedoch W ITTE, Leiden, 82; 84, der j($ als den von Hiob gewünschten und vor einer neutralen Instanz zu entscheidenden Rechtsstreit versteht. 146
198
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
+2 , ' ! ' j ( %
Brichst Du mein Recht, erklärst Du mich zum Frevler, damit Du im Recht bist?
Gott reagiert mit seinen Satzfragen auf Hiobs Unschuldsbehauptungen und setzt sich direkt mit Hiob auseinander. Gott fragt, ob Hiob Gottes Recht brechen und Gott zum Frevler erklären will, damit Hiob selbst im Recht ist. Die an Hiob gerichtete Frage Gottes impliziert, dass Gott nicht zum Frevler erklärt werden kann und zugleich Hiob gerecht ist.151 Auch wenn mit j($ „mein Recht“ Gottes Recht genannt ist, liegt keine Aussage über Gottes Gerechtigkeit vor. An keiner weiteren Stelle in den Gottesreden sind Rechtsbegriffe belegt, so dass auch mit Hi 40,8 die einzige Belegstelle in den Gottesreden vorliegt, die Gottes Gerechtigkeit implizit erwähnt. Die Analyse der Belegstellen zeigt, dass sowohl die Freunde Hiobs, Hiob selbst als auch Gott Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht nur vereinzelt explizit thematisieren. Das Themenfeld wird durch die Begriffe j($ „Recht“ und +#, „Gerechtigkeit“ wiedergeben. Der Begriff +#, „Gerechtigkeit“ zum Ausdruck der Gerechtigkeit Gottes fehlt in der Dialogdichtung und ist in Hi 27,6 allein auf Hiobs Unschuldsbehauptung begrenzt. Die literarisch angereicherten Elihureden zeigen einen deutlich umfänglicheren Befund für Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht. Hi 33,26 expliziert Gottes Gerechtigkeit, die der körperlich restituierte Mensch von Gott zurück erhält. In Hi 34,10–12 behauptet Elihu, dass Gott fern von Unrecht und Frevel ist (V.10), er an einer Vergeltung des Tuns eines Menschen festhält (V.11), kein Recht verdreht (V.12b) und nicht zum Frevler deklariert werden kann (V.12a). 152 In Hi 34,12b liegt eine indikativische Aussage vor, dass Gott kein Recht verdreht. Hier expliziert Elihu den Gedanken, den Bildad in seiner Satzfrage in Hi 8,2a implizit andeutet. In Hi 34,23–32 beschreibt Elihu Gottes Gerichtshandeln, das die mächtigen und frevelnden Menschen trifft. Wird das Gericht Gottes in Hi 9,32; 14,3; 22,4 eingefordert, fehlt sowohl seine Beschreibung als auch Gottes Bezugnahme auf ein mögliches Gericht in der Dichtung. Elihu schildert Gottes Gericht gegen Frevler und Mächtige in 34,23–32 und hält implizit an einer gerechten Vergeltung und an Gottes Gerechtigkeit fest. Diese Gedanken setzt Elihu in Hi 36,5–15 fort, indem er eine gerechte Vergeltung, die für den Frevler Tod und für den Gerechten Leben bedeutet (36,6f.), postuliert. Der Gottlose stirbt ohne Einsicht bereits in der Jugend (V.13f.), und den 151
Vgl. SPIECKERMANN, Recht, 273, der annimmt, dass Gott die Gerechtigkeit Hiobs in Hi 40,8 bestreitet. 152 Die Vorstellung, dass Gott nicht zum Frevler deklariert oder schuldig gesprochen werden kann, findet sich auch in Ex 22,8; I Reg 8,32; Ps 37,33; Jes 50,9.
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
199
Elenden errettet Gott aus seinem Elend (V.15). Mit der gerechten Vergeltung bezweckt Elihu die Bewahrung der Wohlordnung menschlichen Lebens. 3.3.2.1.4 Die Frevler und Hiob Die Thematisierung des '$ „Frevler“ bildet ein Leitmotiv im Verlauf der Dialogdichtung in Hi 3–31. Die Freunde Hiobs erwähnen den Frevler eigens in ihren jeweils zweiten Reden in Hi 15,20–35; 18,5–21; 20,5–29 sowie Eliphas erneut in seiner dritten Rede in Hi 22,5–9.18. Ihre Darstellung wird bildreich ausgestaltet. Hiob hingegen erwähnt den Frevler stichwortartig in 3,17; 9,22–24; 10,3, stellt in Hi 21 ausführlich seine Ansichten über den Frevler dar und nimmt die Frevler in 27,7.13 letztmalig auf. Gott selbst greift die Motivik in Hi 38,12–15; 40,12 auf, nicht jedoch, um den Frevler mit seinen Vergehen zu benennen, sondern um seine Macht über den Frevlern vor Hiob zu demonstrieren. Hiobs Freunde stellen den Frevler im zweiten Redegang ins Zentrum.153 Nach Eliphas lebt der Frevler in Angst und Schrecken in Hi 15,20–35. Gottlosigkeit kennzeichnet ihn (Vv.25.34) und Trug und Hinterlist bestimmen sein Tun (V.35).154 Bildad bezeichnet den Frevler in 18,5–21 als Übeltäter und gottlos (V.21). 155 Zophar greift die Thematik der Frevler in Hi 20,5–29 auf und identifiziert ihn mit dem Gottlosen. Die Kinder des Frevlers müssen sogar Arme anbetteln, um die Folgen des Geschicks ihrer Eltern zu tragen.156 Zophars Interesse liegt darin, die Ordnung der Welt aufrecht zu erhalten und Hiob davor zu warnen, ein Frevler zu werden.157 Hiobs Reaktion auf die drei Reden seiner Freunde folgt in Hi 21. Er entwickelt ein Verständnis des Frevlers, das sich von den Ausführungen seiner Freunde in Hi 15; 18; 20 unterscheidet.158 Nach einleitenden Worten 153
Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 219–282. Auf Eliphas Ausführungen reagiert Hiob in Hi 16,11, indem er über Gott klagt, er habe ihn in die Hände der Frevler gestoßen. Zu Hi 15 vgl. auch KÖHLMOOS, Auge, 242– 257. 155 Hiob schweigt zur Frevlerthematik in Hi 19. 156 Die Anklage gegen den Frevler besteht in seinem Vergehen gegen den Armen; vgl. SEOW, Zophar: The Lot of the Wicked. Job 20, p.6–8 (unpubliziert). Dass der Frevler sogar kannibalistische Züge in Hi 20,21 trägt, erschwert die Anklage gegen ihn. CLINES, WBC 17, 491, sieht in dieser Anklage einen Schuldvorwurf gegen Hiobs Unschuld vorliegen, der in sozialem Unrecht den Armen gegenüber bestehe, das er als „crime above crimes“ bezeichnet; vgl. auch HABEL, OTL, 318; STRAUSS, BK, 31f. 157 Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 283–287, die zu dem Ergebnis gelangt, dass die Thematik der Frevler als Beispiel zur Beschuldigung genannt ist; siehe auch W ITTE, Leiden, 67f., der in Hi 20 weniger eine Verheißung (so in Hi 11), sondern vielmehr eine Warnung an Hiob vorliegen sieht, da Zophar auf die Vernichtung des Frevlers ausblickt. 158 Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 287f.; W ITTE, Leiden, 132–138. 154
200
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
(Hi 21,2–6) fragt Hiob anklagend, warum Frevler leben. Sie sind alt und zudem an Lebenskraft überlegen (V.7). Sie haben eine Nachkommenschaft (V.8), und ihre Tiere pflanzen sich fort (V.10). Ihre Häuser sind in Frieden, frei von Furcht, und Gott richtet sich nicht gegen sie (V.9). Ihren Kindern geht es gut, sie erfreuen sich beim Musizieren und Tanzen und genießen ihre Tage (Vv.11–13). Zugleich wollen sie von Gott nichts wissen. Einen Nutzen ihrer Gottesfurcht erkennen sie nicht (Vv.14–15). Im Unterschied zu den Beschreibungen des Frevlers durch Eliphas, Bildad und Zophar geht es nach Hiobs Auffassung und Erfahrung den Frevlern gut. Sie kommen gerade nicht um. Nicht der geängstigte Frevler, sondern der prosperierende Frevler steht im Zentrum der Hiobrede in Hi 21. In Hi 21,28 werden die Wohnungen des Edlen und des Frevler gesetzt und folglich der Unterschied zwischen Edlen und Frevlern aufgehoben. Hiob ist weniger an der Beschreibung des Unglücks des Frevlers interessiert, als vielmehr an der Anklage Gottes wegen seines vernichtenden Handelns. Hiob schildert in Hi 21,7–15 seine Erfahrung, dass es den Frevlern entgegen der Ansicht seiner Freunde wohl ergeht, Gott aber auch den Frevler in sein Unglück stürzen kann (Vv.16f.). Beide Darstellungen über den Frevler bringt Hiob in die Darstellung seiner Theologie, die eine gerechte Ordnung in der Welt bezweifelt und durch die ihm stattdessen allein der Zorn Gottes erfahrbar ist, ein.159 Eliphas, der Hiobs Gerechtigkeit in Hi 22,3 bezweifelt und Gottes Gericht mit Hiob in Hi 22,4 ankündigt, klagt Hiob wegen seines sozialen Fehlverhalten in Hi 22,7–9 an. Mit der Kritik an Hiobs Sozialverhalten zeigt Eliphas Hiobs Vergehen auf.160 Hiob ist mit dem konkreten Unrechttäter identifiziert und damit als Frevler implizit benannt.161 Mit der Eliphasrede in Hi 22 endet die Auseinandersetzung um die Frevler in der Dialogdichtung zwischen Hiob und seinen Freunden. In Hi 38,12–15 greift Gott in den Fragen an Hiob die Thematik der Frevler auf. Die Satzfragen implizieren die Negation und lassen eine Be159
KÖHLMOOS, Auge, 290f., erachtet in Hi 21 die Frage aus dem Prolog, ob es umsonst sei, dass Hiob Gott fürchtet, in Bezug auf die Frevler durch Hiob aufgenommen. In Hi 21 besteht die Frage darin, wie von Gott gesprochen werden kann, wenn orientierende Grenzen außer Kraft gesetzt sind. 160 W ITTE, Leiden, 84, sieht hier Hiobs mitmenschliche Vergehen angeklagt, die in der Sprache prophetischer Sozialkritik ausgesagt ist; so bereits FOHRER, KAT, 353; 356f.; MAAG, Hiob, 139. 161 Vgl. KÖHLMOOS, Auge, 294. Darüber hinaus reagiert Eliphas auf Hiobs Rede in Hi 22, indem er das Motiv des Nutzens menschlicher Frömmigkeit aufgreift. Eliphas resultiert, dass weder menschliches Wohlverhalten noch die von Hiob behauptete Gerechtigkeit Gott nutze. Gottes Zorn trifft Hiob, jedoch nicht aufgrund seiner Gottesfurcht, sondern wegen seines Fehlverhaltens und Frevels. Von der Wirkung schließt Eliphas auf die Ursache zurück und fordert Hiob am Ende auf, sich an Gott zu wenden, vgl. aaO., 293.
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
201
schreibung der Frevler ungenannt. Vielmehr steht die Macht über die Frevler zur Diskussion, die nach der impliziten Verneinung allein Gott und nicht Hiob zukommt. Hiob fehlt diese Macht und er ist den Frevlern gegenüber ohnmächtig, so dass die Schlussfolgerung, dass Gott die Macht über die Frevler zukommt, naheliegt. Diese ist in den Aufforderungen Gottes in Hi 40,12–14 expliziert. Hätte Hiob gottgleiche Macht über die Frevler und könne sie zerstören, dann pries Gott Hiob auch in einer entsprechenden Weise. Wie in Hi 38,12–15 zeichnet sich Hiob in Hi 40,12–14 jedoch durch Ohnmacht über den Frevlern aus. Die Betrachtung des Frevlers in der Dialogdichtung macht zwei Typen von Frevlern kenntlich. Die Freunde Hiobs halten den Frevler für einen gottlosen Menschen, der sein Leben in Dunkelheit führt (Hi 15), der ohne Nachkommen umkommt (Hi 18) und der sich sozial vergeht (Hi 20; 22) und daher ein Unrechttäter ist (Hi 15,35; 18,21; 20,19; 22,5). In Hi 22 kommt es sogar zur Identifikation Hiobs mit dem Frevler. Die Freunde intendieren in ihren Reden, eine Wohlordnung der Welt durch Gott aufrecht zu erhalten, indem es dem Frevler aufgrund seines sozialen Fehlverhaltens und seiner fehlenden Gottesfurcht schlecht ergeht und er ohne Bestand ist. Aussagen über Leben und Geschick des Gerechten fehlen. Die Möglichkeit, dass ein Frevler glücklich lebt, ziehen die Freunde nicht in Betracht. Hiob schließt sich zum einen dem Urteil seiner Freunde über die Frevler an, indem er einen Typ von Frevler erkennt, den Gott zu Fall bringt (Hi 21,16f.). Zum anderen kennt er auch Frevler, deren Lebenskraft stark und deren Alter hoch ist, obwohl sie nicht gottesfürchtig sind (21,7–15). Hiob greift die in den Freundesreden über den Frevler implizite Vorstellung der Wohlordnung der Welt, durch die Gott das Verscheiden der Frevler veranlasst, auf. Seiner Erfahrung zufolge ist die Welt jedoch nicht wohl geordnet, da sowohl der Frevler ein glückliches Leben führen kann als auch Edle und Frevler gleichermaßen vernichtet werden. Widersprüchlich und willkürlich ist Hiobs Erfahrung der Welt, eine Wohlordnung der Welt ist ihm nicht ersichtlich. Die Untersuchung des Frevlers in der Dialogdichtung veranschaulicht weiterhin ihre Verbindung mit der Gerechtigkeits- und Rechtsthematik im Hiobbuch. Es stellt sich die Frage nach Gottes Gerechtigkeit und einer gerechten Ordnung in der Welt, in welcher es dem Frevler schlecht und dem Gerechten gut ergeht. Damit ist die Suche nach einem Gericht Gottes verbunden, durch welches Gott seine gerechte Ordnung bewahrt. Hiob selbst fordert aufgrund seiner Leidenserfahrung Gottes Gericht ein. Elihu stellt nun den Frevler in Hi 36,6f. dem Gerechten gegenüber. Während Gott den Frevler nicht am Leben erhält, gibt er Recht dem Elen-
202
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
den und wendet seine Augen nicht von dem Gerechten.162 Darüber hinaus trifft die Frevler das Gericht Gottes, in welchem sie umkommen (34,26). Nach Hi 34,26–28 ist ein Frevler durch Gottlosigkeit und soziales Fehlverhalten charakterisiert und entspricht daher jenen Beschreibungen, die Hiobs Freunde in Hi 15; 18; 20 und 22 vornehmen. Eine eigene Rede ist den Frevlern bei Elihu nicht gewidmet. Auch die Vorstellung, dass es dem Frevler trotz seiner Gottlosigkeit wohl ergeht, so Hi 21, ist in den Elihureden nicht belegt. Dies mag daher rühren, dass moralische Integrität kein expliziertes Thema der Elihureden ist. Die Verurteilung Hiobs durch Elihu in Hi 34,36 zeigt jedoch, dass Elihu Hiob als Frevler beurteilt. In den Freundesreden lässt allein Eliphas mit den Vorwürfen an Hiob in Hi 22,4– 9, er habe sich sozial vergangen, die Identifizierung Hiobs mit dem Frevler zu. Elihu greift den Vorwurf Eliphas auf, betont ihn weiterhin und expliziert ihn durch seine Verurteilungen Hiobs als Frevler. 3.3.2.1.5 Zusammenfassung Elihus Charakterisierung von Hiob, er sei gerecht und unschuldig (32,1; 33,9–11), setzt Hiobs Behauptung seiner Unschuld, die zum wesentlichen Bestandteil der Dialogdichtung gehört, voraus. Elihu erachtet Hiobs Behauptung seiner eigenen Gerechtigkeit und Unschuld jedoch als Anmaßung (33,12f.). In Hi 32,2; 34,5f. deutet Elihu Hiobs Anklage und Verhalten als Anspruch, vor Gott gerecht zu sein, ohne dass dies die Textstellen der Dialogdichtung explizit formulieren. Er legt im Unterschied zu seinen Vorrednern (Hi 4,17; 9,2; 15,14; 25,4) nicht den Schwerpunkt auf die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott. Vielmehr akzentuiert Elihu, dass Gott Subjekt der Gerechtigkeit ist. Elihu führt Gottes Gerechtigkeit ein, die der physisch wiederhergestellte Mensch von Gott empfängt. Daraufhin konstatiert der Mensch nicht die eigene Gerechtigkeit, sondern er bekennt seine Sündhaftigkeit und erkennt damit zugleich an, dass Gott ihn vor dem drohenden Tod errettet hat (33,26–28). Gott verursacht weder Unrecht noch Frevel, er vergilt das Tun des Menschen, verdreht kein Recht (34,10–12) und richtet im Gericht die mächtigen und frevelnden Menschen (34,23–32). Selbst wenn ein gottloser Mensch von Gott zum König gesetzt wird, bleibt er nicht gottlos, sobald er sein böses Handeln bekennt, sich von seinem Vergehen distanziert und Gott um Erziehung bittet (34,30–32). Die gerechte Vergeltung impliziert, dass der Frevler umkommt und der Gerechte Gottes gute Zuwendung er162
Die direkte Gegenüberstellung von Frevler und Gerechtem nennt ebenfalls Hiob in Hi 9,20–22, jedoch ist für Hiob die Unterscheidung in Frevler und Gerechter nicht mehr ersichtlich, ist es für Gott einerlei, ob ein Mensch gerecht oder sündig ist, da er beide vernichtet. Vgl. Kap. 3.3.2.1.
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
203
fährt (36,6f.). Die Frevler sind als gottlose Menschen, die in Gottes Wege keine Einsicht haben und weder den Armen noch den Elenden in ihrem Handeln berücksichtigen, charakterisiert (34,26–28). Die Verurteilung Hiobs durch Elihu zeigt, dass Elihu Hiob als Frevler betrachtet (34,36f.). Damit spricht Elihu Hiob das Recht ab, seine Unschuld oder seine Gerechtigkeit vor Gott zu behaupten. Auf Hiobs Erfahrungen der Willkür, wonach Gott den Gerechten wie den Frevler vernichtet und es dem Frevler gut gehen lässt, geht Elihu nicht ein. Stattdessen postuliert er Gottes Gerechtigkeit und benennt die Einsicht des Menschen in die eigene Sündhaftigkeit als angemessene Reaktion auf Gottes Gerechtigkeit (33,27f.; 34,31f.). Die Anerkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit impliziert, dass der gottlose Mensch sich an Gott wendet, von seinen Vergehen Abstand nimmt und Gott als seinen Lehrer anerkennt (34,31f.). Anerkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit ist darüber hinaus erst möglich, nachdem Gott dem Menschen seine Gerechtigkeit wiedergegeben hat. Der physisch restituierte und mit Gottes Gerechtigkeit wieder hergestellte Mensch erkennt, dass Gott und Mensch nicht gleich sind und Gott ihn aus seinem Leiden befreit hat (33,26–28). Gerechtigkeit, Recht und Gericht gehören folglich dem Bereich Gottes an. Auch wenn Gott dem Menschen Gerechtigkeit gibt, befähigt dies den Menschen nicht zur Behauptung seiner Gerechtigkeit, sondern zu der Erkenntnis, dass er von Gott unterschieden und sündig ist. Gottes Gerechtigkeit qualifiziert den Menschen als Sünder, welchen Gott durch Leiden erzieht und befreit. 3.3.2.2 Gott als Schöpfer Neben Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht angesichts der menschlichen Sündhaftigkeit thematisiert die zweite Fortschreibung Gottes Macht als Schöpfer in der von ihm geschaffenen Welt und am sterblichen Individuum (34,13–15). Gott ist imstande, Geist und Atem von den Lebewesen zurückzuziehen, so dass alles Fleisch verscheidet und der Mensch zum Staub zurückkehrt. Gott verursacht den Tod des Menschen, gibt aber zugleich mit der Gabe von Geist und Atem menschliches Leben. Die Geschöpflichkeit des Menschen wird auf die damit gegebene menschliche Sterblichkeit akzentuiert. Mit der Sterblichkeit des Menschen wird der Kontrast zwischen Gott und Mensch unterstrichen und zugleich die Angewiesenheit des Menschen auf den erziehenden und rettenden Gott herausgestellt. Nachdem im zweiten Schöpfungsbericht in Gen 2,7 der Mensch erst durch die Einhauchung des Lebensatems zu einem lebendigen Lebewesen geworden ist, folgt in Gen 3,19 die Aussage, dass der Mensch wieder zur Erde zurückkehrt, sobald er verstorben ist.
204
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
(' " ( ' * w u w w *w # 1 w w#'w w / w w' Im Schweiß Deines Gesichtes sollst Du Dein Brot essen, bis Du zur Erde zurückkehrst, denn von ihr bist Du genommen. Denn Staub bist Du und zu Staub wirst Du zurückkehren.
Die Vorstellung, dass der Mensch, wenn er stirbt, zum Staub zurückkehren wird, ist Hi 34,15 mit Gen 3,19 gemein. Jedoch fehlen in 34,13–15 die Aussagen, dass der Mensch auch aus Erde geschaffen ist und allein aus Staub besteht. Der Mensch ist nach den Elihureden geistbegabt und mit Gottes Atem inspiriert (32,8). Die Rückkehr des Menschen zu Staub belegt ebenfalls Ps 104,29f. ww w ('1 " w '"& w w% s / w ¦ w ! w s 29 w # 1 w ! w 2 w w1 w£ 30 29. Verbirgst Du Dein Angesicht, erschrecken sie. Sammelst Du Ihren Geist, verscheiden sie; und sie kehren zu ihrem Staub zurück. 30. Sendest Du Deinen Geist, werden sie erschaffen; und Du erneuerst die Oberfläche der Erde.
Eine Parallele liegt aufgrund der Vorstellung vor, dass der Mensch zum Staub zurückkehrt. Diese ist in Ps 104,29 mit ""$ (' " „und zu ihrem Staub kehren sie zurück“ und in Hi 34,15 mit "$ (' ' #" „und ein Mensch kehrt zu Staub zurück“ ausgedrückt. Darüber hinaus sind die Worte '"& „verscheiden“ in Hi 34,15; Ps 104,29 und " „Geist“ in Hi 34,14; Ps 104,29f. sowie die Formulierung " %s „Geist sammeln“ in Hi 34,14; Ps 104,29 beiden Textstellen gemeinsam. Nach Ps 104,29 verscheiden alle Menschen, sobald Gott ihren Geist wegnimmt und sie zu ihrem Staub zurückkehren. Während in Hi 34,14 " und $! gleichermaßen für die Belebung des Menschen sorgen und mit $! eine Referenz zu Gen 2,7 vorliegt, fehlt diese Erwähnung in Ps 104,29f. Dort ist jedoch die Erschaffung des Menschen aus Gottes Geist mit dem Verbum ni. „erschaffen werden“ expliziert, die in Hi 34,14f. ausbleibt.163 In Ps 90,3; 146,4 finden sich zwei weitere Belegstellen für Gottes Macht, den Menschen zum Staub zurückkehren zu lassen In Ps 90,3 heißt es: Das Verbum „schaffen“ bildet dasjenige Prädikat, mit dem ausschließlich Gottes Schöpfungstätigkeit ausgesagt wird. Es ist weder in den Elihureden, noch in der gesamten Hiobkomposition belegt; vgl. zu BERNHARDT, Art. , 774–777. Mit dem Gebrauch des Verbums in Ps 104,30 und seiner fehlenden Verwendung in Hi 34,14f. liegt ein entscheidender Unterschied vor. SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 45f., sieht aufgrund der Geistbegabung in Ps 104,29f. eher eine Nähe zum kontinuierlichen Schöpfungsgeschehen sowie zur Erschaffung des Menschen im sogenannten jahwistischen Schöpfungsbericht in Gen 2,7 vorliegen als zur Schöpfung gemäß der Priesterschrift in Gen 1. 163
3.3 Die zweite Fortschreibung: Hiob – ein Gerechter?
205
# ! / " * 2 #' .! Du lässt den Menschen zum Staub zurückkehren und sprichst: Kehrt zurück, Menschen.
Im Unterschied zu Ps 104,29f.; Gen 2,7; 3,19; Hi 34,14f. ist in Ps 90,3 vom Staub nicht mit (' „Staub, Erde“, sondern mit # „Staub“ die Rede. In Ps 146,4 formuliert der Beter: " / !/ ' # . . # u . , Geht sein Geist heraus, kehrt er zu seiner Erde zurück. An jenem Tag verscheiden seine Pläne.
Ps 146,4 besagt wie Gen 3,19, dass der Mensch wieder zur Erde wird, wenn der Geist des Menschen aus diesem herausgeht. Die Wendung , " „Geist geht heraus“ beinhaltet dieselbe Vorstellung wie " %s „Geist sammeln“ in Ps 104,29; Hi 34,14, dass der Mensch ohne Geist verstirbt. Das Zurückziehen des Geistes aus dem Menschen führen jedoch Ps 104,29; Hi 34,14 explizit auf Gott zurück. Den Textbelegen in Gen 3,19; Ps 104,29f.; 90,3; 146,4 und Hi 34,14f. ist das Motiv gemeinsam, dass Gottes Geist einen Menschen belebt und Gottes Geist impliziert Leben für den Menschen bedeutet.164 Hält Gott seinen Geist jedoch zurück, bedeutet dies umgekehrt den Tod des Menschen. Nach Elihu manifestiert sich die besondere Zuwendung Gottes zum Menschen in der Geistbegabung. Gibt Gott seinen Geist, so lebt ein Mensch, hält Gott den Geist zurück, so stirbt er. Für diese Sichtweise bedient Elihu sich später Motive, die auch im Alten Testament belegt sind. Kommt Gott die alleinige Macht über die Schöpfung und über Leben wie Tod des Menschen zu, so ist der Mensch auf Gott in einer gerechten Ausübung seiner Macht angewiesen. Die zentralen Gedanken der zweiten Fortschreibung, die in Gottes Gerechtigkeit, seinem Recht und Gericht bestehen, spiegeln sich in Elihus Ausführungen über Gott als Schöpfer in Hi 34,13–15 wider. Elihus Ausführungen über die alleinige Macht Gottes als Schöpfer und seine implizite Gerechtigkeit werden durch Gottes Transzendenz und Gerechtigkeit sowie dem Gottvertrauen und der Gottesfrucht des Menschen thematisch in der dritten Fortschreibung geschärft.
164
Die Parallele zwischen Ps 104,29 und Hi 34,14f., die beide vom Sterben des Menschen aus der Sicht Gottes sprechen, haben bereits H OSSFELD/ ZENGER, Psalmen 101– 150, 84f., bemerkt. SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 42, vertritt die These, dass Ps 104,29b vielleicht einen durch Hi 34,14f. bedingten Zusatz darstellt. Er nimmt für den Grundbestand, dem Vv.29a.30 angehören, an, dass er ein Psalm über die Schöpfung im Sinne einer conservatio und gubernatio ist, vgl. aaO., 49.
206
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
3.3.3 Autorenkreis Die zweite Fortschreibung in der Elihurede ist einer Weisheitsschule zuzuschreiben, die Elihu als ihren Lehrer erachtet. Darauf deutet das Auditorium aus weisen Personen in Hi 34,2.4.10.37, mit dem Elihu sich identifiziert, hin. Elihus Akzeptanz als Lehrer ist dadurch verstärkt, dass die an Hiob adressierte Elihurede und autoritative Antwort aus der ersten Fortschreibung in drei didaktische Monologe umgestaltet wird, denen eine Erwiderung in der Hiobkomposition fehlt. Aufgrund des jugendlichen Alters Elihus ist eine junge Generation Gelehrter anzunehmen. Diese Generation junger Weiser betrachtet es als problematisch, dass sowohl dem Hiobbuch als auch den Elihureden eine ausführliche Behandlung der Frage nach Gottes und menschlicher Gerechtigkeit fehlt. Sie ist zwar in Stichworten und einzelnen Textpassagen in der Dialogdichtung und den Gottesreden angedeutet, aber erst Elihu setzt sich dezidiert mit Hiobs Unschuldsbehauptungen und Gottes Recht, Gericht und Gerechtigkeit auseinander. Die zweite Fortschreibung verdeutlicht, dass die Beschäftigung mit der Thematik des Hiobbuches nicht zu einem Abschluss gekommen ist. Die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott, die Auseinandersetzung um den Frevler, Hiobs Behauptungen seiner Unschuld und das von Hiob eingeforderte Recht und Gericht Gottes haben Fragen hinterlassen, die weiterer Erörterung und Beantwortung bedürfen. Statt der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott ist die Einsicht in die menschliche Sündhaftigkeit und Gottes Gerechtigkeit, mit der Gott den nach dem Leiden körperlich restituierten Menschen wieder in eine Gottesbeziehung setzt, gefordert. Elihus Weisheit als Lehrer besteht darin, dass Gott allein gerecht ist und der Mensch, obwohl er Gerechtigkeit wiedererlangt hat, nicht seine Gerechtigkeit vor Gott, sondern seine Sündhaftigkeit behauptet.
3.4 Die dritte Fortschreibung der Elihureden: Transzendenz und Gottesfurcht 3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht 3.4.1 Komposition Die dritte Fortschreibung der Elihureden ist durch die Einfügung der dritten Elihurede in Hi 35,1–15 gekennzeichnet, so dass die Elihureden nun aus vier aufeinander folgenden Monologen bestehen. Die vier Monologe Elihus weisen ihrer Zahl nach eine Parallele zu den vier Gottesreden in Hi 38,1–39,30; 40,1f.; 40,6–41,26; 42,7b–8 auf. Die dritte Fortschreibung ist neben der Ergänzung um Hi 35* durch eine namenlose Adressierung einer einzelnen Person in Hi 34,16–22.33; 36,16–21.24–26; 37,15–19 charakteri-
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
207
siert. Die Schlussrede in Hi 36f. erhält eine thematische Ausrichtung auf Hiob hin und mit dem mangelnden Erkenntnisvermögen des Menschen über Gottes Macht als Gebieter der Wetterphänomene eine thematische Veränderung gegenüber Hi 36,22f.27–33; 37,6–13. Das ursprüngliche Ende der Elihureden wird um Fragen an Hiob in Hi 37,15–19 sowie das abschließende thematische Summarium in Hi 37,23f. ergänzt. Die Ausführungen über Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht haben die dritte Fortschreibung notwendig gemacht. Zum einen wird die Thematik inmitten der zweiten Elihurede in Hi 34* fortgeschrieben, um Gottes Gerechtigkeit positiv und explizit zu formulieren. Gott wird als mächtiger und gerechter Herrscher beschrieben. Zum anderen wird durch Hi 35* eine eigene Rede ergänzt, die wie Hi 34 von der Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott (35,2–3) ausgeht, allerdings die Erörterung göttlicher Transzendenz und die Diskussion von Gerechtigkeit und Sündhaftigkeit des Menschen nach sich zieht (35,4–8). Zwar wird dem Menschen neben seiner Sündhaftigkeit auch Gerechtigkeit zugebilligt, jedoch haben sie keinen Einfluss auf Gottes Handeln. Gott ist für den Menschen transzendent und so sehr souverän überlegen, dass Gott unerreichbar ist. Geduldig kann der Mensch daher nur auf Gott warten (35,9–15). Die Schlussrede wird um Adressierungen an Hiob ergänzt (36,16–21; 37,15–19), indem die inhaltlichen Ausführungen in Hi 36,5–15 über Gottes Erziehung im Leiden und die menschliche Umkehr in Hi 36,16–21 als Warnungen und Mahnungen auf Hiob hin gewendet werden. Mit Elihus Fragen wird in 37,15–19 zu den Anfragen Gottes an Hiob in Hi 38f. übergeleitet. Darüber hinaus wird die Perikope, die Gottes Macht über die Wetterphänomene zum Inhalt hat, um 36,24–26; 37,1–5 ergänzt. Sie fassen Gottes Taten als sein Werk zusammen (36,24f.) und führen die Beschreibungen der Macht Gottes über die meteorologischen Erscheinungen als Erweis für die mangelnde Erkenntnisfähigkeit des Menschen in Gottes Macht an (36,26; 37,5). Gottes Macht über die Wetterphänomene zeigt sich zudem in Gottes Erscheinen in Donner und Licht in der Gewittertheophanie (37,1–5). Gottes erhabene und transzendente Macht steht im Mittelpunkt der Schlussrede und führt zu einem neuen Abschluss der Rede in Hi 37,23f. Elihu ruft Hiob und sein Auditorium zur Gottesfurcht auf, räumt aber zugleich ein, dass Gott auch den weisen Menschen unbeachtet lassen kann. Stilistisch ist die dritte Fortschreibung durch die Du-Anrede ohne Namensnennung und inhaltlich durch die explizite Betonung von Gottes Gerechtigkeit und seiner erhabenen Transzendenz gekennzeichnet. In Hi 34,16–22 wird eine einzelne weise Person zum Hören aufgerufen. Ihre Anrede überrascht nach der Adressierung einer Personengruppe in Hi 34,2.10 und der Rede über Hiob in Hi 34,5f. Die weise Person lässt ange-
208
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
sichts der Anrede an Hiob in Hi 32,10; 33,1–2.5–8.31–33 an Hiob als Adressaten denken. Elihu hat seine Rede mit Hiobs Gerechtigkeitsbehauptung begonnen, die Gott zugleich ins Unrecht setzt (34,5f.). In Hi 34,10–15 widerspricht Elihu der Auffassung Hiobs und beschreibt Gott implizit als gerecht, weil er vergilt und kein Recht beugt. Der Gedanke der expliziten Gerechtigkeit Gottes fehlt in der zweiten Fortschreibung, folgt jedoch in Hi 34,16–22, indem Elihu Gott einen +#, „gewaltigen Gerechten“ nennt: Gott ist ein gerechter Herrscher, der weder das Recht hasst noch von Hiob als schuldig erklärt werden kann (34,17). Gottes Gerechtigkeit manifestiert sich in Hi 34,16–22 durch Gottes Parteilosigkeit gegenüber den Fürsten, edlen und armen Personen (34,19) und durch seine Allwissenheit (34,21f.). Durch die Ausführungen in Hi 34,16–22 entsteht ein differenziertes Menschenbild, weil Elihu von „König“ gegenüber #! „vornehme Person“ sowie von $ „Fürst“, '"$ „edle Person“ und # „arme Person“ spricht (34,18f.). Diese Differenzierung fehlt in Hi 34,10–15, da allgemein vom Menschen mit den Worten # „Mensch“, $ „Mann“ und $ „Fleisch“ die Rede ist. Die Adressierung Hiobs wird in Hi 34,33 erneut aufgenommen, so dass die Anrede an eine 2.P.Sg. die Textpassage in Hi 34,16–33 rahmt. Hi 34,33 verweist mit den Worten $ „vergelten“ und „auswählen“ zurück auf Gottes Vergeltung in Hi 34,11 und Elihus Redeintention in Hi 34,4. Durch Hi 35,1–15 wird die dritte Elihurede ergänzt, die sich durch die Adressierung Hiobs auszeichnet. Die eröffnende Anfrage in 35,2a
j($ $ „Hast Du dieses über das Recht gedacht?“ weist sowohl mit „dies“ als auch mit dem Begriff j($ „Recht“ auf Hi 34 zurück. Mit einem Zitat Hiobs in 35,2f., in welchem Hiob mit +#, „ich bin gerecht vor Gott“ seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet und bezweifelt, dass Gott Nutzen von Hiobs Sünde hat, bekundet Elihu in 35,4 vor Hiob und seinen Freunden seine Erwiderungsabsicht. Hi 35,2f. wird wie Hi 33,9–11 und Hi 34,5f. mit einem Zitat eingeleitet, das den inhaltlichen Anknüpfungspunkt der Rede benennt. Mit Hi 35,5–8 stellt Elihu Gottes überlegene Transzendenz dar, so dass weder gerechtes noch sündiges Tun des Menschen das Handeln Gottes beeinflussen, wohl aber das Handeln der Menschen untereinander. Die Wortfelder +#, „gerecht sein“ und j „sündigen“ bilden Leitmotive in Hi 35,2–8. In der Annahme, dass der Mensch sowohl gerecht als auch sündig handeln kann, liegt der entscheidende Unterschied gegenüber der zweiten Fortschreibung vor. Gemäß der theologischen Überzeugung der zweiten Fortschreibung ist der Mensch nicht gerecht, sondern allein Gott. Erhält der Mensch seine Gerechtigkeit von Gott zurück, dann ist er zu einem Sündenbekenntnis fähig. Zwischenmenschliches Verhalten bleibt jedoch in der zweiten Fortschreibung unberücksichtigt. Auch wenn der Mensch mit seinen Handlungen Gott in Hi 35,5–8 nicht beeinflussen
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
209
kann, so besteht die dem Menschen angemessene Erwiderung in Zeiten der Not in der Hinwendung zu Gott als seinem Schöpfer, der ihm Lobgesänge in der Nacht gegeben hat (35,9–11). Jedoch kann Gottes Reaktion ausbleiben, so dass dem Menschen nur sein geduldiges Warten auf Gott bleibt (35,12–15). Nicht Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht, sondern seine Transzendenz, Souveränität und Unverfügbarkeit für den Menschen werden in der dritten Rede inhaltlich ausgeführt und profiliert. Die Fortschreibung in Hi 36,16–21 enthält eine an Hiob gerichtete Mahnung und Warnung. Der Leidende soll vor dem Tod, der dem Gottlosen nach Hi 36,5–15 droht, bewahrt werden. Ein Bezug zu den vorangegangenen Ausführungen ist durch die Worte '$ „Frevler“ und j($ „Recht“ in 36,6.17, „Kraft“ in 36,5.19 und !' „elendig“ in 36,8.15.21 gegeben. Besteht das Ziel in Hi 36,5–15 darin, dass der Elende aus seinem Elend durch Gott befreit wird (V.15), nachdem der Leidende zuvor zu Gott umkehrt, so ergeht der Schlussaufruf in Hi 36,21 an Hiob, dass er zur Umkehr animiert wird und vom Elend erwählt ist. Mit dem Wortfeld !' „Elend, elend“ wird in der Fortschreibung ein Leitmotiv aus 36,5–15 zum Abschluss geführt. Darüber hinaus werden Hi 36,24–26 ergänzt, die an die rhetorischen Fragen in Vv.22b.23 anschließen und mit dem Imp.Sg.m. ) „gedenke“ Hiob adressieren. Die Anrede Hiobs in V.24 setzt die Ergänzung in Hi 36,16–21 voraus. Hiob wird in 36,24 aufgefordert, Gottes Werk zu preisen, das Menschen besingen und von fern her betrachten (36,25). 36,26 nimmt den Gedanken der Erhabenheit und Macht Gottes aus 36,22f. wieder auf, fügt jedoch mit der Wendung '#! „wir erkennen nicht“ die Idee in den Text, dass dem Menschen Gottes Erhabenheit unzugänglich ist. Da V.26a und V.22a identisch sind, schließt V.27 in der dritten Fortschreibung logisch an V.26 an. Ferner sind die Verse in Hi 37,1–5 ergänzt, die in 37,1 mit „Herz, Verstand“ auf Hi 36,5.13 zurückverweisen und mit dem Suffix 1.Sg.c. durch einen Rednerbezug gekennzeichnet sind. 165 In 37,2 wird mit dem Imp.Pl. ein Personenkreis adressiert, dessen Nennung nach der Anrede einer einzigen Person in Hi 36,16–21.24 überrascht und der die in der 1.P.Pl. in 36,26 genannte Personengruppe adressiert. Der Imp.Pl. "'$ „hört“ begegnet zuvor in Hi 34,2.10, so dass ebenfalls das weise Auditorium der zweiten Elihurede als Adressat in Hi 37,2 intendiert sein könnte. Die Wendung '#! „wir wissen nicht“ in 37,5 ist identisch mit 36,26 und thematisiert die mangelnde Erkenntnisfähigkeit des Menschen. Nach der Einfügung von Hi 37,1–5 folgt 37,6–13 als Begründung der Aussage, dass Gott
165
Mit ist ebenfalls in $! das weise Auditorium in Hi 34,10.34 benannt.
210
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
mit seiner Stimme donnert und wunderbare Dinge tut, die die Menschen zu erkennen nicht imstande sind.166 In Hi 37,15–19 formuliert Elihu eine abschließende Anrede an Hiob im Anschluss an seine namentliche Adressierung in Hi 37,14. Elihus Fragen in Hi 37,15f. werden mit '# „weißt Du?“ in Anlehnung an die Anfragen Gottes in Hi 38f. eingeleitet und bis 37,18 fortgesetzt. In Hi 37,19 wird Hiob mit einem Imperativ aufgefordert, dass er sein Wissen vor einer Personengruppe in 1.P.Pl. verkünden solle. Mit der 1.P.Pl. liegt ein Rückbezug zu Hi 36,26; 37,2.5 und dem dort adressierten Personenkreis vor. Eine Bezugnahme auf Hiob und Elihu oder auf Elihu und seine vier Vorredner könnte auch vorliegen. 167 Hi 37,15–19 schließen logisch an den an Hiob adressierten Höraufruf in 37,14 an, jedoch liegt mit V.19 kein Abschluss der Elihureden vor. Dieser ist erst in 37,23f. zu erkennen. Der syntaktische Anschluss von 37,23 an 37,19 ist problemlos durch den Bezug auf die 1.P.Pl. möglich, so dass im Makrokontext der Schlussrede zudem eine Verknüpfung zu Hi 36,26; 37,5 besteht. Elihu beschließt seine Schlussrede wie seine vier Monologe insgesamt mit der Aussage, dass wir Šadday nicht finden können. Wie Gott in seiner Erhabenheit und Macht für den Menschen nicht zu erkennen ist (36,26; 37,5), so kann auch Šadday nicht durch die Wir-Gruppe gefunden werden (37,23). Mit der 1.P.Pl. inkludiert Elihu sich und verneint, obwohl er seine Allwissenheit Hiob gegenüber in Hi 36,4 behauptet hat, vollkommene Einsicht in Gottes Erhabenheit, Macht und Gerechtigkeit zu haben. Der Gedanke der Erhabenheit wird mit &$ „erhaben“ aus Hi 36,22.24.26 und der Aspekt der Kraft Gottes mit „Kraft“ aus Hi 36,5.22 aufgenommen. Die Vorstellung von Gottes Gerechtigkeit und Recht weist auf Elihus Ausführungen in Hi 34 und 35 zurück, so dass in 37,23 zentrale Gedanken sowohl der Schlussrede Elihus als auch der vier Monologe zum Abschluss gebracht werden. Niemand kann Gott erkennen, da er erhaben und mächtig ist, und Gott beugt die Gerechtigkeit nicht. Dem Menschen, der nur zu einer begrenzten und endlichen Einsicht fähig ist, bleibt gemäß 37,24 allein seine Gottesfurcht. Gott bleibt dem
166
In der Grundschicht der Elihurede begründen Hi 36,27–33; 37,6–13 Gottes Erhabenheit und Lehrtätigkeit, die Menschen in den meteorologischen Phänomenen erkennen können. In der dritten Fortschreibung der Elihurede hingegen liegen mit diesen Textperikopen Begründungen über die in Hi 36,26; 37,5 genannte mangelnde Erkenntnisfähigkeit des Menschen und seine begrenzte Einsicht in Gottes Erhabenheit gegenüber den meteorologischen Erscheinungen vor. 167 Es mag gerade das Kennzeichen der späteren Ergänzung sein, dass im Kontext der Elihureden mehrere Interpretationen in Hi 37,19 wie bereits in Hi 37,2 aufgrund der verschiedenen Adressatenkreise der Elihureden sowie in den einzelnen Fortschreibungen möglich sind. Dieser in den Text eingetragene Freiraum der Interpretationen ermöglicht zudem den Lesern, eine eigene Deutung des Textes vorzunehmen.
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
211
Menschen, auch der weisen Person, unverfügbar und kann sich auch dem weisen Menschen verweigern. 3.4.2 Theologie Die dritte Fortschreibung verfolgt drei unterschiedliche theologische Ziele. Sie ist zum einen an einer Hinwendung zu Hiob in den Perikopen in Hi 34,16–22; 36,16–21; 37,15–19 interessiert. Sie explizieren Gottes Gerechtigkeit in der zweiten Elihurede (34,17), warnen Hiob vor Selbstüberheblichkeit (36,16–21) und bereiten Hiob mit Elihus Anfragen auf Gottes Fragen vor (37,15–19). Zum anderen betont sie durch die mangelnde Erkenntnisfähigkeit des Menschen Gottes Transzendenz und Unverfügbarkeit in Elihus Schlussrede in Hi 36,24–26; 37,1–5. Die von Gott geschaffene Welt als sein Werk in Hi 36,25 zu bezeichnen und Gott als Schöpfer in Hi 35,10 zu nennen, unterstützen Gottes Transzendenz. Des Weiteren nennt Hi 35,1–15 mit dem Gottvertrauen in der Not und der Hinwendung zu Gott als Schöpfer eine dem Menschen in seiner Geschöpflichkeit angemessene Reaktion auf Gott im Leiden. Die Schlussfolgerung der Elihureden in Hi 37,23f. besteht angesichts von Gottes Recht, Gerechtigkeit und Macht in dem Aufruf zur Gottesfurcht, die jedem Menschen, auch dem Weisen, gilt. In Hi 34,16–22 fasst V.17 mit den Worten j($ „Recht“, +#, „gerecht“ und '$ hi. „zum Frevler machen“, die auf das Leitvokabular der zweiten Elihurede verweisen, die Rechts- und Gerechtigkeitsthematik in Hi 34 zusammen und kombiniert sie durch das Adjektiv „mächtig“ mit Gottes Macht.168 ' * +2 , " .1 j !.v %
Herrscht sogar einer, der das Recht hasst? Oder erklärst Du einen gewaltigen Gerechten zum Frevler?
Die Satzfragen in Hi 34,17 ‚Herrscht eine Person, die das Recht hasst?‘ und ‚Erklärt Hiob den gewaltigen Gerechten zum Frevler?‘ implizieren Elihus These, dass Gott als Herrscher das Recht nicht hasst, er gerecht ist und Hiob Gott nicht schuldig erklären kann. Zitiert Elihu Hiob in 34,5 mit Hiobs Behauptung seiner Gerechtigkeit, so liegt in 34,17 explizit Elihus gegenteilige Aussage vor, dass Gott der gewaltige und gerechte Herrscher ist. Mit dieser Aussage schließt Elihu an 34,12 an, dass Gott kein Recht beugt noch jemanden zum Frevler erklärt. In 34,29 fragt Elihu an, wer Gott zu einem Frevler erklären könne und impliziert die Antwort ‚niemand‘.
168
Vgl. FOHRER, KAT, 468, der die Einheit von Macht und Gerechtigkeit Gottes in Hi 34,17 vorliegen sieht.
212
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Die Wortfrage in 34,17 spezifiziert die Anfrage, dass Hiob Gott nicht schuldig erklären kann. Die Referenzen zu Hi 34,5.12.29 zeigen, dass 34,17 die Gerechtigkeitsund Rechtsthematik zum Abschluss bringt. Wird zuvor Gottes Gerechtigkeit implizit in Hi 34* genannt, Gottes Recht jedoch expliziert, so vertritt Elihu mit den Anfragen in Hi 34,17 explizit den Standpunkt, dass Gott als Herrscher gerecht ist. Gottes Herrschaft, Macht und Gerechtigkeit zeigen sich in der Aufrechterhaltung einer Wohlordnung durch die angemessene Bezeichnung von König und edlen Personen und manifestieren sich in seiner Parteilosigkeit gegenüber Fürsten, Edlen und Armen (34,19). 169 Auch der plötzliche Tod der Menschen ist auf Gott, da er mächtig und gerecht ist, zurückzuführen (34,20). Es ist konsequent spricht Elihu Gott das Prädikat der Allwissenheit zu (34,21f.). Vorbehaltlos affirmiert Elihu Gottes Macht und Gerechtigkeit ohne eine kritische Einschränkung. Es bleibt in den Elihureden gegenstandslos, dass diese Macht dem Menschen willkürlich erscheinen kann. In der Hiobkomposition verbindet Gott in Hi 40,8 das für Hi 34 charakteristische und in Hi 34,17 konzentrierte Rechts- und Gerechtigkeitsvokabular.170 +2 , ' ! ' j ( %
Brichst Du mein Recht, erklärst Du mich zum Frevler, damit Du im Recht bist?
In Hi 40,8 reagiert Gott auf Hiobs Unschuldsbeteuerungen, die in Hi 27,2– 6 in der Aussage Hiobs gipfeln, dass Gott Hiobs Rechtssache verdreht. Hiob gebraucht in Hi 27,2 ebenfalls den Terminus j($ „mein Recht“, so dass dieser Bezug in Hi 40,8 mitklingt. Gott setzt sich direkt mit Hiob auseinander und fragt, ob Hiob sein Recht bricht und ihn für schuldig erklärt, damit Hiob selbst im Recht ist. Gottes Frage an Hiob impliziert, dass Gott nicht zum Frevler erklärt werden kann, zugleich der Mensch Hiob aber ge-
169
Die Parteilosigkeit Gottes überliefert auch Dtn 10,17. Gott ist der Gott der Götter, der Herr der Herren, der große, starke und furchtbare Gott, der kein Ansehen der Person kennt. VEIJOLA, Deuteronomium, 242; 255–258, sieht in Dtn 10,14–11,1 ein spätere Ergänzung der inhaltlich geschlossenen und von DtrB verfassten Rede in Dtn 10,12–11,30 vorliegen. Der Nachtrag stamme aus nachexilischer Zeit. Den Bezug zu Hi 32,32, nicht jedoch zu Hi 34,19, arbeiten VEIJOLA, Deuteronomium, 256f.; WEINFELD, Deuteronomy, 439, heraus. Eine explizite Aufforderung zur Neutralität im zwischenmenschlichen Bereich findet sich in Lev 19,15. Man ist aufgefordert, kein Unrecht im Gericht zu tun, keine Partei für den Armen zu nehmen, mit Recht den Nächsten zu richten und den Großen nicht zu begünstigen; vgl. MILGROM, Leviticus, 1642–1645. 170 Vgl. die Darlegung zu Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht in Kap. 3.3.2.1.3.
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
213
recht ist.171 Auch wenn mit j($ „mein Recht“ Gottes Recht genannt ist, fehlt Hi 40,8 eine explizite Aussage über Gottes Gerechtigkeit. Die Belege in Hi 34,17; 40,8 implizieren, dass die herrschende Person das Recht nicht hasst und Gott als gewaltiger Gerechter nicht zum Frevler erklärt werden kann.172 Hi 40,8 konstatiert, dass Hiob Gott nicht zu einem Frevler erklären noch Gottes Recht brechen kann. Elihu expliziert darüber hinaus, dass Gott ein gewaltiger Gerechter ist. Diese Aussage fehlt in Hi 40,8. Im Unterschied zu der direkten Konfrontation zwischen Gott und Hiob liegt in Hi 34,17 eine veränderte Perspektive vor. Der Redner Elihu nimmt den Standpunkt eines Dritten ein und fragt Hiob über Gott an. Elihus Fragen sind in distanzierter Reflexion und nicht im direkten Gesprächsgang wie in Hi 40,8 formuliert. Elihu behauptet über die Anfragen Gottes in Hi 40,8 hinaus, dass Gott selbst gerecht ist, indem er ihn in 34,17 einen gewaltigen Gerechten nennt. Mit Hi 34,17 liegt die einzige Belegstelle in der Hiobkomposition vor, die Gott als gerecht bezeichnet und dies mit +#, „gerecht“ aussagt. Diese Behauptung trägt einen neuen theologischen Gedanken in die Elihureden ein. Hiob wird weder als ein Gerechter bezeichnet, noch führt ihn der Prolog als gerecht ein.173 Mit Hi 34,16–22 ist der in Hi 34* implizit genannte Gedanke der Gerechtigkeit Gottes aufgenommen und expliziert, so dass die abschließende Verurteilung Hiobs die logische Schlussfolgerung der zweiten Elihurede bleibt. Kombiniert Hi 34,17 mit den Worten j($ „Recht“, +#, „gerecht“ und $ „herrschen“ Gottes Recht, Gerechtigkeit und Herrschaft, so findet sich die Vorstellung von Gottes gerechter Herrschaft auch in Gen 18,25 mit den Worten j($ „Recht“ und j($ „richten“. Gen 18,25 bindet Gottes Gerechtigkeit an Gottes gerechte Rechtssprechung von Frevlern und Gerechten, so dass es ihnen gemäß ihrem Tun ergeht.174
171 Vgl. SPIECKERMANN, Recht, 273, der mit Hi 40,8 die Bestreitung der Gerechtigkeit Hiobs durch Gott formuliert sieht. Die Formulierung +#, ' „damit du gerecht bist“, darüber hinaus nur in Ps 51,6, ist hier jedoch im Mund des Beters in der Anrede an Gott gesprochen. 172 Auch wenn Gott das Recht nicht hasst, ist noch nicht positiv formuliert, dass er das Recht liebe, wie dies in Ps 33,5; 37,28; 99,4 belegt ist. 173 Hiob erwähnt jedoch sehr wohl gerechte Personen in seinen Reden in Hi 12,4; 17,9; 27,17. FOHRER, KAT, 237; 281, streicht jedoch 12,4; 17,9 jeweils als erläuternde Glossen. 174 Neben dem Rechtsvokabular stellt auch die Beteuerungsformel
„fern sei es“ eine Parallele zwischen Hi 34,10 und Gen 18,25 dar. Auf den Bezug zwischen Gen 18,25 und Hi 34,17 hat bereits W ESTERMANN, BK, 355, verwiesen. Er sieht in dem in Gen 18 erkennbaren Zweifel an der Gerechtigkeit Gottes das Hiobbuch als Vorstellungshintergrund an, vgl. aaO., 348; VON RAD, Genesis, 165–169.
214
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Hi 35,1–15 bilden eine gedankliche Alternative zu Gottes expliziter Gerechtigkeit in Hi 34,17. Wie in Hi 34,5f. bildet die von Hiob postulierte Gerechtigkeit vor Gott in Hi 35,2f. den inhaltlichen Anlass für die Rede. Hi 35,1–15 stellt Gottes Transzendenz, Souveränität und Unverfügbarkeit ins Zentrum.175 Der Mensch kann Gottes Handeln nicht beeinflussen. Elihu vertritt die These, dass weder gerechtes noch sündiges Handeln des Menschen einen Einfluss auf Gottes Tun hat. Es ist jedoch nicht folgenlos, wie ein Mensch handelt, da sich menschliches Handeln auf andere Menschen auswirkt. Dass Gott nicht durch menschliches Tun beeinflussbar ist, zeigt sich auch in der Bedrückung, in der der Mensch Gott nicht zum Eingreifen drängen kann.176 Jedoch zeigen sich in der Auffassung Elihus im Handeln des Menschen in der Not sein Wesen und sein Bezug zu Gott. Der auf Gott vertrauende Mensch ist daran zu erkennen, dass er nach Gott fragt und sich mit Lobgesängen an seinen Schöpfer wendet. 177 Das Gottvertrauen des Menschen impliziert, dass der Mensch in der Not nach Gott sucht, sich als Geschöpf versteht und auf Gott als seinen Schöpfer vertraut. 178 Er hofft, dass Gott sein Geschick wenden wird. Die Wendung seines Geschicks kann der notleidende Mensch erwarten und erhoffen, nicht jedoch einfordern. Sowohl dem Schreien des Menschen als auch dem auf Gott vertrauenden Menschen kann Gottes Antwort ausbleiben. Gottes Schweigen bildet eine Reaktion auf das Leid des Menschen, weil menschliche Taten ihn nicht beeinflussen. Gott bleibt dem Menschen transzendent überlegen.179 Hat die zweite Fortschreibung das Prädikat der Gerechtigkeit allein Gott, nicht aber dem Menschen gewährt, verändert die dritte Fortschreibung die theologische Intention in Hi 35*. Gerechtigkeit ist neben der Sündhaftigkeit ein Prädikat des Menschen geworden, ohne jedoch von Gott als gerecht zu sprechen. Menschliches Handeln ist unterschieden in gerechtes und sündiges Tun, das allerdings keine Wirkungen auf Gott ausübt, jedoch Konsequenzen für andere Menschen hat. Gott hingegen ist als transzendenter Schöpfer benannt, vor dem das Handeln des Menschen keinen Einfluss hat. Die angemessene Reaktion des Menschen, ob nun gerecht oder sündig, besteht in seiner Not in der Suche nach Gott und in dem Ver175
Zu Hi 35 vgl. auch die Interpretation der dritten Elihurede in Kap. 2.4.3. Vgl. FOHRER, KAT, 476; HABEL, OTL, 492. 177 Die Nacht wird als Zeit der Not und Bedrückung in den Elihureden in Hi 34,20.25; 36,20 sowie darüber hinaus auch Jes 17,14; Ps 30,6 verstanden; vgl. FOHRER, KAT, 476. 178 In der Frage nach Gott zeigen sich Vertrauen und Treue des Menschen zu Gott, vgl. auch Jes 2,8; Ps 95,6; vgl. F OHRER, KAT, 476. 179 Vgl. HABEL, OTL, 493. SPIECKERMANN, Nacht, 442, spricht in Hi 35,10ff. nicht von einer Verbindung aus Lobgesängen und rettendem Handeln Gottes in der Zeit der Not, wie dies die Psalmen implizieren, sondern kombiniert die von Gott gegebenen Loblieder mit der Souveränität des Schöpfers, der durch Hochmut und Erkenntnislosigkeit Hiobs unbeeinflusst ist. 176
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
215
trauen auf ihn. Mit Lobgesängen soll der Mensch geduldig auf Gottes Reaktion warten. Eine Aussage über Gottes Gerechtigkeit fehlt. Im Anschluss an die Ausführungen in Hi 36,5–15 über Gottes Erziehung im Leiden, aus dem Gott den Leidenden dank der Umkehr befreit, folgen in Hi 36,16–21 an Hiob gerichtete Warnungen und Mahnungen, die wie Hi 34,16–22 durch die Anrede an eine 2.Sg.m. gekennzeichnet sind.180 Elihu warnt Hiob vor Selbstüberheblichkeit, er solle sein Lösegeld nicht überschätzen, womit er auf Hi 33,24 anspielt, und sich auch nicht in seinem Klagegeschrei ausruhen. Ebenso lehnt Elihu es ab, dass Hiob sich durch eigene Kraftanstrengungen selbst erlösen oder befreien möchte. Mit der Erinnerung, dass Hiob aus seinem Elend erwählt sei, beschließt Elihu seine Warnungen und stellt zudem mit dem Nomen !' „Elend“ einen abschließenden Wortbezug zu Hi 36,8.15 her. Die Warnungen und Mahnungen sollen Hiob eine Umkehr ermöglichen, so dass er sich, als einen Elenden in seinem Leid verstehend, zu Gott hinwendet und gemäß Hi 36,5–15 umkehrt. Dank seiner Umkehr könnte Hiob durch Gott befreit werden, so Elihus Intention in Hi 36,16–21. Die dritte Fortschreibung fügt Hi 36,24–26; 37,1–5 in den zweiten Teil der Schlussrede in 36,22–37,13 ein und ändert mit dieser Einfügung ihre theologische Intention. Mit dem Nomen " '( „sein Werk“ ist in V.24 angezeigt, dass Gottes ausgeübte Macht gegenüber den Wetterphänomenen als sein Werk verstanden ist. Als Gottes Werk wird seine Schöpfung ebenfalls mit '( „Werk“ in Ps 64,10; 77,13; 92,5; 111,3; 143,5; Dtn 32,4 bezeichnet. Die Wendung '#! „wir wissen nicht“ in 36,26; 37,5 trägt das mangelnde Erkenntnisvermögen des Menschen sowie die Begrenztheit menschlichen Erkennens in den Text ein. Da die Verbalform '#! in 1.P.Pl. genannt ist, bezieht Elihu sich selbst in die Aussage mit ein und behauptet von sich selbst, dass er nicht zum Erkennen imstande ist. Diese Aussage widerspricht den Behauptungen Elihus, dass er sich und jeden Menschen durch Gottes Atem mit Einsicht begabt erachtet (32,8) und sich selbst als allwissend vor Hiob präsentiert (36,4). Dass niemand zu erkennen imstande ist, wird verständlich, da Elihu in seinen folgenden Ausführungen Gott zum Gegenstand der menschlichen Erkenntnis macht. Elihu konstatiert in Hi 35* die Anerkennung der Differenz zwischen Gott, dem Schöpfer, und dem Geschöpf, so ist es folgerichtig, dass die menschliche Einsicht in Gottes Tun eingeschränkt und begrenzt ist, wenngleich Gottes Geist die Menschen zur Erkenntnis befähigt. Gott bleibt dem Menschen unerforschlich (36,26), und auch in seinen Wundertaten, die sich in den meteorologi-
180 Durch die Wortfelder '$ „Frevel“ bzw. „Frevler“ (36,6.17) und '"$ „um Hilfe rufen“ (36,13.19), sowie die Nomina j($ „Recht“ (36,6.16), „Kraft“ (36,5.19), " „Unrecht“ (36,10.21) und !' „Elend“ (36,8.15.21) sind Hi 36,16–21 auf 36,5–15 bezogen.
216
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
schen Erscheinungen zeigen, ist Gott dem Menschen nicht vollständig zu erkennen. Dem Menschen bleibt Gottes erhabene Macht entzogen. Gott hat sich dem Menschen entzogen, so dass mit der Einfügung von Hi 36,24–26; 37,1–5 wie auch in Hi 35* Gottes Transzendenz als Schöpfer gegenüber dem Menschen in das Zentrum der inhaltlichen Ausführungen Elihus rückt. Gottes Werk zu preisen und zu besingen stellt die angemessene Haltung des Menschen dar, sich gegenüber der Macht, Souveränität und Transzendenz Gottes zu äußern (36,24f.). Der Lobpreis der Schöpfung Gottes bildet die angemessene Reaktion auf Gottes Beherrschung der Wetterphänomene. Elihu nennt Gott als Schöpfer eines individuellen Menschen. So bezeichnet er ihn als den, der ihn geschaffen hat (!$' „mein Schöpfer“ in 32,22). Gottes Geist hat ihn gemacht (32,8; 33,4). Mit '( „mein Schöpfer“ verweist Elihu ein weiteres Mal auf Gott als seinen Schöpfer (36,3). In der dritten Fortschreibung verändert sich die Idee von Gott als Schöpfer, indem nicht mehr allein Elihu als Geschöpf Gottes genannt ist, sondern der notleidende Mensch als Geschöpf vorgestellt wird, indem er sich an Gott als seinen Schöpfer wendet (35,10). Hiob selbst nennt Gott seinen Schöpfer in Hi 31,15, indem er anfragt, ob sein Schöpfer (!$' „mein Schöpfer“) nicht auch seinen Knecht geschaffen hat. Hier liegt neben den Aussagen Elihus ein weiterer Beleg vor, dass Gott einzelne Menschen erschaffen hat. Hiob versteht sich selbst demzufolge als Gottes Geschöpf. Allein das Hiobbuch spricht von Gott als ‚meinem Schöpfer‘. Lediglich die Verbalformen , „der mich formt“ in Jes 49,5 und „mein Schöpfer“ in 4Q372, Frg. 1,24, jeweils Part.Sg.m. mit dem Suffix 1.Sg.c., belegen ein weiteres Mal die Vorstellung von ‚meinem Schöpfer‘.181 Die Vorstellung, Gott als Schöpfer des Einzelnen zu bezeichnen und dies mit einer suffigierten Form auszudrücken, belegen auch andere Textstellen im Alten Testament. An dem Tag, wenn das Gericht über Damaskus ergeht, wird ein Mensch zu seinem Schöpfer ( v / ' „sein Schöpfer“) blicken (Jes 17,7). Es scheint Jes 17,7 die Vorstellung zu überliefern, dass sich in der Not ein Mensch an seinen Schöpfer wendet, während Hi 35,10 zu erkennen gibt, dass der notleidende Mensch sich nicht mit den von Gott gegebenen Lobliedern an seinen Schöpfer richtet. In dem Gerichtswort in Jes 27,11 hat Gott zwar das Volk geschaffen ( v )' „sein Schöpfer“), er erbarmt sich dessen jedoch nicht. Hier ist Gott als Schöpfer des Volkes verstanden. In der Anrede an Jakob bzw. Israel in Jes 44,1–8 greift Jes 44,2 181
Darüber hinaus nennt Hi 40,19 Gott als Schöpfer von Behemot. In den Proverbien zeigt sich in den Sprüchen über die Armen und Reichen, dass der, der den Armen bedrückt (Prov 14,31) oder den Armen verspottet (Prov 17,5), jeweils dessen Schöpfer schmäht. Gott hat sowohl den Armen wie den Reichen erschaffen, besagt Prov 22,2.
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
217
Gott als Schöpfer Israels und Jakobs auf (v )' „dein Schöpfer“). In Jes 43,1 wird JHWH ebenfalls Jakobs Schöpfer genannt (1 / „dein Schöpfer“).182 Dass Gott, der Himmel und Erde gegründet hat, auch den Menschen geschaffen hat, belegt Jes 51,13 (v )' „dein Schöpfer“). Gottes Erschaffung der Welt steht in Jes 51,13 parallel zur Erschaffung des Menschen bzw. des Volkes. Wie bereits in Jes 27,11, so ist auch in Jes 51,13 Gott als Schöpfer des Volkes verstanden. Hosea klagt in Hos 8,14 Israel an, dass es den, der es geschaffen hat, vergessen hat ( v )' „sein Schöpfer“). Es ist vorausgesetzt, dass Israel durch Gott geschaffen ist, jedoch hat es Gott als seinen Schöpfer nicht in angemessener Weise bedacht, was seinen Abfall von Gott zur Folge hat. Diese Ausführungen zeigen, dass die Vorstellung von Gott als Schöpfer eines Individuums in den Elihureden und in Hi 31,15 belegt ist und darüber hinaus eine große Anzahl an Belegstellen im zweiten Jesaja aufweist. Im Unterschied zu den Elihureden ist im Jesajabuch Gott als Schöpfer des Volkes oder Israels gedacht, so dass die singularische Verwendung auf ein Kollektiv und nicht auf den einzelnen Menschen bezogen ist. Die Wendung mit dem Suffix in 1.P.Sg.c. als ‚mein Schöpfer‘ ist im Alten Testament in den Elihureden und in Hi 31,15 belegt. In der dritten Fortschreibung sind in Hi 36,24–26 und 37,1–5 intertextuelle Bezüge zwischen der Schlussrede Elihus und den Gottesreden nachweisbar. Lassen sich in der Grundschicht der Elihurede in Hi 36,27–33; 37,6–13 Stichwortbezüge in die erste Gottesrede in Hi 38f. aufzeigen,183 so belegen die Fortschreibungen in 36,24–26; 37,1–15 sowohl Referenzen auf die erste, aber auch auf die zweite Gottesrede. Mit der Bezugnahme von Hi 34,17 auf Hi 40,8 liegt bereits eine intertextuelle Referenz zwischen der dritten Fortschreibung und der zweiten Gottesrede vor. Die folgenden Ausführungen stellen die Bezüge im Einzelnen dar: Mit dem Nomen + „Erforschung“ stellt Elihu in Hi 36,26 eine Referenz zu Hi 38,16 her. £ . + !#' 1 Bist Du bis zu den Quellen des Meeres gekommen oder bist Du in den Tiefen der Tehom umhergewandelt?
Gott fragt Hiob in einer Satzfrage an, ob er bis zu den Quellen des Meeres gekommen und bis in die Tiefen der Tehom umhergewandelt ist. Die Satzfrage impliziert die Verneinung, so dass Hiob weder Meer noch Urflut ergründen kann. Gottes Unerforschlichkeit für den Menschen behauptet Elihu mit + „Erforschung“ in Hi 36,26, so dass im Vergleich mit Hi 38,16 nicht mehr dasjenige, worüber Gott als Schöpfer von Anbeginn an mit 182 183
Vgl. auch Koh 12,1 mit . „dein Schöpfer“. Vgl. Kap. 3.1.2.4.
218
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Macht verfügt, sondern Gott selbst ist in Hi 36,26 dem Menschen unerforschlich. Die Theophanieschilderung in Hi 37,1–5 bereitet in V.5b mit dem Stichwort " (! „Wundertaten“ den abschließenden Teil der Elihurede mit dem sprachlichen Bezug " (! „Wundertaten Gottes“ in Hi 37,14 vor. Darüber hinaus liegt mit " #& $' „er tut Wunder“ und " (! „Wundertaten“ in 37,5b eine Parallele zu Hi 5,9; 9,10 vor. Dort sind die Begriffe im Zusammenhang von kleinen Doxologien, die Gott als Schöpfer preisen, erwähnt. Auch Hiob fasst in 42,3 Gottes Macht in und gegenüber der von ihm geschaffenen Welt wie den Tieren in seiner Schlussrede als " (! zusammen. Die Theophanieschilderung in Hi 37,1–5 ist durch einzelne Stichwortverbindungen mit der zweiten Gottesrede verbunden, zu denen im Einzelnen die folgenden Worte zählen. „Herz, Verstand“ in Hi 37,1; 41,16, "+ „Stimme“ in 37,2.4.5; 38,25.34; 40,9, der im Hiobbuch singuläre Ausdruck , "( „er geht aus seinem Mund heraus“ in 37,2b; 41,13b, die Wendung $ „unter dem ganzen Himmel“ in 37,3; 41,3, das Nomen " „Licht“ in 37,3.11.15. 21; 38,15.19.24; 41,10 sowie das Verbum ' „donnern“ in 37,4.5; 40,9. Daneben werden in Hi 37,1–5 Worte gebraucht, die ebenfalls durch einige Stichworte mit der ersten Gottesrede verbunden sind. Zu ihnen gehören. & „Toben“ in 37,2; 39,24 und %! „Flügel, Ende“ in 37,3; 38,13; 39,13.26. Für die Ausführungen Elihus sind das Nomen "+ „Stimme“ in Hi 38,25.34; 40,9 sowie die Parallele zwischen Hi 37,5 und Hi 40,9 von Interesse. Hi 38,25 belegt eine Satzfrage, die besagt: . / +w 1 w # " w ' % j &£ ( Wer hat der Regenflut den Kanal geöffnet und einen Weg der donnernden Gewitterwolke?
Gottes Anfrage nach dem Urheber von Regenflut und donnernder Gewitterwolke intendiert, dass Hiob Gott selbst als diesen Urheber erachtet. Die Fragerichtung ändert sich in Hi 38,34: w§ w '( " w .+w' w 1 Kannst Du Deine Stimme über der Wolke erheben dass eine Wassermasse Dich bedeckt?
Gott fragt von Hiob direkt, ob er die Macht über die Wolken hat, die die Negation impliziert, und in Hi 40,9 erfragt Gott die Macht über den Donner. Neben dem Wort "+ „Stimme“ liegt ein sprachlicher Bezug zwischen Hi 37,4.5 und Hi 40,9 mit dem Verbum ' „donnern“ vor, das an keiner weiteren Stelle im Hiobbuch belegt ist.
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
219
' / * .+ w w * w'. " Oder hast Du einen Arm wie Gott, dass Du mit einer Stimme wie er donnerst?
Die Satzfrage in 40,9 impliziert wie in Hi 38,34 die Verneinung, so dass Hiob weder dieselbe Macht wie Gott noch die Macht über den Donner zukommt. Die Belege von "+ „Stimme“ in den Gottesreden zeigen, dass Gott seine Macht vor Hiob in drei Anfragen demonstriert und gleichzeitig Hiobs Ohnmacht erweist. Die Vergleiche der einzelnen Textstellen in der Schlussrede Elihus wie in den Gottesreden zeigen, dass es sowohl den Gottesreden als auch der Elihurede um die Präsentation Gottes in seiner Macht und Erhabenheit geht. Jedoch liegt mit den Gottesreden eine Selbstvorstellung Gottes in seiner Macht vor, die zugleich auch die Unterwerfung Hiobs nach sich zieht, da sie von ihm die Anerkenntnis der göttlichen Macht verlangt. Diesen Aspekt belegt Elihus Schlussrede nicht. Stattdessen beschreibt sie Gottes Macht mit seiner donnernden Stimme, die zur Begründung der mangelnden Erkenntnis des Menschen in Gottes erhabene Macht herangezogen wird. Die Darstellung von Gottes Macht in Hi 36,22–37,13 ist mithilfe von Motiven dargestellt, die ebenfalls in anderen Texten des Alten Testament genannt sind. Eine Kombination von Motiven zeigen Jer 10,13; 51,16 an, die für die Entstehung des Gewitters Gott die Macht und Verantwortung geben. Wenn er mit seiner Stimme donnert, so entsteht die Wassermenge im Himmel. Wolken lässt Gott heraufsteigen, er macht Blitze für den Regen und Winde lässt Gott aus seinen Vorratskammern kommen. Ps 18,10– 20; II Sam 22 kombinieren die Motive, dass Gott im Himmel donnert, er mit seiner Stimme Hagel und Feuerkohlen bewirkt, Pfeile schickt und viele Blitze sendet. Gemäß Ps 68,9.34–36 fährt Gott durch die Himmel und lässt seine gewaltige Stimme erschallen. Seine Macht ist in den Wolken zu finden. Nach Ps 77,18f. ergießen sich Wasser aus dem Gewölk, Wolken donnern, und Gottes Pfeile fahren einher. Donner und Blitze bringen die Erde zum Wanken. In Ps 135,5–7 preist der Beter Gottes Größe und nennt JHWH größer als alle Götter. Alles, was Gott im Himmel und auf der Erde, im Meer und den Untiefen gefällt, hat Gott gemacht. Gott lässt die Wolken aufsteigen, er macht Blitze und Regen und führt den Wind aus seinen Kammern heraus. Ps 148 ruft dazu auf, dass Gottes Schöpfungswerke, zu denen auch Schnee, Wind und Sturm gehören, Gott als ihren Schöpfer preisen. Der Psalm endet mit der Aussage, dass allein Gott erhaben ist. Gottes Erhabenheit und Größe nennt auch Ps 147,5, der ebenfalls Gott für den Schnee, so V.16, und das Entsenden des Windes, so in V.18, verantwortlich macht.184 184
Dass Gott den Wind aussendet, besagt ebenfalls Ps 104,4.
220
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Für die Entstehung des Wasserkreislaufes ist Gott in Hi 36,27f. sowie in Ps 104,13 verantwortlich und er kann die Wolken ausbreiten, den Himmel mit Wolken bedecken und den Wolken befehlen.185 Gott ist als Herr über die Blitze in Ps 97,4; 144,6 genannt. Mit dem Nomen ' „Donner“ in Hi 36,33 sowie den Verben ' „donnern“ in Hi 37,4.5 und &$ „brüllen“ in Hi 37,4 nennt Elihu Gottes Donner. Mit Gott als Subjekt ist ' „donnern“ in I Sam 2,10 konstruiert, da Gott gegen seinen Widersacher im Himmel donnert, sowie in Ps 18,14; II Sam 22,14, indem Gott im Himmel donnert und als Höchster seine Stimme erschallen lässt. Von Gottes Donnerstimme sprechen ebenfalls I Sam 7,10; Ps 29,3; 104,7, indem "+ „Stimme“ und ' „donnern“ miteinander kombiniert sind. 186 Von Gottes donnernder Stimme sprechen Jer 25,30; Am 1,2; Jl 4,16 mit " "+ „seine Stimme“ und mit dem Verbum &$ „brüllen“, das ebenfalls für das Donnern des Löwen in Jdc 14,5; Am 3,4.8; Ps 104,21 gebraucht ist, so dass Gott auch wie ein Löwe in Jes 5,29f.; Hos 11,10 brüllen kann.187 Gottes Macht über einzelnen meteorologischen Phänomenen zeigt sich auch anhand seiner Befehle.188 Gott verbietet den Wolken in Jes 5,6 zu regnen und er befiehlt ihnen von oben her in Ps 78,23. Da Gott in Ps 148,5 durch sein Gebieten die Erschaffung des Himmels und der Gestirne veranlasst, ist der Beter zum Lob aufgerufen. Jes 45,12 besagt, dass Gott den gesamten Himmel mit seinen Händen ausspannt und dem gesamten Himmelsheer seine Befehle erteilt, während Ps 104,2 nur von Gottes Ausspannen des Himmels gleich einer Zeltdecke spricht.189 185
So in Jes 45,8; Ps 78,16.23.44; 105,39; 147,8; vgl. Hi 36,28f.11.12.15.18. Die Wolken sind in Ex 19,16; Ez 1,4; Ps 97,2 als Hülle Gottes verstanden und in Jes 19,1; Nah 1,3; Ps 18,10–13 bilden sie Gottes Gefährt. 186 Zu den weiteren Belegstellen des Verbums ', die nicht Gott zum Subjekt haben, gehören I Sam 1,6; Ez 27,35; Ps 96,11; 98,7; I Chr 16,32. 187 Die Motive Donner und Stimme Gottes sind neben Hi 37,4f. in Ps 18,14; II Sam 22,14; Jer 25,30; Am 1,2; Jl 4,16 belegt. Weitere Belege von &$ liegen in Jer 2,15; 51,38; Ez 22,25; Zef 3,3; Ps 22,14; 38,9; 74,4 vor. 188 Gottes Schöpfermacht durch seinen Befehl zeigt Gottes Erschaffung der Welt durch das Wort in Ps 33,6 und der priesterschriftliche Schöpfungsbericht mit den Redeeinleitungen
" in Gen 1,3.6.9.11.14.20.24.26.29. 189 Die Vorstellung, Gott als Herr über bestimmte Wetterphänomene zu bezeichnen, ist ebenfalls in anderen Kulturen des Alten Orients belegt. Im Baal-Mythos kommt Baal als Wettergott ebenfalls die Macht über einzelne meteorologische Phänomene zu: Baal hat Einblicke in Donner und Blitz, vgl. KTU 1.1 III, 49–54; KTU 1.3 III, 26–28; IV, 15b–20; 25–27. Baal soll auch die Zeit des Regens und Schnees sowie für seine Stimme in den Wolken, dh. den Donner, und die Blitze festlegen, vgl. KTU 1.4 V, 6–9, wn ap . ‘dn . m¨rh b‘l y‘dn . ‘dn . ©kt . b gl© w tn . qlh . b ‘rpt šrh . l arª brqm. Baal öffnet in den Wolken einen Spalt und bringt mit seiner Stimme die Erde zum Zittern, vgl. KTU 1.4 VII, 27–33, [.] ypt« . «ln . b bhtm . urbt b qrb . hklm [.] ypt« b‘l . bdqt [.] ‘rpt qlh . qdš [.] b‘l [.] ytn y©ny . b‘l . ª[at . ] špth qlh . q[dš . ]trr . arª ªat . [špt]h ] ¬rm. Darüber hinaus ist Baal über die Götter erhaben und herrscht als König allein über sie. Er sättigt sowohl
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
221
Der Überblick über die Darstellung der in Hi 36,22–37,13 belegten Motive über Gottes Macht in den Wetterphänomenen im Alten Testament zeigt, dass die Vorstellung von Gottes Beherrschung der meteorologischen Erscheinungen bekannt gewesen ist, es jedoch keine weitere Stelle außerhalb der Hiobkomposition gibt, die exakt dieselben Phänomene nennt wie Elihu. Die Darlegungen haben aufgezeigt, dass die Elihureden literarische Referenzen wie inhaltliche Bezüge zu den Gottesreden, auch wenn sie nicht in Frageform, sondern in indikativischen Aussagen ausgestaltet sind, intendieren. Die Beschreibung von Gottes Beherrschung des Wetters in Hi 36,27– 37,13 weist eine ähnliche Motivik wie in dem Hymnus auf Gottes Macht in der Natur in Sir 42,15–43,33 auf. 190 In Sir 42,15 (HBM) wird wie in Hi 36,24 der Werke Gottes gedacht, die mit $' „Werk“ auch in Sir 42,15.16; 43,2.28 (HB) genannt sind. Explizit spricht Sir 42,15; 43,5.10.26 (HB) von der Erschaffung durch Gottes Wort. In Sir 42,15–43,33 wird Gott als Schöpfer der Sonne mit $$ in Sir 43,1–5 (HB), des Mondes und der Mondzeiten in 43,6–8 (HB), der Sterne mit " „Stern“ und " „Licht“ in 43,9f. (HB) und des Bogens in 43,11f. (HB) erachtet. Darüber hinaus hat er die Macht über den Blitz mit + in 43,13 (HB), die Wolken mit !' in Sir 43,15 (HM); Sir 43,22 (HB), den Donner mit "' "+ und den Hagel mit # in Sir 43,16 (HM), über den Schnee mit & $ in Sir 43,17 (HBM), den Sturmwind mit ("s und 's in Sir 43,16 (HBM) und den Nordwind mit "(, " in Sir 43,20 (HB), den Reif mit "( in 43,19 (HB), den Tau mit j in 43,22 (HB), jedes stehende Gewässer mit #' in 43,20 (HB) und das Meer mit in 43,24 (HB). Diese Beschreibungen sind eingebettet in Aussagen über die Herrlichkeit Gottes mit #" in Sir 42,16.17 (HB) und seiner Allherrschaft mit " in Sir 43,27 (HB). Sie führen zu der ErGötter als auch Menschen, vgl. KTU 1.4 VII, 49–52, a«dy . d ymlk . ‘l . ilm . l ymru ilm . w nšm . d yšb [‘] hmlt . arª. Der höchste Gott El wird darüber hinaus als ewiger, weiser Gott dargestellt, so KTU 1.3 V, 30f.; KTU 1.4 IV, 41–43, t«mk . il . «km . «kmt ‘m ‘km . «yt . «t t«mk. Die Darstellung Gottes als mächtiger und erhabener Herr gestaltet Elihu rein deskriptiv aus und weist ähnliche Motive wie die in der ugaritischen Mythologie bekannten Themen auf, ist jedoch selbst nicht mythologisch gestaltet. Eine Parallele zwischen Hi 37,1–5 und KTU 1.4 VII, 29–36; 68–71 hat bereits P OPE, AncB, 279f., festgestellt. Eine Anverwandlung kanaanäischer Baal-Mythologie, wie sie für Ps 29 angenommen worden ist, vgl. SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 173, lässt sich für Hi 36,22–37,13 nicht postulieren. Zu der Wettermotivik im Alten Orient und in der Antike vgl. auch Ennjma Eliš, IV, 35–47; 105 (in ANET), in dem Marduk als Herr über die Bögen, Pfeile, Keulen, Blitze, Winde und Stürme beschrieben wird. Darüber hinaus sind Götter Herrscher des Himmels in HOMER, Ilias 10.278; 12.156; 12.235; 12.275f.; 17.547–550; 19.121; 20.197–198; H OMER, Odyssee 20,103–104; HORAZ, Oden 1.2.2–3; 3.5.1–2; P LINIUS, Naturalis Historia 2.18, genannt. Zu einzelnen Motiven des Gottesbildes in Israel und Griechenland vgl. BROWN, Israel, 54–80. 190 Vgl. auch NEWSOM, Hymn, 160–174; VERMEYLEN, Créateur, 766.
222
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
kenntnis, dass der Mensch Gott aufgrund seiner Größe, die über seine Werke hinausgeht, nicht begreifen und daher Gott lediglich gepriesen werden kann. Die Motive des Lichtes, des Blitzes, der Wolken, des Donners, des Sturm- und Nordwindes und des Schnees sind in Elihus Schlussrede und dem Hymnus in Sir 42,15–43,33 identisch. Es fällt jedoch auf, dass Elihu ausführlich den Regen erwähnt, der bei Sirach fehlt, zudem fügt Sirach mit Sonne und Mond die Tageszeiten sowie das Firmament mit den Gestirnen als Herrschaftsbereich Gottes ein. Sirach erwähnt mit Hagel, Reif, Tau weitere Wetterphänomene sowie Gewässer und Meer, die Gottes Macht veranschaulichen. Herrlichkeit und Allmacht Gottes bleiben bei Elihu ungenannt. Die Texte in Elihus Schlussrede und in Sirach scheinen auf dieselben, bekannten Motive zurückzugreifen. Die Ausführungen über Gottes Macht in der Elihurede ist dabei jedoch gezielt als Vorbereitung der anschließenden Gottesreden gestaltet. Elihu beabsichtigt in der Schlussrede in ihrer dritten Fortschreibung in Hi 36,22–37,14 sowie in Hi 37,15–19 Gottes Erscheinen im Sturmwind in dreifacher Weise vorzubereiten. Dies gelingt ihm zum einen durch die Wortbezüge, die sich zwischen Hi 36,22–33; 37,1–13 nachweisen lassen. Elihus Ausführungen sind durch indikativische Aussagen gekennzeichnet, die Gottes Macht und Erhabenheit gegenüber den meteorologischen Erscheinungen explizieren. Mit dieser Darstellung begründet Elihu, dass menschliches Erkennen über Gott begrenzt und kein Mensch imstande ist, vollständige Einsicht in das Tun und Walten Gottes gegenüber den Wetterphänomenen zu erlangen. Die Theophanie Gottes im Gewitter in Hi 37,1–5 bereitet zum anderen Gottes Erscheinen im Sturmwind vor. Mit der Theophanie zeigt sich, dass Gott über seine Macht hinaus, die er in den Wetterphänomenen ausübt, selbst auch im Gewitter erscheint, so dass seine Erscheinung im Sturmwind weniger überrascht, als es nach der Dialogdichtung der Fall ist. Darüber hinaus bereiten die an Hiob gerichteten Anfragen in Hi 37,15–19 stilistisch die Anfragen Gottes vor, die in Hi 38f. folgen. Das Fazit der Elihureden besteht in Hi 37,23f. Elihu vertritt die Ansicht, dass Gott zu fürchten ist, und es ist anzuerkennen, dass Menschen Gott nicht finden können. Gott ist in seiner Erhabenheit und Macht, Gerechtigkeit und Transzendenz unerreichbar, jedweder menschlichen Verfügung entzogen und daher auch in der Lage, den weisen Menschen nicht zu beachten.191 Gottes Gerechtigkeit und Souveränität sind abschließend miteinander verbunden. Menschen sind zwar zur Einsicht imstande, können allerdings Gott nicht ganz erkennen, so dass Gott dem Menschen letztlich verborgen bleibt. Das Walten des machtvollen, erhabenen und gerechten Herr191 Siehe auch Koh 9,2 und die inhaltliche Parallele zu Hi 37,23f. In Hi 37,23f. fehlt jedoch die spezifische Profilierung und Differenzierung der Personengruppen, die für Koh 9,2 charakteristisch ist.
3.4 Die dritte Fortschreibung: Transzendenz und Gottesfurcht
223
schers bleibt dem Menschen unerforschlich und seine Wege sind ihm uneinsichtig und unverständlich.192 Mit der Gottesfurcht ist eine Idee in die Elihureden eingetragen, die auf das Epitheton Hiobs
„gottesfürchtig“ in Hi 1,1.8.9; 2,3 verweist. Fordert der Satan Gott mit der Aussage in 2,3 heraus, dass Hiobs Gottesfurcht umsonst sei, weil sie ihm nicht sein Wohlergehen, d.h. seinen Besitz und seine Familie sichert und gewährt, so beschließt Elihu seine Reden mit der Aufforderung zur Gottesfurcht. Die Gottesfurcht erweist sich gerade als eine angemessene Haltung Gott gegenüber, wenn Gott als erhaben in seiner Macht sowie als gerecht vorgestellt wird. In Hi 28,28 endet das Lied über die Weisheit ebenfalls mit dem Aufruf zur Gottesfurcht durch !# „Furcht des Herrn“ und erkennt sie als Weisheit an. Gottesfurcht impliziert, dass der Mensch sich als Geschöpf Gottes versteht (35,10) sowie Gottes Macht als Schöpfer anerkennt (36,22–37,14). Sofern der Mensch in Not gerät, bedeutet die Erkenntnis in die eigene Geschöpflichkeit, dass der Mensch sich an seinen Schöpfer wendet und ihn im Lobgesang anruft. In dem an Gott gerichteten Lobpreis zeigt sich das Vertrauen, das der Mensch seinem Schöpfer entgegenbringt. Das Vertrauen auf Gott ist nicht nur im Lobpreis in der Not (35,10), sondern auch im Gesang des Menschen über Gottes Werk enthalten (36,24f.). Das Handeln Gottes lässt sich jedoch vonseiten des Menschen nicht beeinflussen, sondern der Mensch muss geduldig warten, bis Gott reagiert. Entsprechend kann Gott auch weisen Menschen gegenüber seine Rettung, Hilfe und Zuwendung unterlassen. Die Gottesfurcht bedeutet vonseiten des Menschen, sich von Gott erziehen zu lassen (33,15–19; 34,32; 36,5–15.22), gnädige Zuwendung durch den Engel zu erhalten (33,23f.) sowie Gerechtigkeit durch Gott nach körperlicher Restitution wieder zu erlangen (33,26). Die Gottesfurcht enthält als entsprechende Reaktion auf Gottes Gerechtigkeit das Bekenntnis der eigenen Sündhaftigkeit (33,27f.) sowie die Anerkenntnis der Gerechtigkeit Gottes (34,5f.10–32), so dass Gott nicht ins Unrecht gesetzt wird (34,5f.; 35,2f.). Ein gottesfürchtiges Leben impliziert, dass ein leidender Mensch sich nicht als Frevler verhalten sollte, da ihm dann Gottes Gericht droht und er zerschlagen wird (34,26–28). Stattdessen sollte er ein Elender sein (36,5–15), der aus seinem Elend durch Gott befreit wird, sofern er von seinen schlechten Taten umkehrt und sich Gott zuwendet. Diese Vorstellung liegt auch dem Gesang der Loblieder, die der notleidende Mensch in der Nacht singt, zugrunde. Die mit Gerechtigkeit Gottes und Sündhaftigkeit des Menschen implizite Unterscheidung von Gott und Mensch setzt sich in der Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf fort, die der Mensch ebenfalls anzuerkennen hat (35,10). Sowohl Elihu, der sich selbst in seiner Selbsteinführung als weise vorgestellt hat, als auch das 192
Vgl. FOHRER, KAT, 485; MENDE, Leiden, 137.
224
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
weise Auditorium Elihus können durch ein Geschick wie das Hiobs getroffen werden, denn auch weisen Menschen kann Gott entzogen bleiben. Weisheit und Erkenntnis führen nicht dazu, dass ein Mensch vom Leiden verschont wird. 3.4.3 Autorenkreis Der Autorenkreis der dritten Fortschreibung gestaltet die drei Monologe in vier Reden Elihus. Er nimmt eine Fortschreibung der Rechts- und Gerechtigkeitsthematik der zweiten Fortschreibung vor, die zum einen in der expliziten Gerechtigkeit Gottes in Hi 34, zum anderen in Gottes Transzendenz und Unverfügbarkeit in Hi 35 besteht. Ist dem Menschen Gerechtigkeit in der zweiten Fortschreibung abgesprochen, vertritt der Autorenkreis der dritten Fortschreibung sowohl menschliche Sündhaftigkeit als auch menschliche Gerechtigkeit, jedoch bleiben sie vor Gott ohne Einfluss. Der Autorenkreis fragt nach einer angemessenen Reaktion des Menschen im Leiden. Sie besteht in der Gottesfurcht und in dem Gottvertrauen. In Zeiten der Not reagiert der Mensch idealerweise mit seiner Hinwendung zu Gott, indem er ihn als seinen Schöpfer anruft. Gottesfurcht bildet diejenige weisheitliche Erkenntnis für den Menschen im Leiden.
3.5 Weitere Zusätze und Glossen in den Elihureden: der Frevler Hiob 3.5 Weitere Zusätze und Glossen: der Frevler Hiob Die dreifach bearbeiteten Elihureden werden durch einzelne weitere Zusätze ergänzt, die weder die Komposition der Elihureden noch ihr theologisches Profil wesentlich verändern. Zu den Ergänzungen zählen die Verurteilungen Hiobs in Hi 34,7–9.34f.; 35,16, die Glosse in Hi 33,15 sowie die Theophanie Gottes in Hi 37,20–22. In Hi 34,7–9 nimmt Elihu die abschließende, in Hi 34,36f. ausgesagte Verurteilung Hiobs bereits vor seinen inhaltlichen Ausführungen vorweg. Die rhetorische Frage in 34,7 folgt dem Zitat Hiobs in 34,5f. Die in 34,8 anschließende Aussage, dass Hiob ein Frevler und Unheiltäter ist, zeigt an, dass Elihu der Selbsteinschätzung Hiobs aus Hi 34,5f. widerspricht. Nun ist Hiob zum Frevler erklärt. Wie in 34,5 so ist Hiob namentlich in 3.P.Sg. in 34,7 genannt. Hiob kann sich nach Elihus Meinung nicht als gerecht bezeichnen. Ist dies erst im Verlauf der Rede in Hi 34 in der zweiten und dritten Fortschreibung implizit deutlich geworden, so expliziert Elihu Hiobs Ungerechtigkeit und die mit ihr einhergehende Verurteilung Hiobs in Hi 34,7–8. Mit Hi 34,9 liegt ein weiteres Zitat Hiobs vor, in welchem er den Nutzen seines Gottesverhältnisses anfragt. Bevor Elihu seine Thesen, dass Gott fern von Urecht und Frevel ist und er darüber hinaus das Recht
3.6 Zusammenfassung
225
weder beugt noch krümmt, bekundet, positioniert er sich mit einer vorwegnehmenden Verurteilung Hiobs in 34,7–9. Das abschließende Urteil in Hi 34,36f. ist um eine Einleitung und eine weitere Verurteilung Hiobs in Hi 34,34f. ergänzt. Sein in Hi 34,2.10 adressiertes weises Auditorium gelangt zu dem Schluss, dass Hiob weder mit Einsicht noch mit Weisheit redet. Gegenüber der Adressierung ist in Hi 34,34 eine reflektierende Perspektive gewählt, da die weisen Personen nun in 3.P.Pl. eingeführt werden. Wie in Hi 34,5.7 ist Hiob mit Namen genannt und in 3.P.Sg. im Unterschied zu der vorangegangenen Anrede in 2.P.Sg. in Hi 34,16f.33 erwähnt. Zudem fällt in den Versen Hi 34,34–37 auf, dass sowohl in V.35 als auch in V.36 Hiob mit Namen genannt ist. Ebenfalls wird die dritte Rede Elihus in Hi 35,16 um ein abschließendes Urteil über Hiob ergänzt, das durch seine namentliche Nennung in 3.P.Sg. gegenüber der in Hi 35,2–15 üblichen namenlosen Adressierung Hiobs auffällt. Elihu verurteilt Hiob als unweise. Hi 33,15 wird nun auch als Trikolon gestaltet und fokussiert durch die wörtliche Parallele zu Hi 4,12 die thematische Nähe zur Eröffnungsrede Eliphas.
3.6 Zusammenfassung 3.6 Zusammenfassung Die Kompositionsgeschichte der Elihureden beginnt mit einer einzigen Rede als Grundschicht in Hi 32–37. Die ursprünglich eine Elihurede wird mit Hi 32,1.6 als kurzer narrativer Einleitung eröffnet, um Elihu als neuen Redner einzuführen und das Ende der Dialogdichtung anzuzeigen. Sie setzt mit der Selbstvorstellung Elihus in Hi 32,6–10.18–22 fort und schließt mit der Adressierung Hiobs in Hi 33,1–8 an. Die Selbstvorstellung Elihus formuliert, dass in jedem Menschen Geist ist und Gottes Atem jede Person zur Erkenntnis befähigt (32,8). Nicht mehr hohes Alter, sondern die Geistbegabung eines Menschen bilden die Voraussetzung für Weisheit und Erkenntnis (32,7–9). Weisheit und Einsicht sind nicht an eine umfassende Lebenserfahrung oder an hohes Alter gebunden, sondern allein die Geistbegabung zeichnet einen Menschen als weise aus. Elihu erachtet Gott als seinen Schöpfer (32,22) und versteht sich selbst durch Gottes Geist als Geschöpf (33,4). Nach dieser Eröffnung wendet sich Elihu in Hi 33,9–11 Hiob und seinen Äußerungen über seine Unschuld mit einem angeblichen Zitat zu. Elihu zitiert Hiob jedoch nicht direkt, sondern interpretiert seine Aussagen. Mit der Zitierung der Unschuld Hiobs liegt ein Rückverweis auf Hiobs Unschuldsbehauptungen als zentrales Motiv der Dialogdichtung vor. Elihu widerspricht Hiobs Äußerungen vehement und formuliert stattdessen seine Antwort auf Hiobs Leiden.
226
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Nimmt Hi 32,8 Geist und Atem Gottes als Grundlage für Erkenntnis und Weisheit des Menschen an, so differieren Hi 33,15–30 von dieser Annahme. Traum, Vision und Krankheit bilden Gottes Offenbarungs- und Erziehungsmedien für den Menschen. Mit Träumen und Visionen bringt Gott den Menschen von seinen schlechten Taten und vom Stolz ab und in der Krankheit gibt Gott sich dank der gnädigen Zuwendung des Engels als befreiender Gott zu erkennen. Traum, Vision und Krankheit enthalten das Potential zur Gotteserkenntnis. Liegt der alttestamentlichen Weisheitsliteratur die Einsicht zugrunde, dass Welt- und Gotteserkenntnis einander bedingen, so gibt es keine Gotteserkenntnis in der Welterkenntnis des Menschen. Mit dieser Vorstellung adaptiert Elihu die Unterscheidung von Gott und Welt, die eine Komplementarität von Gottes- und Weltkonzeptionen verbietet. Stattdessen führen Träume und Visionen, die dem Menschen in passiver Weise zugänglich sind, zu Gotteserkenntnis. In Träumen, Visionen und Krankheit geschieht eine Begegnung mit Gott, so dass Gotteserkenntnis für den leidenden Menschen möglich wird. Gottes Offenbarungsmedien Traum, Vision und Krankheit dienen der Erkenntnis für ein einziges Individuum und lassen sich nicht verallgemeinern. Für diese weisheitliche Erkenntnislehre über Gottes Offenbarungen für den leidenden Menschen benötigt Elihu weder einen einzelnen Traum noch eine bestimmte Visionsschilderung noch eine konkrete Krankheit. Stattdessen erhalten nächtliche Träume und Visionen eine positive Würdigung, indem sie als göttliche Offenbarungsmittel anerkannt werden. Gottes Offenbarungsmedien eröffnen dem weisheitlichen Denken im Alten Testament die Möglichkeit, dass Weisheit und Erkenntnis erfahrbar werden. Die zum Tode führende körperliche Krankheit des Menschen bildet ein Offenbarungsmedium Gottes zur Erziehung des Menschen und kann zu Restitution, Befreiung und neuem Leben führen. In der Todesbedrohung des Menschen kann ein Engel als Fürsprecher vor Gott auftreten und dem leidenden Menschen seine Aufrichtigkeit mitteilen. Der Engel wendet sich dem Menschen gnädig zu und bewirkt aufgrund des Lösegeldes seine Befreiung von der Krankheit. Weder eine Umkehr noch eine Hinwendung des Menschen zu Gott ist zuvor notwendig. Eine gnädige Zuwendung zum leidenden Menschen durch einen Mittler fehlt in der Hiobdichtung, auch Hiobs Freunde erweisen keine Gnade. Die gnädige Zuwendung des Engels zum Menschen bildet die Grundlage für die anschließende Restitution und Befreiung des Menschen in Hi 33, durch die neues Leben möglich wird. Die Passage weist sprachliche, inhaltliche und motivliche Parallelen zur zweiten Himmelsszene in Hi 2,1–7, in der Gott mit dem Satan paktiert und für Hiobs Leiden verantwortlich gemacht wird, auf. Hi 33 bietet eine Neuinterpretation. Der Engel tritt als Fürsprecher für den vom Tod bedrohten Menschen ein und verursacht durch die Mitteilung der Aufrichtigkeit, die
3.6 Zusammenfassung
227
gnädige Zuwendung und das Lösegeld die Restitution des Menschen und seine Befreiung zu neuem Leben. Dabei wird das Handeln des Engels dem Tun Gottes untergeordnet. Elihu unternimmt einen Perspektivwechsel in der Wahrnehmung von Leiden und im Umgang mit Leiden. Eine Erziehung im Leiden führt zu einer Befreiung vom Leiden. In der Leiderfahrung ist eine Gottesbegegnung möglich, die zur Befreiung vom Leiden führen kann. Körperliche Restitution und die Befreiung zu neuem Leben bilden das Ziel, das Elihu mit seinem Perspektivwechsel in den Blick nimmt. Die Vorstellung von Gott als Schöpfer nimmt Elihu im zweiten Teil der Grundschicht auf. Gottes Schöpfungshandeln beschränkt Elihu auf die meteorologischen Phänomene in Hi 36,27–33; 37,6–13. Diese werden als Gottes Wundertaten zusammengefasst. Elihu stellt Gottes Erhabenheit und Macht gegenüber den Wetterphänomenen in beschreibenden Aussagen dar. Literarische Verbindungen zu Hi 38f. deuten darauf hin, dass im zweiten Teil der Elihurede eine Vorbereitung Hiobs auf Gottes Erscheinen im Sturmwind und seine erste Rede gegeben wird. Die dort an Hiob gerichteten Fragen implizieren Antworten, die Elihu im zweiten Teil seiner Rede als Aussagen über Gottes Macht formuliert. In der Grundschicht der Elihureden stehen die Menschenschöpfung auf der einen und Gottes Schöpfermacht über die Wetterphänomene auf der anderen Seite unverbunden nebeneinander. Die erste Fortschreibung der Elihurede betont den Antwortcharakter der Rede (32,11–17) und grenzt Elihus Erwiderung von den Reden der Freunde Hiobs ab. Die Elihurede wird durch das Leitwort !' „antworten“ in der Selbsteinführung Elihus zur autoritativen Antwort stilisiert. Elihus Antwort erhält nun gegenüber den Antworten der Freunde Hiobs eine gültige Autorität. In Hi 36,5–15 sind die Gedanken der Erziehung im Leiden und der Befreiung vom Leiden wie in der Grundschicht thematisiert. In Hi 36 versteht Elihu jedoch Leiden als Elend. Hiob hat seine Leidenssituation auch als Elend bezeichnet, seine Freunde haben diese Ansicht allerdings nicht aufgegriffen oder vertreten. Der leidende Mensch wird in Hi 36 nur nach erfolgter Umkehr von seinem Leiden befreit. Gottes Erziehung verlangt, dass der Mensch von seinen schlechten Taten umkehrt und sich Gott und seiner Lehre zuwendet. Erst unter diesen Voraussetzungen ist die Befreiung vom Leiden möglich. Diese Kombination aus Erziehung im Leiden und Befreiung vom Leiden auf der einen Seite und der vorausgesetzten Umkehr des Menschen auf der anderen Seite impliziert, dass Frevler, Gottlose und diejenigen, die auf Gottes Erziehung nicht hören, umkommen. Gottes gerechte Vergeltung ist durch das unterschiedliche Verhalten der Menschen zu Gottes Lehre inkludiert, ohne allerdings Gottes Gerechtigkeit zu explizieren.
228
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Gerechtigkeit und Recht kennzeichnen die zweite Fortschreibung der Elihurede. Die Frage, ob ein Mensch vor Gott gerecht sein kann, und die Darstellung Gottes als gerechten Herrscher charakterisieren ihr Profil. Gerechtigkeits- und Rechtsvokabular bilden ihre Leittermini. Aufgrund der Einfügung einer eigenständigen und neuen Rede Elihus, die mit den weisen Personen ein von Hi 32f. und Hi 36f. verschiedenes Auditorium aufweist, ist die ursprünglich einzige Rede und Antwort Elihus in drei Monologe in Hi 32f.; 34*; 36f.* umgewandelt. Elihu wird weiterhin als weiser Redner eingeführt, jedoch ist er auch zornig über Hiob, der seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet hat, und über seine Freunde, die Gott zum Frevler erklärt haben. Wie Gott in Hi 42,7 verärgert über Hiobs Freunde ist, so zürnt Elihu über sie. Die Behauptung der eigenen Gerechtigkeit vor Gott erachtet Elihu als unmöglich (32,2–5; 34,2–6). Denn Gott selbst ist gerecht und gibt seine Gerechtigkeit dem Menschen zurück (33,26–28). Die körperliche Restitution ist um die Wiederherstellung des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch erweitert. Erst mit der zurück erhaltenen Gerechtigkeit ist der Mensch imstande seine eigene Sündhaftigkeit, nicht seine Gerechtigkeit, zu erkennen und Gott als seinen Befreier anzuerkennen. Des Weiteren erörtert Elihu die Rechtssache Hiobs (Hi 34*) und formuliert entgegen Hiobs Unschuld und Gottes Unrecht, dass Gott sich an sein Recht hält und nicht zum Frevler macht. Gottes Recht, Gerechtigkeit und seine Wohlordnung der Welt stehen in Elihus Interesse. Dies zeigt sich auch in Gottes Gerichtshandeln an mächtigen, frevelnden und gottlosen Personen. Den Frevler trifft das Gericht wegen seines fehlenden Sozialverhaltens und aufgrund seiner Gottlosigkeit. Mit dem Untergang der Frevler im Gericht Gottes ist Gottes Vergeltung angedeutet. Elihu verurteilt Hiob abschließend und erachtet ihn nicht als gerecht, sondern implizit als einen Frevler. In die Darstellung über Gottes Recht und Gericht integriert Elihu die Vorstellung, dass Gott ein mächtiger Schöpfer über der Schöpfung und den Lebewesen auf ihr ist. Elihu nimmt die Behauptungen der Unschuld Hiobs auf, ohne sie jedoch wie in der Dialogdichtung mit Hiobs moralischer Integrität und seiner Forderung nach einem Rechtsstreit mit Gott zu verbinden, und interpretiert sie neu. Die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott wendet Elihu auf Hiob hin an, verneint sie und behauptet stattdessen Gottes Gerechtigkeit. Elihu widerspricht den Unschuldsbehauptungen Hiobs und postuliert Gottes Gerechtigkeit, mit deren Hilfe der Mensch wieder in ein ihm entsprechendes Gottesverhältnis gerückt wird (33,26–28). Dieser körperlich restituierte und in seiner Gottesbeziehung wiederhergestellte Mensch reagiert mit der Anerkenntnis seiner eigenen Sündhaftigkeit. Gerechtigkeit ist allein ein Prädikat Gottes, während der Mensch durch Sündhaftigkeit
3.6 Zusammenfassung
229
gekennzeichnet ist. Der Begriff Gerechtigkeit dient nicht zur Beschreibung des Verhältnisses des Menschen zu Gott. Die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott findet in der dritten Fortschreibung eine weitere Erörterung. Sie ist Anknüpfungspunkt in der dritten, neu eingefügten Rede Elihus in Hi 35,1–15. Die Argumentation Elihus gestaltet jedoch im Unterschied zur zweiten Fortschreibung Gottes Transzendenz und Souveränität auf der einen und menschliche Gerechtigkeit und Sündhaftigkeit auf der anderen Seite aus. Menschliches Handeln, sei es sündig oder gerecht, beeinflusst Gott nicht, sondern die Mitmenschen. Gott ist hingegen transzendent und dem Menschen unverfügbar. Dies hat Auswirkungen auf das Verhalten eines leidenden Menschen. In Zeiten der Not besteht die dem Menschen angemessene Reaktion auf Gott in der Hinwendung zu Gott als seinem Schöpfer. Der leidende Mensch soll sich mit Lobgesängen an Gott wenden. Eine Erwiderung durch Gott in der Not und eine Besserung können ausbleiben. Denn Gott bleibt als transzendenter und souveräner Schöpfer dem Menschen unverfügbar. Dem Menschen bleiben die Lobgesänge und das geduldige Warten auf Gottes Eingreifen. Das Gottvertrauen in der Not und die Hinwendung des Menschen zu seinem Schöpfer bilden die der Geschöpflichkeit des Menschen angemessene Reaktion auf Gott im Leiden. Des Weiteren ist die dritte Fortschreibung durch eine Anrede an Hiob gekennzeichnet (34,16– 22; 36,16–21; 37,15–19). Gottes Gerechtigkeit wird in die Wohlordnung der Welt einbezogen und an Hiob gerichtet (34,16–22), Hiob wird vor Selbstüberheblichkeit gewarnt (36,16–21) und er wird durch Elihus Anfragen auf Gottes Fragen in Hi 38f. vorbereitet (37,15–19). Die Thematik der Transzendenz Gottes gestaltet Elihu in seiner Schlussrede ebenfalls aus. Indem die mangelnde Erkenntnisfähigkeit des Menschen in Hi 36,26; 37,5 betont vor die Ausführungen über Gottes Beherrschung der Wetterphänomene gestellt wird, pointiert Elihu die Aussage über Gottes souveräne Transzendenz in der Schöpfung. Die Beschreibung von Gottes Theophanie in Donner und Licht unterstützt des Weiteren Gottes Transzendenz und Souveränität im Wetter (37,1–5). Neben dem Gottvertrauen und der Hinwendung des Menschen zu seinem Schöpfer mit Lobgesängen (35,9–13) erwähnt Elihu die Gottesfurcht als abschließende und angemessene Reaktion des Menschen auf Gott (37,23f.). Angesichts von Gottes Erhabenheit, seinem Recht und seiner Gerechtigkeit gilt es für jeden Menschen Gott zu fürchten. Auch geistbegabte Weisheit und Erkenntnis führen nicht dazu, dass Gott einen Menschen vom Leiden verschont. Ein Geschick wie Hiob kann ebenfalls weisen Personen widerfahren. Die weiteren Zusätze und Glossen verurteilen Hiob explizit als Frevler. Die sich durch die Fortschreibungen hindurch ziehende Entwicklung, Hiob als gottlos anzusehen, wird nun expliziert.
230
Kapitel 3: Komposition der Elihureden und ihre theologischen Profile
Die Entstehung der Elihureden wird in spätpersischer Zeit stattgefunden haben. 193 Die Grundschicht der Elihureden setzt bereits das Korpus aus Dialogdichtung und Rahmenhandlung voraus und hat nicht selbständig als literarischer Text unabhängig von der Hiobkomposition existiert. Die ursprünglich einzige Elihurede ist vermutlich bereits in spätpersischer Zeit in die bis dahin vorliegende Hiobkomposition eingearbeitet worden. Die weiteren Fortschreibungen und ihre Umgestaltung der einen Rede in vier Monologe Elihus wird im 3.Jh. v.Chr. in hellenistischer Zeit abgeschlossen gewesen sein.
193
Zum Entstehungszeitraum der Elihureden vgl. ausführlich Kap. 1.4.
KAPITEL 4
Theologie der Elihureden Das Hiobbuch beschäftigt sich mit den Kontingenzerfahrungen im Leben des integeren, aufrichtigen und gottesfürchtigen Mannes Hiob. Charakterisiert die Rahmenhandlung in Hi 1–2 Hiob als einen geduldigen und demütigen Protagonisten, entwirft die Dialogdichtung in Hi 3–31 das Bild eines Mannes, der beharrlich seine Unschuld behauptet und Gott als seinen Feind erachtet. Hiobs Glaube an einen gnädigen, gerechten und befreienden Gott ist in die Krise geraten.1 In diesem Problemhorizont wird eine Auseinandersetzung um Gott notwendig, die die Elihureden darlegen. Die Reden Elihus entfalten in Hi 32– 37 eine Vorstellung von Gott und skizzieren ein Gottesbild, das Gnade, Gerechtigkeit und Befreiung integriert. Dieses wird durch Elihus Gedanken von Gottes Erziehung im Leiden möglich, die die Befreiung vom Leiden bewirkt. Durch die Betonung von Gottes Schöpfertätigkeit, seiner souveränenen Herrschaft sowie der Erziehung im Leiden und der Befreiung vom Leiden plädiert Elihu für eine neue Wahrnehmung Gottes innerhalb der Hiobkomposition und nimmt einen Perspektivwechsel sowohl im Gottesbild als auch im Menschenbild angesichts von Leidenssituationen vor. Mit dieser Ausführung nimmt Elihu eine eigene theologische Akzentsetzung in der Hiobkomposition vor. Durch Fortschreibungen sind die Elihureden zu den vier Monologen geworden.
4.1 Erziehung im Leiden 4.1 Erziehung im Leiden
Die Vorstellung von Gottes Erziehung im Leiden kombiniert Elihu in Hi 33,15–30 mit dem Befreiungshandeln Gottes, das dem leidenden Menschen neues Leben ermöglicht. Diese Kombination stellt eine Erneuerung weisheitlichen Denkens in der Hiobkomposition dar und ermöglicht Elihu weisheitliche Erkenntnis in der Krise anzunehmen. Gottes Offenbarungsund Kommunikationsmedien Traum, Vision und Krankheit können die Befreiung vom Leiden bewirken. 1
Vgl. zum Problemhorizont des Hiobbuches Kap. 1.1, siehe auch VON RAD, Weisheit, 267–292; insbesondere 286.
232
Kapitel 4: Theologie der Elihureden
Träume und Visionen bilden in Hi 33,15–18 Gottes Offenbarungsmittel, durch die Gott den Menschen von Stolz und schlechten Taten abbringt. In Träumen und Visionen geschieht eine Begegnung mit Gott, die auch dem leidenden Menschen Gotteserkenntnis zugänglich macht. Träume und Visionen sind strikt auf den einzelnen Menschen ausgerichtete Offenbarungsmedien, die sich nicht verallgemeinern lassen. Eine bestimmte Traumoder Visionsschilderung ist für Elihu nicht notwendig, sogar irrelevant. Denn Elihu ist an Gottes Erziehung als Intention von Traum und Vision interessiert. Dies zeigt sich darin, dass in den Elihureden die für Gottes Offenbarung bekannte Formulierung &" „er öffnete das Ohr“ und das Nomen s" „Erziehung“ miteinander kombiniert werden. Durch Traum und Vision wird der Mensch von Stolz und schlechten Taten befreit. Elihu nimmt daher eine wohlwollende Würdigung von Träumen und Visionen ein. Mit diesem grundsätzlich positiven Verständnis nimmt Elihu einen Perspektivwechsel gegenüber Hi 4,12–21; 7,14 und 20,8 in der Hiobkomposition vor. In Träumen und Visionen liegt für den einzelnen Menschen das Potential zu seiner Erziehung und zur Begegnung mit Gott. Elihu richtet den Blick auf die Gottesbegegnung und die daraus resultierende Befreiung des Menschen von Stolz und schlechten Taten. Träume und Visionen erhalten eine positive Würdigung und bekommen durch Elihu ihre Legitimierung als göttliche Offenbarungsmittel im spätnachexilischen, weisheitlichen Milieu. Neben den Träumen und Visionen besteht in der zum Tode führenden Krankheit des Menschen in Hi 33,19–30 ein weiteres Offenbarungsmittel Gottes, durch das der Mensch erzogen wird. Hi 33,19–22 beschreiben den sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustand des Menschen, dem der Tod droht. In der Todesbedrohung kann ein Engel als Fürsprecher für den Menschen vor Gott auftreten. Der Engel teilt dem leidenden Menschen die Aufrichtigkeit des Menschen mit (V.23). Ohne vorherige Umkehr oder Hinwendung des Menschen zu Gott ist der Engel dem Menschen gnädig (V.24). Der Engel bewirkt in einer an Gott gerichteten Bitte aufgrund des gefundenen Lösegeldes die Befreiung des Leidenden. In der gnädigen Zuwendung zum Menschen weist der Engel göttliche Züge auf. Es folgt die körperliche Restitution des Menschen (V.25). Das vermittelnde Tun des Engels hat zum Erfolg geführt und der Mensch ist von seiner Krankheit befreit. Auch wenn die körperliche Restitution des Menschen stattgefunden hat, ist das Befreiungsgeschehen noch nicht zum Ende gekommen. Die Fürsprecherfunktion des Engels zeigt sich erneut in einer an Gott gerichteten Bitte (V.26). Darauf folgt Gottes freundliche Zuwendung, er zeigt sein Angesicht in Jubel und gibt dem Menschen seine Gerechtigkeit zurück. Gerechtigkeit ist nicht im Sinne von Hiobs Unschuldsbeteuerungen oder seiner Behauptungen, im Recht zu sein, verwendet. Es ist vielmehr eine Form göttlicher Gerechtigkeit oder Gottes treuer Hilfe
4.1 Erziehung im Leiden
233
und Zuwendung gemeint, die die Gottesbeziehung des Menschen wieder zurecht rückt. Darauf folgt ein Sündenbekenntnis des restituierten Menschen, der seine Sündhaftigkeit erkennt und Gott für die Befreiung dankt (Vv.27–28). Das Tun des Engels wird am Ende dem Handlungsbereich Gottes zugeordnet (Vv.29–30). Eine gnädige Zuwendung zum leidenden Menschen, sei es von Gott oder von einem Engel, um die Befreiung vom Leiden zu erwirken, belegt die Hiobkomposition nicht. Bildad fordert zwar Hiob auf, bei Gott um Gnade zu flehen (Hi 8,5), und Hiob bittet seine Freunde, dass sie ihm gnädig sind (Hi 19,21), doch die Vorstellung des gnädigen Handelns eines Engels hat außerhalb der Elihurden in der Hiobkomposition keinen Stellenwert. Die gnädige Zuwendung bleibt dem Engel vorbehalten, ohne dass Gott selbst am leidenden Menschen seine Gnade erweist. Jedoch verantwortet Gott die aus der Gnade resultierende körperliche Wiederherrstellung des Menschen und seine Befreiung zum Leben. Diese Gnadenvermittlung ist signifikant, da die gnädige Zuwendung zum Menschen im Alten Testament meist unmittelbar von Gott ausgeht.2 Die bedingungslose, gnädige Zuwendung des Engels zum leidenden Menschen, der vom Tod bedroht ist, bildet einen neuen Gedanken in der Hiobkomposition. Sie stellt eine gezielte Reaktion auf Hiobs Reden, die Elihu mit den Unschuldsbehauptungen in Hi 33,9–11 einführt, dar. Die Gnade des Engels und Gottes Befreiung des leidenden Menschen gelten in Elihus erster Rede selbst demjenigen, der seine Unschuld beteuert und Gott als seinen Feind erachtet. Dem Engel kommt eine besondere Funktion als Fürsprecher zwischen Gott und Mensch zu, die sich neben der Gnade auch in dem Lösegeld zeigt. Durch das gefundene und die Befreiung bewirkende Lösegeld fungiert der Engel als repräsentativer Stellvertreter vor Gott. Wie Hi 33,23f. überliefern auch Jes 43,4f. und Ps 49,8 die Vorstellung von einem Befreiungsgeschehen, das aufgrund von Lösegeld geschieht. Mit dem Engel als Fürsprecher für den leidenden Menschen liegt ein neues Verständnis der Fürbitte in der Hiobkomposition vor. Hält in Hi 42,8–10 der leidende Hiob selbst für seine Freunde Fürbitte, ist es in Hi 33 unmöglich, dass die leidende Person Fürbitte einlegt. Der Engel vermittelt vielmehr aufgrund der Gnade und des Lösegeldes die Befreiung vom Leiden und erwirkt neues Leben für den leidenden Menschen. Die Passage in Hi 33 mit dem Engel als Fürsprecher bietet eine Neuinterpretation zur zweiten Himmelsszene in Hi 2,1–7. Diese Neuinterpretation ist durch sprachliche, inhaltliche und motivliche Parallelen gestützt. In Hi 2 paktieren Gott und Satan miteinander, Gott verursacht und verantworVgl. zum Gebrauch des Verbums ! „gnädig sein“ im AT die Ausführungen in Kap. 3.1.2.3. 2
234
Kapitel 4: Theologie der Elihureden
tet, vermittelt durch das Handeln des Satans, das Leiden Hiobs. Die Passage in Hi 33 hingegen beschreibt, dass Gott den leidenden Menschen, vermittelt durch die Gnade und das Lösegeld des Engels, restituiert, ihm Gerechtigkeit zurückgibt und zu neuem Leben befreit. Gottes Erziehung und die gnädige Zuwendung des Engels im Leiden zielen auf Gottes Befreiung des leidenden Menschen. Beantwortet die Himmelsszene die Frage, woher Hiobs Leiden kommt und wer es verantwortet, zeigt das Auftreten des Engels als Fürsprecher in Hi 33,15–30, wozu das Leiden führt. Elihu interessiert nicht die Ursache, sondern das Ziel des Leidens. Es besteht in Gottes Befreiung vom Leiden zu neuem Leben. Mit Gottes Erziehung im und der Befreiung vom Leiden liegt in Elihus erster Rede eine Antwort auf den in der Hiobkomposition aufgeworfenen Problemhorizont vor. Das Leiden des Menschen gelangt durch Gottes Erziehung und Befreiung auf Grund der gnädigen Zuwendung des Fürspracheengels und seiner Vermittlung zwischen Mensch und Gott zum Ende. Diese Befreiung vom Leiden eröffnet dem Menschen neues Leben. In Hi 33,15–30 manifestiert sich der Perspektivwechsel Elihus angesichts des Geschicks Hiobs in der Hiobkomposition. Weisheit ist nicht in eine Krise geraten, wie die Himmelsszenen im Prolog und Hiobs Klagen erwarten lassen. Durch die Verbindung von Gottes Erziehung des leidenden Menschen und Gottes Befreiung vom Leiden wird weisheitliche Erkenntnis in der Krise möglich. Elihu entwirft mit dem gnädigen Handeln des Engels und Gottes Befreiung ein neues Gottesbild in der Hiobkomposition. Traum, Vision und Krankheit, die Gottes Offenbarungsmedien zur Erziehung des leidenden Menschen darstellen, eröffnen dem weisheitlichen Denken in spätnachexilischer Zeit eine neue Perspektive der Gottesbegegnung. Liegt der alttestamentlichen Weisheitsliteratur die Vorstellung zugrunde, dass Welt- und Gotteserkenntnis einander bedingen, so scheint es in der Elihurede Gotteserkenntnis auf Grund von Welterkenntnis nicht zu geben. Erkenntnis Gottes ermöglichen Traum, Vision und Krankheit. Diese Medien sind dem Menschen allein passiv zugänglich, intendieren Gottesbegegnung und die Befreiung vom Leiden. In Traum, Vision und Krankheit widerfahren dem Menschen Leiden, Todesbedrohung, körperliche Restitution und Befreiung; er hat in diesem Geschehen eine passive Rolle. Offenbarung und Erziehung, Gnadenhandeln und Befreiung des leidenden Menschen werden in der ersten Elihurede zusammengeführt und zum konstitutiven Inhalt weisheitlicher Erkenntnis bestimmt. Gott wird in Hi 32,13 implizit als " „Unterweiser“ charakterisiert und explizit in Hi 36,22 als " „Lehrer“ benannt. Gottes Lehre bildet den Gegenstand der Elihureden und die an Hiob gerichteten Antworten. Im Unterschied zu der gnädigen Zuwendung des Engels, die mit Gottes Offenbarung und Erziehung im Leiden und mit Gottes Befreiung vom Leiden in Hi
4.1 Erziehung im Leiden
235
33,15–30 verbunden ist, identifiziert Elihu in Hi 36,5–15 nicht die Gnade des Engels, sondern die Umkehr des Menschen als Voraussetzung für seine Befreiung vom Leiden. Elihu deutet Leiden in Hi 36 nicht mehr als Krankheit, sondern als Elend, in welchem Gott dem leidenden Menschen seine Lehre offenbart. Eine Befreiung vom Leiden ohne vorherige Umkehr ist ausgeschlossen. Der leidende Mensch steht vor der Wahl, sich gehorsam gegenüber Gott zu verhalten, oder die Lehre zu verwerfen. Fehlt im Elend des Menschen seine Hinwendung zu Gott, dann stirbt der Mensch in Frevel und Gottlosigkeit. Erst das Zusammenspiel von göttlicher Offenbarung und Erziehung auf der einen und Umkehr des Menschen auf der anderen Seite bewirkt die Befreiung des Menschen. Der leidende Mensch ist aktiv im Befreiungsprozess beteiligt und steht vor der eigenverantwortlichen Entscheidung, Gottes Erziehung Gehör zu schenken oder sich dieser zu entziehen. Hört er und dient er Gott, vollendet er sein Leben im Guten und in Glück (V.11), verweigert er sich zu hören, stirbt er ohne Wissen (V.12). In diesem Zusammenhang ist nicht mehr vom leidenden Menschen allgemein die Rede. Stattdessen differenziert Elihu in Frevler und Gottlose auf der einen und gerechte und elende Menschen auf der anderen Seite. Wie in Hi 33,16 werden die Formulierung &" „er öffnete das Ohr“ und das Nomen s" „Erziehung“ in Hi 36,10.15 miteinander kombiniert.3 Diese Kombination ist ausschließlich in den Elihureden im Alten Testament belegt. Der Vergleich der Argumentationsgänge über Gottes Erziehung und Befreiung im Leiden in Hi 33 und Hi 36 macht deutlich, dass der spezifische Gehalt der Eröffnungsrede Elihus in Hi 33 in der Vermittlung des Engels zwischen Gott und Mensch durch Gnade und Lösegeld besteht, während das besondere Profil der Schlussrede Elihus in Hi 36 in der Umkehr des Menschen und damit in seiner Entscheidung zwischen Gehorsam gegenüber Gott und Gottlosigkeit zu erkennen ist. In Elihus Interesse steht auch hier die Befreiung vom Leiden. Die verschiedenen Formen des Leidens bieten für Elihu die Chance zur Befreiung vom Leiden. Die Blickrichtung Elihus ist auf Gottes Erziehung und die Befreiung aus dem Leiden gerichtet. Leiden kann jedoch wiederkehren, ohne deshalb als Dauerzustand wahrgenommen zu werden. Elihu nimmt Leiden ernst und betont zugleich die Überwindung des Leidens. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Leiden eines Menschen mit ihm selbst und seinem Tun in Zusammenhang steht. Jedenfalls stimmt Elihu der Vorstellung, dass ein Mensch durch Umkehr von seinem Leiden befreit wird, zu. Elihus Interesse besteht jedoch nicht darin, den Kausalzusammenhang zwischen dem Tun des Menschen und seinem Leiden zu ergründen. Auch an einer verständnisvollen Zuwendung zu Hiob ist Elihu nicht interessiert. 3
Siehe die Ausführungen zu Hi 33,15–18 in Kap. 3.1.2.2 und zu Hi 36,5–15 in Kap. 3.2.2.
236
Kapitel 4: Theologie der Elihureden
Stattdessen fragt Elihu nach Ende und Ziel des Leidens. Die Befreiung vom Leiden liegt in seinem Interesse. Dem Leidenden stellt Elihu die Hoffnung auf Befreiung aus dem Leiden in Aussicht, wenn ein Engel zwischen Mensch und Gott vermittelnd eintritt oder der Mensch von seinen schlechten Taten umkehrt, sich Gott zuwendet und ihn als seinen Lehrer anerkennt. Die Befreiung vom Leiden kann einem Menschen passiv geschehen oder ein Mensch kann sie aktiv durch seine Umkehr herbeiführen. Dass die Erörterung der Erziehung im Leiden und der Befreiung vom Leiden einen Perspektivwechsel voraussetzt, zeigt sich auch an dem Bild des weisen Redners. Die Elihureden stellen in der Selbsteinführung in Hi 32,6–10 Elihu als jungen und geduldigen Redner vor, der lauteren Wissens (33,2–3), weise (33,33) und ein geistbegabtes Geschöpf (32,8.17–22; 33,4) ist. In Hi 32,10; 33,1.31.33; 37,14 ruft Elihu Hiob zum Hören auf seine Lehre auf und widerspricht in 33,12 dezidiert Hiobs Selbstbild als unschuldigem Menschen. Die Distanz zwischen Elihu und Hiobs drei Freunden wird expliziert, gleichzeitig aber das Bild des ausdauernden, geduldigen Redners in Hi 32,11–17 beibehalten. Als nachgerade allwissend wird Elihu in der Schlussrede in Hi 36,4 charakterisiert. Die narrative Einleitung führt Elihu hingegen in Hi 32,2–5 als zornigen Redner ein, der über Hiob und seine Freunde wütend ist, da Hiob seine Gerechtigkeit vor Gott behauptet hat, Hiobs Freunde Gott für schuldig erklären und Hiob nicht widerstehen. Zorn, Wut und Ärger gelten in der alttestamentlichen Weisheitsliteratur nicht als Reaktionen eines Weisen. Die Charakterisierung Elihus als zornentbrannter, weiser Redner in Hi 32,2–5 ist im Alten Testament singulär. Der Weise in Israel wird durch Gottvertrauen, Lebenserfahrung, Wissen und Vernunft gekennzeichnet.4 Der Zorn Elihus erhält hingegen seine Legitimation in der Hiobkomposition durch Gottes entbrannten Zorn über Hiobs Freunde in Hi 42,7, welchen Elihu in seiner Reaktion widerspiegelt. Die Elihureden eröffnen auf diese Weise die Möglichkeit, den Zorn in das Bild des geduldigen und verständigen Weisen zu integrieren.
4.2 Schöpfer, Geschöpf und Schöpfung 4.2 Schöpfer, Geschöpf und Schöpfung
Elihu legt in seinen Reden vereinzelt das Augenmerk auf die Gegenüberstellung von Schöpfer und Geschöpf wie von Schöpfer und Schöpfung. Jeder Mensch ist durch Geist geschaffen und durch Gottes Atem zur Erkenntnis fähig. Dank der Geistbegabung kommt dem Menschen seine Erkenntnisfähigkeit zu, so dass der Mensch ein vernünftiges und weises Wesen ist (32,8). Elihu versteht sich selbst als Gottes Geschöpf und durch Gottes Geist belebt (33,4). Demzufolge bezeichnet er Gott als seinen 4
Vgl. Kap. 3.3.1 und Kap. 3.3.2.1.
4.2 Schöpfer, Geschöpf und Schöpfung
237
Schöpfer (32,22; 36,3). Weisheit und Einsicht sind nicht an eine bestimmte Lebenserfahrung oder an hohes Alter gebunden, sondern allein die Gabe des Geistes befähigt jeden Menschen zu Weisheit und Erkenntnis. Bildet die Geistbegabung ein Kennzeichen der Geschöpflichkeit und Erkenntnisfähigkeit jedes Menschen, so besteht ein weiteres Merkmal des Menschen in seiner Erschaffung aus Lehm (33,6). Als Geschöpf ist der einzelne Mensch durch Geist belebt, zur Einsicht fähig und aus Lehm geschaffen. Die Geistbegabung, die Erkenntnisfähigkeit und die Erschaffung aus Lehm bilden in Elihus Eröffnungsrede Merkmale der Geschöpflichkeit des Menschen. In Hi 34,13–15 wird die Vorstellung von Gott als Schöpfer des Menschen mit seiner Macht über den Erdkreis verbunden. Elihu versteht Gott als Schöpfer des Erdkreises und der Lebewesen. Sagt Elihu in seiner Einführung, dass der Mensch durch die Geistgabe Gottes sein Leben und seine Erkenntnis erhält, betont Elihu in Hi 34,14f., dass Gott seinen Lebewesen Geist und Atem entziehen und ihren Tod herbeiführen kann. Implizit erhält Gott durch Geist und Atem das Leben der Menschen, doch in seiner Macht steht auch der Tod der Lebewesen. Die Vorstellung von Gott als Schöpfer ist in Gottes Macht und Gerechtigkeit eingebettet. In seiner dritten Rede spricht Elihu in Hi 35,10 von Gott als dem Schöpfer des in Not geratenen Menschen. Als Geschöpf soll der Mensch sich in der Not mit Gottvertrauen an seinen Schöpfer wenden und Loblieder in der Nacht singen. Die Geschöpflichkeit des Menschen impliziert die Hinwendung zu Gott in der Not und das Vertrauen auf ihn mit Lobliedern und Gebeten. Die Unterscheidung von Schöpfer und Schöpfung führt Elihu in seiner Schlussrede aus. Gottes schöpferisches Tun wird auf die meteorologischen Phänomene in Hi 36,27–37,13 beschränkt. Mit den Wetterphänomenen stellt Elihu Gottes Macht und Erhabenheit als Schöpfer in deskriptiven Aussagen dar und er fasst die meteorologischen Erscheinungen als Gottes Wundertaten zusammen. In Hi 36,25 wird Gottes Wirken im Wetter als sein Werk zusammengefasst und den deskriptiven Aussagen über Gottes Macht vorangestellt. Die literarischen Bezüge in Hi 36f. zur ersten Gottesrede in Hi 38f. sowie zu seiner zweiten Rede in Hi 40f. deuten darauf hin, dass in Hi 36,27–37,13 Gottes Erscheinen im Sturmwind und die Gottesreden bewusst vorbereitet werden.5 Thematisiert Gott in seinen an Hiob gerichteten Fragen seine Macht, nimmt Elihu die in Gottes Fragen implizit enthaltenen Antworten in deskriptiven Aussagen über Gottes Beherrschung der meteorologischen Erscheinungen vorweg. Gottes Macht und Erhabenheit präsentiert Gott ebenfalls in seiner Rede in Hi 38f., sie ist jedoch an5
Vgl. zu den Vorbereitungen der Gottesreden in Elihus Schlussrede Kap. 3.1.2.4 und Kap. 3.4.2.
238
Kapitel 4: Theologie der Elihureden
gesichts der Ohnmacht Hiobs formuliert. Elihu hingegen apostrophiert Gottes Macht über die Wetterphänomene. Sie wird mit der Begrenztheit menschlicher Erkenntnis kombiniert. Der Mensch ist zum Erkennen der Wettererscheinungen imstande, allerdings unfähig, Gott vollkommen zu erkennen. Die Ohnmacht des Menschen thematisiert Elihu nicht. Stattdessen betont er die begrenzte Einsicht des Menschen über Gott und die menschliche Geschöpflichkeit. Die Geschöpflichkeit des Menschen in Hi 32f., die Kombination der Schöpfertätigkeit Gottes über Welt und Mensch in Hi 34,13–15 und Gottes Schöpferhandeln im Wetter in Hi 36f. bilden verschiedene Aspekte von Gottes Schöpfungshandeln, die kontextuell nicht miteinander verknüpft worden sind. Durch die Konzentration der Schöpfermacht Gottes auf die meteorologischen Phänomene apostrophiert Elihu Gottes kontinuierliches Wirken in seiner Schöpfung. Die Wetterphänomene erweisen Gottes erhaltendes Handeln in der Schöpfung. Nicht die Gründung und die Erschaffung der gesamten Welt, so in Hi 38,4, sondern allein Gottes Macht über den Erdkreis und über das Wetter liegen in Elihus Interesse. Mit dem Wetter werden einerseits der Erhalt der Lebensordnung für den Menschen sowie die Jahreszeiten verbunden und andererseits die Gefahren im Unwetter angedeutet. In Bezug auf Gottes Schöpfertätigkeit am Menschen fokussiert Elihu die Erschaffung des Menschen. Der Mensch ist gegenüber Gott, dem Schöpfer, als Geschöpf qualifiziert. Als Geschöpf Gottes ist der Mensch durch Gottes Atem und Geist geschaffen, belebt und zur Erkenntnis fähig. Die Erkenntnisfähigkeit des Menschen impliziert jedoch nicht, dass der Mensch vollkommene Einsicht in Gott erlangen kann. Da Gott ein transzendenter und souveräner Herrscher ist, bleibt er dem Menschen entzogen. Die Transzendenz Gottes manifestiert die fundamentale Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf. Bleibt Gott als Herrscher und Schöpfer dem Menschen unverfügbar, so kann sich der Mensch gerade in der Not an seinen Schöpfer wenden. Mit seiner Frage nach Gott und den Lobliedern vertraut er Gott. Gottvertrauen in der Not kennzeichnet einen Menschen daher wesentlich als Geschöpf. Die Geschöpflichkeit des Menschen durch die Geistbegabung wird in den Elihureden erstmals in der Hiobkomposition betont. Die Freundesreden und die Reden Gottes nehmen auf die Erschaffung des Menschen nicht in theologisch signifikantem Zusammenhang Bezug. Hiob spricht in Hi 10,9–12 von seiner Erschaffung durch Gott aus Lehm zum Leben, ohne die Begriffe $! „Atem“ und " „Geist“ aufzunehmen. Menschliche Geschöpflichkeit ist implizit ein Thema in Hiobs Klagen durch die Verfluchung des Tages der Geburt in Hiobs programmatischer Einleitung des Dialogs (vgl. Hi 3,3–7.10–13.16.20; insbesondere Vv.11.12.20). Demgegenüber liegt mit der Vorstellung der Geschöpflichkeit des Menschen aufgrund der göttlichen Geistbegabung eine Aufwertung des Menschenbildes
4.2 Schöpfer, Geschöpf und Schöpfung
239
in den Elihureden vor. Die Vorstellung, Gott als Schöpfer des einzelnen Menschen und diesen als Geschöpf Gottes aufzufassen, teilt Elihu vornehmlich mit Texten im Jesajabuch in Jes 43,1; 44,2; 49,5; 51,13.6 Die Schöpfungsthematik umfasst insgesamt vier verschiedene Aspekte, die Elihu in seinen Reden erwähnt, ohne eine eigene Rede über Gott als Schöpfer zu entfalten. Die Eröffnungsrede Elihus charakterisiert jeden Menschen als geistbegabt, erkenntnisfähig und aus Lehm erschaffen (32,8; 33,6). Elihu bezeichnet Gott auch als seinen Schöpfer und er versteht sich selbst als Gottes Geschöpf (32,22; 36,3). Gottes Macht als Schöpfer ist in der zweiten Elihurede auf den gesamten Erdkreis ausgedehnt (34,13). Seine Macht über die Lebewesen umfasst nicht allein die Geistbegabung zur Belebung menschlicher Kreatur, sondern ebenfalls die Macht über den Tod jedes Lebewesens durch Entzug des Lebensatems. Gewähren und Entziehen des Lebensatems durch Gott sind komplementär zusammen gedacht. Geist und Gottes Lebensatem qualifizieren jeden Menschen als Geschöpf (34,14–15). Elihu nimmt die derartig qualifizierte Geschöpflichkeit des Menschen in seiner dritten Rede ernst und entwickelt die Vorstellung vom Menschen als Geschöpf Gottes im Leiden (35,10). Die Geschöpflichkeit des Menschen korrespondiert dem Gottesbild, das auf Befreiung hin ausgerichtet ist und das seine Macht und Wohlordnung in der Welt erweist. Als Geschöpf Gottes fragt der Mensch in seinem Leiden nach Gott und wendet sich an ihn mit Lobliedern und Gebeten. In der Gottessuche und im Gotteslob zeigt der Mensch sein Vertrauen auf Gott und hofft auf das Ende seines Leidens. Die Hinwendung des Menschen zu seinem Schöpfer zeigt, dass der Mensch die Befreiung von seinem Leiden von Gott erhofft. Elihus Schlussrede beschreibt Gott in seiner Macht als Schöpfer der Wetterphänomene (36,27–37,14). In den meteorologischen Erscheinungen manifestieren sich Gottes kontinuierliches Schöpferwirken und seine Schöpfermacht. Der Schwerpunkt auf Gottes Wirken im Wetter bereitet Gottes Erscheinen im Sturmwind und die Gottesreden in Hi 38–41 vor. Elihu verbindet in seinen Reden Gottes Schöpfertätigkeit mit seiner Macht. Das mächtige Tun Gottes als Schöpfer zeugt nach Elihu von einer Wohlordnung der Welt und des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch. Die geordnete Gott-MenschRelation manifestiert sich ebenfalls in Gottes Gerechtigkeit, Recht und Gericht.
6
Diese Vorstellung zeigt sich in dem Reden von ‚meinem Schöpfer‘ in den Elihureden. Zu den Belegstellen im zweiten Jesaja vgl. Kap. 3.4.2.
240
Kapitel 4: Theologie der Elihureden
4.3 Gottes Gerechtigkeit und Gottesfurcht 4.3 Gottes Gerechtigkeit und Gottesfurcht
Die Gerechtigkeit Gottes bildet einen zentralen Gedanken in Elihus Monologen. Sie setzt Hiobs Unschuld, die Hiob in seinen Reden in den Dialoggängen behauptet hat, voraus.7 Elihu gibt vor, Hiobs Aussagen über seine Gerechtigkeit zu zitieren (33,9–11; 35,2–3), er erachtet jedoch Hiobs Anspruch auf Gerechtigkeit als unangemessen und stellt ihm Gottes Transzendenz und Souveränität entgegen (32,13; 35,4–15). Zudem interpretiert Elihu Hiobs Gerechtigkeitsbeteuerung, indem er Hiob seine Unschuld vor Gott konstatieren lässt (Hi 32,2–5; 34,5f.), die Hiob selbst nicht genannt hat. Hiobs moralische Integrität, die mit Hiobs Unschuld in der Dialogdichtung verbunden ist, nimmt Elihu nicht auf. Ebenso lässt Elihu unerwähnt, dass Hiob einen Rechtsstreit mit Gott gefordert hat. Elihu lehnt die Gerechtigkeitsbehauptung Hiobs konsequent ab und konzentriert sich insbesondere in seiner zweiten Rede in Hi 34 auf die Darstellung Gottes als gerechten Herrschers. Gerechtigkeits- und Rechtstermini wie j($ „Recht, Gericht“, +#, „gerecht sein, im Recht sein“ oder +#, „gerecht“ und '$ „Frevler“ oder '$ hi. „zum Frevler machen“ prägen die Vorstellungswelt in Hi 34. Elihu erörtert in Hi 34 die Rechtssache Hiobs und wendet gegen die Behauptung der Unschuld Hiobs und des Unrechts Gottes (34,5f.) ein, dass Gott sich an sein Recht hält. Gott beugt kein Recht und erklärt niemanden für schuldig (34,10–12). Elihu expliziert im Zuge der Rechtsthematik Gottes Gerechtigkeit und bezeichnet Gott als einen gerechten und mächtigen Herrscher (34,17). Die Rechtstermini in 34,17 verweisen auf Gottes Rede in Hi 40,8, die die Explikation der Gerechtigkeit Gottes nicht enthält. Gott selbst hält in Hi 40,8 implizit an seiner Rechtsordnung fest und erwidert, dass es für Hiob unmöglich ist, Gott für schuldig zu erklären. Im Unterschied zu der direkten Auseinandersetzung zwischen Gott und Hiob in Hi 40,8 nimmt Elihu in Hi 34,17 den Standpunkt eines Dritten ein, der über Gott und Hiob reflektiert und Gott selbst ins Recht setzt, indem er ihn für mächtig und gerecht erklärt. Gottes Gerichtshandeln, das Hiob in der Dialogdichtung vehement eingefordert hat, steht in Elihus Interesse. Gott zerschlägt im Gericht die mächtigen Menschen aufgrund seiner Allwissenheit und die frevelnden Personen, die durch Gottlosigkeit und soziales Fehlverhalten gegen Arme und Elende gekennzeichnet sind (34,23–32). Gottes Handeln im Gericht findet an keiner anderen Stelle in der Hiobkomposition eine Entfaltung. Mit der Vorstellung des Frevlers, der gottlos handelt und durch soziale Vergehen gekennzeichnet ist, knüpft Elihu an die Reden der Freunde Hiobs über die Frevler (Hi 15,20–35; 18,5ff.; 20,5–29) an. Elihu unter7
Vgl. Kap. 2.2; 2.3; 2.4 und Kap. 3.3.2.1.
4.3 Gottes Gerechtigkeit und Gottesfurcht
241
scheidet sich mit seinem Verständnis des Frevlers von Hiobs These (Hi 21), dass es dem Frevler, obwohl er keine Gottesbeziehung pflegt, wohl ergehe und seine Gottesbeziehung für ihn nicht von Nutzen sei. Diese Idee wird in den Elihureden nicht aufgenommen. Stattdessen widerspricht Elihu mit seinen Ausführungen der durch Hiob behaupteten Unschuld, rechnet ihn selbst zu den Frevlern und setzt Gott ins Recht. Gottes Recht und Gericht in Hi 34 sowie die in Gottes Erziehung integrierte Umkehr des leidenden Menschen zu Gott in Hi 36,5–15 fördern die Vorstellung einer gerechten Vergeltung durch Gott. Die gerechten Menschen, die an Gott festhalten und sich in ihrem Elend an Gott wenden, werden aus ihrem Leiden befreit. Die gottlosen Menschen hingegen kommen um, da ihnen das Vertrauen auf Gott fehlt. Die Vorstellung der gerechten Vergeltung Gottes macht die allgemeine Rede vom Menschen unmöglich und erfordert die Differenzierung in Frevler und Gerechte (36,5–7). Der Gedankengang Elihus hört nicht mit dem Verderben der Frevler auf, sondern Elihu ergänzt die Befreiung der Gerechten und Elenden aus dem Leiden (36,8–15). Mit der gerechten Vergeltung Gottes verbindet Elihu die Hoffnung auf Befreiung für den Elenden. Die Möglichkeit zur Umkehr, die Gottes Erziehung schafft, und die Wahl zur Entscheidung zwischen Gottvertrauen und Gehorsam einerseits und Gottlosig- und Erkenntnislosigkeit andererseits nimmt die Vorstellung von den zwei Wegen in Dtn 11,26; 30,15–30; Jer 21,8; Sir 15,14–17 auf. Die in Gottes Erziehung und Befreiung integrierte Vorstellung von der gerechten Vergeltung Gottes in Hi 36,5–15 impliziert Gottes Gerechtigkeit. Die Vorstellung von Gottes Gerechtigkeit wird in 33,26–28 rezipiert. Gott ist gerecht und gibt dem Menschen an seiner Gerechtigkeit Anteil, nachdem der Engel in seiner gnädigen Zuwendung die körperliche Restitution des leidenden Menschen veranlasst hat. Die Restitution ist um die Wiederherstellung des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch durch Gottes Gerechtigkeit erweitert. Der körperlich restituierte und in seinem Gottesverhältnis wiederhergestellte Mensch reagiert auf die ihm widerfahrene doppelte Restitution mit der Anerkenntnis seiner eigenen Sündhaftigkeit. Auch wenn Gott dem Menschen zur Wiedererlangung seines intakten Gottesverhältnisses Gerechtigkeit zurückgibt, befähigt dies den Menschen nicht zur Behauptung seiner eigenen Gerechtigkeit als einer angemessenen Erwiderung auf die doppelte Restitution. In dem Sündenbekenntnis zeigt der Mensch vielmehr nach der Unterweisung durch Gott und Engel die ihm gemäße Entsprechung auf seinen von Gott durchgeführten Befreiungsprozess. Gerechtigkeit bildet allein ein Prädikat Gottes, während der Mensch durch seine Sünde gekennzeichnet ist, ohne dass er sich selbst gerecht nennen kann. Die dritte Elihurede erörtert die Frage nach der Gerechtigkeit des Menschen und Gottes Gerechtigkeit abermals (Hi 35,1–15). Elihu erachtet den
242
Kapitel 4: Theologie der Elihureden
Menschen sowohl als sündig als auch als gerecht und weist Gott nicht mehr das Prädikat der Gerechtigkeit zu. Menschen beeinflussen durch ihre Gerechtigkeit und Sündhaftigkeit einander, ohne dass ihr Handeln jedoch Einfluss auf Gott hat. Eine Gerechtigkeit des Menschen vor Gott gibt es nicht. Menschliches Handeln beeinflusst Gott nicht in seiner souveränen Erhabenheit. Die fehlende Einflussnahme des Menschen auf den überlegenen und transzendenten Gott bleibt in der Not bestehen. Jedoch zeigt sich die angemessene Reaktion des Menschen auf Gott in der Not in der Hinwendung zu Gott als seinem Schöpfer. Als Geschöpf bleibt dem Menschen, dass er Gott als seinen Schöpfer anerkennt und sich mit Lobliedern im Leiden an ihn wendet. Mit seinem Vertrauen auf Gott und seiner Frage nach dem Schöpfer richtet der notleidende Mensch seinen Blick nicht auf sich selbst, sondern erhofft und erwartet Rettung und Befreiung von seinem Schöpfer. Jedoch kann Gottes Erwiderung auf die Loblieder und das Vertrauen des Menschen ausbleiben oder aber verzögert eintreten. Der notleidende, auf Gott als seinen Schöpfer vertrauende Mensch erwartet geduldig Gottes Antwort. Das Gottvertrauen in der Not angesichts der überlegenen Transzendenz Gottes und die Hinwendung des Menschen zu seinem Schöpfer bilden nach Elihu die der menschlichen Geschöpflichkeit angemessene Reaktion im Leiden. Gottes Transzendenz spiegelt sich ebenfalls in der Schlussrede Elihus wider. Sie stellt Gottes Macht über die meteorologischen Phänomene und Gottes Überlegenheit in seinem Schöpfungswerk dar. Mit Gottes Transzendenz geht die Vorstellung einher, dass die Gotteserkenntnis des Menschen eingeschränkt ist. Gotteserkenntnis aus den Wetterphänomenen ist dem Menschen unmöglich. Es bleibt ihm lediglich die Anerkenntnis, dass seine Erkenntnis über Gott begrenzt ist. Die Begrenztheit der menschlichen Gotteserkenntnis aus den Wetterphänomenen bringt Elihu dazu, die Gottesfurcht als abschließende und angemessene Reaktion des Menschen auf den erhabenen, transzendenten und gerechten Gott zu nennen (37,23f.). Gott kann sich jedoch trotz der Gottesfurcht eines Menschen in Schweigen hüllen. Göttliche Erwiderung kann bei Gottvertrauen und Gottesfurcht des Menschen auch ausbleiben. Dies gilt auch für weise Menschen. Weisheit und Erkenntnis sind diejenigen menschlichen Eigenschaften, die allen Menschen dank der Gabe des Geistes Gottes innewohnt. Sie führen jedoch nicht dazu, dass ein Mensch vom Leiden verschont wird. Ein Geschick wie Hiob kann jeden treffen. Kein Mensch, auch kein Weiser, ist davor bewahrt. Im Leiden eines Menschen bleibt Gottes Gerechtigkeit unberührt und der Mensch ist außer stande, seine Unschuld Gott entgegen zu setzen. Dem leidenden Menschen sind stattdessen Erziehung, Gottesbegegnung und Umkehr möglich, die zur Restitution und Befreiung vom Leiden führen. Die angemessene Reaktion des leidenden Menschen besteht in Gottvertrauen und Gottesfurcht. Der Mensch erhofft als Gottes Geschöpf
4.3 Gottes Gerechtigkeit und Gottesfurcht
243
gnädige Zuwendung und in seiner Hinwendung zu seinem Schöpfer Gottes Befreiung vom Leiden. Als gottesfürchtiges Geschöpf vertraut der Mensch angesichts der souveränen Schöpfermacht Gottes und der Gerechtigkeit Gottes auf Gottes Befreiung vom Leiden, auf die Wiederherstellung seines Gottesverhältnisses durch Gerechtigkeit und ein neues Leben.
ANHANG
Textentstehung der Elihureden Der textgenetischen Darstellung der Elihureden liegt die hebräische Textfassung der BHS zugrunde. Grundschicht (G) Erste Fortschreibung (I) Zweite Fortschreibung (II) Dritte Fortschreibung (III) Weitere Zusätze und Glossen (IV)
IV
III
II
I
G Hiob 32
(w"¦ !' w+2¥ ,w w¡ ¤ w. ¥!1' w £ 0 w¥ !1 w ¡x ® ¦ " 1 ¯ *w. 2 .¤ ¥ . 0 ° ± ² ¥ ¥ ³%´ ¡ " ¦ x w.µ (!¶ w.+ 2, ¦ ' .¦ w ' µ "¶ w ¤!1 ' w ¥ , xw1 ¥x 3 ¥ w 'w. ¡ ° w ± w ²"'w ¦ ¥ µ ¦ " 4 ¯ !+ ¦ ¡* ¤ # . 0 ¥* (w.¦ w " w µ !1 w xw ( 0 w !µ '1 ww µ w¡ " 5 ¡ *· w / ° " µ ¦ ¯ ³'¡ " 6 ¥ " 0 ¥! 1 '¡ ,· ¤ ¦ '¥ 2 / ¯ ³ ¸ ¦ " ¯* ' ¦ '#/ !µ ¶ / " ¤ # ¥ 0 7 ¦ ! 2¥ ¯ !" . ¤! ¥ ¦ 0 8 j¦ w ! w!µ + ¶ w ¤* w ¦ x9 !¦ % '¥ 2 ¯ 1 ¤£ ' 0 ¥ 10 ¦ £ + #¦ ' ¤ ¦/ ! #' 0 µ #¦ ´ . ¡ 11 ¦ * "¥ 1 ¯!.' ¤. .¥ ¥ ¡ " !.° µ #¦ '" 12 ¦ xw ¥( 2 w w
¯ ¤ w !¥, w / 0¥ 13 ¦ 1 w ¥xwµ ¶ w¤£ w¥ w ¥ 'x" 14 ¦ £ w¥ w +¯ ' w#.'w ! 0 15 ¥ ¤ 'xw #.¦'w ! 'xw #µ '¶ w*w ¤ # w ¥x *w . " 0 16 !¦ % '¥ # ¯ 1 +¤ ¥! 1 % ¥!1 ' 17
245
Textentstehung der Elihureden
IV
III
II
I
G
¦ ! j ¥ ! +µ , ¶ ¤£ ¥ * 0 18 '+¦ w µ #¶1 w. / *w¤ x * !µ j ¦ 19 ¦ !'¦ " ¥ (v ¯ ( ¤ ¦ "¦ " #1 20 ¦ 1 w ¥xw µ#¶ " w ¥ w! ¤ !( w 0 21 !v/¦ 'w ! wj'µ *¶ w ¤ 1 w '#¥ w ¥xw¡* 22 Hiob 33 !¦ 1 2 ¦ " ¤£ .¥ ¥!'¦ µ ¦ " 1 ¦ * ¥! . ¯ 2 (¤ ¥ ! 0 2 ¦ £ µ(v ¶ '# " ¤ 1 ¦/ 3 !¦ 2¥ ¯ !" ! v¤ ' ¦ 4 ¦ ¢ !µ ( ¶ ' ! 1 5 ¤ !¦ &w ,/ +w / µ ¶ w ¤ w¥( w¥! 1 6 #¦ xw 'wµ "¶ w1¤ ' w ¥xw 0 w ¥ 7 '¦ ¥£ .+¯ "w¤! w w ¥ 0 8 ¦ w ¥.'wx¯ "w/¤ !w%w' (w ° ¦ w!µ 1 w 9 .¦ ¥ . !¯ ,¤ ¥ ' . ! 0 ¥ 10 ¦/ * / µ ¶ ¤ & #§¥ v¥ 11 .¦! . µ ¶ ¦ *w!¤ ' w +#¥ ,xw¥/ 12 ¦ !1' ¥xw"µ 2¶ w*w .¤ w"¥ w ' 2 0 13 ¦ w ¥xw µ ¶ w ¦ * 14 ¤ # w ¦ * ¥ 1 ' . ! µ ¶ [¤ !1 ' 2 0 / (¥ ! ] µ . ¹ ³. ¡ 1 15 / ¦ ¥ s/ ¯ ¤ !1 / ¥ & 0 ¥ 16 ¦ § ¥ ¯" &" v1¤ ' # ¥ s 0 17 ¦ w/ 1 ' w.µ "¶ w ¤ w.(!w 0 / v¥ 18 ¦ "¥ ,'1 [.¯ "] ( ") .¤ * ' . 0 ¥ " 19 ¦ "1 1 .µ (!"¶ ¤ .¥ 1¥ ¦ " 20 º¦ w u ¥xw" µ.,'¶ [ u" ] ( ( ) / ¤ .¥ v ¥ 21 ¦ ¦ .µ "¶ .¤ (! ¥ ¥ + " 22 .¦ w# ¥ w#¯ w% ¤ w# w~ µ wµ w³"´ ' w¡ 23 (/ ¦ , µ # ' # 0 / µ " µ u " 24 "¦ 1' µ ¶ '/ ¤ .¥ v ¥(1 j¦ u 25 26 . ¦+ # , . µ! ¶ " ' ¤ "! 0 ¥ " ,µ " ³-.´ ¡ ' ¦ w "x "w "µ ' w " w j 0 w / µ "w µ !1 'w³/ ¡ 27 ¦ . [. "¶ ] ( " ) ¤ / 1¥ ' [.(!]0 ( ( !) #¥ 28
246
Anhang
IV
III
II
I
G
¦ ' . ¥ 1¯ ' ¤ '( £ 0 * 29 ¦ .¥ .µ ¶ ¤ .(!0 ¥
30 ¦ #1 / !" 1µ ¶ ¤ '¦ ¦ . ¯ + 31 +¦ 2, , (¦ * µ ¶2 ! 1 £ 32 ¤ sw ¦ w (£ 1 " w1µ ¶ w¤ '¦ ¦w w 0 33 Hiob 34 ¦ / " µ ' " 1 ¦ ! 1 'µ #/ "¶ ¤£ ¥ 1 ¥' 2 ¦/ w 'j wµ "¶ w¤ w¥£ w / 0 *3 .¦» !¥! '¯ #! !¤£
1 ! j 4 ¦ j s µ "¶ +#¤ , .¥ 0 ¦ * 5 '¦ ( ¥¢ ¯! ¤¼ 1 j ' 6 7 ¦ * &' £ ¦ . ¤ * & ' ¦ ! ' µ "¶ "¤ '1 / ¥ " 8 ¥ ' 0 ¦ x 'w./µ , ¶ w ¤ *s w ¥xw 0 ¦ * 9 "¦ ' 2 " 'µ
¯ '° µ 1 ! ³¡ 10 ¦ , µ¶ / ¦ . # 0 '/ (¥ ¡* 11 ¤ £ j¦ w '¦xw µ2 "¶ w'¤ ¦xw w!µ % 12 -¦ £u* v µ¶ , ¤ "¥ ' #+¥ (¦ 13 %¦/s " .µ !"¶ . . ¤ "¥ v¥ 14 ¦ (' ' µ#"¶ #¤ v¥ * '¥" & 15 ¦ £ .+¥ ! µ 1 ¶ / ¼ ! " 16 ¤ ' '¦ ¥ * +2¯ , " .1¤ j¥ ¥!.v %¹ 17 ¦ #! w' µ w ¶ '¤ w ¥ w/ ¥ 1 18 w"#¥ w v1¯ ' ¦ *w # w !w³´v !¦xw1 ¡ 19 ¤ !( w'. 0 * !w ¥x"w µ v ¦ £u* #¦ w ¥xwµ ¶ w s " w / 1¤ '" w'w ¥ 1¥ '/& w w.,1± " w ² u w³'&¡ 20 ¦ "# ', ¦ " ¤ 2 ' "!' 0 * 21 "¦ w '1 / w µ¶ w §
w"¤ , w¥ "w/ ¦ ¥ 0 22 j¦ w ¶µ w x1
w#.'w ¤ v¥ w 0 ' ¥xw¡* 23 ¦ w¥ 1w#1¯ '" w+ xw ¥ * w'/ ¥ 24 ¤ ¦ * 2 " w µ¶ w( "w ¤ #¦ ' w * w0 µ 25 ¦ / .+ +µ ( s ' ¦ 26 ¦ *v w ¥xw"µ ¶2 " w"1¤ ¦ w sw ¥ * 0 'w1 ¥ 27 '¦ ¥ !'1 +1¯ ', " 2 ¤ + '1 ¦ , " ' 0 ¥
28 #¦ # µ ³j+ ´ ¡ " 29 ¥ '" . ¯ '" ¥ ! 0 ¥ s" ' ¤
247
Textentstehung der Elihureden
IV
III
II
I
G
¦ 'w + / w%!µ w#wx 0 ¦/ w ¥xw v µ !w w 0 ¦ * 31 %¦ s/ w ¥xw 'µ ¶ w " '¦ w !/¤ w ¥ w 0 w#1¥ ' 32 ¦ #w '# ¦ w !x "w¥ w ¥ * wsµ ¦ *w ´ w¹ ' ¦ 33 ¤ ¦ ¦ ' / µ ¶ &" ¤ ¥/ 0 ¥ ! 34 ¦ *v w ¥xw"µ # ¶ w¤ # w'#¥ xw. 0 35 "¦ ! / µ u ¶ ' ,!# ¤ ' .¥ ¥ µ 36 s ¦ "¥ 1 ¯ " +.¤ s !¥! '( 0 . ¥ » ¦ ' %s¡ / · * 37
30
Hiob 35 ¦ / " µ ' " ¦ + # , µ ¶ j¤ ¥ / 1 0 2 ¦ » ¦ w 'µ / ¦ ¶ w¤ *s / ¦ 0 * 3 ¦ 'w ' ¦ "w¤£ w ¥¦1 w !1 0 4 ¦ +µ ¶ " ¤ ¥ j¥ 5 .¦£ v'1 w'µ (¶ w "w. ¤ '( w j 0 6 ¦ w # w.w. ¤ w + #, 0 7 ¦ + # ,w µ#¶ w'¤ w. * 8 ¦ ' .¥ ¼ '¯ +'¤ + 1 ¥ ' / 0 9 ¦ £w.¥ w/¯ !wv/¤ 'w-. ¥ w 0 wµ x¦ " 10 !¦ * ¥ %.'¯ ~ ¤ .1¥ !(£ 0 11 ¦ 'w. ¥ w!µ ¶ w ¤!1 'w ¥x"w +1', w 0 ¥ 12 ¦ w ¥xw µ2 "¶ w w³' xw" 0 13 ¤ .¦ ¦ . "!µ ( ¶ 2 w¤ w ¥xw / ¦ 0 *w%¥ 14 #/ ¦ w¥ w'#¯ ¦x" w.¤ w#+¥ w 0 *w µ'" 15 ( ¦ £ ' # ¶µ ¤ ,( ¥ . " 0 16 1
248
Anhang
IV
III
II
I
G Hiob 36
¦ / " µ %s/ " 1 ¦ £ - . ¥ #.'¯ ¡* ¤ 1 " '0 ¥ * 2 + #¦ ,¦¦ µ '1 / ( ¶ +.¤ ' #0 ¥ 3 ¦ 'w. ¥' 2w¯ w¤£ w + xw ! 0 ¦ * 4 ¥ ¦ ¦ / *¥ µ w¶*ws¤ w ¥x"w * 0 w ¥ 5 ¦ w¥ !'1 wj¯ w'¤ w x 6 ¦ & " w,!µ ¶ w / "w§ ¤ * w " w" !'° w+ µ 2¢ w' & ¦x 7 !/ ' ¦ #µ £ ¶ ¤ ¼ s 1 " 8 ¦ ¥* µ ' ( ¶ ¤ ½ ' ¥ #¥ " 9 "¦ u ¦ * / µ "¶ s ¤ ! 0 &¥ " 10 ¦ ' µ ! ¶ .»¤ ¦ 11 ¥ ¥£ #/ 1 '° ¦ " 'µ '# ¦ * 'µ "& "¶ / 1¤ ' ¥ w ' w 0 ¥x " 12 ¦ s1 w¥*w 'µ ¶ w xw%w v¥ w 0 (! ¦ "13 ¤ ¦ # µ "¶ ¤ (! '/ ¥ / ¥ 14 ¦ ! ~£¥ &¯ " . ¤!' ¥! ' ~¥£ 15 w u ¶ w !" w ¤ w+¥, xw w 0 ,µ w³´ s 1 %¡ " 16 ¥ µ ! #¦ ¦/ j¥ 2¯ ¤ ' #" 17 »¦ w(/ * ¶µ "w+(s¤ w ¥ ¦ s w 0 ¦ * 18 / ¦ ¢ 1 / µ "¶ ,¤ ¥xw1' w 0 / 1¥ ' 1 19 ¦ ¥ ' . 1¯ ' £¤ % 20 !/ '¦ ¶µ '¦ * " 0 21 ¥ ¤ ( . ¦ / ¥ ¯ ./¤ ¥ v 0 22 ¦ "' ' µ ¶ ¦ .*¤ 2 "¥ ' #+¥ (¦ 23 ¦ !1 ¥ / 1 ¦ * / 0 24 ¯ . ½¤ '( ¥ v +.¦ j . µ!¶ . ¦ * 25 ¤ # + x ¦ "w"¥! w¯ s w'#¤ !w ¥x"w v 0 w ¥ 26 . ¦# j¥ / ¯ ¤ (j ! '¥ & * 0 27 ¦ ¹# ³¡ 1 ' (1µ ' ¶ +¤ ¼ ¦1 28 . ¦*su .uµ ¶ ' ¤ v ( 0 %¥ 29 ¦ § * ¥ ¯ " .. ¤ "¥ ' v¥ 30 ¦ / ¦ ¤ ' #¥ 0 * 31 '¦ ( ¥ ' ",¯ " . ¤ §* * ' 32 ¦ .' ' %¥ !µ + ¶ .'¤ "¥ ' #¥ 33
249
Textentstehung der Elihureden
IV
III
II
I
G Hiob 37
.¦ .+ µ "¶ ¤ #¥ / 0 % 1 ¦ , " & µ "¶ . /¤ + &/ ¥ ' .¥ ¡' 2 ~¦ . (!* ' .. µ "¶ ¤ *¦ 3 .¦ .+w' ¦ *wµ ' ¶ w x"w. ¤!. w .+¥ w' w . µ w³"1¡ 4 0 +& '¦# !w ¥x"w. /µ #&¶ w v/ 'w.¤ ( ! . .+ 0 ¥ '¡ 5 .¦¼'u . j &µ "¶ j¤ &" ~ "° µ / ³& ´ ¡* 6 ¦v1 ' ! * ' µ# ¶ .¤ # *# 7 ¦/* /¥ !.'¯ . ¤ ¥ / ¥ " 8 ¦ + ¦ ( s ¤ . ¥ # 0 9 +¦ , ¥ / ¯ " + 10 ¤ .. ¦ ¥!1 ' ~(µ ¶ '¤ ¥ j 0 % 11 ¤ ½ '( ["x ¥ ] (. ) ¥ w³.´s w ¡ " 12 ,¦ ¥ ¯! ' ³ ¸ , 1 / *¯ ¦ , #sµ ¶ .,¤ j 13 ¦ .¹ ( ! ³¡!. " #/ µ '¶1 . ¤ ¥/¼ !¥ 1 14 .¦!!'1 .¥ ' (µ . "¶ ¤ '1 - . ¥ v ' # 1 0 15 ¦ ' 2 ¥ .µ ( ¶ ' ( ' ' # 1 0 16 ¤ v .¦ 2 w~ µ¶ wj+ w¤ w# & 1 17 +¦ , * +µ ¶1 +¤ .' 0 ' +¥ 18 / ¦ ! w/ 1 wµ '!¶ xw. w ¤ / ¥ w !' #. 0 19 '¦ £u ¥* µ¶ ¦ ¤ #1 ¥* . 0 su ¦ 20 w µ '¶ w "w+¤ w w µ w · ¡ '" 21 ¡ xw³
0 ¥ w.w 1¦ j ¦ " #.¦ . ¥! - . µ ¶ ' ¤ ¦ ¥ .(¢ 0 22 ¦ 'w ¥xw +µ #,¶ / "wj w/ w u!, 0 ¦xw2¥ 23 ¤ v (w¦ *w µ ¶ ¦xw¤ !1 w ¥ w 0 24
Literaturverzeichnis 1. Quellen AESCHYLUS, Agamemnon, ed. with a Commentary by E. Fraenkel, Vol. 1, Prolegomena, Text and Translation, Oxford 1950. Ancient Near Eastern Texts, Relating to the Old Testament, ed. by J.B. Pritchard, ANET, zweite überarb. und erw. Aufl., Princeton, NJ 1955. B EENTJES, P.C., The Book of Ben Sira in Hebrew. A Text Edition of all extant Hebrew Manuscripts and a Synopsis of all parallel Hebrew Ben Sira Texts, VT.S 68, Leiden/ New York/ Köln 1997. Biblia Hebraica Stuttgartensia, hg.v. Elliger, K./ Rudolph, W., BHS, fünfte verb. Aufl., Stuttgart 1997. DE ROSSI, I.B./ KENNICOTTO , B., Biblia Hebraica olim a Christiano Reineccio edita et ad optimorum codicum et editionum fidem recensita. Nunc denuo ad fidem recensionis masoreticae cum variis lectionibus ex ingenti codicum copia a B. Kennicotto et I.B. de Rossi Collatorum ediderunt Doederlein, I.C./ Meisner, I.H., Lipsiae 1793. Discoveries of the Judaean Desert, Bd. 3, Les ‚Petites Grottes‘ de Qumrân, Textes, Baillet, M./ Milik, J.T./ De Vaux, R. (Hg.), Oxford 1962. [DJD III] Discoveries of the Judaean Desert, Bd. 6, Qumrân Grotte 4, Bd. 2, De Vaux, R./ Milik, J.T. (Hg.), Oxford 1977. [DJD VI] Discoveries of the Judaean Desert, Bd. 9, Qumran Cave 4, Bd. 4, Palaeo-Hebrew and Greek Biblical Manuscripts, Skehan, P.W./ Ulrich, E./ Sanderson, J.E. (Hg.), Oxford/ New York 1992. [DJD IX] Discoveries of the Judaean Desert, Bd. 16, Qumran Cave 4, Bd. 11, Psalms to Chronicles, Ulrich, E./ Cross, F.M. u.a. (Hg.), Oxford/ New York 2000. [DJD XVI] Discoveries of the Judaean Desert, Bd. 23, Qumran Cave 11. Bd. 2, 11Q2–188, 11Q20– 31, Martínez, F.G./ Tigchelaar, E.J.C./ van der Woude, A.S. (Hg.), Oxford/ New York 1998. [DJD XXIII] Discoveries of the Judaean Desert, Bd. 39, The Texts from the Judaean Desert, Indices and an Introduction to the DJD Series, hg.v. Tov, E., Oxford/ New York 2002. [DJD XXXIX] Die Gemeinderegel 1 QS, in: Die Texte aus Qumran, Hebräisch und Deutsch, mit masoretischer Punktuation, Übersetzung, Einführung und Anmerkungen, hg.v. Lohse, E., Darmstadt 41986, 1–43. [1 QS] G INSBURG, C.D., The Writings, diligently revised, according to the Massorah and the early Editions with the various Readings form MSS and the Ancient Versions, London 1926. HERODOT, Historien, Bd. 1, Griechisch-Deutsch, hg.v. Feix, J., TuscBü, München 1963. HOMER, Ilias, Griechisch und deutsch, übertr. v. H. Rupé, mit Urtext, Anhang und Registern, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 132008.
252
Literaturverzeichnis
HOMER, Odyssee, Griechisch und deutsch, übertr. v. A. Weiher, mit Urtext, Anhang und Registern, Einf. v. A. Heubeck, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 132007. HORAZ, Oden und Epoden, Lateinisch und deutsch, Goldmanns Gelbe Taschenbücher, Bd. 2563/2564, München 1971. KENNICOTT, B. (Hg.), Vetus Testamentum Hebraicum cum variis lectionibus, Bd. 2, Oxford 1780. LAMBERT, W.G., Babylonian Wisdom Literature, BWL, Oxford 1960. Die Loblieder. 1 QH, in: Die Texte aus Qumran, Hebräisch und Deutsch, mit masoretischer Punktuation, Übersetzung, Einführung und Anmerkungen, hg.v. Lohse, E., Darmstadt 41986, 109–175. [1 QH] P LINIUS, Naturalis Historia: Pliny, Natural History, with an English Translation in Ten Volumes, vol. 1, Praefatio, Libri I, II, ed. by Rackham, H., LCL, London, UK/ Cambridge, MA 1958 (reprint, first print: 1938). SCHALLER, B., Das Testament Hiobs, in: JSHRZ III, Lieferung 3, Unterweisung in lehrhafter Form, Gütersloh 1979. Septuaginta, id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes edidit Alfred Rahlfs, edition altera quam recognovit et emendavit Robert Hanhart, duo volumina in uno, Stuttgart 2006. Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Bd. III. Weisheitstexte, Mythen und Epen, hg.v. Kaiser, O., in Gemeinschaft mit Delsman, W.C./ Dietrich, M./ Hecker, K./ Loretz, O./ Müller, W.W./ Römer, W.H.Ph./ Sternberg-el-Hotabi, H./ Ünal, A., TUAT III, Gütersloh 1990–1997. W ALTER, N., Fragmente jüdisch-hellenistischer Exegeten. Aristobulos, Demetrios, Aristeas, in: JSHRZ III, Lieferung 2, Unterweisung in lehrhafter Form, Gütersloh 1980. ZIEGLER, J. (Hg.), Iob, Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum. Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum, Vol. XI.4, Göttingen 1982. [LXX Gottingensis]
2. Hilfsmittel B ERGSTRÄSSER, G., Hebräische Grammatik. Teil I, siebte Nachdruckauflage der Ausgabe Leipzig 1918, Hildesheim/ Zürich/ New York 1995. The Assyrian Dictionary, hg.v. Gelb, I.J./ Jacobsen, T./ Landsberger, B./ Oppenheim, A.L., Vol. 4, The Oriental Institute Chicago, Glückstadt 1958. The Assyrian Dictionary, hg.v. Gelb, I.J./ Landsberger, B./ Oppenheim, A.L., Vol. 21, The Oriental Institute Chicago, Glückstadt 1961. The Assyrian Dictionary, hg.v. Civil, M./ Gelb, I.J./ Oppenheim, A.L./ Reiner, E., Vol. 8, The Oriental Institute Chicago, Glückstadt 1971. The Dictionary of Classical Hebrew, ed. by Clines, D.J.A., DCH, Sheffield 1, 1993ff. EVEN-SCHOSCHAN, A., A New Concordance of the Bible, Thesaurus of the Language of the Bible, Hebrew and Aramaic, Roots, Words, Proper Names, Phrases and Synonyms, Jerusalem 1993. GESENIUS, W., Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch, unveränderter Nachdruck der 1915 ersch. 17. Auflage, Berlin u.a. 1962. —, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, unter verantwortlicher Mitarb. von Dr. U. Rüterswörden, bearb. u. hg.v. Meyer, D.R./ Donner, H., 18. Auflage, 1. Lieferung, Berlin u.a. 1987.
Literaturverzeichnis
253
—, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, begonnen von D. R. Meyer, unter verantwortlicher Mitarb. von Dr. U. Rüterswörden, bearb. u. hg.v. Meyer, D.R., 18. Auflage, 2. Lieferung, Berlin u.a. 1995. —, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, begonnen von D. R. Meyer, unter verantwortlicher Mitarb. von Dr. J. Renz, bearb. u. hg.v. Donner, H., 18. Auflage, 3. Lieferung, Berlin u.a. 2005. —, W., Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, begonnen von D. Rudolf Meyer, bearb. u. hg.v. Donner, H., 18. Auflage, 4. Lieferung, Berlin u.a. 2007. —, Wilhelm Gesenius’ Hebräische Grammatik. Völlig umgearbeitet von E. Kautzsch. Paradigmen und Register zu Gesenius’ Kautzsch Hebräischer Grammatik I. und II. Teil von G. Bergsträsser, Hildesheim 281962 (Leipzig 11910). [Kurztitel: GK] Akkadisches Handwörterbuch, 3 Bde., unter Benutzung des lexikalischen Nachlasses v. B. Meissner, bearb. v. von Soden, W., AHw, Wiesbaden 1981. Handwörterbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, hg.v. Cancik, H., HRWG, 5 Bde., Stuttgart 1988–2001. JENNI, E., Lehrbuch der Hebräischen Sprache des Alten Testaments, Neubearbeitung des „Hebräischen Schulbuchs“ von Hollenberg-Budde, Basel 32003. J UÖUN, P./ MURAOKA, T., A Grammar of Biblical Hebrew, SubBi 27, Rom 2006. KÖHLER, L./ B AUMGARTNER, W., Hebräisches und Aramäisches Lexikon zum Alten Testament, 2 Bde., HALAT, dritte Aufl., neu bearb. v. Baumgartner, W./ Stamm, J. J./ Hartmann, B., unter Mitarb. v. Ben-Hayyim, Z./ Kutscher, E.Y./ Reymond, P., Leiden/ Boston 2004. MARTÍNEZ, F.G./ T IGCHELAAR, E.J.C. (Hg.), The Dead Sea Scrolls. Study Edition, Vol. 2 (4Q274–11Q31), Leiden/ Boston/ Köln 2000 ( 11998). Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, hg.v. Botterweck, G.J. (†)/ Fabry, H.J./ Ringgren, H., in Verbindung mit Anderson, G.W./ Cazelles, H./ Freedman, D.N./ Talmon, S./ Wallis, G., begr. v. Botterweck, G.J. (†)/ Ringgren, H., ThWAT, 10 Bde., Stuttgart/ Berlin u.a. 1973–2000.
3. Sekundärliteratur ALBERTZ, R., The Sage and Pious Wisdom in the Book of Job, in: Gammie, J.G./ Perdue, L.G. (Hg.), The Sage in Israel and the Ancient Near East, Winona Lake, IN 1990, 243–261. —, Weltschöpfung und Menschenschöpfung. Untersucht bei Deuterojesaja, Hiob und in den Psalmen, CThM.BW 3, Stuttgart 1974. ALBRIGHT, W.F./ MOWINCKEL, S., The Babylonian Matter in the Predeuteronomic Primeval History (JE) in Gen 1–11, in: JBL 58/2 (1939), 87–103. ALONSO SCHÖKEL, L., Toward a Dramatic Reading of the Book of Job, Semeia 7 (1977), 45–61. ALONSO SCHÖKEL, L./ S ICRE D IAZ, J.L., Job. Comentario teológico y literario, Nueva Biblia Española, Madrid 1983. ALTHANN, R., Elihu’s Contribution to the Book of Job, in: OTE 12/1 (1999), 9–12. ANDERSEN, F.I., Job. An Introduction and Commentary, TOTC, London 1976. ANDRÉ, G., Art. #+(, in: ThWAT 6, Stuttgart/ Berlin/ Köln 1989, 708–723. ARNETH, M., Durch Adams Fall ist ganz verderbt … Studien zur Entstehung der alttestamentlichen Urgeschichte, FRLANT 217, Göttingen 2007.
254
Literaturverzeichnis
ASSMANN, J., Die Mosaische Unterscheidung. Oder der Preis des Monotheismus, Edition Akzente, München/ Wien 2003. B AKHTIN, M., The Dialogic Imagination. Four Essays, hg.v. Holquist, M., transl. by Emerson, C./ Holquist, M., Austin, TX 1981. —, Speech Genres and Other Late Essays, transl. by McGee, W.M., Austin, TX 1986. —, Art and Answerability. Early Philosophical Essays. Holquist, M./ Liapunov, V. (Hg.), transl. by Liapunov, V./ Bostrom, K., Austin, TX 1990. B ALENTINE, S.E., Job, Smyth & Helwys Bible Commentary, Macon, GA 2006. B ARTH, C., Art. '(, in: ThWAT 3, Stuttgart u.a. 1982, 790–795. B ARTON, J., Joel and Obadiah. A Commentary, OTL, Louisville, KY 2001. —, The Nature of Biblical Criticism, Louisville, KY 2007. B ERGES, U., Jesaja 40–48, HThKAT, Freiburg i.Br. 2008. —, Klagelieder, HThKAT, Freiburg i.Br. 2002. B ERNHARDT, K.-H., Art. , in: ThWAT 1, Stuttgart/ Berlin u.a. 1973, 774–777. B EUKEN, W.A.M., The Book of Job, BEThL 114, Leuven 1994. —, Jesaja 1–12, HThKAT, Freiburg i.Br. 2003. —, Jesaja 13–27, HThKAT, Freiburg i.Br. 2007. B OELICKE, M., Die Elihu-Reden nach ihrem Zusammenhange mit dem übrigen Theil des Buches Hiob und nach ihrem sprachlichen Charakter, Halle 1879. BRANSON, R.D., Art. s, in: ThWAT 3, Stuttgart/ Berlin u.a. 1982, 688–697. BRAULIK, G., Deuteronomium II, Dtn 16,18–34,12, NEB, Würzburg 1992. BROWN, J.P., Israel and Hellas, Bd. 2, Sacred Institutions with Roman Counterparts, BZAW 276, Berlin/ New York 2000. B UDDE, K., Beiträge zur Kritik des Buches Hiob, I. Die neuere Kritik und die Idee des Buches Hiob, II. Der sprachliche Charakter der Elihu-Reden, Bonn 1876. —, Das Buch Hiob, übers. und erkl. v. K. Budde, Göttinger Handkommentar zum Alten Testament, HK, zweite neu bearb. Aufl., Göttingen 1913 ( 11896). CALVIN, J., Predigten über das Buch Hiob, auf Grund der französischen Sermons von 1563 in Auswahl übers. und bearb. v. E. Rochs, Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, Neue Reihe, in Zusammenarbeit mit anderen hg.v. Weber, O., Neukirchen-Vluyn 1950. CAZELLES, H., Art. #(, in: ThWAT 6, Berlin/ Stuttgart u.a. 1989, 514–522. CHENEY, M., Dust, Wind and Agony. Character, Speech and Genre in Job, CB.OT 36, Stockholm 1994. CHILDS, B.S., Grundstrukturen. Die Theologie der einen Bibel, Bd. 1, aus dem Englischen übers. v. C. und M. Oeming, Freiburg i.Br. 1994. —, Isaiah, OTL, Louisville, KY 2001. C LINES, D.J.A., Why is There a Book of Job, and What Does it Do to you if you Read it? in: Beuken, W.M.A. (Hg.), The Book of Job, BEThL 114, Leuven 1994, 1–20. —, Putting Elihu in his Place. A Proposal for the Relocation of Job 32–37, in: JSOT 29/2 (2004), 243–253. —, Job 1–20, WBC 17, Dallas, TX 1989. —, Job 21–37, WBC 18A, Nashville, TN 2006. CORNILL, C.H., Einleitung in die kanonischen Bücher des Alten Testaments, Grundriss der Theologischen Wissenschaften, Teil 2, Bd. 1, siebte neubearbeitete Aufl., Tübingen 1913. COX, C.E., The Historical, Social, and Literary Context of Old Greek Job, in: Peters, M.K.H. (Hg.), XII Congress of the International Organization for Septuagint and Cognate Studies, Leiden 2004, SBLSCS 54, Atlanta 2006, 105–116. CRENSHAW, J.L., Joel, AncB 24, New York 1995.
Literaturverzeichnis
255
CURTIS, J.B., Word Play in the Speeches of Elihu (Job 32–37), in: Proceedings. Eastern Great Lakes and Midwest Biblical Societies (1992/12), 23–30. DAVIDSON, A.B., The Book of Job, with Notes, Introduction and Appendix, Cambridge 1908. DE WETTE, W.M.L., Beytrag zur Charakteristik des Hebraismus, in: Studien, hg.v. Daub, C./ Creuzer, F., Bd. III/2, Heidelberg 1807. DE W ILDE, A., Das Buch Hiob, OTS 22, Leiden 1981. DELL, K.J., The Book of Job as Sceptical Literature, BZAW 197, Berlin/ New York 1991. DELITZSCH, F., Das Buch Hiob, neu übers. und kurz erkl., Leipzig 1902. —, Biblischer Commentar über die poetischen Bücher des Alten Testaments, Bd. II., Das Buch Iob, BC, Leipzig 21876. D IETRICH, W./ NAUMANN, T., Die Samuelbücher, EdF 287, Darmstadt 1995. D IEWERT, D.A., The Composition of the Elihu Speeches. A Poetic and Structural Analysis, Bd. 1 und 2, [Dissertation an der University of Toronto 1991], Ann Arbor, MI 1994 [autorisierter Faksimiledruck]. DRIVER, S.R./ GRAY, G.B., A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Job, ICC 28, Edinburgh 21950 (11921). DHORME, P.P., Le Livre de Job, EtB, Paris 1926. DOHMEN, C., Exodus 19–40, HThKAT, Freiburg i.Br. 2004. DUHM, B., Das Buch Hiob, KHC 16, Freiburg i.Br./ Leipzig/ Tübingen 1897. EHRLICH, E.L., Der Traum im Alten Testament, BZAW 73, Berlin 1953. EICHHORN, J.G., Einleitung in das Alte Testament, Bd. 1, dritte verb. und vermehrte Ausgabe, Leipzig 1803. ELLIGER, K., Deuterojesaja, BK 11/1, Neukirchen-Vluyn 1978. EVANS, J.M., Elihu and the Interpretation of the Book of Job, Ph.D Thesis University of Glasgow [Archival Manuscript Material, Princeton Theological Seminary], 1990. EWALD, H., Das Buch Hiob. Die poetischen Bücher des Alten Bundes, Teil 3, Göttingen 1836. EYNIKEL, E., The Angel in Samson’s Birth Narrative. Judg 13, in: Reiterer, F.V. (Hg.), Angels. The Concept of Celestial Beings. Origins, Development and Reception, Berlin/ New York 2007, 109–123. FERNÁNDEZ MARCOS, N., The Septuagint Reading of the Book of Job, in: Beuken, W.A.M. (Hg.), The Book of Job, BEThL 114, Leuven 1994, 251–266. F ISHBANE, M., Biblical Interpretation in Ancient Israel, Oxford 1985. —, Inner-Biblical Interpretation and the Development of Tradition, in: Oeming, M./ Schmid, K./ Welker, M., Das Alte Testament und die Kultur der Moderne, Beiträge des Symposiums „Das Alte Testament und die Kultur der Moderne“ anlässlich des 100. Geburtstags Gerhard von Rads (1901–1971) Heidelberg, 18.–21. Oktober 2001, ATM 8, Münster 2004, 25–35. [Development] —, The Book of Job and the Inner-biblical Discourse, in: Perdue, LG./ Gilpin W.C. (Hg.), The Voice from the Whirlwind. Interpreting the Book of Job, Nashville, TN 1992, 86–98. FLANNERY-DAILEY, F., Dreamers, Scribes, and Priests. Jewish Dreams in the Hellenistic and Roman Eras, JSJ.S 90, Leiden/ Boston 2004. FOHRER, G., Das Buch Hiob, KAT 16, Gütersloh 1963. —, Studien zum Hiobbuch (1956–1979), BZAW 159, zweite, erw. und bearb. Aufl., Berlin 1983. FREEDMAN, D.N., The Elihu Speeches in the Book of Job. A Hypothetical Episode in the Literary History of the Work, in: HThR 61 (1968/1), 51–59.
256
Literaturverzeichnis
—, Orthographic Peculiarities in the Book of Job (1969), in: Huddlestun, J.R. (Hg.), Divine Commitment and Human Obligation. Selected Writings of D.N. Freedman, Vol. 2, Poetry and Orthography, Grand Rapids, MI/ Cambridge, UK 1997, 44–60. FREULING, G., „Wer eine Grube gräbt …“ Der Tun-Ergehen-Zusammenhang und sein Wandel in der alttestamentlichen Weisheitsliteratur, WMANT 102, NeukirchenVluyn 2004. GALLINER, J., Abraham Ibn Esra’s Hiobkommentar auf seine Quellen untersucht, Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen Philosophischen Fakultät der Rupprecht-Carls-Universität zu Heidelberg, Berlin 1901. GENTRY, P.J., The Asterisked Materials in the Greek Job, SBL.SCSt 38, Atlanta 1995. GERSTENBERGER, E.S., Der bittende Mensch. Bittritual und Klagelied des Einzelnen im Alten Testament, WMANT 59, Neukirchen-Vluyn 1980. —, Psalms, Part 1, with an Introduction to Cultic Poetry, FOTL 14, Grand Rapids, MI 1988. GOODMAN, L.E., The Book of Theodicy. Translation and Commentary on the Book of Job by Saadiah ben Joseph al-Fayy¾m¿, transl. from the Arabic with a Philosophic Commentary by L.E. Goodman, YJS 25, New Haven, MA/ London, UK 1988. GORDIS, R., The Book of God and Man. A Study of God, Chicago, IL/ New York NY 1965. —, The Book of Job. Commentary, New Translation, and Special Studies, MorS II, New York 1978. —, Elihu the Intruder. A Study of the Authenticity of Job (Chapters 32–33), in: Altmann, A. (Hg.), Biblical and Other Studies, STLI 1, Cambridge, MA 1963, 60–78. —, Quotations as a Literary Usage in Biblical, Oriental and Rabbinic Literature, in: HUCA 22 (1949), 157–220. GREENBERG, M., Ezechiel 1–20, mit einem Vorw. v. E. Zenger, HThKAT, Freiburg i.Br. u.a. 2001. GREENSPAHN, F.E., Hapax Legomena in Biblical Hebrew. A Study of the Phenomenon and its Treatment since Antiquity with special Reference to verbal Forms, SBL.DS 74, Chico, CA 1984. GUGGISBERG, F., Die Gestalt des Mal‘ak Jahwe im Alten Testament, Lyss 1979. HABEL, N.C., The Book of Job, Cambridge 1975. —, The Book of Job. A Commentary, OTL, Philadelphia, PA 1985. —, The Role of Elihu in the Design of the Book of Job, in: Barrick, W.B., Spencer, J.R. (Hg.), In the Shelter of Elyon. Essays on Ancient Palestinian Life and Literature in Honor of G.W. Ahlström, JSOT.S 31, Sheffield 1984, 81–98. HARTLEY, J.E., The Book of Job, NICOT, Grand Rapids, MI 1988. HENGEL, M., Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2.Jh.v.Chr., dritte durchg. Aufl., Tübingen 1988. HERDER, J.G., Vom Geist der Ebräischen Poesie. Eine Anleitung für die Liebhaber derselben und der ältesten Geschichte des menschlichen Geistes, Erster Theil, 1782, Herders Werke XXXIII, Religion und Theologie, Karlsruhe 1826. HERTZBERG, H.W., Das Buch Hiob, Bibelhilfe für die Gemeinde, Stuttgart 1949. HESSE, F., Hiob, ZBK 14, Zürich 1978. HODGES, W., Elihu. or, An Inquiry into the Principal Scope and Design of the Book of Job, London 1751. HÖLSCHER, G., Das Buch Hiob, HAT 17, Tübingen 21952. HOFFMAN, Y., The Book of Job as a Trial. A Perspecitve from a Comparison to Some Relevant Ancient Near Eastern Texts, in: Krüger, Th. et al. (Hg.), Das Buch Hiob und
Literaturverzeichnis
257
seine Interpretationen. Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.–19. August 2005, AThANT 88, Zürich 2007, 21–31. —, A Blemished Perfection. The Book of Job in Context, JSOT.S 213, Sheffield 1996. HORST, F., Hiob, 1.Teilband, Hiob 1–19, BK 16/1, Neukirchen-Vluyn 41983. HOSSFELD, F.-L./ ZENGER, E., Die Psalmen. Psalm 1–50, NEB.AT, Würzburg 1993. —, Psalmen 51–100, HThKAT, Freiburg i.Br. 2000. —, Psalmen 101–150, HThKAT, Freiburg i.Br. u.a. 2008. IRWIN, W.A., The Elihu Speeches in the Criticism of the Book of Job, in: JR 17/1 (1938), 37–47. J ANOWSKI, B., Auslösung des verwirkten Lebens. Zur Geschichte und Struktur der biblischen Lösegeldvorstellung, in: Ders., Gottes Gegenwart in Israel. Beiträge zur Theologie des Alten Testaments, Neukirchen-Vluyn 1993, 5–39. —, Konfliktgespräche mit Gott. Eine Anthropologie der Psalmen, zweite und erw. Aufl., Neukirchen-Vluyn 2006. —, Sühne als Heilsgeschehen. Traditions- und religionsgeschichtliche Studien zur Sühnetheologie der Priesterschrift, WMANT 55, zweite durchg. und um einen Anh. erw. Aufl., Neukirchen-Vluyn 2000. —, Die Tat kehrt zum Täter zurück. Offene Fragen im Umkreis des ‚Tun-Ergehen-Zusammenhangs‘, in: ZThK 91 (1994), 247–271. —, Art. Vergeltung II. Altes Testament, in: RGG4 8, Tübingen 2005, 1000. J ASSEN, A.P., Mediating the Divine, Prophecy and Revelation in the Dead Sea Scrolls and in Second Temple Judaism, Leiden, NL/ Boston, MA 2007. J ASTROW, M., The Book of Job. Its Origin, Growth and Interpretation, Together with a new Translation, based on a Revised Text, Philadelphia, PA/ London, UK 1920. JEPSEN, A., Art. , in: ThWAT 2, 822–835. JEREMIAS, G., Der Lehrer der Gerechtigkeit, StUNT 2, Göttingen 1963. JEREMIAS, Joachim, Das Lösegeld für Viele (Mk 10,45), in: Ders., Abba. Studien zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte, Göttingen 1966, 216–229. JEREMIAS, Jörg, Der Prophet Amos, übers. und erkl., ATD 24/2, Göttingen 1995. J OHANSSON, N., Parakletoi. Vorstellungen von Fürsprechern für die Menschen vor Gott in der alttestamentlichen Religion, im Spätjudentum und Urchristentum, Lund 1940. J OHNS, D.A., The Literary and Theological Function of the Elihu Speeches in the Book of Job, unveröffentlichte Dissertation [microfiche 1984–1265, Princeton Theological Seminary], 1983. J OHNSON, B., Art. +#,, in: ThWAT 6, Stuttgart/ Berlin/ Köln 1989, 898–924. KAISER, G./ MATHYS, H.-P., Das Buch Hiob. Dichtung als Theologie, BThSt 81, Neukirchen-Vluyn 2006. KAISER, O., Die mythische Bedeutung des Meeres in Ägypten, Ugarit und Israel, BZAW 78, Berlin 1959. —, Das Buch Hiob, übers. und eingel., Stuttgart 2006. —, Der Gott des Alten Testaments. Wesen und Wirken. Theologie des Alten Testaments Teil 3. Jahwes Gerechtigkeit, UTB 2392, Göttingen 2003, 269ff. —, Der Prophet Jesaja. Kapitel 13–39, ATD 18, Göttingen 1973. KEEL, O./ UEHLINGER, C., Göttinnen, Götter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen, Freiburg i.Br. 41998. KLINGER, B., Im und durch das Leiden lernen. Das Buch Ijob als Drama, BBB 155, Hamburg 2007. KNAUF, E.A., Ijobs multikulturelle Heimat, in: BiKi 59 (2004/2), 64–67.
258
Literaturverzeichnis
KOCH, K., Der Gott Israels und die Götter des Orients. Religionsgeschichtliche Studien II, zum 80. Geburtstag von K. Koch, hg.v. Hartenstein, F./ Rösel, M., FRLANT 216, Göttingen 2007. —, Monotheismus und Angelologie, in: Dietrich, W./ Klopfenstein, M.A. (Hg.), Ein Gott allein? JHWH-Verehrung und biblischer Monotheismus im Kontext der israelitischen und altorientalischen Religionsgeschichte, OBO 139, Freiburg (CH)/ Göttingen 1994, 565–581. KÖHLMOOS, M., Das Auge Gottes. Textstrategie im Hiobbuch, FAT 25, Tübingen 1999. —, Art. Weisheit/ Weisheitsliteratur II. Altes Testament, in: TRE 35, Berlin/ New York 2003, 486–497. KÖNIG, E., Stilistik, Rhetorik, Poetik. In Bezug auf die biblische Literatur, komparativisch dargestellt, Leipzig 1900. KRATZ, R.G., Innerbiblische Exegese und Redaktionsgeschichte im Lichte empirischer Evidenz, in: Ders., Das Judentum im Zeitalter des Zweiten Tempels, FAT 42, Tübingen 2004, 126–156. —, Gottes Geheimnisse. Vorherbestimmung und Heimsuchung in den Schriften vom Toten Meer, in: ders./ Spieckermann, H. (Hg.), Vorsehung, Schicksal und göttliche Macht. Antike Stimmen zu einem aktuellen Thema, Tübingen 2008, 125–146. —, Art. Redaktionsgeschichte/ Redaktionskritik I, in: TRE 28, Berlin/ New York 1997, 367–378. KRATZ, R.G./ SPIECKERMANN, H. (Hg.), Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder. Polytheismus und Monotheismus in der Welt der Antike, Bd.1, FAT II/17, zweite durchg. Aufl., Tübingen 2009. [ 12006] KRÜGER, Th., Kohelet (Prediger), BK 19, Sonderband, Neukirchen 2000. KRÜGER, Th./ OEMING, M./ SCHMID, K./ UEHLINGER, Chr. (Hg.), Das Buch Hiob und seine Interpretationen. Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.–19. August 2005, AThANT 88, Zürich 2007. KUHL, C., Vom Hiobbuche und seinen Problemen, in: ThR 22 (1954), 261–316. —, Neuere Literarkritik des Buches Hiob, in: ThR 21 (1953), 163–205. —, Neuere Literarkritik des Buches Hiob (Fortsetzung), in: ThR 21 (1953), 257–317. —, Die „Wiederaufnahme“ – ein literarkritisches Prinzip?, in: ZAW 64 (1952), 1–11. LANCKAU, J., Der Herr der Träume. Eine Studie zur Funktion des Traumes in der Josefsgeschichte der Hebräischen Bibel, AThANT 85, Zürich 2006. LANG, B., Art. (, in: ThWAT 4, Stuttgart/ Berlin u.a. 1984, 303–318. —, Art. Monotheismus, in: HRWG 4, Stuttgart/ Berlin/ Köln 1998, 148–165. LANGE, A., Weisheit und Prädestination. Weisheitliche Urordnung und Prädestination in den Textfunden von Qumran, StTDJ 18, Leiden/ Boston 1995. —, Art. Weisheitsliteratur, II. Altes Testament, in: RGG4 8, Tübingen 2005, 1366–1369. LÉVÊQUE, J., Job et son Dieu. Essai d’exégèges et de Théologie biblique, 2 Bde., EtB, Paris 1970. LINDSTRÖM , F., Suffering and Sin. Interpretations of Illness in the Individual Complaint Psalms, Stockholm 1994. LÖHNERT, A./ ZGOLL, A., Art. Schutzgott, in: RLA, Bd. 12, Lieferung 3/4, Berlin/ New York 2010, 201–207. LYNCH, M.J., Bursting at the Seams. Phonetic Rhetoric in the Speeches of Elihu, in: JSOT 30/3 (2006), 345–364. MAAG, V., Hiob. Wandlung und Verarbeitung des Problems in Novelle, Dialogdichtung und Spätfassungen, FRLANT 128, Göttingen 1982. MACDONALD, N., Deuteronomy and the Meaning of „Monotheism“, FAT II 1, Tübingen 2003.
Literaturverzeichnis
259
MACH, M., Entwicklungsstadien des jüdischen Engelglaubens in vorrabbinischer Zeit, TSAJ 34, Tübingen 1992. MACK, H., Job and the Book of Job in Rabbinic Literature. Ela Mashal Haya, Ramat-Gan 2004. [Hebräisch: $
] MAGDALENE, F.R., On the Scales of Righteousness. Neo-Babylonian Trial Law and the Book of Job, BJSt 348, Providence/ Rhode Island 2007. MAIER, J., Die Qumran-Essener. Die Texte vom Toten Meer, Bd. 1, UTB 1862, München 1995. MARTIN, G.W., Elihu and the third Cycle in the Book of Job, Ph.D.-Dissertation, Princeton University, Princeton, NJ 1972. MCCABE, R.V., The Significance of the Elihu Speeches in the Context of the Book of Job, unveröff. Dissertation am Grace Theological Seminary [microfiche 1984–1649, Princeton Theological Seminary], 1985. MCCARTER, P.K., II Samuel, AncB 9, Garden City, New York, 1984. MEIER, S.A., Art. Angel I, in: Dictionary of Deities and Demons in the Bible, hg.v. van der Toorn, K./ Becking, B./ van der Horst, P.W., DDD, Leiden/ Boston 1995, 81–90. MENDE, T., Durch Leiden zur Vollendung. Die Elihureden im Buch Ijob (Ijob 32–37), TThSt 49, Trier 1990. M ICHAELIS, J.D., Kurze, doch gründliche Erklärung des Buchs Hiob, hg.v. Meintel, D.J.G., Nürnberg 1771. —, Deutsche Übersetzung des Alten Testaments, mit Anmerkungen für Ungelehrte, Der erste Theil, welcher das Buch Hiobs enthält, zweite, verb. und vermehrte Ausgabe, Göttingen/ Gotha 1773. M ILGROM, J., Leviticus 17–22. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 3A, New York/ London/ Toronto/ Sydney/ Auckland 2000. M ILLER, P.C., Dreams in Late Antiquity, Studies in the Imagination of a Culture, Princeton, NJ 1994. MORAN, W.L., Ancient Near Eastern Background of the Love of God in Deuteronomy, in: CBQ 25/1 (1963), 77–87. MÜLLER, H.-P., Das Hiobproblem. Seine Stellung und Entstehung im Alten Orient und im Alten Testament, EdF 84, Darmstadt 21988. —, Art. Monotheismus und Polytheismus, II. Altes Testament, in: RGG4 5, Tübingen 2002, 1459–1462. MÜLLNER, I., Literarische Diachronie in den Elihureden des Ijobbuches (Ijob 32–37), in: Hossfeld, F.-L./ Schwienhorst-Schönberger, L. (Hg.), Das Manna fällt auch heute noch. Beiträge zur Geschichte und Theologie des Alten, Ersten Testaments, FS E. Zenger, Freiburg i.Br. 2004, 447–469. MURPHY, R.E., Wisdom Literature. Job, Proverbs, Ruth, Canticles, Ecclesiastes, and Esther, FOTL 13, Grand Rapids, MI 1983. NEWSOM, C.A., Art. Book of Job, in: Schiffman, L.H. (Hg.), Encyclopedia of the Dead Sea Scrolls, Bd. 1, Oxford 2000, 412–413. —, The Book of Job. A Contest of Moral Imaginations, Oxford 2003. —, Elihu’s Sapiential Hymn (Job 36,24–37,13). Genre, Rhetoric and Moral Imagination, in: Sandoval, T.J./ Mandolfo, C., Relating to the Text. Interdisciplinary and FormCritical Insights on the Bible, JSOT.S 384, London/ New York 2003, 160–174. —, Considering Job, in: CRBS 1 (1993), 87–118. —, Re-Considering Job, in: CBR 5/2 (2007), 155–182. N ICHOLS, H.H., The Composition of the Elihu Speeches, in: AJSL 27/2 (1911), 97–186. OEMING, M., „Ich habe ein Lösegeld gefunden!“ (Hi 33,23) Der angelus intercessor und der „Gnadenschatz im Himmel“ als Metaphern für das Wirken Gottes zum Heil des
260
Literaturverzeichnis
Menschen, in: Bernhardt, R. (Hg.), Metapher und Wirklichkeit. Die Logik der Bildhaftigkeit im Reden von Gott, Mensch und Natur, FS D. Ritschl, Göttingen 1999, 89– 101. OEMING, M./ SCHMID, K. (Hg.), Der eine Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel, AThANT 82, Zürich 2003. OSWALD, W., Nathan der Prophet. Eine Untersuchung zu 2 Samuel 7 und 12 und 1 Könige 1, AThANT 94, Zürich 2008. OSWALT, J.N., The Book of Isaiah, Chapters 40–66, NICOT, Grand Rapids, MI/ Cambridge, UK 1998. PERDUE, L.G., Wisdom Literature. A Theological History, Louisville, KY 2007. PERLITT, L., Gott als Schicksal. Schuld und Geschick im Alten Testament, in: Ders., Allein mit dem Wort. Theologische Studien, zum 65. Geburtstag von L. Perlitt, hg.v. Spieckermann, H., Göttingen 1995, 132–145. PETERS, N., Das Buch Job, EHAT 21, Münster i.W. 1928. PETRY, S., Die Entgrenzung JHWHs. Monolatrie, Bilderverbot und Monotheismus im Deuteronomium, in Deuterojesaja und im Ezechielbuch, FAT II 27, Tübingen 2007. PREUß , H.D., Einführung in die alttestamentliche Weisheitsliteratur, UTB 383, Stuttgart/ Berlin/ Köln/ Mainz 1983. P OPE, M.H., Job, AncB 15, New York 1965. REITERER, F.V. (Hg.), Das Verhältnis Ijobs und Ben Sira, in: Beuken, W.A.M (Hg.), The Book of Job, BEThL 114, Leuven 1994, 405–429. —, (Hg.), Angels. The Concept of Celestial Beings. Origins, Development and Reception, Berlin/ New York 2007. REMUS, M., Menschenbildvorstellungen im Ijob-Buch. Ein Beitrag zur alttestamentlichen Anthropologie, BEAT 21, Frankfurt a.M./ Berlin/ Bern/ New York/ Paris/ Wien 1993. R INGGREN, H., Art. , in: ThWAT 2, Berlin u.a. 1977, 874–898. ROFÉ, A., Revealed Wisdom. From the Bible to Qumran, in: Sapiential Perspectives. Wisdom Literature in Light of the Dead Sea Scrolls, Proceedings of the 6th International Symposium of the Orion Center for the Study of the Dead Sea Scrolls and Associated Literature, 20–22 May, 2001, Collins, J.J./ Sterling, G.E./ Clements, R.A. (Hg.), StTDJ 51, Leiden/ Boston 2004, 1–11. ROHDE, M., Der Knecht Hiob im Gespräch mit Mose. Eine traditions- und redaktionsgeschichtliche Studie zum Hiobbuch, ABG 26, Zürich 2007. RUDNIG, T.A., Davids Thron. Redaktionskritische Studien zur Geschichte von der Thronnachfolge Davids, BZAW 358, Berlin/ New York 2006. SAUER, G., Jesus Sirach/ Ben Sira, ATD.A 1, Göttingen 2000. SCHMID, K., The Authors of Job and Their Historical and Social Setting, in: Perdue, L.G. (Hg.), Scribes, Sages, and Seers. The Sage in the Eastern Mediterranean World, FRLANT 219, Göttingen 2008, 145–153. —, Differenzierungen und Konzeptualisierungen der Einheit Gottes, in: Oeming, M./ Schmid, K. (Hg.), Der eine Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel, AThANT 82, Zürich 2003, 11–38. —, Literaturgeschichte des Alten Testaments. Eine Einführung, Darmstadt 2008. —, Innerbiblische Schriftdiskussion im Hiobbuch, in: Krüger, Th. u.a. (Hg.), Das Buch Hiob und seine Interpretationen. Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.–19. August 2005, AThANT 88, Zürich 2007, 241–261. SCHÖPFLIN, K., God’s Interpreter. The Interpreting Angel in Post-Exilic Prophetic Visions of the Old Testament, in: Reiterer, F.V. (Hg.), Angels. The Concept of Celestial Beings. Origins, Development and Reception, Berlin/ New York 2007, 189–203.
Literaturverzeichnis
261
SCHOLNICK , S.H., The Meaning of Mišpa¨ in the Book of Job, in: JBL 101/4 (1982), 521–529. SCHREINER, S.E., Where Shall Wisdom be Found? Calvin’s Exegesis of Job from Medieval and Modern Perspectives, Chicago, IL/ London, UK 1994. SCHROER, S., Die Samuelbücher. Neuer Stuttgarter Kommentar AT 7, Stuttgart 1992. SCHULTZ, C. The Cohesive Issue of mišpa¨ in Job, in: J.E. Coleson/ V.H. Matthews, “Go to the Land I will Show You”. Studies in Honor of Dwight W. Young, Winona Lake, IN 1996, 159–175. SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, L., Das Buch Ijob, in: Zenger, E. u.a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, Studienbücher Theologie 1.1, siebte durchg. und erw. Aufl., Stuttgart 2008, 335–347. —, Ijob. Vier Modelle der Interpretation, in: Seidl, Th. (Hg.), Das Buch Ijob. Gesamtdeutungen, Einzeltexte, zentrale Themen, ÖBS 32, Frankfurt a.M. u.a. 2007, 21–37. SEEBASS, H., Art. $(!, in: ThWAT 5, Berlin u.a. 1986, 531–555. SEOW, C.-L., Commentary on the Book of Job, Princeton 2008–2009 (unveröffentlichtes Manuskript). —, Job‘s G‘l, again, in: Witte, M. (Hg.), Gott und Mensch im Dialog, FS O. Kaiser, BZAW 345/2, Berlin/ New York 2004, 689–709. —, Elihu as Intermediary, Princeton 2009, 1–44 (unveröffentlichtes Manuskript). SEYBOLD, K., Das Gebet des Kranken im Alten Testament. Untersuchungen zur Bestimmung und Zuordnung der Krankheits- und Heilungspsalmen, BWANT 99, Stuttgart 1973. SHEPHERD, D., Targum and Translation. A Reconsideration of the Qumran Aramaic Version of Job, SSN 45, Assen 2004. S ITZLER, D., Vorwurf gegen Gott. Ein religiöses Motiv im Alten Orient (Ägypten und Mesopotamien), StOR 32, Wiesbaden 1995. SNAITH, N.H., The Book of Job. Its Origin and Purpose, StBT 2, Serie 11, London 1968. SPEISER, E.A., ‘Ed in the Story of Creation, in: BASOR 140/12 (1955), 9–11. SPIECKERMANN, H., Gott im Gleichnis der Welt. Die Stellung der Weisheit in der Theologie des Alten Testaments, in: Oeming, M./ Schmid, K./ Welker, M. (Hg.), Das Alte Testament und die Kultur der Moderne, ATM 8, Münster 2004, 99–115. [Gleichnis] —, Gott und die Nacht. Beobachtungen im Alten Testament, Communio 36 (2007), 434– 443. [Nacht] —, Wenn Gott schweigt. Jüdische Gedanken zu Schicksal und Vorsehung aus hellenistischer Zeit, in: Kratz, R.G./ Spieckermann, H. (Hg.), Vorsehung, Schicksal und göttliche Macht. Antike Stimmen zu einem aktuellen Thema, Tübingen 2008, 104–124. —, Heilsgegenwart. Eine Theologie der Psalmen, FRLANT 148, Göttingen 1989. —, Art. Hiob/ Hiobbuch, in: RGG4 3, Tübingen 2000, 1777–1781. —, Mit der Liebe im Wort. Ein Beitrag zur Theologie des Deuteronomiums, in: Liebe und Gebot. Studien zum Deuteronomium, FS L. Perlitt, hg.v. Kratz, R.G./ Spieckermann, H., FRLANT 190, Göttingen 2000, 190–205. —, Gottes Liebe zu Israel. Studien zur Theologie des Alten Testaments, FAT II 33, Tübingen 2004. —, Recht und Gerechtigkeit im Alten Testament. Politische Wirklichkeit und metaphorischer Anspruch, in: Mehlhausen, J. (Hg.), Recht – Macht – Gerechtigkeit, VWGTh 14, Gütersloh 1998, 253–273. —, Die Satanisierung Gottes. Zur inneren Konkordanz von Novelle, Dialog und Gottesreden im Hiobbuch, in: ‚Wer ist wie du, Herr, unter den Göttern?’ Studien zur Theologie und Religionsgeschichte Israels, FS O. Kaiser, hg.v. Kottsieper, I./ van Oorschot, J./ Römheld, D./ Wahl, H.-M., Göttingen 1994, 431–444.
262
Literaturverzeichnis
—, Art. Stellvertretung, II. Altes Testament, in: TRE 32, Berlin/ New York 2001, 135– 137. STAPLES, W.E., The Elihu Speeches. A Study of Job xxxii–xxxvii, University of Toronto Studies. Philological Series No. 8, Toronto 1924. STARK, C., „Kultprostitution“ im Alten Testament? Die Qedeschen der Hebräischen Bibel und das Motiv der Hurerei, OBO 221, Freiburg (CH)/ Göttingen 2006. STICKER, J.G., Das Buch Hiob, Leipzig 1842. STIGLMAIR, A., Art. /
, in: ThWAT 4, Stuttgart u.a. 1984, 552–562. STIPP, H.-J., Die Qedešen im Alten Testament, in: Hagedorn, A.C./ Pfeiffer, H. (Hg.), Die Erzväter in der biblischen Tradition. FS M. Köckert, BZAW 400, Berlin/ New York 2009, 209–240. STOLZ, F., Die Einführung in den biblischen Monotheismus, Darmstadt 1996. STRAHAN, J., The Book of Job interpreted, Edinburgh 1913. STRAUß , H., Hiob, 2. Teilband 19,1–42,17, BK 16/2, Neukirchen-Vluyn 2000. STUHLMANN, M.H., Hiob. Ein religiöses Gedicht, aus dem Hebräischen neu übers., geprüft und erläutert, Hamburg 1804. SYRING, W.-D., Hiob und sein Anwalt. Die Prosatexte des Hiobbuches und ihre Rolle in seiner Redaktions- und Rezeptionsgeschichte, BZAW 336, Berlin/ New York 2004. T IGAY, J.H., Deuteronomy. The JPS Torah Commentary, The traditional Hebrew Text with the New JPS Translation, Philadelphia/ Jerusalem 1996. TOCZYNER, H., Das Buch Hiob. Eine kritische Analyse des überlieferten Hiobtextes, Wien/ Berlin 1920. TOV, E., Scribal Practices and Approaches Reflected in the Texts Found in the Judean Desert, StTDJ 54, Leiden/ Boston 2004. TREVES, M., The Book of Job, in: ZAW 107 (1995), 261–272. TSEVAT, M., The Meaning of the Book of Job and other Biblical Studies. Essays on the Literature and Religion of the Hebrew Bible, New York 1980. TUR-SINAI, N.C., Das Buch Hiob mit einer neuen Erklärung, Jerusalem 1972. [Hebräisch: " (s] UEHLINGER, Chr., Das Hiob-Buch im Kontext der altorientalischen Literatur- und Religionsgeschichte, in: Krüger, Th. et al. (Hg.), Das Buch Hiob und seine Interpretationen. Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.–19. August 2005, AThANT 88, Zürich 2007, 97–163. VAN DER LUGT, P., Rhetorical Criticism and the Poetry of the Book of Job, OTS 32, Leiden/ New York/ Köln 1995. VAN OORSCHOT, J., Die Entstehung des Hiobbuches, in: Krüger, Th. et al. (Hg.), Das Buch Hiob und seine Interpretationen. Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.–19. August 2005, AThANT 88, Zürich 2007, 165–184. —, Gottes Gerechtigkeit und Hiobs Leid, in: ThBeitr 30 (1999), 202–213. —, Tendenzen der Hiobforschung, in: ThR 60 (1995), 351–388. VANONI, G., Art. $, in: ThWAT 7, Berlin u.a. 1993, 761–781. VEIJOLA, T., Das 5. Buch Mose. Deuteronomium. Kapitel 1,1–16,17, ATD 8/1, Göttingen 2004. [Deuteronomium] VELTHUSEN, J.C., Sermonum Eliae Busitae, carminibus religiosis antiquissimis intertextorum ex Iobi Cap. XXXII–XXXVII, Rostock 1789/1790, in: Commentationes Theologicae, hg.v. Velthusen, J.C./ Kuinoel, C.T./ Ruperti, G.A., Bd. 2, Leipzig 1795. VERMEYLEN, J., Job, ses Amis et son Dieu. La Légende de Job et ses Relectures Postexiliques, StB 2, Leiden 1986.
Literaturverzeichnis
263
—, „Pour justifier mon Créateur“ Les discours d’Élihou (Job 32–37) et leur histoire littéraire, in: Witte, M. (Hg.), Gott und Mensch im Dialog, FS O. Kaiser, BZAW 345, Berlin/ New York 2004, 745–773. V IVIERS, H., Elihu (Job 32–37). Garrulous but Poor Rhetor? Why is he ignored? in: Porter, S.E./ Olbricht, T.H. (Hg.), The Rhetorical Analysis of Scripture. Essays from the 1995 London Conference, JSNT.S 146, Sheffield 1997, 137–153. VOLZ, P., Weisheit. Das Buch Hiob, Sprüche und Jesus Sirach, Prediger, übers. und erkl. v. P. Volz, SAT III/2, Göttingen 1911. 10 VON RAD, G., Das erste Buch Mose. Genesis, ATD 2–4, Göttingen 1976. [Genesis] —, Theologie des Alten Testaments, Bd. 1, Die Theologie der geschichtlichen Überlieferungen Israels, München 1966. —, Theologie des Alten Testaments, Bd. 2, Die Theologie der prophetischen Überlieferungen Israels, München 1962. —, Weisheit in Israel, Neukirchen-Vluyn 1970. VRIEZEN, T.C./ VAN DER WOUDE, A.S., Ancient Israelite and Early Jewish Literature, transl. by Doyle, B., Leiden/ Boston 2005. W AGNER, M., Die lexikalischen und grammatikalischen Aramaismen im alttestamentlichen Hebräisch, BZAW 96, Berlin 1966. W AGNER, S., Art. , in: ThWAT 1, Stuttgart u.a. 1973, 353–373. W AHL, H.-M., Ein Beitrag zum alttestamentlichen Vergeltungsglauben am Beispiel von Hiob 32–37, in: BZ 36/2 (1992), 250–255. —, Elihu, Frevler oder Frommer? Die Auslegung des Hiobbuches (Hi 32–37) durch ein Pseudepigraphon (TestHi 41–43), in: JSJ 25 (1994), 1–17. —, Seit wann gelten die Elihureden (Hi 32–37) als Einschub? Eine Bemerkung zur Forschungsgeschichte, in: BN 63 (1992), 58–61. —, Das „Evangelium“ Elihus (Hiob 32–37), in: Beuken, W.A.M. (Hg.), The Book of Job, BEThL 114, Leuven 1994, 356–361. —, Der gerechte Schöpfer. Eine redaktions- und theologiegeschichtliche Untersuchung der Elihureden – Hiob 32–37, BZAW 207, Berlin 1993. W ATERS, L.J., The Authenticity of the Elihu Speeches in Job 32–37, in: BSTR 156/01–03 (1999), 28–41. —, Elihu’s Theology and his View of Suffering, in: BSTR 156/04–09 (1999), 143–159. W ATSON, R.A., The Book of Job, New York 1892. W ATSON, W.G.E., Classical Hebrew Poetry. A Guide to its Techniques, JSOT.S 26, Sheffield 1984. W EBER, B., Werkbuch Psalmen I. Die Psalmen 1 bis 72, Stuttgart/ Berlin/ Köln 2001. W EINBERG, J., Was Elihu, the Son of Barachel, the Author of the Book of Job? A Hypothesis, in: Transeuphratène 16 (1998), 149–166. W EINFELD, M., Deuteronomy 1–11. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 5, New York/ London/ Toronto/ Sydney/ Auckland 1991. —, Social Justice in Ancient Israel and in the Ancient Near East, Jerusalem/ Israel, Minneapolis, MN 1995. W EISER, A., Das Buch Hiob, ATD 13, vierte durchg. Aufl., Göttingen 1963. W ELLHAUSEN, J., Israelitische und jüdische Geschichte, mit einem Nachwort v. R. Smend, 10. Aufl., Berlin/ New York 2004. W ESTERMANN, C., Der Aufbau des Buches Hiob, mit einer Einf. in die neuere Hiobforschung von J. Kegler, CThM.BW 6, zweite erw. Aufl., Stuttgart 1977 [ 11956]. —, Das Buch Genesis, Genesis 1–11, BK I/1, Neukirchen-Vluyn 1974. —, Das Buch Jesaja. Kapitel 40–66, ATD 19, Göttingen 41981. W HYBRAY, R.N., Job. Readings, A New Biblical Commentary, Sheffield 1998.
264
Literaturverzeichnis
W ILSON, L., The Role of the Elihu Speeches in the Book of Job, in: RTR 55/2 (1996), 81–94. W ITTE, M., The Greek Book of Job, in: Krüger, Th./ Oeming, M./ Schmid, K./ Uehlinger, Chr., Das Buch Hiob und seine Interpretationen. Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.–19. August 2005, AThANT 88, Leipzig 2007, 33–54. —, Noch einmal: Seit wann gelten die Elihureden im Hiobbuch (Kap. 32–37) als Einschub? in: BN 67 (1993), 20–25. —, Ist auch Hiob unter den Propheten? Sir 49,9 als Testfall für die Auslegung des Buches Jesus Sirach, Kleine Untersuchungen zur Sprache des Alten Testaments und seiner Umwelt 8/9 (2008), 163–194. —, Vom Leiden zur Lehre. Der dritte Redegang (Hiob 21–27) und die Redaktionsgeschichte des Hiobbuches, BZAW 230, Berlin/ New York 1994. —, Philologische Notizen zu Hiob 21–27, BZAW 234, Berlin/ New York 1995. —, Hiobs „Zeichen“ (Hiob 31,35–37), in: Witte, M. (Hg.), Gott und Mensch im Dialog, FS O. Kaiser, BZAW 344, Berlin/ New York 2004, 723–742. ZERAFA, P., The Wisdom of God in the Book of Job, Rom 1978. ZGOLL, A., Traum und Welterleben im antiken Mesopotamien. Traumtheorie und Traumpraxis im 3.–1. Jahrtausend v.Chr. als Horizont einer Kulturgeschichte des Träumens, AOAT 333, Münster 2006. ZIMMERLI, W. Ezechiel. 1. Teilband, Ezechiel 1–24, BK 13/1, Neukirchen-Vluyn 1969. ZOBEL, H.-J., Art. j$, in: ThWAT 7, Stuttgart u.a. 1993, 966–974. ZUCKERMAN, B., Job the Silent. A Study in Historical Counterpoint, New York/ Oxford 1991.
Stellenregister (Auswahl) Genesis 2–3 2,7 2,20 3,19 15,6 18,25 25,21 32,31 33,10
29, 142 142f., 203, 205 98 203f. 29 29 63, 64 29 29, 184
Exodus 8,26 10,18 21,30 24,11 30,12 33,11 33,20 33,29
63, 64 63, 64 156, 159 184 156, 159 29, 184 29 184
Numeri 35,31f.
156, 159
Deuteronomium 9,7 11,26 14,24 24,12–15 25,1 30,5 30,15–20 32,7 33,23 33,26
122 28, 173, 241 60 172 29, 173 60 28, 173f., 241 122 183 95
Judices 13,8 14,5
63, 64 220
Samuel I Sam 2,10 I Sam 7,10 I Sam 12,3 I Sam 17,44 II Sam 22,14
220 220 156, 159 98 220
Regum II Reg 9,25
122
Jesaja 5,6 5,29f. 17,7 27,11 42,1–5 43,1 43,3f. 44,1–8 44,2 44,5 45,4 45,8 45,12 49,5 51,13
220 220 210 210 29, 142 29, 157, 217, 239 29, 156f., 158f., 233 29, 216 216, 239 56 56 95 220 216, 239 217, 239
Jeremia 9,9 10,13 18,17 21,8f. 25,30 51,9 51,16
98 219 184 28, 174, 241 220 95 219
Ezechiel 3,24–27 14,14–20
171 30
266
Stellenregister
Hosea 8,14 11,10
217 220
Joel 4,16
220
Amos 1,2 3,4 3,8 5,12
220 220 220 156
Psalmen 11,7 17,15 18,10–20 18,14 29,3 30,9–11 36,6 49,8 57,11 68,9 68,34–36 78,23 90,3 97,4 104,2 104,7 104,13 104,21 104,29f. 108,5 135,5–7 144,6 146,4 147 148 148,5
184 184 219 220 220 155f. 95 159, 160, 233 95 219 219 95, 220 204f. 220 220 220 220 220 204 95 219 220 204 219 219, 220 220
Hiob 1,1–2,13 1,6–12 1,1 1,5 1,8 1,9 1,10f. 1,21
1, 27 1, 2, 59, 150, 163 30, 154, 223 49 30, 81, 154, 223 89, 223 49 49, 96, 101
2,1–10 2,3 2,5 2,6 2,9 2,11 2,11–13 3–31 3,3–7 3,10–13 3,16 3,20 4,7 4,9 4,12–21 4,17 5,9 5,17f. 6,4 6,28 7,14 8,2 8,3 8,5 8,6 9,2 9,3 9,10 9,15–22 9,15 9,20–22 9,32 9,33 10,2 10,6 10,7 10,9–12 10,15 12–14 12,7–9 12,12 13 13,6 13,8 13,17 13,18–23 13,22f. 13,24
1, 2, 59, 150, 163, 233 81, 89, 154, 233 49, 151–153 151–153 49 48 49, 75 1, 11, 27, 36, 199 238 238 238 238 122 141 144–146, 167, 192, 232 93, 101, 192–195, 197, 202 126 147f., 167 78 78 145, 232 198 196f. 155, 233 186 48, 59, 67, 187, 192f., 195, 202 191 126 48, 59, 67, 186, 196 77, 88, 187, 195 187, 191–193, 195 170, 191, 196f., 198 170, 196 191 96, 101 48, 59, 67, 187, 195 238 77, 88, 172, 186f., 195 16, 57 98 53, 57 31, 32 191 191 57 48, 59, 67, 186, 188, 191 96, 101 60, 67
Stellenregister 13,27 14 14,3 14,16 15,3 15,14 15,17 15,20–35 16,17 18,5–21 19,7 19,11 19,21 19,26f. 20,5–29 20,8 21 21,15 22,2 22,3f. 22,4–9 22,21 22,23–30 23,4–7 23,7 23,10–12 25 25,4 27 27,1 27,2–6 27,2 27,3 27,5 27,6 27,7 27,13 28 28,21 28,28 29–31 29,1 29,2–6 29,12 29,14 29,16 30,13 30,16
60, 67 31, 32 191, 196f., 198 96, 101 96, 101, 147 192–195, 197, 202 57 199, 201, 202, 240 48, 59, 67 199, 201, 202, 240 188 60 155, 233 184 199, 201, 202, 240 145, 232 14, 199, 201, 202, 240 79, 89, 101 79, 89, 96, 101 147f., 191, 192, 194–197 190, 194, 200, 201, 202 96, 101 155 188, 189, 191 48, 59, 67 48, 59, 67 47 192–194, 202 16 116, 129, 131 78, 89, 188, 189, 191, 195, 198, 212 78, 89, 212 141 48, 59, 67 30, 48, 59, 67 199 199 15, 16 98, 101 15 3, 11, 12, 26 116, 129, 131 189 172, 189 189 191 96 172
30,27 31,6 31,13–21 31,13 31,15 31,16 31,30 31,35 31,40 32–37
32
32,1
32,2–5
32,2 32,5 32,6 32,6–22 32,6–10 32,8
32,11–16 32,12 32,13 32,17 32,18–22 32,21f. 33
267 172 48, 59, 67 48, 59, 67 190f. 216 190 48, 59, 67 7, 29 15, 48 1, 3, 11, 12, 16, 17, 18, 19, 20, 23, 24, 25, 26, 34, 35, 231 11, 16, 18–20, 25, 36, 37–40, 76f., 87, 139, 178, 208, 238 3, 15, 30, 36, 37, 45–49, 49–52, 132, 135, 183, 191, 202 3, 15, 17, 36, 37, 45–49, 49–52, 54, 132, 135, 176f., 180–182, 236, 240 11, 45–49, 49–52, 78, 93, 132, 182, 195, 202 15, 45–49, 49–52, 55, 132 3, 11, 45–49, 49–52, 132, 135, 138, 169 36, 37, 52–57 51, 52–54, 57, 87, 132, 135, 138, 236 3, 22, 52, 53, 54, 55, 58, 76, 80, 98, 139, 141, 143, 166, 171, 204, 216, 236, 239 17, 54, 55, 132, 135, 168, 170, 236 48, 57, 170 169, 175, 234, 240 55, 56, 57, 76, 135, 168, 170 3, 55, 56, 57, 132, 135, 138 22, 56, 58, 100, 139, 216, 237, 239 15, 16, 17, 18, 19, 20, 25, 36, 40–45, 135, 138, 139, 162f., 178, 208, 233–235, 238
268 33,1 33,1–8 33,4
33,9–11
33,12 33,13f. 33,15–30
33,15–18 33,15 33,16 33,19–22 33,19 33,23–30 33,23–26 33,23
33,24
33,25 33,26
33,27f.
33,29f. 33,31–33 33,31 33,33 34
Stellenregister 57, 66, 75, 88, 127, 132, 169, 174 37, 52, 57, 65, 75, 76, 138, 182 3, 22, 55, 58, 76, 80, 100, 141, 143, 166, 171, 216, 236, 239 21, 37, 57, 59, 60, 67, 77, 78, 138, 154, 167, 182, 191, 202, 233, 240 60, 93, 182, 191, 202 37, 60, 192 3, 9, 33, 37, 61, 62, 65, 66, 67, 131, 138–140, 160–162, 176, 231, 234f. 32, 61, 143, 154, 161, 231 66, 225 22, 61, 62, 76, 175, 235 61, 62, 119, 132, 147, 152, 232 62, 147, 169 4, 10, 30, 119, 132, 232 10, 15, 61 22, 32, 62, 63, 66, 67, 147, 149, 150–153, 154, 158, 160, 161, 162, 176, 232f. 10, 22, 32, 62, 66, 67, 150, 153, 154, 156, 158, 159, 160, 161, 232f. 63, 65, 66, 67, 132, 147, 176, 183, 232 15, 22, 29, 30, 62–67, 132, 136, 176f., 180, 183, 184, 202f., 232, 241 10, 15, 31, 61, 64, 66, 67, 132, 136, 176f., 178, 180, 183, 202f., 233, 241 31, 61, 64, 65, 135, 147, 153, 178, 233 37, 65, 66, 75, 135, 138, 236 57, 66, 88 57, 66, 76, 130, 169, 182 16, 17, 18, 19, 20, 21, 25, 68–89, 93, 100, 101,
34,1–9 34,1 34,2–4 34,4 34,5f.
34,7–9 34,9 34,10–15
34,10 34,13–15 34,16–22 34,17 34,19 34,23–32
34,33–37 34,34f. 34,36f. 35
35,1 35,2–8 35,2f.
35,4 35,5–8 35,9–16 35,9–12 35,10 35,15f.
133, 176, 178, 182, 184, 206, 207, 210, 224, 240, 241 68, 74, 75 51, 68, 74, 75, 176, 178 76, 88, 133, 176, 178 21, 76, 77, 80, 87, 176 21, 30, 48, 77f., 80, 88f., 133, 176, 178, 182, 184f., 192, 195, 202, 207f., 214, 240 88, 119, 133f., 136, 224f. 21, 79 4, 22, 32, 68, 75, 79, 80, 81, 133, 176, 178, 182, 202, 204, 205, 207, 240 29, 76, 79, 80, 178, 185, 198 3, 80, 81, 178, 179, 203, 237f. 4, 68, 82, 83, 133, 134, 136, 206f., 211f. 29, 30, 32, 82, 207, 211, 213, 240 56, 82 4, 68, 84, 85, 86, 133, 176, 179, 182, 184, 185, 198, 202, 203, 240 68, 86, 87, 133 86, 87, 88, 100, 119, 134 86, 87, 88, 100, 119, 176, 179, 225 16, 18, 19, 25, 89–92, 134, 207f., 210, 214, 224, 240–242 51, 92, 100 4, 89, 92, 99, 134, 136, 207f. 21, 30, 48, 89, 92, 93, 94, 96, 100, 101, 192, 207, 208, 240 66, 87, 89, 92, 94, 100 22, 89, 95, 96, 134, 208 3, 4, 89, 97, 98, 134, 136, 207, 209 97, 209 3, 22, 97, 216, 223, 237, 239 119, 225
269
Stellenregister 36
36,1 36,2–4 36,3 36,4 36,5–7
36,8–15
36,10 36,15 36,16–21 36,22f.
36,24f.
36,26
36,27–37,13 36,27–33
37
37,1–5
37,1 37,5 37,6–13
16, 18, 19, 20, 25, 102– 110, 134, 174, 178, 207, 235, 237 51, 178, 179, 180 102, 116, 117, 129, 131, 176, 179, 180, 236 3, 21, 22, 58, 116, 180, 182, 237, 239 100, 180, 182, 215 3, 28, 29, 32, 33, 102, 116, 117, 129, 136, 169, 171, 172, 174, 198, 203, 209, 215, 235, 241 3, 22, 28, 30, 32, 33, 62, 102, 116, 118, 129, 131, 134, 136, 169, 171, 172, 174, 198, 209, 215, 235, 241 22, 61, 66, 76, 118, 171, 175, 235 22, 61, 76, 118, 119, 172, 235 22, 102, 119–121, 130, 206, 209, 211, 215 3, 102, 117, 121, 122, 130, 135, 138, 140, 163, 209, 216, 221, 222, 234 3, 102, 122, 131, 135, 206, 209, 216, 217, 221f. 3, 102, 122, 131, 135, 206, 209, 215, 217, 221, 222 3, 19, 30, 102, 128, 207, 221, 222, 237 122, 123, 124, 125, 126, 130, 135, 136, 138, 140, 163–167, 169, 220 16, 18, 19, 20, 21, 25, 111–116, 134, 178, 207, 237 124, 125, 126, 127, 130, 131, 207, 209, 216, 217, 218–220 113, 209 125, 215 33, 125, 126, 130, 135, 136, 138, 140, 163–167, 169, 209
37,14
42,8f. 42,10 42,12
19, 102, 126, 127, 130, 135, 138, 140, 166, 236 19, 102, 127, 127, 130, 106, 207, 210, 211, 222 127, 128, 131, 135, 136 22, 30, 129, 130, 210, 242 15, 117, 129, 130, 210, 242 1, 3, 11, 17, 26, 126f., 130, 164, 206, 217–219, 222, 237, 239 17 36, 136, 165 128 165, 238 165, 200, 201, 218 218 126, 165, 218 95, 165 1, 11, 17, 206, 237, 239 206 128 196f., 198, 212f., 240 127, 218 201 126, 166 128 36 15, 48, 49, 52, 56, 181, 206 15, 56, 57, 158, 206, 233 48, 52, 158, 233 28, 49
Proverbien 6,35 13,8 21,18
156, 159 156 159
Sirach 15,14–17 42,15–43,33 43,28 49,9
28, 174, 241 30, 221, 222 60 30
Tobit 12,5.6.12
64
37,15–24 37,20–22 37,23 37,24 38–39
38 38,1 38,3 38,4 38,12–15 38,25 38,34 38,37 40–41 40,1f. 40,7 40,8 40,9 40,12–14 42,3 42,4 42,7–17 42,7
Namensregister (Auswahl) Alonso Schökel, L. 10, 12, 13, 23 Althann, R. 8 Andersen, F.I. 10, 12, 23 Boelicke, M. 5, 6, 7 Budde, K. 6, 10, 30, 37, 40, 42, 43, 44, 45, 47, 48, 50, 51, 58, 63, 66, 69, 70, 71, 72, 73, 90, 91, 92, 104, 105, 106, 107, 109, 110, 111, 112, 115, 116, 117, 119, 123 Clines, D.J.A. 2, 4, 16, 17, 23, 37, 38, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 50, 52, 53, 58, 59, 62, 63, 65, 66, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 77, 78, 81, 83, 90, 91, 92, 93, 96, 99, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 123, 124, 125, 128, 129, 147, 149, 159, 161, 172, 193, 197, 199 Cornill, C.H. 7 Diewert, D.A. 9 Driver, S.R. 8, 10, 11, 12, 20, 21, 22, 28, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 63, 65, 66, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 79, 90, 91, 92, 93, 96, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 116, 117, 119, 123, 124, 126, 149, 161, 197 Duhm, B. 5, 10, 38, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 47, 50, 59, 63, 64, 66, 69, 70, 71, 72, 73, 76, 80, 82, 102, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 119, 123, 124, 125, 193 Eichhorn, J.G. 10
Fohrer, G. 5, 10, 11, 18, 19, 28, 30, 35, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 48, 50, 52, 53, 55, 57, 58, 63, 65, 66, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 76, 77, 81, 82, 84, 90, 91, 92, 93, 94, 96, 97, 98, 99, 103, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 118, 119, 126, 128, 141, 145, 147, 148, 153, 154, 158, 160, 164, 172, 187, 190, 193, 196, 197, 200, 211, 213, 214, 223 Freedman, D.N. 16, 23 Gerstenberger, E.S. 9 Gordis, R. 12, 21, 40, 42, 43, 44, 45, 48, 63, 66, 70, 73, 84, 90, 91, 92, 93, 98, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 119, 121, 123, 125, 145, 147, 154, 172, 193, 196, 197, Gray, G.B. 8, 10, 11, 12, 20, 21, 22, 28, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 63, 65, 66, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 79, 90, 91, 92, 93, 96, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 116, 117, 119, 123, 124, 126, 149, 161, 197 Habel, N.C. 7, 8, 9, 30, 41, 42, 43, 44, 45, 48, 63, 66, 70, 90, 91, 94, 95, 96, 98, 99, 103, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 113, 114, 118, 119, 123, 149, 154, 172, 193, 199, 214 Hodges, W. 6 Irwin, W.A. 17, 18 Janowski, B. 10, 28, 65, 80, 155–160 Jastrow, M. 17
Namensregister Johns, D.A. 9 Kaiser, O. 6, 10, 13, 14, 15, 16, 124, 153, 154 Klinger, B. 9 Köhlmoos, M. 1, 2, 3, 10, 13, 14, 16, 27, 28, 41, 49, 59, 151, 153, 164, 173, 187, 189, 193, 196, 197, 199, 200
271
Seow, C.-L. 4, 5, 8, 9, 12, 20, 21, 22, 31, 32, 72, 116, 145, 147, 149, 171, 193, 196, 199 Seybold, K. 9 Snaith, N.H. 12 Spieckermann, H. 2, 3, 14, 27, 28, 29, 34, 98, 144, 151, 153, 158, 198, 204, 205, 213, 214, 221 Sticker, J.G. 6 Syring, W.-D. 13, 14, 15, 16, 153, 181
Lynch, M.J. 8 Maag, V. 5, 10, 13, 153, 164, 200 Magdalene, F.R. 7, 8, 29 McCabe, R.V. 9 Mende, T. 4, 5, 19, 23, 37–45, 46, 47, 48, 50–55, 57f., 63, 65f., 70, 71–73, 75–77, 79f., 82–87, 90–92, 93f., 97, 103–107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 117, 119, 120, 123, 124, 125, 128, 133, 164, 178, 164, 178 Müller, H.-P. 4, 27, 149 Müllner, I. 5, 13, 23 Newsom, C.A. 4, 10, 13, 23, 30, 31, 35, 45, 126, 164, 221 Nichols, H. 4, 17, 30, 32, 35, 50, 51, 70, 71, 72, 73, 77, 115 Oeming, M. 9, 10, 65, 149, 160 Rohde, M. 10, 14, 15 Schmid, K. 2, 13, 23, 24, 27, 28, 35, 145, 153
Van Oorschot, J. 4, 11, 13, 15, 16, 23, 181, 193 Velthusen, J.C. 10 Vermeylen, J. 4, 10, 11, 19, 20, 30, 221 Viviers, H. 5, 9 Von Rad, G. 1, 2, 3, 43, 231 Wahl, H.-M. 1, 4, 5, 9, 10, 13, 14, 16, 17, 33, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 50, 52, 53, 54, 55, 58, 61, 63, 65, 66, 69, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 79, 80, 82, 84, 85, 87, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 96, 99, 103, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 118, 119, 120, 122, 123, 124, 125, 126, 162, 184, 185 Weinberg, J. 8, 35 Westermann, C. 10, 18, 157, 213 Wilson, L. 8 Witte, M. 10, 13, 14, 15, 16, 23, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 47, 149, 186, 188, 189, 190, 191, 194, 195, 196, 197, 199, 200
Stichwortregister
Deutsche Termini Adressatenkreis 21, 66, 68, 77, 93, 98, 133, 178, 210 Angelus interpres 161 Antwort 3, 5, 7, 15, 19, 21, 25, 26, 37, 38, 39, 40, 41, 45–52, 54f., 57, 60, 66, 68, 74, 76, 79, 90, 91, 98, 99, 132, 134, 135, 154, 164, 165, 166, 168, 169, 170, 172, 175, 177, 180, 181, 183, 184, 187, 188, 189, 192, 193, 206, 211, 214, 225, 227, 228, 234, 237, 242 Atem 22, 29, 38, 40, 53, 58, 59, 70, 80, 113, 125, 138, 139, 141, 142, 143, 166, 171, 178, 203, 204, 215, 225, 226, 236, 237, 238, 239 Auditorium 17, 18, 20, 74, 76, 77, 88, 122, 125, 127, 133, 134, 179, 206, 207, 209, 224, 225, 228 Befreiung 1, 3, 9, 25, 26, 29, 30, 37, 61–65, 67, 102, 118–121, 129, 131, 132, 134, 135, 139, 147, 148, 151– 156, 158f., 162f., 167–170, 172–176, 178, 180, 183, 191, 226, 227, 231–236, 239, 241, 242 Elend 3, 22, 25, 102, 104, 107, 117–121, 129, 131, 134, 169, 171, 172–176, 179f., 199, 209, 215, 223, 227, 235, 241 Engel 1, 3, 9, 10, 20, 22, 25, 29, 32, 44, 46, 61–64, 66f., 104, 110, 119f., 135f., 139, 146, 147–163, 167, 170, 174, 177, 192, 223, 226, 227, 232–236, 241 Erkenntnis 21, 53, 58f., 76, 95, 98, 117, 130, 131, 132, 136, 141, 143, 144,
164, 165, 171, 173, 175, 177, 183, 185, 188, 196, 203, 207, 209, 210, 211, 215, 219, 223, 224, 225, 226, 229, 234, 236–238, 242 Erkenntis, weisheitlich 1, 2, 3, 26, 163, 231, 234 Erziehung Gottes 1, 3, 22, 25, 26, 32– 34, 37, 41f., 61f., 65, 86, 102, 104, 114, 118f., 121, 126, 129, 131f., 134–136,138, 143–146, 147–163, 167–169, 171f., 173f., 175f., 180, 191, 207, 215, 227, 231f., 234f., 241f. Existenzstellvertretung 10, 157f. Frevel 21, 69, 70, 72, 79, 80, 81, 86, 90, 96, 105, 111, 182, 185, 198, 200, 202, 215, 224, 235 Frevler 22, 25, 28, 29, 38, 46, 47, 52, 68, 70–73, 79, 82–86, 103, 105f., 117–120, 134, 141, 145, 156, 169, 171–173, 175–177, 179f., 182, 184–187, 189, 194, 196, 198–203, 206, 209, 211, 212, 213, 215, 223, 224, 227, 228, 235, 240, 241 Fürbitte 64, 67, 158, 177 Fürsprache 61–63, 67,148, 149, 151, 159, 160, 162, 169 Fürspracheengel 17, 25, 32, 37, 62, 132, 150f., 169, 177, 184, 234 Geist 3, 4, 22, 29, 38–40, 52f., 55, 57f., 70, 80f., 138f., 141f., 143, 166f., 171, 178, 203f., 205, 215, 216, 225f., 236–239, 242 Geistbegabung 5, 29, 53, 76, 98, 139, 141, 142, 143, 144, 167, 171, 182,
Stichwortregister 185, 204, 205, 225, 229, 236, 237, 238, 239 Gerechtigkeit 2, 14, 15, 22, 25, 28, 30, 45, 47, 48–52, 66–69, 77, 79, 85, 88–90, 93f., 96f., 100f., 127, 132, 134, 136, 145, 148, 154, 177, 178, 180–186, 186–192, 192–195, 200, 201, 202, 203, 206, 208, 229, 231f. 236, 240–243 Gerechtigkeit Gottes 2–5, 9, 19, 22, 25f., 28–30, 80, 82f., 86, 89, 95, 102, 116, 118, 126, 129–132, 134–136, 145, 160f., 172, 173, 195–199, 201–203, 205–215, 222–224, 228f., 232, 237, 239, 240–243 Gericht Gottes 25, 32, 85f. 88, 95, 100f., 105f., 119–121, 127, 129, 134, 173, 178, 179, 185, 197, 198, 200, 201, 202, 206, 228, 239, 240, 241 Geschöpf 3, 22, 26, 28, 55, 58, 80, 89, 98, 101, 117, 141–143, 163, 167, 192, 214–216, 223, 225, 236–239, 242f. Geschöpflichkeit 29, 98, 166, 203, 211, 223, 229, 237, 238, 239, 242 Gnade 1, 2, 9, 63, 67, 95, 114, 126, 154–156, 158, 160, 162, 167, 176, 187, 226, 231, 233, 234, 235 Gnädige Zuwendung 37, 61–64, 119, 126, 129, 132, 134–136, 147, 148, 154, 155, 163, 169, 223, 226, 227, 232–234, 241, 243 Gotteserkenntnis 58, 95, 144, 146, 185, 226 Gottesfurcht 1, 2, 25, 26, 28, 102, 129, 148, 154, 175, 181, 197, 200, 201, 206, 207, 210, 211, 223, 224, 229 Gottesreden 5, 7, 8, 11, 16, 17, 18, 26, 141, 164, 165, 166, 192, 197, 198, 206, 217, 218, 219, 221, 222 Gottvertrauen 89, 97, 101, 181, 205, 211, 214, 224, 229, 236, 237, 238, 241, 242 Höraufruf 18, 22, 37, 53, 57, 61, 66, 68, 74, 75, 76, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 125, 127, 130, 135, 138, 139, 140, 170, 178, 210
273
Kompositionsgeschichte 13–16, 17–20, 20–24, 24–26, 137, 225 Krankheit 3, 24, 37, 61, 62, 63, 64, 67, 112, 118, 132, 139, 146, 147, 148, 152, 159, 162, 163, 167, 169, 171, 183, 226, 231f., 234f. Krise der Weisheit 2, 3, 163, 231, 234 Leiden 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 13, 14, 15, 17, 19, 24, 25, 26, 28, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 62–65, 77f., 89, 97, 118f., 129, 131f., 135f., 138, 147, 148, 149, 153, 162, 163, 167, 169, 170, 171, 172, 174, 175, 176, 183, 191, 203, 206, 207, 211, 215, 224, 225, 226, 227, 229, 231, 233–236, 239, 241, 242, 243 Leidenspädagogik 65, 160 Lösegeld 9, 10, 22, 25, 28, 29, 44, 62f. 67, 106, 120f., 131, 136, 139, 147, 151, 153, 156, 157, 158, 159, 160, 162, 163, 167, 215, 226, 227, 232–234, 235 Offenbarung Gottes 22, 24, 29, 43, 61, 67, 100, 119, 131, 136, 143, 144, 145, 146, 162, 163, 167, 174, 192, 226, 231f., 234f. Recht Gottes 2, 4, 8, 25, 28, 29, 50, 68, 81, 84, 86, 88, 101, 117, 134, 198, 213, 179, 180, 182, 184, 185, 186, 197, 198, 206, 211, 212, 213, 228, 241 Redaktionskritik 13, 14, 23, 24 Restitution 2, 3, 9, 25, 35, 56, 63–67, 120, 132, 139, 147, 151, 153, 158, 161, 163, 177, 183, 223, 226, 227, 228, 231, 234, 241f. Satan 1, 2, 5, 34, 59, 79, 81, 89, 150–153, 163, 223, 226, 233f. Schöpfer 2, 3, 5, 14, 22, 25, 26, 28, 29, 40, 55, 58, 68, 80f., 89, 97–101, 103, 116f., 120, 134f., 139, 141–143, 145, 147, 163–167, 178, 180, 184, 192, 203–205, 209, 211, 214–221, 223, 224, 225, 227, 228, 229, 236–239, 242f.
274
Stichwortregister
Souveränität Gottes 4, 25, 75, 89, 96f., 99, 101, 131, 136, 109, 214, 216, 222, 229, 240 Stellvertretung 157, 158, 159, 160, 161, 163, 167, 233 Substitution 158 Sündenbekenntnis 64–67, 97, 208, 233, 241 Traum 3, 22, 24, 29, 37, 41f., 61, 66f., 100, 132, 139, 143–146, 148, 154, 161, 162, 163, 167, 171, 174, 192, 226, 231, 232, 234 Todesengel 43 Umkehr 25, 62, 64f., 86, 102, 104, 118f., 121, 129, 131, 134f., 150, 158, 162, 169, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 180, 207, 209, 215, 226, 227, 232, 235, 236, 241, 242 Unschuldsbeteuerung 16, 17, 21, 48, 50, 60, 64, 78, 89f., 139, 186–192, 195, 212, 232 Unterweltkanal 22, 42f., 61, 104, 118
Vision 3, 22, 24, 29, 37, 42, 61, 66f., 100, 132, 139, 143, 144, 145, 146, 148, 154, 161, 162, 163, 167, 171, 174, 192, 226, 231, 232, 234 Weisheit 1, 2, 3, 5, 7, 8, 14, 15, 16, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 34, 38f., 45, 50, 52, 53, 57, 58, 66, 74, 77, 98, 117, 118, 129, 130, 138, 139, 140, 143, 144, 163, 168, 169, 170, 175, 180, 181, 206, 223, 224, 225, 226, 229, 242 Weisheit, altorientalisch 146 Welterkenntnis 95, 144, 226, 234 Wetterphänomene 25, 26, 30, 33, 102, 125, 126–128, 130f., 136, 140, 164, 165, 166, 180, 207, 215, 216, 220, 221, 222, 227, 229, 237–239, 242 Zitat Hiobs 12, 14, 18, 19, 21, 37, 41, 50, 57, 59f., 67, 69, 77–80, 86f., 88f., 93f., 100–102, 116, 132, 134, 178, 180, 182, 195, 208, 224
Hebräische Termini # 108, 124 " 45, 109, 110, 111, 113, 114, 115, 125, 126, 129, 218, 221
v 62, 81, 83, 151, 152, 208
& 22, 61, 118, 119, 143, 174, 232, 235, 236
'# 53, 58, 117
'# 103 '# 58, 68, 92, 100, 175
pi. 58
42, 59, 62, 65, 66, 118, 142, 152 53, 175
53, 66, 175 ! 62, 63, 153, 154, 155, 233 $ 62, 152, 153, 154, 160, 161
117, 120, 121, 127, 129, 188, 209, 210, 215
( 22, 63, 44, 120, 153, 155f., 158f. / 58, 59, 80, 81, 86, 87, 117, 118, 127, 129, 188, 209, 218
" s" ~ j(
54, 234, 170, 171, 175 42, 147, 174, 175, 232, 236 62, 148, 149, 150, 152, 162 62, 63, 148, 149 129, 173, 176, 178, 179, 184, 187, 188, 189, 190, 191, 196, 197, 198, 208, 209, 211, 212, 213, 215, 240
(! 37, 42, 45, 63, 66, 93, 142, 147, 151, 152, 156, 188, 189
! 22, 58, 59, 80, 139, 140, 141, 166, 204, 238
Stichwortregister
!' 55, 60, 116, 168, 170, 177, 187, 227 !' 118–121, 169, 171, 172, 209, 215 ,' 62, 151f. + #, 47, 60, 68, 77, 90, 93, 148, 182, 184, 186, 187, 188, 189, 192, 193, 194, 196, 198, 208, 212, 213 + #, 47, 90, 93, 186, 190, 196, 197, 198, 208 +#, 47, 48, 68, 71, 77, 82, 86, 103, 119, 171, 172, 173, 176, 185, 188, 191, 208, 211, 213
+#, 22, 67, 89, 95, 96, 127, 129, 160, 161, 184, 185, 188, 189, 198
"+ 59, 111, 125, 127, 144, 218, 219, 220, 221
275
" 22, 55, 53, 58, 80, 142, 172, 204f., 238
43, 99, 173, 188, 191, 192 ' 112, 125, 127, 218, 219, 220 ' hi. 47, 68, 80, 82, 83, 185, 211 ' 22, 68, 83, 103, 105, 106, 119, 120, 171, 172, 173, 176, 184, 185, 187, 199, 209, 215, 240 ' 21, 79, 80, 96, 185, 215
&v 22, 122, 129, 210 " hi. 65 + 95, 96, 109, 123, 129 65, 153, 155 22, 43 ' 53, 57, 59, 66, 68, 75, 81, 111, 113, 124, 139, 144, 155, 209