Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 6, Heft 3 [Reprint 2021 ed.] 9783112466100, 9783112466094


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German Pages 150 [171] Year 1886

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Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 6, Heft 3 [Reprint 2021 ed.]
 9783112466100, 9783112466094

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Entscheidungen des

Ober-Seeamts und der Seeämter des

Deutschen Reichs. herauggegeben im

Reichsamt des Innern.

Sechster Band. Heft. 5.

Hamburg.

Druck und Verlag von L. Friederichfen & Co. 1885.

Seite

41H2. 43. 44. H5.

46.

H7. 48.

49.

50.

51. 52.

53.

5H.

55.

Spruch des Seeamis zu Bremerhaven vom u» Juni 1885, betreffend den Seeunfall des dänischen Schooners „Ludwig Bay" von Marstal.................................................. 259 Spruch des Seeamis zu Stralsund vom 13. Juni 1885, betreffend den Seeunfall der Brigg „Hulda" von Stralsund..................................................................................................266 Spruch des Seeamis zu Rostock vom 16. Juni 1885, betreffend den Seeunfall des Schooners „Emilie" von Rostock............................................................................................. 270 Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 20. Juni 1885, betreffend den Seeunfall des Schooners „Johanna" von Stralsund ......................................................................................273 Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 1. Juli 1885, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Main" von Bremen mit der russischen Bark „Kalaja".. . 275 Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 8. Juli 1885, betreffend den Seeunfall der Bark „Minna" von Hamburg ........................................................................................................ 283 Spruch des Seeamts zu Brake vom 10. Juli 1885, betreffend den Seeunfall der Bark „Johann" von Elsfleth.................................................................................................................286 Spruch des Seeamts zu Emden vom 4. April 1885 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 14. Juli 1885, betreffend den Seeunfall des Schooners „Marianne" von Leer .. ...................................................................................................... .. . .... 288 Spruch des Seeamis zu Flensburg vom 20. Januar 1885 und Entscheidung des Kaiser­ lichen Ober-Se^amts vom 16. Juli 1885, betreffend fccn Seeunfall des Schraubendampfers „Minerva" von Flensburg........................................................................................................ 294 Spruch des Seeamts zu Rostock vom 20. Juli 1885, betreffend den Seeunfall der Bark „Herzogin Anna" von Rostock.................................................................................................. 302 Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 22. Juli 1885, betreffend den Seeunfall des Dreimastfchooners „Bonita" von Blankenese........................................................................ 309 Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 5. Juni 1885 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 9. September 1885, betreffend den Seeunfall der Bark „Heinrich Rodbertus" von Barth.............................................................................................................. 312 Spruch des Seeamts zu Hamburg vom Mai 1885 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 10. September 1885, betreffend den Seeunfall der Bark „NewOrleans" von Hamburg.......................................................................................................... 322 Spruch des Seeamis zu Stralsund vom 1. Mai 1885 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 11. September 1885, betreffend den Seeunfall des Schooners „Auguste" von Barth...................................................... 33h Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 19. September 1885, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Messina" von Hamburg mit dem britischen Schraubendampfer „Numida".................................................................................................................................... 343

(Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags.)

41. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 11. Juni 1885, betreffend den Seennfall des dänischen Schooners „Ludwig Bay" von Marstal. Der Spruch des Seeamts lautet: Der am 19* Mai (885 auf dem Schooner „Ludwig Bay"

ausgebrochene Brand, welcher den Verlust des Schiffes zur

Folge gehabt hat, ist durch eine im Logisranm stattgehabte

Explosion verursacht.

Welche Umstande die letztere herbei­

geführt haben, ist nicht mit Sicherheit ermittelt, jedoch liegt die Vermuthung nahe, daß der Jungmann Petersen im Logis­

raum ein Schwefelhol; angezündet und dadurch eine Explosion

der dort vorhandenen Benzindünste veranlaßt hat. Auf dem genannten Schiffe ist insofern die erforderliche

Vorsicht außer Acht gelassen, als trotz der im Raum befindlichen feuergefährlichen Benzinladung das Rauchen und die sonstige

Benutzung von Licht in dem unter Deck liegenden Logisraunr zugelassen ist.

Der gelegentlich des bezeichneten Schiffsunfalles verunglückte

Jungmann Petersen ist wahrscheinlich in der ersten^Bestürzung über Bord gesprungen und ertrunken.

Daß derselbe freiwillig

den Tod gesucht habe, ist nicht anzunehmen.

Gründe.

Der Schooner „Ludwig Bay", Unterscheidungssignal

heimathshafen Marstal (Dänemark), war im Jahre (8?(

erbaut, hatte einen Netto-Raurngehalt von 83,to britischen RegisterTons und gehörte zur Rhederei von M. Weber in Marstal.

Derselbe

führte die Elasse 3/s G-. 1. 1. im Büreau Veritas, und zwar in

einem Tompact versichert, jedoch ist die höhe der Versicherung nicht ermittelt. Zur Zeit des hier in Frage stehenden Unfalls befand sich das Schiff auf der Reifs von Bremen nach St. Petersburg. Die Besatzung

bestand aus 5 Personen, einschließlich des Schiffers. In der vorgelegten

Musterrolle ist Schiffer Jens Jensen Bager aus Marstal als Führer des-Schiffes aufgeführt, in Wirklichkeit hat jedoch der in der Musterrolle

260

Lchooner Ludwig Bay.

als Steuermann aufgeführte Anders Iörgensen Weber in wesentlichen Punkten die Funktionen eines Schiffsführers wahrgenommen. Weber­ hat ausgesagt, daß er nur deshalb nicht als Schiffsführer in der Musterrolle verzeichnet stehe, weil er noch nicht das erforderliche Alter habe. Die Einrichtung des Schiffes war die folgende: Ganz vorn unter Deck befand sich ein kleiner Kettenraum. Dann folgte das Volkslogis, und hinter diesem befand sich in der ganzen Ausdehnung des Schiffes der Laderaum. Logis und Laderaum waren durch ein Schott von einander getrennt, welches nach Versicherung des Schiffers Bager gut dicht gewesen ist. Den Eingang zum Logis bildete eine von Deck direkt in dasselbe führende Kappe. Die Eajüte, welche ganz hinten belegen war, war eine sogenannte Koffercajüte und erstreckte sich unten ein wenig in den Laderaum hinein. Der Zugang zu derselben war von Deck aus. Die Eombüse befand sich ebenfalls auf Deck, und zwar hinter dem Fockmast. Dieselbe war vollständig von allen übrigen Räumen isolirt und war nur von Deck aus zu­ gänglich. Das Schiff hatte drei Luken. Die Vorderluke befand sich zwischen der Logiskappe und dem Fockmast, die Großluke zwischen der Eombüse und dem Besahnmast und die Hinterluke zwischen dem Besahnmast und dem Eajütseingange. Die in Bremen eingenommene Ladung bestand aus H50 Ballons Benzin. Außerdem befand sich etwas Sandballast sowie etwas Stauhol; im Laderaum. Die Ladung war mit Hülfe eines Stauers und mehrerer Arbeiter vom Lande in das Schiff gebracht und gestaut. Die aus ziemlich dünnem Glas bestehenden Ballons (Flaschen), welche 2*/ü bis 5 Fuß hoch waren und an der weitesten Stelle einen Durch­ messer von etwa s'/r Fuß hatten, waren mit Stroh umhüllt und sodann in einen Korb und dieser wieder in einen zweiten Korb gesetzt. Die Körbe waren ohne Deckel und ließen den Flaschenhals derart frei, daß derselbe über die Körbe hinausragte. Der Verschluß der Flaschen bestand aus einem Korken, welcher mit Pergament umhüllt war. Es wurden 3 Lagen Ballons über einander gestellt. Bei Unterbringung der oberen Lagen wurden die Körbe mit den Ballons so zwischen die hervorragenden Hälse der unten stehenden Ballons gestellt, daß die Hälse von den nach unten zu enger werdenden Körben der oberen Lage nicht berührt wurden. Zum Stauen wurde Stauholz verwendet. Mittschiffs befanden sich nur 2 Lagen über einander, weil die Ladung nicht zur völligen Ausfüllung des Lade­ raums hinreichte. Bei der Beladung zerbrachen einige Ballons, und

Schooner Ludwig Bay.

26(

zwar nach Aussage des Stauers Stahnke dadurch, daß der Schiffer anstatt auf den Rand -er Körbe auf die Flaschen getreten hatte. Der Inhalt floß in den unten liegenden Sandballast. Die zerbrochenen Ballons wurden an Land zurückgebracht und durch andere ersetzt. Sowohl seitens des Schiffsmaklers als auch seitens des Stauers wurde die Besatzung darauf aufmerksam gemacht, daß zwar nicht die Gefahr einer Selbstentzündung der Ladung vorliege, jedoch eine Explosion entstehen würde, wenn Feuer mit der Ladung in Berührung komme, daß auch mit Rücksicht auf die ausströmenden Dünste an­ haltend gelüftet werden müsse. Nach Angabe des Stauers Stahnke hat derselbe der Schiffsbesatzung ferner bemerklich gemacht, daß die Wand zwischen dem Laderaum und dem Logis, falls sie nicht ganz dicht sei, mit Rücksicht auf die von der Ladung ausströmenden Dünste vor Antritt der Reise noch gedichtet werden müsse. Nachdem die Beladung am 15. Mai Abends beendigt war, wurde die Reise am 16. Mai 1885 Morgens angetreten. Der Lade­ raum ist nach Beendigung der Beladung noch mehrfach wieder von der Mannschaft betreten, einmal behufs Hinunterschaffung von drei Wasserfässern und außerdem einige Male zum Zweck des Nachstauens der Ladung. Mährend der Fahrt wurden die Großluke und die Hinterluke ununterbrochen offen gehalten, auch bei den mehrfach eintretenden

Regenschauern. Die Vorluke wurde auch wiederholt bis zur halben Breite geöffnet. Ohne bemerkenswerthe Vorfälle wurde am 18. Mai die Rhede von Bremerhaven erreicht. Das Schiff ankerte daselbst bis zum 19. Mai Morgens H Uhr und setzte sodann die Reise seewärts fort. Das Wetter war damals ziemlich gut; zeitweilig traten Böen und Regenschauer ein. Der Wind war SU). Nachdem das Schiff bis zwischen dem Hohenwegsleuchtthurm und dem Leuchtschiff „Bremen" gekommen war, ging es daselbst um etwa 10 Uhr Vormittags wieder zu Anker, da inzwischen Fluth eingetreten und der Wind NW geworden war. Das Schiff lag, da der Fluthstrom die gleiche Richtung wie der Wind hatte, mit dem Bug direct gegen den Wind. Kurz darauf begab der Koch Mortensen sich in das Logis, um Kartoffeln von dem unter einer Bank gelagerten Vorrath heraufzuholen, hierbei war die Benutzung eines Lichtes nicht erforderlich, da bei Tage durch die vorhandenen beiden Deckgläser hinreichendes Licht in den Raum gelangte. Dem Koch fiel bei dieser Gelegenheit ein eigen­ thümlicher Dunst im Logis auf, welcher vorher nicht vorhanden

262

Schooner Ludwig Bay.

gewesen war. Derselbe erschwerte das Athmen und hatte einen ähnlichen Geruch wie Petroleum. Mortensen machte den sich auf Deck aufhaltenden übrigen Leuten der Schiffsbesatzung Mittheilung von seiner Beobachtung. Gleich darauf begabenIch der Leichtmatrose Hans Siemonsen und der Jungmann Andreas Petersen in das Logis, und wenige Minuten später ging auch der Schiffer Bager nach unten, um zu untersuchen, ob die Meldung des Kochs zutreffend sei. Letzterer hatte sich inzwischen in die Eombüse begeben. Der Steuermann Weber befand sich in der Lajüte. Als der Schiffer etwa eine Minute unten gewesen war, erfolgte

plötzlich eine von einem starken Knall begleitete Explosion. Zur Zeit derselben stand die Logiskappe offen. Die Situation der unten befindlichen Leute war, als die Explosion erfolgte, die folgende: Der Schiffer Bager saß unweit des Eingangs auf einer Kiste, Siemonsen stand am Fuß der von Deck in das Logis führenden Treppe und Petersen befand sich weiter hinten im Raum. Seitens des Schiffers Bager und des Leichtmatrosen Siemonsen, welche das Vorhandensein eines das Athmen erschwerenden und ähnlich wie Petroleum riechenden Dunstes im Logisraum bestätigt haben, ist versichert, daß sie zur fraglichen Zeit nicht im Logis geraucht, auch kein Schwefelholz oder sonstiges Feuer angezündet hätten. Sie glauben, daß Petersen dies ebenfalls nicht gethan hat, jedoch haben sie denselben um die Zeit der Explosion nicht näher beachtet und deshalb nicht mit Sicherheit anzugeben vermocht, ob derselbe ein Schwefelholz angezündet habe oder nicht. Festgestellt ist, daß während der fraglichen Reise wiederholt im Logisraum geraucht und Licht benutzt ist und daß daselbst immer Schwefelhölzer frei umherstanden, welche namentlich zum Anzünden der pfeifen benutzt wurden. Zur Zeit der Explosion war die Hintere Luke ganz und eine von den drei Abtheilungen der großen Luke geöffnet, während die Vorluke zugedeckt war. Durch die von der Explosion verursachte Erschütterung wurde der Schiffer Bager von seinem Sitze fortgeschleudert und der Matrose Siemonsen umgeworfen , beide verloren auch auf kurze Zeit die Besinnung. Siemonsen erhielt erhebliche Brandwunden, auch verbrannte das Haar desselben. Bager wurde ebenfalls verletzt, jedoch weniger erheblich. Die Kleider von beiden geriethen nicht in Brand, weil sie vorher vom Regen naß geworden waren. Der in der Lombüfe befindliche Koch wurde durch die Erschütterung derart in die Höhe geschleudert, daß er mit dem Kopfe gegen die Tombüsendecke stieß.

5d?ooner Ludwig Bay.

263

Auf den Jungmann Petersen wurde der Matrose Stemonfen kur; nach der Explosion durch einen fjülferuf desselben aufmerksam. Als Stemonfen über Bord sah, bemerkte er den Petersen etwa J5 Fuß querab vom Schiffe im Wasser treiben. Er warf demselben ein Tauende zu; Petersen, welcher schwimmen konnte, griff auch danach, faßte es jedoch nicht. Weitere Rettungsversuche wurden von Stemonfen mit Rücksicht auf seine eigene gefährliche Lage nicht unternommen. Die an Bord befindliche Rettungsboje war in einem unbrauchbaren Zustande. Stemonfen hat den Petersen dann bald aus den Augen verloren und nimmt an, daß derselbe ertrunken sei. Die übrigen Personen der Schiffsbesatzung haben Petersen nach der Explosion überhaupt nicht wieder gesehen. Gleich nach der Explosion brannte das Schiff vorn in Hellen Flammen, namentlich drangen die Flammen auch aus der Logiskappe heraus. Rur; nachher schlugen die Flammen auch aus der großen Luke hervor. Der Hintere Theil des Schiffes war ganz in Rauch gehüllt. Die vier noch an Bord befindlichen Leute setzten, da das Schiff nicht mehr zu retten und ein längeres Verbleiben auf demselben gefährlich war, mit thunlichster Beschleunigung das Boot aus und fuhren mit demselben nach dem einsegelnd in der Nähe kommenden Kafyn „Jürgen Friedrich", woselbst sie Aufnahme fanden. Auf Veranlassung der Besatzung des „Ludwig Bay" ging -er Rahn zu Anker und blieb bis gegen die Hochwafferzeit in der Nähe des brennenden Schiffs liegen; dann fuhr er weiter nach Bremerhaven und landete daselbst die aufgenommenen Schiffsleute. Von dem Jung­ mann Petersen ist, nachdem Stemonfen ihn aus den Augen verloren hatte, nichts wieder gesehen oder gehört. Der brennende Schooner ist selbigen Tags von einem Schleppdampfer eine Strecke stromaufwärts geschleppt, -ort auf Strand gesetzt und gänzlich verbrannt. Keiner der geretteten Leute von der Schiffsbesatzung hat eine bestimmte Vermuthung über die Entstehungsursache der Explosion auszusprechen verntocht. Daß von der Tombüse Feuer in den Logis­ raum gekommen sei, haben sie sämmtlich als vollständig ausgeschlossen bezeichnet. Dies erscheint zutreffend, da das Schiff direct gegen den Wind lag und mithin, falls aus der Tombüse, in welcher damals Feuer gebrannt haben soll, Funken herausgeflogen wären, dieselben nach hinten geflogen sein würden. Schiffer Bager und Steuermann Weber haben es als möglich bezeichnet, daß sich ein Sprengapparat zwischen der Ladung befunden habe und Weber hat sich für diese

26-$

Schooner Ludwig Bay.

Möglichkeit namentlich darauf berufen, daß der Matrose Stetnonfen zur Zeit der Explosion ein Geräusch wie von einem Uhrwerke gehört habe. Der hierüber befragte Siemonsen hat jedoch ausgesagt, daß er kurz nach der Explosion ein eigenartiges klingendes Geräusch gehört habe, welches wahrscheinlich durch das Springen von Benzinflaschen hervorgerufen sei. Da hiernach der Verdachtsgrund, auf welchen Weber vorzugsweise seine Vermuthung gestützt hat, als widerlegt anzusehen ist, im Uebrigen aber keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, welche auf das Vorhandensein eines Sprengapparats schließen lassen, so wird unbedenklich angenommen werden dürfen, daß ein derartiger Apparat nicht an Bord gewesen ist. Auf Grund der ermittelten Umstände hat nach Ansicht des Seeamts allein die Möglichkeit einige Wahrscheinlichkeit für sich, daß der Leichtmatrose Petersen durch Anzünden eines Schwefelholzes im Logisraum die Explosion verursacht hat. Zu dieser Vermuthung führen folgende Erwägungen: Auf Grund der Zeugenaussagen ist als erwiesen anzunehmen, daß kurz vor der Explosion im Logisraum ein starker Benzindunst vorhanden gewesen und daß dort die Explosion entstanden ist. In Bezug darauf, daß sich der Dunst gerade im Logisraum angesammelt hat, während in der Eajüte gar kein Dunst verspürt worden ist, ist zu bemerken, daß erfahrungsgemäß die im Schiffe befindlichen Dünste häufig nach der Seite ziehen, von welcher der Wind kommt. Der Wind kam aber, nachdem das Schiff zu Anker gebracht war, gerade von vorn, und vorher hatte das Schiff am Winde gelegen. Es ist nun ferner festgestellt, daß Petersen Raucher war, daß das Rauchen im Logis nicht verboten war, daß auch auf der fraglichen Reife mehrfach im Logis geraucht worden ist und daß daselbst Schwefelhölzer standen, welche bei dem Anzünden der pfeifen benutzt zu werden pflegten. Bager und Siemonsen glauben zwar, daß Petersen kein Feuer gemacht hat, beide haben jedoch nicht näher auf Petersen geachtet und können deshalb nicht mit Bestimmtheit sagen, daß Petersen Feuer iticht gemacht habe. Ihre Versicherung, daß sie selbst kein Feuer angezündet hätten, erscheint glaubhaft. Die Möglichkeit einer Selbstentzündung kann als völlig ausgeschlossen betrachtet werden. Unter diesen Umständen würde der Unfall vollständig unerklärlich bleiben, wenn er nicht in der vermutheten Weise hervorgerufen wäre. Ist er in dieser Weise verursacht, so würde Petersen wahrscheinlich die stärksten Verletzungen davongetragen haben und es dadurch doppelt erklärlich werden, daß derselbe betäubt und verbrannt im ersten

Schooner Ludwig Bay.

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Augenblick des Schreckens Rettung durch einen Sprung ins Wasser gesucht hat. Daß derselbe freiwillig den Tod gesucht habe, kann — obwohl dies in erhöhtem Maße für eine Verursachung der Explosion durch ihn sprechen würde — nicht angenommen werden, da er dann nicht um I?ülfe gerufen und nach dem ihm von Siemonsen zugeworfenen Tauende gegriffen haben würde,

Im Anschluß an die letzte Bemerkung sieht das Seeamt sich übrigens veranlaßt hervorzuheben, daß das Fehlen einer ordnungs­ mäßigen Rettungsboje auf dem „Ludwig Bay" als ein Mangel in der Ausrüstung des Schiffes anzusehen ist. Wäre die Rettungsboje in einem brauchbaren Zustande gewesen und dem Petersen zugeworfen, so würde derselbe, da er schwimmen konnte, wahrscheinlich noch ge­ rettet worden sein. Daß weitere versuche zur Rettung von Petersen als das Zu­ werfen eines Tauendes nicht gemacht sind, kann der Besatzung nicht zum Vorwurf gereichen, da es unter Berücksichtigung der gefährlichen Lage, in welcher sich das Schiff und dessen Besatzung damals be­ fanden, erklärlich und nicht ungerechtfertigt erscheint, wenn die über­ dies wahrscheinlich int Zustande größter Bestürzung und Verwirrung bestndliche Besatzung zunächst auf ihre eigene Rettung bedacht gewesen ist. Abgesehen hiervon, erscheint es auch glaubhaft, daß Niemand außer Siemonsen die Hülferufe von Petersen gehört oder sonst etwas von demselben bemerkt hat.

Die Vorsichtsmaßregeln, welche die große Feuergefährlichkeit der Ladung der Schiffsbesatzung zur Pflicht machte, sind von derselben insofern angewendet, als andauernd gelüftet worden ist. Daß die Ent­ wicklung von Gasen eine so erhebliche gewesen ist, daß trotz des Lüftens noch hinreichende Explosivstoffe zur Entstehung einer Explosion im Schiffe verblieben sind, ist wohl dadurch zu erklären, daß bei der Beladung der Inhalt mehrerer zertrümmerter Ballons in den Ballast

gelaufen und allntälig verdunstet ist.

In einer Richtung ist seitens der Besatzung die erforderliche Vor­ sicht nicht beobachtet, insofern nämlich, als in -em unter Deck be­ findlichen Logis geraucht und Licht gebraucht ist. Nach Ansicht des Seeamts darf auf einem Schiffe, welches eine derart feuergefährliche Ladung wie Benzin an Bord hat, das Rauchen und der sonstige Gebrauch von Feuer und Licht unter Deck überhaupt Nicht statt­ finden. Die große Feuergefährlichkeit der Ladung ist der Besatzung jedenfalls bekannt gewesen, da sie von dem Schiffsmakler und -em

266

Brigg Hulda.

Stauer ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht ist. Sie kann sich daher nicht mit Unkenntniß entschuldigen. Die Feuergefährlichkeit von Benzinladungen wird erhöht durch die jetzt gebräuchliche Art der Verpackung, da bei derselben ein Zer­ brechen -er Ballons, insbesondere ein Abstoßen der Flaschenhälse leicht eintreten kann, sowohl durch ein unvorsichtiges Auftreten auf dieselben beim Betreten der Laderäume, als auch namentlich durch die Bewegung, welche bei schwerem Wettet in der Ladung entsteht. Ls kommt hinzu, daß das Glas der zur Verwendung kommenden Flaschen sehr dünn zu sein pflegt.

42. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 13. Juni 1885, betreffend den Seeunfall der Brigg „Hulda" von Stralsund. Der Spruch des Seeamts lautet: daß die Brigg „Hulda" am 25. Februar 1885 unter Um­ ständen verlassen worden ist, welche deren Aufgeben nicht als berechtigt erscheinen lassen, daß dem Schiffer Albert Alickow die Befugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes zu entziehen, daß aber dem Steuermann Gallas die Befugniß zur Ausübung

des Steuermannsgewerbes nicht zu entziehen ist. Gründe. Der mit einem Befähigungszeugniß als Schiffer für große Fahrt, ausgestellt von der Königlichen Regierung zu Stralsund im April 1875, versehene Schiffer Albert Alickow aus Breege ist mit der ihm gehörigen, 1875/76 aus Eichenholz mit buchenem Kiel und buchenen Bodenplanken ohne Metallhaut erbauten, zu 179,58 britischen Register-Tons = 508,7 cbm Netto-Raumgehalt vermessenen Brigg „Hulda", Unterscheidungssignal JP