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German Pages 204 Year 1981
Beihefte der Konjunkturpolitik Zeitschrift für angewandte Wirtschaftsforschung Begründet von Albert Wissler
Heft 28
Energiewirtschaft und gesamtwirtschaftliche Entwicklung – internationale und nationale Aspekte
Duncker & Humblot · Berlin
Energiewirtschaft und gesamtwirtschaftliche Entwicklung — internationale und nationale Aspekte
Beihefte der K o n j u n k t u r p o l i t i k Zeitschrift für angewandte
Konjunkturforschung
Begründet von Albert Wissler
Heft 2 8
Energiewirtschaft und gesamtwirtschaftliche Entwicklung internationale und nationale Aspekte Bericht über den wissenschaftlichen Teil der 44. Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute e. V. i n Bonn am 14. und 15. M a i 1981
DÜNCKER
&
H Ü M B L O T
/
B E R L I N
Schriftleiter: Herbert Wilkens
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 1981 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1981 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 ISBN 3 428 05022 3
Vorwort I n diesem Beiheft w i r d über den wissenschaftlichen Teil der 44. M i t gliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute berichtet. Die Tagung stand unter dem Thema „Energiewirtschaft und gesamtwirtschaftliche Entwicklung — internationale und nationale Aspekte" und fand am 14. und 15. Mai 1981 in Bonn statt. Referate hielten Jochen Bethkenhagen (Berlin), Lüder von Bremen (Braunschweig), Ulrich Engelmann (Bonn), A r m i n Gutowski (Hamburg), Lutz Hoffmann (Regensburg), W i l l i Lamberts (Essen), A x e l D. Neu (Kiel), Hans-Eckard Scharrer (Hamburg), Hans K. Schneider (Köln). Die Beiträge sind i m folgenden i n voller Länge abgedruckt. Die Zusammenfassungen der Diskussionen erstellte wiederum Jochen Bethkenhagen. Die 45. Mitgliederversammlung soll am 13./14. Mai 1982 i n Bonn stattfinden und Fragen der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in den achtziger Jahren zum Gegenstand haben. Kiel, J u l i 1981 Herbert Giersch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft
Inhalt Hans Κ. Schneider Weltweite Entwicklung des Energieangebots, der u n d der relativen Preise für Energie
Energienachfrage
9
Jochen Bethkenhagen Die Energiewirtschaft i n den R G W - L ä n d e r n und ihre I m p l i k a t i o n e n für die westliche Welt Zusammenfassung der Diskussion
37 57
Axel D. Neu Auswirkungen real steigender Energiepreise auf die Handelsströme und auf die internationale Faktorallokation
63
Hans-Eckart Scharrer Auswirkungen der ölpreissteigerungen auf die internationalen W ä h rungs- und Finanzbeziehungen Zusammenfassung der Diskussion
85 103
Lutz Hoffmann Derzeitige Situation u n d spezielle Probleme i m Energiebereich der Entwicklungsländer 107
Lüder von Bremen Agrarwirtschaftliche Aspekte des Energiebedarfs Zusammenfassung der Diskussion
119 136
Willi Lamberts Die künftige Stellung der Bundesrepublik i n der internationalen A r beitsteilung und Implikationen für die Branchenstruktur, Wachstum, Beschäftigung, Einkommensverteilung 141 Zusammenfassung der Diskussion
155
Ulrich Engelmann Die A n t w o r t der Bundesregierung auf die energiepolitische Herausforderung — unter Berücksichtigung internationaler Bindungen i m Rahmen der E G und der I E A 159
Armin Gutowski Die wirtschaftspolitischen A l t e r n a t i v e n zur Lösung der Probleme des ölpreises u n d der Ölversorgung — internationale Aspekte 175 Zusammenfassung der Diskussion
195
Teilnehmerverzeichnis
201
Weltweite Entwicklung des Energieangebote, der Energienachfrage und der relativen Preise für Energie Von Hans K. Schneider, K ö l n I. Ein Rückblick 1. I n den letzten drei Jahrzehnten stiegen Weltsozialprodukt und Weltenergieverbrauch anhaltend und kräftig. Bis Anfang der 60er Jahre ist sogar ein Gleichschritt i m Wachstum beider Größen zu verzeichnen. Seitdem bleibt der Anstieg des Weltenergieverbrauchs — bis 1973 nur wenig, seit 1973 jedoch stärker — hinter dem des Weltsozialprodukts zurück (vgl. Abbildung 1). 2. Der Zuwachs der Weltenergienachfrage wurde i n dieser Zeit zu etwa 60 °/o durch die Ausweitung «der Mineralölförderung gedeckt. Das Mineralöl und das ebenfalls stark expandierende Naturgas verdrängten die Kohle und erreichten 1979 einen Versorgungsanteil von zusammen fast zwei D r i t t e l (Tabelle 1). Dieser Substitutionsprozeß w a r m i t weitreichenden Auswirkungen sowohl auf das Faktor-Mix als auch auf das Produkt-Mix der Volkswirtschaften verbunden. Tabelle 1 Anteile der Energieträger an der Deckung des Weltenergieverbrauchs 1928
1948
1968
1978
1979
Kohle
74
57
34
27
28
Mineralöl
16
27
42
46
45
3
8
18
19
19
7
8
6
8
8
Naturgas Sonstige Energieträger
....
Quelle: BP, Statistical Review, London (versch. Jahrgänge).
Bei den regenerativen Energieträgern konnte nur die Wasserkraft ihre Position annähernd behaupten. Biomasse, hauptsächlich Holz, verlor ständig an Bedeutung. Der Anteil der fossilen Brennstoffe (Uranerz) an der Deckung des Weltenergieverbrauchs ist noch gering.
10
Hans Κ . Schneider
Abbildung 1 ; Bruttosozialprodukt und Primärenergieverbrauch der Welt,
1950 -
1979 ( I n d i z e s )
BIP und PEV
450
350
—
300
250
75
Quellen: UN S t a t i s t i k a l Yearbook, versch. Ausg., Energiewirtschaftliches (Schätzungen des Weltsozialprodukts für
76
77 78
1
80
I n s t i t u t an der U n i v e r s i t ä t Köln
1978 und 1979 aufgrund von OECD- und Weltbankinformationen)
3. Die Verschiebung der Verbrauchsstruktur steht i n krassem Gegensatz zur Reserven- u n d Ressourcensituation der einzelnen Primärenergieträger. Der A n t e i l des „konventionellen" 1 Mineralöls an den nachgewiesenen Energiereserven beträgt nur 15 %>, der an den Energieressourcen sogar nur 4°/o 2 , während der Anteil am Gesamtverbrauch fossiler Energieträger 49 ϋ /ο ausmacht. A m günstigsten ist die Relation zwischen Verbrauchs- u n d Vorratsanteilen bei den festen Brennstoffen. d. h. m i t konventionellen Methoden gewinnbar. Bei den Reserven handelt es sich u m den T e i l des Gesamtvorkommens eines Rohstoffs oder Energieträgers, der unter den gegenwärtigen technischen u n d ökonomischen Bedingungen als gewinnbar beurteilt w i r d . Ressourcen umfassen Reserven u n d weitere, quantitativ nicht genau bestimmbare Mengen des betreffenden Rohstoffs i n der Erdkruste. Die Ressourcenangaben sind äußerst vage. 2
79
Weltweite Entwicklung des Energieangebots
11
Tabelle 2 Vergleich der weltweiten Verbrauchs- und Vorratsanteile (in '%) fossiler Energieträger Verbrauchsanteile 1979
Reservenanteile 1979
Ressourcenanteile 1979
Mineralöl
49
15
Naturgas
20
11
4 3
feste Brennstoffe
31
74
93
Quelle: BP, Statistical Review of the World Oil Industry 1979; Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Survey of Energy Resources 1980, 11. Weltenergiekonferenz, München, September 1980.
4. Ausschlaggebend für die starke Expansion des Mineralöls (vgl. Abbildung 2) war die Preisüberlegenheit, die dieser universale, auch als Rohstoff anwendbare Energieträger bis 1973 i m Vergleich zur Kohle gewinnen konnte. Bei niedrigen Gewinnungskosten i n den neuen, schnell expandierenden ölprovinzen des Mittleren Ostens und niedrigem „government take" gingen die realen fob-Preise für Rohöl i m Trend zurück. Zusammen m i t den economies of scale i m See- und Landtransport, i n der Verarbeitimg und i n der Verteilung kam es so zu einer anhaltenden Verringerung der realen Produktkosten und dank intensivem Wettbewerb auch zu sinkenden realen Preisen für die Mineralölferti^produkte. Das Mittelost-Öl übernahm schon ausgangs der 50er Jahre die Preisführerfunktion auf dem internationalen Ölmarkt und auf allen internationalen Energiemärkten, soweit der Z u t r i t t zu ihnen nicht durch energiepolitische Maßnahmen erschwert wurde. Sein A n t e i l am internationalen ölhandel stieg bis zur Mitte der 70er Jahre auf über 80 %>. Der Gesamtanteil von Kohle und Naturgas am internationalen Energiehandel belief sich i n dieser Zeit auf nur etwa 12 °/o. A u f den internationalen Energiemärkten erzwangen die niedrigen Preise der Mineralölprodukte eine Preisanpassung der Konkurrenzenergieträger. Demzufolge gingen die realen Preise aller Primär- und Sekundärenergieträger bis etwa 1973 i m Trend zurück. Dies zeigen Abbildungen 4 und 5 am Beispiel der realen Energiepreise für Haushalte und Industrie i n der Bundesrepublik 3 . Die Übereinstimmung m i t der gleichgerichteten Entwicklung des realen Rohölpreises (Abbildung 3) ist i n dieser Zeit (bis 1973) offensichtlich. 3
Die — bis 1973 — leicht abweichende Preisentwicklung der Inlandskohle geht letztlich auf energiepolitische Schutzmaßnahmen zu Gunsten der I n landskohle zurück.
12
Hans Κ . Schneider Abbildung 2: A n t e i l e e i n z e l n e r
Energieträger
am W e l t e n e r g i e v e r b r a u c h
(v.H.)
Kohle
ÖL
Naturgas
Sonstige Energieträger
/
-
1928
I
74%-
16%
3Z
MIMMI 7%
Quelle:
/
BP, S t a t i s t i c a l R e v i e w s , London, v e r s c h .
Jahrgänge
Weltweite Entwicklung des Energieangebots
13
Ebenso bemerkenswert wie der sinkende Trend der realen Energiepreise auf internationalen und nationalen Märkten ist die geringe Schwankungsbreite dieser Preise i m Zeitraum bis 1973/74. Die für Rohstoffmärkte ganz ungewöhnliche Stabilität der Primärenergiepreise (Rohöl, Kohle, Naturgas) ist ebenfalls dem dominierenden Einfluß des damals preisstabilen Mittelost-Öls zuzuschreiben. Abbildung 3 Index 1962-100
5. Die beiden Preissprünge des Rcnhöls u n d seiner Derivate übertrugen sich auch auf die Preise der international gehandelten engen und weiten ölsubstitute. Ihre Preise entwickelten sich allerdings recht unterschiedlich. Die prozentual größte Preissteigerung verzeichnete 1974 - 1976 das Natururan. Die realen Preise (in konstanten 1974er US-$) schnellten — vermutlich als Folge temporärer Überschußnachfrage — auf das
"j
1960
1970
1111111111111111 11 1
1
"
1980
(Deflationiert mit Preisindex der Lebenshaltung)
Quelle: Statistisches Bundesamt, versch. Jahrgänge
0
200 —
300 —
400 -η
1970 - 100
Index der realen Energiepreise für Haushalte
/
/
KOkS
ê Heizöl
Abbildung 4
14 Hans K . Schneider
1 111
1 1111
Bundesministerium für Wirtschaft
1970
1 1111
Quellen: Statistisches Bundesamt,
1960
200 —
300 —
1 1111
1 1980
/
! Heizöl S
Weltweite Entwicklung des Energieangebots 15
16
Hans Κ . Schneider
öfache des bis 1973 nahezu konstanten Niveaus 4 . Seitdem bröckeln sie jedoch wieder ab. Eine als Folge des stark gebremsten Ausbaus der Kernkraftwerke viel schwächer als erwartete expandierte Nachfrage und die zwischenzeitlich 'beträchtlich vergrößerte Kapazität der WeltUranerzgewinnung sind die Ursachen für den erneuten Preisrückgang. A u f dem Weltkohlemarkt blieb der reale Preisanstieg bis 1980 gering. Dies reflektiert die ausgeglichene, bei Kesselkohle eher sogar durch ein Uberschußangebot gekennzeichnete Marktlage und ein konkurrenzbestimmtes Anbieterverhalten bei weltweit nur schwach steigenden langfristigen Grenzkosten. Die seitdem eingetretene bedeutende Kohlepreissteigerung auf den internationalen Märkten signalisiert den Umschlag vom Käufer- zum Verkäufermarkt, der durch singuläre und temporäre Faktoren noch verstärkt w i r d (Rückgang der polnischen Kohleexporte, Engpässe i m Transportsystem). Die Preise für international gehandeltes Naturgas haben nach 1974 wesentlich stärker angezogen als die Kohlenpreise. Die frühere Preisüberlegenheit gegenüber Kohle und schwerem Heizöl besteht nur noch auf einzelnen Absatzmärkten, die gegenüber leichtem Heizöl ist — trotz des großen Preissprungs des leichten Heizöls seit 1979 — beträchtlich verringert worden. 6. Auf den nationalen Energiemärktein haben sich die Preissteigerungen der internationalen Energiemärkte nur abgeschwächt und zudem von Land zu Land unterschiedlich ausgewirkt. Der i m Vergleich zum Rohölpreis und internationalen Großhandelspreis für Naturgas allgemein geringere prozentuale Anstieg der realen Verbraucherpreise für Treibstoffe, Heizöle und Naturgas ist darauf zurückzuführen, daß die i n den Energieverbraucherpreisen mitabgegoltenen Kosten für Verarbeitung, Transport und Verteilung und fiskalische Belastungen weniger stark gestiegen sind als die verschiedenen internationalen Energiepreise. Die realen Strompreise sind i n einigen Ländern überhaupt nicht, i n anderen nur schwach gestiegen; der Preisanstieg der Einsatzbrennstoffe konnte durch Energieträger- oder/und Faktorsubsituation teilweise abgefangen werden. Die Unterschiede i n der prozentualen Steigerung der realen Energieverbraucherpreise von Land zu Land gehen auf Wechselkursänderungen, abweichende fiskalische Belastungen (und Entlastungen), preispolitische Interventionen und andere wirtschaftspolitische Maßnahmen zurück (ζ. B. beim Ausbau der Elektrizitätserzeugung auf Kernenergiebasis). 7. Der früher herrschende Elastizitätspessimismus hinsichtlich der Reagibilität des gesamten Energieverbrauchs auf Änderungen des * Vgl. Jahrbuch der Atomwirtschaft, 1980, A 44.
Weltweite Entwicklung des Energieangebots
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Niveaus der realen Energiepreise kann nach den Erfahrungen seit 1973 als widerlegt gelten. Das Zurückbleiben des Energieverbrauchsanstiegs gegenüber dem BIP-Wachstum, das m i t wenigen Ausnahmen (insbesondere: OPEC-Länder) allgemein festzustellen ist (vgl. Abbildung 1), geht entscheidend auf die Energieverteuerung zurück. Ökonometrische Untersuchungen der Endenergienachfrage kommen für 13 Industrieländer der OECD zu dem Ergebnis, daß die durchschnittliche langfristige Preiselastizität der gesamten Endenergienachfrage i m Zeitraum 1960 bis 1978 etwa — 0,6 und die langfristige Einkommenselastizität etwa 1 betragen 5 . U m den gesamten Endenergieverbrauch auf konstantem Niveau zu halten, müßte der Index der realen Endverbraucherpreise der Energie m i t h i n langfristig etwa doppelt so stark steigen wie das reale Bruttoinlandsprodukt; der entsprechende Preisanstieg für Primärenergie müßte noch größer als der für Endenergie ausfallen. Auch bei konstantem Endenergieverbrauch würde der Primärenergieverbrauch wegen der voraussichtlich weiterhin steigenden Energieverluste auf der Umwandlungsstufe (zunehmende K o n version von schwerem Heizöl i n Leicht- und Mitteldestillate, zunehmender A n t e i l der Elektrizität am Endenergieverbrauch u. a.) noch zunehmen. 8. Von entscheidender Bedeutung für die Milderung der besonderen ökonomischen Knappheit des Mineralöls sind die Interfuel-Elastizitäten. Diese werden — m i t Ausnahme der Elektrizität — i n ökonometrischen Studien überwiegend höher als 1 geschätzt®. Die Chancen, durch knappheitsgerecht veränderte Energiepreisrelationen Substitutionen zwischen den Energieträgern zu bewirken, sind somit als günstig zu beurteilen. 6 Mitgeteilt von der Internationalen Energieagentur, Paris. « R. S. Pindyck, International Comparisons of the Residential Demand for Energy, European Economic Review, 1980, S. 1 - 24. Derselbe , The Structure of W o r l d Energy Demand, Massachusetts Institute of Technology, September 1978. M . Fuss and L . Waverman, Residential Commercial and Industrial Demand for Energy i n Canada: Projections to 1985 w i t h Three A l t e r n a t i v e M o dels, in: Nordhaus, W. D., Proceedings of the Workshop on Energy Demand. M . Baughman and P. Jaskow, The Effects of Fuel Prices on Residential A p pliances Choice i n the United States, L a n d Economics, 50, No. 1, February 1974. R. S. Pindyck, Interfuel Substitution and the I n d u s t r i a l Demand for Energy: A n International Comparison, Massachusetts Institute of Technology, August 1977, W o r k i n g paper M I T E L 77-026 WP. R . K . Sahi and R . W . E r d man, A Policy Model of Canadian Interfuel Substitution Demands (Department of Energy Mines and Resources, Ottawa, February 1979). M . Denny , M . Fuss and L . Waverman, The Substitution Possibilities for Energy: Evidence from U. S. and Canadian Manufacturing Industries, Institute for Policy A n a -
lysis, University of Toronto, 1979. J. Guillaume, M. Chérìf, S. Erlich, F. Jezkovitz and L. Masure, L a Consommation d'Energie dans le Secteur Domestique, Département d'Economie Appliquée de l ' U L B (Manuskript). 2 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
18
Hans Κ . Schneider
II. Weltweite Entwicklungstendenzen der Energienachfrage 1. Die seit 1973 von internationalen Organisationen, Workshops, ö l gesellschaften und unabhängigen Forscherteams präsentierten langfristigen Projektionen des Weltenergieverbrauchs sind durch ein gemeinsames Merkmal gekennzeichnet: Je später sie erfolgen, desto niedriger schätzen sie den Anstieg der Weltenergienachfrage ein. Dies mag teilweise auf die adaptive Erwartungshaltung der Energieprognostiker zurückzuführen sein; weil der Weltenergieverbrauch von Jahr zu Jahr schwächer anstieg als erwartet, wurden die extrapolierten Energieverbrauchsvorausschätzungen laufend nach unten korrigiert. Bei den auf Hypothesen basierenden Vorausschätzungen des Weltenergieverbrauchs spielt die jüngere Erfahrung ebenfalls eine wichtige Rolle, und zwar insofern, als ihre analytische Bearbeitung zu einer bis heute anhaltenden Korrektur früherer Parameterschätzungen führte. So w i r d vor allem das langfristige Wachstum des Weltsozialprodukts aus mancherlei Gründen, nicht zuletzt auch wegen der eingetretenen und erwarteten weiteren ölverteuerung, zunehmend ungünstiger beurteilt. Zugleich werden die künftige Substitution von Energie durch Arbeit und Kapital und das nichtfaktorgebundene Energiesparen größer eingeschätzt. Aber trotz der noch anhaltenden Niedrigerschätzung des langfristigen Weltenergieverbrauchsanstiegs kommen bisher alle Studien zu dem Ergebnis, daß die Weltenergienachfrage i n den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten absolut noch kräftig steigen wird. 2. Statt eine Schnittmenge der jüngeren Projektionen hier vorzutragen, möchte ich der weiteren Darstellung die Ergebnisse der jüngsten Projektion der Conservation Commission der Weltenergiekonferenz vom Herbst 19807 zugrundelegen. Man kann sie als eine auf breiten internationalen Konsens gestützte „Konglomeratprojektion" kennzeichnen. Die von verschiedenen internationalen Organisationen (Internationale Energieagentur, Weltbank, UNO) und nationalen Stellen (Ostblockländer) eingebrachten Schätzungen basieren auf gemeinsamen Annahmen über die Entwicklung des Weltsozialprodukts, der realen Energiepreise und des energiepolitischen Kurses der Länder. Die Konsistenz der Einzelprojektionen wurde mit Hilfe eines regional differenzierten Weltenergiemodells einfacher Bauart versucht herzustellen. Natürlich fehlte es auch nicht a n der „Handsteuerung" durch die Experten der Conservation Commission . . . Alles i n allem kann die Projektion der Weltenergiekonferenz jedoch als ein „best guestimate" gelten, der sich einer Vielzahl von Informationsquellen und des Wissens zahlreicher Experten bedient. 7
Deren updating i m übrigen schon begonnen hat . . .
Weltweite Entwicklung des Energieangebots
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3. Die Weltenergienachfrage w i r d sich nach dieser Projektion wie folgt entwickeln {vgl. Abbildung 6) 8 . Gegenüber dem 1980 erreichten Stand w i r d sich die Weltenergienachfrage bis zum Jahre 2000 fast verdoppeln, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 3 *Vo entspricht. Dieser Schätzung liegt die Annahme eines durchschnittlichen BSP-Wachstums der Welt von 4,1 zwischen 1973 und 1978, und w i r d es auch i n Zukunft bleiben. Hierfür sind vor allem vier Gründe maßgebend. Erstens w i r d das allgemeine Wirtschaftswachstum i n den Entwicklungsländern i n Zukunft deutlich höher sein als i n dem Rest der Welt (einschließlich des Ostblocks) 2 . Zweitens ist die wirtschaftliche Entwicklung i n diesen Ländern von einem raschen Strukturwandel zugunsten von Produktionsbereichen, deren Energieintensität weit über dem Durchschnitt liegt, begleitet. Dies geht einher m i t einer ebenfalls rasch zunehmenden Verstädterung, eine Siedlungsform, die einen deutlich höheren kommerziellen Energieverbrauch pro Kopf impliziert als ländliche Siedlungsformen. Drittens ist die Einkommenselastizität für zahlreiche energieverbrauchende Konsumgüter (Kraftfahrzeuge, elektrische Geräte, usw.) bei niedrigem Einkommen deutlich höher als bei hohem Einkommen. Viertens ist i n nahezu allen Entwicklungsländern ein ausgeprägter Trend zur Substitution von nichtkommerzieller Energie durch kommerzielle Energie zu beobachten. Ungleich den Industrieländern spielt i n den Entwicklungsländern die nichtkommerzielle Energie neben der kommerziellen Energie noch eine sehr bedeutende Rolle. Feuerholz, Holzkohle, tierische und landwirtschaftliche Abfälle haben nach der auf der Weltenergiekonferenz i n München von Frisch 3 vorgelegten Studie einen A n t e i l am Gesamtenergieverbrauch von 80 °/o i n Westafrika, 77 °/o i n Zentral- und Ostafrika, 55 °/o i n Südasien, 51 °/o i n Südostasien, 24 °/o i n Südamerika und 22 °/o i n den zentral geplanten Entwicklungsländern. Selbst wenn man diesen Schätzungen hohe Fehlermargen zubilligt, bleibt der Eindruck bestehen, daß i n vielen Entwicklungsländern die sogenannte nichtkommerzielle Energie den größeren A n t e i l des Gesamtenergieverbrauchs bestreitet. Uber die langfristige Entwicklung des Gesamtenergieverbrauchs (kommerzielle plus nichtkommerzielle Energie) i n Entwicklungsländern liegen bislang nur wenige verläßliche Informationen vor. Für den kommerziellen Energieverbrauch haben die Vereinten Nationen Daten für die Jahre seit 1950 zusammengestellt. Sie zeigen, daß die Wachstums2 Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1980, T e i l I . 3 J. R. Frisch , T h i r d W o r l d Energy Horizons 2000 - 2020, A Regional A p proach to Consumption and Supply Sources, paper presented at the W o r l d Energy Conference, München 1980.
Derzeitige Situation und spezielle Probleme i m Energiebereich
109
rate des Verbrauchs i n den Entwicklungsländern ungefähr 50 °/o höher war als i n den Industrieländern. Zwischen 1960 und 1965 wuchs die kommerzielle Energienachfrage der ersteren m i t einer jährlichen Rate von 7 % und zwischen 1965 und 1970 von 7,4 °/o. I m Unterschied zu den Industrieländern hielt das hohe Verbrauchswachstum i n den Entwicklungsländern während der 70er Jahre an. Zwischen 1970 und 1975 lag die jährliche Zuwachsrate bei 6,2 °/o und zwischen 1975 und 1978 bei 7 °/o. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Zuwachsrate zwischen 1970 und 1975 durch den weltweiten Konjunktureinbruch i n 1975 nach unten verzerrt ist. Projektionen der zukünftigen Wachstumsrate geben zwar etwas niedrigere Werte an — vor allem aufgrund der ölpreissteigerung —, liegen aber immer noch erheblich höher als für die Industrieländer 4 . Bislang gibt es nur wenige Versuche, den Verbrauch an nichtkommerzieller Energie vorauszuschätzen. Nach der zitierten Studie von Frisch nahm der nichtkommerzielle Energieverbrauch zwischen 1960 und 1976 m i t einer jährlichen Rate von 2,4 °/o i n Afrika, 3 °/o i n Asien und 1 % i n Lateinamerika zu. Für die Zukunft erwartet Frisch zwar etwas niedrigere Zuwachsraten, aber vor allem für A f r i k a und Asien immerh i n noch Raten von 2 °/o und mehr. Eine Ausweitung des Produktionspotentials an nichtkommerzieller Energie ist i n vielen Entwicklungsländern nur sehr begrenzt möglich. Das hat zur Folge, daß zum einen Bestände an nichtkommerziellen Energieträgern, vor allem Feuerholz, sich zunehmend erschöpfen und zum anderen nichtkommerzielle Energie verstärkt kommerzialisiert wird. Nach Untersuchungen der Food and Agricultural Organization sind beispielsweise i n weiten Teilen Indonesiens die Waldbestände auf ein Achtel des ursprünglichen Bestandes geschrumpft, was allerdings nur teilweise auf den Feuerholzverbrauch zurückzuführen ist 5 . I n der Elfenbeinküste hat sich allein i n dem Jahrzehnt zwischen 1956 und 1966 der tropische Regenwald u m ca. 24 °/o reduziert und zwischen 1966 und 1976 u m nochmals gut 5 0 % . Der noch von Präsident Carter i n Auftrag gegebene Bericht „Global 2000"® erwartet bis zur Jahrtausendwende eine Halbierung der derzeitigen tropischen Regenwaldbestände. Die Folgen dieser Entwicklung sind vor allem wegen der damit einhergehenden Versteppung und Änderung des Lokalklimas gravierend. 4 L. Hoffmann und M. Mors , Energy Demand i n the Developing World — Estimation and Projection up to 1990 by Region and Country, in: World Bank Commodity Models, Vol.1, World Bank Staff Commodity Working Paper No. 6, 1981, S. V I I . 1 - Vn.152. δ P. F. Palmedo et al.: Energy Needs, Uses and Resources i n Developing Countries, BNL, prepared for A I D , New York 1978. » I n Deutsch erhältlich bei „Zweitausendeins", Frankfurt.
110
L u t z Hoffmann
Bei kommerzieller Energie sind die Aussichten f ü r ein wachsendes Angebot i n den Entwicklungsländern zumindest längerfristig besser. Die Entwicklungsländer insgesamt sind verhältnismäßig gut m i t Energieressourcen ausgerüstet. Ungefähr zwei D r i t t e l der gesicherten Weltölreserven befinden sich i n diesen Ländern. Sie verfügen über etwa 40 o/o der Erdgasreserven, etwa die Hälfte der Wasserkraftreserven, ein D r i t t e l der Uraniumreserven und mindestens ein Zehntel der Kohlereserven. Dieser günstige Gesamteindruck sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß einzelne Entwicklungsländer und Entwicklungsländergruppen auch längerfristig erhebliche Energieangebotsprobleme haben werden. Anstatt die Entwicklungsländer insgesamt zu betrachten, kann man daher i n Anlehnung an die Weltbank unterscheiden zwischen den ölexportierenden Ländern auf der einen Seite, die sich wiederum unterteilen lassen i n Kapitalüberschuß- und Kapitaldefizit-ölexporteure, und den ölimportierenden Ländern auf der anderen, wobei eine Unterscheidung zwischen den halbindustrialisierten Ländern und den stärker landwirtschaftlich orientierten ärmeren Ländern, vorwiegend i n Afrika, getroffen werden kann. Aus Platzgründen w i l l ich mich hier auf die ölimportierenden Länder beschränken.
Π . Die Probleme der ölimportierenden Entwicklungsländer Die ölimportierenden Entwicklungsländer stehen vor dem Problem, wie sie i h r Energieangebotsdefizit ausgleichen sollen, ohne i n unüberwindbare Zahlungsbilanzschwierigkeiten zu gelangen, und wie die enormen Investitionsmittel zur Finanzierung eigener Energieproduktionsanlagen kurz- bis mittelfristig aufgebracht werden können. Besonders die ärmeren dieser Länder müssen darüber hinaus damit rechnen, daß i h r Energieangebotsdefizit zukünftig rasch zunehmen wird, wenn sie ihren wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß nicht drastisch verlangsamen. Da diese Länder gerade am Beginn der Industrialisierung stehen, haben sie die Phasen eines raschen Verbrauchszuwachs an kommerzieller Energie noch vor sich. Selbst wenn sie ausreichende Investitionsmittel für den Energiesektor zur Verfügung hätten, würden die langen Implementierungszeiträume für entsprechende Projekte kaum nennenswerte Angebotserweiterungen i m laufenden Jahrzehnt Zustandekommen lassen. Diese Länder werden daher i m zunehmenden Maße ö l importieren müssen. Die Umstellung auf Kohle ist i n vielen Ländern aufgrund der Ausrüstung der Elektrizitätswerke m i t einfachbefeuerbaren Kesseln nicht möglich. Regenerative Energiequellen wie Biogas, Wind- oder Sonnenenergie mögen zwar langfristig i n diesen Ländern gute Realisierungschancen haben, brauchen aber ebenso wie i n den Industrieländern noch erhebliche Zeit, bis sie einen nennens-
Derzeitige Situation und spezielle Probleme i m Energiebereich
111
werten Beitrag zum Gesamtangebot leisten können. Die i n der jüngeren Vergangenheit gemachten Versuche zur Einführung von Biogasanlagen haben deutlich werden lassen, daß Probleme der Sozialstruktur und der Akzeptanz einer raschen Durchsetzung derartiger Technologien i m Wege stehen. Die Zahlungsbilanzen dieser Länder werden daher weiterhin stark durch Energieimporte belastet werden. Die Relation der ölimporte zu den Exporten von Gütern und Dienstleistungen, die i n den Ländern m i t niedrigem Einkommen i n Asien und A f r i k a südlich der Sahara gegenwärtig zwischen 25 und 40 °/o liegt, w i r d vermutlich über 50 °/o steigen. I n einzelnen Ländern werden die Defizite der Bilanz zu laufender Rechnung dramatische Ausmaße annehmen. Nach vorläufigen Schätzungen dürfte das Defizit dieser Bilanz für Indien von gegenwärtig 1,7 Milliarden US-Dollar auf 7 Milliarden US-Dollar i n 1990 ansteigen. Sri Lanka könnte von einer zur Zeit i n etwa ausgeglichenen Bilanz zu einem Defizit von über 1 Milliarde Dollar gelangen. Für die ölimportierenden Entwicklungsländer insgesamt muß man für 1990 wohl m i t einem Defizit von über 50 Milliarden Dollar i n Preisen von 1980 rechnen, wobei optimistischer Weise bereits unterstellt wurde, daß Brasilien, das Land m i t dem derzeit größten Defizit i n der Größenordnung von etwa 13 Milliarden Dollar, dieses Defizit bis 1990 weitgehend zu reduzieren vermag. Diese Entwicklungen werden m i t Sicherheit i n dem einen oder anderen Land Beschränkungen der Importe an Investitionsgütern zur Folge haben und damit den wirtschaftlichen Wachstumsprozeß bremsen. Angesichts dieser i n den letzten zwei bis drei Jahren von zahlreichen nationalen und internationalen Instituten vertretenen Sicht des gegenwärtigen und zukünftigen Energieproblems der Entwicklungsländer sind i n jüngster Zeit eine Reihe von Studien begonnen worden m i t dem Ziel zu überprüfen, ob und inwieweit möglicherweise eine gewisse Flexibilität i n der Entwicklung der Energienachfrage dieser Länder sowie ihres Energieangebots liegt, so daß sich das Problem auf mittlere und längere Sicht vielleicht doch etwas entschärfen könnte. Ich w i l l mich hier zunächst m i t der Frage der Nachfrageflexibilität auseinandersetzen und danach kurz auf die Angebotsflexibilität eingehen. I I I . Geringe Nachfrageflexibilität nach u n t e n
Die bekanntermaßen erheblichen Unterschiede i m Prokopfenergieverbrauch zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern — i m Verhältnis von etwa 10 zu 1 — dürfen nicht darüber hinweg täuschen, daß die Energieintensität, das heißt der Gesamtenergieverbrauch pro
112
Lutz Hoffmann
Produkteinheit, i n Entwicklungsländern keineswegs nennenswert geringer ist. Legt man dem Einkommensvergleich offizielle Wechselkurse zugrunde, dann ist die Energieintensität i n den Industrieländern m i t etwa 1700 Tonnen Steinkohlenäquivalenten (SKE) pro Sozialprodukteinheit i m Durchschnitt sogar geringer als i n den Entwicklungsländern (etwa 2200 Tonnen SKE). Verwendet man hingegen die Sozialproduktsdaten von Kravis 7 , dann ist die Energieintensität i n den Entwicklungsländern m i t 1300 Tonnen SKE geringer als i n den Industrieländern (1800 Tonnen SKE) 8 . Wegen des hohen Anteils nichtkommerzieller Energie am Gesamtenergieverbrauch ist allerdings i n Nutzenenergieeinheiten gerechnet der Unterschied zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern größer. Das w i r d jedoch wieder dadurch weitgehend aufgewogen, daß i n den Entwicklungsländern der indirekte Energiekonsum inkorporiert i n den Nettoimporten (Importe minus Exporte) deutlich höher liegt als i n den Industrieländern. Der A n t e i l dieses indirekten Energiekonsums am geschätzten Gesamtkonsum erreicht i n Ländern wie Pakistan, Marokko und Nigeria Werte von über 30, 50 und 70 °/o9. I n den Industrieländern liegt dieser A n t e i l nur i n wenigen Fällen über 10 °/o und ist meist deutlich niedriger 1 0 . Auch auf sektoraler Ebene zeichnen sich keine eindeutigen Unterschiede i n der Energieintensität zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern ab. I m Durchschnitt der Industrieländer und der Entwicklungsländer ist auf der Basis von Kravis* Sozialproduktdaten die Energieintensität i m Industriesektor praktisch gleich hoch, i m Transportsektor der Industrieländer etwas höher als in den Entwicklungsländern und i m übrigen Bereich i n den Industrieländern um gut 50 °/o höher als i n den Entwicklungsländern. Auf der Basis von zu laufenden Wechselkursen umgerechneten Sozialproduktsdaten würde die Energieintensität i m Industriesektor der Entwicklungsländer über derjenigen der Industrieländer liegen, i m Transportsektor etwa gleich hoch und i m übrigen Bereich etwas niedriger sein 11 . Für die Entwicklung des zukünftigen Energieverbrauchs folgt daraus, daß der Strukturwandel zugunsten des industriellen Sektors und zu Lasten landwirtschaftlicher Bereiche auch i n den Entwicklungslän7 I. Kravis et al., Heal GDP per Capita for More T h a n 100 Countries, Economic Journal (88), 1978, pp. 215 - 241. β Vgl. J. Dunkerley, Comparative Analysis of the Energy Sectors of I n dustrialized and Developing Countries, Washington 1979 (mimeo). 9 Α. ιStrout, The Hidden W o r l d Trade i n Energy, Cambridge, Mass. u n datiert (mimeo). 10 I . Darmstadter et. al., H o w Industrial Societies use Energy, Washington 1977.
11
J. Dunkerley , op. cit.
Derzeitige Situation und spezielle Probleme i m Energiebereich
113
dern zu hohen Zuwachsraten i m Energieverbrauch führen wird, so wie es i n den heutigen Industrieländern i n der Vergangenheit der Fall war. Die i n den Entwicklungsländern aufgebauten oder derzeit i m Aufbau begriffenen Industrien weisen weder von der Technologie noch von der Produktstruktur her eine geringere Energieintensität als i n den heutigen Industrieländern auf. Das w i r d denjenigen verwundern, der meint, daß aufgrund des reichlichen Arbeitsangebots i n den Entwicklungsländern ein weitgehend arbeitsintensiver Industriesektor m i t vergleichsweise geringer Energieintensität entstanden ist. Daß dies i n zahlreichen Ländern — insbesondere i n den quantitativ stark ins Gewicht fallenden großen Ländern wie Indien und Brasilien — aufgrund einer verfehlten Wirtschaftspolitik bedauerlicherweise nicht der Fall war, haben die zuständigen Fachleute i n den letzten zwei bis drei Jahrzehnten immer wieder erfolglos beklagt. Die Industrialisierung ist also nicht notwendigerweise als solche für die hohe Energieintensität dieses Sektors i n den Entwicklungsländern verantwortlich, sondern eher die A r t und Weise, i n der sie i n den meisten Ländern bislang betrieben wurde. Durch übertriebene Importsubstitution, insbesondere bei kapitalintensiven Gütern, durch eine starke regionale Polarisierung des industriellen Sektors verbunden m i t einer außerordentlich raschen Urbanisierung, hat sich i n diesen Ländern eine Industriestruktur herausgebildet, die i m Vergleich zum verfügbaren Bestand an Produktionsfaktoren deutlich zu kapital- und energieintensiv ist. Aus diesen Überlegungen ergeben sich zwei mögliche Alternativen für eine Dämpfung des Energieverbrauchszuwachses. Entweder der Strukturwandel als solcher w i r d gebremst, was zweifellos mit einer deutlichen Wachstumsverlangsamung verbunden wäre und daher weder von seiten der betroffenen Länder noch unter einem globalen Gesichtspunkt vertretbar erscheint, oder es erfolgt ein radikaler Wandel i n der Industrialisierungspolitik i n Richtung auf eine stärker dezentralisierte und mehr arbeitsintensive industrielle Struktur. Auch hierfür sind leider die Realisierungschancen nicht sehr hoch einzuschätzen. Insgesamt muß daher damit gerechnet werden, daß sich der Strukturwandel i n der bisherigen Weise fortsetzen und weiterhin zu hohen Verbrauchszuwachsraten führen wird, es sei denn, eine Dämpfung der Verbrauchsentwicklung w i r d von der Zahlungsbilanzseite her erzwungen. Man mag die Frage aufwerfen, ob nicht die steigenden Energiepreise vielleicht doch einen dämpfenden Einfluß auf die Nachfrageentwicklung haben werden. Allgemein w i r d davon ausgegangen, daß die Preiselastizität der Gesamtenergienachfrage i n Entwicklungsländern gerin8 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
114
L u t z Hoffmann
ger ist als i n Industrieländern, weil Energie i n weiten Bereichen, vor allem i m Haushaltssektor, ein sogenanntes Notwendigkeitsgut ist, bei dem Einsparungen nur i m begrenzten Umfang möglich sind. Unsere eigenen Berechnungen haben allerdings gezeigt, daß zumindest für kommerzielle Energie die Preiselastizität i n Entwicklungsländern deutlich höher ist als i n Industrieländern. Der Grund hierfür scheint uns darin zu liegen, daß bei steigenden Preisen für kommerzielle Energie teilweise eine Resubstitution i n nichtkommerzielle Energie stattfindet, so daß zwar die Nachfrage nach kommerzieller Energie deutlich negativ beeinflußt wird, aber die Nachfrage nach Gesamtenergie nur i m geringeren Umfang. Falls diese Hypothese zutreffen sollte, würden sich durch die Preissteigerung zwar Entlastungen beim Ölverbrauch und damit i n der Zahlungsbilanz ergeben, aber die oben angedeuteten negativen Folgen eines zunehmenden Verbrauchs an nichtkommerzieller Energie kämen verstärkt zum Tragen. Auch von der Preisseite darf man sich daher keine nennenswerte Entschärfung des Energieproblems der Entwicklungsländer erwarten. Wenn somit die Aussichten für eine wirksame Nachfrageflexibilität nach unten wenig hoffnungsvoll erscheinen, stellt sich die Frage, ob denn auf der Angebotsseite m i t einer deutlichen Flexibilität nach oben gerechnet werden kann. Dies ist die Karte, auf die internationale Institutionen wie die Weltbank setzen, obwohl man sich keiner Illusion hingibt, daß von der Angebotsseite eine nennenswerte Entlastung frühestens i n den 90er Jahren erwartet werden könnte.
I V · Angebotsflexibilität n u r auf längere Sicht
Die Gründe für eine pessimistische Einschätzung einer raschen A n gebotsausweitung liegen einmal darin, daß Energieprojekte generell verhältnismäßig lange Ausreifungszeiten haben und darüber hinaus i n Entwicklungsländern zusätzliche Projektplanungs- und Implementierungsprobleme auftreten. Ein Beispiel für letzteres ist das LNG-Projekt i n Malaysia, einem Entwicklungsland m i t verhältnismäßig guter A d ministration und Planungs- und Implementierungskapazität. Die L N G Anlage i n B i n t u l u (Sarawak) sollte ursprünglich 1979 i n Produktion gehen. Die Ernsthaftigkeit dieser Planung w i r d dadurch dokumentiert, daß für diesen Zeitpunkt bereits fünf LNG-Tanker geordert wurden, die teilweise inzwischen geliefert wurden und wegen der Verzögerung des Projektes derzeit ungenutzt sind. Man rechnet nunmehr frühestens m i t einem Anlaufen des Projektes i m Jahr 1983. Da die Schiffe gegenwärtig nicht vercharterbar sind, entstehen durch die Verzögerung des Projektes erhebliche zusätzliche Kosten.
Derzeitige Situation u n d spezielle Probleme i m Energiebereich
115
Abgesehen von diesen administrativen Schwierigkeiten erfordern die notwendigen Investitionen Finanzierungsmittel i n einem Umfang, der nur zu einem geringen Teil von den Ländern selbst aufgebracht werden kann und ganz erhebliche Anforderungen an den internationalen K a p i talmarkt stellt. Unsere letzten Schätzungen zeigen, daß, wenn lediglich die gegenwärtig bereits i n einem fortgeschrittenen Planungsstadium befindlichen Projekte realisiert werden, i m Durchschnitt der 80er Jahre für die Entwicklungsländer insgesamt nahezu 60 Milliarden Dollar i n Preisen von 1980 erforderlich sind. Davon müßten etwa zwei D r i t t e l extern finanziert werden. Zur Finanzierung dieser Investitionen müssen also für die Entwicklungsländer insgesamt nahezu 40 Milliarden Dollar pro Jahr an Auslandskapital aufgebracht werden. Das sind ungefähr 1 0 % der Auslandsschulden dieser Länder gegen Ende des Jahres 1979. Die Energieinvestitionen als solche würden also bereits eine Verdoppelung der Auslandsschulden i n Preisen von 1980 gerechnet bis zum Jahre 1990 bedeuten, was einem jährlichen Schuldenzuwachs von 7 % entspricht. Unterstellt man eine jährliche Inflationsrate von etwa 7 %, dann liegt die Zuwachsrate der Auslandsschulden bei etwa 14 % und die Auslandsfinanzierung der Energieinvestitionen würde somit die Schulden nominal verdreifachen. Damit erhebt sich die Frage, ob ein so hoher Zuwachs an Auslandsschulden finanzierbar ist. Diese Frage läßt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutieren. Wenn man an ein Recycling der OPECDollar denkt und optimistischer Weise unterstellt, daß der ölpreis während der 80er Jahre bei etwa 32 US-Dollar pro Barrel i n 1980er Preisen verbleibt, dann würde dem Finanzierungsbetrag ein ö l ä q u i valent von etwa 3,2 Millionen Barrels pro Tag (etwa 12 % von OPEC's gegenwärtigen Exporten) entsprechen. Da verschiedene OPEC-Länder nur einen Teil ihrer öleinnahmen intern absorbieren, wäre eine K r e ditgewährung i m Umfang von sagen w i r 5 0 - 7 0 % des erforderlichen Betrages an die Entwicklungsländer ohne weiteres möglich. Das bisherige Anlageverhalten von OPEC macht diese Möglichkeit allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Eine andere Frage ist, ob die Schulden und der Schuldendienst für die Entwicklungsländer nicht zu hoch werden. Ende 1979 betrug die Schuldenrelation (Schulden abzüglich Reserven dividiert durch laufende Deviseneinnahmen) der Nicht-OPEC-Entwicklungsländer etwa 0,6, was weniger war als 1970 (1,0) und 1975 (0,8), jedoch mehr als 1973 (0,4). Verglichen m i t den COMECON-Ländern ist diese Schuldenrelation allerdings noch nicht hoch. I m Durchschnitt haben die europäischen COMECON-Länder eine Schuldenrelation von 1,1, wobei für einige 8*
116
Lutz Hoffmann
Länder die Relation deutlich höher ist, so etwa 1,7 für die DDR, 1,0 für Bulgarien und 2,5 für Polen. Die Schuldendienstrelationen (Schuldendienst dividiert durch Exportwert) der Nicht-OPEC-Entwicklungsländer hat i n der Vergangenheit ständig zugenommen. Sie beträgt gegenwärtig etwa 18%. Für einige Länder liegt sie allerdings deutlich höher. Für Chile betrug sie 1978 43 °/o und für Brasilien 50 °/o. Für beide Länder dürfte sie i n den letzten beiden Jahren nochmals deutlich angestiegen sein. Auch hier wieder liegt allerdings die Relation für die europäischen COMECONLänder noch deutlich höher. I m Durchschnitt beträgt sie 33 °/o, wobei Bulgarien 55 °/o erreicht und Polen 65 °/o. Aus dem Vergleich m i t den COMECON-Ländern mag man schließen, daß für die Nicht-OPEC-Entwicklungsländer das Schuldenproblem noch nicht kritisch ist. Es ist auch argumentiert worden, daß die Schuldenrelation von Ländern wie Australien und Kanada i m 19. und frühen 20. Jahrhundert erheblich höher war als die von Ländern wie Chile und Brasilien heute. Dennoch mögen für einzelne Länder Probleme auftauchen, entweder w e i l Auslandsbanken nicht mehr bereit sind, Kredite zu gewähren, w e i l Kontrollinstanzen i n den Gläubigerländern einer weiteren Kreditvergabe nicht mehr zustimmen oder weil die Länder selbst ihre Schulden und die damit möglicherweise einhergehende Abhängigkeit als zu hoch einschätzen. Bei alledem sollte man auch nicht vergessen, daß es Tausende von anderen Nicht-Energieprojekten i n den Entwicklungsländern gibt, die zur Aufnahme von Schulden führen und m i t denen die neuen Energieprojekte i n Konkurrenz um das Auslandskapital treten. E i n letztes Wort noch zu den möglichen Kapitalquellen. Bei einer Durchrechnung der Anteile, die i n der Vergangenheit auf private, öffentliche nationale und öffentliche internationale Kapitalquellen entfielen und bei Unterstellung plausibler Zuwachsraten für die unterschiedlichen Quellen w i r d sehr schnell deutlich, daß die Hauptlast von nationalen öffentlichen Krediten getragen werden müßte, sofern die M i t t e l der internationalen Finanzierungsinstitutionen nicht erheblich aufgestockt werden. Man mag abschließend fragen, ob diese großen finanziellen Anstrengungen wenigstens die Energiebilanzen der ölimportierenden Entwicklungsländer nachhaltig entlasten würden. Bedauerlicherweise kann diese Frage nicht positiv beantwortet werden. Die gegenwärtigen Produktionspläne, auf denen die diesen Aussagen zugrunde liegenden Berechnungen beruhen, können höchstens dazu beitragen, einer weiteren Verschlechterung der Energie- und Zahlungsbilanzposition dieser Länder entgegenzuwirken. Wenn die hier zugrunde gelegten Pläne tat-
Derzeitige Situation und spezielle Probleme i m Energiebereich
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sächlich realisiert werden, werden nach vorläufigen Berechnungen die ölimportierenden Entwicklungsländer i m Jahre 1990 immer noch etwa 11 Millionen Barrels pro Tag importieren. Bei einem ölpreis von 32 US-Dollar i n Preisen von 1980 würde damit der Importwert bei 125 Milliarden Dollar liegen. Das wäre etwa 30 % der erwarteten Exporteinnahmen dieser Länder i m Vergleich zu gegenwärtig etwa 20 %.
Agrarwirtechaftliche Aspekte des Energieproblems Von Lüder von Bremen, Braunschweig 1. E i n f ü h r u n g
Es ist kaum möglich, von agrarwirtschaftlichen Aspekten des Energieproblems allein zu sprechen; stets w i r d man Aussagen zu den agrarwirtschaftlichen Aspekten des Energieproblems i n gewissem Maße auch einen agrartechnologischen Einschlag geben müssen. Dieses war bereits ein Kennzeichen der Diskussionen zu diesem Thema, als sie vor etlichen Jahren i m Anschluß an die erste große Ölkrise und i m Rahmen der „Grenzen der Wachstums "-Auseinandersetzungen intensiviert wurden. Inzwischen hat ohne Zweifel eine Gewichtsverlagerung stattgefunden; h i n zu einer stärkeren Berücksichtigung der ökonomischen Wechselbeziehungen und des ihnen innewohnenden Lenkungsvermögens 1 sowie der von ihrem Wandel ausgehenden Zwänge, technisch gegebene Substitutionsspielräume auszunutzen oder gar durch entsprechende Forschungsanstrengungen auszuweiten. Sicher ist das ein wesentlicher Grund dafür, daß die agrarwirtschaftlichen Aspekte des Energieproblems heute m i t etwas mehr Realitätsnähe ins Auge gefaßt werden als es vielfach vor sieben bis acht Jahren geschah. I n den Jahren kritischer werdender Ölversorgung, vor allem unmittelbar nach dem ersten großen ölpreissprung, entstanden etliche, oft zitierte und sicherlich fruchtbare Diskussionen auslösende Veröffentlichungen, welche die Ernährungssituation i n den vor uns liegenden Jahrzehnten entweder i n recht pessimistisch-warnender Weise darstellten 2 oder aber die Kapazität der Erde, Menschen m i t Nahrungsmitteln zu versorgen, i n euphorisch-beruhigender Weise hoch ansetzten, dabei allerdings nicht die Grenzen i n Betracht zogen, an die moderne Agrartechnologien infolge ihrer Energieintensität stoßen könnten 8 . 1 Vgl. insbesondere die deutliche Stellungnahme von C. P. Timmer, I n t e r action of Energy and Food Prices i n Less Developed Countries. „ A m e r i c a n J o u r n a l of A g r i c u l t u r a l Economics", Vol. 57 (1975), No. 2, S. 219 - 224. 2 Vgl. z.B. H. Gruhl, E i n Planet w i r d geplündert. Die Schreckensbilanz unserer Zeit. F r a n k f u r t a m M a i n 1975, S. 73 ff. 3 Vgl. z . B . C. Clark, Die Menschheit w i r d nicht hungern. Programm zur Ernährung der Weltbevölkerung. Bergisch-Gladbach 1970 (dt. Ubersetzung. Originalausgabe: Starvation or Plenty? London 1970). Die dort vertretenen
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Lüder v o n Bremen
Mittlerweile sind die Probleme nicht kleiner geworden. Aber die längere und intensivere Beschäftigung m i t ihnen hat dazu geführt, daß sie i n den Augen von Wissenschaftlern und Politikern schärfere Konturen angenommen haben. So sind die Produkt-, Faktor- und Verfahrenssubstitutionsspielräume deutlicher geworden, die bei von der Energieseite her verursachten Veränderungen relevanter Preisstrukturen i m Agrarbereich kurz-, mittel- und eventuell auch längerfristig ausgeschöpft werden können. Es deutet sich zudem an, daß die Land- und Ernährungswirtschaft nicht nur auf der Inputseite von Energiepreissteigerungen und -Verknappungen betroffen ist, sondern daß ihr auf der Absatzseite auch Chancen erwachsen können. Es läßt sich nicht i n Abrede stellen, und das wurde vielleicht noch gerade rechtzeitig erkannt, daß sich ein inzwischen recht großer Teil der angewandten Agrartechnologien auf einem Gebiet befindet, das i m Hinblick auf den nötigen Einsatz an Fossilenergie längerfristig nicht begehbar ist. Allerdings geben die sich an den Märkten herausbildenden aktuellen Faktorpreise offenbar nicht immer die Signale, die zur Auslösung sinnvoller Anpassungsvorgänge die Voraussetzung wären. Es ist ohnehin klar geworden, daß die Faktorpreisstrukturen, für sich allein genommen, nur als unzureichende Entscheidungsparameter für den Einsatz der mehr oder weniger energieintensiven Produktionsmittel i n den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereichen sowie i n der Landwirtschaft selbst gelten können. 2. Energieeinsatz i n der L a n d - u n d Ernährungswirtschaft 2.1 Funktionale Betrachtungsweise
Es sind mittlerweile viele Versuche unternommen worden, das Ausmaß abzuschätzen und darzustellen, i n dem die Agrar- und Ernährungswirtschaft durch die Verknappung und Verteuerung des Faktors Energie betroffen worden ist. Z u einprägsamen Resultaten kamen dabei schon recht f r ü h solche Untersuchungen, die sich an funktionalen Gesichtspunkten orientierten. Diese Analysen ermittelten den von der Land- und Ernährungswirtschaft i n Form der einzelnen sächlichen Inputs und der Dienstleistungen anderer Sektoren getriebenen A u f wand, umgerechnet i n Primärenergieeinheiten. Ubersicht 1 gibt einen Einblick i n die Energieverwendungsstruktur des Agrarsektors, wie sie sich zur Zeit i m globalen Durchschnitt darstellt. Dabei w i r d die hervorragende Rolle der chemischen Düngemittel (vor allem Stickstoffdünger) sichtbar, die als tragende Faktoren der Grünen Revolution die Ansichten w u r d e n von Clark i n zahlreichen Folgeveröffentlichungen wiederholt. — Vgl. ferner H. Linnemann et al., M O I R A , Model of International Relations i n Agriculture. Amsterdam, New York, Oxford 1979.
Agrarwirtschaftliche Aspekte des Energieproblems
121
Übersicht 1: Geschätzter Energieeinsatz in der Landwirtschaft über Düngemittel, Landmaschinen, Bewässerung und Pflanzenschutzmittel, 1972/73 und 1985/86
insgesamt Ländergruppe
1972/ 1973
1985/ 1986
1015 Joules Industrieländer
Düngemittel 1972/ 1973
1985/ 1986
Landmaschinen 1972/ 1973
1985/ 1986
davon °/o
davon ®/o
Pflanzenschutzmittel
Bewässerung 1972/ 1973
1985/ 1986
1972/ 1973
1985/ 1986
davon °/o
davon l0/o
4 637
6 329
35,3
44,3
61,5
53,0
1,2
1,1
2,0
1,7
921
2 849
63,6
70,3
27,9
23,5
7,5
4,3
1.0
1,9
Zentralplanungsländer
2 048
4 292
56,6
65,4
38,0
31,4
2,5
1,5
2,9
1,7
Welt
7 606 13 470
44,5
56,5
51,5
39,9
2,3
1,9
2.1
1,7
Entwicklungsländer
Quelle: F AO, The State of Food and Agriculture 1976, Rom 1977, S. 97. Siehe dort auch detaillierte Angaben zum Energieeinsatz bei einzelnen Feldfrüchten und in verschiedenen Regionen.
Agrarmaschinen gerade jetzt von ihrer bisher führenden Position zu verdrängen i m Begriff sind. Häufig w i r d die Entwicklung des Einsatzes chemischer Düngemittel sogar als repräsentatives Kennzeichen zur Darstellung der jeweiligen Intensität der Agrarproduktion an flächenproduktivitätssteigernden Inputs benutzt. Bewässerung und Pflanzenschutz haben nur geringe anteilsmäßige Bedeutung, allerdings sind sie kaum substituierbar und daher sehr wichtig. Übersicht 2 stellt den Primärenergieaufwand eines modernen, energieintensiven und eines traditionellen Getreideproduktionsverfahrens einander gegenüber. Dabei w i r d die höhere Flächenproduktivität des ersteren, die höhere Energieproduktivität des letzteren sichtbar. Übersicht 2 Produktivität des Einsatzes kommerzieller Energie bei der Maiserzeugung mit modernen und traditionellen Methoden Verfahren
modern (USA)
Primärenergieeinsatz 106 Joules/ha
Ertrag kg/ha
Energieproduktivität kg/10 e Joules
30 034
5 083
0,17
173
950
5,49
traditionell (Mexiko) . . . Quelle: FAQ. — Eigene Berechnungen.
122
Lüder v o n Bremen 2.2 Sektorale Betrachtungsweise
Zur Erläuterung des globalen Prozesses der landwirtschaftlichen Energieintensivierung und für den Vergleich von Ländern und Regionen unterschiedlichen Entwicklungsstandes bietet dem Ökonomen die sektorale Betrachtungsweise möglicherweise einen sinnvolleren Ansatz. Dabei ließe sich zwischen den drei Bereichen Vorleistungen, eigentliche Agrarproduktion und nachgelagerte Ernährungswirtschaft differenzieren, wo es jeweils zu spezifischen, nicht i n jedem Einzelfalle m i t sinkender Energieproduktivität verbundenen technischen Fort- und Austauschentwicklungen gekommen ist. Bei einzelnen industriellen Produktionsprozessen i m Vorleistungswie i m Nachleistungsbereich konnten i n den zurückliegenden Jahrzehnten durchaus höhere Produktivitäten des Energieeinsatzes erreicht werden, i n manchen Fällen i n markanter Weise (hier wäre vor allem das besonders wichtige Beispiel der Stickstoffdüngerherstellung zu nennen). Die dennoch eingetretene Energieintensivierung des Gesamtsystems der Agrar- und Ernährungswirtschaft beruht i m wesentlichen auf den folgenden Faktoren: 1. I m Zuge der wirtschaftlichen Fortentwicklung kam es zur Funktionsausgliederung aus dem eigentlichen Agrarsektor i n vor- und nachgelagerte Bereiche, die gleiche Funktionen m i t höherem Aufwand an kommerzieller Energie erfüllten. 2. Durch die räumliche und zeitliche Trennung vieler Funktionen w u r den neue, zumeist energieintensive Funktionen notwendig, ζ. B. Transporte, Verpackung, Konservierung und anderes. M i t Bezug auf den engeren Agrarbereich müssen zusätzlich vor allem die folgenden Punkte i n Betracht gezogen werden: 3. Die agrartechnologische Entwicklung der letzten Jahrzehnte, wie sie sich auch i n der „Grünen Revolution" niederschlägt, beruhte entscheidend auf dem Mehreinsatz neuer, nicht i m Agrarsektor selbst erzeugter energieintensiver Produktionsmittel, vor allem von Düngemitteln, Maschinen und Treibstoffen. Sie ist i n diesem Ausmaß induziert worden durch eine Faktorpreisstruktur, die von den niedrigen Preisen der fossilen Kohlenwasserstoffe gekennzeichnet war. 4. Es ist den modernen, energieintensiven Agrartechnologien eigentümlich, daß i m Zuge ihrer Verbreitung der Energieeinsatz m i t größeren Raten wächst als die landwirtschaftliche Produktion. Es kommt hinzu, daß die technische Energie-Input-Outputrelation m i t steigender Energieintensivierung der Agrarproduktion nicht kon-
Agrarwirtschaftliche Aspekte des Energieproblems
123
stant bleibt, sondern als Ausdruck des Gesetzes der abnehmenden Ertragszuwächse ansteigt, d. h. die Produktivität des Energieeinsatzes sinkt. Letzteres kann i n vielen Varianten beobachtet werden; bei der Fortentwicklung der schon hochintensiven Agrartechnologien an alten Kulturstandorten ebenso wie bei der Ausdehnung der landwirtschaftlichen Betätigung auf Grenzböden. Zur Zeit entfällt i m weltweiten Durchschnitt ca. 3,5 °/o des kommerziellen Energieverbrauchs auf die Erzeugung der i n die Agrarproduktion eingehenden Vorleistungen bzw. auf die eigentliche Agrarproduktion selbst. I m Durchschnitt der Industrieländer ist dieser Anteil infolge des überragenden Gewichts dieser Ländergruppe am Weltdurchschnitt nur unbedeutend niedriger. I m Durchschnitt der Entwicklungsländer liegt er m i t knapp 5 °/o deutlich höher. Freilich gibt es von diesen Durchschnittswerten kräftige Abweichungen, entsprechend den jeweils vorherrschenden Agrartechnologien, die sich i n Abhängigkeit von der Verfügbarkeit fossiler Energieträger entwickelt haben. So liegen die entsprechenden Werte Israels, Japans oder Südafrikas vergleichsweise niedrig, die des Nahen Ostens relativ hoch 4 . Folgt man diesen Zahlen, so fließt zur Zeit also nur ein relativ geringer Teil der globalen Primärenergieerzeugung i n die Landwirtschaft. Das B i l d sieht freilich erheblich verändert aus, wenn die nachgelagerte Verarbeitungswirtschaft einbezogen wird. I n hochindustrialisierten Ländern kann der gesamten Ernährungswirtschaft ein A n t e i l von bis zu 25 °/o des nationalen Verbrauchs an kommerzieller Energie (gemessen i n Primärenergieeinheiten) zugerechnet werden 5 . N u n w i r d die Vergleichbarkeit zwischen Ländern unterschiedlichen industriellen Entwicklungsstandes i n der Regel durch Informationslücken beeinträchtigt. Zwar läßt sich auch für Entwicklungsländer der Einsatz kommerzieller Energie i m der Landwirtschaft vorgelagerten Bereich relativ gut abschätzen, für nachgelagerte Sektoren gibt es dagegen nur unklare Vorstellungen über den dort anfallenden Energieverbrauch. Es ist aber unstrittig, daß der relative Einsatz von kommerzieller Energie i m nachgelagerten Bereich i n Entwicklungsländern deutlich niedriger liegt als i n Industrieländern. I n Ländern mit niedrigem Einkommen w i r d mit einem A n t e i l von ca. 10 °/o gerechnet, i n Ländern mit mittlerem Einkommen mit 10 - 20 °/oe. 4 Vgl. B. A . Stout et al., Energy for W o r l d Agriculture. Rom 1979, S. 45 f. s Vgl. FAO, The State of Food and Agriculture 1976. Rom 1977, S. 92 ff. und die dort angegebene Literatur. 6 Vgl. R. Goodman, Steuerung der Energienachfrage i n der D r i t t e n Welt. „Finanzierung und Entwicklung", Jg. 17 (1980), Nr. 4, S. 9 - 13.
124
Lüder v o n Bremen 3. A u s w i r k u n g e n der Energiepreissteigerungen 3.1 Überwälzung von Preissteigerungen auf der Faktorseite
Zur Erläuterung der i n der Vergangenheit sichtbar gewordenen Überwälzungen von Energiepreissteigerungen erscheint es sinnvoll, auf der landwirtschaftlichen Ebene produktionsstrukturelle, auf den vor- und nachgelagerten Ebenen mehr die marktstrukturellen Gegebenheiten hervorzuheben: I n weiten Bereichen der Weltagrarwirtschaft sind trotz der inzwischen scharf angestiegenen Energiepreise die Wertgrenzprodukte von energieintensiven Inputs, wie Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln, künstlicher Bewässerung u. a., noch sehr hoch. Da die Faktorwertgrenzprodukte die entsprechenden Faktorpreise oft erheblich überschreiten, blieb die Preiselastizität der landwirtschaftlichen Nachfrage nach diesen Betriebsmitteln zumeist gering, d. h. jedenfalls dort, wo nicht Liquiditäts- und andere Probleme zu intensiveren Reaktionen führten. Der Überwälzung von Preissteigerungen bei ertragssteigernden Betriebsmitteln aus vorgelagerten Bereichen auf den Agrarsektor stand somit nur ein Widerstand entgegen, der sich i n Grenzen hielt. Das war verständlicherweise, oder auch erstaunlicherweise, gerade dort der Fall, wo sich der Einsatz solcher für die heute modernen Produktionsmethoden essentieller Produktionsmittel noch i n der niveaumäßig niedrigen Einführungsphase befand oder wo ein „take-off" des Einsatzes dieser Produktionsmittel gerade erst eingesetzt hat, also i n vielen Entwicklungsländern 7 . Für den zeitlichen Ablauf und für die Intensität der Überwälzung von Energiepreissteigerungen von sicher ähnlichem Gewicht sind die Marktstrukturen, die auf den verschiedenen dem eigentlichen Agrarsektor vor- und nachgelagerten Ebenen herrschen. Ein großer Teil dieser Bereiche ist geprägt von intensiver staatlicher Einflußnahme auf Investitionen, Produktion und Verteilung, durch Staatsbeteiligungen, Kartellformationen, multinationale Unternehmensverflechtungen, breite, über den Agrarbereich hinausgehende Produktspektren einzelner Unternehmen und weitere strukturelle Eigenarten, die es erschweren, die Überwälzung von Energiepreisveränderungen zu verfolgen. Auf der landwirtschaftlichen Vorleistungsseite läßt sich diese Argumentation gut belegen bei Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln, i n abgeschwächtem Maße bei Agrarmaschinen. Zur zeitlichen Glättung der 7 F ü r den F a l l chemischer Düngemittel vgl. dies bei R. C. Taylor, The Use of Direct Fertilizer Subsidies i n Developing Countries. (FAO / Fertilizer I n dustry Advisory Committee), Rom 1978, S. 9 ff. — Ferner vgl. C. L . Lee, Stages of Fertilizer Use Development and Marketing Policy. F A O Regional Office for Asia and the Pacific. Bangkok, February 1980 (Working Paper).
Agrarwirtschaftliche Aspekte des Energieproblems
125
Überwälzung kam es vor allem dort, wo Unternehmen unter Oligopolbedingungen oder Anbieter aus Staatshandelsländern am M a r k t auftraten. I n überzeichnendem Maße schwankten die Preise andererseits an den Spotmärkten für energieintensive landwirtschaftliche Produktionsmittel. Davon waren vor allem Entwicklungsländer betroffen. 3.2 Allokative Anpassungen
Wie erwähnt, steht die Preiselastizität der Nachfrage nach energieintensiven landwirtschaftlichen Produktionsmitteln nur i n eingeschränktem Maße als helfender Parameter bei der Analyse der Folgen von Energiepreissteigerungen zur Verfügung. Gerade unter Entwicklungsländerbedingungen sind Kreditverfügbarkeit, Risikoaversion, Ausbildungs- und Beratungsaktivitäten, staatliche Eingriffe i n das Preisgeschehen und i n die mengenmäßige Verfügbarkeit u. a. häufig die wichtigeren Einflußgrößen für die Umsätze an den landwirtschaftlichen Vorleistungsmärkten. Aber auch i n den Industrieländern hat sich der Einsatz energieintensiver Produktionsmittel bislang als recht stabil gegenüber den von der Energieseite her ausgestrahlten Preisbewegungen erwiesen. Es zeigt sich hier, daß manche der bisher akzeptierten Hypothesen zur Preiselastizität der landwirtschaftlichen Nachfrage nach produktionssteigernden Betriebsmitteln nicht i n der Lage waren, das i m Verlaufe der Energiekrise sichtbar gewordene Faktornachfrageverhalten zu erklären. Die oft vertretene Meinung, die flächenproduktivitätssteigernden, energieintensiven landwirtschaftlichen Produktionsmittel (vor allem Düngemittel) würden preiselastisch nachgefragt, beruht auf der Untersuchung von Zeitabschnitten, i n denen der Realpreis dieser Produktionsmittel sank (oder auf Querschnittsanalysen) 8 . I m Verlauf der jüngeren Energiepreissteigerungen hat sich diese hohe Elastizität dagegen nicht bestätigt. Es handelt sich dabei um eine Irreversibilitätserscheinung, die auf der erwähnten und weitverbreiteten Wertgrenzprodukt-Faktorpreisdifferenz beruht 9 . Infolge der relativ beständigen landwirtschaftlichen Nachfrage nach ertragssteigernden Vorleistungen anderer Sektoren blieb auch die Struktur i n den vorgelagerten Bereichen zumeist stabil. (Eine Ausnahme bildet offenbar der Agrarmaschinensektor, wo ausgerechnet zwei der international größten Hersteller zur Zeit spektakulär um das Uberleben kämpfen. Dies ist allerdings nicht allein eine direkte Folge 8 Vgl. L. Tweeten, Foundations of F a r m Policy. L i n c o l n 1970, S. 245. — C. P. Timmer, The Political Economy of Rice i n Asia: Lessons and I m p l i c a tions. „Food Research Institute Studies", Vol. X I V (1975), S. 419 - 432. ® Vgl. z.B. Η .Popken, Mineraldüngernachfrage 1980. Bestimmungsgründe und Elastizitäten. K i e l 1973, S. 33 ff.
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der Treibstofflage, sondern mehr i n allgemein agrarkonjunktureller Weise begründbar [ζ. B. Getreideembargo der USA]). I n der dritten Welt erhielten i m landwirtschaftlichen Vorleistungsbereich bestehende Industrialisierungstendenzen sogar weiteren Auftrieb, wobei allerdings die Neigung eine wichtige Rolle spielt, von instabilen Weltmärkten unabhängiger zu werden. So gibt es i n rohstoffreichen Ländern wirksame Anstöße zur Herausbildung insbesondere von Düngerindustrien. Es bilden sich zur Zeit i n der dritten Welt verschiedene überregionale Zentren der Stickstoffversorgung heraus (ζ. B. Persischer Golf, Südostasien, Mexiko, Indien), die ihre Aufgaben durchaus nicht nur i n der Importsubstitution sehen. Das i n der Deklaration von L i m a umschriebene Ziel, 25 % der industriellen Produktion i n den Entwicklungsländern stattfinden zu lassen, ist i n diesem ernährungswirtschaftlichen Schlüsselbereich inzwischen erreicht worden. Das entspricht genau den Planungen, die die einbezogenen Industriebereiche zuvor entwickelt hatten; u n d es nährt die Hoffnung, bis zum Jahre 2000 dem angestrebten Ziel von 40 °/o A n t e i l an der Weltstickstoffproduktion nahezukommen. Aber leider kann man nur bei globaler Betrachtungsweise zu einem solch positiven Ergebnis kommen. Die Kehrseite zeigt sich beim Blick auf die die Mehrheit bildenden rohstoffarmen Entwicklungsländer. Dort kam es i m Anschluß an die erste Ölkrise häufig zum Abbruch der Grünen Revolution, m i t teuren Wiederbelebungen danach. Die erneuten Energiepreissteigerungen der letzten zwei Jahre scheinen, obwohl absolut noch gravierender als die von 1973, noch nicht wieder zu so zerstörerischen Reaktionen i n der landwirtschaftlichen Entwicklung geführt zu haben. Es sieht so aus, als hätten die Überreaktionen nach 1973 einen Lerneffekt bewirkt, der heute ein kühleres Handeln der Marktbeteiligten, auch der Finanzierungsinstitutionen, ermöglicht. Die Umschichtungen i n der Nachfrage nach Produktionsmitteln und Dienstleistungen sind nun nicht nur ein Spiegelbild der preisstrukturellen Wandlungen, wie sie i m Vorleistungsbereich der Land- und Ernährungswirtschaft durch die Geschehnisse i m Energiesektor verursacht worden sind. Die Faktorallokation w i r d auch beeinflußt durch die nationalen ernährungswirtschaftlichen Abhängigkeiten und Risiken, die i m Energiebereich herrschen und die i n den nationalen Politiken ihren Niederschlag finden. Die i n Reaktion auf diese Abhängigkeiten und Risiken entstehenden Abweichungen von einer international optimalen Faktorallokation verursachen i n beträchtlichem Maße soziale Kosten. Gerade der Energieabhängigkeit der modernen Agrarund Ernährungswirtschaft können solche zusätzlichen Kosten angelastet werden. Diese Kosten einer Abweichung von preisstrukturmäßig opti-
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malen Entwicklungspfaden vermögen sich i n vielfältiger Form niederzuschlagen; hier einige Beispiele: 1. Der Abbruch, zumindest die Verzögerung der m i t dem Schlagwort „Grüne Revolution" umschriebenen technischen Fortentwicklungen i n manchen Regionen war bereits erwähnt worden. E i n längerfristiges Anhalten derartiger differenzierender Tendenzen würde sich letztlich i n regional erheblich unterschiedlichen Agrartechnologien auch bei der Erzeugung gleicher Nahrungsgüter niederschlagen. Diese Technologien wären zwar der jeweiligen Faktorausstattung angepaßt, könnten einem weiträumigen Wettbewerb aber oft nicht standhalten, so daß zusätzliche Schutzmechanismen notwendig wären; und zwar allein (davon ist hier die Rede) als Folge der Risikobelastung, der heutige Agrarproduktionstechnologien von der Energieseite her ausgesetzt sind. 2. Das angesprochene Sicherheitsbedürfnis führt nicht nur zu der genannten Herausbildung zusätzlicher Handelsbarrieren i m landwirtschaftlichen Vorleistungs- und Produktionsbereich, die das Ziel verfolgen, Preise und Einkommen zu stabilisieren, sondern auch zur Neigung, sich aus den Weltmärkten für energieintensive landwirtschaftliche Produktionsmittel zurückzuziehen, bei gleichzeitiger Forcierung des Ausbaues inländischer Produktionsmittelindustrien. Es werden dann häufig Industrieanlagen aufgebaut, deren Volumen nicht ausreicht, um Skalenerträge i m heute möglichen Maße wahrnehmen zu können. 3. I m Zusammenhang damit wäre auch noch die relative Kontraktion des Weltmarktvolumens anzuführen, die m i t einer solchen Entwicklung verbunden sein könnte. Der Weltmarkt würde mehr als bisher spot-Charakter bekommen, was sich i n einer noch höheren Instabilität niederschlagen müßte. Der immer noch große Teil von Entwicklungs- wie auch Industrieländern, der auf der landwirtschaftlichen Vorleistungsseite von der Weltmarktzufuhr abhängig bleiben würde, wäre davon betroffen. 4. Schließlich wäre auch noch auf schwerer bewertbare, mehr indirekte Implikationen hinzuweisen. Denn über den Agrar- und Ernährungssektor würden unterschiedliche Ressourcenausstattungen i m Rohstoff- und Industriebereich ihre Auswirkungen auf die politischen Handlungsspielräume haben, bis h i n zur politischen Erpreßbarkeit. 3.3 Nutzung politischer Handlungsspielräume
Den aufgeführten und recht differenzierten Auswirkungen der Energieknappheit auf die Weltagrarwirtschaft stehen nun entsprechende
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Abschwächungs- und Lenkungsbestrebungen gegenüber. Hier ist eine Kategorisierung der Agrarentwicklungspolitiken und der sich auf den landwirtschaftlichen Vor- und Nachleistungsbereich beziehenden Industrieentwicklungspolitiken möglich, bei der eine Kongruenz m i t den nationalen Ressourcenausstattungen ebenso wie m i t der Einbindung i n politische Gliederungen sichtbar werden würde. Noch nicht erreicht und auch nicht absehbar ist allerdings eine Situation, die infolge der Ausstrahlung langfristiger Stabilität auch tatsächlich zu einer günstigeren internationalen Ressourcenallokation führen würde. Eine solche Situation müßte dadurch gekennzeichnet sein, daß die Preis- und Verfügbarkeitsverläufe an den Märkten für die Landwirtschaft wichtiger industrieller Rohstoffe und Vorleistungen weniger sprunghaft wären und daß damit für die durch Marktschwankungen i m Vorleistungsbereich besonders gefährdeten Länder die m i t der Weltmarktabhängigkeit verbundenen Risiken gemindert würden. Aber den meisten ökonomisch und politisch einleuchtenden Plänen fehlte es bislang an der Durchsetzbarkeit bzw. ihre Realisierung kam nur schleppend voran. Hierzu gehören ζ. B. großräumige Kooperationen bei der Herstellung energieintensiver landwirtschaftlicher Betriebsmittel, um Skalenerträge nutzen zu können, um billige und sichere Rohstoffe verwenden zu können oder u m an den Energiebezugsmärkten ebenso wie an den Absatzmärkten für landwirtschaftliche Betriebsmittel m i t größerer Marktmacht auftreten zu können 1 0 . Ferner gehören dazu langfristige Kooperationen, die nur i n Ansätzen und zumeist offenbar m i t diskriminierendem Einschlag von einigen ö l - und Gasproduzenten betrieben werden. Recht früh schon wurde die technologische Zusammenarbeit auf dem Gebiet energieintensiver industrieller Vorleistungen für die Landwirtschaft für solche Länder und Regionen propagiert, denen als Verbraucher wie als Erzeuger die A b hängigkeit von den wechselhaften Weltmärkten zum Nachteil geriet. Z u nennen sind hier auch Einrichtungen zur Bewältigung von akuten Mangelsituationen, zum Beispiel das von der FAO organisierte International Fertilizer Supply Scheme (IFS). Häufig w i r d die Frage an uns herangetragen, wie groß denn nun die akute Gefährdung der Agrar- und Ernährungswirtschaft i n der Bundesrepublik oder auch i n anderen Ländern durch die von den Energiemärkten her wirkenden außenwirtschaftlichen Risiken sei. Prozentzahlen sagen hierzu wenig aus. Denn wenn ein hoher A n t e i l des ge10 Beispiele f ü r solche Planungsversuche vgl. z.B. i n T. H. Forster et al., The Potential for Regional Cooperation i n Fertilizer. A Methodology Study. Florence (Alabama) 1976. — A . M . Choksi et al., The Planning of Investment Programs i n the Fertilizer Industry (A W o r l d B a n k Research Publication). Baltimore and London 1980.
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samten volkwirtschaftlichen Energieverbrauchs, insbesondere des Verbrauchs an fossilen Kohlenwasserstoffen, vom Weltmarkt stammt, zudem noch ausländische industrielle Transformationsanlagen zur Herstellung der erforderlichen landwirtschaftlichen Produktionsmittel zwischengeschaltet werden müssen, wie i m Falle vieler Entwicklungsländer, dann ist auch eine energieintensive Agrarproduktion i n den Einflußbereich eines sehr breiten Argumentenspektrums geraten. Wichtiger als Prozentzahlen ist das Ausmaß der, nicht nur technisch bedingten, Substitutionalität, also die Möglichkeit, i m Bedarfsfall den Energieeinsatz an anderen Stellen einschränken zu können, um ihn i n der Agrarproduktion aufrechterhalten zu können. Die darauf Einfluß nehmenden Parameter wären i n jedem Einzelfall anderer Natur. Eine Abschätzung von kurz- und längerfristig bestehenden Gefährdungsgraden wäre nur möglich, wenn Energieträger-spezifisch vorgegangen würde. Denn einzelne energieintensive Prozesse i m Agraroder i n i h m vorgelagerten Bereich können zumeist nicht kurzfristig auf andere Energieträger umgestellt werden. Für die Bundesrepublik Deutschland wäre ζ. Β. ν,ο η Interesse, daß knapp 6 °/o des inländischen Naturgasverbrauchs i n die Synthese des i m Inland zur Pflanzenernährung benötigten Stickstoffs fließen würden, wenn dieser ausschließlich i m Inland erzeugt werden müßte. Das entspräche ca. 17 % der inländischen Gasförderung. Auch für Entwicklungsländer führt die Ermittlung solcher Verhältniszahlen i n der Regel nicht zu beängstigend hohen Werten. Danach müssen einige der wichtigeren Länder ohne nennenswerte eigene Rohstoff- und Industriekapazitäten energieintensive landwirtschaftliche Produktionsmittel i m Ausmaß von 6 - 7 °/o ihrer Gesamtimporte einführen 1 1 . Also auch hier ist weniger das relative Ausmaß beunruhigend als vielmehr die Möglichkeit, daß der Agrarsektor i m Extremfall nicht genügend Flexibilität besitzen würde. 3.4 Einflüsse auf Agrareinkommen und -struktur
Die oben angesprochenen allokativen Anpassungen lassen Einkommen und Struktur i m Agrarsektor nicht unbeeinflußt. Die zur Zeit herrschenden allgemeinen inflationären Tendenzen haben vorwiegend cost-push-Charakter, ausgehend von der Energiepreisentwicklung. Dieses muß hier hervorgehoben werden, weil eine cost-push-Inflation sich nachteiliger auf die Einkommenssituation der Landwirtschaft auszuu Einige Beispiele f ü r den A n t e i l von Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Agrarmaschinen am gesamten Importvolumen (1977): Indien 6,3%, Bangladesh 2,1 °/o, Kenia 7 °/o, Ähtiopien 6 °/o, Brasilien 4,6 °/o, Mexico 1,1 °/o. — Quelle: FA O Trade Yearbook. 9 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
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w i r k e n pflegt als eine demand-pull-Inflation, und zwar vor allem, w e i l die Möglichkeiten, Faktorpreiserhöhungen zu überwälzen, für landwirtschaftliche Erzeuger m i t relativ großen Schwierigkeiten verbunden sind 1 2 . Denn es ist zu berücksichtigen, daß die Agrarpreise, insbesondere die „nahrungsmittelnahen", weltweit einer mehr oder weniger ausgeprägten staatlichen Einflußnahme unterliegen. Besonders ausgeprägt ist das i n vielen Entwicklungsländern, aber eben auch zum Beispiel i n der EG. Gerade i n inflationären Phasen w i r d dieser Aktionsparameter staatlicher Preispolitik verstärkt als Ansatzpunkt zur Dämpfung der allgemeinen Geldentwertung genutzt 1 3 . Die Frage, wieweit der Energiepreisanstieg auf den Wandel der Agrarstruktur Einfluß nimmt, wurde bislang offenbar selten bearbeitet. Es scheint aber die Vorstellung zu überwiegen, der durch die Energieverteuerung hervorgerufene Wandel der Faktorpreisstrukturen könne von großen, kapitalkräftigen und m i t Marktmacht ausgestatteten Unternehmen sowie von größeren Einkaufs- und Vermarktungsorganisationen am ehesten bewältigt werden. Die Energiekrise würde, wenn dieses zutrifft, die i n den letzten Jahrzehnten abgelaufene Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebsgrößenstrukturen wieder beschleunigen. Andererseits erhebt sich die Frage, inwieweit weniger direkte, ebenfalls energiebedingte Auswirkungen i n gegenteiliger Richtung zum Niederschlag kommen 1 4 . Interessant wäre auch die Frage, welche Einflüsse von der Energieseite her auf die Strukturen der internationalen Agrarmärkte ausgehen. Hervorhebenswert ist das i n den USA vertretene Argument, das Land sei i n der Lage, m i t den Einnahmen aus den Agrarausfuhren einen erheblichen T e i l der Rohöleinfuhren zu bezahlen 15 . Auch i n Frankreich w i r d dieser Gedanke zur Zeit dankbar aufgegriffen, u m eine entsprechende Agrarexportpolitik m i t mehr Rückhalt i n die Diskussion zu bringen 1 6 . 12 Vgl. C. E. Brandow , The Distribution among A g r i c u l t u r a l Producers, Commodities, and Resources of Gains and Losses from Inflation i n the Nation's Economy. „American Journal of A g r i c u l t u r a l Economics", Vol.53 (1971), No. 5, S. 913.
13 Vgl. T. Heidhues und S. Tangermann, Der Einfluß von wirtschaftlichem
Wachstum, Inflation und Währungspolitik auf die Landwirtschaft unter EWG-Bedingungen. „Agrarwirtschaft", Jg. 21 (1972), S. 173 - 183, insbesondere S. 174/175. 14 Vgl. hier ζ. B. D. Holland, Energy and the Structure of Agriculture: A Political Economic Analysis. „American Journal of A g r i c u l t u r a l Economics",
Vol. 62 (1980), No. 5, S. 972 - 975. — H. O. Carter and J. G. Youde, Some Im-
pacts of the Changing Energy Situation on U.S. Agriculture. „ A m e r i c a n Journal of A g r i c u l t u r a l Economics", Vol. 56 (1974), No. 1, S. 878 - 887. is Vgl. D. R. Price, Fuel, Food, and the Future. I n : M a r y l i n Chou and D. P. Harmon, Jr. (Ed.), Critical Food Issues of the Eighties. New Y o r k 1979, S.234 - 244.
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3.5 Induktion technischer Fortschritte
Die Induktion entlastender technischer Fortschritte ist ein Gegenstand, auf den sich heute viele Hoffnungen, zumindest unter längerfristigem Aspekt, richten. Auch scheinen diese Hofnungen i n erheblichem Maße zu Recht zu bestehen, wenn man sich einmal die i n der Vergangenheit erwiesene Flexibilität vor Augen führt, m i t der der Pessimismus der klassischen Wirtschaftstheoretiker bezüglich der landwirtschaftlichen Produktionspotentiale durch die tatsächlichen Abläufe korrigiert worden zu sein scheint. Nur darf dabei nicht vergessen werden, daß die großen Sprünge i n der Entwicklung der landwirtschaftlichen Flächenproduktivität i n der jüngeren Vergangenheit erst durch enorme Steigerungen des Einsatzes energieintensiver Produktionsmittel möglich wurden. Induziert von durch billige Energie gekennzeichneten Faktorpreisstrukturen ging die Grüne Revolution weltweit einher zwar mit Erhöhungen der Flächen- und Arbeitsproduktivität, aber m i t sinkender Energieproduktivität. Heute, nach dem Umschwung i n der Energiepreisentwicklung, w i r d demgegenüber ein technischer Fortschritt verlangt, der bezüglich der Energieproduktivität Gegenteiliges ermöglicht. Der Wirtschaftspolitiker steht dabei vor der Schwierigkeit, daß kaum Kenntnisse über eine Preisrelationenelastizität der Fortschritts- oder Forschungsinduktion bestehen. Selbst über die technischen Spielräume für Fortentwicklungen bestehen nur vage A b schätzungsmöglichkeiten. Gewisse Vorstellungen gibt es lediglich über die Aufwendungen für Forschung und Anlagen, die i n den nächsten Jahren anfallen würden, würde man sich auf den jetzigen energieintensiven Pfaden fortbewegen 17 . W i r befinden uns auf agrartechnologischem Gebiet möglicherweise am Beginn einer längeren Unsicherheitsphase. Es könnte auch aus agrartechnologischer Sicht sinnvoll sein, über Maßnahmen nachzudenken, die eine erwünschte Fortschrittsinduktion vom Energiepreisniveau her absichern, d. h. die einer längerfristigen Energiepreisstabilität nach unten h i n Rückhalt geben. N u n ist technischer Fortschritt i n der Form, daß sich die spezifische Effizienz einzelner Produktionsfaktoren erhöht, nur ein Weg, um die durchschnittliche Produktivität eines Basis-Inputs wie Energie zu verbessern. Darüber, wieweit, alternativ dazu, Faktorsubstitutionsbereiche bei sich ändernden Preisrelationen erschlossen werden können, besteht jedoch ebenfalls wenig Klarheit. Die aus empirischen Analysen i® Vgl. ζ. B. F. de Ravignan, L'agriculture, pétrole vert de la France? „Economie Rurale", No 139 (1980), 5e Numéro, S. 31 - 38. 17 Vgl. P. Oram et al., Investment and I n p u t Requirements for Accelerating Food Production i n L o w - I n c o m e Countries by 1990. (International Food Policy Research Institute. Research Report 10). Washington, D.C., 1979, S. 43 ff. 9*
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gewonnenen Größenordnungen zur Substitutionselastizität zwischen mehr oder weniger energieintensiven landwirtschaftlichen Produktionsmitteln, ζ. B. zwischen Düngemitteln und Agrarland, zwischen Maschinen und Arbeitskräften oder zwischen Maschinen und Land oder zwischen Traktoren und tierischer Zugkraft, w i r k e n für m i t Praktikern geführte Diskussionen i n der Regel zu akademisch. Sofern solche Elastizitäten größenordnungsmäßig ermittelt werden konnten, wechseln sie regional und i m Zeitablauf, letzteres unter dem Einfluß technischer Wandlungen 1 8 . 4. N u t z u n g alternativer Energieträger
Das agrarwirtschaftliche Potential, über alternative Energiequellen zur Lösung des Energieproblems beizutragen, muß aus zwei Richtungen betrachtet werden: 1. Die Agrarwirtschaft gerät ζ. Z. mehr und mehr als Energieproduzent für nichtlandwirtschaftliche Abnehmer i n die Diskussion. 2. Der Agrar- und Ernährungswirtschaft stehen als Verbraucher von Energie Möglichkeiten offen, den Bedarf an Fossilenergie einzuschränken. A l s eng muß der Spielraum erscheinen, ohne entsprechende Einbußen des Produktionsniveaus zu einem wesentlichen Verzicht an energieintensiven landwirtschaftlichen Produktionsmitteln zu gelangen. N u r von energieintensiven landwirtschaftlichen Produktionsverfahren kann offenbar erwartet werden, daß sie das Ernährungsproblem einer wachsenden Weltbevölkerung lösen können 1 9 . Wenn alternative Energie, als Substitut für Fossilenergie, aus landwirtschaftlichen Quellen kommen könnte, hätte das Alternativ-Energieproblem für den Agrarsektor seine eingangs erwähnten zwei Seiten: — F ü r die R o l l e der A g r a r w i r t s c h a f t als E n e r g i e v e r b r a u c h e r l ä ß t sich die w e s e n t l i c h e A r g u m e n t a t i o n rasch u m r e i ß e n . A l l e i n schon, w e n n es gelänge, T r e i b s t o f f e u n d I n d u s t r i e r o h s t o f f e aus w e n i g e r b e g r e n z t e n u n d w e n i g e r k r i s e n a n f ä l l i g e n Q u e l l e n i n e i n e m solchen M a ß e z u beziehen, daß die derzeit m o d e r n e n A g r a r t e c h n o l o g i e n w e i t e r e x p a n d i e r e n k ö n n e n , w ä r e aus a g r a r w i r t s c h a f t l i c h e r Sicht vieles z u r P r o b l e m l ö s u n g getan. — D i e d e n A g r a r s e k t o r ζ. Z., als engeren Bereich, o f f e n es v g l . z. B. H. P. Binswanger , A Cost Function Approach to the Measurement of Elasticities of Factor Demand and Elasticities of Substitution. „ A 1m9 e r i c a n Journal of A g r i c u l t u r a l Economics", Vol. 56 (1974), S. 377 - 386. Vgl. hierzu z.B., m i t wesentlichem Bezug auf die Schlüsselrolle des Stickstoffeinsatzes, C. C. Delwiche, Nitrogen and Future Food Requirements. I n : Research for the W o r l d Food Crisis. Washington, D.C., 1970, S. 191 - 210.
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bar mehr bewegende Frage richtet sich auf die Absatzchancen, die i m Zeichen der i m Rahmen einer allgemeinen Energiekrise entstehenden Nachfrage nach Energieträgern für die Landwirtschaft erwachsen könnten. Die technischen Möglichkeiten dieser alternativen Energiegewinnung oder, das Wesentliche mehr hervorhebend, der Gewinnung von erneuerbarer Energie sind heute bereits recht tief einsehbar. Es verbleibt die Frage, welche Preisrelationen extern erforderlich sind, um die einzelnen Verfahren wirtschaftlich werden zu lassen. Die Mehrzahl der i n der Diskussion befindlichen und heute schon anwendbaren Verfahren weist offenbar keine nennenswert positive Energiebilanz auf, wenn alle Energieaufwandspositionen berücksichtigt werden, die auf dem Wege vom primären Energieträger über die eigentliche Agrarproduktion bis zum weiter verwertbaren Energieträger bzw. Industrierohstoff durchlaufen werden müssen. Solche Verfahren würden also nur dann für sich sprechende Argumente finden, wenn sie zu einer Substitution von Energieträgern führen, deren Preise infolge von Marktunvollkommenheiten hinreichende Unterschiede aufweisen, um diesen Austausch ökonomisch sinnvoll erscheinen zu lassen. Hier würde allerdings die Frage auftauchen, inwieweit sich das Bestehen so verursachter Preisdifferenzen auch für die Zukunft erwarten läßt. Politische Unsicherheitsargumente haben für diesen Fragenkomplex große Bedeutung. Insbesondere i n den USA, aber auch z. B. i n Südafrika, hat die Möglichkeit Gewicht gewonnen, durch eine getreide- oder ähnlich basierte Alkoholsynthese zu größerer nationaler Unabhängigkeit i n der Treib- und Rohstoffversorgung zu gelangen und gleichzeitig die Außenhandelsbilanz zu entlasten. Anders sieht es bei Erzeugnissen aus, bei denen der gesamte Produktionsäblauf bis h i n zum einsetzbaren Treibstoff oder Industrierohstoff eine deutlich positive Energiebilanz aufweist. Wichtigstes Beispiel sind hier die brasilianischen Anstrengungen bei der Nutzung von Zukkerrohr. Unter der Voraussetzung, daß genügend Fläche zur Verfügung gestellt werden kann, müßte dieses Land bei Treibstoffen zu einer insgesamt weitgehenden Unabhängigkeit von den Weltmärkten für Rohöl und ölderivate gelangen können. — Es erhebt sich sogleich die Frage, inwieweit dieses Experiment, wenn es gelingt, Schule machen kann oder ob hier nicht sogar eine Chance für Entwicklungsländer liegen könnte, zu Energieexporteuren zu werden. Es bestehen kaum Zweifel daran, daß der technische Spielraum dazu vorhanden ist und daß er bei weiter steigenden Energiepreisen auch ökonomisch sinnvoll genutzt werden kann. Bedenklich ist, daß es zu einem Verdrängungswettbewerb zwischen Energie- und Nahrungs-
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gütern kommen würde und daß beide bei steigender Alternativenergieproduktion noch rascher auf Grenzböden ausgedehnt werden müßten als es bei der Nahrungsgütererzeugung heute ohnehin schon geschieht. Es würde sich eine noch engere Preisrelation zwischen Energieträgern und Nahrungsgütern einspielen. Einer solchen Situation ließe sich möglicherweise nur ein positiver Aspekt abgewinnen, nämlich daß es deutlicher als bisher sichtbar würde, i n welchem Maße ein hoher Energieverbrauch den Ernährungsspielraum der Menschheit einschränkt 2 0 . 5. Zusammenfassung
Der Agrar- und Ernährungswirtschaft wandte sich i m Laufe der u m die Energiekrise entbrannten Diskussionen besonderes Interesse zu. Wichtigster Ansatzpunkt für ernährungswirtschaftliche Befürchtungen ist die offenbar geringe Substitutionalität energieintensiver l a n d w i r t schaftlicher Produktionsverfahren sowie das Ansteigen des Bedarfs energieintensiver Produktionsmittel m i t größeren Raten als das der zu ernährenden Bevölkerung. Es ist allseits deutlich geworden, daß die Welternährung zunehmend i n Abhängigkeit von landwirtschaftlichen Produktionsverfahren geraten war, die sich durch eine hohe I n tensität des Einsatzes an Fossilenergie auszeichneten. Es ist zu bezweifeln, ob heute noch die Alternative besteht zwischen dem Weg zurück zum Einsatz weniger energieintensiver Agrartechnologien oder dem Voranschreiten auf dem eingeschlagenen energieintensiven Weg. Vieles deutet darauf hin, daß nur solche Agrartechnologien den Nahrungsanforderungen der absehbaren Zukunft quantitat i v gerecht werden können, die auch eine erhebliche Zufuhr an energieintensiven Betriebsmitteln erfordern. Jedoch werden sich die von der Energieseite her kommenden Ausstrahlungen i n Umschichtungen der Faktorallokation sowie i n effizienzsteigernden und Substitutionsbereiche ausweitenden technischen Fortschritten niederschlagen. Von großer Tragweite ist dabei die A r t , i n der die strukturellen M a r k t gegebenheiten i n den der Landwirtschaft vorgelagerten Bereichen die Überwälzung der Energiepreisschwankungen ermöglichen, und i n welchem Maße Handlungsspielräume zur Anwendung hinreichend flexibler staatlicher Politiken zur Verfügung stehen.
20 Vgl. L. R. Brown , Food or Fuel: New Competition for the World's land. (Wordwatch Paper 35), Washington, D.C., 1980. — Vgl. ferner D. mark et al., Economics Feasibility of Agricultural Alcohol Production a Biomass System. „American Journal of Agricultural Economics", (1980) No. 5, S. 965 - 971,
CropHertzwithin Vol.62
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Angesichts der begrenzten Fähigkeit der Landwirtschaft, selbst Überschußenergie zu erzeugen, muß man den Plänen Skepsis entgegenbringen, den Agrarsektor zu einer global bedeutenden Quelle solcher Energie auszubauen, die außerhalb der direkten menschlichen Ernährung verwendet werden könnte. Schon recht bald würde sich eine verstärkte, nicht ernährungswirtschaftliche Nachfrage nach Agrarerzeugnissen i n sozial nicht tragbaren Veränderungen des Preisgefüges niederschlagen.
Zusammenfassung der Diskussion Referate Hoffmann
und von Bremen
Vom Vorsitzenden Giersch w i r d zunächst die Frage nach der künftigen Bedeutung der Biomasse aufgeworfen. Inwieweit könne man aus dem Bereich der Entwicklungsländer m i t einem zusätzlichen Angebot an Alternativenergien rechnen. Vor allem i n den Tropen gebe es zwar genügend Sonnenenergie, aber wenig Möglichkeiten einer für den Energieverbrauch kurzfristig nutzbaren Fotosynthese. Werden die veränderten Preisrelationen als dauerhaft angesehen, so könnte dies allerdings eine Vielzahl von Aktivitäten i m privaten Bereich induzieren. Vielleicht werde man eines Tages sogar überrascht feststellen, daß es partiell ein Uberangebot an Energie gebe. Ähnlich wie erhöhte Energiepreise zu einem Ansteigen der Reserven führten, könnte auch die Landwirtschaft einen Beitrag zur Angebotsausweitung leisten. Ohne eine Energiesubstitution oder Vermehrung des Angebots werden die Entwicklungsländer den Aufholprozeß auch kaum fortsetzen können. Von Bremen erläutert, daß man zwei Pflanzengruppen unterscheiden könne, die zur Alkoholproduktion herangezogen würden. Bei der einen Gruppe fielen genügend Abfallstoffe für die zur Alkoholproduktion erforderliche Dampferzeugung an (ζ. B. Zuckerrohr, Zuckerhirse). Bei Getreide müsse dagegen Energie von außen zugeführt werden. Dies verteuere den Prozeß und mindere nicht die Abhängigkeit vom ö l . I m Forschungsstadium befinde sich in Amerika noch eine dritte Gruppe, die Euphorbiazeen. Problematisch seien die verzerrten Preisrelationen, die i n verschiedenen Ländern i m Alkohlbereich bestünden. Dadurch hätten sich Technologien entwickelt, die den heutigen Bedürfnissen für den Einsatz von Alkohol als Energieträger nicht immer adäquat seien. Hinsichtlich der Rentabilitätsberechnungen habe sich gezeigt, daß diese nicht stabil seien. Langfristige Aussagen seien daher auch kaum möglich. Dies gelte nicht nur, weil die Preisentwicklung für konventionelle Energieträger kaum einzuschätzen sei; auch die Alkoholproduktionsverfahren entwickelten sich weiter. A u f eine Frage von Giersch nach den Entwicklungserwartungen i n der Züchtung antwortet von Bremen, daß sich das Interessanteste i n der Gen-Forschung vollziehe. Sollte es gelingen, neben den Mimosen auch
Zusammenfassung der Diskussion
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andere Pflanzen i n die Lage zu versetzen, Stickstoff zu sammeln, so wäre dies ein technologischer Durchbruch von erheblichem Gewicht, da die externe Düngung dadurch überflüssig würde. Die Einschätzung der künftigen Bedeutung von Biomasse stoße gegenwärtig noch auf Schwierigkeiten, ergänzt Schneider, denn die Bemühungen um Entwicklung dieser Technologien seien erst i n den letzten Jahren i n Gang gekommen. E i n Handikap der Biomasse sei ihre geringe Energiekonzentration. U m größere Energiemengen an einem Ort zusammenzubringen, bedürfe es eines hohen Sammel- und Transportaufwandes. Auf einen anderen Problempunkt weist Hoffmann hin: Es gebe Länder, i n denen aus kulturellen oder Gewohnheitsgründen Dünger von Tieren nicht verwendet werden könne. Oder die sozialen Einheiten seien zu klein, um die Erzeugung von Biogas wirtschaftlich vornehmen zu können. Hierfür brauche man mindestens fünf Kühe. So sei das großangelegte indische Biogasprogramm daran gescheitert, daß es nicht gelang, die sozialen Schranken zu überwinden. Schmitt geht auf brasilianische Erfahrungen ein. Dort habe man zunächst den Pflanzentyp m i t dem höchsten Wirkungsgrad bei der U m setzung des Sonnenlichtes unter den konkreten Standortbedingungen ausgewählt. Zuckerrohr und Maniok hätten sich als gut geeignet herausgestellt. Das brasilianische Beispiel sei deshalb so vorteilhaft, weil man dort zu einer A r t Fruchtfelderwirtschaft zurückkehren wolle. Die Asche aus den verbrannten Uberresten der Pflanzen werde auf die Felder gebracht. Damit habe man einen stabilen Prozeß sicherstellen können, der ohne Zugabe von Dünger und ohne Ausmergelung des Bodens eine langfristige Nutzung des Bodens zur Energieerzeugung sichere. Für den Anbau der Pflanzen solle eine Fläche außerhalb des Amazonasgebietes zur Verfügung stehen, die achtmal so groß sei, wie die Fläche der Bundesrepublik. Insofern könne man auf das brasilianische Experiment große Hoffnungen setzen. I n Brasilien sei das Zuckerrohrprogramm schon jetzt weit gediehen, ergänzt von Bremen. Man erwarte erhebliche Multiplikatoreffekte, Beschäftigungseffekte; man verbinde damit ein Siedlungsprogramm und ein intensives Forschungsprogramm. Bereits jetzt gebe es Autos i n Brasilien, die nur m i t Alkohol fahren. Es gebe — so Schmitt — dort zwei Zapfsäulen, eine zum Mischen und eine für Benzin. Wer nur Benzin tankt, müsse einen Aufpreis bezahlen. Steige man von der Beimischung zum reinen Alkoholbetrieb um, so erfordere dies neue Antriebssysteme, gibt Scholz zu bedenken. Die europäische Automobilindustrie rechne hier m i t einem Entwicklungshorizont von 15 bis 20 Jahren.
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Zusammenfassung der Diskussion
Erhebliche Zweifel äußert Schmitt allerdings bezüglich des Großeinsatzes regenerativer Energiequellen. Man könne nicht jene Technologien i n die Entwicklungsländer exportieren, die bei uns entwickelt werden. Vielmehr müsse man angepaßte Technologien i n die Entwicklungsländer exportieren; diese haben jedoch viel niedrigere Wirkungsgrade. Außerdem müsse man bei der Behandlung dieser Fragen stark zwischen den einzelnen Ländern und Regionen differenzieren. I n den ländlichen Gebieten seien die Energieprobleme noch nicht so dringend. Dagegen sei die Situation i n den Agglomerationszentren m i t der i n Südeuropa vergleichbar. Hier aber komme man m i t regenerativen Energiequellen nicht mehr weiter, vielmehr bedürfe es hochkonzentrierter Energieträger. Dies lasse bei allem Optimismus hinsichtlich des technischen Fortschritts bei regenerativen Energiequellen befürchten, daß die Lösung für die Entwicklungsländer eher i m Bereich der konventionellen Energieträger gesucht werden müsse. Demgegenüber stellt Bethkenhagen die Frage, ob die Energiepolitik der Entwicklungsländer nicht darauf abzielen sollte, die Industrieländer zu „überholen, ohne sie einzuholen". Die Entwicklungsländer sollten seiner Auffassung nach nicht, wie die Industriestaaten, zunächst den ö l - und dann den Kernenergieanteil ausweiten und dann vielleicht verstärkt alternative Energiequellen nutzen. Gegen eine solche Entwicklung spreche nicht nur die weitere ölverknappung, sondern auch das Qualifikationsniveau und das Weiterverbreitungsproblem von Kernwaffen i m Falle der Kernenergienutzung. Für die Industriestaaten ergäben sich Absatzmöglichkeiten durch den Export von alternativen Energietechnologien. Hier sei vor allem an Sonnenkollektoren zu denken. Bisher sei die Nutzung von Sonnenkollektoren i n Entwicklungsländern allerdings gleich Null, erwidert Hoffmann. Der Bedarf an Niedrigtemperaturwärme sei zu gering und an Stromerzeugung sei noch nicht zu denken. Auch von Schneider w i r d der Gedanke des Know-how-Transfers aufgeworfen. Er denke da vor allem an die Gründung von joint-ventures i n den ölländern. Japan ist auf diese Weise am Aufbau einer petrochemischen Grundstoffproduktion i n Saudi-Arabien beteiligt. Hoffmann sieht das Problem des Know-how-Transfers i n erster Linie i n der Übertragung des technischen Wissens innerhalb der Entwicklungsländer. Hier gebe es oft administrative Hindernisse, und es fehle häufig an der Adaption an die lokalen Verhältnisse. Hinsichtlich der Angebotsausweitung teile er die pessimistische Sicht Hoffmanns nicht, erklärt Neu. Man müsse doch den Kapitalbedarf hierfür als Alternative zu dem Devisenaufwand für OPEC-Öl sehen. A u ßerdem sei das Aufkommenspotential relativ groß, wobei u. a. an Was-
Zusammenfassung der Diskussion
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serkraft und an Biogas-Technologien zu denken sei. Dabei handele es sich aber kaum um kurzfristig realisierbare Projekte, erwidert Hoffmann. Bis 1990 — und bis dahin möchte er den Zeitbezug seiner Ausführungen verstanden wissen — stünden die Entwicklungsländer vor dem Problem, sowohl ö l importieren zu müssen, als auch Investitionsprojekte zur Angebotsausweitung zu finanzieren. Es bestehe allerdings die Hoffnung, daß es nach 1990 wesentlich besser aussehen werde. Vielleicht, so könnte man ketzerisch formulieren, „kommen uns 1995 ö l und Gas aus den Ohren heraus". Gerade auf dem Gassektor könne er sich eine gewaltige Angebotsexpansion i n den Entwicklungsländern vorstellen. Überall dort, wo man bohre, finde man gegenwärtig Gas. Auch Scholz äußert sich pessimistisch zu der Frage, ob die Entwicklungsländer i h r Energieproblem werden lösen können. Bisher haben die Industrieländer es nicht fertig gebracht, m i t konventionellen Technologien die Ernährungsprobleme i n diesen Staaten zu lösen. Wie könne man jetzt optimistisch i m Hinblick auf die Problemlösung auf dem Energiesektor sein? Gutowski weist darauf hin, daß es i n einer arbeitsteiligen Welt darauf ankomme, wo die Investitionen am rentabelsten sind. Ob i n den Entwicklungsländern i n Energieprojekte investiert werde, hänge davon ab, ob die Rentabilität i n diesen Ländern höher als i n den Industrieländern sei. Dies müsse auch angesichts der Verschuldungsfrage gesehen werden, denn schließlich gebe es keine Verschuldungsgrenze. Vielmehr komme es darauf an, ob das Kapital rentabel eingesetzt werde. Schneider und Hoffmann sehen gerade auf dem Erdgassektor günstige A n lagemöglichkeiten i n Entwicklungsländern und verweisen auf das Chinesische Meer und auf Katar, wo zu niedrigen Kosten große Vorkommen ausgebeutet werden könnten. Ein großes, aber kaum genutztes Energiepotential der Entwicklungsländer sei die Wasserkraft, gibt Schneider zu bedenken. A l l e i n i n A f r i k a wäre eine Kapazität von 350 000 M W unter wirtschaftlichen Bedingungen installierbar; bisher betrage die genutzte Kapazität indes erst 14 000 MW. Die Gründe für diese Diskrepanz lägen i m Fehlen lokaler Märkte. Man müsse, u m die Nachfrage zu schaffen, energie- und umweltintensive Industriezweige i n diese Länder verlagern. Diese Entwicklung werde sich unter dem Preisdruck ohnehin vollziehen. Die Entwicklungsländer bedürften allerdings keiner Riesenwerke, sondern kleiner Einheiten, eränzt Schmitt Er verspreche sich von diesen dezentral angelegten Wasserkraftwerken eine spürbare Entlastung.
Die künftige Stellung der Bundesrepublik in der internationalen Arbeitsteilung und Implikationen für die Branchenstruktur, Wachstum, Beschäftigung, Einkommensverteilung Von Willi
Lamberts,
Essen
I. Vorbemerkung 1. Das Problem
Das zentrale Problem jeder ökonomischen Forschung besteht bekanntlich darin — Schumpeter und Eucken sind meine Zeugen —, komplizierte Sachverhalte zu einfachen Fragen zu verdichten. A u f der Suche nach einer geeigneten Ausgangsfragestellung für das m i r zugewiesene Thema bin ich auf einen, wie ich meine, nicht nur für den Laien, sondern auch für den Ökonomen befremdlichen Sachverhalt gestoßen. Zur gleichen Zeit, da die ausländischen Energieanbieter sprunghaft steigende Ansprüche an das Sozialprodukt der Bundesrepublik wirksam geltend machen, bildet sich gerade hinsichtlich der Zahl der Arbeitskräfte jener Teil der deutschen Volkswirtschaft zurück, der allein i n der Lage ist, solche Güter und Leistungen herzustellen, die zur Bezahlimg der erhöhten Forderungen der ausländischen Energieanbieter sowie zur Bewältigung der internen produktionstechnischen Umstellung i n der Faktorkombination geeignet sind. Gemeint ist der gewerbliche Sektor, der die außenwirtschaftlichen Kontakte der Bundesrepublik i m wesentlichen leistungsmäßig fundiert und dessen technische Kompetenz bei allen energiewirtschaftlichen Anpassungsmaßnahmen gefordert ist. Diese zugestandenermaßen laienhafte Frage könnte Ihnen vom Taxifahrer auf der Fahrt vom Bahnhof hierher gestellt worden sein, und ich bin sicher, daß Sie bei der Beantwortung ins Schwitzen gekommen wären; noch sicherer bin ich aber, daß derselbe Taxifahrer, hätte er dieselbe Frage bei seiner zweiten und dritten Fahrt wiederholt, sich über die vieldeutigen und widersprüchlichen Antworten seiner fachlich kompetenten Fahrgäste gewundert hätte. Halten w i r uns zugute, daß solch eine einfache, aber verzwickte Frage nicht während einer zehnminütigen Taxifahrt beantwortet wer-
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W i l l i Lamberts
den kann und daß sie mindestens i n 10 Vortragsthemen — wie bei dieser Veranstaltung — aufgespalten oder auf einige hundert engbeschriebenen Schreibmaschinenseiten — wie i n manchen Strukturberichten — ausgearbeitet werden müßte. Bei den rasanten Energiepreissteigerungen der letzten Jahre handelt es sich um einen genuin ökonomischen Vorgang: Die Anbieter zunächst von Erdöl, später auch von Erdgas, Kohle usw. haben Anfang der 70er Jahre — aus welchen Gründen auch immer — die Gelegenheit wahrgenommen, einen erheblich größeren Teil der wohlstandsmehrenden Effekte der Energienutzung für sich zu reklamieren. Die Frage, warum sie diese höheren Forderungen nicht schon früher geltend gemacht haben und inwieweit bei deren Durchsetzung eine geschickte Kartellstrategie ausschlaggebend war, kann hier nicht erörtert werden. Immerhin darf doch nicht übersehen werden, daß die Uberbewertung des Dollar für die Erdölländer solange verhältnismäßig irrelevant war, wie sie darauf vertrauen konnten, daß ihre Lieferanten außerhalb des amerikanischen Marktes bereit waren, gute Waren gegen schlechtes Geld einzutauschen. Nachdem diese Bedingung als Folge der verschiedenen Dollarabwertungen nicht mehr erfüllt war, mußten sie alleine schon zur Sicherung ihrer bisherigen Terms-of-Trade-Position den Dollarpreis für Erdöl i m Maße der Dollarabwertung anheben. Die darüber hinausgehenden, zur Verbesserimg der realen Austauschposition der ölländer führenden Preiserhöhungen mögen einer geschickten Kartellpolitik zugeschrieben werden können. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß jedes Kartell nur solange erfolgreich sein kann, wie die ökonomischen Marktbedingungen dies erlauben, i m Falle der ölländer: wie die i m Verhältnis zu alternativen Energien bestehenden Konsumentenrenten nicht ausgeschöpft sind, und die Verbraucher keine Vorkehrungen treffen, diese Renten zur Finanzierung von Ausweichangeboten zu verwenden, statt sie ungeschützt dem Zugriff der ö l l ä n der zu überlassen. 2. Die Argumentation Die Bundesrepublik hat — und dies ist eine zentrale These meines Vortrages — i n den vergangenen Jahren versucht, die Ansprüche der ausländischen Energielieferanten an das deutsche Sozialprodukt abzuwehren. Sie war hierbei bis zum Jahre 1979 erfolgreich, hat aber diesen Erfolg m i t erheblichen Strukturschäden bezahlt, ohne nennenswerte Fortschritte bei der Verminderung der bisherigen Abhängigkeit vom ausländischen Energieangebot gemacht zu haben — eben weil sie eine unzweckmäßige Ausweichstrategie verfolgt hat.
S t e l l n g der Bundesrepublik i n der Arbeitsteilung
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Betrachten w i r die Entwicklung von Beginn der 70er Jahre bis zum Beginn des zweiten ölschocks gegen Ende des Jahres 1979, um die Anpassungsreaktionen der Wirtschaft nach der ersten Preisrunde zu diagnostizieren. Bekanntlich hat sich der Dollarpreis je eingeführter Tonne Mineralöl zwischen 1970 und 1979 rund verzehnfacht. Dieser Anstieg ist durch den Verfall des D-Mark-Dollarkurses etwa zur Hälfte neutralisiert worden und hatte insoweit keine Auswirkungen auf die Einkommensposition der deutschen Bevölkerung. Tabelle 1 Die Komponenten des Energieverbrauchs 1960 - 1973
1973 - 1979
Durchschnittlich jährliche V e r änderung i n v H
Differenz in vH
Reales B r u t t o inlandsprodukt
4,5
2,3
-2,2
Spezifischer Energieverbrauch
0,1
-1,0
-1,1
Primärenergieverbrauch
4,6
1,3
- 3,3
Stellt man nun ferner i n Rechnung, daß sich die Kaufkraft der D-Mark — gemessen an der Veränderung des BSP-Preisniveaus — seit 1970 um etwa ein Drittel vermindert hat, so bedeutet dies, daß die Bundesrepublik i m Jahre 1979 je Tonne Mineralöl real etwa dreimal soviel wie i m Jahre 1970 aufwenden mußte. Gegenüber damals hat sich m i t h i n der Inhalt eines als Preis je Tonne Mineralöl zu zahlenden fiktiven Warenkorbs verdreifacht. I n dieser Zahl kommt die gestärkte relative Preisposition des eingeführten Mineralöls i m Verhältnis zu den übrigen Waren und Leistungen des internen Marktes zum Ausdruck. Beschränkt man den Vergleich nur auf die Preisverschiebungen, die seit 1973 eingetreten sind, so hat sich die Preisposition des eingeführten Mineralöls gegenüber dem allgemeinen Preisniveau i n der Bundesrepublik um den Faktor 2,7 verbessert, i n den USA sowie Kanada um den Faktor 3,5, i n Frankreich 3,1, i n Italien 2,9, i n Japan 2,8 und i n Großbritannien und den Niederlanden 2,5 bzw. 2,4. Diese Zahlen zeigen deutlich, daß abgesehen von Großbritannien und den Niederlanden, die relativen Preise für eingeführtes Erdöl i n anderen Industrieländern zum Teil erheblich stärker gestiegen sind als
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W i l l i Lamberts
i n der Bundesrepublik, und dies, obwohl jene Länder keine anderen Preise auf den Weltmärkten zu zahlen haben als die Bundesrepublik. Unterschiedliche relative Preise für Importöl bei mehr oder weniger gleichen Einstandspreisen weisen darauf hin, daß sich die Wechselkursparitäten der verschiedenen Währungen nicht i m Gleichklang m i t den Inflationsunterschieden entwickelt haben. Diese Feststellung deutet die Richtung an, i n der sich meine weiteren Überlegungen bewegen werden. Z u fragen ist mithin, wieso es möglich war, daß sich die relativen Preise für Importenergie i n der Bundesrepublik so anders entwickelt haben als i n wichtigen anderen Industrieländern, diese Energien m i t h i n auf dem deutschen M a r k t verhältnismäßig billig angeboten worden sind, die energieintensiven Branchen — zumindest theoretisch — hieraus sogar i m Vergleich zu den Konkurrenten aus anderen Ländern einen Wettbewerbsvorteil gezogen haben. I I . Die Anpassungsstrategie Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich einige theoretische Überlegungen vorausschicken. Die relativen Preisverschiebungen, die i m Anschluß an die Energiepreissteigerungen und Wechselkurskorrekturen auf den Weltmärkten eingetreten sind, haben sich bekanntlich i n Gestalt eines inflationistischen Anpassungsprozesses und nicht durch kompensatorische Preissenkung bei Nicht-Energieerzeugnissen vollzogen. Der hierdurch ausgelöste Inflationsschub transportierte gleichsam die höheren Ansprüche der Energieländer an das Sozialpodukt der Verbraucherländer. Diese sahen sich vor die Entscheidung gestellt, die importseitige Inflationswelle — auf das inländische Preisniveau durchschlagen zu lassen, oder — durch entsprechende Verminderung der internen Nachfrage preisniveauneutral zu absorbieren, oder — durch Manipulation des Umsetzungsmechanismus zwischen internem und externem Preisniveau — also des Wechselkurses — an der Grenze zu neutralisieren. Diese drei theoretischen Reaktionsmöglichkeiten standen allen Ländern zur volkswirtschaftlichen Abwicklung der erhöhten Auslandsforderungen zur Verfügung, wobei i n den beiden zuerst genannten Fällen die erhöhten Rechnungen von dem jeweiligen Land selbst bezahlt werden — durch unmittelbare bzw. inflationistische Kaufkraftabschöpfung —, während i m zuletzt genannten Falle die erhöhten Forderungen der ausländischen Erdöllieferanten auf die übrigen ausländischen Lieferanten und Kunden abgewälzt werden. Selbstver-
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Tabelle 2 Zur Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs Durchschnittlich S t r u k t u r des jährliche V e r Differenz Energieverbrauchs änderung i n v H 1960-1973 1973-1979
1960
1979
Spezifischer Primärenergieverbrauch
+ 0,1
-1,0
- 1,1
211,5c)
408,2) c
Umwandlungsverlusta)
- 0,3
-0,4
- 0,1
65,8c)
138,9c)
Spezifischer Energieverbrauch
-0,2
- 1,4
- 1,2
davon 15 ) Industrie
-2,1
- 2,9
- 0,9
48,5
34,2
Verkehr
+ 1,0
+ 1,0
0
15,5
20,8
Haushalte u n d K l e i n verbraucher
+ 1,7
- 0,9
33,6
43,7
100
-2,6
100
a) Einschließlich nicht energetischer Verbrauch und stat. Differenzen. b) Jeweils bezogen auf reales B I P der Gesamtwirtschaft. c) I n Mill, t SKE.
Spezifischer Verbrauch^)
Ausgabenanteil b )
1960 - 1973
1973 - 1979
1973
1979
- 2,5
-2,1
6,0
7,1
Eisenschaffende Ind.
-2,0
- 1,4
7,6
9,2
Verarbeitendes Gewerbe darunter
Steine u n d Erden
- 2,1
- 4,1
9,1
9,7
NE-Metallerzeugung
-0,2
+ 0,8
5,7
9,2
Chemische Industrie . .
- 6,2
- 0,8
7,1
7,9
Papierindustrie
-1,8
-2,6
3,4
5,1
4,2
5,8 7,7
Gesamtwirtschaft Elastizität 0 ) Privater Verbrauch
1,9
1,2
6,1
Haushaltsenergie
1,4
1,2
3,9
5,2
Kraftstoffe
3,7
1,3
2,2
2,5
a) Energieeinsatz in SKE Je Produktionseinheit. b) Anteil am nominalen Bruttoproduktionswert bzw. an den Ausgaben. c) Veränderung der realen Ausgaben für Energie dividiert durch Veränderung des realen Privaten Verbrauchs. 10 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
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W i l l i Lamberts
ständlich hat jedes Land entsprechend seinen internen Möglichkeiten aus diesen drei theoretischen Reaktionsmustern (mehr oder weniger freiwillig und bewußt) seine nationale Strategie entwickelt, m i t mehr oder weniger starker Akzentuierung des einen oder des anderen oder des dritten Reaktionstypes. Entgegen einer weitverbreiteten Auffassung kann eine Volkswirtschaft ihre Tauschposition auf den Weltmärkten bei flexiblen Kursen nicht unmittelbar beeinflussen, nicht etwa weil die Preise, z.B. für Massengüter, als Daten vorgegeben sind, sondern weil generelle E x portpreiserhöhungen — zumindest i n einer Volkswirtschaft m i t großem Exportsektor — über kurz oder lang auf das interne Preisniveau durchschlagen und von entsprechenden Wechselkursanpassungen zunichte gemacht würden. Generelle Veränderungen der Terms of Trade auf den Warenmärkten sind — wenn überhaupt — nur durch Änderungen i n den Export- und Importstrukturen, also durch Struktureffekte, oder durch Änderungen „der Terms of Trade i n den zwischenstaatlichen Forderungsverhältnissen" (reale Zinsdifferenzen) möglich. A u f diesen Sachverhalt zielt A. L. Hahn m i t seiner Metapher: Die Kapitalbilanz geht vor, die Warenbilanz folgt. I n der Tat kann gezeigt werden, daß — bei realistischen Annahmen — die Zahlungsbilanzidentität nur i m Bereich der Kapitalbilanz gleichsam ein offenes, exogenes Glied besitzt und daß eine Verbesserung der Terms of Trade auf den Warenmärkten nur über erhöhte Kapitalzuflüsse und verminderte Kapitalabflüsse möglich ist, die ihrerseits den Wechselkurs von den relativen Einkommens- und Produktivitätsunterschieden gegenüber dem Ausland abkoppeln und damit das inländische Preisniveau gegenüber dem Preisniveau der ausländischen Wettbewerber anheben, bzw. das Preisniveau des Auslandes gegenüber dem inländischen Preisniveau senken. Eine solche, über die Kapitaltransaktionen induzierte verbesserte Terms-of-Trade-Position i m Leistungsverkehr ist jedoch — zumindest langfristig — nur bei positiver Differenz des Realzinsniveaus gegenüber dem Ausland möglich, also bei günstiger Terms-of-Trade-Position i m Kapitalverkehr. Eine Volkswirtschaft, die ihren ausländischen Schuldnern hohe Zinssätze berechnet, ist auch für ihre ausländischen Waren-Kunden ein teures Land. Eine Spaltung zwischen den Terms-of-Trade-Konditionen auf den Kapitalmärkten und denen der Warenmärkte ist auf Dauer nicht möglich. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die Konditionen der Kapitalmärkte für die Konditionen der Warenmärkte ausschlaggebend sind, die Terms of Trade der Forderungsverhältnisse m i t h i n die Terms of Trade der Leistungsverhältnisse „regieren".
Stellung der Bundesrepublik i n der Arbeitsteilung
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Aufgrund dieser theoretischen Überlegungen ist es möglich, die folgenden, für die Zeit nach 1973 für die Bundesrepublik maßgebenden empirischen Fakten i n Form einer kausalen Sequenz anzuordnen: positive Realzinsdifferenzen gegenüber dem Ausland, systematische Rückbildung des Saldos der Kapitalbilanz von einer hohen Passivposition zu einer hohen Aktivposition, über das Inflationsgefälle hinausgehende Aufwertungstendenz der D-Mark, trotz starker Energie- und Rohstoffpreissteigerungen i m Vergleich zu den meisten übrigen Industrieländern nur wenig verschlechterte Terms of Trade, Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit, hohes Leistungsbilanzdefizit. Es bleibe dahingestellt, ob die i n dieser Sequenz zum Ausdruck kommende Reaktion das Ergebnis einer gezielten wirtschaftspolitischen Strategie war, oder ob sie einfach nur die i n Kauf genommene Konsequenz der Tatsache war, daß eine inflationsfreie Finanzierung der höheren ölrechnung durch entsprechende Beschränkung der internen Ansprüche an das Sozialprodukt nicht durchgesetzt werden konnte und die Zurückdrängung der internen Ansprüche durch Inflation verständlicherweise nicht i n Betracht gezogen wurde. Da die gebotenen Einschränkungen also weder f r e i w i l l i g noch durch versteckten Zwang (Inflationierung) erzielt werden konnten und sollten, mußten die ökonomischen Folgen der verbesserten internationalen Tauschposition der Energieanbieter auf anderem Wege aufgefangen werden: Durch den Versuch nämlich, die eigene internationale Tauschposition zu stärken, um auf diese Weise auf den Nicht-Energiemärkten jenen Teil an Tauschmacht zurückzugewinnen, den man zuvor auf den Energiemärkten eingebüßt hatte. Bei dieser Interessenlage kam es also darauf an, für Ansprüche des Auslandes an das Sozialprodukt der Bundesrepublik einen relativ hohen Preis zu fordern und für die eigenen Ansprüche an das Sozialprodukt unserer Tauschpartner einen möglichst niedrigen Preis zu zahlen. Welche Möglichkeiten bestanden nun, solche für unser Land profitablen Preisvorstellungen auf den Auslandsmärkten durchzusetzen? Nun möchte ich meine Gedankenführung nicht m i t naheliegenden Überlegungen über die Möglichkeiten und Grenzen der stärkeren Ausschöpfung von monopolistischen und monopsonistischen Preisgestaltungsspielräumen belasten. Meines Erachtens sind die i n diesem Zusammenhang angeführten Argumente angesichts der zunehmenden Angleichung der Warenstruktur der Importe und Exporte nicht sehr überzeugend. I m übrigen ist nicht einzusehen, warum ζ. B. die exportierenden Unternehmen von sich aus die relativen Preise ihrer Erzeugnisse so stark anheben sollten, daß aus den Mehrerlösen nicht nur ihre 10*
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W i l l i Lamberts
eigenen höheren Energiekosten, sondern auch die der gesamten Volkswirtschaft beglichen werden könnten. Entscheidend ist nun, daß der an den eigenen Kosten orientierte Preis der Exporteure nicht unmittelbar auf den Auslandsmärkten i n Erscheinung t r i t t , sondern erst nach Umrechnung mittels des Wechselkurses zum wettbewerblich relevanten Angebotspreis wird. Dies hat zur Folge, daß der Staat — i n dem Maße wie er durch Variation des relativen Realzinsniveaus und damit zugleich der Kapitaltransaktion auf den Wechselkurs Einfluß nehmen kann — den an den internen Kosten orientierten einzelwirtschaftlichen Marktpreis gegenüber dem Ausland zu ändern vermag, ihn also m i t einem gesamtwirtschaftlichen Bonus oder Malus versehen und damit zum Instrument von politischen Präferenzen machen kann. I m Falle der Uberbewertung erzwingt der Staat hohe, i m Falle der Unterbewertung niedrige Exportpreise, i m ersten Falle durch Erweiterung des aus dem Warenverkehr resultierenden Devisenangebots um zusätzliche Kapitalzuflüsse, i m zweiten Falle durch Erweiterung der aus dem Warenverkehr resultierenden Devisennachfrage um zusätzliche Kapitalabflüsse. Es löst die Preisstrukturen des Auslandes von den internen intersektoralen Produktivitätsstrukturen, verengt oder erweitert künstlich den Kreis der international wettbewerbsfähigen Branchen und greift insoweit auf den intersektoralen Allokationsprozeß ein — i n beiden Fällen eine ordnungspolitsch höchst bedenkliche Intervention i n den nationalen und internationalen Wettbewerb. I I I . D i e Anpassungskonsequenzen . . . 1. . . , für die Einkommenstransfers
Aus dem interdependenten Zusammenspiel von Paritäts- und Energiepreisänderungen haben sich also die heutigen Austauschrelationen auf den internationalen Märkten herausgebildet. Wie jede Veränderung von relativen Preisen haben auch die nicht zuletzt unter dem Einfluß der Ölpreiserhöhungen zustande gekommenen Veränderungen i m interregionalen und intersektoralen Preisgefüge zugleich Auswirkungen auf Wohlstand und „Tauschwürdigkeit" der jeweiligen Handelspartner. Durch Änderungen i n den Terms of Trade werden i m allgemeinen knappheitsbedingte, also nicht durch Arbeit zustande gekommene Umverteilungen i n den Ansprüchen auf die Produktionsleistung aller Länder vorgenommen. Diese Umwertung der gegenseitigen Tauschleistung vermindert die Konkurrenzfähigkeit der einkommensmäßig Begünstigten und verbessert sie bei den einkommensmäßig Benachteiligten. Insofern ist jede Besserstellung hier m i t dem Preis einer
S t e l l n g der Bundesrepublik i n der Arbeitsteilung
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Schlechterstellung dort erkauft. Diese Überlegungen führen zur Frage nach dem Einfluß der seit Anfang der 70er Jahre eingetretenen Veränderungen der Terms of Trade auf das Realeinkommen der Bevölkerung und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Bundesrepublik. Welche Konsequenzen haben sich aus der oben genannten Prozeßsequenz für den Einkommenstransfer der Bundesrepublik an das Ausland ergeben? Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist — bei flexiblen Wechselkursen — jede über die innere Inflationsrate hinausgehende Ausfuhrpreissteigerung und jede hinter der inneren Inflationsrate zurückbleibende Einfuhrpreissteigerung als vorteilhafte Tauschposition anzusehen. Daraus kann gefolgert werden, daß die Wohlstandseffekte des Außenhandels umso größer sind, je mehr es gelingt, auf den Außenmärkten m i t überdurchschnittlich starken Preissteigerungen Exportüberschüsse und auf denen m i t unterdurchschnittlichen Preissteigerungen Importüberschüsse zu erzielen, mehr noch: die Außenhandelsstrukturen i n einer Weise zu ändern, daß die Überschüsse hier wie dort ständig größer werden. Die deutsche Volkswirtschaft hat i m Jahre 1979 rund 43 Mrd. D M mehr für Mineralöleinfuhren aufgewendet als i m Jahre 1970. Abgesehen von den Beträgen, die zur Bezahlung der zwischenzeitlich um rund 17 v H erhöhten Importmengen erforderlich waren, sind die Mehrbelastungen i m wesentlichen durch die starken Preissteigerungen verursacht worden. Für die gleiche Einfuhrmenge an Mineralöl und Rohöl, für die i m Jahre 1970 nur rund 9 Mrd. D M zu zahlen waren, mußten neun Jahre später — nach Abzug der Inflationsrate — 24 Mrd. D M aufgewendet werden. Von diesem durch die Ölpreiserhöhungen bedingten Verlust an Realeinkommen konnten 1,7 Mrd. D M durch Preissteigerungen bei den deutschen Mineralölexporten hereingeholt werden. M i t h i n verblieben 13 Mrd. D M als echte zusätzliche volkswirtschaftliche Belastung der Mineralölpreissteigerungen. Diese 13 Mrd. D M sind von der deutschen Volkswirtschaft etwa zur Hälfte (6,7 Mrd. DM) auf die ausländischen Kunden und Lieferanten außerhalb des Energiebereichs — durch Preiskorrekturen — abgewälzt worden, wobei allein beim Außenhandel m i t Maschinenbauerzeugnissen und Kraftfahrzeugen rund 3 Mrd. D M durch günstige, die innere Inflationsrate überschreitende Exportpreise bzw. unterschreitende I m portpreise erlöst wurden. Die andere Hälfte (6,4 Mrd. DM) mußte von der deutschen Volkswirtschaft selbst getragen werden. Vergleicht man nun die Terms-of-Trade-Position der deutschen W i r t schaft des Jahres 1979 m i t der des Jahres 1970, so zeigt sich, daß —
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W i l l i Lamberts
insbesondere wegen der Uberschüsse i m Warenhandel — die i n der Zwischenzeit eingetretenen starken Veränderungen i m ganzen gesehen nahezu ausgeglichen waren. Dieser Sachverhalt weist darauf hin, daß es der deutschen Wirtschaft i m Laufe der 70er Jahre gelungen ist, den nicht durch Preisanpassungen abgedeckten Teil der erhöhten Energierechnung durch verstärkte Ausschöpfung von Preisvorteilen bei der Ausfuhr und Einfuhr einkommensmäßig zu neutralisieren. Dieser Umstellungsvorgang i n der Außenhandelsstruktur vollzog sich vor allem innerhalb der einzelnen sektoralen Märkte, mit der Folge, daß Branchen m i t hohen Exportsteigerungen i n einem Bereich ihrer Produktpalette zugleich i m anderen Bereich ihres Programms starken Preisunterbietungen seitens des Auslandes auf den inländischen Märkten ausgesetzt waren — verbunden m i t entsprechend hohen strukturellen Terms-of-Trade-Gewinnen, wie erwähnt 6,4 Mrd. D M zwischen 1970 und 1979. Bis zur zweiten ölpreisrunde i m Jahre 1980 ist es also der Bundesrepublik gelungen, die Mehrforderungen der ölländer ohne unmittelbare Wohlstandseinbußen zu bezahlen, die bessere internationale Tauschposition jener Länder m i t der Verbesserung der eigenen Tauschposition zu kontern. Eine ähnliche Strategie scheinen auch Frankreich und die Niederlande verfolgt zu haben, und auch Belgien/Luxemburg sowie Italien haben — wenn auch weniger ausgeprägt — ihre Termsof-Trade-Verluste begrenzen können. Es kann hier nicht untersucht werden, i n welchem Maß das EWS-System diese Strategie gefördert hat. International gesehen ist die höhere ölrechnung zu einem guten Fünftel von Japan, zu einem Siebentel von den USA, aber nur zu einem Fünfundzwanzigstel von der Bundesrepublik real getragen worden — obwohl die Bundesrepublik ähnlich wie die USA nur m i t einem Achtel am Weltexport beteiligt ist (Japan 6,8 vH). 2 . . . . für die internationale Wettbewerbsfähigkeit
Stärker als die übrigen Industrieländer hat die Bundesrepublik bis zum Jahre 1979 versucht, die ölpreisbedingten Ansprüche des Auslandes an das deutsche Sozialprodukt abzuwehren und sich durch erhöhte Exportpreise und relativ niedrige Importpreise i m Nicht-Energiebereich dem geforderten Wohlstandstransfer zu entziehen — sich also bei den ausländischen Kunden und Lieferanten schadlos zu halten. Die Bundesrepublik ist auf diese Weise i m Laufe der letzten 10 Jahre i m Verhältnis zu den übrigen Industrieländern und zu den europäischen Schwellenländern ein teures Land geworden. I m Zuge der Wechselkurs- und Preisanpassungen während der 70er Jahre hat sich ihre Preisposition — unter Einschluß der ölpreisänderungen — nur
Steilling der Bundesrepublik i n der Arbeitsteilung
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u m 7 v H verschlechtert, die der USA um 22 v H und die Japans gar u m 30 vH. Gemessen am Terms-of-Trade-Stand des Jahres 1970 operiert sie auf dem Weltmarkt m i t einem Preisniveau, das u m rund 10 v H über dem Niveau der Industrieländer und um 20 v H über dem der europäischen Schwellenländer liegt. Die i n diesen Zahlen zum Ausdruck kommenden, zwischen 1970 und 1979 eingetretenen Veränderungen i n den relativen Preisniveaus zeigen an, wie sehr sich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produzenten auf dem Weltmarkt hinsichtlich der von ihnen geforderten Preise verschlechtert hat. Es liegt auf der Hand, daß unter einem Regime von flexiblen Wechselkursen, dessen Regelmechanismus auf Ausgleich von Leistung und Anspruch h i n w i r k t , jede Verbesserung der Terms of Trade auf dem Wege von Wechselkursanpassungen zu einer Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit führt. Dieser Sachverhalt ist die güterwirtschaftliche Konsequenz eines erhöhten Tauschwertes der realen Exportleistungen. Abgesehen von dem für Dienstleistungen und Übertragungen notwendigen Mittelbedarf kann diese ungünstige Beschäftigungswirkung von verbesserten Terms of Trade i m allgemeinen nur durch verstärkten Kapitalexport neutralisiert werden, genauer: durch eine Kreditierung eines zunehmenden Teils der Exportlieferungen zu günstigen Zinsbedingungen, die allerdings auf lange Sicht auf die Terms of Trade der Warenmärkte zurückwirken. I m Rahmen der den internationalen Handel beeinträchtigenden U m schichtungen zwischen den regionalen Zahlungsbilanzen waren die einzelnen Länder gezwungen, ihre eigenen Zahlungsbilanzen abzugleichen. U m dies zu erreichen, konnten sie vermittels der Wechselkursund Zinspolitik darüber entscheiden, i n welchem Maße dieses Ziel zu Lasten des inneren Wohlstandes oder zu Lasten der inneren Beschäftigung erfolgen sollte. Mehr als nahezu alle übrigen Industrieländer hat die Budesrepublik i m Laufe der 70er Jahre diese Problematik zu Lasten der inneren Beschäftigung gelöst. Obwohl sie sich hinsichtlich der Beschäftigungswirkungen von Änderungen i n den Terms of Trade i n einer ähnlichen Situation wie alle übrigen Industrieländer befand, hat sie auf hohen Ausfuhr- und niedrigen Einfuhrpreisen bestanden und dabei anders als die anderen Länder auf zusätzliche Nachfrageimpulse seitens des Auslandes verzichtet. I m Gegensatz zu den meisten übrigen Industrieländern hat die Bundesrepublik den von ihr geforderten Wohlstandstransfer verweigert. Es ist — wie beschrieben — zu einem permanenten, über das internationale Inflationsgefälle hinausgehenden Aufwertungsdruck auf die D - M a r k gekommen, verbunden m i t einer nachhaltigen Schwächung der
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W i l l i Lamberts
für die interne Beschäftigungssituation maßgebenden Außenhandelsimpulse. Sieht man von kurzfristigen Schwankungen ab, so hat sich das reale Export-Import-Verhältnis der Bundesrepublik seit Beginn der 70er Jahre nicht mehr verändert. I m Gegensatz zu den meisten übrigen Ländern hat sie damit vom Außenhandel per Saldo keine nennenswerten Nachfrageimpulse mehr erhalten, nicht zuletzt als Folge der beschriebenen Veränderungen i n den Kapitaltransaktionen. Das ExportImport-Verhältnis blieb gegenüber den veränderten Terms of Trade nahezu unempfindlich (0), während die entsprechende Elastizität beispielsweise für Japan 0,78 und für die USA 0,36 betragen hat und es insbesondere diesen Ländern ermöglicht, ihre stark verschlechterte Terms-of-Trade-Position teilweise i n außenwirtschaftliche Beschäftigungsimpulse umzusetzen. Diese Unempfindlichkeit ist — wie gezeigt werden kann — eine logische Konsequenz der beschriebenen Entwicklung der Kapitalbilanz. 3. · . . für die interne Strukturbildung
Wie hat sich die hier beschriebene Anpassungsstrategie auf die interne Strukturbildung der Wirtschaft der Bundesrepublik seit 1973 ausgewirkt? a) Die intersektorale
Position der gewerblichen Wirtschaft
Eine Ausweichstrategie, die bewußt oder unbewußt die größere Marktmacht der ölländer m i t dem Anspruch auf Stärkung der eigenen internationalen Marktposition zu kontern versucht, ist selbstverständlich nur dann sinnvoll, wenn die ausländischen Kunden und Lieferanten gezwungen werden können, diese Strategie zu akzeptieren. Ähnlich wie i m privaten Leben so kann auch keine Volkswirtschaft daran gehindert werden, für ihre Leistungen relativ hohe Preise zu fordern. Sicher finden sich immer einige Kunden, die diese Preise bezahlen, so daß sie zu recht von der Statistik als Marktpreise registriert werden, ökonomisch entscheidend ist nun aber, welche Mengenreaktionen von der jeweiligen Preisentwicklung ausgelöst worden sind. A l l e verfügbaren Daten deuten nun darauf hin, daß insbesondere die inländischen Nachfrager mehr und mehr dazu übergegangen sind, die Vorteile relativ billiger ausländischer Angebote zu nutzen. Insbesondere i m Bereich der Fertigwaren und Investitionsgüter scheint das Gütesiegel „Made i n Germany" bei den Inländern mehr an Reputation eingebüßt zu haben als bei den Ausländern. Außerhalb des Rohstoff- und Halbwarenbereichs stiegen die Einfuhren doppelt so schnell
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wie die Ausfuhren, und dies, obwohl die inländischen Lieferanten — i m Gegensatz zu den 60er Jahren — über ausreichende Produktionskapazitäten verfügen. Charakteristisch für den Wandel i n der internationalen Preisdisposition der deutschen Exporteure ist die Tatsache, daß der A n t e i l der importierten Investitionsgüter an den gesamten Ausrüstungsinvestitionen der Bundesrepublik nach 1973 doppelt so schnell stieg wie vor 1973, eine Erscheinung, die unmittelbar auf die relativ mäßigen Preissteigerungen bei importierten Investitionsgütern zurückzuführen ist. Die nach 1973 durchweg aus den erwähnten Gründen vorherrschende Uberbewertungstendenz der D - M a r k hat m i t h i n vor allem und unmittelbar den gewerblichen Sektor der deutschen Volkswirtschaft getroffen und diesen zu der anfangs genannten drastischen Verminderung seiner Beschäftigtenzahl veranlaßt. I m Gegensatz zu diesem vorwiegend wettbewerblich gesteuerten Teil der Volkswirtschaft haben lediglich die außerhalb des Preiswettbewerbs operierenden Teile der Volkswirtschaft (der Staat, die privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter und der Gesundheitssektor) i n nennenswertem Umfang zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt. Die seit 1973 zu beobachtenden Veränderungen i n den Berufs- und Tätigkeitsstrukturen des Arbeitsmarktes sind Ausfluß der von der Bundesrepublik zur Bewältigung der Energiepreissteigerungen gewählten Anpassungsstrategie und insofern mehr das Ergebnis von bestimmten — wie ich meine, unzweckmäßigen — Setzungen der Rahmenbedingungen des Marktprozesses als das Ergebnis einer wie immer definierten, den langfristigen Bedürfnisstrukturen unseres Landes entsprechenden Entwicklung. b) Die intersektorale
Position der energieintensiven
Branchen
Die Anpassungsstrategie der niedrigen Importpreise und hohen Exportpreise hatte zur Folge, daß — wie erwähnt — die relativen Preissteigerungen für Importenergien i n der Bundesrepublik niedriger waren als i n den meisten anderen Industrieländern. Vermutlich erklärt die hiermit einhergehende Abkopplung der internen Preisstrukturen von den Weltmarktpreisstrukturen, warum der gesamtwirtschaftliche spezifische Energieverbrauch i n der Bundesrepublik seit 1973 deutlich weniger zurückgegangen ist als i n den Niederlanden, den USA, Frankreich und Japan. Durch diese Politik ist gleichsam ein Teil der Last der höheren ölrechnung von den Schultern der Energieverbraucher genommen und auf die Schultern der Exporteure gelegt worden, bei gleichzeitiger Ermutigimg für die inländischen Nachfrager, ihre höheren Energieausgaben durch verstärkten Rückgriff auf künstlich verbilligte Importe abzugleichen. Sie haben dies — wie erwähnt — in
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W i l l i Lamberts
reichlichem Maße getan und damit zugleich zur Begrenzung des Energieverbrauchs der Bundesrepublik beigetragen, allerdings i n höchst verschwenderischer Weise: Die Verlangsamung des Zuwachses i m Primärenergieverbrauch, die nach 1973 f estzustellen ist, ist zu zwei Dritteln der allgemeinen Wachstumsabschwächung und nur zu einem D r i t t e l der ökonomisch wünschenswerten Verminderung des spezifischen Energieverbrauchs zuzurechnen. Tatsächlich haben die starken Energiepreissteigerungen nach 1973 bei der gewerblichen Nutzung von Energie als Roh- und Betriebsstoff — i m ganzen gesehen — keine zusätzlichen, über das i n den 60er Jahren zu beobachtende Ausmaß hinausgehenden Spareffekte ausgelöst. Der Rückgang des gesamtwirtschaftlichen Energie-Elastizitäts-Koeffizienten von 1 auf 0,59 ist ausschließlich das Ergebnis des sparsameren Umgangs der privaten Haushalte m i t Haushaltsenergien. Die Energiekostensteigerungen stellen für die Unternehmen i n erster Linie ein Uberwälzungsproblem dar. Soweit die Energiepreissteigerungen alle Mitwettbewerber i m gleichen Maße treffen, können sie durch paralleles Verhalten — ähnlich wie eine indirekte Steuer — wettbewerblich neutralisiert werden. Dieser Sachverhalt sowie außergewöhnlich hohe Produktivitätsfortschritte erklären, warum i n vielen der sehr energieintensiven Wirtschaftszweige nach 1973 nur verhältnismäßig geringe Energieeinsparungen vorgenommen worden sind. I m übrigen ist darauf hinzuweisen, daß i n den meisten Wirtschaftszweigen die Energiekosten bei 2 bis 3 v H aller Kosten liegen und deshalb i m Investitionskalkül der Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Angesichts der langwierigen Umstellungsverfahren und der besonderen wirtschaftlichen Entwicklung nach 1973 ist es verfrüht, die Auswirkungen der starken Energiepreissteigerungen auf den spezifischen Verbrauch i n der gewerblichen Wirtschaft und auf die Wirtschaftsstruktur zahlenmäßig belegen zu wollen. Soweit bisher Energiepreissteigerungen i n dieser Hinsicht von Einfluß waren, haben sich ihre Wirkungen meistens auf Umschichtungen innerhalb der Branchen beschränkt, ohne volkswirtschaftlich bedeutende Ausmaße zu erreichen. Nicht die Energiepreissteigerungen als solche, sondern die spezielle Ausweichreaktion unseres Landes, nämlich seine Weigerung, diese Preissteigerung selbst zu tragen, sondern sein Versuch, die ausländischen Kunden und Lieferanten hiermit zu belasten, stellen das entscheidende Strukturproblem der Bundesrepublik dar.
Zusammenfassung der Diskussion Referat Lamberts Giersch stellt die Frage, wie es denn gekommen sei, daß die Bundesrepublik eine Zeitlang nicht die Einkommensminiderung habe hinnehmen müssen, die i h r aufgrund der ö l p reisen twicklung hätte zufallen müssen. Dies sei sicher nicht einer bewußten Strategie zu verdanken gewesen; die habe man nicht gehabt. Vielmehr habe es ein Zusammentreffen günstiger Umstände gegeben: Die erste ölpreisexplosion fiel zeitlich etwa m i t dem Zusammenbruch des Paritätensystems von BrettonWoods zusammen. M i t der Freigabe der Wechselkurse sei ein Wettbewerb der Notenbanken u m die Gunst der Kapitalanleger entstanden. Dabei habe der Dollarraum verloren. „Der Dollarraum implodierte und der D-Mark-Raum explodierte." Die stabilitätspolitische Linie der Bundesbank habe der D - M a r k auf dem internationalen Kapitalmarkt eine Präferenz verschafft. Dadurch sei es zu einer relativ geringen terms of trade-Verschlechterung gekommen, wobei man zwischen den commodity terms of trade, den single factoral terms of trade unid den double factoral terms of trade unterscheiden müsse. Dies sei zu Lasten der Länder gegangen, die einer Keynesianischen Beschäftigungspolitik den Vorzug gegeben hatten. Da w i r nicht soviel i n realen Gütern für das ö l zahlen mußten, brauchten w i r auch nicht soviel dafür zu arbeiten. Damit aber habe der internationale Sektor unserer Wirtschaft, die Industrie, gelitten. Eine Wiederholung dieses Spieles sei nicht möglich, führt Giersch weiter aus. Inzwischen habe man nämlich Konkurrenten beim Angebot von stabilem Geld bekommen. Die Leute glaubten zumindest, i n den Vereinigten Staaten würde es künftig u m die Geldwertstabilität besser bestellt sein. Die Bundesbank habe nun die Befürchtung, sie könne ihre Position als Reservewährungsland einbüßen. Dagegen wehre sie sich, allerdings erfolglos. Inzwischen habe eine reale D-Mark-Abwertung u m mehr als 10 v H stattgefunden. Diese Abwertung aber stärke wieder die Wettbewerbsfähigkeit unseres realwirtschaftlichen Sektors. Es eröffne sich die Chance, wieder mehr Güter zu exportieren. Damit aber müsse man wieder mehr i m industriellen, nicht aber i m öffentlichen Sektor arbeiten. Dies habe wohl auch Schlesinger gemeint, als er von einer Reindustrialisierung der Bundesrepub l i k sprach.
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Zusammenfassung der Diskussion
Krupp weist zunächst darauf hin, daß es zumindest kontrovers sei, daß es keine Einsparungseffekte i m industriellen Sektor gegeben habe. I m Strukturbericht des D I W befänden sich auf der Basis von InputOutput-Tabellen Berechnungen, die Einsparungen i m industriellen Sektor zeigten. Angesichts der relativen Stabilität der Preise sei dieser Effekt erklärungsbedürftig. Krupp sieht das Problem daher eher umgekehrt i m Vergleich zu Lamberts. Hinsichtlich der Verminderung der Zahl der Beschäftigten i m gewerblichen Sektor stellt Krupp die These auf, daß diese nicht erst 1973, sondern bereite i n den 60er Jahren eingesetzt habe. Dieser Trend sei zunächst durch die Expansion i m Exportbereich zu Anfang der 70er Jahre überdeckt worden. Diese Expansion aber sei langfristig nicht durchhaltbar gewesen, da sie sicher etwas mit den falschen Währungsrelationen zu tun gehabt habe. Auch i m staatlichen Sektor — wo ganz offensichtlich ebenfalls kompensiert worden sei — habe man die überzogene Entwicklung langfristig nicht durchhalten können. Somit stelle sich die Frage, ob man i n bezug auf die Verminderung der Beschäftigten i m gewerblichen Sektor nicht sehr viel differenziertere, den langfristigen Trend berücksichtigende Hypothesen einsetzen müsse. Auch frage er sich, ob man m i t ein und demselben Hypothesenansatz die Entwicklung von 1973 bis 1978 und die Entwicklung danach erklären könne. A l l e i n schon auf der währungspolitischen Seite habe es ganz deutliche Brüche gegeben. Und bezüglich der Strategiethese frage man sich, wer denn die Akteure gewesen seien. Lamberts, der aus Zeitgründen nur kurz erwidern kann, insistiert nicht auf den Begriff „Strategie". Vielmehr könne man auch formulieren, eine bestimmte Entwicklung „habe sich ergeben". Hinsichtlich des einheitlichen Hypothesensatzes erläutert Lamberts, daß er stets induktiv vorgehe. Er sehe eine Vielzahl von empirischen Erscheinungen, die sich i n der Statistik irgendwie niederschlage. Seine Aufgabe als Ökonom sei es, >» aus diesen unterschiedlichen Noten eine wohlklingende Melodie zu machen". Kellenbenz vertritt die Auffassung, daß es 1977/78 doch eine Strategie gegeben habe. Die damalige Flucht aus dem Dollar habe wenig m i t der Entwicklung i n der Bundesrepublik zu t u n gehabt, es seien ausschließlich inner amerikanische Gründe maßgeblich gewesen. Damals habe die Bundesbank folgende Strategie verfolgt: „ W i r weiten den Geldmengenumlauf aus, kaufen an, schaffen zwar — m i t diesen Worten hat sie es natürlich nicht gesagt — Inflationspotential, die Aufgabe der Stabilisierung nimmt uns aber der aufwertungsbedingte Wettbewerbsdruck ab". Dies sei eine Strategie zur Senkung der Realzinsen gewesen. Hinsichtlich der Umkehr der Kapitalbilanz w i r f t Kellenbenz die Frage auf, ob dies allein m i t der positiven Entwicklung i n den USA zusammenhänge, oder ob sie nicht vielmehr mit dem Schwinden des
Zusammenfassung der Diskussion
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Vertrauens i n die deutsche Entwicklung zu erklären sei. I m übrigen halte er eine Politik, die Vollbeschäftigung über eine gezielte Anvisierung einer Leistungsbilanzaktivierung erreichen wolle, für merkantilistisch. Buch widerspricht der These, die Bundesbank würde ihr Stabilitätsmonopol verteidigen. Von diesem Monopol habe man sicher profitieren können, es habe aber auch die Anpassungsprozesse i m Inland verhindert. Gegenwärtig bestehe die Strategie der Bundesbank darin, mehr Stabilität zu erreichen — soweit das möglich ist, auch i m internationalen Rahmen. Damit wolle man ein Motiv der OPEC für Preiserhöhungen ausräumen. Darüber hinaus müßten jetzt die Anpassungsvorgänge i m Inland i n Gang kommen. Auf den Faktor „Vertrauen" geht Gutowski kurz ein. Dieser Faktor sei i n den Lehrbüchern meist vergessen worden, wenn es um flexible Wechselkurse ging. Allerdings, so erwiderte Lamberts, sei dieser Faktor ζ. T. auch i m Realzins enthalten. Er weiche daher sehr ungern i n solche Kategorien aus, obwohl diese i n der Ökonomie eine große Rolle spielten. Gutowski beleuchtet die unterschiedlichen Ansatzpunkte von Giersch und Lamberts. Giersch habe die Vorteile eines Vertrauensgewinns i n bezug auf den Endzustand herausgestellt. Wenn das Vertrauensgefälle bestehen bleibe und der Prozeß abgewickelt sei, habe man billigeres Kapital, u. U. höhere Reallöhne und Vollbeschäftigung. Lamberts habe dagegen mehr an den Prozeß gedacht. Wenn durch ein Vertrauensgefälle eine reale Aufwertung entstehe, könnten die Preissteigerungen schneller als erwartet herabgedrückt werden. Dadurch würden die Reallöhne schneller als geplant steigen. Möglicherweise erreiche man das neue Gleichgewicht dann nur über rezessive Tendenzen. Die Bundesbank habe aber der realen Aufwertung eher entgegengewirkt. Die Stabilisierungspolitik sei für uns i m Ausland betrieben worden — durch Verunsicherung der Anleger gegenüber dem Dollar, dadurch daß entsprechend Dollars i n die Bundesrepublik flössen. I n dieser Zeit habe die Bundesbank ihre Geldmengenziele pausenlos überschritten. Anderfalls hätte es einen noch größeren Druck gegeben. A u f die Spareffekte geht abschließend Schmitt ein. Die Zahlen belegten nicht, daß i m Haushaltsbereich die größten Spareffekte erzielt worden seien. Der Endenergieverbrauch stieg seit 1970 hier am stärksten ( + 20 vH), während i n der Industrie nur ein Zuwachs von 1,5 bis 2 v H zu verzeichnen war. Auch der spezifische Verbrauch stieg i m Haushaltsbereich; i n der Industrie ging er dagegen zurück. Die nationalen Unterschiede i n der realen ölpreisentwicklung hält Schmitt für nicht so gravierend. Aus ihnen würde er keine weitreichen-
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Zusammenfassung der Diskussion
den Schlüsse ziehen. V i e l entscheidender sei vielmehr ein anderer Punkt. Bis 1978/79 habe es für einen rational entscheidenden Unternehmer kaum Anreize für energiesparende Investitionen gegeben. Erst der Preissprung von 1979/80 habe die Situation entscheidend verändert. Jetzt fänden derartige Investitionen i n einem zuvor nicht erwarteten Ausmaß statt. Daher könne die Entwicklung i n der Vergangenheit kaum eine Hilfe für Prognosen sein.
Die Antwort der Bundesregierung auf die energiepolitische Herausforderung — unter Berücksichtigung internationaler Bindungen im Rahmen der E G und der I E A Von Ulrich Engelmann,
Bonn
Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr für die Einladung zu dieser Veranstaltung. Ich habe der Einladung, der Tagesordnung sowie der Anwesenheitsliste entnommen, daß es sich hier um eine wissenschaftliche Veranstaltung handelt, und zwar von Ökonomen. Als NichtÖkonom habe ich m i t einer gewissen Unsicherheit diesen Raum betreten. Mein Vertrauen als Jurist wurde durch einige Bemerkungen i n dem soeben gehörten Referat und der anschließenden Diskussion wieder gestärkt. So sagte Herr Lamberts einleitend, daß sich auch Ökonomen bemühten, komplizierte Sachverhalte einfach darzustellen. I n der Diskussion wurde deutlich, daß auch Ökonomen unterschiedlicher Meinung sind. Auch hieß es, daß Ökonomen i n Interdependenzen denken. Ich vermute, es handelt sich um ähnliches wie die Kausalzusammenhänge der Juristen. Ich soll über die A n t w o r t der Bundesregierung auf die energiepolitische Herausforderung referieren. Dies bedeutet für mich, daß die wissenschaftliche Tagung jetzt unterbrochen ist, bis Herr Professor Gutowski sie wieder aufnimmt. I
Sie haben m i t der Wahl des Themas „Energiewirtschaft und gesamtwirtschaftliche Entwicklung" die Dimension der energiepolitischen Herausforderung und damit auch den Stellenwert, den die Energiepolit i k i n der heutigen Politik insgesamt und insbesondere i n der W i r t schaftspolitik hat, bereits beschrieben. Viele i n den bisherigen Referaten gefallene Stichworte — wie Kosten-Preis-Entwicklung, Anpasssungsprozesse, Kapazitätsauslastung, Beschäftigung, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, Leistungsbilanzdefizit, Ressourcentransfer, Realeinkommen — sind m i t der Entwicklung des Energieangebots, m i t der Nachfrage nach Energie sowie den Kosten und Preisen für die Energie verbunden. Die Interdependenzen sind offensichtlich. Wenn ich aber einen Maßstab für die energiepolitische
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Ulrich Engelmann
Herausforderung suche, so muß ich Wert auf die Feststellung legen, daß die energiewirtschaftlichen Entwicklungen nicht monokausal für die gegenwärtige Weltwirtschaftslage und die Schwierigkeiten i n der Bundesrepublik sind. Der tiefgreifende strukturelle Wandel i n der Weltwirtschaft hat auch Ursachen, die nicht i m Energiebereich liegen. Daraus ziehe ich den Schluß: Die Wirkungszusammenhänge zwischen energiewirtschaftlicher Entwicklung und gesamtwirtschaftlicher Entwicklung sind auch nicht so simpel, daß die Energiepolitik allein eine Lösung der Probleme bewirken könnte. Energiepolitik kann nur einen, wenn auch sehr wesentlichen Beitrag i n bezug auf die gesamte Herausforderung leisten. Ich konzentriere mich — dies ergibt sich aus meiner Funktion — i n meinem Referat auf die Lösungsmöglichkeiten i n dieser Begrenzung: Wie ist nun die A n t w o r t der Bundesregierung auf die energiepolitische Herausforderung i n dieser Dimension? Aufgabe der Energiepolitik ist es, die Rahmendaten so zu gestalten, daß die Energiewirtschaft der verbrauchenden Wirtschaft und dem privaten Verbraucher die benötigte Energie ausreichend, sicher und zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zur Verfügung stellen kann. Wenn w i r diese normale A u f gabe wirtschaftspolitischen Handelns heute als Herausforderung verstehen, so hat dies folgenden konkreten Hintergrund. Unser Land verfügt nicht über ausreichende, jedenfalls nicht über ausreichend kostengünstige Energie. Unser Land ist deshalb heute zu 60 °/o auf die Einfuhr von Energie angewiesen; dies weist unsere Energiebilanz aus. ö l ist der maßgebliche Energieträger i n unserem Lande, und das w i r d auch so bleiben. Gerade bei diesem zum Teil nicht substituierbaren Energieträger sind w i r extrem einfuhrabhängig. Dies rechtfertigt die Kennzeichnung „Herausforderung". Das ö l w i r d i m Rahmen eines stark politisch zusammengehaltenen Kartells auf dem Markt unter sprunghaften Preissteigerungen angeboten. Unser Land weist mit einem Leistungsbilanzdefizit von 28 Milliarden D M i m Jahre 1980 das höchste Defizit unter den westlichen Industrieländern aus. W i r sind also besonders stark von dem internationalen Anpassungsvorgang betroffen. Dies bedeutet, daß der Konkurrenzdruck auf den Auslandsmärkten und zunehmend auch der Umfang der eingeführten Produkte auf dem Inlandsmarkt wachsen werden. Dies alles unterstreicht das Gewicht des Kostenfaktors „Energie" i m internationalen Wettbewerbsbereich. Die Wirkungen dieser Entwicklung auf die Inlands- und Auslandsnachfrage, die Auslastung unserer Kapazitäten, Beschäftigung und Kosten sowie das verfügbare Realeinkommen rechtfertigen es deshalb, heute — i m Vergleich zu 1974 — von einer Herausforderung zu sprechen. Ich halte diese Herausforderungen heute für gravierender als 1974, weil damals eine kurzfristige Anpassung stattfinden konnte.
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1980/81 w i r d deutlich, daß es sich u m eine Daueraufgabe für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre handelt. Damit kommt ein politisches Element i n die Betrachtung. I n vielen Ländern — sicher i n Ländern der Dritten Welt — ergibt sich ein Wettlauf m i t der Zeit. Ich wende mich nun der Frage zu, wie die Bundesregierung auf diese energiepolitische Aufgabe reagiert hat, wie erfolgreich sie gewesen ist und wie sie diese Aufgabe künftig angehen wird. Ich merke an, daß man i m Bereich der Energiepolitik durchaus von einer Strategie sprechen kann. II Ich beginne m i t der Beeinflussung der Nachfrage, also der rationelleren Erzeugung und Verwendung von Energie. A u f Grund der geschilderten Zusammenhänge bedeutet die Verringerung des Energieverbrauchs zugleich eine Verminderung des Versorgungsrisikos, damit eine Veminderung der Abhängigkeiten und eine Senkung der Energiekosten und deshalb auch eine Verminderimg des Leistungsbilanzdefizits. Verminderter Energieverbrauch heißt ferner — mittel- und langfristig — Freisetzung von Ressourcen für andere Verwendungen. Deshalb kommt innerhalb der Energiepolitik der Bundesregierung der sogenannten Einsparpolitik der Bundesregierung eine erhebliche und insbesondere seit 1977 deutliche Priorität zu. Politisch genießt jene Einsparpolitik diese Priorität, weil sie anläßlich der Akzeptanzschwierigkeiten der Kernenergie die Frage nach dem Wachstum überhaupt ausgelöst hat. W i r haben, wie Sie alle wissen, i n der vergangenen Legislaturperiode eine Diskussion über Zusammenhänge von Energie, Gesamtwirtschaft und Nullwachstum geführt. Diese Diskussion klingt ab. Das Thema „Kernenergie" ist eng m i t der Frage nach dem Restbedarf an Strom verbunden. Die politische A n t w o r t auf die Frage nach diesem Restbedarf liegt i n dem Nachweis der optimalen Nutzung aller Energiesparmöglichkeiten. Deswegen hat die Einsparpolitik innerhalb der Energiepolitik der Regierung eine politische Priorität. Die Äußerungen der Enquete-Kommission zu den Einsparpfaden und die Überlegungen zu den sogenannten 62 Punkten sind Ausdruck dieser politischen Priorität. Die fachliche Priorität der rationellen Nutzung der Energie ergibt sich aus dem Zwang, die Einfuhrabhängigkeiten zu verringern und die Energiekosten zu senken. I m übrigen ist dies der Teil der deutschen Energiepolitik, bei dem die wirtschaftspolitische Grundsatzfrage gestellt ist, ob die energiepolitische Herausforderung eine A n t w o r t m i t i m Prinzip marktwirtschaftlicher Steuerung erlaubt oder ob das Problem m i t dem normalen 11 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
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Steuerungsmechanismus nicht bewältigt werden kann. U m es gleich zu sagen: Die Bundesregierung hat sich bewußt dafür entschieden, den rationelleren Einsatz von Energie i n erster Linie über den Preismechanismus zu erreichen. Sie w i l l diesen Prozeß unterstützen und beschleunigen, wenn die Marktkräfte das angestrebte Ziel nur unzureichend oder zu spät erreichen können. Sie wissen, daß die Zweifel an der Wirksamkeit und der sozialen Verträglichkeit dieser Haltung jahrelang Zündstoff i n den Parteien und i n den Fraktionen gewesen sind. Die Bundesregierung hat aus dieser prinzipiellen Haltung heraus i n all den kritischen Jahren der Versuchung widerstanden, das Durchschlagen der Weltmarktpreise für ö l auf unsere Wirtschaft und Verbraucher zu inhibieren und die Energiepreise — insbesondere für I m portenergie, sprich: ö l — künstlich zu subventionieren. Das Abfedern des Preissprungs beim Heizöl i m Jahre 1974 durch einen einmaligen Heizöl-Kostenzuschuß war eine soziale Variante, aber kein prinzipielles Abgehen von der eben geschilderten Haltung. Es gibt nur ganz wenige Bereiche, i n denen diese Politik — Durchschlagen der Preise — nicht realisiert werden könnte; nämlich i m Agr arber eich und beim Flugverkehr. Die Bundesregierung sieht i n dem Durchschlagenlassen der Weltmarktpreise den richtigen Anreiz für den Anpassungsprozeß, i n dem der Verbraucher das richtige Signal zu den langfristigen Knappheitserscheinungen bekommt. Die Information der Bevölkerung über die langfristige Entwicklung und die Möglichkeiten, i m eigenen Bereich darauf durch entsprechendes Verbraucherverhalten zu reagieren, sind natürlich Voraussetzungen dieser Politik. Es gibt eine breitangelegte PR-Aktivität i n diesem Bereich. Wer weiß, wie schwer es ist, Regierungspolitik sinnvoll und dazu wahrheitsgetreu zu verkaufen, der weiß auch, wie schwierig es ist, über die Jahre hinweg ein Energiebewußtsein der breiten Bevölkerungskreise zu schaffen und zu erhalten. Dieses Energiebewußtsein ist heute unbestritten, wie alle Kongresse und insbesondere die Verbrauchszahlen der letzten zwei Jahre zeigen. Der Bundesminister für Wirtschaft hat dies durch die Tips und durch ein gezieltes Beratungsprogramm für kleinere und mittlere Unternehmen erreicht. I n dem Bereich des Energieverbrauchs, i n dem Wirtschaftlichkeitsüberlegungen wenig greifen, nämlich i m Bereich der Gebäude, hat die Bundesregierung besondere Aktivitäten entwickelt. Für Neubauten hat sie — übrigens als erstes Land unter den westlichen Industrieländern — i m Jahre 1977 die entsprechenden Wärmedämmungsvorschriften erlassen. Die Isolierung der Altbauten zielt auf das maßgebliche Potential zur öleinsparung i m privaten Bereich; hier werden Investitionen finanziell prämiert. Die Industrie erhält „ n u r " die Investitionszulage, und zwar aus der Überlegung heraus, daß der Energiepreis für die Industrie ein Kalkulations- und Kostenelement ist und
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sich daraus der Anstoß für Investitionen ergibt. Ich stimme Herrn Schmitt zu, daß eigentlich erst der Preissprung der letzten zwei Jahre für moderne Technologie, auch Einspartechnologie i n diesem Bereich — Wärmerückgewinnungsanlagen, Wärmepumpen — die Wirtschaftlichkeitsschwelle so gehoben hat, daß die Industrie jetzt m i t Investitionen i n diesen Bereich hineingeht. Es entspricht dieser Grundlinie der marktwirtschaftlichen Steuerung auch der Energiepolitik, daß die Bundesregierung diese Einsparpolitik um Absprachen m i t der Automobilindustrie und m i t der Haushaltsgeräteindustrie ergänzt hat. M i t der Automobilindustrie wurde vereinbart, daß der Verbraucher über die Verbrauchswerte des Automobils auf der Basis vergleichbarer DIN-Normen informiert wird. Natürlich hat auch der Preis dazu geführt, daß inzwischen der Treibstoffverbrauch des Autos i n das Zentrum des Wettbewerbs der Automobilproduzenten gerückt ist, und zwar sowohl für Importeure als auch Produzenten. Der relative Rückgang des Endenergieverbrauchs — i n den Jahren seit 1974 mit allerdings sehr unterschiedlichem Verlauf —, der Rückgang der öleinfuhren und nun auch der Rückgang des ölanteils auf heute immerhin 47 °/o gegenüber 53 % nach 1974 zeigen, daß dieser kombinierte Ansatz von Preispolitik, finanzieller Unterstützung und Geboten dort, wo die Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht aufgeht, zu greifen begonnen hat. Diese Wertung gilt auch — Herr Lamberts hat hierzu eine Bemerkung gemacht, der ich nicht v o l l zustimmen kann —, wenn ich den konjunkturbedingten Rückgang des Energieverbrauchs berücksichtige, der sicherlich ein wesentliches Element ist. Die Fachleute werden m i t m i r einig sein, daß es schwierig ist, zu gewichten, was — insbesondere i m industriellen Bereich — konjunkturbedingt und was echte Einsparung ist. Ich neige zu der Annahme, daß ein sehr bewußter Anpassungsprozeß stattfindet, der durch die konjunkturelle Entwicklung allerdings wesentlich überlagert ist. Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung ihre Politik i m Bereich der Einsparung fortsetzt. Die Bundesregierung verhandelt m i t den Ländern über diese Politik. Diese Verhandlungen sind gegenwärtig von der Mischfinanzierungsdebatte zwischen Bund und Ländern überlagert. Aber es gibt zwei Bereiche, i n denen man diese Politik nicht ohne Mischfinanzierimg fortsetzen kann. Bei der Förderung der Fernwärme ist aus Gründen des Verfassungsrechts ein getrenntes Vorgehen von Bund und Ländern nicht möglich. Es ist nicht denkbar, ein Bundesprogramm für Fernwärme einerseits und ein davon getrenntes Programm der Länder an11*
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dererseits aufzustellen. Es wäre auch energiepolitisch falsch. E i n Splitten der Förderung i n dem Sinne, daß der Bund die Erzeugung der Fernwärme übernimmt und den Ländern die Weiterleitung zum Verbraucher obliegt, wäre energiepolitisch nicht optimal, weil nicht gewährleistet wäre, daß die Erzeugungsanlagen, die der Bund fördern würde, dann auch den entsprechenden Anschluß finden. Etwas ähnliches gilt für das sogenannte 4,35-Mrd.-Programm. Auch dieses scheint m i r ohne eine Verständigung zwischen Bund und Ländern nicht realisierbar zu sein. Allerdings w i r d dieses Programm wesentlich umstrukturiert werden, denn die gestiegenen Energiepreise haben Maßnahmen, die w i r bis jetzt gefördert haben, wirtschaftlich gemacht. A n dem bisherigen Programm ist berechtigte K r i t i k geübt worden wegen seiner überwiegenden Inanspruchnahme für die einfachen Wärmedämmungsmaßnahmen und vor allem für Energiesparmaßnahmen bei Türen und Fenstern. Diese Maßnahmen haben das Programm teilweise diskreditiert. Man sollte aber nicht verkennen, daß gerade dieses Programm eine große Anstoßwirkung hatte und Energiebewußtsein i n die breite Bevölkerung hineingetragen hat. Jetzt haben w i r es mit dem Phänomen zu tun, daß Maßnahmen an Fenstern und Türen trotz des gestiegenen Energiepreisniveaus nicht wirtschaftlich sind. Eine Förderung dieser Maßnahmen ist dennoch nicht mehr angebracht. Die Bevölkerung investiert Geld für diese Maßnahmen, oft ausgelöst dadurch, daß Nachbarn bereits entsprechend investieren. Bei dieser Sachlage gibt es keinen Anlaß, für einfache Wärmedämmung öffentliche Gelder zur Verfügung zu stellen. Die öffentliche Hand w i r d sich vielmehr auf Paketmaßnahmen konzentrieren, deren Wirtschaftlichkeit auch bei den gestiegenen Energiepreisen nicht gegeben ist. Dies würde eine Konzentration auf Anlagen wie Wärmepumpen und nachweislich i m konventionellen Bereich nicht wirtschaftliche Investitionen bedeuten. Dieses Thema w i r d gegenwärtig i n der Bundesregierung und m i t den Ländern verhandelt. Es gibt hier noch unterschiedliche Meinungen. Das Thema meines Referats „Die A n t w o r t der Bundesregierung auf die energiepolitische Herausforderung" verlangt, daß ich die einzelnen Kapitel m i t einer Wertung abschließe. Ich bin der Meinung, daß die deutsche Energieeinsparstrategie auch i m internationalen Vergleich eine gute Note verdient. International w i r d dies auch nicht bestritten. National ist es zum Teil bestritten. Ich meine aber, daß gerade die Verbrauchswerte der letzten zwei Jahre und auch die Aussichten für die kommenden Jahre dokumentieren, daß der kombinierte Ansatz gut und angemessen ist.
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Erlauben Sie mir, daß ich bei dieser Gelegenheit den Damen und Herren hier besonders danke, die i n der letzten Legislaturperiode die Gelegenheit genutzt haben und wahrscheinlich auch bei den folgenden Beratungen die Gelegenheit nutzen werden, die politischen Kreise, i m Blick auf das Verhältnis von gesamtwirtschaftlichem Wachstum und Energieverbrauch, anläßlich der Vorlage und Erläuterung ihrer Prognosen darauf hinzuweisen, wo die Grenzen der Verläßlichkeit von Prognosen liegen. Bei der Fortschreibung w i r d angesichts der neuen Prognosen wiederum die Debatte stattfinden, warum die alten Prognosen höher waren. III Ich gehe nun zur Angebotsseite über. Eines ist klar: Wirtschaftlichkeit, Finanzierbarkeit, Technik, Sozialverträglichkeit und Zielkonflikte z.B. m i t der Beschäftigungspolitik führen dazu, daß nicht alle denkbaren Einsparpotentiale erschlossen werden können. U m i n der Sprache der Enquête-Kommission zu sprechen: Es werden nicht alle Pfade begangen werden können, die von der Kommission aufgezeigt worden sind. Dies bedeutet, daß neben die Senkung des Energieverbrauchs als entscheidender Faktor die Absicherung des ausreichenden Angebots zu wettbewerbsfähigen Bedingungen tritt. Dies ist die eigentliche Herausforderung und der K e r n der Problematik seit 1974. Der Einbettung des Energiethemas i n Ihre Veranstaltung — ich nenne die Stichworte „Leistungsbilanzdefizit" und „ölrechnung" — entspricht es, daß ich diesmal nicht, wie sonst bei einem energiepolitischen Vortrag i n Bonn üblich, m i t dem Bezug auf die deutsche Kohle beginne. Ich beginne diesmal m i t einer kurzen Beschreibung der ö l - und Gaspolitik und komme dann auf die anderen Primärenergieträger zu sprechen. 1. Was die ö l - und Gaspolitik angeht, so fällt es nicht schwer, die A n t wort der Bundesregierung auf die energiepolitische Herausforderung zu beschreiben. Die Vorgaben sind klar: ein politisch motiviertes K a r tell der Förderländer, seine nicht kalkulierbare Preispolitik, die Konzentration der Förderung und der Reserven von ö l i n der labilen Golfregion, fehlende Substitutionsmöglichkeiten i m Kraftstoffbereich und i n der chemischen Industrie und teilweise natürlich auch i n der übrigen Industrie. Diese Faktoren erzwingen einen Anpassungsprozeß von Wirtschaft und Politik i m Bereich der deutschen ölwirtschaft. Angesichts der OPEC-Politik — ich meine jetzt weniger die Mengen- und Preispolitik, sondern die Investitionspolitik — ist es unvermeidlich, daß diese Anpassung der ölwirtschaft an den bisherigen Standorten erfolgt. Seit 1974 ist die Versuchung — auch für die Bundesrepublik — sehr groß gewesen, i n diesem Bereich gewissermaßen mehr Staat ein-
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zuführen. Ich erinnere daran, daß nach 1974 i n der Europäischen Gemeinschaft eine Diskussion darüber stattgefunden hat, inwieweit EG und nationale Regierungen den Anpassungsprozeß der Raffinerien i n den Verbraucherländern staatlich steuern sollten. Versuchungen i n dieser Richtung gab es genügend, und an entsprechenden Beispielen aus anderen Ländern gibt es auch keinen Mangel. Es ist eine w i r t schaftspolitische Leistung der Bundesregierung gewesen, dem Drängen i n dieser Richtung — zum Teil auch von S e i t e n eines Teils der deutschen Ölindustrie i m Zusammenhang m i t dem windfall profit — zu widerstehen. Die Bundesregierung hat diese Strukturveränderung i m marktwirtschaftlichen Prozeß der deutschen Ölindustrie überlassen. Diese Haltung hat uns international manche K r i t i k eingebracht, m i t dem Hinweis, die Bundesregierung leiste sich aufgrund ihrer w i r t schaftlichen Stärke eine Politik ohne Rücksicht auf Solidarität. Die Bundesregierung hat diese K r i t i k hingenommen, weil sie aus prinzipiellen wirtschafts- und ordnungspolitischen Gründen eine solche Haltung als richtig erachtet. Die Erfahrung zeigt, daß die ölwirtschaft diesem Anpassungsprozeß gewachsen ist. Die internationale und nationale ölwirtschaft hat trotz der Änderungen der Absatzwege auf Grund der Politik der OPECStaaten den Anpassungsprozeß flexibler und besser überstanden als man erwarten konnte. Gerade Ende des letzten Jahres hat sich gezeigt, daß die so stark kritisierten internationalen ölgesellschaften trotz der gezielten Umsteuerung der Absatzwege durch die OPEC-Staaten, trotz des teilweisen Ausfalls der Produktion aus dem Iran und Irak i n der Lage waren, die ausreichende Ölversorgung der Welt sicherzustellen. Die Bundesregierung leistet zu der Absicherung i n diesem Bereich durch ihre liberale Handels- und Wirtschaftspolitik einen Beitrag. Sie bringt das gute bilaterale Verhältnis zu den Förderstaaten ein und versucht, die Risiken, die i n der nach wie vor gegebenen Einfuhrabhängigkeit begründet sind, zu beschränken. Es hat — m i t Ausnahme des Iran i m Jahre 1974 — auch keinen Förderstaat gegeben, der versucht hätte, Druck auf die Bundesregierung dahin auszuüben, den Staatsgesellschaften auf der Angebotsseite nun Staatsgesellschaften auf unserer Seite gegenüberzustellen und somit gezielt eine Umstrukturierung der deutschen ölwirtschaft einzuleiten. W i r haben eine solche Umstrukturierung abgelehnt. Ich meine, daß w i r m i t dieser Politik auch erfolgreich sind. Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung diese Haltung auch i n Zukunft nicht ändern wird. Wenn man i m übrigen die Entwicklung über die Jahre hinweg verfolgt, muß man feststellen, daß Rotterdam i n den letzten Jahren zwischen 1974 und heute partiell funktionsunfähig gewesen war, daß aber die deutsche Wirtschaft über die Jahre hinweg nicht zu schlechteren Konditionen — und zwar auch
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Preiskonditionen — als die Wirtschaft i n unseren Nachbarstaaten versorgt worden ist. Wenn man sich die Bilanzen deutscher und französischer ölgesellschaften anschaut, so ergibt sich, daß unser System auch bei dieser Angebotssituation nicht zu schlechteren Ergebnissen für die deutschen Gesellschaften geführt hat. Ich weiß, daß die neuen Prognosen, die von den wirtschaftswissenschaftlichen Instituten vorbereitet werden, hier nicht diskutiert worden sind. Diese Prognosen werden aber sicherlich ausweisen, daß w i r weiter m i t der ölabhängigkeit werden leben müssen. A u f der anderen Seite macht die Diversifizierung auf Grund des gestiegenen Anteils des Nordseeöls Fortschritte. Es bleibt aber bei der Labilität i n diesem Bereich. Ein Ausfall der Lieferungen aus der Golfregion oder auch nur aus Saudi-Arabien würde natürlich bedeuten, daß der Krisenmechanismus i n Gang gesetzt und die marktwirtschaftliche Steuerung vorübergehend ausgesetzt werden müssen. Dabei sollte es aber auch bleiben. Ich vermute, Herr Prof essor Gutowski, daß Sie i n Ihrem Referat nachher noch etwas zu Ihren Vorstellungen über die Kontrahierung zwischen OPEC-Ländern und Verbraucherländern sagen. Mich würde sehr interessieren, welche Position Sie einnehmen. Wenn Ihre Vorstellungen unverändert sein sollten, so kann ich sie — dies sage ich schon an dieser Stelle — nicht teilen. 2. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zur Gaspolitik übergehen. Gas hat auf unserem M a r k t einen angestammten A n t e i l von rund 16 °/o. W i r gehen davon aus, daß sich hieran i m Prinzip nichts ändern wird. I n diesem Bereich ist die inländische Komponente m i t über 30 °/o der Gaserzeugung i m Jahre 1980 relativ stark. E i n D r i t t e l unserer Versorgung kommt aus sogenannten sicheren Quellen, d. h. aus dem Westen. Der Rest geht auf das Konto der UdSSR. W i r halten dies für eine angemessene Struktur, die unseren Realitäten gemäß ist. Es gibt nicht viele Alternativen i n diesem Bereich. W i r müssen jede nutzen, die uns angeboten ist. W i r gehen davon aus, daß der Gaspreis dem ölpreis folgen wird. Unserer Meinung nach darf der Gaspreis allerdings nicht dem Rohölpreis folgen, denn der Rohölpreis enthält Produktenbestandteile, m i t denen das Gas nicht i m Wettbewerb steht. Diese nicht substituierbaren Produktenanteile — ich nenne i n diesem Zusammenhang den Verkehrssektor und die chemischen Rohstoffe — werden den Preis des Rohöls auch i n Zukunft auf einem Niveau halten, das über dem Preisniveau der verbrennbaren Produkte liegt. W i r sind auf Grund des Vertragsabschlusses der belgischen Gasimportfirma m i t Algerien m i t der Anerkennimg der Rohölparität i n internationalen Schwierigkeiten. W i r versuchen, diesen Abschluß gewissermaßen zu einem Betriebsunfall zu machen und ein Durchschlagen der Distrigaz-Vereinbarung auf die ande-
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ren Gasimportverträge zu verhindern. Hier ziehen auch die Holländer mit, die diesen „Unfall" nicht zum Anlaß nehmen werden, um die Preisklauseln ihrer Verträge anzuwenden. A n dieser Stelle ein kurzes Wort zu dem UdSSR-Vertrag. Wer so energieeinfuhrabhängig wie die Bundesrepublik ist, muß jede Energieart nutzen, die geboten wird. Die energiepolitische Aufgabe ist es, abzusichern, daß die spezifische Abhängigkeit und das spezifische Risiko auf Grund eines 30 °/oigen Versorgungsanteils aus dem Ostblock i m Bereich von Gas aufgefangen werden kann, wenn es zu Lieferunterbrechungen käme. Dies erfordert entsprechende Verhaltensweisen der gasverbrauchenden Industrie und entsprechende Verhaltensweisen insbesondere der gasverteilenden Industrie. Die Bundesregierung unterstützt deshalb die Politik der deutschen Gaswirtschaft, i n Zukunft Gas nur noch i m Rahmen unterbrechbarer Verträge an Kraftwerke und Industrie zu liefern. Wer neue Gasverträge abschließen w i l l , muß akzeptieren, nach Vorwarnung abgeschaltet zu werden. Nur so kann der private Bereich i m Falle einer Krise voll versorgt werden. Hier w i r d von allen Beteiligten natürlich Augenmaß gefordert. I m Einzelfall kann die Situation sehr schwierig sein, denn die Industrie muß für den Fall der Unterbrechung die entsprechenden Alternativen zur Verfügimg haben. Da es sich nicht um ö l handeln soll, bedeutet dies i m wesentlichen einen Rückgriff auf die Kohle, und ein allgemeines Investitionsklima, das die notwendigen Investitionen ermöglicht. 3. Was die Fernwärme angeht, so erwarte ich, daß w i r das weitgehend ausgehandelte Bund-Länder-Programm realisieren können. Ich bedauere, daß gegenwärtig i m politischen Raum zur Fernwärme übersteigerte Erwartungen aufgebaut werden. Die Investitionsvolumina, die i n Nordrhein-Westfalen erwähnt werden, halte ich für unrealistisch, zumal von Beiträgen der öffentlichen Hand ausgegangen wird, die bei dieser Haushaltslage nicht zur Verfügung stehen können. Auch am Schluß dieses Abschnittes ist eine Wertung angebracht. Die Strategie der Bundesregierung i m Bereich des Gases würde ich angesichts der verfügbaren Alternativen als realistisch und angemessen bezeichnen. 4. Ich wende mich nun der Kohlepolitik zu. I m Prinzip ist die abschließende Entscheidung darüber i n der letzten Legislaturperiode gefallen. Was jetzt noch ansteht, sind Randbereinigungen. Die stark k r i tisierten Verstromungsgesetze und die Politik, die nach 1970 zur A b sicherung der deutschen Kohle eingeleitet worden ist, haben sich als ein guter Weg zur Verringerung der Abhängigkeit vom ö l erwiesen. Der von der deutschen Volkswirtschaft aufzubringende Kohlepfennig ist
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eine angemessene Versicherungsprämie, denn die deutsche Stromerzeugung ist heute praktisch risikofest. Gleiches gilt für die Absicherung der Kapazitäten des deutschen Steinkohlebergbaus. Die Politik der Bundesregierung w i r d i n den nächsten Jahren von der Stabilisierung der gegenwärtigen Förderung bestimmt sein. Ich gehe nicht davon aus, daß die dritte Fortschreibung i n diesem Zusammenhang neue Aussagen treffen wird. Unter dem Druck der Haushaltssituation verhandelt die Bundesregierung darüber, inwieweit die Kokskohlenexporte, die subventioniert werden, abgebaut werden können. Ein wichtiges Element ist hierbei die Flexibilität des deutschen Steinkohlenbergbaus i n bezug auf Förderung und Aufhaidung. Nun ein Wort zur Importkohle. Ich sehe keinen neuen Entscheidungsbedarf i n diesem Bereich. Die Einfuhrregelung ist seit dem 1. Januar dieses Jahres so gestaltet, daß die Einfuhrkontingente — und zwar für Verbraucher, für Produzenten und für Händler ohne Unterschied — kein Hindernis für den Import von Kohle i n unsere Volkswirtschaft darstellen. Probleme ergeben sich gegenwärtig mehr i m Zusammenhang m i t der mittel- und langfristigen Bereitstellung von Importkohle am Weltmarkt. Hier gibt es i n den kostengünstigen Fördergebieten i n der Welt Probleme der Akzeptanz aus Umweltgründen, der Infrastruktur und der Finanzierung. Es stellt sich die Frage, i n welchem Ausmaß langfristige Verträge zu interessanten Bedingungen geschlossen werden. Die Handelspolitik der Bundesregierung ist i n diesem Bereich jedenfalls kein hinderndes Element mehr. Ich schließe auch nicht aus, daß w i r zu gegebener Zeit einen weiterreichenden formalen Schritt tun. Die deutsche Industrie zögert noch, auf die Energieart Kohle überzugehen. Ganz sicherlich hat die Situation der Steinkohle nach dem Kriege auch dazu geführt, daß Innovationen i m Bereich der Kohletechnik nicht verfolgt worden sind. Der Energieträger Kohle versucht erst seit kurzem, i n Konkurrenz m i t den besser handelbaren Energieträgern ö l und Gas, von der Technik her den Wettbewerb aufzunehmen. Das teuere und zurückgehende Angebot an schwerem Heizöl gibt das Signal an den Wärmemarkt, sich für den Einsatz von Kohle zu interessieren. Zur Wertung der Kohlepolitik: Die Note für die kohlepolitische A n t w o r t der Bundesregierung sollte nicht so unfreundlich ausfallen, wie sie i n der Diskussion zum T e i l dargestellt wird. I n der Balance zwischen innenpolitischer Machbarkeit, sozialer Verträglichkeit und Konzentration der Produktion i m Ruhrgebiet einerseits und dem Anliegen der revierfernen Länder auf Nutzung der Importkohle andererseits hat die Bundesregierung, wie ich meine, inzwischen ein verträgliches Ergebnis erzielt.
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5. Ich komme nun zu dem Kapitel „Kernenergie". Da ö l - und Gasreserven beschränkt sind, dem Einsatz der Kohle auch unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes Grenzen gesetzt sind, Uran weltweit unproblematisch verfügbar ist und die Dritte Welt auf die zunehmende Nutzung der fossilen Energieträger angewiesen ist, ist offensichtlich, daß eine Nutzung der Kernenergie i n den westlichen Industrieländern — insbesondere bei uns — notwendig ist. Der A n t e i l der Kernenergie am Gesamtenergieverbrauch liegt gegenwärtig bei 4,8 % ; bei der Stromerzeugung beträgt der A n t e i l etwas mehr als 11 %>. Gegenwärtig befindet sich eine Kapazität von 9000 Megawatt am Netz; eine Kapazität von weiteren 9000 Megawatt ist i m Aufbau. Bei der Beschreibung des Sachverhalts müssen aber auch folgende Faktoren genannt werden: Entsorgungsthematik, langjährige Gerichtsverfahren, sinkende Stromzuwachsraten, Schwierigkeiten i n anderen Industriestaaten — ich verweise auf Vorgänge wie i n Harrisburg —, ambivalente Aussagen i n Parteiprogrammen, Streit zwischen lokalen und zentralen politische Gremien. Diese Faktoren haben dazu geführt, daß w i r seit 1977 i m Ausbau der Kernenergie praktisch ein Moratorium haben. Es führt nicht weiter, dieses Knäuel von verschiedenen W i r k u n gen zu sezieren, um dann gewichten zu können, was auf schwächere Konjunktur, verringerte Stromzuwachsraten, Enttäuschung bis h i n zur Abwendung von der Kernenergie i m Bereich der Elektrizitätswirtschaft oder auf politischen Einfluß zurückgeht. Als Ergebnis können w i r nur registrieren, daß sich i n der Bundesrepublik i n der Grundlast der Stromerzeugung auf der Basis der Kernkraft eine Lücke auftut, die über die Kosten des Stromangebots die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie berührt und deren volle Konsequenz wahrscheinlich erst gegen Ende dieses Jahrzehnts spürbar sein wird. Dies hat natürlich auch zur Folge, daß die deutschen Hersteller von Kernkraftanlagen international an Boden verloren haben. Vorhin wurde hier über den Geldexport und die notwendige Reindustrialisierung unserer W i r t schaft gesprochen. Hier ist ein Bereich, der sich anbietet. Wie ist nun der Ausblick? Ich bin der Meinung, daß die Verständigung der Bundesregierung m i t den Ländern über das gemeinsame Entsorgungskonzept einen positiven Trend eingeleitet hat, daß die Entscheidungen zur Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente sowie die Fortschritte i m Hinblick auf die Endlagerthematik schon zu einer stabileren Gerichtspraxis geführt haben. Auch das — wenn auch umstrittene — Votum der Enquete-Kommission hat einen positiven Beitrag geleistet, und zwar durch die Aussage, daß ein Ausstieg aus der Kernenergie gegenwärtig nicht möglich ist. Insofern ist das Votum der EnqueteKommission, trotz aller K r i t i k , positiv zu bewerten. Wichtig und ein
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positives Signal war die Haltung der Bundesregierung i m Falle Brokdorf, die, begleitet von einer mutigen Landesregierung, zur Fortsetzung dieses Projektes geführt hat. Damit wurde ein politischer Durchbruch bei dem weiteren begrenzten Ausbau der Kernenergie erreicht. Nunmehr ist die Situation so, daß die Bundesregierung auf die entsprechenden Anträge der Länderregierungen wartet. Es ist bekannt, daß die Länderregierungen mehrere Kernkraftwerksprojekte vorbereiten, über die die Bundesregierung noch i n dieser Legislaturperiode eine Entscheidung zu treffen haben wird. Diese Entscheidungen werden Klarheit darüber geben, welche Rolle die Kernenergie 1990 und später spielen wird. Die Verhandlungen m i t den Ländern über die Straffung des Genehmigungsverfahrens laufen besser, als Skeptiker erwartet haben. I n den nächsten Wochen w i r d sich zeigen, ob es gelingt, hier zu einem Einvernehmen — vergleichbar der Vereinbarung zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten über die Entsorgungsgrundsätze — zu kommen. Zur Bewertung: Die Entwicklung der Kernenergie ist hinter den Notwendigkeiten zurückgeblieben. Dies gilt leider auch für die meisten unserer internationalen Partner. 6. Aus Zeitgründen möchte ich auf neue Technologien und Alternativen nur sehr kurz zu sprechen kommen. Die Forschungen i n diesem Bereich laufen, aber es ist so, daß trotz gestiegener Energiepreise nach wie vor die Wirtschaftlichkeit neuer Techniken fraglich ist. Die Erwartungen, die zum Teil erzeugt werden, greifen der Entwicklung weit voraus. Die Bundesregierung w i r d i n diesem Bereich aber weiterhin Markteinführungshilfen geben und die Forschung unterstützen. IV Das Thema meines Referats enthält den Zusatz „unter Berücksichtigung internationaler Bindungen i m Rahmen der EG und der I E A " . W i r sind i n eine internationale Zusammenarbeit eingebunden. Diese hat 1973 begonnen. Sie hat sich aber seit dieser Zeit i n Substanz und Konkretheit erheblich verändert. Vor dieser Zeit befaßte sich die internationale Energiepolitik i n Europa nur m i t der Genehmigung von Beihilfen für den Kohlesektor i m Rahmen des Montan-Vertrages. 1973/74 wurde die Internationale Energieagentur i n Paris unter dem Druck der Ölkrise gegründet. Sie hatte damals neun Mitgliedsländer, und der Ansatz war durchaus ein A n t i k a r t e l l zur OPEC. Dieser Ansatz ist heute verschwunden. Frankreich ist nach wie vor nicht Mitglied der IEA. I n den ersten Jahren nach ihrer Gründung war die I E A i m K e r n auf K r i senmechanismus, auf den Schutz eines Mitgliedstaates oder mehrerer Mitgliedstaaten vor einem gezielten Embargo angelegt. Dieses Konzept soll i m Krisenfall zu einem Pooling der verfügbaren ölressourcen füh-
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ren. Die I E A hat mittlerweile über 20 Mitgliedsländer. Sie ist heute zu einem Gremium geworden, i n dem «die westlichen Industrieländer ihre Energiepolitik abstimmen. Heute konzentriert sich die I E A neben der Krisenvorsorge auf den Strukturwandel i n den Mitgliedsländern. Diese Entwicklung geht auf deutsche Initiative zurück. Lassen Sie mich noch einige Worte zum Verhältnis von I E A und OPEC sowie zum internationalen Dialog sagen. Die Pariser Konferenz nach 1974 ist gescheitert, weil sich bei der Verhandlung Blöcke gegenüberstanden — der Block der Industrieländer, der Block der OPEC, der Block der Dritten Welt — und w e i l die Verhandlungen über das Energiethema, die i n dem dafür zuständigen Komitee gar nicht so schlecht liefen, m i t Verhandlungen über andere internationale w i r t schaftspolitische Themen — Stichwort: neue Welt Wirtschaftsordnung — verbunden wurden. Hieran hat sich i m Prinzip nichts geändert. Die UNCTAD-Konferenzen sind nach wie vor von Blockverhandlungen bestimmt. Bilateral laufen die Gespräche vor allem m i t Schwellenländern wie Brasilien hervorragend. Das gleiche gilt auch innerhalb der OPEC für Länder wie Saudi-Arabien, die eine andere Sprache wählen können, wenn sie bilateral m i t uns Gespräche führen, als wenn sie i n enbloc Verhandlungen eingebunden sind. Ich sehe auch nicht, daß sich eine Änderung dieser Situation abzeichnet. Die Bundesregierung versucht und begrüßt deshalb auch den Vorschlag des mexikanischen Präsidenten, für eine kleinere, aber repräsentative Konferenz die internationale Szene i n Bewegung zu bringen. Es ist Skepsis angebracht, ob bzw. inwieweit es gelingt, i n der Substanz über Einzelbereiche der internationalen Energiepolitik zu sprechen. Anliegen der westlichen Industrieländer ist, daß die OPEC bei ihren Mengen- und Preisentscheidungen die weltwirtschaftlichen Implikationen i n Rechnung stellt. Dafür haben sich, so scheint es mir, die Chancen auf Grund der erkennbaren Wirkungen der Preissprünge i n den Jahren 1979 und 1980 auf die Weltwirtschaft verbessert. Diese Haltung vertreten auch einige OPEC-Länder. Eine internationale Absprache zwischen Förderländern und Verbraucherländern sollte aber bei der Information über die Entwicklungen i n der Wirtschaft und die Entwicklungen i m Bereich der Nachfrage nach Energie haltmachen, also Information der maßgeblichen Anbieter und Nachfrager, aber keine Preisverhandlungen zwischen den Regierungen. Denn dies hieße die Übernahme der Verantwortung für Preise durch Staaten und damit eine Politisierung der Preisverhandlungen. Das Thema der Indexierung ist ein von uns nicht erwünschtes wirtschaftspolitisches Thema i m internationalen Rohstoff- und Energiebereich. Das Verhältnis zur Dritten Welt ist gegenwärtig durch die Akzentuierung der nationalen Entwicklungsprogramme auf mehr Energiein-
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vestitionen gekennzeichet. Die Weltbank hat i h r Ausgabenpotential auch i n dieser Richtung akzentuiert. Die Bundesregierung ist entschlossen, die herkömmlichen internationalen Instanzen für diesen Prozeß z u nutzen. Lassen Sie mich m i t folgender Feststellung schließen. Die Verpflichtungen, die die Bundesregierung i n der IEA, i n der EG und auch auf den Gipfeltreffen übernommen hat, werden nach den jetzigen Zahlen i n allen Bereichen erfüllt. Die Ausnahme, die aber nicht nur für uns gilt, habe ich vorhin schon erwähnt, nämlich den verzögerten Ausbau der Kernenergie.
Die wirtschaftspolitiecben Alternativen und internationale Aspekte Von Armin Gutowski, Hamburg I . Vorbemerkungen
Es ist der Fluch der bösen Tat: Wenn man einmal fremdgegangen ist und auf einem Gebiet einen Vorschlag gemacht hat, das eigentlich nicht zum eigenen Metier gehört, dann w i r d man immer wieder damit konfrontiert. A n sich ist es natürlich erfreulich, daß der von m i r zusammen m i t Wolfgang Roth veröffentlichte Plan zum Recycling der Ölgelder 1 intensiv diskutiert wird, aber man ist dann auch immer wieder gezwungen, dazu Stellung zu nehmen. Auch auf dieser Tagung ist schon mehrfach der Erwartung Ausdruck gegeben worden, daß ich zu diesem Plan etwas sagen würde. Obwohl ich das ursprünglich nicht vorhatte, habe ich nun doch noch ein paar Stichworte i n mein Manuskript aufgenommen und werde am Schluß meines Referats etwas mehr dazu sagen. Vorweg möchte ich doch betonen: Ich b i n meiner Natur nach kein Missionar. Ich finde es zwar schön, daß der Vorschlag diskutiert wird; ich habe aber nicht den Ehrgeiz, durch die Welt zu ziehen und meine Vorstellungen durchzupauken, zumal da sie ja auch m i t vielen Pro und Contra zu versehen sind und es dabei i m wesentlichen um ein Abwägen von Risiken gehen muß. Damit wäre ich fast schon bei meinem Thema. Ich werde wahrscheinlich etwas ganz anderes vortragen, als die meisten nach dem Thema erwartet haben. Aber es ist vielleicht interessant, einmal nach einem ganz anderen Denkmuster vorzugehen als nach dem, das den bisherigen Referaten zugrunde lag. Zur Veranschaulichung noch eine Nebenbemerkung, die sich an die Adresse von Herrn Lamberts richtet, der vorhin sagte, als Empiriker habe er es nicht gern, wenn man m i t Begriffen wie Vertrauen operiere und damit etwas erklären wolle; denn solche Begriffe gäben keinen wirklichen Halt. U m auf den i m Zusammenhang m i t seinem Referat diskutierten Fall zurückzukommen: Ich glaube, ich kann die Konse1
Gemeint ist das im Mai 1980 von A. Gutowski und W. Roth vorgelegte
„Vertragskonzept OPEC—Industrieländer—Entwicklungsländer", i n : Wirtschaftsdienst, 60. Jg. (1980), Nr. 12, S. 604 f.
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quenzen des Entstehens eines Vertrauensgefälles zwischen zwei Währungen recht genau definieren: Ein Vertrauensgefälle kann dadurch entstehen, daß eine Mehrzahl von Leuten meint, die Ertragserwartungen i n einem bestimmten Land würden i m Vergleich m i t einem anderen Land unsicherer. Selbst wenn w i r unterstellen, daß keine Güterbewegungen zwischen diesen Ländern stattfinden, w i r d sich der Wechselkurs ändern, weil die Risikoscheuen und die Risikofreudigen unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Die Risikoscheuen werden aus der relativ „unsicheren" Währimg aussteigen und i n die relativ „sichere" gehen wollen. Das gilt selbst dann, wenn die mathematische Ertragserwartung i n den beiden Ländern völlig gleich ist und sich nur der Grad der Unsicherheit unterschiedlich entwickelt. Die Risikoscheuen müssen nun andere finden, die risikofreudig genug sind, die „schlechtere" Währung zu kaufen. A u f diese Weise ergibt sich i n dem Fall, den w i r vorh i n diskutiert haben, eine reale Aufwertung der Währung des Landes m i t den weniger unsicheren Ertragserwartungen. Dadurch entsteht ein Unterschied i n den Realzinsen, der die Risikoprämie darstellt, die gezahlt werden muß, damit dieser Austausch stattfindet. I n solchen Kategorien denke ich auch bei dem Thema, das ich jetzt zu behandeln habe — deshalb habe ich das Thema von vorhin noch einmal aufgegriffen —; ich denke also i n Begriffen wie Risiko, Vertrauen, Versicherungsprämien, Konfliktstrategien und dergleichen. Die Verknappung und Verteuerung des Erdöls und damit der Energie insgesamt hat, wie w i r gesehen haben, neue Fragestellungen und neue Aufgaben für die Wirtschaftspolitik geschaffen. Seit der Vervierfachung des ölpreises 1973/74 haben sich, wie w i r ebenfalls gesehen haben, Ökonomen zu Experten auf dem Felde der Energietechnologie entwickelt, um besser abschätzen zu können, wie Energie gespart werden kann, welche Alternativen zu den konventionellen Energieträgern bestehen, i n welchem Umfang, i n welcher Zeitfolge und zu welchen Kosten sie zur Verfügung stehen und welche Möglichkeiten es gibt, durch technischen Fortschritt die Verfügbarkeit der Energieträger zu beschleunigen und die Kosten zu senken. Ich w i l l m i t diesen Ökonomen nicht wetteifern, denn ich verstehe zuwenig davon. U m Mißverständnissen vorzubeugen: Ich halte diese A k t i v i t ä t e n für außerordentlich nützlich, weil sie die Menge an Informationen über A r t und Ausmaß des Problems erhöhen und damit die Grundlage der politisch und insbesondere wirtschaftspolitisch zu treffenden Entscheidungen auf nationaler Ebene sowie auf der Ebene von Ländergruppen m i t überwiegend gemeinsamen Interessen sowohl auf der Anbieterseite wie auf der Nachfragerseite verbessern. Worum es m i r i n diesem Vor trag geht: A l l e diese Entscheidungen sind und bleiben Entscheidungen unter Unsicherheit, nicht nur — wie
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w i r gestern ebenfalls sehr deutlich festgestellt haben — hinsichtlich der Zuverlässigkeit der dargebotenen Informationen, sondern auch und vor allem hinsichtlich der Verhaltensweisen der am Entscheidungsprozeß Beteiligten. Die wirtschaftspolitischen Strategien zur Bewältigung der Energieprobleme müssen diesen Unsicherheiten Rechnung tragen und sie zu vermindern suchen. Damit w i l l ich mich i m folgenden befassen. Strategien können auf kurze, mittlere und lange Frist konzipiert sein, also etwa für ein Jahr, für ein bis zwei Jahrzehnte und für darüber hinausreichende Zeiträume. Die kurze Frist kann hier außer Betracht bleiben. Die strategischen Möglichkeiten der ölimportierenden Industrieländer i m ganzen zur Beeinflussung ihrer Versorgung m i t ö l und ihres Bedarfs an ö l sind kurzfristig äußerst gering. Die einzelnen Industrieländer können etwas mehr oder etwas weniger ö l einsparen oder sich durch bilaterale Abkommen bestimmte Liefermengen sichern. Doch werden sie dies wohl kaum i m Rahmen einer kurzfristigen, sondern eher i m Rahmen einer mittelfristigen Strategie zu t u n versuchen. Gegenwärtig sind die ölvorräte überdies hoch. Sie übertreffen das Ziel der Versorgung für 90 Tage. Die Konjunkturlage ist allenthalben sehr gedämpft. Von der Nachfrageseite droht also wenig Gefahr. A n gesichts dieser Tatbestände ist die Position Saudi-Arabiens stark, den ölpreis wieder mehr zu vereinheitlichen, vielleicht sogar näher dem unteren als dem oberen Rand der Skala offizieller ölpreise. Denn Saudi-Arabien kann gegenwärtig wieder durch Variation seiner Angebotsmenge auch die Wünsche der high absorbers nach höheren Preisen durchkreuzen, wenn diese, an höheren Erlösen aus dem Erdölexport interessiert, nicht bereit sind, ihr eigenes Angebot drastisch zu beschränken. Katastrophenfälle sind freilich auch kurzfristig nicht ausgeschlossen, doch dagegen ist kurzfristig auch kein K r a u t gewachsen. Die strategischen Überlegungen, die die lange Frist betreffen, deren Zeithorizont also mehr oder weniger weit über die Jahrtausendwende hinausreicht, können hier ebenfalls außer acht bleiben. Jedenfalls scheint m i r aus allen naturwissenschaftlichen Untersuchungen hervorzugehen: Einen grundsätzlichen, also nicht nur physisch, sondern auch ökonomisch unüberwindbaren weltweiten Mangel an Energie gibt es selbst bei erheblich steigender Weltbevölkerung nicht. Alternative zeitliche Abläufe bei dem mehr oder weniger leid vollen Übergang zum post-ölenergetischen Zeitalter sind jedoch denkbar. Sie werden weitgehend i n den mittelfristigen Strategien des Angebots und der Nachfrage angelegt. Kritisch ist demnach vor allem die mittlere 12 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
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Frist der nächsten 10 bis 20 Jahre. Sie w i r d bestimmt durch die für die ölimportierenden Länder fortbestehende Abhängigkeit vom OPEC-Öl. Sowohl die Länge dieser Periode als auch die Schwierigkeiten und Lasten, die innerhalb dieses Zeitraums hinsichtlich Wachstum, Beschäftigung, Inflation und Einkommensverteilung i n den ölimportierenden Ländern entstehen, aber auch die Erfolge oder Mißerfolge der M i t gliedsländer der OPEC hinsichtlich der von ihnen angestrebten w i r t schaftspolitischen Ziele hängen von der Kombination der Strategien ab, die Anbieter und Nachfrager auf mittlere Frist verfolgen und durchzusetzen vermögen.
I I . D i e P o l i t i k der ölexportierenden L ä n d e r 1. Die Strategien
Wenden w i r uns zunächst einmal der Politik der ölexportierenden Länder zu; ich sage verkürzt: OPEC. Lassen Sie mich mit den alternativen Strategien dieser Länder beginnen. Wie schon gesagt, sind die Ziele der high absorbers und der low absorbers nicht identisch, wobei die Reichweite der Vorräte noch ein weiteres Unterscheidungskriterium liefert und noch einige andere hinzukommen; das ist allgemein bekannt. M i r scheint es trotzdem i n dieser verkürzten Darstellung vertretbar zu sein, von gemeinsamen Strategien zu sprechen, die freilich eher Kompromisse zwischen einander zum Teil widersprechenden Interessen als das Ergebnis gleichgerichteter Interessen sind. Wichtig für das Zustandekommen einer gemeinsamen Strategie ist allerdings zum einen, daß sich die Interessen der high absorbers m i t relativ geringer Reichweite der Vorräte bei der Bestimmung von Preis und Gesamtabsatzmenge auf Dauer nicht gegen die Interessen der low absorbers m i t weitaus größeren Reserven durchsetzen können, und zum anderen die Annahme, daß bei der Mehrzahl der ölanbieter die wirtschaftlichen Interessen dominieren, die auch i n der Erhaltung der hochindustrialisierten Volkswirtschaften bestehen, von deren Investitionsgütern und von deren Technologien die ölländer für das Erreichen ihrer eigenen Entwicklungsziele abhängig sind. Angesichts der auf absehbare Zeit weiter bestehenden Schlüsselrolle des Erdöls i n der Energieversorgung, der hohen Abhängigkeit der meisten Industrieländer von der ö l e i n f u h r und der Konzentration des Weltmarktangebots von ö l auf wenige, zumeist i n der OPEC zusammengeschlossene Länder behält die Angebotspolitik der OPEC vorerst überragende Bedeutung für die mittelfristige Entwicklung auf dem Weltenergiemarkt.
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Gewiß ist die Palette der Strategievarianten, die von den ölexportländern angewendet werden können, sehr breit; es lassen sich jedoch vielleicht einige typische Kernstrategien bestimmen, die einige Wahrscheinlichkeit — wenn auch nicht unabhängig vom Verhalten der ö l importländer — für sich i n Anspruch nehmen können. Als erste Strategiemöglichkeit — wie gesagt: nur als typischer Fall gemeint, der konkret durchaus etwas i n der einen oder i n der anderen Richtung variieren kann — w i l l ich die Politik einer ausreichenden Versorgung der ölimportländer zu den gegenwärtigen realen Preisen (Strategie Ei) nennen. Die Entwicklung der Produktions- und Absatzmengen wäre dann völlig von der Entwicklung der Nachfrage nach ö l als Reaktion des Energie- und speziell des Ölverbrauchs auf die bisherige Veränderung der relativen Preise des Rohöls und anderer Energieträger abhängig. Die zweite Strategie ist die Politik einer im Trend allmählichen Verringerung des ölangebots bei anhaltender, im Durchschnitt aber gemäßigter Erhöhung des realen ölpreises (Strategie E2), etwa nach der Formel, die i n der von der Strategiekommission der OPEC unter der Leitung von Saudi-Arabiens ölminister Scheich Yamani i m Mai 1980 der OPEC vorgelegten Konzeption über die OPEC-Langzeitstrategie 2 enthalten ist. Danach soll der Basispreis für Erdöl, an dem sich entsprechend den Qualitätsunterschieden alle anderen ölpreise auszurichten haben, regelmäßig an drei Indizes angepaßt werden, nämlich an einen auf der Basis nationaler Währungen berechneten Index der Exportgüterpreise der OPEC-Länder — Anpassung m i t gleichem Vorzeichen natürlich —, dann, da dies auf der Basis nationaler Währungen geschieht, auch noch an den Index des gewogenen Außenwerts des US-Dollar gegenüber den wichtigsten OECD-Währungen — hier m i t entgegengesetztem Vorzeichen: wenn der Außen wert steigt, dann A n passung nach unten, und umgekehrt — und schließlich an den Index des realen Bruttosozialprodukts der OECD-Länder, wieder m i t gleichem Vorzeichen. Diese Strategie der allmählichen Preiserhöhung ist nur eindeutig, wenn der so berechnete Preisanstieg auf dem Weltmarkt zu einer allmählichen Verringerimg des ölangebots auch tatsächlich paßt (Unterfall E2a). Ist das nicht der Fall und nimmt die Nachfrage nach OPEC-Öl trotz des Preisanstiegs weiter zu, müssen zwei weitere Unterfälle aufgenommen werden: Einmal die Beibehaltung der Formel für den Preisanstieg, auch wenn dann — d a s kann freilich nur für eine Übergangszeit 2 Vgl. Report of OPEC's Ministerial Committee on L o n g - T e r m Strategy — OPEC's secret plan to fleece the world, i n : International Currency Review, Bd. 12 (1980), Nr. 3, S. 9 ff.
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gelten — das ölangebot der OPEC vergrößert werden muß (Unterfall E 2 b ) . Der zweite Unterfall: Verschärfung des Preisanstiegs i n einem Ausmaß, das bewirkt, daß das ölangebot mindestens nicht zu steigen braucht und auf längere Sicht allmählich zurückgehen kann (Unterfall E 2 c ). Eine weitere Unterscheidung, auf die ich nachher noch zurückkomme, bezieht sich darauf, ob sich der Preisanstieg kontinuierlich oder i n Schüben vollzieht. Die dritte Strategie wäre die Politik der drastischen knappung (Strategie Es), wiederum m i t drei Unterfällen:
Angebotsver-
Unterfall E3 a : Drastische Angebotsverknappung als ökonomisches K a l kül. Unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung w i r d eine weit stärkere Angebotsdrosselung bei entsprechend stärkerer Erhöhung der ölpreise für richtig gehalten und durchgesetzt. Diese Strategie kommt auch als kurzfristige oder längerfristige Konfliktstrategie bei bestimmten Verhaltensweisen der Nachfrager — auf die ich noch zurückkommen werde — i n Betracht. Dieser Unterfall ist dem ökonomischen K a l k ü l am besten zugänglich. Unterfall E3b: Den westlichen Ländern w i r d zwar nicht völlig der Hahn zugedreht — ein Fall, den ich hier aus der Betrachtung ausschließen w i l l —, aber es werden ihnen Daumenschrauben angelegt, um außenpolitische Ziele durchzusetzen (etwa wenn die arabischen M i t glieder der OPEC durch solidarische Erpressung eine Lösung des Palästinenserproblems i n ihrem Sinne erzwingen wollen). Unterfall E3C: Drastische Angebotsverknappung als Neben- oder Folgewirkung einmaliger Ereignisse wie kriegerische Auseinandersetzungen, i n die wichtige ölexportländer verwickelt sind, oder innere Unruhen i n solchen Ländern, die die ölproduktion und/oder den Ölexport weitgehend lahmlegen. Dies ist freilich nicht i m strengen Sinne eine Strategie, sondern eher i m Sinne der Spieltheorie eine Umweltstrategie, also ein mögliches Ereignis, das einkalkuliert werden muß. Ich wiederhole: Die erste Strategie war Ölversorgung zum gegenwärtigen realen Preis, die zweite ein realer Preisanstieg bei langsamer Abnahme der Angebotsmenge und schließlich die drastische Angebotsverknappung. 2. Die Abwägung der Wahrscheinlichkeiten
I m nächsten Schritt ist eine Abwägung der Wahrscheinlichkeiten vorzunehmen. Dabei sind die folgenden grundsätzlichen Erwägungen in Betracht zu ziehen, und hier w i l l ich wieder, obwohl es sicher noch
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wesentlich mehr solcher Erwägungen gibt, nur drei m i r wichtig erscheinende herausgreifen: α) Die ölexportierenden Länder i m ganzen erzielen aus ihren Exporterlösen vorläufig hohe, wenn auch vielleicht abnehmende Leistungsbilanzüberschüsse, die sie — mangels ausreichender rentabler Investitionsmöglichkeiten i n der eigenen Region — i m Ausland anlegen. Betrachtet man Land für Land, so gilt dies freilich nur für die low absorbers. Insbesondere diese Länder haben die realistische Alternative, mehr ö l i m Boden zu lassen und damit ihre Uberschüsse zu verringern. Dam i t können sie das Angebotsverhalten der ganzen Gruppe prägen. Den high absorbers kommt eine stärkere Konservierung der Reserven bei den low absorbers i m Prinzip entgegen, da sich dann die Preise für ö l erhöhen, ohne daß sie selbst i h r Angebot deutlich beschränken müssen. Es steigen also ihre Ölexporterlöse. ß) Die ölländer müssen bei der Bewertung von Risiken und Chancen ihrer Strategien auch die Reaktionen der ölimportierenden Länder m i t ins K a l k ü l ziehen. Sie gehen nämlich ein erhebliches Risiko ein, wenn sie ihr Angebot zu stark beschränken. Denn sie könnten damit trotz der Härten i m Anpassungsprozeß, die sie den hochindustrialisierten Abnehmerländern auferlegen und die sich i n Wachstumsverlusten und Arbeitslosigkeit niederschlagen können, den Prozeß der Energieeinsparung und der Substitution von ö l derart beschleunigen, daß sie nach der Durststrecke, die die ölimportierenden Industrieländer durchzustehen haben, auf erheblichen ölvorräten sitzenbleiben — ich füge aber gleich hinzu: die sie freilich auch dann noch zu einem von der back-stop technology bestimmten Preis, der nicht schlecht zu sein braucht, wie w i r gestern erfahren haben, absetzen können, es sei denn, die Industrieländer würden sich dann sozusagen rächen, floor-Preise einsetzen und den Absatz der neuen Anbieter garantieren. Niemand hat dieses Risiko der ölländer klarer gekennzeichnet als Scheich Yamani. Er sagte i n einem kürzlich i n Damman gehaltenen Vortrag nach der Übersetzung des Petroleum Intelligence Weekly: „ I f we force western countries to invest heavily i n finding alternative sources of energy, they w i l l . This would take no more than seven to ten years and would result i n reducing dependence on oil as a source of energy to a point which w i l l jeopardize Saudi Arabia's interests. Saudi Arabia w i l l then be unable to find markets to sell enough oil to meet its financial requirements. This picture should be well unterstood 3 ."
3 Z i t i e r t nach: The Economist, 11. A p r i l 1981, S. 78.
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γ) Es ist weiterhin zu bedenken, daß das wirtschaftliche Wachstum der ölimportierenden Länder sehr unterschiedlich sein kann, je nachdem, wie flexibel sie sich i m Anpassungsprozeß erweisen, insbesondere inwieweit die Einkommensempfänger, vor allem die Arbeitnehmer, bereit sind, die m i t der Terms-of-trade-Verschlechterung verbundene Minderung ihrer realen Einkommenschancen hinzunehmen. Je mehr dem Rechnung getragen wird, desto höher werden Investitionen und Wachstum, und desto größer w i r d allerdings zunächst die ölnachfrage sein. Das könnte die ölländer veranlassen, ihre Preise stärker zu erhöhen. Bei günstigem Wachstum und hohen Investitionen würden aber auch die Nachfrage nach K a p i t a l und damit dessen Realverzinsung hoch sein. Für die OPEC lohnte es sich dann, mehr ö l anzubieten und die zusätzlichen Überschüsse am Kapitalmarkt anzulegen, und zwar soviel, bis die erwartete jährliche reale Preissteigerungsrate für ö l der realen Verzinsung des angelegten Kapitals entspricht. (Eine rigorose Analyse nach der Theorie der erschöpfbaren Ressourcen würde, w e i l eine ganze Reihe von Bedingungen variiert werden müßte, eine beachtliche Kasuistik ergeben, die aber bei diesen grundsätzlichen Überlegungen meines Erachtens nicht wesentlich weiterhelfen würde. Ich schließe mich da Herrn Schneider an, der gestern gesagt hat: Dies ist einfach nicht prognostizierbar.) Ist hingegen die Anpassungsflexibilität der ölimportierenden Industrieländer gering und finden verschärfte interne Verteilungskämpfe statt, die dazu führen, daß relativ wenig investiert w i r d und das Produktionspotential nur wenig wächst, dann w i r d die ölnachfrage geringer sein. Dem deshalb zu erwartenden Preisdruck steht aber entgegen, daß sich die ö l l ä n d e r infolge der zu erwartenden relativ geringen realen Kapitalverzinsung veranlaßt sehen könnten, mehr ö l i m Boden zu lassen und damit Preissprünge zu provozieren. Berücksichtigt man alle drei Überlegungen, so muß man erkennen, daß ein den Realitäten Rechnung tragendes preistheoretisches Modell w o h l sehr schwer zu konstruieren sein dürfte — trotz der schon sehr weit reichenden Überlegungen, die Hotelling und seine Nachfolger über die Preisbildung bei erschöpfbaren Ressourcen angestellt haben 4 . Auch wenn man das Modell hätte, wäre es wegen der zahlreichen, insbesondere der m i t der Subjektivität von Erwartungen zusammenhängenden Unsicherheiten, w o h l nur von geringem prognostischen Wert. 4 Vgl. H. Hotelling: The Economics of Exhaustible Resources, in: The J o u r n a l of Political Economy, Bd. 39 (1931), S. 137 ff. Einen Überblick über die Weiterentwicklung der Theorie der erschöpfbaren Ressourcen geben u. a. R. M . Solow: Richard T. E l y Lecture: The Economics of Resources or the Resources of Economics, in: American Economic Review, Bd. 64 (1974), Nr. 2,
S. 1 ff. und F. M. Peterson , A. C. Fischer: The Exploitation of Extractive
Resources
— A Survey, i n : The Economic Journal, Bd. 87 (1977), S. 681 ff.
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Gleichwohl helfen die bisherigen Überlegungen bei der Abwägung der Wahrscheinlichkeiten für die genannten Strategien der OPEC etwas weiter: Unwahrscheinlich ist die Wahl der ersten Strategie (Ei) — also Ölversorgung zu dem existierenden realen Preis —, jedenfalls i m Falle eines zufriedenstellenden bis kräftigen Wachstums der ölimportierenden Industrieländer. Es bestünde kein Grund für die ölländer, auf reale Preissteigerungen gemäß der Realverzinsung des Kapitals zu verzichten, es sei denn, die ölländer müßten damit rechnen, daß die Industrieländer wesentlich rascher vom OPEC-Öl unabhängig werden, als sich die Ressourcen erschöpfen. Bei schwachem Wachstum oder gar Stagnation wäre nur dann nicht m i t einer realen Preissteigerung zu rechnen, wenn sich bei den OPEC-Ländern trotz der niedrigen realen Kapitalverzinsung eine Verknappung des ölangebots nicht durchsetzen ließe. Aber dieses halte ich wiederum auch für relativ unwahrscheinlich. Die dritte Strategie der drastischen Angebotsverknappung auf Grund eines ökonomischen Kalküls der OPEC (E3a) ist ebenfalls unwahrscheinlich, weil das Risiko, daß die ölimportierenden Länder trotz der damit verbundenen Härten alle Anstrengungen unternehmen, vom ö l i m p o r t unabhängig zu werden, und dabei Erfolg haben, sehr groß ist. Nicht ökonomisch bedingte drastische Angebotsbeschränkungen (E.% und Esc) können — das lehrt die Erfahrung — nicht ausgeschlossen werden. Uber die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts läßt sich jedoch kaum etwas sagen. Soweit i n der OPEC ökonomische Erwägungen dominieren — was ich vermute —, dürfte die zweite Strategie einer allmählichen Verringerung des ölangebots bei anhaltender, aber gemäßigter ölpreissteigerung — real — die größte Wahrscheinlichkeit haben (E2a). Wenn Investitionen und Wachstum i n den ölimportierenden Industrieländern kräftig ausfallen, liegt die wahrscheinlichste Strategie irgendwo zwischen den beiden Unterfällen E2C und E2b, also Verschärfung des ö l preisanstiegs, u m das Angebot nicht länger vergrößern zu müssen und ungefähre Beibehaltung der Preisformel, die die OPEC selber aufgestellt hat, bei vorübergehender Vergrößerung des Angebots. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß der Unterfall E2b, also die Beibehaltung der Preisanpassungsformel, auch bei vorübergehender Ausweitung des ölangebots um so wahrscheinlicher ist, je mehr damit gerechnet werden muß, daß der Prozeß des Unabhängig-Werdens vom OPEC-Öl sich beschleunigt, und je mehr zu befürchten ist, daß eine Verschärfung des Preisanstiegs für ö l bei entsprechend stärkerer Angebotsverknappung das Wachstum i n den Industrieländern wieder zunichte machen würde.
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Schwer ist jedoch i n allen Unterfällen der zweiten Strategie abzuschätzen, ob sich die Preissteigerungen kontinuierlich vollziehen werden oder ob sie i n Schüben auftreten. Z u befürchten ist letzteres, wenn es nicht gelingt, die Ertragserwartungen der OPEC-Länder für die A n lage ihrer Überschüsse zu stabilisieren. Die rein konjunkturellen Schwankungen spielen hierfür meines Erachtens eine geringere Rolle, als etwa Herr Giersch gestern meinte. Von stärkerer Bedeutimg ist meines Erachtens — aber das mag man auch K o n j u n k t u r nennen — der i n letzter Zeit zu beobachtende Wechsel zwischen Perioden steigender Inflation und solchen drastischer Inflationsbekämpfung m i t zweifelhaftem Erfolg. Dieses dürfte deshalb für die ölpreissprünge von größerer Bedeutung sein, w e i l das stärker m i t einem „Wechselbad" der langfristigen Ertragserwartungen zu t u n hat, während ein normaler Konjunkturverlauf auf die langfristigen Ertragserwartungen nicht so stark durchschlägt. I I I . D i e P o l i t i k der ölimportierenden Industrieländer 1. Direkte und indirekte Maßnahmen zur Verringerung des Versorgungsrisikos
Die ölimportländer haben größtes Interesse daran, daß die ölexportländer eine Politik der allmählichen Verringerung des ölangebots bei gemäßigter und kontinuierlich verlaufender Erhöhung des realen ö l preises betreiben. Sie müssen jedoch damit rechnen, daß sich die ö l preissteigerungen i n Schüben vollziehen, auch wenn sie i m Trend eine nur mäßige Preissteigerungsrate aufweisen. Diese Gefahr mögen sie sich insoweit selbst zuzuschreiben haben, als es ihnen nicht gelingt, die Renditeerwartungen der Überschüsse erzielenden OPEC-Länder zu stabilisieren, indem sie stop and go infolge immer wieder auftretender Verteilungskämpfe mit der Konsequenz von Inflation und Arbeitslosigkeit vermeiden. Doch dies haben die wirtschaftspolitischen Instanzen, wie w i r wissen, i n vielen Ländern nicht mehr voll i n der Hand. Schubweise Erhöhungen des realen ölpreises erschweren noch zusätzlich diese Aufgabe. Eine kontinuierliche Entwicklung des ölpreises wäre also auch von daher für die ölimportländer sehr erstrebenswert. Zudem können die ölimportierenden Länder die Gefahr nicht ausschließen, daß die ölexportierenden Länder ihre Einschätzung der Lage ändern und i h r Angebot stärker drosseln, so daß die realen ölpreise steiler ansteigen. Wie schon gesagt, ist auch der Fall drastischer Angebotsverknappung für die Zukunft nicht auszuschließen. Es muß deshalb das Bestreben der Wirtschaftspolitik i n den ölimportierenden Ländern sein, mehr Sicherheit ihrer Versorgung m i t ö l zu erlangen und/oder die Phase der Unsicherheit über ihre zukünftige
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Energieversorgung zu verkürzen. Dabei sind freilich Kosten und Nutzen solcher Anstrengungen gegeneinander abzuwägen. Das Risiko einer zu geringen Energieversorgung kann auf sehr unterschiedliche Weise vermindert werden, nämlich durch zwei ganz verschiedene Komplexe von Maßnahmen. Es handelt sich dabei 1. um Maßnahmen, die indirekt das Angebot von ö l zu stabilisieren geeignet sind; dazu zählen a) eine angebotsorientierte, stetiges Wachstum fördernde, tionsbeschleunigung vermeidende Wirtschaftspolitik,
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b) Maßnahmen, durch die den ölexportierenden Uberschußländern attraktive Anlagemöglichkeiten für ihre Überschüsse geboten werden, 2. um Maßnahmen, die direkt die Abhängigkeit vom ö l i m p o r t über dasjenige Maß hinaus vermindern sollen, das allein schon durch den Anstieg des Angebotspreises für ö l und dessen Durchwirken auf alle Energiepreie erreicht wird; dazu zählen a) der Aufbau umfangreicher ölvorräte — Stichwort Krisenmechanismus —, b) eine Steigerung der Energieproduktion aus eigenen Ressourcen und die Beteiligung an entsprechenden ausländischen Projekten, c) das Einsparen von Energie, insbesondere von ö l , und d) die Substitution von ö l durch andere Energiequellen. Die i m ersten Komplex genannten Maßnahmen — eine auf Preisstabilität, Vollbeschäftigung und stetiges Wachstum gerichtete Wirtschaftspolitik sowie das Angebot attraktiver Anlagemöglichkeiten für die OPEC-Überschüsse — stehen i m Einklang mit den Interessen der ölexportierenden Länder oder kommen ihnen sogar entgegen. Sie bieten also keinerlei Konfliktpotential. Je gesünder die Volkswirtschaften der Abnehmerländer sind, desto stetiger verläuft die Entwicklung der Nachfrage nach ö l und desto attraktiver ist es, dort Kapital anzulegen. Und. werden zusätzlich noch Maßnahmen ergriffen, die Kapitalanlagen für OPEC-Gelder sicherer, rentabler und damit attraktiver machen, verbessert das die Optionen der ölexportierenden Uberschußländer. Für die ölimportierenden Industrieländer besteht der Gewinn darin, daß die Maßnahmen solche Strategien der ölexportierenden Länder weniger wahrscheinlich machen, die vorübergehend oder dauerhaft auf verstärktes Zurückhalten von ö l i m Boden setzen. Bei dem zweiten Komplex von Maßnahmen — also insbesondere Energieeinsparung, Förderung der Energieproduktion außerhalb der OPEC und Substitution von ö l — ist es anders, jedenfalls soweit m i t
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ihnen nicht nur beabsichtigt ist, ein administrativ verhindertes Durchw i r k e n der erhöhten Ölpreise auf andere Weise zu ersetzen. Bei den hier angestellten Betrachtungen soll es nur um Maßnahmen gehen, die zusätzlich, also über die ja von der OPEC quasi schon einkalkulierte Wirkung der Ölpreiserhöhung hinaus, das Unabhängig-Werden vom OPEC-Öl beschleunigen. (Diese Unterscheidung ist insofern wichtig, w e i l hier nicht auf die Diskussion Ölpreiserhöhung versus administrative Maßnahmen eingegangen werden soll). Für die ölimportierenden Länder handelt es sich also gewissermaßen um eine Versicherung gegen die Auswirkungen ungünstiger OPEC-Strategien, für die eine Prämie i n Form der volkswirtschaftlichen Kosten dieser Maßnahmen gezahlt wird. Je nach A r t und Ausmaß der Versicherungsstrategien können diese von den ölexportierenden Ländern als mehr oder weniger aggressive Strategien zur Durchkreuzung ihrer eigenen Strategien betrachtet werden. Das könnte die Wahl der Strategien der OPEC-Länder auf eine für die ölimportländer ungünstige Weise beeinflussen. Dies ist bei der Erörterung der Versicherungsstrategien m i t ins K a l k ü l zu ziehen; aus der Sicht der OPEC-Länder könnten die Versicherungsstrategien durchaus als Konfliktstrategien aufgefaßt werden. Alle genannten Maßnahmen können individuell von jedem einzelnen Land oder von mehreren oder allen Ländern gemeinsam, etwa i m Rahmen der Internationalen Energieagentur (IEA) verfolgt werden, und zwar als vom Verhalten der ölexportländer unabhängige Strategien oder gar als Konfliktstrategien oder auch i n informeller oder sogar in vertraglich geregelter Kooperation m i t den ölexportländern. 2. Individuelle Strategien des „Rette sich, wer kann"
Individuelle Strategien einzelner Länder, die nicht parallel auch von anderen Ländern ergriffen werden, bewirken nicht viel beim Angebot der ölexporteure, sind kostspielig und zum Teil für die Gesamtheit der ölimportierenden Länder sogar schädlich. A m deutlichsten w i r d dies bei der Strategie einzelner Länder, sich vertraglich die kontinuierliche Lieferung größerer ölmengen zu sichern. Als Gegenleistung können günstige Anlagemöglichkeiten für die Überschüsse der öllieferanten, die Übertragimg von know how oder die Lieferung bestimmter Produkte, ζ. B. Waffen, angeboten werden. Solche Kontrakte bestehen bereits, und die Bereitschaft mancher OPECLänder, weitere „Government to Government "-Kontrakte abzuschließen, scheint nicht gering. Es besteht die Gefahr, daß ein Wettlauf der Industrieländer nach dem Motto „rette sich, wer kann" einsetzt. Abgesehen davon, daß die ölländer i n diesem Fall die einzelnen ölabnehmer gegeneinander ausspielen können, so daß die Versicherungsprämie
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für manche Länder recht hoch werden kann, w i r d durch die Häufung solcher Kontrakte die Flexibilität des ölmarktes zerstört; einzelne A b nehmerländer werden von einzelnen Lieferländern abhängig und dadurch politisch leichter erpreßbar. Zudem beschränkt diese Strategie den Wettbewerb beim Export i n die OPEC-Länder. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn die Industrieländer sich gegenseitig verpflichteten, nicht durch zu umfangreiche und zu langfristige bilaterale Abkommen den ohnehin gestörten Marktmechanismus vollends zum Erliegen zu bringen und sich damit i m Grunde noch stärker i n die Abhängigkeit von der OPEC zu begeben. 3. Parallele oder abgestimmte Strategien der OPEC-Länder
Bessere Aussichten auf Erfolg haben die dargestellten Strategien, wenn sie von allen oder von den meisten ölimportierenden Industrieländern — m i t oder ohne formale Abstimmung oder vertragliche Bindung untereinander — verfolgt werden. a) Strategien
mit gleichgerichteten
Interessen
Nicht unterschätzt werden darf die Bedeutung einer gesunden W i r t schaftspolitik für die Verstetigung der ölpreisentwicklung. Es versteht sich von selbst, daß ihre Wirksamkeit um so größer ist, je mehr Industrieländer eine auf Stabilität und Wachstum gerichtete Politik erfolgreich betreiben, zum einen wegen der Verstetigung der ölnachfrage, mehr vielleicht noch wegen der damit verbundenen Verstetigung guter langfristiger Ertragschancen für die Anlage von OPEC-Überschüssen. Ergänzend dazu sind alle Maßnahmen zu sehen, die den ölländern attraktivere Anlagemöglichkeiten eröffnen. Zwar kann diese Strategie auch von den einzelnen Ländern betrieben werden, jedoch werden dam i t dann nur die Präferenzen der ölländer für die Anlage von Überschüssen verändert. E i n verstetigender Einfluß auf das ölangebot ist nur zu erwarten, wenn diese Strategie von einer größeren Anzahl von ölimportierenden Ländern verfolgt wird. Z u den Maßnahmen i m Rahmen dieser Strategie zählen solche, die den OPEC-Ländern den Erwerb von A k t i v a aller A r t — also etwa A k t i e n und sonstige Beteiligungen an Unternehmen oder Grundstücke — erleichtern, indem administrative und steuerliche Hürden beseitigt und eventuell sogar steuerliche Anreize gegeben werden. Wichtig i n diesem Zusammenhang sind auch Garantien gegen Enteignung, gegen das Sperren von Konten, gegen Beschränkungen des Wiederverkaufs und der Verwendimg der E r löse hieraus.
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U m eine Verfälschung des Wettbewerbs um die Überschüsse und ein gegenseitiges Aufschaukeln der Konditionen zu vermeiden, wäre eine gewisse Harmonisierung dieser Maßnahmen, etwa i m Bereich der OECD, von erheblichem Vorteil. So wünschenswert es auch ist, das Interesse der Überschußländer der OPEC am Funktionieren der ölimportierenden Volkswirtschaften durch risikotragende Beteiligung an den Investitionen zu erhöhen, darf doch nicht übersehen werden, daß es nicht leicht ist, die bisher deutlich offenbarte Risikoscheu dieser Länder zu überwinden. Zusätzlich sollte deshalb ernsthaft erwogen werden, den Uberschußländern realwertgesicherte Wertpapiere anzubieten. Dies kann durchaus — w i r haben gestern davon gesprochen — von Privaten gemacht werden, auch i n Konkurrenz. Es wäre dazu nur nötig, daß man die Bestimmungen über Indexierung i n diesem Bereich aufhöbe 5 . Insbesondere wenn dam i t aber auch noch eine garantierte positive Realverzinsung der Papiere verbunden sein soll, die der M a r k t von sich aus nicht ohne weiteres hergibt, die aber trotzdem nötig erscheint, um der Strategie der ölländer, mehr ö l i m Boden zu lassen, vorzubeugen, wäre es vorzuziehen, solche Anleihen gemeinschaftlich aufzulegen und das Risiko der Verluste bei der Wiederanlage der aufgenommenen M i t t e l gemeinsam zu tragen. b) Konfliktstrategien Eine schwer einzuordnende Sonderstellung unter den Strategien der ölimportierenden Länder nimmt die ölbevorratung i n Verbindung m i t anderen Maßnahmen der Krisenbekämpfung ein. Diese Maßnahmen sollen insbesondere bei vorübergehend auftretenden Krisen i n der Ölversorgung wirksam werden; sie können aber auch bei länger andauernden Notfällen hilfreich sein, wenn ein wichtigerer Anbieter oder mehrere kleinere Anbieter, deren Angebot nicht von den übrigen ö l ländern ersetzt w i r d oder ersetzt werden kann, etwa wegen Zerstörung ihrer Anlagen oder aus politischen Gründen ganz oder teilweise ausfallen. Es liegt auf der Hand, daß ein gemeinsamer Krisenmechanismus wie derjenige der I E A gegenüber ausschließlich individueller Vorsorge wirksamer sein kann. Was die konkrete Ausgestaltung des Krisenmechanismus der I E A anbelangt, i n den das Nicht-Mitgliedsland Frankreich durch Abstimmung m i t den Europäischen Gemeinschaften (EG) einbezogen ist, herrschen allerdings Zweifel über dessen Funktionsfähigkeit. Sowohl die Ausgangslage als auch das Ausmaß der Betrof5 Vgl. dazu die entsprechende Empfehlung i m Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium f ü r Wirtschaft über die „ I n d e x i e rung wirtschaftlich relevanter Größen" aus dem Jahre 1975, veröffentlicht als Nr. 9 der Studien-Reihe des B M W i .
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fenheit von einer Krise dürfte von Land zu Land recht unterschiedlich sein, so daß die Durchsetzbarkeit der vorgesehenen Maßnahmen mangels ausreichender Sanktionsmöglichkeiten vom guten Willen und der Opferbereitschaft der bessergestellten und/oder weniger betroffenen Länder i m konkreten Fall abhängig ist. Die Krisenvorsorge, auch wenn sie vollkommener und zuverlässiger wäre, kann naturgemäß langfristige OPEC-Strategien nicht durchkreuzen. Da zudem auch die Interessenlage der OPEC-Mitglieder unterschiedlich ist und man sich leicht Fälle vorstellen kann, i n denen die Mehrheit das Vorhandensein eines solchen Krisenmechanismus durchaus hilfreich findet, kann diese Strategie nicht ohne weiteres unter der Rubrik Konfliktstrategien verbucht werden, auch wenn es sich eindeutig um eine Versicherungsstrategie der Industrieländer handelt. Auch die längerfristigen Strategien zur Verminderung der Abhängigkeit vom OPEC-Öl, die über das hinausgehen, was allein durch die als am meisten wahrscheinlich geltende OPEC-Preis- und -Mengenstrategie über den M a r k t und/oder durch administrative Ersatzmaßnahmen bewirkt wird, werden von den Ölförderländern, wie Herr Engelmann i n seinem Referat betont hat, nicht von vornherein und i n jedem Fall als Gegenstrategien gewertet; zum Teil werden sie von diesen sogar begrüßt. Daß es hier aber eine nicht sehr weit hinausgeschobene Grenze gibt, von der ab diese Strategien von den OPEC-Ländern als Versuch zur Durchkreuzung ihrer eigenen Strategien angesehen werden müssen, w i r d wohl am ehesten deutlich, wenn man die vom Sachverständigenrat bevorzugte Strategie betrachtet, die gleichzeitig ein vermehrtes Einsparen von Energie, insbesondere von ö l , und eine verstärkte Substitution von ö l hervorbringen soll, nämlich die zusätzliche steuerliche Verteuerung des Öls. Bei dieser Strategie, jedenfalls wenn sie von allen oder den meisten ölimportierenden Ländern gleichzeitig angewendet wird, ist es offensichtlich, daß i m Falle des Erfolges die OPEC-Länder geschädigt werden. Zwar ist dem Sachverständigenrat zuzustimmen, daß es unbestimmt ist, wie sich die Renten aus dem Verkauf der knappen Ressource ö l i n solch einem Falle schließlich auf die beiden Ländergruppen aufteilen werden; es ist jedoch nicht mehr unwahrscheinlich, daß die OPEC m i t Kampfstrategien reagiert, also das Angebot zusätzlich verknappt, so daß i m Endeffekt möglicherweise beide Seiten erheblichen Schaden nehmen, auch wenn das von keiner Seite beabsichtigt war. Diese Gefahr könnte eventuell gemildert werden, wenn die ölimportierenden Länder gleichzeitig den OPEC-Ländern attraktive Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital anböten — insbesondere Wertpapiere mit garan-
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tiertem Realzins —, um es den ölländern leichter zu machen, auf das stärkere Zurückhalten von ö l i m Boden zu verzichten. Jedenfalls wäre es äußerst riskant, auf das Gelingen einer Strategie der zusätzlichen steuerlichen Verteuerung des Öls zu setzen, selbst wenn diese von Maßnahmen flankiert wird, die den ölländern bessere Anlagemöglichkeiten bieten. I m Prinzip — ich betone: i m Prinzip — verhält es sich genauso wie i m Falle der steuerlichen ölverteuerung m i t Maßnahmen administrativer A r t zur Erhöhimg des Energieangebots — seien es nun Subventionen für die Forschung, Entwicklung und Erschließung neuer Energiequellen oder zur Verbesserung des Ausnutzungsgrades von Energiequellen, seien es Subventionen oder steuerliche Begünstigungen von Investitionen zur Erweiterung des herkömmlichen Energieangebots —, und natürlich auch m i t administrativen Maßnahmen zur Senkung der Energienachfrage, also Maßnahmen zur Förderung des Einsparens und zur Substitution von ö l durch andere Energieträger; denn auch durch diese Maßnahmen w i r d die Position der OPEC-Länder geschwächt. Diese A r t Maßnahmen sind zwar weniger durchsichtig und auch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit stärker umstritten. A u f das Pro und Contra direkter und indirekter Eingriffe zur Verminderung der Abhängigkeit vom OPEC-Öl sei hier jedoch nicht näher eingegangen. Ich verweise etwa auf die Diskussion i m Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats von 1979 „Wirtschaftspolitische Folgerungen aus der ölverknappung" 6 sowie auf das 1979er Gutachten des Sachverständigenrates 7 . I m vorliegenden Zusammenhang geht es nur darum, daß bei Forcierung dieser Strategien ebenso wie i m Falle der weiteren steuerlichen Verteuerung des Öls eine Grenze existiert, von der ab Gegenzüge der Ölanbieter wahrscheinlich werden. Tatsache ist, daß alle ölimportierenden Industrieländer teils steuerliche Verteuerungsmaßnahmen, teils direkte administrative Regelungen zur Erhöhung des Energieangebots und zur Dämpfung der Energienachfrage ergriffen haben, und ferner, daß i m Rahmen der I E A und der EG Maßnahmenkataloge zu diesem Zweck, einschließlich einer Langfriststrategie zur Energieforschung, beschlossen wurden. Ob und inwieweit dies alles schon die Angebotsstrategie der OPEC beeinflußt hat oder vielleicht, nachdem man jetzt sieht, daß manches davon sehr wirksam geworden ist, beeinflussen wird, vermag ich nicht zu sagen. I m ganzen scheint es jedoch so, daß das, was bisher getan und beschlossen wurde, von den OPEC-Ländern toleriert wird. β BMWi-Studien-Reihe 27. 7 Jahresgutachten 1979/80 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Bundestagsdrucksache 8/3420 v. 22.11. 79, Ziffer 403 ff.
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I V . Folgerungen aus den strategischen Optionen beider Seiten 1. Hoffnung auf Fortbestand des labilen Gleichgewichts
Gegenwärtig herrscht ein labiles Gleichgewicht, das möglicherweise i m großen und ganzen, wenn auch m i t kaum vermeidbaren Störungen, für die besonders kritische mittlere Frist der nächsten ein bis zwei Jahrzehnte bestehenbleiben kann. Eine hohe Wahrscheinlichkeit würde ich angesichts der geschilderten Umstände dem Fortbestehen dieses labilen Gleichgewichts für einen so langen Zeitraum nicht beimessen, selbst wenn man politisch, religiös oder kriegerisch bedingte Angebotsausfälle außer Betracht läßt. Die Risiken, daß sich bei fortbestehender Unsicherheit die Einschätzung der Lage und die Aussichten für die Zukunft ändern und dies zu einem Wechsel der Strategie auf der einen und/oder der anderen Seite führt, scheinen m i r außerordentlich hoch zu sein. Damit nun keine Pannen passieren und damit nicht das labile Gleichgewicht i n einen echten Konflikt umschlägt, ist es ratsam, bevor zusätzliche versicherungstechnische Maßnahmen ergriffen werden, zu ergründen, ob diese Maßnahmen von der OPEC akzeptiert oder zumindest toleriert werden. Umgekehrt hat auch die OPEC durchaus Grund, bevor sie die realen ölpreise erneut deutlich anhebt, wohl zu überlegen, ob sie damit die Abnehmerländer nicht dazu provoziert, verstärkte A n strengungen zu unternehmen, durch die sie rascher vom OPEC-Öl unabhängig werden können, als es den ölländern lieb ist. N u r wenn beide Seiten ihre Position nicht überziehen, kann i m Ergebnis ein labiles Gleichgewicht erhalten bleiben, das beiden Seiten erträglich erscheint. U m die Risiken aber einzuschränken, d.h. u m das labile Gleichgewicht etwas weniger anfällig gegen Störungen zu machen, kann manches getan werden. Wie schon näher ausgeführt, würden, abgesehen von der glaubwürdigen Stabilitäts- und Wachstumspolitik, vor allem Maßnahmen, die die Anlagemöglichkeiten der ölländer aus deren Sicht verbessern, dabei hilfreich sein. A u f die unter der Uberschrift „Konfliktstrategien" genannten Maßnahmen können die ölimportierenden Länder freilich nicht ganz verzichten, da diese aus ihrer Sicht ja keine Konfliktstrategien, sondern i n erster L i n i e Versicherungsstrategien sind, auch wenn sie selbst die Versicherung gern beschränken würden, da die m i t diesen Strategien verbundenen Kosten mit der Höhe des Versicherungsschutzes, also m i t dem angestrebten Tempo, i n dem die Abhängigkeit vom OPEC-Öl abnehmen soll, erheblich steigen. Die bisherigen Erfolge bei der Einsparung von Energie und auch schon bei der Substitution lassen manchen Politiker hoffen, daß es zu
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neuen ölpreisschüben größeren Stils nicht mehr kommen wird, zumal bei den ersten Schüben jeweils ja auch äußere Anlässe bestanden. Dies könnte sich aber angesichts der Hürden, die ins Gewicht fallenden Substitutionsprozessen i m Wege stehen, und angesichts der Unsicherheit über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung i n den bedeutenden ölimportländern, m i t der die heimische Wirtschaftspolitik auch unabhängig von der Ölpreisentwicklung nicht fertig zu werden scheint, als Illusion erweisen. 2. Schaffung attraktiver Anlagemoglichkeiten für die OPEC-Überschüsse
Vorläufig scheint man sich i n den Ländern der OECD jedenfalls nicht des einzigen einseitigen strategischen Mittels, das zur Stabilisierung des OPEC-Angebots beitragen könnte, bedienen zu wollen, nämlich der Schaffung attraktiver, der Risikoscheu und der hohen Liquiditätspräferenz der Uberschußländer Rechnung tragender Anlagemöglichkeiten für Kapital. Es gibt allerdings eine Reihe von Plänen, der OPEC sichere Anlagemöglichkeiten zu bieten — von der schwachen Form von Wertpapieren, die zur Milderimg des Wechselkursrisikos i n Sonderziehungsrechten oder i n ECU denominiert sind, bis zu der schon genannten starken Form von Anleihen m i t Realwertgarantie und darüber hinaus m i t einem garantierten positiven Realzins, von der auch die OPEC-Länder meinen müßten, daß sie eine bessere Alternative zur riskanten Strategie, mehr ö l i m Boden zu lassen, darstellen. Die Risikoprämie wäre nicht hoch, wenn die angebotene Realverzinsung etwa dem neuen ö l preisanstieg entspräche, den man auch unter günstigen Voraussetzungen zu erwarten hätte. Angesichts der Kapitalknappheit, die i n der Welt vermutlich bestünde, wenn es der Wirtschaftspolitik i n vielen Ländern der Welt gelänge, wieder ein günstiges K l i m a für die ungeheuren Investitionen zu schaffen, die der strukturelle Anpassungsprozeß erfordert, würde das Risiko vermutlich sogar durch die Chance mehr als ausgeglichen, die darin bestünde, das über Anleihen m i t garantierter Realverzinsung hereingeholte OPEC-Geld m i t einer höheren Realverzinsung — bei Übernahme des Anlagerisikos, das bei entsprechender Streuung allerdings nicht hoch sein muß — wieder anzulegen. Anders ausgedrückt: Die Ursache des Verlustrisikos, das m i t dem Angebot indextierter Anleihen verbunden wäre, liegt eigentlich i n der Unsicherheit über den Erfolg der Wirtschaftspolitik, wieder dauerhaft günstige Bedingungen für Investitionen und Wachstum zu schaffen. Wären diese gegeben, würde es sich bei den indexierten Anleihen nur u m das Angebot handeln, risikoscheuen Anlegern das Risiko gegen eine entsprechende Prämie abzunehmen, damit diese davon abgehalten
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werden, die sonst von ihnen möglicherweise als weniger riskant angesehene Alternative zu wählen, mehr ö l i m Boden zu lassen. (Bei dauerhaft günstigem Investitionsklima brauchten Papiere m i t garantierter Realverzinsung nicht von den Regierungen angeboten zu werden. Dies würden durchaus auch private Kapitalanbieter tun, wenn die dem entgegenstehenden rechtlichen Hürden beseitigt wären.) 3. Vertragliche Lösungen zu beiderseitigem Vorteil
Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge besteht, wie gesagt, wenig Aussicht, daß solche Anleihen gemeinsam von den OECD- oder EGLändern aufgelegt werden. Noch weniger Aussicht auf Verwirklichung scheinen Vorschläge zu haben, die eine vertragliche Vereinbarung vorsehen, bei der die OPEC den OECD-Ländern eine größere Sicherheit i n der Ölversorgung i m Austausch gegen eine größere Sicherheit bei der Anlage ihrer Überschüsse bieten müßte. A n sich ist die Situation für eine solche Kontraktlösung oder auch kooperative Strategie prädestiniert, etwa i n der Form, die der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Roth m i t m i r gemeinsam vorgeschlagen hat 8 . Beide Seiten könnten, wenn sie einen solchen Vertrag abschlössen, i h r Risiko vermindern. Die ölimportländer tragen das Risiko, daß die OPEC-Länder i h r Angebot drastisch beschränken und damit den ö l preis i n die Höhe treiben. Die OPEC-Länder laufen das Risiko, für ihre Kapitalanlagen weniger zu bekommen, als wenn sie das ö l i m Boden ließen. Beide Seiten — das ist notwendige Bedingung für eine solche Strategie — müßten versuchen, sich darauf zu einigen, welchen realen jährlichen Preisanstieg für ö l sie für realistisch halten, wenn das mengenmäßige Angebot der OPEC nicht unter die Liefermenge von 1979 sinken oder wenn es vielleicht sogar langsam aber regelmäßig abnehmen würde. Die dann zu treffende Vereinbarung wäre relativ simpel: Die OPECLänder verpflichten sich, zu den über die vereinbarte Berechnungsformel ermittelten Preisen zu liefern, wenn die zu diesem Preis nachgefragte Menge die vereinbarte Menge nicht übersteigt. Ist die Nachfrage größer, kann ein höherer Preis verlangt werden, der die Nachfrage auf die vereinbarte Menge beschränkt. Ist die Nachfrage niedriger, können die ölländer entweder eine niedrigere Menge liefern, die zu dem vorberechneten Preis paßt, oder auch die vereinbarte Menge zu einem niedrigeren Preis liefern. Der Vorteil für die Abnehmerländer bestünde darin, daß ihnen eine kontinuierliche Belieferung m i t ö l garantiert wird. β A. Gutowski, W. Roth, a.a.O. 13 Konjunkturpolitik, Beiheft 28
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Von einer Indexierung des ölpreises — das möchte ich hier noch einmal ganz deutlich sagen — kann überhaupt keine Rede sein. Es w i r d nur ein fiktiver Preispfad als Richtschnur vorgegeben, damit die Menge nicht w i l l k ü r l i c h beschränkt werden kann. Aber der Preis ist bei entsprechenden Nachfragebedingungen sowohl nach oben wie nach unten flexibel. Die ölimportierenden Industrieländer bieten den OPEC-Ländern dafür Anleihen an, für die ein Realzins garantiert wird, der dem als realistisch angenommenen (nicht notwendigerweise auch verwirklichten) jährlichen realen Anstieg der Ölpreise entspricht. Hier — also nur bei den Anleihen — handelt es sich freilich um eine echte Indexierung. Der Vorteil für die OPEC besteht darin, daß sie ihre überschüssigen Einnahmen m i t einer Realverzinsung anlegen können, die der von ihnen erwarteten Rendite ihres Aktivums „ ö l i m Boden" entspricht. Damit die high absorbers nicht zu kurz kommen, könnte ihnen angeboten werden, i h r ö l per Termin zu dem für den jeweiligen Zeitpunkt der Lieferung vorberechneten, fiktiven Preis zu verkaufen. Es muß bei dieser Vertragslösung natürlich auch — ein vielleicht nur stillschweigendes — Einverständnis darüber bestehen, daß das Niveau der Maßnahmen, die die Importländer ergreifen, u m rascher vom OPEC-Öl unabhängig zu werden, nicht über Gebühr erhöht wird. V. Keine Prognosen Nun, vielleicht bedarf es weiterer ölpreisschübe und der i n ihrem Gefolge zu erwartenden Störungen der Weltwirtschaft, bis es zu einer solchen oder ähnlichen Vereinbarung kommt. Vielleicht läßt sich das labile Gleichgewicht auch ohne solche Vereinbarungen aufrechterhalten, ohne daß es zu erheblichen Störungen kommt. Vielleicht werden w i r uns daran gewöhnen, daß vorläufig, bis die Einsparungen von Energie und die Substitution von ö l weit genug gediehen sind, erhebliche Störungen der Weltwirtschaft i n Kauf genommen werden müssen, unter Umständen m i t Perioden von Kampfstrategien, die zum Schaden beider Seiten die Weltwirtschaft stark beeinträchtigen. Da es sich um Entscheidungen relativ weniger Akteure unter Unsicherheit handelt, kann ich die Wahl der Strategien und das Ergebnis für die kritische mittlere Frist nicht voraussagen. Worauf es m i r hier ankam, war der Versuch, die Struktur des Entscheidungsproblems klarzumachen. Die schwierige Frage, wie den nicht ölexportierenden, aber vom ö l preisanstieg besonders betroffenen Entwicklungsländern zusätzlich geholfen werden könnte, habe ich ausgeklammert, w e i l man sich nicht zuviele Themen gleichzeitig vornehmen sollte.
Zusammenfassung der Diskussion Referate Engelmann und Gutowski Zunächst werden an Engelmann eine Reihe von Fragen gerichtet: Zwar habe der Referent Noten für die einzelnen Bereiche der Energiepolitik verteilt, beginnt Oppenländer; offen seien aber die Kriterien für die Erfolgskontrolle geblieben. Auch habe Engelmann keine Gesamtnote verteilt; bedeute dies, daß er die Angebotsseite nicht i n toto, sondern nur i n Form der einzelnen Energieträger sehe? Hinsichtlich der Kernenergie stelle sich das Problem, daß hier möglicherweise bereits irreparable Schäden eingetreten seien. Könnte es nicht sein, daß aufgrund relativ hoher Strompreise die deutsche Industrie künftig nach Frankreich auswandern werde? Einen Widerspruch i n der Argumentation der Elektrizitätswirtschaft sieht Heinemann: A u f der einen Seite nähmen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen trotz Aufforderung der Bundesregierung nicht den Bau bereits genehmigter Kohlekraftwerke i n Angriff. Begründung: Man könne von ihnen nicht den Aufbau von Überkapazitäten verlangen. Andererseits verlange man den Ausbau der Kernenergie. Wie vereinbare sich dies m i t der energiepolitischen Grundlinie der Bundesregierung „Vorrang für Kohle"? Hinsichtlich des möglichen Verlustes an internationaler Wettbewerbsfähigkeit aufgrund eines zu langsamen Kernenergieausbaus gibt Scharrer zu bedenken, daß dies keine singuläre Erscheinung i n der Bundesrepublik sei. Lediglich Frankreich sei hier die Ausnahme. Frankreich produziere aber 50 v H des Stromes auf Ölbasis. Insofern dürften sich kaum Veränderungen i n den internationalen Strompreisrelationen ergeben. Auch dürfe man den Faktor Strom i n seiner Bedeutung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht überbewerten. Schließlich hänge diese von einer Vielzahl von Faktoren ab. Man könne sich als Reaktion auf eine relative Energiearmut i n der Bundesrepublik sowohl Veränderungen des factor m i x als auch des product m i x vorstellen. I n seiner A n t w o r t geht Engelmann zunächst auf die Bewertung der Energiepolitik ein. Er habe sich hier bewußt zurückgehalten, denn natürlich sei er nicht frei von Subjektivität, zumal er einen gewissen Ein13*
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Zusammenfassung der Diskussion
fluß auf die getroffenen Maßnahmen gehabt habe. I h m sei es auch nicht i n erster Linie auf eine Benotung, sondern auf die Beantwortung der Frage angekommen, ob die A n t w o r t der Bundesregierung auf die energiepolitischen Herausforderungen angemessen und realistisch gewesen sei. Die Note für die Kernenergie wäre sicher günstiger ausgefallen, hätte es von 1977 an nicht die Lücke gegeben. Bei der Kernenergiepolitik gebe es bestimmt eine internationale gegenseitige Beeinflussung. Die Entwicklung i n Frankreich habe positiv, die i n den USA eher negativ auf die Meinungsbildung i n der Bundesrepublik gewirkt. Die Stagnation i n diesem Sektor habe auch negative Folgen für den Export von Kernkraftwerkstechnik gehabt. Solange Vorbehalte i m eigenen Lande gegen diese Technologie bestünden, könne man diese nur schwer i m Ausland absetzen. Der Verzicht auf Kernenergie bedeute Verzicht auf billigeren Strom. Denn auch bei Zurechnung der Forschungs- und Entsorgungskosten seien bei Grundlastbetrieb die Kosten für Kernenergie niedriger als die für Strom aus Kohle. Dies sei vor allem für energieintensive Branchen (z. B. Ferrolegierungs- und Aluminiumindustrie) von Bedeutung. Bereits jetzt konkurriere Frankreich m i t billigeren Strompreisen, wodurch konkrete Investitionsentscheidungen i m Raum Baden-Württemberg wieder fraglich geworden seien. Allerdings wolle er nicht i n den Verdacht geraten, daß er beim Thema Kernenergie den kommerziellen Gesichtspunkten eine entscheidende Rolle beimesse. E i n zusammenfassendes Urteil zur Energiepolitik könne nach Auffassung von Engelmann lauten: „ I m internationalen Vergleich ist die Betonung des marktwirtschaftlichen Ansatzes realistisch und anerkennenswert." Dieses insgesamt positive Urteil werde auch von der I E A gestützt. Diese habe i n einer vergleichenden Untersuchung für die Bundesrepublik lediglich den unzureichenden Ausbau der lokalen Gasleitungen und die Schwierigkeiten auf dem Kernenergiesektor kritisiert. Auf eine entsprechende Frage von Heinemann stellt Engelmann klar, daß ö l zur Stromerzeugung nur i m Spitzenlastbereich eingesetzt werde. Jährlich seien dies ca. 5 M i l l , t, davon seien 3 M i l l , t technisch ersetzbar. Weitere 2 M i l l , t schweres Heizöl werden i n Kraftwerken der Industrie eingesetzt; hier jedoch i n Verbindung m i t der Bereitstellung von Prozeßwärme. Somit bezöge sich die Möglichkeit eines gesetzlichen Eingriffs auf eine geringere Menge. Auch bei geringeren Stromverbrauchssteigerungen werde man künft i g den erforderlichen Kapazitätsausbau durch Kern- und Kohlekraftwerke sicherstellen müssen. U m dies gewährleisten zu können, müsse
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die Bundesregierung darauf achten, daß bei Kernkraftwerksgegnern nicht der Eindruck entstehe, genehmigte Standorte für Kohlekraftwerke blieben ungenutzt. Die Sorge der E V U gelte dagegen der Verzögerung beim Ausbau der Kernenergie. Die anscheinende Widersprüchlichkeit i n der Argumentation sei politisch bedingt. I n diesem Zusammenhang weist Engelmann darauf hin, daß das Thema „Vorrang der Kohle" auf die deutsche Steinkohle i m Verstromungsbereich bezogen sei. Dem sei mit dem Abschluß des sog. Jahrhundert-Vertrages (Einsatzvereinbarung bis 1995) politisch Rechnung getragen. Hinsichtlich der liberalisierten Kohlekontingente stellt Ziesing die Frage, ob man auf dieses Instrument nicht total verzichten könne. Zum Schutz des deutschen Steinkohlenbergbaus sei doch i n den letzten Jahren etliches geschehen, so daß auch aus diesen Gründen ein Importregulierungsinstrument m i t seinen Regelmechanismen entbehrlich werde. Hier, so erwidert Engelmann, sei die Politik der Bundesregierung sicher auf Kontinuität ausgerichtet. Die von Heinemann aufgeworfene Frage nach der Finanzierung fortgeschrittener Reaktorlinien sei noch nicht endgültig geklärt. Der W i r t schaftsminister halte eine Lösung über etablierte Instrumente außerhalb der Haushaltsfinanzierung (ζ. B. Kohlepfennig) nicht für gangbar. Gegenwärtig bemühe sich das Forschungsministerium, eine Interessengruppe aus der Wirtschaft an der Finanzierung des gestiegenen A u f wands zu beteiligen. A u f die von Krupp gestellte Frage nach der künftigen Bedeutung von Fernwärme erwidert Engelmann, daß man allenfalls eine Verdoppelung ihres Beitrages innerhalb der nächsten zehn Jahre erwarten könne. Gegenwärtig sei die Fernwärme i n Ballungsgebieten allenfalls bei Vorhandensein eines Verteilungsnetzes wettbewerbsfähig. Der Neubau eines Fernwärmenetzes sei beim heutigen Preisniveau jedoch nicht wirtschaftlich. Kritisch äußert sich Engelmann zum Vertragsvorschlag von Gutowski. Seine Realisierung würde dazu führen, daß eine Region aus der Verantwortung für die Preisentwicklung der Weltwirtschaft entlassen werde. Gerade die Länder, die ohnehin auf der Sonnenseite stünden, bekämen für ihre Anlagen Garantien gegen negative Entwicklungen. Darüber hinaus gebe es keine Vertragspartner. Es gehöre zu den eisernen Regeln der OPEC, daß Preisentscheidungen der nationalen Souveränität unterlägen. Ein Vertragsvorschlag, der Preisbewegungen nach unten zulasse, sei nicht konsensfähig. Auch innerhalb der I E A seien die Interessen zu unterschiedlich. Daher werde man kaum zu einer Verständigimg über Angemessenheit oder Richtigkeit eines Preises kommen. Außerdem entfiele ein wichtiges Argument gegen internationale
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Rohstoffabkommen; diese garantierten nämlich die Preise fast unabhängig von der Marktlage. Auch Buch weist auf das Problem der Vertragspartner hin. Gerade bei den OPEC-Staaten — aber nicht nur bei diesen — müsse man m i t sehr unterschiedlichen Interessen und Irrationalität rechnen (Krieg Iran/Irak, politische Entwicklung i m Iran). Darüber hinaus stelle sich die Frage, wer denn bestimme, was eine marktgerechte Verzinsung der Anlagen i m Verhältnis zum realen ölpreisanstieg sei. Es müsse einen Ausgleichsmechanismus geben. Wenn nämlich das Verzinsungsniveau für OPEC-Anlagen zu hoch sei, würden die OPEC-Staaten ölüberschüsse produzieren. Dies ergebe einen Druck auf die ölpreise, der reale ölpreisanstieg käme nicht zustande. Daher sollte seiner Auffassung nach der M a r k t den realen ölpreis und die reale Verzinsung bestimmen. Es sei auch durchaus nicht sicher, gibt Schneider zu bedenken, daß der ölpreis künftig real steigen werde. Er habe Hoffnungen, daß das nicht so sein werde. Denn die ölsubstitution gehe i n allen Industrieländern ungeheuer schnell voran. I n den USA, auf die 30 v H des Ölverbrauchs der nichtkommunistischen Welt entfalle, sei durch die Umstellung des Preissystems eine völlig andere Situation entstanden. Die Wahrscheinlichkeit für einen nur schwachen Anstieg des realen ölpreises sei also groß. Durch eine Formel würde man jedoch einen Preistanstieg fest etablieren. Was aber passiere, wenn die Marktlage davon abweiche? Außerdem sei die Sicherheit der Ölversorgung auch durch entsprechende Verträge keineswegs gesichert. Offen sei die Frage, welche Sanktionen man bei Lieferkürzungen ergreifen könne. Man würde sich auf eine trügerische Sicherheit verlassen, statt von einer unsicheren Versorgung auszugehen und dagegen durch Vorratshaltung oder Substitution Vorsorge zu treffen. Nebenbei würde ein solcher Vertrag auch zu einer Homogenisierung eines Kartells führen, die es heute noch nicht gebe. Krupp, der die skeptischen Ausführungen von Schneider teilt, stellt die Frage, ob nicht bilaterale Verträge eine Alternative bieten könnten. Auch Kellenbenz hat Zweifel hinsichtlich einer Interessenidentität der Vertragspartner. Dieses Problem stelle sich auf der ö l nachfrageseite gerade für die Bundesrepublik. Ginge man auf den Vorschlag Gutowskis ein, würde die Bundesrepublik ihren Stabilitätsvorteil an höher inflationierende Länder abtreten müssen. Auch angesichts der Empfindlichkeit der Spotmärkte dürfte ein solches System schwer steuerbar sein, gibt Fest zu bedenken. Außerdem müßte es so etwas wie einen allwissenden Buffer-Stock-Manager geben. Es dürfte kaum möglich sein, für die sieben größten OECD-Länder so etwas wie eine energy warranted growth rate zu hypothetisieren.
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Außerdem hätte er gern gewußt, ob die Formel einmal ex-post auf ihre Treffsicherheit überprüft worden sei. I n seinem Schlußwort geht Gutowski kurz auf die Motive für seinen Plan ein. Er vermisse ein strategisches Konzept. Sparen und Substitution sei eine ungenügende Reaktion auf das labile Gleichgewicht, zumal Erfolge hier nur sehr langfristig zu erzielen seien. Hinsichtlich der ölpreisentwicklung teile er den Optimismus von Schneider zwar nicht, aber bei sinkenden ölpreisen würde der Plan überhaupt nicht schaden. Die Preise seien nach unten beweglich. Strategisch wichtig sei aber, daß die Grenzpreise für ö l durchaus die der Konkurrenzenergien übersteigen könnten, weil deren Angebot zu gering sei. Sein Plan ziele gegen eine willkürliche Beschränkung des Angebots. Wenn die Nachfrage zu stark sei, könnten die Preise steigen, wenn die Nachfrage sinke, könnten die ölländer m i t den Preisen heruntergehen oder das Angebot reduzieren. Wenn der Vertrag geschlossen sei, laufe alles wie bisher. Die ölländer setzten Preise fest und verkauften Mengen. Es wurde nur ausgemacht, wieviel sie verkauften. I m Falle einer anhaltenden Divergenz zwischen Spot- und Vertragspreisen könnten diese dem Marktpreis angepaßt werden. Insofern bedürfe es keiner Vorausschätzungen und ex-post Läufe brächten überhaupt nichts. Warum sollte man die vermutete Preisentwicklung nicht zur Grundlage für die Realverzinsung von Wertpapieren machen? Natürlich müsse der Vertrag alle paar Jahre revidiert werden können. Die Irrationalismen und Interessenunterschiede gebe es natürlich m i t und ohne Vertrag. Aber vielleicht erhöhe ein Vertrag die Hemmschwelle. Das Risiko erhöhe er zumindest nicht. Auch hinsichtlich der Sanktionen könne er nur auf die Hoffnung vertrauen, die für alle internationalen Verträge gelte: Die Partner müßten sich bei Einhaltung der Verträge größere Vorteile als bei deren Verletzung versprechen. Auch hinsichtlich der Sicherheit gelte das Argument ähnlich. Zwar habe man auch m i t einem Vertrag keine Sicherheit hinsichtlich der Preisentwicklung. Die Annahme über einen Preispfad schade aber nicht. Natürlich sei die OPEC kein homogener Block. Es reiche aber möglicherweise, wenn man Verträge m i t den low absorders abschließe. Bilaterale Verträge würde er nicht anstreben; dann gäbe es eine Situation, die vergleichbar m i t der vertikalen Konzentration und dem Marktbeitritt sei. Es würde ein Run auf solche Verträge einsetzen, der M a r k t würde — i n der Sprache der Devisenhändler gesprochen — „verfixen". Bei einem relativen Stabilitätsvorteil würden die Gelder auch weiterhin der Bundesrepublik bevorzugt zufließen. Die Fondsmanager würden die Einlagen bestmöglich am internationalen Kapitalmarkt anlegen.
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Gutowski weist nochmals auf die ölpreisschübe i n den vergangenen Jahren hin, die die Weltwirtschaft gestört hätten. A l l e Strategien, die zur Vermeidung oder Minderung solcher Störungen beitragen könnten, sollten daher genutzt werden. M i t einem Wort des Dankes an Gäste, Teilnehmer, Referenten und Stenographen sowie an die Herren Gutowski und Schneider für die Planung dieser Tagung beendet der Vorsitzende Giersch die Mitgliederversammlung.
Teilnehmerverzeichnis Leiter der Tagung:
Herbert Giersch, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute
Mitgliedsinstitute Berlin:
— Deutsches I n s t i t u t f ü r Wirtschaftsforschung Jochen Bethkenhagen, Georg G. Goy, Hans-Jürgen K r u p p , Hans-Joachim Ziesing
Berlin:
— Osteuropa-Institut an der Freien Universität Erich K l i n k m ü l l e r
Bonn:
— I n s t i t u t für Wirtschafts- u n d Gesellschaftspolitik M a r k Baier, Meinhard Meigel
Braunschweig:
— I n s t i t u t f ü r landwirtschaftliche Marktforschung Lueder v o n Bremen, Hans Eberhard Buchholz
Bremen:
— Bremer Ausschuß für Wirtschaftsforschung Walter Heinemann
Bremen:
— I n s t i t u t f ü r Seeverkehrswirtschaft Berthold V o l k
Düsseldorf:
— Wirtschafts- u n d Sozialwissenschaftliches I n s t i t u t des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bernd Mülhaupt, Gernot M ü l l e r
Essen:
— Rheinisch-Westfälisches I n s t i t u t f ü r Wirtschaftsforschung Heins Gebhardt, Marianne Halstrick, Bernd H i l l e brand, B r i g i t t e Karrenberg, Onke Knieper, W i l l i L a m berts, Hans Werner Schmidt, Gregor Winkelmeyer
Hamburg:
— H W W A — Institut f ü r Wirtschaftsforschung Günter Großer, A r n i m Gutowski, Georg Koopmann, Klaus Matthies, Hans-Eckart Scharrer
Hamburg:
— Deutsches Ubersee-Institut Benno Engel
Kiel:
— I n s t i t u t für Weltwirtschaft an der Universität K i e l Herbert Giersch, A x e l N e u
Köln:
— Deutsches I n s t i t u t zur Förderung Führungsnachwuchses Rolf Wippermann
des industriellen
202 Köln:
Teilnehmerverzeichnis — Energiewirtschaftliches Köln
Institut
an
der
Universität
Dieter Schmidt, Hans K a r l Schneider Köln:
— I n s t i t u t für Wirtschaftspolitik Hans Willgerodt
Mainz:
— Forschungsinstitut f ü r Wirtschaftspolitik an der U n i versität Mainz Waltraud Eucker
München:
— I f o - I n s t i t u t f ü r Wirtschaftsforschung K a r l - H e i n r i c h Oppenländer, Lothar Scholz
Nürnberg:
— I n s t i t u t für A r b e i t s m a r k t - \ u n d Berufsforschung Bundesanstalt f ü r Arbeit Leo Pusse
Tübingen:
— I n s t i t u t für angewandte Wirtschaftsforschung Bernhard Keller, Wolfgang K i t t e r e r
Wiesbaden:
— Statistisches Bundesamt A r n i m Sobotschinski
der
Nicht vertreten waren die Institute i n Bonn (Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.), K ö l n (Institut der deutschen Wirtschaft e.V., I n s t i t u t f ü r Handelsforschung an der Universität zu Köln, Schmalenbach-Gesellschaft — Deutsche Gesellschaft f ü r Betriebswirtschaft e.V.), München (Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches I n s t i t u t für Fremdenverkehr an der U n i versität München, Osteuropa-Institut München), Münster (Forschungsstelle f ü r allgemeine und textile Marktwirtschaft an der Universität Münster), Nürnberg (GfK-Nürnberg, Gesellschaft f ü r Konsum-, M a r k t - und Absatzforschung e.V.). Ministerlen:
— Auswärtiges A m t Heinrich Dieckmann — Bundesministerium für Wirtschaft Adalbert Dick, Ulrich Engelmann, H a r t m u t Fest, Klaus Flath, Georg G r i m m , Horst Lehmeier, Klaus Solveen, Heinz Wehmeier — Bundesministerium f ü r A r b e i t u n d Sozialordnung Claus Hofmann, Wolfgang Scholz — Bundesministerium des Innern Peter Kötschau — Bundesministerium für Verkehr Rüdiger Clauß — Bundesministerium für Verteidigung Erhard K l e i n
Teilnehmerverzeichnis Abgeordnete des Bundestages: Organisationen:
— Herbert Helmrich, Hans J. Nebel. Theo Waigel — Battelle Institut, F r a n k f u r t Bruno Ante, H e l m u t Mischke — Bundesvereinigung deutscher
Arbeitgeberverbände
U t a Rollmann — Deutsche B a n k A G Wolfgang Schnorr — Deutsche Bundesbank Thomas Bruch — Deutscher Industrie- und Handelstag Helmut Gall — Deutscher Sparkassen- und Giroverband Manfred Piel — DGZ Gerhard Zweig — Gatt Harald Giesel — Hessische Landesbank Dieter Gehrmann — Sachverständigenrat Jürgen Pfister — Sparerschutzgemeinschaft Paul Kellenbenz — Zentralverband des deutschen Handwerks Günter Vogt Presse:
— Vorwärts Nikolaus Piper — Capital Rainer Hübner — Het Financieele Dagblad A l f r e d Bakker — Hans Henning Zencke