Eigentums- und Besitzschutz im deutschen und englischen Recht: Rechtsvergleichende Analyse des Spannungsverhältnisses zwischen Eigentum und Besitz [1 ed.] 9783428534326, 9783428134328

Kristina Quitmann befasst sich rechtsvergleichend mit dem Eigentum, dem Besitz und dem – auch den Eigentumsschutz umfass

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German Pages 385 Year 2011

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Eigentums- und Besitzschutz im deutschen und englischen Recht: Rechtsvergleichende Analyse des Spannungsverhältnisses zwischen Eigentum und Besitz [1 ed.]
 9783428534326, 9783428134328

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Schriften zum Internationalen Recht Band 188

Eigentums- und Besitzschutz im deutschen und englischen Recht Rechtsvergleichende Analyse des Spannungsverhältnisses zwischen Eigentum und Besitz

Von

Kristina Quitmann

Duncker & Humblot · Berlin

KRISTINA QUITMANN

Eigentums- und Besitzschutz im deutschen und englischen Recht

Schriften zum Internationalen Recht Band 188

Eigentums- und Besitzschutz im deutschen und englischen Recht Rechtsvergleichende Analyse des Spannungsverhältnisses zwischen Eigentum und Besitz

Von

Kristina Quitmann

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-13432-8 (Print) ISBN 978-3-428-53432-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-83432-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Mutter

Vorwort Die Grundlage zu dieser Arbeit wurde während eines Masterstudienjahres an der City University of Hong Kong im Studienjahr 2004/05 gelegt. Dort weckte Prof. Dr. Lutz-Christian Wolff mein Interesse für das englische Sachenrecht, insbesondere für das noch wenig wissenschaftlich ergründete Recht des Besitzes. Herrn Prof. Dr. Lutz-Christian Wolff möchte ich an dieser Stelle für die Anregung zum Promotionsthema sowie die fachkundige und fürsorgliche Betreuung meiner Arbeit während meines Masterstudiums in Hong Kong danken. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter Gröschler, der langjährig und unermüdlich diese Arbeit betreut und mich auch weit darüber hinaus während des Rechtsreferendariats und des Berufseinstiegs begleitet hat. Prof. Dr. Gröschler stand stets als hilfreicher Gesprächspartner für die vielen fachlichen und pragmatischen Fragen zur Verfügung. Durch seine wohl überlegten, dogmatisch feinsinnigen und kritischen Anregungen hat diese Arbeit erst ihre jetzige Gestalt erhalten. Sein offenes Ohr für meine vielgestaltigen Fragen und seine Lösungsansätze und neuen Impulse gaben mir immer wieder einen neuen Blickwinkel auf die Thematik und motivierten mich bei der weiteren Arbeit hieran. Die Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl bot mir einen produktiven und anregenden Rahmen für den Abschluss des Dissertationsvorhabens sowie die Ableistung des Juristischen Vorbereitungsdienstes. Mein bester Dank gilt auch meinen ehemaligen Lehrstuhlkolleginnen und -kollegen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für die angenehme Arbeits- und Forschungsatmosphäre sowie die vielen bereichernden und auch abwechslungsreichen Gespräche. Weiterhin möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Peter Huber für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens bedanken. Schließlich möchte ich meiner Familie und meinen Freunden danken für die Unterstützung während der Höhen und Tiefen in den Jahren der Promotion. Mein besonderer Dank gilt meiner Schwester Anne Quitmann und meiner Tante Doris Stepping für das sorgfältige und kritische Korrekturlesen der Endversion dieser Arbeit. Frankfurt am Main, im Mai 2011

Kristina Quitmann

Inhaltsverzeichnis §1

Einleitung und Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Erster Teil Eigentum und verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz

25

§2

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

§3

Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Definition des Eigentums. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Funktion des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Formen des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterscheidung von Eigentum an Mobilien und Immobilien. . . . II. Das Erbbaurecht als eigentumsähnliches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Nießbrauch als umfassendes dingliches Nutzungsrecht . . . . . IV. Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Relatives Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Anwartschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Das Eigentum mehrerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Miteigentum und Gesamthandseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Timesharing-Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 26 27 28 28 29 35 36 37 40 43 43 46 50

§4

Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterscheidung von Real Property und Personal Property . . . . . . II. Unterscheidung von Law und Equity. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Relativity of title . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Doctrine of estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Definitionen des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Property im Sinne von Eigentum (ownership) . . . . . . . . . . . . . . 2. Property im Sinne eines Vermögensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Real Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Land als Objekt von Real Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Personal Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 51 58 58 60 61 61 65 66 67 70 70 71 72

10

Inhaltsverzeichnis C. Funktionen des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 D. Formen des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Real Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Legal estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Freehold estate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Leasehold estate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 c) Conditional ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Equitable estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Entstehung des Rechtssystems der Equity . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Besonderheiten der equitable estates. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Formen von equitable estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 d) Exkurs: Der trust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Personal Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Concurrent interests: Formen des Eigentums mehrerer . . . . . . . . . 94 1. Joint ownership und ownership in common . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Commonhold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. Common Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Time-share in holiday accommodation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

§5

Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlegende strukturelle Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweiteilung des englischen Rechts in Real und Personal Property Law. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Trennung von Law und Equity im englischen Recht . . . . . . . III. Umfassendes Herrschaftsrecht versus relativity of title . . . . . . . . . IV. Die Doctrine of estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Definition von Eigentum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Freehold im Vergleich zum Eigentumsrecht an Grund und Boden nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Leasehold im Vergleich zu Erbpacht, Miete und Pacht . . . . . . . . . III. Das Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Miete als dingliches Recht?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Equitable estates. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Mehrere Personen als Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Joint ownership als Gesamthandseigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ownership in common als Miteigentum?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wohnungseigentum und commonhold. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Timesharing-Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104 104 104 106 106 107 108 110 111 111 114 114 116 121 122 122 123 124 125 126

Inhaltsverzeichnis

11

Zweiter Teil

§6

Besitz

127

Besitz im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsnatur: Recht oder Faktum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kontinuitäts- oder Erhaltungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Publizitätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermutungsfunktion, § 1006 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Traditions- oder Übertragungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsscheinsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unmittelbarer Besitz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maßgeblichkeit der Verkehrsanschauung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Räumliches Näheverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Dauerhaftigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Äußerliche Erkennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Besitzwille. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Genereller Besitzwille? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mittelbarer Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mittelbarer Besitz als Sachherrschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderungen an das Besitzmittlungsverhältnis. . . . . . . . . . . . a) Konkretheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Wirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Subjektives Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besitzdienerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Soziale Weisungsabhängigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erkennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtliche Wirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besitzdienerwille? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Erbenbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Mitbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Nebenbesitz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Organbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Personenhandelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesellschaft bürgerlichen Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige gesetzliche Vertreter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127 127 129 132 132 136 138 139 141 142 142 142 143 144 145 146 147 148 150 153 154 155 156 158 159 161 162 162 166 167 168 169 175 177 181 181 182 183 185

12 §7

§8

Inhaltsverzeichnis Besitz im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsnatur: Is possession a property right? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schutzfunktion: Possession as a root of title . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kontinuitätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Adverse possession und limitation of actions . . . . . . . . . . . . . . . a) Sinn und Zweck der adverse possession . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Publizitätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermutungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Traditionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsscheinsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Actual possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Control in fact. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Intention to control . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. General intention to control?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bridges v Hawkesworth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Merry v Green and Another . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Elwes v Brigg Gas Company . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Hannah v Peel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) South Staffordshire Water Company v Sharman . . . . . . . . . f) Parker v British Airways Board . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Hibbert v McKiernan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Schlussfolgerungen aus den genannten Entscheidungen. . . II. Constructive possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Immediate constructive possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualified constructive possession. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Symbolic possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lock v Heath: Ein Gegenstand als Symbol für eine Sachgesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlüssel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Documents of title . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Custody. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besitz mehrerer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227 228 228 229 234

Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsnatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

235 235 236 237 240

187 187 190 192 192 195 195 195 196 201 202 202 205 206 207 207 208 209 212 213 214 215 217 217 218 220 220 223 224 226 227

Inhaltsverzeichnis I. II. III. IV. V. VI. E. Fazit

Unmittelbarer Besitz und actual possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelbarer Besitz und constructive possession . . . . . . . . . . . . . . . . Symbolic possession. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besitzdienerschaft und custody . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Besitz mehrerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Erbenbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...........................................................

13 240 241 243 243 245 245 246

Dritter Teil Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers §9

247

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

§ 10 Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Possessorischer Besitzschutz, §§ 858 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktion des possessorischen Besitzschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geltendmachen petitorischer Einreden im Rahmen einer Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Voraussetzungen des Besitzschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbotene Eigenmacht, § 858 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Gewaltrechte des Besitzers, § 859 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausübung der Gewaltrechte durch den mittelbaren Besitzer? . . . III. Ausübung der Gewaltrechte durch Dritte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Petitorischer Besitzschutz, § 1007 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Anspruch aus § 1007 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anspruchsausschluss nach § 1007 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Recht zum Besitz aus § 986 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Bereicherungsrechtlicher Schutz des Besitzes, §§ 812 ff. BGB . . . . . . . I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Streitstand zur Besitzkondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Deliktischer Schutz des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Besitzschutz nach § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besitzschutz nach § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247 247 248 249 251 251 254 255 257 257 260 262 263 264 267 268 268 269 270 270 272 273 274 274 277 279

§ 11 Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A. Tort Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

14

Inhaltsverzeichnis I. II.

III.

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tort actions zum Schutz von Real Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Trespass to land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschichtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Feindliche Berührung (hostile touching) . . . . . . . . . . . . bb) Vorsatz (intention) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fahrlässigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unmittelbarkeit (directness). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Trespass ab initio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Self-help. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Recovery . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mesne profits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Distress damage feasant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Private nuisance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschichtlicher Hintergrund der nuisance . . . . . . . . . . . . . . . b) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unreasonableness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Arten von Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Anspruchsberechtigung (title to sue) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Public nuisance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tort actions zum Schutz von Personal Property. . . . . . . . . . . . . . . . 1. Trespass to goods . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruchsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Immediate right to possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einrede des ius tertii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Co-ownership als besonderer Rechtfertigungsgrund . . . . . . 2. Detinue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Conversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschichtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorsatz (intention) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Acts of conversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281 284 284 284 285 287 289 289 289 290 291 291 292 293 293 294 295 296 297 297 297 298 298 299 300 301 302 303 303 303 304 304 305 307 307 308 309 310 310 310 311 312

Inhaltsverzeichnis

15

e) Anspruchsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Property. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Immediate right to possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Equitable title. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Vertragliches Besitzrecht (contractual right to obtain possession) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Bailment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ius tertii. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Negligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschichtlicher Hintergrund und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Voraussetzungen im Rahmen des Besitzschutzes Rechtsfolgen der Tort actions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten bei der Bemessung des Schadensersatzes . . . 3. Spezielle Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wiedererlangung des Besitzes: Re-entry on land und recaption of chattels. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abatement of public nuisance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . of Unjust Enrichment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über das Law of Unjust Enrichment . . . . . . . . . . . . . . . . Possession als unjust enrichment?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zwischen Tort Law und Law of Unjust Enrichment. .

313 314 314 315 316

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlegende systematische Unterschiede des Besitzschutzes. . . . . . . . B. Vergleich des Besitzschutzes durch die einzelnen Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Possessorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besitzentziehung (§ 861 BGB) und conversion. . . . . . . . . . . . . 2. Besitzstörung (§ 862 BGB), trespass und nuisance . . . . . . . . . II. Die Gewaltrechte des Besitzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Petitorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besitzschutz durch § 823 BGB und durch negligence. . . . . . . . . . V. Der Anspruch aus conversion als Vindikationsanspruch . . . . . . . . VI. Besitzschutz durch das Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Systematische und funktionelle Unterschiede im Einzelnen. . . . . 1. Kein vorläufiger Besitzschutz im englischen Recht . . . . . . . . . 2. Besitzschutz als Vindikationsersatz im englischen Recht . . . . 3. Unterschiedliche Rechtsfolgen im Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . .

334 334

IV.

V.

B. Law I. II. III. IV.

317 318 319 320 320 321 323 323 324 325 325 326 326 326 329 331 332

338 338 339 341 342 344 344 346 347 349 349 349 350 351

16

Inhaltsverzeichnis II.

Unterschiede im Spannungsfeld von possession und ownership sowie von Besitz und Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Vierter Teil Zusammenfassung

§ 13 Eigentum im englischen und im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Strukturelle Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

355 355 355 356 356 356

§ 14 Besitz im englischen und im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 A. Definition und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 B. Besitzformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 § 15 Besitzschutz im englischen und im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlegende systematische Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vergleich des Besitzschutzes durch die einzelnen Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

361 361 362 364

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

Abkürzungsverzeichnis Vgl. auch die Abkürzungen bei Palandt, XVII ff. A. C. Ad. & El. All E. R. All E. R. Rep. Am. J. Leg. Hist. Az. B. & C. BBV Beav. Bell C. C. BeurkG BGHZ Bing. B. L. R. Buffalo L. Rev. bzw. Cal. C. B. Ch. Ch. D. CJ C. L. J. C. L. P. C. L. R. Cmnd. Code civil Conv. Co. Rep. Cornell L. Q. Dick. EI E II

The All England Law Reports (House of Lords, Appeal Cases) Adolphus & Ellis’ Reports [ER 110–113] All England Law Reports All England Law Reports, Reprint The American Journal of Legal History Aktenzeichen Barnewell & Cresswell’s Reports [ER 107–109] Berater Brief Vermögen Beavan’s Reports [ER 48–55] Bell’s Crown Cases Reserved Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bingham’s Reports [ER 130–131] Building Law Reports Buffalo Law Review beziehungsweise California Reports Common Bench Reports The Law Reports (Chancery Division) Chancery Division (Division des High Court) Court of Justice The Cambridge law journal Current legal problems (on behalf of the Faculty of Laws, University College, London) Commonwealth Law Reports Command Paper (by Command of Her Majesty) Französischer Code civil von 1804 (in der jeweils gültigen Fassung) The Conveyancer and Property Lawyer Coke’s King’s Bench Reports [ER 76–77] Cornell Law Quarterly Dicken’s Chancery Reports Erster Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch Zweiter Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch

18 E. & B./El. & Bl. E. R. ErbbauVO Ex./Ex. D. Exch. FG Fn. Georgia L. Rev. GStB Harv. L. R. H. & C. H. L. H. L. C. Hrsg. HS i. S. d. J Jac. & W. JherJB K. B. K. C. L. J. Ld. Raym. Leg. Stud. L. G. R. LJ Lloyd’s Rep. L. M. C. L. Q. L. Q. R. L. R. LRA L. S. L. T. m. Anm. MDR Melb. U. L. R. Mo. Mod. L. R. M. R. MüKomm

Abkürzungsverzeichnis Ellis & Blackburn’s Queen’s Bench Reports The English Reports Erbbauverordnung vom 15. Januar 1919 Exchequer Division Exchequer Reports (1847–1856) [ER 154–156] Festgabe Fußnote Georgia Law Review Gestaltende Steuerberatung Harvard Law Review Hurlstone & Coltman’s Exchequer Reports [ER 158–159] House of Lords Clark & Finnelly’s House of Lords Reports New Series Herausgeber Halbsatz im Sinne des/der Judge Jacob & Walker’s Chancery Reports Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Law Reports: King’s Bench Division The King’s College law journal Lord Raymond’s King’s Bench Reports [ER 91–92] The Journal of Legal Studies Local Government Review Lord Justice Lloyd’s Reports Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly The Law Quarterly Review Law Reports Land Registration Act Legal Studies (Journal of the Society of Public Teachers of Law) Law Times Reports (New Series) mit Anmerkung von Monatsschrift für Deutsches Recht Melbourne University Law Review Missouri (U. S. A.)/Missouri Reports (Missouri U. S. A.) 1821–1956 Modern Law Review Master of the Rolls Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis m. w. N. NotBZ NZM österr. ABGB Ord. P. para. PrALR ProstG Q. B. Q. B. D. r. RSC Rutgers L. Rev. s. S. sched. Skin. s. o. sog. ss. St. Tr. Style Syd. L. R. Term. Rep./T. R. T. L. R. Trust L. Int. u. a. u. Ä. UCLA L. Rev. U. K. H. L. Vorbem. W. L. R. Yale L. J.

19

mit weiterem Nachweis/mit weiteren Nachweisen Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Neue Zeitschrift für Mietrecht österreichisches Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch von 1811 Order Law Reports, Probate Division paragraph Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Prostitutionsgesetz vom 20. Dezember 2001 The Law Reports: Queen’s Bench Division Queen’s Bench Division rule Rules of the Supreme Court Rutgers Law Review section Seite(n) schedule Skinner’s King’s Bench Reports [ER 90] siehe oben sogenannter/sogenannte/sogenanntes sections State Trials 1163–1820 Style’s King’s Bench Reports [ER 82] Sydney Law Review Durnford & East’s Term Reports [ER 99–101] The Times Law Reports Trust Law International und andere(s) und Ähnliche(s) University of California at Los Angeles Law Review United Kingdom House of Lords Decisions Vorbemerkungen The Weekly Law Reports Yale Law Journal

„. . . the life of the law has not been logic: it has been experience“ (Holmes, The Common Law, S. 1)

§ 1 Einleitung und Problemdarstellung Diese Arbeit befasst sich mit dem Eigentum, dem Besitz und dem – auch den Eigentumsschutz umfassenden – Besitzschutz im englischen Recht, wobei ein Rechtsvergleich zwischen dem englischen und dem deutschen Recht stattfinden soll.1 Das heutige englische Sachenrecht ist nur vor seinem geschichtlichen Hintergrund zu verstehen, wobei in erster Linie die Prägung des Grundstücksrechts durch das Feudalsystem sowie die Einbettung von Klagemöglichkeiten in sog. forms of action zu nennen sind. Beides hat zur Folge, dass das englische Recht überwiegend unterschiedliche Regelungen für Grundstücke und bewegliche Sachen vorsieht. Außerdem findet sich im Schrifttum des Common Law eine Fülle von Literatur zum Immobiliarsachenrecht, insbesondere zur Übertragung von Grundstücksrechten, wohingegen sich nur relativ wenige Autoren mit dem Bereich des Mobiliarsachenrechts auseinandersetzen.2 Die Einführung eines zwingenden Grundbuchsystems für Grundstücke in England im Jahre 2002 hat diese Situation ebenfalls nicht verändert, da das Erfordernis der Grundbucheintragung zu einer unterschiedlichen Behandlung von Grundstücken und beweglichen Sachen führt. Allerdings hat sie auch durch das Feudalsystem bedingte Unterschiede eingeebnet.3 Das Eigentum ist im englischen Recht nicht durch eine eigenständige Anspruchsgrundlage geschützt, sondern über den Umweg des Besitzschutzes, der großteils verschiedene Anspruchsgrundlagen für Grundstücke und bewegliche Sachen vorsieht.4 1 Klarstellend gilt es anzumerken, dass unter dem englischen Recht hier das Recht von England und Wales verstanden wird. Das Recht anderer Common LawJurisdiktionen sowie Entscheidungen des Privy Council werden nur insofern berücksichtigt, als sie für das englische Recht von besonderer Bedeutung sind. 2 Deshalb wird das Personal Property Law teilweise auch als „conceptually underdeveloped“ gegenüber dem Land Law bezeichnet, Bridge, Personal Property, S. 10; vgl. auch Bridge, L. M. C. L. Q. [1991], S. 63 („One of the reasons why personal property is so structurally primitive, compared with real property, is that it was too ephemeral to be historically regarded as a major source of wealth.“) und Palmer/McKendrick, S. V (Foreword). 3 Hierauf soll ausführlich im Ersten Teil eingegangen werden. 4 Näheres zum weit gefassten Besitzschutz im Dritten Teil der Arbeit.

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§ 1 Einleitung und Problemdarstellung

Das deutsche Sachenrecht hat im Dritten Buch des BGB eine umfassende Regelung erfahren. Dieses beschäftigt sich zunächst in den §§ 854–872 BGB mit dem Besitz und seinem Schutz. Anschließend werden in den §§ 873–902 BGB allgemeine Regelungen über Grundstücksrechte getroffen, wohingegen allgemeine Vorschriften über bewegliche Sachen vom Gesetzgeber nicht für sinnvoll erachtet wurden.5 Die §§ 903 und 904 BGB befassen sich mit den Befugnissen des Eigentümers im Allgemeinen, wohingegen die §§ 905 ff. BGB, das private Nachbarrecht, wiederum ausschließlich auf Grundstücke zugeschnitten sind. Die folgenden Vorschriften (§§ 925 ff. BGB) haben den Erwerb und Verlust des Eigentums zum Gegenstand, wobei die jeweiligen Erwerbstatbestände ausschließlich entweder das Eigentum an Grundstücken oder an beweglichen Sachen betreffen. Dieser Aufbau hängt vor allem mit dem System des Grundbuchs als Grundlage des Grundstücksrechts6 zusammen. Die Schutzansprüche des Eigentümers (insbesondere §§ 985, 1004 BGB) gelten sowohl für das Eigentum an beweglichen Sachen als auch für das Grundstückseigentum und haben insofern eine einheitliche Regelung erfahren. Im deutschen Recht wird der Eigentümer vor allem durch den Vindikationsanspruch des § 985 BGB gegen Entziehung des Eigentums sowie durch den negatorischen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB7 vor sonstigen Beeinträchtigungen geschützt. Verschieden geregelt ist zudem für bewegliche Sachen und Grundstücke der jeweils abschließende Katalog der besonderen Formen des Eigentums.8 Insgesamt lässt sich damit feststellen, dass das deutsche Sachenrecht im BGB zwar eine systematische Regelung erfahren hat, dass jedoch die Anordnung der Regelungen teilweise unübersichtlich und keineswegs das Ergebnis strikter Logik ist.9 Ebenso wie das englische Recht kennt auch das deutsche Recht erhebliche Unterschiede in der rechtlichen Behandlung von beweglichen Sachen und Grundstücken. Dies ist zum einen bedingt durch das Grundbuchwesen, zum anderen durch die Tatsache, dass die Nutzungsmöglichkeit und nicht zuletzt auch der Wert eines Grundstücks entscheidend durch die jeweilige Nutzung seiner benachbarten Grundstücke geprägt wird. Während der Schutz des Eigentums in einer Rechtsordnung, die dieses überhaupt anerkennt, selbstverständlich erscheint, faszinieren das Institut des Besitzes und der Grund seines rechtlichen Schutzes seit jeher die juristische Welt. So fragte sich bereits von Jhering: „Warum wird der Besitz ge5

Vgl. Staudinger/Seiler, Einl. Sachenrecht, Rn. 6 m. w. N. Hierzu Staudinger/Seiler, Einl. Sachenrecht, Rn. 15 m. w. N. 7 Siehe hierzu auch Dritter Teil, § 10 F. III. 8 Baur/Stürner, § 2, Rn. 16; hierauf wird im Ersten Teil, § 3 C. näher eingegangen. 9 Staudinger/Seiler, Einl. Sachenrecht, Rn. 6 m. w. N. Insbesondere kennt das BGB keinen Allgemeinen Teil des Sachenrechts, vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 1 I 2 b m. w. N. 6

§ 1 Einleitung und Problemdarstellung

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schützt? Niemand wirft die Frage für das Eigenthum auf; warum denn für den Besitz? Weil der Schutz des Besitzes von vornherein etwas höchst Auffallendes, Widerspruchsvolles hat. Denn der Schutz des Besitzes heißt auch der Schutz der Räuber und Diebe . . .“.10 Desgleichen schreibt Harris für den englischen Rechtskreis: „The concept of possession has always had a strange fascination for lawyers.“11 Dennoch führt die dogmatische Ausgestaltung der possession bis zum heutigen Tag ein theoretisches Schattendasein im englischen Recht. Im 19. Jahrhundert herrschte eine angeregte Diskussion über die Rechtsnatur der possession, bei der sich englische Juristen auch mit Juristen aus Deutschland und aus den Vereinigten Staaten von Amerika austauschten.12 Allerdings sind diese Abhandlungen der Jurisprudence-Literatur eher theoretisch-philosophischer Natur13 und bieten keine ausreichende Antwort auf die praktische Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen, in einem konkreten Fall possession gegeben ist. Diese Tatsache verwundert umso mehr, als dem englischen Recht – wie bereits erwähnt – auf das Eigentum gestützte Ansprüche fremd sind und deshalb Schutzansprüche in Bezug auf Sachen ausschließlich auf der possession bzw. dem immediate right to possession gründen.14 Das Zusammenspiel von Eigentum und Besitz hat immer noch aktuelle Bedeutung. Ein nicht zu unterschätzender Teil der Kreditwirtschaft ist gerade beim Geschäft mit Konsumenten darauf angewiesen, dass das gekaufte Gut zugleich auch als Sicherungsmittel für die Begleichung der Kaufpreisforderung dient. Dies ist umso mehr der Fall, als Konsumenten oft über kein Grundvermögen verfügen, das besichert werden könnte, und da es gerade auch bei kleineren und kurzfristigen Krediten unzweckmäßig wäre, mit hohem finanziellen und zeitlichen Aufwand Grundpfandrechte einzutragen. Die alternativen Finanzierungsmethoden basieren entweder auf einem Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz, wie zum Beispiel beim Abzahlungskauf (hire-purchase), beim Eigentumsvorbehalt (retention of title)15, beim Finanzierungsleasing (finance lease) und beim Faustpfand (pledge) oder auf einem Auseinanderfallen von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum, wie zum Beispiel bei der Sicherungsübereignung. Die Sicherungsübereignung ist mittlerweile im deutschen Recht gewohnheitsrechtlich aner10

Siehe von Jhering, S. 3. Harris, Possession, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 69. 12 Eingehend hierzu Link, S. 7 ff. 13 Jurisprudence ist die Wissenschaft, die sich mit der Theorie und der Philosophie des Rechts befasst, vgl. Woodley, S. 239. 14 Hierauf soll insbesondere im Dritten Teil der Arbeit näher eingegangen werden. 15 Zum hire-purchase und zur retention of title im englischen Recht siehe Lawson/Rudden, S. 146 ff. 11

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§ 1 Einleitung und Problemdarstellung

kannt und hat sich in der Praxis gegenüber dem Faustpfand durchgesetzt.16 Daneben ist im deutschen Recht der Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) ein beliebtes Sicherungsmittel von Warenkreditgebern, die sich hiermit nicht nur hinsichtlich ihres Anspruchs auf Kaufpreiszahlung absichern, sondern auch gegen eine üblicherweise vorgenommene Sicherungsübereignung an einen Geldkreditgeber.17 Gerade diese Gegebenheiten machen die rechtsvergleichende Beschäftigung mit den Grundstrukturen von Eigentum und Besitz nicht nur akademisch reizvoll, sondern auch äußerst praxisrelevant. Die Rechtsvergleichung allgemein dient zunächst dem Erkenntnisgewinn durch den Vergleich verschiedener Lösungsmodelle und verfolgt letztlich das Ziel, die einzelnen Rechtssysteme zu optimieren bzw. zu vereinheitlichen.18 Hinzu kommt, dass die weiterhin zunehmende Globalisierung des internationalen Rechtsverkehrs das Verständnis fremden Rechts gerade auch vor dem Hintergrund des eigenen Rechts unumgänglich macht. Aktualität hat dies insbesondere auch bei grenzüberschreitenden Investitionen in Immobilien.19 Die Einführung eines einheitlichen europäischen Sachenrechts stand hingegen bislang nicht zur Diskussion. In der folgenden Abhandlung werden zunächst im Ersten Teil die Definitionen von Eigentum und eigentumsähnlichen Rechten untersucht und verglichen. Im Zweiten Teil wird die Definition des Besitzes im englischen und im deutschen Recht behandelt und verglichen. Der Dritte Teil der Arbeit ist dem Schutz des Besitzes in den beiden Rechtsordnungen gewidmet. Neben diesem Vergleich wird hier auch der Frage nachgegangen, wie das Spannungsverhältnis von Eigentum und Besitz in den Rechtsordnungen jeweils ausgestaltet ist. Diese Arbeit berücksichtigt den Stand von Rechtsprechung und Schrifttum bis April 2011.

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Einzelheiten hierzu an späterer Stelle (Erster Teil, § 3 C. V.). Weber, Kreditsicherungsrecht, S. 190. 18 Vgl. Zweigert/Kötz, S. 13 ff. 19 Siehe nur Kracht, BBV 2006, S. 381 ff.; Schacht/Gänsler, DStR 2006, S. 1518 ff. sowie zur Einführung des sog. „REIT-Gesetzes“ über German Real Estate Investment Trusts (rückwirkend zum 1. Januar 2007) Kiethe, ZfIR 2005, S. 745 ff. und Kracht, GStB 2007, S. 107 ff. 17

Erster Teil

Eigentum und verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz § 2 Einleitung Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass eine Arbeit schwerpunktmäßig den Besitz und seinen rechtlichen Schutz sowie zugleich auch das Eigentum und dessen verwandte Rechte zum Gegenstand hat. Sowohl der Besitz als auch das Eigentum sind zwar von ihrer Rechtsnatur und Funktion grundlegend verschieden, andererseits sind die beiden zentralen sachenrechtlichen Institute auch eng miteinander verbunden. Im englischen wie im deutschen Recht ist nach herrschender Lehre das Eigentum als Recht und der Besitz als bloßes Faktum ausgestaltet.1 Eigentum und Besitz sind somit streng voneinander zu unterscheiden und bilden zusammen das Fundament der sachenrechtlichen Ansprüche. Darüber hinaus gewährt das Eigentum unter Umständen ein besseres Recht zum Besitz gegenüber dem Besitzer und kann folglich dessen Rechtsstellung begrenzen. Besitz und Eigentum stellen jedoch nicht nur verschiedene zentrale sachenrechtliche Institute dar, sondern stehen auch miteinander im Zusammenhang. Der Besitz steht nämlich in gewissem Maße für das Eigentum, und ein bedeutender Teil seiner Funktion ist im deutschen wie auch im englischen Recht nur aus der Existenz des Eigentums heraus vollständig erklärbar. So dient der Besitzschutz, wenn er sich nicht gegen den Eigentümer richtet, zugleich auch dem Schutz des Eigentums, da in diesem Fall hinter dem Besitz regelmäßig das Eigentum als Recht liegt.2 Nach der Ansicht von Jherings steht der Besitz als „Thatsächlichkeit des Eigenthums“ gewissermaßen sogar stellvertretend für dieses. Deshalb werde der Besitz nicht um seiner selbst, um des Friedens willen oder etwa der guten Ordnung halber geschützt, sondern gerade weil der Eigentümer umfassend und frühzeitig „schon gegen die ersten Angriffsversuche“ auf sein Eigentumsrecht ge1 Siehe nur Baur/Stürner, § 3, Rn. 24; Prütting, Rn. 43; Westermann/Gursky, S. 64/65; diese Rechtsnatur des Besitzes als Faktum ist allerdings sowohl im deutschen als auch im englischen Recht nicht unumstritten, hierzu ausführlich unten (Zweiter Teil, § 6 B. und § 7 B.). 2 So Baur/Stürner, § 6, Rn. 1; Wieser, JuS 1970, S. 559/560.

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1. Teil: Eigentum u. verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz

schützt werden soll.3 Diese Mischung aus Verbundenheit und Gegensätzlichkeit von Eigentum und Besitz führt dazu, dass zwischen beiden ein Spannungsverhältnis besteht. Folglich kann man die Definition und Funktion des Besitzes wie auch die Rechtsstellung des Besitzers nur vollständig untersuchen, wenn man auch in Abgrenzung hierzu das Eigentum näher betrachtet. Dies soll im Folgenden geschehen.

§ 3 Deutsches Recht A. Definition des Eigentums Den Inhalt des Eigentums beschreibt § 903 BGB als das Recht, mit einer Sache „nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen“.4 Das Eigentum ist demnach ein umfassendes dingliches Herrschaftsrecht an einer Sache, und zwar sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht.5 Es besteht aus einem positiven Inhalt, der Verwendung der Sache im weitesten Sinne, und einem negativen Inhalt, nämlich dem gleichzeitigen Ausschluss der Verwendung der Sache durch andere. Das Eigentum ist nach deutschem Verständnis ein absolutes Recht, weil es als dingliches Recht Wirkung gegenüber jedermann entfaltet.6 Weiterhin ist das Eigentum nach dieser Definition ein einheitliches Recht und nicht bloß die Summe einzelner rechtlicher Befugnisse7, also auch absolut in dem Sinne, dass es eine umfassende Rechtsmacht beinhaltet. Die umfassende Herrschaftsmacht des Eigentümers reicht allerdings nicht so weit, wie man es auf den ersten Blick vermuten mag. Schon die Vorschrift des § 903 BGB selbst weist deutlich auf die Schranken des Eigentums hin, indem die Befugnisse des Eigentümers nur so weit reichen, als nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Diese Schranken werden in den §§ 904 ff. BGB noch weiter konkretisiert. Rechte und Pflichten des Eigentümers ergeben sich neben rechtsgeschäftlichen Duldungspflichten8 aus der gesamten Rechtsordnung, insbesondere im Bereich des Zivilrechts aus den gesetzlichen Duldungspflichten der §§ 227 ff., 904, 677 3

Siehe von Jhering, S. 52 ff. Es ist seit jeher streitig, ob § 903 BGB das Eigentum definiert oder bloß dessen Inhalt umschreibt. Die herrschende Meinung hat sich für letztere Möglichkeit ausgesprochen, vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 8 II 1 c m. w. N. in Fn. 22. 5 Staudinger/Seiler, § 903, Rn. 10. 6 Vgl. MüKomm/Gaier, Einl. §§ 854 ff., Rn. 4 und 10 zum Absolutheitsprinzip im deutschen Sachenrecht. 7 Wieling, Sachenrecht I, § 8 II 1 c m. w. N. 8 Siehe hierzu Weber, Grundstücksrecht, § 3, Rn. 34. 4

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i. V. m. 683 S. 1 BGB. Die §§ 906 ff. BGB legen dem Grundstückseigentümer privatrechtliche Beschränkungen im Verhältnis zu seinen Nachbarn auf. Schließlich ergeben sich Duldungspflichten auch aus zahlreichen Vorschriften des öffentlichen Rechts, wie zum Beispiel dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, dem Straßenrecht, dem Bundesimmisionsschutzgesetz oder auch dem Nachbarrecht der Länder (vgl. Art. 124 EGBGB).9 Die grundgesetzliche Verankerung dieser Duldungspflichten ist zum einen die Erwähnung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen in Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und zum anderen die in Art. 14 Abs. 2 GG enthaltene Sozialpflichtigkeit des Eigentums.10 Die Beschränkungen des Eigentums sind damit bereits in der Eigentumsgarantie angelegt und bezwecken, das Spannungsfeld der Rechte des Eigentümers und der Interessen der Allgemeinheit in einen gerechten Ausgleich zu bringen.11 Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums reicht schließlich so weit, dass unter bestimmten engen Voraussetzungen sogar eine Enteignung des Eigentümers zugunsten der Allgemeinheit möglich ist, allerdings nur gegen angemessene Entschädigung (vgl. Art. 14 Abs. 3 GG). Folglich ist die umfassende Herrschaft des Eigentümers eine Grundregel, die gilt, sofern von der Rechtsordnung keinerlei Einschränkungen gemacht werden. Nach § 903 BGB wird die Freiheit des Eigentums vermutet, so dass Beschränkungen stets im Einzelfall vorgesehen und im Streitfall meist auch nachgewiesen werden müssen.12

B. Funktion des Eigentums Ausgelöst durch die Französische Revolution im Jahre 1789 entfernte man sich in Deutschland vom Eigentumsbegriff der mittelalterlichen Feudalstruktur, und ein individualistischer Eigentumsbegriff setzte sich durch.13 Damit wurde das Eigentum zum Grundrecht und grundlegenden Instrument der Persönlichkeitsentfaltung erhoben14 und ist seitdem sowohl Ausdruck als auch Mittel zur Verwirklichung von Freiheit.15 Aufgrund dieses libera9 Zum privaten und öffentlichen Nachbarrecht siehe Soergel/Baur, § 903 Rn. 44 ff.; zu den Beschränkungen des Eigentums im Allgemeinen siehe Staudinger/Seiler, § 903, Rn. 14 ff. 10 MüKomm/Säcker, § 903, Rn. 12 ff. 11 Baur/Stürner, § 24, Rn. 6 ff.; Wieling, Sachenrecht, S. 90. 12 Wieling, Sachenrecht I, § 8 II 2 a. 13 Vgl. von Oefele/Winkler, Rn. 1.2; ein umfassender Überblick über die Geschichte des Eigentumsbegriffs im deutschen Recht findet sich bei Hattenhauer, S. 129 ff. 14 Grundlegend hierzu BVerfGE 24, 367 (389); vgl. auch Maunz-Dürig/Papier, Art. 14, Rn. 1 und Schreiber/Wolf, Kap. 2, Rn. 20. 15 So schreibt zum Beispiel Wieling, Sachenrecht I, § 8 I 1 a: „Eigentum ist nichts anderes als die menschliche Freiheit bezogen auf eine Sache.“

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1. Teil: Eigentum u. verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz

len Eigentumsbegriffs verstand man das Eigentum wieder wie im römischen Recht als ein gegenüber jedermann wirkendes und umfassendes Herrschaftsrecht an einer Sache und nicht bloß als Bündel einzelner rechtlicher Befugnisse.16

C. Formen des Eigentums I. Unterscheidung von Eigentum an Mobilien und Immobilien Die Bestimmungen des deutschen Sachenrechts unterscheiden grundsätzlich zwischen Mobilien (beweglichen Sachen) und Immobilien (unbeweglichen Sachen). Allerdings sind die grundlegenden Strukturen der beiden Eigentumsarten, insbesondere deren Inhalt, Formen und rechtlicher Schutz, identisch. Sie werden vom BGB einer einheitlichen Regelung unterworfen und damit vor die Klammer gezogen.17 Das BGB enthält zwar eine Definition der Sache als körperlicher Gegenstand in § 90 BGB, jedoch keine Definitionen der Begriffe bewegliche, bzw. unbewegliche Sache, diese werden vielmehr vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Nach einer allgemein verwendeten Definition des Reichsgerichts versteht man unter einem Grundstück einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der durch amtliche Vermessung bestimmt und durch seine Art der Buchung im Grundbuch individualisiert ist.18 Demgegenüber kann der Kreis der beweglichen Sachen nur negativ bestimmt werden, nämlich als körperliche Gegenstände, die nicht unter den Grundstücksbegriff fallen. Die Ansprüche aus dem Eigentum (§§ 985, 1004 BGB) gelten für Mobilien und Immobilien gleichermaßen. In terminologischer Hinsicht bestehen Unterschiede lediglich insofern, als die Herausgabe eines Grundstücks als Räumung bezeichnet wird und die Erfüllung bei beweglichen Sachen in der körperlichen Herausgabe und bei unbeweglichen Sachen in der Aufgabe des Besitzes zugunsten des Berechtigten liegt, wobei es in beiden Fällen um eine Herausgabe im Rechtssinn geht.19 Unterschiede ergeben sich in erster Linie bei den Regelungen über Verfügungsgeschäfte, vor allem wegen der besonderen Rolle des Grundbuchs im Bereich des Immobiliarsachenrechts.20 Dieses ist sowohl für den Nachweis des Eigentums als auch für 16

Vgl. Schreiber/Berger, Kapitel 1, Rn. 40. Baur/Stürner, § 2, Rn. 16. 18 RGZ 84, 265 (270); vgl. auch Baur/Stürner, § 15, Rn. 18 und MüKomm/Kohler, Vor § 873, Rn. 1 ff. m. w. N. 19 Weber, Grundstücksrecht, § 1, Rn. 2 ff. 20 Weber, Grundstücksrecht, § 1, Rn. 10. 17

§ 3 Deutsches Recht

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die Übereignung von Immobilien von entscheidender Bedeutung. Grundbücher können in Deutschland auch elektronisch geführt werden, nach einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung21 zur elektronischen Bearbeitung von Grundbüchern soll nun auch eine elektronische Aktenführung sowie die elektronische Kommunikation zwischen dem Grundbuchamt und den Verfahrensbeteiligten ermöglicht werden.22 Weiterhin sind die beschränkten dinglichen Rechte unterschiedlichen Regelungen unterworfen. So gibt es im Bereich der Mobilien grundsätzlich nur das Pfandrecht und den Nießbrauch als beschränkte dingliche Rechte, im Bereich der Immobilien hingegen existiert ein weitergehender Katalog, der auch die Grundpfandrechte, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die Grunddienstbarkeiten und das Erbbaurecht umfasst.23 Ferner bestehen unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der zugelassenen Sonderrechtstypen.24 Schließlich ist im Bereich des Grundstückseigentums eine starke öffentlich-rechtliche Reglementierung vorhanden.25 Diese hat ihren Grund in der großen Bedeutung von Grundstücken als besondere Vermögenswerte sowie im stärkeren Umweltbezug von Grundstücken.26 II. Das Erbbaurecht als eigentumsähnliches Recht Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 ErbbauRG ist ein Erbbaurecht das veräußerliche und vererbliche auf dem Grundstück lastende Recht, auf oder unter dessen Oberfläche ein Bauwerk zu unterhalten.27 Das Erbbaurecht geht zurück auf die Institute der superficies des römischen Rechts und der Städtischen Bauleihe im Mittelalter, die ebenfalls dingliche Baurechte auf fremdem Grund und Boden ermöglichten.28 Eine erste Regelung boten bereits die §§ 1012–1017 BGB in der Fassung von 1896. Diese Vorschriften enthielten aber eine nur lückenhafte und unpraktikable Lösung. Sodann wurde das Erbbaurecht durch die Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) vom 15.1.1919 geregelt, die nach § 35 S. 1 ErbbauVO Gesetzeskraft hatte. Um dies klarzustellen, wurde die Bezeichnung Erbbaurechtsverordnung am 23.11.2007 in Gesetz über das Erbbaurecht (ErbbauRG) geändert. 21

Bundestag-Drucksache 16/12319 vom 18.3.2009. Bundestag-Drucksache 16/12319 vom 18.3.2009, 1. 23 Weber, Grundstücksrecht, § 1, Rn. 11. 24 Baur/Stürner, § 2, Rn. 16. 25 Siehe hierzu auch schon oben (unter § 3 A.). 26 Weber, Grundstücksrecht, § 1, Rn. 12. 27 von Oefele/Winkler, Rn. 1.26. 28 Zum geschichtlichen Hintergrund siehe von Oefele/Winkler, Rn. 1.1 m. w. N.; Staudinger/Rapp, Einl. ErbbauRG, Rn. 3. 22

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1. Teil: Eigentum u. verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz

Bei Erlass der ErbbauVO verfolgte man bodenpolitische Ziele, hauptsächlich die Bekämpfung der Bodenspekulation. Diese wird dadurch verhindert, dass der Erbbauberechtigte nicht über den Grund und Boden verfügen kann, und deshalb sowohl Grundstückswert als auch eintretende Wertsteigerungen dem Eigentümer, oftmals der öffentlichen Hand, verbleiben.29 Weiterhin hat das Institut des Erbbaurechts auch einen bedeutenden sozialpolitischen Hintergrund: Es ermöglicht gerade sozial Schwächeren den Bau eines Eigenheims ohne Vollfinanzierung des Grundstücks.30 Aufgrund dieser boden- und sozialpolitischen Ziele wurden Erbbaurechte ursprünglich in erster Linie vom Staat sowie von den Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen eingeräumt.31 Das Erbbaurecht zeichnet sich durch seine Doppelnatur aus: Es ist einerseits ein Recht an einem Grundstück, das aber andererseits mit dem Eigentum an einem Bauwerk verbunden ist.32 Hierbei steht aus rechtlicher Sicht das Grundstücksrecht im Vordergrund, so dass nach § 11 ErbbauRG im Wesentlichen auch die Vorschriften über Grundstücke Anwendung finden. Für den Berechtigten ist jedoch wirtschaftlich und praktisch betrachtet in erster Linie das Eigentum am Bauwerk und damit auch dessen Benutzbarkeit von Bedeutung.33 Das Bauwerk wäre an sich gemäß §§ 93, 94 BGB ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, es gilt aber nach der Fiktion des § 12 Abs. 1 ErbbauRG als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts.34 Allerdings ist die Existenz eines Bauwerks keine Ent- oder Bestehensvoraussetzung für das Erbbaurecht, so dass auch der Untergang des Bauwerks das Erbbaurecht nicht berührt.35 Als Gegenleistung für das Erbbaurecht wird zumeist die Pflicht zur Zahlung eines Erbbauzinses in regelmäßigen Abständen vereinbart (vgl. §§ 9 Abs. 1, 9a ErbbauRG). Die Dauer des Erbbaurechts ist gesetzlich nicht festgelegt. Einzig aus § 27 ErbbauRG geht hervor, dass ein Erlöschen durch Zeitablauf möglich ist.36 Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung wird dagegen durch § 1 Abs. 4 ErbbauRG ausgeschlossen. Nach Auffassung des BGH und mittlerweile auch der Mehrheit im Schrifttum gilt § 1 Abs. 4 ErbbauRG entsprechend bei Befristungen mit zeitlich ungewissem Endtermin, wie zum 29 Brehm/Berger, § 24, Rn. 4; MüKomm/von Oefele, Vor § 1 ErbbauRG, Rn. 6; von Oefele/Winkler, Rn. 1.6. 30 von Oefele/Winkler, Rn. 1.4 und 1.5; Winkler, NJW 1992, S. 2514. 31 von Oefele/Winkler, Rn. 1.16; Winkler, NJW 1992, S. 2514. 32 von Oefele/Winkler, Rn. 1.29/1.30. 33 Vgl. von Oefele/Winkler, Rn. 1.29/1.30; MüKomm/von Oefele, § 1 ErbbauRG, Rn. 5/6. 34 Vgl. von Oefele/Winkler, Rn. 2.40. 35 Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 54. 36 von Oefele/Winkler, Rn. 2.138.

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Beispiel dem Tod des Erbbauberechtigten, weil die Abhängigkeit des Erbbaurechts von derart unsicheren Faktoren dessen Beleihbarkeit und Marktfähigkeit im gleichen Maße wie eine auflösende Bedingung beeinträchtigen würde.37 In der Praxis werden Erbbaurechte häufig für eine bestimmte Zeit vereinbart, wobei diese regelmäßig zwischen 30 und 100 Jahren und hierbei häufig bei 99 Jahren liegt.38 Aufgrund dieses oftmals sehr langen Zeitraums, für den das Erbbaurecht bestellt wird, besteht auch ein besonderer Bedarf der Beteiligten, spezielle Regelungen über ihre Rechte und Pflichten zu treffen.39 Unter gewissen Umständen kann es vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit zum sog. Heimfall des Erbbaurechts kommen, der einen Rückübertragungsanspruch des Erbbaurechts begründet. Der Heimfallanspruch ersetzt den Rücktritt40 sowie die sonst bei Dauerschuldverhältnissen zur Verfügung stehende Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung.41 Die Parteien können Heimfallgründe grundsätzlich frei vereinbaren (vgl. § 2 Nr. 4 ErbbauRG) und sind hierbei lediglich durch zwingendes Gesetzesrecht sowie die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) beschränkt.42 Selbst die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie zum Beispiel „dringender Grund“ oder „unbillige Härte“43 ist möglich.44 Allerdings müssen die vereinbarten Heimfallgründe in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Erbbaurecht stehen.45 Daneben ist die Ausübung des Heimfallanspruchs im Einzelfall durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt.46 Oftmals findet man die Vereinbarung des Heimfalls für den Fall des Zahlungsverzugs des Erbbauberechtigten (vgl. § 9 Abs. 4 ErbbauRG). Häufig vereinbarte Heimfallgründe sind aber auch der dringende Eigenbedarf des Grundstückseigentümers sowie der Tod des Erbbauberechtigten.47 Der Heimfallanspruch kann nicht 37

BGH NJW 1969, 2043 (2045); Klingenstein, BWNotZ 1965, 223 ff. m. w. N.; von Oefele/Winkler, Rn. 2.144 m. w. N. zum Streitstand. 38 Prütting, Rn. 876; nach Holthausen-Dux, in: Usinger/Minuth, S. 288 werden Erbbaurechte vermehrt für einen Zeitraum zwischen 30 und 60 Jahren bestellt. 39 Vgl. Winkler, NJW 1992, S. 2514. 40 Nach § 1 Abs. 4 ErbbauRG ist ein Rücktritt beim Erbbaurecht ausgeschlossen. 41 von Oefele/Winkler, Rn. 4.77. 42 von Oefele/Winkler, Rn. 4.81 und 4.84. 43 Siehe hierzu LG Oldenburg Rpfleger 1979, 383 (383/384). 44 von Oefele/Winkler, Rn. 4.79 m. w. N. 45 Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 53. 46 So ist zum Beispiel auch ein Nachschieben von Heimfallgründen unzulässig, vgl. von Oefele/Winkler, Rn. 4.90. 47 In dieser Vereinbarung liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Vererblichkeit des Erbbaurechts, da das Erbbaurecht zunächst bei Eintritt des Erbfalls nach § 1922 Abs. 1 BGB vererbt wird und der Grundstückseigentümer nur anschließend die Möglichkeit hat, den Heimfallanspruch geltend zu machen, vgl. OLG Hamm

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vom Grundstückseigentum getrennt werden (vgl. § 3 ErbbauRG). Bei Beendigung durch Zeitablauf oder bei Geltendmachung des Heimfallanspruchs geht das Bauwerk in das Eigentum des Grundstückseigentümers über, es entsteht aber als Ausgleich ein Entschädigungs- oder Vergütungsanspruch des Erbbauberechtigten (§§ 27 ff. und 32 ErbbauRG). Dadurch dass jede Pflichtverletzung als Heimfallgrund ausgestaltet werden kann, ist eine gewisse Verdinglichung vertraglicher Vereinbarungen möglich.48 Als dingliches Recht und im Gegensatz zu Nießbrauchsrechten oder Dienstbarkeiten ist das Erbbaurecht grundsätzlich belastbar, wobei vorhandene Belastungen bei einem Heimfall mit dem Erbbaurecht bestehen bleiben.49 Diese Belastbarkeit ist entscheidend für die Finanzierbarkeit von Bauvorhaben und trägt damit maßgeblich zur Attraktivität des Erbbaurechts bei.50 Erbbauberechtigter kann auch der Eigentümer selbst sein.51 Dieser kann gleichsam auf Vorrat ein Erbbaurecht bestellen und dieses dann zu einem beliebigen Zeitpunkt auf einen anderen übertragen. Nach Ansicht des BGH und Teilen des Schrifttums kann ein Erbbaurecht auch selbst wiederum mit einem Erbbaurecht belastet werden.52 NJW 1965, 1488 (1488/1489); von Oefele/Winkler, Rn. 4.85; Weichhaus, Rpfleger 1979, S. 330. 48 von Oefele/Winkler, Rn. 4.78. 49 Winkler, NJW 1992, S. 2519. 50 Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 43; siehe hierzu auch Huber, NJW 1952, S. 687 ff. und Götz, DNotZ 1980, S. 3 ff. 51 Ingenstau/Hustedt, ErbbauR, § 1, Rn. 11. 52 Siehe nur BGHZ 62, 179 (179 ff.); vgl. Baur/Stürner, § 29, Rn. 40. Als Argument wird insbesondere angeführt, dass diesbezüglich keine gesetzliche Beschränkung ersichtlich und das Erbbaurechtsgesetz in dieser Hinsicht offen sei (vgl. Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 45). Ein rechtliches Bedürfnis für die Bestellung eines Untererbbaurechts besteht vor allem bei der Errichtung von Baukomplexen durch einen Bauträger, der dann für die einzelnen Gebäudeeinheiten jeweils ein Erbbaurecht bestellen kann, vgl. Wilhelm, Rn. 2171. Die Gegenmeinung argumentiert, dass ein hierdurch geschaffenes Obererbbaurecht völlig inhaltsleer wäre und zudem bei einem Heimfall automatisch erlöschen müsste (Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 45). Auch fänden zwar nach § 11 ErbbauRG die Vorschriften über Grundstücke auf das Erbbaurecht entsprechende Anwendung (mit Ausnahme der §§ 925, 927, 928 BGB). Hiernach erscheine die Belastbarkeit mit einem weiteren Erbbaurecht grundsätzlich möglich, allerdings reiche die entsprechende Anwendbarkeit nur so weit, als nicht durch die ErbbauRG ein anderes bestimmt wird (wenn man die ErbbauRG überhaupt in die Verweisung mit einbezieht). Eine Anwendung des § 1 ErbbauRG sei jedoch bereits begrifflich unmöglich, da dieser ein Grundstück mit einer Oberfläche und einem Bauwerk voraussetzt, welche jedoch das Erbbaurecht selbst nicht aufweisen kann. Weiterhin setze das ErbbauRG auch in den folgenden Vorschriften einen Grundstückseigentümer voraus (siehe nur §§ 2, 3, 5 und 9 ErbbauRG), was die zentrale Bedeutung der Existenz eines Grundstücks beim Erbbau-

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Das Erbbaurecht wird in Abteilung II des Grundbuchs des belasteten Grundstücks stets an erster Rangstelle eingetragen, eine gegenüber anderen Belastungen nachrangige Bestellung ist nach § 10 Abs. 1 ErbbauRG grundsätzlich nicht zulässig. Ist die erste Rangstelle nicht frei, muss mit allen vorrangig Berechtigten ein Rangrücktritt gemäß § 880 BGB vereinbart werden. Durch diese zwingende Regelung soll verhindert werden, dass ein vorrangig am Grundstück Berechtigter durch Zwangsvollstreckung in das Grundstück das Erbbaurecht vor Ablauf seiner Dauer zum Erlöschen bringt.53 Gleichzeitig ist von Amts wegen neben dem Grundbuch ein separates Erbbaugrundbuch anzulegen (vgl. hierzu § 14 ErbbauRG).54 Durch die Eintragung von Vereinbarungen zum Inhalt des Erbbaurechts entfalten diese Wirkung gegenüber jedermann. Allerdings ist damit weder eine Haftung des Erbbaurechts noch des Grundstücks für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen verbunden.55 Vereinzelte Stimmen im Schrifttum fordern die Einräumung eines Rechts des Erbbauberechtigten zum Ankauf des Grundstücks sobald ein Kredit für das auf dem Grundstück errichtete Bauwerk abbezahlt ist. Dies sei vor allem deshalb politisch geboten, weil Erbbaurechte oftmals von der öffentlichen Hand oder den Kirchen ausgegeben würden, die sich dadurch am Bürger zu bereichern versuchten, dass sie anstelle eines Grundstückverkaufs lediglich Erbbaurechte ausgäben.56 Diese Argumentation kann jedoch nicht überzeugen. Es ist nämlich zunächst das gute Recht jedes Eigentümers, einem Interessenten an dem Grundstück anstelle einer Übertragung die Bestellung eines Erbbaurechts anzubieten. Ob hierin eine Bereicherung zu sehen ist, hängt dagegen von den Bedingungen des Erbbaurechts, insbesondere von der Höhe des zu zahlenden Erbbauzinses, ab. Auch besteht möglicherweise ein legitimes Interesse des Erbbaurechtsgebers an der Eigentümerstellung. Zudem wirkt die Bindung der öffentlichen Hand sowie der Körperschaften des öffentlichen Rechts an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) womöglich bestehenden Missbrauchsgefahren entgegen. Weiterhin erscheint auch die Einschränkung für das geforderte Ankaufsrecht, dass ein Kredit abbezahlt worden sein muss, unverständlich. Abgesehen davon, dass die Aufnahme eines Kredits mit einer längeren Laufzeit als das Erbbaurecht praktisch nicht auftreten dürfte, ist nicht ersichtlich, weshalb nur ein Bauherr privilegiert werden soll, der sein Bauwerk fremdfinanziert und recht unterstreiche (vgl. Schneider, DNotZ 1955, S. 71/72; siehe auch Groß, JurBüro 1957, S. 16 ff. 53 MüKomm/von Oefele, § 10 ErbbauRG, Rn. 1. 54 Holthausen-Dux, in: Usinger/Minuth, S. 286. 55 von Oefele/Winkler, Rn. 4.29. 56 Vgl. Brehm/Berger, § 24, Rn. 4; Staudinger/Rapp, Einl. ErbbauRG, Rn. 4; Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 25.

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die Finanzierung bei Ablauf des Erbbaurechts abgeschlossen hat. Die Finanzierung ändert nämlich nichts an der rechtlichen Interessenlage. Das Ankaufsrecht bestünde somit nur dann nicht, wenn eine vollständige Eigenfinanzierung vorliegt oder unerwartete Finanzierungsprobleme auftreten. Hierfür ist kein Grund erkennbar, im Gegenteil muss doch ein Bauherr gerade dann schutzbedürftig sein, wenn ein Kredit für das Bauwerk noch nicht vollständig abbezahlt werden konnte. Die Einführung eines derartigen Ankaufsrechts ginge über den Wertersatzanspruch des § 27 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG hinaus, da der Erbbauberechtigte nicht nur für seine Aufwendungen in Bezug auf das Bauwerk entschädigt, sondern ihm darüber hinaus die Möglichkeit eingeräumt würde, selbst Eigentümer des Grundstücks nebst eventuell errichteten Bauwerken zu werden. Dies würde die rechtliche Position des Eigentümers in unbilliger Weise schwächen, da er mit der Bestellung eines Erbbaurechts Gefahr liefe, das Eigentum an dem Grundstück zu verlieren. Andererseits ist die mangelnde rechtliche Möglichkeit, auch Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks zu werden, für den Berechtigten durch die in der Praxis üblichen langen Laufzeiten akzeptabel.57 Auch wenn der Erbbauberechtigte nicht Grundstückseigentümer wird, ist das Erbbaurecht aus wirtschaftlicher Sicht insgesamt stark dem Eigentum angenähert und schränkt den Eigentümer eines Grundstücks sogar noch stärker ein als der Nießbrauch58, da es vererbbar und veräußerbar ist und somit theoretisch ewig andauern kann, sofern keine zeitliche Befristung vereinbart wurde. Außerdem gewährt es dem Berechtigten neben dem Recht zur Grundstücksnutzung auch das Eigentum an dem Bauwerk. Das Erbbaurecht stellt damit das den Grundstückseigentümer am stärksten beschränkende Grundstücksrecht dar.59 Das Erbbaurecht erfreut sich einerseits aufgrund seines dinglichen Charakters und andererseits aufgrund der vielfältigen Funktionen, die es erfüllen kann, großer Beliebtheit. Sein entscheidender Vorzug liegt darin, dass es eine zeitliche Beschränkung ermöglicht60 und folglich entsprechend den jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen ausgestaltet werden kann.61 Interessant ist vor allem, dass das Erbbaurecht in der heutigen Praxis nicht nur im Siedlungs- und Wohnungsbau, sondern auch bei der Finanzierung von industriellen und sonstigen kommerziellen Immobilien-Projek57 58 59 60 61

MüKomm/von Oefele, Vor § 1 ErbbauRG, Rn. 5. Zum Nießbrauch siehe die Darstellung unter III. von Oefele/Winkler, Rn. 1.28. von Oefele/Winkler, Rn. 1.14. MüKomm/von Oefele, Vor § 1 ErbbauRG, Rn. 7.

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ten eine wichtige Rolle spielt und insofern eine Wiederbelebung erfahren hat. Diese Renaissance des Erbbaurechts ist in erster Linie seiner Flexibilität und Attraktivität zu verdanken. Die dargestellten Vorzüge werden jedoch dadurch getrübt, dass das Erbbaurecht nur sehr eingeschränkt an Wertsteigerungen des belasteten Grundstücks teilnimmt. Des Weiteren werden in der Praxis regelmäßig Verfügungsbeschränkungen des Erbbauberechtigten vereinbart (vgl. §§ 5–8 ErbbauRG), so dass dieser bei Verfügungen über das Erbbaurecht auf die Zustimmung des Grundstückseigentümers angewiesen ist. Diese Beschränkungen, die sich insbesondere auch auf die Finanzierbarkeit des zu errichtenden Gebäudes auswirken, sind vermutlich die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass sich das Erbbaurecht in der Praxis nicht noch deutlich größerer Popularität erfreut.62 III. Der Nießbrauch als umfassendes dingliches Nutzungsrecht Zwar wird der Nießbrauch nach deutschem Verständnis nicht als eigentumsähnliches Recht angesehen, aber es besteht aufgrund der Tatsache, dass dieser ein umfassendes Nutzungsrecht an einer Sache gewährt, eine starke Annäherung an das Eigentum und die eigentumsähnlichen Rechte. So kann der Berechtigte die nießbrauchsbefangene Sache zu Lebzeiten wie ein Eigentümer nutzen (vgl. § 1030 Abs. 1 BGB). Er unterliegt allerdings einigen Beschränkungen, die im Wesentlichen den Fortbestand der Sache sichern und somit vor einer allzu großen Beschneidung der Rechte des Eigentümers schützen sollen. Da der Nießbrauch ein persönliches Recht ist, erlischt er auch automatisch mit dem Tod des Begünstigten und ist weder veräußerbar noch vererblich (§ 1059 BGB). In der Praxis wird der Nießbrauch an einer Sache häufig im Zusammenhang mit einer Schenkung bestellt, vor allem bei Schenkungen im Rahmen vorweggenommener Erbfolge. Hierdurch verbleibt das Eigentum beim Schenker, der wirtschaftliche Nutzen des Schenkungsgegenstands wird aber hiervon getrennt und auf den Nießbraucher übertragen.63 Neben diesem sog. Versorgungsnießbrauch ist andererseits auch ein Sicherungsnießbrauch üblich. Letzterer wird zugunsten des Gläubigers einer Forderung zusammen mit einem Grundpfandrecht bestellt und ermöglicht einen sofortigen und von einer Beschlagnahme unabhängigen Zugriff auf die Nutzungen des Grundstücks, zu denen insbesondere Mieteinnahmen zählen.64 62 63 64

Holthausen-Dux, in: Usinger/Minuth, S. 294. Lindner-Figura, in: Usinger/Minuth, 33. Baur/Stürner, § 32, Rn. 5/6.

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IV. Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht Ein Dauerwohnrecht umfasst nach § 31 Abs. 1 WEG das Recht, eine Wohnung unter Ausschluss des Eigentümers zu nutzen, wobei die Fruchtziehung mit eingeschlossen ist. Insofern ist das Dauerwohnrecht am ehesten mit einer Dienstbarkeit vergleichbar.65 Im Gegensatz zu den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und insbesondere dem Wohnungsrecht nach § 1093 BGB ist das ausschließliche Dauerwohnrecht nach § 33 Abs. 1 S. 1 WEG veräußerlich und vererblich.66 Sofern es sich bei den Räumlichkeiten nicht um Wohnraum handelt, spricht man von einem Dauernutzungsrecht (vgl. § 31 Abs. 2 WEG). Die in den §§ 31–42 WEG enthaltene Regelung von Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht ist nicht umfassend, sondern legt vielmehr nur Eckpunkte fest, welche noch der weiteren Ausgestaltung durch die Parteien bedürfen.67 Beide Rechte sind dinglicher Natur, vererblich und veräußerlich68 und beziehen sich jeweils nur auf eine bestimmte Wohnung oder auf bestimmte Räume.69 Wie auch beim Erbbaurecht ist die Bestellung eines Dauerwohnund Dauernutzungsrechts unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung unzulässig (§ 33 Abs. 1 S. 2 WEG), eine Befristung aber möglich.70 Folglich können beide Rechte als eine Art zeitlich beschränktes Eigentum eingeordnet werden. Dieses ist an sich dem BGB fremd, bis auf das – insofern auch systemfremde – Erbbaurecht, welches bereits im BGB angelegt war und gemeinhin als anerkannte Ausnahme gilt.71 Wirtschaftlich betrachtet können Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte zwei verschiedene Funktionen erfüllen: Zum einen die Sicherung eines wirtschaftlichen Nutzungsrechts, also die Verwirklichung einer dinglich abgesicherten Miete oder Pacht, wobei in diesem Fall das Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrecht oft nur auf Zeit geschlossen wird.72 Zum anderen kann das Institut zur Schaffung eines eigentumsähnlichen Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrechts verwendet werden, bei dem der Berechtigte die Finanzierung des Gebäudes oder der Räume übernimmt und die Nutzung oft für unbeschränkte Zeit oder zumindest für einen langen Zeitraum vereinbart wird. Allerdings sind Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte praktisch so 65 66 67 68 69 70 71 72

Weitnauer/Mansel, WEG, § 31, Rn. 1. Vgl. MüKomm/Joost, § 1093, Rn. 2. Weitnauer/Mansel, WEG, Vor § 31, Rn. 12. von Oefele/Winkler, Rn. 1.34. von Oefele/Winkler, Rn. 1.34. BGHZ 130, 150 (157 ff.) m. w. N. zum Streitstand. Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 55. Weitnauer/Mansel, WEG, Vor § 31, Rn. 6.

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gut wie bedeutungslos, was wohl in erster Linie auf die mangelnde Beleihbarkeit zurückzuführen ist.73 V. Relatives Eigentum Unter dem Begriff relatives Eigentum fasst man üblicherweise das fiduziarische Eigentum und das Eigentum, das entgegen einem relativen Veräußerungsverbot nach §§ 135, 136 BGB erworben wurde, zusammen.74 Weiterhin kann die relative Unwirksamkeit von Verfügungen auch gesetzlich angeordnet sein, wie dies bei dem mit einer Vormerkung (§§ 883 ff. BGB) belasteten Eigentum oder auch beim dinglichen Vorkaufsrecht nach §§ 1094 ff. BGB der Fall ist. Der Begriff der Relativität ist insofern irreführend, als er eine Art Aufspaltung des Eigentums unter mehreren Volleigentümern suggeriert, diese aber gerade rechtlich nicht möglich ist.75 Vielmehr bedeutet relatives Eigentum, dass dem durch das Veräußerungsverbot Geschützten vermöge einer Aufspaltung der Verfügungsmacht die Durchsetzung seines schuldrechtlichen Anspruchs gegen den ursprünglichen Eigentümer ermöglicht wird.76 Nur insofern bleibt – im Verhältnis zum Geschützten – die Eigentumsposition des bisherigen Eigentümers erhalten. Nach herrschender Meinung erwirbt der Geschützte kein dingliches Recht an der Sache.77 Das fiduziarische Eigentum ist rechtlich betrachtet Volleigentum, das im Rahmen eines Treuhandverhältnisses übertragen wird. Das Treuhandverhältnis besteht entweder zu Zwecken der Verwaltung des Eigentums oder aber zu Sicherungszwecken, wie insbesondere bei der Sicherungsübereignung. Gegen das Institut der Sicherungsübereignung wurden zunächst dogmatische Bedenken laut, da sie eine Ausnahme sowohl zum Publizitätsgrundsatz als auch zum Prinzip des Numerus clausus der Sachenrechte darstellt. Die Sicherungsübereignung wurde allerdings schon vom Reichsgericht für zulässig erachtet und ist mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt.78 Bei der Sicherungsübereignung erfolgt zunächst eine Übereignung nach den § 929 ff. BGB, regelmäßig unter Anwendung des § 930 BGB. Durch diese 73

Vgl. Klingenstein, BWNotZ 1965, 229/230. Vgl. Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 41 und Baur/Stürner, § 3, Rn. 32 ff. 75 Baur/Stürner, § 3, Rn. 32. 76 Vgl. Palandt/Ellenberger, § 136, Rn. 6 m. w. N.; Staudinger/Kohler, § 135, Rn. 90 ff. m. w. N. 77 Nachweise zur auf Planck zurückgehenden Gegenmeinung bei MüKomm/Armbrüster, § 135, Rn. 33. 78 Vgl. nur RGZ 57, 175 (177) sowie Weber, Kreditsicherungsrecht, S. 164/165 m. w. N. 74

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wird der Sicherungsnehmer Volleigentümer, der Sicherungsgeber aber bleibt Besitzer des Sicherungsguts. Charakteristisch ist nun, dass aufgrund des Treuhandverhältnisses der neue Eigentümer als Treuhänder das ihm eingeräumte Recht vollständig oder teilweise nach den Interessen des Sicherungsgebers als Treugeber ausüben soll. Der Sicherungsnehmer erhält dadurch im Außenverhältnis mehr Rechte, als ihm im durch die Sicherungsabrede ausgestalteten Innenverhältnis zustehen. Die sog. Verwaltungstreuhand wird vor allem bei der Inkassozession vereinbart. Hierbei wird eine Forderung an einen Treuhänder abgetreten, der diese Forderung im eigenen Namen aber für fremde Rechnung des Zedenten einziehen soll.79 Weitere häufige Fälle betreffen die Treuhand über Bankkonten, Investmentfonds oder über Gesellschaftsanteile.80 Da diese genannten Verwaltungstreuhandverhältnisse Forderungen und nicht das Eigentum an körperlichen Gegenständen zum Gegenstand haben81, soll hierauf in der folgenden Darstellung nicht näher eingegangen werden. Die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Treuhandverhältnisses erzeugen eine starke Bindung des rechtlichen Eigentümers und sehen regelmäßig eine Rückübertragungspflicht vor. Auch kann das Eigentum von vornherein unter der auflösenden Bedingung des Sicherungszwecks übertragen werden, wobei insofern auch eine stillschweigende Vereinbarung möglich ist.82 Haben die Parteien diesbezüglich keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen, kann man nicht etwa ohne Weiteres die stillschweigende Vereinbarung einer auflösenden Bedingung der Übereignung in die Sicherungszweckabrede hineinlesen. Dies ist stets im Einzelfall festzustellen und entspricht nicht etwa einem allgemeinen Rechtsgrundsatz.83 Fehlt es an einer auflösenden Bedingung, ergibt sich ein Rückübertragungsanspruch aus dem Sicherungsvertrag selbst oder zumindest aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB. Aufgrund dieser starken Bindung betrachtet man den Treugeber als wirtschaftlichen Eigentümer84, während der Treuhänder rechtlicher Eigentümer ist. 79

Vgl. MüKomm/Roth, § 398, Rn. 41. Mükomm/Schramm, Vorbem. §§ 164 ff., Rn. 30 m. w. N. 81 Auch bei den sog. Bauherrenmodellen besteht in der Praxis kein fiduziarisches Grundstückseigentum. Entweder führt nämlich ein Baubetreuer den Bau durch und erst bei Fertigstellung des Gebäudebaus erfolgt die Übereignung des Grundstücks an den Erwerber oder umgekehrt erteilt ein Grundstückseigentümer den Auftrag zur Baubetreuung an einem auf dem Grundstück zu errichtenden Bauwerk, vgl. MüKomm/Kanzleiter, § 311b, Rn. 56 m. w. N. 82 So BGH JZ 1991, 732 (732); zur fehlenden Akzessorietät der Sicherungsübereignung Baur/Stürner, § 57, Rn. 10 m. w. N. 83 Baur/Stürner, § 3, Rn. 10 m. w. N. 84 Baur/Stürner, § 3, Rn. 34. 80

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Bei einem relativen Veräußerungsverbot, bei der Vormerkung und beim dinglichen Vorkaufsrecht hingegen bewirkt die relative Unwirksamkeit85 der Verfügung des Eigentümers, dass sich im Verhältnis zwischen dem Verbotsgeschützten und dem ursprünglichen Eigentümer die Eigentumslage nicht verändert, wohingegen aber gegenüber jedermann, nämlich jedem anderen Dritten gegenüber, der Erwerber neuer Eigentümer des betreffenden Gegenstands wird.86 Ist also zum Beispiel S Eigentümer eines Grundstücks, an dem ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten des G besteht, so kann G bei einer Veräußerung des Grundstücks von S an X zwar nicht den Eigentumserwerb des X verhindern, dagegen bewirkt die relative Unwirksamkeit nach §§ 883 Abs. 2 i. V. m. 1098 Abs. 2 BGB, dass dem G gegenüber S Eigentümer des Grundstücks und demgemäß auch verfügungsbefugt bleibt. Zudem kann G von S nach §§ 888 i. V. m. 1098 Abs. 2 BGB Zustimmung dazu verlangen, dass er (also G) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird. Nach Auffassung von Raape87 stellt die relative Unwirksamkeit i. S. v. § 135 BGB in Anlehnung an die Wirkung der Erwerbsvormerkung im Grundstücksrecht nach § 888 BGB eine sog. ausgeglichene Wirksamkeit dar. Dies führt dazu, dass der Erwerber Volleigentümer wird (auch gegenüber dem geschützten Dritten), gleichzeitig als zweite Wirkung aber eine sog. relative Gegenwirkung eintritt, welche den Nachteil der absoluten Wirksamkeit für den Geschützten in dem notwendigen Maß beseitigt und dadurch dessen Erwerbsanspruch sichert. Beer88 hingegen spricht sich dafür aus, dass dem durch das Veräußerungsverbot Geschützten ein sog. Absicherungsrecht zusteht, das sowohl schuldrechtliche als auch dingliche Merkmale aufweist.89 Allerdings ist dem deutschen Recht ein sog. ius ad rem fremd. Dieser Begriff wird zwar in vielerlei verschiedenen Bedeutungen verwendet, stets bezeichnet er jedoch ein Recht zur Sache. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass dessen Inhaber schon eine bestimmte Rechtsbeziehung zu der Sache aufgebaut hat, die zwar noch nicht dem vollen dinglichen Recht (meistens dem Eigentum) entspricht, aber über das persönliche Verhältnis zum Schuldner hinausgeht.90 In diesem Sinne ist das ius ad rem eine Art Vorzugsrecht91 und stellt eine Zwischenform aus schuldrechtlicher und sachen85

So Palandt/Ellenberger, § 136, Rn. 6/7 m. w. N. Baur/Stürner, § 3, Rn. 33. 87 Raape, S. 49 ff. 88 Beer, S. 146 ff. und 164 ff. 89 So auch MüKomm/Armbrüster, § 135, Rn. 36 m. w. N. 90 Michaels, 56/57; zu den verschiedenen historischen Formen des ius ad rem siehe Hübner, S. 178/179. 91 MüKomm/Kohler, § 883, Rn. 2 (Fn. 3). 86

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rechtlicher Berechtigung dar.92 Zumeist wird die Bezeichnung ius ad rem beim Doppelverkauf einer Sache gebraucht, um den Schutz des Erstkäufers gegenüber einem bösgläubigen Zweitkäufer zu erklären.93 Die Annahme eines derartigen ius ad rem seitens des Geschützten liefe vorliegend der gesamten Konstruktion der relativen Unwirksamkeit (und auch der Vormerkungswirkung) zuwider, nach der zunächst das erforderliche dingliche Rechtsgeschäft – notfalls mit gerichtlicher Hilfe – vorgenommen werden muss, um dem Geschützten ein dingliches Recht an der Sache zu verschaffen.94 Die relative Unwirksamkeit von Veräußerungen ist auch ohne derartige begriffliche Einordnungen erklärbar. Der vom Veräußerungsverbot Geschützte erlangt kein eigenständiges Recht gegenüber dem Dritterwerber, sondern ihm wird durch eine Aufspaltung der Verfügungsmacht die Durchsetzung seines schuldrechtlichen Anspruchs gegen den ursprünglichen Eigentümer ermöglicht.95 So dienen die genannten Konstruktionen nicht einmal der bildlichen Darstellung96 des Schutzinstruments des § 135 BGB. Sie überdehnen die dogmatischen Auswirkungen des § 135 BGB und sind darüber hinaus auch nicht von praktischer Notwendigkeit. VI. Das Anwartschaftsrecht Als Anwartschaft bezeichnet man eine Vorstufe zum Erwerb eines Vollrechts, die bereits in einem gewissen Umfang rechtlich gesichert ist.97 Der hierfür notwendige Umfang an rechtlicher Sicherung wird dabei unterschiedlich beurteilt.98 Einer geläufigen Definition zufolge besteht ein solches Anwartschaftsrecht, „wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition des Erwerbers nicht mehr durch einseitige Erklärung zerstören kann.“99 92 So MüKomm/Kramer, Einl. zu Buch 2 (§§ 241–432 BGB), Rn. 20; Dubischar, JuS 1970, S. 6; jeweils m. w. N. 93 Michaels, S. 56. 94 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 1 III 5 b; Kohler, JZ 1983, S. 586. 95 Staudinger/Kohler, § 135, Rn. 95; siehe auch bereits oben (Fn. 76). 96 So Soergel/Hefermehl, § 135, Rn. 18. 97 Vgl. Wilhelm, Rn. 2328. 98 Medicus, BGB, Rn. 456 m. w. N. 99 BGHZ 45, 186 (188/189); BGHZ 49, 197 (201); BGHZ 83, 395 (399); BGHZ 114, 161 (164) zurückgehend auf Westermann/Westermann, § 5 III 4a. Das Anwartschaftsrecht ist jedoch nicht einhellig anerkannt, kritisch hierzu insbesondere Marotzke, Das Anwartschaftsrecht – ein Beispiel sinnvoller Rechtsfortbildung? (1977). Wilhelm, Rn. 2329 ff. führt zunächst an, es sei zirkelschlüssig, die Rechtsbeständig-

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Aufgrund dieses bereits existierenden rechtlichen Zuordnungsgehalts, den man der Anwartschaft zuschreibt, spricht man auch von einem Anwartschaftsrecht.100 Nach der Rechtsprechung des BGH stellt das Anwartschaftsrecht kein aliud gegenüber dem Eigentum dar, sondern ein diesem wesensähnliches Recht in Form einer selbständig verkehrsfähigen Vorstufe.101 Das Anwartschaftsrecht wird deshalb rechtlich nicht bloß als Vorstufe des Eigentums, sondern als ein wesensgleiches Minus hierzu eingeordnet.102 Allerdings ist der Unterschied zwischen diesen beiden schillernden Begriffen recht unklar, es bleibt nämlich völlig offen, wann ein rechtliches Phänomen so unterschiedlich im Vergleich zum Eigentum ist, dass es als Aliud und nicht als wesensähnlich einzuordnen ist. Somit sind die beiden unscharfen Begriffe nicht geeignet, um das Anwartschaftsrecht zu definieren. Ein Anwartschaftsrecht wird hauptsächlich in den folgenden drei Fallgestaltungen angenommen: Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt nach § 449 BGB, beim Erwerb eines Grundstücksrechts nach der bindenden Erklärung der Einigung und Stellung des Einigungsantrags durch den Erwerber bis zur Eintragung im Grundbuch sowie bei der erfolgten Bestellung einer Hypothek vor Entstehung der zu sichernden Forderung.103 Der Vorbehaltskäufer wird nach § 449 BGB im Zweifel erst Eigentümer der von ihm gekauften Sache, wenn er deren Kaufpreis vollständig gezahlt hat. In der Praxis wird meist eine Zahlung des Kaufpreises in Raten vereinbart. Dies bedeutet zwar, dass der Vorbehaltskäufer in der Abzahlungsphase noch nicht Eigentümer ist, andererseits kann er durch Zahlung des Kaufpreises auch ohne Mitwirkung des Vorbehaltsverkäufers den Eigentumsübergang herbeiführen. Zudem erhält der Vorbehaltskäufer durch den Schutz vor Zwischenverfügungen nach § 161 BGB eine rechtlich gesicherte Position. Hiernach sind nämlich sämtliche Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers unwirksam, soweit sie den Eintritt der Bedingung, hier den Eigentumserwerb des Vorbehaltskäufers, vereiteln würden. Diese Absicherung des Vorbehaltskäufers kann lediglich durch den gutgläubigen Erwerb eines Dritten (§§ 161 Abs. 3 BGB, 932 ff. BGB) durchbrochen werden, was jedoch einer Qualifikation der Rechtsposition als Anwartschaftsrecht nicht keit einerseits für das Bestehen eines Anwartschaftsrechts vorauszusetzen und diese andererseits wiederum als Rechtsfolge des Anwartschaftsrechts abzuleiten. Außerdem könne die Annahme eines Anwartschaftsrechts nicht in den Numerus clausus der Sachenrechte eingeordnet werden. Eingehend gegen die Anerkennung des Anwartschaftsrechts auch Mülbert, AcP 202 (2002), 936 ff. 100 Wilhelm, Rn. 2328. 101 BGHZ 114, 161 (164). 102 BGHZ 28, 16 (21). 103 Baur/Stürner, § 3, Rn. 45; Medicus, BGB, Rn. 458 ff.

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entgegensteht, da auch das Eigentum als Vollrecht nicht gegenüber einem gutgläubigen Eigentumserwerb geschützt ist. Ähnlich verhält es sich mit der Position des Grundstückserwerbers nach der bindenden Einigungserklärung und Stellung des Einigungsantrags bis zur Eintragung im Grundbuch. Der Erwerber wird nach § 873 Abs. 1 BGB erst mit der Eintragung im Grundbuch Grundstückseigentümer. Andererseits kann der Grundstücksverkäufer aufgrund des grundbuchrechtlichen Prioritätsprinzips (§§ 17, 18 Abs. 2 GBO), wonach das Grundbuchamt Eintragungen nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der entsprechenden Anträge vorzunehmen hat, selbst durch zwischenzeitliche Verfügungen den Eigentumserwerb des Erwerbers nicht mehr verhindern.104 Wegen des Grundsatzes der Akzessorietät (vgl. nur §§ 1113 Abs. 1, 1137 Abs. 1 S. 1 und 1153 BGB) ist neben der Einigung der Parteien und der Eintragung der Hypothek im Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB) die Existenz der zu sichernden Forderung Entstehensvoraussetzung, wobei eine Hypothek aber auch für zukünftige Forderungen bestellt werden kann (§ 1113 Abs. 2 BGB). Fehlt es ausschließlich an der Entstehung der zu sichernden Forderung, kann der Hypothekengläubiger diese ohne Mitwirkung des Grundstückseigentümers herbeiführen, zum Beispiel durch Auszahlung der vereinbarten Darlehenssumme an den Schuldner, wodurch die Hypothek automatisch entsteht. Aufgrund der angenommenen Wesensähnlichkeit zwischen dem Anwartschaftsrecht und dem Vollrecht wird das Anwartschaftsrecht häufig in gleicher Weise wie das Eigentum rechtlich geschützt.105 Hierbei wird aber oft verkannt, dass das Anwartschaftsrecht nach zu befürwortender Ansicht gerade keine eigenständige rechtliche Institution darstellt. Somit führt die Argumentation, die ein Recht als Anwartschaftsrecht einstuft und hieraus ohne Weiteres Rückschlüsse auf ein gewisses Schutzniveau zieht, zu einem Zirkelschluss. Vielmehr muss man jede Schutzvorschrift individuell betrachten, um deren Anwendungsbereich – gegebenenfalls im Wege der Analogiebildung – zu bestimmen.106 Aufgrund dieser zirkelschlüssigen Argumentation ist die rechtliche Anerkennung des Anwartschaftsrechts auch im Schrifttum nicht unumstritten.107 Damit bleibt festzuhalten, dass man letztlich in jedem Einzelfall prüfen muss, ob die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Vorschriften 104 Ausgenommen bleibt freilich der Fall, dass der Grundbuchbeamte gegen das Prioritätsprinzip verstößt. 105 Siehe hierzu Medicus, BGB, Rn. 462 ff./607. 106 So auch Medicus, BGB, Rn. 456 und Wilhelm, Rn. 2329. 107 Zur Kritik an der Konstruktion des Anwartschaftsrechts schon oben (Fn. 99).

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über das Vollrecht gegeben sind. Mit der bloßen begrifflichen Einordnung als Anwartschaftsrecht ist noch nichts gewonnen, sie nimmt nur das Ergebnis, nämlich die (analoge) Anwendung der Vorschriften über das Vollrecht, vorweg, kann aber nicht die stets gebotene saubere dogmatische Bestimmung des Anwendungsbereichs der jeweils herangezogenen Schutzvorschrift oder Herleitung der Analogie ersetzen. VII. Das Eigentum mehrerer 1. Miteigentum und Gesamthandseigentum

Da eine Mitberechtigung nach §§ 428, 432 BGB nur bei sonstigen dinglichen Rechten, nicht aber beim Eigentum möglich ist, stellen Miteigentum und Gesamthandseigentum die beiden möglichen Formen der Beteiligung mehrerer am Eigentum dar. Das Miteigentum ist in den §§ 1008 ff. BGB geregelt. Hierbei wird das Eigentum an einer Sache in Bruchteile aufgeteilt, jedoch nicht nach realen Sachteilen (im Gegensatz zum Wohnungseigentum, bei dem das Eigentum an einem Gebäude in Eigentum an den verschiedenen Wohnungen aufgespaltet wird), sondern nur ideell nach Quoten.108 Ein solcher ideeller Anteil ist Eigentum im Rechtssinne, so dass über diesen selbständig verfügt werden kann und die Vorschriften über das Eigentum grundsätzlich Anwendung finden, sofern keine Spezialregelung einschlägig ist.109 Verfügungen über die sich im Miteigentum befindende Sache, d.h. über das Volleigentum, können nur unter Mitwirkung aller Miteigentümer getroffen werden.110 So können diese über den betreffenden Gegenstand nur verfügen, wenn sie hierbei zusammenwirken oder wenn sie jeweils unabhängig voneinander gleiche Verfügungen treffen. Letzteres ist der Fall bei der jeweiligen Übertragung des Miteigentumsanteils auf einen Dritten, wodurch der Dritte Alleineigentum erwirbt. Die ideellen Anteile müssen in der Hand verschiedener Personen liegen, eine Art Vorratsteilung durch den Eigentümer ist nicht möglich.111 Da es sich beim Miteigentum um einen Unterfall der Gemeinschaft nach Bruchteilen handelt, sind neben den sachenrechtlichen Spezialregelungen auch die §§ 741 ff. BGB anwendbar.112 108

Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 61. MüKomm/Schmidt, § 1008, Rn. 1 und 16. 110 Baur/Stürner, § 3, Rn. 28. 111 BGHZ 49, 250 (253); Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 62. 112 Baur/Stürner, § 3, Rn. 28, Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 61. Dieser Schluss ergibt sich auch aus § 1010 BGB, der auf diese Vorschriften Bezug nimmt und damit deren Anwendbarkeit voraussetzt. 109

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Schutzansprüche gegen Dritte (wie zum Beispiel nach §§ 985, 1004 BGB) kann jeder Miteigentümer geltend machen, wobei er sich hierbei nach §§ 1011, 432 BGB auf die Geltendmachung seines (teilbaren) Anteilsrechts beschränken113 oder beim Herausgabeanspruch das Anspruchsziel auf die Einräumung des Mitbesitzes an alle Miteigentümer richten muss.114 In einem Prozess ist der alleinig klagende Miteigentümer gesetzlicher Prozessstandschafter für die übrigen Miteigentümer.115 Das bedeutet, er kann auch ohne Mitwirkung der übrigen Miteigentümer einen Prozess in Bezug auf den Gegenstand des Miteigentums führen und macht die Ansprüche der übrigen Miteigentümer als fremdes Recht im eigenen Namen geltend. Ein Urteil entfaltet aber nur gegen die übrigen Miteigentümer Rechtskraft, sofern diese der Prozessführung zugestimmt haben.116 Gegen andere Miteigentümer stehen dem einzelnen Miteigentümer Schutzansprüche aus §§ 894, 985, 1004 BGB117 sowie aus §§ 743 ff. BGB118 zu. Zu beachten ist allerdings, dass der einzelne Miteigentümer auch hierbei jeweils nur sein Anteilsrecht geltend machen kann.119 Gesamthandseigentum existiert nur, soweit dies gesetzlich bestimmt ist, und zwar bei der Güter- und bei der Erbengemeinschaft (§§ 1415 ff. und 2032 ff. BGB).120 Unter Gesamthandseigentum versteht man die Zugehörigkeit einer Sache zu einem Vermögen, das mehreren zur gesamten Hand zusteht. Das bedeutet, dass die Gesamthänder nicht über ihren Anteil an einem einzelnen zum Gesamthandsvermögen gehörenden Gegenstand verfügen können. So bestimmt § 2033 Abs. 1 und Abs. 2 BGB für die Erbengemeinschaft, dass jeder Miterbe nicht über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen, sondern nur über seinen Nachlassanteil insgesamt verfügen kann.121 Der Grund hierfür liegt darin, dass die Erben113

Palandt/Bassenge, § 1011, Rn. 2. Palandt/Bassenge, § 1011, Rn. 3 m. w. N.; Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 65. 115 BGH NJW-RR 1999, 166 (167) m. w. N.; Palandt/Bassenge, § 1011, Rn. 4; Soergel/Stürner, § 1011, Rn. 2. 116 BGHZ 92, 351 (354); Schreiber/Berger, Kap. 2, Rn. 65; Soergel/Stürner, § 1011, Rn. 2; jeweils m. w. N. zur Gegenauffassung. 117 Schreiber/Berger, Kap. 1, Rn. 66. 118 KG NJW 1953, 1592 (1592 ff.); Palandt/Bassenge, § 1011, Rn. 1. 119 Vgl. Palandt/Bassenge, § 1011, Rn. 1. 120 AA Wieling, Sachenrecht, 92, der Gesamthandseigentum auch bei den Personenhandelsgesellschaften und der GbR annimmt. 121 Besteht der Nachlass hingegen nur aus einem einzigen Gegenstand, so kann der einzelne Miterbe über seinen Anteil hieran verfügen. Allerdings verfügt er insofern über seinen Miterbenanteil als solchen, mit der Folge, dass hierzu bei einem Grundstück auch keine Eintragung im Grundbuch Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verfügung ist (vgl. sonst §§ 873, 925 BGB), das Grundbuch aber nach § 894 BGB berichtigt werden kann, siehe BGH NJW 1969, 92 (92). 114

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gemeinschaft eine Zufallsgemeinschaft ist, welche – zumindest konzeptionell – auf Abwicklung und nicht auf Dauer angelegt ist.122 Zudem werden eventuelle Benachteiligungen durch das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miterben (§§ 2034 ff. BGB) ausgeglichen. Bei der Gütergemeinschaft kann der einzelne Gesamthänder zusätzlich auch nicht über seinen wertmäßigen Anteil am Gesamthandsvermögen verfügen (vgl. § 1419 Abs. 1 BGB). Zudem ist charakteristisch für das Eigentum zur gesamten Hand, dass die Nutzungs- und Verwertungsbefugnis über die Sache nur allen Gesamthändern gemeinsam zusteht.123 Aus den §§ 1419 Abs. 1 und 2033 Abs. 1 BGB ergibt sich weiterhin, dass Ansprüche gegen Dritte grundsätzlich nur von allen Gesamthändern gemeinsam geltend gemacht werden können. Auch die Ansprüche der Beteiligten untereinander richten sich in erster Linie nach den Regeln des Innenverhältnisses. Hinsichtlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist seit Anerkennung der (Teil-)Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR durch den BGH124 umstritten, ob diese und damit auch die Kommanditgesellschaft (§§ 105 ff. HGB) und die offene Handelsgesellschaft (§§ 161 ff. HGB) als übrige Personengesellschaften noch wie bisher angenommen zu den Gesamthandsgemeinschaften zählen. Bejaht man mit der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre die Rechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts, muss man dieser folgerichtig auch die Möglichkeit zusprechen, vermögensfähig, also Eigentümerin beweglicher oder auch unbeweglicher Sachen zu sein, und sie auch in dieser Hinsicht wie eine juristische Person behandeln.125 Damit steht das Vermögen nicht den Gesellschaftern als Gesamthändern, sondern ausschließlich der Gesellschaft zu. Nach Auffassung von Grunewald ist auch die Erbengemeinschaft rechtsfähig. Begründet wird dies mit den Sondervorschriften der §§ 2038 ff. BGB sowie der Grundbuchfähigkeit nach § 47 GBO.126 Allerdings tragen diese 122

MüKomm/Gergen, Vorbem. § 2032, Rn. 4. Ähnlich normiert § 719 Abs. 1 HS 1 BGB bei der GbR das Verbot gegenüber den Gesellschaftern, über ihren jeweiligen einzelnen Anteil zu verfügen. 124 Grundlegend insofern die Entscheidung BGHZ 146, 341 (341 ff.), in der das Gericht zudem in Anlehung an seine bisherige Rechtsprechung betont, die GbR könne grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen, vgl. BGHZ 146, 341 (343). 125 So auch BGH NJW 2009, 594 (595/506), Bamberger/Roth/Timm/Schöne, § 718 BGB, Rn. 2 und Kuntze/Dümig, Einl., B 60, jeweils m. w. N.; aA BayObLG NJW-RR 2005, 43 (43) und im Anschluss hieran OLG Celle, Urteil vom 13. März 2006, Az. 4 W 47/06, NJW 2006, 2194 (2194/2195) und ZIP 2006, 620 (620; Leitsatz). 126 Grunewald, AcP 197 (1997), 305 ff. Gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft hat sich der BGH ausdrücklich ausgesprochen, vgl. BGH NJW 2006, 3715 (3716), so bereits BGH NJW 2002, 3389 (3390) m. w. N. zum Streitstand. 123

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1. Teil: Eigentum u. verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz

Sondervorschriften der Tatsache Rechnung, dass die Erbengemeinschaft grundsätzlich vorübergehender Natur und damit auf Auflösung ausgerichtet ist. Zudem dienen sie dem Zusammenhalt des Nachlasses und der Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft bis zum Zeitpunkt der Auflösung. Folglich besteht für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit auch kein praktisches Bedürfnis. Weiterhin bedürfte es keiner Sondervorschriften, wenn die Erbengemeinschaft rechtsfähig wäre. In diesem Fall ergäben sich diese Rechtsfolgen nämlich bereits von selbst. 2. Wohnungseigentum

Nach der Definition in § 1 Abs. 2 WEG besteht das Wohnungseigentum aus einer untrennbaren Verbindung vom Sondereigentum an einer Wohnung und dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum. Das Wohnungseigentum geht zurück auf das Stockwerkseigentum, das angelehnt an Art. 664 Code civil bis 1900 in Deutschland existierte und heute noch in einigen landesrechtlichen Regelungen fortbesteht, aber gemäß Art. 182 EGBGB nicht mehr begründet werden kann. Das Stockwerkseigentum wurde aus rechtspolitischen Gründen nicht ins BGB aufgenommen, vornehmlich, weil vermehrte Streitigkeiten unter den Stockwerkseigentümern befürchtet wurden.127 Der grundlegende Gedanke des Stockwerkseigentums wurde durch das Gesetz über das Wohnungseigentum und Dauerwohnrecht (WEG) vom 15.03.1951 wiederbelebt.128 Ziel dieses Gesetzes war die Förderung des privaten Wohnungsbaus, die aufgrund der weitgehenden Zerstörung des Wohnraums im Zweiten Weltkrieg dringend erforderlich und großteils nur durch die Zusammenfassung privater Mittel in Form von Eigentümergemeinschaften möglich war.129 An sich können nach §§ 93, 94 BGB wesentliche Bestandteile einer Sache, wie zum Beispiel Wohnungen, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Das Wohnungseigentum stellt aber eine Ausnahme zu dieser Regelung dar.130 Hierbei wird das Sondereigentum an der jeweiligen Wohnung (vgl. §§ 1 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 WEG)131 und Miteigentum i. S. v. § 1008 BGB an den Anlagen, die dem gemeinschaftli127 Baur/Stürner, § 29, Rn. 5; MüKomm/Commichau, Vor § 1 WEG, Rn. 1 ff.; eingehend zum Stockwerkseigentum Thümmel, JZ 1980, S. 125 ff.; Thümmel, BWNotZ 1980, S. 97 ff.; Thümmel, BWNotZ 1984, S. 5 ff. jeweils m. w. N. 128 Ausführlich zum geschichtlichen Hintergrund des Stockwerkeigentums und zur Entstehungsgeschichte des WEG Weitnauer/Briesemeister, WEG, Vor § 1, Rn. 1 ff. 129 Sauren, WEG, Vor § 1, Rn. 2. 130 Sog. Akzessionsprinzip, vgl. Schreiber/Röll, Kap. 9, Rn. 1 und Weitnauer/ Briesemeister, WEG, Vor § 1, Rn. 17. 131 Schreiber/Röll, Kap. 9, Rn. 2.

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chen Gebrauch dienen (vgl. § 5 Abs. 2 WEG)132, begründet, wobei die Miteigentumsquoten nicht dem Wert der Sondereigentumsrechte entsprechen müssen.133 Das Sondereigentum stellt letztlich ein Recht an dem Luftraum innerhalb der Umschließung134 dar, da die tragende Konstruktion des betreffenden Gebäudes ebenfalls der Gemeinschaft gehört. Das sog. Teileigentum steht inhaltlich dem Wohnungseigentum gleich und betrifft Räume, die nicht Wohnzwecken dienen (vgl. §§ 1 Abs. 3 und 6 WEG).135 Jede Wohnungseigentumseinheit wird in einem gesonderten Grundbuchblatt, dem sog. Wohnungsgrundbuch, verzeichnet (vgl. § 7 Abs. 1 WEG). Da das Wohnungseigentum zwar eine neue Form von Eigentum136, aber kein grundstücksgleiches Recht darstellt, sind die Vorschriften des BGB zum Grundstücksrecht grundsätzlich auch nicht anwendbar.137 So sind nach § 5 Abs. 4 WEG und in Ausnahme zu § 913 BGB Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nach §§ 10 ff. und 20 ff. WEG dinglicher Inhalt des Sondereigentums und können durch eine Eintragung nach § 10 Abs. 2 WEG auch Wirkung gegenüber Dritten entfalten.138 Gemäß § 11 WEG gilt für das Wohnungseigentum der Grundsatz der Unauflöslichkeit139, so dass als wesentlicher Unterschied zur Bruchteilsgemeinschaft weder ein Eigentümer (§ 749 BGB) noch ein Gläubiger (§ 751 S. 2 BGB) die Auflösung der Gemeinschaft verlangen kann.140 Sinn und Zweck dieses Unauflöslichkeitsgebots ist der Schutz vor einseitiger Auflösung der Wohnungseigentumsgemeinschaft und damit auch eine Festigung der Stellung des Wohnungseigentums.141 Die sachenrechtliche Entsprechung142 zum Unauflöslichkeitsgebot ist § 6 WEG, nach dem das Sondereigentum und der hierzu gehörende Miteigentumsanteil nur zusammen übertragen oder belastet werden können. Als Ausgleich für die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft nach § 11 WEG sieht § 18 WEG bei schweren Verletzungen von Pflichten, die einem 132

Vgl. Schreiber/Röll, Kap. 9, Rn. 8. BGH NJW 1986, 2759 (2760); BayObLG NJW 1958, 2116 (2116); Schreiber/ Röll, Kap. 9, Rn. 8. 134 Vgl. Armbrüster, in: Bärmann, WEG, § 5, Rn. 10 ff. m. w. N. zu der Frage, ob und inwieweit diese Umschließung fest sein muss. 135 Die folgende Darstellung trifft folglich gleichermaßen auch auf das Teileigentum zu und bezieht sich lediglich der Übersichtlichkeit halber nur auf das Wohnungseigentum. 136 Sauren, WEG, § 1, Rn. 2. 137 Auch keine entsprechende Anwendbarkeit, vgl. Sauren, WEG, Vor § 1, Rn. 3. 138 Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 75. 139 Vgl. hierzu Klein, in: Bärmann, WEG, § 11, Rn. 1 ff. m. w. N. 140 Sauren, WEG, § 11, Rn. 1; Schreiber/Röll, Kap. 9, Rn. 24. 141 Klein, in: Bärmann, WEG, § 11, Rn. 1 ff. m. w. N. 142 Bärmann/Pick, WEG, § 11, Rn. 2. 133

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Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Wohnungseigentümern obliegen, einen Anspruch auf Entziehung des Wohnungseigentums vor. Dieses letzte Mittel143 kann zwar dazu eingesetzt werden, Pflichtverletzungen von Wohnungseigentümern entgegenzuwirken, praktisch ist es jedoch von geringer Bedeutung geblieben. Allerdings wurde die Durchführung der Entziehung des Wohnungseigentums im Zuge der Reformierung des WEG im Jahre 2007 wesentlich erleichtert.144 Die Verwaltung der Wohnungseigentumsgemeinschaft erfolgt durch deren drei Organe, die Wohnungseigentümerversammlung, den Verwalter und den Verwaltungsbeirat (§ 20 WEG).145 In dogmatischer Hinsicht ist umstritten, ob das Wohnungseigentum eher mit Eigentum oder aber mit einem beschränkt dinglichen Recht zu vergleichen ist. In diesem Streit der Wohnungseigentumstheorien146 gibt es eine Vielfalt von Einordnungen, bei denen die verschiedenen Aspekte des Wohnungseigentums unterschiedlich stark betont werden. Für eine Einordnung als Eigentum im herkömmlichen Sinn spricht zunächst der Wortlaut des § 13 WEG, der in Analogie zu § 903 BGB umfassend den positiven und negativen Inhalt des Wohnungseigentums definiert.147 Anderen Stimmen zufolge stellt das Wohnungseigentum modifiziertes Miteigentum dar, nämlich Miteigentum aufgrund der fehlenden gesellschaftsrechtlichen Struktur, welches jedoch modifiziert ist durch das Son143

Vgl. LG Aachen ZMR 1993, 233 (233); Sauren, WEG, § 18, Rn. 1. Sauren, WEG, § 18, Rn. 1 m. w. N. Das Druckmittel der Entziehung stellte vor der Reform nämlich eine stumpfe Waffe (so Schreiber/Röll, Kap. 9, Rn. 97) dar, da selbst die in letzter Konsequenz stattfindende Versteigerung der Eigentumswohnung durch einen Notar nach §§ 53 ff. WEG a. F. keine Beschlagnahmewirkung wie bei § 23 ZVG entfaltete, so dass das Entziehungsverfahren erledigt war, wenn der Eigentümer die Wohnung anderweitig verkaufte. Jetzt wird ein Urteil über die Entziehung nach Maßgabe des ZVG vollstreckt und nach § 19 Abs. 1 WEG ist § 23 ZVG anwendbar. Zudem behinderte einen kostengünstigen Erwerb, dass der Erwerber gemäß §§ 53 ff. WEG a. F. auch alle Belastungen des Wohnungseigentums übernehmen musste, nunmehr können einzelne Belastungen gemäß § 52 Abs. 1 ZVG erlöschen; vgl. Sauren, WEG, § 18, Rn. 1. 145 Siehe hierzu ausführlich Schreiber/Röll, Kap. 9, Rn. 25 ff. 146 Eingehend zum Streitstand Pick, in: Bärmann, WEG, Einl., Rn. 22 ff.; Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 63 und bei Weitnauer/Briesemeister, WEG, Vor § 1, Rn. 24 ff.; MüKomm/Commichau, Vor § 1 WEG, Rn. 33 ff. jeweils m. w. N. 147 So Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 62. Vereinzelte Literaturmeinungen bestreiten die Qualität des Sondereigentumsanteils (und damit des Wohnungseigentums insgesamt) als Eigentum i. S. v. § 903 BGB, in erster Linie mit der historischen Begründung, dass es dem überkommenen Begriff des sog. vollen Eigentums des römischen Rechts widerspreche, wenn der Sondereigentumsteil durch andere Eigentumsrechte beschränkt sei. Rechtsprechung und herrschende Lehre hingegen befürworten zumindest die Eigentumsqualität des Sondereigentumsanteils, siehe nur BGHZ 49, 250 (251 ff.) und MüKomm/Commichau, Vor § 1 WEG, Rn. 28 m. w. N. Zum Ganzen Junker, S. 1 ff. 144

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dereigentum an der Wohnung. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 WEG („Miteigentumsanteil“) sowie aus der Eintragung des Wohnungseigentums im Wohnungsgrundbuch als Parallele zur Eigentumseintragung im Grundbuch. Die hinzukommenden Handlungsbefugnisse und Pflichten der Wohnungseigentümer hingegen seien gerade kein Inhalt des Eigentums, sondern begleiteten dieses lediglich.148 Einer weiteren Ansicht zufolge besteht das Wohnungseigentum aus der dinglichen Einheit von Miteigentumsanteil, Sondereigentum und einem verdinglichtem Mitgliedsrecht als tragenden Elementen (sog. Trinität des Wohnungseigentums).149 Andere, sog. Miteigentumstheorien, bezeichnen das Wohnungseigentum als besondere Form der schlichten Rechtsgemeinschaft150, als Gesamthand151 oder als dinglichen Gesellschaftsanteil.152 Nach einer weiteren Auffassung ist das Wohnungseigentum in einen dinglichen und einen personenrechtlichen Teil gespalten, und jeder Teil folgt jeweils seinen eigenen Rechtsregeln, so dass entweder Sachenrecht oder Schuldrecht anwendbar ist.153 Schließlich findet sich die Einordnung als grundstücksgleiches Recht154 oder als Recht sui generis.155 Festzuhalten bleibt, dass das Wohnungseigentum letztlich vom Zusammenspiel verschiedener rechtlicher Institute geprägt ist, was eine einheitliche dogmatische Einordnung nicht möglich macht.156 Deshalb handelt es sich bei der Diskussion um die dogmatische Einordnung des Wohnungseigentums letztlich um einen Streit um Worte ohne rechtliche oder praktische Konsequenzen. Damit handelt es sich beim Wohnungseigentum unstreitig um eine gegenüber den Eigentumsformen des BGB neue Eigentumsform, die gewisse Elemente des Miteigentums aufweist. Eine Qualifizierung als Gesamthand ist jedoch mangels gesamthänderischer Bindung157 der Wohnungseigentümer nicht nachvollziehbar. In diesem Sinne hat auch der BGH in seinem Beschluss vom 2. Juni 2005 entschieden, nach dem die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Verband sui generis ist. 148

Zum Ganzen Brehm/Berger, § 25, Rn. 15. Bärmann/Pick, WEG, Einl., Rn. 8 ff. und § 6, Rn. 1a; Bärmann, NJW 1989, S. 1057 ff. 150 Vgl. Pick, in: Bärmann, WEG, Einl., Rn. 23; Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 63. 151 Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, München 1972, S. 155 ff. und 279; vgl. auch Merle, S. 133 ff. 152 So Junker, S. 73 ff. und 281. 153 Ertl, DNotZ 1979, S. 268 ff. 154 Merle, S. 172; Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 63. 155 Pick, in: Bärmann, WEG, Einl., Rn. 21; Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 63. 156 Weber, Grundstücksrecht, § 2, Rn. 63. 157 Siehe hierzu oben (unter VII. 1.). 149

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Zudem spricht der BGH in dem genannten Beschluss in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung158 die Anerkennung der (Teil-)Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus, soweit diese im Rahmen ihrer Aufgabe, das gemeinschaftliche Vermögen der Wohnungseigentümer zu verwalten, im Rechtsverkehr auftritt.159 Diese (Teil-)Rechtsfähigkeit wurde anschließend im Zuge der Reform des WEG im Jahre 2007 durch den Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 WEG festgeschrieben.160 3. Timesharing-Eigentum

Schließlich ist noch das sog. Timesharing-Eigentum zu nennen. Diesem liegt die Idee zugrunde, dass mehrere Personen sich eine oder mehrere Ferienwohnungen anschaffen, welche sie abwechselnd – meist nach einem bestimmten Rotationsschema – nutzen. Aus diesem Grund wird das Timesharing-Eigentum oftmals auch als Ferieneigentum bezeichnet. Obgleich sich die Nutzer oft in einem frühen Stadium finanziell beteiligen, ähnelt das Timesharing-Eigentum eher der Miete, da die Nutzer keineswegs ähnlich einem Eigentümer über die Objekte verfügen und diese nutzen können, sondern lediglich in dem oft engen Rahmen der ihnen vorgegebenen Organisationsstruktur.161 Hinsichtlich der rechtlichen Gestaltung des Timesharing-Eigentums gibt es kein einheitliches Modell, sondern es sind verschiedene Lösungsmöglichkeiten denkbar, wie zum Beispiel die Begründung von Bruchteilseigentum an der Wohnanlage (§§ 741 ff., 1008 ff. BGB), die Einräumung von Dauerwohnrechten (§ 31 WEG), die Begründung von Treuhandeigentum durch eine eigens hierfür gegründete Trägerfirma, die Gründung eines Vereins oder einer Genossenschaft, deren Mitgliedern eine Nutzung im Rahmen der Satzung ermöglicht wird. Schließlich verbleibt die Möglichkeit, die Nutzungsverhältnisse nur im Rahmen schuldrechtlicher Absprachen zu klären.162 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch auf die Time-Sharing-Richtlinie163 sowie auf die §§ 481 ff. BGB. Diese ersetzen seit dem 1. Januar 2002 das im Wesentlichen mit der EG-Richtlinie wortgleiche deutsche Teilzeit-Wohnrechtegesetz (TzWrG, in Kraft getreten am 1.1. 158

Nachweise hierzu bei Bärmann/Pick, WEG, Vorbem. § 10 WEG, Rn. 5. Az.: V ZB 32/05, abgedruckt in BGHZ 163, 154 (154 ff.), BGH NJW 2005, 2061 (2061 ff.) und Rpfleger 2005, 521 (521 ff.) m. Anm. Dümig; entgegengesetzer Auffassung zuvor noch BayObLG NJW 2002, 1506 (1506). 160 Vgl. Bärmann/Pick, WEG, Einl., Rn. 26 und Vorbem. § 10 WEG, Rn. 5. 161 Baur/Stürner, § 29, Rn. 84. 162 Zum Ganzen Baur/Stürner, § 29 Rn. 84 ff. 163 Richtlinie 94/47/EG aus 1994, abgedruckt in NJW 1995, S. 375–377. 159

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1997) und sind von ihrem Regelungsgehalt mit diesen vergleichbar. Die Vorschriften dienen in erster Linie der Transparenz und dem Verbraucherschutz und enthalten folglich ebenfalls keine Vorgabe hinsichtlich der rechtlichen Einkleidung der Organisationsstruktur.164

§ 4 Englisches Recht A. Einleitung Zwei fundamentale Unterscheidungen haben das englische Sachenrecht wesentlich geprägt, zum einen die Unterscheidung zwischen Real Property und Personal Property und zum anderen die Unterscheidung von Law und Equity. Beide Unterscheidungen haben ihren Ursprung in der Geschichte des englischen Rechts. Auch wenn sie im Lauf der Zeit durch rechtliche Weiterentwicklungen abgemildert wurden, haben sie deutliche Spuren hinterlassen und zeichnen sich auch noch im heutigen Recht als prägende Elemente ab. Deshalb werden diese beiden grundlegenden Unterscheidungen auch bei der folgenden Darstellung immer wieder von Bedeutung sein. I. Unterscheidung von Real Property und Personal Property Der Begriff Real Property geht darauf zurück, dass ursprünglich nur bei dieser Art von Eigentum die Herausgabe der Sache in natura gerichtlich eingeklagt werden konnte165, der Anspruch also auf die Sache selbst zielte und damit dinglicher Natur (real) war. Im Bereich des Personal Property hingegen konnte der Eigentümer bei einer Sachentziehung ursprünglich nur Schadensersatz einklagen, nicht aber die Herausgabe der Sache selbst.166 Für Gegenstände, deren Herausgabe in Natur nicht verlangt werden konnte, wurde deshalb die Bezeichnung personalty gebraucht.167 Hierbei gilt im englischen Recht – ähnlich wie auch im deutschen Recht – die Faustregel, dass unbewegliche Güter Grundstücke im Sinne von Real Property und be164

Zum Inhalt der Richtlinie Baur/Stürner, § 29 Rn. 96; zum Teilzeit-Wohnrechtegesetz Hildenbrand, NJW 1998, S. 2940 ff. und Martinek, NJW 1997, S. 1393 ff. 165 Sog. specifical recovery. 166 Diese Rechtslage änderte sich erst mit s. 78 Common Law Procedure Act 1854, welche als Rechtsfolge alternativ die Rückgabe der Sache einführte, allerdings abhängig von einer Ermessensentscheidung des Richters, hierzu Bridge, Personal Property, S. 2 m. w. N. 167 Lawson/Rudden, S. 13.

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wegliche Güter bewegliche Sachen im Sinne von Personal Property darstellen.168 Konzeptionelle Unterschiede zwischen beiden Eigentumsformen wurden zuerst im Law of Succession169 herausgearbeitet, das unterschiedliche Regelungen in der Vermögensnachfolge nach dem Tod für Real Property und Personal Property vorsah. Später allerdings erfolgte eine einheitliche Behandlung durch den Administration of Estates Act 1925.170 Dieser regelt die gesetzliche Erbfolge, die eintritt, wenn keine letztwillige Verfügung (will) vorhanden ist. Die einzelnen Rechtsinstitute des Real Property Law gehen noch auf das Feudalsystem zurück. Auch nach Abschaffung des Feudalsystems prägt dieses das Real Property Law, welches sich nur vor diesem historischen Kontext vollständig erschließt.171 Das Feudalsystem hat seinen Ursprung in der Zeit nach der Normannischen Eroberung in der Mitte des 13. Jahrhunderts. In diesem System stand jegliches Grundeigentum (Real Property) im Eigentum der Krone als Souverän. Somit konnten deren Untertanen lediglich Lehensrechte erwerben, die dem Eigentum untergeordnet waren, keinesfalls aber Grundeigentum selbst im Sinne eines umfassenden Rechts an dem Grundstück.172 Als man im Jahre 1925 mit dem Erlass einiger Gesetze173 das Real Property Law reformiert hat, hat sich dieser Zustand zwar erheblich verbessert, ist aber aufgrund der fortbestehenden althergebrachten Terminologie und der Weitergeltung vieler Prinzipien nicht grundlegend bereinigt worden.174 Folglich wirken die Strukturen des englischen Feudalsystems noch bis in das geltende Recht hinein. So bezeichnen Lawson und 168

Vgl. Gleeson, Personal Property, S. 14. Das Law of Succession ist der Teil des englischen Erbrechts, welcher die Vermögensnachfolge regelt. 170 Gleeson, Personal Property, S. 5; Tyler/Palmer, Personal Property, S. 7/8. 171 Burn/Cartwright, Real Property, S. 1. 172 Siehe Bridge, Personal Property, S. 1/2 m. w. N. 173 Unter der 1925 Property Legislation fasst man gemeinhin sieben allesamt wichtige Reformgesetze zusammen, namentlich: Law of Property Act 1922 (der in den meisten Teilen aufgehoben wurde), Settled Land Act 1925, Trustee Act 1925, Law of Property Act 1925, Land Registration Act 1925, Land Charges Act 1925 und den Administration of Estates Act 1925, vgl. Megarry/Wade, Real Property, S. 9 und Megarry, Manual, S. 16. Hauptanliegen der Reform war die Vereinfachung des – auch heute noch – recht komplexen Systems der Grundstücksübertragung (conveyancing), Gravells, Land Law, S. 44. Ein guter Überblick über das englische Grundstückssystem und seine Entwicklung bis zum Erlass der 1925 Property Legislation findet sich bei Siefert, S. 10 ff. 174 Hierzu schreiben Megarry und Wade: „Our law has preferred to suppress one by one the practical consequences of tenure rather than to strike at the root of the theory of tenure itself. It remains possible, therefore, that in rare cases not covered by the statutory reforms recourse may have to be had to the feudal principles which still underlie our land law.“, Megarry/Wade, Real Property, S. 36. 169

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Rudden das Property Law im Vorwort ihres bekannten Lehrbuchs als „the most obscure part of the common law“.175 Das Personal Property Law hingegen hat niemals eine derart exakte dogmatische Ausprägung erfahren und ist ganz im Gegensatz zum Real Property Law, das üblicherweise auch als Land Law bezeichnet wird, „conceptually underdeveloped“.176 Aufgrund der enormen wirtschaftlichen Bedeutung von Grund und Boden in einem Feudalsystem waren Grundstücke in der Entstehungszeit des englischen Rechts, eben dieser besagten Zeit nach der Normannischen Eroberung, wesentlich wichtiger als Mobilien. Der Erwerb von Grundstücken und Grundstücksrechten war eine bedeutende Investition, die eine ganz wesentliche Bedeutung zur Sicherung des Lebensunterhalts hatte. Hinzu kam, dass Grundstücke in ihrer Existenz grundsätzlich nicht vergänglich sind und aufgrund der Begrenztheit der Erdoberfläche ein rares Wirtschaftsgut darstellen. Bewegliche Sachen wurden hingegen als vergänglich und austauschbar erachtet.177 In ähnlicher Weise räumt die nunmehr geltende s. 3 Torts (Interference with Goods) Act 1977 dem Gericht das Ermessen ein, die Rückgabe der Sache selbst oder die Gewährung von Schadensersatz anzuordnen.178 Dies zeigt, dass das Recht der beweglichen Sachen auch heute noch vom Immobiliarsachenrecht strukturell streng getrennt ist, und zwar sowohl in prozessualer als auch in materieller Hinsicht. Die Regelung in s. 3 Torts (Interference with Goods) Act 1977 ist umso verwunderlicher, als sich die Ausgangslage heutzutage sogar in ihr Gegenteil verkehrt hat, da in der heutigen Zeit immaterielle Güter, Informationen sowie Gesellschaftsanteile und Wertpapiere – allesamt also Personal Property – im Wirtschaftsleben eine herausragende Stellung einnehmen.179 So175 Lawson/Rudden, VII (Preface); ähnlich bemerkt Pollock: „Thus our system of landed property is a structure of the most complex and heterogeneous kind. So great is the technical complication and difficulty of our laws on the subject that within the special studies of the legal profession the study of them is a speciality of itself.“ (Land Laws, S. 3). 176 Bridge, Personal Property, S. 14. 177 Vgl. Lawson/Rudden, S. 23 ff. Ähnlich auch Baker, S. 223: „Land is a place to live for man and beast, a source of food and of all other commodities, including – if one has enough to let – money. It outlives its inhabitants, is immune from destruction by man, and therefore provides a suitably firm base for institutions of government and wealth.“ und Gleeson, Personal Property, S. 4: „The rules of English property law grew in an era where whealth was land and land was wealth, and the rules relating to non-land were confined to a small part of law’s empire.“ 178 Genaueres hierzu unten (Dritter Teil, § 11 A. V.). 179 Darüber hinaus werden sogar andere Güter, die nicht einmal Sachen sind, als wesentliche Güter bezeichnet und es wird in verschiedenen Zusammenhängen gefordert, diesen auch den Rang eines Property right zuzusprechen. Diese Güter werden unter dem Schlagwort New Property zusammengefasst. Dieses bezeichnet u. a. sozialen Wohlstand, eine gute Berufsausbildung sowie einen guten und sicheren Ar-

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mit besteht im englischen Recht eine enorme Diskrepanz zwischen der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Personal Property und der geringen theoretischen Ausprägung und akademischen Bedeutung.180 Das Land Law ist seit jeher von außerordentlicher Komplexität geprägt. Dies liegt vor allem daran, dass die Strukturen des Real Property Law nicht Ausdruck eines unbedingt logisch aufgebauten Systems, sondern in erster Linie geschichtlich gewachsen sind. Gemäß s. 1 (1) Law of Property Act 1925 (LPA 1925) gibt es heute nur noch zwei Formen von Real Property, nämlich den fee simple estate absolute in possession, der auch als freehold estate (freies Grundeigentum) bezeichnet wird und den term of years absolute, den leasehold estate (häufig als Erbpacht benannt181). Die übrigen vorherigen Grundstücksrechte haben damit nur noch im System der Equity Bestand, vgl. s. 1 (3) LPA 1925.182 Der Land Registration Act 1925 (LRA 1925) und die Land Registration Rules 1925 normieren die Einführung eines Grundstücksregisters (Land Register).183 Vor der land registration erfolgte die Übereignung von Grundstücken unter Darlegung eines sog. good root of title. Hierunter versteht man das Aufdecken und Dokumentieren der Eigentumssituation des Grundstücks innerhalb der letzten 15 Jahre (vgl. s. 23 Law of Property Act 1969), zuvor waren es gemäß s. 44 (1) LPA 1925 noch 30 Jahre. Weiterhin oblag es dem Käufer, das betreffende Grundstück zu inspizieren, um festzustellen, ob nicht ein Haus- oder Grundstücksbesetzer (squatter) im Besitz des Grundstücks ist. Auf diese Weise konnte die Möglichkeit einer zwischenzeitlichen beitsplatz: „Nowadays a person’s material substance is no longer related particularly to the ownership of tangible assets designed for enjoyment and consumption: it is more readily expressed in terms of intangible, non-assignable, and often non-survivable, claims of a largely personal nature. The things which today are of real value to the man in the street are assets like his job, his pension, and the right to undisturbed possession of his home. On the fringes of these new categories of property lie certain less well defined rights such as the right to education, the right to health and the right to a wholesome environment.“, Gray, Elements of Land Law, 1. Auflage, S. 8 ff., abgedruckt bei Worthington, Personal Property, S. 9/10 m. w. N. 180 Birks, (2000) 11 K. C. L. J., S. 1 ff. 181 Zur Vergleichbarkeit vom leasehold estate mit einer Erbpacht siehe unten (D. II.). 182 Mit dieser grundlegenden Änderung ist auch eine neue Terminologie verbunden: Das Wort estate bezeichnet jetzt nur noch die beiden legal estates, alle Formen der Berechtigung im System der Equity werden nunmehr als estates bezeichnet, vgl. Sparkes, S. 37. 183 Das erste Gesetz zur Registrierung von Grundstücken war der Land Registry Act 1862, der allerdings keine zwingende Registrierung anordnete, so dass das Vorhaben nicht sonderlich erfolgreich war, vgl. Megarry/Wade, Real Property, S. 130. Näheres zum LRA 1925 sowie zu den zuvor geltenden Regeln des Common Law bei Henrich/Huber, S. 103 ff.

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Ersitzung hinreichend ausgeschlossen werden, da etwaige Rechte des squatters durch Ersitzung nach englischem Recht innerhalb von 15 Jahren geltend gemacht werden müssen.184 Die ersten Versuche, ein System der Registrierung von Grundstücken einzuführen, gab es bereits zwischen den Jahren 1535 und 1832, doch scheiterten diese. Erstmals bestand Registrierungszwang durch den Land Transfer Act 1897 für das damalige County of London.185 Inzwischen erfolgt die Übereignung von Grundstücken zwingend durch Registrierung nach s. 123 (1) LRA 1925 und s. 1 Land Registration Act 1997 (LRA 1997). Nunmehr bestimmen s. 4 (1) und (2) Land Registration Act 2002 (LRA 2002), dass für die Übertragung eines freehold estate sowie für die eines leasehold estate mit mehr als sieben Jahren Laufzeit eine Registrierungspflicht besteht. Bei einer Laufzeit des leasehold estate von sieben Jahren oder weniger ist eine Registrierung nicht möglich, vgl. s. 3 (1) (a) i. V. m. (3) LRA 2002. Ist der freehold-interest jedoch ebenfalls (noch) nicht eingetragen, kann jeder leasehold-interest unabhängig von seiner Laufzeit gemäß s. 2 (3) (iv) LPA 1925 nach dem Land Charges Act 1972 als land charge (Grundstücksbelastung) in das Land Register eingetragen werden. Allerdings kommt es in diesem Fall bei einer Übertragung des freehold-interest im Hinblick auf den leasehold-interest nicht zu einem ansonsten nach s. 26 LRA 2002 möglichen lastenfreien Erwerb, so dass der leasehold-interest weiterhin fortbesteht.186 Freehold estates und leasehold estates werden hierbei getrennt voneinander in Registern erfasst.187 Die Eintragung im Grundbuch ist bei Bestehen einer Registrierungspflicht konstitutiv, das heißt, die jeweiligen Grundstücksrechte können nur durch Eintragung im Land Register erworben werden.188 Der Land Registration Act 1988 (LRA 1988) normiert den Grundsatz der Öffentlichkeit des Land Register, wodurch die Einsehbarkeit des Registers für jedermann gewährleistet ist. Als Abschluss der Registrierungsreform bereitet der LRA 2002 schließlich gesetzlich den Weg 184 Stroud, S. 46/47. Nachweise zur Übertragung unregistrierter Grundstücke finden sich auch bei Erdell, S. 57 ff. Die sich hieran anschließende Darstellung des registered conveyancing ist zwar instruktiv, entspricht allerdings nicht mehr der geltenden Rechtslage. 185 Sparkes, S. 1/2. 186 Ein nicht registrierter leasehold von sieben Jahren oder weniger stellt einen sog. overriding interest i. S. v. sched. 3 s. 1 LRA 2002 dar, d.h. im Fall einer Übertragung des freehold-interest würde dieser gleichfalls noch auf dem Grundstück lasten und das leasehold-Verhältnis mit dem neuen freehold-Inhaber bestehen. Vgl. zum Ganzen Burn/Cartwright, Real Property, S. 227 (insbesondere Fn. 254). 187 Sparkes, S. 4. 188 Dies normiert s. 27 (1) LRA 2002, vgl. Thompson, Land Law, S. 139/140; für die freiwillige Erstregistrierung von Grundstücken (first registration) findet sich eine ähnliche Regelung in s. 11 (2) und (3) LRA 2002.

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für das sog. E-conveyancing, also der Grundstücksübertragung durch Registrierung in computerisierter Form.189 Dies beinhaltet sowohl ein elektronisch geführtes Grundbuch mit elektronischer Eigentumsumschreibung als auch die bargeldlose Bezahlung des Kaufpreises oder die Erbringung sonstiger Gegenleistungen (wie etwa die Übereignung eines anderen Grundstücks im Fall eines Grundstückstauschs), die zeitgleich mit der Eigentumsumschreibung elektronisch veranlasst werden können.190 Das Recht des englischen Land Register wird von drei grundlegenden Prinzipien bestimmt, dem mirror principle, dem curtain principle und dem compensation principle. Nach dem mirror principle spiegelt das Register genau die tatsächlich bestehenden Grundstücksrechte wider, es genießt also positive Publizität (s. 58 LRA 2002, sog. conclusiveness des Land Registers).191 Nach dem curtain principle braucht der Käufer sich nur um das zu kümmern, was im Register steht, also nicht „hinter den Vorhang zu schauen“ und Nachforschungen über Umstände anzustrengen, die sich nicht aus dem Register ergeben. Das Register genießt also grundsätzlich negative Publizität. Nach dem compensation principle erhält schließlich jeder im Wege der Staatshaftung als sog. indemnity nach s. 103 i. V. m. sched. 8 s. 1 LRA 2002 den Schaden ersetzt, den er erleidet, weil das Register wegen Fehlerhaftigkeit berichtigt und hierdurch ein eingetragenes Grundstücksrecht nachträglich eingeschränkt worden ist (sog. rectification, vgl. sched. 4 s. 1 LRA 2002). Weiterhin wird der Schaden ersetzt, der aufgrund eines Fehlers (mistake) des Registers eintritt, dessen Berichtigung zu einer rectification führen würde, bzw. der aufgrund eines Fehlers in offiziellen Dokumenten des Registers eintritt oder weil die Registrierungsbehörde (registrar) ihre Pflicht aus s. 50 LRA 2002 verletzt hat, einen einzutragenden Berechtigten 189

Stroud, S. 53. Lawson/Rudden, S. VIII (Preface); Einzelheiten sind geregelt in s. 91 ff. und sched. 5 LRA 2002; die praktische Einführung des E-Conveyancing hat im Herbst 2006 mit der Möglichkeit des elektronischen Vertragsschlusses (sog. exchange and completion of contract) begonnen. Zudem ist derzeit die elektronische Einsichtnahme mit umfangreichen Suchfunktionen in das Land Register möglich. Demnächst soll die elektronische Bestellung einer standardisierten Grunddienstbarkeit (sog. e-CSF, als Abkürzung für electronic charge in standard form) eingeführt werden. Ein weiterer wichtiger Schritt, nämlich die elektronische Umschreibung des Grundstücks im Grundbuch, ist ebenfalls in Planung. Nähere und regelmäßig aktualisierte Informationen hierzu finden sich unter www.landregistry.gov.uk (Abfrage vom 1. Juli 2009). 191 Vgl. Maudsley/Burn, Land Law, S. 106; mit Ausnahme der sog. overriding interests, mit denen das Grundstück auch ohne eine entsprechende Eintragung belastet ist, Sparkes, S. 228. 190

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einer Belastung (charge) unter bestimmten Umständen von der Begründung gesetzlicher Belastungen (statutory charges) zu benachrichtigen.192 Der Anspruch auf Zahlung der indemnity besteht unabhängig von einem besonderen Verschulden seitens des Beamten des Land Register und ist lediglich an eine fehlerhafte Eintragung, eine Berichtigung oder einen sonstigen Fehler (beispielsweise in einem kopierten Dokument, auf das das Land Register Bezug nimmt193) im Land Register geknüpft. Allerdings entfällt der Anspruch gemäß s. 5 sched. 8 LRA 2002 oder er wird nach dieser Vorschrift anteilig gekürzt, wenn den Anspruchsteller selbst ein Mitverschulden (im Sinne eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens) an der falschen Eintragung bzw. Berichtigung trifft. Nach s. 10 sched. 8 LRA 2002 kann die Registrierungsbehörde nach erfolgter Zahlung einer indemnity Regress nehmen bei Personen, die die Fehlerhaftigkeit des Land Register durch vorsätzliche Täuschung (fraud) verursacht haben. Zudem gehen nach dieser Vorschrift sämtliche Ansprüche des Empfängers der indemnity gegen Dritte auf das Land Register über.194 Schließlich besteht im Fall der Unrichtigkeit ein Anspruch auf Berichtigung (alteration) des Registers, welcher entweder auf gerichtliche Anordnung (court order) hin oder durch den registrar selbst vorgenommen werden kann.195 Auch wenn die Registrierung eines Grundstücks nur bei der Eigentumsumschreibung zwingend ist, waren im Jahre 2008 bereits drei Fünftel aller Grundstücke in England beim Her Majesty’s Land Registry, der zuständigen Behörde, registriert.196 Durch die Registrierung der Grundstücke im Land Register stellt sich jetzt die Frage, ob nunmehr der Besitz oder aber die Eintragung im Grundbuch Grundlage der Eigentumsvermutung für Grundstücke ist. Der LRA 2002 normiert, dass bei eingetragenen Grundstücken für einen Eigentumsübergang ausschließlich die Grundbuchlage und gerade nicht der Besitz maßgeblich ist, vgl. ss. 24 und 23 LRA 2002. Allerdings wird dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer nach s. 24 (b) LRA 2002 eine Person gleichgestellt, die einen Anspruch darauf hat, als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen zu werden. 192 Stevens/Pearce, S. 67 und 72/73; Maudsley/Burn, Land Law, S. 106. Zu den Einzelheiten siehe s. 103 sowie sched. 8 LRA 2002; der Bucheigentümer muss sich die Bösgläubigkeit seines Rechtsvorgängers zurechnen lassen, sofern er das Grundstück unentgeltlich (by way of gift) erhalten hat, vgl. Sparkes, S. 200. 193 Vgl. s. 1 (1) (e) LRA 2002; in s. 1 (1) LRA 2002 werden abschließend die Fälle aufgezählt, die einen Anspruch auf Zahlung der indemnity auslösen. 194 Siehe auch zum Ganzen Burn/Cartwright, Real Property, S. 962 sowie Thompson, Land Law, S. 155 ff. 195 S. 20/21 LRA 2002 sowie sched. 4 LRA 2002; zur alteration und deren Unterfall der rectification siehe Thompson, Land Law, S. 149 ff. m. w. N. 196 Megarry/Wade, Real Property, S. 1.

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II. Unterscheidung von Law und Equity Die Zweiteilung des englischen Rechts in Law und Equity wirkt sich vor allem im Bereich des Property Law aus mit der Zweiteilung von Grundstücksrechten in law und in equity, welche den eigenen Regeln des jeweiligen Systems folgen. Obwohl durch die Judicature Acts von 1873 und 1875 das Prozessrecht grundlegend reformiert wurde und sowohl die Gerichte als auch die Gerichtswege von Common Law und Equity fusioniert wurden, hat diese vornehmlich auf historischen Gründen beruhende Zweiteilung das englische Recht, insbesondere das englische Property Law, entscheidend geprägt.197 Auf die Charakteristika des equitable ownership wird an späterer Stelle198 noch näher eingegangen. III. Relativity of title Eine weitere Besonderheit des englischen Land Law ist der aus dem Feudalzeitalter stammende rechtliche Grundsatz, dass alles Eigentum der Krone gehört („All land belongs to the crown.“). Nur der Krone kommt also Grundeigentum im Sinne eines umfassenden Herrschaftsrechts zu. Alle anderen Rechtsträger erlangen dagegen immer nur Ausschnitte hieraus. Die logische Konsequenz ist die Beschränktheit dinglicher Berechtigungen (relativity of title).199 Dies bedeutet nicht, dass die Berechtigungen nur schuldrechtliche Wirkung entfalten, wie es der Begriff relativ nach deutscher juristischer Terminologie aussagt, sondern dass die dinglichen Berechtigungen von Rechtssubjekten außer der Krone stets Ausschnitte aus dem vollen Eigentum der Krone darstellen und von diesem abgeleitet sind. Das land ownership ist nur die Zusammenfassung dieser sonstigen einzelnen Berechtigungen.200 Im Lauf der Zeit haben sich im englischen Recht verschiedene Typen solcher Ausschnitte herausgebildet, welche unten201 dargestellt werden. Der Grundsatz der relativity of title ist zudem sowohl Ursache als auch Folge der rechtsstreitorientierten Ausrichtung des englischen Real Property Law. Bei dieser wird stets im Zweierverhältnis darüber entschieden, welche der Parteien ein (relativ) besseres Recht an der Sache hat, nicht aber eine Klärung der Frage vorgenommen, welche Person absolut gesehen das beste Recht an der Sache hat.202 Das englische Recht kennt nämlich 197

Bridge, Personal Property, S. 1. Unter D. I. 2. 199 Bridge, Personal Property, S. 1/2 m. w. N.; Lawson/Rudden, S. 78; so spricht man auch vom radical title der Krone, vgl. Gray/Gray, in: Bright/Dewar, Land Law, S. 27/28. 200 Siehe Lawson/Rudden, S. 90 („abstract entity“). 201 Unter D. I. 1. 198

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keine Ansprüche, die das dingliche Recht selbst schützen, sondern nur Schutzansprüche, die sich auf die possession oder ein immediate right to possession stützen.203 Im Bereich des Personal Property hingegen gilt insofern ein absoluter Eigentumsbegriff, als Berechtigungen nicht in estates untergliedert werden und der Krone keine übergeordnete Berechtigung hieran zukommt. Allerdings kennt das englische Recht hierbei ebenfalls keine Klagemöglichkeit, mit der das Eigentum festgestellt werden kann. Auch in diesem Bereich zielen die Schutzansprüche lediglich auf den Besitz sowie das Recht zum Besitz ab und legen fest, wer von den Parteien eines bestimmten Rechtsstreits die bessere Besitzberechtigung an der Sache hat. Folglich wird teilweise auch in Bezug auf Personal Property von der relativity of title gesprochen.204 Zwar sind einige Autoren im Schrifttum der Auffassung, dass die Einführung des modernen Systems der Grundstücksregistrierung in England zur Herausbildung eines absolute title auch im Bereich des Real Property Law geführt hat205, allerdings gebrauchen diese den Begriff absolute im Zusammenhang mit der Sicherheit des Eigentümers vor einem gutgläubigen Erwerb Dritter durch die Publizität des Land Registers und nicht mit dem Grundsatz der relativity of title. Auch wenn die Einführung des modernen 202 Bridge, Personal Property, S. 28/29 in Anlehnung an den Ausspruch von Auld LJ in Waverley Borough Council v Fletcher [1996] Q. B. 334 (345): „. . . the English law of ownership and possession unlike that of Roman Law, is not a system of identifying absolute entitlement, but of priority of entitlement.“ So auch Kevin und Susan Francis Gray: „. . . titles are never absolute: they are always ‚relatively good or relatively bad‘ (Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 172) wie auch in: Bright/ Dewar, Land Law, S. 35: „The common law knows no absolute title; all title remains relative and, even in its statutory form, essentially defeasible. Accordingly, the common lawyer is fundamentally unable to make abstract pronouncements as to the ownership of land, for the entire methodology of the common law mitigates against such definitive identification. The common law’s crude proprietary technique is restricted to determinations as to which of two claimants of an estate has the better claim. In this sense the common lawyer can never say who owns, but only who does not, albeit that such a ruling tends in practice to leave the preferred claimant with a fee simple title which is at least pro tempore unchallengeable.“ Bezeichnend ist insofern auch die Aussage von Birks: „The law will protect a good title against a bad one, and a bad one against a worse one.“, in: Bright/Dewar, Land Law, S. 481; zur Geltendmachung des ius tertii im Bereich des Tort Law siehe unten im Dritten Teil, § 11 A. II. 1. c) sowie § 11 A. III. 1. e) und 3. f). 203 Die Besitzschutzansprüche des englischen Rechts und deren Voraussetzungen werden ausführlich im Dritten Teil, § 11 behandelt. 204 Bridge, Personal Property, S. 28/29. 205 Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 248/249; Lawson, Property, S. 36/37.

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Systems der Grundstücksregistrierung zu einer Verstärkung der Position des freehold owner geführt hat, hat dies keinerlei Einfluss auf die Gültigkeit des Grundsatzes der relativity of title. Weiterhin wird der Begriff der relativity auch dahingehend verstanden, dass die Theorie des unbeschränkten Eigentums nur haltbar ist, wenn man sich hierzu einiger Fiktionen bedient und annimmt, dass die Beschränkungen dem Herrschaftsrecht des Eigentümers kraft Natur der Sache innewohnen.206 Zudem werde das Konzept des unbeschränkten Eigentums durch die Anerkennung des sog. New Property in Frage gestellt, da dieses unkörperlicher Natur sei und ebenfalls Beschränkungen unterliege.207 IV. Doctrine of estates In engem Zusammenhang zu dem Prinzip der relativity of title steht die auch aus dem Feudalzeitalter stammende doctrine of estates, nach der die Berechtigungen an einem Grundstück in sog. estates untergliedert werden. Hierbei handelt es sich in erster Linie um ausschnittsweise Berechtigungen in zeitlicher Hinsicht.208 Der Begriff estate leitet sich vom lateinischen Wort status (mit der Bedeutung Stellung, auch im Sinne einer Rechtsstellung) ab, worunter man ein dingliches Recht an einem Grundstück versteht.209 Der doctrine of estates liegt wie dem Prinzip der relativity of title die englische Betrachtungsweise zugrunde, dass niemand (außer der Krone) ein unmittelbares Recht an einem Grundstück innehat, sondern nur property an einem estate oder einem interest, also an einem Ausschnitt aus dem Grundstückseigentum. Der estate dient folglich als Bindeglied zwischen dem propertyinterest des Berechtigten und dem Grundstück. Konsequenz der doctrine of estates ist, dass auch mehrere Personen nebeneinander owner eines Grundstücks sein können, und zwar jeder im Hinblick auf seinen bestimmten estate.210 Damit stellt der estate die Kristallisierung der Rechte dar, die dem 206 Vandevelde richtet sich hierbei insbesondere gegen Blackstone’s absolutes Eigentumskonzept (Blackstone, Commentaries, S. 134), zitiert nach Vandevelde, (1980) Buffalo L. Rev., S. 332/333. 207 Vandevelde, S. 357. 208 Vgl. nur Bright, in: Bright/Dewar, Land Law, S. 530; Bridge, Personal Property, S. 14; Kevin und Susan Francis Gray sprechen daher von den fünf Dimensionen von Grundstücken, es gäbe neben den drei Dimensionen in räumlicher Hinsicht als vierte Dimension die zeitliche sowie als fünfte Dimension die Zweiteilung von Law und Equity, vgl. Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 8 und Gray/Gray, Land Law, S. 1 ff., insbesondere 14 ff. und 22 ff. 209 In einem weiteren Sinne wird der Begriff estate auch als Bezeichnung für eine Vermögens-, Konkurs- oder Erbmasse verwendet. 210 Siehe hierzu Sparkes, S. 32/33.

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Berechtigten an dem jeweiligen Grundstück zustehen.211 Die doctrine of estates gilt auch heute noch, nach Abschaffung des Feudalsystems212 sowie nach Einführung eines zwingenden Grundbuchsystems.

B. Definitionen des Eigentums I. Ownership Die Bezeichnung owner ist – was vor dem Hintergrund der relativity of title und der doctrine of estates verständlich wird – kein althergebrachter Rechtsbegriff wie der Begriff des Eigentums im deutschen Recht. Im Jahre 1340 wurde der Begriff owner erstmals nachweislich gebraucht, der Begriff ownership gar erst im Jahre 1583.213 Von großer Gebräuchlichkeit und Beliebtheit war hingegen der Begriff holder, oftmals in der aus dem Französischen abgeleiteten Form tenant214 und mit der Bedeutung, dass der so Bezeichnete als Lehnsmann ein Grundstück für seinen Lehnsherrn, den sog. Lord, hält. Der Begriff holder ist unter anderem auch in den häufig verwendeten Formen freeholder, leaseholder, householder, shareholder und bondholder enthalten.215 In Bezug auf Grundstücke wird nach wie vor für die Bezeichnung der dinglichen Berechtigung häufig der Begriff title verwendet. Nach der Terminologie des englischen Rechts ist mithin keine klare Abgrenzung zwischen den verschiedenen Begrifflichkeiten wie ownership, property, title oder estate möglich, die allesamt, wenn auch jeweils in verschiedenem Kontext, als Synonyme für das Eigentumsrecht verwendet werden. So neigt man bei beweglichen Sachen dazu, statt des Begriffs ownership die Bezeichnung property in the goods zu gebrauchen und bei Grundstücken die überkommene Terminologie der estates zu verwenden216, bzw. vom title to land zu sprechen. Oftmals wird property right mit dinglichem Recht und ownership mit Eigentum gleichgesetzt.217 Sparkes dagegen definiert proprietorship als das Recht, die Befugnisse eines Eigentümers aus211

Maudsley/Burn, Land Law, S. 4. Siehe Bridge, Personal Property, S. 2 und 14 m. w. N. 213 Dias, Jurisprudence, S. 294; Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 151 (Fn. 2). 214 Ausführlich zu den verschiedenen Arten der Feudal Tenure und deren historischer Entwicklung: Baker, S. 223 ff.; Megarry/Wade, Real Property, S. 22 ff.; Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 64 ff. Eine (recht kurz gehaltene) deutschsprachige Darstellung findet sich bei Erdell, S. 28 ff. 215 Lawson/Rudden, S. 16. 216 Lawson/Rudden, S. 57. 217 Vgl. Bell, Personal Property, S. 13. 212

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zuüben, sei es für sich selbst oder für einen Dritten als den beneficiary. Ownership hingegen bezeichne stets die Stellung des Eigentümers, der das ihm zustehende Recht für sich selbst ausübt.218 Auch wenn die Forderung nach einer eindeutigen Terminologie als solche berechtigt ist und sicherlich auch zur Rechtsklarheit beitrüge, stimmt dieser Vorschlag rechtstatsächlich nicht mit dem Sprachgebrauch von Rechtsprechung, Gesetzgeber und großen Teilen des Schrifttums überein, nach dem eine derartige Differenzierung nicht vorgenommen wird. Weiterhin ist die Bedeutung des ownership im englischen Recht durch die besondere Bedeutung der possession für die Geltendmachung von Schutzansprüchen im Hinblick auf das Eigentum abgeschwächt, unabhängig davon, ob Herausgabe der Sache, Unterlassung von Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Sache oder Schadensersatz wegen Sachentziehung oder wegen Beeinträchtigungen hinsichtlich der Sache verlangt wird. Unter possession versteht man den Besitz im Zeitpunkt der Vornahme der beeinträchtigenden Handlung bzw. des Eintritts des beeinträchtigenden Ereignisses. Auch kann der behauptete owner der Sache, um zu Schutzansprüchen zu gelangen, seine bessere Berechtigung an der Sache geltend machen, und zwar in Form eines besseren Besitzrechts, eines sog. better right to possession, das sich freilich auch aus dem ownership ergeben kann.219 Das Konzept des ownership hat sich also bloß als Ausprägung eines Besitzrechts entwickelt220, und ownership ist nach dieser Betrachtungsweise nicht mehr als die beste Berechtigung zum Besitz gegenüber anderen.221 Nach der noch immer gültigen und ebenfalls dem liberalen Eigentumsbegriff entsprechenden222 Definition von Honoré ist ownership „the greatest possible interest in a thing which a mature system of law recognizes“.223 218

Sparkes, S. 6. Harwood, S. 504: „That is the essence of what English law means by the ownership of land. The owner is the claimant who now has that right to possession which can be shown to have the earliest origin and which has not been extinguished – for example by the determination of the fee tail estate from which it arose.“; eine Ausnahme gilt lediglich bei trespass to land, hierzu unten [Dritter Teil, § 11 A. II. 1. c)]; ausführlich zur Bedeutung von possession sowie des right to possession im Rahmen der Schutzansprüche im Dritten Teil (unter § 11 A. II. 1. c), III. 1. c) und 3. e) sowie IV. 2.). 220 Thayer, 91 (1907) L. Q. R., S. 319 („The idea of ownership in one and right of possession in another did not come into the common law, as it did into Roman law, through adoption of a form of action, but through recognition of exceptions to the right of possession in favour of takers without judgment.“). 221 Vgl. auch Pollock, Expansion of the Common Law, S. 12: „He is the true owner who has the best right to possess, and to set or leave others in his place fortified with like rights and exercising like powers over the thing in question.“ 222 Siehe hierzu oben (unter B.). 219

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Im englischen Recht wird zumeist der negative Aspekt des Eigentums, also die Ausschlussfunktion, betont. Das Eigentum verpflichte nicht, es schließe nur aus und begründe eine sog. negative obligation, das heißt, eine Pflicht für jedermann, im Hinblick auf das fremde Eigentum jegliche unerlaubte Beeinträchtigung zu unterlassen.224 Allerdings bestehen nicht nur Pflichten für andere, sondern auch nach englischem Verständnis ist der owner an Gesetze gebunden, die seine Befugnisse in der Praxis stark beschneiden. Zu erwähnen ist hierbei insbesondere die unerlaubte Handlung der nuisance225, die dem Rechtsgebiet des Tort Law zugeordnet wird und funktionell zum privaten Nachbarrecht gehört. Weiterhin bestehen in England ebenfalls Einschränkungen des Eigentums durch zahlreiche Gesetze, wie insbesondere durch den Town and Country Planning Act 1990.226 Im Schrifttum des Common Law ist äußerst umstritten, ob ownership als ein einheitliches Recht (single right) oder vielmehr als ein Rechtebündel (bundle of rights) aufzufassen sei. Häufig findet man die Formulierung, ownership bestehe aus einem „bundle of rights and incidents“.227 Dies entspricht auch der Auffassung der älteren Rechtsprechung.228 Ähnlich bemerkt Williams: „Strictly speaking, however, corporeal ownership is not so much one right as a bundle of rights, liberties, powers and immunities.“229 Ähnlich stellt Dias fest: „Ownership consists of an innumerable number of claims, liberties, powers and immunities with regard to the thing owned.“230 Allerdings betont er, dass das ownership auch ein über diese genannten Komponenten hinausgehender Vermögensgegenstand sei.231 Die (noch) herrschende Auffassung im Schrifttum folgt damit der Definition des ownership als bundle of rights and obligations, oftmals allerdings unter Verwendung der Bezeichnung property, welche in diesem Zusammenhang gleichbedeutend mit ownership gebraucht wird.232 223

Honoré, Ownership, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 108. Siehe nur Lawson/Rudden, S. 63. 225 Näheres hierzu im Dritten Teil, § 11 A. II. 2. und 3. 226 Hierzu Sparkes, S. 68 ff. 227 Bridge, Personal Property, S. 30; zum bundle of rights und dessen restrictions siehe auch Tyler/Palmer, Personal Property, S. 39/40 m. w. N. 228 Siehe nur Sherwood J in St. Louis v Hall (1893) 116 Mo., S. 533/534: „Property, then, in a determinate object, is composed of certain constituent elements, to wit: The unrestricted right of use, enjoyment, and disposal, of that object.“, zitiert nach Coleman/Sebok/Hohfeld, Jurisprudence, S. 130/131. 229 Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 303. 230 Dias, Jurisprudence, S. 293. 231 Dias, Jurisprudence, S. 293. 232 Siehe nur Honoré, Ownership, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 113; Gleeson, Personal Property, S. 3 und Worthington, Personal Property, S. 3 m. w. N. 224

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Gegen diese Betrachtung als Rechtebündel wendet sich unter anderem Penner (ebenfalls unter der Verwendung der Bezeichnung property anstelle von ownership), dessen Kritik sich nicht nur gegen die Einordnung als Rechtebündel, sondern auch dagegen richtet, dass hierdurch jedes bundle of rights zum property right erhoben würde. Des Weiteren habe die bundle-Betrachtungsweise keinerlei praktischen Nutzen, sie sei sogar gefährlich, weil sie dogmatisch gezogene Grenzen verwische.233 Als Lösungsvorschlag unterbreitet Penner die folgende Alternativdefinition: „The right to property is the right to determine the use or disposition of an alienable thing in so far as that can be achieved or aided by others excluding themselves from it, and includes the right to abandon it, to share it, to license it to others (either exclusively or not), and to give it to others in its entirety.“234 Er versteht damit unter property in erster Linie ein right of exclusive use, das sämtliche Rechte vereint, die ansonsten unter das Rechtebündel gefasst würden. Diese sind damit nur bestimmte Ausflüsse hiervon, nicht aber voneinander isoliert bestehende Rechte.235 Gleichermaßen richtet sich auch Markby gegen die Betrachtung als Rechtebündel. Er konstatiert, ownership sei als einheitliches Recht und nicht als bloße Zusammenfassung einzelner Rechte aufzufassen.236 Ebenso äußert sich Benson unter expliziter Nennung von Honoré: „Against the ‚bundle of rights‘ view, I argue that, although each of these incidents is distinct from the others, they are mutually integrated as individually necessary expressions of a single underlying idea of property right that reflects the juridical conception.“237 Ähnlich mutet die Formulierung von Pollock an, nach der das ownership aus der „entirety of the powers of use and disposal allowed by law“ besteht.238 Ausdrücklich offen gelassen wird der Streit hingegen von Bell: „Ownership is the greatest right or bundle of rights that can exist in relation to property“.239 Von praktischer Relevanz könnte dieser Streit allenfalls für die Frage sein, ob eine bestimmte Befugnis noch vom Rechtebündel des Eigentümers umfasst ist oder ob diese Befugnis dem Eigentum im Sinne einer Gesamtbefugnis noch zuzurechnen ist. Das Ergebnis wäre in beiden Fällen gleich, 233

Penner, (1996) 43 UCLA L. Rev., S. 712 ff., insbesondere 723/724; kritisch auch Bright, in: Bright/Dewar, Land Law, S. 533/534, der sich u. a. unter Berufung auf Penner für einen offenen Katalog der Befugnisse aus dem property ausspricht. 234 Penner, (1996) 43 UCLA L. Rev., S. 742. 235 Penner, (1996) 43 UCLA L. Rev., S. 754/755. 236 Markby, S. 158. 237 Benson, in: Coleman/Shapiro, Jurisprudence, S. 759 und 771/772; Honoré selbst wiederum zitiert Markby, siehe Honoré, Ownership, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 125. 238 Pollock, Jurisprudence, S. 97; Pollock, First Book of Jurisprudence, S. 166. 239 Bell, Personal Property, S. 66.

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lediglich der begriffliche Ausgangspunkt wäre unterschiedlich. Auch im Rahmen der Beweislast für eine bestimmte Befugnis des Eigentümers ergäben sich keine Unterschiede, so dass auch die Annahme einer Gesamtbetrachtung den Eigentümer im Streit- bzw. Prozessfall nicht besser stellen würde. Der Streit hat folglich keine rechtlichen Auswirkungen und ist damit juristisch gesehen überflüssig. Festzuhalten bleiben dennoch die folgenden vier Hauptmerkmale des ownership: Das Recht zum Besitz (right to possess), das Recht zum Gebrauch (right to use and enjoy the thing owned) sowie das Recht zum Verbrauch, zur Zerstörung und zur Veräußerung (right to consume, destroy or alienate the thing). Schließlich ist ownership von unbestimmter Dauer.240 Unabhängig davon, wie man ownership im Einzelnen charakterisiert, besteht faktisch betrachtet auch in England eine starke Einschränkung der Rechte des Eigentümers, vor allem durch öffentlich-rechtliche Bestimmungen.241 Letztlich herrscht also nur ein (oberflächlicher) Streit um die angebrachte Betrachtungsweise, der vor allem dadurch gefördert wird, dass die Berechtigung des Eigentümers im Common Law traditionell ohnehin nicht als umfassend (absolute) angesehen wird, sondern als beschränkt (relative). Zu trennen ist die Diskussion um das ownership als bundle of rights von dem unumstritten geltenden Grundsatz der Unteilbarkeit der Befugnisse des Eigentümers (indivisibility of ownership). Nach diesem ist ownership in dem Sinne unteilbar, dass der owner von den ihm zustehenden Rechten nicht einen Teil als untergeordnetes Recht (subordinate right) ausschneiden und auf eine andere Person in der Form des ownership übertragen kann.242 Nur die Begründung einer neuen nachrangigen Berechtigung, zum Beispiel eines befristeten Rechts wie des leasehold interest243, ist möglich. Eine weitere Ausnahme besteht in den anerkannten Fällen des co-ownership, in denen mehreren Personen dieselbe Eigentumsberechtigung an demselben Gegenstand zusteht.244 II. Property Zu beachten ist zunächst, dass der Begriff property im englischen Recht nicht einheitlich verwendet wird und dass verschiedene Aspekte des Begriffs durch eine Vielzahl verschiedener Ausdrücke unterschiedlich betont 240 241 242 243 244

Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 246/247. Siehe hierzu im Einzelnen Megarry, Manual, chapter 15, S. 565 ff. Bell, Personal Property, S. 67. Ausführlich zum leasehold interest unter D. I. 1. b) sowie unter § 5 D. II. Hierzu ausführlich unten (§ 4 D. III.).

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werden.245 So wird der Begriff property wie auch im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch das Wort Eigentum sowohl zur Bezeichnung des Rechts an einer Sache als auch zur Bezeichnung des Bezugsgegenstands, der Sache selbst, gebraucht.246 Property rights sind, ganz im Gegensatz zu den jeweils nur zwischen einzelnen Rechtssubjekten geltenden persönlichen Rechten247, dingliche Rechte, die gegenüber jedermann wirken.248 Schließlich wird der Begriff property noch im Sinne von Vermögen bzw. Vermögensrecht verwendet. Der uneinheitliche Gebrauch des Wortes property spiegelt sich auch in Gesetzestexten wider: So bezeichnet der Begriff partnership property in s. 20 Partnership Act 1890 die Gegenstände, die von der Personenhandelsgesellschaft (partnership) benutzt werden. Im Rahmen von s. 16 Sale of Goods Act 1979 dagegen, welcher den Eigentumsübergang beim Kauf zunächst unbestimmter Waren regelt, bezeichnet property in the goods das Eigentumsrecht.249 1. Property im Sinne von Eigentum (ownership)

In der englischen Dogmatik unterscheidet man den positiven vom negativen Aspekt der property rights: Demnach beinhalten diese also sowohl defensive rights als auch assertive rights.250 Wie bereits im Rahmen der Definition des ownership erwähnt, wird in diesem Zusammenhang jedoch häufig der negative Aspekt des Eigentums betont. Weiterhin unterscheidet man in der englischen Rechtsterminologie des Personal Property Law zwischen dem sog. general und dem sog. special property. Der Begriff special property steht dafür, dass sein Inhaber an dem Bezugsgegenstand kein umfassendes Herrschaftsrecht hat, wobei dies entweder niemand hat (was zum Beispiel bei wilden Tieren der Fall ist – diese sind herrenlos, wenn sie nicht im Eigentum der Krone stehen) oder nur der Inhaber des general property. Letzteres betrifft insbesondere Fälle des bailment.251 Ein bailment ist zunächst ein Rechtsverhältnis zwischen mehreren Personen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass ownership inte245

Palmer/McKendrick, S. V (Foreword). Woodley, S. 328; Worthington, Personal Property, S. 3; gegen diese zweite Verwendung des Begriffs spricht sich Gray aus: „ ‚Property‘ is the name given to a legally (because socially) endorsed constellation of power over things and resources. Property is not a thing at all, but a socially approved power-relationship in respect of socially valued assets.“, vgl. Gray, Equitable Property, S. 160. 247 Sog. personal rights. 248 Daher rührt auch die Bezeichnung rights against the world. 249 Lawson/Rudden, S. 9. 250 Bell, Personal Property, S. 7/8. 251 Woodley, S. 328. 246

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rest und possessory interest an einer beweglichen Sache dadurch auseinanderfallen, dass die possession, also der Besitz, vorübergehend auf einen anderen, den bailee, übertragen wird. Zudem muss der bailee mit Fremdbesitzwillen besitzen.252 Damit ist der heutige Begriff des bailment im Gegensatz zu früheren relativ weit gefasst, zumal der bailee nunmehr seinen Besitz nicht unmittelbar vom bailor erhalten haben muss und sogar eine Zustimmung des bailor hierzu nicht nötig ist. Ebenso ist nicht erforderlich, dass die Sache überhaupt zurückgegeben werden muss, wie dies zum Beispiel beim hire-purchase der Fall ist.253 Bei einem bailment wird der dem owner verbleibende ownership interest als general property bezeichnet, wohingegen die Rechtsposition des bailee special property genannt wird.254 Beispiele für ein bailment sind Miete, Leasing, die Abgabe von Waren an eine Werkstatt zur Reparatur oder die Bestellung eines Faustpfandrechts an einer Sache.255 2. Property im Sinne eines Vermögensrechts

Weiterhin gibt es auch keine allgemeingültige gesetzliche Definition des Begriffs property, sondern lediglich weit gefasste Umschreibungen, die je nach dem gesetzlichen Zusammenhang variieren: Nach s. 4 (1) Theft Act 1968 ist property gleichzusetzen mit „money and all other property, real or personal, including things in action and other intangible property“. Property i. S. v. s. 205 (1) (xx) Law of Property Act 1925 beinhaltet „any thing in action256 and any interest in real or personal property“.257 Nach diesen gesetzlichen Definitionen können also neben Grundstücken und sonstigen beweglichen Sachen auch Wertpapiere (things in action), immaterielle Vermögenswerte (intangible property) und Forderungen (debts) property im Anwendungsbereich der zitierten Gesetze darstellen. Gemäß s. 68 (11) Trustee Act 1925 umfasst der Begriff property nicht nur „real and personal property“, sondern auch „any estate share or interest in any property, real or personal, and any debt, and any thing in action, and any other right and 252 Palmer, Bailment, S. 3: „The view that we have taken . . . is that a bailment comes into being whenever one person is knowingly and willingly in possession of goods that belong to another.“ 253 Palmer, Bailment, S. 4 ff. 254 Vgl. Lawson, Rational Strength, S. 98; Palmer, Bailment, S. 103; zum bailment siehe Worthington, Personal Property, S. 77; Palmer, Bailment, S. 1 ff.; Palmer/McKendrick/McKendrick, S. 461 ff. (chapter 19: The place of bailment in the modern law of obligations). 255 Wilkinson, S. 1 m. w. N.; Woodley, S. 49. 256 Wertpapier, also ein Gegenstand, der eine bestimmte Forderung verkörpert, wie beispielsweise ein Scheck oder eine Aktie. 257 Lawson/Rudden, S. 10.

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interest, whether in possession or not.“258 Diese Definition geht über die beiden erstgenannten hinaus und bezeichnet als property zusätzlich noch sonstige Rechte und Anteile an Vermögensgegenständen, wie beispielsweise an einem Unternehmen (any other right and interest), an denen ein Treuhandverhältnis im Sinne des Trustee Act 1925 bestehen kann. Die klassische259 richterliche Definition, unter welchen Voraussetzungen ein Recht als property right definiert werden kann, findet sich in National Provincial Bank Ltd v Ainsworth: „Before a right or an interest can be admitted into the category of property, it must be definable, identifiable by third parties, capable in its nature of assumption by third parties, and have some degree of permanence or stability.“260 Diese Formel, dass property rights alle Rechte sind, die auf Dritte übertragen und Dritten gegenüber durchgesetzt werden können, entpuppt sich als bloße Leerformel. In Wirklichkeit bestehen nämlich vornehmlich traditionelle Gründe dafür, welche Rechte als property rights qualifiziert werden: „ ‚Property‘ is ‚property‘ because it is ‚property‘: property status and proprietary consequence confuse each other in a deadening embrace of cause and effect.“261 Letztlich gibt es also kein logisch einleuchtendes Kriterium, nach dem ein Recht als property eingeordnet wird, sondern es wird nach Gesichtspunkten der Public Policy entschieden.262 So besteht nach Auffassung von Pollock auch property aus den „degrees and forms of control, use, and enjoyment, that are recognised and protected by the law“.263 Diese Definition bietet zwar nicht unbedingt eine praktikablere Handhabe bei der juristischen Einordnung, allerdings spricht für sie, dass sie die ausschlaggebenden vorrechtlichen Bewertungen ausdrücklich einbezieht. Dies ist ganz im Sinne der Philosophie Grays, nach der property die sozial erlaubte Macht über eine bestimmte, unter sozialen Gesichtspunkten als wertvoll erachtete, Ressource darstellt.264 In diesem Sinne sei property gar eine graduelle Angelegenheit. So hätten die verschiedenen Formen der property zwar gemeinsame Eigenschaften, diese seien aber von jeweils unterschiedlicher faktischer und rechtlicher Qualität.265 Das moderne Verständnis von property geht schließlich wesentlich weiter als das bisher erörterte herkömmliche Verständnis. So trägt der von Reich 258 259 260 261 262 263 264 265

Lawson/Rudden, S. 10. So Worthington, Personal Property, S. 10. [1965] A. C., S. 1247/1248 (Lord Wilberforce). Gray, Property in Thin Air, S. 293. Vandevelde, S. 364 ff. Pollock, Jurisprudence, S. 93; Pollock, First Book of Jurisprudence, S. 159. Gray/Gray, in: Bright/Dewar, Land Law, S. 15. Gray, Equitable Property, S. 161.

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geprägte Begriff der New Property der Tatsache Rechnung, dass in der heutigen Zeit zunehmend immaterielle Güter für das Vermögen von Bedeutung sind. Hierbei stellt Reich in erster Linie nicht – wie man vielleicht vermuten könnte – auf den Bereich der Intellectual Property ab, sondern nennt als Beispiele für wichtige immaterielle Güter eine bestimmte Ausbildung, einen bestimmten Arbeitsplatz oder eine Exklusivlizenz.266 Das Bedürfnis, diese praktisch durchaus wertvollen immateriellen Güter als property zu etikettieren, hängt mit der Schlagkraft des Begriffs property zusammen: Sobald man nämlich einen Gegenstand als property qualifiziert, gewinnt dieser einen recht starken rechtlichen Schutz im Gegensatz zum Schutz von Gegenständen, die nicht als Eigentum eingeordnet werden können.267 Allerdings ist die Rechtspraxis des Common Law dieser Forderung Reichs nicht nachgekommen, obwohl man mit der Ausweitung der Kategorien der property einen Schritt in diese Richtung gegangen ist und beispielsweise Informationen auch als property anerkennt.268 Der Grund hierfür ist die Gefahr, dass nach und nach alle irgendwie von der Rechtsordnung anerkannten Rechte zu property rights erhoben werden, wodurch sich diese Kategorie nicht mehr von den sonstigen Rechten abgrenzen würde.269 Ein ähnliches Problem haftet dem Ansatz Grays an, nach dem property im heutigen Sinne im Wesentlichen aus dem Zugang (access) zu Gütern, Veranstaltungen und Möglichkeiten im weitesten Sinne (insbesondere wirtschaftlicher, politischer oder gesellschaftlicher Art) besteht, bzw. dem damit verbundenen Ausschluss (exclusion) von Personen hiervon, wobei der Aspekt des Zugangs immer mehr in den Vordergrund rückt.270 Die Zu266 Reich, (1964) 73 Yale L. J., S. 738; in diesem Aufsatz (S. 733 ff.) argumentiert Reich, Wohlstand leite sich in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr vom Staat ab (z. Bsp. durch Genehmigungen und Subventionen sowie durch Schaffung bzw. indirekte Förderung von Arbeitsplätzen), der gleichzeitig auch Einnahmen von den Bürgern erhalte und diese dann umverteile. Zwar bestünde heutzutage für den Einzelnen die Aussicht auf großen Wohlstand, allerdings müsse dem Einzelnen wiederum ein Schutz zur Verfügung stehen, um in der kollektivistischen Gesellschaft zu bestehen. Diesen Schutz sieht Reich in der Schaffung eines New Property, S. 786/787. 267 Gray, Equitable Property, S. 210; zur Frage, unter welchen Voraussetzungen property überhaupt gegeben ist siehe Gray, Property in Thin Air, S. 266 ff. Nach der Auffassung von Smith ist mit der Forderung der Anerkennung der New Property allerdings nicht die ernsthafte Forderung verbunden, diese auch als Eigentum im juristischen Sinn einzuordnen, vgl. Smith, Property Law, S. 10. 268 Siehe hierzu insbesondere den Beitrag von Kohler und Palmer, „Information as Property“, in: Palmer/McKendrick, S. 3 ff. (chapter 1). 269 Gray, Equitable Property, S. 170. 270 Gray, Equitable Property, S. 172 ff. mit einigen Beispielen (u. a. Zugang zu einem Einkaufszentrum, welches im Sinne eines modernen Marktplatzes auch dem gesellschaftlichen Austausch dient) und S. 207.

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gangskontrolle (control over access) sei mithin als grundlegendes Kriterium für das Bestehen eines property right anzusehen.271 Dieser Ansicht ist insofern zuzustimmen, als der Zugang zu bestimmten Informationen oder Möglichkeiten (im weitesten Sinne) für den gesellschaftlichen Erfolg eine entscheidende Rolle spielt. Auch weisen die herkömmlich anerkannten dinglichen Rechte allesamt eine gewisse Zugangskomponente auf, da dem Berechtigten stets der Zugang zu einem Gegenstand gewährt wird, häufig in der Form des Besitzes. Jedoch verkennt Gray, dass jedes Recht eine gewisse Zugangskomponente beinhaltet, da diese nämlich schon in der im jeweiligen Recht enthaltenen Berechtigung liegt. So würde man auch nach seinem Ansatz jedes Recht zum property right erheben und damit dessen spezifisch dingliche Wirkungen nicht nur verkennen, sondern sogar aushebeln. 3. Real Property

a) Einleitung Im Jahre 1925 wurde das englische Grundstücksrecht durch ein ganzes Paket neuer Gesetze umfassend reformiert. Die Gesetzgebung von 1925 bestand unter anderem aus dem Law of Property Act, dem Settled Land Act und dem Administration of Estates Act. Eine neuere Reform der Law Commission of England and Wales beschäftigt sich mit dem sog. ownerless land und den Grundstücken, die im Eigentum der Krone sowie der Royal Duchies stehen.272 Die Reform hat zum Ziel, die Überbleibsel des sog. feudal land law abzuschaffen, insbesondere das Institut des escheat. Dieses bewirkte das Ende der Berechtigung eines Vasallen an seinem Grundstück. Weiterhin zählt zu den Überbleibseln der Rückfall eines Nachlasses nach Versterben des ursprünglichen Eigentümers ohne bekannte Erben an die Krone im Rahmen der sog. royal prerogative, wobei man die herrenlosen Güter als bona vacantia bezeichnet.273 Hiervon abgesehen kennt das heutige englische Recht noch einige wenige spezielle Fälle des escheat, zum Beispiel bei der Insolvenz oder Auflösung von Unternehmen, sofern diese nicht schon vor dem Beginn des Insolvenz- bzw. des Auflösungsverfahrens ihren Grundbesitz verkauft haben.274 Die Kommission sollte zu Beginn des 271 Gray, Property in Thin Air, S. 295; unter Berufung auf den berühmt gewordenen Aufsatz von Cohen, 9 (1954) Rutgers L. Rev., S. 357 ff. (siehe hier insbesondere S. 370/371). 272 Royal Duchies sind die Duchy of Cornwall und die Duchy of Lancaster. 273 Das Institut der bona vacantia hat zwar seinen Ursprung im Feudal Land Law, bezieht sich aber auf den gesamten Nachlass und nicht bloß auf das zu diesem gehörende Grundeigentum.

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Jahres 2006 ihre Arbeit aufnehmen, allerdings wurde das Projekt nunmehr wegen anderweitiger vordringlicher Projekte aufgeschoben.275 b) Land als Objekt von Real Property Eine Definition von land findet sich in s. 205 (1) (ix) des Law of Property Act 1925 (LPA)276: „ ‚Land‘ . . . includes land of any tenure, and mines and minerals, whether or not held apart from the surface, buildings or parts of buildings (whether the division is horizontal, vertical or made in any other way) and other corporeal hereditaments, also a manor, an advowson, and a rent and other incorporeal hereditaments, and an easement, right, privilege, or benefit in, over, or derived from land . . .“. Eine ähnliche Definition enthält sched. 1 zum Interpretation Act 1978: „ ‚Land‘ includes buildings and other structures, land covered with water, and any estate, interest, easement, servitude or right in or over land“. Diese Definitionen sind allerdings allesamt zirkelschlüssig, da sie den Begriff land letztlich wiederum durch land definieren277 und im Wesentlichen nur darauf eingehen, welche Bestandteile dem land noch hinzuzurechnen sind. Im Vergleich hierzu ist die Definition von Lawson und Rudden ein wenig hilfreicher: „Land includes the works of nature and of humans within a particular space on the earth.“278 Somit gehören auch die sog. fixtures zum land dazu, die zu dem Zweck, einen Teil des Grundstücks zu bilden, mit einem Grundstück verbunden wurden.279 Bemerkenswert ist, dass in England nicht nur eine vertikale, sondern auch eine horizontale Teilung des Eigentums, wie zum Beispiel die Aufteilung in Wohnungen innerhalb ein und desselben Hauses, möglich ist.280 274 Sparkes, S. 52 ff. m. w. N. zu den weiteren verbleibenden Möglichkeiten des escheat. 275 Zu den Regeln der bona vacantia siehe insbesondere Bell, „Bona Vacantia“, in: Palmer/McKendrick, S. 207 ff. (chapter 8). 276 Die Vorschrift wurde geändert durch sched. 4 zum Trusts of Land and Appointment of Trustees Act 1996 (TOLATA), allerdings wurde hierbei der materielle Gehalt der Definition von land nicht verändert. Es wurden bloß die Worte „not an undivided share in land“ bzw. „not an undivided share thereof“ gestrichen. 277 So auch Gray/Gray, Land Law, S. 3 und Stevens/Pearce, S. 9 jeweils zu der Definition in s. 205 (1) (ix) LPA 1925 (abgedruckt in Fn. 280). 278 Lawson/Rudden, S. 22. 279 Lawson/Rudden, S. 23. 280 Vgl. auch die Definition von land in s. 205 (1) (ix) LPA 1925: „ ‚Land‘ includes land of any tenure . . . buildings and part of buildings (whether the division is horizontal, vertical or made in any other way)“. Nach einer Auffassung in der Literatur können auch in dem Sinne mehrere Personen Eigentümer ein und desselben

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Folglich wird jeder Berechtigte als Grundeigentümer bezeichnet, auch wenn die ihm gehörende Einheit nicht unmittelbar mit der Erdoberfläche in Berührung kommt und deshalb einen sog. flying freehold darstellt.281 Real property umfasst sämtliche dinglichen Rechte am Grundeigentum, mit Ausnahme von leases, denen im englischen Recht eine Sonderstellung zukommt.282 Infolgedessen bezeichnete man als realty die Berechtigung eines freeholders, also von jemandem, der auf unbestimmte Zeit (ohne einen fixed term) zum Besitz an dem Grundstück berechtigt war. Die Begriffe real right, property right und proprietary right sind allesamt Synonyme für dingliche Rechte, d.h. Rechte, welche gegenüber jedermann geltend gemacht werden können.283 4. Personal Property

Im Gegensatz zu Real Property ist der Gegenstand von Personal Property nicht gesetzlich fixiert. In Ermangelung einer positiven Definition von Personal Property, definiert man dieses negativ und bezeichnet damit das Eigentum an all denjenigen (durchaus verschiedenen) materiellen Gegenständen, welche nicht land sind und damit nicht unter Real Property fallen. Aufgrund dieser weniger formalen Definition ist der Begriff der Personal Property recht flexibel und eröffnet die Möglichkeit der Erweiterung, sei es in quantitativer Hinsicht (die unter Personal Property fallenden Gegenstände sind reproduzierbar) oder in qualitativer Hinsicht durch die Anerkennung neuer Formen von Eigentum.284 Ein anschaulicher Fall für die letztere Möglichkeit ist die Entscheidung in Moore v Regents of the University of California285, in dem der Kläger Blutproben, Blutserum, Hautstücke, Knochenmarkstücke sowie Spermien dem Medical Centre der University of California Los Angeles zur Verfügung stellte. Die Angestellten der Universität (unbebauten) Grundstücks sein, dass einer Person das Eigentum an der Erdoberfläche zusteht, wohingegen eine andere Person Eigentümer im unterirdischen Bereich wird. Hierdurch entstehen dann sog. strata title. Paradoxerweise könne somit land auch aus einer bestimmten Luftschicht bestehen, dies sei jedoch in England unüblich; strata title existierten aber in einigen Teilen Londons, Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 16 ff. m. w. N. und Gray, Property in Thin Air, S. 258/259. Gray wirft im Folgenden (Property in Thin Air, S. 259 ff.) die Frage auf, inwiefern diese Luftschicht gegen optische Beeinträchtigungen (durch sog. visual trespass) geschützt ist. 281 Vgl. Lawson/Rudden, S. 22/23; Maudsley/Burn, Land Law, S. 6. 282 Lawson/Rudden, S. 13. 283 Lawson/Rudden, S. 14. 284 Bridge, Personal Property, S. 1; Bell, Personal Property, S. 3. 285 793 P.2d 479 (Cal. 1990); so entschied später auch der Court of Appeal in R v Kelly [1999] Q. B. 621.

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waren sich bewusst, dass zumindest Teile der vom Kläger zur Verfügung gestellten Proben von großem kommerziellem und wissenschaftlichem Wert waren und entnahmen diese mit dem geheimen Vorbehalt, sie zu derartigen Zwecken weiterzuverwenden. Moore waren diese Absichten bei Erteilung seiner Einwilligung zur Entnahme der Proben nicht bekannt. Das Gericht erachtete die Proben als Personal Property und gab seiner Klage in conversion statt.286

C. Funktionen des Eigentums Eigentumsrechte erfüllen auch im englischen Recht eine Vielzahl von Funktionen. Folglich gibt es eine entsprechende Vielzahl von Zwecken, für die ein dingliches Recht an einer Sache gewährt werden kann. Zum einen gibt es sog. beneficial rights, die den Genuss an einer Sache gewähren, zum anderen sog. managerial rights, die in erster Linie dazu bestimmt sind, Verfügungen über die Sache zu ermöglichen, wie zum Beispiel bei Bestehen eines trust-Verhältnisses, und schließlich sog. security rights (Sicherungsrechte), die zur Sicherung einer Verbindlichkeit dienen. Weiterhin besteht auch nach englischem Verständnis ein enger Zusammenhang von property und persönlicher Freiheit.287

D. Formen des Eigentums I. Real Property 1. Legal estates

Der Begriff estate wird wie der Begriff property in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Er bezeichnet zum einen als Gegenstand ein bestimmtes Grundstück („the estate Baker Street no. 12“) oder das Vermögen eines Verstorbenen („the estate of Mr. Smith“), er wird – immer noch um den Gegenstand des Eigentums zu bezeichnen – gebraucht im Sinne von Real und Personal Property (Real and Personal estate) und dient schließlich 286 Zur Klage der conversion siehe unten (Dritter Teil, § 11 A. III. 3.). Auch in Deutschland werden Körpersubstanzen bei dauerhafter Trennung vom Körper als bewegliche Sachen angesehen (BGHZ 124, 52 [54]), obwohl am lebenden Körper zunächst kein Eigentum bestehen kann, vgl. Palandt/Ellenberger, § 90 BGB, Rn. 3. Zur Rechtsproblematik der Nutzung von Körpersubstanzen siehe insbesondere Taupitz, AcP 191 (1991), S. 201 ff., der auch die Entscheidung Moore v Regents of the University of California diskutiert und die Frage nach den Schranken der kommerziellen Nutzung sowie der Rechtsfolgen von Verletzungen aufwirft. 287 Gray, Property in Thin Air, S. 281.

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auch als Bezeichnung für ein zeitlich befristetes Eigentumsrecht (z. Bsp. ein life estate).288 Ursprünglich gab es vier verschiedene legal estates: Den fee simple estate, den fee tail estate, den life estate und den estate pur autre vie.289 Ein fee simple bezeichnet ein unbeschränktes Grundstücksrecht, „simple“ ist damit in dem Sinne zu verstehen, dass es keine einschränkende Qualifikation gibt. Unter „fee“ versteht man eine vererbliche Berechtigung290, wobei der fee simple frei vererbt werden kann, der sog. fee tail (abgeleitet vom französischen Wort tailler für schneiden) dagegen nur an Abkömmlinge in gerader Linie, sog. direct descendants. Der fee tail, welcher auch entail genannt wurde, wurde in England und Wales im Jahre 1996 abgeschafft.291 Ein life estate bezeichnet die Berechtigung für die Lebensdauer einer oder mehrerer bestimmter Personen, die aber nicht notwendigerweise auch mit dem Berechtigten identisch sein müssen. In letzterem Fall spricht man von einem estate pur autre vie. Die Person, deren Lebenszeit maßgeblich ist, wird als cestui que vie bezeichnet, wohingegen die Berechtigung der Person, die nach dem Tod der maßgeblichen Person berechtigt sein soll, als interest in remainder bezeichnet wird.292 Dieser interest in remainder stellt einen sog. future interest dar, also eine Art Anwartschaft auf einen künftigen Rechtserwerb. Ein weiterer future interest ist der sog. reversionary interest als Rückfallanwartschaft des Eigentümers, der einen Ausschnitt seiner Berechtigung an einen anderen vermacht hat.293 Nunmehr gibt es nach dem LPA 1925 als legal estates nur noch den fee simple absolute in possession und den legal term of years absolute (leasehold).294 Diese Vereinfachung sollte vor allem mehr Sicherheit im Rechtsverkehr bieten, insbesondere beim ohnehin schon recht aufwändigen Verfahren der Eigentumsübertragung (conveyance) von nicht registrierten Grundstücken, bei welcher – wie oben dargestellt – sämtliche Berechtigungen der letzten 15 Jahre an der Sache nachzuweisen sind (sog. good root of title). Infolgedessen können mit dem LRA 2002 nur die legal estates im Land Re288

Lawson/Rudden, S. 15. Maudsley/Burn, Land Law, S. 4. 290 Das Wort entstand aus dem lateinisierten Begriff feudum, der Ausdruck dafür ist, dass ein Untertan ein Grundstück für eine besser berechtigte Person hält, vgl. Burn/Cartwright, Real Property, S. 12. 291 Hierzu Lawson/Rudden, S. 182. 292 Siehe nur Sparkes, S. 37. 293 Zu diesen Begrifflichkeiten wie auch zur rechtlichen Behandlung von interest in remainder und reversionary interest siehe Megarry/Wade, Real Property, S. 43/44 und 312 ff. 294 Vgl. Lawson/Rudden, S. 79/80; siehe hierzu auch schon oben (§ 4 A. I.). 289

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gister eingetragen werden, und nur diese werden durch Umschreibung im Land Register übertragen. Die übrigen estates (unter Ausnahme des fee simple absolute in posession und des leasehold estate) bestehen zwar als solche fort, allerdings ausschließlich im System der Equity unter dem Mantel eines trust.295 Hierbei ist insbesondere ein gutgläubiger Erwerb der equitable estates durch den Erwerber des legal estate möglich, wenn dieser beim Erwerb keine Kenntnis von den equitable estates hatte.296 Dann erhält der Erwerber einen legal estate, der nicht durch den equitable estate belastet ist. Hatte der Erwerber hingegen Kenntnis von bestehenden equitable estates, ist er nicht schützenswert, und es findet kein derartiger gutgläubiger lastenfreier Erwerb statt. Zu beachten ist, dass die doctrine of estates nur im Bereich des Real Property Law Anwendung findet. Bezüglich Personal Property kann hingegen absolute ownership begründet werden, und es gibt keine diesem untergeordneten Rechte.297 a) Freehold estate Der freehold estate wird auch als fee simple absolute in possession bezeichnet.298 Er stellt im englischen Recht die größtmögliche Berechtigung an einem Grundstück dar. Der freehold estate ist insofern „absolute“, als er frei vererbbar ist, und „in possession“ besteht, d.h. er gewährt dem Berechtigten ein aktuelles Recht zur Nutzung des Grundstücks.299 Da nach der Reform von 1925 nur noch der fee simple absolute in possession und der leasehold estate als legal interests bestehen können (siehe oben unter 1.; zum leasehold estate sogleich), sind die verschiedenen anderen historisch gewachsenen estates automatisch equitable estates. Auch die sog. future interests (remainder und reversion) sind keine interests in possession. Da sie kein aktuelles Recht zur Nutzung des Grundstücks gewähren, stellen sie kein fee simple absolute in possession dar und können nur als equitable estates ausgestaltet sein.300

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Zu diesen Begriffen sogleich unter 2. Bridge, Personal Property, S. 12; Thompson, Land Law, S. 47/48. Zu den Schwächen der equitable interests sogleich (§ 4 D. I. 2., insbesondere Fn. 342). 297 Tyler/Palmer, Personal Property, S. 43. 298 „Of years absolute“ meint hierbei eine Berechtigung für eine bestimmte Zeit, die auch kürzer als ein Jahr sein kann, vgl. Megarry/Wade, Real Property, S. 122. 299 Dies gilt auch für den Fall, dass noch ein leasehold bestellt ist, da auch die Berechtigung zum Erhalt von Zahlungen durch den lessee als Nutzung des Grundstücks angesehen wird, Smith, Property Law, S. 33 (insb. Fn. 6). 300 Vgl. Megarry, Manual, S. 214; MacKenzie/Phillips, S. 170/171. 296

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b) Leasehold estate Der leasehold estate unterscheidet sich vom freehold estate, wie seine Alternativbezeichnung term of years absolute bereits andeutet, durch seine zeitliche Beschränkung. Das Bestehen einer Verlängerungsoption ist hierfür allerdings unschädlich.301 Auch ist die Vereinbarung einer sog. periodic tenancy, bei der sich das leasehold-Verhältnis nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit (jeweils) automatisch um einen bestimmten Zeitraum verlängert, möglich, sofern es nicht durch eine der Parteien beendet wird.302 Dem lessee wird im Gegensatz zum bloßen lodger ausschließlicher Besitz (exclusive possession) eingeräumt. Der lodger bewohnt dagegen häufig nur einen Teil des Gegenstands, wie es zum Beispiel bei einem Untermieter oder Gast in einer Pension der Fall ist, so dass ihm keine exclusive possession an der Sache als Ganzes zukommt.303 Schließlich ist der leasehold estate abzugrenzen von der bloßen licence, die dem Berechtigten ebenfalls nicht den ausschließlichen Besitz gewährt, sondern ihm lediglich eine Zutrittserlaubnis einräumt. Da viele Vermieter die Anwendbarkeit der Mieterschutzgesetze (sog. Rent Acts) vermeiden wollen und ihnen daher daran gelegen ist, die vertragliche Beziehung als bloße licence darzustellen, existiert zur Abgrenzung eine ausgeprägte Rechtsprechung, die sich gegen die Umgehung des Mieterschutzes richtet.304 Es ist allgemein anerkannt, dass die licence nicht zu den proprietary interests zählt, da sie ein schuldrechtlicher Vertrag, aber kein auf dem Grundstück lastendes dingliches Recht ist. Hierdurch sind vor allem die Schutzmöglichkeiten des licencees gegenüber Dritten (etwa einem Erwerber eines legal interest) begrenzt. Der licencee ist im Fall der Übertragung des legal estate grundsätzlich auf die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche gegenüber dem licencor beschränkt.305 Allerdings kann der licence aufgrund der Regeln der Equity eine gewisse dingliche Wirkung (proprietary effect) zukommen.306 301

Megarry/Wade, Real Property, S. 40/41. Thompson, Land Law, S. 360 ff. 303 Paton/Derham, S. 523. Insbesondere liegt keine exclusive possession vor, wenn der Eigentümer, wie beispielsweise in einer Pension üblich, zusätzlich zur Nutzungsgewährung bestimmte Dienstleistungen erbringt, welche seine Anwesenheit (bzw. die seiner Angestellten) bedingen, vgl. Thompson, Land Law, S. 351 ff. m. w. N. zur Abgrenzung im Folgenden. 304 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 98 m. w. N. Abgrenzungskriterium ist die exclusive possession des tenants, Street v Mountford [1985] A. C. 809, hierzu auch Davis/Godfrey/Russell, A2/3 ff. m. w. N. 305 Vgl. Maudsley/Burn, Land Law, S. 594/595, die andeuten, es sei wünschenswert, auch die licence in gewisser Hinsicht zu verdinglichen, um die Schutzmöglichkeiten gegenüber Dritten auszuweiten. 306 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1318 m. w. N. 302

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Im Gegensatz zum freehold estate ist der leasehold estate kein sog. interest in possession, das heißt, dieser kann auch ohne ein aktuelles Recht zum Besitz bestehen, etwa bei einem leasehold, dessen Laufzeit erst in der Zukunft beginnt und auch erst dann dem Berechtigten exclusive possession gewährt.307 Auch der leasehold interest wurde ursprünglich nicht zu den real property interests gezählt, sondern als Personal Property qualifiziert. Dies hat historische Gründe. Da der leasehold bei seinem Auftreten eine beliebte Methode der Sicherheit für einen Kredit oder ein Investment darstellte und der lessee in der Regel kein hierüber hinausgehendes Interesse an der Nutzung des Grundstücks hatte, stand der leasehold außerhalb der Lehnspyramide und der feudalen Eigentumsordnung und war damit nicht deren Bindungen unterworfen.308 So war der leasehold interest frei von Feudallasten und auch frei durch Testament vererbbar.309 In der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung wandelte sich jedoch die Verwendung des leasehold zu rein finanziellen Zwecken, und dieser wurde vermehrt für längere Zeit (oftmals auch über eine Lebenszeit hinausgehend) zur Grundstücksnutzung anstelle eines freehold estate bestellt. Grund hierfür war vor allem das Gesetz Quia emptores von 1290, das eine Veräußerung von Grundstücken nur durch substitution, also durch Austausch des Berechtigten am legal estate, und nicht durch subinfeudation, d.h. durch Bestellung eines neuen weniger umfassenden estate, ermöglichte. Durch dieses Gesetz erlangte die Bestellung eines leasehold als gegenüber dem freehold estate weniger umfassende Berechtigung an einem Grundstück praktische Bedeutung und war eine ansprechende Alternative zur substitution, da der leasehold den vollständigen und irreversiblen Verlust der Berechtigung des freeholders verhinderte, aber die Fremdnutzung gegen Bezahlung ermöglichte.310 Mit diesem gesellschaftlichen Wandel trat auch eine Veränderung der rechtlichen Einordnung ein. Ab dem Jahre 1499 war es gesicherte Rechtsprechung, dass dem lessee bei Besitzverletzungen neben der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auch der Herausgabeanspruch der action of ejectment zusteht, deren Grundlage das Recht des lessee zum Besitz an dem Grundstück ist.311 Diese dingliche Herausgabeklage ist gerade für die real property interests charakteristisch. 307

MacKenzie/Phillips, S. 176. Baker, S. 299; Megarry, Manual, S. 18/19. 309 Megarry/Wade, Real Property, S. 7. 310 Zum Ganzen Baker, S. 242 und 300. 311 Baker, S. 300/301 m. w. N.; die action of ejectment wird mittlerweile als recovery bezeichnet und stellt eine bestimmte Rechtsfolge des Anspruchs aus trespass to land dar, nämlich den Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks; Einzelheiten hierzu im Dritten Teil, § 11 A. II. 1. h) bb). 308

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Hierdurch nahm der leasehold interest für lange Zeit eine Zwitterstellung ein, da er zwar auf eine Herausgabe in natura gerichtet war, aus traditionellen Gründen aber dennoch als Personal Property eingeordnet wurde.312 Damit wurde der leasehold estate zum interest sui generis und stand gewissermaßen zwischen den interests des Real Property und dem Personal Property Law.313 Schließlich hat sich die – ebenso widersprüchlich anmutende – Bezeichnung chattels real (wörtlich „grundstücksbezogene bewegliche Sache“) für den leasehold interest eingebürgert. Mittlerweile ordnet man diesen schließlich als interest in land ein, weist ihn also dem Real Property Law zu.314 Die Einordnung und Sonderstellung des leasehold-Eigentums hatte weiterhin zur Folge, dass der lessee ursprünglich sein leasehold-Grundstück nicht wie der Grundstückseigentümer mit der novel disseisin-Klage in natura herausverlangen konnte, sondern vielmehr auf eine deliktische Klage in trespass angewiesen war.315 In der vielkritisierten Entscheidung des House of Lords in Bruton v London and Quadrant Housing Trust316 wurde, vermutlich aus Mieterschutzgründen, zwischen den Parteien ein landlord- und tenant-Verhältnis angenommen, obwohl der landlord weder Eigentümer der betreffenden Wohnung war noch vom Wohnungseigentümer eine entsprechende dingliche Berechtigung ableiten konnte, die ihn zur Einräumung eines leasehold estate hätte ermächtigen können. Diese Entscheidung ist jedoch eine Ausnahmeerscheinung geblieben und verkennt darüber hinaus – ohne nähere Begründung – die hergebrachte Theorie der Grundstücksrechte.317 So ist der leasehold estate stets abhängig vom Bestehen eines übergeordneten freehold estate oder eines weiteren übergeordneten leasehold estate (des lessors)318, von dem sich seine Berechtigung ableitet. Im 19. Jahrhundert waren lange Niedrigzinsmieten (long low-rent leases) ein probates Mittel, um den Wohnungsbau anzuregen. Die Mieten liefen oft für 99 Jahre und der Mietzins bestand häufig nur aus einem nominellen Betrag, allerdings war der lessee dazu verpflichtet, das auf dem Grundstück befindliche Gebäude zu errichten und auch zu unterhalten. So konnte der lessee sein vorhandenes Kapital zum Bauen nutzen, anschließend aber durch Vermietung des Gebäudes (zu marktüblichem Mietzins) seine Investition nach einer gewissen Zeit wieder zurückerhalten. Der Grundstückseigentümer 312 313 314 315 316 317 318

Megarry, Manual, S. 18/19. Megarry/Wade, Real Property, S. 7. Lawson/Rudden, S. 13; Megarry, Manual, S. 18/19. Siehe Gleeson, Personal Property, S. 7/8. [2000] 1 A. C. 406. So auch Stroud, S. 358. Vgl. Dixon, Land Law, S. 8.

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verzichtete zwar lange Zeit auf die Nutzung seines Grundstücks, er erhielt es aber am Ende des lease terms wieder zurück und nach den Regeln des Common Law gebührte ihm auch das Eigentum an den Gebäuden. Nunmehr erhält der lessee einer solchen long low-rent lease ein gesetzliches Ankaufsrecht, um die beim landlord verbliebenen Rechte abzulösen.319 Längerfristige leasehold interests müssen nun nach s. 4 (1) (c) (i) LRA 2002 ab einer Laufzeit von sieben Jahren im Land Register registriert werden.320 c) Conditional ownership Weiterhin zählen zu den legal estates auflösend oder aufschiebend bedingte freehold estates, die als sog. conditional interests bezeichnet werden.321 Unter einer auflösenden Bedingung ist der conditional interest zwar gerade nicht absolute i. S. v. s. 1 (1) (a) LPA 1925, allerdings ist er nach s. 7 (1) LPA 1925, der durch den Law of Property (Amendment) Act 1926 eingefügt wurde, als fee simple absolute im Sinne des LPA 1925 anzusehen, so dass ein conditional freehold estate im Sinne eines vested ownership als legal estate bestehen kann.322 Bei Eintritt der condition erhält der hierdurch Begünstigte das Recht, das fee zu begründen (bei Vereinbarung einer condition precedent) bzw. dieses zu beenden (so bei Vereinbarung einer condition subsequent; das Recht wird als right of entry oder re-entry bezeichnet).323 Die Ausübung des right of entry bzw. re-entry (sog. entry) erfolgt durch Wiedererlangung des Grundstücksbesitzes mit dem Willen, das Recht geltend zu machen, oder durch Erhebung der Herausgabeklage.324 Die entry ist nach s. 27 (2) (e) LRA 2002, die Beendigung des conditional ownership nach s. 27 (2) (a) LRA 2002 registrierungspflichtig. 319 Darstellung nach Lawson/Rudden, S. 125. Das Ankaufsrecht (sog. leasehold enfranchisement) für Wohnungen, Wohnblocks und Wohngebäude wie auch die alternativ bestehende Möglichkeit der lease extension wurden eingeführt durch den Leasehold Reform, Housing and Urban Development Act 1993 (zuvor war nach dem Leasehold Reform Act 1967 bereits ein leasehold enfranchisement an Häusern möglich), Einzelheiten bei Eisenhauer, S. 1 ff. und insbesondere S. 63 ff. und 88 ff. m. w. N. zu den Voraussetzungen. 320 Zuvor konnten nach der gesetzlichen Regelung nur Mieten mit einer Laufzeit von 21 Jahren oder länger registriert werden (s. 8 (1) Land Registration Act 1925), zum Ganzen Murphy/Roberts/Flessas, S. 247/248 m. w. N.; siehe hierzu auch MacKenzie/Phillips, S. 183 ff. 321 MacKenzie/Phillips, S. 168 ff. 322 Vgl. auch Gray/Gray, Land Law, S. 66 und 74/75; MacKenzie/Phillips, S. 168/169. 323 Vgl. Megarry/Wade, Real Property, S. 65. 324 Burn/Cartwright, Real Property, S. 169/170; Gray/Gray, Land Law, S. 466 m. w. N.; Woodley, S. 164.

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Contingent ownership ist nach englischem Rechtsverständnis dagegen als rein zukünftige Rechtsposition (als sog. future interest) kein interest in possession und damit kein legal estate, da diesbezüglich keine gesetzliche Ausnahme wie beim vested ownership durch s. 7 (1) LPA 1925 existiert. Folglich kann contingent ownership nur als equitable estate bestehen.325 Damit handelt es sich um mehr als nur eine zukünftige Erwerbsaussicht. Es stellt eine schon aktuelle Rechtsposition dar, die aber noch unvollkommen ist.326 Nach deutschem Rechtsverständnis entspricht contingent ownership deshalb am ehesten der Rechtsfigur des Anwartschaftsrechts.327 Von den conditional interests ist das sog. determinable fee zu unterscheiden, das automatisch mit einem – möglicherweise eintretenden – Ereignis endet (z. Bsp. Eigentum, solange die Kirche St. Paul steht). Bei dem festgelegten Ereignis handelt es sich zwar auch um eine Bedingung im weiteren Sinn, jedoch nicht um conditional ownership im Rechtssinn, da bei letzterem neben dem Eintritt des Ereignisses die Ausübung des Rechts zur Rechtsänderung hinzukommen muss. Ob das determinable fee als legal interest bestehen kann, ist umstritten, jedenfalls kann es aber als equitable interest bestehen.328 Zudem erfolgt mit Unmöglichwerden des Bedingungseintritts die automatische Umwandlung in ein fee simple absolute.329 Der Unterschied zwischen determinable fee und freehold ownership unter einer condition subsequent wird oftmals verwischt. Er besteht darin, dass das bedingende Ereignis dem determinable fee immanent ist, wohingegen eine condition subsequent eine vom freehold-Eigentum unabhängige Nebenbestimmung ist, die dieses zerstören kann. Der Unterschied bei der Begründung liegt lediglich in der Formulierung („as long as“/„while“ stehen für determinable fee, dagegen wird die condition subsequent durch Wendungen wie „provided that“/„if“ angedeutet).330 Auswirkungen hat die Unterscheidung vor allem bei Unwirksamkeit der Bedingungsvereinbarung: Im Fall der mit einer condition verbundenen Eigentumsübertragung ist nur die Bedingung als Nebenbestimmung unwirksam, so dass über das Eigentum als unbedingtes Recht wirksam verfügt wurde. Beim determinable fee hingegen zieht dessen Unwirksamkeit die Unwirksamkeit der gesamten Verfügung 325

MacKenzie/Phillips, S. 170 und 362. Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 314/315. 327 Zum Anwartschaftsrecht im deutschen Recht siehe oben (unter § 3 C. VI.); auf den Rechtsvergleich zwischen contingent ownership und Anwartschaftsrecht soll an späterer Stelle noch einmal eingegangen werden (unter § 5 D. V.). 328 Megarry/Wade, Real Property, S. 62 ff. m. w. N. ordnen das determinable fee den legal interests zu; für eine Einordnung als equitable interest MacKenzie/Phillips, S. 169. 329 Megarry/Wade, Real Property, S. 63. 330 Megarry/Wade, Real Property, S. 64 ff. 326

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nach sich.331 Conditions beim vested ownership sind insbesondere dann unwirksam, wenn sie dazu führen, dass dem Eigentümer die Verfügungsberechtigung (power of alienation) entzogen wird, wenn sie gegen gesetzlich festgelegte Inhalte von Eigentumsrechten verstoßen oder wenn sie nicht vereinbar mit der Public Policy sind. Die Vereinbarung eines determinable fee ist dagegen nur bei Verstoß gegen die Public Policy unwirksam.332 Weiterhin unterscheiden sich condition und determinable fee dadurch, dass die Berechtigung bei einer condition im Gegensatz zum determinable fee nicht automatisch mit dem Bedingungseintritt erlischt, sondern erst durch Ausübung des right of (re-)entry seitens des durch den Bedingungseintritt Begünstigten.333 2. Equitable estates

a) Entstehung des Rechtssystems der Equity Der Begriff equity ist abgeleitet vom lateinischen Wort aequitas, das soviel wie Billigkeit oder Gleichheit bedeutet. Da das Common Law vielfach zwingende formale Regeln voraussetzte, wie insbesondere Formvorschriften für die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften und die Einhaltung bestimmter Klageformeln (sog. forms of action) für den Zugang zu den Gerichten, und seine Rechtsfolgen häufig nur auf Schadensersatz begrenzt waren, begannen einzelne Bürger, die an diesen genannten Hürden des Common Law scheiterten, Gesuche an den Monarchen zu stellen.334 Zuständig für die Bearbeitung der Gesuche war der sog. chancellor als höchster Verwaltungsbeamter des Monarchen, der eine Art Gnadenrecht nach den Maßstäben von Vernunft und Billigkeit (fairness and reasonableness) ausüben konnte.335 Im Lauf der Zeit bildeten sich feste Rechtsregeln heraus, so dass ab dem 15. Jahrhundert das System der Equity als Billigkeitsrechtsprechung neben dem Common Law bestand.336 Hierbei galten die Grundsätze „equity follows the law“ und „equity shall prevail“, nach denen Equity das Common Law im Sinne eines umfassenden Rechtsschutzes lediglich ergänzt, aber andererseits im Konfliktfall die Regelungen aus dem Bereich der Equity vorrangig vor den Regeln des Common Law zu beachten sind.337 Die institu331

Megarry/Wade, Real Property, S. 69. Megarry/Wade, Real Property, S. 66 ff.; siehe hierzu auch Bell, Personal Property, S. 169 ff. 333 Megarry, Manual, S. 41/42. 334 Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 5/6; Lawson/Rudden, S. 83/84. 335 Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 6/7. 336 Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 6/7. 337 Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 8; Lawson/Rudden, S. 82/83. 332

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tionelle Trennung von Common Law und Equity fand ein Ende mit dem Judicature Act 1873, wonach alle Abteilungen des High Court of Justice sowie des Court of Appeal sowohl die Regeln des Common Law als auch die der Equity beachten mussten.338 b) Besonderheiten der equitable estates Im Fall der Existenz eines equitable estate, das heißt, eines dinglichen Grundstücksrechts nach Equity, besteht das legal ownership als nacktes Recht (bare right), das equitable owner-ship hingegen als beneficial right.339 Dies bedeutet, dass dem legal owner einer Sache das Eigentum an dieser zwar formell zusteht, er seine Rechtsstellung aber zugunsten einer anderen Person oder zu einem bestimmten Zweck, der bzw. dem der Nutzen der Sache letztlich zugute kommen soll, außerhalb seiner eigenen Belange ausübt.340 Selbstverständlich müssen legal interest und equitable interest, also die Eigentumspositionen nach Law und nach Equity, nicht personell auseinanderfallen. In diesem Fall stehen nicht etwa dem Berechtigten beide estates nebeneinander zu, sondern das equitable estate geht derart in dem legal estate mit auf, dass der Berechtigte legal owner ist, ohne nach den Grundsätzen der Equity an der Ausübung seines Eigentumsrechts eingeschränkt zu sein.341 Zunächst wirkten equitable rights nur rein schuldrechtlich (in personam), aber später erfolgte die Anerkennung von beneficial property als dingliches Recht. Mit dem 17. Jahrhundert wurde dem equitable interest auch Wirkung gegenüber Dritten zugesprochen, allerdings nicht gegenüber dem Käufer des mit dem equitable interest belasteten Gegenstands, der von der Belastung keine Kenntnis und auch keine fahrlässige Unkenntnis hatte.342 Diese Ausnahme des gutgläubigen Erwerbs, die noch heute gilt, begründet – neben der sog. clean hands doctrine343 – eine Schwäche der equitable interests 338 Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 8/9; Einzelheiten zur geschichtlichen Entwicklung von Law und Equity bei Baker, S. 97 ff. m. w. N. 339 Vgl. Dias, Jurisprudence, S. 301. 340 Vgl. McGhee, S. 463. 341 Gray, Equitable Property, S. 162/163 m. w. N. zur Rspr. 342 Baker, S. 309 ff.; der Käufer ohne Kenntnis und ohne fahrlässige Unkenntnis (sog. bona fide purchaser for value without notice) wird gemeinhin auch als equity’s darling bezeichnet, siehe hierzu Hayton/Matthews/Mitchell, S. 67, McGhee, S. 65 ff., Maudsley/Burn, Land Law, S. 24 ff. m. w. N. sowie Megarry/Wade, Real Property, S. 105/106. 343 Hierzu bereits oben unter § 4 D. I. 2. b).

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gegenüber den legal interests für den Rechtsinhaber. Damit gewährt der equitable title genauso ein proprietary right wie der legal title.344 Einige ältere Literaturmeinungen folgen noch der traditionellen Auffassung, dass alle equitable rights nur rights in personam darstellen und folglich ein equitable ownership nicht existieren könne.345 Begründet wird die Einordnung als right in personam vor allem mit der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von equitable interests, allerdings ist allein die Tatsache, dass ein Recht durch Dritte zum Erlöschen gebracht werden kann, noch kein Ausschlusskriterium für dessen Qualifizierung als dingliches Recht.346 Zwar weist das englische Recht die Besonderheit auf, dass bei Grundstücken der gutgläubige Erwerb des legal freehold estate nur in der Form des lastenfreien Erwerbs möglich ist.347 Dagegen kennt das englische Recht einen gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen.348 Daneben besteht für den Eigentümer des legal estate die Gefahr der Ersitzung (adverse possession) durch Dritte.349 Diese Gefahr hindert unstreitig ebenfalls nicht die Einordnung des legal estate als dingliches Recht. Aus der Sicht des deutschen Rechts sind dagegen der gutgläubige Erwerb von beweglichen Sachen nach §§ 932 ff. BGB sowie der redliche Erwerb von Grundstücken gemäß § 892 BGB möglich. Dies ist nach allgemeiner Auffassung für die Einordnung des Eigentums als dingliches Recht ohne Bedeutung. Das System der Equity hat sich mit der Zeit als besondere Institution des englischen Rechts neben dem Common Law herausgebildet. Auch wenn equitable rights und remedies vor allem im Bereich des Property Law entwickelt worden sind, sind sie nicht auf diesen beschränkt, sondern bestehen auch in anderen Rechtsgebieten.350 Kennzeichnend für das System der Equity ist in erster Linie sein Formenreichtum. So werden im Anwendungsbereich der Equity im Gegensatz zum Common Law in wesentlich weiterem Umfang property rights anerkannt.351 Allerdings ist zu beachten, dass diese auch in geringerem Maße geschützt 344

Gleeson, Personal Property, S. 67 ff. m. w. N. Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 312/313 m. w. N. 346 Vgl. Lawson, Property, S. 45 m. w. N. 347 Nach s. 26 LRA 2002; vgl. auch oben (§ 4 A. I.). 348 Hierzu unten (Zweiter Teil, § 7 C. III. 3.). 349 Siehe unten (Zweiter Teil, § 7 C. II. 1.). 350 Vgl. McGhee, S. 24/25. 351 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass auch der Formenreichtum der Equity seine Grenzen hat: So können nur solche Rechte als equitable interests bestehen, die vor 1925 bereits in äquivalenter Form bestanden haben; nach Megarry/Wade ist das Hauptargument, die Rechtssicherheit, allerdings weggefallen, da das mittlerweile bestehende System der Land Registration der Forderung nach Rechtssicherheit hinreichend Rechnung trage (Real Property, S. 141/142). 345

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sind als die legal proprietary interests.352 Zu den Maximen des Equity-Regimes zählen unter anderem die folgenden353: „Equity follows the law“ (die estates in equity korrespondieren also mit den estates in law354, das heißt, jeder legal estate kann von seinem Inhalt her auch als equitable estate bestehen) sowie „equity looks as done which ought to be done“. Letzterer Grundsatz besagt, dass für den Bereich der Equity noch nicht vorgenommene Handlungen als in dem Zeitpunkt vorgenommen gelten, in dem sie vereinbarungsgemäß hätten vorgenommen werden müssen.355 Diese Fiktion der vertragsgemäßen Erfüllung erlangt beispielsweise Bedeutung, wenn bei der Übertragung von Rechten zwingende Formvorschriften missachtet wurden, da das Equity-Regime dem Parteiwillen Vorrang vor den jeweiligen Formvorschriften einräumt.356 Folge der Maxime ist, dass der Käufer eines Rechts mit dem equitable interest einen Anspruch auf das zu übertragende Recht selbst im Sinne einer Durchsetzung der Vertragserfüllung (specific performance) erhält und nicht auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung beschränkt ist. Zudem wird er durch die Maxime auch in zeitlicher Hinsicht geschützt, da er so gestellt wird, wie wenn die Verbindlichkeit zur Übertragung des Rechts zur vertraglich bestimmten Zeit erfüllt worden wäre, wodurch er Priorität vor einem Dritten genießt, auf den der Verkäufer das Recht nach besagtem Zeitpunkt tatsächlich überträgt.357 Da equitable interests dinglicher Natur sind, kann ein beneficial owner auch specific performance von einem Dritten verlangen, also beispielsweise der Käufer eines Grundstücks von einem Dritten Übertragung des Grundstücks fordern, wenn dieses vom Verkäufer auf den Dritten übertragen worden ist und dieser Dritte Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis vom equitable interest des Käufers hatte.358 Nach der sog. clean hands doctrine ist schließlich demjenigen die Berufung auf Prinzipien der Equity versagt, der sich seinerseits nicht rechtstreu verhalten hat.359 Das Rechtssystem der Equity hält spezielle Rechtsbehelfe bereit360, um legal oder equitable proprietary rights zu schützen. 352 Lawson/Rudden, S. 83; vor allem durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs, siehe unten. 353 Siehe hierzu insbesondere McGhee, S. 93 ff.; zur Maxime „equity shall prevail“ siehe bereits oben [unter a)]. 354 Vgl. Megarry, Manual, S. 57. 355 McGhee, S. 107. 356 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 71 ff., die die Bevorzugung des Parteiwillens gegenüber den Formvorschriften („equity has regard to intent rather than form“) als weitere Maxime der Equity betrachten. 357 McGhee, S. 107. 358 Vgl. Murphy/Roberts/Flessas, S. 107/108. 359 „He who comes into equity must come with clean hands“, vgl. Argyll v Argyll [1967] 1 Ch. 302; hierzu auch McGhee, S. 98/99.

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c) Formen von equitable estates Neben dem praktisch häufig auftretenden sog. absolute equitable title, der inhaltlich mit dem entsprechenden legal title übereinstimmt, gibt es insbesondere auch Arten von equitable title, die von ihrer Ausgestaltung her gerade keine legal title sein können. Vor allem Eigentumsformen, welche nach dem Law of Property Act 1925 nicht mehr in der Form des legal ownership bestehen können, da sie weder ein fee simple absolute in possession361 noch ein fee simple of years absolute darstellen, bestehen in der Form des equitable ownership fort.362 Dies gilt gleichermaßen auch für Eigentumsformen, die aus anderen Gründen nicht als legal interests bestehen können. So ist zum Beispiel auch das Eigentum Minderjähriger nur mit der Hilfe eines trust rechtlich möglich, da Minderjährige nach s. 1 (6) Law of Property Act 1925 nicht legal owner eines Grundstücks sein können.363 Ein weiteres Beispiel ist der sog. collective equitable title, bei dem mehrere beneficiaries gemeinsam an einer Sache berechtigt sind, die einzelnen Berechtigungen aber völlig unabhängig voneinander bestehen. Weiterhin entstehen equitable rights in land, wenn das legal ownership übertragen wird und hierbei Formvorschriften verletzt werden. So wurde in Steadman v Steadman364 anerkannt, dass ein bereits teilweise erfüllter mündlich geschlossener Vertrag trotz Verletzung des Schriftformerfordernisses Rechte in equity begründet. Diese Betrachtungsweise resultiert aus dem Grundsatz „equity looks as done which ought to be done“. Teilweise bevorzugen die Parteien sogar bewusst die Begründung von trust ownership statt legal ownership, um den umfangreichen Formvorschriften des conveyancing-Verfahrens zu entgehen.365 Dies dürfte sich jedoch mit der Einführung des E-conveyancing ändern, zumal equitable property grundsätzlich schwächer geschützt ist (hierzu sogleich). Auch ist nach dem eben genannten Grundsatz ein Käufer generell schon equitable owner, sobald ein bindender Vertragsschluss vorliegt, die Erfüllung aber noch nicht erfolgt ist.366 360 Wie zum Beispiel die der injunction und der sog. specific performance, siehe hierzu auch unten (Dritter Teil, § 11 A. V. 1.). 361 In possession meint in diesem Zusammenhang, dass das fee simple unmittelbar und gegenwärtig dem Berechtigten zustehen muss und nicht bloß als zukünftiges Eigentum (interest in remainder oder reversionary interest), vgl. Megarry/Wade, Real Property, S. 121/122. 362 Vgl. Dixon, Land Law, S. 13/14. 363 Henrich/Huber, S. 112. 364 [1976] A. C. 536. 365 Dies war bereits ein wesentlicher Vorteil des use, siehe Burn/Cartwright, Real Property, S. 46; zum use sogleich unter d). 366 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 36.

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Schließlich entsteht equitable ownership an Grundstücken im Fall eines determinable fee.367 d) Exkurs: Der trust Equitable ownership besteht hauptsächlich im Fall des Eigentums unter trust368, d.h. eines Treuhandverhältnisses zwischen equitable owner und legal owner (sog. trustee) bzw. einer treuhänderischen Zweckbindung des Eigentums.369 Für ein trust-Verhältnis ist charakteristisch, dass der trust-Nehmer (sog. trustee) legal owner, also Volleigentümer und damit formell Berechtigter ist. Allerdings ist er durch das Treuhandverhältnis zum equitable owner (sog. trustor) gebunden. Ein trust kann entweder kraft Gesetzes oder durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung entstehen. Der Begriff trust wird in England nicht gesetzlich definiert.370 Man versteht hierunter eine „equitable obligation, binding a person (who is called a trustee) to deal with property over which he has control (which is called the trust property), for the benefit of persons (who are called the beneficiaries or cestuis que trust), of whom he may himself be one, and any one of whom may enforce the obligation.“371 Damit hat der trustee also zwar for367

Hierzu bereits oben [unter 1. c)]. Equitable ownership ist auch in gewissen anderen Arten von Treuhandverhältnissen denkbar, siehe hierzu Bell, Personal Property, S. 156 und 166 m. w. N. Eine Darstellung würde den hier gebotenen Rahmen sprengen, weshalb sich die Ausführungen auf den trust beschränken. 369 Hierzu McGhee, S. 463. 370 Eine Umschreibung der Wesensmerkmale des Trust findet sich allerdings in Art. 2 der Hague Convention on the Law Applicable to Trusts and on their Recognition 1985 (in Kraft getreten am 1. Januar 1992): „For the purposes of this Convention, the term ‚trust‘ refers to the legal relationship created – inter vivos or on death – by a person, the settlor, when assets have been placed under the control of a trustee for the benefit of a beneficiary or for a specified purpose. A trust has the following characteristics: (a) the assets constitute a separate fund and are not part of the trustee’s own estate; (b) title to the trust assets stands in the name of the trustee or in the name of another person on behalf of the trustee; (c) the trustee has the power and the duty, in respect of which he is acountable, to manage, employ or dispose of the assets in accordance with the terms of the trust and the special duties imposed him by law. The reservation by the settlor of certain rights and powers, and the fact that the trustee may himself have rights as a beneficiary, are not necessarily inconsistent with the existence of a trust.“ 371 Hayton/Matthews/Mitchell, S. 2. 368

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melles bzw. nominales Eigentum, er tritt aber eher als Stellvertreter (agent) des beneficiary auf, der als materieller Eigentümer verstanden wird.372 Dabei ist der trust im englischen Recht mehr als ein Treuhandverhältnis im Sinne einer bloßen schuldrechtlichen Bindung, nämlich eine „equitable obligation which creates a proprietary interest in the beneficiaries capable of binding third parties“373, also ein dingliches Recht. Dies hat zur Folge, dass der beneficiary nicht nur gegen den trustee, sondern vor allem auch gegen Dritte vorgehen und seine Rechte als beneficiary durchsetzen kann. Im Gegensatz zum Vertrag (contract) des Common Law bedarf es für einen rechtsgeschäftlichen trust nicht der consideration, also der Hingabe einer Gegenleistung in irgendeiner Form.374 Trust property bildet ein vom Vermögen des trustee getrenntes Sondervermögen, was vor allem in der Insolvenz von Bedeutung ist und für karitative oder sonstige erlaubte Zwecke eingesetzt werden kann.375 Zudem steht dem beneficiary bzw. den beneficiaries ein Übertragungsanspruch hinsichtlich des full legal title zu, sofern diese einstimmig die Übertragung verlangen.376 Vorgänger des trust war das diesem wesensähnliche Institut des use.377 Dieses bildete sich im Zeitalter der Kreuzzüge heraus, in dem Ritter, die zu den Kreuzzügen auszogen, ihren estate (das Eigentum gehörte ja der Krone) bis zu ihrer Wiederkehr einem Freund als Treuhänder zu Zwecken der Verwaltung übertrugen. Der Rechteinhaber musste männlich und volljährig sein, weshalb insbesondere die Frau und die Kinder des Ritters für diese Zwecke ausschieden.378 Der Nutzen der Übertragung lag darin, dass der Freund notwendige rechtliche Schritte einleiten konnte, um den estate zu verteidigen. Weigerte sich der Treuhänder nach der Rückkehr des Ritters, das Eigentum auf diesen zurückzuübertragen, konnte sich der Ritter auf die rules of equity vor dem Court of Chancery berufen. Auch Franziskanermönche, die kein Land besitzen durften, konnten mittels des use faktisch in den 372 Vgl. Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 256 („A trust is a very important and curious instance of duplicate ownership which allows for the separation of the powers of management and the rights of enjoyment.“). 373 Hayton/Matthews/Mitchell, S. 12. 374 Hayton/Matthews/Mitchell, S. 12. 375 Hayton, Trusts, S. 4. 376 Saunders v Vautier (1841) 4 Beav. 115; Stevens/Pearce, S. 253/254. 377 Ursprung des Begriffs ist nicht – wie man vielleicht naheliegend meinen könnte – das englische Wort use für benutzen, sondern das französische Wort use, welches gleichbedeutend mit opus (im Lateinischen das Werk, die Aufgabe) ist, vgl. Baker, S. 250, der auf den folgenden Seiten die Entwicklung des use bis zum trust nach heutigem Rechtsverständnis darstellt; Burn/Cartwright, Real Property, S. 42 ff.; Megarry, Manual, S. 64. 378 Hayton, Trusts, S. 11 ff.

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Genuss von Geschenken kommen und erhielten auf diese Weise eine Berechtigung in Equity an dem Land, welches sie bewohnten. Ein weiteres beliebtes Motiv für die Einräumung eines use war die Umgehung von Feudallasten.379 Mit dem Earl of Oxford’s Case, einer Entscheidung aus dem Jahre 1615380, ist anerkannt, dass die rules of equity Vorrang vor den common law rules haben und dieser Vorrang auch von sämtlichen Gerichten zu beachten ist. Zuvor existierte das Institut des use aus der Sicht des Common Law nur als tatsächliches soziales Phänomen, hatte aber keine rechtliche Bedeutung. Als Recht aus dem Bereich der Equity war der use nur von den Gerichten der Equity (den sog. courts of equity), nicht aber vor der Gerichtsbarkeit des Common Law anerkannt.381 Mit der Abschaffung des sog. trust for sale, durch den der trustee zum Verkauf des Eigentums und zur Verwendung des Erlöses in einem bestimmten Sinne verpflichtet war382, und dessen automatische Umwandlung in einen trust of land wurden durch den Trusts of Land and Appointment of Trustee Act 1996 (TOLATA 1996) einheitliche Regelungen geschaffen, die für sämtliche trust-Verhältnisse an Grundstücken gelten. Nach s. 1 (1) (a) TOLATA 1996 ist ein trust of land jeder trust, dessen Gegenstand land ist.383 Das englische Recht kennt drei verschiedene Möglichkeiten, rechtsgeschäftlich einen trust zu begründen: Einerseits kann ein trust durch eine sog. declaration of trust begründet werden. Die declaration of trust ist das einseitige Rechtsgeschäft eines ursprünglichen Volleigentümers, durch welches dieser erklärt, er habe sein Eigentumsrecht nicht mehr wie zuvor für sich selbst inne, sondern er verwalte es von nun an treuhänderisch als trust property für einen anderen. Hierdurch bleibt der ursprüngliche Eigentümer legal owner, und der Begünstigte erlangt das sog. beneficial ownership. Im Hinblick auf Grundstückseigentum unterliegt die declaration of trust dem Schriftformerfordernis.384 Andererseits kann ein trust auch vertraglich durch die Bestellung von trustees (sog. appointment of trustees) begründet werden. Der ursprüngliche Eigentümer benennt hierbei einen oder mehrere trustees und überträgt dann auf diese das legal ownership. Häufig erfolgt eine Übertragung an sog. professional trustees, die auf die Ausübung der 379

Baker, S. 249; Burn/Cartwright, Real Property, S. 42. (1615) 1 Ch. Rep. 1. 381 Baker, S. 250. 382 Vgl. Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 17; siehe auch Stevens/ Pearce, S. 352 ff. m. w. N. 383 Zu bestimmten Ausnahmen für trusts, die vor Inkrafttreten des TOLATA 1996 begründet wurden, siehe Hayton/Mattthews/Mitchell, S. 575 ff. 384 Lawson/Rudden, S. 171. 380

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Funktion des trustee beruflich spezialisiert sind.385 Schließlich kann der Übergang bestimmter Gegenstände auf einen oder mehrere trustees auch durch Verfügung von Todes wegen (sog. will) angeordnet werden, wodurch ein trust begründet wird.386 Ein praktisch häufig auftretendes trust-Verhältnis kraft Gesetzes besteht im Rahmen der testamentarischen oder gesetzlichen Erbfolge. Das Vermögen des Erblassers geht nämlich nicht direkt auf den oder die Erben über, sondern auf den sog. personal representative (Erbschaftsverwalter), der dieses als trustee für die Erben hält.387 Dies hat unter anderem den Vorteil, dass beneficiaries auch ungeborene oder im Zeitpunkt des Entstehens des trusts noch unbestimmte Personen sein können.388 Gesetzlich geregelt sind die Rechte und Pflichten des trustee vor allem durch den Trustee Act 2000 sowie den TOLATA 1996. Gemäß s. 6 (1) TOLATA 1996389 haben trustees of land dieselben Rechte wie ein legal owner. Die trustees müssen aber bei der Ausübung ihrer Befugnisse die Regeln von Law und Equity beachten (s. 6 [6] TOLATA 1996) und sind darüber hinaus ausdrücklich dazu verpflichtet, auf die Rechte der beneficiaries Rücksicht zu nehmen (s. 6 [5] TOLATA 1996). Demnach hat ein trustee grundsätzlich dieselben Rechte wie ein Eigentümer, er unterliegt nur einigen spezifischen Beschränkungen.390 Zusätzlich ist auf den Grundsatz der supremacy of the trust instrument hinzuweisen, nach dem die gesetzlichen Vorschriften dispositiv sind und damit durch dingliche Absprachen zwischen den Parteien modifiziert werden können.391 Interessant ist, dass ein equitable owner in gewisser Weise sogar bessergestellt ist als der legal owner, da der equitable owner stets die Herausgabe der Sache in Natur (sog. special delivery) verlangen kann, wohingegen dies im Fall einer Klage des trustee als formell Berechtigten in conversion von einer gerichtlichen Ermessensentscheidung abhängig ist.392 Die durch den trust Begünstigten (beneficial owner) sind gegen die Veruntreuung von Gegenständen aus dem trust-Vermögen wie folgt geschützt: 385

Lawson/Rudden, S. 172. Vgl. Lawson/Rudden, S. 171. 387 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 78. 388 Hayton, Trusts, S. 5. 389 „For the purposes of exercising their functions as trustees, the trustees of land have in relation to the land subject to the trust all the powers of an absolute owner.“ 390 Zu den weiteren Rechten und Pflichten des trustees siehe Hudson, S. 303 ff. 391 Hayton, Trusts, S. 34/35. 392 Worthington, Personal Property, S. 20; zu diesen Rechtsfolgen der Ansprüche aus dem Tort Law, welchem auch die conversion zuzuordnen ist, siehe unten (Dritter Teil, § 11 A. V.). 386

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Zum einen können sie vertragliche oder auch gesetzliche Ansprüche aus dem trust-Verhältnis geltend machen und hierdurch Schadensersatz oder die Herausgabe einer durch die trustees erlangten Gegenleistung für die Veräußerung des trust-Gegenstands verlangen. Das als Gegenleistung für die Veräußerung des trust-Gegenstands an die trustees erlangte Surrogat wird automatisch Teil des trust-Vermögens und kann folglich mit dinglicher Klage durch den beneficiary herausverlangt werden (sog. real subrogation).393 Zum anderen hat der beneficiary im Fall einer unentgeltlichen Weggabe eines trust-Gegenstands durch die trustees auch einen dinglichen Anspruch (proprietary action) gegen den Begünstigten. Dieser Anspruch hat Priorität vor den Ansprüchen anderer Gläubiger des unentgeltlich Begünstigten.394 Allerdings setzt er voraus, dass der unentgeltlich Begünstigte ermittelt werden kann und sich der betreffende Gegenstand noch in seinem Vermögen befindet. Weiterhin besteht auch bei entgeltlicher Weggabe ein Anspruch gegen den Begünstigten, sofern dieser Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis davon hat, dass die Weggabe des ursprünglichen trust-Gegenstands an ihn einen Verstoß der trustees gegen deren Pflichten aus dem trust-Verhältnis darstellte.395 Der wirtschaftliche Vorzug des trust liegt in erster Linie in der Freiheit von Formerfordernissen sowie einer außerordentlichen Flexibilität. Deshalb erfreut sich das Konzept des trust besonderer Beliebtheit. Zum Beispiel kann hierdurch eine Vielzahl von Gläubigern nach Equity Eigentum an einem Wertpapierportfolio erhalten, das von den trustees in ihrer Stellung als legal owner verwaltet wird. In der Form eines sog. trading trusts stellt der trust eine eigene Rechtsperson dar, die wie eine Gesellschaft eigenständig im Wirtschaftsverkehr auftritt. Ähnlich gestaltet sich der sog. investment trust, der an der Londoner Börse registriert ist, um Investitionen zu tätigen, der pension fund trust zur privaten Altersvorsorge oder der sog. employee trust bei Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmen.396 Wirtschaftlich äußerst interessant ist der trust schließlich auch als Finanzierungsmittel, indem man sich die Maxime „equity looks as done which ought to be done“ zunutze macht. So wird future property (zum Beispiel an Gegenständen, deren künftige Übertragung bereits verbindlich vereinbart wurde oder an Waren, welche erst noch produziert werden müssen), wie gegenwärtige property behandelt und kann bereits beliehen und damit auch wirtschaftlich genutzt werden.397 393

Lawson/Rudden, S. 175/176. Lawson/Rudden, S. 175. 395 Lawson/Rudden, S. 175/176. 396 Hayton/Mattthews/Mitchell, S. 59 ff. 397 Zu einer mortgage (Sicherheit) an noch zu erwerbenden Maschinen einer Mühle siehe die Entscheidung des House of Lords in Holroyd v Marshall (1862) 10 H. L. C., 191; zum Ganzen siehe Bridge, Personal Property, S. 180/181. 394

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Aufgrund der hieraus resultierenden Bedeutung für die englische Gesamtwirtschaft spricht Hayton sogar vom trust als „Guardian Angel of the AngloSaxon“.398 Die weitreichende Bedeutung des trust-Konzepts zeigt der Konflikt der Aborigines mit den englischen Besetzern um beachtliche Flächen von Grundeigentum in Australien auf, den man hiermit gelöst hat: Den Besetzern sprach der High Court of Australia in einer berühmten Entscheidung des Jahres 1992399 das legal ownership zu, wobei aber auch sehr wohl eine Berechtigung der Aborigines anerkannt wurde (sog. native title), nämlich das beneficial ownerhsip an Grundstücken, die diese vor der Besetzung durch die englische Krone bewohnten oder bewirtschafteten.400 Schließlich gilt es noch zu beachten, dass legal bzw. equitable ownership nicht immer mit dem Recht des trustee bzw. des beneficiary zusammenfallen müssen, da auch der trustee sein Recht wiederum aufgrund eines weiteren trust innehaben kann.401 Ohne die Zweiteilung von Law und Equity wäre das Rechtsinstitut des trust vermutlich keinesfalls zum Gegenstand eines derart umfänglichen Rechtsgebiets geworden, wie dies heute angesichts des umfangreichen Trust Law der Fall ist.402 II. Personal Property Im Gegensatz zum Real Property Law ist das Personal Property Law nicht von den Strukturen des Feudalzeitalters geprägt und hat sich folglich auch in völlig anderer Weise entwickelt als das Real Property Law. Aufgrund der eher untergeordneten Bedeutung von beweglichen Sachen (chattels403) erkannte man ursprünglich überhaupt kein ownership an selbigen, sondern nur das better right einer Person gegenüber einer anderen an, wobei als Grundlage der Schutzansprüche der Besitz (possession) im Zeitpunkt der beeinträchtigenden Handlung bzw. des beeinträchtigenden Ereignisses oder alternativ das Recht zum Besitz (right to possession) diente.404 Man398 Hayton, Trusts, S. 1; nach einem Zitat von Pierre Lepaulle: „The trust is the guardian angel of the Anglo-Saxon, accompanying him everywhere, impassively, from the cradle to the grave“, siehe Hayton, Trusts, S. 3. 399 Mabo v Queensland (No. 2) (1992) 175 C. L. R. 1. 400 Nachweise bei Gray, Equitable Property, S. 184 ff. 401 Hayton/Mattthews/Mitchell, S. 65; Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 310 ff.; so auch schon Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 260/261. 402 Paton/Derham, S. 529. 403 Der Begriff chattel geht auf die gleichbedeutende lateinische Bezeichnung catalla zurück, vgl. Baker, S. 380. 404 Siehe oben (§ 4 A. III.). Einzelheiten zu den Voraussetzungen der Schutzansprüche des englischen Rechts im Dritten Teil, § 11.

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gels Anwendbarkeit des Prinzips der relativity of title405 sowie der doctrine of estates406, die sich im Land Law aus historischen Gründen bis zum heutigen Tage gehalten haben, ist allerdings bei chattels inzwischen ein absolute ownership möglich.407 Im Bereich der Personal Property gibt es nur zweierlei legal interests, nämlich ownership und possession.408 Teilweise wird vertreten, der chattel lease käme aufgrund des Bestehens von Rechtsschutzmöglichkeiten in Equity ebenfalls ein proprietary effect zu.409 Die Argumentation ist jedoch im Einzelnen nicht überzeugend, da der lessee zwar gewisse Möglichkeiten hat, sich den Besitz der Sache zu verschaffen (er kann die sog. specific performance der lease410 verlangen, nach dem Grundsatz „Equity regards as done, which ought to be done.“) und hierdurch letztlich sowohl den lessor als auch Dritte von der Sache auszuschließen. Andererseits bedeutet das Vorhandensein eines equitable remedy noch nicht, dass automatisch auch ein equitable proprietary right besteht.411 Das equitable remedy wird nämlich nur gewährt, um zukünftige legal interests bereits gegenwärtig effektiv zu schützen.412 Auch der mögliche Schutz des lessee (wie auch des licencee) gegenüber Dritten ist nicht darauf zurückzuführen, dass die lease (bzw. licence) zum property right erstarkt. Es entsteht vielmehr allenfalls ein neues Recht des ursprünglichen lessee gegen den Dritten.413 Folglich ist die chattel lease nicht als property interest zu qualifizieren, und zwar unabhängig von der Frage, ob eine derartige Einordnung (und Erweiterung des Numerus clausus der property rights) de lege ferenda begrüßenswert wäre, vor allem, um in dieser Hinsicht einen Gleichlauf von Real Property Law und Personal Property Law zu ermöglichen.414 405

Siehe oben (§ 11 A. III.). Siehe oben (§ 11 A. IV.). 407 Dias, Jurisprudence, S. 294 ff. 408 Megarry/Wade, Real Property, S. 37. 409 Bristol Airport plc and Another v Powdrill and Others [1990] 2 W. L. R. 1362; Watt, [2003] 67 Conv., S. 61 ff. m. w. N. 410 D.h. Vertragserfüllung. 411 So auch McFarlane, [2003] 67 Conv., S. 474: Diese sog. doctrine of anticipation in Equity könne zwar den Erwerb eines property right ermöglichen, sie erweitere aber nicht den Katalog der property rights. 412 Palmer/McKendrick/Swadling, S. 506. Swadling widerlegt in diesem Beitrag (S. 491 ff.) ebenfalls überzeugend die Möglichkeit der Einordnung der lease als proprietary interest, er zeigt insbesondere auf, dass auch nicht Dikta aus der Rechtsprechung in dieser Hinsicht missverstanden werden dürfen. 413 McFarlane, [2003] 67 Conv., S. 477 ff.: Wie zum Beispiel ein constructive trust in der diskutierten Entscheidung Ashburn Anstalt v Arnold [1989] Ch. 1. 414 Dahingehend sprechen sich sowohl McFarlane, [2003] 67 Conv., S. 482 ff. als auch Palmer/McKendrick/Swadling, S. 524 ff. aus. 406

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Diese Einordnung des leasehold von chattels als personal right im Gegensatz zum property right hat praktisch vor allem Auswirkungen beim Verkauf des Gegenstands des leasehold. In diesem Fall hat der lessee nämlich keinen dinglichen Anspruch gegen den Erwerber, da der Gegenstand nicht mit dem leasehold belastet ist. Der lessee ist dagegen auf die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche beschränkt.415 Da es indes auch für das Personal Property keine Vindikationsmöglichkeit gibt, die sich auf das absolute Eigentum als Anspruchsberechtigung stützt, läuft der Schutz dieses absolute ownership ebenfalls darauf hinaus, dass eben nicht diese absolute Berechtigung, sondern grundsätzlich nur die bessere Berechtigung im Vergleich zum Anspruchsgegner geltend gemacht wird. Anknüpfungspunkt für Schutzansprüche ist also stets der Besitz bzw. das jeweilige Recht zum Besitz in Form eines immediate right to possession (eingehend zu diesen Schutzansprüchen im Dritten Teil, § 11).416 Als rein vertragliches Besitzrecht gewährt die chattel lease noch kein immediate right to possession, so dass der lessee einer chattel Schutzansprüche nur dann geltend machen kann, wenn er possessor, also Besitzer im Rechtssinne, dieser Sache ist.417 Eine interessante Durchbrechung des Prinzips der Maßgeblichkeit des Besitzes bzw. des Besitzrechts hat das englische Recht durch die Anerkennung der Geltendmachung des sog. ius tertii erfahren, durch die der Anspruchsgegner sich mit der Berufung darauf, dass ein Dritter ein besseres Recht als der Anspruchsteller an der Sache habe, gegen einen Anspruch aus conversion oder trespass to goods verteidigen kann. So kann zum Beispiel der An415

Ausnahmsweise kann der lessee durch das System der Equity geschützt werden, wenn der Erwerber bösgläubig war. Wie bereits erwähnt, führt dies jedoch nicht zu einem Erstarken der chattel lease als property right (siehe obige Nachweise in Fn. 412 und Fn. 413 jeweils m. w. N.). 416 Siehe schon Pollock, in: Pollock/Wright, S. 5: „The common law never had any adequate process in the case of land or any process at all in the case of goods, for the vindication of ownership pure and simple. So feeble and precarious was property without possession, or rather without possessory remedies, in the eyes of medieval lawyers, that Possession largely usurped not only the substance but the name of Property“. Auch das vormals im englischen Recht existierende sog. writ of right kam nicht einer Vindikationsklage gleich, denn dieses basierte nicht auf dem Bruch eines positiven Rechts (d.h. des Rechts auf Vornahme einer bestimmten Handlung) oder der Geltendmachung eines negativen Rechts (d.h. eines Rechts auf Duldung oder Unterlassung), sondern auf der Wiedererlangung des Besitzes (sog. regulated taking nach dem Prinzip „He who took first is free to retake from whoever takes afterwards, unless he has given.“), Thayer, (1907) 91 L. Q. R., S. 314/315. Nach Auffassung von Birks liegt in Equity eine Vindikationsmöglichkeit darin, dass zwischen den Beteiligten ein Treuhandverhältnis besteht und der beneficiary die Erklärung des trustee verlangen kann, dass dieser in einem trust-Verhältnis für ihn besitze. Nichts anderes werde durch die Vindikationsklage erreicht, Birks, (2000) 11 K. C. L. J., S. 4. 417 Hierzu im Einzelnen unten (Zweiter Teil, § 7 D. I. und § 7 D. II. 1.).

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spruchsgegner gegenüber dem Anspruchsteller, der den Herausgabeanspruch aufgrund seines vormaligen Besitzes (possession) geltend macht, nicht nur einwenden, ihm selbst stehe das Eigentum (ownership) an der Sache zu, sondern auch, dass ein Dritter Eigentümer der Sache sei.418 Personal Property kann ebenso wie Real Property Gegenstand eines trust sein419, so dass alle anderen interests in der Form von equitable interests bestehen können, allerdings mit den hieraus resultierenden Rechtsfolgen, vor allem der Schwäche, dass ein gutgläubiger Erwerb des legal estate durch den sog. bona fide purchaser without notice of the equitable interest möglich ist.420 Allerdings sind die verschiedenen möglichen Formen der legal interests im Bereich von Land Law und Personal Property Law unmittelbar für den Bereich der Equity von Bedeutung, da Eigentumsformen, die nicht als legal interests begründet werden können, zwangsläufig als equitable interests ausgestaltet sind.421 Anzumerken ist, dass die Herausbildung des Trust Law als eigenständiges Rechtsgebiet durchaus einen Beitrag zur Rechtsvereinheitlichung von Personal Property Law und Land Law geführt hat, da das Trust Law für beide Arten von Eigentum gilt.422 Die obigen Ausführungen zum trust gelten entsprechend, sofern die Regelungen nicht nur spezifisch auf Grundstücke Anwendung finden (wie insbesondere der Trusts of Land and Appointment of Trustees Act 1996). III. Concurrent interests: Formen des Eigentums mehrerer 1. Joint ownership und ownership in common

Sind mehrere Personen gleichzeitig an einer Sache berechtigt (sog. coownership)423, können sie an dieser Sache entweder in der Form des joint ownership oder in der Form des ownership in common berechtigt sein. Aus historischen Gründen findet man auch häufig die Bezeichnungen joint ten418

Näheres dazu unten [Dritter Teil, § 11 A. II. 1. c) sowie § 11 A. III. 1. e) und

3. f)]. 419 Hayton/Mattthews/Mitchell, S. 231: Gegenstand eines trust können alle Gegenstände sein, über welche verfügt werden kann und auf welche englisches Recht anwendbar ist; vgl. auch Tyler/Palmer, Personal Property, S. 30. 420 Bridge, Personal Property, S. 12; zu den Schwächen der equitable interests siehe schon oben (§ 4 D. I. 2., insbesondere Fn. 342). 421 Vgl. auch McGhee, S. 22; zu den möglichen legal interests siehe oben (§ 4 A. I. und § 4 A. II.). 422 Lawson/Rudden, S. 196. 423 Entgegen dem Gebrauch des Wortes ist das co-ownership allerdings nicht auf das Eigentum am fee simple beschränkt, sondern kann grundsätzlich an allen rechtlich möglichen interests und estates bestehen, vgl. Harwood, S. 342.

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ancy bzw. tenancy in common, die inhaltsgleich mit joint ownership bzw. ownership in common verwendet werden. Zu beachten ist, dass die Regeln des co-ownership im Bereich der Personal Property und der Real Property gleichermaßen Anwendung finden.424 Vom Gesetz wie auch in der Literatur wird der Begriff undivided share(s) als Synonym für ownership in common verwendet.425 Diese Bezeichnung ist jedoch insofern missverständlich, als gerade für beide Eigentumsformen charakteristisch ist, dass den Berechtigten jeweils nur ein ideeller Anteil an der betreffenden Sache zukommt, also ein undivided share besteht.426 Die beiden Eigentumsformen unterscheiden sich vor allem durch die Rechtsfolgen beim Tod eines der co-owner: Das joint ownership zeichnet sich dadurch aus, dass im Fall des Ausscheidens eines Mitglieds dessen Anteil nicht vererbt wird, sondern auf die Übriggebliebenen übergeht (es findet also nach dem Prinzip „survivor takes all“ eine Art Anwachsung statt), so dass das joint ownership ausschließlich unter den Überlebenden fortgesetzt wird. Gerade in diesem right of survivorship kommt zum Ausdruck, dass die joint owner als rechtliche Einheit verstanden werden.427 Joint ownership wird deshalb häufig unter Ehegatten oder in eheähnlichen Beziehungen vereinbart oder wenn mehrere Personen als trustees auftreten. Da das Bestehen des ownership in common als legal interest durch s. 1 (6) LPA 1925 ausgeschlossen wird, bestimmt s. 34 (2) LPA 1925, dass bei Neubegründung von legal ownership in common (etwa durch eine testamentarische Verfügung oder durch Vornahme eines Übertragungsaktes) automatisch eine Neubegründung in der Rechtsform des joint ownership und equitable ownership in common entsteht, da die Begründung von ownership in common in Equity weiterhin möglich ist. Daneben kann laut s. 36 (2) LPA 1925 eine bestehende legal joint tenancy nicht wirksam in eine legal tenancy in common umgewandelt werden.428 Hintergrund für diese Regelung ist die Verhinderung einer zu starken Aufsplitterung des Grundbesitzes und somit die Förderung von Transparenz und Rechtssicherheit.429 Hierbei sind der oder die legal owner (als joint tenants) trustees und die owner in common beneficiaries. Soll ein Grundstück auf mehrere Personen als owner 424

Vgl. Worthington, Personal Property, S. 49. Vgl. nur s. 34 (2) LPA 1925; Sparkes, S. 206 m. w. N.; Lawson/Rudden, S. 92/93; Smith, Property Law, S. 278; Woodley, S. 423. 426 So auch Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 306; ähnlich auch schon die Vorauflage: Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 254. 427 Vgl. Thompson, Land Law, S. 308. 428 Näheres zur Möglichkeit der Umwandlung durch Ausspruch der Trennung (sog. severance) sogleich. 429 Henrich, FS Riesenfeld, S. 106. 425

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in common in Law übertragen werden, so wird auch entgegen dem klaren Wortlaut des Übertragungsakts automatisch eine joint tenancy in Law begründet. Die tenancy in common entsteht lediglich in Equity, wobei ein trust-Verhältnis zwischen den legal joint tenants und den equitable tenants in common entsteht.430 Im Fall des ownership in common sind die Berechtigten also joint tenants in Law, jedoch zugleich auch trustees für sich selbst als tenants in common. Diese Struktur ist hinsichtlich des ownership in common nur folgerichtig, da dieses schon nach s. 1 (6) LPA 1925 nur in Equity bestehen kann. Zu beachten ist, dass im Fall eines reinen legal joint ownership von Grundstücken ebenfalls ein trust-Verhältnis entsteht: Die Berechtigten sind auch in diesem Fall gemäß s. 36 (1) LPA 1925 zugleich joint tenants in Law und in Equity und somit trustees für sich selbst als beneficiaries.431 Folglich ist jede der beiden Formen des co-ownership bei Grundstücken zwangsläufig mit dem Bestehen eines trust-Verhältnisses verbunden.432 Gerade im Fall der Personenidentität der legal joint owner und der equitable owner in common erscheint die Abspaltung des equitable joint ownership vom legal joint ownership recht umständlich. Als Argument hierfür wird teilweise die Absicherung der Verkäuflichkeit von Grundstücken, die durch das Bestehen eines equitable interest erleichtert werde, angeführt.433 Gründe hierfür sind jedoch nicht ersichtlich, zumal bei Bestehen eines reinen (legal) joint ownership jederzeit ein equitable interest vom legal interest abgespalten werden könnte und sich somit keinerlei Einschränkungen im Hinblick auf die Formenvielfalt ergeben. Aus s. 34 (2) LPA 1925 ergibt sich ferner – ebenfalls aus Gründen der Transparenz und Rechtssicherheit – die Besonderheit, dass es im Fall des co-ownership von trustees nicht mehr als vier trustees of land geben darf. Werden mehr als vier trustees bestimmt, sind nach s. 34 (2) LPA 1925 automatisch nur die vier erstgenannten volljährigen Personen trustees.434 Die übrigen Personen werden damit automatisch zu beneficiaries, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass sie eigentlich als trustees, also als legal owner, eingesetzt wurden. Die Begrenzung auf maximal vier trustees wird durch s. 34 (2) Trustee Act 1925 generell für das englische Grundstücksrecht festgesetzt. Da bei legal joint ownership stets ein trust entsteht, kann es bei 430

Henrich, FS Riesenfeld, S. 106 m. w. N. Das von s. 36 (1) LPA 1925 vorgesehene trust-Verhältnis kann hierbei ein sog. implied (stillschweigend enthaltener) trust oder (wie in der Praxis häufig) ein express trust sein, also ausdrücklich vereinbart werden, Sparkes, S. 301. 432 Lawson/Rudden, S. 96/97; Sparkes, S. 37 und 207 ff. 433 Sparkes, S. 38. 434 Vgl. auch Megarry, Manual, S. 8/9; Megarry/Wade, Real Property, S. 540 ff. m. w. N. 431

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Grundstücken niemals mehr als vier legal joint owner geben. Sofern mehr als vier benannt werden, sind nach dieser Vorschrift automatisch nur die erstgenannten vier Personen legal joint owner und die übrigen automatisch beneficiaries.435 Sowohl beim joint ownership als auch beim ownership in common müssen alle Beteiligten zum Besitz und Gebrauch der Sache berechtigt sein. Die Früchte der Sache werden unter ihnen im Verhältnis ihrer ideellen Anteile aufgeteilt. Verfügungen über die Sache als Ganzes können grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Beteiligten getroffen werden. Allerdings kann bei chattels die fehlende Zustimmung einer Minderheit durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden (s. 188 LPA 1925).436 Joint ownership setzt zwingend das Vorhandensein der sog. four unities voraus, nämlich unity of time, unity of title, unity of interest und unity of possession. Unity of time (Gleichzeitigkeit der Berechtigungen) besagt, dass alle joint tenants ihre Berechtigung zu derselben Zeit erlangt haben müssen.437 Weiterhin müssen nach der unity of title (Gleichheit des Ursprungs der Berechtigungen) alle joint tenants ihre Berechtigung auf dieselbe Weise erlangt haben, etwa durch einen Übertragungsakt in derselben Urkunde oder durch gemeinsame Ersitzung (adverse possession438) der Sache.439 Dem Prinzip der unity of possession zufolge muss jeder joint tenant gleichermaßen zum Besitz berechtigt sein.440 Schließlich verlangt die unity of interest die Gleichartigkeit der Berechtigungen. Dies bedeutet zum einen, dass es sich um den gleichen interest handeln muss. Beispielsweise kann nicht ein joint tenant einen life interest oder einen leasehold interest und ein anderer ein fee simple absolute in possession innehaben.441 Weiterhin müssen die ideellen Anteile der joint tenants gleich hoch sein.442 Das Vorliegen von ownership in common erfordert lediglich, dass jeder co-owner gleichermaßen zum Besitz des betreffenden Gegenstands berechtigt ist (sog. unity of possession). Ownership in common besteht damit in den Fällen, in denen sämtliche co-owner eine Besitzberechtigung an dem betreffenden Gegenstand haben, aber die übrigen Voraussetzungen des joint ownership nicht gegeben sind. 435

MacKenzie/Phillips, S. 303. Nach dieser Vorschrift ist auch eine gerichtliche Aufteilung möglich, sofern sich das co-ownership auf mehrere Mobilien erstreckt; Lawson/Rudden, S. 94/95. 437 Thompson, Land Law, S. 313. 438 Näheres hierzu später im Zweiten Teil, § 7 C. II. 1. 439 Thompson, Land Law, S. 312. 440 Gray/Gray, Land Law, S. 322; Thompson, Land Law, S. 308. 441 Gray/Gray, Land Law, S. 322; Thompson, Land Law, S. 308/309. 442 Burn/Cartwright, Real Property, S. 454. 436

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Zwischen den Beteiligten kann ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden, dass trotz Vorliegens der four unities statt des joint ownership ein ownership in common bestehen soll. Dies kommt in der Praxis beispielsweise vor, wenn die Beteiligten ungleiche Anteile zum Kaufpreis beigetragen haben.443 Für Grundstücke ist dies jedoch wegen des Verbots des legal ownership in common (s. 1 [6] LPA 1925) lediglich hinsichtlich des equitable owner-ship möglich.444 Eine solche Vereinbarung wird insbesondere angenommen, wenn die Dokumente, mit denen das Eigentum übertragen wird, eine sog. Trennungsformel (words of severance), wie beispielsweise die Formulierungen „equally share“, „amongst“ oder „to be divided between“, enthalten.445 Ferner kann ein Geschenk unter Lebenden, ein Verkauf oder eine Veräußerung ähnlicher Art und unter Umständen auch eine Schenkung auf den Todesfall eines Anteils eines joint tenant eine severance und damit bei beweglichen Sachen die Umwandlung des gesamten joint ownership in ein ownership in common sowie bei Grundstücken die Umwandlung des equitable ownership vom joint ownership in ein ownership in common bewirken.446 Diese Rechtsgeschäfte wären nämlich im Rahmen des joint ownership wegen der Unveräußerlichkeit und Unvererbbarkeit der einzelnen Anteile rechtlich nicht möglich. Eine severance kann zudem auch konkludent oder nachträglich stattfinden, wodurch das joint ownership, bei Grundstücken allerdings beschränkt auf das equitable ownership, in ein owner-ship in common umgewandelt wird, zum Beispiel bei schriftlicher Erklärung durch einen oder mehrere Beteiligte oder im Fall der Begehung eines vorsätzlichen Tötungsdelikts unter den joint tenants.447 Die Möglichkeit der Auflösung des joint ownership durch einseitige Erklärung ist ein Ausgleich für das right of survivorship (s. o.), das verhindert, dass der Anteil eines joint owner vererbt wird, da dieser automatisch auf den bzw. die verbleibenden joint owner übergeht.448 Wird das joint ownership durch einseitige Erklärung eines Beteiligten in ein ownership in common umgewandelt, bleiben die übrigen Beteiligten im Verhältnis zueinander joint tenants (selbstverständlich nur, sofern sie nicht selbst eine severance-Erklärung abgeben), und es entsteht dann ein owner443

Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 15/16 m. w. N. Siehe oben. 445 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 14/15; Megarry/Wade, Real Property, S. 496/497. Eingehend zu den verschiedenen Formen der severance: Sparkes, S. 315 ff. m. w. N.; zum joint ownership nach US-amerikanischem Recht und dessen zivilrechtlicher Beurteilung nach deutschem Recht siehe Jülicher, ZEV 2001, S. 469 ff. 446 Palmer/McKendrick/Hill/Bowles-Smith, S. 255/256. 447 Siehe hierzu Megarry/Wade, Real Property, S. 504 ff.; Stroud, S. 144 ff. 448 Gray/Gray, Land Law, S. 326; Thompson, Land Law, S. 320. 444

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ship in common zwischen ihnen als joint tenants und dem Erklärenden.449 Schließlich ist eine Kombination von joint ownership und ownership in common auch dergestalt möglich, dass von mehreren co-ownern jeweils einige in einer Gruppe als joint tenants miteinander verbunden sind und zwischen den einzelnen Gruppen wiederum ownership in common besteht.450 Zu beachten ist, dass die spezifischen Rechtsfolgen des joint ownership bzw. des ownership in common nicht durch Verfügung von Todes wegen umgangen werden können. Möglich ist bei joint ownership nur die nachträgliche severance durch einen oder mehrere joint tenants.451 Bei ownership in common können die Parteien einverständlich joint ownership begründen. Aufgrund der einschneidenden Rechtsfolge des right of survivorship (s. o.) ist hier im Gegensatz zur severance keine einseitige Umwandlung möglich, sondern das übereinstimmende Handeln der Beteiligten erforderlich. Schließlich können die beiden dargestellten Formen des coownership auch derart miteinander kombiniert werden, dass die Beteiligten die Sache als joint tenants verwalten, aber ansonsten owner in common sind. Die joint tenants verwalten dann die Sache als trustees derselben Personen als equitable owner in common.452 Ein joint tenant kann seinen ideellen Anteil nur dadurch veräußern bzw. vererben, dass er durch eine severance das joint ownership beendet und in ein ownership in common umwandelt.453 Bei Grundstücken ist dies allerdings nur hinsichtlich des equitable ownership möglich (s. o.). Beim ownership in common kann ein co-owner seinen ideellen Anteil auch ohne Zutun der anderen co-owner sowohl veräußern als auch vererben, da die co-owner grundsätzlich keinerlei Verfügungsbeschränkungen unterliegen.454 Bei der Übertragung oder Vererbung von Gegenständen an mehrere coowner ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln, in welcher Form des coownership das Eigentum an der Sache ausgestaltet sein soll. Ist ein klarer Wille nicht ermittelbar, so finden einige Zweifelsregelungen Anwendung: Geschäftspartner erwerben eine Sache als owner in common, auch wenn sie ansonsten als joint tenants das Geschäft führen. Auch Käufer, die eine Sache erwerben und hierzu unterschiedlich hohe Beiträge leisten, sind im Zweifel tenants in common, bei Grundstücken wegen s. 1 (6) LPA 1925 449

Lawson/Rudden, S. 93/94. Zum Beispiel, wenn zwei Pärchen zusammen ein Hausgrundstück erwerben, vgl. Sparkes, S. 303. 451 Bei Grundstücken nur hinsichtlich des equitable estate, siehe oben. 452 Vgl. nur Lawson/Rudden, S. 96. 453 Vgl. Smith, Property Law, S. 279. 454 Dixon, Land Law, S. 152; Lawson/Rudden, S. 92/93. 450

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freilich nur hinsichtlich des equitable estate. Beiden Zweifelsregelungen liegt vermutlich der Gedanke zugrunde, dass die joint tenancy für die Erwerber des Gegenstands mehr Rechtssicherheit böte, da wegen des right of survivorship im Fall des Todes eines Miterwerbers stets die (verbliebenen) joint owner verfügungsberechtigt sind, nicht aber möglicherweise anzahlund namensmäßig unbekannte Erben des verstorbenen joint owner. Andererseits ist nicht einzusehen, weshalb Geschäftspartner oder Käufer mit verschiedenen Beiträgen vom Tod des jeweils anderen profitieren sollten, so dass in diesen Fällen der equitable interest im Zweifelsfall als ownership in common ausgestaltet sein soll. Greift im Einzelfall keine dieser besonderen Zweifelsregelungen ein, gilt ansonsten für den legal interest die allgemeine Regel, dass von den Parteien im Zweifel joint ownership gewollt ist.455 Umgekehrt besteht die Zweifelsregelung in Equity, dass ownership in common gewollt ist, da das right of survivorship dem Berechtigten ja unverdient gleichfalls wie ein Lottogewinn zukommt.456 Aus diesem Grund sind auch partnership assets in Equity immer ownership in common sowie Sicherheiten (mortgages), die für mehrere Gläubiger bestellt werden.457 Dixon geht hingegen mit dem Grundsatz „equity follows the law“ davon aus, dass hier im Zweifel auch im Bereich der Equity ein joint ownership von den Parteien gewollt war. Allerdings gesteht auch Dixon ein, dass es in bestimmten Fällen eine gegenteilige Vermutung zugunsten des ownership in common geben solle, da nämlich die Rechtsfolgen des joint ownership, insbesondere das right of survivorship, für eine Partei einen erheblichen Nachteil darstellen würden.458 Diesen Erwägungen Dixons ist zuzustimmen. Obwohl ownership in common an Grundstücken nur als equitable interest bestehen kann, erscheint es für den Grundstücksbereich nicht angebracht, aus dem Grundsatz „equity follows the law“ eine Zweifelsregelung zugunsten des equitable joint ownership abzuleiten. Es ist kein Grund ersichtlich, im Bereich der Equity grundsätzlich von einem right of survivorship der co-owner auszugehen. Dagegen erscheint dies im Bereich des legal interests aus Gründen des Verkehrsschutzes noch sachgerecht, da hierdurch für den Rechtsverkehr die Sicherheit besteht, dass sämtliche co-owner und nicht etwa Erben eines früheren coowner über die betreffende Sache verfügungsbefugt sind.

455 456 457 458

Lawson/Rudden, S. 95/96. Bell, Personal Property, S. 166/167. Bell, Personal Property, S. 166/167. Dixon, Land Law, S. 157/158.

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2. Commonhold

Längere Zeit wurde in England und Wales die Einführung des commonhold als neue Eigentumsform diskutiert, und zwar als eine Art Wohnungseigentum in Anlehnung an das sog. condominium im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika. Dieses Vorhaben wurde durch den Commonhold and Leasehold Reform Act 2002 verwirklicht, der durch die Commonhold Regulations 2004, die Commonhold (Land Registration) Rules 2003 und 2004 weiter ausgestaltet wird. Rechtsdogmatisch versteht man das commonhold allerdings nicht als neue Form des estate, sondern als eine besondere Unterform des freehold estate.459 Dies ist an sich auch folgerichtig, ist doch im englischen Recht eine vertikale Teilung des Eigentums in Sachteile im Rahmen des freehold ownership durchaus möglich, so dass freehold ownership einzelner Personen an den Einheiten besteht und gemeinsames freehold ownership an den gemeinschaftlich genutzten Teilen. Dogmatisch notwendig war der Erlass des Gesetzes nicht, um (wie beim deutschen Wohnungseigentum) Sondereigentum an den einzelnen Einheiten zu ermöglichen, sondern wegen der gefestigten Rechtsprechung, nach der das freehold ownership nicht mit positiven Pflichten (sog. positive obligations, d.h. Pflichten, die auf ein bestimmtes Tun gerichtet sind) belastet werden konnte.460 Gerade diese Belastung des freehold ownership an der einzelnen Einheit mit den vereinbarten Pflichten zugunsten der Gesamtheit der Eigentümer der betreffenden Anlage wird durch die Einführung des commonhold ermöglicht.461 Commonhold kann sowohl an gewerblichen als auch an zu Wohnzwecken genutzten Immobilien begründet werden.462 Der Begriff des commonhold wird definiert durch s. 1 (1) Commonhold and Leasehold Reform Act 2002: Es besteht an Grundstücken, die zunächst als sog. freehold commonhold land im Land Register eingetragen sind. Zur Eintragung eines Grundstücks als commonhold-Eigentum ist nach s. 3 Commonhold and Leasehold Reform Act 2002 die Zustimmung aller hieran dinglich Berechtigten erforderlich. Weiterhin muss das betreffende Grundstück in einem memorandum of association der betreffenden commonhold association näher spezifiziert sein. Schließlich bedarf es eines sog. commonhold community statement, 459

Gray/Gray, Land Law, S. 184; vgl. MacKenzie/Phillips, S. 280. Stevens/Pearce, S. 151 m. w. N.; Lawson/Rudden, S. 121. 461 In diesem Sinne ist wohl auch Eisenhauer, S. 137 zu verstehen, der sich im Folgenden mit der Vorgeschichte des Commonhold and Leasehold Reform Act 2002, insbesondere mit dem ursprünglich geplanten Reformvorhaben bezüglich positive covenants, auseinandersetzt. 462 Stroud, S. 334/335. 460

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das die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder im Einzelnen festlegt. Der einzelne commonhold-owner ist damit freehold-owner einer bestimmten räumlich begrenzten Einheit (sog. commonhold unit, z. Bsp. eine Wohnung) sowie gleichzeitig Mitglied der sog. commonhold association.463 Diese ist gemäß s. 34 (1) Commonhold and Leasehold Reform Act 2002 rechtlich gesehen eine sog. private company limited by guarantee, wobei die gesetzliche Garantiesumme lediglich ein Britisches Pfund beträgt. Der commonhold-owner unterliegt ferner nach s. 17 Commonhold and Leasehold Reform Act 2002 dem Verbot, für sein Eigentum bestimmte Arten von leases zu gewähren. Das Verbot trägt der persönlichen Verbindung der commonhold-Eigentümer Rechnung und verhindert, dass diese sich langfristig mit Außenstehenden auseinandersetzen müssen. 3. Common Land

Der Begriff common land ist von einigen Missverständnissen geprägt. Nach öffentlicher Meinung kommt ihm die Bedeutung zu, dass die hiervon erfassten Grundstücke (mit einer Fläche von insgesamt etwa 550.000 Hektar in England und Wales) der Öffentlichkeit gehören und somit eine Art Allmende im Sinne eines gemeinschaftlichen Eigentums der Dorfgemeinschaften darstellen. Dies ist allerdings unzutreffend. Vielmehr handelt es sich bei common land um gewöhnliches Grundeigentum einer natürlichen Person, einer juristischen Person oder mehrerer Personen in Form der joint tenancy. Dieses Grundeigentum ist jedoch mit verschiedenen, unter Umständen umfangreichen, Dienstbarkeiten (z. Bsp. Weide- oder Fischereirechten) belastet. Diese Dienstbarkeiten stehen häufig nicht nur einer Einzelperson, sondern insbesondere auch den Gemeinden als juristische Personen zu.464 Hieraus resultiert die öffentliche Meinung, es handle sich bei common land um eine besondere Eigentumsform im Sinne eines gemeinschaftlichen Eigentums von Gemeindeeinwohnern. 4. Time-share in holiday accommodation

Das time-share in holiday accommodation, das Ferieneigentum des englischen Rechts, ist durch den Timeshare Act 1992 sowie die diesen abändernden und ergänzenden Timeshare Regulations 1997 gesetzlich geregelt. 463

Megarry, Manual, S. 28/29. Langdon-Davies, AgrarR 1987, S. 307; auf den folgenden Seiten stellt der Autor die Probleme im Zusammenhang mit der Registrierung des common land nach dem Commons Registration Act 1965 dar; siehe hierzu auch Maudsley/Burn, Land Law, S. 60 ff. m. w. N. 464

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Diese enthalten im Gegensatz zur Ausgestaltung in Deutschland keine wortgetreue Umsetzung der EG-Timeshare-Richtlinie465, sondern insgesamt schärfere Anforderungen, die schon vor Erlass der Richtlinie existierten. Üblicherweise sind die Rechte und Pflichten der Parteien minutiös vertraglich festgelegt und können auch in England mit Hilfe der herkömmlichen Dogmatik des Property Law nicht eingeordnet werden. Da weder die EG-Richtlinie noch der Timeshare Act 1992 oder die Timeshare Regulations 1997 eine Aussage zur rechtlichen Einordnung des time-share-Eigentums enthalten, bleibt insofern nur der Rückgriff auf allgemeine Prinzipien. Es wird argumentiert, eine Qualifizierung als dingliches Recht scheide schon deshalb aus, weil allenfalls vier Personen gleichzeitig als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sein können. Auch sei problematisch, dass ein leasehold estate nur eintragbar ist, wenn er für eine bestimmte Mindestdauer eingeräumt worden ist.466 Dies ist zwar, wie oben dargestellt, zutreffend, allerdings verkennt diese Auffassung, dass in England dingliche Rechte auch außerhalb des Grundbuchs bestehen können. So bietet insbesondere das Instrumentarium des trust Möglichkeiten zur Begründung von equitable property der timeshare-Berechtigten. Auch kann ein leasehold inzwischen für sieben Jahre eingetragen werden467 und im Fall des Wechsels von Berechtigten eine Umschreibung im Land Register vorgenommen werden. Vorteil des trust oder auch einer gesellschaftsrechtlichen Lösung ist freilich, dass nicht alle Berechtigten eingetragen werden müssen und so ein Personenwechsel außerhalb des Land Registers möglich ist. Andererseits ist eine dingliche Konstruktion keineswegs zwingend. Aufgrund der andauernden rechtlichen Diskussion besteht im höchsten Maße Unklarheit darüber, welche Personen beim time-share-Eigentum dinglich berechtigt und wessen Rechtspositionen damit in einem Insolvenzfall vorrangig zu berücksichtigen sind. Folglich ist hier der Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden. Ansonsten können die zwangsläufig auftretenden Konflikte nur unter Rückgriff auf das Company Law (Gesellschaftsrecht) bewältigt werden.468 465

Siehe hierzu oben (§ 3 C. VII. 3.). Vgl. den Bericht der Europäischen Kommission zur Umsetzung der Richtlinie vom 26. Oktober 1994, 8; abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/ safe_shop/timeshare/time02_de.pdf (Abfrage vom 1. Juli 2009); im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts betrug die Mindestdauer für einen eintragbaren leasehold 21 Jahre, diese ist nunmehr gemäß s. 4 (1) (c) (i) LRA 2002 auf sieben Jahre verringert worden, siehe oben [§ 4 D. I. 1. b)]. 467 Nach ss. 5 und 118 (1) LRA 2002 wird der Lord Chancellor ermächtigt, künftig auch eine Registrierungspflicht für leasehold interests mit einer Laufzeit von mehr als drei Jahren einzuführen. 468 Lawson/Rudden, S. 195. 466

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§ 5 Zusammenfassung und Vergleich A. Grundlegende strukturelle Unterschiede I. Zweiteilung des englischen Rechts in Real und Personal Property Law Zunächst ähnelt die Einteilung des englischen Rechts in Land bzw. Real Property einerseits und Personal Property andererseits, auch was die jeweilige Definition betrifft, der Einteilung in bewegliche und unbewegliche Sachen nach deutschem Recht. Das deutsche Recht trifft gleichermaßen wie auch das englische Recht unterschiedliche Regelungen für das Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass für die Verfügung über Grundstücke und Grundstücksrechte die Eintragung im Grundbuch erforderlich ist (vgl. §§ 873 ff. BGB und §§ 929 ff. BGB). Allerdings kennt das BGB auch viele gemeinsame Regelungen für bewegliche und unbewegliche Sachen, die gewissermaßen vor die Klammer gezogen sind. Dies trifft zum Beispiel für die Regelung des Inhalts des Eigentumsrechts (§ 903 BGB) sowie die Ansprüche aus dem Eigentum (§§ 985 ff. BGB) zu. Durch die sog. 1925 Property Legislation hat nicht nur eine Annäherung innerhalb des englischen Rechts zwischen Real Property Law und Personal Property Law stattgefunden, sondern auch eine Annäherung an das deutsche Sachenrecht und an dessen Systematik der dinglichen Rechte. Dies ist insbesondere durch die Einführung des Grundbuchzwangs bei der Übertragung von Grundstücken im englischen Recht durch den LRA 2002 bedingt. An Stelle der Besitzeinräumung ist hierdurch auch in England die Umschreibung im Grundbuch für den Eigentumsübergang maßgeblich. In England wie in Deutschland gibt es Reformbestrebungen hinsichtlich eines elektronischen Grundbuchwesens. Diese umfassen in Deutschland die Grundbuchführung und Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten, in England darüber hinaus noch weitergehende Angelegenheiten im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften, wie die Erbringung von Gegenleistungen, insbesondere die Kaufpreiszahlung.469 Dem englischen Land Register kommt ebenso wie dem deutschen Grundbuch positive und negative Publizität zu. Allerdings reicht der öffentliche Glaube des englischen Land Register nicht ganz so weit wie der des deutschen Grundbuchs nach § 892 BGB, denn der Erwerber eines legal interest ist im Fall des redlichen Erwerbs vom Nichtberechtigten im eng469

Hierzu oben § 3 C. I. und § 4 A. I.

§ 5 Zusammenfassung und Vergleich

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lischen Recht nur auf die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs verwiesen und erhält kein Eigentum an dem Grundstück. Bei der Übertragung eines equitable interest besteht hingegen auch im englischen Recht die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs.470 Der Staatshaftungsanspruch des redlichen Erwerbers eines legal estate vom Nichtberechtigten setzt nicht zwingend ein Verschulden seitens der Registrierungsbehörde voraus. Allerdings wird ein Mitverschulden des Anspruchsinhabers, das nach s. 5 (1) (b) LRA 2002 auch zu einem Anspruchsausschluss führen kann, berücksichtigt, sofern die fehlerhafte Eintragung einzig auf einer verschuldeten Obliegenheitsverletzung des Anspruchstellers zurückzuführen ist.471 Daneben gehen Ansprüche, die der Anspruchsteller der indemnity-Zahlung seinerseits gegen Dritte geltend machen kann, auf das Land Register als Registrierungsbehörde über.472 Im Vergleich zum deutschen Recht besteht im englischen Recht ein noch deutlicherer Unterschied in der Behandlung von Real Property und Personal Property, vor allem kennt das englische Recht keinen allgemeinen Teil des Sachenrechts. Real Property Law und Personal Property Law weisen lediglich gewisse Parallelen auf, wie beispielsweise die Unterscheidung von equitable und legal interests sowie die möglichen Formen des co-ownership, wobei jedoch hier bereits ein Unterschied darin liegt, dass im Bereich des Real Property Law im Gegensatz zum Personal Property Law ownership in common als legal interest nicht begründet werden kann.473 Ein bedeutender Unterschied im Bereich des Eigentums an Grundstücken besteht darin, dass in England durch die doctrine of estates und die Existenz der Form des equitable property die Einräumung sowohl von zeitlich begrenztem als auch von auflösend bedingtem Eigentum möglich ist. In Deutschland hingegen kann Grundeigentum nicht unter einer Bedingung oder zeitlich befristet in das Grundbuch eingetragen werden, da die Auflassung nach § 925 Abs. 2 BGB bedingungs- und befristungsfeindlich ist. Demnach bleibt festzuhalten, dass trotz der festgestellten Annäherungen hinsichtlich der rechtlichen Behandlung von Real Property und Personal Property immer noch eine gewisse Kluft existiert.474 Diese sowie die Zweiteilung von Law und Equity spiegeln sich vor allem im Bereich der verschiedenen Eigentumsformen wider.475

470 471 472 473 474 475

Vgl. oben [§ 4 D. I. 2. b)]. Siehe oben (§ 4 A. I.). Siehe oben (§ 4 A. I.). Vgl. § 4 D. II. und III. 1. So auch Stevens/Pearce, S. 6. Hierzu oben unter § 4 D.

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II. Die Trennung von Law und Equity im englischen Recht Die Zweiteilung (duality) von Law und Equity ist eine Besonderheit des englischen Rechts und findet keine Entsprechung im deutschen System. Die durch das Rechtsinstitut des trust ermöglichte Formenvielfalt und Aufspaltung von legal und equitable ownership führt im englischen Recht auch zu einer größeren Bandbreite an Funktionen, die das Eigentum erfüllen kann. Nach der Argumentation von Wortley können kontinentale Rechtssysteme schon deshalb diese duality nicht anbieten, da sie bei Eigentumsübertragungen auf Publizität bestehen.476 Dieses Argument wird indes – zumindest für den Bereich des deutschen Rechts – dadurch abgeschwächt, dass zwischenzeitlich die Sicherungsübereignung anerkannt wird, die ebenfalls in einem gewissen Rahmen treuhänderisches Eigentum ermöglicht.477 III. Umfassendes Herrschaftsrecht versus relativity of title Im Gegensatz zum deutschen Recht ist das englische Recht stark durch den Grundsatz der relativity of title geprägt, nach der die Existenz von absolutem Eigentum im Sinne eines umfassenden Herrschaftsrechts (wie nach deutschem Rechtsverständnis) nicht möglich ist. Damit besteht ein geradezu gegensätzlicher Ansatz in der Betrachtungsweise. Allerdings lässt sich durchaus argumentieren, dass es – materiell betrachtet – auch in England Eigentum im Sinne eines umfassenden Herrschaftsrechts gibt und gewisse bestehende Unterschiede lediglich geschichtlicher oder formaler Natur sind. Diese Auffassung vertritt unter anderem auch Anderson: „If limited owners have very nearly the powers of full owners, why not make them full owners in name too? So the reduction of legal estates, the relegation of many interests to equity, the introduction of a full-scale overreaching regime, can be seen as further steps down the road of assimilation of realty to personalty, differing from the earlier legislation more in intellectual elegance than in underlying aim.“478

Außerdem muss man zugestehen, dass auch das als umfassendes Herrschaftsrecht ausgestaltete Eigentum seine Grenzen aufweist und somit ebenfalls in gewisser Weise nur relativ ist. In Wahrheit ist jede Art von Eigentum nämlich schon deshalb niemals völlig umfassend, weil selbst jedes liberale System dem Eigentümer Einschränkungen und Kontrollen auferlegen 476 477 478

Wortley, Jurisprudence, 310/311. Siehe oben (§ 3 C. V., insbesondere Fn. 78). Anderson, in: Bright/Dewar, Land Law, S. 113.

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muss, um eine für die Allgemeinheit schädliche Verwendung des Eigentums zu unterbinden.479 Vor allem aber hat eine starke Annäherung beider Rechtssysteme durch die Einführung der obligatorischen registration of title in England stattgefunden. Dies hat zur Folge, dass materiell gesehen Eigentum in beiden Rechtssystemen völlig gleich behandelt wird. So hat der freehold owner des englischen Rechts grundsätzlich dieselben Rechte an seinem Grundstück wie der absolute owner an den ihm gehörenden beweglichen Sachen oder der Eigentümer einer Sache im deutschen Recht.480 Beide sind nur eingeschränkt durch die Gesetze sowie durch die Rechte, die Dritten an der Sache eingeräumt werden. Deshalb wirkt sich der Grundsatz der relativity of title trotz zugegebenermaßen verbleibender unterschiedlicher theoretischer Ausgangspunkte in der Rechtspraxis nicht aus. Dessen ungeachtet ist in England aufgrund der relativity of title die Terminologie uneinheitlich, so dass es keine einheitliche Bezeichnung für das Eigentum an Grundstücken gibt. Vielmehr werden verschiedene Begriffe wie zum Beispiel ownership, property, title und (freehold) estate verwendet, die oftmals gleichbedeutend gebraucht werden. Zudem ist die englische Terminologie stark abhängig von ihrem jeweiligen Kontext. IV. Die Doctrine of estates Die doctrine of estates, nach der unmittelbares Grundstückseigentum nur der Krone zustehen kann, ist historisch gewachsen. Die doctrine of estates bedingt die relativity of title und ist somit ebenfalls mit der Entstehung des englischen Eigentums im Feudalzeitalter erklärbar, beansprucht aber auch heute noch Geltung. Die ursprüngliche Vielfalt der estates hat keine Entsprechung im deutschen Recht, auch sie beruht auf ihren historischen Gegebenheiten. Hervorzuheben ist zudem die besondere Bedeutung der zeitlichen Dimension im Rahmen des Konzepts der estates.481 Durch die für das englische Recht bahnbrechende Norm des s. 1 (1) LPA 1925, nach der nur noch freehold estate und leasehold estate als legal estates möglich sind, kommt es zu einer Verlagerung der estates in den Bereich der Equity. Das equitable ownership ist – wie bereits dargestellt – eine Eigentümlichkeit 479 Sparkes, S. 67 („In truth ownership is never absolute.“). Der Begriff der Absolutheit wird allerdings in verschiedener Hinsicht verwendet, nämlich im Sinne einer Freiheit von sozialen Beschränkungen, von zeitlichen Beschränkungen wie auch im Sinne einer Freiheit von Angriffsmöglichkeiten, Honoré, Ownership, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 144. 480 Zur Vergleichbarkeit von freehold ownership und deutschem Eigentum siehe sogleich (unter D. I.). 481 Gray/Gray, Land Law, S. 15; vgl. auch Lawson/Rudden, S. 182.

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des englischen Rechts, auch wenn es gewisse Ähnlichkeiten zum fiduziarischen Eigentum gibt.482 Herkömmlich kennt das englische Recht keinen Numerus clausus der Sachenrechte.483 Vielen Nachweisen in der Rechtsprechung zufolge ist jedoch mit der Festlegung im LPA 1925 auf lediglich zwei legal estates die Schaffung neuer Arten von property auch im Bereich der Equity nicht möglich. Die einzige Ausnahme hierzu bildet die Anerkennung des sog. restrictive covenant als equitable interest. Beim restrictive covenant, der auch negative covenant genannt wird, handelt es sich um eine Grunddienstbarkeit, die auf ein Unterlassen gerichtet ist.484 Diese Form des dinglichen Rechts ist allerdings keine völlige rechtliche Neuschöpfung, sondern die englischen Juristen verweisen hier auf das römische Recht, welchem dieses Rechtsinstitut bereits als servitudo non in faciendo bekannt war.485 Wie im römischen und im englischen Recht sind auch im deutschen Recht Grunddienstbarkeiten unzulässig, die auf ein positives Tun des Verpflichteten gerichtet sind.486 Selbstverständlich kann man die Frage aufwerfen, ob man nicht auch im deutschen Sachenrecht von mehreren estates an Sachen sprechen kann. So gibt es in Deutschland zum Beispiel Eigentum und Nießbrauch, die nebeneinander als Rechte an derselben Sache bestehen können. Jedoch sind nach deutschem Verständnis nicht beide Ausschnitte einer übergeordneten Berechtigung an der Sache, sondern vielmehr stellt der Nießbrauch einen Ausschnitt aus dem umfassenden Eigentumsrecht dar, welches er gewissermaßen belastet. Jedoch handelt es sich hierbei lediglich um unterschiedliche Betrachtungsweisen ohne praktische Auswirkungen.

B. Definition von Eigentum Beiden Rechtssystemen liegt der liberale Eigentumsbegriff zugrunde.487 Zudem ist jeweils unumstritten, dass dem Eigentum ein positiver und ein 482

Hierzu sogleich. Lawson/Rudden, S. 194. 484 Vgl. Stroud, S. 325/326. 485 Siehe Eekelaar/Bell/Rudden, S. 244/245; im Folgenden legt Rudden dar, dass das jurisdiktionenübergreifende Numerus clausus-Prinzip sowohl rechtlich (Rechtssicherheit kann auch auf andere Weise gewahrt werden) als auch wirtschaftlich (optimale und kreative Ausnutzung von Ressourcen) seiner Auffassung zufolge nicht gerade sinnvoll ist. Anders hingegen argumentieren Merrill/Smith, S. 110 (2000) Yale L. J., S. 1 ff., die zu der Schlussfolgerung gelangen, dass die Zulassung neuer Eigentumsformen aus Gründen der Transparenz und Sicherheit des Rechtsverkehrs dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müsse. 486 MüKomm/Joost, § 1018, Rn. 31 und 41 ff.; Stroud, S. 325 ff. 487 Siehe hierzu oben (§ 3 B.). 483

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negativer Inhalt innewohnen. In Deutschland sind diese durch § 903 BGB gesetzlich festgelegt. Eine gesetzliche Definition des Rechtsbegriffs Eigentum kennt zudem weder das deutsche noch das englische Recht. Im Gegensatz zum englischen Recht ist im deutschen Recht die Definition des Eigentums auch im Rahmen der Schutzansprüche des Eigentums rechtlich von besonderer Bedeutung, insbesondere als Voraussetzung der Vindikationsklage (§ 985 BGB). Die Definitionen von Eigentum nach deutschem Rechtsverständnis und seinen Entsprechungen im englischen Recht unterscheiden sich erheblich: Das englische Recht ist schon dadurch unübersichtlich, dass verschiedene Bezeichnungen in uneinheitlicher Weise nebeneinander gebraucht werden, wie insbesondere ownership, property, title und estate. Die Gründe hierfür sind vornehmlich historischer Natur, wie auch die Ursprünge der genannten Begriffe. Zudem ist nicht zuletzt wegen des Grundsatzes der relativity of title eine genaue juristische Definition des Begriffs Eigentum im englischen Recht praktisch von geringerer Notwendigkeit als im deutschen Recht. Da ownership an Grundstücken im Sinne eines umfassenden Herrschaftsrechts ohnehin nur der Krone zustehen kann, genügt es für den Rechtsverkehr der Untertanen, dass die einzelnen estates rechtlich umrissen sind, die den Untertanen zustehen können. Ebenso ist im Rahmen der Schutzansprüche, und zwar sowohl für Real Property als auch für Personal Property, eine Definition des Begriffs Eigentum entbehrlich, da diese als Anspruchsvoraussetzung nur auf den Besitz bzw. ein Recht zum Besitz abstellen.488 Folglich besteht auch hier keine praktische Notwendigkeit einer einheitlichen Terminologie. Schließlich stellt das Eigentum in England nach (noch) herrschender Auffassung ein Rechtebündel, also eine Zusammenfassung einzelner Berechtigungen, dar. In Deutschland hingegen ist das Eigentum unumstritten ein einheitliches Herrschaftsrecht an einer Sache. Praktische Auswirkungen dieses Unterschieds sind jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich hieraus keine unterschiedliche Verteilung der Beweislast für den Eigentümer im deutschen und englischen Recht. Da das deutsche Recht vom Eigentum als umfassendem Herrschaftsrecht ausgeht, besteht für den Eigentümer grundsätzlich eine Vermutung, dass diesem eine bestimmte Berechtigung in Bezug auf die Sache zukommt. Jedoch kommt man auch nach englischem Verständnis nicht zu dem Ergebnis, dass der Eigentümer bezüglich einer bestimmten Berechtigung im Zweifelsfall deren Zugehörigkeit zum Bündel nachweisen muss. Damit sind keinerlei praktische Auswirkungen der Betrachtungsweise als Rechtebündel des englischen Rechts ersichtlich und die dortige Diskussion ist rein akademischer Natur. 488

Hierauf wird im Dritten Teil dieser Arbeit näher eingegangen.

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C. Funktionen Die Funktion des Eigentums ist in beiden Rechtssystemen im Wesentlichen gleich: Die Zuordnung einer Sache zu einer Person. Hiernach wird eine Sache sowohl im englischen als auch im deutschen Recht durch das Eigentum mit dinglicher Wirkung, also gegenüber jedermann, einer oder mehreren Personen zugeordnet.489 Das deutsche Recht versteht das Eigentum als umfassendes Herrschaftsrecht, das nur ausnahmsweise Einschränkungen unterliegt.490 Im englischen Recht gibt es hingegen absolute ownership im Sinne eines derartigen umfassenden Herrschaftsrechts an einer Sache nur im Bereich des Personal Property Law. Hier folgt auch das englische Recht vom theoretischen Ansatz her dem liberalen Eigentumsbegriff, betont aber die Ausschlusswirkung als negativen Aspekt des Eigentums.491 Im Bereich des Real Property Law wird aufgrund der Einschränkungen des Eigentums (beispielsweise durch öffentlich-rechtliche Vorschriften oder Rechte Dritter) und der Tatsache, dass Menschen vergänglicher sind als ihre Grundstücke, die Berechtigung des Eigentümers von vornherein von einer anderen Warte aus betrachtet, nämlich als das Recht, das Grundstück in einem bestimmten Maße zu benutzen, ohne dass man von der Idee eines allumfassenden Rechts ausgeht. So ist die Existenz von absolute ownership im Sinne eines allumfassenden Rechts in Bezug auf Real Property nicht möglich.492 Diese Unterscheidung wirkt sich jedoch nur in der theoretischen Betrachtungsweise, nicht aber praktisch aus. Auch im Bereich der Schutzansprüche bestehen dogmatische Unterschiede, die jedoch ebenfalls praktisch zu vergleichbaren Ergebnissen führen. So kennt das englische Recht sowohl im Hinblick auf Real Property als auch auf Personal Property keinerlei Schutzansprüche, die das Eigentum als solches schützen. Geschützt wird vielmehr der Besitz (possession) bzw. das bessere Recht zum Besitz (immediate right to possession).493 So erfolgt eine Betrachtung der Berechtigungen vom Ausgangspunkt her stets im Verhältnis von Anspruchsteller und Anspruchsgegner, es erfolgt keine abstrakte Prüfung der dinglichen Rechtslage. Allerdings vermittelt das ownership eine derartige Besitzberechtigung, sofern nicht ein anderer, wie zum Beispiel ein Mieter (tenant) eine bessere Besitzberechtigung nachweisen kann. Das deutsche Recht kommt insofern im Rahmen des Vindikationsanspruchs 489 490 491 492 493

Vgl. § 3 A. und § 4 C. Siehe oben (§ 3 A.). § 4 B. I. § 4 A. III. Einzelheiten hierzu später (Dritter Teil, § 11 und § 12 B. V.).

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zu gleichen Ergebnissen. Denn auch bei § 985 BGB ist der Eigentümer zwar zunächst anspruchsberechtigt, ein Recht zum Besitz kann ihm jedoch als Einwendung nach § 986 BGB Abs. 1 BGB entgegengehalten werden. Somit führen die verschiedenen dogmatischen Ausgangspunkte auch in dieser Hinsicht nicht zu praktischen Auswirkungen. Weiterhin besteht in England eine größere Vielfalt an Funktionen des Eigentums durch die Möglichkeit der Begründung von trust property, zumal property als managerial und security right, also zu Verwaltungs- bzw. Sicherungszwecken ausgestaltet sein kann. Allerdings besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem security trust englischen Rechts und dem Institut der Sicherungsübereignung in Deutschland, denn auch bei der Sicherungsübereignung ist nur der Sicherungsnehmer Eigentümer. Der Sicherungsgeber ist grundsätzlich nur schuldrechtlich durch die Sicherungsabrede geschützt. Die Sicherungsabrede sieht regelmäßig einen Rückübertragungsanspruch vor, es sei denn, die Übereignung an den Sicherungsnehmer erfolgte von vornherein unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls des Sicherungszwecks.494 Auch die Rechtslage beim Anwartschaftsrecht bei auflösend bedingter Übereignung ähnelt der Situation bei der Begründung eines trust zu Sicherungszwecken. Hier hat der Erwerber ebenfalls durch die bedingte Übereignung schon eine rechtlich gesicherte Position. Häufig wird er die Sache auch tatsächlich wie ein Eigentümer nutzen, das Eigentum verbleibt jedoch noch als Sicherheit beim Veräußerer bis zum Eintritt der Bedingung, die oftmals in der Zahlung des Kaufpreises liegt.495

D. Formen I. Freehold im Vergleich zum Eigentumsrecht an Grund und Boden nach deutschem Recht Zunächst stellt sich die Frage, ob – trotz der oben aufgezeigten strukturellen Unterschiede – der freehold estate des englischen Rechts mit dem deutschen Grundeigentum vergleichbar ist. In diese Richtung äußern sich viele Stimmen im Schrifttum des deutschen wie auch des englischen Rechts, wenn auch eine genauere wissenschaftliche Untersuchung dieser Frage noch nicht vorgenommen wurde. Einige Autoren des englischen Rechtskreises halten den englischen freehold estate funktionell für mit absolute ownership im Sinne eines umfassenden Herrschaftsrechts (und damit sowohl mit dem Eigentum im Sinne von Per494 495

Siehe oben, § 3 C. V., insbesondere die Nachweise in Fn. 79 und 82. Näheres sogleich unter D. V.

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sonal Property als auch mit dem deutschen Eigentum) vergleichbar. So bestehen zwar angesichts der relativity of title und der doctrine of estates theoretisch gewisse Unterschiede zwischen freehold estate und deutschem Grundeigentum; bei funktioneller und praktischer Betrachtung wirken sich diese Unterschiede jedoch kaum mehr aus.496 Damit ist mit Henrich/Huber von einer wirtschaftlichen Entsprechung von freehold estate und deutschem Eigentum auszugehen.497 Auch nach Auffassung von Kessel kommt der Begriff des freehold in fee simple „dem Eigentumsbegriff des § 903 BGB sehr nahe“.498 So ist der freehold estate auch nicht mit dem Nießbrauch vergleichbar. Zum einen ist der Nießbrauch im Gegensatz zum freehold estate nicht übertragbar und zwingend auf die Lebenszeit seines Inhabers begrenzt. Zum anderen steht der englische freehold estate, wie bereits festgestellt, bei funktionaler Betrachtung dem deutschen Grundstückseigentum als umfassendem Herrschaftsrecht gleich, nicht aber dem Nießbrauch als beschränktem dinglichen Recht. Weiterhin besteht eine gewisse Ähnlichkeit des freehold estate mit dem deutschen Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht nach § 31 WEG. Gemeinsam ist diesen die Einordnung als dingliches Recht sowie ihre Vererbbarkeit und Veräußerlichkeit. Allerdings sind Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte in der Praxis häufig befristet, sei es durch eine nach Jahren bemessene Laufzeit oder sei es durch die Lebenszeit einer bestimmten Person.499 Eine Annäherung des freehold estate an das deutsche Grundeigentum hat vor allem durch den Registrierungszwang500 stattgefunden.501 Im gleichen Zug wurde die Bedeutung des Besitzes beim Beweis des Eigentums wie 496 So bemerkt z. Bsp. Wortley: „The owner of what is called an estate in land in fee simple absolute is now, to all intends and purposes, the owner of the land itself, though not all minerals over it . . .“ (Wortley, Jurisprudence, 307); ähnlich schreiben Megarry/Wade: „A tenant in fee simple enjoys all the advantages of absolute ownership, except the form. His powers of ‚enjoying, using and abusing‘ his land are indeed limited in many ways by statute and by the rights of his neighbours, but they are not limited by any inherent narrowness in the concept of property in land.“ (Megarry/Wade, Real Property, S. 52; den ersten Satz zitieren die Autoren nach T C Williams); Megarry schreibt schließlich über den freehold estate: „Although in theory it still falls short of absolute ownership, in practice it amounts to this, for nearly all traces of the old feudal burdens have disappeared.“ (Megarry, Manual, S. 40). 497 Henrich/Huber, S. 100. 498 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 10. Dahingehend ist wohl auch die Bemerkung von Bernstorffs, dass sich der freehold estate am ehesten mit dem deutschen Grundstückseigentum vergleichen lasse, zu verstehen, vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 126. 499 Vgl. § 3 C. IV. 500 Siehe oben (§ 4 A. I.).

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auch bei der Eigentumsübertragung bzw. beim Eigentumserwerb durch adverse possession deutlich geschmälert.502 Allerdings hat nach s. 24 LRA 2002 die Veräußerungsbefugnis (power of disposition) nicht nur der (berechtigt oder nichtberechtigt) eingetragene Bucheigentümer, sondern jede Person, die „entitled to be registered as the proprietor“ ist, also einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung bzw. auf Eintragung im Grundbuch hat. Dies kann den Umfang der Herrschaftsmacht des Bucheigentümers entscheidend mindern. In Deutschland gilt ebenfalls das Prinzip der materiellen Berechtigung nach den §§ 925, 873 BGB. Nur grundbuchrechtlich gilt das Prinzip der Voreintragung (vgl. § 39 Abs. 1 GBO), dies aber auch nicht uneingeschränkt. So ist § 39 Abs. 1 GBO zum einen eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung materiell-rechtlich folgenlos bleibt.503 Zum anderen bestehen zum Prinzip der Voreintragung einige Ausnahmen, insbesondere nach § 40 GBO für den Fall, dass die von der Eintragung im Grundbuch betroffene Person Erbe des Voreingetragenen ist.504 Ein Unterschied besteht weiterhin in der Möglichkeit des redlichen Erwerbs vom Bucheigentümer. Dieser ist nach deutschem Recht gemäß § 892 Abs. 1 BGB aufgrund des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs möglich. Die guarantee des Land Register ist hingegen nicht als Bestandsgarantie (sog. indefeasability) zu verstehen, sondern lediglich als Zusage eines Schadensersatzanspruchs.505 Folglich bleibt festzuhalten, dass das englische freehold ownership dem deutschen Grundeigentum wirtschaftlich betrachtet entspricht. Hauptunterschied ist in der Praxis die unterschiedliche Wirkung des öffentlichen Glaubens von Land Register und Grundbuch. So spielt vor allem im englischen Immobiliarsachenrecht die Ersitzung (adverse possession) eine wesentlich größere Rolle als nach deutschem Recht506 und fängt, zusammen mit dem Staatshaftungsanspruch bei Unrichtigkeit des Grundbuchs, die – abgesehen vom gutgläubigen lastenfreien Erwerb – ansonsten fehlende Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs vom Grundbucheigentümer auf. 501 Murphy/Roberts/Flessas und Gray/Gray sprechen insofern von einem „paradigm shift“ vom Besitzer zum im Grundbuch eingetragenen Eigentümer bzw. zur Eintragung im Grundbuch als solcher (Murphy/Roberts/Flessas, S. 257; Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 182/183 sowie Gray/Gray, Land Law, S. 121 ff.). 502 Hierzu ausführlich später (Zweiter Teil, § 7 C. II. und III.). 503 Kunze/Herrmann, § 39 GBO, Rn. 1. 504 Gegen diese gesetzliche Regelung spricht sich jedoch Egerland, NotBZ 2005, S. 286 ff. aus. 505 Sparkes, S. 179. 506 Zur adverse possession im englischen Recht siehe auch Zweiter Teil, § 7 C. II. 1.

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II. Leasehold im Vergleich zu Erbpacht, Miete und Pacht Auch wenn es nahezuliegen scheint, den leasehold als gegenüber dem freehold geringerwertiges und auch zeitlich befristetes Recht mit der deutschen Miete oder Pacht zu vergleichen, hinkt dieser Vergleich in Bezug auf Grundstücke stark. Nach deutschem Verständnis gewähren nämlich weder Miete noch Pacht dingliche Ansprüche, sondern sind schuldrechtlicher Natur.507 Der leasehold an Grundstücken stellt im Gegensatz hierzu ein dingliches Recht dar und ist deshalb nicht ohne Weiteres mit der Miete des deutschen Rechts gleichzusetzen.508 Nach Henrich/Huber ist der leasehold von Grundstücken der Erbpacht angenähert.509 Dieses dem Erbbaurecht ähnelnde dingliche Nutzungsrecht für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke510 gibt es in Deutschland jedoch seit dem Kontrollratsgesetz Nr. 45 aus dem Jahre 1947 nicht mehr, so dass heute die größte Ähnlichkeit des leasehold mit dem Erbbaurecht besteht. III. Das Erbbaurecht Auch Kessel zufolge ist der leasehold, vor allem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, „fast mit einem Erbbaurecht gleichzusetzen“.511 So wird das Erbbaurecht wie auch der leasehold beispielsweise im Bereich kommerzieller und industrieller Bauten, die langfristig genutzt werden sollen, aber teuer zu finanzieren sind, eingesetzt. Bezüglich des leasehold werden dabei sog. long low-rent leases (oder kurz: long leases) vereinbart. Hierunter versteht man vornehmlich leases mit einer Laufzeit von mehr als 40 Jahren und allgemein Mietverhältnisse, welche einen erheblichen eigenen Marktwert haben.512 Long leases werden häufig auch als building leases bezeichnet und haben ebenfalls wie das Erbbaurecht historische Ursprünge in der 507 Zu der Frage, ob aufgrund einiger Vorschriften eine gewisse Verdinglichung eintritt, sogleich unter IV. 508 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, 11 ff. 509 Henrich/Huber, S. 100; dahingehend auch von Bernstorff, Einführung, S. 127. 510 MüKomm/von Oefele, ErbbauRG, § 1, Rn. 7; vgl. auch Art. 63 EGBGB. 511 Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 11 ff.; auch Eisenhauer geht „stark vereinfacht“ von einer Vergleichbarkeit mit dem Erbbaurecht bzw. bei Wohnungen mit dem langfristigen Dauerwohnrecht aus, vgl. Eisenhauer, S. 1 m. w. N. 512 Murphy/Roberts/Flessas, S. 247. Hiervon ist der Begriff long residential leasehold zu unterscheiden. Dieser bezeichnet ein Mietverhältnis zu Wohnzwecken mit einer Laufzeit von mehr als 21 Jahren, welches besonderen Mieterschutzvorschriften unterliegt, Einzelheiten hierzu bei Davis/Godfrey/Russell, C5/1 ff.

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römisch-rechtlichen superficies wie auch in der deutsch-rechtlichen städtischen Bodenleihe.513 Da aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen ein Kauf nicht in Betracht kommt, weicht man stattdessen auf den long leasehold als eigentumsähnliches Recht aus, den man für lange Zeit und zu relativ niedrigen regelmäßigen Zahlungen erwerben kann. Es obliegt sowohl dem englischen leaseholder wie auch dem deutschen Erbbauberechtigten, Instandhaltung und -setzung (einschließlich struktureller Instandhaltung und -setzung) und auch Schönheitsreparaturen durchzuführen, ganz im Gegensatz zum deutschen Mietrecht, welches dem Vermieter die Pflicht auferlegt, die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB). Außerdem wird häufig zu Laufzeitbeginn des leasehold eine größere Zahlung (premium) vereinbart, so dass die laufenden Mietzahlungen dann entsprechend geringer sind. Im Fall einer lease extension um 90 Jahre muss der tenant nach Ablauf dieser Zeit unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere einer erneuten einmaligen Zahlung einer bestimmten Summe, sogar nur eine nominelle Mietzahlung (sog. peppercorn-rent) leisten.514 Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten besteht für beide Rechte eine Registrierungspflicht. Diese gilt für das Erbbaurecht generell (§ 11 ErbbauVO i. V. m. § 873 BGB) und für leasehold estates ab einer Laufzeit von sieben Jahren (s. 4 (c) LRA 2002). Eine weitere Gemeinsamkeit ist das rechtliche Schicksal eines vom Erbbauberechtigten bzw. vom lessee während der Laufzeit errichteten Bauwerks. In England erhält der lessee das Eigentum an dem von ihm errichteten Bauwerk, da dieses bei Beendigung des leasehold nicht automatisch an den Grundstückseigentümer zurückfällt. Zusätzlich steht ihm jetzt ein gesetzliches Ankaufsrecht bezüglich des Grundstücks gegen den Grundstückseigentümer zu. Auf diese Weise hat der lessee die Möglichkeit, das Eigentum an Gebäude und Grundstück wieder zusammenzuführen und damit selbst das Grundstück wirtschaftlich zu verwerten. Auch beim deutschen Erbbaurecht fallen Grundstückseigentum und das Eigentum an dem Bauwerk auseinander. Hier erfolgt jedoch ein wirtschaftlicher Ausgleich für die Errichtung des Bauwerks über den Entschädigungsanspruch des Erbbauberechtigten nach §§ 27 ff. ErbbauRG515. Folglich liegt der Schutzzweck der deutschen Regelung in der finanziellen Abfindung des Erbbauberechtigten und nicht wie im englischen Recht darin, ihm langfristig den Erwerb der Eigentümerstellung mit eigenen Mitteln zu ermöglichen. Auch ist bei der long low-rent lease der lessee üblicherweise vertraglich zur Errichtung eines 513 514 515

MüKomm/von Oefele, ErbbauRG, Vor § 1, Rn. 1. Eisenhauer, S. 107 m. w. N. Siehe hierzu oben (unter § 3 C. II.).

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Bauwerks verpflichtet, wohingegen dies beim Erbbauberechtigten gerade nicht der Fall ist. Allerdings gibt es auch in England viele kurzfristige leaseholds (vor allem von Wohnraum), die eher der deutschen Miete ähneln und durch Mieterschutzvorschriften gesetzlich näher ausgestaltet sind.516 Zudem ist der leasehold estate zwingend befristet und kann daher nicht ewig andauern, wie dies theoretisch beim Erbbaurecht möglich ist. Im Ergebnis erfüllen gerade long leases wirtschaftlich häufig eine ähnliche Funktion wie das Erbbaurecht. Dieses weist allerdings spezifische Besonderheiten auf, die keine Entsprechung im englischen Recht finden. Im Bereich der Wohnraummiete (der residential lease) bietet sich eher ein Vergleich mit der deutschen Wohnraummiete an, welche sich von dieser jedoch vor allem durch ihre dingliche Natur unterscheidet.517 Schließlich besteht auch eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Erbbaurecht und dem determinable fee. Beide enden üblicherweise nach einer bestimmten vereinbarten Zeit, was beim Erbbaurecht freilich nicht zwingend ist, und gewähren insofern eine Art zeitlich befristetes Eigentum. Allerdings ist im englischen Schrifttum umstritten, ob das determinable fee als legal estate bestehen kann. Dies ist vor dem Hintergrund von s. 1 (1) LPA 1925 zu verneinen, da hiernach neben dem leasehold estate nur der fee simple estate absolute in possession als legal estate möglich ist und das determinable fee wegen seiner automatischen Beendigung gerade nicht absolute in diesem Sinne ist.518 Aber auch in der Form des equitable estate, der unumstritten möglich ist, bestehen doch starke Unterschiede zum Erbbaurecht: Zum einen gewährt das determinable fee gerade ein volles Eigentumsrecht und hat – abgesehen von der Befristung – keine der besonderen Charakteristika des Erbbaurechts. Insbesondere ist das Eigentum am Grundstück nicht von dem an dem Bauwerk getrennt, und es gibt auch keinen Heimfallanspruch. Zum anderen wohnen dem determinable fee die Eigentümlichkeiten eines equitable estate inne. IV. Miete als dingliches Recht? Einigen Stimmen im Schrifttum zufolge stellt die Miete im deutschen Recht ein dingliches Recht dar, welches analog zu den Vorschriften über das Eigentum begründet und behandelt wird. Damit rücken diese die Miete in eine mit dem leasehold vergleichbare rechtliche Stellung. So wird in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass durch gewisse Vorschrif516

Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 11 ff. Zur Annäherung der Miete an ein dingliches Recht durch § 556 BGB siehe sogleich (unter IV.). 518 Vgl. § 4 D. I. 1. a). 517

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ten der Besitz eine Verstärkung obligatorischer Rechte bewirkt und zu einer gewissen Verdinglichung führt. Diese Ansicht stützt sich bezüglich der Mobiliarmiete vor allem auf den Schutz des Mietbesitzes an beweglichen Sachen durch § 1007 BGB. Gerade § 1007 BGB verleihe der Miete nämlich nicht nur ausschließenden, sondern auch zuordnenden Charakter. Diese Zuordnungs- und Ausschlußfunktion sei aber Wesensmerkmal dinglicher Rechte. Unter anderem durch § 1007 BGB erstarkten obligatorisch wirkende Rechte (nämlich bessere Rechte zum Besitz) zu einer dinglichen Rechtsposition.519 Während der Laufzeit des Mietvertrags habe das dingliche Recht des Mieters sogar absolute Wirkung im Sinne einer Wirkung gegenüber jedermann, da es in dieser Zeitspanne auch gegenüber dem Eigentümer gelte.520 Die Folge sei die Verdinglichung obligatorischer Schuldverhältnisse.521 Diese Auffassung geht auf Dulckeit zurück, der hierbei vor allem mit der systematischen Stellung des § 1007 BGB im Titel „Ansprüche aus dem Eigentum“, dem Verweis in § 1007 Abs. 3 BGB auf die §§ 986–1003 BGB sowie der Parallelität des § 1007 BGB zu § 985 BGB argumentiert und hieraus er eine Gleichstellung von Besitz- und Eigentumsrecht herleitet.522 Eine Verdinglichung ergebe sich nach Dulckeit aber ebenfalls aus anderen Vorschriften, die auch auf die Immobiliarmiete Anwendung finden. Hierzu gehören beispielsweise die Vorschriften des possessorischen Besitzschutzes (§§ 858 ff. BGB), des Schutzes des Besitzes über § 823 Abs. 1 und 2 BGB sowie § 986 Abs. 2 BGB und das Prinzip „Veräußerung bricht nicht Miete“ (bzw. Pacht) nach §§ 566, 581 Abs. 2 BGB. Diese vermittelten dem Mietbesitzer eine dingliche Rechtsstellung, da ihm aufgrund der genannten Vorschriften ein possessorischer Schutzanspruch gegen Besitzentziehungen, ein Schadensersatzanspruch wegen Entzugs der Mietsache sowie ein Sukzessionsschutz für den Fall der Veräußerung der Mietsache zukomme.523 Dieser Ansatz der Verdinglichung obligatorischer Rechte ist auf heftige Kritik gestoßen. Vor allem Canaris hat dagegen eingewendet, dass in gewissen Konstellationen obligatorischen Rechten zwar gewisse einzelne dingliche Eigenschaften zukämen524, dass dies aber keineswegs zu einer Verdinglichung führe, da hierbei den obligatorischen Rechten Eigenschaften 519 Canaris, FS Flume, S. 372 ff.; Dulckeit, S. 11 ff.; Koch, ZMR 1985, S. 193; Wieling, Sachenrecht I, § 13 I 3 und 4 II und III m. w. N. 520 Koch, ZMR 1985, S. 190. 521 Koch, ZMR 1985, S. 193. 522 Dulckeit, S. 13 ff. 523 Dulckeit, S. 11 ff. 524 Canaris, FS Flume, S. 372.

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fehlten, welche für dingliche Rechte charakteristisch sind, wie insbesondere ein Verfügungs- und Sukzessionsschutz.525 Eine Verdinglichung durch den possessorischen Besitzschutz der §§ 859 ff. BGB scheidet schon deshalb aus, weil Anknüpfungspunkt hierfür nur der Besitz ist, der gerade kein obligatorisches Recht darstellt, obwohl er oftmals von einem Recht zum Besitz begleitet sein mag.526 Desgleichen entfaltet der Schutz des obligatorischen Rechts zum Besitz gegenüber dem Vindikationsanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB durch § 986 Abs. 1 BGB trotz seiner Zuweisungsfunktion lediglich relative Wirkung.527 Die Möglichkeit des Besitzers, sich nach § 986 Abs. 2 BGB gegenüber einem Erwerber der Sache auf sein Besitzrecht zu berufen, bedeutet ebenfalls noch nicht, dass der Erwerber in das zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintritt. Somit bewirkt diese Vorschrift keine Verdinglichung, sondern trägt vielmehr den Besonderheiten des Erwerbsvorgangs Rechnung.528 Ferner führt die Anerkennung des berechtigten Besitzes als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB noch nicht zu einer Verdinglichung von Schuldverhältnissen.529 Schließlich belegen die §§ 566, 581 Abs. 2 BGB ebenfalls nicht die These Dulckeits, da ihr Bezugspunkt nicht der Besitz, sondern die rechtliche Position des Vermieters (z. Bsp. als Grundstückseigentümer) ist. Zudem knüpfen die Vorschriften nicht an den aktuellen Besitz, sondern an die Überlassung der Sache an, d.h. insofern genügt auch ein früherer Besitz.530 Selbst wenn man eine gewisse Verdinglichung im weiteren Sinne im Zivilrecht anerkennt, ist diese keinesfalls an den Besitz gebunden.531 Vor allem aber spricht gegen eine Verdinglichung der deutschen Miete, dass dieser keine Zuweisungsfunktion zukommt, welche gerade nach deutschem Recht für dingliche Rechte charakteristisch ist. So hat insbesondere der berechtigte Besitz zwar eine Ausschluss- und Nutzungs-, nicht aber eine Zuweisungsfunktion.532 Damit ist es noch nicht ausreichend, dass dem Mieter als berechtigtem Besitzer gewisse Schutzmöglichkeiten in Form von Herausgabe- und Schadensersatzansprüchen zustehen. Insofern handelt es 525

Canaris, FS Flume, S. 372 ff. Diederichsen, S. 61. 527 Diederichsen, S. 87 ff. und 159/160. 528 Weitnauer, FS Larenz, S. 711. 529 So im Ergebnis auch Weitnauer, FS Larenz, S. 711 und Diederichsen, S. 64 ff. Diederichsen lehnt allerdings die Einordnung des Besitzes als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB generell ab. 530 Weitnauer, FS Larenz, S. 711/712. 531 Weitnauer, FS Larenz, S. 712 ff. m. w. N. 532 Weiteres hierzu später im Dritten Teil, § 10 E. II. und F. I. 526

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sich bei der Tatsache, dass der berechtigte Besitz Schutzgut von § 823 Abs. 1 BGB ist und im Rahmen von § 812 BGB herausverlangt werden kann, lediglich um Kunstgriffe, die an eine Gemengelage von Besitz und Recht zum Besitz (aus dem Mietvertrag) anknüpfen, aber gerade nicht der Miete eine Zuweisungsfunktion zuschreiben und diese damit zum dinglichen Recht ausgestalten. Nach englischem Recht ist der Zuweisungsgehalt eines Rechts ebenfalls das zentrale Kriterium für dessen Einordnung als dingliches Recht.533 Nach englischem Verständnis kommt dem leasehold von Grundstücken eine derartige Zuweisungsfunktion zu. Der leasehold an Grundstücken kann zudem bei einer Laufzeit von mehr als sieben Jahren im Grundbuch eingetragen werden. Die chattel lease wird hingegen historisch bedingt nicht als property right qualifiziert, sie gewährt deshalb lediglich ein vertragliches Besitzrecht (contractual right to possession), das für sich genommen noch nicht zum Schadensanspruch berechtigt.534 Schutzmöglichkeiten der chattel lease durch das System der Equity stellen ebenfalls nur einen Rechtsreflex dar. Sie vermitteln der chattel lease nach englischem Verständnis ebenfalls keine Zuweisungsfunktion und damit keinen proprietary effect.535 Diese Differenzierung des englischen Rechts ist auch vor dem Kriterium der Zuweisungsfunktion nicht nachvollziehbar und kann lediglich mit historischen Gründen erklärt werden.536 Zwar ist der Berechtigte einer chattel lease im Rahmen der Schutzansprüche nur durch seinen gegebenenfalls vorhandenen Besitz (possession) und nicht durch sein Recht zum Besitz geschützt, aber dieser geringere Schutz wird allein damit begründet, dass die chattel lease nur als vertragliches Besitzrecht verstanden wird.537 Demnach vermag die These der Verdinglichung obligatorischer Rechte nicht zu überzeugen. Es bleibt festzuhalten, dass es eine derartige Verdinglichung obligatorischer Rechte im Sinne Dulckeits nicht gibt und dass, trotz gewisser Parallelen in den genannten Konstellationen zu einem dinglichen Schutz, die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen obligatorischen und dinglichen Rechten eingehalten werden sollte.538 Folglich ist die Miete sowohl von beweglichen als auch von nicht beweglichen Sachen nach deutschem Recht als schuldrechtlicher Vertrag und nicht als dingliches bzw. einem dinglichen Recht angenähertes Recht einzuordnen. Im englischen Recht gilt dies ebenfalls für die chattel lease, der leasehold von 533 534 535 536 537 538

Vgl. Bell, Personal Property, S. 6 ff. Siehe hierzu später Dritter Teil, § 11 A. III. 3. e) ee)]. Siehe oben (§ 4 D. II.). § 4 D. II. Dritter Teil, § 11 A. III. 3. e) ee). So auch Baur/Stürner, § 6, Rn. 6.

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land ist hingegen aufgrund seines Zuweisungsgehaltes als dingliches Recht einzuordnen. Auch die Entscheidung des BVerfG, nach der der Mietwohnungsbesitz unter die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG fällt539, stärkt zwar die Rechtsposition des Mieters, beschränkt sich jedoch ausdrücklich auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff. Allerdings argumentiert Roellecke, die Entscheidung führe zu einer derartigen Einebnung der Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum, dass sie dem Mieter ein subjektives Recht auf die Wohnung einräume, das keine Stütze im Mietvertrag habe.540 Dogmatische Auswirkung der Entscheidung sei damit unter anderem der Schutz des rechtlos besitzenden Mieters. Der Besitz des Mieters würde damit vom Mietvertrag entkoppelt und verselbständige sich zu einer von diesem unabhängigen Rechtsposition.541 Obwohl Roellecke im Hinblick auf die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auftretenden Widersprüche zwischen der zivilrechtlichen und der verfassungsrechtlichen Stellung des Mieters beizupflichten ist, kann man eine derartige Entkoppelung des Mietbesitzes vom Mietvertrag nicht feststellen. Zunächst ist klarzustellen, dass sich die Entscheidung des BVerfG auf das Besitzrecht des Mieters bezieht, welches es als Eigentum i. S. v. Art. 14 Abs. 1 GG ansieht, und nicht auf den Besitz als solchen. Somit ist ein möglicher Eigentumsschutz von Hausbesetzern542 nach Art. 14 Abs. 1 GG keinesfalls vorgezeichnet. Weiterhin ist der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff – wie bereits erwähnt – nicht mit dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff identisch und eine derartige Entwicklung der Anknüpfung des Zivilrechts an den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff bislang ausgeblieben. Somit bleibt festzuhalten, dass die Miete nach § 535 BGB ein Schuldverhältnis ist, auch wenn gewisse Annäherungen der Wohnraummiete an ein dingliches Recht nicht von der Hand zu weisen sind.543

539

BVerfGE 89, 1. Roellecke, JZ 1995, S. 74. 541 Roellecke, JZ 1995, S. 75. Die wirtschaftliche Auswirkung dieser „RobinHood-Philosophie“ sei, dass es sich immer weniger rentiere, in Mietwohnungen zu investieren. Hierdurch wachse der Trend zum Eigenheim, insbesondere zur Eigentumswohnung. Zudem wären im gleichen Zug Mietwohnungen immer einfacher und damit kostengünstiger ausgestattet und für diejenigen übrig bleiben, die sich – auch unter günstigen Zinsbedingungen – kein Wohnungseigentum leisten können, so die weitere Schlussfolgerung von Roellecke, JZ 1995, S. 76/77. 542 Vgl. Roellecke, JZ 1995, S. 75. 543 So Gärtner, JZ 1994, S. 440 ff.; zur Rechtsprechung des BVerfG (Mieter als Eigentümer i. S. v. Art. 14 GG) siehe auch Sosnitza, S. 128 ff. m. w. N. 540

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V. Equitable estates Auch im deutschen Recht ist es durchaus möglich, bewegliche Sachen unter einer Bedingung zu übereignen, wie dies insbesondere beim Eigentumsvorbehalt der Fall ist (hier unter einer aufschiebenden Bedingung, vgl. § 449 Abs. 1 BGB). So ist im Rahmen des § 929 S. 1 BGB sowohl eine Einigung unter einer aufschiebenden oder unter einer auflösenden Bedingung als auch eine befristete Einigung möglich.544 Hierdurch besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Anwartschaftsrecht und dem contingent ownership als interest in Equity. Beide stellen im Gegensatz zu bloßen Exspektanzen aktuelle Rechtspositionen im Sinne eines future interest dar und bieten bereits einen gewissen Schutz, auch wenn sie noch nicht als Eigentum eingeordnet werden können. Schließlich ist – wie bereits oben erörtert wurde – das Anwartschaftsrecht im deutschen Recht gerade kein feststehendes Institut des Sachenrechts, sondern beschreibt nur ein bestimmtes Phänomen, das teilweise mit dem contingent ownership übereinstimmt. Da die Auflassung nach § 925 Abs. 2 BGB sowohl bedingungs- als auch befristungsfeindlich ist, bestehen die genannten Parallelen nur für den Bereich des Rechts der beweglichen Sachen, nicht aber für den Bereich des Grundstücksrechts. Bei einem Vergleich des relativen Eigentums mit dem trust ownership stellt sich heraus, dass das fiduziarische Eigentum in der Form der Sicherungs- und der Verwaltungstreuhand weitgehend dem security trust sowie dem managerial trust entspricht: In diesen Fällen wird nämlich das rechtliche Eigentum auf einen Treuhänder übertragen, im ersten Fall als Sicherheit, im zweiten zu Zwecken der Verwaltung. Aus dem Treuhandverhältnis ergeben sich dabei zahlreiche Beschränkungen des rechtlichen Eigentümers. Unterschiede bestehen jedoch insofern, als nach deutschem Recht der Treugeber lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegenüber dem Treunehmer hat, nämlich die Ansprüche, die sich aus dem Treuhandverhältnis ergeben. Auch wird bei der Sicherungsübereignung im Insolvenzfall der Sicherungsnehmer gerade nicht wie ein Eigentümer behandelt, obwohl er dies – formal betrachtet – ist: Nach § 51 Nr. 1 InsO kommt es aufgrund des Sicherungseigentums nur zu einem Absonderungsrecht, d.h. das Eigentum verbleibt in der Insolvenzmasse und der Sicherungsnehmer erhält bloß ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung. Dagegen können sonstige Eigentümer im Insolvenzfall ihr Eigentum nach § 47 InsO von der Insolvenzmasse aussondern. Im englischen Recht erhält der beneficiary mit der equitable property eine dingliche Rechtsposition, die allerdings schwächer geschützt ist als die des legal owner. Zum einen kann sich der beneficiary nämlich nur auf sein 544 Palandt/Bassenge, § 929 BGB, Rn. 4/5; MüKomm/Oechsler, § 929 BGB, Rn. 37/38 m. w. N.

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equitable property berufen, wenn er sich selbst rechtstreu verhalten hat, zum anderen ist der Schutz aufgrund der weiteren Möglichkeiten des redlichen Erwerbs von equitable interests schwächer.545 Die anderen Formen des relativen Eigentums (das durch eine Vormerkung gesicherte Eigentum sowie die Rechtsposition eines durch ein dingliches Vorkaufsrecht gesicherten Grundstückskäufers) sind dagegen spezifisch deutsche Konstruktionen ohne eine Entsprechung im englischen Recht. VI. Mehrere Personen als Eigentümer 1. Joint ownership als Gesamthandseigentum?

Teilweise wird die Ansicht vertreten, es bestünde eine gewisse Ähnlichkeit von joint owner-ship mit Gesamthandseigentum sowie von ownership in common mit Miteigentum.546 Für eine Ähnlichkeit von joint ownership mit Gesamthandseigentum spricht vornehmlich, dass bei beiden Instituten die Berechtigten Eigentümer zur gesamten Hand sind und die ideellen Anteile gesamthänderisch gebunden sind. Das bedeutet, dass eine Veräußerung des Miteigentumsanteils an einzelnen Gegenständen im Gesamthandsvermögen nicht möglich ist, es sei denn, das Gesamthandsvermögen besteht lediglich aus diesem einzelnen Gegenstand. Zudem werden die four unities des joint ownership automatisch auch beim Vorliegen einer Gesamthand immer gegeben sein: Da die Gesamthand durch den Erbfall bzw. mit der Eheschließung entsteht und durch Auflösung der Gesamthandsgemeinschaft endet, sind die Gesamthänder jeweils gleichzeitig berechtigt und es liegt eine unity of time vor. Weiterhin haben die Berechtigungen der Beteiligten auch denselben Ursprung, nämlich die Eheschließung bzw. den Erbfall, folglich ist auch unity of title gegeben. Zwischen den Gesamthändern bestehen auch einheitliche Berechtigungen sowohl im Hinblick auf das Eigentum als auch auf das Recht zum Besitz. Demnach liegen bei den Gesamthandsgemeinschaften stets auch die für das joint ownership notwendige unity of interest und unity of possession vor. Zum anderen besteht zwischen joint ownership und den Gesamthandsgemeinschaften die Gemeinsamkeit, dass Verfügungen über die Sache als Ganzes nur unter Mitwirkung aller Eigentümer möglich sind. Allerdings trifft dies auch auf das deutsche Miteigentum sowie auf das englische ownership in common zu, so dass hierin keine besondere Gemeinsamkeit zwischen joint ownership und Gesamthandseigentum liegt. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass nach deutschem Recht eine Gesamthand nur in gesetzlich angeordneten Fällen existiert, also ge545 546

Siehe oben (§ 4 D. I. 2. d), insbesondere Fn. 342). So Henrich, FS Riesenfeld, S. 103.

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rade nicht wie das joint ownership durch eine Vereinbarung der Parteien erwirkt werden kann.547 Auch können die Gesamthänder durchaus Eigentümer mehrerer Gegenstände sein (was in der Praxis häufig der Fall sein dürfte), weshalb bei der Gesamthand auch ein ideeller Anteil am Gesamthandsvermögen (neben dem Miteigentumsanteil an den einzelnen Gegenständen) besteht. Ein joint ownership besteht dagegen jeweils an einem einzelnen Gegenstand. Ein zentraler Unterschied zwischen beiden Eigentumsformen ist das right of survivorship. Nach diesem ist der Anteil eines joint tenant nicht vererbbar, sondern fällt den diesen überlebenden joint tenants zu. Nach deutschem Recht ist hingegen der einzelne Gesamthandsanteil bei der Erbengemeinschaft vererbbar, vgl. § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB. Bei der Gütergemeinschaft wird im Fall des Todes eines Ehegatten dessen Anteil am Gesamtgut (sowie dessen Vorbehaltsgut) nach den allgemeinen Vorschriften des Erbrechts vererbt (§ 1482 BGB), es sei denn, es wurde durch Ehevertrag eine fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart (§§ 1483 ff. BGB). In diesem Fall besteht die Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinsamen Abkömmlingen fort, vgl. § 1483 Abs. 1 S. 2 BGB. Schließlich kann beim joint ownership jeder einzelne Eigentümer die Auflösung und dadurch die automatische Umwandlung in ein ownership in common erwirken. Nach deutschem Recht ist es aber nicht vorgesehen, dass sich eine Gesamthand durch Erklärung eines einzelnen Gesamthänders automatisch in Miteigentum oder eine ähnliche Rechtsform umwandelt. Hier ist nur die vollständige Auflösung im Rahmen jeweils besonders geregelter Verfahren möglich. 2. Ownership in common als Miteigentum?

Das ownership in common ist insofern mit dem Miteigentum vergleichbar, als beide Institute das Eigentum mehrerer Personen in Form von ungeteilten ideellen Anteilen regeln. Zudem geht der Miteigentumsteil beim Tode eines Miteigentümers auf dessen Erben über. In Deutschland ist der Anteil nämlich vererb- und veräußerbar, und wie auch in England gibt es 547 Henrich, FS Riesenfeld, S. 108; im Fall einer Erbschaft einer in Deutschland belegenen Sache mit einer Erbfolge des joint ownership kann man mithin nur auf Umgehungskonstruktionen ausweichen: Gesellschaftsrechtliche Konstruktionen oder Vor- und Nacherbschaft (bzw. Vor- und Nachvermächtnis). Man kann natürlich Parteien in keinem Fall zur Gründung einer Gesellschaft und Vereinbarung eines right of survivorship im Gesellschaftsvertrag zwingen. Allerdings ist zu beachten, dass auch in England eine severance möglich ist, so dass auch hier letztlich die Rechtsfolge des right of survivorship auch nicht vom Erblasser erzwingbar ist, so Henrich, FS Riesenfeld, S. 113 ff.

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kein right of survivorship der übrigen owner. Beiden Formen ist weiterhin gemein, dass keine four unities nötig sind, abgesehen von der unity of possession, also der Einheit der Berechtigung zum Besitz. Schließlich können in beiden Fällen Verfügungen über die Sache als Ganzes nur gemeinsam getroffen werden. Ein wesentlicher Unterschied liegt freilich darin, dass das ownership in common nur noch im System der Equity bestehen kann, oftmals mit der Konsequenz, dass dieselben Personen, denen das ownership in common zusteht, zugleich auch joint tenants sind. 3. Wohnungseigentum und commonhold

Noch im Jahre 2000 schrieb Kessel, das englische Recht kenne kein Wohnungseigentum im deutschen Sinne. Eine gewisse Vergleichbarkeit bestehe allenfalls zu den residential leases, die allerdings gegenüber dem Wohnungseigentum den Unterschied aufweisen, dass bei diesen keine gemeinschaftliche Berechtigung der einzelnen lessees an gemeinsamen Anlagen (wie z. Bsp. Treppenhaus, Lift oder Dach u. Ä.) besteht.548 Seit der Einführung des commonhold im Jahre 2002 hat sich diese Lage nun grundlegend geändert. Das commonhold entspricht funktionell dem Wohnungseigentum und befasst sich mit demselben Lebenssachverhalt. So regeln beide das Eigentum an Wohnungen, die in gemeinschaftliche Anlagen eingebunden sind. Die Gründe, weshalb beide Institute eigenständige gesetzliche Regelungen erfahren haben, sind jedoch verschieden. So stand in Deutschland die Ermöglichung des Sondereigentums an einer Wohnungseinheit im Vordergrund, wohingegen in England bereits vor der Reform eine Teilung von freehold ownership in horizontaler wie in vertikaler Hinsicht ohne Weiteres möglich war, auch in Kombination mit separatem ownership in common an den gemeinsamen Anlagen. Hier konnte man jedoch die dingliche Verbindung von freehold ownership an der Einheit und ownership in common an den gemeinsamen Anlagen nicht herstellen, sondern es war diesbezüglich nur eine schuldrechtliche Verknüpfung möglich. Folglich blieben auch Absprachen über Nutzung, Lastenverteilung und Verwaltung u.s.w. ohne dingliche Wirkung. Dies erklärt, weshalb nach englischem Rechtsverständnis das commonhold eine besondere (Unter-)Form des freehold-Eigentums darstellt549, wohingegen das deutsche Wohnungseigentum von der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung im Schrifttum als eigene Eigentumsform angesehen wird.550 Die Diskussion über die dogmatische Einordnung des Wohnungseigentums hat dagegen kei548 549 550

Kessel, in: Schönhofer/Böhner, Gruppe 4/L, S. 108. Vgl. oben (§ 4 D. III. 2.). Siehe hierzu oben (unter § 3 C. VII. 2.).

§ 5 Zusammenfassung und Vergleich

125

nerlei praktische und aufgrund der umfassenden gesetzlichen Regelung des Wohnungseigentums auch keinerlei rechtliche Konsequenzen. Es handelt sich lediglich um einen Streit um Worte.551 Das deutsche Wohnungseigentum umfasst zwar nur Wohnungen, die auch zu Wohnzwecken genutzt werden, allerdings kann für gewerblich genutzte Räumlichkeiten Teileigentum begründet werden, welches auch im WEG analog zum Wohnungseigentum geregelt ist (§ 1 Abs. 1 WEG, siehe auch oben, § 2 C. VII. 2.). Das englische commonhold kann gleichermaßen zu Wohnzwecken wie zu gewerblichen Zwecken begründet werden. Nach englischem Recht ist die commonhold association von Gesetzes wegen (s. 34 (1) Commonhold and Leasehold Reform Act 2002) eine private company limited by guarantee. In Deutschland hingegen ist die WEG eine Rechtsform eigener Art und nach neuester Rechtsprechung ebenfalls zumindest im Hinblick auf ihre Außenbeziehungen rechtsfähig. Auch die Organisation von Wohnungs- bzw. Teileigentum und commonhold ist recht ähnlich aufgebaut. Beiden liegt zwingend eine Art Satzung zugrunde, die als gemeinsames Statut die Gemeinschaft gründet sowie die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder festlegt. In Deutschland ist dies die Satzung der WEG, in England das memorandum of association zusammen mit dem commonhold community statement. Weiterhin gibt es in Deutschland die Eigentümerversammlung als Organ, welche funktionell der englischen commonhold association entspricht. Auch haben beide Eigentumsformen gemein, dass ein Verwalter (in England director of commonhold association) von den Mitgliedern bestellt wird, der in erster Linie für die Durchführung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer sowie für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WEG) bzw. für das Management der commonhold association (vgl. s. 35 Commonhold and Leasehold Reform Act 2002) zuständig ist. In Deutschland kann neben dem Verwalter auch noch fakultativ von den Wohnungseigentümern ein Verwaltungsbeirat bestellt werden, der den Verwalter bei seiner Tätigkeit unterstützt (§ 20 WEG). 4. Timesharing-Eigentum

Im Hinblick auf das Timesharing-Eigentum sind in beiden Rechtssystemen, veranlasst durch die EG-Richtlinie 94/47/EG aus dem Jahre 1994, Regelungen getroffen worden, die jedoch allesamt nicht die dingliche Rechtslage, sondern nur den Verbraucherschutz im Blick haben. Die dogmatische Einordnung des Ferieneigentums ist in beiden Ländern umstritten, da das 551

§ 3 C. VII. 2.

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1. Teil: Eigentum u. verwandte Rechte im Spannungsverhältnis zum Besitz

Timesharing-Eigentum sich in beiden Rechtssystemen nicht so recht in die vorhandenen dinglichen Kategorien einfügt und sich der Rückgriff auf vorhandene rechtliche Institute als schwierig erweist. In der Praxis steht die Vertragsgestaltung sowohl in Deutschland als auch in England im Vordergrund. Ein Tätigwerden des Gesetzgebers ist deshalb in beiden Ländern durchaus wünschenswert.

E. Fazit Die Strukturen des englischen Property Law und des deutschen Sachenrechts sind grundlegend verschieden. Der Grund hierfür liegt vor allem in der historisch gewachsenen Zweiteilung von Law und Equity bzw. von Real und Personal Property Law in England. Allerdings kann man auch gewisse Annäherungen des englischen Real Property Law an das Personal Property Law sowie an das deutsche Sachenrecht feststellen, einerseits durch die Reduzierung der legal estates durch s. 1 (1) LPA 1925, andererseits durch jüngere Reformen, wie insbesondere die obligatorische land registration sowie die Einführung des commonhold.

Zweiter Teil

Besitz § 6 Besitz im deutschen Recht A. Definition Im Gegensatz zu einigen seiner Vorgängerkodifikationen (§ 309 ABGB und PrALR I 1 §§ 1 ff.) kennt das BGB keine Definition des Besitzes.1 Die Aufnahme einer solchen Definition unterblieb bewusst, da man davon ausging, dass es eine allgemeingültige Definition aufgrund der verschiedenen Anforderungen für Erwerb und Verlust des Besitzes ohnehin nicht geben könne. Aus diesem Grund ist insbesondere § 854 Abs. 1 BGB nicht als derartige Definition zu verstehen, sondern regelt lediglich den Erwerb des Besitzes.2 Gemeinhin definiert man den Besitz in Anlehnung an § 854 Abs. 1 BGB als tatsächliche Herrschaft über eine Sache.3 Allerdings lässt der Wortlaut der Vorschrift offen, ob dies die alleinige Anforderung an den Besitz darstellt4, so dass auch diese Formel nicht zwangsläufig eine Definition im engeren Sinne ist. Im BGB ist der Besitz am Anfang des Sachenrechts (§§ 854 ff. BGB) geregelt.5 Wie der historische Gesetzgeber gehen auch einige Stimmen im Schrifttum nicht von einer einheitlichen Regelung des Besitzes im BGB, sondern von einer Aufgliederung in verschiedene Besitztatbestände aus. So regelten die §§ 854 ff. BGB nur den Besitz im Rahmen der §§ 859 ff. BGB (Besitzschutz), dieser Besitzbegriff sei jedoch vom (tendenziell weiter 1 Vgl. Staudinger/Herrmann, Eckpfeiler 2008, S. 1011; vgl. auch Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 1 a (Fn. 1). 2 Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 1 a. 3 Allgemeine Meinung, siehe nur Brehm/Berger, Rn. 2.1; Eckert, Rn. 49; Müller, Rn. 74; Prütting, Rn. 43; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 1; Wieling, Sachenrecht, S. 43; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 1 a; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 1. 4 Darmstaedter, AcP 151 (1950/1951), S. 312. 5 Der Mehrheitsbesitz i. S. v. § 16 Abs. 1 AktG sowie der Erbschaftsbesitz (§ 2018 Abs. 1 BGB) sind eigenständig gebrauchte Begriffe und werden jeweils anhand ihres Zusammenhangs definiert (Vieweg/Werner, § 2, Rn. 1). Sie finden im Rahmen dieser Arbeit keine Berücksichtigung.

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2. Teil: Besitz

gefassten) Besitzbegriff als Element der Erwerbstatbestände (§§ 929 ff., 1032 ff. und 1205 ff. BGB) zu trennen.6 Allerdings unterliegt diese Betrachtungsweise einem gewissen Zirkelschluss: Sie läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass als Besitzer i. S.d §§ 854 ff. BGB nur derjenige qualifiziert wird, dem der Schutz der Besitzschutzansprüche zukommt. In Wirklichkeit ist jedoch das genaue Gegenteil der Fall, nämlich dass die §§ 854 ff. BGB bestimmte Tatbestände des Besitzes darstellen, an die das Gesetz später anknüpft.7 Diese Betrachtungsweise entspricht schließlich auch der grundlegenden Systematik des BGB vom Allgemeinen zum Besonderen.8 Ebenso wird gegen die Existenz eines einheitlichen Besitzbegriffs im Sinne einer tatsächlichen Sachherrschaft vorgebracht, diese sei als Definition ungeeignet, da das Gesetz auch Besitzformen unabhängig von einer solchen tatsächlichen Sachherrschaft kenne, wie zum Beispiel den Erbenbesitz (§ 857 BGB) und den mittelbaren Besitz (§ 868 BGB).9 Zunächst ist festzuhalten, dass sich die verschiedenen Formen des Besitzes nicht aus einem einheitlichen Besitztatbestand herleiten. Jedoch teilen die Besitzformen die Gemeinsamkeit, dass sie in irgendeiner Form die „rechtliche Anerkennung der tatsächlichen Beziehung“ zu einer Sache zum Ausdruck bringen.10 Dabei werden bei sämtlichen Besitzformen außer dem mittelbaren Besitz und dem Erbenbesitz obligatorische Berechtigungen bei der Betrachtung gerade ausgeklammert.11 So weisen diese genannten Besitzformen die Gemeinsamkeit auf, dass sie auf die faktische (im Gegensatz zur rechtlichen) Zugehörigkeit einer Sache zum Vermögen einer Person abstellen.12 Der mittelbare Besitz (§ 868 BGB) und der Erbenbesitz (§ 857 BGB) hingegen sind vergeistigte Formen des Besitzes, die diesen gemeinsamen Nenner nicht teilen. Beide zeichnen sich gerade nicht durch die tatsächliche Sachherrschaft des Besitzers aus, sondern dadurch, dass sowohl dem mittelbaren 6 Ernst, Eigenbesitz, S. 25 ff. Zudem vertritt der Autor in diesem Rahmen die These, der Eigenbesitz sei ein vom Besitz i. S. v. § 854 BGB unabhängiger und selbständiger Tatbestand. Dem ist insofern zuzustimmen, als der Eigenbesitz in § 872 BGB eine eigenständige Regelung erfahren hat. Allerdings normiert diese Vorschrift lediglich Anforderungen über die Richtung des Besitzwillens, also in subjektiver Hinsicht. § 854 BGB hingegen stellt als Grundnorm des Besitzes nur auf objektive Gegebenheiten ab. Dementsprechend ist § 872 BGB als Ergänzung gegenüber § 854 BGB aufzufassen, vgl. Wieling, Sachenrecht, S. 45. Zu den Funktionen des Besitzes siehe sogleich unter C. 7 Wilhelm, Rn. 435. 8 Brehm/Berger, Rn. 2.4. 9 Vgl. Habersack, Sachenrecht, Rn. 39; Wieling, Sachenrecht, S. 43. 10 Westermann/Gursky, § 8 1. 11 Westermann/Gursky, § 8 1. 12 Westermann/Gursky, § 8 1.

§ 6 Besitz im deutschen Recht

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Besitzer als auch dem Erbenbesitzer eine fremde Sachherrschaft zugerechnet wird.13 Nach Auffassung von Röthel/Sparmann teilen die Besitztatbestände die Gemeinsamkeit, dass sie die „Möglichkeit der Gewaltausübung über eine Sache ohne Bruch fremder Besitzsphäre“ zum Gegenstand haben, was insbesondere auch auf den mittelbaren Besitz zutreffe.14 Auch wenn diese Wendung treffend den Grundtatbestand des Besitzes umschreibt, bereitet sie doch Schwierigkeiten im Hinblick auf den Erbenbesitz nach § 857 BGB. Dieser ordnet zwar auch einem Besitzer die Besitzsphäre an einer Sache rechtlich zu, setzt diese aber gerade nicht voraus. Vor allem hat der Erbschaftsbesitzer klassischerweise nicht die Möglichkeit der Gewaltausübung, ansonsten wäre er bereits tatsächlicher Besitzer i. S. d. §§ 854 ff. BGB, und es bedürfte nicht des Erbenbesitzes als eigenständigen Besitztatbestand. Der Erbenbesitz erfüllt nämlich gerade die Funktion, einem Nicht-Besitzer denselben Schutz zu gewähren, wie wenn er Besitzer wäre. Demzufolge stellt § 857 BGB im Hinblick auf diese Umschreibung einen Ausnahmetatbestand dar.

B. Rechtsnatur: Recht oder Faktum? Die tatsächliche Natur des Besitzes ist umstritten, da teilweise davon ausgegangen wird, dass der Besitz ein subjektives Recht darstellt. Dabei ist die Diskussion um die Rechtsnatur des Besitzes keineswegs neu, sondern wurde bereits im römischen Recht wie auch im Mittelalter geführt.15 Nach den berühmt gewordenen Worten Savignys, die sich freilich auf den römisch-rechtlichen Besitzbegriff beziehen, ist der Besitz „Factum und Recht zugleich“, d.h. er ist zunächst einmal ein Faktum, da er von der tatsächlichen Lage abhängig ist. Sofern mit dem faktischen Verhältnis des Besitzes aber Rechte verbunden sind, ist der Besitz nach Savigny auch ein Recht.16 Die Betonung des „eigenartigen Sprachgebrauchs“ Savignys liegt dabei auf dem „Factum“, welches lediglich rechtliche Folgen mit sich zieht.17 Anderer Auffassung hinsichtlich der alten Streitfrage war hingegen Gans, der den Besitz als Recht qualifizierte und damit in den berühmt gewordenen Besitzrechtsstreit mit Savigny eintrat.18 13

Einzelheiten zum mittelbaren Besitz unter D. III., zum Erbenbesitz unter D. V. So Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 456. 15 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 3 III a m. w. N. in Fn. 1 und 2. 16 So von Savigny, S. 43 ff. 17 Wieling, FG Lübtow, S. 569. 18 Zum Besitzrechtsstreit und der Ansicht von Gans siehe Braun, S. 91 ff.; hierzu und zu der sich hieran anschließenden wissenschaftlichen Diskussion auch Hattenhauer, S. 50 ff. und ausführlich Link, S. 8 ff. 14

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2. Teil: Besitz

Auch heute wird teilweise die Meinung vertreten, dass der Besitz ein subjektives Recht ist, da er ein Rechtsverhältnis zwischen einer Person und einer Sache begründe, aus welchem sowohl Rechte als auch Pflichten entspringen.19 Zum einen ist der Besitz jedoch schon von seinem Grundtatbestand her ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und stellt somit gerade kein subjektives Recht oder Rechtsverhältnis dar, sondern nur eine tatsächliche Erscheinung, an die das Gesetz Rechtsfolgen anknüpft.20 Zum anderen geht der Besitz in gewisser Hinsicht sogar über ein Rechtsverhältnis hinaus, da dieses im Gegensatz zum Besitz immer nur zu einzelnen bestimmten Personen bestehen kann.21 Nach Auffassung von Wolff/Raiser stellt der Besitz ebenfalls ähnlich wie das Eigentum ein subjektives Recht dar, das jedoch nur vorläufig und schwächer als das Eigentum und deshalb auch kein Sachenrecht im technischen Sinne ist. Der Besitz sei damit nicht nur die „Summe der rechtlichen Wirkungen des Besitztatbestandes, sondern . . . deren Quelle“. Die Autoren begründen ihre Auffassung damit, dass nur hierdurch die Übertragbarkeit und Vererblichkeit des Besitzes sowie die Tatsache erklärbar seien, dass auch aus dem früheren Besitz Ansprüche erwachsen könnten.22 Gleichermaßen argumentiert Nipperdey: Der von einem Besitzwillen begleitete Besitz sei mehr als nur eine reine Tatsache, da er als solcher rechtlich geschützt werde. Daraus folge, dass mit dem Besitz das Recht verbunden ist, „die Gewalt über die Sache gegen Störung und Entziehung zu behaupten.“ Da dieses Recht unter Umständen auch nach Beendigung der tatsächlichen Gewalt fortbestehen kann, spreche dies dafür, dass der rechtlich geschützte Besitz ein Recht darstellt. So sei der Besitz ein von der inhaltlichen Ausgestaltung her eigentumsähnliches Recht, allerdings sei es nur relativ und „im Enderfolg schwächer“, da es im Konfliktfall letztlich hinter dem Eigentum zurücktrete (wie zum Beispiel im Rahmen der Vindikation oder der Insolvenz).23 Die Schwäche und Relativität des Besitzes gegenüber dem Eigentum ist zwar zutreffend, legt aber die Frage nahe, weshalb der Besitz unter dieser Prämisse überhaupt als Recht qualifiziert werden soll. Diese Frage wird von Nipperdey gerade nicht beantwortet. Zudem ist es letztlich eine terminologische Geschmacksfrage, ob man den Besitz als Rechtsposition oder wie Nippderdey als schwächeres Recht versteht. 19

Sandtner, S. 20 ff. m. w. N. Siehe nur Eckert, Rn. 50/51. 21 Planck/Brodmann, Vorbem. zu § 854, Rn. 5. 22 Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 19; auch Ballerstedt, JuS 1965, S. 277 scheint zumindest den Besitz im Rahmen der §§ 854, 856 und 857 BGB als subjektives Recht anzusehen. 23 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil, § 80 I 1. 20

§ 6 Besitz im deutschen Recht

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Auch die Aussage, der Besitz sei zwar ein tatsächliches Verhältnis, habe aber die „Bedeutung eines (wenn auch nur vorläufigen) Rechts“24, ist in diesem Zusammenhang zwar inhaltlich korrekt, bringt aber in der Streitfrage nach der Rechtsnatur des Besitzes keinerlei Erkenntnisfortschritt. Demzufolge sind gewisse Parallelen zwischen Besitz und Eigentum zwar gegeben, es darf jedoch nicht verkannt werden, dass beide rechtlichen Institute in einem gewissen Gegensatz zueinander stehen. Für subjektive Rechte ist nämlich charakteristisch, dass ihnen durch das objektive Recht bestimmte Befugnisse verliehen werden. Dies trifft auf den Besitz jedoch gerade nicht zu. Insbesondere richtet sich der Besitzschutz nur gegen willkürliche Störungen und verleiht gerade keine rechtlichen Befugnisse.25 Nach Auffassung des BGH26 sowie der herrschenden Meinung im Schrifttum27 stellt der Besitz kein dingliches Recht dar. Obwohl der Gesetzestext des BGB insofern offen formuliert ist, ist das Bestehen eines subjektiven Rechts abzulehnen, denn der Besitzschutz besteht gerade unabhängig von der Berechtigung des Besitzers. Zudem erscheint es nicht sinnvoll, jedem (also auch dem unberechtigten) Besitzer ein subjektives Recht an der Sache zuzusprechen.28 Der Besitz ist folglich eine Rechtsposition, die aufgrund der §§ 858 ff. BGB Dritten gegenüber absolute Wirkung entfaltet, die auch ohne Sachherrschaft in vergeistigter Form bestehen kann und einen Übergang durch Vererbung kennt, aber gerade kein dingliches Herrschaftsrecht.29 So kommt dem Besitz zwar eine Abwehrfunktion, aber kein eigener Zuweisungsgehalt zu, welcher für dingliche Rechte kennzeichnend ist.30 Daneben hat der (bloße) Besitzer nicht zwangsläufig das Recht, die Sache zu besitzen, diese zu nutzen oder gar die Sachsubstanz zu verwerten, denn das Recht zum Besitz ist streng zu trennen vom Besitz.31 Weiterhin hängt der tatsächliche Wert des Besitzes im hohen Maße von einem begleitenden Recht zum Besitz ab.32 Zudem wäre auch § 857 BGB überflüssig, wenn man den Besitz als Recht einordnen würde, da dieser dann bereits 24

Vgl. Palandt/Bassenge, Überblick vor § 854, Rn. 1. Westermann/Gursky, § 8 4. 26 BGHZ 32, 194 (204). 27 Medicus, BGB, Rn. 607; Medicus, AcP 165 (1965), S. 135 ff.; MüKomm/ Joost, Vor § 854, Rn. 9/10; Müller, Rn. 180; Prütting, Rn. 49; Westermann/Gursky, § 8 4; Wieling, Sachenrecht I, § 3 III a; Wieling, Sachenrecht, S. 45. 28 MüKomm/Joost, Vor § 854, Rn. 9/10. 29 Müller, Rn. 180; Prütting, Rn. 49. 30 Medicus, BGB, Rn. 607; Medicus, AcP 165 (1965), S. 135 ff.; Prütting, Rn. 49; Westermann/Gursky, § 8 4; Wieling, Sachenrecht I, § 3 III a. 31 Vgl. Wieling, Sachenrecht, S. 45. 32 Erman/Lorenz, Vor § 854, Rn. 3. 25

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2. Teil: Besitz

nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben überginge.33 Schließlich spricht gegen die Qualifikation des Besitzes als Recht, dass der Immobiliarbesitz nach allgemeiner Meinung nicht gemäß §§ 873 Abs. 1 BGB, 9 GBO als Recht im Grundbuch eingetragen werden kann.34 Demnach stellt der Besitz das tatsächliche Gegenstück zum Eigentum dar. Denn „so wie der Eigentümer das Recht hat, mit der ihm gehörigen Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen (§ 903 BGB), so ist der Besitzer dazu tatsächlich in der Lage“35. Deshalb könnte man § 903 BGB auch als Definition des Besitzes ansehen, wenn man das Wort „kann“ im Sinne von „ist in der Lage“ versteht.36

C. Funktionen Versteht man mit der herrschenden Meinung den Besitz als tatsächliche Erscheinung, so muss man sich zwangsläufig die Frage stellen, weshalb dieser eine Ausgestaltung zu einer Rechtsposition erfahren hat und welche Funktion ihm innerhalb der Rechtsordnung zukommt. Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden. I. Schutzfunktion Es wurde oben bereits erwähnt, dass an den Besitz bestimmte Schutzansprüche anknüpfen, welche im Dritten Teil im Einzelnen dargestellt werden.37 Diese vermitteln dem Besitzer einer Sache einen gegenüber jedermann wirkenden Schutz unabhängig von einer schuldrechtlichen oder dinglichen Berechtigung. Ordnet man mit der herrschenden Meinung den Besitz nicht als Recht, sondern als Faktum ein, stellt sich insbesondere die Frage, warum dieser überhaupt von der Rechtsordnung geschützt wird.38 Die Frage nach dem Sinn und Zweck des Besitzschutzes wurde stets kontrovers diskutiert. In Anlehnung an die Strafzwecktheorien unterteilte zunächst von Jhering die im Rahmen der Kontroverse vertretenen Besitzschutztheorien in absolute 33

Sosnitza, S. 56/57. Sosnitza, S. 57/58 m. w. N.; umfassend zur Rechtsnatur des Besitzes als Faktum sowie zu den verschiedenen Auffassungen über die Rechtsnatur des Besitzes Sosnitza, S. 50 ff. m. w. N. 35 Wieling, Sachenrecht I, § 3 I. 36 Wieling, Sachenrecht I, § 3 I. 37 Dritter Teil, § 10 A., B. und C. 38 Vgl. Prütting, Rn. 43; Wieling, Sachenrecht, S. 46. 34

§ 6 Besitz im deutschen Recht

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und relative Ansätze. Die absoluten Theorien weisen die Gemeinsamkeit auf, dass der Besitz um seiner selbst willen geschützt sein soll. Zu ihnen zählen die Friedenstheorie, die Kontinuitätstheorie sowie die Theorie des Besitzschutzes als Ausprägung des Persönlichkeitsschutzes. Die relativen Besitzschutztheorien gehen hingegen von der Prämisse aus, dass der Besitzschutz aus Gründen erfolgt, die außerhalb des Besitzes selbst liegen. So diene der Besitzschutz als Unterstreichung des Gewaltverbots oder als Ergänzung des Eigentumsschutzes.39 Ähnlich nennt Brodmann als absolute Theorien den Schutz des Willens und der Persönlichkeit des Besitzers sowie den Schutz des im Besitz verkörperten rechtlichen und ökonomischen Interesses (d.h. die rechtlichen Möglichkeiten bzw. das Vermögen, welche sich im Besitz ausdrücken). Als relative Theorien werden, abgesehen vom Gewaltverbot und dem Besitzschutz als Eigentumsschutz, der Schutz des Besitzes zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe bzw. aus Zweckmäßigkeitserwägungen und der Schutz des Besitzes als „anfangendes Eigentum“ genannt.40 Nach der Ansicht von Jherings wird der Besitz deshalb geschützt, weil er in gewisser Weise das Eigentum repräsentiert und als dessen tatsächliches Element insoweit an seine Stelle tritt. Damit dient der Schutz des Besitzes nicht dem Besitzer, sondern dem Eigentümer. Die Tatsache, dass der Besitzschutz bei Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum gerade nicht dem Eigentümer, sondern dem Besitzer zugute kommt, erklärt von Jhering als bloßen Rechtsreflex in einer Ausnahmesituation. Dieser sei letztlich um der Optimierung des Eigentumsschutzes willen hinzunehmen.41 Aus der Sicht des gemeinen Rechts, nach dem Fremdbesitzer grundsätzlich keine possessio (Besitz im Rechtssinn), sondern bloße detentio (rein tatsächliche Innehabung) hatten, trifft die Betrachtungsweise von Jherings zu. Da heute aber jeder Fremdbesitzer auch Besitzer im Rechtssinne ist und sich der Besitzschutz sogar gegen den Eigentümer richten kann, kann die Sicht von Jherings nicht mehr aufrecht erhalten werden. Nach Auffassung von Wieling42 dagegen erfolgt, zurückgehend auf die Philosophie Kants, der Besitzschutz zum Schutz der Persönlichkeit des Besitzers, welche durch dessen Willen zum Ausdruck kommt. Hiernach stellt eine Besitzverletzung zugleich auch eine Verletzung des Willens des Besit39

Zum Ganzen von Jhering, S. 4 ff. Planck/Brodmann, Vorbem. § 854, Rn. 6 m. w. N. 41 Siehe von Jhering, S. 52 ff. von Jhering ging hierbei allerdings nicht vom Besitzbegriff des BGB aus, sondern vom Eigenbesitz, welcher durch einen animus domini getragen wird, vgl. MüKomm/Joost, Vor § 854, Rn. 15. 42 Wieling, FG Lübtow, S. 568 ff.; Wieling, Sachenrecht I, § 3 III b ff. m. w. N.; Wieling, Sachenrecht, S. 47; ähnlich auch Wilhelm, Rn. 446 (Besitzschutz zum Schutz der Autonomie der Person, zurückgehend auf von Savigny, S. 429) und Planck/Brodmann, Vorbem. § 854, Rn. 6 m. w. N. (Persönlichkeitsschutz). 40

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2. Teil: Besitz

zers dar, die betreffende Sache zu haben. Diese Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Besitzers wiege sogar noch mehr als eine diesem gegenüber begangene sonstige Rechtsverletzung. Gegen diese Auffassung wurde vor allem von von Jhering vorgebracht, dass der bloße Wille auch sonst von der Rechtsordnung nicht geschützt werde, so zum Beispiel, wenn jemand sich über seine Rechtsstellung irrt.43 Nach wohl herrschender Auffassung44 erfüllt der Besitz durch die Verhinderung und Sanktionierung von Selbstjustiz und Faustrecht sowie durch die vorläufige Herstellung des Rechtsfriedens eine Befriedungsfunktion. So soll sich auch ein materiell an der Sache Berechtigter nicht mittels Gewalt der Sache bemächtigen können (sog. Gewaltverbot), sondern muss durch die Besitzschutzvorschriften auf die rechtliche Geltendmachung seiner Ansprüche verwiesen werden. Neben der konkreten Möglichkeit des Besitzers, den Besitz zu behalten bzw. wiederzuerlangen, kommt dem Besitzschutz auch eine Abschreckungsfunktion zu, da selbst ein materiell Berechtigter im Fall der Selbstjustiz Gefahr läuft, verklagt zu werden und entsprechend auch die Kosten des Rechtsstreits tragen zu müssen.45 Folglich wohnt der Schutzfunktion auch ein präventives Moment inne, nämlich die Abschreckung von der Ausübung verbotener Eigenmacht.46 Damit richtet sich der Besitzschutz gegen eine eigenmächtige Rechtsverwirklichung, welche in einem geordneten Zusammenleben nicht geduldet werden kann.47 Jedoch erscheint auch die Friedenstheorie allein nicht geeignet, den Regelungszweck des Besitzschutzes zu erklären, da dieser kein absolutes Gewaltverbot normiert, sondern nur ein Gewaltverbot im Hinblick auf eine konkrete Situation: „Das Gesetz verbietet nicht schlechthin, dass man mit den Fäusten um eine Sache kämpft; es sagt nur, wessen Fausthieb der rechtmäßige ist: der des Besitzers.“48 Weiterhin beantwortet die Friedenstheorie nicht die Frage, weshalb zum Friedensschutz gerade ein zivilrechtlicher Anspruch bestehen muss und nicht ausschließlich strafrechtliche oder öffentlich-rechtliche (z. Bsp. polizeiliche) Maßnahmen hierzu vorgesehen sind.49 So wirken die Gewaltrechte aus § 859 BGB dem öffentlichen Frieden ge43

Vgl. von Jhering, 37/38. BGH NJW 1979, 1359 (1360); Erman/Lorenz, Vor § 854, Rn. 8; Müller, Rn. 88; MünchKomm/Joost, Vorbem. § 854, Rn. 15 ff.; Prütting, Rn. 48; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 4; Westermann/Gursky, § 8 3/3a; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 52/53. 45 Vgl. Westermann/Gursky, § 8 3a. 46 Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 456. 47 Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 52/53 („Zum Recht durch Unrecht gehn – das darf nicht sein!“). 48 Staudinger/Bund, Vorbem. §§ 854 ff., Rn. 17. 49 Soergel/Stadler, Vor § 854, Rn. 2; Wieling, Sachenrecht, S. 46; Wieling, Sachenrecht I, § 3 III b. 44

§ 6 Besitz im deutschen Recht

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rade dadurch entgegen, dass sie in den Grenzen ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere bei Erforderlichkeit der Gewaltanwendung50, Gewalt ausdrücklich gestatten, um bereits verübte Gewalt zu sanktionieren.51 Schließlich wird gegen die Friedenstheorie angeführt, dass der Besitzschutz unumstritten auch in Fällen greife, in denen die öffentliche Ordnung in keinerlei Weise gefährdet sei, so zum Beispiel, wenn zwei Gäste in einem Gasthaus versehentlich ihre Hüte vertauschen.52 Allerdings vermag es das genannte Hutbeispiel nicht, die Friedenstheorie zu widerlegen bzw. zu entkräften, denn auch hier liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vor, nämlich in der drohenden Ausübung der Gewaltrechte durch die Gäste.53 Zudem darf das genannte Beispiel nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Gewaltanwendung stets nur zulässig ist, sofern sie erforderlich ist, also mildere Mittel nicht gleichermaßen erfolgversprechend sind, wie etwa im Beispielsfall die Aufforderung, den Hut herauszugeben.54 Der von Heck entwickelten Kontinuitätstheorie zufolge wird der Besitz geschützt, um die „Kontinuität der Lebensverhältnisse nach Möglichkeit zu wahren“.55 In gewissem Umfang schütze nämlich das Recht das Interesse des Besitzers, seinen Besitz an der Sache zu erhalten, also den Organisationswert des Besitzes. Die Wahrung des Rechtsfriedens dagegen sei das Ergebnis jedes rechtlichen Schutzes und nicht nur des Besitzschutzes.56 Auch diese Theorie kann jedoch nicht erklären, weshalb zum Beispiel das Kontinuitätsinteresse des Diebes rechtlich schützenswert sein soll. Indes hat die Lehre Hecks ins Bewusstsein gerückt, dass Besitzschutz nicht nur zugunsten des öffentlichen Interesses erfolgt, sondern auch im Individualinteresse liegt. Allerdings ist der Grund hierfür nicht das Interesse an Kontinuität (bei allen unseren Werten haben wir nämlich ein Interesse an Kontinuität), sondern das „Interesse des Besitzers an ungestörter Herrschaftsausübung“57, wobei sich aber auch hier die Frage stellt, warum dieses Interesse, insbesondere auch im Hinblick auf den Dieb, schützenswert sein soll. 50 Zu den einzelnen Voraussetzungen der Gewaltrechte siehe unten (Dritter Teil, § 10 B.). 51 Vgl. Staudinger/Bund, Vorbem. §§ 854 ff., Rn. 17. 52 Wieling, Sachenrecht, S. 46; Wieling, Sachenrecht I, § 3 III b; Wieling gesteht an dieser Stelle aber durchaus ein, dass der Besitzschutz in gewissen Fällen natürlich auch den Rechtsfrieden fördern könne; das Hutbeispiel geht zurück auf Heck, § 3, 6; gleiches gilt für das Beispiel der zwei Gäste bei Staudinger/Bund, Vorbem. §§ 854 ff., Rn. 17, die beim Verlassen einer Gesellschaft ihre Schirme vertauschen. 53 Sosnitza, S. 41. 54 Sosnitza, S. 41. 55 Heck, § 3, 7. 56 Baur/Stürner, § 9, Rn. 9. 57 MüKomm/Joost, Vor § 854, Rn. 16.

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2. Teil: Besitz

Insgesamt lässt sich die Legitimation des Besitzschutzes nicht aufgrund einer einzigen Theorie, sondern nur aus der Zusammenschau der verschiedenen Theorien erklären58, welche jeweils zentrale Aspekte des Grundes des Besitzschutzes verschieden stark betonen. Zwar wird die Erhaltung des Rechtsfriedens als öffentliches Interesse berechtigterweise von der herrschenden Meinung in den Vordergrund gestellt, im Ergebnis beruht es aber auf der freien Entscheidung jedes Besitzers, ob er im konkreten Einzelfall sein privates Interesse auch geltend macht. Zudem besteht nicht immer ein schutzwürdiges privates Erhaltungsinteresse des Besitzers, wie das Beispiel vom Besitz des Diebes beweist.59 II. Kontinuitäts- oder Erhaltungsfunktion Die Kontinuitätstheorie war ursprünglich als Gegenstück zur Friedenstheorie und als Erklärungsmodell für die Besitzschutzvorschriften konzipiert (s. o. unter I). Die inzwischen allgemein anerkannte Kontinuitäts- und Erhaltungsfunktion des Besitzes weist diesem einen eigenständigen Wert in Bezug auf die Sache zu, welchen man als Organisationswert bezeichnen kann. Dieses Interesse des Besitzers an der Erhaltung seines Besitzes um des Besitzes selbst willen hat auch in einigen Normen des BGB Niederschlag gefunden.60 So kann ein Besitzer sein Recht zum Besitz gemäß § 986 Abs. 2 BGB gegenüber einem neuen Eigentümer geltend machen, sofern eine bewegliche Sache durch Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB veräußert worden ist. Grundlage hierfür ist die Überlegung, dass der Dritte der Sache „besitzmäßig näher“ steht als der Erwerber.61 Diese liegt auch dem § 936 Abs. 3 BGB zugrunde, der im Fall einer Veräußerung nach § 931 BGB den gutgläubigen lastenfreien Erwerb von Rechten durch den Dritten verhindert.62 Nach herrschender Meinung ist § 986 Abs. 2 BGB ebenfalls im Fall einer Übereignung nach § 930 BGB anwendbar, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer war, denn auch auf diesen Fall trifft der Sinn und Zweck der Vorschrift zu, dass dem Besitzer durch die Veräußerung der Sache keine Nachteile erwachsen sollen.63 58 Herrschende Meinung, vgl. nur Soergel/Stadler, Vor § 854, Rn. 2; Staudinger/ Bund, Vorbem. §§ 854 ff., Rn. 15 ff. 59 Westermann/Gursky, § 8 3a. 60 Brehm/Berger, Rn. 2.3 (insbesondere Rn. 4). 61 Vgl. MüKomm/Baldus, § 986, Rn. 25. 62 MüKomm/Baldus, § 986, Rn. 25. 63 BGHZ 111, 142 (146/147); so im Ergebnis auch Palandt/Bassenge, § 986, Rn. 9 (entsprechende Anwendung der §§ 404, 407 BGB); Canaris, FS Flume, S. 392 und Weimar, JR 1982, S. 365; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 324 (Fn. 21) m. w. N.; MüKomm/Baldus, § 986, Rn. 26 m. w. N. Nach anderer Auffassung ist we-

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Eine weitere gesetzliche Ausprägung der Kontinuitätsfunktion ist der in § 566 BGB verankerte Grundsatz „Veräußerung bricht nicht Miete“. Die Vorschrift bezweckt (ggf. i. V. m. §§ 578, 581 Abs. 2 BGB) den Schutz des im Besitz der Wohnung bzw. der gemieteten sonstigen Räume oder Grundstücke befindlichen Mieters oder Pächters.64 Diese wären ansonsten bei einem Verkauf des Mietobjekts einem Räumungsanspruch des neuen Eigentümers ausgesetzt und könnten lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen den Vermieter geltend machen. Diese Konsequenz erschien bei Erlass der Vorschrift gerade vor dem Hintergrund der Knappheit von Wohnraum rechtspolitisch nicht wünschenswert. Weiterhin liegt der Kontinuitätsgedanke auch ganz allgemein den Mieterschutzvorschriften zugrunde, welche den Mieter als bloßen Besitzer einer Sache schützen.65 So genießt ein Wohnraummieter beispielsweise nach § 573 BGB Kündigungsschutz, mit der Folge, dass der Vermieter nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen darf. Weiterhin ist der Kontinuitätsgedanke auch in § 268 Abs. 1 S. 2 BGB enthalten. Die Vorschrift gewährt dem Besitzer einer Sache ein Ablösungsrecht für den Fall, dass Gläubiger des Eigentümers in die Sache vollstrecken möchten und dem Besitzer hierdurch der Verlust des Besitzes droht.66 Schließlich trägt auch das Rechtsinstitut der Ersitzung dem Kontinuitätsgedanken Rechnung. Grundlage und Anknüpfungspunkt der Ersitzung ist, wie der Begriff schon andeutet, ebenfalls der Besitz. Bei der Fahrnisersitzung (hinsichtlich beweglicher Sachen) ist nach §§ 937 ff. BGB zehnjähriger Eigenbesitz sowie Gutgläubigkeit Voraussetzung für den Eigentumserwerb. Eigenbesitzer ist nach § 872 BGB ein Besitzer, der die Sache mit Eigenbesitzwillen, also als Eigentümer oder wie ein Besitzer für sich selbst besitzt. Der sog. Fremdbesitzer besitzt die Sache hingegen für einen anderen, von dem er sein Besitzrecht ableitet und gegenüber dem er verantwortlich ist.67 Die Tabularersitzung (von Grundstücken) erfordert dagegen nach § 900 Abs. 1 S. 1 BGB dreißigjährigen Eigenbesitz, wobei der Lauf der Frist nach § 900 Abs. 1 S. 3 BGB gehemmt ist, solange im Grundbuch ein Widerspruch gemäß § 899 BGB eingetragen ist. Aufgrund der recht ausgedehnten Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs im deutschen Recht ist gen desselben Schutzbedürfnisses des unmittelbaren Besitzers eine analoge Anwendung geboten, vgl. RGRK/Pikart, § 986, Rn. 46; Staudinger/Gursky, § 986, Rn. 55 m. w. N. und Soergel/Stadler, § 986, Rn. 24. Zur analogen Anwendung im Fall der brevi manu traditio nach § 929 S. 2 BGB siehe Weimar, JR 1982, 364 (365) m. w. N. 64 BGHZ 141, 239 (247). 65 Baur/Stürner, § 6, Rn. 3 ff. 66 Baur/Stürner, § 6, Rn. 7/8; Brehm/Berger, Rn. 2.3. 67 Vgl. Müller, Rn. 271; Prütting, Rn. 63/64; im Folgenden soll jedoch die übliche Bezeichnung Eigentumsvermutung verwendet werden.

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2. Teil: Besitz

das Rechtsinstitut der Ersitzung allerdings praktisch von recht geringer Relevanz, erlangt aber Bedeutung im Hinblick auf abhandengekommene Sachen, bei denen ein gutgläubiger Erwerb nach § 935 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist68, sowie im Fall der Geschäftsunfähigkeit des Veräußerers. Nach Auffassung von Kegel existiert zudem die Möglichkeit einer Entsitzung. So solle das Eigentum an einer beweglichen Sache automatisch enden, wenn diese 30 Jahre lang besitzlos gewesen ist. Dies sei aus einer Analogie zu den Verjährungsvorschriften sowie den Beschränkungen des Erblassers herzuleiten und gewährleiste eine gerechte Interessenverteilung im Konflikt zwischen dem Eigentümer und den Findern oder Bergern.69 Indes fehlt es diesbezüglich schon an einer planwidrigen Regelungslücke, zumal die Möglichkeiten des Eigentumsverlusts im Gesetz abschließend aufgezählt sind. Zudem ist gerade im Bereich des Fundes das Kriterium des Besitzwillens gut geeignet, im Einzelfall sachgerechte Ergebnisse herbeizuführen, so dass auch kein praktisches Bedürfnis für eine Entsitzung besteht. III. Publizitätsfunktion Schließlich kommt dem Besitz insofern eine Publizitätsfunktion zu, als er in gewisser Hinsicht die Eigentumsverhältnisse offenkundig macht. Da das Eigentum an einer Sache als Recht nicht nach außen hin sichtbar ist, bedarf es – wegen des allgemeinen sachenrechtlichen Grundsatzes der Publizität70 – eines Publizitätsmittels, das im Rechtsverkehr stellvertretend für das Eigentum steht. Aufgrund des „Gedankens der vermuteten Identität von Besitz und Eigentum“71 kommt diese Funktion bei beweglichen Sachen dem Besitz als tatsächlichem Moment zu. Diese Vermutung ist Ausdruck der Tatsache, dass in der Lebenswirklichkeit eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Besitzer einer Sache auch der dinglich Berechtigte ist.72 Bei Grundstücken wird die Publizität hingegen durch das Grundbuch als öffentliches Register hergestellt, das insofern als Publizitätsmittel fungiert. Der Besitz dient als Publizitätsmittel bei der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB, bei der Übereignung und Belastung beweglicher Sachen nach §§ 929 ff. BGB und schließlich auch beim gutgläubigen Erwerb nach §§ 932 ff. BGB. Folglich unterscheidet man als drei wesentliche Ausprä68

Vgl. Baur/Stürner, § 6, Rn. 9. Kegel, FS Caemmerer, S. 176 ff. 70 Vgl. Baur/Stürner, § 4, Rn. 9 m. w. N. zum Publizitätsprinzip im Sachenrecht in Fn. 1. 71 Westermann/Gursky, § 8 3b. 72 Baur/Stürner, § 4, Rn. 9; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 6. 69

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gungen der Publizitätsfunktion die Vermutungsfunktion (§ 1006 BGB), die Traditionsfunktion sowie die Rechtsscheinsfunktion. Diese sollen im Folgenden näher erläutert werden. 1. Vermutungsfunktion, § 1006 BGB

Die Vorschrift des § 1006 BGB enthält mehrere Vermutungen, die allesamt für den Eigenbesitzer einer beweglichen Sache gelten.73 Zunächst stellt § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB die Vermutung auf, dass der gegenwärtige Besitzer gleichzeitig auch Eigentümer der Sache ist. Eine Ausnahme bestimmt allerdings § 1006 Abs. 1 S. 2 BGB dadurch, dass die Vermutung nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache abhanden gekommen ist, gilt, wofür jedoch die jeweils andere Partei beweispflichtig ist, die sich auf die Ausnahme beruft. Die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB wird konsequent erweitert durch die zweite Vermutung zugunsten des früheren Besitzers in § 1006 Abs. 2 BGB. Dadurch wird jedoch der Besitz nur jeweils für den Zeitraum vermutet, in dem der frühere Besitz bestand. Schließlich normiert § 1006 Abs. 3 BGB, dass im Fall des mittelbaren Besitzes eine Eigentumsvermutung zugunsten des mittelbaren Besitzers streitet. Dies erscheint nur folgerichtig, ist doch im Fall des Bestehens eines Besitzmittlungsverhältnisses ausschließlich der mittelbare Besitzer Eigenbesitzer und der unmittelbare Besitzer lediglich Fremdbesitzer. Zudem kommt die Vermutung des § 1006 Abs. 3 BGB indirekt auch dem unmittelbaren Besitzer zugute, da dieser wiederum sein Besitzrecht vom mittelbaren Besitzer ableitet.74 Die in § 1006 BGB enthaltenen Vermutungen regeln ausschließlich die materielle Beweislastverteilung, sie gelten keineswegs absolut (wie ggf. eine Registereintragung), sondern lediglich relativ, nämlich gegenüber der anderen Seite im Prozessfall.75 Auch wirken die Eigentumsvermutungen (im Gegensatz zur Eintragung im Grundbuch) nur zugunsten des Besitzers und nicht zu dessen Nachteil, so dass dinglich Berechtigte nicht gestützt auf § 1006 BGB Ansprüche gegen Besitzer einer Sache als deren Eigentümer geltend machen können.76 Sinn und Zweck der Vermutung ist der Schutz des Eigentums.77 Die Vermutung soll den – ansonsten unmöglichen – Beweis des Eigentums ersetzen, so dass der Eigentümer nur die Besitzverhältnisse darlegen muss, was ihm häufig wesentlich leichter fallen wird. Im 73 74 75 76 77

Zum Begriff des Eigenbesitzes siehe oben (unter II.). Vgl. von Wendt, AcP 87 (1887), S. 76. Baur/Stürner, § 4, Rn. 12; Quantz, S. 155. Baur/Stürner, § 4, Rn. 14; Müller, Rn. 273. Baur/Stürner, § 10, Rn. 4.

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Bereich unbeweglicher Sachen tritt an die Stelle des Besitzes als Grundlage der Eigentumsvermutung gemäß § 891 BGB die Eintragung des Grundstückseigentums im Grundbuch. Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung wird allerdings nicht das gegenwärtige Eigentum des Besitzers schlechthin als Rechtszustand vermutet, sondern lediglich, dass mit dem Erwerb des Besitzes auch Eigenbesitz begründet und unbedingtes Eigentum erworben wurde.78 Für diese Erwerbsvermutung wird der enge Zusammenhang der Vermutungsfunktion mit der Traditionsfunktion und der Gutglaubensfunktion angeführt. Dementsprechend habe die Eigentumsvermutung zum Inhalt, dass ein Eigenbesitzer bei Besitzerwerb – zumindest gutgläubig – auch das Eigentum an der betreffenden Sache erworben hat. Jedoch wird diese durch eine sog. Bestandsvermutung dahingehend ergänzt, dass das Eigentum bis zum Ende des Eigenbesitzes und der Begründung neuen Eigenbesitzes fortbesteht.79 Dies hat praktisch zur Folge, dass die Eigentumsvermutung nicht erst durch den Beweis widerlegt werden kann, dass eine andere Person als der Besitzer Eigentümer ist, sondern bereits durch den Beweis, dass der Besitzer im Rahmen der Besitzbegründung kein Eigentum erlangt hat.80 Gegen den Charakter von § 1006 BGB als Eigentumsvermutung überhaupt spricht sich Quantz aus: Aufgrund der Vielfalt der Möglichkeiten der Eigentumsübertragung (wie zum Beispiel im Rahmen des Kaufs unter Eigentumsvorbehalt oder der Übereignung ohne Übergabe nach §§ 929 S. 2, 930 oder 931 BGB) sei nicht mehr von der Publizität der Besitzübertragung auszugehen. Schutzzweck des § 1006 BGB sei mithin lediglich der Schutz des gegenwärtigen Besitzers und nicht der des Eigentümers.81 Auch wenn durch das lebenstatsächlich häufige Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz ein gewisser Funktionsverlust des Besitzes als Publizitätsmittel nicht zu leugnen ist, spricht gegen die Auffassung von Quantz, dass die Erwerbsvermutung des § 1006 BGB widerlegbar ist, insbesondere durch den Beweis, dass der Besitzer bei Besitzerwerb keinen Eigenbesitz erwarb oder dass er gleichwohl nicht Eigentümer der Sache geworden ist. Vor allem im praktisch häufig auftretenden Fall des Kaufs unter Eigentumsvorbehalt kann die Eigentumsvermutung somit durch den – leicht zu führenden – Beweis der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts entkräftet werden. 78 Siehe nur BGH NJW 2004, 939 (940); Palandt/Bassenge, § 1006, Rn. 4 m. w. N. 79 Müller, Rn. 270; in diesem Sinne auch die Rspr. und die herrschende Meinung, vgl. nur BGH NJW 1990, 939 (940/941), BGH NJW-RR 2000, 1583 (1585) und Jauernig/Jauernig, § 1006, Rn. 1 m. w. N. 80 MüKomm/Baldus, § 1006, Rn. 27. 81 Quantz, S. 160 ff. m. w. N. und S. 312 ff.

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2. Traditions- oder Übertragungsfunktion

Wie bereits angedeutet, steht die Traditionsfunktion des Besitzes in engem Zusammenhang mit dessen Vermutungsfunktion. Bei rechtsgeschäftlichen Rechtsänderungen ist neben der dinglichen Einigung als rechtsgeschäftliches Element immer auch ein tatsächliches Element nötig, durch das der Rechtsvorgang nach außen sichtbar gemacht wird.82 Diese Übertragungswirkung kommt bei den Erwerbstatbeständen beweglicher Sachen dem Besitz zu. Somit ist zur Rechtsänderung stets auch eine Übertragung des Besitzes notwendig. Die zweckbedingte Einheit von Besitz und der Veränderung dinglicher Rechte soll den Rechtsübergang sichtbar machen und für den Rechtsverkehr offen legen. Da nämlich das Recht selbst nicht für die Außenwelt wahrnehmbar ist, bedarf es des Besitzes als Symbol für das Recht.83 Die Traditionsfunktion des Besitzes gilt allerdings nur für rechtsgeschäftliche Rechtsänderungen und nicht für solche, die kraft Gesetzes eintreten, wie insbesondere der Eigentumsübergang kraft Erbfalls nach § 1922 Abs. 1 BGB.84 Daneben wird die Traditionsfunktion auch in einigen Fällen rechtsgeschäftlicher Rechtsänderungen durchbrochen, insbesondere beim Kauf unter der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts nach § 449 BGB oder bei der Sicherungsübereignung mittels Vereinbarung eines Besitzkonstituts gemäß § 930 BGB.85 Praktisch wichtigster Fall der Traditionsfunktion des Besitzes ist die Übereignung beweglicher Sachen nach §§ 929 ff. BGB. Aber auch die Bestellung eines Nießbrauchs an beweglichen Sachen nach §§ 1032 ff. BGB oder eines Pfandrechts an beweglichen Sachen nach §§ 1205 ff. BGB erfordern zur Wirksamkeit den Übergang des Besitzes. Im letztgenannten Fall sind die Voraussetzungen sogar insofern strenger, als nach § 1205 Abs. 1 BGB eine Übergabe, also die Verschaffung der tatsächlichen Sachherrschaft, oder nach § 1205 Abs. 2 BGB die Übertragung des mittelbaren Besitzes an den Pfandgläubiger und Anzeige der Verpfändung an den Besitzer gefordert wird. Bei der Übereignung kann dagegen die Übergabe als tatsächliches Element ersetzt werden: Sowohl die Vereinbarung eines Besitzkonstituts nach § 930 BGB, also die Verschaffung des mittelbaren Besitzes, als auch die Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB können die an sich nach § 929 S. 1 BGB erforderliche Übergabe ersetzen.

82 83 84 85

Baur/Stürner, § 4, Rn. Westermann/Gursky, § Baur/Stürner, § 4, Rn. Baur/Stürner, § 4, Rn.

10/11. 8 3b; Wieling, Sachenrecht I, § 3 I b. 11. 11.

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2. Teil: Besitz 3. Rechtsscheinsfunktion

Schließlich erfüllt der Besitz eine Rechtsscheins- oder Gutglaubensfunktion und ermöglicht hierbei als Rechtsscheinsträger nach §§ 932 ff. BGB einen gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen vom Nichtberechtigten. Die Rechtsscheinsfunktion des Besitzes ist wiederum eng mit dessen Traditionsfunktion verbunden: Gerade weil nämlich für die Änderung der Rechtslage ein Besitzwechsel nötig ist, besteht eine gewisse Vermutung dafür, dass der Besitz auch „die wahre Rechtslage widerspiegelt“.86 Die Rechtsscheinsfunktion des Besitzes ist gleichwohl nicht absolut zu verstehen, sondern es liegt ihr stets eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Verkehrsschutzes und den Interessen des wahren Berechtigten zugrunde. So ist der gutgläubige Erwerb abhandengekommener Sachen nach § 935 BGB ausgeschlossen, was in der Praxis von großer Bedeutung ist. Der Ausschlusstatbestand des § 935 Abs. 1 BGB ist als Ausprägung der Publizitätsfunktion zu verstehen. Bei unfreiwilligem Besitzverlust ist die Sache abhandengekommen und ein gutgläubiger Erwerb zum Nachteil des bisherigen Besitzers wird durch § 935 Abs. 1 BGB vermieden.87 Ferner kann ein gutgläubiger Erwerber unter Umständen Bereicherungsansprüchen, insbesondere aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB, ausgesetzt sein.88 Ebenso wie die Vermutungsfunktion hat auch die Rechtsscheinsfunktion des Besitzes zwischenzeitlich dadurch stark an Bedeutung verloren, dass im heutigen Wirtschaftsleben immer öfter Besitz und Eigentum auseinanderfallen, wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde. Aufgrund der Popularität von Rechtsinstituten wie dem Eigentumsvorbehalt, der Sicherungsübereignung und dem Leasing kann man insofern sogar von einem Funktionsverlust des Besitzes sprechen, als die Besitzverhältnisse hier keine Rückschlüsse mehr auf die Eigentumslage zulassen.89

D. Formen I. Vorbemerkung Im Hinblick auf die verschiedenen Formen des Besitzes sind zahlreiche Einteilungen denkbar, wie zum Beispiel danach, ob Eigen- oder Fremdbesitz vorliegt. Maßgeblich für diese Unterscheidung ist nach § 872 BGB 86 87 88 89

Baur/Stürner, § 4, Rn. 16. Vgl. Petersen, Jura 2002, S. 163. Vgl. Baur/Stürner, § 4, Rn. 16. Kindl, AcP 201 (2001), S. 392/393.

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die Willensrichtung des Besitzers.90 Außer bei der Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB ist die Willensrichtung des Besitzers auch relevant bei einigen Tatbeständen, die den Erwerb des Eigentums regeln91 sowie bei der Herausgabe von Nutzungen im Rahmen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nach § 988 BGB und der Haftung des Gebäudebesitzers nach § 836 Abs. 3 BGB.92 Die Nebenansprüche des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 987 ff. BGB) setzen voraus, dass der Besitz unrechtmäßig, also nicht von einem Recht zum Besitz begleitet ist. Beim unrechtmäßigen Besitz kann man weiterhin danach differenzieren, ob der Besitzer gut- oder bösgläubig oder sogar deliktischer Besitzer (§ 992 BGB) ist. Ein Besitzer ist bösgläubig, wenn ihm die Nichtberechtigung zum Besitz beim Erwerb des Besitzes bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war (vgl. § 932 Abs. 2 BGB). Deliktischer Besitz nach § 992 BGB erfasst den durch eine Straftat oder durch verbotene Eigenmacht erlangten Besitz. Im Rahmen der folgenden Darstellung soll eine Konzentration auf den unmittelbaren Besitz allgemein erfolgen sowie insbesondere auf Konstellationen, in denen mehrere Personen als Besitzer in Betracht kommen. II. Unmittelbarer Besitz Unter unmittelbarem Besitz versteht man die tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache, die durch die direkte körperliche Einwirkungsmöglichkeit der Person auf die Sache gekennzeichnet ist.93 Der unmittelbare Besitz ist folglich eine Art statistische Wahrscheinlichkeit, nämlich die Möglichkeit des Zugriffs auf eine Sache, sobald dieser Zugriff gewünscht wird.94 Somit ist der unmittelbare Besitz zunächst eine rein faktische Position. Allerdings wird dieser Begriff der körperlichen Einwirkungsmöglichkeit weit gefasst. Es wird hierbei eine wertende Betrachtung in jedem Einzelfall vorgenommen und die Verkehrsanschauung als wesentliches Kriterium herangezogen.95 Demnach stellt der Besitz ein tatsächliches Verhältnis 90 Dilcher, S. 13; Prütting, Rn. 62 ff. m. w. N. zu den Voraussetzungen und zur Bedeutung des Eigenbesitzes. 91 Eigentumsübertragung (§§ 929 ff. BGB), Ersitzung (§ 937 BGB), Fruchterwerb (§ 955 BGB) und Buchersitzung (§ 900 BGB), vgl. Prütting, Rn. 64. 92 Baur/Stürner, § 7, Rn. 88. 93 Vgl. nur Westermann/Gursky, § 8 1. 94 Wieling, Sachenrecht I, § 3 I b. 95 Allgemeine Meinung, siehe nur BGHZ 101, 186 (188) (sog. Supermarktfall des BGH, zu der Entscheidung siehe auch sogleich unter 6.); Brehm/Berger, Rn. 3.4; Eckert, Rn. 52; Wieling, Sachenrecht, S. 49 und Wieling, Sachenrecht I,

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2. Teil: Besitz

zwischen einer Person und einer Sache dar, welches nach der Verkehrsanschauung für Dritte eine psychische Zugriffsschranke im Hinblick auf diese Sache bildet.96 1. Maßgeblichkeit der Verkehrsanschauung

Einige Stimmen im Schrifttum wenden sich gegen die Maßgeblichkeit der Verkehrsanschauung. Diese sei eine gefährliche Leerformel ohne eigenen Aussagegehalt, sie verdeutliche lediglich, dass es beim Besitzbegriff nicht auf rechtliche, sondern auf tatsächliche Anschauungen ankommt.97 Zudem sei es geradezu illusorisch, davon auszugehen, dass das allgemeine Bewusstsein einen – für die Rechtsanwendung brauchbaren – Rechtsbegriff der tatsächlichen Gewalt bzw. der tatsächlichen Herrschaft kenne.98 Weiterhin täusche die Formel von der Verkehrsanschauung im Rahmen der tatsächlichen Sachherrschaft i. S. v. § 854 Abs. 1 BGB einen – in Wirklichkeit nicht existierenden – einheitlichen Besitztatbestand vor, der vermeintlich allen Rechtsfolgen des Besitzes zugrunde liege und zudem durch bloße Rechtsanwendung ermittelt werden könne.99 Kritik an der Maßgeblichkeit der Verkehrsanschauung wird auch unter dem Aspekt geübt, dass der Durchschnittsbürger keinesfalls besser beurteilen könne, wann Besitz vorliegt als ein Jurist – im Gegenteil erwarte der Durchschnittsbürger doch gerade vom Juristen eine rechtliche Würdigung der verschiedenen Lebenssachverhalte. Somit bestünde die Gefahr einer vorschnellen Beurteilung, ob Besitz vorliegt, da dieser unter einfachem Verweis auf die Verkehrsanschauung bejaht oder abgelehnt werden könne, ohne dass aber eine Prüfung der genauen Voraussetzungen im Einzelfall erfolgt sei. Auch seien die Kriterien der herrschenden Meinung für das Vorliegen tatsächlicher Sachherrschaft, nämlich räumliche Nähe, Dauer und objektive Erkennbarkeit100 nicht bestimmt genug und insofern auch nicht geeignet, den Begriff der Verkehrsanschauung hinreichend auszugestalten.101 Andererseits muss man sich dazu bekennen, dass die Frage, wann Besitz vorliegt, letztlich auf rechtspolitischen Wertentscheidungen beruht, die sich § 4 I 1 a, die schlichte Verweisung auf die Verkehrsanschauung ohne weitere Erläuterungen gebe allerdings nur „Steine statt Brot“, da völlig unklar sei, wie man diese ermitteln könne. 96 Wieling, Sachenrecht, S. 50. 97 MüKomm/Joost, § 854, Rn. 4. 98 Heck, § 5, 5. 99 Ernst, Eigenbesitz, S. 43. 100 Diese Kriterien werden im Folgenden näher erläutert. 101 Hartung, S. 128 ff. m. w. N.

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gerade hinter solchen Begriffen wie der Verkehrsanschauung verbergen.102 Auch gibt es zwar einen einheitlichen Besitzbegriff, aber dennoch unendlich viele Formen von Sachen und demnach auch unendlich viele Möglichkeiten, diese zu beherrschen. Insofern lässt sich festhalten, dass der unmittelbare Besitz zwar von den jeweiligen Umständen im faktischen Bereich abhängt, dass aber auch schon in diesem Bereich Wertungsgesichtspunkte eine entscheidende Rolle spielen. Diese sind bereits im gesetzlichen Begriff der tatsächlichen Sachherrschaft und insbesondere auch in § 856 Abs. 2 BGB angelegt, nach dem eine vorübergehende Verhinderung an der Ausübung der Sachherrschaft den Besitz noch nicht beendigt. 2. Räumliches Näheverhältnis

Ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung der tatsächlichen Sachherrschaft nach der Verkehrsanschauung ist die enge räumliche Beziehung einer Sache zum körperlichen Einwirkungsbereich eines Menschen. Somit ist derjenige Besitzer, der „nach der Verkehrsanschauung die Möglichkeit hat, die Gewalt über die Sache auszuüben“, wobei entscheidend ist, ob eine Sache als „noch zur Persönlichkeitssphäre einer Person gehörend respektiert“ wird, so dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Person die Gewalt ausüben kann, sobald sie dies will.103 Bei welchem physischen Maß an Nähe dies gegeben ist, richtet sich jedoch wiederum nach der Verkehrsanschauung und den spezifischen Umständen des jeweiligen Einzelfalls: Geht zum Beispiel an einem belebten Bahnhof eine Geldbörse verloren, so besteht schon kein Besitz mehr, wenn die betreffende Börse nur 100 Meter vom Verlierer entfernt auf dem Fußboden liegt. Andererseits hat der Bauer Besitz im Sinne des § 854 Abs. 2 BGB an dem vielfach als Beispiel genannten Pflug auf dem Feld, auch wenn dieser in einiger Entfernung von dessen Hofgut abgestellt wurde.104 Somit ist zwar die Prämisse richtig, dass tatsächliche Sachherrschaft eine gewisse räumliche Beziehung des Besitzers zur Sache voraussetzt105, allerdings nur in dem Maß, wie es die Anforderungen der tatsächlichen Sachherrschaft erfordern. Ferner verdeutlicht die bereits erwähnte Vorschrift des § 856 Abs. 2 BGB, dass ein derartiges räumliches Verhältnis keineswegs ununterbrochen fortbestehen muss.106 Diese Vorschrift trägt dem Umstand 102

Kegel, FS Caemmerer, S. 151. Dilcher, S. 4; Westermann/Gursky, § 9 I; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 1 a. 104 Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 1 a. 105 Baur/Stürner, § 7, Rn. 6; Kollhosser, JuS 1992, S. 216; MüKomm/Joost, § 845, Rn. 5; Staudinger/Bund, § 854, Rn. 7 ff. m. w. N.; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 1. 106 Wolf, Sachenrecht, S. 49. 103

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Rechnung, dass es niemandem möglich ist, die Herrschaft über ihm zugeordnete Sachen permanent auszuüben oder gar nach außen hin zu manifestieren. Sachherrschaft kann folglich zum Beispiel durchaus vorliegen, wenn jemand sein Auto vor seinem Haus parkt oder sein Haus für einen Urlaubsaufenthalt verlässt. Er wird im Regelfall die Schlüssel haben, so dass ihm selbst in einer derartigen Situation nach der Verkehrsanschauung die Sachherrschaft zugesprochen wird. Eine Herrschaftsbeziehung kann sich zudem auch auf andere Weise als durch räumliche Nähe ergeben, so zum Beispiel beim Besitz eines Schlüssels zu einem Behältnis oder auch bei Kennzeichnung der Sache (wie zum Beispiel bei einem Autoabstellplatz)107, welche nach der Verkehrsanschauung die Herrschaft über die Sache einer bestimmten Person zuordnen. 3. Dauerhaftigkeit

Weiterhin wird von einem Teil der Lehre gefordert, die Sachherrschaft i. S. v. § 854 Abs. 1 BGB müsse von einer gewissen Dauer sein.108 Bei nur kurzfristiger Sachherrschaft seien nämlich Besitzschutzansprüche nicht notwendig. Angriffe auf diese werden zumeist in erster Linie Angriffe auf die Person des sog. Kurzbesitzers darstellen, so dass zu ihrer Abwehr die Ausübung des allgemeinen Notwehrrechts des § 227 BGB ausreichend ist.109 Zudem ergebe sich das Erfordernis der Dauerhaftigkeit im Umkehrschluss aus § 856 Abs. 2 BGB.110 Einer weiteren Auffassung zufolge muss die Sachherrschaft des Besitzers zwar nicht von einer bestimmten Dauer, aber zunächst auf gewisse Dauer angelegt sein (ebenfalls mit dem Beispiel, dass derjenige noch kein Besitzer ist, der Sachen kurz zwecks Ansicht in die Hand nimmt).111 Allerdings ist nicht plausibel, welchen Einfluss die Besitzdauer bzw. die beabsichtigte Besitzdauer auf die Schutzbedürftigkeit des Besitzes haben und weshalb dem Kurzbesitz der Schutz der Rechtsordnung versagt sein soll.112 107

Dilcher, S. 5. So die herrschende Meinung: Baur/Stürner, § 7, Rn. 7: Das kurzfristige Niederlassen auf einer Parkbank u. Ä. sei mithin nicht ausreichend, um Besitz zu begründen; Kollhosser, JuS 1992, S. 216; Müller, Rn. 84/85 m. w. N.; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 1; Prütting, Rn. 53 fordert sogar, dass die tatsächliche Sachherrschaft auf Dauer angelegt sein muss. 109 Staudinger/Bund, § 854, Rn. 10. 110 Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 456. 111 So Erman/Lorenz, § 854, Rn. 3. 112 Hartung, S. 130; Heck, § 6, 5; Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, S. 1072; Wieling, Sachenrecht, S. 50; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 1 a. 108

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Daneben ist eine Grenzziehung, ab wann genau die erforderliche Dauer erreicht sein soll, von vornherein unmöglich. Gerade aus diesem Grund erscheint das Kriterium der Dauerhaftigkeit nicht sinnvoll.113 Auch nach Auffassung von Wolff/Raiser stellt eine nur „flüchtig angelegte Sachberührung“ noch keine tatsächliche Sachherrschaft dar, jedoch sei deshalb nicht etwa generell eine gewisse Dauer zu fordern. Allerdings wird nach der Lebensauffassung eine tatsächliche Sachherrschaft nicht gegeben sein, wenn die flüchtig angelegte Sachberührung nicht eine gewisse Festigkeit aufweist. Als Beispiel nennen die Autoren den Reisenden, der einen Blick in das Kursbuch wirft sowie den Gast, welcher mit dem Besteck des Gastgebers speist – alles Fälle, in denen unumstritten nach der Verkehrsanschauung noch keine tatsächliche Sachherrschaft gegeben ist.114 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Beurteilung der tatsächlichen Sachherrschaft nach festen Kriterien ist nicht durchführbar und führt zu unsinnigen und praxisfremden Ergebnissen. Allerdings ist ein Sachverhältnis, welches von gewisser Dauer oder zumindest auf gewisse Dauer angelegt ist, nach der Lebensanschauung erfahrungsgemäß verfestigter als ein solches, welches nur von kurzzeitiger Dauer ist. Folglich wird die Dauerhaftigkeit der Sachherrschaft regelmäßig im Rahmen der Verkehrsanschauung eine Rolle spielen, ihr Vorhandensein ist jedoch nicht pauschal zu fordern. 4. Äußerliche Erkennbarkeit

Ähnlich verhält es sich mit der Erkennbarkeit der tatsächlichen Sachherrschaft. Auch hier erfordert die tatsächliche Sachherrschaft nach der Verkehrsanschauung regelmäßig ein gewisses In-Erscheinung-Treten in der Außenwelt. Teilweise wird jedoch die Erkennbarkeit als besondere Voraussetzung des Besitzes generell abgelehnt.115 So müssten dingliche Verhältnisse nicht nach außen hin erkennbar sein, insofern erscheine es verfehlt, an dieser Stelle eine solche Voraussetzung aufzustellen.116 Hingegen ist zumindest bei Erwerb der Sachherrschaft Voraussetzung, dass diese nach außen hin erkennbar ist.117 Gegen diese Einschränkung wird zwar eingewendet, sie sei 113 MüKomm/Joost, § 854, Rn. 11; Westermann/Gursky, § 9 II 7; gegen das Erfordernis der Dauerhaftigkeit auch Wolf, Sachenrecht, S. 51 (allerdings ohne Begründung). 114 Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 25. 115 So anscheinend RGZ 77, 201 (208); BGHZ 44, 27 (32); Westermann/Gursky, § 9 II 6: Es müsse „. . . ersichtlich sein, dass überhaupt ein Herrschaftsverhältnis besteht“; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 25/26. 116 Wolf, Sachenrecht, S. 49/50. 117 Staudinger/Bund, § 854, Rn. 8.

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2. Teil: Besitz

nicht plausibel erklärbar, da durchaus anerkannt sei, dass es auch Herrschaftsrechte an Sachen geben könne, die gerade nicht nach außen hin in Erscheinung treten, wie zum Beispiel nicht ins Grundbuch eingetragene Rechte (vgl. § 894 BGB).118 Dieser Vergleich erscheint jedoch im Hinblick auf die Publizitätswirkung des Besitzes verfehlt. Geht man nämlich mit der herrschenden Meinung davon aus, dass der Besitz eine tatsächliche Position darstellt und dass das Gesetz gerade deshalb Rechtsfolgen an den Besitz knüpft, weil dieser im Rechtsverkehr als Publizitätsmittel fungiert, so ist damit zwangsläufig ein gewisses Erkennbar-Werden des Besitzes nach außen nötig. Andererseits ergibt sich bereits aus § 856 Abs. 2 BGB, dass zumindest eine permanente Erkennbarkeit des Besitzes nicht Voraussetzung sein kann. Folglich wird man eine Erkennbarkeit des Besitzes zwar nicht generell verlangen können, aber zumindest in Fällen, in denen die Publizitätsfunktion des Besitzes berührt ist. Dies trifft sowohl auf den Erwerb als auch auf den Verlust des Besitzes zu. 5. Besitzwille

Nach herrschender Meinung ist für den Besitz neben dem tatsächlichen auch ein subjektives Element notwendig, nämlich der Besitzwille. Dieser Voraussetzung liegt ein alter Meinungsstreit zugrunde, wobei es das Verdienst von Savigny ist, überhaupt die Notwendigkeit des animus neben dem corpus herausgestellt zu haben.119 Nach heutigem Verständnis definiert man den Besitzwillen als den Willen des Besitzers, die Sache zu beherrschen.120 Der Besitzwille ist jedoch kein rechtsgeschäftlicher Wille, sondern ein natürlicher Wille. Folglich sind die allgemeinen Regeln des BGB über Rechtsgeschäfte grundsätzlich nicht anwendbar, weshalb auch Kleinkinder Besitzer sein können.121 Ähnlich wie die äußerliche Erkennbarkeit des Besitzes muss auch der Besitzwille nicht ununterbrochen gegeben sein, sondern ist lediglich für den Erwerb des Besitzes relevant.122 Dementsprechend ist für die bloße Aufrechterhaltung des 118 119 120

Hartung, S. 130. Vgl. von Savigny, S. 188 ff. Siehe von Wendt, FS Gießen, S. 79 ff. m. w. N.; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I

2 a. 121 Soergel/Stadler, § 854, Rn. 11; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 2 c m. w. N.; Wieling, Sachenrecht, S. 50. Siehe auch Eckert, Rn. 70, der jedoch hinsichtlich des Besitzwillens Geschäftsunfähiger die §§ 164 ff. BGB analog heranzieht und hierdurch eine Stellvertretung im Besitz zulässt. Dies sei notwendig, um eine Besitzbegründung seitens dieser Personengruppe zuzulassen und diesen damit auch einen Eigentumserwerb nach §§ 929 ff. BGB zu ermöglichen. 122 Ebenso bedarf es bei der Besitzaufgabe eines sog. Aufgabewillens.

§ 6 Besitz im deutschen Recht

149

einmal erworbenen Besitzes kein Besitzwille notwendig und dieser besteht beispielsweise ohne Weiteres fort, wenn der Besitzer schläft.123 Deshalb wird – oftmals genauer – auch vom Besitzbegründungswillen gesprochen.124 Einige Stimmen im Schrifttum verzichten sogar völlig auf die Notwendigkeit (irgend-)eines subjektiven Elements.125 So ist nach Auffassung von Heck das objektiv zu beurteilende Einfügen der Sache in den Organisationsbereich des Besitzers ausreichend.126 Der Wortlaut des § 854 Abs. 1 BGB sei nämlich in dieser Hinsicht offen, und auch der allgemeine Sprachgebrauch des Begriffs tatsächliche Sachherrschaft spreche eher gegen das Erfordernis eines subjektiven Elements. Ebenso ergebe sich weder aus § 867 BGB noch aus § 872 BGB ein gegenteiliges Resultat, da es sich jeweils um Sondervorschriften handle. So sei § 867 BGB eine spezielle Einzelfallregelung, deren Regelungsgehalt von der herrschenden Meinung überspannt werde. Der Vorschrift lasse sich nämlich nur entnehmen, dass die zufällige Herstellung eines räumlichen Verhältnisses für den Besitzerwerb nicht ausreichend sei. Das Erfordernis eines bestimmten Willens lasse sich der Vorschrift jedoch in keiner Weise entnehmen. Insofern genüge als zusätzliche und Besitz begründende Voraussetzung schon die „Begründung eines überwiegend schutzwürdigen Kontinuitätsinteresses“.127 Ebenso stelle § 872 BGB eine spezielle Regelung für den Eigenbesitz dar, der an einigen Stellen vom Gesetz gefordert wird, zum Beispiel im Rahmen der Fahrnisersitzung nach §§ 937 ff. BGB.128 Der Vorschrift des § 872 BGB könne somit ebenfalls nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass in allen sonstigen Fällen ein Fremdbesitzwille (als Gegenstück zum Eigenbesitzwillen) notwendig sei.129 Diesen Ansichten ist jedoch nicht zu folgen. Im Rahmen der Besitzbegründung ergibt sich die Notwendigkeit eines entsprechenden Willens allein schon daraus, dass man nur dann von einer Handlung sprechen kann, wenn diese auch von einem entsprechenden Willen getragen ist.130 Schließlich kann die Herrschaft über einen Gegenstand nur durch zweckgerichtetes Handeln begründet werden, was zwangsläufig das Vorhandensein eines dahingehenden Willens beinhaltet.131 123 124 125 126 127 128 129 130 131

Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 2 b. Vgl. Westermann/Gursky, § 13 I 2. Hartung, S. 175 ff. m. w. N.; Strohal, JherJB 31 (1892), S. 72 ff. Heck, § 6, 4. Hartung, S. 178/179. Siehe hierzu bereits oben (unter C. II.). Hartung, S. 179 m. w. N. Sandtner, S. 51/52. Staudinger/Bund, § 854, Rn. 15.

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2. Teil: Besitz 6. Genereller Besitzwille?

Vielfach wird das Erfordernis eines subjektiven Elements dahingehend aufgelockert, dass ein sog. genereller Besitzwille genügen soll. Das bedeutet, der Besitzwille braucht bei Besitzbegründung nicht auf die konkrete Sache gerichtet zu sein, sondern kann sich generell darauf beziehen, alle Sachen im eigenen Herrschaftsbereich zu besitzen.132 Dieser Auffassung folgte auch der BGH im berühmt gewordenen Supermarktfall133. In diesem fand ein Kunde in einem Supermarkt einen Tausendmarkschein und gab ihn dort ab. Als sich herausstellte, dass der Eigentümer nicht mehr auffindbar war, machte der Kunde Finderrechte geltend. Der Kunde wäre jedoch nur dann als Finder im Sinne der §§ 965 ff. BGB in Betracht gekommen, wenn nicht schon der Supermarktbesitzer zuvor Besitz an dem Geldschein erlangt hätte. Der BGH entschied in letzterem Sinne und begründete dies mit einem generellen Besitzwillen des Supermarktinhabers, welcher auch durch die Organisation der Bewachung und Kontrolle des Supermarkts zum Ausdruck komme. Gegen die Möglichkeit des generellen Besitzwillens hat sich insbesondere Müller ausgesprochen: Eine Anerkennung des generellen Besitzwillens hinsichtlich aller Gegenstände, die auf ein Grundstück gelangen, würde der Vorschrift des § 867 BGB (Verfolgungsrecht des Besitzers134) widersprechen. Diese liefe nämlich im Ergebnis leer, wenn jeder Grundstücksbesitzer automatisch auch Besitzer aller beweglichen Sachen wäre, die auf sein Grundstück gelangten.135 Allerdings bedeutet die Anerkennung eines gene132 Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 2 a; dies treffe jedoch nicht auf bestimmungswidrig in einen Briefkasten eingeworfene Gegenstände, wie zum Beispiel eine tote Maus, zu, da diesbezüglich nach der Verkehrsanschauung kein genereller Besitzwille gegeben sei. Ähnlich schon Eckert, Rn. 69; von Wendt, FS Gießen, S. 90; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 38/39 und Soergel/Stadler, § 854, Rn. 10, der betont, dass der generelle Wille auch nach außen hin erkennbar sein müsse. 133 BGHZ 101, 186 (189/190); so im Anschluss an den BGH auch Palandt/Bassenge, § 854, Rn. 4. Zu einem anderen Ergebnis kommt Ernst, JZ 1988, S. 359 ff., der vorliegend aufgrund der Interessenlage vielmehr die Findereigenschaft des Supermarktkunden bejahen möchte und in dieser Konstellation die Anwendung der Vorschriften über den Verkehrsfund (§§ 978 ff. BGB) für angebracht hält, mangels Vorliegens der Voraussetzungen einer Analogie jedoch nicht anwenden möchte. Für die Anwendbarkeit des Verkehrsfundes spricht sich hingegen Dubischar, JuS 1989, S. 706/707 m. w. N. aus, mit dem Argument, es sei gerade kein enger Anwendungsbereich der Vorschriften beabsichtigt und insofern bestünde eine planwidrige Regelungslücke. Aufgrund der Ähnlichkeit der zugrunde liegenden Lebenssachverhalte sei mithin eine Analogie geboten. 134 Einzelheiten hierzu unten im Dritten Teil, § 10 A. IV. 135 Müller, Rn. 179 h. Kritisiert wird die Supermarkt-Entscheidung des BGH schließlich auch von Gerhardt, der zwar einen generellen Besitzwillen anerkennt

§ 6 Besitz im deutschen Recht

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rellen Besitzwillens durch die herrschende Meinung nicht, dass ein Grundstückseigentümer automatisch auch Besitzer aller Gegenstände ist, welche sich auf seinem Grundstück befinden. Das Vorliegen des generellen Besitzwillens muss nämlich einerseits in jedem konkreten Einzelfall festgestellt werden und wird gerade nicht schlechthin fingiert. Folglich verbleibt auch bei Annahme eines generellen Besitzwillens noch ein Anwendungsbereich für § 867 BGB und Müller steht insofern durchaus im Einklang mit der herrschenden Meinung.136 Auch Wilhelm zufolge bedarf es einer persönlichen konkreten Herrschaft hinsichtlich der einzelnen Sache. Ein Erwerbsakt sei somit unentbehrlich, wobei er freilich auch durch Dritte, insbesondere durch Besitzdiener, durchgeführt werden könne. Eine Ausnahme im Sinne eines generellen Besitzwillens sei nur im Hinblick auf private Räume zu machen, sofern diese der „konkreten und abgeschlossenen Obhut des Inhabers unterliegen“, dies treffe jedoch auf den der Öffentlichkeit zugänglichen Supermarkt gerade nicht zu.137 Ein weiterer Einwand138 gegen die Lehre vom generellen Besitzwillen ist, dass dieser nach der Verkehrsanschauung festgelegt wird. Dies sei jedoch in der Sache verfehlt, da die Frage, ob ein bestimmter Wille vorliegt, nur individuell für jede Person beantwortet werden könne. Damit diene der Begriff des generellen Besitzwillens der herrschenden Meinung nur als Instrument, um trotz der allgemeinen Forderung nach einem Besitzwillen zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen. Dies werde am Beispiel der in einen Briefkasten eingeworfenen toten Maus deutlich139, bei dem ein genereller Besitzwille gemeinhin verneint wird. Jedoch könne im konkreten Fall der Besitzer des Briefkastens durchaus die Maus behalten wollen, zum Beispiel, um damit seinerseits eine Nachbarin zu erschrecken.140 Nach Auffassung von Gursky ist die Annahme eines generellen Besitzwillen in einigen Fällen nicht mehr als eine willkürliche Unterstellung. Auch aus dem Verfolgungsrecht des Besitzers gemäß § 867 BGB lasse sich die Erforderlichkeit eines Besitzwillens nicht herleiten. Dieser Schluss ergebe sich insbesondere nicht zwingend aus der Unterscheidung im Wortlaut des § 867 BGB zwischen einer Sache, die auf das Grundstück gelangt, und einer, die in Besitz genommen wird. Diese besage nicht, dass eben und an dieser Stelle auch das Briefkastenbeispiel nennt, die Entscheidung allerdings als „zu weitgehend“ einstuft, Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 19 (Fn. 5). 136 Dies wird insbesondere bei Müller, Rn. 106 deutlich. 137 Wilhelm, Rn. 468 ff., insbesondere Rn. 473. 138 Zum Ganzen Hartung, S. 181. 139 Siehe zu dem Beispiel schon oben Fn. 132. 140 Hartung, S. 181.

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2. Teil: Besitz

der Besitz zusätzlich zum Gelangen auf das Grundstück ein subjektives Element in Form eines Besitzwillens erfordere.141 Denn auch ohne die Notwendigkeit eines Besitzwillens müsse nicht jedes Gelangen einer beweglichen Sache auf ein fremdes Grundstück zugleich eine Besitzbegründung darstellen. Stattdessen genüge neben dem Besitzwillen ebenfalls das Einfügen einer Sache in eine organisierte Herrschaftssphäre für eine Besitzbegründung durch den Inhaber der Herrschaftssphäre an dieser Sache. Jede organisierte Herrschaftssphäre sei nämlich gegenüber Angriffen von außen schützenswert. Füge sich eine Sache dagegen nicht in eine organisierte Herrschaftssphäre ein, sei für eine Besitzbegründung ein Besitzwille notwendig.142 Diesen Ausführungen ist grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings steht das Kriterium der organisierten Herrschaftssphäre durchaus im Einklang mit der Forderung nach dem Willen, die eigenen Räumlichkeiten zu beherrschen. Dieser Wille ist auch nicht fingiert, sondern besteht tatsächlich, er äußert sich nämlich gerade in der Organisation und Kontrolle über die Räumlichkeiten. Die Lehre vom generellen Besitzwillen kommt damit praktisch zu den gleichen Ergebnissen wie die Ansicht Gurskys. Sie geht nur in ihrem theoretischen Ausgangspunkt insofern über die Ansicht Gurskys hinaus, als sie nach der Verkehrsanschauung den generellen Willen vermutet, sämtliche Sachen im Bereich der organisierten Herrschaftssphäre zu besitzen. Allerdings zeigt das Gegenbeispiel der toten Maus von Hartung, dass die Annahme eines solchen Willens unter dem Vorwand der Verkehrsauffassung zwar zu gewünschten Ergebnissen führt, dass diese aber nicht sauber juristisch herleitbar sind: So erscheint zwar plausibel, dass der Besitz einer toten Maus allgemein nicht erwünscht ist, allerdings versagt die Argumentation in den genannten Fällen, in denen der tatsächliche Wille von der Verkehrsanschauung abweicht. Aus diesem Grund erscheint das Kriterium Gurskys des Einfügens in eine organisatorische Herrschaftssphäre insofern ehrlicher, als es zu eindeutigen und stimmigen Ergebnissen führt: In dem genannten Beispielsfall der Maus ist nach Gursky das Einfügen in den Briefkasten als Herrschaftssphäre und damit auch ein Besitz des Briefkasteninhabers zu bejahen. Dies führt auch sachlich nicht zu ungerechten Ergebnissen, da in diesen Fällen der Besitz für den Besitzer nur rechtliche Vorteile mit sich bringt und sich dieser auch ohne Weiteres des Besitzes wieder entledigen kann. Auch eine Haftung des Besitzers besteht nur im Fall des Besitzes von Grundstücken und Gebäuden (§§ 836, 837 BGB), diese können aber schon begrifflich nicht in eine organisierte Herrschaftssphäre eingebracht werden. Demnach besteht auch keine Veranlassung, in diesen Fällen über die Fiktion 141 142

Westermann/Gursky, § 13 I 2. Westermann/Gursky, § 13 I 2.

§ 6 Besitz im deutschen Recht

153

eines Besitzwillens zu teilweise gegensätzlichen und insgesamt nicht mehr stimmigen Ergebnissen zu gelangen. III. Mittelbarer Besitz Das sachenrechtliche Institut des mittelbaren Besitzes hat in §§ 868–871 BGB eine gesetzliche Regelung erfahren. Es existierte bereits in ähnlicher Form im römischen Recht, in der Form der sog. possessio des Vermieters bzw. Verpächters. Allerdings war bei der possessio im Gegensatz zum (geltenden) deutschen Recht nur der mittelbare Besitzer auch Besitzer im rechtlichen Sinne, nicht aber der Besitzmittler als unmittelbarer Besitzer.143 Diesem war es mithin verwehrt, auf dem Besitz beruhende Ansprüche geltend zu machen, und er war darauf verwiesen, durch schuldrechtliche Ansprüche im Innenverhältnis auf den mittelbaren Besitzer einzuwirken und diesen zur Geltendmachung der Besitzschutzansprüche zu veranlassen. Während das BGB nach seinem Ersten Entwurf (§ 821 E I) noch dem Modell des römischen Rechts folgte, sah der Zweite Entwurf (§ 790 Abs. 1 E II) vor, dass sowohl der Besitzmittler als auch der mittelbare Besitzer rechtlich als Besitzer der Sache einzuordnen sind.144 Für den mittelbaren Besitz gemäß § 868 BGB ist charakteristisch, dass zwischen zwei Personen, die gemeinhin als mittelbarer Besitzer und Besitzmittler bezeichnet werden, ein sog. Besitzmittlungsverhältnis (bzw. Besitzkonstitut) besteht. Voraussetzung für das Besitzmittlungsverhältnis ist, dass der Besitzmittler sein Recht zum Besitz aus der Rechtsstellung des mittelbaren Besitzers ableitet, weshalb er (lediglich) einen Ausschnitt aus dessen Rechtsstellung innehat.145 Wie bereits erwähnt, ist sowohl der mittelbare als auch der unmittelbare Besitzer Besitzer im Rechtssinne, wobei § 869 BGB spezielle Regelungen für die Ansprüche des mittelbaren Besitzers trifft. Mittelbarer Besitz ist nach § 871 BGB auch in gestufter Form möglich, hier gibt es mehrere mittelbare Besitzer und Besitzmittler auf verschiedenen Stufen, wie zum Beispiel im Fall der Untermiete.146 Schließlich ist mittelbarer Besitz auch in Kombination mit Mitbesitz (hierzu unten) denkbar, so zum Beispiel, wenn mehrere Personen ein vermietetes Haus erben.147 143

Vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 6 I 1 m. w. N. Mugdan, VII (§ 821 Erster Entwurf des BGB und § 790 Abs. 1 Zweiter Entwurf des BGB) und S. 71. 145 Baur/Stürner, § 7, Rn. 37 ff.; Habersack, Sachenrecht, Rn. 42. 146 Vgl. Müller, Rn. 252 ff. m. w. N. zum mehrstufigen mittelbaren Besitz; Wieling, Sachenrecht I, § 6 II 6; Wieling, Sachenrecht, S. 77. 147 Wieling, Sachenrecht I, § 6 I 1. 144

154

2. Teil: Besitz 1. Mittelbarer Besitz als Sachherrschaft?

Im Schrifttum ist umstritten, ob mittelbarer Besitz eine besondere Form tatsächlicher Sachherrschaft darstellt oder ob er ein Besitztatbestand ohne Sachherrschaft ist. Einer Auffassung zufolge hat der mittelbare Besitzer selbst keine tatsächliche Sachherrschaft, sondern er lässt diese durch den Besitzmittler ausüben. Vom Gesetz wird er dennoch als Besitzer qualifiziert, da dieses seine Position als schutzwürdig anerkennt.148 Folglich sei der mittelbare Besitz letztlich nur eine Fiktion, die dazu dient, dem mittelbaren Besitzer ein Klagerecht einzuräumen.149 Als Argument hierfür wird vor allem angeführt, dass der mittelbare Besitz ansonsten schon unter § 854 Abs. 1 BGB fiele und keiner eigenständigen Regelung bedürfe. Zudem genösse ansonsten auch der mittelbare Besitzer vollen Besitzschutz, wenn der mittelbare Besitz eine Form tatsächlicher Sachherrschaft darstellte.150 Anderen Stimmen zufolge stellt der mittelbare Besitz eine indirekte, bzw. vergeistigte Form der Sachherrschaft dar.151 Es handle sich demnach um eine „richtige“, wenn auch vergeistigte Sachherrschaft, welche aufgrund der Verkehrsanschauung bestehe.152 Die Sachherrschaft des mittelbaren Besitzers sei eben dadurch (indirekt) gegeben, dass sie durch den Besitzmittler vermittelt werde.153 Gegen den Begriff der vergeistigten Sachherrschaft wird vor allem vorgebracht, dass er den mittelbaren Besitz unnötig mystifiziere. Der Gebrauch des Begriffs sei zudem nicht nötig. Folglich handele es sich beim mittelbaren Besitz schlichtweg um eine gesetzliche Fiktion der Sachherrschaft.154 Schließlich spreche auch die Entstehungsgeschichte der §§ 868 ff. BGB für das Vorliegen einer Fiktion.155 Nach wiederum anderer Auffassung stellt der mittelbare Besitz ein Rechtsverhältnis dar. Hierfür spreche, dass er nach § 869 BGB durch Ansprüche und nicht durch Gewaltanwendung geschützt werde. Weiterhin lasse sich anführen, dass alle in § 868 BGB genannten Verhältnisse Rechts148

Baur/Stürner, § 7, Rn. 30. Vgl. von Wendt, AcP 87 (1887), S. 49; Wieling, Sachenrecht, S. 75; Wieling, Sachenrecht I, § 6 I 2 a. 150 Wieling, Sachenrecht, S. 75; Wieling, Sachenrecht I, § 6 I 2 a. 151 Westermann/Gursky, § 17 5 f; von einer Vergeistigung sprechen bereits Wolff/ Raiser, Sachenrecht, S. 31. 152 Staudinger/Bund, § 868, Rn. 5 m. w. N. 153 Eckert, Rn. 78; ähnlich Wilhelm: mittelbarer Besitz stelle vergeistigte Sachherrschaft dar, diese werde aber durch den Besitzmittlungswillen des Besitzmittlers begründet, Wilhelm, Rn. 488; für eine Vergeistigung aufgrund des Fremdbesitzwillens auch Müller, Rn. 227. 154 Wieling, Sachenrecht I, § 6 I 2 a (Fn. 19). 155 Wieling, AcP 184 (1984), S. 439. 149

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155

verhältnisse sind, sowie die Tatsache, dass nach § 870 BGB eine rechtsgeschäftliche Übertragung des mittelbaren Besitzes durch Einigung möglich ist. Auch § 930 BGB scheine vorauszusetzen, dass der Besitz mittels eines Rechtsverhältnisses erlangt wird. Schließlich sei „Kristallisationskern“ des mittelbaren Besitzes der Herausgabeanspruch, welcher diesen entscheidend kennzeichne.156 Andererseits kann auch der tatsächliche Besitz nach § 854 Abs. 2 BGB durch bloße rechtsgeschäftliche Einigung übertragen werden. Weiterhin besagt die Tatsache, dass der Besitz ein Rechtsverhältnis voraussetzt, noch nichts über dessen rechtliche Natur. Ferner kann man den Wortlaut des § 930 BGB („. . . ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt“) auch dahingehend verstehen, dass der mittelbare Besitz gerade nicht mit einem Rechtsverhältnis gleichzusetzen ist. Folglich ist mangels weiterer Anhaltspunkte der mittelbare Besitz aufgrund seiner gesetzlichen Ausgestaltung als besondere Form des Besitzes und nicht als Rechtsverhältnis einzuordnen. Ob der mittelbare Besitzer aufgrund des Besitzmittlungsverhältnisses fingierte oder vergeistigte Sachherrschaft innehat, ist letztlich nur ein Streit um Worte.157 Festzuhalten bleibt, dass der mittelbare Besitzer aufgrund seiner vom Besitzmittler anerkannten Überordnung gegenüber dem Besitzmittler tatsächliche und rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Sache hat und deshalb vom Gesetz ebenfalls wie ein Besitzer behandelt wird. Damit erscheint es nur einleuchtend, den mittelbaren Besitz als rechtliches Konstrukt zu betrachten, welches sich gerade nicht aus der rein tatsächlichen Sachherrschaftslage ergibt. Insofern kann man durchaus von einer vergeistigten oder indirekten Sachherrschaft sprechen, wobei diese Begrifflichkeiten lediglich das Institut des mittelbaren Besitzes versinnbildlichen und darüber hinaus keine weitergehende Bedeutung haben. 2. Anforderungen an das Besitzmittlungsverhältnis

Zunächst einmal enthält § 868 BGB eine beispielhafte Aufzählung von Rechtsverhältnissen, die geeignet sind, den mittelbaren Besitz zu begründen. Diese teilen die Gemeinsamkeit, dass bei ihnen der unmittelbare Besitzer sein Besitzrecht von einem übergeordneten mittelbaren Besitzer ableitet.158 Nach dem Wortlaut des § 868 BGB muss das Besitzrecht des unmittelbaren Besitzers auf Zeit bestehen. Diese Anforderung bringt zum Ausdruck, dass die Besitzberechtigung des mittelbaren Besitzers eine nur vorüber156 157 158

MüKomm/Joost, § 868, Rn. 6. Petersen, Jura 2002, S. 164 (Fn. 44). Vgl. Baur/Stürner, § 7, Rn. 40.

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2. Teil: Besitz

gehende und zeitlich begrenzte Rechtsstellung darstellt.159 Die zwangsläufige Begrenzung der Besitzberechtigung des mittelbaren Besitzers ist eine logische Folge davon, dass gerade kein dauerhaftes Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz gewollt ist. Die Formulierung „auf Zeit“ fordert jedoch keine Befristung im engeren Sinne. Sie deutet lediglich auf das Bestehen eines Herausgabeanspruchs hin. Ferner ist unerheblich, ob dieser Herausgabeanspruch bedingt, betagt oder von der Ausübung eines Gestaltungsrechts abhängig ist, es genügt vielmehr, dass das Besitzmittlungsverhältnis überhaupt in irgendeiner Form zeitlich begrenzt ist.160 Die weiteren Anforderungen an das Besitzmittlungsverhältnis sind allerdings umstritten und sollen im Folgenden erörtert werden. a) Konkretheit Nach ganz herrschender Meinung muss es sich um ein konkretes Besitzkonstitut handeln. Das bedeutet, es muss ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten bestehen. Die rein abstrakte Vereinbarung, eine Sache für einen anderen besitzen zu wollen (sog. abstraktes Besitzkonstitut), ist dementsprechend für die Begründung mittelbaren Besitzes nicht ausreichend.161 Diese Forderung wird vor allem beim mittelbaren Besitz im Rahmen einer Sicherungsübereignung praktisch relevant. Die Aussage, die Sicherungsabrede beinhalte stets ein hinreichend konkretes Besitzkonstitut162, ist jedoch insofern missverständlich, als beide voneinander unabhängige rechtliche Gebilde darstellen. Gleichwohl kann der Inhalt der Sicherungsabrede selbstverständlich den Anforderungen an ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis genügen.163 Folglich ist der Sicherungsabrede in dieser Hinsicht kein pauschaler Freibrief zu erteilen, sondern es ist in jedem Einzelfall eine Prüfung der Konkretheit der Sicherungsabrede vorzunehmen. Allerdings sind an die Konkretheit des Besitzkonstituts keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Die Frage, welche Anforderungen an die Konkretheit der Sicherungsabrede unverzichtbar sind, wird jedoch im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. 159 Prütting, Rn. 81 unter Berufung auf BGHZ 10, 81 (87); BGH DNotZ 1954, 399 (399). 160 BGHZ 85, 263 (265); Baur/Stürner, § 7, Rn. 43; MüKomm/Joost, § 868, Rn. 16; Staudinger/Bund, § 868, Rn. 17. 161 BGHZ 73, 253 (257); Baur/Stürner, § 7, Rn. 47; Jauernig/Jauernig, § 868, Rn. 5. 162 Vgl. Baur/Stürner, § 7, Rn. 48; BGH NJW 1961, 777 (778). Offen gelassen wurde diese Frage hingegen in BGH NJW 1979, 2308 (2309), da zwischen den Parteien ein Leihvertrag (§ 598 BGB) bestand (m. w. N. zum Streitstand). 163 Wolf, Sachenrecht, S. 58/59.

§ 6 Besitz im deutschen Recht

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Nach einer Auffassung genügt den Anforderungen an ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis eine sog. konkretisierte Sicherungsabrede. Diese beinhaltet zumindest die Bestimmung der zu sichernden Forderung(en), die Rechte und Pflichten der Parteien untereinander sowie die Art und Weise der Verwertung des Sicherungsgutes.164 Andere Auffassungen hingegen gehen von niedrigeren Anforderungen an die Konkretheit der Sicherungsabrede aus. So wird einerseits eine Zweckabrede für nötig erachtet, aus der sich der Grund ergibt, weshalb der unmittelbare Besitzer die Gewalt über die Sache ausüben darf. Dies folge daraus, dass das Besitzkonstitut die ansonsten nach § 929 S. 1 BGB für die Übereignung erforderliche Übergabe ersetze.165 Wieder andere Stimmen beachten eher die Ausgestaltung des Herausgabeanspruchs durch die Parteien. Ihnen zufolge stellt die Sicherungsabrede ein hinreichend konkretes Besitzkonstitut dar, sofern aus ihr hervorgeht, dass der Sicherungsgeber solange berechtigt ist, den zur Sicherheit übereigneten Gegenstand zu besitzen, bis der Sicherungsnehmer diesen herausverlangt, um sich hinsichtlich seiner Forderung zu befriedigen.166 Weiterhin werden diese Anforderungen wiederum dahingehend aufgelockert, dass lediglich die Festlegung bestimmter auf die Sache bezogener Inhalte der Besitzberechtigung oder -verpflichtung bzw. die Vereinbarung gewisser Verhaltenspflichten der Parteien zueinander ausreichend sei.167 Diese genannten Anforderungen geben sämtlich den Inhalt wieder, welcher ohnehin in jeder klassischen Sicherungsabrede enthalten ist. Denn Sinn und Zweck jeder Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB ist es, dass der Gläubiger ein dingliches Sicherungsmittel zur Befriedigung seiner Forderung erhält. Folglich werden naturgemäß stets irgendeine Herausgabepflicht des Besitzmittlers sowie eine gewisse Verwertungsmöglichkeit unter gewissen Umständen (dies verlangt zwangsläufig zumindest eine Bestimmbarkeit der zu sichernden Forderung) durch den Gläubiger als Verhaltenspflichten der Beteiligten vereinbart sein, so dass die genannten Ansichten hinsichtlich der Konkretheit bei der klassischen und rechtlich wirksamen Sicherungsabrede stets zum Ergebnis der Vereinbarung eines hinreichend konkreten Besitzmittlungsverhältnisses gelangen werden. Gegen das Erfordernis eines konkreten Besitzkonstituts überhaupt spricht sich hingegen Wiegand aus. Die herrschende Meinung mache sich selbst etwas vor, wenn sie zum einen auf der Notwendigkeit der Konkretheit be164 Soergel/Henssler, § 930, Rn. 12 und Anh. § 930, Rn. 52; so im Ergebnis auch Brehm/Berger, Rn. 3.15 und Müller, Rn. 230. 165 Brehm/Berger, Rn. 3.15. 166 Palandt/Bassenge, § 930, Rn. 9. 167 MüKomm/Oechsler, § 930, Rn. 16; Westermann/Gursky, § 18 3 und Westermann/Westermann, § 41 II 2 b.

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2. Teil: Besitz

harre, diese als Voraussetzung aber weitgehend aushöhle, indem sie die Anforderungen an die Konkretheit wiederum herabsetze.168 Erforderlich sei im Rahmen von § 930 BGB nur der Eigenbesitzbegründungswille des Erwerbers sowie der Fremdbesitzwille des Veräußerers. Nicht nötig sei dagegen die Einordnung dieser Willenselemente in eine bestimmte Art von Rechtsverhältnis.169 Zu demselben Ergebnis gelangt Wieling, nach dessen Auffassung der Besitzwille des Besitzmittlers ausreichend und notwendig für den mittelbaren Besitz ist, so dass auf das Erfordernis eines Rechtsverhältnisses völlig verzichtet werden kann.170 Allerdings lassen diese Auffassungen zu sehr den Wortlaut des § 868 BGB außer Acht, der explizit von einem der aufgezählten oder einem sonstigen Rechtsverhältnis ausgeht. So ist zwar, wie beim Besitz generell, auch ein bestimmtes Willenselement der Parteien neben dem objektiven Tatbestand des Besitzes zu fordern, allerdings kann dieses nicht allein für das Vorliegen eines Besitzmittlungsverhältnisses maßgeblich sein. b) Rechtliche Wirksamkeit Umstritten ist weiterhin, ob das Besitzmittlungsverhältnis rechtlich wirksam sein muss. Dies wird teilweise mit dem Argument gefordert, nach dem Wortlaut und Sinn des § 868 BGB sei die Existenz eines Herausgabeanspruchs für den mittelbaren Besitz und demnach auch die Existenz eines rechtlich wirksamen Besitzkonstituts charakteristisch.171 Außerdem bestünde kein Bedürfnis dafür und hätte es sogar unerträgliche Folgen, wenn hierdurch jeder Inhaber eines Herausgabeanspruchs bezüglich einer Sache zum mittelbaren Besitzer gemacht würde, mit den daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen, wie insbesondere der Ersitzung, dem Fruchterwerb, der Publizität sowie der Geltung der Eigentumsvermutung. Auch stünde es im Widerspruch zum Sinn und Zweck des § 1006 BGB, wenn jedem obligatorisch Berechtigten auch die dingliche Rechtsvermutung zugute käme. Schließlich führte dies zu einer vom Gesetz nicht gewollten Verdinglichung von obligatorischen Ansprüchen.172 Andererseits spricht gegen das Erfordernis der Wirksamkeit des Besitzmittlungsverhältnisses neben der Intention des historischen Gesetzgebers 168

Staudinger/Wiegand, § 930, Rn. 18 ff. und 14 ff. m. w. N. zum Streitstand. Staudinger/Wiegand, § 930, Rn. 25; Ernst, Eigenbesitz, S. 130 ff. m. w. N. zu den Anforderungen an die Konkretheit des Besitzmittlungsverhältnisses im Einzelnen. 170 Wieling, Sachenrecht I, § 9 III 2 b aa m. w. N. 171 Kress, S. 200; Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 50/51. 172 Kress, S. 192/193. 169

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auch, dass der Wortlaut gerade nicht eindeutig, sondern in dieser Hinsicht offen ist. Somit kann man die Formulierung „als Nießbraucher“ auch dahingehend verstehen, dass der unmittelbare Besitzer die Sache wie ein Nießbraucher besitzt und nicht aufgrund eines wirksamen Nießbrauchsverhältnisses.173 Schließlich ist kein plausibler Grund dafür ersichtlich, weshalb die Wirksamkeit eines Rechtsverhältnisses im Rahmen des mittelbaren Besitzes eine Rolle spielen sollte. Folglich spielt die rechtliche Wirksamkeit des Besitzmittlungsverhältnisses mit der herrschenden Meinung174 keine Rolle für die Begründung bzw. das Bestehen des mittelbaren Besitzes. Dies hat zur Folge, dass der Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers zum zentralen Element des mittelbaren Besitzes wird175, auch wenn dieser nicht notwendigerweise aus dem Besitzmittlungsverhältnis entstehen muss. Insofern ist jeder Anspruch ausreichend, also insbesondere auch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) oder ein Bereicherungsanspruch (§§ 812 ff. BGB).176 3. Subjektives Element

Auch für den mittelbaren Besitz ist nach herrschender Auffassung ein subjektives Element Voraussetzung. Da es hier zwei Besitzer gibt (nämlich in der Gestalt von Ober- und Unterbesitzer), muss grundsätzlich auch bei beiden ein Besitzwille vorliegen.177 Hierbei ist zum einen ein Besitzmittlungswille erforderlich, das heißt, der Besitzmittler muss dem Willen haben, dem mittelbaren Besitzer den Besitz zu mitteln und damit diesen als seinen Oberbesitzer anerkennen.178 Daneben ist seitens des mittelbaren Besitzers ein Besitzwille notwendig. Dieser Besitzwille des mittelbaren Besitzers muss auf den eingeschränkten Willen des Besitzmittlers gerichtet sein.179 Anderen Stimmen zufolge ist das Vorliegen des mittelbaren Besitzes rein objektiv zu bestimmen. Der Wortlaut des § 868 BGB sei nämlich rein objektiv formuliert und nur ohne subjektive Voraussetzungen könne aufgrund der „Wandelbarkeit des menschlichen Willens“ sichergestellt werden, dass 173

So MüKomm/Joost, § 868, Rn. 15. Vgl. MüKomm/Joost, § 868, Rn. 15 (Fn. 33) m. w. N. 175 MüKomm/Joost, § 868, Rn. 16. 176 Baur/Stürner, § 7, Rn. 43 ff.; Müller, Rn. 228; Petersen, Jura 2002, S. 163; Soergel/Stadler, § 868, Rn. 7; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 34; Westermann/Gursky, § 17 5c. So im Ergebnis auch Wieling, Sachenrecht I, § 6 II 1 und Wieling, Sachenrecht, S. 76, der freilich überhaupt keinen Herausgabeanspruch für erforderlich erachtet. 177 So Palandt/Bassenge, § 868, Rn. 7/8. 178 Vieweg/Werner, § 2, Rn. 33. 179 Wieling, Sachenrecht, S. 77. 174

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der Besitz für eine gewisse Dauer besteht.180 Diese Auffassung kommt vor allem zu unterschiedlichen Ergebnissen (nämlich zur Bejahung des mittelbaren Besitzes) bei Besitzmittlungsverhältnissen, welche kraft Gesetzes und nicht kraft einer Parteivereinbarung entstehen, zum Beispiel im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag.181 Für die Notwendigkeit sowohl eines Besitzwillens des mittelbaren Besitzers als auch eines Besitzmittlungswillens seitens des unmittelbaren Besitzers spricht, dass der mittelbare Besitz echter Besitz im Sinne des BGB ist und dass die Besonderheiten gegenüber dem unmittelbaren Besitz gerade nicht den Besitzwillen betreffen182, so dass zumindest ein genereller Besitzwille gegeben sein muss.183 Nach differenzierender Auffassung ist ein Besitzmittlungswille seitens des mittelbaren Besitzers nur dann notwendig, wenn auch das Bestehen des Besitzmittlungsverhältnisses von seinem Willen abhängig ist, also insbesondere bei vertraglichen Besitzmittlungsverhältnissen. Hierbei müsse der Besitzmittlungswille darauf gerichtet sein, dass der Besitzmittler den Besitz aufgrund des jeweiligen Rechtsverhältnisses ausübt und auch den Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers anerkennt. Weiterhin müsse dies für den mittelbaren Besitzer erkennbar sein.184 180

Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 60 ff. Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 33; Westermann/Gursky, § 19 I 2; nach der diesem Ergebnis gleichkommenden Auffassung der Rechtsprechung ist ein Besitzwille des mittelbaren Besitzers entbehrlich, wenn das Besitzmittlungsverhältnis kraft Gesetzes entsteht, vgl. nur RGZ 98, 131 (135) und BGHZ 9, 73 (78 ff.). 182 Westermann/Gursky, § 19 I 2; Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 33. Qualifiziert man den mittelbaren Besitz hingegen mit der Mindermeinung als Rechtsverhältnis und nicht als Form der Sachherrschaft, so erscheinen deren Voraussetzungen, wie insbesondere der Besitzerwerbswille, verzichtbar, vgl. MüKomm/Joost, § 868, Rn. 52. Dies gilt gleichermaßen, wenn für das Vorliegen des Besitzes überhaupt auf ein subjektives Element verzichtet wird, siehe nur Hartung, S. 264 ff. (insbesondere S. 288/289) m. w. N.: Auch in diesem Rahmen sollen lediglich die schutzwürdigen Kontinuitätsinteressen maßgeblich sein. Somit hätten mittelbarer Besitzer und Besitzmittler nebeneinander vollwertigen Besitz, der nur im Hinblick auf den Besitzschutz des mittelbaren Besitzers gegenüber dem Besitzmittler eine Einschränkung erfahre. 183 Soergel/Stadler, § 868, Rn. 9. Es ist jedoch umstritten, ob ein genereller Besitzwille überhaupt ausreichend ist, s. o. (unter II. 6.); nach Auffassung von Quantz ist hingegen die (subjektive) Herausgabebereitschaft des Besitzmittlers zentrales Element des mittelbaren Besitzes. Dies zeige sich aus der Gegenüberstellung von § 868 BGB (Besitz als Mieter u. Ä.) und § 872 BGB (Eigenbesitzer besitzt als ihm gehörend). Der mittelbare Besitz müsse grundsätzlich nicht nach außen hin erkennbar sein, allenfalls müsse „sich die Beendigung des Besitzes durch äußere Handlungen manifestieren“ (Quantz, S. 41/42). 184 RGZ 98, 131 (134); Palandt/Bassenge, § 868, Rn. 7. 181

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Eine solche Differenzierung ist jedoch abzulehnen. Für die Notwendigkeit des Besitzwillens spricht nämlich, dass ansonsten jemandem der mittelbare Besitz gegen seinen Willen aufgedrängt werden könnte. Folglich besteht auch im Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zwangsläufig mittelbarer Besitz, sondern nur im Fall der Einwilligung durch den Geschäftsherrn. Erfolgt diese, entsteht aber rückwirkend mittelbarer Besitz für die gesamte Zeit der Geschäftsführung.185 Allerdings ist auch eine Vertretung im Besitzwillen möglich, und zwar dann, wenn der Besitzmittler auch Vertreter des mittelbaren Besitzers ist oder gegenüber diesem zumindest eine vertreterähnliche Stellung innehat, was zum Beispiel beim Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker der Fall ist.186 IV. Besitzdienerschaft In bestimmten Situationen, insbesondere in der Arbeitswelt, soll nach allgemeinem Rechtsempfinden derjenige, der die tatsächliche Gewalt ausübt, nicht die mit dem Besitz verbundenen Rechte und Möglichkeiten ausüben können. Hier bestimmt § 855 BGB mit einem Kunstgriff, dass in diesen Fällen nur der Übergeordnete, nicht aber der sozial Abhängige (sog. Besitzdiener) Besitzer ist.187 Ebenso wie § 854 Abs. 1 BGB enthält die Vorschrift jedoch keine Definition, sondern hat vielmehr klarstellenden Charakter und bezieht sich auf eine Situation, in der nach der Verkehrsauffassung eben der Besitzherr als Inhaber der Sachgewalt und damit als Besitzer anzusehen ist.188 Mithin hat die Konstruktion der Besitzdienerschaft zur Folge, dass der Besitzherr unmittelbaren Besitz erhält, obwohl er nicht die tatsächliche Sachherrschaft innehat.189 Der Besitzdiener ist somit Stellvertreter im Besitz, d.h. seine Ausübung der Sachherrschaft wird dem Besitzherrn zugerechnet. Auch ist Folge der Besitzdienerschaft die Möglichkeit der Zurechnung des Besitzwillens und die Anwendbarkeit einiger Stellvertretungsvorschriften, insbesondere der Wissenszurechnung (bzgl. Fehlerhaftigkeit oder Unrechtmäßigkeit des Besitzes) nach § 166 Abs. 1 BGB.190 Tatsächlich ist die Besitzdienerschaft von großer Bedeutung, da sie den Besitz von Sachen innerhalb von Organisationsstrukturen ermöglicht (man denke nur an Wirt185

Wieling, AcP 184 (1984), S. 454/455. Westermann/Gursky, § 19 I 2; Wieling, Sachenrecht I, § 6 II 5. 187 Baur/Stürner, § 7, Rn. 61 ff.; der Begriff der Besitzdienerschaft wird vom Gesetz selbst nicht verwendet, sondern ist eine Wortschöpfung von Bekker, vgl. Bekker, JherJB 34 (1895), S. 42. 188 Wieling, Sachenrecht, S. 58/59; Wieling, Sachenrecht I, § 4 IV 1 a. 189 Dilcher, S. 7; Prütting, Rn. 65; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 9. 190 Wieling, Sachenrecht, S. 58/59. 186

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schaftsbetriebe u. Ä.).191 Hierbei ist es durchaus denkbar, dass der Besitzdiener zusammen mit dem Besitzherrn den Besitz ausübt, so zum Beispiel bei einem Betrieb, in dem der Besitzherr zusammen mit seinen Angestellten als Besitzdienern arbeitet.192 Die Voraussetzungen der Besitzdienerschaft sind jedoch im Einzelnen umstritten. 1. Objektive Voraussetzungen

a) Soziale Weisungsabhängigkeit? Der Wortlaut des § 855 BGB hat zunächst ein bestimmtes Verhältnis zwischen Besitzdiener und Besitzherrn im Blick, welches entweder in der Ausübung der Sachherrschaft durch den Besitzdiener in Haushalt oder Erwerbsgeschäft des Besitzherrn oder aber in einem hierzu ähnlichen Verhältnis liegt. Weiterhin soll der Besitzdiener aufgrund des beschriebenen Verhältnisses dem Besitzherrn gegenüber weisungsverpflichtet sein. Hieraus ziehen Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Schlüsse. Nach einer verbreiteten Auffassung im Schrifttum sowie nach Auffassung des Reichsgerichts ist die – nach sozialen Anschauungen zu beurteilende – Weisungsgebundenheit des Besitzdieners gegenüber dem Dienstherrn die entscheidende Voraussetzung für das Vorliegen der Besitzdienerschaft, wobei für die Beurteilung die sozialen Anschauungen maßgeblich sind.193 Dies schränkt Müller dahingehend ein, dass von sozialer Weisungsgebundenheit nur ausgegangen werden kann, wenn die Sache nach sozialen Vorstellungen in der Zugriffssphäre des Besitzherrn gelegen ist. Verlagere der Besitzdiener die Sache von der Zugriffssphäre des Besitzherrn in seine Privatsphäre, handele es sich um ein Aufschwingen des Besitzdieners, wodurch die Besitzdienerschaft automatisch ende. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn ein Geselle ein Werkzeug von seinem Arbeitsplatz in seine Privatwohnung verbringe, wobei man nicht mehr von sozialer Abhängigkeit sprechen könne, sofern dem Arbeitgeber nach sozialen Anschauungen keinerlei Zugriffsmöglichkeiten mehr auf die Sache verblieben.194 Diese Auffassung lässt außer Acht, dass ein Verbringen der Sache außerhalb der Zugriffssphäre des Besitzherrn nicht zwangsläufig gegen dessen Weisungen 191 Vgl. Vieweg/Werner, § 2, Rn. 24; siehe auch Baur/Stürner, § 7, Rn. 69, die sogar von einem „Volk von Besitzdienern“ sprechen. 192 Wieling, Sachenrecht I, § 4 IV 1 a cc; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 28. 193 RGZ 71, 248 (251) („soziales Abhängigkeitsverhältnis“); Baur/Stürner, § 7, Rn. 65; Eckert, Rn. 74; Kollhosser, JuS 1992, 393; Müller, Rn. 218/219; Westermann/Gursky, § 10 II 1; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 32/33. 194 Müller, Rn. 220.

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verstoßen und somit die soziale Abhängigkeit durchbrechen muss. So kann es nämlich vom Arbeitgeber durchaus erwünscht sein, dass Arbeitsmittel zur häuslichen Arbeit in Privatwohnungen verbracht werden. Die Problematik liegt folglich eher auf der Seite der subjektiven Voraussetzungen, so dass der Besitzdiener unter Umständen mit dem Verbringen der Sache in seine Privatsphäre nach außen hin seinen Besitzdienerwillen erkennbar aufgibt.195 Der BGH stellt hingegen mit Teilen des Schrifttums auf das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den Parteien ab, das ebenfalls sozialer und nicht nur wirtschaftlicher Natur sein müsse.196 Ähnlich verlangen Wolff/Raiser für die Besitzdienerschaft eine Beziehung, die von einem „sozialrechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis umspannt“ sowie von „Befehl und Gehorsam“ geprägt ist.197 Allerdings fragt es sich, ob diese genannten Auffassungen dem Wandel des sozialen Umfelds sowie der sozialen Verhältnisse hinreichend Rechnung tragen. Dies verneint vor allem Enders: Die Charakteristika, welche die herrschende Meinung dem Besitzdiener zuschreibt, seien nicht mehr zeitgemäß und nicht auf die Verhältnisse des heutigen Wirtschaftslebens zugeschnitten. So werden als Paradebeispiele die Haushaltsgehilfin oder der Tagelöhner genannt und Begriffe wie Befehl und Gehorsam als Voraussetzungen für das Vorliegen der Besitzdienerschaft angegeben. Im heutigen Wirtschaftleben gebe es aber zunehmend angestellt Tätige, auf deren Besitzverhältnisse die Beurteilungskriterien der herrschenden Meinung nicht passten, wie zum Beispiel die Manager eines Unternehmens oder den Professor198, der wegen der Freiheit von Wissenschaft und Forschung nach Art. 5 Abs. 3 GG immer noch weitgehend selbstbestimmt mit seinen Forschungsmitteln verfahren dürfe. Deshalb sei ein Professor grundsätzlich nicht gegenüber der Hochschule weisungsabhän195

Hierzu sogleich unter 2. BGHZ 27, 360 (363); so auch Jauernig/Jauernig, § 855, Rn. 1; Heck, § 7, 1 ff. nennt – unter der Bezeichnung „Dienergewahrsam“ – als entscheidendes Kriterium die „totale Abhängigkeit“ nach der Lebensanschauung. Dieses Kriterium ist nicht mehr zeitgemäß, da es tatsächlich kein Verhältnis mit einer völligen Abhängigkeit mehr gibt. Im Schrifttum wird vielfach von einem sozialen Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis gesprochen, welches hiermit jedoch gleichzusetzen sein dürfte, zumal in jeder sozialen Abhängigkeit auch eine gewisse Unterordnung liegt, vgl. Erman/Lorenz, § 855, Rn. 2; RGRK/Kregel, § 855, Rn. 5; Prütting, Rn. 66 m. w. N.; Staudinger/Bund, § 855, Rn. 6/7 m. w. N.; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 24. 197 Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 27. 198 Enders, S. 25 m. w. N. Dies wird ebenfalls von Wieling kritisiert, nach welchem viele Personen, die typischerweise als Besitzdiener eingeordnet werden, gerade nicht (bzw. heutzutage nicht mehr) sozial abhängig seien, wie zum Beispiel die Ehefrau oder der Geschäftsführer einer Kaufhausfiliale, vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 4 IV 1 a bb. 196

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gig, diese stelle bloß den organisatorischen Rahmen für die freie und eigenverantwortliche wissenschaftliche Tätigkeit des Professors zur Verfügung.199 Die genannten Kriterien griffen somit allesamt zu kurz, da das Institut der Besitzdienerschaft eine Vielfalt verschiedener Lebenssachverhalte umfasse.200 Aus diesen – zutreffenden – Überlegungen zieht Enders die Schlussfolgerung, dass der Besitzdiener als Typusbegriff zu verstehen sei und folglich verschiedenen flexiblen Faktoren unterliege, aber keiner abstrakten Definition zugänglich sei.201 Zwar ergebe sich das Kriterium der Weisungsgebundenheit unmittelbar aus dem Wortlaut des § 855 BGB, dieses sei aber einerseits zu weitgehend, da sich zum Beispiel auch der Geschäftsbesorger nach den Weisungen seines Geschäftsherrn zu richten habe, andererseits aber auch zu eng, da der Begriff nur auf „klassische Besitzdiener“ zugeschnitten sei.202 Folglich ließen sich durchaus aus dem Grundverhältnis zwischen den Beteiligten Rückschlüsse ziehen, jedoch nicht nach starren Regeln. So sei möglicherweise auch trotz Bestehens eines derartigen Grundverhältnisses keine Besitzdienerschaft gegeben (wie zum Beispiel im Fall einer Geschäftsbesorgung), andererseits könne Besitzdienerschaft aber auch gerade ohne ein derartiges Verhältnis bestehen, wie zum Beispiel bei der allgemein anerkannten Besitzdienerschaft bei Unwirksamkeit des Grundverhältnisses.203 Eine weitere von Müller-Erzbach vertretene Auffassung löst die mit dem Wandel des sozialen Umfelds zusammenhängenden Probleme des überkommenen Besitzdienerbegriffs dadurch, dass sie in erster Linie auf die Interessenlage der Beteiligten abstellt. Nach ihr ist die Fremdnützigkeit der Innehabung der tatsächlichen Gewalt das maßgebliche Kriterium.204 Auch sie beansprucht den Wortlaut des § 855 BGB für sich, nämlich die hierin enthaltene Formulierung „für einen anderen“. Zudem ergebe sich die Maßgeblichkeit der Interessenlage bereits aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 855 BGB.205 Das Kriterium der sozialen Abhängigkeit hingegen sei zu unbestimmt und unzeitgemäß, somit verleite es den Rechtsanwender allen199

So auch der BGH in BGHZ 112, 243 (245/252/253); in dieser Entscheidung ging es jedoch nicht um die Besitzer- bzw. Besitzdienerstellung des Professors, sondern um dessen Herstellereigenschaft nach § 950 Abs. 1 BGB im Hinblick auf archäologische Grabungsmaterialien. 200 Enders, S. 61 („Offenheit des Besitzdieners“). 201 Enders, S. 29 ff. 202 Enders, S. 35/36. 203 Enders, S. 38 ff.; zur rechtlichen Wirksamkeit des Grundverhältnisses sogleich, unter c). 204 Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 21 ff. 205 Hartung, S. 231 ff. m. w. N.

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falls dazu, konfliktfremde Erwägungen anzustellen.206 Wie bereits ausgeführt, ist der Wortlaut von § 855 BGB nicht als Aufstellung schematisch zu prüfender Voraussetzungen zu verstehen, sondern als Beschreibung einer bestimmten objektiven Interessenkonstellation. Auch wenn der traditionelle Besitzdienerbegriff den Gesellen oder die Hausmagd im Blick hat, die in sozialer Abhängigkeit zu ihrem Dienstherrn stehen und aufgrund dessen seinen Weisungen unterworfen sind, trifft dieses Bild auf den modernen Besitzdiener nicht zwangsläufig zu. Soweit Enders aus diesen Fakten herleitet, dass der Besitzdiener abstrakt nicht beschrieben werden kann und damit einen Typusbegriff darstellt, kann dem jedoch nicht gefolgt werden, da die (objektive) Fremdnützigkeit der Ausübung der Sachherrschaft und die Interessenlage der Beteiligten taugliche Kriterien für die Einordnung einer Person als Besitzdiener sind. Gerade im Bereich größerer Institutionen (wie zum Beispiel bei Unternehmen oder bei Universitäten) passt nämlich das herkömmliche Kriterium der Weisungsabhängigkeit nicht mehr. Gleichermaßen fällt es schwer, beim Besitz gesetzlicher Vertreter, insbesondere von Eltern für ihre Kinder, ein soziales Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine Weisungsunterworfenheit der Eltern gegenüber dem Kind zu konstruieren, wenn man einmal vom Spezialfall der Bestellung eines Pflegers absieht.207 Somit erscheint es konsequenter, diese Konstellationen des fremdnützigen Besitzes unter den Begriff der Besitzdienerschaft zu fassen, welcher ohnehin vom Rechtsgedanken und Erscheinungsbild her für diese geschaffen wurde, als daneben den Begriff des Organbesitzes bei juristischen Personen, Personenhandelsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts, sonstigen gesetzlichen Vertretern wie insbesondere bei Eltern sowie bei Parteien kraft Amtes zu entwickeln und diesen schließlich im Bedarfsfall analog heranzuziehen.208 Das Kriterium der objektiven Fremdnützigkeit muss allerdings in einigen Fällen um eine wertende Betrachtung der Interessenlage ergänzt werden. So könnte man insbesondere den Verwahrer als unstreitig mittelbaren Besitzer zum bloßen Besitzdiener herabstufen, mit der Folge, dass dieser selbst gerade nicht Besitzer ist, vgl. § 855 BGB. Dieses Ergebnis widerspricht jedoch der Interessenlage der Parteien. Der Verwahrer hat nämlich – im Gegensatz gerade zum Arbeitnehmer als klassischem Besitzdiener – ein schutzwürdiges Interesse, aus eigenem Besitzrecht Besitzschutzansprüche geltend machen zu können, da die Aufbewahrung und der Schutz der 206 Hartung, S. 211 ff. (Hartung spricht in diesem Zusammenhang gar von einem „Nachklang der alten Sklaverei“). 207 Zu den Besitzverhältnissen bei gesetzlicher Vertretung siehe ausführlich unten (unter VIII.). 208 Hierzu sogleich unter VIII.

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Sache Haupt- und nicht nur Nebenpflicht des Verwahrers ist209 und insofern ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Verwahrer und Hinterleger besteht.210 Folglich ist das Kriterium der objektiven Fremdnützigkeit einschränkend um eine Betrachtung der schutzwürdigen Interessen der Beteiligten zu ergänzen. Diese Kriterien tragen dem Wandel der sozialen Verhältnisse und der Vielfalt der möglichen Konstellationen hinreichend Rechnung. Demnach ist Besitzdiener, wer in fremdem Interesse die tatsächliche Sachherrschaft an einer Sache ausübt und kein eigenes schützenswertes Interesse daran hat, selbst die Besitzerstellung an der Sache innezuhaben. b) Erkennbarkeit Außerdem ist umstritten, ob eine Erkennbarkeit des Abhängigkeitsverhältnisses bzw. der Weisungsabhängigkeit nach außen gegeben sein muss. Je nach der Grundauffassung, ob der Besitz als tatsächliche Sachherrschaft schon im Allgemeinen Erkennbarkeit erfordert oder nicht, erstreckt sich dieses Erfordernis auch auf den mittelbaren Besitz.211 Allerdings fordern Teile des Schrifttums212 wie auch die Rechtsprechung213 gerade bei der Besitzdienerschaft Erkennbarkeit der Weisungsunterworfenheit des Besitzdieners und verweisen hierbei vor allem auf die notwendige Publizität des Besitzes im Rechtsverkehr. Teilweise wird die Erkennbarkeit der Besitzdienerschaft für völlig überflüssig erachtet.214 Maßgeblich sei einzig das für einen Außenstehenden ohnehin nur schwer einsehbare Innenverhältnis zwischen Besitzdiener und Besitzherrn215, schließlich könne auch der „Handlungsgehilfe wie ein Prinzipal im Nadelstreifen“ auftreten.216 Nach überwiegender vermittelnder Auffassung braucht die Unterordnung grundsätzlich nicht ständig erkennbar zu sein. Jedoch erfordere das Publizitätsprinzip Erkennbarkeit, sofern durch die Besitzveränderung ein dinglicher Rechtserwerb herbeigeführt werden soll, also insbesondere bei Besitzerwerb und Besitzaufgabe durch den Be209

Palandt/Sprau, § 688, Rn. 4. Vgl. Palandt/Sprau, § 691, Rn. 1. 211 Vgl. MüKomm/Joost, § 854, Rn. 13 und MüKomm/Joost, § 855, Rn. 10. 212 So Eckert, Rn. 66; Jauernig/Jauernig, § 855, Rn. 1; Müller, Rn. 221; Palandt/ Bassenge, § 855, Rn. 2; RGRK/Kregel, § 855, Rn. 5; Prütting, Rn. 66 m. w. N. 213 RGZ 77, 201 (209); BGHZ 27, 360 (363); BGHZ 44, 27 (32). 214 Baur/Stürner, § 7, Rn. 67 (Die Autoren räumen jedoch die hieraus resultierenden Gefahren für den Rechtsverkehr aufgrund der mangelnden Publizität ein.). 215 MüKomm/Joost, § 855, Rn. 10. 216 So noch das Beispiel in der Vorauflage: MüKomm/Joost, 3. Auflage (1997), § 854, Rn. 10. 210

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sitzdiener.217 Dies ist etwa der Fall, wenn der Besitzdiener nunmehr für einen anderen Besitzherrn besitzt (zum Beispiel bei Verpfändung der Sache des alten Besitzherrn an den neuen) oder bei der Begründung von Eigenbesitz durch den Besitzdiener.218 Diese Argumentation aus der Funktion des Besitzes heraus überzeugt, gerade auch weil sie die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs berücksichtigt. Deshalb ist zu fordern, dass, soweit das Außenverhältnis und damit auch die Publizitätsfunktion des Besitzes betroffen ist, die zwischen den Parteien bestehende Interessenlage auch für den Rechtsverkehr sichtbar wird. Denn gerade in diesen Fällen lässt sich – im Zusammenhang mit der Vermutungsfunktion – vom Besitz auf das Eigentum schließen. In anderen Fällen, nämlich insbesondere, wenn ausschließlich die Schutzfunktion des Besitzes betroffen ist, ist dies für Dritte nicht relevant, denn das Eigenmachtverbot gilt für sie gerade absolut, so dass für sie unerheblich ist, wessen Besitz im Ergebnis geschützt wird. c) Rechtliche Wirksamkeit Nach ganz herrschender Meinung ist unerheblich, ob zwischen Besitzdiener und Besitzherrn ein rechtlich wirksames Rechtsverhältnis besteht. So ist es durchaus ausreichend, wenn die Besitzdienerschaft im Rahmen eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses ausgeübt wird.219 Indessen behandelt Prütting dies als eigene Kategorie der besitzdienerähnlichen Rechtsstellung. Diese würde Personen zukommen, welche nur vorübergehend die tatsächliche Gewalt über eine Sache hätten und die deshalb auch wie ein Besitzdiener zu behandeln seien, auch wenn es an sich an einem sozialen Unterordnungsverhältnis fehle.220 217 Erman/Lorenz, § 855, Rn. 9; Soergel/Stadler, § 855, Rn. 4 m. w. N. zum Streitstand; Staudinger/Bund, § 855, Rn. 15; Westermann/Gursky, § 10 II 5. 218 Vgl. Erman/Lorenz, § 855, Rn. 9. 219 Wieling, Sachenrecht I, § 4 IV 1 a cc (zum Beispiel wenn jemand in einer Opernaufführung seinem Sitznachbarn vorübergehend sein Opernglas borgt). Nach Wielings Auffassung ist dies schon deshalb der Fall, weil es nicht auf eine tatsächliche Unterordnung, sondern auf den Willen des Besitzdieners zur Unterordnung ankommt. Für eine analoge Anwendung von § 855 BGB in diesem Fall spricht sich Gursky aus mit der Begründung, hier scheide die direkte Anwendbarkeit mangels sozialer Abhängigkeit aus. Somit sei Besitzdienerschaft lediglich nach § 855 BGB analog anzunehmen, wenn zum Beispiel ein selbständiger Werkunternehmer eine Reparatur vornimmt, vgl. Westermann/Gursky, § 10 IV. 220 So argumentiert Prütting anhand des Beispiels eines Kaufinteressenten, der sich im Buchladen ein Buch anschaut. Hier bestehe zwar keine Besitzdienerschaft mangels sozialer Ober- und Unterordnung, man sollte diesen Fall aber im Ergebnis gleichbehandeln wie die Besitzdienerschaft nach § 855 BGB, siehe Prütting, Rn. 70.

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Ähnlich stellt Last fest, § 855 BGB sei bei sozialen Gefälligkeitsverhältnissen (wie zum Beispiel in dem Fall, dass jemand seinem Sitznachbarn kurz das Opernglas ausborgt oder im Fall eines Tischgastes, der Besteck und Geschirr seines Gastgebers benutzt221) mangels Bestehens eines Überund Unterordnungsverhältnisses nicht anwendbar. Folglich sei hier in jedem Einzelfall nach den allgemeinen Regeln, also insbesondere nach § 854 Abs. 1 BGB und nach § 856 Abs. 2 BGB, zu prüfen, wer jeweils Besitzer ist. Bereits hieraus ergebe sich, dass der Besitz nicht verloren gehe. Zudem sei bei den sozialen Gefälligkeitsverhältnissen eine analoge Anwendung von § 855 BGB geboten. Dies führt zur (anscheinend von Last erwünschten) Rechtsfolge, dass dadurch dem Empfänger der sozialen Gefälligkeit (also zum Beispiel dem Sitznachbarn, der sich das Opernglas ausgeborgt hat,) die Besitzschutzansprüche nach § 860 BGB analog zustehen, wenn er nicht i. S. v. § 854 Abs. 1 BGB Besitzer der Sache ist.222 Wie bereits dargelegt wurde, ist für das Vorliegen der Besitzdienerschaft die objektive Fremdnützigkeit der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft des Besitzdieners maßgeblich, so dass es auf die Wirksamkeit eines irgendwie gearteten Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien ohnehin nicht ankommen kann. Die Diskussion führt jedoch vor Augen, wie sinnlos die Forderung eines Weisungsverhältnisses überhaupt ist, wenn anschließend auf dem Wege der Analogie oder der abweichenden Beurteilung von Ausnahmesituationen versucht wird, über diesen Umweg dennoch stimmige und praktisch sinnvolle Ergebnisse zu erzielen. 2. Besitzdienerwille?

Nach Auffassung von Wieling ist der Wille des Besitzdieners ausschlaggebendes Element für die Besitzdienerschaft. Maßgeblich ist hiernach allerdings nicht der tatsächlich bestehende Wille des Besitzdieners, sondern die „nach der Verkehrsanschauung zu erwartende willentliche Unterordnung . . . unter die Weisungen des Besitzherrn“.223 Auch wenn man die Formulierung „für einen anderen“ in § 855 BGB als Erfordernis einer fremdnützigen Willensrichtung auslegen könnte, ist sie dennoch objektiv zu verstehen, nämlich im Sinne eines Besitzes im fremden Interesse. Dies wird vor allem durch die beispielhafte Aufzählung mög221 Da hierbei naturgemäß nur vorübergehend die Sachgewalt durch einen anderen ausgeübt wird, bezeichnet Last diese Verhältnisse als momentane Detentionsverhältnisse, vgl. Last, JherJB 63 (1913), S. 104 und 113. 222 Last, JherJB 63 (1913), S. 112 ff. 223 Vgl. Wieling, Sachenrecht, S. 57; Wieling, Sachenrecht I, § 4 IV 1 a bb.

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licher Rechtsverhältnisse in § 855 BGB deutlich, bei denen eine Weisungsabhängigkeit eben nur aufgrund der bestehenden Interessenlage besteht.224 Zu diesem Ergebnis gelangen auch andere Stimmen im Schrifttum, nach denen die Unterordnung in eine Organisation sowie das Bestehen eines Weisungsverhältnisses ausschlaggebend sind, allerdings unabhängig vom (möglicherweise sogar entgegenstehenden) Willen des Besitzdieners. Maßgeblich sei nämlich nur die faktische Einordnung.225 Nach der hier vertretenen Auffassung ist Besitzdiener, wer fremdnützig besitzt, wobei sich die Fremdnützigkeit des Besitzes an der objektiven Interessenlage ausrichtet. Zu diesem Ergebnis kommt zunächst auch Wieling, wenn er den Willen des Besitzdieners als ausschlaggebendes Element erachtet, dies aber anschließend in einem zweiten Schritt wieder verobjektiviert. So ist der Besitz, der für die Verkehrsanschauung eine willentliche Unterordnung unter eine andere Person darstellt, nichts anderes als der Besitz, der objektiv im fremden Interesse ausgeübt wird. Insofern wirkt der Ausgangspunkt Wielings zwar geradezu wie das Gegenteil der hier vertretenen Auffassung, besagt aber trotz seiner verschleiernden Einkleidung in ein subjektives Gewand letztlich dasselbe. Aus diesem Grund erscheint es jedoch nur konsequent, im Rahmen der Besitzdienerschaft gänzlich auf subjektive Kriterien zu verzichten. Das Erfordernis eines Besitzdienerwillens ist demnach abzulehnen. V. Erbenbesitz Nach § 857 BGB geht der Besitz des Erblassers automatisch mit dessen Tode auf seine Erben über, und zwar unabhängig davon, wie die Sachherrschaftsverhältnisse sich tatsächlich darstellen.226 Hierbei geht der Besitz auf den Erben zunächst genau in der Form über, in der er auch zuletzt beim Erblasser bestand, also zum Beispiel als gut- oder bösgläubiger Besitz, als Eigen- oder Fremdbesitz, als unmittelbarer oder mittelbarer Besitz227 oder 224 Enders, S. 76 ff. m. w. N.; Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 21/22. Auch der BGH sowie Teile des Schrifttums betonen, ein „Besitzdienerwille“ sei nicht notwendig, vgl. BGHZ 8, 130 (133/134); Baur/Stürner, § 7, Rn. 67; Hoche/Westermann, JuS 1961, S. 74 und 80. 225 Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 38/39; Müller, Rn. 222; Wilhelm, Rn. 481. 226 Vgl. nur Jauernig/Jauernig, § 857, Rn. 2/3; Westermann/Gursky, § 8 1. 227 Lange, FS Felgenträger, S. 298; Staudinger/Bund, § 857, Rn. 8 m. w. N.; Wieling, Sachenrecht, S. 62; Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 e bb. Definiert man den mittelbaren Besitz hingegen als Rechtsverhältnis, findet – mit denselben rechtlichen Folgen – ein Übergang auf den Nacherben nach § 1922 Abs. 1 BGB statt, vgl. Michel, S. 52 ff.; MüKomm/Joost, § 857, Rn. 6 (mittelbarer Besitz als bloßes Rechtsverhältnis).

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als fehlerhafter Besitz. Nach dem Erbfall können dann freilich Änderungen in der Form des Besitzes durch den Erben eintreten.228 Der Anwendungsbereich der Vorschrift liegt vornehmlich im Erbrecht, da sie in Ergänzung zum Übergang der Rechte des Erblassers auf den Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB auch den Übergang des Besitzes als tatsächliche Position anordnet.229 Aus diesem Grund wird die Vorschrift teilweise als Fiktion angesehen, nämlich dahingehend, dass die Rechtsstellung des Erblassers, welche er gerade aufgrund seines Besitzes hatte, auf den Erben übergeht.230 Andere Stimmen hingegen lehnen die Annahme einer Fiktion aufgrund des Wortlauts des § 857 BGB ab, da dieser lediglich feststelle, dass ein Besitzübergang auf den Erben stattfindet und somit die Rechtswirkungen des Besitzes eintreten sollen, aber gerade nicht besage, dass der Erbe als Besitzer bzw. Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft gilt. So handle es sich beim Erbenbesitz um eine besondere Form des Besitzes ohne tatsächliche Sachherrschaft231, wobei teilweise auch in diesem Zusammenhang der Begriff vergeistigte Sachherrschaft gebraucht wird.232 Einer weiteren Ansicht zufolge handelt es sich beim Erbenbesitz nach § 857 BGB um eine reine Rechtsfolgenzuordnung. Der Besitz dürfe nämlich als tatsächliche Position weder fingiert noch in sonstiger Weise einem anderen zugeschrieben werden. Zudem trägt diese Auffassung der Tatsache Rechnung, dass man den Erben nur deshalb als Besitzer behandelt, weil der Erblasser zuvor Besitzer war.233 Der Erbenbesitz hat folglich nichts mit den übrigen Besitztatbeständen gemein, es handelt sich hierbei vielmehr um eine rechtstechnische Regelung.234 Auch wenn diese letztere Ansicht aufgrund der genannten Argumente sachlich besonders überzeugt, muss man sich dennoch bewusst machen, dass der Streit um die Rechtsnatur des Erbenbesitzes in § 857 BGB rein dogmatischer Natur ist und keinerlei praktische Konsequenzen mit sich bringt. Denn es ist unstreitig, dass § 857 BGB einen Sondertatbestand des Besitzes darstellt und nicht mit tatsächlicher Sachherrschaft verbunden ist. Begründet der Erbe oder ein Dritter nach dem Tode des Erblassers tatsächliche Sachherrschaft, ist § 857 BGB nicht mehr anwendbar, und die Besitzverhältnisse ergeben sich einzig aus 228

Eckert, Rn. 58; Wieling, Sachenrecht, S. 60. Wieling, Sachenrecht I, § 4 V I a. 230 Wieling, Sachenrecht, S. 59; Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 c; für die Einordnung als Fiktion auch Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, S. 1077 m. w. N. 231 Michel, S. 22/23; Staudinger/Bund, § 857, Rn. 4. 232 Baur/Stürner, § 8, Rn. 2. 233 Ebenroth/Frank, JuS 1996, S. 796 m. w. N. 234 Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, S. 1077. 229

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§§ 854–856 und 868 BGB. Auch der Regelungszweck sowie der Anwendungsbereich von § 857 BGB werden durch den dogmatischen Streit um den Charakter der Vorschrift in keiner Weise erhellt. Der Zweck des Erbenbesitzes nach § 857 BGB liegt nämlich darin, den Erben allgemein vor Gefahren zu schützen, welche durch die Besitzergreifung Dritter entstehen können.235 Dem Erben sollen hierdurch die vollen Besitzschutzrechte erhalten bleiben unter Verzicht auf die Publizität des Besitzes.236 Auch führt § 857 BGB dazu, dass ein Gegenstand aus dem Nachlass abhandengekommen i. S. v. § 935 BGB ist, sofern Dritte versuchen, ohne Einwilligung des Erben Nachlassgegenstände zu veräußern. Hierdurch wird ein Rechtsverlust des Erben durch gutgläubigen Erwerb Dritter verhindert.237 Allerdings können Dritte durch den öffentlichen Glauben eines Erbscheins nach § 2366 BGB Eigentum an Erbschaftsgegenständen erwerben, sofern ihnen nicht die Unrichtigkeit des Erbscheins oder ein Rückgabeverlangen des Erbscheins durch das Nachlassgericht bekannt ist. Die Regelung in § 2366 BGB trägt der Verkehrssicherheit Rechnung, da sich Geschäftspartner auf die Richtigkeit des Zeugnisses des Erbscheins verlassen können müssen.238 Andererseits bezweckt § 857 BGB insofern auch den Schutz des Rechtsverkehrs, als Ansprüche gegenüber dem Besitzer geltend gemacht werden können, zum Beispiel aus § 836 BGB und aus § 985 BGB.239 Schließlich dient § 857 BGB ebenfalls dem Schutz der Nachlassgläubiger dadurch, dass der Nachlass aufgrund der Klagemöglichkeit nach § 1007 Abs. 2 BGB „rechtlich zusammengehalten“ wird.240 Die Vorschrift des § 857 BGB gilt stets nur zugunsten des wahren Erben, auch wenn sich zunächst (z. Bsp. weil ein überholtes Testament gefunden wurde) eine andere Person für den Erben hält.241 Problematisch ist hingegen die Anwendbarkeit auf den vorläufigen Erben, also auf Personen, denen zunächst die Erbschaft anfällt, wobei dieser Anfall aber durch Ausschlagung, Testamentsanfechtung oder durch Anfechtung der Erbschaftsannahme rückgängig gemacht wird. Einerseits könnte man annehmen, dass in allen diesen Fällen § 857 BGB auf den Zeitpunkt des Erbfalls bezogen stets zugunsten des endgültigen Erben gilt (welcher freilich erst im Nachhinein sicher feststeht). Als Argument hierfür lässt sich 235 236 237 238 239 240 241

Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 c. Baur/Stürner, § 8, Rn. 2; Prütting, Rn. 78. Ebenroth/Frank, JuS 1996, S. 795; Prütting, Rn. 78. Vgl. Palandt/Edenhofer, § 2366, Rn. 1. Ebenroth/Frank, JuS 1996, S. 795. Lange, FS Felgenträger, S. 295. Baur/Stürner, § 8, Rn. 3.

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– für den Fall der Ausschlagung – eben deren Rückwirkung nach § 1953 Abs. 1 und 2 BGB anführen, wonach der Anfall der Erbschaft des Ausschlagenden als von vornherein nicht erfolgt gilt. Dies spricht dafür, dass der endgültige Erbe von vornherein auch nur Besitzer der Erbschaftsgegenstände ist.242 Nach Auffassung von Lange ist beim vorläufigen Erben danach zu differenzieren, ob dessen Erbenstellung durch Ausschlagung der Erbschaft oder auf sonstige Weise wegfällt. Der vorläufige Erbe, der die Erbschaft noch ausschlagen kann, wisse nämlich (Rechtskenntnisse seien ihm unterstellt) um seine vorläufige Stellung und um die Tatsache, dass jede Verhaltensweise, die über das Notwendigste hinausgeht, als konkludente Erklärung der Annahme der Erbschaft gedeutet werden kann, welche ihn zum endgültigen Erben machen würde. Er sei schützenswert, da es sich im Fall einer Erbschaftsausschlagung häufig um einen risikobelasteten Nachlass handle, weshalb dem vorläufigen Erben auch gemäß § 1959 Abs. 2 BGB ein Notverfügungsrecht zustehe.243 Aus diesem Grunde sei § 857 BGB auf den vorläufigen Erben anwendbar.244 Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der vorläufige Erbe in dem betreffenden Zeitraum gerade dazu berechtigt ist, zur Erbschaft gehörige Sachen in seinen Besitz zu nehmen.245 Dagegen soll nach herrschender Auffassung § 857 BGB solange auf den vorläufigen Erben anzuwenden sein, bis dessen Erbenstellung wegfällt.246 Begründet wird dies mit der verwalterähnlichen Stellung des vorläufigen Erben vor seiner Ausschlagung der Erbschaft, die sich aus der Verweisung von § 1959 Abs. 1 BGB auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag ergebe.247 Auch Wieling betont für den vorläufigen Besitzer die Notwendigkeit, den Nachlass z. Bsp. zwecks einer Entscheidung über die Ausschlagung zu überprüfen, ohne gleichzeitig verbotene Eigenmacht zu begehen. Mit dem Zeitpunkt des Wegfalls der Erbenstellung des vorläufigen Erben sei jedoch § 857 BGB zugunsten des endgültigen Erben anzuwenden, der in diesem Fall ebenfalls schutzbedürftig sei.248 Dieser Schutz des ausschlagungsberechtigten Erben überzeugt zunächst. Zum einen dient diesem die Ausschlagungsfrist von grundsätzlich sechs Wochen nach Kenntnis des Erben vom Erbschaftsanfall bzw. nach Testa242

Weimar, MDR 1965, S. 109. Lange, FS Felgenträger, S. 303. 244 Lange, FS Felgenträger, S. 302 ff.; zustimmend insofern Weimar, S. 109/110. 245 Lange, FS Felgenträger, S. 303/304. 246 Baur/Stürner, § 8, Rn. 3; Soergel/Stadler, § 857, Rn. 3 m. w. N.; Staudinger/ Bund, § 857, Rn. 22/23 m. w. N. 247 Vgl. Ebenroth/Frank, JuS 1996, S. 798. 248 Wieling, Sachenrecht, S. 60; Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 d. 243

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mentseröffnung (§ 1944 Abs. 1 und 2 BGB) gerade als Prüf- und Bedenkzeit, ob für ihn eine Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft sinnvoll ist. Gerade dies würde unterlaufen, wäre der ausschlagungsberechtigte Erbe nicht bis zu einer Ausschlagung durch § 857 BGB vor verbotener Eigenmacht oder Verfügungen Nichtberechtigter geschützt. Dem ausschlagungsberechtigten Erben kommt damit in der Tat eine verwalterähnliche Stellung zu, die wie bereits angeführt in § 1959 BGB ihren Niederschlag gefunden hat und berücksichtigt, dass der ausschlagungsberechtigte Erbe nicht in den Nachlass „eigenmächtig eindringt“249, sondern durch die Möglichkeit der Erbausschlagung lediglich privilegiert wird und ihm nicht das Erbe eines unerwünschten Nachlasses aufgedrängt wird. Allerdings ist auch der vorläufige Erbe schutzwürdig, dessen Erbenstellung später angefochten wird oder der später selbst seine Erklärung der Annahme der Erbschaft anficht. Zwar fehlt es in beiden Fällen an einer mit § 1959 BGB vergleichbaren gesetzlichen Regelung250, andererseits fungiert auch der vorläufige Erbe, dessen Erbenstellung später durch Anfechtung wegfällt, als Verwalter, der nach den gesetzlichen Wertungen bis zur Anfechtungserklärung rechtlich zum Besitz der Nachlassgegenstände befugt ist. Daneben ist bis zur Erklärung der Anfechtung der Erbenstellung für den vorläufigen Erben unsicher, ob eine solche Erklärung überhaupt erfolgt. Somit wäre bis zu einer Anfechtungserklärung, die nach § 2082 BGB binnen eines Jahres nach Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund bzw. spätestens nach 30 Jahren erfolgen kann, ungewiss, ob verbotene Eigenmacht seitens des vorläufigen Besitzers oder ein Abhandenkommen der Sache vorliegen. Ein solcher Schwebezustand findet im Gesetz ebenfalls keinen Anhaltspunkt, vielmehr hat der vorläufige Erbe bis zur Anfechtungserklärung die Stellung eines vollwertigen Erben. Er befindet sich mithin in einer vergleichbaren Situation wie der ausschlagungsberechtigte Erbe.251 Damit gilt § 857 BGB für sämtliche Fälle einer vorläufigen Erbenstellung bis zur Beendigung dieser Stellung auch zugunsten des vorläufigen Erben. Daraus folgt, dass der vorläufige Erbe nach Wegfall seiner Erbenstellung verpflichtet ist, die Erbschaftsgegenstände an den endgültigen Erben herauszugeben, dass aber vorherige Handlungen durch ihn weder verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB darstellen noch zu einem Abhandenkommen der Nachlassgegenstände i. S. v. § 935 BGB führen. Ebenfalls uneinheitlich beantwortet wird die Frage, ob § 857 BGB im Fall einer Vor- und Nacherbschaft zugunsten des Nacherben Anwendung fin249

Weimar, S. 110. Staudinger/Bund, § 857, Rn. 22 m. w. N. 251 So auch BGH NJW 1969, 1349 (1349) und Soergel/Stadler, § 857, Rn. 6 jeweils m. w. N. zum Streitstand. 250

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det. Der herrschenden Meinung im Schrifttum zufolge führt die Anwendung von § 857 BGB nur in gewisser Hinsicht im Nacherbfall zu einem Besitzübergang auf den Nacherben: Der Nacherbe ist nämlich Erbe des ursprünglichen Erblassers und nicht des Vorerben. Der ursprüngliche Erblasser hat zum Zeitpunkt des Nacherbfalls überhaupt keinen Besitz mehr, welcher auf den Nacherben übergehen könnte. Auch trifft nach herrschender Meinung der Schutzzweck des § 857 BGB auf den vorliegenden Fall nicht zu, denn die Vorschrift solle den Nacherben vor Zugriffen Dritter schützen, nicht aber vor dem Vorerben, der weiterhin im Besitz der Sache ist. Demnach gehe der Besitz nur insofern über, als der Vorerbe noch nach § 857 BGB besitze.252 Hieraus ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen, je nachdem, ob der Nacherbfall zu Lebzeiten des Vorerben oder mit dem Tod des Vorerben eintritt.253 Im ersten Fall gilt § 857 BGB mit Eintritt des Nacherbfalls für den Nacherben. Ausgenommen hiervon sind jedoch Gegenstände, an denen der Vorerbe tatsächlichen Besitz erlangt hat, da hieran bei Eintritt des Nacherbfalls kein Besitz des Erblassers mehr besteht und der Nacherbe gerade nicht Erbe des Vorerben ist. Die Zugehörigkeit der betreffenden Sache zum Nachlass ist dann nämlich durch die Besitzhandlung aufgehoben worden, und dem Vorerben bleibt der Besitz an der Sache erhalten.254 Im zweiten Fall wendet die herrschende Meinung ebenfalls § 857 BGB an, nimmt jedoch einen Erbenbesitz des Nacherben von Gegenständen aus, an denen der Vorerbe tatsächlichen Besitz begründet hatte. Diesbezüglich sind folgerichtig die Erben des Vorerben nach § 857 BGB Erbenbesitzer.255 Nach Auffassung von Wolff/Raiser findet ein Übergang des Besitzes vom Vorerben auf den Nacherben nach § 857 BGB hingegen nicht nur statt, wenn der Vorerbe den Besitz noch nicht tatsächlich ergriffen hatte, sondern auch, wenn er den Nachlass des ursprünglichen Erblassers von seinem übrigen Vermögen getrennt verwaltet hatte.256 Diese Differenzierung erscheint nicht nachvollziehbar, da bei getrennter Verwaltung der Nachlass zwar vom sonstigen Vermögen des Vorerben abgrenzbar ist, dies aber ohne Einfluss auf die Besitzverhältnisse ist. Gleichwohl ist die strikte Anwendung von § 857 BGB abzulehnen. Sinn und Zweck des § 857 BGB ist ebenfalls der Schutz des Nacherben, für den 252 Ebenroth/Frank, JuS 1996, S. 797; Kress, S. 188; Lange, FS Felgenträger, S. 298; Michel, S. 168 ff.; Staudinger/Bund, § 857, Rn. 21 m. w. N.; Strohal, JherJB 38 (1898), S. 104/105. 253 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 e. 254 Kress, 188; Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 e; siehe auch Wieling, Sachenrecht, S. 60 ff. 255 Ebenroth/Frank, 1996, S. 797 m. w. N.; MüKomm/Joost, § 857, Rn. 11 m. w. N.; Soergel/Stadler, § 857, Rn. 3; Staudinger/Bund, § 857, Rn. 21 m. w. N. 256 Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 43.

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gerade auch vom Vorerben Gefahren ausgehen. Damit begeht der Vorerbe verbotene Eigenmacht, wenn er nicht unverzüglich nach dem Eintritt des Nacherbfalls sämtliche Gegenstände aus dem Nachlass an den Nacherben herausgibt, auch wenn er zuvor tatsächliche Sachherrschaft an diesen begründet hatte.257 Wenn hingegen der Nacherbfall im Tod des Vorerben liegt (was in der Praxis häufig der Fall sein wird), ist § 857 BGB voll anwendbar. Dann gehen die Sachen, die der Vorerbe als Vorerbe nach § 857 BGB besaß, auf den Nacherben über, alle übrigen Sachen dagegen auf den Erben des Vorerben.258 Hierdurch gelangt man auch zu sachgerechten Ergebnissen, zumal bis zum Nacherbfall auch der Vorerbe als Erbe schutzwürdig ist und sich verbotener Eigenmacht erwehren können muss. Dies geschieht nicht zuletzt im wirtschaftlichen Interesse des Nacherben, dessen Rechtsstellung auch durch die §§ 2111 ff. BGB geschützt wird. Nach Eintritt des Nacherbfalls ist hingegen ausschließlich der Nacherbe schützenswert, da der Vorerbe seine Erbenstellung verliert. Schließlich ist nach ganz herrschender Meinung § 857 BGB entsprechend abwendbar auf andere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge, wie zum Beispiel bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaften.259 VI. Mitbesitz Der Mitbesitz ist im BGB nur indirekt definiert, nämlich in der Vorschrift des § 866 BGB, die sich mit dem Besitzschutz unter Mitbesitzern befasst. Danach liegt Mitbesitz vor, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich Besitzer einer Sache sind. Dies wird dahingehend verstanden, dass sämtliche Mitbesitzer die tatsächliche Herrschaft über die Sache ausüben und hierdurch jeder die ganze Sache besitzt. Eine Art Mitbesitz nach ideellen Bruchteilen gibt es folglich gerade nicht.260 Allerdings ist es für den Mitbesitz unschädlich, wenn ein Mitbesitzer die Sache im Rahmen seines Gebrauchsrechts allein benutzt, so zum Beispiel, wenn einzelne Mitmieter die Waschküche ihres Hauses an einem bestimmten Waschtag jeweils allein nutzen (dürfen).261 257

Wieling, Sachenrecht I, § 4 V e aa. Wieling, Sachenrecht I, § 4 V e bb. 259 Baur/Stürner, § 8, Rn. 4; Jauernig/Jauernig, § 857, Rn. 4; Müller, Rn. 113a; Palandt/Bassenge, § 857, Rn. 1; Staudinger/Bund, § 857, Rn. 28 m. w. N.; Westermann/Gursky, § 15 II; Wieling, Sachenrecht I, § 4 V 1 f; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 43/44 m. w. N.; anderer Auffassung ist Michel, S. 193 ff.: Nur dann analoge Anwendung des § 857 BGB, wenn die betreffende Sache ansonsten besitzlos würde, dies sei nämlich der vorrangige Regelungszweck des § 857 BGB. 260 Vgl. Vieweg/Werner, § 2, Rn. 10 m. w. N.; Wieling, Sachenrecht I, § 6 II 4. 261 Wieling, Sachenrecht, S. 52. 258

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Hinsichtlich des subjektiven Elements ist zwar wie auch beim Alleinbesitz ein Besitzwille der einzelnen Mitbesitzer erforderlich, allerdings ist nach herrschender Meinung ein subjektives Element in Form eines Willens zum Mitbesitz entbehrlich. Das bedeutet, die Mitbesitzer müssen sich nicht der Tatsache bewusst sein, dass sie sich den Besitz teilen, vielmehr reicht es aus, wenn sich jeder Mitbesitzer für den Alleinbesitzer hält.262 Gemeinhin unterscheidet man zwischen schlichtem Mitbesitz und gesamthänderischem Mitbesitz. Letzterer ist so gestaltet, dass die Beteiligten zusammenwirken müssen, um diesen in irgendeiner Form ausüben zu können. Klassisches Beispiel hierfür ist das Schließfach bei der Bank, das dessen Mieter nur im Zusammenwirken mit der Bank öffnen kann.263 Einfacher Mitbesitz hingegen kann von jedem Beteiligten ausgeübt werden, ohne dass es eines Zusammenwirkens mit den anderen Mitbesitzern bedarf. Der Begriff des gesamthänderischen Mitbesitzes ist allerdings insofern missverständlich, als es gerade nicht (nur) um den Besitz von Gesamthandsgemeinschaften geht.264 Praktisch haben Eheleute zumeist schlichten Mitbesitz an gemeinsam genutzten Gegenständen, wie insbesondere an der Ehewohnung und deren Inventar. Allerdings hat ein Ehegatte, wenn ein Gegenstand oder die Wohnung in seinem Alleineigentum steht, daran Alleinbesitz und der mitbenutzende Ehegatte ist mittelbarer Besitzer für diesen.265 Auch Miteigentümer (§§ 1008 ff. BGB) sind in der Regel Mitbesitzer.266 262 Michalski, AcP 181 (1981), S. 412; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 3 c; Wolff, JherJB 44 (1902), S. 148/149; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 36; folgerichtig ist es auch möglich, dass ein Mitbesitzer Eigenbesitz, der andere Mitbesitzer hingegen Fremdbesitz innehat. 263 Eine Gegenauffassung geht hier vom Alleinbesitz des Bankkunden aus, unter Hinweis darauf, dass der Bank im Hinblick auf den Inhalt des Schranks keinerlei Handlungen gestattet sind. Derartige schuldrechtliche (regelmäßig durch AGB geregelte) Absprachen sind jedoch nicht geeignet, die für die Besitzverhältnisse maßgebliche tatsächliche Sachherrschaft über den Inhalt des Schrankfachs zu beeinflussen, vgl. Werner, JuS 1980, S. 175/176 m. w. N. zum Ganzen. Andere Stimmen gehen von Alleinbesitz mit der Begründung aus, der Mitverschluss der Bank sei eine bloße Sicherungsvorkehrung ohne Herrschaftsmacht (vgl. Kollhosser, JuS 1992, S. 216 m. w. N.). Auch dieses Argument verkennt jedoch die tatsächliche Sachherrschaft der Bank, die vorliegend besteht, und zwar unabhängig von den dahinter stehenden Gründen. 264 Vgl. Baur/Stürner, § 7, Rn. 78 ff.; Erman/Lorenz, § 866, Rn. 1; Soergel/Stadler, § 866, Rn. 2; Westermann/Gursky, § 11 II; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 15; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 36/37; Müller, Rn. 259/260 und Eckert, Rn. 55 (die beiden letzteren allerdings unter Verwendung der Bezeichnungen schlichter bzw. qualifizierter Mitbesitz); Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 3 c, der freilich anmerkt, die Unterscheidung sei „ohne praktischen und von geringem didaktischem Wert“. 265 Baur/Stürner, § 7, Rn. 81; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 16; maßgeblich sind insofern die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse, vgl. Westermann/ Gursky, § 20 I. 266 MüKomm/Joost, § 866 BGB, Rn. 6.

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Schließlich ist nach herrschender Auffassung ein gleichstufiger Mitbesitz nicht in dem Sinne möglich, dass eine Person sowohl für eine andere als auch für sich selbst besitzt. So kann zum Beispiel der Käufer eines Grundstücks Briefe von Briefgrundschulden nicht sowohl unmittelbar für sich selbst als auch mittelbar für den Verkäufer besitzen.267 VII. Nebenbesitz? Die Frage der Anerkennung des sog. gleichstufigen Nebenbesitzes ist stark umstritten. Hierunter versteht man den Fall, dass ein Besitzmittler den Besitz an zwei oder mehrere mittelbare Besitzer mittelt, und zwar jeweils gleichstufig und aufgrund voneinander unabhängiger Besitzmittlungsverhältnisse, so dass beide besitzrechtlich dieselbe Stellung haben.268 Hierbei betreibt der Besitzmittler zwangsläufig ein Doppelspiel (oder wird für ein solches Doppelspiel instrumentalisiert), indem er bei Begründung des zweiten Besitzmittlungsverhältnisses den mittelbaren Besitzer nicht darüber aufklärt, dass bereits ein (erstes) Besitzmittlungsverhältnis besteht. Die Problematik des Nebenbesitzes tritt vor allem im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs nach §§ 931, 934 Alt. 1 BGB auf. Hier erfolgt die Übereignung durch Abtretung eines Herausgabeanspruchs. Diese Konstellation besteht insbesondere in den sog. Lagerhalter-Fällen269, in denen ein Lagerhalter, bei dem die Sachen untergebracht sind, das Doppelspiel betreibt: Hier kauft zum Beispiel K Ware von V unter Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts. Im Einvernehmen mit E wird die Ware im Lager des Lagerhalters L untergebracht. K wiederum verwendet die Ware für eine Sicherungsübereignung an die Bank B unter Abtretung eines (in Wirklichkeit nicht bestehenden) Herausgabeanspruchs gegen L. L wiegt jetzt sowohl V als auch B in Sicherheit und bestätigt jeweils beiden gegenüber, er besitze für sie aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses. Mithin gehen sowohl V als auch B davon aus, sie seien mittelbare Besitzer. Damit stellt sich die Frage, ob B die Ware nach § 934 Alt. 1 BGB gutgläubig erwerben konnte. Dies halten die Vertreter der Lehre vom Nebenbesitz nicht für interessengerecht. Sie gehen davon aus, dass sowohl V als auch B gleichberechtigt nebeneinander mittelbare Besitzer, also sog. Nebenbesitzer, sind. Ein solcher Nebenbesitz der B wird jedoch im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs nach § 934 Alt. 1 BGB nicht für ausreichend erachtet, zumal der Neben267 268 269

Ausführlich zum Streitstand Hummel, MDR 1967, S. 967 ff. Vgl. Kollhosser, JuS 1992, S. 219; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 39 ff. Vgl. nur RGZ 135, 75 (75 ff.).

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2. Teil: Besitz

besitzer der Sache schließlich nicht näher stünde als deren (ursprünglicher) Eigentümer selbst.270 Versuchte man, in den betreffenden Konstellationen nur einem Beteiligten den mittelbaren Besitz zuzusprechen, führte dies zwangsläufig zu willkürlichen und unsachgemäßen Ergebnissen.271 Für die Lehre vom gleichstufigen Nebenbesitz wird weiterhin angeführt, sie trage der Schutzbedürftigkeit des Alteigentümers Rechnung.272 Die Lösung stehe zudem mit dem Gesetz im Einklang, da die Aufzählung der Besitztatbestände im BGB lediglich beispielhaften Charakter habe.273 Weiterhin sei der Nebenbesitz zwanglos aus § 870 BGB heraus zu erklären: Nach dieser Vorschrift gehe der mittelbare Besitz nämlich (lediglich) durch Abtretung des Herausgabeanspruchs über, und zwar unabhängig von der Kenntnis oder dem Willen des unmittelbaren Besitzers. Lediglich wenn der unmittelbare Besitzer seinen Willen ändere und ein neues Besitzmittlungsverhältnis begründe, ende der Besitz des mittelbaren Besitzers.274 Außerdem berücksichtige nur die Anerkennung des Nebenbesitzes hinreichend die tatsächlichen Verhältnisse, da bei Begründung des zweiten Besitzmittlungsverhältnisses völlig offen sei, welche Weisungen der Besitzmittler befolgen wird und wer somit in welchem Umfang Einfluss auf die Sache ausüben kann.275 Somit sei nur die Lehre vom Nebenbesitz in der Lage, das zweideutige Verhalten des Besitzmittlers zu erfassen. Sei dieser nämlich grundsätzlich bereit, die Sache entweder an den einen oder an den anderen mittelbaren Besitzer herauszugeben, bestünden zwei gleichwertige Besitzmittlungsverhältnisse nebeneinander. Erst wenn der Besitzmittler dem Herausgabeverlangen eines mittelbaren Besitzers nachgebe, löse er sich erkennbar von dem jeweils anderen Besitzmittlungsverhältnis, so dass der Nebenbesitz ende.276 Dieser Auffassung der Lehre vom Nebenbesitz sind jedoch Rechtsprechung und herrschende Meinung nicht gefolgt. Bereits das Reichsgericht entschied im ersten Lagerhalterfall, dass die Begründung des neuen Besitzmittlungsverhältnisses automatisch das zuvor begründete Besitzmittlungsverhältnis beende. Da Besitz definiert sei als ausschließliche Gewalt über eine Sache, könne folgerichtig – abgesehen von der Konstellation des Mitbesitzes – stets nur eine Person Besitzer sein.277 Zudem seien die mög270 Medicus, BGB, Rn. 558 ff. m. w. N. zu Problematik und Streitstand (insbesondere Rn. 561); vgl. auch Petersen, Jura 2002, S. 257. 271 Lange, JuS 1969, S. 164. 272 Medicus, FS Hübner, S. 618 ff. 273 Lange, JuS 1969, S. 164. 274 Brehm/Berger, Rn. 3.21. 275 Medicus, FS Hübner, S. 622. 276 Soergel/Stadler, § 868, Rn. 20 ff. m. w. N. zu Problematik und Streitstand.

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lichen Formen des Besitzes an einer Sache im BGB abschließend geregelt.278 Insofern stünde der Nebenbesitz nicht im Einklang mit dem Konzept des Zivilrechts. Er sei „phänomenologisch und funktionell nicht integrierbar“, da er in Wirklichkeit keine Aufspaltung, sondern eine Verdoppelung der Besitzposition bewirke.279 Hierdurch würde der Besitzbegriff abgewandelt, nur um ein punktuelles, im Rahmen von § 934 Alt. 1 BGB auftretendes, Problem zu lösen.280 Weiterhin ist die Figur des Nebenbesitzes nicht vereinbar mit der Konstruktion des mittelbaren Besitzes an sich, denn die Herausgabebereitschaft des Besitzmittlers gegenüber dem einen mittelbaren Besitzer schließt die Herausgabebereitschaft gegenüber einem möglichen weiteren mittelbaren Besitzer logisch aus.281 So ist es zwar möglich, dass sich der Besitzmittler gleichzeitig zwei Personen gegenüber zur Herausgabe der Sache verpflichtet, allerdings kann sein Wille zur Erfüllung dieser Verpflichtung immer nur bezüglich einer von beiden Personen bestehen282 und wenn es sich dabei allgemein um die erste von beiden Personen handelt, die sich meldet. Folglich ist das Schicksal der Sache ex-ante betrachtet objektiv offen, denn es steht ja nicht fest, welchem Beteiligten der Besitzmittler die Sache herausgeben wird.283 Auch in subjektiver Hinsicht wirkt die Figur des Nebenbesitzes gekünstelt. Die Auslegung der Erklärung des Besitzmittlers nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte ergibt bereits, dass der Besitzmittlungswille im Hinblick auf den ursprünglichen mittelbaren Besitzer endet.284 Schließlich brächte die Anerkennung des Nebenbesitzes auch eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich. So könnte man niemals sicher feststellen, zugunsten welcher Person gerade Besitzmittlungswille gegeben ist. Die Lehre vom Nebenbesitz führte zu einem abgeschwächten Besitz neben dem gewöhnlichen Besitz, wobei unsicher wäre, welche der Besitzvorschriften auf diesen Anwendung finden.285 Auch wäre unklar, für welchen Nebenbesitzer die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB spräche.286 277 RGZ 135, 75 (79 ff.); zustimmend insofern RGZ 138, 265 (267); BGHZ 28, 16 (27/28); BGHZ 50, 45 (50/51) (sog. Fräsmaschinenfall); Westermann/Gursky, § 19 II 4; ähnlich Picker, AcP 188 (1988), S. 541 ff. 278 RGZ 135, 75 (80/81). 279 Picker, AcP 188 (1988), S. 536. 280 Picker, AcP 188 (1988), S. 533 ff. 281 Erman/Lorenz, § 868, Rn. 42; MüKomm/Joost, § 868, Rn. 20; Müller, Rn. 258a; Palandt/Bassenge, § 868, Rn. 2; Tiedtke, WM 1978, S. 450/451. 282 Michalski, AcP 181 (1981), S. 401/402. 283 Picker, AcP 188 (1988), S. 540. 284 Kollhosser, JuS 1992, S. 219/220. 285 Tiedtke, WM 1987, S. 451. 286 RGZ 135, 75 (81); MüKomm/Joost, § 868, Rn. 20; Müller, Rn. 258a.

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2. Teil: Besitz

Angesichts der aufgezeigten Widersprüche, in die sich die Lehre vom Nebenbesitz verstrickt, erscheint es folglich überzeugend, von aufeinanderfolgenden Besitzmittlungsverhältnissen auszugehen und die Existenz des Nebenbesitzes abzulehnen. Der Auffassung von Rechtsprechung und herrschender Meinung im Schrifttum ist damit zu folgen. Die Interessenbewertung der Lehre vom Nebenbesitz im Rahmen von § 934 Alt. 1 BGB ist zwar durchaus nachvollziehbar, es erscheint aber nicht sachgerecht, gesetzliche Missstände bei § 934 Alt. 1 BGB über ein Verbiegen des Besitzbegriffs zu umgehen. Auch kann man ohne eine Anerkennung des Nebenbesitzes durchaus den Interessen der Beteiligten Rechnung tragen. So findet ein gutgläubiger Erwerb nach § 934 Alt. 1 BGB nur bei offenkundigem Vertrauensbruch durch den mittelbaren Besitzer statt oder wenn der Eigentümer diesem eine Weitergabe der Sache erlaubt hat. Hierdurch kommt der vorsichtige Eigentümer nicht zu Schaden.287 Allerdings ist im Einzelnen streitig, welche Konsequenz aus der Ablehnung des Nebenbesitzes zu ziehen ist. Zum einen wird davon ausgegangen, dass schon durch die Begründung des zweiten Besitzmittlungsverhältnisses der Besitzmittler das erste Besitzmittlungsverhältnis bricht, so dass dieses erlischt.288 Zum anderen wird angenommen, erst das weitere, über die Vereinbarung des zweiten Besitzmittlungsverhältnisses hinausgehende, Verhalten breche das erste Besitzmittlungsverhältnis.289 Hierdurch kommt es theoretisch zu einem beliebig häufigen Wechsel des Besitzes, je nachdem, wie das Verhalten des Besitzmittlers zu beurteilen ist.290 Die Frage, welcher Ansicht hier zu folgen ist, lässt sich aus den Voraussetzungen des mittelbaren Besitzes heraus beantworten. Diese liegen im Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses mit einem Herausgabeanspruch sowie im hierauf gerichteten Willen des Besitzmittlers. Betreibt der Besitzmittler nun ein Doppelspiel, so schwankt er nicht etwa zwangsläufig zwischen einer Herausgabebereitschaft an den einen oder anderen mittelbaren Besitzer, sondern sein Verhalten ist zunächst widersprüchlich. Das zuerst begründete Besitzmittlungsverhältnis besteht jedoch solange fort, bis der Besitzmittlungswille endet. Dies kann anlässlich eines konkreten Herausgabeverlangens des neuen mittelbaren Besitzers geschehen oder auf eigene Entscheidung des Besitzmittlers hin.

287 288 289 290

Vgl. Kindl, AcP 201 (2001), S. 405 ff. BGH NJW 1979, 2037 (2038). Westermann/Gursky, § 19 II 4. RGRK/Kregel, § 868, Rn. 21.

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VIII. Organbesitz 1. Juristische Personen

Nach herrschender Meinung besteht bei juristischen Personen sog. Organbesitz. Hierbei üben für die juristische Person deren Organe den Besitz aus, der Besitz wird jedoch der juristischen Person zugerechnet, so dass diese selbst Besitzerin ist.291 Diese Neuschöpfung führe zu sachgerechten und praktisch sinnvollen Ergebnissen, zum Beispiel beim Tod eines geschäftsführenden Gesellschafters, beim Verlust der Geschäftsführungsberechtigung oder beim Ausscheiden eines Gesellschafters, im Rahmen des Besitzschutzes sowie auch hinsichtlich der an den Besitz geknüpften Verpflichtungen (wie zum Beispiel den Pflichten aus §§ 985 ff. BGB und der Haftung des Grundstücksbesitzers nach § 836 BGB).292 Eine Einschränkung wird jedoch von Flume dahingehend vorgenommen, dass Organbesitz nur an den Sachen besteht, welche sich auch im räumlichen Herrschaftsbereich der juristischen Person befinden.293 Allerdings ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die räumliche Nähe für die Zurechnung eine Rolle spielen soll, da diese auch bei den anderen Besitztatbeständen nicht zwingend gegeben sein muss.294 Selbstverständlich wird man Organbesitz aber nur solange annehmen können, wie das Gesellschaftsorgan den Besitz auch in seiner Funktion als Organ ausübt. Hierfür sind die räumlichen Verhältnisse freilich ein gewisses Indiz, so dass zum Beispiel kein Besitz mehr vorliegt, wenn das Organ Gegenstände der Gesellschaft unterschlägt und zum privaten Gebrauch mit nach Hause nimmt. Anders verhält es sich jedoch gerade, wenn zum Beispiel Akten übers Wochenende mit nach Hause genommen werden. Nach Ansicht von Ernst Wolf sind die Organe Besitzmittler für juristische Personen und auch Personengesellschaften. Die juristische Person sei nämlich nur eine Fiktion und könne somit auch keinen Besitz innehaben.295 291 BGHZ 56, 73 (77); BGHZ 57, 166 (167); BGH NJW 2004, 217 (219); Brehm/Berger, Rn. 3.29; Erman/Lorenz, § 854, Rn. 5; Habersack, Sachenrecht, Rn. 44; Jauernig/Jauernig, § 854, Rn. 13; MüKomm/Joost, § 854 BGB, Rn. 17 ff. m. w. N.; Müller, Rn. 287a ff.; Petersen, Jura 2002, S. 256/257; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 III 2; Soergel/Stadler, § 854, Rn. 14; Staudinger/Bund, § 854, Rn. 58 m. w. N.; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 48; Westermann/Gursky, § 20 II 2; Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 4 a; Wilhelm, Rn. 481 (Fn. 966); Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 13; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 24 (Fn. 1) m. w. N. 292 Flume, Gesamthand, S. 82 ff. 293 Flume, Gesamthand, S. 80/81. 294 Staudinger/Bund, § 854, Rn. 59; zur Entbehrlichkeit des Kriteriums der räumlichen Nähe beim unmittelbaren Besitz siehe oben (unter § 6 D. II. 2.). 295 Wolf, Sachenrecht, S. 86 (insbesondere Fn. 102).

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2. Teil: Besitz

Andere Stimmen gehen von einer Besitzdienerschaft der Organe aus.296 Dem ist zuzustimmen. Nach zu befürwortender Auffassung297 ist nämlich für das Vorliegen von Besitzdienerschaft die Fremdnützigkeit der Besitzausübung durch den Besitzdiener und nicht die Weisungsgebundenheit des Besitzdieners entscheidend.298 Die Organe üben die ihnen nach der Verkehrsanschauung zukommende tatsächliche Sachherrschaft bei objektiver Betrachtungsweise fremdnützig für die juristische Person aus. Zudem führt eine solche Einordnung als Besitzdiener zu praktisch sinnvollen Ergebnissen, ohne mit dem Organbesitz eine neue und nicht im BGB angelegte Besitzform zu schaffen. So hat die Besitzdienerschaft der Organe zur Folge, dass die juristische Person wegen § 935 BGB vor einem gutgläubigen Erwerb Dritter geschützt ist, wenn deren Organe bewegliche Sachen veruntreuen.299 Hiergegen spricht auch nicht der Schutz des Rechtsverkehrs, denn es ist nicht ersichtlich, weshalb es für den Rechtsverkehr einen Unterschied machen soll, ob ein Organ der juristischen Person im Rechtsverkehr tätig wird oder aber einer ihrer Prokuristen, der anerkanntermaßen Besitzdiener ist. Überdies ist die Gesellschaft im Fall der Besitzdienerschaft ihrer Organe selbst nach § 855 BGB Besitzerin und kann damit Selbsthilferechte nach § 859 BGB sowohl gegenüber Dritten als auch gegenüber den Organen geltend machen, die sich eigenmächtig zum Besitzherrn aufschwingen und damit Gegenstände der Gesellschaft veruntreuen. Bei einem Organwechsel, beispielsweise durch Ausscheiden oder Tod des bisherigen Amtsinhabers, endet die Fremdnützigkeit des Besitzes auch nicht automatisch, sondern die ursprüngliche tatsächliche Sachherrschaft des bisherigen Amtsinhabers bleibt unter Umständen noch aufrechterhalten, so dass die Besitzdienerschaft nicht – wie beim Organbesitz – automatisch mit der Organstellung endet. So kann auch das ausgeschiedene Organ, das unter Umständen noch nichts von seinem Ausscheiden weiß, ebenfalls noch Besitzschutzansprüche nach § 859 BGB geltend machen. 2. Personenhandelsgesellschaften

Die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft wurden nach älterer Ansicht grundsätzlich als Mitbesitzer angesehen, es bestand sog. Mitbesitz zur gesamten Hand.300 Nach neuerer und heute herrschender Ansicht be296 So auch Ballerstedt, JuS 1965, S. 276; Heck, § 18 V; Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 32/33; Strohal, JherJB 38 (1898), S. 16. 297 Siehe oben [unter IV. 1. a)]. 298 So auch Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 32/33. 299 Strohal, JherJB 38 (1898), S. 16 und Heck, § 18 V. 300 Steindorff, S. 156 ff. (zu unterscheiden vom gesamthänderischen Mitbesitz, siehe hierzu oben unter IV.).

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steht jedoch bei den Personengesellschaften des Handelsrechts301 ebenso wie bei juristischen Personen Organbesitz.302 Da die Personengesellschaften durch ihre Rechtsfähigkeit nach § 124 Abs. 1 HGB stark der juristischen Person angenähert seien, erscheine es nämlich nahe liegend, auch hier eine Besitzzurechnung in der Form des Organbesitzes anzunehmen.303 Nach Auffassung von Ulmer ist der Grund für die Annahme von Organbesitz nicht die Annäherung der OHG an eine juristische Person durch § 124 Abs. 1 HGB, sondern vielmehr bereits die Struktur der Gesamthand per se. Diese stelle ein gegenüber den Gesellschaftern eigenständiges Zuordnungssubjekt dar.304 Zwar erscheint die Anerkennung der Möglichkeit der Besitzereigenschaft der Personenhandelsgesellschaft vor dem Hintergrund ihrer Rechtsfähigkeit und Annäherung an die juristische Person nur folgerichtig, allerdings kann diese nicht die Prüfung im Einzelfall ersetzen, ob nach allgemeinen Kriterien die Voraussetzungen des Besitzes gegeben sind. Hierbei wird man regelmäßig wie auch bei der juristischen Person zu dem Ergebnis gelangen, dass die Gesellschafter den Besitz als Besitzdiener für die Gesellschaft ausüben, und zwar unabhängig davon, ob sich die Gegenstände in der Herrschaftssphäre der Gesellschaft befinden oder in der eigenen Herrschaftssphäre des Gesellschafters. 3. Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Im Zuge der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR305 bekennt sich die herrschende Meinung im Schrifttum auch zum Organbesitz der GbR.306 Nach Ansicht von Ulmer ergibt sich der Organbesitz bereits 301

Zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts sogleich unter BGHZ 86, 300 (307); BGHZ 86, 340 (344); Baur/Stürner, § 7, Rn. 80; Jauernig/Jauernig, § 854, Rn. 14; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 III a; Staudinger/ Bund, § 866, Rn. 18 m. w. N.; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 12 und Flume, Allgemeiner Teil I/1, S. 79 ff. (insbesondere S. 85/86); Flume, Gesamthand, S. 80/81, der konsequenterweise auch hier ein räumliches Näheverhältnis fordert. 303 Erman/Lorenz, § 854, Rn. 6; Soergel/Stadler, § 854, Rn. 16; Westermann/ Gursky, § 20 III 2; nach Auffassung von Müller, Rn. 278i ergibt sich der Organbesitz der Gesellschafter bereits aus § 124 Abs. 1 HGB. 304 Vgl. den Nachweis bei Staub/Schäfer, HGB, § 105, Rn. 286. Schäfer bewertet allerdings die an dieser Stelle noch in der Vorauflage von Ulmer vertretene Auffassung (Staub/Ulmer, HGB, 4. Auflage, § 105, Rn. 296 m. w. N.) als zwischenzeitlich überholt. 305 Zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR schon oben (Erster Teil, § 3 C. VII. 1.). 306 Siehe hierzu Bamberger/Roth/Fritzsche, § 854, Rn. 53; so Brehm/Berger, Rn. 3.29; Derleder, BB 2001, S. 2491; Erman/Lorenz, § 854, Rn. 6 m. w. N. (aller302

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2. Teil: Besitz

aus der Struktur der Gesamthand als eigenes Zuordnungsobjekt (s. o. unter 2.).307 Folglich gelangt Ulmer auch hier zu dem gleichen Ergebnis wie die herrschende Meinung, jedoch mit anderer Begründung. Ulmer betont die Bedeutung des subjektiven Elements: Mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR sollten hinsichtlich der Besitzverhältnisse dieselben Kriterien gelten wie für juristische Personen. Hiernach könne die Gesellschaft selbst Besitzer sein, möglicherweise bestünde je nach Einzelfall aber auch Besitz eines oder mehrerer Gesellschafter. Ob der Besitz eines oder mehrerer Gesellschafter der GbR zugerechnet werden könne, richte sich zum einen danach, ob die betreffende Person wie auch die betreffende Sache dem Organisationskreis der Gesellschaft angehöre. Zum anderen sei hierfür die Willensrichtung der Person, welche die Sachherrschaft ausübt, maßgeblich. Folglich sei auch hier bei einem (nach außen hin erkennbaren) Aufschwingen zum Eigenbesitzer verbotene Eigenmacht dieser Person denkbar.308 Nach anderer Auffassung besteht hingegen gesamthänderischer Mitbesitz der Gesellschafter. Dieser liegt noch die traditionelle Auffassung der GbR als Gesamthandsgemeinschaft zugrunde, so dass von dieser Warte aus betrachtet die Annahme von Mitbesitz nur folgerichtig erscheint.309 Auch nach Bund310 sind die Gesellschafter als Mitbesitzer zu qualifizieren. Sofern ein Gegenstand einer Person (z. Bsp. dem Geschäftsführer) überlassen werde, sei dieser insofern Besitzmittler. Richtigerweise muss man die Besitzereigenschaft der (Außen-)GbR als konsequente Folge von deren Rechtsfähigkeit grundsätzlich anerkennen. Ob die Gesellschaft jedoch im konkreten Fall tatsächlich Besitzer ist, richtet dings mit Bedenken für den Fall, dass der alleinige Gesellschaftszweck auf das Halten und Verwalten eines einzigen Gegenstands gerichtet ist); Habersack, BB 2001, S. 479; MüKomm/Joost, § 854, Rn. 24 m. w. N.; Müller, Rn. 278m/278n; Petersen, Jura 2002, S. 257; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 III 3 b m. w. N.; Soergel/Stadler, § 854, Rn. 15; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 12. Relativierend insofern Vieweg/Werner, § 2, Rn. 48: Die Frage der Besitzverhältnisse sei „eng mit der Frage nach der Rechtsfähigkeit verbunden“; im Ergebnis betonen die Autoren allerdings, es sei nur konsequent, mit der Rechtsfähigkeit der GbR auch von deren Organbesitz auszugehen. Falsch liegt in dieser Hinsicht Eckert, der auch noch in seiner neuesten Auflage (aus 2005) unter Verweis auf BGHZ 86, 343 vom Mitbesitz der Gesellschafter der GbR ausgeht. BGH WM 1985, 997 (999) hingegen geht bereits von einem Organbesitz aus, ohne allerdings die Rechtsfähigkeit der GbR zu thematisieren. 307 Staub/Ulmer, HGB, 4. Auflage, § 105, Rn. 296 m. w. N. 308 MüKomm/Ulmer, § 718 BGB, Rn. 35 ff. 309 So noch BGHZ 86, 300 (307); BGHZ 86, 340 (344); Baur/Stürner, § 7, Rn. 80 (allerdings vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch den BGH); Eckert, Rn. 55 (für qualifizierten Mitbesitz der Gesellschafter); Westermann/Gursky, § 20 III 1 (für gesamthänderischen Mitbesitz der Gesellschafter). 310 Staudinger/Bund, § 866 BGB, Rn. 15/16 m. w. N.

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sich wie auch der Organbesitz von Personenhandelsgesellschaften nach allgemeinen Kriterien. Auch hier wird aufgrund der Interessenlage derjenige, welcher nach der Verkehrsanschauung die tatsächliche Sachherrschaft innehat, regelmäßig als Besitzdiener für die Gesellschaft auftreten. Bei den Gesamthandsgemeinschaften, also der Innen-GbR, der Gütergemeinschaft und der Erbengemeinschaft, sind die Gesamthänder hingegen Mitbesitzer.311 Ist die Besitzausübung allerdings auf einen Gesamthänder übertragen worden, so besitzt dieser als unmittelbarer Besitzer für sich selbst und übt zugleich als Besitzdiener für die übrigen Gesamthänder die tatsächliche Sachherrschaft aus. Anderer Auffassung ist diesbezüglich Fritzsche, der fälschlicherweise und ohne weitere Begründung von mittelbarem Besitz ausgeht.312 Richtigerweise ist nämlich bei objektiver Fremdnützigkeit des Besitzes und Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Beteiligten von Besitzdienerschaft auszugehen. Da der Gesamthänder insofern, als dieser für die übrigen Gesamthänder die tatsächliche Sachherrschaft ausübt, diese eben objektiv fremdnützig ausübt, ist er als Besitzdiener zu qualifizieren. Dies entspricht auch der Interessenlage der Beteiligten, zumal lediglich der Gesamthand Besitzschutzansprüche zustehen sollen und der Gesamthänder diese ohnehin aus seinem – daneben bestehenden – unmittelbaren Besitz geltend machen kann. Auch an dieser Stelle führt die hier vertretene Auffassung zur Besitzdienerschaft folglich zu dogmatisch und sachlich überzeugenden Ergebnissen. 4. Sonstige gesetzliche Vertreter

Nach Wieling üben auch sonstige gesetzliche Vertreter (wie insbesondere die Eltern eines Minderjährigen oder Betreuer) eine Art Organbesitz für den Vertretenen aus, freilich nur insofern, als dieser selbst nicht in der Lage sei, einen Besitzwillen zu bilden. Somit erfolge eine direkte Zurechnung des Besitzes wie bei einer juristischen Person.313 Die teilweise vertretene Einordnung des gesetzlichen Vertreters als Besitzmittler314 erscheint hingegen verfehlt. Die Konstruktion des mittelbaren 311 312 313

Bamberger/Roth/Fritzsche, § 854, Rn. 53. Bamberger/Roth/Fritzsche, § 854, Rn. 53. Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 4 b m. w. N. So auch Strohal, JherJB 38 (1898),

S. 16. 314 RGRK/Kregel, § 854, Rn. 18; von Wendt, AcP 87 (1887), S. 61; Westermann/ Gursky, § 20 IV; Staudinger/Bund, § 854, Rn. 56; siehe hierzu insbesondere auch Hoeren, JuS 1996, S. 1095 m. w. N. Hoeren selbst sieht allerdings nicht das elterliche Sorgerecht als Besitzmittlungsverhältnis an, sondern erst ein im Rahmen der hieraus entspringenden Vertretungsmacht abgeschlossenes Rechtsgeschäft. Dies ist unnötig kompliziert, ergibt sich der Besitz der Eltern doch zwanglos aus deren Be-

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2. Teil: Besitz

Besitzes ist nämlich insofern nachteilig für den Vertretenen, als sein gesetzlicher Vertreter den Besitz auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt verteidigen könnte, ohne verbotene Eigenmacht zu begehen. Weiterhin bereitet diese Einordnung Schwierigkeiten, wenn der gesetzliche Vertreter stirbt oder er als Besitzer verklagt wird.315 Beim Tod des gesetzlichen Vertreters würde dieser nämlich die Besitzerstellung nach § 857 BGB an seine (eigenen) Erben weitergeben, und es fände kein automatischer Übergang an den dann zuständigen gesetzlichen Vertreter statt. Im Fall einer Klage würde sich diese nur gegen den gesetzlichen Vertreter als Besitzer richten, nicht aber gleichzeitig auch gegen den Vertretenen. Folglich erscheint es sachgerecht, den gesetzlichen Vertreter als Besitzdiener einzuordnen, wie bereits oben [unter IV. 1. a)] dargestellt wurde.316 Gleichermaßen verhält es sich mit den sog. Parteien kraft Amtes, zu denen insbesondere der Insolvenzverwalter (§ 80 InsO), der Zwangsverwalter (§ 152 ZVG) sowie der Testamentsvollstrecker (§§ 2197 ff. BGB) zählen. Auch diese besitzen letztlich im fremden Interesse, allerdings typischerweise nicht im Interesse einer einzelnen Person, die man als Besitzherr einordnen könnte. Vielmehr üben die Parteien kraft Amtes eine objektive Funktion aus, indem sie allgemein die Aufgabe haben, bestimmte Interessen zu wahren, nämlich in erster Linie diejenigen der Gläubiger bzw. den Willen des Erblassers. Sie sollen dafür Sorge tragen, dass mit dem von ihnen verwalteten Vermögen im Sinne dieses Interesses bestimmungsgemäß verfahren wird. Aus dieser Interessenlage ergibt sich, dass die Parteien kraft Amtes selbst Besitzer sind, um den Zweck, zu welchem sie eingesetzt sind, effektiv verfolgen zu können. Die Parteien kraft Amtes mit tatsächlicher Sachherrschaft sind damit sämtlich nicht Besitzdiener i. S. v. § 855 BGB, sondern unmittelbare Besitzer.

sitzdienerschaft. Zudem müsste Hoeren konsequenterweise die Besitzverhältnisse zwischen Eltern und Kindern außerhalb eines konket vorgenommenen Rechtsgeschäfts unterschiedlich beurteilen. Eine solche Differenzierung erscheint jedoch im Ergebnis nicht sachgerecht. 315 Wieling, Sachenrecht I, § 4 I 4 b. 316 So auch Heck, § 18 IV ebenfalls mit dem Argument, dass dies der Interessenlage des Mündels entspreche, nach der dieser in den Fällen der Absetzung des Vormundes sowie bei Veruntreuungen seitens des Vormundes (Anwendbarkeit von § 935 BGB) geschützt sei. Ihm folgt Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 31/32. Insofern ist auch eine analoge Anwendung von § 857 BGB entbehrlich, um zu diesem gewünschten Ergebnis zu gelangen.

§ 7 Besitz im englischen Recht

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§ 7 Besitz im englischen Recht A. Definition Der Besitz wird im englischen Recht üblicherweise als possession bezeichnet. Wie auch im deutschen Recht kommt dem Besitz im englischen Recht eine entscheidende Bedeutung zu. So ist die possession ebenfalls Publizitätsmittel und spielt deshalb im Rahmen der Eigentumsvermutung und -übertragung eine wichtige Rolle. Die possession ist weiterhin zentrale Voraussetzung für bestimmte Schutzansprüche. Da das englische Rechtssystem keine Vindikationsklage kennt, übernehmen die auf der possession basierenden Schutzansprüche sogar weitgehend deren Funktion.317 Die Voraussetzungen der possession an Immobilien und an Mobilien sind im Wesentlichen gleich318, was vor dem Hintergrund der historisch bedingten und ansonsten strikt durchgeführten Trennung von Real Property Law und Personal Property Law im englischen Recht beachtlich ist.319 Aus diesem Grund erfolgt vorliegend eine einheitliche Darstellung, wobei jeweils auf Besonderheiten für bewegliche Sachen bzw. Grundstücke eingegangen wird. Getreu dem Grundsatz possession follows control320 war possession ursprünglich gleichbedeutend mit physical control, allerdings wurde auch das römisch-rechtliche Modell des körperlichen und geistigen Elements des Besitzes (corpus und animus) diskutiert321, das auch Grundlage des Besitzes nach deutschem Recht ist.322 Dennoch sind diese Erfordernisse in gewisser Weise dadurch weggefallen, dass possession mit der Zeit immer mehr vom Ergebnis her definiert wurde. Letztlich ist man immer dann vom Gegebensein des Besitzes ausgegangen, wenn man dem Besitzer die damit verbundenen rechtlichen Vorteile zusprechen wollte.323 Da auch in der englischen Sprache der Begriff der possession häufig gebraucht wird324, unterscheidet man die possession 317 Hierzu ausführlich im Dritten Teil (§ 11). Ähnlich bemerkt auch Williams: „In the whole range of legal theory there is no conception more difficult than that of possession . . . The legal consequences which flow from the acquisition and loss of possession are many and serious“, vgl. Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 317. 318 So auch Link, S. 91. 319 Zur Trennung von Real Property Law und Personal Property Law bereits oben (Erster Teil, § 4 A. I.). 320 Vgl. Gleeson, Personal Property, S. 26. 321 Dias, Jurisprudence, S. 277 ff. 322 Siehe oben (§ 6 A. und D. für die einzelnen Besitzformen). 323 So Dias, Jurisprudence, S. 272. 324 So schreibt schon Pollock, der Begriff possession sei eine übliche Bezeichnung: „Possession is a term of common occurrence and no mean significance in the law.“, Pollock/Wright/Pollock, S. 1.

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2. Teil: Besitz

in fact als faktischen Besitz im Sinne einer tatsächlichen Kontrolle und die possession in law als Besitz im Rechtssinne.325 Folglich fand auch im englischen Recht im Lauf der Zeit eine gewisse Vergeistigung des Besitzes statt, indem man die physical control im Sinne der possession in fact nicht stets mit der possession in law gleichsetzte. Diese Terminologie ist allerdings nicht einheitlich, vielmehr gibt es im englischen Recht gleichfalls mehrere mögliche Formen des Besitzes, welche in Rechtsprechung und Schrifttum mit einer Vielzahl verschiedener Begriffe belegt werden.326 Zudem wird im englischen Recht der Begriff possession teilweise im Sinne eines right to possession gebraucht, der Besitz also mit dem Recht zum Besitz begrifflich vermengt, so dass die Terminologie auch in dieser Hinsicht nicht einheitlich ist.327 Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass possession und right to possession alternative Voraussetzungen im Rahmen der Besitzschutzansprüche darstellen.328 Schließlich wird der Begriff der possession im Sinne einer physical control selbst nicht einheitlich definiert, sondern ist abhängig von dem Kontext, in dem er verwendet wird. So wird jeweils eine Einzelfallbetrachtung des Gesamtzusammenhangs vorgenommen, wobei in die Betrachtung ebenfalls Gerechtigkeitserwägungen einfließen.329 Wenn es also überhaupt ein übergreifendes Besitzkonzept gibt, handelt es sich hierbei um ein „functional and relative concept“.330 325

Dias, Jurisprudence, S. 277 und 286 m. w. N.; Pollock/Wright/Pollock, S. 6/7. Teilweise wurde statt possession in law auch die Bezeichnung quasi-possessio verwendet, vgl. Holland, S. 208. Der Gegenbegriff von Tyler/Palmer zur possession in fact ist hingegen die legal possession, Tyler/Palmer, Personal Property, S. 49; Megarry/Wade, Real Property, S. 92 benutzen den Begriff possession in fact wiederum im Sinne eines tatsächlich im Prozess beweisbaren Besitzes und possession in law gleichbedeutend mit dem better right to possession. Bei den Besitzklagen sei die possession in fact vorrangig ausschlaggebend, nur wenn hier keine eindeutige Beweislage gegeben sei, solle auf die possession in law abgestellt werden. 326 Tay, (1964) 4 Melb. U. L. R., S. 476. 327 „The person having the right to immediate possession is, however, frequently referred to in English law as being the ‚possessor‘ . . . in truth, the English law has never worked out a completely logical and exhaustive definition of ‚possession‘.“, United States of America and Republic of France v Dollfus Mieg et Cie S. A. and Bank of England [1952] A. C. 582, S. 605 (Earl Jowitt); Einzelheiten zu der Entscheidung unten (unter D. I. 1.). 328 Hierzu ausführlich im Dritten Teil (unter § 11). 329 Towers v Gray [1961] 2 Q. B. 351; in der genannten Entscheidung ging es um die Definition von possession i. S.d Straftatbestandes der falschen Warenauszeichnung nach. s. 2 (2) Merchandise Marks Act 1887. Der Betreiber eines Kühlhauses war hiernach physical possessor von gefrorenen Hühnchen mit falschen Gewichtsbezeichnungen, die der Angeklagte dort hatte einlagern lassen. Da der Betreiber des Kühlhauses jedoch die physical possession für den Angeklagten ausübte, war auch dieser possessor im Rechtssinn; Dias, Jurisprudence, S. 277 ff. m. w. N. („Possession depends on the context in which is used“); ähnlich auch Harris: „. . . we cannot

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Die Kontextabhängigkeit der possession liegt – wie auch diejenige des unmittelbaren Besitzes und der tatsächlichen Sachherrschaft nach deutschem Recht – in der Natur der Sache. Da es nämlich eine Vielzahl denkbarer Gegenstände gibt, an denen in irgendeiner Form possession begründet werden kann, gibt es auch eine Vielzahl verschiedener Formen und Möglichkeiten der Begründung und Ausübung der für die possession geforderten physical control. Folglich müssen bei der Beantwortung der Frage, ob eine Person possession an einer Sache hat, die Eigenschaften der Sache berücksichtigt werden, sowie auch die Art und Weise, in welcher Sachen dieser Art allgemein gebraucht werden.331 Zudem sind die Anforderungen an die physical control nicht nur abhängig von der Art der Sache und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, sondern auch davon, ob durch die physical control der Besitz aufrechterhalten oder begründet bzw. übertragen werden soll. Für Besitzbegründung und Besitzübertragung sind nämlich die Anforderungen generell höher als für die Aufrechterhaltung des Besitzes.332 Weiterhin wird possession im Bereich der Ersitzung (adverse possession) relativ eng ausgelegt.333 Auch wenn man die physical control als Hauptelement der possession begreift334, gibt es schlichtweg keine allgemeingültige Definition des Besitzes, sondern nur eine Standarddefinition, welche je nach Einzelfall zu konkretisieren bzw. abzuwandeln ist.335 Einige Stimmen bestreiten deshalb sogar, dass es eine in sich stimmige Besitzdogmatik gebe.336 Ähnlich fällt auch das ernüchternde Résumé von Dias aus: „In the light of all this the conclusion must be that in English law, as in the Roman, possession is no more than a device of convenience and policy.“337 Wenn auch das Recht der possession aufgrund der Vielfalt möglicher Anwendungskonstellationen flexibel und damit für Weiterentwicklungen offen sein muss, ist eine gewisse Systematisierung für eine Darstellung des geltenden Rechts unumgänglich.338 Vorliegend soll ein derartiger Versuch der study the legal concept of possession in the abstract, for the word has no legal meaning apart from the context of these particular rules.“ (Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 70). 330 Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 71. 331 Vgl. Pollock, Jurisprudence, S. 94. 332 Palmer, Bailment, S. 138. 333 „Against a trespasser even the slightest evidence is sufficient to continue possession“, Dias, Jurisprudence, S. 285 m. w. N.; zu den Voraussetzungen der adverse possession siehe unten (unter C. II. 1.). 334 So Tay, (1964) 4 Melb. U. L. R., S. 490. 335 Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 269. 336 Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 281 m. w. N. 337 Dias, Jurisprudence, S. 285. 338 Paton/Derham, Jurisprudence, S. 583/584.

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Systematisierung unternommen werden bzw. eine Bestandsaufnahme der geltenden Regeln erfolgen.

B. Rechtsnatur: Is possession a property right? Parallel zu dem deutschen Gelehrtenstreit um die Frage, ob der Besitz ein Recht oder ein bloßes Faktum darstellt, wurde gleichzeitig auch in England die Frage erörtert, ob es sich bei possession um ein „right or fact“ handelt. Möglicherweise verstanden einige anglo-amerikanische Gelehrte (wie zum Beispiel Holmes) bei der Auseinandersetzung mit dem deutschen Besitzrechtsstreit die Bedeutung des Begriffs right insofern falsch, als dieser Begriff mit possession in law oder auch im Sinne von Rechtsfolge (als Gegenbegriff zum Tatbestand) gleichgesetzt wurde.339 Andererseits zeigen insbesondere die Ausführungen Pollocks, dass er den Begriff des right durchaus im Sinne eines Rechts gebrauchte: „Further, possession in law is a substantive right or interest which exists and has legal incidents and advantages apart from the true owner’s title. Hence it is itself a kind of title, and it is a natural development of the law, whether necessary or not, that a possessor should be able to deal with his apparent interest in the fashion of an owner not only by physical acts but by acts in the law, and that as regards every one not having a better title those acts should be valid.“340

Gerade diese Textpassage verdeutlicht, dass Pollock anscheinend der possession selbst den Charakter eines right beimaß, nämlich eines substantive right or interest, der selbst eine Art title, also eine dingliche Berechtigung an der Sache darstellt. Auch Worthington bezeichnet die possession als einen interest in property, welcher wie das ownership ein bundle of rights darstelle. Sie führt an, dass von der possession ebenfalls in verschiedenster Weise Gebrauch gemacht werden könne. So könne der Besitz auf einen Dritten zur Erreichung der verschiedensten Zwecke übertragen werden, wie zum Beispiel aufgrund eines Mietverhältnisses, zur Durchführung von Reparaturen im Rahmen eines Werkvertrags sowie zur Hingabe als Pfand.341 Auch die von ihr aufgeworfene, aber nicht beantwortete Frage, ob es eine equitable possession gebe342, lässt anklingen, dass Worthington possession als Recht versteht. Allerdings deutet die Überschrift der Diskussion („Is the right to claim possession an equitable interest?“) darauf hin, dass Worthington hierbei possession nicht als reinen Besitz versteht, sondern vielmehr als right to 339 340 341 342

So Link, S. 171 ff. m. w. N. Pollock/Wright/Pollock, S. 19. Worthington, Personal Property, S. 16/17. Worthington, Personal Property, S. 49 m. w. N.

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possession. Das bundle soll damit wohl verschiedene rechtliche Beziehungen bezeichnen, in denen einer anderen Person ein right to possession vermittelt wird. Auch diejenigen Stimmen im Schrifttum, die einen proprietary effect of a chattel lease bejahen343, sind der Auffassung, es bestehe ein property right: Da der Erwerber aus dem Vertrag einen Anspruch auf Übergabe der Sache (im Sinne einer specific performance344) habe, werde hierdurch ein equitable interest des Erwerbers an der Sache begründet345, gestützt auf die Aussage von Sir Nicholas Browne-Wilkinson in Bristol Airport plc and Another v Powdrill and Others, es müsse ein „equitable right of some kind“ bestehen.346 Allerdings ist diese Aussage völlig schwammig und enthält keine näheren Angaben zu den Eigenschaften dieses right. Weiterhin ist es nicht zwingend, nur aufgrund der Möglichkeit der specific performance als Rechtsfolge der Equity auf das Vorhandensein eines equitable proprietary interest zu schließen, da auch unter der Maxime „equity looks as done which ought to be done“347 ein equitable proprietary interest nach Abschluss eines Vertrags nur entstehen kann, sofern bei Erfüllung des Vertrags (hier der Übergabe der chattel als Gegenstand der lease) ebenfalls ein legal proprietary interest entsteht. Ob eine chattel lease einen solchen legal proprietary interest darstellt, ist jedoch gerade die zu beantwortende Streitfrage. Insofern ist die Argumentation zirkelschlüssig.348 Zudem knüpft der proprietary effect allenfalls an die chattel lease an, nicht aber an die possession, deren Rechtsnatur folglich nicht Diskussionsgegenstand ist. Teilweise wird in der englischen Diskussion betont, dass die Beurteilung, wer possessor ist, gerade nicht nur von physischen Gegebenheiten abhängt, sondern das Ergebnis umfangreicher rechtlicher Erwägungen darstellt.349 Dies verwendet Gleeson anscheinend als Argument gegen eine Einordnung der possession als fact: „. . . possession appears to be an issue of fact. However, it is not. The question of whether a man possesses a thing is a complex legal issue in its own right, and the rules for determining it are far more complex than a simple assessment of relative location.“350 343

Siehe oben (Erster Teil, § 4 D. II.) m. w. N. Hierzu unten (Dritter Teil, § 11 A. V. 1.). 345 Palmer/McKendrick/Mason, VI (Preface). 346 [1990] 2 W. L. R. 1362, 1372. 347 Siehe hierzu oben [Erster Teil, § 4 D. I. 2. b)]. 348 Palmer/McKendrick/Mason, V/VI (Preface); Palmer/McKendrick/Swadling, S. 505/506. 349 Vgl. Worthington, Personal Property, S. 74. 350 Gleeson, Personal Property, S. 25. 344

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2. Teil: Besitz

Diese Aussage erscheint zumindest missverständlich, da es keinesfalls einen Widerspruch darstellt, den Besitz als Faktum anzusehen, aber die Frage, wann dieser überhaupt vorliegt, rechtlichen Regelungen zu unterwerfen. Die rechtlichen Regelungen erheben nämlich den Besitz noch nicht zum right. Folglich ist der Auffassung von Dias beizupflichten, nach der der Besitz zunächst aus der faktischen Beziehung einer Person zu einer Sache besteht, weiterhin aber auch aus rechtlichen Wertungsgesichtspunkten, aus welchen heraus es gerechtfertig erscheint, die betreffende Person die rechtlichen Vorteile des Besitzes zukommen zu lassen.351 Demzufolge stellt auch nach englischer Rechtsdogmatik der Besitz kein Recht an einer Sache, sondern ein bloßes Faktum dar.352

C. Funktionen I. Schutzfunktion: Possession as a root of title Betrachtet man die Funktionen der possession im englischen Recht, zeigt sich gerade die Schutzfunktion als zentrales Element. Da das Eigentum im englischen Recht nicht durch eigene Ansprüche geschützt ist, erfüllen diese Funktion die Besitzschutzansprüche, die im Wesentlichen aus dem Bereich des Tort Law stammen.353 Vor Inkrafttreten des Torts (Interference with Goods) Act 1977 war der Schutz des Besitzes so stark, dass nicht einmal das Eigentum eines Dritten (ius tertii) einem auf den Besitz gründenden Anspruch im Wege stand. Ausnahme war ein bailee, welcher gegenüber dem bailor nicht die Berechtigung eines Dritten geltend machen konnte.354 Aus diesem Grund gilt im englischen Recht der Satz „possession generates its own title“ bzw. die possession gewährt eine root of title. Hierunter versteht man die Berechtigung an einer Sache, die durch den Besitz selbst vermittelt wird. Dieser Grundsatz steht jedoch ebenfalls im Zusammenhang mit der Vermutungsfunktion des Besitzes, da hier die widerlegbare Vermutung gilt, dass der possessor einer Sache deren (freehold-)Eigentümer ist (sog. common law freehold).355 Folglich ist der possessor durch die Besitzschutzansprüche gegen jedermann geschützt, der nicht Eigentümer der Sache ist oder eine Berechtigung an der Sache geltend macht, die er auf den 351

Dias, Jurisprudence, S. 290. So auch Bell, Personal Property, S. 33; Bridge, Personal Property, S. 17; Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 266. 353 Ausführlich zum Besitzschutz im Dritten Teil, § 11. 354 Bridge, Personal Property, S. 65. 355 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 150 ff.; zu diesem Rechtssatz auch The Winkfield [1902], P. 42, 42 ff. m. w. N. aus Rspr. und Schrifttum. 352

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Eigentümer zurückführen kann.356 Insofern bezieht sich der Ausdruck beati possidentes nicht nur auf die tatsächlichen Vorteile des possessors im Hinblick auf die Sache, sondern er gilt gleichermaßen auch in Bezug auf die Rechtslage.357 Die rule of first possession nach dem Motto „first come, first served“358 bietet die Möglichkeit, klar und schnell Konflikte zwischen zwei Besitzern zu entscheiden, wenn deren Besitz zu unterschiedlichen Zeiten entstand und beide Besitzer kein Recht zum Besitz an der Sache haben oder nachweisen können.359 Vorteile der Regelung liegen also auch in der Vermeidung sowohl von Beweisschwierigkeiten (der Beweis des Eigentums kann unter Umständen sogar unmöglich sein) als auch der Gefahr, dass im Lauf der Zeit Beweise verfälscht werden.360 Allerdings kann sich ein possessory title nicht nur auf die possession (also den tatsächlichen Besitz) stützen, sondern auch auf ein right to possess, also ein Recht zum Besitz. Im Hinblick auf das right to possess ist im Rahmen der einzelnen Besitzschutzansprüche streitig, welche Anforderungen hieran zu stellen sind und ob dieses wirklich als einzige Voraussetzung ausreichend ist, Besitzschutzansprüche zu begründen.361 Der Besitzschutz ist in England vor allem deshalb stark ausgeprägt, weil keine Anspruchsgrundlagen für den Schutz des Eigentums zur Verfügung stehen, insbesondere kein Vindikationsanspruch vorgesehen ist, wie zum Beispiel in § 985 BGB. Folglich tritt im englischen Recht der Besitzschutz gewissermaßen an die Stelle des Eigentumsschutzes, wie im Dritten Teil noch ausgeführt werden wird. Dies erklärt auch, weshalb possession teilweise mit property gleichgesetzt wurde: „. . . in the eyes of medieval lawyers, that Possession largely usurped not only the substance but the name of Property“.362 Auch wenn der Besitzschutz demnach zumindest teilweise die Funktion des Eigentumsschutzes übernimmt, stellt sich durchaus die Frage, weshalb die possession als solche geschützt ist. Diese Frage wird in England ähnlich 356 Palmer/McKendrick/Palmer, S. 67; Pollock/Wright/Pollock, S. 20: „A possessor may be a mere wrongdoer against the true owner, and a wrongdoer for the very reason that he has got possession; while yet his possession is not only legal but, as against all third persons not claiming under the true owner, fully protected by the law.“ 357 Pollock, Jurisprudence, S. 102. 358 Vgl. Epstein, 64 (1986) Wash. U. L. Q., S. 669. 359 Epstein, 64 (1986) Wash. U. L. Q., S. 675. 360 Epstein, 64 (1986) Wash. U. L. Q., S. 678. 361 Siehe nur Palmer/McKendrick/Palmer, S. 63 ff.; die Erörterung dieser Frage erfolgt deshalb für jede Anspruchsgrundlage gesondert im Rahmen des Besitzschutzes (Dritter Teil, § 11). 362 Pollock/Wright/Pollock, S. 5. Zum uneinheitlichen Gebrauch des Begriffs property siehe schon oben (Erster Teil, § 4 B. II.).

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2. Teil: Besitz

wie auch in Deutschland beantwortet: Als Gründe für den Besitzschutz werden der Friedensgedanke, der Kontinuitätsgedanke (sog. momentum of habit) sowie teilweise auch der Schutz der persönlichen Entscheidungsfreiheit des Besitzers genannt.363 Zunächst wird häufig der Friedensschutz bzw. das Gewaltverbot als Legitimation des Besitzschutzes angeführt.364 So bemerkte bereits Lord Campbell in Jeffries v Great Western Railway Company365, der Besitz sei geschützt, da die Gesellschaft ein Interesse daran habe, dass ein friedvoll ausgeübter Besitz gegen Beeinträchtigungen durch Dritte geschützt werde. Fitzgerald betont neben dem Friedensschutz den Aspekt, dass Besitzschutz auch aus wirtschaftlichen Gründen stattfindet, nämlich um jeden Einzelnen in den Genuss lebensnotwendiger Güter zu versetzen. Allerdings sei eigentlicher Grund die Verhinderung von „violence, chaos and disorder“. Denn ein solcher Zustand würde eintreten, wenn die wirtschaftlichen Mindestbedingungen für den Einzelnen nicht gegeben wären.366 Auch Pollock begründet den Schutz des Besitzers mit dem Friedensschutz, dem „interest of peace and order“: So bedürfe das Rechtssystem eines Schutzes gegen Gewalt, vor allem da endgültiger Rechtsschutz nicht immer sofort zur Verfügung stehe, sei man auf einen vorläufigen Schutz angewiesen.367 Gerade Pollock erwähnt aber den Gedanken, dass der Besitzschutz auch dem Rechtsverkehr dient. So müsse der Rechtsverkehr, der aufgrund des Besitzes auf einen Eigentumstitel vertraut, geschützt werden. Insofern müsse ein Besitzer Ansprüche geltend machen können, selbst wenn dies unter Umständen auch einem bösgläubigen oder gar deliktischen Besitzer zugute komme.368 Daneben werde der Besitzer geschützt, da hinter dem Besitz die Vermutung des Eigentums stehe.369 Deutlicher drückt sich insofern Marshall aus, der explizit und unter Verweis auf von Jhering den Schutz des Eigentums anführt. Allerdings stellt auch Marshall die Aufrechterhaltung des Friedens als Besitzschutztheorie heraus.370 Daneben wird in der englischen Rechtswissenschaft auch die auf Savigny zurückgehende Theorie des Besitzschutzes als Schutz des freien Willens diskutiert371, allerdings ebenfalls die Kritik angebracht, dass diese nicht erklä363 Thayer, 90 (1907) L. Q. R., S. 181 ff.; vgl. auch Paton/Derham, Jurisprudence, S. 555/556. 364 Holland, S. 206. 365 (1856) 5 E. & B. 802, 805. 366 Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 265/266. 367 Pollock/Wright/Pollock, S. 4. 368 Pollock/Wright/Pollock, S. 3. 369 Pollock/Wright/Pollock, S. 4. 370 Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 68.

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ren kann, weshalb nicht jedem Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft im Einzelfall auch unbedingt Besitzschutzansprüche zustehen.372 Diese Kritik hängt mit der Besonderheit des englischen Rechts zusammen, dass dieses keinen reinen Besitzschutz wie den der §§ 858 ff. BGB kennt, sondern neben dem Besitz ebenfalls stets das bessere Recht zum Besitz maßgeblich ist. Folglich wird die Diskussion über den Grund des Besitzschutzes im englischen Recht zwar nicht mit der gleichen Intensität geführt wie im deutschen Recht, letztlich wird aber auch hier überwiegend anerkannt, dass mehrere Gründe den Besitzschutz rechtfertigen und nicht nur ein Grund für sich betrachtet. Vor allem die Kontinuitätstheorie erlangt bei der Legitimation des Besitzschutzes im englischen Recht eine besondere Bedeutung, da die possession bzw. das immediate right to possession Voraussetzung für sämtliche Schutzansprüche ist und insofern den Eigentumsschutz funktional ersetzt.373 II. Kontinuitätsfunktion Neben der soeben erläuterten Kontinuitätsfunktion der Besitzschutzansprüche hat der Gedanke der Kontinuitätsfunktion des Besitzes wie im deutschen Recht vor allem in den Vorschriften über die adverse possession (Ersitzung) sowie über das finding (Fund) Niederschlag gefunden, deren Grundlage jeweils grundsätzlich der Besitz ist. Auch können allgemein die Vorschriften der Verjährung (limitation of actions) dazu führen, dass bestehende Besitzverhältnisse erhalten bleiben. Diese Rechtsinstitute sollen im Folgenden näher erörtert werden. Den Besitzschutzansprüchen wird dagegen eine derartige Kontinuitätsfunktion gemeinhin nicht zugesprochen, was vor allem daran liegt, dass das englische Recht keinen vorläufigen Besitzschutz kennt, der sich einzig auf den Besitz als solchen stützt und damit den §§ 861 ff. BGB entspricht.374 1. Adverse possession und limitation of actions

a) Sinn und Zweck der adverse possession Adverse possession ist, wie bereits erwähnt, eng mit dem Kontinuitätsprinzip verknüpft. Ihr Sinn und Zweck liegt darin, einem über einen länge371

Siehe hierzu oben (§ 6 C. I.). Vgl. Lightwood, S. 144. 373 Vgl. Lightwood, S. 146; zur possession bzw. zum immediate right to possession als Anspruchsvoraussetzung eingehend im Dritten Teil (§ 11). 374 Der Schutz des Besitzes im englischen Recht wird unten (Dritter Teil, § 11) dargestellt. 372

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ren Zeitraum friedlich bestehenden, also etablierten Besitz rechtlichen Schutz zuzuweisen, auch wenn hierdurch dingliche Rechte erlöschen, auch wenn diese über den genannten längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht wurden.375 Hierfür sprechen sowohl psychisch-soziale Gründe, da der langfristige Besitz zu einer Verbindung zwischen Besitzer und Sache führt, als auch, wegen des Ausschlusses von Ansprüchen des zuvor Berechtigten, eine gewisse Befriedungsfunktion sowie die Rechtssicherheit und Stabilisierung des Rechtsverkehrs.376 Andererseits dient adverse possession als Mittel zur Lösung von Grenzstreitigkeiten (boundary disputes). Zudem liegt ihr der Gedanke zugrunde, dass Grundstücke nicht aus dem Wirtschaftsverkehr herausgezogen werden sollen, nur weil Beweisschwierigkeiten bezüglich des Eigentums an ihnen bestehen. Schließlich erleichtert adverse possession gerade den Eigentumsnachweis im Hinblick auf unregistered land.377 b) Rechtliche Grundlagen Das Rechtsinstitut der adverse possession ist zunächst im Limitation Act 1980 normiert. Nunmehr hat es für registrierte Grundstücke im LRA 2002 eine umfassende Neuregelung erfahren. Die Regelungen beziehen sich lediglich auf adverse possession im Bereich des Real Property Law. Eine adverse possession von Personal Property ist dem englischen Recht hingegen fremd. Dies hängt damit zusammen, dass an Personal Property kein absolute ownership im Sinne eines dinglichen Rechts mit Wirkung gegenüber jedermann anerkannt wird. Aus diesem Grund genügt es in diesem Bereich ohnehin für einen potenziellen Anspruchsteller, Besitz oder die bessere Berechtigung an der Sache zu haben. Zudem regeln die Vorschriften über den Fund378 den Interessenausgleich zwischen Finder und bisherigem Eigentümer der Sache. Im Rahmen der adverse possession dient possession als Entstehungsgrundlage eines dinglichen Rechts, wenn in objektiver Hinsicht der ursprüngliche Eigentümer bzw. der Bucheigentümer (paper owner) die possession verloren und der adverse possessor diese erlangt hat, sei es durch eine dispossession oder eine discontinuance followed by new possession.379 375 Cholmondeley (Marquis) v Clinton (Lord) (1820) 2 Jac. & W. 1, insbesondere S. 139 ff. 376 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1161 ff. 377 Vgl. MacKenzie/Phillips, S. 141/142 und Stroud, S. 79, die jeweils auf den folgenden Seiten die Voraussetzungen der adverse possession von registrierten und nicht registrierten Grundstücken darstellen. 378 Hierzu sogleich unter 2. 379 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1176 ff. m. w. N.

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Weiterhin muss die begründete possession adverse sein, also dem Interesse des Eigentümers objektiv zuwiderlaufen380, sowie für eine bestimmte Zeit (nämlich während der sog. limitation period) bestanden haben. Ferner muss die possession offen (open) sein, d.h. derart gestaltet sein, dass ein vernünftiger und mit eigenüblicher Sorgfalt handelnder (reasonably careful of his own interests) Eigentümer den Besitz bemerken würde.381 In subjektiver Hinsicht erfordert das Attribut adverse nicht, wie man nach dem Wortlaut vielleicht vermuten könnte, dass die possession des squatters in irgendeiner Weise feindlich ist. Vielmehr reicht es aus, dass die possession neben dem bereits erwähnten objektiven Zuwiderlaufen des Interesses des Eigentümers von einem Alleinbesitzwillen getragen ist.382 Nicht erforderlich ist insbesondere der Wille des adverse possessors, Eigentümer des Grundstücks zu werden.383 Zudem darf die adverse possession nicht consensual sein, d.h. sie darf nicht mit Zustimmung des Eigentümers bestehen, wie dies zum Beispiel bei Bestehen einer lease oder einer licence der Fall ist.384 Weiterhin ist es unerheblich, wenn der Besitzwille unter einer auflösenden Bedingung steht. Deshalb ist zum Beispiel auch der Wille ausreichend, ein Grundstück zu besitzen, solange ein bestimmtes vom Eigentümer geplantes Bauvorhaben noch nicht realisiert worden ist, vgl. Buckinghamshire County Council v Moran.385 Allerdings beginnt die Ersitzungsfrist zu laufen, wenn der lessee oder licencee nach Ablauf der vereinbarten Nutzungszeit im Besitz des Grundstücks bleibt, ohne hierfür zu zahlen oder auf andere Weise die Berechtigung des Eigentümers anzuerkennen.386 Unerheblich ist in dieser Hinsicht jedoch die Bereitschaft des Besitzers, ein solches Verhältnis (lease oder licence) einzugehen und für den Besitz bzw. die Nutzung zu bezahlen.387 Auch ist 380

Zur Bedeutung des Merkmals adverse im Hinblick auf die subjektiven Voraussetzungen sogleich. 381 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1180 m. w. N. 382 Sparkes, S. 154; Dixon, Land Law, S. 504 ff. m. w. N. 383 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1185. 384 Sparkes, S. 157 ff. m. w. N. 385 [1990] Ch. 623, S. 642/643; vgl. auch Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1185/1186. 386 MacKenzie/Phillips, S. 147. 387 „Once it is accepted that the necessary intent is an intent to possess and not to own and an intention to exclude the paper owner only so far as is reasonably possible, there is no inconsistency between a squatter being willing to pay the paper owner if asked and his being in the meantime in possession. An admission of title by the squatter is not inconsistent with the squatter being in possession in the meantime.“, JA Pye (Oxford) Ltd and Another v Graham and Another [2002] 3 W. L. R. 221, S. 236/237 (Lord Browne-Wilkinson); Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1185.

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unschädlich, wenn der adverse possessor irrtümlich vom Bestehen eines solchen Verhältnisses ausgeht.388 Folglich setzt adverse possession nicht voraus, dass sich der adverse possessor der rechtlichen Konsequenzen seines Handelns bewusst ist.389 Im Fall einer Täuschung durch den adverse possessor oder eines Irrtums des ursprünglichen Eigentümers, jeweils hinsichtlich der Voraussetzungen der adverse possession, beginnt die limitation period (in diesem Zusammenhang gleichbedeutend mit Ersitzungszeit) nach s. 32 (1) Limitation Act 1980 frühestens, wenn der ursprüngliche Eigentümer die Täuschung bzw. den Irrtum bemerkt hat oder hätte bemerken können.390 Die notwendigen subjektiven Elemente der adverse possession, das Grundstück dem Interesse des Eigentümers objektiv zuwiderlaufend zu besitzen sowie der Alleinbesitzwille können schließlich aus dem Verhalten des adverse possessors gefolgert werden. Dieses begründet teilweise auch eine widerlegbare Vermutung für den notwendigen subjektiven Tatbestand, sofern dieser aus dem Handeln des adverse possessors hervorgeht.391 Die possession muss weiterhin ausschließlich (exclusive) sein, dies hängt mit dem subjektiven Element zusammen, dass der squatter den Willen haben muss, alle anderen Personen von dem betreffenden Grundstück auszuschließen.392 Bei der Bestimmung, ob der Besitz exclusive ist, finden allerdings die Umstände des Einzelfalls, d.h. die konkrete Beschaffenheit des Grundstücks und dessen übliche Nutzung, Berücksichtigung.393 In der Entscheidung JA Pye (Oxford) Ltd and Another v Graham and Another394 hat sich das House of Lords zuletzt näher mit den Anforderungen an das subjektive Element auseinandergesetzt. Hiernach ist es nicht nötig, dass der squatter den Willen zeigt, das Land zu besitzen, um aufgrund der adverse possession dessen Eigentümer zu werden. Notwendig ist jedoch ein Ausschlusswille, eine „intention, in one’s own name and on one’s own behalf, to exclude the world at large, including the owner with the paper title if he be not himself the possessor, so far as is reasonably practicable and so far as the process of the law will allow“.395 388

Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1182. Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1185. 390 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1185/1186. 391 Vgl. JA Pye (Oxford) Ltd v Graham [2002] 3 W. L. R. S. 221; Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1186 ff. m. w. N. zur Rechtsprechung. 392 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1184. 393 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1185. 394 [2002] 3 W. L. R. 221. 395 JA Pye (Oxford) Ltd and another v Graham and another [2002] 3 W. L. R. 221, S. 235 (Lord Browne-Wilkinson); dieser Ausspruch stammt ursprünglich von Slade L. J. in: Buckinghamshire County Council v Moran [1990] Ch. 623, S. 640; vgl. auch Maudsley/Burn, Land Law, S. 210. 389

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Die limitation period beträgt für unregistrierte Grundstücke nach s. 15 (1) Limitation Act 1980 grundsätzlich zwölf Jahre. Besteht neben dem freehold estate auch ein leasehold estate, läuft diese zwölfjährige Frist zunächst nur gegenüber dem leaseholder und erst mit der Ersitzung des leasehold estate gegenüber dem freeholder.396 Der Ablauf der Ersitzungsfrist führt nach s. 17 Limitation Act 1980 zur sog. extinction of title, d.h. ursprünglich bestehende Berechtigungen erlöschen, sofern die übrigen Voraussetzungen der adverse possession gegeben sind. Hingegen findet kein gesetzlicher Eigentumsübergang auf den adverse possessor statt im Sinne einer „parliamentary conveyance“.397 Allerdings kann der adverse possessor aufgrund seiner possession Besitzschutzansprüche geltend machen, auch gegen den ursprünglichen Eigentümer, dessen (ursprünglich bestehendes) besseres Besitzrecht durch die extinction erloschen ist. Deshalb benötigt der adverse possessor keinen neuen title, da er mit dem Erlöschen der zuvor bestehenden title an dem Grundstück nun aufgrund seines possessory title der am besten Berechtigte an der Sache ist.398 Während der Laufzeit der limitation period wird der adverse possessor so behandelt, als ob er im Moment der ersten Besitzerlangung einen estate in fee simple hat (Leach v Jay399), allerdings kann dieser jederzeit durch den owner vernichtet werden.400 Folglich hat der adverse possessor nicht nur possession an dem Grundstück, sondern auch ein immediate right to possession und kann demzufolge gegenüber jedermann – außer dem owner – Besitzschutzansprüche geltend machen. Erlangt während des Laufs der Ersitzungsfrist eine weitere Person adverse possession (unabhängig davon, ob dies im Einvernehmen mit dem vorherigen adverse possessor erfolgt oder nicht), so wird ihr im Verhältnis zum owner die bereits verstrichene Ersitzungsfrist angerechnet. Gegenüber dem vorherigen adverse possessor beginnt dagegen mit der Besitzerlangung des späteren adverse possessor die Ersitzungsfrist neu zu laufen.401 Für registered land gilt inzwischen die zehnjährige Ersitzungsfrist aus ss. 96/97 und sched. 6 para. 1 (1) LRA 2002. Nach Ablauf der Frist kann der adverse possessor nach sched. 6 para. 1 (1) LRA 2002 beantragen, dass er selbst als Eigentümer des betreffenden estates in das land register eingetragen wird. Dies bedeutet gleichzeitig aber auch, dass der bloße Zeitablauf nicht ausreichend ist für eine extinction of title des ursprünglichen Eigen396 397 398 399 400 401

Sparkes, S. 184. Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1161. Dixon, Land Law, S. 510; Megarry/Wade, Real Property, S. 110. (1878) 9 Ch. D. 42. MacKenzie/Phillips, S. 151. Vgl. MacKenzie/Phillips, S. 151.

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tümers, sondern dass seitens des adverse possessors eine Antragstellung (application) notwendig ist, damit der ursprüngliche title nach Zeitablauf von Gesetzes wegen auf den adverse possessor übergeht. Durch die Neuregelung erfahren der freeholder, leaseholder und Inhaber einer Grunddienstbarkeit (charge) als dinglich Berechtigte an einem registrierten Grundstücks einen besseren Schutz, da diese zunächst von dem Antrag des adverse possessors auf Eintragung gemäß sched. 6 para. 2 (1) LRA 2002 durch den Registrar in Kenntnis gesetzt werden (sog. notice). Diese können beim Registrar Einspruch gegen die Eintragung einlegen. Hierdurch wird eine Eintragung des adverse possessors im Grundbuch grundsätzlich verhindert (vgl. sched. 5 para. 1 LRA 2002), es sei denn, es greift ein Ausnahmetatbestand nach sched. 6 para. 5 (2)-(4) LRA 2002 ein. Hiernach wird der adverse possessor trotz Einspruchs in das Grundbuch eingetragen, wenn die Voraussetzungen des proprietary estoppel (ähnlich dem Institut der Rechtsverwirkung im deutschen Recht) gegeben wären, falls er ohnehin ein Recht an dem Grundstück innehat, welches unabhängig von seiner Eigenschaft als adverse possessor besteht und ihn zur Eintragung im Grundbuch berechtigte, oder in bestimmten Fällen einer Grenzstreitigkeit, bei denen ein Nachbar gutgläubig einen Grundstücksteil des anderen Nachbarn besitzt und die Grundstücksgrenze nicht offiziell festgelegt wurde.402 Hierdurch kommt der adverse possession (und somit auch der possession) im Anwendungsbereich des LRA 2002 eine geschmälerte Funktion zu403, da adverse possession nur möglich ist, wenn keine dinglich Berechtigten im Land Register eingetragen sind, dinglich Berechtigte trotz notice keinen Einspruch gegen eine Eintragung des adverse possessor einlegen oder in den drei genannten Ausnahmefällen. Allerdings könnte der adverse possessor in den ersten beiden genannten Ausnahmefällen seine Eintragung im Grundbuch ohnehin gerichtlich durchsetzen bzw. beantragen. Der Weg über die Eintragung als adverse possessor wurde nur vom Gesetzgeber als regelmäßig einfachere und preisgünstigere Alternative erachtet.404 Diese geschmälerte Funktion ist eine logische Folge der Maßgeblichkeit und Verlässlichkeit der Eintragungen im Grundbuch, dessen Bedeutung hierdurch gestärkt wird. Daher ist damit die Registrierung ein probates Mittel für den Grundstücksinhaber, sich gegen den möglichen Eigentumserwerb durch einen squatter zu schützen.405

402 Zum Ganzen MacKenzie/Phillips, S. 141 ff.; zu den Voraussetzungen von sched. 6 para. 5 LRA 2002 siehe auch Thompson, Land Law, S. 235 ff. 403 Vgl. auch Sparkes, S. 188. 404 Vgl. MacKenzie/Phillips, S. 142. 405 Sparkes, S. 189 („. . . voluntary registration is a sound tactic to defeat a squatter . . .“).

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2. Fund

Der Sinn und Zweck der englischen Vorschriften über den Fund (law of finding) liegt in der Belohnung des sog. honest finder einer beweglichen Sache406, also desjenigen Finders, der sich zunächst bemüht hat, den Eigentümer der Sache ausfindig zu machen und diesem die Sache zurückzugeben.407 Die gesetzliche Grundlage des law of finding liegt in der sechsjährigen Verjährungsfrist für actions in conversion (Ansprüche auf Wiedereinräumung des Besitzes an beweglichen Sachen) nach s. 3 (1) Limitation Act 1980 sowie der extinction of title des ursprünglichen Eigentümers der Sache nach s. 3 (2) Limitation Act 1980. Dem law of finding liegt derselbe Rechtsgedanke zugrunde wie der adverse possession im Bereich des Immobiliarsachenrechts, insbesondere also der Kontinuitäts- und der Befriedungsgedanke.408 In dogmatischer Hinsicht folgt der Fund ebenfalls der adverse possession, allerdings derart, wie sie derzeit noch nach dem Limitation Act 1980 auf unregistrierte Grundstücke Anwendung findet: Einerseits erfolgt in negativer Hinsicht eine extinction of title des Eigentümers, andererseits erhält der finder einen possessory title im Hinblick auf den Fundgegenstand. Auch dieser possessory title wird nicht etwa durch eine Übertragung oder originäre Entstehung des ownership begründet, sondern durch die bloße possession. Finder ist nämlich jeder, der possession an der betreffenden Sache erlangt. Hierbei kann es sich auch um die Besitzergreifung von Gegenständen handeln, die zuvor nicht Gegenstand von Eigentumsrechten sind (sog. first possession).409 Insofern gilt der Grundsatz „finding is keeping“, d.h. der Finder hat nach Ablauf der limitation period für den Fund grundsätzlich die beste Berechtigung an der Sache.410 Demnach ist das law of finding ein klassischer Anwendungsbereich der Regel „possession is a root of title“ und ein typisches Beispiel dafür, dass die bloße Besitzergreifung eine ältere Berechtigung an der Sache auslöschen und selbst eine neue Berechtigung begründen kann.411 406 Ausgenommen sind lediglich sog. treasures, von denen nach dem common law of treasure trove und dem Treasure Act 1996 vermutet wird, dass sie bewusst verborgen und nicht abandoned wurden. Dies führt dazu, dass die Krone (und nicht der Finder) ein Vorrecht an dem Gegenstand erwirbt, sofern der (ursprüngliche) Eigentümer nicht mehr ermittelt werden kann. Hierzu sowie zum common law of treasure trove, siehe Bridge, Personal Property, S. 25/26, Palmer, Bailment, S. 1443 ff. und Worthington, Personal Property, S. 70 ff. m. w. N. Eine weitere Ausnahme gilt nach der herrschenden Meinung für den sog. trespassing finder, vgl. hierzu unten [unter D. I. 3. e)]. 407 Vgl. Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 96/97. 408 Vgl. Lawson/Rudden, S. 52. 409 Vgl. Lawson/Rudden, S. 51/52. 410 Vgl. nur Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 78 ff.

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2. Teil: Besitz

Die Schwäche des possessory title liegt allerdings in ihrer Relativität. Solange die limitation period noch nicht verstrichen ist, ist der possessory title des Finders schwächer als das absolute ownership, welches in diesem Fall noch nicht erloschen ist. Gegenüber Dritten gewährt der possessory title allerdings ein (stärkeres) Besitzrecht.412 Somit hat der Finder eine bessere Berechtigung an der Sache als ein späterer Besitzer, da er gegenüber letzterem auch durch das tort der conversion geschützt ist.413 Die Besitzergreifung der Sache durch einen Finder stellt für sich genommen keine unerlaubte Handlung (insbesondere keinen trespass414) gegen den Eigentümer der Sache dar. Es wird nämlich von Gesetzes wegen vermutet, dass der Finder die Sache im Interesse des Eigentümers an sich nimmt. Nur wenn der Finder die Sache trotz Aufforderung seitens des Eigentümers nicht herausgibt, kann dieser die Sache durch einen Anspruch aus conversion herausverlangen.415 Um nämlich die Besitzergreifung rechtlich zu legitimieren, geht das englische Recht von einem sog. fictitious bailment aus, wodurch der Finder wie ein bailee behandelt wird.416 Schließlich ist der Finder verpflichtet, den Eigentümer der Sache ausfindig zu machen, ansonsten besteht ein Anspruch des Eigentümers gegen den Finder aus conversion.417 III. Publizitätsfunktion 1. Vermutungsfunktion

Auch nach englischem Rechtsverständnis dient der Besitz als Grundlage der Eigentumsvermutung. Da die possession, nicht aber der title an der Sache nach außen hin in Erscheinung tritt, gilt hier ebenfalls die Vermutung, dass der Besitzer Eigentümer der Sache ist. So schreibt bereits Pollock: 411

Lawson/Rudden, S. 52; vgl. auch Gleeson, Personal Property, S. 31. Bridge, Personal Property, S. 22 („The finder of a lost chattel acquires a possessory title to it that is usually effective against all but the true owner.“); so auch Worthington, Personal Property, S. 61 ff. m. w. N.; siehe auch die Ausführungen zur Klageberechtigung des finder in conversion unten [Dritter Teil, § 11 A. III. 3. e)]. 413 Cartwright v Green (1803) 8 Ves. 405; Merry v Green [1835–1842] All E. R. Rep. 281. 414 Hierzu ausführlich im Dritten Teil, § 11 A. II. 1. und III. 1. 415 Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 80/81; ausführlich zur conversion unten (Dritter Teil, § 11 A. III. 3.). 416 Gilchrist Watt & Sanderson Pty Ltd v York Products Pty Ltd [1970] 1 W. L. R. 1262 (Privy Council), dies gelte nicht nur für den Finder, sondern für jeden, welcher eine fremde Sache willentlich an sich nimmt; siehe auch Palmer, Bailment, S. 37 ff. und 1386/1387 sowie Bridge, Personal Property, S. 23/24. 417 Parker v British Airways Board [1982] 2 W. L. R. 503. 412

§ 7 Besitz im englischen Recht

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„It is also said that possession is in a normal state of things the outward sign of ownership or title, and therefore the possessor is presumed to be or to represent the true owner . . .“418

Zu beachten ist, dass aufgrund des Prinzips der conclusiveness des land register im Anwendungsbereich des LRA 2002 eine funktionale Ersetzung der possession als Eigentumsvermutung durch die Eintragung im land register stattgefunden hat, so dass insofern der possession keine Vermutungsfunktion mehr zukommt.419 Allerdings ist für die Geltendmachung von Schutzansprüchen weiterhin der Nachweis der possession ausreichend und nicht etwa der Eigentumsnachweis anhand des land register erforderlich. Auch ist die Eigentumsvermutung die logische Ergänzung zu der Regel, dass possession eine „root of title“ gewährt.420 Da nämlich der Besitz selbst als Grundlage zur Geltendmachung sämtlicher Schutzansprüche ausreicht, welche nur dadurch gebrochen werden kann, dass sich ein anderer auf seinen besseren title (also auf ein Besitzrecht in Form eines immediate right to possession421) an der Sache beruft oder darauf, dass er für den Inhaber dieses title auftritt, erscheint es nur konsequent, dass auch sonst der Nachweis der possession ausreichend ist als Beweis der Berechtigung an der Sache, es sei denn, diese Vermutung wird widerlegt.422 Ähnlich wie in § 1006 Abs. 2 BGB normiert, gilt zugunsten des früheren Besitzers eine dahingehende Eigentumsvermutung, dass dieser während seiner Besitzzeit Eigentümer der Sache war. Diese Vermutung kann durch einen späteren Besitzer ebenfalls nur durch den Nachweis widerlegt werden, dass der spätere Besitzer selbst Eigentümer der Sache ist.423 Bemerkenswert ist, dass die Eigentumsvermutung im englischen Recht gewissermaßen auch in umgekehrter Hinsicht erfolgt, so dass man nicht nur von der possession auf den title schließen kann, sondern auch vom title auf das Vorliegen der possession. Leitentscheidung hierzu ist Ramsay v Margrett424. Hier kaufte eine Ehefrau ihrem Ehemann einige (ihm gehörende) Möbel und andere persönliche Gegenstände ab, die sich im gemeinsam ge418 Pollock/Wright/Pollock, S. 4; an anderer Stelle wählt Pollock bei der Begründung der Eigentumsvermutung den Umweg über das right to possess: Dieses werde aufgrund der existing peaceable possession vermutet und begründe seinerseits wiederum die Vermutung des ownership, vgl. Pollock, First Book of Jurisprudence, S. 171/172. 419 Zur conclusiveness des land register siehe oben (Erster Teil, § 4 A. I.). 420 Ähnlich auch Bell, Personal Property, S. 76, der die Eigentumsvermutung als foundation of possessory title bezeichnet. 421 Einzelheiten hierzu später [Dritter Teil, § 11 A. III. 1. c) bb)]. 422 Bell, Personal Property, S. 34. 423 Markby, S. 268 m. w. N. 424 [1894] 2 Q. B. 18.

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2. Teil: Besitz

nutzten Haus befanden. Gläubiger des Ehemannes wollten auf diese zugreifen. Es wurde entschieden, dass die Ehefrau aufgrund ihres title an den Gegenständen possession an diesen hat.425 Nach deutschem Recht wäre dieser Fall im Ergebnis gleich zu entscheiden, nach § 1362 Abs. 1 BGB würde das Eigentum der Ehefrau zugunsten ihrer Gläubiger vermutet und hieran anknüpfend nach § 739 ZPO ihr Besitz sowie ihr gemäß § 808 Abs. 1 ZPO für die Zwangsvollstreckung notwendiger Gewahrsam. In diesem besonderen vollstreckungsrechtlichen Zusammenhang kennt also das deutsche Recht im Hinblick auf Eheleute ebenfalls ein Vermutung des Besitzes bzw. des Gewahrsams, die sich allerdings nicht auf das Eigentum selbst, sondern auf das nach § 1362 Abs. 1 BGB vermutete Eigentum gründet. Diese zweite Vermutung erlangt vor allem Bedeutung im Rahmen der Schutzansprüche des englischen Rechts, die zum Geltendmachen der possession keinen title voraussetzen.426 Pollock kommt zu gleichen Ergebnissen, allerdings über den Zwischenschritt der Vermutung des right to possess. Könne man nämlich aufgrund der tatsächlichen Lage nicht bestimmen, wer als possessor anzusehen ist, so sei dies im Zweifel diejenige Person, der auch das right to possess zusteht. Dies wiederum sei im Zweifel der Eigentümer.427 Fallen ownership und right to possess verschiedenen Personen zu, so ist zur Begründung der Vermutung der Beweis des ownership nicht notwendig, es genügt der Beweis eines right to possess. Schließlich wird die Besitzvermutung des englischen Rechts insbesondere bei Erbfällen relevant, da sie bei diesen eine Vermutung dafür begründet, dass der Erbe gleichzeitig auch possessor der Sache ist.428 Wird hingegen 425 Jones v Chapman and Others (1849) 2 Ex. 803; vgl. auch Worthington, Personal Property, S. 77: „The person with possessory title to an asset is commonly assumed to be the true owner, although it takes little in the way of evidence to displace the assumption. The converse also holds true. A person who is the true owner of an asset is assumed to have possessory title to the asset, unless the contrary is proved to be the case.“ unter Berufung auf Ramsay v Margrett [1894] 2 Q. B. 18; so auch Tyler/Palmer, Personal Property, S. 55. Eine gewisse Ähnlichkeit zur Besitzvermutung des englischen Rechts stellt im deutschen Recht die Vermutung des § 739 ZPO i. V. m. § 1368 BGB dar. Hiernach werden Gläubiger in der Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten dadurch geschützt, dass der jeweilige Schuldner als Eigentümer von Gegenständen im gemeinsamen Besitz angesehen wird (§ 1368 BGB) und dass in einem weiteren Schritt aufgrund des Eigentums der für die Vollstreckung maßgebliche Gewahrsam vermutet wird, vgl. § 739 ZPO. 426 Bell, Personal Property, S. 33 und 51 m. w. N. 427 Pollock/Wright/Pollock, S. 24/25 m. w. N. („Where possession in fact is undetermined, possession in law follows the right to possess.“/„Possession follows title.“/„An owner is prima facie entitled to possession, and possession is prima facie evidence of ownership.“). 428 Vgl. Lightwood, S. 2.

§ 7 Besitz im englischen Recht

205

nach dem Erbfall durch eine andere Person Besitz an der Sache begründet, so kann die für den Erben streitende Besitzvermutung widerlegt werden.429 Insofern führt die Besitzvermutung zu gleichen Ergebnissen wie im deutschen Recht der Erbenbesitz nach § 857 BGB.430 2. Traditionsfunktion

Der Übergang des title ist im englischen Recht nicht an den Übergang des Besitzes geknüpft, allerdings kann der Besitzübergang durchaus als weiches Kriterium für den Eigentumsübergang eine Rolle spielen. Gemäß s. 17 (1) Sale of Goods Act 1979 richtet sich nämlich der Eigentumsübergang nach dem vertraglichen Willen der Parteien. S. 18 rule 1 Sale of Goods Act 1979 bestimmt sogar, dass bei einem unbedingt (unconditional) abgeschlossenen Kaufvertrag der Eigentumsübergang grundsätzlich im Zeitpunkt des Vertragschlusses erfolgt, sofern diesbezüglich kein entgegenstehender Parteiwille vorliegt. Bei nicht eingetragenen Grundstücken erfolgt der Übergang des freehold estate mit Abschluss der conveyance. Die conveyance beinhaltet die Einigung der Parteien, dass der estate übergehen soll und ist üblicherweise im Kaufvertrag (contract of sale) enthalten. Diese Vereinbarung führt ebenfalls wie im Rahmen des sale of goods grundsätzlich zum Eigentumsübergang, allerdings nur im Bereich der Equity, und zwar aufgrund der Maxime „equity regards as done which ought to be done“. Der equitable title wirkt allerdings wegen des Grundsatzes „equity acts in personam“ nur relativ zwischen den Parteien und hat keine Wirkung gegenüber Dritten, wie dies etwa im deutschem Recht bei einer Auflassungsvormerkung nach §§ 883 ff. BGB hinsichtlich der relativen Unwirksamkeit von Verfügungen gemäß § 883 Abs. 2 BGB der Fall ist. Hier bezieht sich die Relativität darauf, dass Verfügungen nur unwirksam sind, soweit sie den Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Auflassung vereiteln oder beeinträchtigen würden. Der Übergang des legal title erfolgte vor Einführung der Registrierungspflicht durch s. 4 (1) und (2) LRA 2002431 mittels execution eines deed of transfer, also mittels Vollzugs einer Übereignungsurkunde, die üblicherweise Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises übergeben wurde.432 Im Hinblick auf eingetragene Grundstücke erfolgt hingegen ein originärer Eigentumserwerb durch Eintragung im Grundbuch, und zwar völlig unabhängig von den Besitzverhältnissen. Hier sieht s. 4 (1) und (2) LRA 2002 eine Übereignung von Grundstücken 429 430 431 432

Lightwood, S. 7. Näheres zum Rechtsvergleich bezüglich des Erbenbesitzes unten (§ 8 D. VI.). Hierzu bereits oben (Erster Teil, § 4 A. I.). Vgl. Lawson/Rudden, S. 59/60.

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2. Teil: Besitz

nur noch durch die konstitutive Umschreibung des Eigentümers im Land Register vor. 3. Rechtsscheinsfunktion

Auch im englischen Recht stellt der Besitz in Zusammenhang mit seiner Vermutungsfunktion433 einen Rechtsscheinstatbestand dar, der einen gutgläubigen Erwerb des Eigentums ermöglicht. Der gutgläubige Erwerb erfolgt hierbei ebenfalls als Ausnahme zu dem Grundsatz nemo dat quod non habet und unter Abwägung der widerstreitenden Interessen, nämlich des Schutzes des Privateigentums auf der einen und der Sicherheit des Rechtsverkehrs auf der anderen Seite.434 Gutgläubiger Erwerb mit possession als Rechtsscheinstatbestand ist zunächst nach den ss. 24 und 25 Sale of Goods Act 1979 sowie nach ss. 2, 8 und 9 Factors Act 1889 möglich.435 Weiterhin ermöglichen einzelne gesetzliche Ausnahmetatbestände den gutgläubigen Erwerb, zum Beispiel bei der Übereignung von Geld, bei der Übertragung von Wertpapieren (negotiable instruments), bei Handelsvertretern und Mietkauf (hire-purchase) von Kraftfahrzeugen.436 Im englischen Recht ist ein gutgläubiger Erwerb zudem nur möglich, wenn der ursprüngliche Eigentümer den Besitz an der Sache freiwillig aus der Hand gegeben hat, etwa an einen Verkaufsagenten.437 Im Bereich des Grundstücksrechts ist – abgesehen vom redlichen lastenfreien Erwerb438 – keine Möglichkeit des redlichen Erwerbs aufgrund einer falschen Eintragung im land register vorgesehen. Hier kann der Käufer allenfalls durch equitable remedies die bevorstehende Eintragung eines anderen verhindern und möglicherweise eine Grundbuchberichtigung erwirken. Ansonsten ist er wegen seines Schadens durch eine falsche Grundbucheintragung auf die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen verwiesen.439 433

Lawson/Rudden, S. 59. Bridge, Personal Property, S. 116. 435 Zum gutgläubigen Erwerb im englischen Recht siehe auch Henrich/Huber, S. 101/102 und Dreyer, Der gutgläubige rechtsgeschäftliche Erwerb beweglicher Sachen im englischen Recht, 1995, jeweils m. w. N.; zu der (erst) im Jahre 1994 abgeschafften Regel des gutgläubigen Erwerbs auf einem sog. market overt siehe Palmer/McKendrick/Davenport/Ross, S. 337 ff. (chapter 14, „Market Overt“). Auf den gutgläubigen Erwerb nach ss. 2, 8 und 9 Factors Act 1889 wird nochmals an späterer Stelle (§ 7 D. II. 2.) eingegangen. 436 Lawson/Rudden, S. 66 ff. 437 National Employers Mutual General Insurance Association Ltd v Jones [1990] 1 A. C. 24; Henrich/Huber, S. 102. 438 Vgl. Erster Teil, § 4 A I. 439 Siehe bereits oben (Erster Teil, § 4 A. I.). 434

§ 7 Besitz im englischen Recht

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D. Formen Wie bereits erläutert440, wird der Begriff possession üblicherweise als physical control definiert. Diese physical control stellt wie auch die tatsächliche Sachherrschaft im deutschen Recht die Grundform der possession im englischen Recht dar. Allerdings gibt es auch Formen von possession ohne Vorhandensein einer physical control bzw. Fälle, in denen trotz Vorhandenseins von physical control keine possession im Rechtssinne (possession in law) gegeben ist.441 Die verschiedenen Formen der possession in law im englischen Recht sollen nun im Folgenden dargestellt werden. I. Actual possession Die actual possession besteht zunächst aus zwei Elementen, nämlich einer control in fact im Sinne einer sufficient physical control. Diese muss von einer intention to control getragen sein.442 Dies entspricht, zumindest vordergründig, auch den Anforderungen an den unmittelbaren Besitz im deutschen Recht, die aus dem Vorliegen der tatsächlichen Sachherrschaft (vgl. § 854 Abs. 1 BGB) und eines sog. natürlichen Besitzwillens bestehen. Wann die geforderte physical control wie auch intention to control hinreichend sufficient sind, um actual possession zu begründen, bedarf jedoch einer genaueren Erörterung. Zu beachten ist, dass im englischen Recht das benötigte Maß an control der Besitzergreifung für einen Nichtbesitzer höher ist als dasjenige, das für einen Besitzer zur Aufrechterhaltung seines Besitzes erforderlich ist. So bleibt der Besitz auch bei einer gewissen Lockerung erhalten, wie zum Beispiel, wenn jemand sein Fahrrad vor einem Geschäft abstellt, um in diesem einen Einkauf zu tätigen.443 Nach Auffassung von Bridge steht dies im Zusammenhang mit der Vermutung, dass der Eigentümer auch Besitzer der Sache ist.444 Holmes führt als Grund den Frieden sowie die soziale Ordnung an.445 440

Unter § 7 A. Paton/Derham, Jurisprudence, S. 559: „In most cases the legal notion of possession is built on popular notion of physical control, but each legal system has ‚anomalous‘ cases either where a person in full physical control in fact is denied possession in law, or where one who does not have physical control in fact at all is accorded the rights of possession.“ 442 Bell, Personal Property, S. 35. 443 Bell, Personal Property, S. 35; Holmes, S. 235 ff. 444 Bridge, Personal Property, S. 18; zu dieser Vermutung bereits oben (§ 7 C. III. 1.). 445 Holmes, S. 237 mit dem Beispiel einer wertvollen Börse, die auch dann im Besitze einer Person anzusehen ist, wenn sie diese in einem abgelegenen Haus zu441

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2. Teil: Besitz 1. Control in fact

Wie der tatsächlichen Sachherrschaft im deutschen Recht wohnt auch der control des englischen Rechts sowohl ein negativer Aspekt (Ausschlussgedanke) als auch ein positiver Aspekt inne, nämlich die Möglichkeit, mit der Sache zu verfahren, also eine „power of dealing with the subject immediately“.446 In diesem Rahmen geht es nicht so sehr um die physical power im Sinne einer aktuellen physischen Einwirkungsmöglichkeit auf eine Sache (diese ist meistens eine bloße Fiktion), sondern vielmehr um die probable power, also um die Fähigkeit, möglicherweise auftretende Beeinträchtigungen des Besitzes abzuwehren.447 Maßgebend für die Beurteilung, welcher Person control an der Sache zukommt, ist, wie im Rahmen der tatsächlichen Sachherrschaft, die Verkehrsanschauung (custom).448 Hierbei sind stets die Umstände des Einzelfalls und der Beschaffenheit des betreffenden Gegenstands zu berücksichtigen.449 So ist es zum Beispiel schwerer, einen Tiger einzufangen als eine Blume zu pflücken.450 Gerade in Bezug auf Grundstücke ist das Maß der Kontrolle abhängig von der Beschaffenheit des Grundstücks. Zudem sind acts of ownership durch den owner bzgl. eines Grundstücksteils ausreichend für die Annahme von possession.451 Allerdings stellt sich im Hinblick auf diese Kriterien insbesondere die Frage, wie groß das nötige Maß an Kontrolle sein muss. Mit dieser Frage befassen sich einige Leitentscheidungen der englischen Rechtsprechung: In Young v Hichens452 hatte ein Fischer einige Fische von seinem Boot aus durch ein Fischernetz umrundet, wobei das Netz noch eine Öffnung rück lässt; Pollock/Wright/Pollock, S. 15 mit dem Beispiel eines Bankers, der Geld und Wertpapiere unbeaufsichtigt in der frei zugänglichen Bank zurücklässt und dennoch als Besitzer dieser Sachen anzusehen ist. 446 Fitzgerald: „All that is necessary is that I should be in such a position as to be able, in the normal course of events, to resume actual control if I want . . . Another factor relevant to the assessment of control is the power of excluding other people.“, Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 270/271; so auch Lightwood, S. 10 für die possession of land (unter Bezugnahme auf von Savigny). 447 Vgl. Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 327. 448 Vgl. Holland, S. 195; Pollock/Wright/Pollock, S. 13 und 38 sowie Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 327. 449 Bell, Personal Property, S. 1/2; Pollock/Wright/Pollock, S. 13 und 38. 450 Bell, Personal Property, S. 36; als weiteres Beispiel nennt Bell die Entscheidung The Tubantia, die sogleich besprochen wird. So auch Harris: Die Rechtsprechung zeige gerade, dass auf den Einzelfall abzustellen und insbesondere zu berücksichtigen ist, welche control überhaupt abstrakt an der jeweiligen beweglichen Sache möglich ist, vgl. Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 74. 451 Lightwood, S. 12/13 m. w. N. 452 (1844) 6 Q. B. 606.

§ 7 Besitz im englischen Recht

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aufwies. Der Fischer wurde anschließend von einem weiteren Boot (dem des Beklagten) gestört und um den Fang der Fische gebracht. Hierbei wurde es noch nicht als ausreichende control erachtet, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Fische in seinem Netz gefangen hätte, wäre der Beklagte nicht dazwischengetreten. Es wurde also nicht auf die Wahrscheinlichkeit der Kontrollausübung abgestellt (dann hätte man wohl den Besitz bejahen müssen), sondern darauf, ob das Tier seiner Freiheit beraubt worden ist, mit der Folge, dass erst der erste erfolgreiche Jäger bzw. Fänger Besitz an dem Tier erlangt.453 In der Entscheidung The Tubantia454 kam es bei der Bergung eines gesunkenen Frachtschiffes (namens Tubantia) zu Störungen. Das Schiffswrack lag tief auf dem Meeresgrund und aufgrund der Bedingungen unter Wasser konnten die Kläger lediglich 25 Tage im Jahr an dem Schiffswrack arbeiten, wobei es ihnen gelang, aus dem Inneren des Schiffes einen Teil seiner Fracht zu bergen. Im Rahmen der Entscheidungsgründe wurde betont, dass die Frage der „control“ anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden müsse. Hierbei wurden auch die spärlichen Kontrollmöglichkeiten der Kläger für ausreichend erachtet, da diese im Hinblick auf das Wrack alle Benutzungsmöglichkeiten ausschöpften, welche unter den Gegebenheiten möglich waren. Zudem waren die Kläger in der Lage, die Vornahme ähnlicher Arbeiten durch Dritte zu verhindern, hatten also effective control inne. Ein weiteres Argument für die Kläger war, dass es bei strengeren Anforderungen überhaupt niemandem möglich wäre, possession an dem Schiffswrack der Tubantia zu haben. Wie sich aus den Urteilsgründen455 ergibt, scheinen zudem bei der Entscheidung in The Tubantia politische Erwägungen eine große Rolle gespielt zu haben, nämlich einen Anreiz für das Bergungsgewerbe zu schaffen, welches sowohl zur damaligen Zeit als auch heute hohe Investitionskosten sowie hohe Risiken mit sich bringt.456 2. Intention to control

Im älteren Schrifttum ist durchaus umstritten, ob zusätzlich zu den Anforderungen in tatsächlicher Hinsicht für possession noch ein subjektives Element notwendig ist. Insbesondere Pollock war der Auffassung, dass jede power to use and exclude others ausreichend ist, wenn sie von einem ani453 So Kegel, FS Caemmerer, S. 153/154; Nachweise zur Rechtsprechung im Common Law bezüglich der Besitzverhältnisse beim Besitzerwerb bei der Jagd und beim Fang von Tieren insgesamt finden sich auf S. 151 ff. 454 [1924] 1 P. 78. 455 Vgl. [1924] 1 P. 78, S. 90/91. 456 So auch Kegel, FS Caemmerer, S. 164.

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2. Teil: Besitz

mus possidendi getragen ist, soweit keine andere Person diesen animus possidendi sowie gleiche oder noch größere Herrschaftsmacht (power) über die Sache aufweisen kann.457 Inzwischen ist im Schrifttum anerkannt, dass im englischen Recht für die possession ein subjektives Element erforderlich ist. Nach Williams ist dieses subjektive Element lediglich in negativer Hinsicht zu verstehen. Seiner Auffassung zufolge erfordert possession subjektiv einen Ausschlusswillen (intention to exclude the interference of other persons), wobei sowohl ein Fremdbesitzwille (intention on account of another) als auch ein genereller Besitzwille (general intent with respect to a class of things) ausreichend sein soll.458 Holland hingegen spricht allgemein von einem gewissen Mindestwillen, von der Herrschaftsmacht über den Gegenstand Gebrauch zu machen.459 Nach Auffassung von Tay beinhaltet bereits der Begriff control als zentrale Voraussetzung der possession die Notwendigkeit eines subjektiven Elements. Kontrolle könne nämlich überhaupt erst bestehen, wenn diese mit Bewusstsein ausgeübt werde. So setze control gleichermaßen eine gewisse tatsächliche Herrschaftsmacht voraus, wie auch den augenscheinlichen Vorsatz, diese Herrschaftsmacht auszuüben. Besagter Vorsatz könne allerdings oftmals aufgrund der Ausübung der Herrschaftsmacht vermutet werden.460 Unter welchen Umständen dieses Mindestmaß gegeben ist, bleibt jedoch offen. Jedenfalls kann die intention auch Lücken in der actual physical control überbrücken, welche tatsächlich zwangsläufig auftreten, weil es einem Menschen unmöglich ist, an all seinem Besitz gleichzeitig die geforderte physische Kontrolle auszuüben.461 Damit gilt ein subtler concept of possession, welches sich allmählich vom konkreten rein sichtbaren Besitzbegriff losgelöst hat.462 Diesem liegt letztlich derselbe Rechtsgedanke zugrunde wie der Vorschrift des § 856 Abs. 2 BGB, nämlich dass es in der Natur der Sache liegt, dass der Besitzer teilweise an der Ausübung seines Besitzes verhindert ist. Umgekehrt wird manchmal ausnahmsweise auch Besitz angenommen, wenn ein subjektives Element gerade nicht gegeben ist, zum Beispiel beim Besitz von Schlafenden.463 Diesen Umstand muss man jedoch nicht zwangsläufig als Ausnahme einordnen, vielmehr kann man wie im 457

Pollock/Wright/Pollock, S. 13 m. w. N. Williams, Salmond on Jurisprudence, S. 322 ff.; zum generellen Besitzwillen im englischen Recht siehe sogleich; Näheres zum Fremdbesitzwillen unter I. 459 Holland, S. 194/195. 460 Tay, (1964) 4 Syd. L. R., 389. 461 Tay, (1964) 4 Syd. L. R., 389. 462 Tay, (1964) 4 Syd. L. R., 389. 463 Thayer, 90 (1907) L. Q. R., S. 186. 458

§ 7 Besitz im englischen Recht

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deutschen Recht464 darauf abstellen, dass ein einmal begründeter Besitz fortbesteht, auch wenn der Besitzwille vorübergehend fehlt. Gegen die Notwendigkeit eines subjektiven Elements hat sich insbesondere Fitzgerald ausgesprochen. Nach seiner Auffassung ist lediglich general control über eine Sache notwendig, nicht aber intention im Sinne eines auf den Besitz gerichteten Willens. Allerdings stellt Fitzgerald im Folgenden fest, dass die intention sehr wohl bei der Frage des Erwerbs, der Übertragung oder des Verlusts des Besitzes relevant sei. Zudem sei die intention hilfsweise für die Beurteilung von Grenzfällen heranzuziehen, in denen problematisch ist, ob eine possession in fact zugleich auch eine possession in law darstellt.465 Durch diese Einschränkungen gelangt Fitzgerald letztlich zu denselben Ergebnissen wie die herrschende Meinung, die ebenfalls auf das permanente Vorhandensein der intention to control verzichtet, sofern nicht ein Besitzwechsel in Frage steht. Unterschiedlich ist demnach lediglich der Ausgangspunkt. Während die herrschende Meinung die intention to control grundsätzlich als Voraussetzung des Besitzes begreift, hält Fitzgerald diese im Regelfall nicht für erforderlich. Die Sichtweise von Fitzgerald wirkt jedoch deshalb inkonsequent, weil er einerseits in gewissen Fällen ein subjektives Element für nötig erachtet, andererseits aber verneint, dass der possession grundsätzlich auch ein subjektives Element innewohnt. Zudem lässt sich hier der Gedankengang von Tay466 fruchtbar machen, nach welchem control bzw. Herrschaftsmacht über eine Sache ohne ein gewisses Maß an Bewusstsein im Hinblick auf diese Herrschaftsmacht undenkbar ist. Auch die Rechtsprechung verlangt im Rahmen der actual possession das Vorliegen einer intention to control. Diese Anforderung wird jedoch großzügig gehandhabt. Nach R v Rowe467 (allerdings im Rahmen des Straftatbestandes der larceny468), ist ein Kanalunternehmen Besitzer eines Eisenstückes, welches sich in der Kanalisation befindet. Somit konnte der Angeklagte, der dieses weggenommen hatte, wegen larceny bestraft werden. Möglicherweise war bei der Entscheidung jedoch die Tatsache ausschlaggebend, dass der Angeklagte hier den Besitz lediglich durch einen trespass erlangt hatte.469 464

Siehe oben, § 6 D. II. 5. Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 272 ff. 466 Vgl. oben (Fn. 460). 467 (1859) Bell C. C. 93. 468 Diese setzt eine Art Wegnahme voraus, entspricht also funktionell dem Straftatbestand des Diebstahls nach deutschem Recht; Näheres zur larceny auch unter IV. 469 Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 78; Näheres zum trespass to land im Dritten Teil (unter § 11 A. II. 1.). 465

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2. Teil: Besitz

In der Entscheidung Warner v Metropolitan Police Commissioner470 wurde ebenfalls der Begriff „possession“ erörtert, hier allerdings im Kontext vom s. 1 (1) Drugs (Prevention of Misuse) Act 1964. Für das Vorliegen von possession wurde das Wissen um die Existenz einer Sache als ausreichend erachtet, über welche control ausgeübt wird. Nicht erforderlich solle hingegen das Wissen um einzelne Beschaffenheiten der Sache sein, wie hier die Tatsache, dass der sich im Besitz des Angeklagten befindliche Karton gerade Drogen beinhaltete. In Moukataff v British Overseas Airways Corporation471 wurden 20.000 Britische Pfund in einem Briefumschlag durch die Beklagte per Flugzeug von London nach Kuwait transportiert. Ein Angestellter der Beklagten entwendete das Geld an Bord des Flugzeugs. Der Kläger nahm die Beklagte unter anderem wegen conversion472 der Banknoten durch deren Angestellten in Anspruch. Bei der Haftungsfrage war erheblich, ob ein bailment und damit auch eine possession nur an dem Briefumschlag entstanden war oder auch an den in diesem enthaltenen Banknoten. Es wurde entschieden, dass ein bailment auch an den in dem Briefumschlag enthaltenen Banknoten bestand und damit das konkrete Wissen des Besitzers vom Inhalt des Briefumschlags für entbehrlich erachtet. Festzuhalten bleibt demnach, dass possession neben dem tatsächlichen Element control ein subjektives Element in Form einer intention to control erfordert. Hierbei bestehen im englischen Recht erhebliche Lockerungen. Wie im deutschen Recht handelt es sich nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen sog. natürlichen Willen. 3. General intention to control?

Auch im englischen Recht beschäftigen sich viele Urteile und Anmerkungen aus dem Schrifttum mit der Frage, ob es einen generellen Besitzwillen, also eine general intention to control, gibt. Dieser Ausdruck wird dabei zwar häufig nicht gebraucht, der Sache nach geht es aber genau um diese Frage, nämlich um Fälle, in denen entschieden werden muss, ob ein Grundstücksbesitzer (occupier) auch possession an den auf seinem Grundstück befindlichen Gegenständen hat, selbst wenn er überhaupt nicht um deren Existenz weiß. Meist entsteht ein Konflikt mit einem späteren „finder“ der Sache, der geltend macht, er habe zuerst possession an der Sache begründet und zuvor habe gerade keine possession seitens des occupiers bestanden, so dass er finder der Sache im Rechtssinne sei.

470 471 472

[1969] 2 A. C. 256. [1967] 1 Lloyd’s Rep. 396. Zu den Voraussetzungen der conversion im Dritten Teil (§ 11 A. III. 3.).

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a) Bridges v Hawkesworth In Bridges v Hawkesworth473, der ersten Leitentscheidung zu dieser Problematik, hatte ein Kunde in einem Geschäft ein Päckchen mit Geldscheinen gefunden. Der Kunde zeigte den Fund beim Geschäftsinhaber an und überreichte ihm das Päckchen samt Inhalt. Nachdem aber der Eigentümer des Päckchens mit den Geldscheinen nicht mehr auffindbar war, machte der Kunde geltend, Finder der Sache zu sein und verlangte vom Geschäftsinhaber die Herausgabe der Geldscheine. Die Queen’s Bench Division des englischen High Court of Justice entschied zugunsten des Kunden: Der Ladeninhaber habe keinen Besitz erlangt, auch wenn sich die Sache vor der Ergreifung durch den Kunden in seinem Laden befunden habe. In den Entscheidungsgründen wurde eine mögliche actual possession des Geschäftsinhabers gar nicht erst erörtert, anscheinend war diese für das Gericht fernliegend. Erörtert wurde vielmehr die Frage, ob der Geschäftsinhaber nicht sog. custody innehat, also für den wahren Eigentümer besitzt.474 Dies wurde abgelehnt. Anders verhielte es sich nur, wenn die Banknoten absichtlich (intentionally) im Geschäft abgelegt worden wären.475 Aufgrund dieser knappen Begründung gerade im Hinblick auf die Voraussetzungen der actual possession, nämlich der control in fact und der intention to control, ist diese Entscheidung im Schrifttum vielfach analysiert worden und hat zu allerlei Spekulationen über mögliche zugrundeliegende, aber nicht ausgeführte Entscheidungsgründe angeregt. So stimmte beispielsweise Pollock der Entscheidung mit dem Argument zu, der Ladeninhaber habe nicht die nötige de facto control, bestehend aus der „general power and intent to exclude unauthorized interference“, innegehabt.476 Für ein Fehlen der Voraussetzungen in subjektiver Hinsicht spricht hier die Tatsache, dass das Gericht anscheinend custody, also eine control für den wahren Eigentümer477, angenommen hätte, wäre das Päckchen absichtlich im Geschäft deponiert worden. Folglich scheint auch er vom Nichtvorliegen des subjektiven Tatbestandes ausgegangen zu sein. Unklar bleibt bei der Formulierung „intentionally deposited“ zugegebenermaßen, ob Patteson J hierbei gerade auf die Kenntnis des Ladeninhabers von dem Päckchen abstellte oder bloß auf das vorsätzliche Ablegen des Päckchens durch den Eigentümer.

473 474 475 476 477

[1843–60] All E. R. Rep. 122. Näheres zum Institut der custody unten (unter IV.). (1851) Q. B. 75. Pollock/Wright/Pollock, S. 41. Zu den Voraussetzungen der custody unten (unter IV.).

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2. Teil: Besitz

In diese Richtung geht die Analyse von Holmes: Es fehle in dem Fall am subjektiven Tatbestand, da sich der Ladeninhaber nicht der Existenz der Sache bewusst gewesen sei. Theoretisch möglich sei zwar eine Annahme des Willens des Ladeninhabers, andere Personen von sämtlichen im Geschäft befindlichen Gegenständen generell auszuschließen, dies sei aber kein ausreichender animus domini im Hinblick auf das Päckchen, da der Ladeninhaber sich noch nicht einmal der Existenz der Sache bewusst gewesen war.478 Damit scheint Holmes die Kenntnis von dem konkreten Gegenstand für die Annahme der intention to control vorauszusetzen und die Möglichkeit eines generellen Besitzwillens abzulehnen. Auch die nachträglich von der Rechtsprechung unternommene Interpretation, es sei von Bedeutung, dass sich der Fund gerade im „public part“ des Geschäfts ereignet habe479, ist zwar plausibel, insofern aber nicht im Urteil angelegt.480 Dies gilt auch für die Analyse von Marshall: Die Besonderheit des Falls liege darin, dass das Bündel gerade nicht attached war, sondern einfach nur lose im Laden herumlag.481 b) Merry v Green and Another Der Entscheidung in Merry v Green and Another482, welche ebenfalls zur larceny ergangen ist, lag zunächst ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde. Hier wurde ein Schreibpult im Rahmen einer Auktion veräußert, wobei der Käufer später anlässlich einer Reparatur entdeckte, dass sich in diesem ein beträchtlicher Betrag an Bargeld sowie einige Wertsachen befinden. Weder der Käufer noch der Verkäufer wussten hiervon zuvor. Das Gericht ging von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der larceny durch den Käufer aus. Das Gericht nahm nicht an, dass im Rahmen der Auktion seitens des Verkäufers geäußert wurde, das Schreibpult solle zusammen mit seinem gesamten Inhalt veräußert werden. Es begründete dies mit der Unkenntnis beider Parteien von der Tatsache, dass das Schreibpult überhaupt noch weitere Gegenstände beinhaltete. Diese Begründung scheint zunächst – ebenfalls wie diejenige in der Entscheidung Bridges v Hawkesworth – nicht von der Möglichkeit eines generellen Besitzwillens auszugehen. 478

Holmes, S. 221/222. Vgl. South Staffordshire Water Company v Sharman, [1896] 2 Q. B. 44, S. 47 (Lord Russell of Killowen CJ). 480 So Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 197/198; zum eigenen Ansatz von Goodhart sogleich. 481 Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 77 (Marshall betont jedoch, dass es sich hierbei um eine nachträgliche, eigene Analyse handelt); zu dieser Differenzierung sogleich. 482 [1835–1842] All E. R. Rep. 281. 479

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Allerdings ist bei der Analyse von Merry v Green and Another zu beachten, dass die Gründe für diese Entscheidung möglicherweise im Bereich der larceny und nicht der possession liegen. So könnte die Entscheidung auch davon ausgegangen sein, dass im Rahmen der larceny die Darlegung des Bruchs sowie der Neubegründung der possession durch den Käufer genügt (diese war spätestens beim Entdecken des Inhalts des Schreibpultes unproblematisch gegeben), dass aber der Nachweis entbehrlich ist, wer konkret zuvor possession innehatte.483 Misst man der Entscheidung diese Bedeutung bei, wäre unerheblich, ob der Verkäufer Besitzer des Inhalts war oder dessen früherer Eigentümer, welcher den Verkäufer mit der Versteigerung des Schreibpultes beauftragt hatte. Allerdings geht eine derartige Überlegung aus der Entscheidung nicht einmal andeutungsweise hervor. Zudem ist fraglich, ob im Zeitpunkt des Entdeckens des Bargeldes und der Wertsachen durch den Ersteigerer tatsächlich noch von possession des ursprünglichen Eigentümers ausgegangen werden konnte. Denn in diesem Zeitpunkt hatte dieser keinerlei Sachherrschaft mehr über das Bargeld sowie die Wertsachen in dem Schreibpult. Nach Auffassung von Tay ist Merry v Green and Another falsch entschieden worden. Bei einem Verkauf sei nämlich ein Übertragungswille des Verkäufers dahingehend anzunehmen, dass er, indem er das Eigentum an dem „volume“ überträgt, gleichzeitig auch Eigentum an sämtlichen Gegenständen mitüberträgt, die üblicherweise hierin enthalten sind („which are normally part of the volume“) und hierin enthalten sind.484 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, allerdings erscheint es inkonsequent, einen generellen Besitzwillen ausschließlich in Form eines generellen Übertragungswillens zuzulassen. Die Argumentation Tays spricht hingegen gerade für die Anerkennung des generellen Besitzwillens als hinreichendes subjektives Element im Rahmen der possession. c) Elwes v Brigg Gas Company In der nachfolgenden Entscheidung Elwes v Brigg Gas Company485 ging es um die Frage der possession im Rahmen des Konfliktes zwischen occupier und finder. Hier wurde der Beklagten vom Kläger ein leasehold mit einer Laufzeit von 99 Jahren eingeräumt. Die Parteien vereinbarten die Besonderheit, dass es dem lessee erlaubt ist, eine Gasleitung zu legen und hierzu Grabungsarbeiten durchzuführen. Im Rahmen der vom lessee vor483 484 485

So Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 76/77. Tay, (1964) 4 Syd. L. R., S. 394. (1886) 33 Ch. D. 562.

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2. Teil: Besitz

genommenen Ausgrabungen wurde nun ein urgeschichtliches Boot gefunden. Im Gegensatz zu den Entscheidungen in Bridges v Hawkesworth und Merry v Green and Another ging das Gericht hier unter Berufung auf R v Rowe von der früheren possession des occupier aus. Dieser sei nämlich zunächst im Besitz des Grundstücks gewesen und damit auch im Besitz sämtlicher Gegenstände, die sich nicht nur auf der Oberfläche befinden, sondern auch im Erdreich darunter. In einem obiter dictum wurde zudem hilfsweise angemerkt, dass ein bloßer trespasser486 schon keinen Fundbesitz hätte erlangen können, da er nicht zur Ausgrabung berechtigt gewesen wäre. Auch Elwes v Brigg Gas Company wurde im Schrifttum vielfach analysiert. Pollock sieht in der Entscheidung und vor allem in der Regel, dass der Grundstücksbesitzer auch Besitzer von Gegenständen im Erdreich ist, keinen Widerspruch und auch keine Ergänzung zur herkömmlichen Dogmatik der possession. In diesem Fall komme dem occupier nämlich gerade sowohl faktische Kontrolle an dem Gegenstand zu als auch der Wille, unerlaubte Eingriffe durch andere Personen auszuschließen. Eine solche Analyse des Falls sei vorzugswürdig.487 Bell argumentiert, die Entscheidung laufe auf eine Besitzvermutung hinaus, ohne hierfür eine plausible Erklärung zu nennen. Man müsse vielmehr nach allgemeinen Regeln prüfen, ob der occupier „real control“ über den Gegenstand bzw. die Gegenstände ausübt, welche sich im Raum bzw. im oder auf dem Grundstück befinden.488 Die Kritik von Tay an Elwes v Brigg Gas Company geht ebenfalls in diese Richtung, stellt aber mehr auf die unterlassene Prüfung des subjektiven Elements der possession ab. Die Entscheidung unterstelle nämlich letztlich, dass, wenn jemand einen bestimmten Raum besitzt, er dessen sämtlichen Inhalt auch besitzt, unabhängig davon, ob er von dem konkreten Inhalt Kenntnis hat oder nicht.489 Auch nach Auffassung von Harris geht aus der Entscheidung hervor, dass sich die „intention to possess“ nicht auf die spezifische Sache beziehen muss.490 Die Entscheidung Elwes v Brigg Gas Company erscheint praktisch von nicht allzu großer Bedeutung, da hier der Finder zu den Grabungsarbeiten berechtigt und folglich kein trespasser war. Weil dies häufig nicht der Fall sein wird, hat die Entscheidung tatsächlich betrachtet eine Ausnahmekonstellation zum Gegenstand.491

486 487 488 489 490 491

Ausführlich zum trespass to land im Dritten Teil (unter § 11 A. II. 1.). Pollock/Wright/Pollock, S. 41. Bell, Personal Property, S. 44. Tay, (1964) 4 Syd. L. R., S. 386. Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 87 ff. Palmer, Bailment, S. 1411.

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d) Hannah v Peel Diese Linie wurde weiterverfolgt in Hannah v Peel492. Hier wurde der Kläger während des Zweiten Weltkriegs in das leerstehende Haus des Beklagten eingewiesen. Während dieser Zeit entdeckte der Kläger zufällig im ersten Stock des Hauses eine Brosche und übergab diese der Polizei. Da der Eigentümer der Brosche nicht ausfindig gemacht werden konnte (es war keinesfalls der Beklagte), erhielt der Beklagte die Brosche und verkaufte sie wiederum an einen Juwelier. Der Kläger verlangte Schadensersatz, da hierdurch seine Rechte als Finder beeinträchtigt worden seien. Hier wurde zugunsten des Klägers als Finder entschieden, jedoch mit der Begründung, dass während der gesamten Zeit (und auch bereits einige Zeit vor dem Krieg) der Beklagte das Haus nicht bewohnt hatte, weshalb mangels Besitzes an den Räumlichkeiten für ihn auch kein Besitz an der Brosche in Frage kam. Diese Entscheidung erscheint auch deshalb folgerichtig, weil hier die Sache noch nicht in eine Art Organisation des Grundstückseigentümers eingegliedert war und aus diesem Grunde auch für den Beklagten als Eigentümer keine höhere Wahrscheinlichkeit bestand, die Sache zu finden, als für einen Dritten.493 e) South Staffordshire Water Company v Sharman In South Staffordshire Water Company v Sharman494 führten die Beklagten im Auftrag der Klägerin Arbeiten an deren Wasserbecken durch, welches sich auf dem klägerischen Grundstück befand. Im Rahmen der Ausführung des Auftrages fand der Beklagte zwei goldene Ringe im Schlamm auf dem Grund des Wasserbeckens. Die Entscheidung fiel zugunsten der South Staffordshire Water Company aus. In den Gründen wurde zunächst die Argumentationslinie verfolgt, dass eine Vermutung für den Grundstücksbesitzer spricht (hier die Klägerin), dass dieser auch Besitzer von Gegenständen ist, die sich im Erdreich des Grundstücks befinden oder an diesem befestigt (attached) sind. Allerdings ging die Entscheidung unter Verweis auf Pollock495 noch einen Schritt weiter, indem sie feststellte, dass die vorzuziehende Begründung die „general power and intent to exclude unauthorized interference“ sei496, also die generelle Herrschaftsmacht über das 492 493 494 495 496

[1945] K. B. 509. Kegel, FS Caemmerer, S. 161/162. [1896] 2 Q. B. 44. Siehe oben, Fn. 476. [1896] 2 Q. B. 44, S. 47 (Lord Russell of Killowen CJ).

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2. Teil: Besitz

Grundstück in Verbindung mit einem generellen Willen, unerlaubte Beeinträchtigungen auszuschließen. Folglich geht aus der Entscheidung hervor, dass die general intention to control der South Water Company für die Begründung der possession ausreichte.497 f) Parker v British Airways Board In einer Leitentscheidung aus jüngerer Zeit zum Konflikt zwischen dem occupier und dem Finder einer Sache, nämlich in Parker v British Airways Board498, wurde wiederum nicht zugunsten des occupier entschieden, sondern angenommen, dass der Finder auch possession begründet habe, weshalb ein Fund im Rechtssinne vorliege. Der Kläger, ein Passagier, fand ein goldenes Armband am Boden der executive lounge des Flughafens Heathrow. Er überreichte es Angestellten der Beklagten. Nachdem der Eigentümer des Armbands nicht ausfindig gemacht werden konnte, verkaufte die Beklagte das Armband. Der Kläger machte gegenüber dieser einen Anspruch auf Herausgabe des Verkaufserlöses des Armbands geltend. Hier wurde die Frage, ob nicht bereits Besitz durch das British Airways Board begründet worden war, verneint, mit der Begründung, das Armband habe lose auf dem Boden gelegen und es habe keine nach außen hin ausreichend erkennbare intention (manifest intention) des British Airways Board bestanden, die Fläche nebst sämtlichen auf ihr befindlichen Gegenständen zu kontrollieren.499 Die Entscheidung stellt unter falscher Verweisung auf Bridges v Hawkesworth500 maßgeblich darauf ab, dass die Sache sich in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Raum befunden habe.501 In dieser Hinsicht argumentiert auch Gray: „Someone who has ownership or possession of land is also regarded as enjoying possession of, and therefore being entitled to, all things embedded or concealed within the ground or attached to it.“502 Im Fall des Fundes von Gegenständen, welche sich auf dem Erdboden befinden, also on the ground und nicht within the ground oder attached to the ground sind, sei Besitz des Grundstückseigentümers bzw. -besitzers allerdings nur gegeben, sofern dieser durch einen klaren Hinweis auf die territorial sovereignty unterlegt ist.503 497 Dies betonen richtigerweise auch Bridge, Personal Property, S. 25 und Gleeson, Personal Property, S. 26. 498 [1982] 2 W. L. R. 503. 499 [1982] 2 W. L. R. 503, S. 515 (Donaldson LJ). 500 Vgl. Fn. 479. 501 [1982] 2 W. L. R. 503, S. 510 (Donaldson LJ). 502 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 42 m. w. N. zur Rechtsprechung. 503 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 42/43.

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Weiterhin ergibt die Entscheidung Parker v British Airways Board, dass im Fall eines sog. trespassing finder, also eines Finders im untechnischen Sinn, der durch Begehung eines trespass auf das Grundstück gekommen ist, stets der occupier des Grundstücks auch possession an der Sache hat. Dies ergebe sich vor allem aus Gründen der public policy, die es gebiete, dass der trespasser nicht auch noch für sein rechtswidriges Verhalten belohnt wird. Da der Eigentümer der Sache nicht immer einfach zu ermitteln sei, erscheine es mithin sinnvoll, dem occupier die possession an der Sache zuzusprechen, also derjenigen Person, auf deren Grundstück sich die betreffende Sache jeweils befindet.504 Diese Annahme, dass dem sog. trespassing finder stets keine possession an der betreffenden Sache zukommen kann, führt allerdings zu Wertungswidersprüchen. Wenn nämlich dem trespasser von einem zweiten trespasser wiederum die possession an der Sache rechtswidrig entzogen würde, hätte der (erste) trespasser keinerlei eigene rechtliche Handhabe, sich gegen den zweiten rechtswidrigen Entzug zu wehren.505 Zudem besteht seitens des Grundstücksbesitzers keinerlei Schutzbedürfnis, da er bereits durch das tort of trespass gegen Beeinträchtigungen seines Grundstücksbesitzes geschützt ist.506 Gleichermaßen argumentiert Harris, der dieses Prinzip ebenfalls auf bewegliche Sachen (wie zum Beispiel Fahrzeuge oder Container) anwendet.507 Bell betont, dass es bei öffentlich zugänglichen Räumen508 sachlich gerechtfertigt sei, bestimmte Maßnahmen des occupier zu fordern, um dessen control an in den Räumlichkeiten verlorenen Sachen anzunehmen.509 Diese Lösung führt jedoch zu schwer vertretbaren Ergebnissen, insbesondere, wenn dem trespasser wiederum der Besitz an der Sache unerlaubterweise verloren geht, zum Beispiel durch einen Diebstahl. Es wäre höchst unbillig, wenn der trespasser nicht gegen den Dieb vorgehen könnte.

504 Parker v British Airways Board [1982] 2 W. L. R. 503, S. 506 ff. (Donaldson LJ) m. w. N. zu den Ursprüngen dieser Regel in der Rechtsprechung; vgl. auch Bridge, Personal Property, S. 25. 505 Vgl. Parker v British Airways Board [1982] 2 W. L. R. 503, 507 (Donaldson LJ). 506 Zutreffend Palmer, Bailment, S. 1436 ff. m. w. N.; näheres zum trespass im Dritten Teil, § 11 A. II. 1. und III. 1. 507 Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 77. 508 Vorliegend war die sog. executive lounge am Flughafen Heathrow freilich nur einer sehr eingeschränkten Öffentlichkeit zugänglich. 509 Bell, Personal Property, S. 41.

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2. Teil: Besitz

g) Hibbert v McKiernan In diesem Sinne fiel auch die Entscheidung in Hibbert v McKiernan510 aus, die sich ebenfalls mit dem Straftatbestand der larceny befasst. Der Beklagte hielt sich unerlaubt auf einem Golfplatz auf und entwendete dort acht Golfbälle. Diese lagen lose auf dem Platz herum und wurden vermutlich durch ihre ursprünglichen Eigentümer verloren, bzw. der Besitz an diesen wurde freiwillig aufgegeben. Die King’s Bench Division des High Court entschied, dass die Bälle in der possession der Mitglieder des Golfclubs waren. In diesem Zusammenhang war für die Annahme einer larceny die fehlende Kenntnis der Clubmitglieder von der genauen Anzahl sowie der genauen Lage der Bälle unschädlich. h) Schlussfolgerungen aus den genannten Entscheidungen Abschließend stellt sich die Frage, wie die zitierten Leitentscheidungen miteinander in Einklang zu bringen sind, bzw. ob sich aus diesen verallgemeinerungsfähige Prinzipien ableiten lassen, auch wenn man davon ausgeht, dass die genannten Entscheidungen in erster Linie der Einzelfallgerechtigkeit Rechnung tragen.511 Zunächst ist festzustellen, dass vor allem die Entscheidung Bridges v Hawkesworth aus der Reihe fällt, die als einzige dem finder die possession an der Sache zuspricht. Hierbei ist weder eine zugrundeliegende Erklärung erkennbar, noch stellt diese Entscheidung für spätere Entscheidungen einen Präzedenzfall dar.512 Goodhart ist insofern zuzustimmen, als nach seiner Auffassung die Differenzierung danach, ob der Raum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist oder nicht513, kein taugliches Entscheidungskriterium darstellt. Denn auch der Ladeninhaber, der seinen Laden grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich macht, macht dies nur zu dem Zweck, dass Leute bei ihm einkaufen. Die Einwilligung betrifft folglich nur das Betreten des Ladens zu Einkaufszwecken und sämtliche mit dem gewöhnlichen Einkauf in Zusammenhang stehende Tätigkeiten. Hinsichtlich aller anderen Tätigkeiten, die zum Einkauf nicht notwendig sind, möchte der Ladeninhaber dagegen die Öffentlichkeit ausschließen. Folglich möchte auch der Ladeninhaber alle Gegenstände innerhalb seines Ladens besitzen, wie dies auch auf eine Privatperson hinsichtlich ihrer Räumlichkeiten zutrifft. Zudem ergäben sich 510

[1948] 2 K. B. 142. So Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 78. 512 Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 199/200. 513 So in der Entscheidung South Staffordshire Water Company v Sharman, siehe oben (Fn. 479). 511

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schwierige Abgrenzungsprobleme bezüglich der Frage, ob die Öffentlichkeit eingeladen oder ausgeschlossen ist. So sind zum Beispiel ein Rechtsanwaltsbüro, eine Schneiderei oder ein Theater in gewisser Hinsicht öffentlich zugänglich, sicherlich aber nicht völlig, da ein Teil der Räumlichkeiten in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit benutzt wird.514 Folglich ist Goodhart ebenfalls dahingehend zuzustimmen, dass man aus Bridges v Hawkesworth einzig die Lehre ziehen kann, dass ein Grundstücksbesitzer (occupier) nicht zwangsläufig auch Besitzer von Gegenständen ist, die sich ohne feste Verbindung, also unattached, auf dem Grundstück befinden.515 Dies ist zugleich auch die Schlussfolgerung von Goodhart aus Bridges v Hawkesworth, Elwes v Brigg Gas Company und South Staffordshire Water Company v Sharman, nämlich dass danach zu differenzieren ist, ob eine Sache an das Grundstück attached ist. Ist eine Sache attached oder befindet sie sich im Boden, so ist der Grundstücksbesitzer auch Besitzer dieser Sache. Dies stellt eine allgemein gültige Regel und entgegen der Auffassung von Lord Killowen in South Staffordshire Water Company v Sharman516 nicht nur eine Vermutung dar. Ist hingegen die Sache unattached, so ist der Grundstücksbesitzer nicht notwendigerweise auch deren Eigentümer.517 Dieses Ergebnis wird auch durch zwei neuere Gerichtsentscheidungen bestätigt, in denen es um Gegenstände in oder attached to land bzw. buildings ging: In Corporation of London v Appleyard and Another518 waren zunächst zwei Arbeiter in einem zerstörten Haus tätig und fanden während ihrer Tätigkeit in dessen Keller einen in das Mauerwerk integrierten Safe, welcher eine hölzerne Kiste mit dem Inhalt von 5.700 £ enthielt. Auch hier wurde nicht von einem Fund der beiden Arbeiter ausgegangen, vielmehr wurde zugunsten des occupier entschieden, dass letzterer aufgrund seiner Position als possessor des Geländes mit den dazugehörenden Räumlichkeiten zugleich auch possessor der Kiste war. Diese Grundregel wurde wiederum bestätigt durch die gleichartige Entscheidung in Waverley Borough Council v Fletcher519. Hier entdeckte der Beklagte mittels eines Metalldetektors tief im Erdreich des öffentlich zugänglichen Parks der Klägerin eine goldene mittelalterliche Brosche. Es wurde zugunsten des Klägers als owner des Parks entschieden, mit dem Ar514 515 516 517 518 519

So insbesondere auch Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 199/200. Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 203. Siehe Fn. 494. Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 207. [1963] 1 W. L. R. 982. [1996] Q. B. 334.

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2. Teil: Besitz

gument, dass der „owner or lawful possessor“520 besser an der Sache berechtigt sei als deren späterer Finder. Unklar ist, weshalb hier nicht vom occupier, also vom Grundstücksbesitzer, die Rede ist, sondern von einem „owner or lawful possessor“. Da sich die Entscheidung explizit auf die vorangegangenen Leitentscheidungen beruft (insbesondere auf South Staffordshire Water Company v Sharman), ist dies wohl so zu verstehen, dass der owner des Grundstücks vermutlich auch dessen occupier ist. Sollte dies nicht der Fall sein, wird stattdessen der lawful possessor des Grundstücks als possessor des betreffenden Gegenstands angesehen. Folglich wird auch im Rahmen dieser Entscheidung letztlich auf den occupier abgestellt, ein unlawful possessor des Grundstücks würde auch nach den älteren Entscheidungen nicht als possessor der betreffenden Sache angesehen, da er als trespasser zu qualifizieren wäre.521 Auch in dieser Entscheidung erfolgte die Differenzierung danach, ob der Gegenstand in land bzw. attached to land oder unattached ist. In ersterem Fall ist der Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer auch als possessor der Sache anzusehen. Bei Gegenständen, die hingegen unattached sind, bedarf es der Ausübung einer manifest control über das Grundstück, nämlich als Hinweis auf die notwendige intention to control. Zu beachten ist auch, dass in beiden Fällen nicht mehr von einer Vermutung (presumtion) die Rede ist, sondern in den genannten Konstellationen schlichtweg vom Besitz des occupier auszugehen ist. Wenn Gegenstände Bestandteile des Grundstücks bzw. mit diesem verbunden sind, erstreckt sich der generelle Besitzwille am Grundstück grundsätzlich auch auf diese. Handelt es sich hingegen um Gegenstände on the land, d.h. solche, welche mit dem Grundstück lediglich lose verbunden sind, so ist zu fordern, dass der Grundstücksbesitzer den generellen Besitzwillen hat, auch diese Gegenstände zu beherrschen. Diese Beherrschung bzw. control muss nach außen hin manifestiert werden522, ansonsten fehlt es nach der Verkehrsanschauung am Element der control.523 Damit belegen die genannten Leitentscheidungen mit Ausnahme der insofern überholten Entscheidungen in Bridges v Hawkesworth und Merry v Green and Another, dass ein genereller Wille, sämtliche Gegenstände in einem bestimmten Bereich zu besitzen, im englischen Recht anerkannt ist.

520 Zum Begriff des ownership siehe bereits oben (Erster Teil, § 4 B. I.). Mit „lawful possessor“ ist der berechtigte Besitzer gemeint. 521 Elwes v Brigg Gas Company, vgl. Fn. 485; die anderen Entscheidungen befassen sich nicht mit dem finder als trespasser, da diese Problematik dort nicht relevant wurde. 522 Vgl. Parker v British Airways Board (Fn. 498). 523 Zu dieser Schlussfolgerung aus der Rechtsprechung gelangt auch Palmer, Bailment, S. 1416 ff.

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II. Constructive possession Als weitere Besitzform kennt das englische Recht die Institution der constructive possession. Diese ist immer dann gegeben, wenn jemand zwar keine actual possession innehat, aber dazu berechtigt ist, sich actual possession zu verschaffen. Unter normalen Umständen muss sich hierzu der Bezugsgegenstand in der tatsächlichen Gewalt einer Person befinden. Diese muss die bessere Berechtigung der jeweils anderen Person, nämlich des constructive possessor, anerkennen. Eine derartige Konstellation ist insbesondere bei einem bailment gegeben.524 Mithilfe der constructive possession kann folglich konstruiert werden, dass jemand, der gerade keine physical control an der Sache hat, dennoch rechtlich wie ein actual possessor behandelt wird und hierdurch vor allem die Möglichkeit erhält, Besitzschutzansprüche geltend zu machen.525 Auch wenn die Möglichkeit dieser Besitzkonstruktion als solche im englischen Recht nicht bestritten wird, ist die Terminologie in dieser Hinsicht nicht einheitlich. So verwendet beispielsweise Pollock den Begriff constructive possession synonym mit dem des right to possession. Allerdings stellt er im Folgenden ausdrücklich klar, dass der Begriff constructive possession im englischen Recht von verschiedenen Autoren in verschiedener Hinsicht gebraucht wird.526 Fitzgerald wiederum gebraucht für die Bezeichnung der Konstruktion das Begriffspaar mediate possession und immediate possession. Mediate possession sei nur gegeben, wenn ein unmittelbarer Besitzer possession sowohl für sich selbst als auch für einen anderen ausübt und dessen bessere Berechtigung an der Sache anerkennt. Rechtsfolge ist nach Fitzgerald, dass sowohl der mediate als auch der immediate possessor Besitzer im Rechtssinne sind, jedoch mit dem Unterschied, dass der mediate possessor nur im Verhältnis zur Außenwelt Besitzer ist, nicht aber im Verhältnis zum immediate possessor.527 Nach Auffassung von Paton und Derham ist die Unterscheidung von mediate und immediate possession zwar nützlich, um die verschiedenen Formen des Besitzes zu systematisieren (hierbei nennen sie insbesondere die Regelung des § 868 BGB im deutschen Recht), allerdings seien die Regelungen des englischen Rechts durchaus auch ohne diese Unterscheidung er524

Bell, Personal Property, S. 53. Lightwood, S. 8; Worthington, Personal Property, S. 53; in diesem Sinne äußert sich auch Tay: „. . . where judges wish to award certain rights normally stemming from possession even though such possession does not exist“, vgl. Tay, (1964) 4 Melb. U. L. R., S. 491. 526 Vgl. Pollock/Wright/Pollock, S. 25 ff. 527 Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 282 ff. 525

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2. Teil: Besitz

klärbar.528 So hat im praktisch häufigen Fall eines bailment der bailee aufgrund seiner actual control die possession inne und ist hierdurch zur Geltendmachung von Besitzschutzansprüchen berechtigt. Veruntreut er die Sache, widerspricht dies den Vereinbarungen des bailment (nach denen der bailee ja den superior title des bailor anerkennt), und er begeht eine conversion gegenüber dem bailor.529 Festzuhalten bleibt, dass aufgrund der rechtsstreitorientierten Betrachtungsweise des englischen Rechts530 immer nur die Verhältnisse zwischen zwei Personen beachtlich sind, nämlich Anspruchsteller und Anspruchsgegner, so dass im Rahmen der Besitzschutzansprüche der Anspruchsteller nicht nur obsiegt, wenn er possession hat, sondern auch, wenn er gegenüber dem Anspruchsgegner eine gegenwärtig bessere Berechtigung zum Besitz an der Sache (sog. immediate right to possession) hat. Dies soll später531, im Zusammenhang mit den Anspruchsvoraussetzungen der Besitzschutzansprüche, näher erörtert werden. Zunächst werden im Folgenden die Voraussetzungen der immediate possession und in Abgrenzung hierzu der qualified constructive possession dargestellt. 1. Immediate constructive possession

Zuerst unterscheidet man zweierlei Formen von constructive possession, welche unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen, nämlich sog. immediate constructive possession sowie qualified constructive possession.532 Erstere liegt vor, wenn dem constructive possessor ein immediate right to take possession zusteht. Hierunter versteht man das Recht, die Sache jederzeit vom Inhaber der actual possession herauszuverlangen. Qualified constructive possession ist hingegen gegeben, wenn die Person, welche die actual possession an der Sache innehat, gegenwärtig zum Behalten der Sache berechtigt und das right to possession hierdurch suspendiert ist, zum Beispiel bei Bestehen eines dinglichen Sicherungsrechts (lien).533 Immediate constructive 528

Paton/Derham, Jurisprudence, S. 585 ff. Paton/Derham, Jurisprudence, S. 588; die an dieser Stelle ebenfalls vorgenommene Analyse, dass der tenant zwar das land besitze, der landlord jedoch possessor im Hinblick auf den freehold bleibe, ist hingegen nicht nachvollziehbar. Anscheinend gehen Paton/Derham diesbezüglich davon aus, dass auch Rechte Gegenstand der possession sein können. 530 Hierzu bereits oben (Erster Teil, § 4 A. III.). 531 Im Dritten Teil, § 11 A. III. 1. c) bb). 532 Gleeson bezeichnet dagegen nur den letzteren Fall sowie die symbolic possession (hierzu sogleich unter III.) als constructive possession. Hinsichtlich der immediate constructive possession im hier verwendeten Sinne spricht er von einem right to immediate possession, vgl. Gleeson, Personal Property, S. 30/31. 529

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possession ist vor allem in den praktisch relevanten Fällen eines bailment sowie eines trust-Verhältnisses zwischen den Beteiligten gegeben.534 So wurde in Wilson v Lombank Ltd535 ein bailment in der Form eines Werkvertrags über die Reparatur eines Kfz begründet. Ein Kaufinteressent brachte das Kfz im Einvernehmen mit dem Verkäufer des Kfz in eine Werkstatt, wobei allerdings der Eigentümer des Kfz den Verkäufer nicht zum Verkauf ermächtigt hatte. Während sich das Kfz auf dem Gelände der Werkstatt befand, wurde es von einem Dritten entwendet, der es an den ursprünglichen Eigentümer zurückführen wollte. Es wurde entschieden, dass der Kaufinteressent im Augenblick der Wegnahme immediate constructive possession des Kfz innehatte, da er unmittelbar den Besitz von dem Werkstattinhaber herausverlangen konnte. Eine weitere Entscheidung zur immediate constructive possession findet sich in United States of America and Republic of France v Dollfus Mieg et Cie S. A. and Bank of England 536: Im Lauf des zweiten Weltkriegs wurden einige Goldbarren eines französischen Unternehmens zunächst von den deutschen Behörden und später von den Alliierten beschlagnahmt. Sie wurden vom der U.S.-amerikanischen, der französischen und der britischen Regierung in den Besitz der Bank of England gebracht, welche diese verwahren sollte, bis über das endgültige Schicksal der Goldbarren entschieden worden war. Die Bank of England übte anschließend den Besitz an den Goldbarren als bailee für die drei genannten Regierungen aus. Als das französische Unternehmen als Eigentümer der Goldbarren diese von der Bank of England herausverlangte, berief sich die Bank of England auf die sovereign immunity (hoheitliche Immunität) des bailor – also der drei Regierungen – mit dem Argument, dass die Goldbarren sich in der possession and control fremder Regierungen befinden. Es wurde entschieden, dass die Besitzerstellung (nämlich in Form der constructive possession) ausreichend ist, um in diesem Zusammenhang possession der drei Regierungen zu begründen. Allerdings ist die Aussagekraft der Entscheidung insofern geringer, als possession hier im Kontext der völkerrechtlichen Regeln der sovereign immunity erörtert wurde.537 Ähnlich kann man auch die Besitzverhältnisse bei Bestehen eines trustVerhältnisses analysieren. So wurde in White v Morris538 entschieden, dass der trustee berechtigt ist, einen Anspruch aus trespass geltend zu machen, 533 534 535 536 537 538

Bell, Personal Property, S. 53. Darstellung nach Bell, Personal Property, S. 53 ff. [1963] 1 W. L. R. 1294. [1952] A. C. 582. Bell, Personal Property, S. 54. (1852) 11 C. B. 1015; so auch Barker v Furlong [1891] 2 Ch. 172.

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2. Teil: Besitz

obwohl sich der betreffende Gegenstand in diesem Zeitpunkt beim beneficiary befindet. Auch wenn dies nicht ausdrücklich aus der Entscheidung hervorgeht, kann man dieses Ergebnis über die immediate constructive possession des trustee begründen, zumal der beneficiary seine actual control aufgrund des trust-Verhältnisses sowohl für sich selbst ausübt (denn er selbst ist schließlich ebenfalls possessor) als auch zugleich für den trustee.539 2. Qualified constructive possession

Wie bereits erläutert540, zeichnet den qualified constructive possessor aus, dass ihm gerade kein immediate right to possession zusteht, das heißt, er kann die betreffende Sache nicht umgehend herausverlangen, so dass ihm kein gegenwärtiges Recht zum Besitz zukommt.541 Aus diesem Grund erscheint es nur folgerichtig, dass die qualified constructive possession gerade keinen possessory title und folglich für sich genommen auch keine Anspruchsberechtigung im Bereich der Besitzschutzansprüche gewährt.542 Qualified constructive possession ist lediglich in speziellen und eng umgrenzten Zusammenhängen von Bedeutung. Deshalb hat sich bislang noch keine umfassende Dogmatik hierzu entwickelt.543 Insbesondere spielt qualified constructive possession im Bereich der Mobiliarsicherheiten eine Rolle, wie zum Beispiel bei einem pledge (Pfand) oder einem lien (dingliches Sicherungsrecht), die beide possession des Pfand- bzw. Sicherungsnehmers voraussetzen. In diesem rechtlichen Zusammenhang zählt auch qualified constructive possession zu den hinreichenden Formen der possession, was von Bedeutung ist, wenn der Pfand- bzw. Sicherungsnehmer den Pfandbzw. Sicherungsgegenstand aus der Hand gibt. Hierdurch wird es ihm ermöglicht, die Sache wirtschaftlich weiterzuverwerten (zum Beispiel durch Bestellung eines Unterpfandes), da die ihm verbleibende qualified constructive possession für den Fortbestand des Pfand- bzw. Sicherungsrechts ausreichend ist, so dass dieses nicht erlischt.544 Schließlich ist qualified constructive possession im Fall einer sog. binding disposition nach ss. 2, 8 und 9 Factors Act 1889 von Bedeutung.545 Anknüpfungspunkt für einen gutgläubigen Erwerb nach ss. 2, 8 und 9 539

Bell, Personal Property, S. 55. Unter 1. 541 Bell, Personal Property, S. 55. 542 Bell, Personal Property, S. 56; vgl. auch Ward v Macauley (1791) 4 Term. Rep. 489 bezüglich der Anspruchsberechtigung im Bereich des trespass. 543 Bell, Personal Property, S. 56. 544 Bell, Personal Property, S. 57. 545 Bell, Personal Property, S. 56/57. 540

§ 7 Besitz im englischen Recht

227

Factors Act 1889 ist stets der Besitz der Waren bzw. eines sich auf diese beziehenden Inhaberpapiers (document of title546), d.h. zum einen der auf Verkäuferseite vorhandene Besitz (bei s. 2 und 8 Factors Act 1889), zum anderen der dem Käufer verschaffte Besitz (bei s. 9 Factors Act 1889). Für diese speziellen Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs ist qualified constructive possession als Besitzform ausreichend, so dass auch ein gutgläubiger Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten möglich ist, wenn ein Dritter beispielsweise einen lien an der Ware und der Verkäufer weder actual noch immediate constructive possession hieran hat.547 Festzuhalten bleibt jedoch, dass der Anwendungsbereich der qualified constructive possession auf bestimmte Ausnahmetatbestände begrenzt ist. Grundsätzlich begründet qualified constructive possession keine Besitzschutzansprüche. III. Symbolic possession Unter symbolic possession versteht man den Fall, dass der Besitz für mehrere Gegenstände symbolisch an nur einem von diesen ausgeübt wird. Dies ist grundsätzlich in drei verschiedenen Fallgruppen anerkannt548: 1. Lock v Heath: Ein Gegenstand als Symbol für eine Sachgesamtheit

In der Entscheidung Lock v Heath549 wurde die physische Übergabe eines Stuhls als symbolische Übergabe (symbolic delivery) im Hinblick auf sämtliche Möbel betrachtet, welche in einer Inventarliste aufgeführt waren. Insofern wurden alle übrigen Möbel (außer dem Stuhl) repräsentativ übergeben. Aufgrund der Inventarliste war auch eine einwandfreie Identifizierung der Möbel möglich, die symbolisch übergeben werden sollten. Nach zutreffender Auffassung von Bell stellt die genannte Fallgestaltung lediglich ein Beispiel der constructive possession dar, da in dem genannten Beispiel in der symbolischen Übergabe des einen Stuhles zugleich die Willensbekundung des Übergebenden liegt, die restlichen (noch nicht übergebenen) Möbelstücke als bailee für den Empfänger des Stuhles zu besitzen.550 546

Näheres zu diesem Begriff sogleich (unter III. 3.). Bell, Personal Property, S. 56/57 m. w. N.; vgl. auch City Fur Manufacturing Company Ltd v Fureenbond (Brokers) London Ltd [1937] 1 All E. R. 799. 548 Die folgende Darstellung ist angelehnt an Bell, Personal Property, S. 57 ff. 549 (1892) 8 T. L. R. 295. 550 Bell, Personal Property, S. 58. 547

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2. Teil: Besitz

Auch in weiteren Fallgestaltungen des symbolischen Besitzes wird bereits actual oder constructive possession gegeben und die Annahme einer symbolic possession überflüssig sein, nämlich wenn hierbei nach der Verkehrsanschauung possession eines Gegenstands auf den Besitz an anderen Gegenständen schließen lässt. Dies trifft vor allem auf den symbolischen Besitz an Schlüsseln zu, welcher im Folgenden näher zu betrachten ist. 2. Schlüssel

In Ward v Turner551 wurde anerkannt, dass die Übergabe eines Schlüssels eine symbolische Übergabe der Gegenstände darstellen kann, zu welchen der betreffende Schlüssel Zugang gewährt. Allerdings sei dies nicht aufgrund einer eigenständigen Regel der Fall, sondern deshalb, weil bereits nach allgemeinen Regeln die possession an den Gegenständen beim Inhaber des Schlüssels liege. Dies entspricht der Auffassung von Pollock, nach der insbesondere eine Schlüsselübergabe für sich genommen noch nicht ausreichend ist, einen Besitzwechsel herbeizuführen, sondern ein (starkes) Indiz für einen hierauf gerichteten Parteiwillen darstellt.552 Deshalb liegt in den genannten Fällen der possession mittels eines Schlüssels in Wirklichkeit actual possession des Schlüsselinhabers vor, da sich dessen Besitz bereits aus allgemeinen Regeln ergibt.553 Zu beachten ist, dass Pollock lediglich von symbolic delivery spricht und nicht von symbolic possession.554 Dies ist vermutlich dadurch zu erklären, dass die Frage, ob der possessor eines Schlüssels zugleich auch possession an den hierdurch verschlossenen Gegenständen hat, vor allem bei der delivery relevant ist. So übt auch Harris Kritik an der symbolic possession im Sinne einer eigenständigen rechtlichen Kategorie. Zur symbolischen Schlüsselübergabe sei nämlich für einen Besitzübergang der Wille der an der Schlüsselübergabe maßgeblich.555 3. Documents of title

Ein weiteres Beispiel für symbolic possession ist der Besitz an sog. documents of title. Hierunter versteht man Inhaberpapiere, welche im Rechtsverkehr die Waren selbst repräsentieren, so dass deren Besitz auch für den Besitz an den Waren steht. Praktisch wichtigster Fall eines document of title 551 552 553 554 555

(1752) 1 Dick. 170. Pollock/Wright/Pollock, S. 64 ff. m. w. N. Pollock/Wright/Pollock, S. 68 ff. Pollock/Wright/Pollock, S. 61. Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 76.

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ist die bill of lading.556 Diese Sonderregelung beruht auf einem Handelsbrauch, der einen ungestörten Warenverkehr ermöglicht und zum Inhalt hat, dass das betreffende document of title im Rechtsverkehr stellvertretend für die Gegenstände steht, auf welche es Bezug nimmt.557 Schließlich gibt es auch symbolic possession mittels eines document of title von Gesetzes wegen, und zwar nach s. 3 Factors Act 1889 bei einem pledge mittels eines document of title: Das pledge am document of title gilt nach dieser Vorschrift nämlich auch als pledge in Bezug auf die Waren, für welche es ausgestellt ist.558 IV. Custody Im englischen Besitzrecht regelt die custody den Ausnahmefall, dass eine Person zwar die tatsächliche Sachherrschaft über einen Gegenstand ausübt und auch über einen hierauf gerichteten Willen verfügt, aber nicht possession im rechtlichen Sinne innehat.559 Das Institut der custody entwickelte sich im Anwendungsbereich des Straftatbestandes der larceny. Dieser setzte eine asportation oder ein removal einer fremden beweglichen Sache aus der possession voraus. Veruntreute nun zum Beispiel ein Bediensteter Sachen seines Dienstherrn, benötigte man die Konstruktion der custody, um dem Dienstherrn (dem sog. master) possession und dem Bediensteten als servant lediglich custody zuzuschreiben und hierdurch eine asportation, also einen Besitzwechsel bei der Veruntreuung bejahen zu können.560 Wurde die Sache wiederum durch einen Dritten entwendet, so war auch dieser wegen Begehung einer larceny 556

Bell, Personal Property, S. 59; vgl. auch Woodley, S. 152. Bell, Personal Property, S. 59. 558 Siehe hierzu Bell, Personal Property, S. 59 ff. m. w. N. zum (engen) Anwendungsbereich der Vorschrift. 559 Bridge, Personal Property, S. 20; Bell, Personal Property, S. 61/62; Pollock/ Wright/Pollock, S. 8. Teilweise wird die custody nicht als eigenständige Kategorie aufgefasst, sondern als Unterfall der mediate possession, welche in diesem Fall alle Situationen erfasst, in denen eine Person den Besitz durch eine andere Person als Medium erlangt, vgl. Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 282 ff.; auch hat sich inzwischen die alternative Bezeichnung „representative possession“ eingebürgert, siehe Holland, S. 198. 560 Vgl. nur R v Harding [1929] All E. R. Rep. 186; Gleeson, Personal Property, S. 28; Fitzgerald, Salmond on Jurisprudence, S. 276. Mit dem Theft Act 1968 wurde der Straftatbestand des theft eingeführt (vgl. s. 1 Theft Act 1968), der die larceny ablöste und nicht mehr nur eine asportation, sondern auch eine sufficient interference with the owner’s property rights genügen lässt. Somit wird die Rechtsfigur der custody inzwischen nicht mehr benötigt, um zur Annahme der Strafbarkeit zu gelangen; zum Ganzen Bridge, Personal Property, S. 20/21. 557

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2. Teil: Besitz

zu bestrafen, da ab dem Zeitpunkt der Veruntreuung durch den servant dieser selbst als possessor anzusehen war.561 Die Konstruktion der custody ist vor allem auf die Sachherrschaft von Arbeitnehmern zugeschnitten, die im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit Kontrolle über einen Gegenstand ausüben.562 Die Regeln der custody greifen jedoch nicht, wenn sich bei Gelegenheit des Arbeitsverhältnisses ein Fund ereignet.563 Zudem gelten die Regeln der custody nicht immer, wenn ein servant auftritt. Der servant kann nämlich unter Umständen auch selbst possessor der Sache sein. Dies ist nach Auffassung von Lawson manchmal der Fall: So kann auch der servant possessor sein, zum Beispiel, wenn ein Bediensteter das Gepäck seines Dienstherrn auf dem Landweg transportiert, während der Dienstherr die Reise mit dem Flugzeug antritt. Es sei folglich jeweils eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen.564 Allerdings kann im englischen Recht custody nur vorliegen, solange und soweit der servant in dem von seinem Arbeitsverhältnis gesteckten Rahmen bewegt.565 Außerdem scheinen die Grundsätze der custody nicht nur auf servants im eigentlichen Sinne anwendbar zu sein, sondern auch auf Personen in vergleichbaren Positionen (in a substantially analogous position), nicht aber beispielsweise im Hinblick auf unabhängige Vertragspartner (independent contractors).566 Hierbei stellt sich dann insbesondere die Frage, in welchen Fällen eine derartige substantially analogous position vorliegt. Custody tritt nicht nur im Rahmen von Arbeitsverhältnissen auf. Ein Beispiel für custody ist auch die Sachherrschaft, welche Hausgäste über das Inventar des Gastgebers (wie zum Beispiel Besteck oder Gläser) in dessen Haus ausüben.567 Gleiches gilt für Hotelgäste, da diese grundsätzlich nicht Besitzer der im Hotelzimmer befindlichen beweglichen Gegenstände sind (ausgenommen sind freilich Gegenstände, welche die Gäste verbrauchen, wie zum Beispiel Seifenartikel).568 Andererseits hat ein Gastwirt (oder all561

Vgl. Marshall, (1949) 2 C. L. P., S. 77. Corporation of London v Appleyard [1963] 1 W. L. R. 982; siehe auch Bell, Personal Property, S. 61 und Paton/Derham, Jurisprudence, S. 577 (Arbeitnehmer kein finder) m. w. N. 563 Vgl. South Staffordshire Water Company v Sharman [1896] 2 Q. B. 44 und Parker v British Airways Board [1982] 2 W. L. R. 503, hierzu auch Gleeson, Personal Property, S. 55 m. w. N.und Palmer, Bailment, S. 1412 ff. m. w. N. 564 Lawson, Property, S. 34. 565 Gleeson, Personal Property, S. 55 m. w. N. 566 Palmer, Bailment, S. 1415. 567 Bell, Personal Property, S. 61; Harris, „Possession“, in: Oxford Essays in Jurisprudence, S. 78. 568 Bridge, Personal Property, S. 21. 562

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gemein ein occupier) die custody an den eingebrachten Gegenständen seiner Gäste inne.569 Unter Umständen ist auch von einer custody eines Ehegatten an Gegenständen auszugehen, welche im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehen. In Re Cole570 erwarb ein Mann den leasehold interest an einem vollständig möblierten und ausgestatteten Haus, welchen er seiner Ehefrau schenken wollte. Er zeigte ihr einen Raum des Hauses mitsamt der Inneneinrichtung, anschließend nahm die Ehefrau das restliche Haus in Augenschein. Der Ehemann begleitete sie hierbei und sagte in diesem Zusammenhang: „It’s all yours“. Das Haus wurde in der Folgezeit von dem Ehepaar gemeinsam bewohnt. Als der Ehemann später insolvent wurde und der trustee in bancruptcy571 auf das Haus zugreifen wollte, berief sich der Mann darauf, dass er den leasehold interest an dem Haus seiner Ehefrau schenkweise übertragen hatte. Dies wurde jedoch vom Gericht nicht anerkannt, da die für die Wirksamkeit der Schenkung notwendige Übergabe (delivery) einen Besitzwechsel (change of possession) erfordert hätte, sofern die Schenkung nicht in einem sog. deed beurkundet wurde. Hier lebte jedoch die Ehefrau im Haus des Mannes und übte den Besitz an den hierzu gehörenden Gegenständen lediglich als servant zugunsten ihres Ehemannes aus, war aber nicht selbst Besitzerin an diesen geworden. Folglich fand hier auch kein Besitzwechsel statt, vielmehr galt nach Ansicht des Gerichts die Vermutung, dass der Inhaber des legal title (hier noch der Ehemann) auch als possessor der betreffenden Sache anzusehen ist. Mangels Vorliegens von joint ownership im Hinblick auf das gemeinsam bewohnte Haus sowie auf dessen Inventar war damit auch die Möglichkeit eines gemeinsamen Besitzes in Form einer joint possession572 ausgeschlossen. Obwohl die genannten Fälle die mögliche Vielfalt an Konstellationen belegen, in denen eine custody angenommen werden kann, ist zu fragen, welche Voraussetzungen die verschiedenen Fallgestaltungen miteinander verbinden und welche allgemeinen Kriterien somit als Voraussetzungen der custody gelten. Goodhart betont bei der Erörterung der custody des Gastwirts für seine Gäste die Existenz einer Verpflichtung (duty) des Gastwirts gegenüber den Gästen und scheint diese als zentrales Element der custody anzusehen.573 Auf den Besitzwillen geht hingegen Gleeson ein: Custody stelle insofern eine Sachherrschaft ohne Besitzwillen dar, als der Besitzdie569

Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 199. Re Cole (a bankrupt). Ex parte THE TRUSTEE v COLE [1964] Ch. 175. 571 Dieser entspricht funktionell einem Insolvenzverwalter nach deutschem Recht; zum trust siehe oben [Erster Teil, § 4 D. I. 2. d)]. 572 Hierzu sogleich unter V. 573 Goodhart, (1929) 3 C. L. J., S. 199. 570

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2. Teil: Besitz

ner die Sachherrschaft nicht nur ausschließlich für sich selbst, sondern gerade auch für seinen Besitzherrn ausüben will.574 Pollock wiederum scheint vornehmlich auf das äußerliche Erscheinungsbild des custodian abzustellen. So ergebe sich das Vorhandensein einer custody des Stallburschen (hinsichtlich der Pferde seines Herren) bereits aus dessen Auftreten als Besitzinstrument, so dass für die Außenwelt ersichtlich sei, dass lediglich der Herr als possessor im Rechtssinne anzusehen ist. Gleiches gelte für den Gärtner eines Landhauses sowie für den Boten eines Kaufmanns.575 Richtigerweise sollte man sich auch im englischen Recht des Kriteriums der objektiven Fremdnützigkeit des Besitzes bedienen, d.h. auf das äußerliche Erscheinungsbild des custodian als Sachherrschaftsinhaber im fremden Interesse, sowie zusätzlich auf dessen mangelndes Interesse an einer Besitzerstellung abstellen.576 In diesem Rahmen ist zwar das Vorhandensein einer duty, also einer Sorgfaltspflicht, im Hinblick auf das Eigentum des Besitzbegünstigten nicht alleinige Entstehensvoraussetzung der custody. Allerdings wird ihm regelmäßig eine starke Indizwirkung zukommen, da der Rechtsverkehr grundsätzlich aus dem Vorhandensein einer derartigen Sorgfaltspflicht im Hinblick auf das Eigentum darauf schließt, dass in diesem Fall die Ausübung des Besitzes fremdnützig erfolgt. Diese beiden Kriterien sind folglich deckungsgleich, sofern nicht besondere Umstände hinzukommen, aufgrund derer zwar die Pflicht bestehen bleibt, aber nach außen hin deutlich wird, dass der custodian sich nicht mehr an diese gebunden fühlt (zum Beispiel, wenn der custodian den Gegenstand offensichtlich veruntreut). Doch kommt der possession im englischen Recht eine abgeschwächte Bedeutung gegenüber dem immediate right to possession zu, welches der custodian auch im Fall einer Veruntreuung nicht erwirbt. Folglich kann der Besitzherr aufgrund dieses immediate right to possession mittels des Anspruchs aus conversion die Herausgabe der Sache an sich selbst erwirken, und zwar sowohl vom ehemaligen custodian als auch von jedem Dritten, der die possession der Sache gelangt, es sei denn, der Dritte erwirbt gutgläubig das Eigentum577 an der Sache und hat somit auch ein gegenüber dem ursprünglichen Eigentümer besseres Besitzrecht oder die Voraussetzungen eines Fundes liegen vor578. Zudem streitet die Besitzvermutung aus 574

Vgl. Gleeson, Personal Property, S. 27. Pollock/Wright/Pollock, S. 18: „There is no appearance of acting on his own behalf which could mislead a man of ordinary judgment.“ 576 Zur Maßgeblichkeit dieser Voraussetzungen im deutschen Recht siehe oben [unter § 6 D. IV. 1. a)]. 577 Zum gutgläubigen Erwerb im englischen Recht bereits oben (§ 7 C. III. 3.). 578 Siehe hierzu oben (§ 7 C. II. 2.). 575

§ 7 Besitz im englischen Recht

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dem Eigentum für den ursprünglichen Besitzherrn. Infolgedessen ist der Besitzherr im Gegensatz zum deutschen Recht für die Geltendmachung von Besitzschutzansprüchen nicht darauf angewiesen, dass er rechtlich als ehemaliger possessor bzw. Besitzer betrachtet wird. Allerdings kann die ehemalige Stellung als possessor von Bedeutung sein, falls der Besitzherr nicht in der Lage ist, sein immediate right to possession oder seine Stellung als Eigentümer zu beweisen. In diesem Restanwendungsbereich führt der hier vertretene Ansatz zu sachgerechten Ergebnissen, da er die Stellung des Besitzherrn als possessor nicht von der Willensrichtung des custodian abhängig macht, sondern von dessen äußerem Auftreten. Zum einen kann sich die Willensrichtung des custodian nämlich jederzeit ändern, wodurch der Besitzherr stets seinen Besitz verlöre, zum anderen wird hierdurch der Rechtsverkehr geschützt, der nur das äußere Erscheinungsbild, nicht aber die innere Willensrichtung des custodian beurteilen kann. Zudem kann auch dieser Ansatz den Besitz von Gesellschaftsorganen sowie den von Eltern für ihre minderjährigen Kinder widerspruchsfrei erklären. So wie Gesellschaftsorgane dazu verpflichtet sind, die Interessen der Gesellschaft zu wahren579, obliegt Eltern hinsichtlich ihrer minderjährigen Kinder die elterliche Sorgepflicht (concept of parental responsibility580), so dass auch in diesem Zusammenhang eine objektiv fremdnützige Ausübung des Besitzes vorliegt. Allerdings finden sich zum Problem des Elternbesitzes in der englischen Rechtsprechung und Literatur keine Hinweise dazu, wie der Elternbesitz im Einzelnen rechtlich ausgestaltet ist. Vermutlich ist es aufgrund der Besitzvermutung zugunsten des Eigentümers schlichtweg unnötig, Besitzverhältnisse zu analysieren. Der Minderjährige ist nämlich bereits aufgrund seines Rechts zum Besitz anspruchsberechtigt, und deswegen ist ein Besitz weder der Eltern noch des Kindes zum Geltendmachen von Besitzschutzansprüchen zwingend erforderlich. Auch im Rahmen der Eigentumsübertragung sind die Besitzverhältnisse grundsätzlich nicht maßgeblich, bei beweglichen Sachen ist nach ss. 17, 18 Sale of Goods Act 1979 der Parteiwille für den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs entscheidend, wobei ein Eigentumsübergang im Zweifel bereits bei Vertragsschluss anzunehmen ist. Bei Grundstücken ist die Umschreibung im land register maßgeblich. 579

Ausführlich zu den Pflichten des Geschäftsführers (director) und dessen möglicher Verantwortlichkeit nach Tort Law bei Davies, S. 475 ff. 580 Dieses liegt dem Children Act 1989 zugrunde, vgl. s. 3 (1)–(3) Children Act 1989; die Definition der parental responsibility lautet nach s. 3 (1) Children Act 1989: „. . . all the rights, duties, powers, responsibilities and authority which by law a parent of a child has in relation to the child and his property“; siehe auch Lowe/ Douglas, S. 369 ff. m. w. N. zum Konzept der „parental responsibility“ insgesamt sowie zu aktuellen Reformbestrebungen.

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2. Teil: Besitz

Eine besondere Form der custody stellt schließlich die sog. custodia legis dar, diese wird auch custody of the law genannt. Für sie ist charakteristisch, dass der betreffende Gegenstand unter der Kontrolle eines sog. servant of the law steht, welcher hierdurch als custodian eingesetzt wird. Die custody of the law tritt nur in einem bestimmten Fall auf, nämlich wenn ein Vermieter wegen Mietrückständen von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch macht und Sachen beschlagnahmt, die dem Mieter gehören. Unter diesen Umständen ist der Vermieter Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft und servant of the law bzw. custodian, der Mieter wiederum bleibt aufgrund der custody of the law possessor der Sachen und ist hierdurch befugt, Besitzschutzansprüche gegenüber Dritten geltend zu machen. Der Vermieter kann dagegen nur aufgrund der besonderen deliktischen Klage des Pfandbruchs (pound breach) Ansprüche gegen Dritte oder gegen den Mieter geltend machen.581 V. Besitz mehrerer Sind mehrere Personen co-owner582 einer Sache, ist jeder co-owner „in possession of the whole and of the half“. Das bedeutet, dass jeder coowner, welcher tatsächlich control über einen Gegenstand ausübt, diese nicht nur für sich selbst ausübt, sondern für sich selbst (hinsichtlich seines Anteils) und zugleich als Repräsentant (representative) für die übrigen coowner hinsichtlich deren Anteile. Hieraus folgt, dass jeder co-owner letztlich bloß als Besitzer seines eigenen (ideellen) Anteils betrachtet wird, so dass es nach dieser Betrachtungsweise nicht zu einer Aufspaltung des Besitzes kommt.583 Zudem kann auch eine Gesellschaft (company) possessor sein.584 Folglich orientiert sich der Besitz nach englischem Recht in diesem Bereich mehr an den rechtlichen Verhältnissen als an der tatsächlichen Lage. Demnach ist ein Besitz mehrerer in der Form möglich, dass die Beteiligten einvernehmlich die Kontrolle über einen Gegenstand ausüben. Jedoch kann ein Besitz nicht geteilt werden, sofern die Beteiligten diesen jeweils für sich allein beanspruchen.585 Es stellt sich jedoch die Frage, wie sich die Besitzverhältnisse gestalten, wenn mehrere Personen gleichzeitig die tatsächliche Kontrolle innehaben, ohne dass ein co-ownership vorliegt, wie zum Beispiel im Fall des Bank581

Zum Ganzen Bell, Personal Property, S. 61. Zum co-ownership und dessen möglichen Formen siehe oben (Erster Teil, § 4 D. III. 1.). 583 Markby, S. 203/204 m. w. N.; Pollock/Wright/Pollock, S. 21. 584 Vgl. nur Akici v LR Butlin Ltd [2006] 2 All E. R. 872. 585 Bridge, Personal Property, S. 19. 582

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich

235

schließfachs, welches durch zwei Schlösser gesichert ist und nur unter Zusammenwirken von Bank und Kunden geöffnet werden kann. In dieser Situation liegt indes ein bailment zwischen dem Kunden und der Bank vor, mit der Folge, dass die Bank ihrem Kunden immediate constructive possession an dem Inhalt des Bankschließfachs vermittelt. Umgekehrt ist auch die Bank als constructive possessor des Schließfaches (dessen Inhalt ausgenommen) anzusehen. Ob constructive possession in diesem Fall immediate ist, hängt von den vertraglichen Absprachen des Einzelfalls ab, nämlich davon, ob die Bank jederzeit den zugrundeliegenden Schließfachvertrag kündigen und damit die Beendigung des (eingeschränkten) Besitzes des Kunden an dem Schließfach verlangen kann.

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich A. Definition Weder das deutsche noch das englische Recht kennt eine allgemeingültige gesetzliche Definition von Besitz bzw. possession. Dies liegt zum einen an der Flexibilität des Besitzbegriffs, zum anderen an der hiermit verbundenen Formenvielfalt. Auch wird in beiden Rechtssystemen der Begriff Besitz verschieden und abhängig vom jeweiligen Kontext gebraucht. Der Ausgangspunkt des Begriffs des Besitzes bzw. der possession ist jedoch in beiden Rechtssystemen identisch und liegt im unmittelbaren Besitz bzw. der actual possession. Beide zeichnen sich durch die tatsächliche Sachherrschaft bzw. actual control des Besitzers über den betreffenden Gegenstand aus. Gleichwohl ist zu fragen, ob nicht die Definition des Besitzes als „rechtliche Anerkennung einer tatsächlichen Beziehung zu einer Sache“586 auch als kleinster gemeinsamer Nenner der Besitztatbestände des englischen Rechts anzusehen ist. Diese Definition ist jedoch nicht in der Lage, die vergeistigten Formen des englischen Besitzbegriffs hinreichend zu berücksichtigen. So ist für constructive possession das Bestehen eines Herausgabeanspruchs zentrale Voraussetzung, also gerade eine rechtliche Beziehung und keine tatsächliche. Andererseits stellt constructive possession insofern auch eine tatsächliche Beziehung zu einer Sache dar, als diese, ähnlich wie der mittelbare Besitz587, die tatsächliche Sachherrschaft einer Mittelsperson erfordert, welche die possession des constructive possessor im Rechtssinn gerade ermöglicht. Folglich beinhaltet constructive possession definitions586

So Gursky, vgl. Fn. 11. Ausführlich zum Vergleich von mittelbarem Besitz und constructive possession unten (unter D. II.). 587

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2. Teil: Besitz

gemäß das Bestehen einer tatsächlichen Beziehung zu einer Sache. Diese besteht jedoch gerade nicht zwischen dem constructive possessor und der betreffenden Sache. Die Besitzdefinition von Röthel/Sparmann, nämlich des Besitzes als „Möglichkeit der Gewaltausübung über eine Sache ohne Bruch fremder Besitzsphäre“588, trifft nicht nur auf die Besitzformen des deutschen Rechts (ausgenommen den Erbenbesitz), sondern auch auf die des englischen Rechts zu. Dies gilt sowohl für actual possession als auch immediate constructive possession und auch für den Fall der custody. Bei der immediate constructive possession kann der constructive possessor nämlich jederzeit den Herausgabeanspruch geltend machen und hat hierdurch die Möglichkeit, die tatsächliche Sachherrschaft über die betreffende Sache auszuüben, ohne die Besitzsphäre des actual possessor zu brechen. Auch im Rahmen der custody kann der Besitzherr ohne Weiteres auf die Sache zugreifen, ohne einen Gewahrsamsbruch zu bewirken, da der custodian die Sachherrschaft ohnehin für den Besitzherrn ausübt. Die qualified constructive possession muss man jedoch als Sonderform ausklammern. Diese ist nur in bestimmten Fällen mit der possession gleichzusetzen und begründet insbesondere keine Anspruchsgrundlage im Rahmen der Besitzschutzansprüche.

B. Rechtsnatur Die Frage nach der Rechtsnatur des Besitzes ist Grundlage des historischen Besitzrechtsstreits, welcher seinen Ursprung bereits im römischen Recht hat.589 Sowohl im deutschen als auch im englischen Recht stellt der Besitz nach herrschender Meinung eine tatsächliche Position dar.590 Damit wird in beiden Rechtsordnungen der Besitz überwiegend als tatsächliches Gegenstück zum Eigentum betrachtet. Im deutschen Schrifttum wird die Einordnung als Faktum häufig mit dem mangelnden Zuweisungsgehalt des Besitzes begründet, so dass dem Besitz lediglich die für dingliche Rechte typische Abwehrfunktion zukommt.591 Da in der Literatur zum englischen Recht auch bei Abhandlungen über das Eigentum zumeist nur dessen Abwehrfunktion und nicht dessen Zuweisungsgehalt betont wird592, verwundert es nicht, dass auch der fehlende Zuweisungsgehalt des Besitzes häufig nicht als Argument in den Vordergrund gestellt wird. 588 589 590 591 592

Siehe oben Fn. 14. Vgl. § 6 B. Siehe oben (§ 6 B. und § 7 B.). Siehe § 6 B. Siehe oben (§ 4 B. I.).

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich

237

C. Funktionen Die Funktionen des Besitzes sind im deutschen und im englischen Recht gleich, in beiden Rechtssystemen kommen dem Besitz eine Schutzfunktion, eine Kontinuitätsfunktion sowie eine Publizitätsfunktion zu. Allerdings unterscheidet sich die Bedeutung dieser Funktionen innerhalb des deutschen und des englischen Rechts. Sowohl im englischen als auch im deutschen Recht dient der Besitz bzw. die possession als Grundlage der Besitzschutzansprüche, folglich ist eine Schutzfunktion zu bejahen. Die Schutzfunktion der possession ist jedoch dadurch abgeschwächt, dass sich die Besitzschutzansprüche im englischen Recht nicht ausschließlich auf die possession, sondern auch auf das immediate right to possession stützen können. Besteht ein solches immediate right to possession, genießt es sogar Vorrang gegenüber der possession, so dass in diesem Fall der unmittelbare Besitz keine Anspruchsberechtigung für die Besitzschutzansprüche begründet. Im deutschen Recht stützt sich der possessorische Besitzschutz (§§ 858 ff. BGB) auf den Besitz als solchen, wohingegen hinsichtlich des petitorischen Besitzschutzes sowie des Besitzschutzes im weiteren Sinn ebenfalls das Recht zum Besitz alleinige oder ergänzende Anspruchsvoraussetzung ist.593 Desgleichen stellt sich in beiden Rechtssystemen die Frage nach der Legitimation des Besitzschutzes. Diese wird sowohl im englischen als auch im deutschen Recht mit dem Friedensschutz und dem Kontinuitätsgedanken beantwortet, auch wird angeführt, der Besitzschutz diene dem Persönlichkeitsschutz oder bestehe, um einen möglichst effektiven Eigentumsschutz zu ermöglichen. Die Streitstände sind hierbei in beiden Rechtsordnungen relativ gleich gelagert, und es werden im Wesentlichen dieselben Argumente für und gegen die einzelnen Besitzschutztheorien ins Feld geführt. Hieraus kann man schlussfolgern, dass jede der genannten Theorien auf gewisse Aspekte des Besitzschutzes zutrifft, dass aber gerade keine Theorie für sich genommen geeignet ist, den Grund des Besitzschutzes zu erklären. Ungeachtet dieser Parallelen steht im deutschen Schrifttum die Friedenstheorie bei der Diskussion um die Legitimation des Besitzschutzes im Vordergrund. Dies ist vermutlich durch die vorläufige Natur des possessorischen Besitzschutzes begründet. Dieser stützt sich lediglich auf den Besitz und lässt petitorische Einwendungen, also solche aus dem Recht zum Besitz, außer Acht.594 Der Gesichtspunkt, dass der Besitz einen eigenständigen Wert, nämlich einen Organisationswert hat, ist sowohl im deutschen als auch im eng593 594

Hierzu ausführlich im Dritten Teil. Siehe hierzu Dritter Teil (§ 10 A. II.).

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2. Teil: Besitz

lischen Recht anerkannt und hat auch im Gesetz Niederschlag gefunden, insbesondere im Bereich der Ersitzung bzw. der adverse possession. Allerdings ist dieser Kontinuitätsaspekt im englischen Recht von geringerer Bedeutung, da hier der Besitzschutz nicht vorläufiger Natur ist wie der possessorische Besitzschutz im deutschen Recht. Folglich wird durch den Besitzschutz des englischen Rechts der Besitz in erster Linie geschützt, um das Eigentum bzw. eine Besitzberechtigung aufrecht zu erhalten. Andererseits erfolgt aber auch im englischen Recht der Besitzschutz um seiner selbst willen, wenn keine derartige Berechtigung nachgewiesen werden kann. In diesem Fall soll nämlich die Sache dem Besitzer zugesprochen werden. Die Publizitätsfunktion des Besitzes unterteilt sich im englischen wie auch im deutschen Recht in eine Vermutungsfunktion, eine Übertragungsfunktion und eine Rechtsscheinsfunktion. In beiden Rechtsordnungen gilt zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache die Vermutung, dass er auch Eigentümer dieser Sache ist. Im Hinblick auf unbewegliche Sachen gilt sowohl im englischen als auch im deutschen Recht zunächst eine Eigentumsvermutung, basierend nicht auf dem Besitz, sondern auf der Eintragung im Grundbuch. Der Grundsatz der conclusiveness des land register gilt jedoch lediglich im Hinblick auf Grundstücksübertragungen und nicht im Hinblick auf die Geltendmachung von Schutzansprüchen.595 Das englische Recht weist zudem die Besonderheit auf, dass diese Vermutung zusätzlich auch in umgekehrter Richtung gilt. Diese umgekehrte Vermutung ist aus der Perspektive des deutschen Rechts unerwartet. Die Vermutung der Besitzerstellung zugunsten des Eigentümers einer Sache lässt sich aber dadurch erklären, dass nur der Besitz bzw. das Recht zum Besitz Anspruchsvoraussetzung im Rahmen der Besitzschutzansprüche ist. Diesbezüglich hilft die zusätzliche Besitzvermutung des englischen Rechts demjenigen, der sein Eigentum, nicht aber seine Besitzerstellung, beweisen kann entweder aufgrund von Beweisschwierigkeiten, oder weil diese tatsächlich nicht besteht. Allerdings dürfte die erstgenannte Möglichkeit, nämlich die der Beweisschwierigkeiten, selten gegeben sein, da in der Praxis der Nachweis des Eigentums schwer fällt bzw. ohne Beweiserleichterungen letztlich überhaupt nicht zu führen ist und insofern eine probatio diabolica darstellt.596 Der Beweis des Besitzes als tatsächliche Position wird hingegen relativ leicht geführt werden können. Vor dem Hintergrund dieser probatio diabolica ist nicht zuletzt die Zweckdienlichkeit eines Vindikationsanspruchs fraglich.597 Aus diesem Grunde stehen auch im österreichischen 595

Siehe oben (unter § 7 C. III. 1.). Hierzu bereits oben (§ 6 C. III. 1.); vgl. auch Staudinger/Gursky, § 1006, Rn. 1 m. w. N. 596

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich

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Recht die Besitzschutzansprüche nach §§ 372 ff. AGBG im Vordergrund, bei denen neben dem Eigentum ein Recht zum Besitz zur Anspruchsbegründung ausreicht (sog. Actio Publiciana), um dem Besitzer einen Anspruch aus besserem Besitz zu gewähren.598 Die Übertragungsfunktion des Besitzes ist wiederum im deutschen Recht aufgrund des Abstraktionsprinzips von größerer Relevanz als im englischen Recht. Nach deutschem Recht bedarf es im Rahmen der §§ 929 ff. BGB für die Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen grundsätzlich auch des Besitzübergangs, im englischen Recht ist hingegen kein eigenständiger Übertragungstatbestand notwendig und der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs richtet sich in erster Linie nach den vertraglichen Absprachen, so dass der Übertragung der possession hierbei allenfalls indizielle Bedeutung zukommt.599 Allerdings kann auch nach deutschem Recht die Besitzübergabe durch ein sog. Übergabesurrogat nach §§ 930 und 931 BGB ersetzt werden, so dass es hier ebenfalls an einem Publizitätsakt fehlt. Für die Übertragung von freehold-Eigentum ist jedoch – vergleichbar mit der gemäß § 873 Abs. 1 BGB erforderlichen Grundbucheintragung – zwingend eine Eintragung im land register nötig.600 Dennoch bewirken diese Vorschriften gerade nicht, dass auf den Besitz als Publizitätsmittel völlig verzichtet wird. So kann sich bei § 929 S. 2 BGB der Übertragungsempfänger die Sachherrschaft selbst verschaffen und bereits nach der Verkehrsanschauung als unmittelbarer Besitzer der Sache angesehen werden. Demnach ist festzuhalten, dass im englischen Recht die Übertragungsfunktion des Besitzes aufgrund des Abstraktionsprinzips im Vergleich zum deutschen Recht weniger stark ausgeprägt ist. Schließlich kommt auch der Rechtsscheinsfunktion in beiden Rechtsordnungen eine jeweils unterschiedliche Funktion zu. Zwar ist sowohl im englischen als auch im deutschen Recht der durch den Besitz begründete Rechtsschein unter bestimmten Umständen geschützt, allerdings kennt das englische Recht keine derart weite Generalklausel des gutgläubigen Erwerbs von beweglichen Sachen wie die Vorschriften der §§ 932 ff. BGB, sondern beschränkt sich auf bestimmte, gesondert geregelte Einzeltatbestände.601 Ein Erwerb von Grundstücken kraft öffentlichen Glaubens ist 597 So auch instruktiv Hargreaves, (1940) 56 L. Q. R., S. 377: „What, then, is the value of basing a system of law upon an ownership which the large majority of ‚owners‘ cannot prove?“ 598 Vgl. hierzu Rummel/Spielbücher, ABGB, § 371, Rn. 1 sowie Koziol/Welser, 37 ff. jeweils m. w. N. 599 Vgl. § 7 C. III. 2. 600 Siehe oben (Erster Teil, § 4 A. I.). 601 Siehe die Ausführungen oben (unter § 7 C. III. 3.).

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2. Teil: Besitz

dem englischen Recht zudem völlig fremd, dies wird durch die relativ kurzen Ersitzungsfristen von zehn bzw. zwölf Jahren602 kompensiert.

D. Formen I. Unmittelbarer Besitz und actual possession Im englischen wie auch im deutschen Recht wird von der herrschenden Meinung ein objektiver und ein subjektiver Besitztatbestand gefordert, bestehend aus tatsächlicher Sachherrschaft und Besitzwillen bzw. actual control und intention to control. Die rechtliche Beurteilung des objektiven Besitztatbestandes in Form der tatsächlichen Sachherrschaft oder actual control unterliegt in beiden Rechtsordnungen einer Einzelfallbetrachtung anhand der Verkehrsanschauung. Das subjektive Element besteht aus einem Besitzwillen bzw. einer intention to control, es ist also ein Wille nötig, die tatsächliche Sachherrschaft auszuüben. Auch im Hinblick hierauf bestehen in beiden Rechtsordnungen erhebliche Lockerungen, weshalb die Anforderungen hier recht großzügig gehandhabt werden. So ist ein sog. natürlicher Besitzwille ausreichend, das heißt, die Regeln über Rechtsgeschäfte sind nicht anwendbar, und es ist insbesondere auch keine Geschäftsfähigkeit des Besitzers erforderlich.603 Daneben ist weder im englischen noch im deutschen Recht erforderlich, dass der Besitzwille stets aktuell im Bewusstsein des Besitzers vorhanden ist. Ein aktuell bestehender Besitzwille ist in beiden Rechtssystemen nur im Rahmen der Erwerbstatbestände des Eigentums zu fordern, bei denen der Besitz als Publizitätsmittel fungiert.604 Weiterhin wird in beiden Rechtsordnungen sogar ein genereller Besitzwille für ausreichend erachtet, der zum Beispiel darin bestehen kann, sämtliche Gegenstände im eigenen Bereich besitzen zu wollen. Dies wurde im Bereich des deutschen Rechts durch den Supermarktfall des BGH entschieden, welcher im Schrifttum auf breite Zustimmung gestoßen ist.605 Auch die englische Rechtsprechung ist in der Hinsicht zu verstehen, dass ein genereller Wille anerkannt ist, sämtliche Gegenstände in einem bestimmten Bereich zu besitzen.606 602

Hierzu oben [unter § 7 C. II. 1. b)]. Siehe oben (§ 6 D. II. 5. und § 7 D. I. 2.). 604 Siehe hierzu § 6 D. II. 5. (deutsches Recht) und § 7 D. I. 2. (englisches Recht). 605 Vgl. hierzu Fn. 95. 606 Vgl. die Ausführungen unter § 7 D. I. 3. h). 603

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich

241

Nach § 856 Abs. 2 BGB ist eine kurzfristige Unterbrechung der Sachherrschaft unschädlich für das Fortbestehen des Besitzes. Dies gilt auch im englischen Recht, bei dem derartige Lücken in der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft unbeachtlich sind, sofern der Besitzwille fortbesteht, d.h. der Besitzer den Besitz an der Sache nicht aufgeben wollte. II. Mittelbarer Besitz und constructive possession Weiterhin stellt sich die Frage, ob die vergeistigte Besitzform des mittelbaren Besitzes mit der constructive possession vergleichbar ist. Da das englische Recht für den Bereich der constructive possession zwischen immediate constructive possession und qualified constructive possession unterscheidet, muss der Vergleich der constructive possession mit dem mittelbaren Besitz ebenfalls nach dieser Differenzierung erfolgen. Immediate constructive possession liegt zunächst vor bei Bestehen eines bailment, bei trust-Verhältnissen sowie in dem Spezialfall von United States of America and Republic of France v Dollfus Mieg et Cie S. A. and Bank of England 607 Da dem deutschen Recht die Aufteilung dinglicher Berechtigungen in einen equitable und einen legal title fremd ist, kennt es keine trust-Verhältnisse und folglich auch keine dogmatische Auseinandersetzung mit den Besitzverhältnissen bei Bestehen eines derartigen trust-Verhältnisses. Auch wenn das deutsche Recht keine exakte Entsprechung zum bailment kennt, ist zu fragen, inwiefern Gemeinsamkeiten zwischen dem bailment des englischen Rechts und dem Besitzmittlungsverhältnis i. S. v. § 868 BGB bestehen. Zunächst werden beide Institute relativ weit verstanden; sowohl dem bailment als auch dem Besitzmittlungsverhältnis liegt nämlich nicht zwangsläufig eine vertragliche Beziehung zugrunde, sondern für beide genügt auch das Bestehen einer gesetzlichen Sonderbeziehung. Allerdings stellt das Besitzmittlungsverhältnis keine Sonderbeziehung mit umfassender rechtlicher Regelung dar, welche wie das Institut des bailment eine eigene rechtliche Querschnittsmaterie darstellt und insbesondere spezifische Rechte und Pflichten mit sich bringt oder eigene Haftungsregelungen vorsieht.608 Die Rechtsfolgen des Besitzmittlungsverhältnisses sind hingegen auf die Besitzverhältnisse und die Rechte von mittelbarem Besitzer und Besitzmittler beschränkt, so dass bei Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses mittelbarer Besitz vorliegt. Ansonsten gelten zwischen den Parteien des Besitzmittlungsverhältnisses Regelungen aufgrund des (recht607 608

[1952] A. C. 582; hierzu auch oben (unter § 7 D. I. 1.). Umfassend hierzu Palmer, Bailment, S. 1 ff.

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2. Teil: Besitz

lich vom Besitzmittlungsverhältnis zu unterscheidenden, vgl. oben609) Schuldverhältnisses. Zudem ist das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Herausgabeanspruch bedingt, betagt oder von der Ausübung eines Gestaltungsrechts abhängig ist.610 Dementsprechend ist gerade nicht Voraussetzung, dass der Herausgabeanspruch gegenwärtig besteht. Es ist ausreichend, wenn dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden kann. Weiterhin ist im englischen Recht ebenfalls keine abstrakte constructive possession denkbar, dergestalt, dass diese durch die bloße Vereinbarung ihres Bestehens durch die Parteien begründet wird. Da auch das englische Recht einen Herausgabeanspruch als Voraussetzung für das Bestehen der constructive possession verlangt, besteht zwischen den Parteien stets eine vertragliche oder gesetzliche Sonderbeziehung, weil das englische Recht keine Herausgabeansprüche kennt, die dinglicher Natur sind, also unabhängig von einer derartigen Sonderbeziehung bestehen.611 Folglich kann man die bailment-Beziehung der beteiligten Parteien im Rahmen der immediate constructive possession mit einem Besitzmittlungsverhältnis gleichsetzen. In dieser Hinsicht entspricht das bailment des englischen Rechts dem Besitzmittlungsverhältnis, welches im deutschen Recht ebenfalls die Grundlage des konstruierten mittelbaren Besitzes darstellt. Ein wesentlicher konzeptioneller Unterschied des mittelbaren Besitzes gegenüber der immediate constructive possession bei Vorliegen eines bailment liegt jedoch darin, dass der mittelbare Besitz zusätzlich an subjektive Voraussetzungen geknüpft ist. Ein subjektives Element ist hierbei in zweifacher Hinsicht erforderlich, nämlich zum einen im Hinblick auf den Besitzwillen des mittelbaren Besitzers zum anderen im Hinblick auf den Besitzmittlungswillen des Besitzmittlers. Das englische Recht erfordert dagegen keinerlei subjektive Voraussetzungen, sondern lässt für das Vorliegen der immediate constructive possession das Bestehen des Herausgabeanspruchs genügen, wobei es sich aber um einen gegenwärtigen Herausgabeanspruch handeln muss. Damit kann man zusammenfassend feststellen, dass sich immediate constructive possession und mittelbarer Besitz insofern ähneln, als beide als zentrales Element einen Herausgabeanspruch voraussetzen. Andererseits bestehen zwischen beiden Rechtsinstituten jedoch gewichtige Unterschiede. Die immediate constructive possession ist insofern enger als der mittelbare Besitz, als sie die Gegenwärtigkeit des Herausgabeanspruchs verlangt, andererseits aber auch weiter, als sie keinerlei Anforderungen in subjektiver Hinsicht stellt. 609 610 611

Vgl. § 6 D. III. 2. b). Siehe Fn. 160. Hierzu Näheres im Dritten Teil, § 11 A. I.

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich

243

Die qualified constructive possession des englischen Rechts ähnelt dagegen dem mittelbaren Besitz des deutschen Rechts insofern, als sie auf die Gegenwärtigkeit des Herausgabeanspruchs verzichtet. Allerdings wird qualified constructive possession lediglich in bestimmten Ausnahmefällen als possession im rechtlichen Sinne angesehen612 und stellt vor allem im praktisch relevanten Bereich der Besitzschutzansprüche keine hinreichende Grundlage für eine Anspruchsberechtigung dar. III. Symbolic possession Beim Besitz von Schlüsseln als Anwendungsfall der englischen symbolic possession liegt weder nach deutschem noch nach englischem Recht eine eigenständige Besitzform vor, sondern ein Fall des unmittelbaren Besitzes nach allgemeinen Regeln. Bereits aus der nach beiden Rechtsordnungen maßgeblichen Verkehrsanschauung folgt, dass der Besitzer eines Schlüssels unter gewöhnlichen Umständen auch die tatsächliche Kontrolle an dem durch diesen verschlossenen Gegenstand ausübt.613 Der Besitz an den Sachen, welche Gegenstand eines document of title sind, wird im deutschen Recht nicht über besondere Regelungen im Recht des Besitzes gelöst. Die Inhaberpapiere des deutschen Rechts, zu denen insbesondere die Inhaberschuldverschreibung (§§ 793 ff. BGB), die Aktie (§ 10 Abs. 1 AktG) sowie der Scheck (Art. 5 Abs. 2 und 3 ScheckG) zählen, verkörpern sämtlich Rechte und keine Sachen, so dass die widerlegbare Vermutung der materiellen Berechtigung des Inhabers des Papiers614 in Bezug auf den Besitz keinerlei Bedeutung hat. Dieser letzte eigene Anwendungsbereich der symbolic possession hat folglich keinerlei Entsprechung im deutschen Recht. IV. Besitzdienerschaft und custody Die Besitzdienerschaft des deutschen Rechts sowie die englische custody ähneln sich zunächst von ihrem rechtstatsächlichen Erscheinungsbild, da beide speziell auf die Besitzverhältnisse von Bediensteten und Arbeitnehmern zugeschnitten sind. Indes haben sich beide Rechtsinstitute insofern weiterentwickelt, als trotz des Gebrauchs der Begriffe Besitzdiener und servant nach der hier vertretenen Ansicht kein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Parteien notwendig ist. Somit geht der Anwendungs612

Siehe oben (unter § 7 D. I. 2.). Siehe oben (§ 6 D. II. 2. und § 7 D. III. 2.). 614 Vgl. nur MüKomm/Habersack, Vor § 793, Rn. 14; Palandt/Sprau, Einführung vor § 793, Rn. 3. 613

244

2. Teil: Besitz

bereich der Besitzdienerschaft und der custody weit über den Rahmen von Arbeitsverhältnissen hinaus und erfasst insbesondere die Besitzverhältnisse von leitenden Angestellten sowie von Gastwirten bzw. Gastgebern in Bezug auf die Gegenstände von deren Gästen. Das zentrale Element der custody wie auch der Besitzdienerschaft ist nach der hier vertretenen Auffassung die objektive Fremdnützigkeit des Besitzes des Besitzdieners.615 Dieser Lösungsansatz führt zur Beendigung der Besitzdienerschaft bzw. der custody, sobald der Besitzdiener nach außen hin zu erkennen gibt, dass er die Sache nunmehr nicht mehr im fremden Interesse besitzen möchte. Nach deutschem Recht hat die Begründung von Eigenbesitz durch den Besitzdiener zur Folge, dass hierdurch die Besitzdienerschaft und damit der Besitz des Besitzherrn enden, so dass eine Besitzentziehung i. S. v. § 858 BGB vorliegt.616 Hierdurch ist der (ehemalige) Besitzherr befugt, Besitzschutzansprüche geltend zu machen. Nach englischem Recht ist der Besitzherr nicht nur durch seine vormals aufgrund der custody bestehende possession, sondern gegebenenfalls zugleich auch durch ein besseres Recht zum Besitz an der Sache geschützt, sofern ihm dieses zusteht. Hierdurch ist der Besitzherr zur Geltendmachung von Besitzschutzansprüchen berechtigt617, unabhängig davon, dass der frühere custodian nunmehr die possession an der Sache innehat. Zudem kann der Besitzherr in dieser Situation die Besitzvermutung aufgrund des Eigentums für sich beanspruchen. Diese sichert ihm zwar einige Beweiserleichterungen gegenüber dem untreuen Besitzdiener, allerdings dürfte es hierbei keine große Hürde für den Besitzdiener darstellen, diese Vermutung, bezogen auf den aktuellen Besitz, zu widerlegen. Die Möglichkeit des Organbesitzes ist im deutschen Recht nach herrschender Meinung anerkannt. Nach der hier vertretenen Auffassung fällt der Besitz von Organen unter die Besitzdienerschaft.618 Dies entspricht auch der Lösung des englischen Rechts, welches ebenfalls keine besondere Form des Organbesitzes kennt. Zusätzlich wird nach englischem Recht der Besitz der Gesellschaft an den Gegenständen, welche im Gesellschaftseigentum stehen, gesetzlich vermutet.

615

Siehe oben (§ 6 D. IV. 1. a) und § 8 D. IV.). Vgl. nur Palandt/Bassenge, § 855, Rn. 6; Jauernig/Jauernig, § 855, Rn. 4; MüKomm/Joost, § 855, Rn. 18; nach teilweise vertretener Auffassung ist für die Begründung von Eigenbesitz durch den Besitzdiener bereits dessen dahingehende Willensänderung ausreichend; dieses rein subjektive Verständnis von Besitzdienerschaft ist jedoch abzulehnen, vgl. nur MüKomm/Joost, § 855, Rn. 18 und Staudinger/Bund, § 855, Rn. 27 m. w. N.; zum Ganzen siehe oben (§ 6 D. IV. 2.). 617 Vgl. hierzu Dritter Teil, § 11 A. 618 Näheres unter § 6 D. VIII. 616

§ 8 Zusammenfassung und Vergleich

245

V. Der Besitz mehrerer Im deutschen Recht ist Mitbesitz gesetzlich durch die Regelung des § 866 BGB anerkannt, auch wenn der Begriff Mitbesitz vom Gesetz nicht definiert wird. Dieser wird allgemein dahingehend verstanden, dass mehrere Personen die Herrschaft über eine Sache dergestalt ausüben, dass jeder die ganze Sache besitzt. Hingegen ist ein Mitbesitz nach ideellen Bruchteilen im deutschen Recht nicht möglich.619 Die Besonderheit des englischen Rechts liegt darin, dass sich die Besitzverhältnisse an der Eigentumssituation orientieren, so dass im Gegensatz zum deutschen Recht der Besitz an einem ideellen Anteil gerade möglich ist.620 In beiden Rechtssystemen können juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften auch Besitzer im Rechtssinn sein. Der Besitz wird ausgeübt durch Organe oder Angestellte, und eine Zurechnung erfolgt durch die wesensverwandten Institute der Besitzdienerschaft bzw. der custody. Unterschiede bestehen damit beim Besitz mehrerer, wenn nicht zugleich auch gemeinsames Eigentum in irgendeiner Form begründet wird, was beispielsweise auf das Bankschließfach zutrifft, da das Bankschließfach selbst im Eigentum der Bank, der vom Bankkunden eingelegte Inhalt hingegen in der Regel nicht im Eigentum der Bank steht. Hier geht das deutsche Recht von schlichtem bzw. gesamthänderischem Mitbesitz aus. Dass das englische Recht keinen Mitbesitz ohne co-ownership der Mitbesitzer kennt621, wird durch das relativ weitreichende Institut der constructive possession aufgefangen, welche besteht, wenn der Kunde das Recht hat, jederzeit den Inhalt des Bankschließfaches herauszuverlangen, was in der Regel der Fall sein wird. VI. Der Erbenbesitz Die Fiktion des Erbenbesitzes ist eine spezifisch deutsche Konstruktion und ohne Entsprechung im englischen Recht. Die Funktion des Erbenbesitzes liegt vor allem darin, einen gutgläubigen Erwerb Dritter zu Lasten des Erben durch das Abhandenkommen der Sache nach § 935 BGB i. V. m. § 857 BGB zu verhindern. Weiterhin führt die Anwendung von § 857 BGB dazu, dass dem Erben auch Besitzschutzansprüche zustehen. In England sind derartige Schutzmechanismen hingegen nicht nötig. Es gibt keine dem § 857 BGB vergleichbare Rechtsregel und auch keinen rein possessorischen Besitzschutz, so dass der Erbe hier die mangelnde tatsächliche Sachherr619 620 621

Siehe Fn. 260. Vgl. § 7 D. V.; siehe auch oben unter IV. Siehe oben (§ 7 D. V.).

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2. Teil: Besitz

schaft durch Geltendmachung seines immediate right to possession im Rahmen der immediate constructive possession überwinden kann. Daneben streitet für den Erben die Vermutung, dass er als Eigentümer auch Besitzer der Erbschaftsgegenstände ist.622 Im deutschen Recht wird der Erbe durch seinen Erbenbesitz nach § 857 BGB zudem vor einem gutgläubigen Erwerb der Sache durch Dritte ohne Zustimmung des Erben geschützt, da die Sache bei einer Weggabe ohne Willen des Erben wegen seines unfreiwilligen Besitzverlusts abhanden gekommen i. S. v. § 935 BGB ist. Nach englischem Recht erfordert ein gutgläubiger Erwerb nach ss. 24, 25 Sale of Goods Act 1979 sowie nach ss. 2, 8 und 9 Factors Act 1889 eine freiwillige Weggabe des Besitzes durch den Eigentümer, so dass durch dieses positive Erfordernis ein gutgläubiger Erwerb Dritter ohne Kenntnis des Erben von der Sache generell ausgeschlossen ist, unabhängig davon, ob der Erbe Besitzer der Sache ist. Damit besteht im englischen Recht auch im Hinblick auf die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs Dritter kein Bedürfnis für eine rechtliche Regelung des Erbenbesitzes.

E. Fazit Die Funktion des Besitzes im englischen Recht weist große Ähnlichkeit mit der Funktion des Besitzes im deutschen Recht auf. Die Beurteilung, wer Besitzer einer Sache ist, ist in beiden Rechtsordnungen nicht nur eine rein tatsächliche Frage, sondern entscheidend auch von rechtlichen Wertungen geprägt. Neben dem unmittelbaren Besitz bzw. der actual possession kennen beide Rechtssysteme Besitzkonstruktionen, die aus Wertungsgründen geschaffen wurden, also dazu dienen, jemandem, der ein Recht hat, auch einen Anspruch zu geben. Hierzu zählen insbesondere der mittelbare Besitz und die Besitzdienerschaft auf Seiten des deutschen Rechts sowie die constructive possession und die custody im englischen Recht. Die bestehenden Unterschiede sind einerseits auf besondere Regelungen der beiden Rechtssysteme in Spezialbereichen, andererseits darauf zurückzuführen, dass im englischen Recht des Besitzschutzes petitorische Elemente eine stärkere Rolle spielen, sowie auf die Tatsache, dass es keinen Schutz für das Eigentum als solches gibt.623 Letztlich führen diese, in dogmatischer Hinsicht teilweise unterschiedlichen, Konstruktionen tatsächlich zu ähnlichen Ergebnissen. Ob dies auch auf das System der Besitzschutzansprüche insgesamt zutrifft, wird Gegenstand der Untersuchung im anschließenden Dritten Teil sein. 622 623

Vgl. oben (§ 7 C. III. 1.). Näheres hierzu im Dritten Teil, § 11.

Dritter Teil

Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers § 9 Vorbemerkung In diesem Teil der Arbeit soll untersucht werden, inwiefern der Besitz im englischen und im deutschen Recht geschützt ist. Wie noch zu zeigen sein wird, sind die Besitzschutzansprüche auch von großer Bedeutung für den Schutz des Eigentums. Besitzschutz wird im Rahmen dieser Darstellung weit verstanden, nämlich im Sinne der Gesamtheit aller Ansprüche, die geeignet sind, dem Besitzer seinen Besitz zu erhalten, bzw. Rechtsschutz wegen eines Besitzentzuges oder einer Besitzbeeinträchtigung gewähren. Der Besitzschutz fungiert einerseits als Ergänzung oder gar als Ersatz für den Eigentumsschutz und eröffnet damit dem Eigentümer zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeiten. Andererseits kann der Besitzschutz aber auch dem Eigentumsschutz zuwiderlaufen, indem er dem Besitzer, der gerade nicht Eigentümer der Sache ist, zu eigenen Ansprüchen verhilft, die er selbst gegenüber dem Eigentümer geltend machen kann. Der Schwerpunkt der folgenden Betrachtung liegt im materiellen Recht, so dass prozessuale Aspekte, insbesondere solche des einstweiligen Rechtsschutzes sowie des vollstreckungsrechtlichen Besitzschutzes nach §§ 766, 771 ZPO grundsätzlich ausgeklammert werden.

§ 10 Deutsches Recht A. Possessorischer Besitzschutz, §§ 858 ff. BGB Eine Regelung des Besitzschutzes findet sich in den §§ 858 ff. BGB. Der Besitzschutz aus diesen Vorschriften ist possessorischer Natur, also unabhängig vom Bestehen eines Rechts zum Besitz.1 Hieraus folgt allerdings auch, dass der possessorische Besitzschutz vorläufiger Natur ist und die aus ihm resultierenden Rechtsfolgen nachträglich durch Ansprüche aus dem Eigentum oder aus einem Recht zum Besitz, vor allem durch Ansprüche aus § 985 oder § 1007 BGB, in ihr Gegenteil verkehrt werden können. Damit 1

Vgl. Wieling, Sachenrecht, S. 65.

248

3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

stellt sich die Frage, welche Funktion dem possessorischen Besitzschutz als vorläufigem Besitzschutzanspruch überhaupt zukommt. I. Funktion des possessorischen Besitzschutzes Der possessorische Besitzschutz ist in erster Linie auf das Gewaltverbot zurückzuführen, das um des Friedensschutzes willen gilt. Hiernach soll jede Form von Gewalt sanktioniert werden, und zwar unabhängig davon, ob auf den durch Gewalt herbeigeführten Erfolg ein rechtlicher (petitorischer) Anspruch besteht.2 Das sog. Gewaltmonopol liegt nämlich beim Staat und steht grundsätzlich jeder Form der Selbsthilfe entgegen. Darüber hinaus gewährt der possessorische Besitzschutz dem „kleinen Mann“ Rechtsschutz, der weder Eigentümer der Sache ist noch ein Besitzrecht an ihr hat.3 Da Anknüpfungspunkt des possessorischen Besitzschutzes der Besitz als solcher ist, kommt dieser Schutz folglich auch demjenigen zugute, der eben nur seinen vormaligen Besitz als faktisches Verhältnis nachweisen, sich aber nicht auf eine sonstige Besitzberechtigung berufen kann. Diese vorläufige Besserstellung des possessorischen Besitzschutzes gegenüber dem petitorischen ergibt sich insbesondere aus § 863 BGB.4 Nach dieser Vorschrift sind im Rahmen des possessorischen Besitzschutzes petitorische Einwendungen nicht zu berücksichtigen, also solche, die sich auf das Recht zum Besitz aufgrund obligatorischer oder dinglicher Rechte beziehen. Der Sinn und Zweck des possessorischen Besitzschutzes liegt darin, dass aufgrund der schnellen Feststellbarkeit der Besitzverhältnisse eine rasche Entscheidung durch die Gerichte getroffen werden kann. Die Feststellung des Rechts zum Besitz beansprucht dagegen häufig eine längere und umfangreichere Beweiserhebung.5 Der Nachteil des possessorischen Besitzschutzes liegt freilich in seiner vorübergehenden Natur, nämlich darin, dass die durch diesen geschaffenen Ergebnisse lediglich solange von Bestand sind, bis über andere Ansprüche, insbesondere solche aus § 985 BGB, entschieden wurde. Allerdings schließt § 863 BGB auch die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitete Arglisteinrede aus, das heißt, der Anspruchsgegner einer possessorischen Besitzschutzklage kann sich nicht auf sein Eigentum und damit nicht darauf berufen, dass der Anspruchsteller die Sache sofort wieder nach § 985 BGB zurückgeben muss. Ansonsten würde nämlich die Funktion des possessorischen Besitzschutzes völlig konterkariert.6 2 3 4 5

Baur/Stürner, § 9, Rn. 16. Baur/Stürner, § 9, Rn. 16. Petersen, Jura 2002, S. 160. BGHZ 53, 166 (169); Brehm/Berger, Rn. 4.12.

§ 10 Deutsches Recht

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II. Geltendmachen petitorischer Einreden im Rahmen einer Widerklage Kontrovers diskutiert wird dagegen die Frage, ob § 863 BGB das Geltendmachen von petitorischen Einreden im Rahmen einer Widerklage ausschließt. Dies ist nach Ansicht des BGH möglich, sofern die Voraussetzungen der Widerklage erfüllt sind. Hierfür spräche, dass § 863 BGB nach seinem Sinn und Zweck der Widerklage nur dann entgegenstünde, wenn sie eben noch nicht entscheidungsreif sei und sich hierdurch das Verfahren verzögerte7; zudem sei in diesem Fall die Sachlage mit der in § 864 Abs. 2 BGB vergleichbar, weshalb die Vorschrift auf eine petitorische Widerklage analog anzuwenden sei, wenn diese spätestens gleichzeitig mit der possessorischen Klage entscheidungsreif ist.8 Nach § 864 Abs. 2 BGB erlöschen bestehende Besitzschutzansprüche, sofern rechtskräftig festgestellt wird, dass der Täter der verbotenen Eigenmacht aufgrund der petitorischen Rechtslage berechtigt ist, den vor Ausübung der Eigenmacht bestehenden Zustand wiederherzustellen. Aus diesem Rechtsgedanken des § 864 Abs. 2 BGB heraus muss auch die Widerklage zulässig sein, wenn diese sofort in Rechtskraft erwächst. Ansonsten müsste für eine logische Sekunde beiden Klagen entsprochen werden, und bei der anschließenden Vollstreckung wäre derjenige, der sich auf den petitorischen Einwand beruft, zur Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage gezwungen. Dieses „formaljuristische Ergebnis“ entspräche jedoch nicht dem Sinn und Zweck der Besitzschutzvorschriften.9 6 „Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“; allgemeine Meinung, vgl. nur Petersen, Jura 2002, S. 160/161. 7 BGHZ 53, 166 (169). Nach Auffassung von Hager ist es jedoch rein spekulativ, davon auszugehen, dass die Entscheidung über die petitorische Widerklage vom Gericht später gefällt wird als die über die possessorische Klage, Hager, KTS 1989, S. 520. Dies ist jedoch die Grundprämisse des possessorischen Besitzschutzes überhaupt. Hager folgt allerdings im Ergebnis der Auffassung des BGH (Zulässigkeit der Widerklage bei Rechtskraft), wobei er davon ausgeht, dass sich die Problematik vor allem erst in der Zwangsvollstreckung zeigt, vgl. Hager, KTS 1989, S. 521 ff. 8 BGHZ 73, 355 (359). 9 BGH NJW 1979, 1359 (1359/1360); so auch Spiess, JZ 1979, S. 718. Einschränkend insofern Baur/Stürner, nach deren Auffassung die ergänzende Auslegung der §§ 863, 864 Abs. 2 BGB ergibt, dass die petitorische Widerklage zulässig ist, wenn diese „vollstreckungsmäßig endgültig durchsetzbar“ ist, Baur/Stürner, § 9, Rn. 18. Enger auch Jauernig/Jauernig, §§ 861–864, Rn. 7: Nur Zulassung der petitorischen Widerklage, wenn das Urteil zu dieser unanfechtbar ist (wie z. Bsp. im Fall zweier rechtskräftiger Revisionsurteile). Palandt/Bassenge, § 863, Rn. 3 ist hingegen entgegen BGHZ 73, 355 (357 ff.) der Auffassung, dass die Zulässigkeit der Widerklage nicht davon abhänge, dass die Entscheidung über diese sofort in Rechtskraft erwachse.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Die Gegenauffassung verneint hingegen die Zulässigkeit der petitorischen Widerklage, da diese dem Grundgedanken des Besitzschutzes, nämlich der Sicherung des öffentlichen Friedens durch das Gewaltverbot, zuwiderlaufe. Diese würde zugunsten rein prozessökonomischer Erwägungen in Frage gestellt.10 Das ist jedoch nicht der Fall, im Gegenteil ergibt sich die Zulässigkeit der petitorischen Widerklage bereits aus dem Sinn und Zweck der Besitzschutzvorschriften. Zudem existieren prozessuale Abtrennmöglichkeiten wie die Prozesstrennung nach § 145 ZPO oder der Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO. Selbige werden zwar von der Mindermeinung grundsätzlich als Lösungsmöglichkeit anerkannt, jedoch wird von dieser angeführt, es sei nicht gesichert, dass diese Möglichkeiten in der Praxis auch ergriffen werden.11 Diese Kritik ist ebenfalls unverständlich. So ist die gesamte Rechtsordnung darauf ausgelegt, dass sie von den Gerichten befolgt wird, weshalb man sich nicht an unsubstantiierten Vermutungen bzw. Unterstellungen orientieren kann, dass rechtsstaatliche Gerichte bestimmte Normen vermutlich nicht anwenden werden. Auch die teilweise als Gegenargument angeführte Kostenlast des possessorischen Klägers nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der trotz „an sich begründeter Klage“12 wegen der Abweisung seiner Klage und der Stattgabe der Widerklage die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, muss als logische Folge der gesetzlichen Wertung des § 864 Abs. 2 BGB hingenommen werden. Somit geht aus § 863 BGB kein Verbot der Widerklage hervor. Die Möglichkeit des Erlasses eines Teilurteils über die Besitzschutzklage sorgt nach § 301 ZPO dafür, dass die Entscheidung über die possessorische Klage nicht verzögert wird. Bei gleichzeitiger positiver Entscheidungsreife hingegen gebietet § 864 Abs. 2 BGB, die possessorische Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben. Eine solche Entscheidung ist nicht widersprüchlich, sie entspricht vielmehr der materiellen Rechtslage. Eine Ausnahme ergibt sich nur bei unmittelbarer Rechtskraft des Urteils über die Widerklage, so dass der Gedanke des § 864 Abs. 2 BGB greift und zur Abweisung der possessorischen Klage führt.13 Der Sinn und Zweck des § 863 10

Amend, JuS 2001, S. 128; Spiess, JZ 1979, S. 718; zum Argument der Prozessökonomie siehe nur Vieweg/Werner, § 2, Rn. 63. 11 Amend, JuS 2001, S. 128/129; Staudinger/Bund, § 863, Rn. 8. 12 Amend, JuS 2001, S. 128/129; das Argument der Kostentragung wird auch erwähnt von Spiess, JZ 1979, S. 718. 13 MüKomm/Joost, § 863, Rn. 9 ff.; Palandt/Bassenge, § 863, Rn. 3 (Möglichkeit des Erlasses eines Teilurteils); so auch Erman/Lorenz, § 863, Rn. 3; Soergel/Stadler, § 863, Rn. 4. So argumentieren auch Hagen und Wieling, ebenfalls unter Hinweis auf die Möglichkeit der Trennung der Klagen nach § 145 Abs. 2 ZPO oder auf den Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO bei Entscheidungsreife nur einer Klage. Bei gleichzeitiger Entscheidungsreife müssten aber die Besitzschutzansprüche nach

§ 10 Deutsches Recht

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BGB besteht nämlich ausschließlich darin, Verzögerungen bei der gerichtlichen Entscheidung über den possessorischen Anspruch zu vermeiden, die durch petitorische Einwände im Rahmen einer Widerklage eintreten können. Der Grund hierfür liegt in der provisorischen Natur des possessorischen Besitzschutzes. Wenn aber eine endgültige Entscheidung über die petitorische Klage vorliegt, kann das nicht gelten. Dies ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Widerklage vor oder gleichzeitig mit der possessorischen Klage entscheidungsreif ist.14 Nach der Auffassung von Wilhelm ist über die possessorische Klage stets vorab durch Teilurteil zu entscheiden. Nur wenn es hierzu schwieriger Feststellungen bedürfe, welche in Zusammenhang mit den Feststellungen hinsichtlich der petitorischen Widerklage stünden, sei eine „Vorabbefriedigung“ durch die Besitzschutzklage sinnlos.15 Obwohl diese Auffassung sachlich nachvollziehbar erscheint, ist sie dennoch in der Rechtsanwendung nicht handhabbar, da der Begriff der schwierigen Feststellung konturlos und ungriffig ist. Aufgrund der Rechtsunsicherheit, die die vorgeschlagene Differenzierung mit sich bringt, sind Streitigkeiten über ihre Auslegung vorprogrammiert, wodurch der Rechtsfrieden, der eigentliche Zweck des Besitzschutzes, noch stärker gefährdet wird. Folglich ist der Rechtsprechung und herrschenden Meinung zu folgen. Diese trägt dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in §§ 863, 864 Abs. 2 BGB Rechnung und führt zu sachgerechten Ergebnissen, wenn die petitorische Widerklage noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, aber vor oder gleichzeitig mit der possessorischen Klage entscheidungsreif ist. Auch im letzteren Fall greift der eigentliche Schutzzweck des Besitzschutzes, die Vorabbefriedigung des Besitzers, nicht ein. III. Voraussetzungen des Besitzschutzes 1. Verbotene Eigenmacht, § 858 BGB

Der Dreh- und Angelpunkt des possessorischen Besitzschutzes ist die verbotene Eigenmacht, die auch dessen zentrale Voraussetzung darstellt. Nach der Legaldefinition in § 858 Abs. 1 BGB ist hierunter jede Handlung zu verstehen, durch die der Besitzer ohne seinen Willen oder eine gesetzliche Erlaubnis in seinem Besitz gestört oder durch die ihm sein Besitz gar § 864 Abs. 2 BGB analog erlöschen, ansonsten gäbe es einen „Vollstreckungskrieg“, vgl. Hagen, JuS 1972, S. 126/127; Wieling, Sachenrecht I, § 5 IV 3 e. 14 Kollhosser, JuS 1992, S. 569. 15 Wilhelm, Rn. 528.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

entzogen wird. Diese Anforderungen sind rein objektiv zu verstehen, das heißt, es ist ausreichend, wenn objektiv eine Besitzstörung vorliegt. Subjektive Elemente, wie zum Beispiel ein Verschulden oder Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, sind seitens des Angreifers gerade nicht erforderlich.16 Unter einer Entziehung des Besitzes versteht man zunächst die vollständige Beseitigung der Sachherrschaft.17 Diese darf nicht nur vorübergehender Natur sein, wie sich im Umkehrschluss aus § 856 Abs. 2 BGB ergibt.18 Weiterhin erfordert die Besitzentziehung ein Tätigwerden seitens des verbotene Eigenmacht Ausübenden. Ein solches liegt nicht vor, wenn jemand eine Sache in rechtmäßig erlangtem Besitz behält, obwohl er an sich dazu verpflichtet wäre, sie herauszugeben.19 Besitzstörung hingegen ist jede andere Beeinträchtigung des Besitzes außer verbotener Eigenmacht.20 Handelt es sich hierbei um eine Immission (was in der Regel der Fall sein wird), sind die Duldungspflichten der §§ 904 ff. BGB analog anzuwenden, da ansonsten der Besitzer weitergehender geschützt wäre als der Eigentümer.21 Die Begriffe der Besitzentziehung und -störung gehen allerdings ineinander über, so dass eine klare Abgrenzung zwischen ihnen praktisch unmöglich, rechtlich – abgesehen von den zeitlichen Grenzen der §§ 859 Abs. 2 und 3 BGB – aufgrund gleicher Rechtsfolgen aber auch kaum notwendig ist.22 Weiterhin muss die Besitzstörung bzw. die Besitzentziehung nach § 858 Abs. 1 BGB auch ohne Willen des Besitzers erfolgen. Nach allgemeiner Ansicht ist dem Wortlaut zufolge nicht ein Handeln gegen den Willen erforderlich.23 Daneben ist das Einverständnis jedoch bis zur Vornahme der betreffenden Handlung frei widerruflich.24 Streitig ist jedoch, welche Rechtsnatur ein diesbezüglich erklärtes Einverständnis hat und welche Anforderungen an dieses zu stellen sind. Einem Großteil der Stimmen im Schrifttum zufolge stellt das die verbotene Eigenmacht ausschließende Einverständnis kein Rechtsgeschäft dar, 16

Dilcher, S. 29; Wieling, Sachenrecht, S. 63; Wieling, Sachenrecht I, § 5 II 1 a. Dilcher, S. 28. 18 Kollhosser, JuS 1992, S. 567. 19 BayObLG NJW-RR 1998, 876 (876): Widerruf einer Nutzungsgestattung; Wieling, Sachenrecht I, § 5 II. 20 Dilcher, S. 28. 21 Wieling, Sachenrecht, S. 68; so auch BGHZ 15, 146 (150); Baur/Stürner, § 9, Rn. 20/21 und Müller, Rn. 167. 22 Vgl. Baur/Stürner, § 9, Rn. 4/5; Wieling, Sachenrecht I, § 5 II 2 a. 23 Vgl. nur Westermann/Gursky, § 22 II; Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 55. 24 RGZ 146, 182 (186/187): Einverständnis muss im Zeitpunkt der verbotenen Eigenmacht noch vorliegen und dessen vorherige Erteilung hat allenfalls Einfluss auf die Beweislast; Baur/Stürner, § 9, Rn. 5; Heck, § 13, S. 6; Müller, Rn. 134; Röthel/ Sparmann, Jura 2005, S. 458; so auch Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 55 (Fn. 13). 17

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weshalb die natürliche Willensfähigkeit des Besitzers ausreichend ist.25 Das Einverständnis muss allerdings auf einem freien Willensentschluss beruhen, so dass ein durch vis compulsiva erwirktes Einverständnis außer Betracht bleibt.26 Nach anderer Auffassung handelt es sich bei dem Einverständnis um eine Willenserklärung, für die Geschäftsfähigkeit notwendig ist. Dieser Auffassung liegt jedoch die Annahme zugrunde, der Besitz sei mehr als nur ein tatsächliches Verhältnis, nämlich eine geschützte Rechtsposition27 oder gar ein dingliches Recht28; diese Prämisse ist jedoch abzulehnen.29 Auch die pauschale Verweisung auf den umfassenden Minderjährigenschutz vermag nicht zu überzeugen, geht es doch zum einen um den Besitzschutz als solchen und ist zum anderen der Minderjährigenschutz nicht absolut zu verstehen.30 Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen auch Baur/Stürner, allerdings mit der abweichenden Begründung, dass das Einverständnis zur Besitzentziehung bzw. -störung schon deshalb die Geschäftsfähigkeit des Erklärenden verlange, weil es sich hierbei um einen Rechtsverzicht handle.31 Nach Ansicht von Wilhelm besteht verbotene Eigenmacht gerade darin, dass sich über die vom Besitzschutz geschützte Selbstbestimmung der Person hinweggesetzt wird. Wilhelm differenziert deshalb zwischen dem Einverständnis eines Geschäftsunfähigen und dem eines beschränkt Geschäftsfähigen. Der Geschäftsunfähige könne nicht wirksam ein die verbotene Eigenmacht ausschließendes Einverständnis erklären. Bei beschränkt Geschäftsfähigen seien dagegen die für rechtliches Handeln bestimmten Altersgrenzen der §§ 104, 105 oder 828 Abs. 1 BGB auch in dieser Hinsicht maßgeblich.32 Gegen die Mindermeinung wie auch gegen die differenzierende Auffassung Wilhelms spricht insbesondere, dass auch für alle anderen Willensakte im Zusammenhang mit dem Besitz die natürliche Willensfähigkeit ausreichend ist.33 So stellt das Gesetz im Rahmen von Besitzerwerb und -verlust grundsätzlich keine besonderen Anforderungen an das vorhandene Willenselement. Zudem ist der Besitz eine tatsächliche Position, so dass es system25 Jauernig/Jauernig, § 858, Rn. 4; MüKomm/Joost, § 858, Rn. 7 m. w. N.; Palandt/Bassenge, § 858, Rn. 5; Soergel/Stadler, § 858, Rn. 9; Wieling, Sachenrecht, S. 64; Wieling, Sachenrecht I, § 5 II 1 b; Müller, Rn. 132/133; Westermann/Gursky, § 22 II. 26 Kollhosser, JuS 1992, S. 568 m. w. N.; Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 458; so auch Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 55 (Fn. 13). 27 Mittenzwei, MDR 1987, S. 884. 28 So Wolf, Sachenrecht, S. 68. 29 Siehe hierzu oben, Zweiter Teil, § 6 B. 30 Mittenzwei, MDR 1987, S. 884. 31 Baur/Stürner, § 9, Rn. 5; Heck, § 13, 6a. 32 Wilhelm, Rn. 516. 33 So Staudinger/Bund, § 858, Rn. 18 m. w. N.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

fremd wäre, seinen Schutz den Regelungen für Rechtsgeschäfte und damit auch für Willenserklärungen (§§ 104 ff. BGB) pauschal zu unterwerfen. Schließlich muss der Eingriff auch widerrechtlich sein. Die Widerrechtlichkeit wird durch den Eingriff indiziert und entfällt lediglich, sofern dieser ausnahmsweise von einer gesetzlichen Erlaubnis gedeckt ist.34 Dies ist insbesondere der Fall im Rahmen von Notwehrhandlungen (§§ 227, 229 BGB) oder bei amtlichen Akten, beispielsweise durch einen Gerichtsvollzieher oder durch die Polizei.35 2. Besitz

Die Ansprüche aus §§ 861 und 862 BGB stehen nach deren Wortlaut dem Besitzer zu. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage, welche Arten von Besitzern neben dem unmittelbaren Besitzer im Rahmen der Besitzschutzvorschriften geschützt sind. Im Fall des mittelbaren Besitzes ist die Anspruchsberechtigung des Besitzmittlers als unmittelbarem Besitzer gegeben. Nach § 869 BGB stehen auch dem mittelbaren Besitzer Besitzschutzansprüche aus §§ 861 und 862 BGB zu, wenn verbotene Eigenmacht gegenüber dem Besitzmittler verübt wird. Damit genießt der mittelbare Besitzer keinen Besitzschutz gegenüber dem Besitzmittler.36 Die Vorschrift bezweckt den Schutz der „Aussicht des mittelbaren Besitzers, die tatsächliche Sachherrschaft zu erlangen“, so dass dem mittelbaren Besitzer die gleichen Besitzschutzansprüche wie dem Besitzmittler zustehen sollen.37 Bei der Besitzdienerschaft gestaltet sich die Rechtslage etwas schwieriger. Während der Besitzschutz des Besitzherrn als alleinigem unmittelbarem Besitzer (vgl. § 855 BGB) unproblematisch zu bejahen ist, gehen die Besitzschutzmöglichkeiten des Besitzdieners nicht unmittelbar aus dem Gesetz hervor. Vielfach wird der Besitzschutz des Besitzdieners mit einem Umkehrschluss zu § 860 BGB verneint. Die Vorschrift regele nämlich bewusst ausschließlich die Gewaltrechte des Besitzdieners und besage, dass dem Besitzdiener gerade nur diese zustünden, nicht aber die Besitzschutzansprüche aus §§ 861 und 862 BGB.38 Dies erscheint jedoch nicht einleuchtend, da 34

Vgl. nur Westermann/Gursky, § 22 III. Baur/Stürner, § 9, Rn. 7. 36 Siehe hierzu nur Baur/Stürner, § 9, Rn. 24; Palandt/Bassenge, § 869, Rn. 1; Staudinger/Bund, § 869, Rn. 11 m. w. N.; Wieling, Sachenrecht, S. 81/82. Zu der Frage, ob dem mittelbaren Besitzer die Gewaltrechte aus § 859 BGB zustehen, sogleich (unter B. II.). 37 Wieling, Sachenrecht, S. 81/82. 38 MüKomm/Joost, § 861, Rn. 5 (möglich ist insofern nur eine Bevollmächtigung des Besitzdieners oder ein Auftreten für den Besitzherrn); Soergel/Stadler, § 860, Rn. 1; Staudinger/Bund, § 861, Rn. 6 und § 860, Rn. 1; Wieling, Sachenrecht, S. 67. 35

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§ 860 BGB im Zusammenhang mit § 859 BGB steht und darüber hinaus keine Aussagen trifft. Auch aus der Regelung von Ansprüchen des mittelbaren Besitzers aus Selbsthilfe und sonstigen possessorischen Besitzschutzansprüchen in § 869 BGB lässt sich ein solcher Umkehrschluss nicht zwingend herleiten. Bezüglich des Besitzschutzes des Besitzdieners muss insofern auf die allgemeine Regelungen der §§ 861, 862 BGB sowie auf § 855 BGB zurückgegriffen werden. Schon aus diesen ergibt sich, dass der Besitzschutz nur dem Besitzer im Rechtssinn zustehen kann, also gerade nicht dem bloßen Besitzdiener i. S. v. § 855 BGB. Deshalb stellt § 860 BGB lediglich eine Ausnahmevorschrift dar, die es dem Besitzdiener ermöglicht, für den Besitzherrn dessen Selbsthilferechte auszuüben. Damit bestätigt die Vorschrift die sich schon aus dem Gesetz ergebende Rechtsfolge, dass dem Besitzdiener als Nicht-Besitzer im rechtlichen Sinn grundsätzlich keine Besitzschutzansprüche zustehen.39 Die Besitzschutzansprüche von Mitbesitzern haben in § 866 BGB eine gesetzliche Regelung erfahren. Hiernach ist ein Besitzschutz der Mitbesitzer untereinander ausgeschlossen, sofern es um die Gebrauchsmöglichkeiten an der Sache geht. Wird aber der Besitz durch einen Mitbesitzer negiert, also vollständig entzogen, stehen den anderen Mitbesitzern Besitzschutzansprüche zu.40 Unter Mitbesitzern ist der Besitzschutz damit nur im Fall einer Besitzentziehung von praktischer Relevanz.41 IV. Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen der possessorischen Besitzschutzansprüche ergeben sich zunächst aus den §§ 861 ff. BGB. Bei Besitzentziehung gewährt § 861 Abs. 1 BGB dem Besitzer einen Herausgabeanspruch, eine Besitzstörung hat nach § 862 Abs. 1 S. 1 BGB einen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch (§ 862 Abs. 1 S. 2 BGB) zur Folge. Anspruchsgegner ist jeweils der Störer, und zwar zum einen der Handlungsstörer, der den störenden Zustand durch sein Handeln kausal verursacht hat, wobei das Handeln in einem aktiven Tun oder einem pflichtwidrigen Unterlassen liegen kann42, zum anderen der Zustandsstörer. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass er den störenden Zustand aufrecht erhält, beispielsweise indem er eine durch einen anderen errichtete störende Anlage betreibt.43 39 40 41 42 43

Soergel/Stadler, § 860, Rn. 1. Wieling, Sachenrecht, S. 72; Wieling, Sachenrecht I, § 5 IV 4 b. Kollhosser, JuS 1992, S. 570. Wieling, Sachenrecht, S. 68/69 m. w. N. zum Störerbegriff. Wieling, Sachenrecht, S. 68/69 m. w. N.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Im Rahmen des Anspruchs auf Beseitigung der Störung nach § 862 Abs. 1 S. 1 BGB kann weder Herstellung des Zustands verlangt werden, der ohne das störende Ereignis bestehen würde, noch Zahlung einer Entschädigung bzw. von Schadensersatz in Geld.44 Die Norm stellt nämlich – ähnlich wie § 1004 Abs 1 S. 1 BGB – gerade keinen Schadensersatzanspruch, sondern eben nur einen Folgenbeseitigungsanspruch dar. Zusätzliche Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch aus § 862 Abs. 1 S. 2 BGB ist, dass aufgrund objektiv vorliegender Umstände künftige Besitzstörungen ernsthaft zu erwarten sind.45 Eine weitere Rechtsfolge der verbotenen Eigenmacht ist das Verfolgungsrecht des Besitzers aus § 867 BGB. Dieses kann sowohl vom unmittelbaren als auch nach Maßgabe von § 869 S. 3 BGB vom mittelbaren Besitzer geltend gemacht werden und gewährt diesen das Recht, ein fremdes Grundstück zu betreten, um die Sache wegzuschaffen.46 Als Ausgleich hierfür erhält der Grundstückseigentümer nach § 867 Abs. 2 BGB einen Ersatzanspruch für hierdurch entstehende Schäden. Zu beachten ist, dass das Verfolgungsrecht aus § 867 BGB nur solange Bestand hat, wie noch nicht Besitz durch eine andere Person begründet wurde. Diese Einschränkung erscheint vor dem Hintergrund des Normzwecks, nämlich des Besitzschutzes des jeweils aktuellen Besitzers, nur folgerichtig.47 Die bereits erwähnte Vorschrift des § 863 BGB sieht ausdrücklich vor, dass petitorische Einreden, d.h. materiellrechtliche Einreden wegen Ansprüchen schuldrechtlicher, dinglicher Art oder aus älterem Besitz nach § 1007 BGB48, im Rahmen des possessorischen Besitzschutzes unbeachtlich sind, so dass sich der Anspruchsgegner nicht mit diesen verteidigen kann. Ansonsten würde dessen Funktion als vorläufiger Besitzschutz49 völlig untergraben. Weiterhin sieht § 864 Abs. 1 BGB vor, dass die Besitzschutzansprüche aus §§ 861 und 862 BGB ein Jahr nach Ausübung der verbotenen Eigenmacht erlöschen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Verjährungs-, sondern um eine Ausschlussfrist50, mit der Folge, dass vor allem die allgemeinen Vorschriften des BGB über die Verjährung (§§ 194 ff. 44

Müller, Rn. 170; Petersen, Jura 2002, S. 164 m. w. N. Vgl. Müller, Rn. 177. 46 Vgl. auch Müller, Rn. 179e ff.; es handelt sich hierbei aber nicht um ein Selbsthilferecht zum Betreten, so dass das Verfolgungsrecht im Streitfall eingeklagt und vollstreckt werden muss. Deshalb ist das Verfolgungsrecht aus § 867 BGB praktisch nicht von großer Relevanz, vgl. Kollhosser, JuS 1992, S. 570. 47 So auch MüKomm/Joost, § 867, Rn. 3. 48 Vgl. Palandt/Bassenge, § 863, Rn. 1. 49 Hierzu bereits oben unter I. 50 Müller, Rn. 164. 45

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BGB) und insbesondere auch die Vorschriften über Hemmung und Neubeginn (§§ 203 ff. BGB) keine Anwendung finden. Sinn und Zweck der Frist ist es, das Kontinuitätsinteresse eines neuen Besitzers zu schützen.51 Gemäß § 864 Abs. 2 BGB erlischt der Anspruch ebenfalls, wenn ein rechtskräftiges Urteil über den possessorischen Titel ergeht. Schließlich ist unter den Voraussetzungen des § 858 Abs. 2 BGB ein Rechtsschutz auch gegenüber dem Besitznachfolger möglich. § 858 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmt nämlich, dass der aus einer einmal begangenen verbotenen Eigenmacht resultierende Besitz fehlerhaft ist. Nach § 858 Abs. 2 S. 2 BGB muss ein Rechtsnachfolger im Besitz diese Fehlerhaftigkeit gegen sich gelten lassen, wenn er den Besitzer beerbt oder bei Besitzerwerb Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Besitzvorgängers hat. Der Sinn und Zweck der Vorschrift liegt darin, einen Besitzschutz auch dann zu ermöglichen, wenn die Sache weitergegeben wird, zum Beispiel an einen Komplizen.52 Da die §§ 861 Abs. 2, 862 Abs. 2 BGB darauf abstellen, wem gegenüber der Besitz fehlerhaft ist, gilt die Fehlerhaftigkeit nur relativ zwischen den betreffenden Parteien und nicht gegenüber jedermann. Das bedeutet, dass sich ein Dritter gegenüber dem Besitzer nicht auf die Fehlerhaftigkeit von dessen Besitz berufen kann. Damit ist der fehlerhafte Besitzer gegenüber einem Dritten grundsätzlich geschützt.53

B. Die Gewaltrechte des Besitzers, § 859 BGB Die sog. Gewaltrechte des Besitzers aus § 859 BGB, nämlich Besitzwehr und Besitzkehr, sind systematisch ebenfalls dem possessorischen Besitzschutz zuzuordnen und setzen deshalb gleichermaßen die Verübung verbotener Eigenmacht voraus. Wegen ihrer besonderen Bedeutung und ihrer besonderen Voraussetzungen sollen sie an dieser Stelle gesondert dargestellt werden. I. Voraussetzungen Die Besitzwehr ist in § 859 Abs. 1 BGB geregelt und erlaubt es einem Opfer von verbotener Eigenmacht, Selbsthilfe auszuüben. Die Regelung stellt einen Spezialfall der Notwehr gemäß § 227 BGB dar, weshalb hierbei ebenfalls die Anforderungen des § 227 Abs. 2 BGB, die Erforderlichkeit der getroffenen Maßnahmen sowie die Einschränkungen des Notwehrrechts 51 52 53

Kollhosser, JuS 1992, S. 569. Westermann/Gursky, § 23. Brehm/Berger, Rn. 4.7; Westermann/Gursky, § 24 II 1.

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bei krassem Missverhältnis der beteiligten Rechtsgüter, zu beachten sind.54 Obwohl § 859 Abs. 1 BGB allgemein auf jegliche Form der verbotenen Eigenmacht abstellt, ist die Vorschrift jedoch nur auf Selbsthilfe gegen Besitzstörungen und nicht bei Besitzentziehungen anwendbar, da für letztere in § 859 Abs. 2 und 3 BGB besondere, weitergehende Anforderungen festgeschrieben sind. Die Gewaltrechte gegenüber Besitzentziehungen aus § 859 Abs. 2 und 3 BGB werden gemeinhin als Besitzkehr bezeichnet. Sie ermöglichen eine echte Selbsthilfe, also die Verwirklichung eines Anspruchs mittels privater Gewalt.55 Das Recht zur Besitzkehr muss gerade im Interesse des Rechtsfriedens restriktiv gehandhabt werden, ansonsten käme der „Rechtsfrieden nämlich nie zur Ruhe“.56 Zudem verbleibt nach Beendigung des Rechts zur Besitzkehr die Möglichkeit, den Anspruch aus § 861 BGB geltend zu machen.57 In § 859 Abs. 2 und 3 BGB werden für die Gewaltrechte im Fall der Entziehung beweglicher und unbeweglicher Sachen jeweils unterschiedliche Voraussetzungen getroffen. Beiden Vorschriften ist gemeinsam, dass hier ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zur verbotenen Eigenmacht als zusätzliche Voraussetzung gegenüber den Besitzschutzansprüchen notwendig ist.58 Indes ist der Maßstab diesbezüglich nicht so streng, wie man vielleicht vermuten könnte. So werden dem Selbsthilfeberechtigten eine Informations- und Überlegungsfrist wie auch gewisse Vorbereitungshandlungen durchaus zugestanden. Allerdings beginnt die Frist bereits mit der Besitzentziehung zu laufen und nicht erst mit Kenntnisnahme hiervon durch den Selbsthilfeberechtigten.59 Für bewegliche Sachen bestimmt § 859 Abs. 2 BGB, dass der Täter der verbotenen Eigenmacht auf frischer Tat betroffen worden sein muss. Hieraus folgt, dass (unstreitig) ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen verbotener Eigenmacht und Selbsthilfemaßnahme notwendig ist, wobei die hierfür maßgebliche Grenze insgesamt „schwer zu bestimmen“ ist.60 Das bedeutet, dass die Besitzkehr unmittelbar bei oder alsbald nach der verbotenen Eigenmacht erfolgen, die Verfolgung seitens des Täters also unverzüg54 Brehm/Berger, Rn. 4.8; Dilcher, S. 32; Westermann/Gursky, § 23 2; Wieling, Sachenrecht I, § 5 III 1 a. 55 Dilcher, S. 32. 56 Westermann/Gursky, § 23 3. 57 Westermann/Gursky, § 23 3. 58 Vgl. Lopau, JuS 1980, S. 502; Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 457. 59 Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 458. 60 MüKomm/Joost, § 859, Rn. 13.

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lich vorgenommen werden muss, wobei notwendige Vorbereitungsmaßnahmen noch als zulässig erachtet werden.61 Bei der Besitzkehr von unbeweglichen Sachen (sog. Entsetzung) ist nach § 859 Abs. 3 BGB die zusätzliche Anforderung zu beachten, dass die Wiedererlangung des Besitzes sofort nach der Besitzentziehung erfolgen muss. Hierbei ist in zeitlicher Hinsicht ein engerer Maßstab anzulegen als im Rahmen von § 859 Abs. 2 BGB, und es ist – im Gegensatz zum Begriff der Unverzüglichkeit i. S. v. § 121 Abs. 1 BGB – ein rein objektiver Maßstab zugrunde zu legen, so dass subjektive Umstände, wie zum Beispiel das Verschulden, hier keine Rolle spielen.62 Deshalb bedeutet sofort auch so schnell wie objektiv möglich, wobei dem Selbsthilfe Ausübenden notwendige Vorbereitungsmaßnahmen oder Verhandlungen mit dem Störer zugebilligt werden.63 § 849 Abs. 4 BGB sieht schließlich vor, dass die Gewaltrechte wie auch die Ansprüche aus §§ 861 und 862 BGB ebenfalls gegenüber einem Rechtsnachfolger geltend gemacht werden können, welcher schließlich auch die Fehlerhaftigkeit des Besitzes nach § 858 Abs. 2 BGB gegen sich gelten lassen muss. Nach der bereits erwähnten Vorschrift des § 860 BGB ist es auch dem Besitzdiener, der vom Gesetz an sich nicht als Besitzer betrachtet wird64, gestattet, bestimmte Gewaltrechte auszuüben. Hierfür sprechen schon pragmatische Erwägungen, da der Besitzdiener aufgrund seiner Sachherrschaft nämlich entsprechende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Sache haben wird und die Ausübung der Gewaltrechte auch dem Interesse des Besitzherrn entspricht. Deshalb bezweckt das Selbsthilferecht nicht den Schutz des Besitzdieners, sondern es wird dem Besitzdiener lediglich eingeräumt, damit er es als Recht des Besitzherrn zu dessen Gunsten ausüben kann.65 Damit versteht es sich auch von selbst, dass der Besitzdiener die Gewaltrechte nicht zum Nachteil des oder sogar gegenüber dem Besitzherrn ausüben darf. Der Besitzherr hingegen kann gegen einen Besitzdiener sowohl Selbsthilfeals auch Besitzschutzansprüche geltend machen, sofern sich dieser zum Besitzer der Sache aufschwingt, um diese für sich selbst zu nutzen.66 61 Erman/Lorenz, § 859, Rn. 4 m. w. N.; Palandt/Bassenge, § 859, Rn. 3; Soergel/ Stadler, § 859, Rn. 7; Staudinger/Bund, § 859, Rn. 17. 62 Unstreitig, vgl. nur Erman/Lorenz, § 859, Rn. 4; MüKomm/Joost, § 859, Rn. 14; Soergel/Stadler, § 859, Rn. 8; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 57; Westermann/ Gursky, § 23 3. 63 Brehm/Berger, Rn. 4.8; Kollhosser, JuS 1992, S. 568/569; Palandt/Bassenge, § 859, Rn. 4. 64 Siehe Zweiter Teil, § 6 D. IV. 65 Es handelt sich folglich um eine Ausübungsbefugnis, vgl. Palandt/Bassenge, § 860, Rn. 1. 66 Prütting, Rn. 69; vgl. zu diesem Aufschwingen auch Wilhelm, Rn. 971.

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II. Ausübung der Gewaltrechte durch den mittelbaren Besitzer? In der älteren Literatur wird teilweise vertreten, dass dem mittelbaren Besitzer Gewaltrechte gegen jedermann zustehen, also gegen jeden Dritten wie auch gegen den unmittelbaren Besitzer. Als Argument hierfür spreche, dass das Verbot der Eigenmacht aus § 858 BGB die „Nutzungserwartung“ des unmittelbaren Besitzers, d.h. dessen berechtigte Erwartung, die Sache nutzen zu können, nur in dem durch das Besitzmittlungsverhältnis gezogenen Rahmen schützt, weshalb beispielsweise der Mieter einer Sache nicht berechtigt ist, diese zu zerstören.67 Die genannte Ansicht ermangelt jedoch einer rechtlichen Grundlage. Allein das Bestehen eines bestimmten Interesses ist noch nicht geeignet, einen rechtlichen Anspruch zu begründen. Folglich muss an dieser Stelle versucht werden, eine Lösung aus den Vorschriften über den possessorischen Besitzschutz sowie aus deren Sinn und Zweck zu gewinnen. Gewaltrechte des mittelbaren Besitzers bestehen zunächst allenfalls gegenüber Dritten und keinesfalls gegenüber dem Besitzmittler. Dieser ist nämlich selbst unmittelbarer Besitzer und damit berechtigt, die Gewaltrechte auszuüben. Folglich ist der mittelbare Besitzer, der gegen den Besitzmittler vorgehen möchte, darauf verwiesen, mit Hilfe der schuldrechtlichen Ansprüche aus dem Besitzmittlungsverhältnis gegen den unmittelbaren Besitzer vorzugehen. Im Verhältnis zu Dritten werden dem mittelbaren Besitzer teilweise Gewaltrechte zugestanden, sofern gegenüber dem unmittelbaren Besitzer verbotene Eigenmacht verübt wurde.68 Hierfür wird angeführt, dass der mittelbare Besitzer in diesem Fall letztlich „eine Voraussetzung seines eigenen Rechtsguts verteidige“69, so dass es folglich auch geboten scheine, ihm die in § 859 BGB geregelten Gewaltrechte zuzusprechen. Zudem sei auch aus § 869 BGB, der dem mittelbaren Besitzer die Besitzschutzansprüche aus § 861 BGB und aus § 862 BGB gewährt, kein gegenteiliges Ergebnis herzuleiten, es sei nämlich unklar, ob § 869 BGB den Besitzschutz des mittelbaren Besitzers erschöpfend regle.70 Schließlich entspreche es auch dem Erhaltungsinteresse des mittelbaren Besitzers, dass der Besitzmittler die Gewaltrechte nach § 859 BGB geltend machen kann.71 Weiterhin sei der Dritte, der verbotene Eigenmacht ausübt, ohnehin nicht schutzwürdig.72 67 Heck, § 8, 3; so im Ergebnis auch Bekker, JherJB 34, (1895), S. 68 und von Wendt, AcP 87 (1887), S. 56 ff. 68 Palandt/Bassenge, § 869, Rn. 1/2; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 4, Rn. 30. 69 Staudinger/Bund, § 869, Rn. 2. 70 Staudinger/Bund, § 869, Rn. 2. 71 Soergel/Stadler, § 869, Rn. 3. 72 Westermann/Gursky, § 26 III 2.

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Demnach sei § 869 BGB als Ausprägung des allgemeinen Rechts der Notwehr und Nothilfe weit und über seinen Wortlaut hinaus auszulegen.73 Einer vermittelnden Auffassung zufolge stehen dem mittelbaren Besitzer aufgrund einer analogen Anwendung von § 869 BGB Besitzschutzansprüche zu, wenn der Besitzmittler diese nicht geltend machen will oder kann.74 So normiere § 869 BGB die Besitzschutzmöglichkeiten des mittelbaren Besitzers nicht abschließend, da sich die Vorschrift in erster Linie mit der inhaltlichen Ausrichtung der possessorischen Besitzschutzansprüche beim mittelbaren Besitz befasse. Daneben betreffe eine Besitzstörung gegenüber dem unmittelbaren Besitzer immer auch den Besitz als Ganzes, also auch den mittelbaren Besitzer und dessen Integritätsinteresse.75 Daher gebiete der lückenlose Besitzschutz zumindest die teilweise analoge Anwendung von § 859 BGB. So dürfe zum Beispiel der mittelbare Besitzer bei verbotener Eigenmacht gegenüber dem unmittelbaren Besitzer in dessen Abwesenheit Gewaltrechte im Interesse des unmittelbaren Besitzers ausüben.76 Gegen eine großzügige Auslegung oder analoge Anwendung von § 869 BGB spricht zunächst der systematische Umkehrschluss, dass § 869 S. 1 BGB gerade nicht auf § 859 BGB verweist, dafür aber auf die §§ 861, 862 BGB.77 Folglich regelt § 869 BGB abschließend den Schutz des mittelbaren Besitzers, und der mittelbare Besitzer kann nicht die Gewaltrechte aus § 859 BGB für sich in Anspruch nehmen. Zu diesem Ergebnis gelangt auch Wieling, zumal der mittelbare Besitz nach der Auffassung Wielings nur eine Fiktion und eben nicht mit tatsächlicher Gewalt über die Sache gleichzusetzen ist.78 Aus diesem Grund könne der mittelbare Besitz überhaupt nicht durch verbotene Eigenmacht angegriffen werden und auch der Zweck des Besitzschutzes, der im Schutz der tatsächlichen Gewalt liegt, greife hier gerade nicht.79 Wieling leitet jedoch Gewaltrechte des mittelbaren Besitzers aus dem allgemeinen Notwehr- und Nothilferecht des § 227 Abs. 1 BGB ab; das Recht zur Besitzwehr sei nämlich ohnehin nur dessen gesetzlich geregelter Unterfall. Außerdem könne ein Dritter für einen anderen das Selbsthilferecht aus § 859 Abs. 2 und 3 BGB in Geschäftsführung ohne 73

Soergel/Stadler, § 869, Rn. 3. Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 62. 75 Lopau, JuS 1980, S. 503. 76 Baur/Stürner, § 9, Rn. 23; ähnlich Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 34/35. 77 Erman/Lorenz, § 869, Rn. 4; MüKomm/Joost, § 869, Rn. 6; Müller, Rn. 139a und 154a; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 53. 78 Hierzu bereits oben (Zweiter Teil, § 6 D. III. 1.). 79 Wieling, Sachenrecht, S. 81; Wieling, Sachenrecht I, § 6 IV 2: Nach Auffassung von Wieling kann der mittelbare Besitzer allerdings wie auch jeder Dritte Gewaltrechte als besondere Regelung des allgemeinen Notwehr- bzw. Nothilferechts nach § 227 Abs. 1 BGB für den unmittelbaren Besitzer ausüben. Hierzu sogleich unter III. 74

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Auftrag ausüben.80 Ähnlich argumentiert Petersen, nach dessen Ansicht der mittelbare Besitzer die Gewaltrechte nach § 859 BGB zumindest dazu ausüben kann, um die Sache dem Besitzmittler zurückzuführen.81 Auch Stimmen, die im mittelbaren Besitz nach § 868 BGB keine Fiktion erblicken, sondern eine vergeistigte Sachherrschaft, gelangen zu demselben Ergebnis, indem sie betonen, dass sich der Angriff nur gegen die tatsächliche Sachherrschaft, nicht aber gegen die vergeistigte richte. Diese sei für den Rechtsverkehr ohnehin nicht erkennbar, § 859 BGB sei hingegen schon aufgrund seiner Befriedungsfunktion auf die tatsächlichen Verhältnisse zugeschnitten.82 Zudem bestehe für einen erweiterten Schutz des mittelbaren Besitzers kein praktisches Bedürfnis, da der mittelbare Besitzer bereits durch das allgemeine Selbsthilferecht aus § 229 BGB sowie durch den Rechtfertigungsgrund der Notwehr bzw. Nothilfe aus § 227 Abs. 1 BGB hinreichend geschützt sei.83 Diese Verneinung von Gewaltrechten des mittelbaren Besitzers überzeugt. Hierfür spricht nicht nur der Umkehrschluss aus § 869 BGB dahingehend, dass diese Vorschrift abschließend die Besitzschutzrechte des mittelbaren Besitzers regelt und diesem keine Gewaltrechte einräumt. Die Gewaltrechte aus § 859 BGB stehen nur dem unmittelbaren Besitzer sowie dem Besitzdiener gemäß § 860 BGB zu, weil diese gerade Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft sind und nur dieses tatsächliche Verhältnis durch das Gesetz im Rahmen der Gewaltrechte als schützenswert erachtet wird. Daneben ergeben sich keine Besitzschutzlücken, da der mittelbare Besitzer das allgemeine Selbsthilfe- bzw. Notwehr- oder Nothilferecht nach §§ 227 Abs. 1, 229 BGB im Interesse des unmittelbaren Besitzers ausüben kann, wobei im Innenverhältnis zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitzer die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) Anwendung finden. Hierbei handelt es sich aber nicht um besondere Befugnisse des mittelbaren Besitzers in seiner Eigenschaft als solchem. III. Ausübung der Gewaltrechte durch Dritte? Weiterhin stellt sich die Frage, ob nicht unter bestimmten Voraussetzungen jeder Dritte die Gewaltrechte aus § 859 BGB ausüben kann, mithin 80

Wieling, Sachenrecht I, § 5 III 1 B und § 6 IV 2. Petersen, Jura 2002, S. 163. 82 MüKomm/Joost, § 869, Rn. 7. 83 Bamberger/Roth/Fritzsche, § 869, Rn. 8; Erman/Lorenz, § 869, Rn. 4; MüKomm/Joost, § 869, Rn. 8; gegen eine Selbsthilfe des mittelbaren Besitzers nach § 859 BGB sprechen sich ebenfalls aus: OLG Freiburg JZ 1952, 334 (334); Wieling, Sachenrecht, S. 63; Wilhelm, Rn. 535; Wolf, Sachenrecht, S. 76. 81

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auch Personen, welche in keinerlei Besitzbeziehung zu der betreffenden Sache stehen. Nach allgemeiner Auffassung dürfen Dritte grundsätzlich nur dann Gewaltrechte ausüben, wenn sie der Besitzer hierzu aufgefordert hat. Ansonsten sind Dritte auf die Ausübung des allgemeinen Nothilferechts aus § 227 Abs. 1 BGB verwiesen.84 Sofern Dritte ihnen zustehende Gewaltrechte im Interesse des unmittelbaren Besitzers ausüben, kommen im Innenverhältnis die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag zur Anwendung.85 Nach Auffassung von Grothe ist im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag danach zu differenzieren, ob der Dritte im Lager des Selbsthilfeberechtigten steht. Sei dies der Fall, könne dieser zugunsten des Besitzers Selbsthilfe ausüben, wenn nicht dessen Wille entgegensteht, da hier kein eigenmächtiges Eindringen in eine fremde Herrschaftssphäre gegeben sei. Sonstige Personen könnten hingegen nur bei Zustimmung durch den Geschäftsherrn Selbsthilfe ausüben.86 Diese Differenzierung nach der sog. Lagertheorie findet jedoch zum einen keine gesetzliche Stütze, zum anderen verkennt sie, dass das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag bereits dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn hinreichend Rechnung trägt. So ergibt sich schon aus § 677 BGB, dass eine Handlung, die dem ausdrücklich erklärten Willen oder dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn zuwiderläuft, keinesfalls eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag darstellen kann87, weshalb in diesem Fall grundsätzlich auch nicht deren Rechtsfolgen, insbesondere der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers aus § 683 BGB, eintreten. Etwas anderes gilt bei einer Geschäftsanmaßung nach § 687 Abs. 2 BGB nur für den Fall, dass der Geschäftsherr die Geschäftsführung genehmigt, wodurch ebenfalls die Rechtsfolgen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag eintreten. Folglich entsprechen die von Grothe beschriebenen Rechtsfolgen exakt der Wertung der §§ 677 ff. BGB. Hierdurch entpuppt sich das von ihm eingeführte nebulöse Lagerkriterium als entbehrlich, maßgeblich sind vielmehr die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 677 ff. BGB.

C. Petitorischer Besitzschutz, § 1007 BGB Der sog. petitorische Besitzschutz aus § 1007 BGB gewährt dem Besitzer Besitzschutzmöglichkeiten, welche – wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen – zusätzlich zum possessorischen Besitzschutz geltend ge84 Siehe nur Staudinger/Bund, § 859, Rn. 3; zur abweichenden Auffassung Wielings siehe bereits oben (unter II.). 85 Vgl. Soergel/Fahse, § 229, Rn. 9 m. w. N. 86 MüKomm/Grothe, § 229, Rn. 2. 87 Eine Ausnahme trifft insofern § 679 BGB.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

macht werden können und sich teilweise auch mit diesem überschneiden. Im Rahmen von § 1007 BGB sind petitorische Einwendungen zugelassen. Folglich ist der Anspruch im Gegensatz zum possessorischen Besitzschutz auf eine endgültige Klärung der Streitsache ausgerichtet.88 Allerdings gilt § 1007 BGB nach seinem klaren Wortlaut nur für bewegliche Sachen.89 Die Vorschrift umfasst nach einer Auffassung mit § 1007 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zwei selbständige Anspruchsgrundlagen.90 Es ist jedoch auch die Betrachtungsweise möglich, dass § 1007 Abs. 1 und 2 BGB eine einzige Anspruchsgrundlage mit zwei alternativen Tatbeständen darstellen.91 Praktische Auswirkungen haben die unterschiedlichen Betrachtungsweisen aber nicht, zumal unstreitig ist, dass sich § 1007 Abs. 3 BGB sowohl auf § 1007 Abs. 1 BGB als auch auf § 1007 Abs. 2 BGB bezieht. I. Funktion Im Gegensatz zum possessorischen Besitzschutz ist sowohl die Frage nach dem Sinn und Zweck als auch nach dem Schutzgegenstand des § 1007 BGB nicht einfach zu beantworten. Vielfach wird davon ausgegangen, der Vorschrift komme aufgrund ihres kleinen Anwendungsbereichs nur eine geringe Bedeutung zu.92 Sie habe vor allem Auffangcharakter und sei lediglich relevant in Fällen, in denen sowohl Herausgabeansprüche aus materiellem Recht als auch der possessorische Besitzschutz versagen.93 Obwohl § 1007 BGB als Anspruchsgrundlage praktisch von geringerem Gewicht ist94 als zum Beispiel § 985 BGB und § 861 BGB und im Vergleich hierzu relativ kompliziert formuliert ist, kommt der Vorschrift dennoch aufgrund ihrer besonderen Voraussetzungen neben anderen Anspruchsgrundlagen ein eigener Bedeutungsgehalt zu.95 Sie bietet beispielsweise eine Anspruchsgrundlage, sofern ein Eigentümer seinen Pkw längerfristig in einem Autohaus unter88

Baur/Stürner, § 9, Rn. 30. Dem steht auch nicht die Entscheidung des BGH in BGHZ 7, 208 entgegen, diese hat vielmehr Ausnahmecharakter; vgl. Baur/Stürner, § 9, Rn. 27; Jauernig/ Jauernig, § 1007, Rn. 1; Petersen, Jura 2002, 160 (164). 90 Herrschende Meinung, siehe nur MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 20; Palandt/ Bassenge, § 1007, Rn. 2; Soergel/Münch, § 1007, Rn. 4. 91 Vgl. Müller, Rn. 184. 92 Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1007, Rn. 1. 93 Baur/Stürner, § 9, Rn. 27; Brehm/Berger, Rn. 4.28.; Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 26; insofern gelte das Sprichwort, im Reich der Blinden sei der Einäugige König; vgl. auch Kollhosser, JuS 1992, S. 571 m. w. N.; kritisch auch MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 1 ff. 94 Vgl. hierzu MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 1 ff. 95 So auch Müller, Rn. 183, der vor allem betont, dass § 1007 BGB nur wenige Einwendungsmöglichkeiten bietet. 89

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stellt und ein dort angestellter Monteur den Pkw heimlich an einen Dritten veräußert. In dieser Situation hat das Autohaus weder Ansprüche aus § 985 BGB (mangels Eigentümerstellung) noch aus § 861 BGB, da der Käufer keine verbotene Eigenmacht begangen hat und er vermutlich auch nicht diejenige des Mechanikers nach § 858 Abs. 2 S. 2 BGB gegen sich gelten lassen muss. Das Autohaus ist folglich auf einen Anspruch aus § 1007 Abs. 1 oder 2 BGB angewiesen. Dabei scheidet der Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB freilich ebenfalls aus, wenn der Käufer keine Kenntnis von der verbotenen Eigenmacht des Monteurs hat, da in diesem Fall eine Gutgläubigkeit des Käufers im Hinblick auf das Besitzrecht des Monteurs nahe liegt, so dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1007 Abs. 1 BGB nur noch ein Anspruch aus § 1007 Abs. 2 BGB in Betracht kommt.96 Aus dem Blickwinkel des § 1007 BGB scheint die von der herrschenden Meinung herangezogene analoge Anwendung von § 985 BGB97 entbehrlich zu sein, um eine Vindikation im Fall eines Anwartschaftsrechts zu ermöglichen. Der Anwartschaftsberechtigte kann nämlich den Besitz bereits nach § 861 BGB oder nach § 1007 BGB herausverlangen98, sofern er diesen nicht freiwillig weggegeben hat.99 Diese beiden Vorschriften vermitteln ihm gleichermaßen einen Anspruch gegen jeden aktuellen Besitzer, unabhängig davon, ob schuldrechtliche Beziehungen zu diesem bestehen. Folglich handelt es sich um einen Anwendungsfall von § 1007 BGB, der eben analog zu § 985 BGB konzipiert ist. Zudem zeigt der umständliche dogmatische Begründungsversuch der herrschenden Meinung, dass die Konstruktion des Anwartschaftsrechts rechtlich in keiner Weise gewinnbringend ist.100 96

Beispiel aus Baur/Stürner, § 9, Rn. 28. Siehe nur Baur/Stürner, § 59, Rn. 3; Erman/Ebbing, § 985, Rn. 8; Jauernig/ Jauernig, § 929, Rn. 57; Soergel/Stadler, § 985, Rn. 10. 98 Im Immobiliarbereich (also vor allem beim Anwartschaftsrecht bei der Grundstücksübereignung in der Zeit zwischen Kaufvertragsabschluss, dinglicher Einigung und Auflassung) ist § 1007 BGB zwar nicht anwendbar, es greift aber § 861 BGB und es kann von einer konkludenten Ermächtigung des Erwerbers zum Geltendmachen von § 985 BGB ausgegangen werden, vgl. MüKomm/Baldus, § 985, Rn. 5. Gegen eine analoge Anwendung und für die Möglichkeit der Ermächtigung des Vorbehaltskäufers, den Anspruch aus § 985 BGB geltend zu machen, spricht sich auch RGRK/Pikart, § 985, Rn. 5 aus, mit der zutreffenden Begründung, hierdurch würden Wertungswidersprüche vermieden, der Herausgabeanspruch sei nämlich mit dem Eigentum verbunden und stehe deshalb nicht zwei Personen gleichzeitig zu. Ebenso auch Staudinger/Gursky, Vorbem. §§ 985–1007, Rn. 6 m. w. N. zur herrschenden Meinung: Der Vorbehaltskäufer sei einerseits durch Besitzschutzansprüche hinreichend geschützt, andererseits ergebe sich zumeist durch Vertragsauslegung eine Ermächtigung zur Geltendmachung des Vindikationsanspruchs des Vorbehaltsverkäufers. 99 Hierauf weist Soergel/Stadler, § 985, Rn. 10 zu Recht hin. 100 Hierzu schon oben (Erster Teil, § 3 C. VI.). 97

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Daneben kann § 1007 BGB in Konstellationen an Attraktivität gewinnen, in denen dem Anspruchsteller der Eigentumsnachweis oder der Beweis der verbotenen Eigenmacht nicht gelingt, so dass er nicht mit Erfolg Ansprüche aus § 985 BGB oder aus §§ 861, 862 BGB geltend machen kann. § 1007 BGB bietet in solchen Fällen endgültigen Rechtsschutz und geht somit über die vorläufigen possessorischen Ansprüche hinaus. Der Schutzgegenstand von § 1007 BGB wird nicht einheitlich beurteilt. Der Befund, die Vorschrift schütze als petitorischer Besitzschutzanspruch im Gegensatz zu den possessorischen Besitzschutzansprüchen nicht den Besitz, sondern das (bessere) Recht zum Besitz101, ist insofern falsch, als ein Recht zum Besitz i. S. v. § 986 Abs. 1 BGB weder im Rahmen von § 1007 Abs. 1 BGB noch von § 1007 Abs. 2 BGB eine Rolle spielt. Nach § 1007 Abs. 1 BGB wird allenfalls der gutgläubige Besitzer gegenüber dem bösgläubigen bevorzugt, bzw. es erhält derjenige Besitzer eine Vorrangstellung, dem die Sache abhanden gekommen ist, vgl. § 1007 Abs. 2 BGB.102 Das Recht zum Besitz ist im Rahmen von § 1007 BGB sehr wohl von Bedeutung, nämlich über die Verweisung auf § 986 Abs. 1 BGB in § 1007 Abs. 3 S. 2 BGB. Diese bewirkt, dass der Herausgabeanspruch aus § 1007 Abs. 1 bzw. aus Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, sofern der Besitzer sich gegenüber dem Anspruchsteller auf ein Recht zum Besitz berufen kann. Die Verweisung stellt insofern eine Parallele zum Ausschluss des Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB nach § 986 Abs. 1 BGB dar. Im Rahmen von § 1007 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ist vor allem das Eigentum als stärkstes Recht zum Besitz von Bedeutung.103 Aus diesem Grund wird teilweise davon ausgegangen, der Normzweck von § 1007 BGB liege in dem Bestreben, die Sache zum Eigentümer zurückzuführen, und der Tatsache, dass der frühere Besitzer näher am Eigentümer ist und die Sache zu diesem zurückführen kann.104 Damit schütze die Vorschrift des § 1007 BGB eine eigentumsrechtliche Position in Gestalt eines vermuteten Rechts zum Besitz.105 Allerdings sichert die Vorschrift auch dem früheren Besitzer (ohne Recht zum Besitz) als besser Berechtigtem im Vergleich zum jüngeren Besitzer eine Berechtigung an der Sache in Form eines Herausgabeanspruchs106, nämlich dann, wenn der Anspruchsgegner kein sonstiges Recht zum Besitz 101

Wieling, Sachenrecht I, § 5 I c. MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 9. 103 Insofern ist die Erwähnung des Eigentums nur in § 1007 Abs. 2 BGB und nicht in § 1007 Abs. 1 BGB auch irreführend, vgl. Petersen, Jura 2002, S. 164. 104 MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 9. 105 Wilhelm, Rn. 530/531. 106 Baur/Stürner, § 9, Rn. 27; Petersen, Jura 2002, S. 164; Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 457; Schreiber, Jura 1993, S. 440; Soergel/Münch, § 1007, Rn. 1; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 67; Wilhelm, Rn. 530; Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1007, 102

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über §§ 1007 Abs. 3 S. 2 BGB i. V. m. 986 Abs. 1 BGB geltend machen kann. Folglich gibt § 1007 BGB dem Besitzer in erster Linie einen Anspruch auf Herausgabe der Sache, der seine Grundlage im Besitz selbst und nicht in (anderen) obligatorischen oder dinglichen Rechten hat und gewissermaßen ein „Recht zum Besitz aus Besitz“ darstellt.107 Diese Qualifizierung als „Recht zum Besitz aus Besitz“ stellt aber eine sinnlose Leerformel dar, da § 1007 BGB dem früheren Besitzer zwar einen Herausgabeanspruch, nicht aber ein Recht zum Besitz – etwa im Sinne von § 986 BGB oder ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB – einräumt, das über einen Herausgabeanspruch hinausgeht. Hieraus kann die im Übrigen rein akademische Frage, ob § 1007 BGB den Schutz des Eigentums bezweckt, einfach beantwortet werden. Sicherlich kommt dem Eigentümer die Vorschrift des § 1007 BGB zugute, da sie ihm möglicherweise selbst einen Anspruch gewährt oder zumindest die Sache näher an den besser Berechtigten (und damit indirekt an den Eigentümer) heranbringt. Der Besitzschutz ist in gewisser Weise eine Form des Eigentumsschutzes. Allerdings greift dies als alleinige Begründung zu kurz, kann doch möglicherweise auch ein Mieter aus besserem Recht zum Besitz gegen den Eigentümer aus § 1007 BGB vorgehen. Demnach bleibt festzuhalten, dass § 1007 BGB letztlich das bessere Recht zum Besitz schützt, welches sich aus einer petitorischen Berechtigung, aber auch aus früherem Besitz ergeben kann. II. Der Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB Der Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB erfordert zunächst, dass der Anspruchsteller früherer Besitzer der beweglichen Sache gewesen ist. Hierfür sind alle Besitzformen ausreichend, also auch der Mitbesitz sowie der mittelbare und der durch einen Besitzdiener vermittelte Besitz. Gleichfalls ist unerheblich, ob der frühere Besitz rechtmäßig bestanden hat.108 Weitere Voraussetzung der Vorschrift ist seitens des Anspruchsgegners die Bösgläubigkeit im Hinblick auf sein Recht zum Besitz bei Besitzerwerb. Aus diesem Erfordernis ergibt sich, dass es sich beim Anspruchsgegner um einen unberechtigten Besitzer handeln muss, denn hätte dieser eine Besitzberechtigung gehabt, würde sich die Frage der Bösgläubigkeit von vornherein nicht stellen.109 Der Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB hat vor allem deshalb in der Rn. 1 m. w. N. betont, die Vorschrift sei sachlich den §§ 854 ff. BGB zuzuordnen und gelte aufgrund ihrer Unklarheiten als „eher misslungen“. 107 Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 69. 108 Siehe nur MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 15/16 m. w. N.; Palandt/Bassenge, § 1007, Rn. 2. 109 Müller, Rn. 195.

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Praxis eher geringe Bedeutung gegenüber dem aus § 985 BGB, weil der Beweis der Bösgläubigkeit des Anspruchsgegners in der Praxis schwer fallen wird, auch wenn der Anspruchsteller nicht sein Eigentum beweisen muss.110 III. Der Anspruch aus § 1007 Abs. 2 BGB Im Rahmen von § 1007 Abs. 2 BGB wird auf die Bösgläubigkeit des Anspruchsgegners verzichtet, stattdessen aber darauf abgestellt, dass die betreffende Sache ihrem früheren Besitzer abhanden gekommen ist. Neben den ausdrücklich genannten Fällen der gestohlenen oder verloren gegangenen Sache trifft dieses Abhandenkommen in sonstiger Weise, wie auch im Rahmen von § 935 Abs. 1 BGB, auf jeden unfreiwilligen Verlust des unmittelbaren Besitzes zu.111 Der Anspruch aus § 1007 Abs. 2 BGB ist nach § 1007 Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlossen, wenn dem Anspruchsgegner der Eigentumsnachweis gelingt oder er darlegt, dass ihm die Sache seinerseits zuvor abhanden gekommen war. Auch dies ist Ausprägung des Grundsatzes, dass § 1007 BGB das bessere Recht zum Besitz oder aber den früheren Besitz bevorzugt. Zudem findet § 1007 Abs. 2 BGB nach Maßgabe von § 1007 Abs. 2 S. 2 BGB keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere. Dieser der Wertung in § 935 Abs. 2 BGB und § 1006 Abs. 2 S. 2 BGB entsprechenden Bestimmung, die ebenfalls Geld und Inhaberpapiere aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt, liegt ebenfalls der Gedanke zugrunde, dass bei dieser Art von Sachen der Rechtsverkehr vorrangig vor dem Bestandsschutz des Eigentümers zu schützen ist.112 IV. Anspruchsausschluss nach § 1007 Abs. 3 BGB Sowohl der Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB als auch der aus § 1007 Abs. 2 BGB sind nach § 1007 Abs. 3 S. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer im Zeitpunkt des Besitzerwerbs seinerseits bösgläubig gewesen ist (§ 1007 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BGB) oder der frühere Besitzer den Besitz aufgegeben hat (§ 1007 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 BGB). Eine Besitzaufgabe liegt nach § 856 Abs 1 BGB vor, wenn der Besitzer sich willentlich in je110

Lopau, JuS 1980, S. 505. Allgemeine Meinung, vgl. Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1007, Rn. 14; Erman/ Ebbing, § 1007, Rn. 10; Jauernig/Jauernig, § 1007, Rn. 3 und § 935, Rn. 2 ff.; MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 22 und MüKomm/Oechsler, § 935, Rn. 2; Palandt/Bassenge, § 1007, Rn. 10 und § 935, Rn. 3; Staudinger/Gursky, § 1007, Rn. 34 m. w. N. 112 MüKomm/Oechsler, § 935, Rn. 14. 111

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der Hinsicht besitzmäßig von der Sache gelöst hat.113 Dies ist stets zu verneinen, wenn die Sache dem früheren Besitzer abhanden gekommen war, für den mittelbaren Besitzer allerdings auch dann, wenn die Sache durch einen Besitzmittler weggegeben wurde.114 Schließlich verweist § 1007 Abs. 3 S. 2 BGB auf die §§ 986 ff. BGB. Insbesondere wird auf § 986 BGB verwiesen, und es werden hierdurch petitorische Einwendungen ermöglicht, so dass Ansprüche aus § 1007 Abs. 1 und Abs. 2 BGB beim Bestehen eines Rechts zum Besitz ausgeschlossen sind, sei dieses schuldrechtlicher oder dinglicher Natur.115 Die Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB schafft ebenfalls eine Parallele zu den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, nach denen der Besitzer ohne Besitzrecht (bzw. im Rahmen von § 1007 BGB der Besitzer mit dem schlechteren Besitzrecht) gegebenenfalls zum Nutzungs- und Schadensersatz verpflichtet oder auch zum Verwendungsersatz berechtigt ist.

D. Das Recht zum Besitz aus § 986 BGB Gemäß § 986 BGB kann der Besitzer dem Vindikationsanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB ein Recht zum Besitz entgegenhalten. Damit versagt der Vindikationsanspruch, wenn dem Besitzer der Sache ein dingliches oder obligatorisches Recht zum Besitz zusteht. Nach herrschender Meinung handelt es sich hierbei um eine Einwendung, d.h. diese ist im Prozessfall bei entsprechendem Tatsachenvortrag von Amts wegen zu berücksichtigen, ohne dass sich der Beklagte explizit hierauf berufen muss, was vor allem bei einem Versäumnisverfahren Bedeutung erlangt.116 Zwar deutet der Wortlaut der Vorschrift (Abs. 1: „kann . . . verweigern“ bzw. Abs. 2: „kann . . . entgegensetzen“) eher auf eine Einrede hin, es ist aber zu berücksichtigen, dass § 986 BGB dieselbe Funktion wie § 1004 Abs. 2 BGB erfüllt und letzterer als Einwendung formuliert ist.117 Andererseits ist das Recht zum Besitz schon konstruktiv nicht vereinbar mit einem Anspruch 113

Vgl. Palandt/Bassenge, § 856, Rn. 2. MüKomm/Baldus, § 1007, Rn. 17. 115 Müller, Rn. 206. 116 Vgl. nur Prütting, Rn. 517; Soergel/Stadler, § 986, Rn. 30; Westermann/ Gursky, § 30 I 2. 117 Kindl, JA 1996, S. 24; MüKomm/Baldus, § 986, Rn. 37; Schreiber, Jura 1992, 358; Prütting, Rn. 517; Staudinger/Gursky, § 986, Rn. 1; Westermann/Gursky, § 30 I 2 (§ 1004 Abs. 2 BGB sei insofern „präziser“ formuliert); Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 84 IV 1 (Fn. 15); aA Gröschler, AcP 201 (2001), S. 52 ff. m. w. N. (unter Bezugnahme auf die Wirkungsweise von § 986 Abs. 1 S. 1 BGB, der die Durchsetzung des Anspruchs aus § 985 BGB nur hemme, nicht aber in seiner Existenz ausschließe); RGRK/Pikart, § 986, Rn. 24 m. w. N. 114

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des Eigentümers auf den unmittelbaren Besitz, da der Herausgabeanspruch des Eigentümers im Fall des Besitzrechts bereits hierdurch zwangsläufig entfallen muss. Insofern gewährt die Vorschrift mehr als ein bloßes Leistungsverweigerungsrecht und muss daher auch rechtlich als Einwendung angesehen werden.118 In Anknüpfung an § 986 Abs. 1 BGB kann gemäß § 986 Abs. 2 BGB der Besitzer einer beweglichen Sache sein Recht zum Besitz der Sache auch einem neuen Eigentümer entgegenhalten, dem die Sache nach §§ 929, 931 BGB übereignet wurde. Dies bewirkt, dass der Besitzer die Möglichkeit der Einwendung seines Rechts zum Besitz auch bei Übereignung der Sache nicht dadurch verliert, dass er sie nur gegenüber dem alten, nicht aber gegenüber dem neuen (und damit vindikationsberechtigten) Eigentümer geltend machen kann.

E. Bereicherungsrechtlicher Schutz des Besitzes, §§ 812 ff. BGB I. Vorbemerkung Das Bereicherungsrecht enthält in den §§ 812 ff. BGB mehrere generalklauselartige Anspruchsgrundlagen. Diese regeln recht verschiedenartige Fallkonstellationen, welche allesamt der Sinn und Zweck des Bereicherungsrechts verbindet, nämlich die Abschöpfung vorhandener ungerechtfertigter Vermögensvorteile.119 Die Anspruchsgrundlagen lassen sich grob in Leistungs- bzw. Nichtleistungskondiktionen unterteilen.120 Neben den speziellen Bereicherungsansprüchen aus § 817 BGB (Bereicherungsausgleich bei Verstoß gegen das Gesetz oder die guten Sitten), ist die Leistungskondiktion in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB und § 812 Abs. 1 S. 2 BGB enthalten. Die Nichtleistungskondiktion ist als Anspruchsgrundlage einschlägig, wenn die Bereicherung gerade nicht durch Leistung, sondern in sonstiger Weise eingetreten ist, vgl. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Auch die Ansprüche bei Verfügung durch einen Nichtberechtigten aus § 816 BGB sind ein Unterfall der Nichtleistungskondiktion.121 Bei Dreipersonenverhält118 Prütting, Rn. 517; Soergel/Stadler, § 986, Rn. 30 m. w. N.; so im Ergebnis auch BGHZ 82, 13 (18); BGH NJW 1999, 3716 (3717); Erman/Ebbing, § 986, Rn. 41 m. w. N. und Palandt/Bassenge, § 986, Rn. 1. 119 Siehe nur MüKomm/Schwab, § 812, Rn. 1/2. 120 Gegen eine derartige Einteilung der Bereicherung durch Leistung bzw. der Bereicherung auf Kosten des Bereicherungsgläubigers spricht sich die sog. Einheitsformel aus, die heute kaum noch vertreten wird. Vgl. hierzu MüKomm/Schwab, § 812, Rn. 38 ff. m. w. N.

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nissen kann eine Bereicherung nur im Wege der Nichtleistungskondiktion herausverlangt werden, sofern diese Bereicherung nicht durch die Leistung eines Dritten eingetreten ist. Somit besteht in einem solchen Fall grundsätzlich ein Vorrang der Leistungskondiktion vor der Nichtleistungskondiktion, da die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung grundsätzlich innerhalb der Leistungsbeziehungen zu erfolgen hat.122 Leistung definiert die Rechtsprechung und herrschende Lehre als bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.123 Damit dient die Leistungskondiktion vor allem der Rückabwicklung fehlgeschlagener Vertragsverhältnisse, etwa wenn die Parteien den Vertrag irrtümlich für wirksam halten und aufgrund dessen Leistungen erbringen, die von ihnen hieraus nicht geschuldet sind. Die Nichtleistungskondiktion umfasst hingegen sämtliche ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, die nicht auf einer Leistung beruhen. Hierbei kann man je nach Fallgestaltung zwischen der Eingriffs-, der Verwendungs- und der Rückgriffskondiktion unterscheiden. Der Unterschied ergibt sich daraus, auf welche Weise die Bereicherung eingetreten ist, nämlich entweder durch Eingriff, durch Verwendung oder durch eine nach § 267 BGB grundsätzlich zulässige Tilgung fremder Schuld durch einen Dritten.124 Im Rahmen der Eingriffskondiktion wird das Merkmal auf Kosten eines anderen nach Ansicht von Rechtsprechung und herrschender Meinung dahingehend verstanden, dass ein Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines 121 Genauer gesagt ein Sonderfall der Eingriffskondiktion, vgl. nur Palandt/Sprau, § 816, Rn. 1 und § 812, Rn. 38. 122 BGHZ 40, 272 (278); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 38, Rn. 1/2; Loewenheim, S. 76 ff. m. w. N. zu den Besonderheiten beim Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis. 123 Ständige Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGHZ 40, 272 (277) und BGHZ 58, 184 (188) m. w. N.); Erman/Westermann, § 812, Rn. 11 m. w. N., Jauernig/Stadler, § 812, Rn. 3 m. w. N.; Palandt/Sprau, § 812, Rn. 3 m. w. N.; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 13. Nach der Gegenauffassung ist eine Zweckbestimmung des Leistenden gerade nicht nötig, so dass eine Bestimmung der Parteien des Bereicherungsausgleichs (welche vor allem bei Mehrpersonenverhältnissen wichtig ist) durch Hinzulesen des Merkmals auf dessen Kosten erfolgen muss, das ansonsten bloß im Rahmen der Nichtleistungskondiktion Bedeutung erlangt, vgl. Jauernig/Stadler, § 812, Rn. 11; MüKomm/Schwab, § 812, Rn. 41 ff. m. w. N. zum Streitstand. 124 Vgl. Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 38, Rn. 8 ff. (für die Rückgriffskondiktion verbleibe ein enger Anwendungsbereich) und Loewenheim, S. 122 ff.; Palandt/Sprau, § 812, Rn. 37 und 63. Nach Wieling, Bereicherungsrecht, 47/48 m. w. N. ist die Rückgriffskondiktion hingegen ein Unterfall der Leistungskondiktion, da der Dritte an den Schuldner leiste, um einen Ersatzanspruch gegen ihn zu erlangen. Mit der herrschenden Meinung liegt jedoch eine Leistung des Dritten an den Gläubiger vor, da der Dritte gegenüber dem Gläubiger die Verbindlichkeit des Schuldners erfüllen möchte.

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fremden Rechts stattgefunden haben muss.125 Diese sog. Zuweisungstheorie geht davon aus, dass hierfür kein rechtswidriges Verhalten notwendig ist, sondern dass der erlangte Vermögensvorteil nach der rechtlichen Güterzuordnung nicht dem Bereicherten zugewiesen war.126 II. Streitstand zur Besitzkondiktion Nach Auffassung einiger Autoren ist eine Kondiktion des Besitzes ohne Weiteres möglich, und zwar sowohl im Rahmen der Leistungs- als auch der Nichtleistungskondiktion. Der Besitz sei nämlich, unabhängig vom Bestehen eines Rechts zum Besitz oder sonstigen zusätzlichen Voraussetzungen, ein rechtlich anerkanntes vermögenswertes Gut. Dieses sei als erlangtes Etwas im Rahmen des Bereicherungsanspruchs ausreichend.127 Zudem diene die Besitzkondiktion der erleichterten Eigentumsverfolgung, was beinhalte, dass der Besitzer als prozessuale Erleichterung lediglich seinen Besitz beweisen muss, aber keinen Nachweis über ein Recht zum Besitz zu erbringen hat.128 Rechtsprechung und herrschende Lehre hingegen differenzieren diesbezüglich zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion. Hiernach kann der Besitz stets Gegenstand einer Leistungskondiktion, aber nur Gegenstand einer Eingriffskondiktion sein, sofern ihm mittels eines Rechts zum Besitz ein gewisser Zuweisungsgehalt zukommt.129 Auch Wilhelm differenziert danach, ob der Besitz durch Leistung erworben wurde und lässt für diesen Fall die Leistungskondiktion ohne Weiteres zu. Er kommt jedoch für den Bereich der Nichtleistungskondiktion zu dem Schluss, dass hierdurch der Besitz überhaupt nicht geschützt sein soll. Im Fall der Bereicherung in sonstiger Weise sei nämlich der Schutz von Zuweisungspositionen in §§ 985, 1007 BGB abschließend geregelt und der Anspruchsteller auf diese Vorschriften und auch auf § 861 BGB verwiesen.130 Nach Auffassung von Medicus vermittelt hingegen die Nutzungsfunktion des Besitzes diesem den 125

BGHZ 82, 299 (306). Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 38, Rn. 5; Erman/Westermann/BuckHeeb, § 812, Rn. 67; MüKomm/Schwab, § 812, Rn. 244 ff. m. w. N.; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 49. Nach anderer Auffassung ist die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entscheidend, vgl. hierzu MüKomm/Schwab, § 812, Rn. 238 ff. m. w. N. 127 Erman/Westermann/Buck-Heeb, § 812, Rn. 7; Müller, Rn. 182; Kurz, S. 48 ff. 128 Klinkhammer, S. 78 ff. m. w. N. 129 BGH WM 1987, 181 (182); Baur/Stürner, § 9, Rn. 38/39; Gerhardt, Mobiliarsachenrecht, S. 28; Palandt/Bassenge, § 861, Rn. 2; Prütting, Rn. 50; Soergel/ Stadler, Vor § 854, Rn. 12; Staudinger/Lorenz, § 812, Rn. 26 und 73; Wieling, Sachenrecht I, § 5 IV 6 d; ähnlich Larenz/Canaris: Das Recht zum Besitz selbst wird kondiziert, zur Begründung siehe unten (unter F. I.). 130 Wilhelm, Rn. 538. 126

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erforderlichen Zuweisungsgehalt. Denn das Eigentum habe stets eine Ausschluss- und eine Nutzungsfunktion, der bloße Besitz hingegen nur eine Ausschlussfunktion. Wolle man aber den Besitz dem Eigentum gleichstellen, sei eben jene Nutzungsfunktion zu fordern. Diese sei beim rechtmäßigen Besitzer sowie beim unrechtmäßigen Besitzer gegeben, der aufgrund gesetzlicher Wertung der §§ 987, 988, 990, 993 Abs. 1 BGB (auf die im Übrigen § 1007 Abs. 3 S. 2 BGB verweist) gegenüber dem Eigentümer dazu berechtigt ist, die Nutzungen zu behalten.131 Gegen diese letztgenannte Auffassung spricht, dass die gesetzlichen Vorschriften der §§ 987, 988, 990, 993 Abs. 1 BGB nur eine Wertung hinsichtlich der Frage vorsehen, wer einmal gezogene Nutzungen behalten darf. Die Vorschriften gewähren darüber hinaus weder dem Besitzer einer Sache ein Recht zum Besitz, noch treffen sie überhaupt eine Aussage zu der Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der Besitz an einer Sache nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts herausverlangt werden kann. Dem Ansatz der herrschenden Meinung ist indessen beizupflichten. Der Gegenstand der Leistungskondiktion als etwas Erlangtes ist weit gefasst und liegt in jeder erdenklichen Verbesserung der Vermögenssituation.132 Der Besitz ist ein Faktum, das – ohne an sich einen Vermögenswert darzustellen – die Vermögensposition seines Inhabers verbessert und somit stets Gegenstand einer Leistungskondiktion sein kann. Die Eingriffskondiktion fordert dagegen einen Eingriff in eine fremde Rechtsposition im Sinne eines Eingriffs in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts. Ein Eingriff in die faktische Möglichkeit der Nutzung einer Sache genügt gerade nicht.133 Ein derartiger Zuweisungsgehalt ist beim Besitz vorhanden, der von einem Recht zum Besitz begleitet wird, nicht aber beim bloßen Besitz als rein tatsächlicher Nutzungsmöglichkeit. III. Rechtsfolgen Als Rechtsfolge der Bereicherungstatbestände sehen §§ 812, 818 Abs. 1 BGB vor, dass der Anspruchsgegner grundsätzlich das Erlangte zusammen mit dessen Nutzungen herauszugeben hat. Das bedeutet im Fall des Besitzes, dass er diesen dem Anspruchsteller wiedereinräumen und zudem nach der hier vertretenen Auffassung die Nutzungen der Sache herausgeben muss, also diejenigen Gebrauchsvorteile, die er als Besitzer der Sache erlangt hat.134 Erst wenn die Wiedereinräumung oder Herausgabe dem An131 132 133 134

Medicus, BGB, Rn. 607 und 709; so auch Kollhosser, JuS 1992, S. 572. Jauernig/Stadler, § 812, Rn. 8. Jauernig/Stadler, § 812, Rn. 50 ff. Vgl. Palandt/Sprau, § 818, Rn. 6 und 8 m. w. N.

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spruchsgegner unmöglich ist, was hinsichtlich der Nutzungen regelmäßig der Fall ist, sieht § 818 Abs. 2 BGB insofern die Leistung eines Wertersatzes vor. Gemäß § 818 Abs. 3 BGB steht dem Anspruchsgegner der Einwand der Entreicherung zu, das heißt, er braucht keinerlei Wertersatz mehr zu leisten, wenn bzw. soweit eine einmal bei ihm vorhandene Bereicherung später weggefallen ist.

F. Deliktischer Schutz des Besitzes Das vor allem in den §§ 823 ff. BGB normierte Deliktsrecht gewährt dem Geschädigten Schadensersatzansprüche für unerlaubte Handlungen. Ein solcher deliktischer Schutz kommt grundsätzlich auch dem Besitzer zugute. Fraglich ist jedoch in diesem Rahmen, ob der Besitz auch als solcher durch das Deliktsrecht nach § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB geschützt ist. Der Frage nach dem Besitzschutz durch diese Anspruchsgrundlagen, die beide ein Verschulden seitens des Schädigers voraussetzen, soll im Folgenden nachgegangen werden. I. Besitzschutz nach § 823 Abs. 1 BGB Mit § 823 Abs. 1 BGB wurde gerade keine allgemeine deliktische Generalklausel geschaffen, wie zum Beispiel in Art. 1382, 1383 Code civil, sondern Voraussetzung dafür ist stets die Verletzung eines der genannten Rechtsgüter (wie zum Beispiel das Eigentum) oder eines sonstigen Rechts. Hierunter fallen grundsätzlich alle dem Eigentum ähnlichen Rechte.135 Damit stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob auch der Besitz als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB eingeordnet werden kann. Diese Frage wäre pauschal zu bejahen, qualifizierte man den Besitz als absolutes dingliches Recht.136 Dies ist jedoch abzulehnen, wie oben (Zweiter Teil, § 6 B) bereits dargelegt wurde. Andere Stimmen ordnen den Besitz zwar nicht als absolutes Recht ein, argumentieren aber, der Besitz sei durch die Abwehrbefugnis aus §§ 858 ff. BGB derart mit absoluter Wirkung gegenüber Dritten geschützt, dass er eine absolute Rechtsposition darstelle und dies eine Einordnung als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB rechtfertige.137 135

Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 41, Rn. 9. Wolf, Sachenrecht, S. 45 (insbesondere Fn. 9); so im Ergebnis auch Gernhuber, Schuldverhältnis, § 3 IV 2 d und Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), S. 18 (geschützt ist jeder übertragbare und vererbliche Besitz). Nach Auffassung von Diederichsen, S. 66/67 und 87 ff. ist das Besitzrecht ein relatives Herrschaftsrecht und deshalb in jedem Fall ein sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB. In diesem Sinne ist wohl auch Rödig, S. 44 zu verstehen. 136

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Auch nach vormals ständiger Rechtsprechung stellt der Besitz zwar kein Recht dar, aber da er wie ein absolutes Recht geschützt ist, sei es angebracht, ihn als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB einzuordnen. Dies ergebe sich auch aus den Gesetzesmaterialien zum BGB.138 Zwar ist auf den ersten Blick nicht recht einzusehen, weshalb der seinerseits bestohlene Dieb rechtlichen Schutz erfahren darf, allerdings sind genauso wenig Gründe dafür ersichtlich, weshalb der einen anderen Dieb bestehlende Dieb rechtlich privilegiert werden sollte, zumal eine solche Privilegierung des Folgediebes auch beim Besitzschutz nach §§ 861, 862 BGB nicht erfolgt.139 Hierbei wird allerdings die Frage, welcher Besitz (bzw. Besitzer) konkret geschützt wird, lediglich in die Haftungsausfüllung abgeschoben, zudem wird auch die rein faktische Nutzungsmöglichkeit durch den Schadensersatzanspruch perpetuiert und der Besitzer letztlich so behandelt, als hätte er tatsächlich ein Recht zum Besitz.140 Abzulehnen ist die Ansicht von Pieper, derzufolge der Nutzungsschaden grundsätzlich jedem Besitzer zu ersetzen ist, sofern nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine Ausnahme zu machen ist.141 Diese Auffassung führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit und ist deshalb zur Durchsetzung des Gewaltverbots nicht geeignet.142 Der neueren Rechtsprechung zufolge ist der Besitz nur dann mit einem absoluten Recht und damit einem sonstigen Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB vergleichbar, wenn er von einem Recht zum Besitz gestützt wird. Dies sei vor allem deshalb sachgerecht, weil der Besitzer nur dann einen Nutzungsschaden ersetzt erhalten solle, wenn ihm auch das Recht zur Nutzung zusteht.143 Diese Auffassung entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum. Da dem Besitz ein eigener Zuweisungsgehalt gerade fehle, dürfe nur der berechtigte, also der durch ein Recht zum Besitz gestützte, Besitz ein sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB sein.144 Der berechtigte Besitzer 137 Vgl. Müller, Rn. 180; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 70. Auch nach Wieser, JuS 1970, S. 557 ff. kann der bloße Besitzer seinen Haftungs-, Verwendungs- und Zurückbehaltungsschaden ersetzt erhalten. 138 Mot. III 1 10; siehe nur RGZ 91, 60 (65/66); BGHZ 32, 194 (204/205); BGHZ 62, 243 (248). 139 Lopau, JuS 1980, S. 506. 140 MüKomm/Wagner, § 823, Rn. 158 m. w. N. 141 Pieper, FS OLG Zweibrücken, S. 254 ff. m. w. N. 142 So auch Wieser, NJW 1971, S. 599. 143 BGHZ 73, 355 (362); BGHZ 79, 232 (237 ff.); BGHZ 114, 305 (312). 144 Esser/Weyers, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 55 I 2 b; Fikentscher/Heinemann, Rn. 1568 (Die Frage, ob auch der unrechtmäßige, aber redliche und unverklagte Besitzer Schutz genießt, da dieser nach §§ 987 ff. BGB die Nutzungen behalten darf, wird von den Autoren aber ausdrücklich offen gelassen.); Gerhardt, Mobi-

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sei nämlich zum Gebrauch bzw. zur Nutzung der Sache berechtigt und habe hierdurch eine eigentümerähnliche Stellung.145 Das hiergegen vorgebrachte Argument, der Einordnung des schuldrechtlichen Gebrauchs-, Nutzungs- und Besitzrechts als sonstiges Recht stehe entgegen, dass dieses kein absolut geschütztes Herrschaftsrecht sei146, geht hingegen fehl. Abzustellen ist hierbei nicht auf das Recht an sich (dessen Schutz erst noch ermittelt werden muss), sondern auf den von diesem Recht gestützten Besitz. Nach einer weiteren differenzierenden Auffassung ist der Besitz nach § 823 Abs. 1 BGB geschützt, sofern der Besitzer die Sache „ähnlich dem Eigentümer nutzen darf und ihm Abwehrbefugnisse zustehen“.147 Dies sei aber nicht nur beim rechtmäßigen Besitz der Fall, sondern aufgrund der Wertung der §§ 987 ff. BGB zusätzlich auch beim entgeltlichen redlichen Besitz vor Rechtshängigkeit.148 Unter den Vertretern dieser Auffassung ist jedoch im Einzelnen umstritten, welche Normen es dem Besitzer erlauben, die Nutzungen an der Sache zu behalten. Während Wolf/Wellenhofer lediglich auf die nach §§ 987, 990 BGB privilegierten Besitzer abstellen149, erstreckt von Caemmerer diese Ausnahme nur auf den nach §§ 937, 1007, 955 BGB privilegierten redlichen Besitzer.150 Baur/Stürner hingegen sind der Ansicht, auch der unberechtigte Besitz sei allgemein immer dann als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB anzusehen, wenn „Rechtsnormen dem nichtberechtigten Besitzer die Nutzung zuweisen“; als Beispiele werden §§ 987 ff. BGB, aber auch §§ 721, 765a ZPO genannt.151 Hiergegen spricht jedoch, dass in den genannten Fällen das Behaltendürfen der Nutzungen für den unrechtmäßigen Besitzer lediglich eine gesetzliche „Wohltat“ als Konsequenz einer einmal bereits erfolgten Nutzung ist, liarsachenrecht, S. 27; Medicus, BGB, Rn. 607 ff.; MüKomm/Wagner, § 823, Rn. 157/158; Prütting, Rn. 49; Westermann/Gursky, § 8 4; Wieling, Sachenrecht I, § 5 IV 6 c; Wieling, FG Lübtow, S. 580/581 m. w. N. Ähnlich auch Larenz/Canaris, nach deren Auffassung allerdings das obligatorische Recht zum Besitz selbst und nicht der vom Recht zum Besitz gestützte Besitz als sonstiges Recht zu qualifizieren ist, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht, § 76 II 4 f.; Canaris, FS Flume, S. 401. In Fällen, in denen eine derartige Verdinglichung nicht stattfinde, sei jedoch die Frage relevant, ob nicht der berechtigte Besitz ebenfalls ein sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB darstelle. 145 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 41, Rn. 13. 146 Schick, 73 ff. m. w. N. 147 Jauernig/Teichmann, § 823, Rn. 16. 148 Jauernig/Teichmann, § 823, Rn. 16; Kollhosser, JuS 1992, S. 572; Medicus, AcP 165 (1965), S. 136; Röthel/Sparmann, Jura 2005, S. 460/461; Soergel/Stadler, Vor § 854, Rn. 13. 149 Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 5, Rn. 18. 150 Vgl. von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT, S. 83. 151 Baur/Stürner, § 9, Rn. 34.

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die noch nicht besagt, dass der Besitzer einen Anspruch auf die Nutzungen hat, aufgrund dessen er auch den Eigentümer der Sache auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.152 Folglich weisen die angeführten Vorschriften (§§ 937, 987 ff., 955, 1007 BGB und §§ 721, 765a ZPO) allesamt dem Besitzer die Nutzungen nicht rechtlich zu, sie erlauben ihm nur ein Behaltendürfen aufgrund seiner Redlichkeit bzw. aus Billigkeitserwägungen heraus, geben aber genau deshalb dem Besitzer bewusst kein Recht zum Besitz. Der unberechtigte Besitzer darf die Sache somit gerade nicht ähnlich einem Eigentümer nutzen. Diese gesetzliche Grundwertung darf nicht durch die Gewährung eines Schadensersatzanspruchs konterkariert werden. Damit darf unter § 823 Abs. 1 BGB nur der von einem Besitzrecht begleitete Besitz fallen. II. Besitzschutz nach § 823 Abs. 2 BGB Der Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB knüpft an eine Schutzgesetzverletzung als „Herzstück“153 an, wobei hierfür gemäß § 823 Abs. 2 S. 2 BGB ein Verschulden des Schädigers gefordert wird, sofern dieses nicht ohnehin Voraussetzung des verletzten Schutzgesetzes ist. Unter einem Schutzgesetz versteht man jede Rechtsnorm, die bestimmt ist, Individualinteressen zu dienen.154 Bei Vorliegen der Voraussetzungen der verbotenen Eigenmacht i. S. v. § 858 BGB könnte ein deliktischer Besitzschutz dadurch bestehen, dass man § 858 BGB als Schutzgesetz qualifiziert. Dies wird von Rechtsprechung und herrschender Meinung bejaht.155 Es sei nämlich ausreichend, dass der Schutz von Individualinteressen ein Nebenzweck der Vorschrift ist. Dies treffe auf § 858 BGB zu, der sowohl den öffentlichen Frieden als auch den Besitzer selbst im Erhalt seines Besitzes schützen solle.156 Zudem sei der Besitzschutz Ausprägung des Persönlichkeitsschutzes des Besitzers.157 152

BGHZ 79, 232 (238). So bezeichnend MüKomm/Wagner, § 823, Rn. 346. 154 Ständige Rechtsprechung und allgemeine Meinung, siehe nur BGHZ 40, 306 (306); BGHZ 46, 17 (23); Jauernig/Teichmann, § 823, Rn. 43/44; MüKomm/Wagner, § 823, Rn. 346; Palandt/Sprau, § 823, Rn. 56/56a/57. 155 Siehe nur BGHZ 73, 355 (362); BGHZ 114, 305 (314); Palandt/Sprau, § 823, Rn. 63; Palandt/Bassenge, § 858, Rn. 1. 156 Erman/Lorenz, § 858, Rn. 2; Honsell, JZ 1983, S. 532; Staudinger/Bund, § 858, Rn. 1; Vieweg/Werner, § 2, Rn. 71; Wieser, JuS 1980, S. 560. 157 Mittenzwei, MDR 1987, S. 886. Da nach Wieling die Legitimation des Besitzschutzes im Schutz der Persönlichkeit des Besitzers liegt, ist nach seiner Auffassung folgerichtig Schutzgut von § 858 BGB ausschließlich die Persönlichkeit und der Wille des Besitzers. Da dies gerade keine Vermögenspositionen seien, die einen Schadensersatzanspruch gewähren, könne die Einordnung von § 858 BGB als Schutz153

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Weitere Stimmen verneinen den Schutzgesetzcharakter von § 858 BGB mit dem Argument, dieser schütze lediglich Interessen der Allgemeinheit, nicht aber Individualinteressen. Zudem würden über § 823 Abs. 2 BGB die besonderen Grenzen des Besitzschutzes (wie zum Beispiel die §§ 864 und 861 Abs. 2 BGB) umgangen.158 Wie oben159 bereits dargestellt wurde, dient der Besitzschutz jedoch mehreren Zwecken, so dass neben dem Friedensschutz auch der Persönlichkeitsschutz sowie das Kontinuitätsinteresse des Besitzers zum Tragen kommen. Andere Autoren erkennen § 858 BGB richtigerweise als Schutzgesetz an, differenzieren aber hinsichtlich der Art des Besitzers. So nimmt Honsell den deliktischen Besitzer aufgrund der klaren Wertung des § 992 BGB vom Schutz nach §§ 823 Abs. 2 i. V. m. 858 BGB aus.160 Noch weitergehender möchte Schick auch im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB den Besitzschutz auf den rechtmäßigen Besitzer beschränken, zumal § 858 BGB nur insofern Schutzgesetz sei. Damit habe der nichtberechtigte Besitzer auch keinen Schaden im Rechtssinn.161 Wieser möchte nur den schutzbedürftigen Besitzer auch deliktisch schützen, wobei sie Schutzbedürftigkeit bejaht, sofern dem Besitzer durch die verbotene Eigenmacht das Eintreten eines Schadens droht.162 Diese Differenzierungen erscheinen jedoch nicht folgerichtig, da § 858 BGB für sämtliche Besitzer gilt und Fragen der Besitzberechtigung gerade ausklammert. Damit dient die Vorschrift generell dem Individualinteresse des Besitzers. Auch rechtspolitische Erwägungen, weshalb der Schutz des unberechtigten Besitzers hierbei in Kauf genommen wird (nämlich in erster Linie wegen des Friedensschutzes zugunsten der Allgemeinheit) sind insofern nicht von Bedeutung. Zum einen lässt sich der possessorische Besitzschutz nicht allein aus dem Gedanken des Friedensschutzes erklären163, zum anderen genügt es, wie oben dargestellt, dass das Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB auch dem Individualinteresse dient. Das Kriterium der Schutzbedürftigkeit aufgrund eines drohenden Schadens von Wieser ist schwammig und praktisch nicht handhabbar, zumal der Anspruch nach gesetz dahinstehen, vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 5 IV 6 c; Wieling, FG Lübtow, S. 581/582. 158 von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT, S. 83; MüKomm/Wagner, § 823, Rn. 159. So auch Soergel/Stadler, Vor § 854, Rn. 13, zu verstehen, nach dessen Auffassung Besitzschutz über §§ 823 Abs. 2 i. V. m. 858 BGB daher „eher zu verneinen“ ist (Soergel/Stadler, § 858, Rn. 1). 159 Zweiter Teil, § 6 C. I. 160 Honsell, JZ 1983, S. 535 m. w. N. 161 Schick, S. 87 ff. 162 Wieser, JuS 1970, S. 560. 163 Vgl. Zweiter Teil, § 6 C. I.

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§ 823 Abs. 2 BGB erfordert, dass ein Schaden nicht nur droht, sondern eingetreten ist. Demnach ist der herrschenden Auffassung zu folgen und § 858 BGB im Sinne eines effektiven Besitzschutzes als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen. III. Rechtsfolgen Wie § 823 Abs. 1 BGB gewährt auch § 823 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz, der nach §§ 249 ff. BGB grundsätzlich auf Naturalrestitution ausgerichtet ist.164 Als Schaden werden im Fall des deliktischen Besitzschutzes freilich nur die aus der Besitzentziehung oder -störung resultierenden Nachteile angesehen, wie insbesondere entgangene Nutzungen oder die Wertminderung der Sache.165 Zudem sind die vermögensmäßigen Nachteile aus der Besitzentziehung ersetzbar.166 Nach § 823 Abs. 1 BGB ist auch der mittelbare Besitzer geschützt, allerdings scheidet ein Besitzschutz im Verhältnis zum unmittelbaren Besitzer aus, da ihm der possessorische Besitzschutz nach §§ 861, 862 BGB ebenso verwehrt wäre. Dieses Ergebnis würde durch die Gewährung eines deliktischen Schadensersatzanspruchs konterkariert.167 Dies gilt nach der Wertung des § 866 BGB jedoch nicht für den deliktischen Besitzschutz unter Mitbesitzern. Anderer Auffassung ist insofern Medicus168, mit dem Argument, § 866 BGB müsse auch auf § 823 BGB anwendbar sein, da für eine Entscheidungsfindung stets die vertraglichen Absprachen über die Gebrauchsbefugnis der Mitbesitzer zu berücksichtigen seien. Zudem treffen Sinn und Zweck von § 866 BGB auf die Ansprüche aus § 823 BGB nicht zu; diese liegen nämlich im Ausschluss des possessorischen Besitzschutzes aufgrund der Erwägung, dass durch die Maßgeblichkeit des Verhältnisses der Mitbesitzer untereinander automatisch petitorische Erwägungen in die §§ 858 ff. BGB hineingetragen würden.169 Der deliktische Anspruch gewährt dem Besitzer jedoch nicht nur eine vorläufige, schnelle Schutzmöglichkeit, sondern soll nachträglich Schadensersatz für Rechtsverletzungen gewähren. Hierbei kann es außerdem durchaus nötig 164 Zu Einzelheiten sei auf die gängigen Lehrbücher des Allgemeinen Teils des Schuldrechts sowie auf die Kommentierungen zu §§ 249 ff. BGB verwiesen. 165 Baur/Stürner, § 9, Rn. 35 m. w. N. 166 Müller, Rn. 181. 167 BGHZ 32, 194 (203 ff.); vgl. Baur/Stürner, § 9, Rn. 36; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 41, Rn. 14. 168 Medicus, AcP 165 (1965), S. 138/139. 169 BGHZ 62, 243 (248 ff.) m. w. N.; Baur/Stürner, § 9, Rn. 36, Erman/Lorenz, § 866, Rn. 5.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

sein, auf das Innenverhältnis der Mitbesitzer abzustellen, insbesondere im Rahmen der Berechnung des konkreten Schadensumfanges.170 Folglich ist auch § 866 BGB im Rahmen von § 823 BGB anzuwenden. Teilweise wird vertreten, dass dem deliktisch geschützten Besitzer auch der quasi-negatorische Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2, 858 BGB gewährt werden soll.171 Während nämlich § 1004 BGB als sog. negatorischer Anspruch, begrifflich abgeleitet von der actio negatoria des römischen Rechts, in unmittelbarer Anwendung nur das Eigentum schützt, wendet die herrschende Meinung und Rechtsprechung im deutschen Recht § 1004 BGB analog bei rechtswidrigen Eingriffen in andere durch §§ 823 ff. BGB geschützte Rechtsgüter an. In diesen Fällen spricht man von einem quasi-negatorischen Unterlassungsanspruch.172 Ein Schutz des Besitzers durch einen quasi-negatorischen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2, 858 BGB ist jedoch abzulehnen, da sich der Schutz des Besitzers durch einen Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch bereits aus § 862 Abs. 1 BGB ergibt.173 Dieser ist an die Voraussetzung der verbotenen Eigenmacht geknüpft und erfordert eine Besitzstörung ohne Willen des Besitzers, vgl. § 858 Abs. 1 BGB. Damit sind die Anforderungen des Beseitigungs- bzw. des Unterlassungsanspruchs aus § 862 Abs. 1 BGB ohnehin geringer als die des quasi-negatorischen Unterlassungsanspruchs, der seitens des Anspruchsgegners Verschulden voraussetzt. Folglich verbleibt dem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2, 858 BGB ohnehin kein eigenständiger Anwendungsbereich, so dass stets der speziellere Anspruch aus § 862 Abs. 1 S. 2 BGB einschlägig ist.

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So auch BGHZ 62, 243 (250); aA Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 5, Rn. 19. Hierzu Vieweg/Werner, § 2, Rn. 72 m. w. N.; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 5, Rn. 18. 172 Vgl. Esser/Weyers, Gesetzliche Schuldverhältnisse, S. 257 sowie Palandt/ Sprau, Einf. vor § 823, Rn. 18/19 m. w. N. 173 Vgl. Erman/Lorenz, § 862, Rn. 1; Staudinger/Bund, § 862, Rn. 2 und Staudinger/Gursky, § 1004, Rn. 4 ff. m. w. N. (gegen die Ausdehnung des negatorischen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs durch Analogie zu den §§ 1004, 862 und 12 BGB allgemein). 171

§ 11 Englisches Recht

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§ 11 Englisches Recht A. Tort Law I. Einleitung Da das englische Recht kein besonderes System kennt, das dingliche Rechte wie das Eigentum und verwandte Rechte sowie den Besitz schützt, ist derjenige, der zum Beispiel Schutz oder Entschädigung im Hinblick auf solche Rechte begehrt, auf bestimmte Anspruchsgrundlagen aus dem Bereich des Tort Law (tort actions) angewiesen, welche gemeinhin als property torts bezeichnet werden.174 In der Geschichte des englischen Rechts gab es allerdings Ansätze dinglicher Ansprüche: Ein Schutz von proprietary rights in land erfolgte früher durch das sog. writ of right, dieses setzte sich aber nicht durch. Das Verfahren war nämlich sehr beweisaufwändig, da der Beklagte allerlei Einreden geltend machen konnte, die nicht zwangsläufig mit dem Eigentum an der Sache in Zusammenhang stehen mussten. Außerdem konnte er auch auf seinem right to battle bestehen, so dass der Anspruchsteller sich einem persönlichen Zweikampf stellen musste.175 Die sog. petty assizes beschäftigten sich hingegen von ihrem Ausgangspunkt her nicht mit dem absolute title, sondern nur mit der Frage der relativ besseren Berechtigung.176 Mit der Abschaffung sämtlicher real actions (dinglicher Klagearten) durch s. 36 Real Property Limitation Act 1833 sowie der Abschaffung der action of ejectment177 als eigenständiger Klageart durch s. 3 Common Law Procedure Act 1852178, kam es zu einem Siegeszug der Besitzschutzklagearten, die sich auf das Tort Law stützen.179 Das Tort Law umfasst im Wesentlichen die zivilrechtliche Haftung für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen.180 Allerdings stellt das Tort Law kein strukturiertes System dar, es ist vielmehr ein Oberbegriff für eine Viel174 Siehe Bridge, Personal Property, S. 14 und 47 sowie Birks, (2000) 11 K. C. L. J., S. 7: „But it still remains the case that the right on which the claimant is immediately insisting is not this ownership of the thing; it is a right which is parasitical upon the proprietary right which, deep down, is his main concern.“ 175 Gleeson, Personal Property, S. 288. 176 Siehe hierzu Gleeson, Personal Property, S. 288 ff. 177 Diese ist heute in der sog. recovery als Rechtsfolge des trespass to land aufgegangen; zu den Einzelheiten später, unter II. 1. h) bb). 178 Beide konnten ohnehin nur vor bestimmten Feudalgerichten (den sog. feudal courts) geltend gemacht werden. 179 Siehe Megarry/Wade, Real Property, S. 88/89. 180 Lunney/Oliphant, S. 1.

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falt recht unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen, die sich aus verschiedenen Klagearten heraus entwickelt haben.181 Der Begriff tort leitet sich von dem lateinischen Partizip tortus ab, welches so viel wie gedreht, gewunden, verrenkt oder auch gefoltert bedeutet.182 In der heutigen englischen Sprache ist tort ein Synonym für wrong.183 Im Deutschen würde man das Wort tort wohl am ehesten mit unerlaubter Handlung oder Delikt übersetzen, es gilt jedoch zu beachten, dass die beiden Begriffe in rechtlicher Hinsicht keinesfalls gleichgesetzt werden können. So geht der Begriff des tort weit über den der unerlaubten Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB hinaus und umfasst zum Beispiel auch Ansprüche, die im deutschen System dem Sachenrecht zuzuordnen wären und von ihrer Funktion her eher Ansprüchen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis oder § 1004 BGB entsprechen.184 Das Tort Law verfolgte zunächst ähnliche Zwecke wie das heutige Strafrecht (welches sich in England erst viel später entwickelte), nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie die Sanktionierung verwerflicher Verhaltensweisen, allerdings nicht mit direkter Einschaltung staatlicher Behörden, sondern als Art legalisierte Selbsthilfe.185 Heute sind die allgemeinen Funktionen des Tort Law noch weitreichender und umfassen Befriedigung, Gerechtigkeit, Abschreckung und Kompensation.186 Die Anspruchsgrundlagen des Tort Law können systematisch in zweierlei Kategorien eingeteilt werden, nämlich in Anspruchsgrundlagen, die eine Rechtsverletzung erfordern, aber nicht den Nachweis eines Schadens, sowie Anspruchsgrundlagen, bei denen der Eintritt eines Schadens Anspruchsvoraussetzung ist. Bei den erstgenannten Anspruchsgrundlagen handelt es sich um die älteren torts (wie zum Beispiel trespass). Diese erfüllten im Mittelalter in erster Linie die Funktionen des Strafrechts, nämlich den Rechtsfrieden zu sichern187 und sozialschädliches Verhalten zu sanktionieren.188 181 Markby, S. 343 spricht sich aufgrund der Verschiedenheit der einzelnen torts gar gegen die Verwendung des Begriffs tort aus: „It seems to me impossible to escape from the conclusion that the word ‚torts‘ is used in English law to cover a number of acts, having no quality which is at once common and distinctive. In other words, I believe the classification to be a false one. Upon what intelligible ground do we apply the name of tort to damage done by trespass or by slander, or by fraud, and refuse to apply it to damage done by breach of contract, or by breach of trust? I think upon none. Nor can I see any advantage whatever in assigning the name ‚torts‘ to a number of acts which have nothing in common except what they share with other acts not so called.“ 182 Stowasser, S. 517. 183 Fleming, S. 3. 184 Vgl. auch von Bernstorff, Einführung, S. 105/106. 185 Vgl. Lunney/Oliphant, S. 1. 186 Siehe Lunney/Oliphant, S. 20 ff. m. w. N. 187 Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 106.

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Ursprünglich gab es nur zwei Arten von tort actions: Trespass und trespass on the case. Letztere wurde üblicherweise nur verkürzt als case bezeichnet. Trespass umfasste jede forcible and direct injury (gewaltsame und unmittelbare Verletzung) von Personen oder Sachen. Für eine forcible injury war eine physische Berührung notwendig, hierdurch schieden vor allem allein durch Worte begangene Delikte aus, wie zum Beispiel Beleidigung oder Betrug.189 Das Merkmal direct steht im Gegensatz zur rein kausalen Verletzung (merely consequential injury) und erfordert, dass die Verletzung dem Handelnden nach objektiven Maßstäben bei wertender Betrachtung zugerechnet werden kann.190 Indessen war es unerheblich, ob die Verletzung vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wurde.191 Hingegen war case für alle anderen Arten von Verletzungen einschlägig, die nicht vom trespass umfasst waren.192 Erst im Jahre 1833 eröffnete die Entscheidung Williams v Holland 193 dem Kläger die Möglichkeit, anstelle einer trespass-Klage eine Klage in case zu erheben, obwohl die Voraussetzungen des trespass gegeben waren, wenn die geltend gemachten Verletzungen durch Fahrlässigkeit (carelesness and negligence) des Beklagten herbeigeführt worden waren, die Handlung also nicht vorsätzlich (wilfull) war.194 Dieses Wahlrecht des Klägers hinsichtlich der Klageart hatte für den Kläger den Vorteil, dass er angesichts der erheblichen Abgrenzungsprobleme zwischen direct und indirect injury195 dem Risiko der trespass-Klage entgehen und das Gericht keine direct injury feststellen konnte, so dass der Kläger nur deshalb den trespass-Prozess verlieren würde. Für die Klage in case war hingegen direct injury nicht erforderlich, so dass insofern kein Prozessrisiko bestand.196 Daneben wurde dem damaligen Chancellor mit dem zweiten Statute von Westminster (1285) die Möglichkeit eröffnet, in consimili casu197 einen Rechtsverletzer gerichtlich zu laden, sofern durch dessen Handeln einem 188

So im Fall des trespass, vgl. Bridge, Personal Property, S. 49. Heuston/Buckley, Tort, S. 5/6. 190 Heuston/Buckley, Tort, S. 5/6. 191 Heuston/Buckley, Tort, S. 5/6. 192 Heuston/Buckley, Tort, S. 5 m. w. N. 193 (1833) 10 Bing. 112. 194 Andererseits gibt es auch Stimmen im Schrifttum, die diese Entscheidung als Ursprung der negligence auffassen durch die neue Unterscheidung von intention und negligence im Gegensatz zur vorherigen Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Handlungen, vgl. Lunney/Oliphant, S. 9. 195 Zu den heutigen Abgrenzungsproblemen zwischen direct und indirect injury im Rahmen des trespass siehe später [unter II. 1. e)]. 196 Vgl. Lunney/Oliphant, S. 9. 197 Also in einem ähnlich gelagerten Fall. 189

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anderen ein Schaden zugefügt wurde.198 Die Folge hiervon ist einerseits ein offener Katalog von Anspruchsgrundlagen, andererseits aber auch die Tatsache, dass alle neueren Anspruchsgrundlagen des Tort Law den Nachweis eines Schadens voraussetzen.199 In neuerer Zeit rationalisierte und vereinheitlichte der Torts (Interference with Goods) Act 1977 die Rechtsbehelfe für die sog. property torts und schaffte das tort detinue ab. Detinue ist das älteste tort zum Schutz beweglicher Sachen.200 Es wurde definiert als das unrechtmäßige Vorenthalten von Gegenständen (wrongful withholding of goods) trotz Aufforderung, diese zurückzugeben.201 Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 stellt weder eine umfassende Kodifizierung des bisher geltenden Tort Law dar, noch schafft er ein neues umfassendes tort der wrongful interference with goods.202 Heute dominiert das tort der negligence sowohl die Rechtsprechung als auch das Schrifttum, obgleich es eine recht neue Anspruchsgrundlage darstellt, deren Ursprünge erst im siebzehnten Jahrhundert liegen.203 Millner spricht gar von einer „majestic pre-eminence of negligence“.204 Dies führt nicht zuletzt auch zu der Tendenz, sich weniger den nicht zuletzt wegen ihrer Unüberschaubarkeit bei den englischen Juristen eher unbeliebten property torts zu widmen und diese gar (zumindest teilweise) durch Anwendung von negligence zu ersetzen.205 II. Tort actions zum Schutz von Real Property 1. Trespass to land

a) Geschichtlicher Hintergrund Der Begriff trespass leitet sich vom lateinischen Wort transpassare (übertreten) ab.206 Die ursprüngliche Bezeichnung und auch Klageformel von trespass to land lautet quare clausum fregit. Dies bedeutet im Englischen soviel wie wherefore he broke the close, wobei close eine alte Bezeichnung 198

Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 106. Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 106. 200 Street on Torts, S. 256. 201 Curwen, [2004] 68 Conv., S. 309; zu den Einzelheiten der detinue später (unter III. 2.); siehe auch von Bernstorff, Einführung, S. 109 und Palmer, Bailment, S. 68 ff. zu den einzelnen Anspruchsvoraussetzungen. 202 Bridge, Personal Property, S. 47. 203 Baker, S. 401/402; Lunney/Oliphant, S. 8 und 12. 204 Millner, S. 227. 205 Bridge, Personal Property, S. 47. 206 Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 106 (Fn. 123). 199

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für ein Recht am gesamten Boden ist (im Gegensatz zu einem abgetrennten Teil desselben)207, also das gesamte eingefriedete Grundstück bezeichnet. Trespass ist nicht nur ein rechtlicher Begriff, sondern auch ein häufig gebrauchtes Wort in der modernen englischen Sprache. In seiner weitesten und ursprünglichsten Bedeutung umfasst trespass jegliche unerlaubte Handlung, also jeden Bruch und jede Überschreitung der vom Recht aufgestellten Regeln. Dies zeigt auch das häufige Vorkommen des Wortes in der ersten offiziellen Ausgabe der Bibel.208 Allerdings hat sich der Begriff niemals zu einem anerkannten technischen juristischen Begriff verfestigt und mutet auch in der heutigen Alltagssprache eher archaisch an.209 Trespass stellte ursprünglich einen Straftatbestand dar, ist aber heute in erster Linie zivilrechtlich als unerlaubte Handlung zu verstehen.210 Die Schutzrichtung des trespass to land änderte sich somit grundlegend im Lauf der Zeit, und der Aspekt des zivilrechtlichen Eigentumsschutzes rückte zunehmend in den Vordergrund.211 Die ursprüngliche Einordnung als Straftatbestand scheint im Rechtsempfinden der heutigen Bevölkerung fortzubestehen, da an Grundstücken häufig der Hinweis „trespassers will be prosecuted“ zu finden ist.212 b) Definition Trespass wird definiert als ungerechtfertigter Eingriff in den fremden Besitz an einem Grundstück.213 Trespass to land umfasst die verschiedensten Formen von Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel das unerlaubte Betreten eines Grundstücks214, das Verweilen auf einem Grundstück nach dem Widerruf einer Erlaubnis oder auch die Besitzentziehung (dispossessing the occupant).215 In Hillen v ICI (Alkali) Ltd216 wurde schließlich entschieden, 207 Bouvier, unter den Stichworten trespass und quare clausum fregit; vgl. auch Lunney/Oliphant, S. 2/3. 208 Heuston/Buckley, Tort, S. 4/5. 209 Zum Ganzen Heuston/Buckley, Tort, S. 4/5. 210 In bestimmten, gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen ist trespass to land auch heute noch eine Straftat, vgl. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 495. 211 Fleming, S. 5. 212 Insofern handelt es sich um eine „wooden falsehood“, vgl. Rogers, Tort, S. 619 (Fn. 2). 213 Ständige Rechtsprechung seit Loudon v Ryder [1953] 2 Q. B. 202; siehe auch von Bernstorff, Einführung, S. 107; Hedley, Tort, S. 179 spricht ähnlich von einer „unjustified intrusion“. 214 Vgl. nur McPhail v Persons, Names Unknown [1973] Ch. 447. 215 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 495. 216 [1936] A. C. 65.

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dass eine Person, die sich ursprünglich rechtmäßig (mit Erlaubnis des Eigentümers) auf dem Grundstück befand, trespass begeht, wenn sie diese Erlaubnis dadurch missbraucht, dass sie außerhalb des Erteilungszwecks handelt.217 In der Praxis liegt die Beeinträchtigung meistens im Betreten des Grundstücks, kann aber auch andere Formen annehmen, wie etwa das Platzieren von Gegenständen auf einem Grundstück218, so wurde zum Beispiel in Westrepp v Baldock219 eine Leiter gegen eine Mauer gelehnt. Die Beeinträchtigung kann ferner beispielsweise in der Beschädigung einer Rasenfläche220 oder der Störung einer Fischzucht221 liegen. Trespass to land umfasst auch Beeinträchtigungen oberhalb der Erdoberfläche, solange die Quelle der Störung noch mit dem Boden verbunden ist, wie zum Beispiel in Woollerton and Wilson Ltd v Richard Costain Ltd222, wo ein Kran vom Grundstück des Klägers zu dem des Beklagten hinüberschwenkte oder in Anchor Brewhouse Developments Ltd and Others v Berkley House (Docklands Developments) Ltd223. In diesem Fall ragte ein Gebäude in den Luftraum des Nachbargrundstücks hinein. Andererseits wurden in Lord Bernstein of Leigh v Skyviews and General Ltd224 die Grenzen des Schutzes des Luftraums aufgezeigt. Die Beklagten fertigten von einem Flugzeug aus Luftaufnahmen vom Haus des Klägers an. Dessen Klage scheiterte unter anderem daran, dass man den Luftraum in der betreffenden Höhe über dem Grundstück nach Einschätzung des Gerichts ohnehin nicht sinnvoll hätte nutzen können. Weiterhin muss die Beeinträchtigung nicht vom Kläger in Person begangen werden, es ist vielmehr ausreichend, wenn der Kläger für diese verantwortlich ist, so zum Beispiel, wenn ihm gehörende Tiere einen Schaden verursachen.225 Schließlich erfordert trespass nicht den Nachweis eines Schadens (man spricht insofern von einer actionability per se), die Beeinträchtigung des Rechts als solche begründet schon die Haftung.226 Allerdings ist es bei entsprechendem Nachweis möglich, Schadensersatz wegen vorsätzlicher (deliberate) Schädigung zu erhalten.227 Somit dient ein Anspruch aus 217

Die letzte Variante entspricht einem trespass durch Unterlassen. Giliker/Beckwith, S. 374; Harpwood, S. 234 ff.; Hedley, Tort, S. 197; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 496. 219 [1938] 2 All E. R. 799. 220 Richards v Davies [1921] 1 Ch. 90. 221 Hill v Tupper (1863) 2 H. & C. 121. 222 [1970] 1 W. L. R. 411. 223 [1987] 38 B. L. R. 82. 224 [1978] Q. B. 479. 225 Hedley, Tort, S. 179. 226 Giliker/Beckwith, S. 373; Harpwood, S. 239; Street on Torts, S. 282. 227 Hedley, Tort, S. 179. 218

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trespass to land nicht nur der Gewährung von Schadensersatz, sondern auch der Klärung der Eigentumsverhältnisse an Grundstücken und zielt auf Einräumung des Besitzes zugunsten des rechtmäßigen Eigentümers.228 c) Possession Im englischen Schrifttum ist umstritten, welche Rechte bzw. rechtliche Positionen vom trespass to land geschützt werden. Grundsätzlich hat trespass den physischen Aspekt im Blick, also die tatsächliche Beziehung einer Person zu einer Sache, wie den Besitz und nicht so sehr das Eigentum als rechtliche bzw. wirtschaftliche Beziehung.229 Trespass to land ist damit ausschließlich eine Anspruchsgrundlage des actual oder immediate constructive possessor und keine Anspruchsgrundlage des Eigentümers. Deshalb sind weder das bloße Nutzungsrecht an einer Sache noch besitzloses Eigentum ausreichend für eine Anspruchsberechtigung.230 Dies bedeutet, dass zum Beispiel ein Vermieter (landlord) nicht gegenüber einem Mieter (tenant) aus trespass vorgehen kann, solange der leasehold fortbesteht.231 Jedoch ist zu beachten, dass zugunsten des Eigentümers vermutet wird, dass dieser possessor der Sache ist.232 Eine Ausnahme wird im Fall einer permanenten Störung gemacht, die voraussichtlich im Zeitpunkt der Rückgabe an den Vermieter fortbesteht, hier kann der Vermieter schon während des Laufs des leasehold einen Anspruch aus trespass hinsichtlich der Störung geltend machen, ansonsten würde sein Recht auf unversehrte Rückgewähr des Grundstücks vereitelt.233 Dagegen steht dem Mieter und dem Untermieter stets selbst ein Anspruch zu.234 Personen ohne exclusive possession, wie zum Beispiel sog. lodger235, sind als solche nicht anspruchsberechtigt, sondern können allenfalls vertragliche Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Erfüllung bzw. Nichterfüllung (breach of contract) gegen ihren Vertragspartner geltend machen, wenn es dieser pflichtwidrig unterlassen hat, gegen einen trespasser vorzugehen.236 228

Giliker/Beckwith, S. 373. Vgl. Weir, Tort Law, S. 135. 230 Vgl. Harpwood, S. 236. 231 Street on Torts, S. 288. 232 Vgl. Street on Torts, S. 288 m. w. N. Zu dieser Vermutung siehe oben (Zweiter Teil, § 7 C. III. 1.). 233 Vgl. Jones v Llanrwst Urban District Council [1911] 1 Ch. 393, vgl. auch Giliker/Beckwith, S. 375. 234 Vgl. Street v Mountford [1985] A. C. 809 und Bruton v London & Quadrant Housing Trust [2000] 1 A. C. 406; Giliker/Beckwith, S. 375. 235 Siehe hierzu oben, Erster Teil, § 4 D. I. 1. b). 236 Hedley, Tort, S. 180. 229

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Zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangte der Court of Appeal in seiner Entscheidung in Manchester Airport Plc v Dutton and Others237: Hier versuchten Demonstranten, den Bau einer neuen Start- und Landebahn am Manchester Airport zu verhindern. Obwohl die klagende Baugesellschaft niemals das Gelände betreten hatte und ihr bloß ein vertragliches Betretungsrecht (sog. licence238) zustand, konnte sie die Demonstranten mittels eines Anspruchs aus trespass vertreiben.239 Gegen diese Argumentation wendet sich richtigerweise Swadling, nach dessen Auffassung allein auf das right of possession abzustellen gewesen wäre, welches sich auch aus der possession als solcher ergeben kann. Die licence hingegen ist im Rahmen des trespass auch nicht relevant, da sie nur schuldrechtlich und gerade nicht dinglich gegenüber Dritten wirkt.240 Schließlich ist unstreitig, dass qualified constructive possession keinesfalls ausreichend ist für die Geltendmachung des Anspruchs aus trespass.241 Dies lässt sich mit dem zugrundeliegenden Grundsatz des trespass to land erklären, dass dieses tort lediglich den tatsächlichen Gebrauch von Grundstücken vor Störungen schützt. Im Fall der qualified constructive possession fehlt es aber gerade sowohl an einem tatsächlichen Gebrauch als auch an einer Berechtigung, vom Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft gegenwärtig die Verschaffung des Besitzes an dem Grundstück zu verlangen und das Grundstück in Gebrauch zu nehmen. Sofern der Anspruchsteller zwar ein immediate right to possession, aber im Zeitpunkt der Beeinträchtigung noch keinen Besitz hat und diesen dann später erlangt, greift die Legalfiktion des sog. trespass by relation. Dieser zufolge wird der possessor so behandelt, als ob er bei Entstehung seines immediate right to possession schon Besitzer gewesen wäre, und er erhält aufgrund der Besitzfiktion auch eine Anspruchsberechtigung hinsichtlich Besitzstörungen in der Zeit vor der tatsächlichen Besitzerlangung.242 Die Regelung des trespass by relation ist deshalb notwendig, weil ein immediate right to possession grundsätzlich nicht ausreichend für einen Anspruch aus trespass ist. Sie gewährt als Ausnahme zu dieser Grundregel auch dem Inhaber des immediate right to possession einen Anspruch aus trespass, sofern dieser später Besitzer wird. Die bessere Berechtigung eines Dritten (sog. ius tertii) findet im Rahmen des trespass to land keine Berücksichtigung. Somit kann sich ein An237

[2000] 1 Q. B. 133. Zu diesem Begriff ebenfalls oben, Erster Teil, § 4 D. I. 1. b). 239 So Weir, Tort Law, 137. 240 Swadling, (2000) 116 L. Q. R. 358/359. 241 Ward v Macauley (1791) 4 Term. Rep. 489; Bell, Personal Property, S. 56. Zur Diskussion im Rahmen des trespass to goods siehe unten [unter III. 1. c) bb)]. 242 Hedley, Tort, S. 180. 238

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spruchsgegner nicht damit verteidigen, der Anspruchsberechtigte sei zu keiner Zeit zum Besitz berechtigt gewesen, sondern nur damit, dass er selbst ein besseres Recht an der Sache hat oder dass er als Bevollmächtigter des besser berechtigten Dritten handelte.243 d) Subjektiver Tatbestand aa) Feindliche Berührung (hostile touching) Der Court of Appeal urteilte in Wilson v Pringle244, dass ein hostile touching, also eine Berührung in feindlicher Zielrichtung, für einen Anspruch aus trespass notwendig ist. Der Entscheidung lag eine ungewollte Berührung während des horseplay (Unfug) zweier dreizehnjähriger Jungen auf ihrem Nachhauseweg von der Schule zugrunde. Der Ansatz der Notwendigkeit einer feindlichen Zielrichtung wurde jedoch in nachfolgenden Entscheidungen nicht weiterverfolgt. Demzufolge liegt es nahe, den Anwendungsbereich von Wilson v Pringle auf ihren konkreten Sachverhalt zu beschränken. Die Entscheidung betraf weiterhin einen Fall der Körperverletzung (battery) und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ihr Anwendungsbereich auch auf trespass to land oder trespass to goods auszudehnen ist.245 Folglich ist ein hostile touching nicht Voraussetzung im Rahmen dieser Anspruchsgrundlagen. bb) Vorsatz (intention) Obwohl trespass to land gemeinhin als intentional tort, also als vorsätzliches tort, qualifiziert wird, kann es paradoxerweise ohne Schuld im Sinne von persönlicher Vorwerfbarkeit begangen werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass intention sich lediglich auf die tatbestandliche Handlung beziehen muss, nicht aber auf die übrigen Tatbestandsmerkmale.246 Insbesondere muss der Anspruchsgegner nicht wissen, dass er einen trespass begeht. So wird nach englischem Recht eine mittels vis absoluta zustande gekommene Beeinträchtigung als unvorsätzlich betrachtet, zum Beispiel wenn der Beklagte auf das Grundstück gestoßen wurde.247 Dagegen ist im englischen Recht eine unter Nötigung oder Zwang (duress), d.h. widerstehlicher Gewalt, zustande gekommene Handlung als vorsätzlich einzustufen.248 243 244 245 246 247

Nicholls v Ely Beet Sugar Factory Ltd [1931] 2 Ch. 84. [1987] Q. B. 237. Vgl. Weir, Tort Law, S. 134/135. Street on Torts, S. 286. Smith v Stone (1647) Style 65.

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Diese Betrachtungsweise entspricht nach deutschem Rechtsverständnis einer verschuldensunabhängigen Haftung.249 Liegt kein bewusstes willensgetragenes Verhalten vor, ist dies nach deutschem Recht nicht im Rahmen des Verschuldens relevant, in diesem Fall ist nämlich schon keine Handlung i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB gegeben, an die eine deliktische Haftung anknüpfen könnte.250 cc) Fahrlässigkeit? Teile des Schrifttums251 argumentieren in Analogie zu der Entscheidung in Fowler v Lanning252, die hinsichtlich eines Anspruchs aus trespass to the person ergangen ist, dass der Nachweis von Fahrlässigkeit hinsichtlich der tatbestandlichen Handlung ebenfalls ausreichend sein soll, um eine Haftung in trespass zu begründen. Einer vermittelnden Auffassung zufolge ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit (carelessness) des Anspruchsgegners notwendig, wenn die Beeinträchtigung, die den trespass darstellt, in irgendeiner Form vom Eigentum des Beklagten ausgeht, was insbesondere bei Beeinträchtigungen durch Tiere des Beklagten der Fall ist.253 Richtigerweise ist bei unvorsätzlichen und nur fahrlässigen tatbestandlichen Handlungen immer negligence die richtige und alleinige Anspruchsgrundlage. Für trespass ist hingegen intention, also ein willensgesteuertes, Verhalten zu fordern.254 Ansonsten würden die besonderen Voraussetzungen und Haftungsbeschränkungen der negligence255 unterlaufen. Zudem befasst sich trespass von seiner Zielrichtung her mit der Verteidigung von Rechten und nicht wie das tort der negligence mit der Kompensation erlittener Nachteile.256 Folglich ist trespass konzeptionell ein strict liability-tort257, das bedeutet ein Tort mit verschuldensunabhängiger Haftung. Wie soeben erläutert, ist Vorsatz lediglich bezüglich der tatbestandlichen Handlung nötig. Insofern besteht auch nach deutschem Rechtsverständnis eine verschuldensunabhängige Haftung.

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Gilbert v Stone (1647) Style 72. Stenger, S. 93/94 m. w. N. 250 Vgl. nur Palandt/Sprau, § 823, Rn. 2. 251 Rogers, Tort, S. 619/620; Street on Torts, S. 286/287. 252 [1959] 1 Q. B. 426. 253 League against Cruel Sports Ltd v Scott and Others [1986] Q. B. 240; vgl. hierzu Stenger, S. 95 und Hedley, Tort, S. 180. 254 Letang v Cooper [1965] 1 Q. B. 232; vgl. auch Huber, RabelsZ 1998, S. 90 m. w. N. 255 Hierzu unten unter § 11 A. IV. 256 Weir, Tort Law, S. 91. 257 Weir, Tort Law, S. 91. 249

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e) Unmittelbarkeit (directness) Trespass umfasst im Unterschied zu nuisance258 nur unmittelbare Beeinträchtigungen von Grundstücken. Die Unterscheidung zwischen beiden hat vornehmlich historische Gründe, sie beruht auf den überkommenen forms of action.259 So schützen beide Klagearten zwar die Nutzungsmöglichkeit von Grundstücken, unterscheiden sich aber durch die Erfordernisse der Direktheit und eines Schadensnachweises.260 Die Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Beeinträchtigungen ist nicht immer klar durchzuführen, Entscheidungen zu dieser Frage erscheinen nicht immer folgerichtig. So wurde zum Beispiel in Gregory v Piper261 der durch das Ablegen von Abfall auf einer Hausmauer verursachte Schaden als unmittelbar qualifiziert. In Miller v Jackson262 entschied der Court of Appeal, dass der Schaden durch den Wurf eines Cricketballs direkter Schaden ist, wohingegen indirekter Schaden (und somit nuisance, aber kein trespass to land) vorliegen soll, wenn der Beklagte ein Cricket-Match organisiert und hierbei Bälle Schäden auf benachbarten Grundstücken anrichten.263 Aufgrund der uneinheitlichen Entscheidungen bei der Abgrenzung wird das Erfordernis der Unmittelbarkeit zwar angezweifelt, aber nach wie vor als geltendes Recht angesehen.264 f) Schaden Der Nachweis eines Schadens ist keine Voraussetzung für den Anspruch aus trespass, dieser ist mithin actionable per se.265 Die Ursache hierfür liegt im historischen Ursprung der action of trespass als privates Mittel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der Befriedigung und Bewältigung von Grenzstreitigkeiten.266 Somit kann der Kläger einen nominellen Schadensersatz (nominal damages) in der Höhe eines sehr geringen symbolischen Betrages267, in der Praxis häufig von fünf Britischen 258

Hierzu sogleich (unter A. II. 2. und 3.). Vgl. Giliker/Beckwith, S. 345. 260 Vgl. Giliker/Beckwith, S. 373; Harpwood, S. 232 und 251; zum Schadensnachweis sogleich unter f). 261 (1829) 9 B. & C. 591. 262 [1977] Q. B. 966. 263 Hedley, Tort, S. 182/183. 264 So ausdrücklich Hedley, Tort, S. 183. 265 Entick v Carrington (1765) 19 St. Tr. 1029, S. 1066. 266 Vgl. Giliker/Beckwith, S. 373; Harpwood, S. 231/232. 267 Harpwood, S. 423; Lunney/Oliphant, S. 875; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 942. 259

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Pfund268, geltend machen, was ihm ermöglicht, die Begehung des trespass to land und das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach gerichtlich feststellen zu lassen.269 Es bleibt ihm daneben unbenommen, einen erlittenen Schaden mit dem Anspruch aus trespass geltend zu machen, hierzu muss er freilich den Eintritt dieses geltend gemachten Schadens darlegen und beweisen.270 Gegen die actionability per se spricht sich im Schrifttum vor allem Fleming aus. Ein Schaden sei grundsätzlich notwendig, allerdings gelte auch der Wert einer entgangenen Nutzung des Grundstücks als Schaden, unabhängig davon, ob dessen Eigentümer diese Nutzungsmöglichkeit ansonsten tatsächlich ausgeschöpft hätte.271 Gegen eine derartige Einschränkung spricht jedoch insbesondere die Tatsache, dass trespass to goods die einzige Anspruchsgrundlage ist, die es ermöglicht, von den Parteien begehrte Feststellungen über Rechtsverhältnisse zu treffen. Somit ist es im Sinne eines effizienten Rechtsschutzes geboten, die Entstehung eines Schadens nicht für das Bestehen eines Anspruchs vorauszusetzen. g) Trespass ab initio Der Begriff trespass ab initio stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie trespass von Anfang an oder trespass ex-tunc. Die hiermit bezeichnete rechtliche Fiktion besagt, dass, wenn eine Person ein Grundstück mit gesetzlicher Betretungserlaubnis (zum Beispiel durch eine Ordnungsoder Justizbehörde) betreten hat und diese ihr zustehende rechtliche Betretungsbefugnis anschließend wegfällt oder überschritten wird, sie nicht erst vom Zeitpunkt des Wegfalls oder der Überschreitung der Betretungsbefugnis an als trespasser angesehen wird, sondern schon ab initio, also vom Zeitpunkt ihres Betretens an.272 Die Regel geht zurück auf The Six Carpenters’ Case273, in dem die Beklagten Speisen und Getränke in einer Taverne konsumierten, später aber die Zahlung verweigerten, insofern also die nur für zahlungsbereite Gäste geltende allgemeine Zutrittserlaubnis des Wirts überschritten hatten. Im konkreten Fall wurde jedoch ein Anspruch gegen die Beklagten verneint, da einerseits die bloße Zahlungsverweigerung als Unterlassen eingestuft wurde274 und andererseits kein Überschreiten einer 268 Street on Torts, S. 633 m. w. N.; siehe zuletzt auch die Entscheidung des High Court of Justice (Queen’s Bench Division, Commercial Court) in Levicom International Holdings BV and other v Linklaters [2009] All ER (D) 158 (Apr). 269 Stenger, S. 112/113 m. w. N. 270 Harpwood, S. 239. 271 Fleming, S. 53/54. 272 Giliker/Beckwith, S. 378; Harpwood, S. 235; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 499 jeweils m. w. N. zur Kritik an der Regel. 273 (1610) 8 Co. Rep. 146a.

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gesetzlichen, sondern nur einer vertraglichen Betretungsbefugnis durch den Wirt gegeben war275 und die Regel des trespass ab initio unter diesen Umständen keine Anwendung findet. h) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen von trespass sind die Gewährung von Schadensersatz und zusätzlich oder alternativ ein Räumungsanspruch sowie die Möglichkeit der Anordnung einer einstweiligen gerichtlichen Verfügung (injunction) mit dem Ziel, weitere Störungen des Grundstücksgebrauchs zu unterlassen.276 Der Erlass einer injunction ist ermessensabhängig und kann insbesondere bei Wiederholungsgefahr oder Andauern des trespass erfolgen. In der Praxis steht eine injunction jedoch regelmäßig zur Verfügung. Trotzdem stößt die Ermessensabhängigkeit der injunction im juristischen Schrifttum auf die Kritik, die Leistung von Schadensersatz ohne Erlass einer injunction stelle eine Enteignung des Opfers dar und legitimiere faktisch künftige Rechtsverletzungen ähnlicher Art, die sich der Rechtsverletzer durch die Schadensersatzleistung erkaufe.277 Dieser Argumentation steht jedoch entgegen, dass die Schadensersatzleistung für in der Vergangenheit verursachte Schäden wohl eher einen Erziehungseffekt als eine Legitimationswirkung hat. Zudem ist ohne Bestehen einer Wiederholungsgefahr bzw. Andauern der Beeinträchtigung keinerlei Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer zukunftsgerichteten injunction ersichtlich. aa) Self-help Grundsätzlich darf der Besitzer eines Grundstücks angemessene Gewalt (reasonable force) anwenden, um das unberechtigte Betreten eines trespassers abzuwehren, sog. self-help.278 Self-help steht im englischen Recht wie das Notwehr- und Nothilferecht des deutschen Rechts aus § 227 BGB als Rechtfertigungsgrund zur Verfügung. Self-help ist erlaubt, wenn der Eigentümer zum Besitz berechtigt ist, der trespass im Zeitpunkt der Selbsthilfe noch andauert und der trespasser niemals Besitzer der Sache geworden ist.279 274

So Markesinis/Deakin/Johnston, S. 499. Hierauf stützt sich vor allem Harpwood, S. 235. 276 Harpwood, S. 240; Street on Torts, S. 289 ff.; allgemein zu den Rechtsfolgen des Tort Law siehe auch unten (unter V.). 277 Hierzu Weir, Tort Law, S. 146/147. 278 Giliker/Beckwith, S. 378; siehe auch Markesinis/Deakin/Johnston, S. 502/503 m. w. N. 279 Browne v Dawson (1840) 12 Ad. & El. 624. 275

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Grenzen der self-help ergeben sich aus s. 6 Criminal Law Act 1977. Hiernach ist es strafbar, Gewalt anzuwenden oder anzudrohen, um Räumlichkeiten betreten zu können, welche von einer anderen Person bewohnt werden. Eine Ausnahme besteht lediglich für einen bereits aus dem Besitz der Räumlichkeiten entsetzten Besitzer (displaced residential occupier) nach s. 12 (3) Criminal Law Act 1977. Zusätzlich ist es gemäß s. 1 (2) Protection from Eviction Act 1977 strafbar, eine Person mit einem Bleiberecht (right to remain in occupation)280 unrechtmäßigerweise der Räumlichkeiten zu verweisen. bb) Recovery Der Anspruch auf Räumung und Wiedereinräumung des Grundstücksbesitzes (recovery of the land) wurde ursprünglich als ejectment bezeichnet.281 Der Ursprung des ejectment als besondere Rechtsfolge des trespass to land liegt in einer prozessualen Fiktion: Ursprünglich stand trespass to land als Klageart nicht dem Grundstückseigentümer, sondern nur dem lessee eines Grundstücks282 zur Verfügung, wenn der Beklagte den lessee zur Räumung des Grundstücks gezwungen hatte (sog. ejectment).283 Die Klage des trespass to land verhalf einem Kläger jedoch wesentlich schneller zu Rechtsschutz als die damaligen real actions zum Schutz des freehold-Eigentums.284 Um wie ein lessee aus der Klageart des trespass to land vorgehen zu können, gab der freehold-Eigentümer als Kläger zunächst vor, sein Grundstück mittels eines leasehold an eine imaginäre Person namens John Doe vermietet oder verpachtet zu haben, die (angeblich) von einer weiteren imaginären Person namens Richard Roe zur Räumung gezwungen worden war, wobei diese Vorspiegelungen vom Beklagten nicht in Frage gestellt werden durften.285 Der Kläger trat dann als Prozessstandschafter für den fiktiven lessee John Doe auf und es wurde weiterhin fingiert, dass zwischen Richard Roe als fiktivem Beklagten und dem wirklichen Beklagten ein leasehold-Verhältnis dergestalt bestand, dass Richard Roe das Grundstück an den wirklichen Beklagten vermietet hatte. Außerdem wurde fingiert, dass Richard Roe auf jegliche Rechte an dem Grundstück verzichtete und den Beklagten, der diese Fiktionen ebenfalls nicht in Frage stellen durfte, daraufhin anwies, wiederum für ihn als Prozessstandschafter aufzutreten und sich selbst zu 280

Wie zum Beispiel bei Bestehen eines Mietverhältnisses. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 500. 282 Kiralfy, (1966) 10 Am. J. Leg. Hist., S. 10. 283 Maitland, S. 352. 284 Maitland, S. 351/352 mit weiteren Einzelheiten; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 500. 285 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 500. 281

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verteidigen.286 Auf diese Weise war letztlich Gegenstand des Prozesses nicht – wie formal gesehen notwendig – die fingierte Besitzentziehung des fiktiven Richard Roe gegenüber dem fiktiven John Doe als fiktivem lessee, sondern allein die Frage, welcher der wirklichen Prozessparteien ein besseres Recht zum Besitz an dem betreffenden Grundstück zustand.287 Das diesen Fiktionen unterliegende Prinzip ist bis heute gleich geblieben.288 Ein Kläger, der keinen Besitz innehat, muss nämlich ein besseres Recht zum Besitz als der Beklagte nachweisen und somit durch die Stärke seines eigenen Besitzrechts, statt durch die Schwäche des Besitzrechts des Beklagten den Prozess gewinnen.289 Alternativ kann der Beklagte darlegen, dass er aufgrund einer gültigen tenancy oder licence zum Besitz des Grundstücks berechtigt ist, wodurch die Geltendmachung des right to possession des Klägers vorübergehend ausgeschlossen ist.290 Die Rechtsfolge des ejectment führt folglich zu einem Prätendentenstreit, bei dem die Sache der Partei mit dem besseren Recht an der Sache zugesprochen wird.291 Die sog. action of ejectment erfüllt damit die Funktion einer Vindikationsklage, da der Anspruchsteller einen Anspruch aufgrund seines gegenüber dem Beklagten besseren Rechts zum Besitz an der Sache erhält.292 Andererseits stellt die action of ejectment, unabhängig von ihrer tatsächlichen Funktion, konstruktiv gerade keine Vindikationsklage im Bereich des Immobiliarsachenrechts dar. Sie stützt sich nämlich nicht auf das Eigentum oder auf ein sonstiges umfassendes Herrschaftsrecht, sondern ist inhaltlich lediglich auf die Beantwortung der Frage ausgerichtet, welcher der Parteien die bessere Berechtigung an dem betreffenden Grundstück zukommt. cc) Mesne profits So genannte mesne profits können als Entgelt für die unrechtmäßige Nutzung des Grundstücks zusätzlich zur recovery geltend gemacht werden.293 Sie stellen eine Form von Schadensersatz dar, die dem Kläger für die Zeit 286

Maitland, S. 351 ff.; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 500. Vgl. Maitland, S. 353. 288 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 500. 289 Vgl. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 500; siehe zum Ganzen auch Davis/ Godfrey/Russell, Introduction/1. 290 Davis/Godfrey/Russell, Introduction/2. 291 Zum Prätendentenstreit im alt-griechischen und römischen Recht siehe Wieling, Sachenrecht I, § 8 II 1 a. 292 Lawson, Rational Strength, S. 125 („on the strength of its own title“). 293 Gemäß r. 1 RSC Ord. 15 können die Klagen für recovery und mesne profits miteinander verbunden werden. 287

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gewährt wird, während der er das Grundstück nicht im Besitz hatte und damit auch nicht nutzen konnte. Zu den mesne profits zählen ein angemessener Mietzins, Schadensersatzleistungen für Verschleiß und Wertminderung (deterioration) und die Kosten für die Wiedererlangung des Besitzes in angemessener Höhe.294 In der Praxis werden mesne profits häufig gegenüber Mietern geltend gemacht, die nach Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt weiter bewohnen. Die Bemessung der Höhe der mesne profits erfolgt nach dem sog. user principle.295 Hierbei richtet sich die Höhe danach, was ein reasonable user für die Erlaubnis der in Frage stehenden trespass-Handlung bereit wäre zu zahlen. Demnach ist die entgangene Nutzungsmöglichkeit schon für einen Ersatzanspruch ausreichend. Allerdings ist zu beachten, dass der Kläger weder den Nachweis eines Schadens (zum Beispiel dadurch, dass ihm der Abschluss eines Mietvertrags mit einer anderen Partei entgangen ist) noch den Nachweis, dass der Beklagte irgendeinen Gewinn gemacht hat, führen muss.296 Damit ist Grundlage der Berechnung der Anspruchshöhe ausnahmsweise nicht der Schaden des Verletzten, sondern die beim Schädiger eingetretene Bereicherung. Der Anwendungsbereich dieser Regelung liegt vor allem im gewerblichen Bereich, hierdurch kann nämlich der Gewinn des sog. commercial trespasser abgeschöpft werden.297 dd) Distress damage feasant Die Möglichkeit des distress damage feasant ist ein Mittel des Grundbesitzers, auf einen trespasser Druck zur Leistung der Schadensersatzzahlungen auszuüben. Der Grundbesitzer kann bewegliche Sachen, die sich unberechtigterweise auf seinem Grundstück befinden, zurückbehalten, bis deren Eigentümer Schadensersatz leistet oder die Leistung zumindest anbietet.298 Sie gewährt aber keine weitergehenden Befugnisse, insbesondere kein Verfolgungsrecht, wenn sich die betreffende Sache nicht mehr auf dem eigenen Grundstück bzw. in fremdem Gewahrsam befindet.299 Dieses Recht wird nun für Tiere durch s. 7 Animals Act 1971 durch eine ähnliche gesetzliche Befugnis ersetzt, die auch das Recht zum Verkauf der Tiere umfasst.300 294

Markesinis/Deakin/Johnston, S. 501. Vgl. Lord Lloyd in Inverugie Investments Ltd v Hackett [1995] 1 W. L. R. 713 (Privy Council). 296 Siehe Markesinis/Deakin/Johnston, S. 501/502 m. w. N. 297 Gray/Gray, Elements of Land Law, S. 1278/1279. 298 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 503. 299 Palmer/McKendrick/Hudson, S. 861 m. w. N. 300 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 503. 295

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2. Private nuisance

a) Geschichtlicher Hintergrund der nuisance Der Begriff nuisance leitet sich aus dem Französischen nuire (schaden) her und bedeutet soviel wie Belästigung.301 Es gibt zwei Arten von nuisance, nämlich private nuisance und public nuisance. Der Hauptunterschied zwischen diesen liegt darin, dass public nuisance definitionsgemäß eine Gruppe von Personen (class of persons)302 betrifft und in erster Linie einen Straftatbestand darstellt. Dies erklärt auch, weshalb eine Klage aus public nuisance vom Generalstaatsanwalt (attorney general) und nicht von einem privaten Kläger erhoben wird.303 Das Attribut „private“ bei der private nuisance bezieht sich hingegen darauf, dass auch die Betroffenheit einer einzelnen Privatperson von der Belästigung ausreichend ist.304 Obwohl die beiden Formen der nuisance von ihrem Grundkonzept her unterschiedlich ausgerichtet sind, sind Überschneidungen zwischen ihnen durchaus denkbar.305 Der Schutzzweck der private nuisance liegt in der ungestörten Nutzung von Grundstücken.306 Damit entspricht diese funktionell im deutschen Recht dem privaten Nachbarrecht (§§ 1004, 906 BGB). Public nuisance hingegen ist wesentlich weiter gefasst und bezweckt den Schutz von sämtlichen Rechtsgütern von Mitgliedern der Gemeinschaft, insbesondere auch die körperliche Unversehrtheit oder die Nutzung von beweglichen Sachen, ist also gerade nicht auf die Nutzung von Grundstücken beschränkt.307 b) Definition Private nuisance ist jede erhebliche und unangemessene Beeinträchtigung der Nutzung eines Grundstücks.308 Private nuisance betrifft nur Beeinträchtigungen von Grundstücken, entsprechende Beeinträchtigungen von Mobilien werden hingegen von der Anspruchsgrundlage der conversion oder des trespass to goods umfasst. Das tort der private nuisance erfüllt eine zweifache Funktion: Zunächst kann es, ähnlich wie der Anspruch aus trespass to land, dazu verwendet werden, im Wege eines Unterlassungsanspruchs die 301 302 303 304 305 306 307 308

Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 114 (Fn. 145). Siehe hierzu unten. Siehe hierzu auch Campbell v Paddington Corporation [1911] 1 K. B. 869. Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 115. Vgl. von Bernstorff, Einführung, S. 116. Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 115. Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 116; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 550. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 509.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung für die Zukunft zu unterbinden. Andererseits gewährt nuisance einen Anspruch auf Schadensersatz, der jedoch Verschulden des Anspruchsgegners voraussetzt.309 c) Unreasonableness Wie bereits dargestellt, umfasst private nuisance nur unangemessene Beeinträchtigungen von Grundstücken. Bei der Bestimmung der Unangemessenheit sind alle Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierfür haben sich bestimmte Faktoren als maßgeblich herausgebildet.310 Ein solcher Faktor ist zunächst die Dauer der Beeinträchtigung. Je länger die Beeinträchtigung andauert, desto eher ist sie als nuisance einzustufen.311 Verschulden und Vorhersehbarkeit der Beeinträchtigung sind ebenfalls als Faktoren zu beachten.312 Auch das Vorliegen einer bösen Absicht (malice) ist als Faktor im Rahmen der Unangemessenheit zu berücksichtigen und kann hierdurch auch für die Bejahung des Anspruchs ausschlaggebend sein.313 d) Arten von Beeinträchtigungen Das Tort der nuisance umfasst eine Vielzahl von denkbaren Beeinträchtigungen. Zu nennen ist zum Beispiel schlechter Geruch (Bone v Seal314), der Betrieb eines Bordells bzw. Sexshops (Thompson-Schwab and Another v Costaki and Another315), Lärm316 sowie Beschädigungen an im Garten zum Trocknen aufgehängter Kleidung und an der Lackierung eines Pkw durch Säureausstöße einer Ölverteilungsanlage (Halsey v Esso Petroleum Company Ltd 317). Der zugefügte Schaden muss schließlich kausal auf die Beeinträchtigung zurückgehen und vorhersehbar (foreseeable) gewesen sein.318 309 310 311 312

Hedley, Tort, S. 188/189 m. w. N.; Weir, Tort Law, S. 149. Giliker/Beckwith, S. 302 ff.; vgl. auch Markesinis/Deakin/Johnston, S. 513 ff. Harrison v Southwark and Vauxhall Water Company [1891] 2 Ch. 409. Cambridge Water Company v Eastern Counties Leather plc [1994] 2 W. L. R.

53. 313 Siehe Christie v Davey [1893] 1 Ch. 316; Giliker/Beckwith, S. 305/306; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 528/529; in Hollywood Silver Fox Farm v Emmett [1936] 1 All E. R. 825 gab der Beklagte zum Beispiel gezielt einen Schuss ab, um die Füchse der Fuchszucht des Beklagten aufzuschrecken und deren Paarungsverhalten zu stören. Das Verhalten wurde nur wegen der bösen Absicht als nuisance gewertet. 314 [1975] 1 All E. R. 787. 315 [1956] 1 W. L. R. 335. 316 Halsey v Esso Petroleum Company Ltd [1961] 1 W. L. R. 683; Tetley v Chitty [1986] 1 All E. R. 663. 317 [1961] 1 W. L. R. 683.

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e) Anspruchsberechtigung (title to sue) Nach traditioneller Auffassung, zurückgehend auf die Entscheidung in Malone v Laskey319, können nur Personen einen Anspruch aus private nuisance geltend machen, die einen interest in land haben. Dieser kann im ausschließlichen Besitz (exclusive possession320), einer Berechtigung zum ausschließlichen Besitz (right to exclusive possession) oder einem sonstigen dinglichen Grundstücksrecht (interest in land) liegen. Also sind insbesondere freeholder, leaseholder, aber auch Inhaber eines Nießbrauchs (profit à prendre) oder einer Grunddienstbarkeit (easement) aufgrund ihrer dinglichen Grundstücksrechte anspruchsberechtigt.321 Mangels exclusive possession und right to exclusive possession werden vor allem Gäste (guests) und lodger322 von der Geltendmachung eines Anspruchs aus nuisance ausgeschlossen. Der Court of Appeal kam in einer späteren Entscheidung (Khorasandjian v Bush323) jedoch zu einem gegenteiligen Ergebnis. In der Entscheidung wurde die Klägerin vom Beklagten in ihrem Elternhaus unter anderem durch Drohungen und wiederholte Anrufe erheblich belästigt. Der Court of Appeal erachtete für die Geltendmachung eines Anspruchs einen interest in land oder exclusive possession nicht mehr als notwendig und damit auch das Recht der Anspruchstellerin auf Unverletzlichkeit der Wohnung und persönliche Ehre als personal interest für ausreichend. Im Jahre 1997 entschied das House of Lords schließlich, dass der in Malone v Laskey niedergelegte Grundsatz weiterhin Anwendung findet, also das Vorliegen eines interest in land, exclusive possession oder ein right to exclusive possession rechtliches Interesse am betreffenden Grundstück Voraussetzung ist.324 Allerdings wird im englischen Schrifttum diskutiert, ob hinsichtlich des Rechts auf Achtung der Privat- und Familiensphäre sowie des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention325 eine Änderung dieser Rechtsprechung zu er318 Siehe The Wagon Mound (No 2) [1967] 1 A. C. 617 und Cambridge Water Company v Eastern Counties Leather plc [1994] 2 W.L.R. 53; zur foreseeability siehe unten (unter IV.); zur Kritik an der Entscheidung The Wagon Mound (No 2) siehe insbesondere auch Stenger, S. 125 ff. m. w. N. 319 [1907] 2 K. B. 141; zu der Entscheidung siehe auch Kodilinye, (1989) 9 Leg. Stud. 284, 284 ff. 320 Zu diesem Begriff siehe bereits oben [Erster Teil, § 4 D. I. 1. b)]. 321 Giliker/Beckwith, S. 306 ff.; Hedley, S. 186/187; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 530/531. 322 Hierzu ebenfalls oben [Erster Teil, § 4 D. I. 1. b)]. 323 [1993] 3 W. L. R. 476. 324 Hunter v Canary Wharf Ltd [1997] A. C. 655; Giliker/Beckwith, S. 307. 325 „Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.“

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warten oder sogar zu fordern ist.326 Hiergegen spricht, dass Menschenrechtsverletzungen des Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht zwingend mit einem Anspruch aus nuisance oder überhaupt aus einem property tort begegnet werden muss, sondern dies auch mit anderen Ansprüchen aus dem Bereich des Tort Law, insbesondere wegen Ehrverletzung (tort of defamation327), wegen vorsätzlicher Körperverletzung (intentional interference with the person328) oder fahrlässiger Körperverletzung (negligence329) geschehen kann.330 f) Anspruchsgegner Möglicher Anspruchsgegner ist sowohl der Handlungs- als auch der Zustandsstörer.331 Damit kann der Anspruchsteller zunächst gegen denjenigen vorgehen, der die nuisance verursacht hat. Gegen den dinglich Berechtigten hinsichtlich des Störergrundstücks kann zusätzlich vorgegangen werden, sofern letzterer die Kontrolle über den Zustand der Anlage behalten hat oder die nuisance ausdrücklich oder stillschweigend billigt.332 Allerdings können Probleme auftreten, wenn ein Mieter die Nutzung der Mietsache durch einen anderen Mieter (desselben Vermieters) beeinträchtigt; in Smith v Scott333 wurde entschieden, dass der Vermieter nicht für das Verhalten einer seiner Mieter gegenüber anderen Mietern haftet, selbst wenn dieses Verhalten gegen die mietvertraglichen Regelungen verstößt.334 Dagegen haftet der Vermieter für Handlungen eines licencee oder trespasser, denen er nicht ausschließlichen Besitz und ausschließliche Kontrolle eingeräumt hat. In Page Motors v Epsom and Ewell Borough Council335 besetzten Zigeuner unerlaubt ein Grundstück, und der Vermieter wurde deshalb als Verantwortlicher herangezogen, da ihm als dem rechtmäßigen Bewohner der Besitz verblieben war und er deshalb rechtlich in der Lage war, die Zigeuner zur Räumung des Grundstücks zu veranlassen.336 326

Giliker/Beckwith, S. 309/310; Hedley, S. 187/188; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 532 ff.; Street on Torts, S. 441; jeweils m. w. N. 327 Vgl. hierzu Markesinis/Deakin/Johnston, S. 753 ff. 328 Siehe hierzu Markesinis/Deakin/Johnston, S. 451 ff. 329 Zu den Voraussetzungen der negligence sowie zum Besitzschutz durch negligence siehe unten (unter IV.). 330 Vgl. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 534/535. 331 Zu diesen Begriffen siehe bereits oben (§ 10 A. IV.). 332 Tetley v Chitty (siehe oben). 333 [1973] Ch. 314. 334 Kritisch hierzu Weir, Tort Law, S. 162. 335 (1981) 80 L. G. R. 337. 336 Siehe Davey, [2001] 65 Conv., S. 49/50 mit weiteren Diskussionsbeiträgen.

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3. Public nuisance

Eine Definition der public nuisance findet sich in Attorney-General v P.Y.A. Quarries Ltd. Hiernach ist eine public nuisance „. . . any nuisance . . . which materially affects the reasonable comfort and convenience of life of a class of Her Majesty’s subjects. The sphere of the nuisance may be described generally as ‚the neighbourhood‘; but the question whether the local community within that sphere comprises a sufficient number of persons to constitute a class of the public is a question of fact in every case.“337

Für public nuisance ist charakteristisch, dass nicht alle Mitglieder dieser bestimmten Personengruppe verletzt worden sind, sondern nur eine repräsentative Anzahl hiervon.338 Im Lauf der Zeit umfasste public nuisance eine Vielzahl unterschiedlicher Situationen339, die von einer Ölverpestung bis hin zu Musikveranstaltungen reichen. Die meisten Fälle jedoch befassen sich mit Beeinträchtigungen auf Schnellstraßen. In diesen Fällen ist es oft schwer, eine private nuisance geltend zu machen, da die Beeinträchtigungen oft keinen Bezug zur Nutzung des eigenen Grundstücks haben und lediglich das Recht, eine Schnellstraße zu benutzen, betroffen ist.340 Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich liegt in der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, zum Beispiel bei unterlassener Beseitigung der Vereisung eines Bürgersteiges341, durch Nichtbeseitigen des Schnees von einem Hausdach mit der Folge einer Dachlawine342 oder auch durch das Liegenlassen eines von einer Metzgerei stammenden Speckstücks auf dem Bürgersteig vor der Metzgerei.343 Die public nuisance erfordert den Nachweis eines konkreten individuellen Schadens. Es reicht also nicht, wenn der Kläger sich bloß darauf beruft, er gehöre zu der betroffenen Personengruppe.344 Im Rahmen der public nuisance kann zudem auch ein reiner Vermögensschaden (merely economic loss) ersetzt werden, solange dieser spezifisch beim Kläger entstanden ist, also über die Beeinträchtigung der Allgemeinheit hinausgeht, vgl. Tate & Lyle Industries Ltd and Another v Greater London Council and Another.345 337 [1957] 2 Q. B. 169, Romer LJ auf S. 184; siehe auch Lord Denning auf S. 190/191. 338 Giliker/Beckwith, S. 323. 339 Kritisch zum breiten Anwendungsbereich der public nuisance äußert sich von Bar, Deliktsrecht, S. 281/282. 340 Giliker/Beckwith, S. 324. 341 Cross v Kirklees Metropolitan Borough Council [1998] 1 All E. R. 564. 342 Slater v Worthington’s Cash Stores (1930) Ltd [1941] 1 K. B. 488. 343 Vgl. Dollman v Hillman [1941] 1 All E. R. 355. 344 Siehe Kodalinye, (1986) 2 L. S. 182. 345 [1983] 2 A. C. 509; vgl. auch Weir, Tort Law, S. 157.

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Hintergrund dieser Entscheidung waren Bauarbeiten für ein neues Fährenterminal an der Themse, die zur Folge hatten, dass die Themse stellenweise verschlammte. Hierdurch musste die Klägerin sieben Jahre lang auf ihre Kosten den Schlamm abtragen lassen, um ihren Bootsanlegesteg zu erreichen. Dieser finanzielle Aufwand wurde als zu ersetzender Vermögensschaden anerkannt, da er über die Beeinträchtigung der Allgemeinheit, die eingeschränkte Benutzung der Themse durch die Versandung, hinaus quantifizierbar war. Heutzutage ist public nuisance von untergeordneter Bedeutung, da ihr ursprünglich breiter Anwendungsbereich durch die Schaffung gesetzlicher Regelungen weitgehend zurückgedrängt wurde, wie insbesondere durch den Highways Act 1980, der die Rechtsfolgen eines schlechten Zustand von Schnellstraßen nun ausdrücklich regelt.346 III. Tort actions zum Schutz von Personal Property Die Anspruchsgrundlagen des Tort Law, die Rechte und Rechtspositionen im Bereich des Personal Property Law schützen, sind trespass to goods, detinue, conversion und negligence. Ursprünglich schützte trespass to goods vor einem unrechtmäßigen Ergreifen einer Sache (unlawful taking), detinue vor einem unrechtmäßigen Vorenthalten (unlawful detention) und conversion vor dem unrechtmäßigen Weggeben einer Sache (unlawful disposal).347 Allmählich änderte sich der Anwendungsbereich der drei Klagearten: Trespass to goods wurde auch auf Fälle angewendet, die über ein Ergreifen hinausgingen und conversion umfasste auch ein unlawful taking.348 Negligence umfasst fahrlässige Beeinträchtigungen, die zum einen Schaden führen. Durch s. 1 Torts (Interference with Goods) Act 1977 wurden die Anspruchsgrundlagen des Tort Law unter dem Oberbegriff wrongful interference with goods zusammengefasst.349 S. 1 (d) Torts (Interference with Goods) Act 1977 stellt klar, dass auch andere Anspruchsgrundlagen des Tort Law potentiell Rechte und Interessen an beweglichen Sachen schützen können, so dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handelt. Abgesehen von der Abschaffung der Anspruchsgrundlage detinue sollte das Gesetz allerdings nur geltendes Recht teilweise festschreiben, aber nicht wesentlich verändern.350 Insbesondere ist der Gesetzgeber auch nicht dem 346 347 348 349 350

Siehe auch Giliker/Beckwith, S. 324/325 m. w. N. Bridge, Personal Property, S. 47. Bridge, Personal Property, S. 47. Siehe hierzu auch oben (unter § 11 A. I.). Vgl. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 483.

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Vorschlag des Law Reform Committee gefolgt, trespass, detinue und conversion zu einem neuen, eigenständigen und umfassenden tort der unlawful interference with goods zusammenzufassen.351 1. Trespass to goods

a) Definition Trespass to goods wird auch trespass de bonis asportatis genannt. Wie dieser Name schon vermuten lässt, befasste sich diese Anspruchsgrundlage ursprünglich mit Beeinträchtigungen durch das Wegtragen beweglicher Sachen (im Sinne eines zivilrechtlichen Diebstahls) und wurde später auf andere Arten von Beeinträchtigungen ausgedehnt.352 Trespass to goods umfasst nach heutigem Verständnis vorsätzliche und unmittelbare Beeinträchtigungen des Besitzes an beweglichen Sachen.353 Bei trespass to goods ist die Unmittelbarkeit der in Frage stehenden Handlung in gleicher Weise notwendig wie beim trespass to land. Es kann folglich auf die Ausführungen hierzu verwiesen werden.354 b) Vorsatz Trespass verlangt eine vom Willen getragene Handlung, also Vorsatz (intention).355 Vorsatz bezüglich der tatbestandlichen Handlung ist wie auch bei trespass to land ausreichend.356 In National Coal Board v J E Evans & Company (Cardiff) Ltd357 beschädigte die Beklagte durch Grabungsarbeiten ein Kabel des Klägers, dessen Existenz der Beklagten nicht bekannt war. Der Beklagte wurde jedoch trotz Vorsatzes hinsichtlich der tatbestandlichen Handlung (nämlich der Grabungsarbeiten) überraschenderweise wegen des Nichtwissens um das Kabel nicht für den entstandenen Schaden haftbar gemacht. Die Entscheidung differenziert somit bei der Frage der Verschuldensabhängigkeit danach, ob der Anspruchsgegner um die Existenz der beschädigten Sache wusste oder hätte wissen müssen. Ist dies der Fall, sollen 351

Vgl. 18. Report on Conversion and Detinue 1971, Cmnd. 4774; vgl. Bridge, Personal Property, S. 53. 352 Baker, S. 394; Bridge, Personal Property, S. 48. 353 Giliker/Beckwith, S. 380. 354 Unter A. II. 1. e). 355 „Wilfull“, vgl. Bridge, Personal Property, S. 49. 356 Wilson v Lombank Ltd [1963] 1 W. L. R. 1294; zum Vorsatz beim trespass to land siehe oben [Dritter Teil, § 11 A. II. 1. d) bb)]. 357 [1951] 2 K. B. 861.

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sonstige Anknüpfungspunkte für ein Verschulden nicht erforderlich sein. Wusste der Anspruchsgegner bei Vornahme der Handlung nicht von der Existenz der beschädigten Sache und liegt diesbezüglich auch keine fahrlässige Unkenntnis vor, sollen weitere Anhaltspunkte für ein Verschulden notwendig sein.358 Andererseits scheint es folgerichtiger, die Entscheidung in National Coal Board nicht als Grundlage eines neuen Verschuldensmaßstabs anzusehen, sondern sie auf die Einwendung des unabwendbaren Ereignisses (inevitable accident) zu stützen. Für diese muss der Beklagte beweisen, dass eine Rechtsverletzung auch bei Vornahme aller vernünftigerweise zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen nicht hätte verhindert werden können.359 Die Einwendung des inevitable accident ist also gleichermaßen mit der Verschuldensfrage verknüpft und im konkreten Fall einschlägig, da dem Beklagten weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.360 Zudem ist eine derartige Lösung dogmatisch damit im Einklang, dass ansonsten nur Vorsatz bezüglich der Verletzungshandlung gefordert wird. So gelangte der Court of Appeal in League Against Cruel Sports Ltd v Scott361 in einem vergleichbaren Fall zum trespass to land zu einem gegenteiligen Ergebnis. Im Verlauf einer Jagd gelangten die Jagdhunde des Beklagten entgegen einem ausdrücklichen Verbot seitens der Klägerin in ein Hirschschongebiet. Das Gericht entschied, dass der Beklagte einen trespass begangen hätte, wenn er ein Gelangen der Jagdhunde auf das Schongebiet beabsichtigt oder fahrlässig nicht verhindert hätte. Im konkreten Fall war diese Frage allerdings nicht relevant, da die Jagdhunde von den Beklagten derart nahe bei dem Hirschschongebiet eingesetzt wurden, dass das Gelangen der Jagdhunde auf das nicht eingezäunte Hirschschongebiet der Klägerin und damit ein tatbestandlicher trespass in keiner Weise mehr verhindert werden konnte und das Gericht aufgrund dieses Verhaltens von (bedingtem) Vorsatz ausging. c) Anspruchsberechtigung aa) Possession Herkömmlicherweise wird verlangt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Beeinträchtigung im Besitz (possession) der Sache gewesen sein muss.362 Dies trifft insbesondere zu auf einen bailee363, trustee, executor, administrator of 358 359 360 361 362

Markesinis/Deakin/Johnston, S. 484. Harpwood, S. 485/486. Vgl. Bridge, Personal Property, S. 50. [1986] Q. B. 240. Bridge, Personal Property, S. 51; Giliker/Beckwith, S. 382.

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estates und owner of franchises.364 Somit ist zunächst actual possession als tatsächliche Sachherrschaft anspruchsbegründend.365 Umstritten ist dagegen, ob ein immediate right to possession für die Anspruchsberechtigung aus trespass to goods ausreichend ist. Überwiegend ist anerkannt, dass immediate constructive possession ausreichend ist, um einen Anspruch aus trespass to goods geltend zu machen.366 Das Vorliegen der bloßen qualified constructive possession genügt hierfür hingegen nicht.367 Auf Einzelheiten soll im Folgenden näher eingegangen werden. bb) Immediate right to possession In Wilson v Lombank Ltd 368 wurde ein Recht zum unmittelbaren Besitz für eine Anspruchsberechtigung im Rahmen des trespass to goods für ausreichend erachtet. Bridge kritisiert die Gleichstellung von immediate right to possession mit constructive possession und damit auch mit possession als Anspruchsberechtigung mit dem Argument, dass hierdurch schuldrechtliche Beziehungen (nämlich das Recht zum Besitz) im Rahmen dinglicher Ansprüche eine Rolle spielte. Zudem sei nicht einzusehen, dass ein Eigentümer, der sich in räumlicher Entfernung von der Sache befindet, berechtigt sein soll, Ansprüche im Hinblick auf diese geltend zu machen.369 Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass das gegenwärtige Recht zum Besitz, gleichermaßen wie der mittelbare Besitz des deutschen Rechts, dem zum Besitz Berechtigten gegenüber dem tatsächlichen Besitzer eine gewisse vergeistigte Beziehung zu der Sache verschafft. Schließlich führt auch die Qualifikation, dass das right to possession immediate sein muss, dazu, dass gerade nicht jeder Eigentümer Ansprüche aus trespass erheben kann, son363 Siehe Owen and Smith (trading as Nuagin Car Service) v Reo Motors (Britain) Ltd (1934) 151 L. T. 274. 364 Giliker/Beckwith, S. 382. 365 Näheres zu den einzelnen Voraussetzungen der actual possession im Zweiten Teil, § 7 D. I. 366 Bridge, Personal Property, S. 51 („The rule is well established that only claimants in possession of the chattel at the time of the interference may sue, but possession is defined in such a way as to blur the line between possession and the right to immediate possession.“); der High Court of Australia entschied hingegen in Penfolds Wines Pty Ltd v Elliott (1946) 74 C. L. R. 204, dass unmittelbarer Besitz (actual possession) für einen Anspruch aus trespass to goods notwendig sei und ein bloßes Recht zum gegenwärtigen Besitz (right to immediate possession) nicht genüge. 367 Bell, Personal Property, S. 56. 368 [1963] 1 W. L. R. 1294. 369 Bridge, Personal Property, S. 52.

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dern nur derjenige mit einem gegenwärtigen Recht zum Besitz an der Sache. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Terminologie nicht einheitlich ist und neben dem Begriff immediate right to possession teilweise bedeutungsgleich der Begriff right to immediate possession verwendet wird.370 Im Folgenden soll jedoch aus Gründen der Einfachheit und Einheitlichkeit der Begriff immediate right to possession gebraucht werden. Ein immediate right to possession steht in der Praxis regelmäßig zwei verschiedenen Gruppen von Anspruchstellern zu: Zum einen ist dies der sog. bailor at will, das heißt ein bailor, der jederzeit die Herausgabe der betreffenden Sache verlangen kann, zum anderen handelt es sich hierbei um den wahren Eigentümer. Diesem kommt nämlich ein immediate right to possession zu, wenn er nicht einer anderen Person zeitweise ein besseres Recht zum Besitz eingeräumt hat. Hierfür ist unerheblich, ob der wahre Eigentümer im Zeitpunkt der Beeinträchtigung bereits den Besitz an der Sache verloren hatte.371 Aufgrund der Relativität der Besitzberechtigung steht möglicherweise auch mehreren Personen aus verschiedenen Gründen gleichzeitig ein immediate right to possession an einer Sache zu, nämlich gegenüber einer Person, der überhaupt keine Berechtigung an der Sache zukommt.372 Nach einer Auffassung im Schrifttum ist das Vorliegen der immediate constructive possession zwar ausreichend, um einen Anspruch aus conversion zu begründen373, genügt aber nicht im Rahmen des trespass. Trespass sanktioniere nämlich eine forcible and immediate injury vi et armis, diese könne nur gegenüber einer tatsächlichen Position und nicht gegenüber einer vergeistigten rechtlichen Position verübt werden. Demnach sei nur der actual possessor im Zeitpunkt der Beeinträchtigung anspruchsberechtigt.374 Ähnlich argumentiert eine Auffassung, nach der ein immediate right to possession nur dann ausreichend ist, um eine Anspruchsberechtigung aus trespass to goods zu begründen, wenn der tatsächliche Sachinhaber, der actual possessor, ein delegate oder representative der Person ist, die das immediate right to possession für sich beansprucht. Nur dann stünde der immediate constructive possessor der Sache so hinreichend nahe, dass es gerechtfertigt erscheine, diesen gleich einem Besitzer zu behandeln.375 Weiterhin könne im Fall eines servant, agent oder bailee at will gerade von einer forcible and im370 Tyler/Palmer verwenden beide Begriffe sogar in ein- und demselben Textabschnitt nebeneinander, vgl. Tyler/Palmer, Personal Property, S. 23; Bridge, Personal Property, S. 69 spricht in dieser Hinsicht jedoch ausschließlich von einem right to immediate possession. 371 Zum Ganzen Bridge, Personal Property, S. 63 und 69. 372 Bridge, Personal Property, S. 69; vgl. auch Pollock/Wright/Pollock, S. 147/148. 373 Siehe hierzu sogleich [unter III. 3. e) cc)]. 374 Paton/Derham, Jurisprudence, S. 586 (insbesondere Fn. 3). 375 Palmer/McKendrick/Hudson, S. 812.

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mediate injury vi et armis ausgegangen werden.376 Hierzu ist zunächst anzumerken, dass das Attribut vi et armis eine überkommene historische Bezeichnung des trespass to goods darstellt, von der sich die Rechtsprechung jedoch gelöst und damit den Anwendungsbereich der Anspruchsgrundlage ausgeweitet hat. Somit ist jetzt ausschließlich entscheidend, ob eine erfolgte Beeinträchtigung immediate ist. Hierbei dient die Unmittelbarkeit als anspruchsbegrenzendes Kriterium und Korrektiv. Trespass to goods bietet damit eine Anspruchsgrundlage für unmittelbare Beeinträchtigungen von beweglichen Sachen ohne Rücksicht auf die ohnehin schwer zu beantwortende Frage, ob diese durch Gewaltanwendungen hervorgerufen wurden oder nicht. d) Schaden Auch bei trespass to goods ist nicht völlig unumstritten, ob es sich um einen reinen Schadensersatz- oder auch um einen Feststellungsanspruch handelt, also ob die Entstehung eines Schadens für den Anspruch ein konstitutives Merkmal ist. Nach herkömmlicher Ansicht ist trespass to goods actionable per se, das heißt, der Anspruch entsteht unabhängig vom Eintritt eines Schadens.377 Insofern handelt es sich daher um einen reinen Feststellungsanspruch. Hierfür spricht insbesondere, dass trespass to goods die einzige Anspruchsgrundlage ist, die es ermöglicht, von den Parteien begehrte Feststellungen über Rechtsverhältnisse an beweglichen Sachen zu treffen, sofern nicht die engeren Voraussetzungen der conversion378 vorliegen. Zudem kann trespass to goods auch die Funktion erfüllen, die Unrechtmäßigkeit von unsozialen Verhaltensweisen feststellen zu lassen, die aber nicht zwangsläufig zu einem Schaden führen, wie zum Beispiel das Berühren von Ausstellungsstücken in einem Museum.379 e) Einrede des ius tertii Als gesetzliche Einrede berücksichtigt s. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977380 schließlich das bessere Recht eines Dritten an dem Gegenstand, das sog. ius tertii. Diese Regelung hatte bereits im siebzehnten 376

Pollock/Wright/Pollock, S. 145/146. Giliker/Beckwith, S. 381; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 484 m. w. N.; zur parallel gelagerten Diskussion bei trespass to land siehe bereits oben [unter A. II. 1. f)]. 378 Hierzu sogleich unter III. 3. 379 Bridge, Personal Property, S. 49. 380 „The defendant in an action for wrongful interference shall be entitled to show, in accordance with rules of court, that a third party has a better right than the plaintiff in respect of all or any part of the interest claimed by the plaintiff, or in right of which he sues.“ 377

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Jahrhundert schon einmal bestanden, sie war aber zwischenzeitlich abgeschafft worden.381 Systematisch stellt sie eine Ausnahme zu dem Prinzip dar, dass possession gegenüber einem deliktisch Handelnden Dritten bereits einem Recht zum Besitz gleichsteht („as against a wrongdoer, possession counts as title“).382 Hierdurch wird trespass nicht nur zu einer Anspruchsgrundlage für die Partei mit der possession bzw. dem better right to possess, sondern sie führt auch die Berücksichtigung (noch) besserer Rechte Dritter in den Rechtsstreit ein. Damit ermöglicht es der Anspruch aus trespass, eine absolute Klärung der Rechtsverhältnisse an der Sache herbeizuführen. S. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977 gewährt jedoch nicht nur dem Anspruchsgegner eine Einrede. Sinn und Zweck der Vorschrift liegen vor allem auch darin, den besser berechtigten Dritten zu schützen und ihn eventuell dazu zu veranlassen, dem Rechtsstreit beizutreten.383 Die Möglichkeit der Anerkennung des ius tertii trägt damit in gewissem Maße zur Ausgestaltung des Eigentums als rechtlich geschützter Position bei.384 Gleichzeitig führt die Einführung der Klärung der besseren Berechtigung eines Dritten an einer Sache gegenüber dem Anspruchsteller zu einer weiteren Einbuße des possessorischen Besitzschutzes neben der ohnehin schon erfolgenden Berücksichtigung der besseren Berechtigung des Anspruchsgegners gegenüber dem Anspruchsteller. Kann sich nämlich der Besitzer gegenüber einem Nichtbesitzer eventuell nicht wegen eines besser berechtigten Dritten durchsetzen, so wird der Besitzer vom Schutz ausgeschlossen. Dies ist zwar im Sinne einer endgültigen Klärung der Rechtslage, führt aber zu einer Herabsetzung des Stellenwerts des Gewaltverbots und des Friedensschutzes.385 f) Co-ownership als besonderer Rechtfertigungsgrund Im Rahmen eines co-ownership-Verhältnisses gilt die sog. unity of possession. Diese besagt, dass jedem co-owner gleichzeitig zu den anderen ein right to possession zusteht, wodurch ihm grundsätzlich nach allgemeinen Regeln Besitzschutzansprüche gegenüber jedem der übrigen co-owner zustehen würden. Eine anderweitige Regelung trifft jedoch s. 10 Torts (Inter381 Gleeson, Personal Property, S. 31/32 unter Berufung auf Dockwray v Dickenson (1696) Skin. 640 und Jeffries v Great Western Railway Company (1856) 5 El. & Bl. 802, wo entschieden wurde, dass es lediglich auf den Besitz ankomme, nicht aber auf „questions of title“; siehe auch Megarry/Wade, Real Property, S. 91/92. 382 Palmer, Bailment, S. 308. 383 Palmer, Bailment, S. 296. 384 So auch Holdsworth, (1940) 56 L. Q. R., S. 480. 385 Siehe hierzu auch Bell, Personal Property, S. 79 m. w. N.

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ference with Goods) Act 1977 für die Frage, unter welchen Umständen coowner untereinander Ansprüche aus trespass to goods oder conversion geltend machen können. Dies ist nur unter bestimmten Umständen der Fall, welche die Vorschrift im Einzelnen auflistet. Hierunter fallen insbesondere die Zerstörung der betreffenden Sache, eine den gutgläubigen Erwerb bewirkende Verfügung sowie Handlungen, die qualitativ einer Zerstörung gleichkommen, vgl. s. 10 (1) (a) Torts (Interference with Goods) Act 1977. Damit sind, ähnlich wie Besitzschutzansprüche unter Mitbesitzern im deutschen Recht nach § 866 BGB, Besitzschutzansprüche im englischen Recht insoweit ausgeschlossen, als es lediglich um die Grenzen des Gebrauchs der Sache durch den Einzelnen geht. 2. Detinue

Der klassische Anwendungsbereich des tort detinue waren Ansprüche des bailor gegen den bailee wegen Pflichtverletzungen.386 Detinue litt jedoch unter grundlegenden Defiziten: Zum einen bestand keine Verantwortlichkeit, wenn ein Gegenstand in verschlechtertem Zustand zurückgegeben wurde, und zum anderen hatte der Beklagte die Möglichkeit des sog. wager of laws. Dies bedeutete, dass der Beklagte lediglich unterstützt von einigen Eideshelfern (compurgators) seine Unschuld beschwören und somit der Verantwortlichkeit entgehen konnte. Auch bot detinue keinerlei Möglichkeiten für den Fall, dass die betreffende Sache in verschlechtertem Zustand zurückgegeben wurde.387 So rückten andere Anspruchsgrundlagen, insbesondere trover388, aufgrund ihrer weiteren Anwendungsbereiche im Lauf der Zeit praktisch in den Vordergrund. Kurzfristig erfuhr detinue mit der Abschaffung des wager of laws durch den Uniformity of Process Act 1832 im Jahre 1833 eine Wiederbelebung, vor allem, da kein willentliches Handeln des Anspruchsgegners nachgewiesen werden musste.389 Durch s. 2 (1) Torts (Interference with Goods) Act 1977 wurde detinue schließlich abgeschafft. Gleichzeitig wurde durch s. 2 (2) Torts (Interference with Goods) Act 1977 der Anwendungsbereich der conversion im selben Umfang ausgedehnt, so dass diese nunmehr die vorherigen Fälle von detinue mit umfasst.390

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Vgl. Palmer, Bailment, S. 68 ff. Baker, S. 392. 388 Siehe hierzu unten. 389 Curwen, [2004] 68 Conv., S. 309; Gleeson, Personal Property, S. 298 spricht gar von einem „Indian summer for some of the old forms of action“. 390 Palmer, Bailment, S. 81 ff. m. w. N. zum Anwendungsbereich der Vorschrift; Palmer/McKendrick/Swadling, S. 520. 387

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers 3. Conversion

a) Geschichtlicher Hintergrund Conversion ist aus der früheren Klageform des trover hervorgegangen.391 Trover behandelte Fälle, in denen der Kläger eine bewegliche Sache im Besitz hatte, die er zufällig (casualiter et per infortunatem) verloren hatte und die anschließend vom Beklagten gefunden wurde und zu einem Gegenstand seines eigenen Gebrauchs umgewandelt (converted) wurde.392 Hieraus erklärt sich auch die Bezeichnung trover, zurückgehend auf das französische Wort trouver (finden).393 Wie bereits erwähnt, hatte trover einen weiteren Anwendungsbereich als detinue, da es jede Beeinträchtigung im Hinblick auf bewegliche Sachen umfasste, wie beispielsweise auch deren bloße Innehabung (detention). b) Definition Conversion ist zunächst jede Beeinträchtigung, die zu einer Infragestellung oder Negierung der Berechtigung des wahren Eigentümers führt (denial of the true owner’s title). Das tort wird begangen, indem jemand mit beweglichen Sachen in einer Weise verfährt, die der Berechtigung des Eigentümers und dessen Willen zur Nutzung der Sache zuwiderläuft.394 Bloße Äußerungen genügen allerdings nach s. 11 (3) Torts (Interference with Goods) Act 1997 nicht für einen Anspruch aus conversion.395 Conversion kann in zahlreichen verschiedenen Formen begangen werden, die über die Unterschlagung einer Sache weit hinausgehen.396 So können auch leichtere Beschädigungen eine conversion darstellen, wenn diese in der Absicht durchgeführt werden, dem wahren Eigentümer seine Rechte an der Sache (in diesem Fall das Recht auf Integrität und auf Nutzung der Sache) vorzuenthalten.397 Der Nachweis eines Schadens ist aber grundsätzlich nicht erforderlich. Neben der Gewährung eines deliktischen Anspruchs erfüllt conversion noch zwei weitere äußerst wichtige Funktionen: Einerseits er391

Curwen, [2004] 68 Conv., S. 309/310. Bridge, Personal Property, S. 52. 393 Vgl. Warren, (1936) 49 Harv. L. R., S. 1085. 394 Bridge, Personal Property, S. 55 („Liability in conversion exists where the defendant asserts a title inconsistent with the true owner’s, whether it be his own title or that of someone else.“); Harpwood, S. 366; Winfield, S. 374; Woodley, S. 116. 395 Vgl. Harpwood, S. 367. 396 Beispiele finden sich unter anderem bei Palmer/McKendrick/Swadling, S. 522. 397 Bridge, Personal Property, S. 55 m. w. N. 392

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setzt conversion funktionell den ansonsten im englischen Recht nicht vorhandenen Vindikationsanspruch.398 Da das ownership kein zentrales Konzept im englischen Personal Property Law ist399, kennt das englische Recht nämlich keinen Vindikationsanspruch im eigentlichen Sinne.400 Andererseits dient conversion der Abschöpfung ungerechtfertigter Vermögensvorteile aus fremdem Eigentum oder aus dessen Erlösen bzw. Erträgen.401 Folglich stellt der Anspruch aus conversion einen Systembruch im Recht des Tort Law dar, da sich dieses ansonsten von seiner Grundausrichtung her mit tatsächlichen Geschehnissen und nicht mit Eigentumsverhältnissen befasst.402 c) Vorsatz (intention) Conversion erfordert, abgesehen vom Vorsatz des Anspruchsgegners bezüglich der tatbestandlichen Handlung, kein Verschulden.403 Da nach deutschem Rechtsverständnis die Willenssteuerung des tatbestandlichen Verhaltens bereits dem Handlungsbegriff immanent ist, handelt es sich auch hiernach um eine verschuldensunabhängige Haftung.404 So steht auch bei der conversion gerade nicht der Kompensationsgedanke, sondern die Verteidigung eines Rechts im Vordergrund.405 Deshalb muss die Haftung aus conversion auch unabhängig von einem Verschulden gegeben sein.406

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Siehe nur Lawson, Rational Strength, S. 126. Hierzu eingehend oben, Erster Teil, § 4 und § 5. 400 Es gibt allerdings die Institute des following und des tracing bei wrongful transfers mit goods, also zum Beispiel der Verfügung durch einen Nichtberechtigten. Beide sind darauf gerichtet, Gegenleistungen herauszuverlangen, die der Nichtberechtigte aufgrund der Verfügung erlangt hat. Hierbei ist das Rechtsinstitut des following einschlägig, wenn die Übereignung dinglich wirksam ist, tracing hingegen sofern diese unwirksam ist. Die beiden Rechtsinstitute entsprechen folglich funktional der Vorschrift des § 816 Abs. 1 BGB und haben vornehmlich bereicherungsrechtlichen Charakter. Ausführlich zu den beiden Rechtsinstituten Gleeson, Personal Property, S. 335 ff. 401 Palmer/McKendrick/Tettenborn, S. 825. 402 Weir, Tort Law, S. 165/166. 403 Harpwood, S. 366; Markesinis/Deakin/Johnston, S. 487; Street on Torts, S. 264/265. 404 Siehe bereits oben zum parallel gelagerten Vorsatzbegriff des englischen Rechts bei trespass to land [§ 11 A. II. 1. d) bb)]. 405 So auch Palmer/McKendrick/Tettenborn, S. 830. 406 Weir, Tort Law, S. 166/167. 399

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

d) Acts of conversion Die Beeinträchtigung, also die interference with the owner’s title, muss eine hinreichende Schwere aufweisen. Diesbezüglich sind jedenfalls Handlungen wie der unerlaubte Verkauf, die Verpfändung oder die Zerstörung der Sache ausreichend.407 Wie aus s. 11 (3) Torts (Interference with Goods) Act 1977 hervorgeht, ist die Negierung als solche noch nicht ausreichend, um einen Anspruch aus conversion zu begründen. Die einzige Ausnahme ist bei Beeinträchtigungen durch einen bailee zu machen. Diese war zuvor ein Fall von detinue und stellt nun wegen s. 2 (2) Torts (Interference with Goods) Act 1977 eine conversion dar.408 Die Beeinträchtigung der Berechtigung des wahren Eigentümers muss in einem positiven Tun liegen, ein Unterlassen ist insofern nicht ausreichend.409 Aus ähnlichen Erwägungen heraus ist auch der bloße Abschluss eines Kaufvertrags über bestimmte Waren noch nicht ausreichend, es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Handlung, die die Negierung der Berechtigung manifestiert, wie zum Beispiel die Auslieferung der Ware.410 Ferner muss die Berechtigung des Eigentümers infrage gestellt oder negiert werden, d.h. ein Verhalten, das ihn lediglich daran hindert, wieder in den Besitz der Sache zu gelangen, ist nicht ausreichend.411 Negierung bedeutet in diesem Kontext allerdings nicht, dass der Eigentümer sein Eigentum tatsächlich auch verlieren muss, sondern nur, dass die betreffende Handlung, praktisch betrachtet, darauf ausgerichtet ist, das immediate right to possession des Eigentümers nicht anzuerkennen oder zu vernichten. Ob dies der Fall ist, muss für den jeweiligen Einzelfall festgestellt werden.412 Auch objektiv neutrale Handlungen, die noch nicht per se auf die Negierung des Rechts des Anspruchsinhabers gerichtet sind, können durch die subjektive Einstellung des Anspruchsgegners einen act of conversion darstellen. Dies ist der Fall, wenn der Anspruchsgegner sich absichtlich eine Verfügungsmacht anmaßt, die mit der Rechtsstellung des Eigentümers unvereinbar ist.413 Desgleichen ist eine unberechtigte Entfernung (wrongful asportation) noch keine conversion.414 Allerdings liegt in der Umgestaltung 407

Palmer, Bailment, S. 83/84 m. w. N. So Markesinis/Deakin/Johnston, S. 488. 409 Siehe Ashby v Tolhurst [1937] 2 K. B. 242, wo ein Parkplatzwächter fahrlässigerweise ermöglichte, dass der Pkw des Klägers von einem Dritten (Nichtberechtigten) weggefahren wurde. 410 Douglas Valley Finance Company Ltd v S Hughes (Hirers) Ltd [1969] 1 Q. B. 738. 411 Siehe England v Cowley (1873) L. R. 8 Ex. 126. 412 Vgl. Palmer, Bailment, S. 83/84. 413 Vgl. Huber, RabelsZ 1998, S. 71. 408

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des Zustands der Sache eine conversion, wie zum Beispiel in der Herstellung von Haferbrei aus Hafer.415 Beschädigungen der Sache stellen eine conversion dar, sofern sie mit dem Vorsatz durchgeführt werden, hierdurch die eigene Berechtigung an ihnen zu demonstrieren.416 Das bloße Innehaben der Sache (detention) im Sinne eines unberechtigten Besitzes muss nicht zwangsläufig auch eine conversion darstellen.417 Wenn jedoch auf das Verlangen des Eigentümers hin die Herausgabe der Sache verweigert wird, was früher ein Fall der detinue gewesen wäre, soll dies heute dann eine conversion darstellen, wenn das Herausgabeverlangen beharrlich (insisting) und die Verweigerung unnachgiebig (adamant) ist.418 Auch muss der Anspruchsgegner im Zeitpunkt des Geltendmachens des Herausgabeverlangens noch im Besitz der betreffenden Sache sein.419 In Kuwait Airways Corporation v Iraqi Airways Company (Nos 4 and 5)420 stellte Lord Nicholls jedoch fest, dass das bloße Zurückbehalten einer Sache schon dann eine conversion sei, wenn es den Interessen des Eigentümers dadurch zuwiderlaufe, dass der Besitzer der Sache diese behalten wolle. Dieser Wille könne schon aus dem Herausgabeverlangen und dessen Verweigerung abgeleitet werden. Zudem seien Herausgabeverlangen und Ablehnung überhaupt nicht nötig, wenn die Zurückbehaltung von einem Willen getragen ist und mit dem Vorsatz erfolgt, den Willen des wahren Berechtigten zu negieren.421 Hier ist also die subjektive Einstellung des Täters ausschlaggebend dafür, ob eine an sich neutrale Handlung einen act of conversion darstellt. e) Anspruchsberechtigung In Rechtsprechung und Schrifttum zur conversion ist derzeit noch nicht vollständig geklärt, welche Art von Berechtigung an der Sache notwendig ist, um einen Anspruch aus conversion geltend machen zu können. Diese Frage soll im Folgenden näher untersucht werden.

414

Fouldes v Willoughby (1841) 8 M. & W. 540. Siehe Hollins v Fowler (1875) L. R. 7 H. L. 757. 416 Bridge, Personal Property, S. 55. 417 Vgl. Caxton Publishing Company Ltd v Sutherland Publishing Company [1939] A. C. 178; siehe nur Capital Finance Company Ltd v Bray [1964] 1 W. L. R. 323 (zum insofern gleich gelagerten Tort detinue); vgl. Bridge, Personal Property, S. 57. 418 Bridge, Personal Property, S. 56 m. w. N. zur Rechtsprechung. 419 Huber, RabelsZ 1998, S. 73. 420 [2002] U. K. H. L. 19, 42. 421 Siehe Clayton v Le Roy [1911] 2 K. B. 1031. 415

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aa) Property Eine Reihe von Urteilen zum trover geht davon aus, dass grundsätzlich property seitens des Anspruchstellers für einen Anspruch aus conversion nötig ist.422 Das Erfordernis der property an der Sache ist allerdings im Lichte der uneinheitlichen Terminologie dieses Begriffs und des Konzepts der Relativität des Eigentums im englischen Recht zu sehen. Der Begriff property ist im englischen Rechtskreis mit verschiedenen Bedeutungen belegt und keinesfalls gleichbedeutend mit dem deutschen Begriff Eigentum.423 Unter Umständen wird auch der bloße Besitz an einer Sache als property gegenüber einem Dritten angesehen, der in keinerlei Beziehung zu der Sache steht, wie zum Beispiel ein Dieb.424 So wurden im 17. und 18. Jahrhundert, also zu der Zeit, aus der die eingangs erwähnten Urteile stammen, die Rechtspositionen des Mieters (hirer) oder Pfandgläubigers (pledgee) einer beweglichen Sache ebenfalls als property bezeichnet.425 Ähnlich ist die Entscheidung Jarvis v Williams426 einzuordnen, in der ein right of property als Voraussetzung für einen Anspruch aus detinue gefordert wurde. Ein solches right of property hat hiernach gerade nicht nur der Eigentümer der Sache inne, sondern auch der bailee, nämlich sog. special property.427 Zudem stehe gerade possession für eine relative Berechtigung an der Sache, also für ein right of property.428 bb) Possession Nach Jeffries v Great Western Railway Company429 gilt: „. . . the person who has possession has the property“. Folglich soll der Besitzer auch im Rahmen der conversion anspruchsberechtigt sein. Diese Entscheidung steht vermutlich nicht im Widerspruch zu den drei genannten Entscheidungen zur property, sondern liegt mit diesen auf einer Linie, wenn man das Kon422 Siehe nur Ward v Macauley (1791) 4 Term. Rep. 489. In der Entscheidung Gordon v Harper (1796) 7 T. R. 9 wurde zusätzlich zu dieser Voraussetzung verlangt, dass dem Anspruchsteller ein right to immediate possession an der Sache zustehen müsse; Curwen, [2004] 68 Conv., S. 310 m. w. N. zu weiteren Entscheidungen. 423 Hierzu bereits oben (Erster Teil, § 4 B. I.). 424 Curwen, [2004] 68 Conv., S. 310/311. 425 Vgl. Curwen, [2004] 68 Conv., S. 310. 426 [1955] 1 All E. R. 108. 427 Zu diesem Begriff schon oben (Erster Teil, § 4 B. II. 1.). 428 So Tyler/Palmer, Personal Property, S. 23 ff. m. w. N. zu Folgeentscheidungen. 429 (1865) 5 E. & B. 802, S. 806 (Lord Campbell), zitiert nach Colins M. R. in The Winkfield [1902], P. 42, S. 55.

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zept der relativity of title und die Tatsache bedenkt, dass ohnehin von possession auf property geschlossen wird.430 In Costello v Chief Constable of Derbyshire Constabulary431 betonte der Court of Appeal, es sei grundsätzlich gleichgültig, ob der Besitz auf recht- oder unrechtmäßige Weise erworben wurde. Allerdings ist auch hierbei der Grundsatz der relativity of title zu beachten, so dass die reine possession (ohne dingliche oder schuldrechtliche Berechtigung) des Anspruchstellers im Zeitpunkt der Begehung der conversion nur ausreichend gegenüber einem Anspruchsgegner ohne eine bessere Berechtigung an der Sache ist.432 Eine solche bessere Berechtigung hat insbesondere die Person mit einem immediate right to possession. cc) Immediate right to possession Zwar ist das immediate right to possession keine vergeistigte Form der possession im eigentlichen Sinne, es genügt aber, um eine Anspruchsberechtigung des Rechtsinhabers zu begründen.433 Das Vorliegen von qualified constructive possession ist hingegen nicht ausreichend.434 In Lord v Price435 entschied sich Bramwell B. allerdings gegen das immediate right to possession als Anspruchsberechtigung im Rahmen des trover. Als Argument führte er an, es gäbe dann mehrere mögliche Kläger, die einen Anspruch auf die streitgegenständliche Sache erheben könnten. Andererseits muss man bedenken, dass es ohnehin mehrere Situationen gibt, in denen zwei Personen gleichzeitig aus conversion anspruchsberechtigt sein können, wie zum Beispiel unter gewissen Voraussetzungen im Fall eines bailment.436 Schließlich ist der Anspruch aus conversion anders als der posses430 Zur Eigentumsvermutung im englischen Recht siehe oben (Zweiter Teil, § 7 C. III. 1.). 431 [2001] 3 All E. R. 150. 432 Bridge, Personal Property, S. 67. 433 Gordon v Harper (1796) 7 T. R. 9; The Winkfield [1902] P. 42; Huber, RabelsZ 1998, S. 97 m. w. N.; Street on Torts, S. 258; Tyler/Palmer, Personal Property, S. 19; Winfield, S. 374/375; Allerdings ist die Terminologie auch in dieser Hinsicht nicht einheitlich: Palmer spricht beispielsweise von einem immediate right of possession (Palmer, Bailment, S. 353); Chabbra Corporation Pte Ltd v Jag Shakti (Owners) („The Jag Shakti“) [1986] 1 A. C. 337 (Privy Council) spricht von einem right to possession. Aus der Begründung (bailment-Verhältnis zwischen den Parteien) ergibt sich jedoch, dass die Entscheidung ein immediate right to possession als Voraussetzung im Blick hat, zu dieser Entscheidung auch unten (Fn. 492); in Bute (Marquess) v Barclays Bank Ltd [1955] 1 Q. B. 202 ist davon die Rede, dass der Anspruchsteller im Zeitpunkt der conversion entitled to immediate possession war. 434 Gordon v Harper (1796) 7 T. R. 9; Bell, Personal Property, S. 56. 435 (1874) L. R. 9 Exch. 54. 436 Hierzu sogleich [unter e) ff)].

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sorische Besitzschutz des deutschen Rechts gerade nicht vorläufiger Natur, so dass es sachlich gerechtfertigt erscheint, demjenigen mit der relativ besten Berechtigung den entsprechenden Gegenstand zuzusprechen. Nach Auffassung von Warren sollte conversion als Vindikationsanspruch stets ownership an der Sache voraussetzen. Zwar stehe dem owner einer Sache regelmäßig auch ein immediate right to possession zu, allerdings solle conversion gerade die Funktion haben, den title an Personal Property zu schützen. Deshalb solle auch nur der Eigentümer den vollen Schadensersatz für die Sache erhalten, auch wenn im Zeitpunkt der conversion eine andere Person diesem gegenüber ein besseres Besitzrecht innegehabt hatte.437 Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen. Zum einen kennt das Common Law gerade kein in sich stimmiges Konzept des owner-ship in Bezug auf bewegliche Sachen, so dass man dieses wiederum nur aufgrund des possessory title vermuten könnte. Weiterhin erfüllt conversion, wie eingangs erwähnt, gerade nicht nur eine Vindikationsfunktion, sondern bietet auch einen deliktischen Anspruch. Im Rahmen dieses Anspruchs bildet die bloße Nutzungsmöglichkeit aus dem immediate right to possession einen schützenswerten wirtschaftlichen Wert, der nicht zwangsläufig dem Eigentümer an der Sache zusteht, sondern stets derjenigen Person mit dem immediate right to possession. dd) Equitable title In Joseph v Lyons438 lehnte es der Court of Appeal ab, einen equitable proprietary interest als anspruchsbegründend für conversion anzuerkennen. Die Entscheidung International Factors Ltd v Rodriguez439 ging jedoch später davon aus, dass ein equitable title ein immediate right to possession darstellt und damit auch ein Anspruch aus conversion zu bejahen sei. Dies erscheint vor dem Hintergrund unstimmig, dass von der Rechtsprechung auch eine Anspruchsberechtigung des equitable pledgee abgelehnt wurde.440 Ein gutes Jahrhundert später wurde in MCC Proceeds v Lehman Brothers International (Europe)441 wiederum die Linie von Joseph v Lyons bestätigt. Dies erscheint im Zusammenhang mit den Regeln über den gutgläubigen Erwerb von Mobilien auch sachgerecht. Es ist nämlich anerkannt, dass ein 437

Warren, (1936) 49 Harv. L. R., S. 1100/1101. (1884) 15 Q. B.D. 280; so im Ergebnis auch Gleeson, Personal Property, S. 309. 439 [1979] Q. B. 351. 440 Lloyd LJ in The Future Express [1993] 2 Lloyd’s Rep. 542, S. 548; vgl. Worthington, Personal Property, S. 575. 441 [1998] 4 All E. R. 675. 438

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equitable interest nicht dem gutgläubigen lastenfreien Erwerb des legal estate durch einen Dritten entgegensteht, wobei auch fahrlässige Unkenntnis vom equitable interest den Erwerb nicht ausschließt. Ließe man den equitable interest für einen Anspruch aus conversion ausreichen, würde dies konterkariert, da der equitable owner durch einen – kenntnis- und verschuldensunabhängigen – Anspruch in conversion gegen den Erwerber dessen gutgläubigen Erwerb vereiteln könnte.442 Zudem erscheint die pauschale Anspruchsberechtigung des Inhabers des equitable title inkonsequent, da diesem nicht zwangsläufig ein immediate right to possession zusteht, sondern gegebenenfalls dem Inhaber des legal title oder einer sonstigen dinglich oder schuldrechtlich berechtigten Person. ee) Vertragliches Besitzrecht (contractual right to obtain possession) Einschränkungen im Hinblick auf das immediate right to possession ergeben sich aus der vielkritisierten443 Entscheidung International Factors Ltd v Rodriguez444. Dort forderte der Court of Appeal, dass das immediate right to possession von einem proprietary right abgeleitet sein müsse. Hiergegen spricht zunächst, dass ansonsten nur der Eigentümer selbst einen Anspruch wegen acts of conversion in Bezug auf die Sache geltend machen könnte, würde man einen possessory title nicht für ausreichend erachten.445 Die Entscheidung in MCC Proceeds v Lehman Brothers International (Europe)446 scheint dagegen davon auszugehen, dass ein vertragliches Besitzrecht ausreichend ist, um einen Anspruch aus conversion geltend zu machen.447 Allerdings wird diese Entscheidung mit einer Analogie zur Anspruchsgrundlage der interference with contractual rights (Beeinträchtigung eines vertraglichen Rechts) aus dem Tort Law begründet, die stets von der Kenntnis des Anspruchsgegners vom betreffenden Vertrag abhängt.448 Da der Anspruch aus conversion grundsätzlich unabhängig von subjektiven Voraussetzungen ist, insbesondere einem Verschulden, scheint es nicht passend, 442

Curwen, [2004] 68 Conv., S. 315. Vgl. Worthington, Personal Property, S. 575; zur Entscheidung siehe auch sogleich unter dd). 444 [1979] Q. B. 351. 445 Vgl. Palmer, Bailment, S. 163 ff.; siehe auch Palmer/McKendrick/Palmer, S. 71 ff. 446 [1998] 4 All E. R. 675. 447 Dahingehend anscheinend auch Halsbury’s Laws of England, Vol. 45 para. 1433 (Fn. 7) m. w. N. 448 Weir, Tort Law, S. 168/169. 443

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eine derartige Kenntnis des Anspruchsgegners vom jeweiligen Vertragsverhältnis zu verlangen.449 Außerdem wäre es systemwidrig, ein vertragliches Besitzrecht zuzulassen, aber kein equitable right, da sich ein equitable title oftmals auf eine vertragliche Berechtigung gründet.450 Dies hat jedoch zur Folge, dass der praktisch häufig vorkommende Fall des leasehold von beweglichen Sachen (chattel lease oder auch hire of goods genannt), der nach herrschender Auffassung im englischen Recht im Gegensatz zum leasehold von land kein proprietary interest ist451, auch kein immediate right to possession gewährt. Somit kann der lessee einer chattel im englischen Recht nur Schutzansprüche geltend machen, wenn er possession an der Sache innehat, ansonsten stehen ihm nur vertragliche Ansprüche gegen den lessor zu. Im Rahmen der Besitzschutzansprüche ist jedoch immediate constructive possession452 der Sache ausreichend, die in der Praxis wiederum regelmäßig vorliegen wird. Hierdurch werden die im Übrigen bestehenden Wertungswidersprüche453 abgemildert, die aus der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung des leasehold von land und von chattels resultieren. ff) Bailment Da für ein bailment die Übertragung der possession vom bailor auf den bailee charakteristisch ist454, kann der bailor Ansprüche aus conversion oftmals nicht auf possession stützen. Teilweise wird immediate constructive possession des bailor angenommen, was vor allem relevant wird, wenn der bailor nicht Eigentümer der Sache ist und sich insofern nicht auf ein immediate right to possession stützen kann.455 Daneben hat der bailor grundsätzlich keinen Anspruch aus conversion, wenn er kraft Vertrags oder durch estoppel vorübergehend nicht berechtigt ist, die Sache herauszuverlangen. Normalerweise hat ausschließlich der bailee sowohl possession als auch ein immediate right to possession und ist somit anspruchsberechtigt.456 Er kann 449

Weir, Tort Law, S. 168/169; Curwen, [2004] 68 Conv., S. 316/317. Weir, Tort Law, S. 169. 451 Siehe oben (Erster Teil, § 4 D. II.); vgl. auch Palmer/McKendrick/Swadling, S. 491 ff. m. w. N. 452 Hierzu oben (Zweiter Teil, § 7 D. II. 1.). 453 Siehe schon oben, Erster Teil, § 4 D. II. 454 Zu diesem Begriff oben, Erster Teil, § 4 B. II. 455 Siehe oben (Zweiter Teil, § 7 D. II. 1.); vgl. auch Huber, RabelsZ 1998, S. 97, der vorschlägt, dem bailor in diesen Fällen ein right to immediate possession zuzuschreiben, wenn er die Sache nur vorübergehend aus der Hand geben wollte, um nicht die Unterschiede zwischen (immediate constructive) possession und immediate right to possession einzuebnen. 456 The Winkfield [1902] P. 42, S. 54 ff.: Auf das Innenverhältnis zum bailor solle es gerade nicht ankommen, vielmehr seien nur die Besitzverhältnisse maßgeb450

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aufgrund dessen auch gegen den bailor aus conversion vorgehen, sofern dieser sich unberechtigterweise wieder der übergebenen Sache bemächtigen will.457 Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung im Schrifttum ist hiervon eine Ausnahme zu machen, wenn sich der bailee in schwerwiegender Weise über die Bestimmungen des bailment hinweggesetzt hat. Unter diesen Umständen soll dem bailor ein Anspruch aus conversion sowohl gegen den bailee als auch gegen Dritte zustehen.458 Diese Entwicklung steht allerdings im Widerspruch zur Regelung im Bereich des Contract Law. Dieser zufolge beenden auch schwere Vertragsverletzungen nicht unbedingt den Vertrag, sondern gewähren dem vertragstreuen Teil ein Wahlrecht, ob er sich vom Vertrag lösen oder an diesem festhalten möchte.459 Deshalb bietet es sich an, diesbezüglich einen Gleichklang herzustellen und dem bailor nur dann ein immediate right to possession zuzusprechen, wenn er nach dem Gesetz oder aufgrund entsprechender vertraglicher Absprachen das bailment fristlos gekündigt hat.460 Weiterhin steht dem bailor ein immediate right to possession zu, wenn das bailment vereinbarungsgemäß frei widerrufen werden kann (sog. bailment at will), so dass der bailor durch die Möglichkeit des Widerrufs seine Anspruchsberechtigung erwirken kann.461 Allerdings ist zu beachten, dass hierbei auf zwei verschiedene Handlungen abgestellt wird, zum einen auf die Handlung, welche das immediate right to possession des Eigentümers wieder aufleben lässt, zum anderen auf den eigentlichen act of conversion, an den grundsätzlich höhere Anforderungen zu stellen sind.462 f) Ius tertii Die bessere Berechtigung eines Dritten (ius tertii) findet auch im Rahmen der conversion gemäß s. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977 als Einrede Berücksichtigung. Dies gilt auch für einen bailee, dem es nach den lich. Dies sei vor allem deshalb gerechtfertigt, weil der bailee gegenüber dem bailor im Innenverhältnis haftet und ihm zur Auskunft verpflichtet ist; Gleeson, Personal Property, S. 39/40 m. w. N. 457 Curwen, [2004] 68 Conv., S. 320. 458 North General Wagon & Finance Co Ltd v Graham [1950] 2 K. B. 7; Gleeson, Personal Property, S. 309; Palmer, Bailment, S. 144/145 mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung (in Fn. 50); Huber, RabelsZ 1998, S. 96 m. w. N. 459 Bridge, Personal Property, S. 70/71. 460 Bridge, Personal Property, S. 70/71 m. w. N. 461 Huber, RabelsZ 1998, S. 96; vgl. auch Bridge, Personal Property, S. 69/70 m. w. N. 462 Gleeson, Personal Property, S. 310.

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zuvor geltenden Regeln des Common Law grundsätzlich verwehrt war, die Berechtigung des bailor an der Sache in Frage zu stellen.463 Allerdings ist die Berufung auf das ius tertii unter Umständen nachteilig für den Beklagten: Er lädt nämlich gewissermaßen den besser berechtigten Dritten dazu ein, gegen ihn zu prozessieren, d.h. der durch die Geltendmachung erwirkte Vorteil wird oftmals nur vorübergehender Natur sein.464 IV. Negligence 1. Geschichtlicher Hintergrund und Definition

Negligence hat sich erst relativ spät zu einer eigenständigen Anspruchsgrundlage im Bereich des Tort Law entwickelt. Nachdem der Court of Appeal im 19. Jahrhundert mit Heaven v Pender465 eine allgemeine Fahrlässigkeitshaftung anerkannt hatte466, wurde in der Grundlagenentscheidung des House of Lords in Donoghue v Stevenson467 als zentrales Konzept die duty of care herausgestellt und näher präzisiert. Hiernach besteht negligence aus der Sorgfaltspflichtverletzung (breach of duty to care) einer Person, welche bei einer anderen Person zu der Entstehung eines Schadens führt.468 Die duty of care legt den Personenkreis fest, der prinzipiell für eine Haftung in Betracht kommt. Bei der Frage, wann eine Sorgfaltspflicht besteht, wird das sog. neighbour principle angewendet. Der Ursprung dieses Prinzips liegt in dem berühmten Ausspruch von Lord Atkin in Donoghue v Stevenson469: „You must take reasonable care to avoid acts or omissions which you can reasonably foresee would be likely to injure your neighbour. Who then, in law is my neighbour? The answer seems to be persons who are so closely and directly affected by my act that I ought reasonably to have them in contemplation as being so affected when I am directing my mind to the acts or omissions which are called in question.“ 463 „The plaintiff cannot deny the bailors title.“, hierzu Palmer, S. 265 ff. m. w. N.; vgl. auch Huber, RabelsZ 1998, S. 98/99 m. w. N. 464 Lawson, Property, S. 38/39. 465 „. . . whenever one person is by circumstances placed in such a position with regard to another that everyone of ordinary sense who did think would at once recognise that if he did not use ordinary and skill in his own conduct with regard to those circumstances he would cause danger or injury to the person or property of the other, a duty arises to use ordinary care and skill to avoid such danger“; Heaven v Pender, Trading as West India Graving Dock Company (1883) 11 Q. B. 503, S. 509 (Brett M. R.). 466 Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 110 (Fn. 137). 467 [1932] A. C. 562. 468 Vgl. Woodley, S. 281. 469 [1932] A. C. 562, S. 580.

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Hieraus entwickelte das House of Lords in Caparo Industries plc v Dickman470 eine dreistufige Prüfung, die heute noch geltendes Recht darstellt. Hiernach existiert eine duty to care, wenn der Schaden vernünftigerweise vorhersehbar (reasonably foreseeable) war471, zwischen den Parteien eine hinreichende Nähebeziehung (sufficient proximity) besteht und die Auferlegung einer Sorgfaltspflicht als billig, gerecht und angemessen (fair, just and reasonable) anzusehen ist. Aufgrund des weit gefassten Begriffs der Sorgfaltspflicht hat negligence einen generalklauselartigen Charakter472 und umfasst eine Vielzahl von Fallgruppen. Die Sorgfaltspflicht wird verletzt, wenn das tatsächliche Handeln hinter den von der Sorgfaltspflicht geforderten Standard zurückfällt. Dieser Standard ist objektiv und orientiert sich an einer vernünftig handelnden Person.473 Weiterhin ist Kausalität zwischen Sorgfaltspflichtverletzung und Schaden notwendig. Kausalität ist gegeben, wenn die Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten nach überwiegender Wahrscheinlichkeit eine notwendige Bedingung für den Schaden war. Dies wird oft als but for-test oder auch als factual causation bezeichnet.474 Ferner kann bei atypischen Kausalverläufen die objektive Zurechnung ausgeschlossen sein (sog. remoteness of damage).475 2. Besondere Voraussetzungen im Rahmen des Besitzschutzes

Zwar schützt negligence grundsätzlich auch den Besitz, allerdings werden an den Schutz des Besitzes im Rahmen der negligence dieselben Anforderungen gestellt wie bei trespass und conversion. Folglich ist auch bei negligence ein possessory title, d.h. possession oder ein immediate right to possession, im Zeitpunkt der angegriffenen Sorgfaltspflichtverletzung zu fordern. Ansonsten würden die übrigen tort actions mit ihren spezifischen Anspruchsvoraussetzungen durch den Anspruch aus negligence unterlaufen.476 470

[1990] 2 A. C. 605. Hierzu Mullin v Richards (1998) 1 All E. R. 320. 472 Siehe von Bernstorff, Einführung, S. 113. 473 A „reasonable man“ acting „guided upon those considerations which ordinarily regulate the conduct of human affairs“, siehe Nettleship v Weston [1971] 2 Q. B. 691. 474 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 244; im deutschen Recht entspricht dies der sog. conditio sine qua non. 475 Die remoteness of damage wird teilweise auch als negatives Element der Kausalität angesehen, so dass Kausalität aus einer factual causation und einer legal causation besteht, wobei letztere oft auch als directness, proximity oder foreseeability umschrieben wird, siehe Markesinis/Deakin/Johnston, S. 244/245 m. w. N. zu den Einzelheiten. 476 Vgl. auch Huber, RabelsZ 1998, S. 92. 471

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Dahingehend wurde auch in Leigh and Sillavan Ltd v Aliakmon Shipping Company Ltd („The Aliakmon“) entschieden, wobei hinzugefügt wurde, dass neben dem possessory title auch ownership ausreichend sei, um einen Anspruch in negligence zu begründen.477 Dies ist deshalb eine Selbstverständlichkeit, weil ownership gerade ein immediate right to possession beinhaltet. Allerdings ist fraglich, wie die zusätzlichen Anforderungen hinsichtlich des Besitzschutzes im Bereich der negligence dogmatisch zu verankern sind. Überzeugend erscheint insofern der Ansatz von Gleeson478, nach dem der Schaden an beweglichen Sachen bei der negligence nur dann foreseeable und damit zurechenbar ist, wenn der Anspruchsteller ein immediate right to possession an der Sache hat. Hat der Anspruchsteller nämlich an der Sache nicht einmal ein immediate right to possession, liegt ein rein wirtschaftlicher Schaden (sog. pure economic loss) vor, der im Rahmen der negligence aber nicht ersatzfähig ist.479 In Bezug auf pure economic loss besteht – ähnlich wie auch im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB – nämlich grundsätzlich keine duty of care, ausgenommen in bestimmten Ausnahmesituationen, welche hier aber nicht weiter von Bedeutung sind (zum Beispiel in bestimmten Fällen fahrlässiger Falschauskünfte480).481 Ein Folgeschaden (consequential loss) wird jedoch unproblematisch ersetzt. Dies ist ein Vermögensschaden, der beispielsweise aus einer Eigentumsverletzung oder Personenverletzung resultiert.482 Aus diesem Grund muss im Rahmen der Rechtfertigungsgründe auch die bessere Berechtigung eines Dritten (ius tertii) Berücksichtigung finden. Denn nur wenn dem Anspruchsteller im Zeitpunkt der Sorgfaltspflichtverletzung die beste (bekannte bzw. benannte) Berechtigung an der Sache zukam, waren ihm auch die Nutzungen an der Sache zugewiesen, und er hat nicht bloß einen rein wirtschaftlichen Schaden erlitten.

477 [1986] A. C. 785, S. 809: „My Lords, there is a long line of authority for a principle of law that, in order to enable a person to claim in negligence for loss caused to him by reason of loss of or damage to property, he must have had either the legal ownership of or a possessory title to the property concerned at the time when the loss or damage occurred, and it is not enough for him to have only had contractual rights in relation to such property which have been adversely affected by the loss of or damage to it.“ (Lord Brandon of Oakbrook). 478 Gleeson, Personal Property, S. 316. 479 Spartan Steel & Alloys Ltd v Martin & Co (Contractors) [1973] Q. B. 27. 480 Siehe hierzu insbesondere die Leitentscheidung Hedley Byrne & Company Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A. C. 465. 481 Zum Ganzen siehe Markesinis/Deakin/Johnston, S. 277 ff. m. w. N. 482 Vgl. Fleming, S. 195 ff. m. w. N.

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V. Rechtsfolgen der Tort actions 1. Vorbemerkung

Die Unterscheidung des englischen Rechtssystems in Common Law und Equity findet sich auch in den zur Verfügung stehenden Rechtsfolgen wieder. Die alten Common Law Courts konnten früher als Rechtsfolge nur Urteile zur Zahlung von Geldsummen aussprechen. Andere Anordnungen, wie zum Beispiel injunctions oder die Anordnung, eine bewegliche Sache auszuhändigen, konnten nur von einem Court of Equity erlassen werden. Heute räumt s. 3 des Torts (Interference with Goods) Act 1997 dem Gericht einen Ermessensspielraum ein, als Rechtsfolge specific restitution, also Ersatz in Natur durch Rückgewähr der Sache selbst (delivery of goods), oder aber einen Ausgleich durch die Gewährung von Schadensersatz anzuordnen. Ein Anspruch aus negligence ist hingegen stets auf Schadensersatz gerichtet. Dem Anspruchsteller steht gemäß s. 3 (2) (b) und (c) sowie (3) (b) Torts (Interference with Goods) Act 1977 ein Wahlrecht zu, ob er Schadensersatz verlangt oder Herausgabe der Sache. Allerdings hat der Anspruchsgegner hierbei die Möglichkeit, die Herausgabepflicht durch Zahlung von Schadensersatz abzuwenden. Die Anordnung der Herausgabe der Sache selbst ohne Abwendungsbefugnis steht nach s. 3 (2) (a) und (3) (b) Torts (Interference with Goods) Act 1977 grundsätzlich im freien Ermessen des Gerichts.483 Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Rechtsfolgen des Common Law auch heute noch hauptsächlich auf monetäre Entschädigung abzielen statt das Restitutionsinteresse des Eigentümers im Auge zu haben. Dies hängt gerade im Hinblick auf Mobilien damit zusammen, dass diese nach überkommener Betrachtung als fungibel angesehen wurden. Man kann insofern auch von einem forced sale sprechen, zumal das Recht des ursprünglichen Eigentümers an dem betreffenden Gegenstand nach s. 5 Torts (Interference with Goods) Act 1977 erlischt, sobald die an Stelle der Sache tretende Schadensersatzsumme tatsächlich an ihn ausbezahlt worden ist.484 Bei negligence ist als Rechtsfolge nur Schadensersatz vorgesehen. Es ist allerdings anzumerken, dass nach englischem Rechtsverständnis auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Sache dinglicher Natur ist. Folglich besteht das Recht an der Sache quasi in deren monetärem Gegenwert im Vermögen des Schuldners fort485, und infolgedessen ist der Anspruch auf Schadensersatz in der Insolvenz vorrangig vor den Ansprüchen anderer 483

Vgl. Huber, RabelsZ 1998, S. 101. Lawson/Rudden, S. 69; so auch Bridge, Personal Property, S. 72 (forced judicial sale) und Prosser, (1957) 42 Cornell L. Q., S. 170. 485 Siehe auch Lawson/Rudden, S. 69/70. 484

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Gläubiger zu befriedigen, vgl. ss. 3 (2), 5 (1) (b) Torts (Interference with Goods) Act 1977.486 Wenn die Gewährung von Schadensersatz dem Gericht aufgrund seiner Ermessensentscheidung inadäquat erscheint, wird diese Lücke von den Rechtsfolgen der Equity aufgefüllt, nämlich der injunction und der specific performance.487 2. Besonderheiten bei der Bemessung des Schadensersatzes

Ausgangspunkt der Bemessung des Schadensersatzes ist wie auch im deutschen Recht nach §§ 249 ff. BGB zunächst eine Differenzhypothese: Grundsätzlich werden im englischen Tort Law und auch im Contract Law compensatory damages zugesprochen, welche sich am Verlust des Geschädigten orientieren und (nur) diesen ausgleichen sollen.488 Sie sind darauf ausgerichtet, ihn in dieselbe Lage zu versetzen wie die, in der er stünde, wenn seine Rechte nicht verletzt worden wären.489 Nach der Entscheidung des House of Lords in United Australia Ltd v Barclays Bank Ltd490 kann der Anspruchsinhaber jedoch zwischen zwei verschiedenen Schadensberechnungsmethoden wählen, nämlich entweder nach seinem eigenen Verlust oder aber orientiert an dem Gewinn des Anspruchsgegners.491 Insofern hat also der an sich systemfremde Gedanke der ungerechtfertigen Bereicherung Einzug in das Tort Law gefunden. Für bewegliche Sachen wird der Anspruch auf Schadensersatz grundsätzlich nach dem vollen Marktpreis der Sache im Zeitpunkt der Verletzungshandlung berechnet.492 Die Bemessung nach dem vollen Marktpreis erscheint aber nicht gerechtfertigt, wenn dem Berechtigten nicht zugleich auch die beste Berechtigung an der Sache zukommt. Folglich muss der Wert der geltend gemachten Anspruchsberechtigung ersetzt werden, d.h. der Wert des immediate right to possession. Dieser entspricht nicht zwangsläufig auch dem Wert der Sache.493 So ist im praktisch wichtigen Bereich des hire-purchase bereits anerkannt, dass der Schadensersatz des Verkäufers 486 Gleeson, Personal Property, S. 311 spricht von den „proprietary effects of conversion as a remedy“. 487 Vgl. Weir, Tort Law, S. 203; zur injunction bereits oben [Erster Teil, § 4 D. I. 2. b)]. 488 Vgl. Harpwood, S. 423/424; vgl. auch Lunney/Oliphant, S. 864. 489 The Albazero [1977] A. C. 774; siehe auch Heuston/Buckley, Tort, S. 502. 490 [1941] A. C. 1. 491 Birks, (2000) 11 K. C. L. J. 1, S. 8/9. 492 Chabbra Corporation Pte Ltd v Jag Shakti (Owners) („The Jag Shakti“) [1986] 1 A. C. 337 (Privy Council); daneben sind unter Umständen auch wirtschaftliche Folgeschäden ersatzfähig, vgl. Huber, RabelsZ 1998, S. 102 m. w. N. 493 Palmer/McKendrick/Palmer, S. 70 m. w. N.

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(welcher zumeinst eine finanzierende Bank ist) stets nach dem Betrag der noch ausstehenden Ratenzahlungen für die Sache und gerade nicht nach deren Wert bemessen wird.494 Schließlich hat eine Verurteilung zum Schadensersatz für eine bewegliche Sache dingliche Wirkung gemäß s. 5 (1) Torts (Interference with Goods) Act 1977 (proprietary effect of judgment for damages). Die potentiell bestehende Gefahr der doppelten Inanspruchnahme eines Anspruchsgegners durch mehrere Anspruchsberechtigte, etwa im Fall eines bailment sowohl durch den bailor als auch durch den bailee, wird durch s. 7 Torts (Interference with Goods) Act 1977 abgemildert. Die Vorschrift sieht vor, dass Schadensersatzansprüche unter mehreren Anspruchstellern aufgeteilt werden, wenn diese den Anspruch gleichzeitig geltend machen, s. 7 (2) Torts (Interference with Goods) Act 1977.495 Wurde durch einen von mehreren Anspruchsgegnern bereits Schadensersatz geleistet, so erhält dieser gegenüber dem Anspruchsteller gemäß s. 7 (4) Torts (Interference with Goods) Act 1977 einen Ausgleichsanspruch in Höhe der Summe, die der Anspruchsteller insgesamt zu viel an Entschädigungszahlungen erhalten hat. 3. Spezielle Rechtsfolgen

a) Wiedererlangung des Besitzes: Re-entry on land und recaption of chattels Eine Person, die unberechtigterweise den Besitz an einem Grundstück verloren hat, kann sich grundsätzlich im Wege der Selbsthilfe wieder in diesen versetzen, ohne gerichtliche Maßnahmen ergreifen zu müssen.496 Die Wiederbeschaffung des Besitzes muss aber friedlich und gewaltlos erfolgen.497 Auch der frühere Besitzer einer beweglichen Sache ist berechtigt, sich im Wege der Selbsthilfe wieder den Besitz an dieser zu verschaffen (sog. recaption of chattels). Zu diesem Zweck darf er sogar angemessene Gewalt gegen die Person ausüben, welche die Sache unberechtigterweise genommen oder zurückgehalten hat.498 Hierbei gibt es keine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht.499 494

Bridge, Personal Property, S. 73/74. Siehe Bridge, Personal Property, S. 68 mit weiteren Nachweisen und Beispielen. 496 Siehe bereits oben [A. II. 1. h) aa)] zur self-help als besonderer Rechtsfolge des trespass to land. 497 Taunton v Costar (1797) 7 Term. Rep. 431; Heuston/Buckley, Tort, S. 572. 498 Bridge, Personal Property, S. 77. 499 Huber, RabelsZ 1998, S. 103. 495

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Umstritten ist, ob auch ein Hausfriedensbruch durch eine recaption of chattels gerechtfertigt ist. Nach Anthony v Haney500 ist dieser zulässig und zwar unabhängig davon, ob dem Hausrechtsinhaber selbst ein Vorwurf zu machen ist. Allerdings suggeriert die Entscheidung, dass der Betroffene vor Ausübung der Selbsthilfe zunächst anfragen muss, ob er das Grundstück betreten darf. Aufgrund der erheblichen Rechtsunsicherheit erscheint hier ein Tätigwerden des Gesetzgebers geboten.501 b) Abatement of public nuisance Die Niederschlagung (abatement) der public nuisance ist eine Form der Selbsthilfe mit vier Voraussetzungen: Erstens umfasst diese nur das Entfernen eines Hindernisses502, zweitens ist sie nur in eindeutigen Fällen der nuisance erlaubt, in denen die Verletzung offensichtlich ist.503 Grundsätzlich muss der abator drittens das abatement vor dem Betreten des Grundstücks anzeigen.504 Viertens darf er das Grundstück insofern beeinträchtigen, als dies unter den gegebenen Umständen unumgänglich ist.505

B. Law of Unjust Enrichment I. Überblick über das Law of Unjust Enrichment Das englische Law of Unjust Enrichment hat sich (erst) in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer eigenen Anspruchsgrundlage und einem eigenen Rechtsgebiet entwickelt.506 Zunächst wurde das Law of Restitution nach der implied contract theory unter der Bezeichnung quasi-contract als Annex zum Law of Contract betrachtet.507 Seit seiner Entscheidung in Lipkin Gor500

(1832) 8 Bing. 186. So auch Bridge, Personal Property, S. 78. 502 Campbell Davys v Lloyd [1901] 2 Ch. 518. 503 „. . . in clear cases of nuisance where the injury is apparent at the first view of the matter“, Eyre CJ in Kirby v Sadgrove (1797) 145 E. R. 1073, S. 1074. 504 Markesinis/Deakin/Johnston, S. 548/549. 505 Roberts v Rose (1865) L. R. 1 Ex. 82; vgl. Markesinis/Deakin/Johnston, S. 548/549. 506 Vgl. Birks, Misnomer, S. 2 ff. (insbesondere S. 28/29). 507 Ausführlich hierzu Goff/Jones, Restitution, S. 3 ff. m. w. N. Gegen die Anerkennung eines allgemeinen und einheitlichen Prinzips des unjust enrichment spricht sich Hedley aus. Zum einen gebrauchten nämlich die Gerichte teilweise noch die alte Terminologie des Law of Restitution, wie insbesondere auch das House of Lords in Lipkin Gorman v Karpnale. Zudem führte die Anerkennung eines allgemeinen Prinzips des unjust enrichment zu größerer Rechtsunsicherheit als der Ge501

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man (a firm) v Karpnale Ltd 508 war das House of Lords von der zuvor vorherrschenden implied contract theory abgekommen und hatte das Bereicherungsrecht als eigenständiges Rechtsgebiet und den Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung (unjust enrichment) als grundlegendes Prinzip anerkannt.509 Im Lauf der Zeit bezeichnete das Law of Restitution die für die Erstattung ungerechtfertigter Vermögensvorteile entwickelten Grundsätze, wobei die sog. restitution den Gegensatz zum Schadensersatz (compensation) bildet. Das Law of Restitution war damit systemwidrig und eine Art Kuckucksei unter den Anspruchsgrundlagen, die ansonsten nach den Anspruchsvoraussetzungen und nicht nach den Rechtsfolgen (wie zum Beispiel Schadensersatz) eingeordnet werden. Restitution ist demnach eine gleichartige Rechtsfolge verschiedener Anspruchsgrundlagen.510 Insofern sind die Begriffe unjust enrichment und restitution nicht deckungsgleich (da keine perfect quadration vorliegt), es gibt also ebenfalls eine restitution ohne unjust enrichment.511 Auch wenn es sich nicht hierauf beschränkt, ist das Law of Unjust Enrichment hauptsächlich relevant im Rahmen von gescheiterten Vertragsverhältnissen.512 Das heutige Law of Unjust Enrichment basiert auf drei grundlegenden Voraussetzungen: Erstens ist eine Bereicherung (enrichment) des Anspruchsgegners nötig, die zweitens auf Kosten des Anspruchstellers erfolgt sein muss (at the expense of the plaintiff). Drittens muss es ungerechtfertigt (unjust) sein, wenn der Anspruchsgegner die betreffende Bereicherung ohne jeden Ausgleich behalten dürfte.513 Teilweise wird als vierte, negative Vobrauch der althergebrachten Fallgruppen, vgl. Hedley, [1995] 54 C. L. J., S. 584 ff. m. w. N. Diese Argumentation ist jedoch nicht nachvollziehbar. Zum einen rechtfertigt der uneinheitliche Gebrauch der Terminologie noch keine Rechtsänderung, zum anderen ist der Rechtssicherheit durch die Schaffung einheitlicher Voraussetzungen eher Genüge getan als durch einen offenen Katalog verschiedener Fallgruppen. 508 [1991] 2 A. C. 548. 509 Birks, Unjust Enrichment, S. 101 ff. und 129 ff. m. w. N.; Bell, Personal Property, S. 17; Burrows, Restitution, S. 7 ff. m. w. N. zur dogmatischen Grundlage der restitution, bevor unjust enrichment als eigenständige Anspruchsgrundlage und damit auch als eigenständiges Rechtsgebiet anerkannt wurde; Palmer/McKendrick/ McKendrick, S. 897. 510 Beatson, Restitution, S. 1 („Restitution is generally said to be the response which consists in causing one person to give up to another an enrichment received at his expense or its value in money.“); Birks, Restitution, S. 17. 511 So insbesondere auch Birks, Unjust Enrichment, S. 11 ff. und Birks, Misnomer, S. 1 ff. 512 Dickson, [1995] 54 C. L. J., S. 103; ein deutschsprachiger Überblick über die Grundlagen des englischen Bereicherungsrechts findet sich bei Heemann, S. 20 ff. m. w. N. sowie bei Meier, S. 12 ff. 513 Burrows, Restitution, S. 15; Palmer/McKendrick/McKendrick, S. 898; Goff/ Jones, Restitution, S. 46 ff. und Tettenborn, Restitution, S. 5 (allerdings ohne Er-

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raussetzung noch genannt, dass sich der Anspruchsgegner nicht auf einen Rechtfertigungsgrund (defence) berufen kann. Hierbei kommt insbesondere ein nachträglicher Wegfall der Bereicherung (change of position) in Betracht.514 Hinsichtlich der Frage, wann eine Bereicherung unjust ist, kommen nach traditioneller Auffassung sog. unjust factor zum Tragen. Hiernach gibt es einen Katalog von Gründen, bei deren Vorliegen eine Bereicherung ungerechtfertigt ist. Hierzu zählen unter anderem unter bestimmten Voraussetzungen515 ein Rechts- oder Tatsachenirrtum (mistake of law bzw. mistake of fact), Nichtkenntnis (ignorance), Gewalt (duress), Notstand (necessity), Rechtswidrigkeit (illegality), Geschäftsunfähigkeit (incapacity), unzulässige Beeinflussung (undue influence) und das Fehlen einer Gegenleistung (total failure of consideration).516 Ein anschauliches Beispiel für den unjust factor mistake of fact bietet die Entscheidung Kelly v Solari517. Hier forderte eine Versicherung die Rückzahlung der auf eine Lebensversicherung geleisteten Versicherungssumme, da ihre Direktoren vergessen hatten, dass die Beklagte den letzten Versicherungsbeitrag nicht geleistet hatte, so dass die Beklagte nach den Versicherungsbedingungen keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hatte. Der Court of Exchequer gab der Klage auf Rückzahlung der Versicherungssumme wegen des für die Auszahlung kausalen mistake of fact statt.518 – An dieser Stelle können freilich nicht die einzelnen Voraussetzungen der unjust factors dargestellt werden, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.519 Die genannten Fallgruppen decken damit insgesamt einen relativ weiten Anwendungsbereich ab, zudem ist der Katalog der unjust factors offen, das heißt, sein Anwendungsbereich kann zumindest im Wege der Analogie erweitert werden.520 Ein neuer Ansatz von Birks löst sich allerdings vom Konzept der unjust factor und setzt an dessen Stelle die Voraussetzung des fehlenden Rechtsgrundes für die Bereicherung (absence of basis/without wähnung der defence als vierter und negativer Voraussetzung; siehe hierzu sogleich). 514 Birks, Unjust Enrichment, S. 39 ff.; Burrows, Restitution, S. 51 und 510 ff. m. w. N.; Palmer/McKendrick/McKendrick, S. 898; Worthington, Personal Property, S. 602. 515 Einzelheiten zum unjust factor mistake bei Goff/Jones, Restitution, S. 187 ff. m. w. N.; siehe auch Schlechtriem, Restitution, S. 134 ff. 516 Vgl. nur Burrows, Restitution, S. 42; Worthington, Personal Property, S. 602. 517 [1835–1842] All E. R. Rep. 320. 518 Weitere Nachweise zu der Entscheidung finden sich bei Goff/Jones, Restitution, S. 194/195 und Schlechtriem, Restitution, S. 140. 519 Ausführliche Darstellungen der einzelnen unjust factors finden sich bei Birks, Restitution, S. 140 ff.; Burrows, Restitution, S. 128 ff.; Goff/Jones, Restitution, S. 187 ff. sowie bei Meier, S. 1 ff. 520 Tettenborn, Restitution, S. 4.

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justification). Hierdurch gelangt Birks zu einer starken Annäherung an das deutsche Bereicherungsrecht.521 Die Frage, ob possession durch das Law of Unjust Enrichment geschützt wird, stellt sich dogmatisch auf zwei Ebenen. Zunächst bei der Frage, ob possession als solche ein enrichment darstellt und somit das Law of Unjust Enrichment einschlägig ist, wenn die Bereicherung ausschließlich im Erlangen der possession liegt. Bejaht man diese Frage, muss man weiterhin überlegen, ob nicht die Besitzschutzansprüche des Tort Law insofern abschließende Sonderregelungen darstellen.522 II. Possession als unjust enrichment? Der Begriff enrichment ist im englischen Recht relativ weit gefasst, ähnlich dem Begriff der Bereicherung im Rahmen von § 812 BGB, und umfasst jeglichen Vorteil (benefit523) bzw. jegliche Vermögensposition (wealth524). Damit stellt sich die Frage, ob possession als solche eine derartige Position darstellt. In der Rechtsprechung gibt es bislang keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Bereicherung auch jenseits eines Rechtsübergangs vorhanden sein könnte.525 Ausdrücklich äußert sich in dieser Hinsicht Stevens, nach dessen Auffassung der Besitzer der Sache durch das fremde Eigentum von vornherein beschränkt ist. Es liege schon kein enrichment vor, sofern kein Übergang von dinglichen Rechten stattfinde.526 Dem wird Folgendes entgegengesetzt: Zwar sei der possessor, der nicht legal owner einer Sache ist, nicht durch den Wert der Sache als solcher bereichert, jedoch stelle auch die konkrete Möglichkeit, eine Sache zu nutzen, einen Eigenwert dar, den die Sache vermittle.527 Deshalb ist nach einer weiteren Auffassung jeder objective be521 Vgl. Nachweise unter Fn. 514; zu möglichen Annäherungen der englischen unjust factors an den fehlenden Rechtsgrund des deutschen Bereicherungsrechts siehe Meier, JZ 1999, S. 555 ff. (insbesondere S. 561 ff.) m. w. N. 522 Vgl. auch Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 414. 523 Goff/Jones, Restitution, S. 17 ff. m. w. N. 524 Birks, Restitution, S. 13. 525 Vgl. auch Grantham/Rickett, (2001) 117 L. Q. R., S. 282/283 m. w. N. 526 Stevens, (1996) 59 Mod. L. R., S. 744/745.; so auch Goff/Jones, Restitution, S. 28/29 und 497/498 im Hinblick auf bewegliche Sachen mit dem Argument, diese könnten stets zurückgegeben werden, so dass keine unabänderliche Bereicherung (incontrovertible benefit) vorliege. Der Anspruchsteller habe hier noch das right to immediate possession inne und könne deshalb aus Tort Law vorgehen. Auch bei Grundstücken diskutieren die Autoren lediglich den Anspruch des ursprünglichen Eigentümers gegen den Käufer nach Rückabwicklung des Grundstückkaufvertrags wegen Verbesserungen am Grundstück durch den Käufer. Damit scheinen die Autoren die konkrete Nutzungsmöglichkeit selbst nicht als benefit im Sinne des Bereicherungsrechts anzuerkennen.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

nefit ausreichend. Ein solcher liegt jedenfalls vor, wenn der Anspruchsgegner den Besitz an einer Sache erlangt, deren Nutzungsmöglichkeit ein Geldwert zukommt.528 Allerdings müsse hiernach der Vorteil realisiert worden, also in einen geldwerten Vorteil umgewandelt worden sein. Deshalb würde nur die konkret entgangene Nutzung berücksichtigt, nicht aber jede entgangene nur abstrakte Nutzungsmöglichkeit.529 Auch Birks spricht sich zunächst für eine faktische Betrachtung des Begriffs des enrichment aus. Dieser sei insbesondere nicht an einen Rechtsübergang geknüpft.530 Insofern sei auch das sog. factual enrichment anerkannt, welches unter anderem in der possession and control eines Gegenstands liegen könne.531 Auch Grantham/ Rickett definieren den Begriff des unjust enrichment weit, nämlich im Sinne eines value oder benefit, der schon bei konkreter Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstands gegeben sei.532 Ein weiterer Ansatzpunkt, den Besitzschutz durch das Bereicherungsrecht zu verneinen, ist die Anforderung, dass das enrichment auf Kosten (at the expense of) des Anspruchstellers erfolgt sein muss. Insbesondere Swadling schreibt in diesem Zusammenhang, mangels Erlangens des title liege im Fall der bloßen Besitzerlangung schon kein enrichment at the plaintiff’s expense vor, da gerade kein transfer stattgefunden habe, dem Eigentümer folglich nichts verloren gehe, was ein anderer auf seine Kosten erlange.533 Gleichermaßen argumentiert Birks mit dem Beispiel, dass ein Fahrrad dem Eigentümer verloren geht und später von einer anderen Person gefunden wird, welche dieses an sich nimmt. Hierbei komme dem Finder der Sache deshalb kein benefit zu, weil gerade kein Übergang des rechtlichen title stattgefunden habe.534 Nach Auffassung von Burrows ist hingegen unerheblich, ob ein Eigentumsübergang stattgefunden hat oder nicht.535 Er verweist auf die Entscheidung in Rowland v Divall 536, bei der ein Nichtberechtigter einen Pkw veräußerte und der Käufer erfolgreich auf Rückzahlung des 527

So Tettenborn, Restitution, S. 7. Burrows, Restitution, S. 16. 529 Burrows, Restitution, S. 18 ff.; allerdings soll hierbei ausreichend sein, dass die Umwandlung in einen geldwerten Vorteil in der Zukunft sicher erfolgen wird; ähnlich auch Gleeson: Dem Anspruchsteller müsse ein realisable benefit zukommen (bzw. die Ersparnis einer ansonsten angefallenen Aufwendung), vgl. Gleeson, Personal Property, S. 324 (Fn. 50). 530 Birks, (1997) 11 Trust L. Int., S. 7/8. 531 Birks, (1997) 11 Trust L. Int., S. 7/8. 532 Grantham/Rickett, [1996] L.M.C.L. Q., S. 463 ff. m. w. N. 533 Swadling, [1996] L. M. C. L. Q., S. 65. 534 Birks, Restitution, S. 13 ff.; zur ablehnenden Auffassung siehe auch Schlechtriem, Restitution, Rn. 303 m. w. N. (insbesondere in Fn. 1079). 535 Burrows, (2001) 117 L. Q. R., S. 415. 536 [1923] 2 K. B. 500. 528

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Kaufpreises wegen Rücktritts vom Kaufvertrag klagte. Der nichtberechtigte Verkäufer hingegen konnte nicht mit einem Gegenanspruch auf Nutzungsersatz aufrechnen, da der Nutzen des Pkw nicht auf Kosten (at the expense of) des Verkäufers erfolgte, sondern auf Kosten des wahren Eigentümers.537 Diese Auffassung erscheint zum einen konsequent, da sie im Einklang mit dem weiten Begriff des enrichment ist. Auch erscheint das Ergebnis folgerichtig, da nicht ersichtlich ist, weshalb der ursprüngliche Eigentümer gerade deshalb keinen Nutzungsersatz durch das Bereicherungsrecht erhalten sollte, weil er sein Eigentum nicht verloren hat. Insofern scheint es sachgerecht, sowohl bei der Frage des enrichment als auch der Frage des at the expense of hinsichtlich der Nutzungsberechtigung auf das Recht zum Besitz abzustellen. III. Rechtsfolgen Selbst wenn man die Möglichkeit des factual enrichment grundsätzlich anerkennt538, ist zu beachten, dass das Law of Unjust Enrichment grundsätzlich auf Wertersatz (als sog. personal remedy) und nicht auf tatsächliche Herausgabe der Bereicherung gerichtet ist, wie dies für das deutsche Recht §§ 812, 818 Abs. 1 BGB vorsehen. Demnach kann ein Eigentümer hinsichtlich der (noch) ihm gehörenden Gegenstände nur dann aus Bereicherungsrecht vorgehen und insbesondere den Verkaufserlös an der Sache verlangen, wenn er auf seinen legal title und damit auf Herausgabe des Gegenstands selbst verzichtet.539 Die Wiedereinräumung des Besitzes einer Sache kann der Eigentümer im Rahmen des Law of Unjust Enrichment dagegen nicht verlangen.540 Folglich kann letztlich nur derjenige Wertersatz aus unjust enrichment erhalten, der Nutzungsberechtigter der Sache ist, da nur auf diese Weise der Bereicherungsschuldner die konkrete Nutzungsmöglichkeit an der Sache auf seine Kosten (also auf Kosten des Bereicherungsgläubigers) erlangt hat. Sofern man den Einwand des change of position nicht schon als negative Anspruchsvoraussetzung versteht541, wäre dieser ebenso wie der Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB ebenfalls an dieser Stelle zu berücksichtigen. 537 Burrows, (2001) 117 L. Q. R., S. 416; kritisch zur Entscheidung Rowland v Divall [1923] 2 K. B. 500 äußert sich Bridge, [1991] L. M. C. L. Q., S. 66, allerdings ohne hierbei eine bereicherungsrechtliche Analyse der Fallgestaltung vorzunehmen. 538 Vgl. oben., Fn. 530. 539 Birks, Unjust Enrichment, S. 66 ff. m. w. N. 540 Ob der Besitz an der Sache herausverlangt werden kann, wenn dem Anspruchsteller ein property right an dieser zusteht, ist zudem ebenfall umstritten, vgl. hierzu Burrows, Restitution, S. 64 ff. m. w. N. 541 Siehe hierzu oben (Fn. 514).

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

IV. Verhältnis zwischen Tort Law und Law of Unjust Enrichment Wenn man possession als enrichment anerkennt, stellt sich die in England diskutierte Frage, ob zwischen den Ansprüchen des Tort Law und dem Law of Unjust Enrichment Anspruchskonkurrenz besteht. Das dogmatische Verhältnis zwischen Tort Law und dem Law of Unjust Enrichment bzw. Law of Restitution soll im Folgenden näher untersucht werden. Nach herrschender Meinung ist anerkannt, dass der Kläger zum Beispiel bei einem unerlaubten Verkauf seiner Sache die Möglichkeit des sog. waiver of tort hat und damit aus dem Law of Unjust Enrichment vorgehen kann.542 Das bedeutet, er verzichtet auf das Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen hinsichtlich der Sache und kann somit den Verkaufserlös im Fall der Veräußerung der Sache bzw. Nutzungsersatz für den nur zeitweiligen Sachentzug verlangen.543 Allerdings ist der Begriff waiver bzw. Verzicht insofern missverständlich, als er im Kontext des waiver of tort gerade nicht im Sinne eines Rechtsverzichts, sondern im Sinne einer Auswahl unter mehreren Ansprüchen verstanden wird, die sich gegenseitig ausschließen.544 Er muss sich erst an dieser Auswahl festhalten lassen und ist damit gebunden, wenn ein von ihm insofern geltend gemachter Anspruch tatsächlich auch erfüllt wird. Das bloße Geltendmachen eines Anspruchs bzw. eine Klageerhebung ist hingegen noch nicht ausreichend.545 Nach Auffassung von Hedley sind sämtliche Fälle des vorübergehenden Besitzentzugs ausschließlich dem Anwendungsbereich des Tort Law zuzuordnen. Es komme hierbei nicht zur Anwendung des Law of Unjust Enrichment. Insofern sei auch die Doktrin des waiver of tort ein „Mysterium“.546 Die Tatsache, dass der Nutzer der Sache einen Profit hieraus zieht, der nicht mit einem entsprechenden Schaden des Berechtigten korrespondiert, könne im Rahmen eines Strafverfahrens oder durch die insofern flexible Gewährung von sog. exemplary damages, d.h. erhöhten Schadensersatzzahlungen mit Strafcharakter547, berücksichtigt werden. Die Anwendung des Law of Unjust Enrichment sei hierfür nicht notwendig.548 542 Vgl. nur United Australia Ltd v Barclays Bank Ltd [1941] A. C. 1 (mit umfangreichen Nachweisen zur Geschichte und Herleitung des waiver of tort auf S. 11 ff.). 543 Palmer/McKendrick/Tettenborn, S. 833 m. w. N. zur Rechtsprechung. 544 Beatson, Nature, S. 210; Rogers, Tort, S. 1099. 545 Rogers, Tort, S. 1100/1101 m. w. N. 546 Hedley, (1984) 100 L. Q. R., S. 675. 547 Häufig wird der bedeutungsgleiche Begriff punitive damages verwendet, vgl. Giliker/Beckwith, S. 511. 548 Hedley, (1984) 100 L. Q. R., S. 679.

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Andere Stimmen differenzieren hinsichtlich der Frage der Anspruchskonkurrenz von Law of Unjust Enrichment und Tort Law zwischen sog. dependent und independent restitutionary claims. Diese Differenzierung beruht auf der Unterscheidung von Birks zwischen der restitution for wrongs einerseits und des enrichment for subtraction from or at the expense of another andererseits.549 Erstere richte sich darauf, eine Bereicherung abzuschöpfen, die aus einem wrong resultiert550, wobei hierunter nicht nur torts fallen, sondern zum Beispiel auch vertragliche Pflichtverletzungen (breach of contract). Das enrichment for subtraction from or at the expense of another befasst sich mit Übertragungen, welche zwar rechtlich wirksam erfolgten, aber mit einem Rechtsmangel versehen sind (defective transfers).551 Ursprünglich wurde nur das letztere als autonomous unjust enrichment, also unjust enrichment als eigenständige Anspruchsgrundlage und nicht als bloße besondere Rechtsfolgenregelung, anerkannt.552 Aus dieser Differenzierung folgert Smith, dass es keinen einheitlichen Anspruch des unjust enrichment gebe, sondern zwei verschiedene mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen, nämlich defective transfer und titlebased claims. Im Fall des defective transfer müsse der Anspruchsteller beweisen, dass der Anspruchsgegner bereichert sei und diese Bereicherung mit einem Verlust des Klägers korrespondiere.553 Bei einer title-based claim hingegen sei es nicht nötig, dass die Bereicherung des Bereicherungsgläubigers unmittelbar mit dem Verlust des Anspruchstellers korrespondiere, da der Anspruchsteller weiterhin Inhaber des title an dem vom Anspruchsgegner empfangenen Gegenstand geblieben sei.554 Auch sei eine Subsidiarität des unjust enrichment gegenüber rights protecting property nur einleuch549 Birks, Restitution, S. 42 ff.; das enrichment außerhalb eines wrong ähnelt hierbei funktional der Leistungskondiktion des deutschen Rechts, wohingegen restitution for wrongs an die Tatbestände der Eingriffskondiktion im deutschen Recht erinnert. Allerdings ist enrichment for subtraction wesentlich weiter als die Leistungskondiktion, da das englische Recht keinen (einschränkenden) Leistungsbegriff kennt, vgl. Meier, S. 18. 550 Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 415. 551 Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 415; defective transfer bedeutet hierbei nicht, dass ein Rechtsübergang notwendig ist, sondern dass die Bereicherung in einem defective transfer of wealth liegt, vgl. Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 419. Ähnlich auch Beatson, Nature, S. 210 und 224 ff. für die Einordnung von restitution als eigenständige Klageart beim wrongful use of property. 552 Vgl. Birks, Restitution, S. 40; grundlegend zur Unterscheidung zwischen dependent und independent restitutionary claims auch Palmer/McKendrick/McKendrick, S. 908 ff.; die Rechtsprechung beantwortet die Frage, ob sich die restitutionary action auf ein wrong stützt, nicht eindeutig, vgl. die Nachweise bei Palmer/ McKendrick/McKendrick, S. 915. 553 Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 419. 554 Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 420 und 423/424.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

tend, wenn das englische Recht einen Vindikationsanspruch kennen würde. Deshalb käme allenfalls eine Subsidiarität des Law of Unjust Enrichment in Bezug auf wrongs in Betracht.555 Der Anspruch aus conversion sei vorteilhafter für Anspruchsteller als das Bereicherungsrecht, da auch hierfür ein immediate right to possession ausreiche und sich der Anspruchsgegner hierbei nicht auf Entreicherung berufen könne.556 Nach dieser pragmatisch wirkenden Argumentation greift gerade keine generelle Subsidiarität im Fall eines wrong. Offen bleibt natürlich, ob es nicht eine Subsidiarität dergestalt gibt, dass Ansprüche wegen eines wrong aus unjust enrichment immer nur dann gegeben sind, wenn gerade keine Ansprüche im Bereich des Tort Law bestehen. Gegen eine derartige Differenzierung spricht jedoch, dass nicht recht einzusehen ist, weshalb man das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen des Tort Law stets für einen Bereicherungsausgleich in diesem Gebiet für erforderlich erachten sollte.557 Zudem lässt die sog. independence theory Raum für weitere Rechtsentwicklungen, insbesondere dafür, dass neue interests ebenfalls als schutzwürdig im Rahmen des Bereicherungsrechts angesehen und als enrichment in diesem Sinne anerkannt werden können.558 Demzufolge ist das Law of Unjust Enrichment als eigenständige und einheitliche Anspruchsgrundlage anzusehen. Diese gewährt grundsätzlich Nutzungsersatz für eine Besitzentziehung und steht in Anspruchskonkurrenz zu den Ansprüchen des Tort Law.

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich A. Grundlegende systematische Unterschiede des Besitzschutzes Im deutschen wie auch im englischen Recht wird der Besitz durch eine Vielzahl von Anspruchsgrundlagen geschützt. Im deutschen Recht schützen neben den possessorischen und petitorischen Besitzschutzansprüchen auch das Delikts- und das Bereicherungsrecht den Besitz, letztere Bereiche allerdings nur, sofern der Besitz von einem Recht zum Besitz begleitet ist. Zudem kann der Besitzer dem Eigentümer im Rahmen des Vindikationsanspruchs (§ 985 Abs. 1 BGB) nach § 986 BGB sein Recht zum Besitz entgegenhalten. Die §§ 858 ff. BGB gelten gleichermaßen für Mobilien wie 555

Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 426. Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 426. 557 Friedmann, S. 134 ff. 558 Friedmann, S. 149; für eine Anspruchskonkurrenz zwischen Tort Law und Law of Unjust Enrichment im Ergebnis auch Gleeson, Personal Property, S. 325; dahingehend wohl auch Smith, (2000) 116 L. Q. R., S. 415. 556

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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auch für Immobilien. Allerdings variieren die zeitlichen Grenzen der Selbsthilfe nach § 859 Abs. 1 und 2 BGB, § 1007 BGB gilt lediglich für bewegliche Sachen. Die Anspruchsgrundlagen der §§ 985, 812 und 823 BGB sind hingegen gleichermaßen auf Grundstücke wie auch auf bewegliche Sachen anwendbar. Das englische Tort Law hält historisch gewachsene Anspruchsgrundlagen bereit, welche bis auf negligence ausschließlich entweder für Mobilien oder für Immobilien gelten. Allerdings existieren auch hier Parallelen, insbesondere sind die Anspruchsvoraussetzungen von trespass to goods und trespass to land überwiegend gleich, unterscheiden sich aber im Bereich der Rechtsfolgen.559 Das Law of Unjust Enrichment unterscheidet nicht zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen. Weiterhin kennt das englische Recht keine Anpruchsgrundlagen, die ausschließlich den Besitz schützen, wie dies beim possessorischen Besitzschutz nach deutschem Recht der Fall ist. Der Besitzschutz erfolgt im englischen Recht fast ausschließlich durch die Anspruchsgrundlagen des Tort Law, also des Deliktsrechts. Diese schützen sämtlich nicht nur den Besitzer, sondern auch Personen mit einem immediate right to possession. Hierbei wird, ähnlich wie im deutschen Recht beim mittelbaren Besitzer, possession fingiert, um demjenigen einen Besitzschutzanspruch zu ermöglichen, der zwar keine tatsächliche Sachherrschaft, aber aufgrund eines rechtlichen Verhältnisses eine gewisse Nähebeziehung zur Sache hat. Damit bezwecken die Anspruchsgrundlagen des Tort Law vornehmlich den Schutz des Eigentümers oder des sonst an einer Sache dinglich oder obligatorisch Berechtigten.560 Der possessorische Besitzschutz des deutschen Rechts nach den §§ 858 ff. BGB stellt im Gegensatz dazu ausschließlich auf den Besitz ab. Hierdurch werden sowohl der Friedensgedanke als auch die damit einhergehende Durchsetzung des Gewaltverbots betont. Zudem ist der deutsche possessorische Besitzschutz vorläufiger Natur, das heißt, gerade wegen des Gewaltverbots soll eine (nur) vorläufige Besitzlage hergestellt werden, die nicht mit der obligatorischen bzw. dinglichen Rechtslage übereinstimmen muss. Der Schutz des Eigentums erfolgt im deutschen Recht schwerpunktmäßig über § 985 BGB (hinsichtlich Besitzentziehungen) oder über § 1004 BGB (hinsichtlich Besitzstörungen). Allerdings ist dieser Eigentumsschutz auch vor dem Hintergrund der Vermutungen des § 1006 BGB zu sehen.561 Erst hierdurch wird in der Praxis der Weg zu den Ansprüchen aus dem Eigentum ermöglicht, da ansonsten ein zweifelsfreier Nachweis des Eigen559

Näheres hierzu sogleich. So auch Bridge, Personal Property, S. 14: „The law of tort, as we shall see, stepped in to protect property rights, more accurately to protect possession, by means of the award of damages.“ 561 Eingehend hierzu oben (Zweiter Teil, § 6 C. III. 1.). 560

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

tums gar nicht möglich wäre.562 Im Immobilienbereich ist Publizitätsmittel und Grundlage für die Eigentumsvermutung nicht der Besitz, sondern die Eintragung im Grundbuch, vgl. §§ 891 ff. BGB. Ähnlich verhält es sich mit dem Anspruch aus nuisance und dem Anspruch aus § 1004 BGB. Beide richten sich gegen Beeinträchtigungen des Eigentums, nur knüpft nuisance an possession an, § 1004 BGB hingegen an das Eigentum, das aber auch durch die Eigentumsvermutungen des § 1006 BGB bewiesen werden kann. Andere dinglich Berechtigte an der Sache außer dem Eigentümer sind im deutschen Recht bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen durch § 1007 BGB geschützt. Allerdings spielt diese Vorschrift in der Praxis aufgrund ihres geringen Anwendungsbereichs sowie wegen der Möglichkeit, einen Anspruch auf § 985 BGB zu stützen, eine eher untergeordnete Rolle.563 Schließlich kann der Besitzer, dem ein Recht zum Besitz an der Sache zusteht, entgangene Nutzungen über das Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) oder über §§ 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 i. V. m. 858 BGB Ersatz verlangen. Ein weiterer grundlegender Unterschied zwischen dem deutschen und dem englischen Recht liegt in den Rechtsfolgen der Besitzschutzansprüche. Nach ganz herrschendem deutschen Rechtsverständnis stellt der Besitz als solcher kein erlangtes Etwas dar.564 Aus diesem Grund wird für den bloßen Besitzentzug auch kein Schadensersatz gewährt565, sondern die Ansprüche richten sich auf Wiedereinräumung des Besitzes. Lediglich der Schutz des zum Besitz berechtigten Besitzers aus § 812 BGB ermöglicht diesem die Geltendmachung entgangener Nutzungen und § 823 BGB die Möglichkeit, Schadensersatz wegen Besitzbeeinträchtigungen oder -störungen zu erlangen. Im englischen Recht steht zunächst der Kompensationsgedanke und damit das Wertinteresse an der Sache im Vordergrund, allerdings normiert s. 3 Torts (Interference with Goods) Act 1977 für bewegliche Sachen ein richterliches Ermessen hinsichtlich der Rechtsfolge, so dass auch die Rückgewähr der Sache selbst als Rechtsfolge möglich ist. Negligence ist wiederum ausschließlich auf die Gewährung von Schadensersatz ausgerichtet.566 Im englischen Immobiliarsachenrecht kann hingegen ein Anspruch auf Räumung bzw. Wiedereinräumung des Grundbesitzes ermessensunabhängig auf die sog. recovery als besondere Rechtsfolge des trespass to land gestützt werden.567 Darüber hinaus kennt das englische Recht das Institut 562 563 564 565 566 567

Zu dieser probatio diabolica bereits oben (Zweiter Teil, § 8 C.). Siehe oben (§ 10 C. I.). Vgl. Zweiter Teil, § 6 B. Wieling, Sachenrecht I, § 5 IV 6 m. w. N.; Wieling, FG Lübtow, S. 580. Siehe oben, § 11 A. V. Hierzu oben [§ 11 A. II. 1. h) bb)].

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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der nominal damages. Dieses ist relevant im Rahmen der Ansprüche des Tort Law, welche keinen Schaden voraussetzen. Dies sind trespass to goods, trespass to land und conversion. Kann nämlich ein Schadensnachweis vom Anspruchsteller nicht erbracht werden, besteht dennoch die Möglichkeit, durch Zuspruch eines derartigen nominellen Schadensersatzbetrages sein Feststellungsinteresse im Hinblick auf seine bessere Berechtigung an der Sache zu befriedigen. Das Feststellungsinteresse des Anspruchstellers liegt zunächst darin, dass die Schadensersatzpflicht des Anspruchsgegners dem Grunde nach festgestellt werden kann, so dass er für einen später entstehenden Schaden ohne Beweisschwierigkeiten und Gefahr der Verjährung Ersatz verlangen kann. Auch erhält er einen Titel, um gegen durch das betreffende deliktische Verhalten andauernde oder drohende Beeinträchtigungen vorzugehen. Daneben erhält er eine Klärung und Gewissheit darüber, ob ein bestimmtes Verhalten deliktisch war bzw. ist und kann hierauf künftig sein Verhalten ausrichten. Im deutschen Recht kann dieses Interesse an einem Feststellungsurteil insbesondere über die Herausgabeansprüche (§§ 985, 1007, 861, 862, 812 BGB) in Verbindung mit der Feststellungsklage nach § 256 ZPO verwirklicht werden. Ein Feststellungsurteil kann im deutschen Recht nach § 256 Abs. 1 ZPO nur erlassen werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung darlegt.568 Dieses liegt vor, wenn „für den Kläger eine – selbst nur wirtschaftliche – tatsächliche Ungewissheit oder Unsicherheit besteht, so dass er sich in seiner Rechtsstellung gefährdet sieht und ein Bedürfnis von ihm auf alsbaldige Klarstellung, sei es für seine Anträge bei anderen Behörden, sei es zur Richtschnur künftigen Verhaltens oder aus sonstigen Gründen berechtigt erscheint“569. Ansprüche wegen entgangener Nutzungsmöglichkeiten können, wenn sie nicht schon einen konkreten Schaden darstellen, im deutschen Recht über § 812 BGB oder § 823 BGB geltend gemacht werden, im englischen Recht über das Law of Unjust Enrichment sowie im Grundstücksbereich als sog. mesne profits im Rahmen des trespass to land.570

568 Eine Ausnahme hiervon gilt nach § 256 Abs. 2 ZPO für den Sonderfall der Zwischenfeststellungsklage, bei der anstelle eines Feststellungsinteresses die Vorgreiflichkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses notwendig ist, vgl. Rosenberg/ Schwab/Gottwald, § 90, Rn. 18. 569 Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 90, Rn. 19. 570 Siehe § 11 A. II. 1. h) cc).

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

B. Vergleich des Besitzschutzes durch die einzelnen Anspruchsgrundlagen I. Possessorischer Besitzschutz Wie bereits eingangs571 erwähnt, ist der possessorische Besitzschutz des deutschen Rechts vorläufiger Natur, weshalb hierbei auch petitorische Einreden gemäß § 863 BGB grundsätzlich ausgeschlossen sind. Der Sinn und Zweck dieser Regelung liegt darin, dem in seinem Besitz Gestörten im Sinne des Gewaltverbots zu einem schnellen Titel zu verhelfen. Dies wäre häufig unmöglich, wollte man die bestehenden dinglichen oder obligatorischen Verhältnisse der Beteiligten umfassend prüfen. Im deutschen Recht ist die Begehung verbotener Eigenmacht (§ 858 BGB) zentrale Voraussetzung aller Besitzschutzansprüche. Dieser Begriff wird im deutschen Recht weit gefasst. Er beinhaltet nur objektive Voraussetzungen: Es genügt eine objektive Besitzentziehung und Besitzbeeinträchtigung gegen den Willen des Besitzers. Andererseits erfährt der Begriff der verbotenen Eigenmacht Einschränkungen in objektiver Hinsicht: So liegt zum Beispiel keine verbotene Eigenmacht bei bloßem Unterlassen der Herausgabe einer Sache vor (aufgrund der Wertung des § 856 Abs. 2 BGB), bei nur vorübergehender Besitzentziehung sowie dann, wenn der Eingriff wegen des Bestehens einer gesetzlichen Duldungspflicht nicht widerrechtlich ist.572 Wie oben ausgeführt, kennt das englische Recht keinen rein possessorischen Besitzschutz. Der possessorische Besitzschutz des deutschen Rechts ist aufgrund seiner Funktion auf Einräumung oder Erhaltung des Besitzes bzw. auf die Beendigung von Besitzstörungen gerichtet. Allerdings gewährt §§ 823 Abs. 2 i. V. m. 858 BGB, der nach vorzugswürdiger Ansicht ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellt573, die Möglichkeit des Schadensersatzes wegen Begehung von verbotener Eigenmacht. Durch § 863 BGB ist die Berufung auf die bessere Berechtigung eines Dritten im Sinne eines ius tertii gerade nicht möglich, wie dies bei s. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977 für den Anspruch aus trespass to goods, conversion, nicht aber für Immobilien im Bereich des trespass to land der Fall ist.574

571 572 573 574

Unter A. Zum Ganzen oben (unter § 10 A. III. 1.). Näheres unter § 10 F. II. Siehe oben [§ 11 A. II. 1. c)].

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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1. Besitzentziehung (§ 861 BGB) und conversion

Im Gegensatz zu trespass to goods, welcher sich ausschließlich mit Besitzbeeinträchtigungen befasst, wird der Schutz vor Besitzentziehungen über die Anspruchsgrundlage der conversion erreicht. Allerdings geht conversion darüber hinaus und ist bei jeder Vorenthaltung der Eigentümerrechte anwendbar, also gerade nicht an einen Besitzwechsel geknüpft. Wegen dieser Unterschiede geht das englische Schrifttum teilweise davon aus, dass conversion von seiner Grundrichtung her das Eigentum und trespass den Besitz schütze.575 Dies ist insofern zutreffend, als conversion im Bereich der beweglichen Sachen die Funktion eines Vindikationsanspruchs, wie er im deutschen Recht in § 985 BGB normiert ist, übernimmt.576 Eine Besitzbeeinträchtigung ist für den Anspruch aus conversion als objektiver Tatbestand nämlich gerade nicht nötig, sondern es ist jede Anmaßung von Eigentümerbefugnissen ausreichend, ähnlich wie im deutschen Strafrecht beim objektiven Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) oder der Sachbeschädigung bzw. -zerstörung (vgl. § 303 StGB). Andererseits schützt conversion nicht nur das Eigentum, sondern auch den Besitz. Sofern der Anspruchsgegner selbst kein Recht zum Besitz hat und auch keinen besser berechtigten Dritten nennen kann, ist auch der bloße Besitzer im Rahmen der conversion anspruchsberechtigt. Somit ist die Frage durchaus berechtigt, inwiefern der Anspruch aus conversion mit § 861 BGB, dem possessorischen Anspruch wegen Besitzentziehungen, vergleichbar ist. Zudem ist auch der mittelbare Besitzer im Rahmen von § 861 BGB geschützt, allerdings eingeschränkt durch § 869 BGB. Ebenso kann der Besitzherr im Fall der Besitzdienerschaft den Anspruch aus § 861 BGB geltend machen, da er nach der Wertung des § 855 BGB Besitzer ist. Nach richtiger Auffassung wird der Besitzdiener durch § 861 BGB nicht geschützt, weil dieser trotz Innehabens der tatsächlichen Sachherrschaft kein Besitzer im rechtlichen Sinne ist.577 Wie im englischen Recht findet ein Besitzschutz von Mitbesitzern untereinander praktisch nur im Fall der Sachentziehung statt, vgl. § 866 BGB.578 Die possessorischen Besitzschutzansprüche des deutschen Rechts sind auf Herausgabe der Sache gerichtet. Einen Anspruch auf Schadensersatz gewähren sie nicht. Dies ist vor dem Hintergrund der vorläufigen Natur der possessorischen Besitzschutzansprüche auch plausibel, da durch diese gerade ein bestimmter Zustand vorläufig (wieder-)hergestellt werden soll, 575 576 577 578

Weir, Tort Law, S. 165. Einzelheiten hierzu sogleich unter V. Siehe oben (§ 10 A. III. 2.). Vgl. oben (§ 10 A. III. 2.).

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

nicht aber ein endgültiger Zustand. Das Verfolgungsrecht des Besitzers aus § 867 BGB gewährt diesem nur das Recht, ein fremdes Grundstück zu betreten, um sich die Sache wiederzubeschaffen, nicht aber weitergehende Befugnisse, wie insbesondere die Anwendung von Gewalt. Außerdem ist der das Verfolgungsrecht ausübende Besitzer nach § 867 S. 2 BGB gegenüber dem Eigentümer des fremden Grundstücks als Ausgleich für dessen unfreiwilliges Sonderopfer zum Schadensersatz verpflichtet. Wie bereits erwähnt, kennt das englische Recht keinen vorläufigen possessorischen Besitzschutz. Sämtliche Ansprüche, einschließlich der Notwehr- und Selbsthilferechte der self-help und recovery, berücksichtigen stets die bessere Berechtigung eines anderen an der Sache als petitorische Einwendung. Als Rechtsfolge der Anspruchsgrundlagen kommt ermessensabhängig die Gewährung von Schadensersatz oder die Herausgabe der Sache in natura in Betracht. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich hierbei nach dem Wert der jeweiligen Berechtigung an der betreffenden Sache.579 Gemäß § 858 Abs. 2 BGB bleibt ein bereits bestehender possessorischer Besitzschutzanspruch unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber einem Besitznachfolger des Besitzstörers oder -entziehers erhalten. Damit gilt die Fehlerhaftigkeit des Besitzes relativ zwischen ursprünglichem Besitzer und Besitznachfolger des Besitzstörers oder -entziehers, entfaltet aber gerade keine Wirkung gegenüber jedermann. Das englische Recht hingegen kennt keine derartige Regelung. Dies erklärt sich zum einen wieder durch die vorläufige Natur des possessorischen Besitzschutzes im deutschen Recht, welche es erträglich erscheinen lässt, dass der Besitznachfolger insofern nicht geschützt wird. Zum anderen ist der deutsche Besitzschutz im Gegensatz zum englischen bereits von seiner Grundrichtung her auf Herausgabe der Sache und nicht auf die Gewährung von Schadensersatz ausgerichtet. Folglich ähnelt der Anspruch aus conversion bei Anspruchsberechtigung durch possession ohne immediate right to possession dem Anspruch aus § 861 BGB im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung sowie den Anspruch auf Herausgabe der Sache als Rechtsfolge. Unterschiede liegen in der Verletzungshandlung, welche im Rahmen der conversion weiter gefasst ist, sowie funktionell in der vorläufigen Natur des possessorischen Besitzschutzes im deutschen Recht. Weiterhin ist der Anspruch aus conversion nicht nur auf Herausgabe der Sache, sondern – abhängig vom Ermessen des Gerichts – auch auf die Leistung von Schadensersatz gerichtet.

579

Näheres unter § 11 A. V. 2.

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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2. Besitzstörung (§ 862 BGB), trespass und nuisance

Trespass to land und trespass to goods befassen sich wie auch § 862 BGB mit einer breiten Spannweite von unberechtigten Besitzbeeinträchtigungen. Trespass betrifft allerdings nur unmittelbare Beeinträchtigungen, ansonsten ist nuisance als Anspruchsgrundlage einschlägig.580 Bei sämtlichen drei Anspruchsgrundlagen ist zunächst der Besitzer (possessor) anspruchsberechtigt. Für einen Anspruch aus trespass to land ist im Gegensatz zu einem Anspruch aus trespass to goods und aus conversion ein immediate right to possession grundsätzlich nicht ausreichend.581 Zu beachten ist indes, dass der Anspruch aus trespass petitorische Elemente aufweist, sobald sich der Anspruchsgegner auf ein right to possession an der Sache beruft. In diesem Fall muss nämlich das Besitzrecht des Anspruchstellers unmittelbarer sein als dasjenige des Anspruchsgegners. Das bedeutet, dass der Anspruchsteller gegenwärtig zum Besitz berechtigt sein muss oder seine Besitzberechtigung aus sonstigen Gründen besser ist als diejenige des Anspruchstellers. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Anspruchsteller nur den possessory title darlegt, der bloß aus seiner possession besteht. Auch in funktionaler Hinsicht weist der Anspruch aus trespass Ähnlichkeiten mit dem possessorischen Besitzschutz nach § 862 BGB auf, da beide keinen Schaden voraussetzen und damit auch nicht primär auf die Gewährung von Schadensersatz, sondern auf die Unterbindung von Beeinträchtigungen ausgerichtet sind. Jedoch kann auch aus trespass ein Schaden ersetzt werden, wenn sein tatsächliches Entstehen vom Anspruchsteller nachgewiesen wird. Insofern erfüllt trespass nach deutschem Rechtsverständnis nicht nur die Funktion des Besitzschutzes, sondern auch eine deliktische Funktion. Ein wichtiger funktioneller Unterschied liegt darin, dass § 862 BGB auf einen vorläufigen Schutz angelegt ist, trespass hingegen auf einen endgültigen. Dies erklärt wiederum, weshalb Rechtsfolge von trespass nicht die Beendigung der Beeinträchtigung, sondern die Gewährung von Schadensersatz ist. Neben der Gewährung von Schadensersatz führt der Anspruch aus trespass to land zu einer Erstattung (sog. mesne profits) als Ersatz für die entgangene Nutzungsmöglichkeit. Als subjektives Element erfordert trespass to land intention. Anders als im deutschen Recht der Vorsatz muss sich die englische intention nur auf die jeweilige tatbestandliche Handlung beziehen, nicht aber auf sämtliche 580

Vgl. § 11 A. II. 1. e). Zu den Ausnahmen (insbesondere zur Regel des trespass by relation) siehe oben [§ 11 A. II. 1. c)]. 581

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

objektive Tatbestandsmerkmale. Dies bedeutet, dass nach deutschem Rechtsverständnis eine Handlung vorliegen muss, was im deutschen Recht bei jedem willensgesteuerten Verhalten gegeben ist. Damit ist intention nach deutscher Dogmatik gleichzusetzen mit einer deliktischen Handlung, nicht aber mit Vorsatz.582 Auch der Anspruch aus trespass to goods umfasst im Bereich beweglicher Sachen unmittelbare Beeinträchtigungen. Der Anspruch setzt intention voraus, welche sich jedoch wie bei trespass to land lediglich auf die tatbestandliche Handlung als solche beziehen muss. Allerdings ist in diesem Rahmen nicht nur der possessor, sondern auch der Inhaber des immediate right to possession, also der sog. immediate constructive possessor, anspruchsberechtigt.583 Zudem ist der Einwand des ius tertii laut s. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977 ausdrücklich zugelassen584, das heißt, der Anspruchsgegner kann den Anspruch dadurch zu Fall bringen, indem er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine andere Person ein besseres Besitzrecht an der Sache hat als der Anspruchsteller. Hierin liegt nicht nur ein bedeutender Unterschied zum trespass to land, sondern auch zum Anspruch aus § 862 BGB, bei dem jegliche petitorische Berechtigung ausgeklammert ist, also auch die eines Dritten. Der Anspruch aus private nuisance entspricht unter funktionellen Gesichtspunkten im Wesentlichen dem Anspruch aus § 1004 BGB: Anspruchsberechtigt ist nicht nur der Eigentümer, sondern allgemein jede Person mit einer dinglichen Berechtigung an dem Grundstück, wozu vor allem auch der tenant zählt. Im deutschen Recht schützt § 1004 BGB zwar nur das Eigentum, indes gibt es hinsichtlich anderer dinglicher Rechte dem § 1004 BGB ähnelnde Bestimmungen, wie beispielsweise die §§ 1053, 1134 oder 1192 Abs. 1 BGB. Der Anspruch aus public nuisance hingegen weist keinerlei Ähnlichkeiten mit dem Anspruch aus § 862 BGB auf. Public nuisance schafft vielmehr eine von der Besitzlage unabhängige Gefährdungshaftung. II. Die Gewaltrechte des Besitzers Die Gewaltrechte des Besitzers nach §§ 859, 860 BGB gibt es in vergleichbarer Form auch im englischen Recht. Die Gewaltrechte aus §§ 859, 860 BGB sind echte Selbsthilferechte des Besitzers, sollen diesen also vor der Gefahr bewahren, dass seine Besitzschutzansprüche nicht verwirklicht werden können oder deren Verwirklichung wesentlich erschwert wird. Da582 583 584

Hierzu schon oben [unter § 11 A. II. 1. c) bb)]. Zu diesen Begriffen oben (Zweiter Teil, § 7 D. II.). Siehe § 11 A. III. 1. e).

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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neben sind die Gewaltrechte auch besondere Ausprägungen des allgemeinen Rechtsgedankens der Notwehr, da sie es dem Besitzer ermöglichen, sich gegen einen Angriff auf seinen Besitz zur Wehr zu setzen. Allerdings werden sie deshalb restriktiv gehandhabt, weil sie dem Friedensschutz, dem eigentlichen Grundgedanken des Besitzschutzes, zuwider laufen.585 Das deutsche Recht erlaubt die Besitzkehr, die Selbsthilfe bei Besitzentziehung und die Besitzwehr bei sonstigen Besitzbeeinträchtigungen nur unter engen Voraussetzungen in zeitlicher Hinsicht. So ist bei beweglichen Sachen eine Selbsthilfe nach § 859 Abs. 2 BGB nur zulässig, wenn der Täter auf frischer Tat betroffen wird. Bei Grundstücken gilt der strengere Maßstab des § 859 Abs. 3 BGB, nach dem die Selbsthilfe sofort erfolgen muss. Die re-entry on land und die recaption of chattels des englischen Rechts sind hingegen zeitlich unbegrenzt möglich. Diese recht besitzerfreundliche Regelung ist damit zu erklären, dass das englische Recht keinen vorläufigen Besitzschutz kennt. Allerdings ist bei der re-entry on land keinerlei Gewaltanwendung zulässig, um den Besitz des Grundstücks wiederzuerlangen.586 Insofern handelt es sich eher um ein Zugriffsrecht als ein Gewaltrecht im eigentlichen Sinne. Im Rahmen der recaption of chattels (der Besitzwehr beweglicher Sachen) sowie der self-help gegen Besitzstörungen von Grundstücken, bei denen der Störer selbst keinen Besitz erlangt, ist hingegen die Ausübung angemessener Gewalt (reasonable force)587 zulässig. Gemäß § 860 BGB ist der Besitzdiener auch befugt, die Gewaltrechte für seinen Besitzherrn auszuüben. Die Vorschrift bezweckt allerdings nicht den Schutz des Besitzdieners selbst, sondern die Verstärkung des Schutzes des Besitzherrn.588 Eine grundsätzliche Ausübung der Gewaltrechte durch den mittelbaren Besitzer ist im deutschen Recht nicht vorgesehen, aber im Rahmen einer Ausübung der allgemeinen Notwehrrechte durch den mittelbaren Besitzer ebenfalls möglich. Es handelt sich jedoch nicht um Ausübungsrechte, welche ihm gerade in seiner Funktion als mittelbarer Besitzer zustehen.589 Im englischen Recht sind die Selbsthilferechte des Besitzers an das Bestehen eines Anspruchs aus Tort Law und damit auch an dessen Voraussetzungen geknüpft. Damit ist Ausübungsberechtigter ebenfalls grundsätzlich der unmittelbare Besitzer. Allerdings kann auch die Person mit dem jeweils besten Besitzrecht, dem immediate right to possession, Selbsthilferechte ausüben, also der qualified constructive possessor. Dies kann je nach den 585 586 587 588 589

Siehe schon oben, § 10 B. I. § 11 A. V. 3. a). Siehe § 11 A. II. 1. h) aa) und § 11 A. V. 3. a). Vgl. oben, § 10 B. I. Einzelheiten unter § 10 B. II.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Umständen des Einzelfalls auch der Besitzdiener sein, dem ansonsten wie auch im deutschen Recht mangels Besitzerstellung keine eigenen Besitzschutzansprüche zustehen. III. Petitorischer Besitzschutz Der petitorische Besitzschutz des deutschen Rechts nach § 1007 BGB gilt zunächst nur im Hinblick auf bewegliche Sachen. Hierbei schützt die Anspruchsgrundlage des § 1007 Abs. 1 BGB den früheren Besitz gegen den späteren bösgläubigen und unberechtigten Besitz590, § 1007 Abs. 2 BGB hingegen dient dem Schutz des Besitzers, dem eine Sache abhandengekommen ist. Beide Anspruchsgrundlagen haben zwar Auffangcharakter, unter bestimmten Umständen kommt ihnen aber durchaus ein eigener Bedeutungsgehalt zu, beispielsweise in Bezug auf den Schutz des Anwartschaftsberechtigten oder auf den Schutz des Mieters gegen Dritte. Aufgrund ihrer engen Voraussetzungen kennt die Vorschrift keine direkten Parallelen zu den relativ weit gefassten Besitzschutzansprüchen des englischen Rechts. Die Ansprüche aus § 1007 BGB und aus dem englischen Tort Law teilen jedoch die Gemeinsamkeit, dass bei ihnen ein Recht zum Besitz relevant ist, welches der Anspruchsgegner dem jeweiligen Anspruchsteller entgegenhalten kann. Insofern ist nämlich über die Verweisung in §§ 1007 Abs. 3 S. 2 i. V. m. 986 BGB auch die bessere Berechtigung an der Sache maßgeblich. Zudem dient bei einem Anspruch aus conversion gerade auch der Beweis des früheren Besitzes zum Nachweis eines immediate right to possession591, so dass auch insofern eine Ähnlichkeit zu dem Anspruch aus § 1007 Abs. 2 BGB besteht. IV. Besitzschutz durch § 823 BGB und durch negligence Zwar kennt das deutsche Recht mit § 823 Abs. 1 BGB im Gegensatz zum englischen Recht keine deliktische Generalklausel, allerdings knüpft die Vorschrift an die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts an. Der Besitz ist nach richtiger Auffassung nur dann als sonstiges Recht im Sinne dieser Vorschrift einzuordnen, wenn dessen Nutzungsfunktion betroffen ist. Dies trifft auf den von einem Recht zum Besitz begleiteten Besitz zu.592 Für den Anspruch aus negligence ist hingegen im englischen Recht ein sog. posses590 591 592

Vgl. § 10 C. II. Lawson, Property, S. 36. Hierzu oben (unter § 10 F. I.).

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sory title notwendig, der in der possession oder dem immediate right to possession liegen kann. Richtigerweise ist in diesem Zusammenhang auch ein sog. ius tertii zu berücksichtigen.593 Damit ist der Kreis der Anspruchsberechtigten im Rahmen der negligence weiter als bei § 823 BGB. Dies ist wiederum mit dem Feststellungsinteresse des Besitzers zu erklären. Weil ein rein possessorischer Besitzschutz im englischen Recht fehlt, bestünde ansonsten keine Handhabe gegen Besitzverletzungen, die nicht auf vorsätzliche Handlungen zurückgehen. Allerdings ist Rechtsfolge eines Anspruchs aus negligence nicht bloß Schadensersatz in Höhe des Sachwerts, sondern Rückgabe der Sache oder Schadensersatz, gemessen am wirtschaftlichen Wert der Besitzberechtigung, der auch Null betragen kann. Somit dient dieser Anspruch im Gegensatz zum Anspruch aus § 823 Abs. 1 und 2 BGB neben der Funktion Schäden zu ersetzen auch dazu, Besitzverletzungen gerichtlich feststellen lassen zu können.594 Der Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 i. V. m. 858 BGB gewährt hingegen einen Schadensersatzanspruch bei jeder verbotenen Eigenmacht. Allerdings erfordert er nach § 823 Abs. 2 S. 2 BGB Verschulden des Anspruchsgegners, das heißt Vorsatz oder Fahrlässigkeit, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Handlung wie die englische intention bei der conversion, sondern auch im Hinblick auf alle Tatbestandsmerkmale, insbesondere also auf die Schutzgesetzverletzung. Beide Ansprüche des § 823 BGB erfordern den Nachweis eines konkreten Schadens und richten sich ausschließlich auf den Ersatz dieses Schadens. Der Anspruch aus negligence ist zunächst nicht an eine Rechtsguts- oder eine Schutzgesetzverletzung geknüpft, sondern stellt eine allgemeine deliktische Generalklausel dar.595 Er setzt als zentrales Element die Verletzung einer Sorgfaltspflichtverletzung (breach of duty of care) sowie die Entstehung eines Schadens voraus.596 Wie bei den Ansprüchen aus § 823 BGB findet eine Anspruchsbegrenzung im Rahmen der Kausalität und der objektiven Zurechnung bzw. durch den Schutzbereich des jeweiligen Schutzgesetzes bei § 823 Abs. 2 BGB statt. Auch die Ansprüche aus § 823 BGB sind nach dem Wortlaut der §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 BGB abhängig von einem Verschulden. Dieses kann aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit bestehen.

593 594 595 596

Siehe oben § 11 A. IV. 2. Zu den Rechtsfolgen oben (§ 11 A. V. 1. und 2.). Siehe oben, § 10 F. I. Einzelheiten unter § 11 A. III. 4.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

V. Der Anspruch aus conversion als Vindikationsanspruch Wie bereits erläutert, erfüllt der Anspruch aus conversion zwei Funktionen: Einerseits ist er ein deliktischer Anspruch, andererseits fungiert er als Vindikationsäquivalent. Deshalb stellt sich die Frage, inwiefern der Anspruch mit demjenigen aus § 985 BGB, dem Vindikationsanspruch des deutschen Rechts, vergleichbar ist. Der Anspruch aus conversion kann vom Inhaber der possession geltend gemacht werden, das heißt vom tatsächlichen Besitzer der Sache sowie vom Inhaber des immediate right to possession, dem immediate constructive possessor.597 Nach s. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977 ist im Rahmen der conversion die bessere Berechtigung Dritter zu berücksichtigen. Hierin zeigt sich der Charakter der conversion als Vindikationsanspruch, da diesbezüglich nicht nur die relativ beste Berechtigung zwischen den Parteien, sondern die absolut beste Berechtigung für das Bestehen des Anspruchs maßgeblich ist. Dagegen setzt der Anspruch aus § 985 BGB im Gegensatz zur conversion keine Handlung voraus. In subjektiver Hinsicht erfordert conversion zwar Vorsatz, allerdings muss sich dieser nur auf die Vornahme der betreffenden Handlung beziehen, so dass der Anspruch nach deutschem Rechtsverständnis wie auch derjenige aus § 985 BGB unabhängig von einem Verschulden besteht. Im Unterschied zum Anspruch aus conversion setzt der Anspruch aus § 985 BGB jedoch das Eigentum des Anspruchstellers voraus. Jedoch ist hierbei zu beachten, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB bei beweglichen Sachen für die Geltendmachung des Anspruchs aus § 985 BGB praktisch von großer Bedeutung ist. Wegen der Vermutung in § 1006 Abs. 2 BGB kann folglich auch im deutschen Recht ein früherer Besitzer erfolgreich aus § 985 BGB eine bewegliche Sache vindizieren, sofern die Vermutung aus § 1006 Abs. 2 BGB nicht widerlegt werden kann.598 Weiterhin ist ein Recht zum Besitz des Anspruchsgegners auch im deutschen Recht bei § 985 BGB maßgeblich, nämlich über die Einwendung des § 986 BGB.599 Nach § 986 Abs. 1 BGB kann der Besitzer dem Eigentümer oder dem früheren Besitzer, dessen Eigentum nach § 1006 Abs. 2 BGB vermutet wird, ein Recht zum Besitz entgegenhalten. Im englischen Recht hingegen wird von vornherein nach der besseren Berechtigung zum Besitz gefragt. Der Schutz des Eigentums gestaltet sich in England bei der conversion schwieriger, weil als Anknüpfungspunkt stets eine vorwerfbare Handlung 597 598 599

Zu den Einzelheiten oben [unter § 11 A. III. 3. e)]. Hierzu bereits oben (Zweiter Teil, § 6 C. III. 1.). Siehe oben (§ 10 D.).

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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vorliegen muss. Dies ist bei § 985 BGB nicht der Fall. Andererseits reicht im Rahmen der conversion das Nichtbefolgen des Herausgabeverlangens als vorwerfbare Handlung aus. Dieses Nichtbefolgen ist zwar für § 985 BGB nicht Anspruchsvoraussetzung, praktisch wird es aber in der Regel auch der Geltendmachung des Anspruchs vorausgegangen sein.600 Im Rahmen des Besitzschutzes besteht insofern Gleichlauf von deutschem und englischem Recht, als auch im deutschen Recht eine vorwerfbare Handlung in Form der verbotenen Eigenmacht des Anspruchsgegners als Anknüpfungspunkt gegeben sein muss. Allerdings genügt das bloße Nichtbefolgen eines Herausgabeverlangens im Rahmen des deutschen possessorischen Besitzschutzes nicht. Mangels Besitzentziehung oder -störung liegt hierin keine verbotene Eigenmacht nach § 858 Abs. 1 BGB. Schließlich entsprechen die sog. mesne profits im Bereich des trespass to land dem Nutzungsersatz der §§ 987 ff. BGB.601 Allerdings erfolgt im englischen Recht nicht wie in den §§ 987 ff. BGB eine Differenzierung zwischen gutgläubigem, deliktischem, bösgläubigem oder verklagtem Besitzer.602 VI. Besitzschutz durch das Bereicherungsrecht Das Law of Unjust Enrichment ist mittlerweile innerhalb des englischen Rechts ein eigenständiges Rechtsgebiet mit der zentralen Anspruchsgrundlage des unjust enrichment. Das Law of Unjust Enrichment weist viele Parallelen zum deutschen Bereicherungsrecht auf, das in den §§ 812 ff. BGB geregelt ist. Sowohl der Begriff der Bereicherung als auch der des enrichment wird weit gefasst. Beide umfassen jeden vermögenswerten Vorteil. Das Merkmal at the expense of entspricht im deutschen Recht der Voraussetzung auf Kosten von (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB). Diese wird zwar teilweise nur im Rahmen der Nichtleistungskondiktion als eigenständige Voraussetzung verstanden, ist aber materiell im Leistungsbegriff mit enthalten und stellt damit eine dem gesamten Bereicherungsrecht zugrunde liegende Anforderung dar.603 Weiterhin entsprechen sich die Merkmale unjust und ungerechtfertigt, vor allem seit in der englischen Rechtsdogmatik ein Loslösen von den unjust factors als Fallgruppen hin zu der Bedeutung without justification stattgefunden hat. Gerade letztere entspricht dem Merkmal ohne Rechtsgrund bzw. dem Wegfall des Rechtsgrundes im deutschen Bereicherungsrecht.604 600 601 602 603

Huber, RabelsZ 1998, S. 105. Stenger, S. 146. Vgl. auch Stenger, S. 283. Vgl. MüKomm/Schwab, § 812, Rn. 237.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Im deutschen Recht ist mittlerweile anerkannt, dass das Bereicherungsrecht aus mehreren Tatbeständen besteht, welche sich in Leistungs- und Nichtleistungskondiktionen aufteilen lassen.605 Das unjust enrichment by subtraction im Sinne von Birks ähnelt der Leistungskondiktion des deutschen Rechts, da beide in erster Linie die Rückabwicklung von unwirksamen Vertragsverhältnissen regeln. Die Fälle des unjust enrichment by doing wrong im Sinne von Birks ähneln hingegen der Eingriffskondiktion des deutschen Rechts606. Beide befassen sich mit einer von der Rechtsordnung nicht getragenen Vermögensverschiebung außerhalb vertraglicher Verhältnisse. Der Besitz ist sowohl im englischen als auch im deutschen Recht möglicher Gegenstand von Bereicherungsansprüchen. Als vermögenswerte Position fällt der Besitz nämlich im Rahmen beider Rechtsordnungen grundsätzlich unter den weit gefassten Bereicherungsbegriff. Allerdings erfährt der Besitz im deutschen Recht nur dann den Schutz des Bereicherungsrechts, wenn ihm auch eine Nutzungsfunktion zugewiesen ist. Dies trifft zu auf den rechtmäßigen und auch auf den unrechtmäßigen Besitz, der nach der Wertung der §§ 987, 988, 990 und 993 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Nutzungen privilegiert ist. Indes ist auch im englischen Law of Unjust Enrichment aufgrund des Kriteriums at the expense of eine Bereicherung nur auf Kosten desjenigen zu beachten, dem die Nutzungsfunktion des Besitzes zukommt.607 Obwohl das englische Recht keine Vorschriften kennt, die mit den §§ 987, 988, 990 und 993 Abs. 1 BGB vergleichbar sind, scheidet doch in beiden Rechtsordnungen ein Bereicherungsersatz des nichtberechtigten Besitzers aus. Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen existieren Unterschiede zwischen dem deutschen und englischen Bereicherungsrecht. Während das deutsche Bereicherungsrecht nach §§ 812, 818 Abs. 1 BGB primär auf Herausgabe der Bereicherung in Natur und erst zweitrangig auf Wertersatz gerichtet ist, ist das Law of Unjust Enrichment von vornherein auf Wertersatz gerichtet.608 In beiden Rechtssystemen gilt jedoch die Gemeinsamkeit, dass sich der Bereicherungsschuldner jeweils auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Wie auch im deutschen Recht orientiert sich der Umfang des Be604 Zur Entwicklung im englischen Recht siehe oben § 11 B. I.; zur Annäherung an das deutsche Recht siehe bereits Fn. 521. 605 Auch in Deutschland wurde immer wieder zu begründen versucht, dass es eine einheitliche Grundlage der Bereicherungsansprüche gäbe, vgl. Kurz, S. 1 ff. m. w. N. 606 So auch Dickson, [1995] 54 C. L. J., S. 120. 607 Vgl. § 11 B. II. 608 Siehe § 11 B. III.

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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reicherungsanspruchs im englischen Recht nicht wie im Schadensersatzrecht am Verlust des Anspruchstellers, sondern am ungerechtfertigt gezogenen Vorteil, welchen es abzuschöpfen gilt. Insofern besteht ein Wahlrecht des Berechtigten, ob er Ansprüche aus Deliktsrecht oder aus Bereicherungsrecht geltend macht, da insofern Anspruchskonkurrenz besteht. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann die eine oder die andere Möglichkeit für ihn wirtschaftlich sinnvoller sein. Dem ungeachtet sind aber auch Überschneidungen zwischen Bereicherung und Schaden möglich, wobei die betreffenden Positionen vom Anspruchsteller nur einmal geltend gemacht werden können. Der Anspruchsgegner ist nämlich insofern nicht mehr bereichert, als er dem Anspruchsinhaber bereits Schadensersatz geleistet hat, bzw. hat der Anspruchsinhaber insofern keinen Schaden erlitten, als er Wertersatz nach Bereicherungsgrundsätzen erhalten hat. Das englische Tort Law ist damit etwas flexibler als das deutsche Schadensersatzrecht, da das Tort Law auch eine am Verletzergewinn orientierte Schadensberechnung kennt.609

C. Zusammenfassung I. Systematische und funktionelle Unterschiede im Einzelnen 1. Kein vorläufiger Besitzschutz im englischen Recht

Wie soeben610 dargestellt, kennt das englische Recht keinen rein vorläufigen Besitzschutz, wie er in den §§ 858 ff. BGB normiert ist. Die Besitzschutzansprüche des Tort Law schützen zwar auch den bloßen Besitzer, dies aber nur, solange der Anspruchsgegner kein besseres Recht zum Besitz nachweisen kann.611 Folglich sind im englischen Recht petitorische Einwendungen und Einreden im Rahmen der Besitzschutzansprüche stets zugelassen, und zwar in vielen Fällen sogar die Berufung auf ein ius tertii, ausgenommen den Bereich des trespass to land. Gerade der possessorische Besitzschutz erfüllt im deutschen Recht eine wichtige Funktion, da der vormalige Besitz und die Besitzstörung oder -entziehung häufig relativ einfach zu beweisen sind, ganz im Gegensatz zum Recht zum Besitz, welches zudem im Prozessfall oftmals streitig sein wird.612 Auch im englischen 609 Diese Berechnungsmethode gibt es teilweise auch im deutschen Recht, beispielsweise bei der sog. Lizenzanalogie im Bereich des Urheberrechts, vgl. nur § 97 Abs. 1 UrhG. 610 Unter B. 611 So auch Staudinger/Bund, Vorbem. §§ 854 ff., Rn. 32. 612 Wieling, Sachenrecht I, § 5 I b.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Recht stehen dem Besitzer Gewaltrechte zu, welche von ihrem Umfang her denen in §§ 859, 860 BGB entsprechen. Diese sind jedoch im englischen Recht ebenfalls nicht possessorischer Natur und scheiden aus, wenn derjenige, gegen den sich das Gewaltrecht richtet, eine petitorische Einwendung geltend machen kann. 2. Besitzschutz als Vindikationsersatz im englischen Recht

Das englische Recht kennt keinen Vindikationsanspruch im eigentlichen Sinne, das heißt einen auf das Eigentum gegründeten Herausgabeanspruch. Die Funktion des Vindikationsanspruchs übernehmen im englischen Recht die sog. property torts. Diese sehen entweder eine verschuldensunabhängige Haftung vor, oder ihnen liegt ein derart weiter Vorsatzbegriff (es wird lediglich willensgesteuertes Handeln vorausgesetzt613) zugrunde, dass sie nach deutschem Rechtsverständnis eine verschuldensunabhängige Haftung normieren. Mittels dieser verschuldensunabhängigen Schadensersatzansprüche kann sowohl die Herausgabe der Sache als auch Schadensersatz anstelle der Herausgabe der Sache geltend gemacht werden. Damit bieten die property torts einen funktionellen Ausgleich dafür, dass das englische Recht keine Vindikation kennt. Allerdings ist im Rahmen der property torts formell betrachtet nicht das Eigentum, sondern der Besitz die entscheidende Voraussetzung für eine Anspruchsberechtigung.614 Dies ist jedoch über die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 2 BGB bei beweglichen Sachen auch bei § 985 BGB der Fall. In dieser Vorschrift wird lediglich formell an das Eigentum angeknüpft und mittels des Besitzes über die Schwierigkeiten beim Nachweis des Eigentums hinweggeholfen. Weiterhin setzen die Ansprüche des Tort Law als deliktische Ansprüche einen Schaden voraus. Der Schadensbegriff ist jedoch deutlich weiter als derjenige im deutschen Recht. Er umfasst auch sog. nominal damages, welche nicht mit einer Vermögenseinbuße verbunden sind. Insbesondere der Anspruch aus conversion oder aus trespass wird deshalb oftmals verwendet, die Eigentumsverhältnisse an einer Sache zu klären oder feststellen zu lassen, und nicht dazu, Schadensersatz zu erlangen.615 Damit handelt es sich bei den englischen Ansprüchen aus Tort Law aus deutscher Sicht nicht nur um reine Schadensersatzansprüche, sondern zugleich auch um Feststellungsansprüche. Andererseits ist im englischen Recht durch die Möglichkeit der Geltendmachung des ius tertii und der Maßgeblichkeit des besseren Rechts zum Besitz gewährleistet, dass derjenige, der sein Eigentum beweisen kann, die613 614 615

Hierzu bereits oben [§ 11 A. II. 1. c) bb)]. Siehe oben (§ 11 A. I.). Bridge, Personal Property, S. 49; Prosser, (1957) 42 Cornell L. Q., S. 168.

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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ses auch im Rahmen der conversion oder des trespass to goods geltend machen kann. Auch hieraus kann man schließen, dass das moderne englische Recht aufgrund dieser Regelung in gewisser Weise das Eigentum als schützenswerte Rechtsposition anerkennt.616 Dem deutschen Recht ist die Berufung auf das Besitzrecht eines Dritten grundsätzlich fremd. Zwar kann sich ein Besitzmittler nach § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB auf das Besitzrecht des mittelbaren Besitzers berufen, jedoch handelt es sich hierbei nicht um das Besitzrecht eines völlig unbeteiligten Dritten, sondern um ein abgeleitetes Besitzrecht. Beim Herausgabeanspruch aus § 985 BGB wäre eine Einrede des ius tertii wie im englischen Recht auch überflüssig, da das Eigentum schon positive Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs ist und die bessere Berechtigung des Besitzers über § 986 BGB als Einwendung geltend gemacht werden kann. Somit liegen bei Vorhandensein eines besser berechtigten Dritten – abgesehen vom soeben erwähnten Fall des mittelbaren Besitzes – bereits die Anspruchsvoraussetzungen des § 985 BGB nicht vor, ohne dass es insoweit einer Einwendung oder Einrede bedürfte. Materiell betrachtet kommt der Anspruch aus conversion folglich zu gleichen Ergebnissen wie der aus § 985 BGB. Beim Vindikationsanspruch stellt die bessere Besitzberechtigung über § 986 BGB eine anspruchsvernichtende Einwendung gegenüber dem Eigentümer dar. Somit wird ebenfalls nach der besseren Berechtigung zum Besitz zwischen den Parteien gefragt. Im englischen Recht ist die Besitzberechtigung des Anspruchsgegners hingegen schon bei der Frage der positiven Anspruchsvoraussetzungen relevant.617 Weiterhin ist derjenige mit dem gegenwärtig besten Recht zum Besitz nicht zwangsläufig auch Eigentümer der Sache, sondern es kann sich hierbei beispielsweise um einen Mieter handeln. Vom Ergebnis her betrachtet sind damit der Anspruch aus conversion und §§ 985, 986 BGB im Wesentlichen funktionsgleich. 3. Unterschiedliche Rechtsfolgen im Deliktsrecht

Da das englische Recht kein ownership im Sinne einer absoluten Berechtigung an einer Sache kennt618, ist Rechtsfolge von Verletzungen grundsätzlich nicht die Pflicht zur Rückgabe der Sache, sondern die Gewährung von Schadensersatz.619 Somit sind die Anspruchsgrundlagen des Tort Law als deliktische Ansprüche von ihrer Rechtsfolge her auf Schadensersatz aus616 617 618 619

Siehe oben [§ 11 A. III. 1. e)]. Huber, RabelsZ 1998, S. 107. Siehe hierzu Erster Teil, § 4 A. III. Bridge, Personal Property, S. 47.

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

gerichtet. Im Prozessfall kann jedoch ein Gericht nach seinem Ermessen auch die Herausgabe einer beweglichen Sache selbst anordnen, ausgenommen im Fall der negligence. Wird für die Besitzstörung oder -entziehung an einer beweglichen Sache im englischen Recht Schadensersatz geleistet, so tritt dieser an die Stelle der Sache selbst, und es kommt zu einem forcierten Verkauf. Die dingliche Surrogation der Sache durch den Schadensersatz hat für den Anspruchsteller den Vorteil, dass er im Fall der Insolvenz des Schuldners als Gläubiger bevorzugte Berücksichtigung findet.620 Bei Grundstücken kann über den Anspruch aus trespass to land gegen Besitzstörungen jeglicher Art vorgegangen werden. Es kann Schadensersatz hierfür verlangt oder die Klärung der Eigentumsverhältnisse am Grundstück herbeigeführt werden. Im deutschen Recht hingegen ist zwischen den Rechtsfolgen von Besitzschutzansprüchen im engeren Sinn (also solche aus §§ 858 ff. BGB oder § 1007 BGB) und deliktischen Ansprüchen zu unterscheiden. Die Besitzschutzansprüche im engeren Sinne zielen auf die Verschaffung und Erhaltung des Besitzes oder auf die Unterlassung von Besitzstörungen. Das deutsche Deliktsrecht ist nach § 249 Abs. 1 BGB vom Grundsatz her auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (sog. Naturalrestitution), also im Fall des Besitzschutzes ebenfalls auf Verschaffung und Erhaltung des Besitzes oder auf Unterlassung von Besitzstörungen gerichtet. Allerdings kann in einigen Fällen anstelle der Naturalrestitution auch Schadensersatz in Geld verlangt werden, sofern eine vom Anspruchsteller gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist (§ 250 BGB). Daneben ist Schadensersatz in Geld zu leisten, wenn eine Naturalrestitution nicht möglich oder zur Entschädigung des Anspruchstellers nicht genügend ist (§ 251 Abs. 1 BGB). Schließlich steht es dem Anspruchsgegner frei, Schadensersatz in Geld zu leisten, wenn die Naturalrestitution für ihn mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre (§ 251 Abs. 2 S. 1 BGB). II. Unterschiede im Spannungsfeld von possession und ownership sowie von Besitz und Eigentum Wie die Darstellungen im Ersten und im Zweiten Teil gezeigt haben, ist das Institut des Besitzes im deutschen und im englischen Recht sehr ähnlich ausgestaltet. Im Bereich des Eigentums gibt es durch den LRA 2002 und die Einführung eines obligatorischen Grundbuchsystems in England deutliche Annäherungen zwischen beiden Rechtsordnungen. Im Bereich des Besitzschutzes bestehen Unterschiede zwischen englischem und deutschem Recht vor allem deshalb, weil die Ansprüche aus conversion sowie aus tres620

Siehe oben (§ 11 A. V. 1.).

§ 12 Zusammenfassung und Vergleich

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pass die Funktion übernehmen, die im deutschen Recht dem Vindikationsanspruch aus § 985 BGB zukommt. Allerdings kann sich der Beweis des Eigentums als probatio diabolica entpuppen, so dass sich durchaus die Frage stellt, welchen Nutzen insofern ein Vindikationsanspruch hat.621 Diese Schwierigkeit wird im deutschen Recht vor allem durch die Eigentumsvermutungen der §§ 891 und 1006 BGB überwunden, welche den Nachweis des Eigentums wesentlich erleichtern oder gar erst ermöglichen. So ist auch im deutschen Recht bei näherem Hinsehen eine Diskrepanz zwischen dem Eigentum als Schutzgut und dem Besitz als Behelfsmittel, um einen Anspruch aus § 985 BGB geltend zu machen, erkennbar. Deshalb kann man überspitzt gesagt feststellen, dass der deutsche Vindikationsanspruch des § 985 BGB im Zusammenhang mit den §§ 891 und 1006 BGB praktisch betrachtet eher den Besitz als das Eigentum schützt. Daher könnte man theoretisch auch im deutschen Recht de lege ferenda Ansprüche nicht auf den Nachweis des Eigentums stützen, sondern insofern auf stärkere oder schwächere Besitzrechte abstellen.622 Die Eigentumsvermutung des englischen Rechts ist hingegen praktisch von wesentlich geringerer Relevanz, da sämtliche Schutzansprüche ohnehin an den Besitz und das Recht zum Besitz anknüpfen. Das englische Recht kennt deshalb sogar umgekehrt eine Besitzvermutung, nach der der Rechtsinhaber als Besitzer vermutet wird. Diese ist jedoch zumindest im Mobiliarsachenbereich deshalb nicht von großer Bedeutung, weil der Nachweis des Besitzes in der Regel einfacher sein dürfte als der des Eigentums. Das Konzept des ownership wurde hingegen nur entwickelt, um Ausnahmen zum right of possession zu schaffen.623 Auch im Bereich der Personal Property, indem ein absolute ownership anerkannt ist, kommt es für eine Klageberechtigung grundsätzlich auf das right of possession an, welchem hierdurch das ownership zugesprochen wird. Damit gibt es – wenn man die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe des Common Law betrachtet – auch an chattels nur ein relative ownership, da immer nur festgestellt wird, welcher von zwei Parteien eine bessere Berechtigung an der Sache zukommt.624 Hierdurch hat sich im Bereich des Land Law insbesondere nichts durch den Paradigmenwechsel des LRA 2002625 geändert. Nach diesem wird aufgrund der Eintragung ins land register unter anderem das freehold-ownership vermutet und ein flächendeckendes obligatorisches Grundbuchsystem eingeführt. Die Grundstücksregistierung ist hilfreich bzw. erforderlich zum 621 622 623 624 625

Hierzu bereits oben (Zweiter Teil, § 8 C.). Kegel, FS Caemmerer, S. 177. Siehe oben (Erster Teil, § 4 B. I.). Thayer, (1907) 91 L. Q. R., S. 324 ff. Siehe hierzu ausführlich oben (Erster Teil, § 4 A. I.).

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3. Teil: Der Schutz des Besitzes – Die Rechte des Besitzers

Beweis des Eigentums, nicht aber zum Geltendmachen von Schutzansprüchen. Im Hinblick auf diese legitimiert nämlich die possession als Grundlage des right of possession den Inhaber als owner bzw. als (relativ) am besten Berechtigten.626 Dieser Paradigmenwechsel hat sich allerdings bislang nicht in den Anspruchsvoraussetzungen der Schutzansprüche niedergeschlagen. Auch einige Jahre nach Inkrafttreten des LRA 2002 gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Rechtslage hinsichtlich der Schutzansprüche ändert, so dass hierfür stets auf die possession bzw. auf das immediate right to possession abzustellen ist, wobei sich ein solches freilich auch aus dem mittels Grundbuch nachgewiesenen Eigentum ergeben kann. Damit unterscheidet sich der Besitz- und Eigentumsschutz im englischen und im deutschen Recht hauptsächlich durch seine unterschiedlichen Ansatzpunkte in der Betrachtungsweise. Auch besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Schutz des Eigentums und dem des Besitzes. Das deutsche Recht geht grundsätzlich vom Schutz des Eigentümers aus und schützt den Besitzer zum einen, um den Eigentümer besser zu schützen, zum anderen zur Durchsetzung des Gewaltverbots oder nach der Kontinuitätstheorie627 auch, weil es in dem Besitz selbst eine schützenswerte Rechtsposition sieht. Das englische Recht hingegen kennt keinen Schutz des Eigentums als solches, sondern geht von vornherein vom Schutz des Besitzers mit dem besten Besitzrecht aus. Wie im vorangegangenen Vergleich aufgezeigt wurde, kommen beide Rechtssysteme auf diesen unterschiedlichen dogmatischen Wegen dennoch praktisch zu vergleichbaren Ergebnissen, was den Schutz des Eigentums betrifft. Ein possessorischer vorübergehender Besitzschutz ist dem englischen Recht hingegen fremd.

626 So auch Lightwood, S. 305 im Hinblick auf die bereits zu dieser Zeit diskutierte und teilweise praktizierte registration of title. 627 Siehe oben (Zweiter Teil, § 6 C. I.).

Vierter Teil

Zusammenfassung § 13 Eigentum im englischen und im deutschen Recht A. Strukturelle Unterschiede Das englische Sachenrecht ist stark durch die Zweiteilung in Real Property Law und Personal Property Law geprägt. Zwar kennt auch das deutsche Recht eine vergleichbare Unterteilung in Grundstücke und bewegliche Sachen, allerdings existieren im BGB auch viele gemeinsame Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf den Inhalt des Eigentumsrechts (§ 903 BGB) und die Ansprüche aus dem Eigentum (§§ 985 ff. BGB). Im englischen Recht ist dies nicht der Fall, aber es gibt zahlreiche Parallelen in der rechtlichen Behandlung beider Eigentumsformen.1 Die Zweiteilung von Law und Equity sowie das Institut des trust sind spezifische Besonderheiten des englischen Rechts. Die bedingt durch den trust bestehende größere Bandbreite an möglichen Funktionen des Eigentums wird durch die Anerkennung der Sicherungsübereignung im deutschen Recht teilweise aufgewogen.2 Im Gegensatz zum deutschen Recht wurde das englische Eigentum stark durch die historisch bedingten Grundsätze der relativity of title und der doctrine of estates geformt, nach denen die Existenz von absolutem Eigentum im Sinne eines umfassenden Herrschaftsrechts nur für die Krone möglich ist und anderen Rechtssubjekten lediglich Ausschnitte hieraus zustehen können. Allerdings hat trotz dieser unterschiedlichen Betrachtungsweisen im englischen und deutschen Recht praktisch eine starke Annäherung beider Rechtssysteme durch die Einführung der obligatorischen registration of title in England stattgefunden.3

1 2 3

Erster Teil, § 5 A. I. Erster Teil, § 5 A. II. Erster Teil, § 5 A. III.

356

4. Teil: Zusammenfassung

B. Definition In beiden Rechtssystemen wohnt dem Eigentum sowohl ein positiver als auch ein negativer Inhalt inne. Im englischen Recht ist aufgrund der relativity of title die Terminologie im Hinblick auf das Eigentum uneinheitlich, so dass es keine allgemeingültige Bezeichnung für das Eigentum an Grundstücken gibt. Vielmehr werden verschiedene Begriffe gleichbedeutend nebeneinander gebraucht, wie beispielsweise ownership, property, title und (freehold) estate. Der Gebrauch dieser Begriffe ist stark abhängig vom jeweiligen Kontext.4 Schließlich stellt in England nach (noch) herrschender Auffassung das Eigentum ein Rechtebündel, also eine Zusammenfassung einzelner Berechtigungen dar. In Deutschland hingegen ist das Eigentum unumstritten ein einheitliches Herrschaftsrecht an einer Sache. Praktische Auswirkungen hat diese unterschiedliche Betrachtungsweise jedoch nicht.5

C. Funktionen Die Funktion des Eigentums ist in beiden Rechtssystemen im Wesentlichen gleich, nämlich die Zuordnung einer Sache zu einer Person. Auch ist in beiden Rechtssystemen die Übertragung des Eigentums zu Verwaltungsoder zu Sicherungszwecken möglich, in England über das Institut des trust, in Deutschland über das Sicherungseigentum. Allerdings verbleibt dem Sicherungsgeber bei der Sicherungsübereignung im Gegensatz zum trustor kein dingliches Recht an der Sache, sondern lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums.6

D. Formen Trotz der durch die relativity of title bedingten strukturellen Unterschiede entspricht das englische freehold ownership wirtschaftlich betrachtet dem deutschen Grundeigentum.7 Ein Vergleich von leasehold und Miete hinkt dagegen stark. Nach deutschem Rechtsverständnis sind Miete und Pacht schuldrechtlicher Natur und begründen keine dinglichen Ansprüche. Auch findet in dieser Hinsicht keine Verdinglichung obligatorischer Schuldverhältnisse durch Ansprüche des Mieters aus §§ 1007 Abs. 1 und 2, 858 ff. und 828 Abs. 1 und 2 BGB bzw. aufgrund der Regelungen in §§ 986 4 5 6 7

Erster Erster Erster Erster

Teil, Teil, Teil, Teil,

§ § § §

5 5 5 5

B. B. C. D. I.

§ 13 Eigentum im englischen und im deutschen Recht

357

Abs. 2 oder 566, 581 Abs. 2 BGB statt.8 Der leasehold ist als dingliches Recht an einem Grundstück folglich nicht ohne Weiteres mit der Miete des deutschen Rechts gleichzusetzen.9 Das Erbbaurecht verfolgt wirtschaftlich ähnliche Zwecke wie die long low rent leases in England. Neben dem geltenden Registrierungszwang teilen beide die Gemeinsamkeit, dass bei ihnen das Eigentum an dem Grundstück und an dem auf diesem errichteten Gebäude auseinanderfällt. Dies wird in England durch ein gesetzliches Ankaufsrecht des lessee kompensiert, im deutschen Recht hingegen durch einen Entschädigungsanspruch des Erbbauberechtigten nach §§ 27 ff. ErbbauRG. Zudem ist der leasehold zwingend befristet, kann also nicht ewig andauern, wie dies theoretisch beim Erbbaurecht möglich ist.10 Equitable property kennt aufgrund seiner Eigentümlichkeiten kein umfassend entsprechendes Gegenstück im deutschen Recht, obgleich es Ähnlichkeiten zum fiduziarischen Eigentum aufweist. Das deutsche Recht kennt insbesondere kein zeitlich befristetes oder auflösend bedingtes Eigentum an Grundstücken wie das determinable fee oder das ownership under condition subsequent des englischen Rechts. Im Mobiliarsachenrecht ermöglicht dagegen § 929 S. 1 BGB sowohl die bedingte als auch die befristete Einigung. Eine bedingte Einigung erfolgt in der Praxis häufig beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt, vgl. § 449 Abs. 1 BGB.11 Auch wenn gewisse Ähnlichkeiten zwischen joint ownership und Gesamthandseigentum nicht von der Hand zu weisen sind, liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden darin, dass die Gesamthand nur in gesetzlich angeordneten Fällen besteht und nicht wie das joint owner-ship durch eine Vereinbarung der Parteien begründet werden kann. Auch können Gesamthänder Eigentümer mehrerer Gegenstände sein, wobei jeder Gesamthänder einen ideellen Anteil am Gesamthandsvermögen hat. Joint ownership besteht indessen jeweils an einem einzelnen Gegenstand. Zudem unterscheiden sich beide Institute hinsichtlich der Rechtsfolgen im Fall des Todes eines ihrer Mitglieder. Daneben kann jeder einzelne joint tenant durch einseitige formfreie Erklärung die Auflösung des joint ownership bewirken und dadurch die automatische Umwandlung in ein ownership in common herbeiführen. Dagegen ist nach deutschem Recht eine vollständige Auflösung nur im Rahmen jeweils speziell geregelter Verfahren möglich.12 8

Erster Teil, § 5 D. IV. Erster Teil, § 5 D. II. 10 Erster Teil, § 5 D. III. 11 Erster Teil, § 5 D. V. 12 Erster Teil, § 5 D. VI. 1. 9

358

4. Teil: Zusammenfassung

Ownership in common und Miteigentum haben die Gemeinsamkeit, dass der Anteil des Einzelnen jeweils vererbbar und veräußerbar ist. Zu beachten ist allerdings, dass das owner-ship in common nur noch im System der Equity bestehen kann.13 Das commonhold entspricht funktionell dem Wohnungseigentum. Die beiden Institute haben aber aus unterschiedlichen Gründen eine eigenständige gesetzliche Regelung erfahren: In Deutschland stand die Ermöglichung des Sondereigentums an einer Wohnungseinheit im Vordergrund, wohingegen in England die dingliche Verbindung von freehold ownership an der Einheit und ownership in common an den gemeinsamen Anlagen rechtlich ermöglicht werden sollte. Deshalb stellt nach englischem Rechtsverständnis das commonhold eine besondere (Unter-)Form des freehold dar, wohingegen das deutsche Wohnungseigentum überwiegend als eigene Rechtsform angesehen wird.14

§ 14 Besitz im englischen und im deutschen Recht A. Definition und Funktionen Der Begriff Besitz ist in beiden Rechtsordnungen nicht gesetzlich definiert, sondern wird je nach dem jeweiligen Kontext flexibel gebraucht. Der Ausgangspunkt der Begriffsdefinition ist jedoch in beiden Rechtssystemen identisch und liegt im unmittelbaren Besitz bzw. in der actual possession. Beide zeichnen sich durch die tatsächliche Sachherrschaft bzw. actual control des Besitzers über den betreffenden Gegenstand aus. Die Definition des Besitzes als Möglichkeit der Gewaltausübung über eine Sache ohne Bruch fremder Besitzsphäre trifft überwiegend nicht nur auf die Besitzformen des deutschen Rechts, sondern auch auf die des englischen Rechts zu. Den Erbenbesitz sowie die qualified constructive possession muss man jedoch als Sonderformen von dieser Definition ausklammern. Qualified constructive possession ist nur in bestimmten Fällen mit possession gleichzusetzen und berechtigt insbesondere nicht zum Geltendmachen von Besitzschutzansprüchen. Sowohl im deutschen als auch im englischen Recht stellt der Besitz nach herrschender Meinung eine tatsächliche Position dar und wird damit überwiegend als tatsächliches Gegenstück zum Eigentum betrachtet.15 Der Besitz erfüllt im deutschen und im englischen Recht drei wesentliche Funktionen, nämlich eine Schutzfunktion, eine Kontinuitätsfunktion sowie 13 14 15

Erster Teil, § 5 D. VI. 2. Erster Teil, § 5 D. VI. 4. Zweiter Teil, § 8 A.

§ 14 Besitz im englischen und im deutschen Recht

359

eine Publizitätsfunktion. Allerdings unterscheidet sich die Bedeutung dieser Funktionen innerhalb des deutschen und des englischen Rechts. Die Frage nach der Legitimation des Besitzschutzes wird sowohl im englischen als auch im deutschen Recht mit dem Friedensschutz und dem Kontinuitätsgedanken beantwortet. Des Weiteren wird angeführt, der Besitzschutz diene dem Persönlichkeitsschutz oder bestehe, um einen möglichst effektiven Eigentumsschutz zu ermöglichen. Sämtliche genannten Ansätze beleuchten wichtige Gesichtspunkte für den Besitzschutz im englischen und im deutschen Recht, aber keiner ist für sich genommen geeignet, den Grund des Besitzschutzes vollständig zu erklären. Die Publizitätsfunktion des Besitzes wird im englischen wie auch im deutschen Recht in eine Vermutungsfunktion, eine Übertragungsfunktion und eine Rechtsscheinsfunktion unterteilt. In beiden Rechtsordnungen gilt eine Vermutung zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache, dass er auch deren Eigentümer ist. Das englische Recht weist zudem die Besonderheit auf, dass diese Vermutung zusätzlich auch in umgekehrter Richtung gilt und aufgrund des Eigentums der Besitz vermutet wird. Dies hängt damit zusammen, dass das englische Recht dem Eigentümer als solchem keine Schutzansprüche gewährt und im Rahmen der an die Stelle des Eigentumsschutzes tretenden Besitzschutzansprüche – wie auch im deutschen Recht – nur der Besitz und nicht das Eigentum Anspruchsvoraussetzung im Rahmen von Besitzschutzansprüchen ist.16

B. Besitzformen Im englischen wie auch im deutschen Recht erfordert Besitz nach herrschender Meinung einen objektiven und einen subjektiven Tatbestand, der aus tatsächlicher Sachherrschaft mit Besitzwillen bzw. actual control mit intention to control besteht. Die rechtliche Beurteilung, wer Besitzer ist, unterliegt zudem in beiden Rechtsordnungen einer Einzelfallbetrachtung anhand der Verkehrsanschauung. In beiden Rechtsordnungen sind die Anforderungen an das subjektive Element relativ gering: Ein natürlicher Besitzwille ist ausreichend, der aktuell bestehende Besitzwille ist aber im Rahmen der Erwerbstatbestände nötig. Weiterhin erachten beide Rechtsordnungen sogar einen generellen Besitzwillen für ausreichend, der zum Beispiel darin bestehen kann, sämtliche Gegenstände im eigenen Bereich zu besitzen.17 Sowohl mittelbarer Besitz als auch constructive possession werden relativ weit verstanden, es genügt hierfür jegliches Auseinanderfallen von Eigen16 17

Zweiter Teil, § 8 B. Zweiter Teil, § 8 D I.

360

4. Teil: Zusammenfassung

tum und tatsächlicher Sachherrschaft sowie das Bestehen eines Herausgabeanspruchs zwischen den betroffenen Parteien. Zwischen mittelbarem Besitz und constructive possession bestehen allerdings zentrale Unterschiede. Im Rahmen der immediate constructive possession ist die Gegenwärtigkeit des Herausgabeanspruchs erforderlich, dies ist beim mittelbaren Besitz nicht der Fall. Dagegen stellt der mittelbare Besitz im Gegensatz zur constructive possession Anforderungen in subjektiver Hinsicht. Schließlich ist die rechtliche Bedeutung des bailment nicht auf den Besitzbegriff beschränkt, sondern stellt eine umfassend geregelte Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten dar. Das Besitzmittlungsverhältnis tritt indessen lediglich beim mittelbaren Besitz als rechtliche Konstruktion in Erscheinung.18 Das Institut der symbolic possession kennt keine Entsprechung im deutschen Recht. Der Besitz von Schlüsseln stellt im deutschen Recht nach allgemeinen Regeln einen Fall des unmittelbaren Besitzes dar und keine eigenständige Besitzform. Möglicherweise ergibt sich aufgrund der Verkehrsanschauung aus dem Besitz der Schlüssel auch der Besitz an den verschlossenen Gegenständen. Der Besitz von Sachen, die Gegenstand eines document of title sind, wird im deutschen Recht nicht über besondere Regelungen im Recht des Besitzes gelöst, sondern durch Sondervorschriften im Hinblick auf Inhaberpapiere.19 Die Besitzdienerschaft des deutschen Rechts sowie die englische custody ähneln sich zunächst von ihrem rechtstatsächlichen Erscheinungsbild her. Das zentrale Element der englischen custody ist das Bestehen einer Sorgfaltspflicht (duty) des custodian gegenüber seinem Besitzherrn. Nach deutschem Recht ist die objektive Fremdnützigkeit des Besitzes des Besitzdieners zu fordern.20 Gibt der Besitzdiener nach außen hin zu erkennen, dass er die Sache nun nicht mehr im fremden Interesse besitzen möchte, ist die zu fordernde Fremdnützigkeit des Besitzes nach objektiver Betrachtungsweise nicht mehr gegeben, so dass der vormalige Besitzdiener Eigenbesitz begründet hat, wodurch er nach deutschem Recht Besitzschutzansprüchen des vormaligen Besitzherrn ausgesetzt ist. Auch nach englischem Recht bestehen Besitzschutzansprüche des Besitzherrn, diese stützen sich entweder auf die possession des Besitzherrn oder auf dessen (besseres) Recht zum Besitz.21 In beiden Rechtssystemen können juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften Besitzer im Rechtssinne sein. Der Besitz wird durch Organe oder Angestellte ausgeübt, und eine Zurechnung erfolgt durch die 18 19 20 21

Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter

Teil, Teil, Teil, Teil,

§ § § §

8 8 6 8

D. D. D. D.

II. III. IV. 1. a). IV.

§ 15 Besitzschutz im englischen und im deutschen Recht

361

wesensverwandten Institute der Besitzdienerschaft bzw. der custody. Beim Besitz mehrerer natürlicher Personen liegt die Besonderheit des englischen Rechts vor allem darin, dass sich die Besitzverhältnisse an der Eigentumssituation orientieren. So übt ein co-owner seine tatsächliche Sachherrschaft über einen Gegenstand nicht nur für sich selbst (hinsichtlich seines Anteils) aus, sondern zugleich als Repräsentant für die übrigen co-owner hinsichtlich ihrer Anteile, und es besteht keine Aufspaltung des Besitzes, sondern ideell geteilter Besitz.22 Der Erbenbesitz ist eine spezifisch deutsche Konstruktion ohne Entsprechung im englischen Recht. Die Funktion des Erbenbesitzes liegt nämlich nicht im Besitzrecht, sondern im Schutz des Erben, besonders vor einem gutgläubigen Erwerb von Erbschaftsgegenständen durch Dritte.23

§ 15 Besitzschutz im englischen und im deutschen Recht A. Grundlegende systematische Unterschiede Das englische Recht kennt weder einen vorläufigen Besitzschutz24 noch Anpruchsgrundlagen, die ausschließlich den Besitzer schützen, wie dies beim possessorischen Besitzschutz nach deutschem Recht der Fall ist. Der Besitzschutz erfolgt im englischen Recht fast ausschließlich durch die Anspruchsgrundlagen des Tort Law, also des Deliktsrechts. Ein wichtiger grundlegender Unterschied liegt in den Rechtsfolgen der Besitzschutzansprüche. Nach deutschem Recht wird für den bloßen Besitzentzug, ohne dass ein Recht zum Besitz besteht, kein Schadensersatz gewährt, sondern die Ansprüche richten sich hierbei auf die Wiedereinräumung des Besitzes. Nur der zum Besitz berechtigte Besitzer oder der Besitzer, dem nach Wertung des Gesetzes die Nutzungen an der Sache zustehen, kann nach § 812 BGB Ersatz entgangener Nutzungen verlangen. Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 und 2 BGB hat nur der berechtigte Besitzer. Im englischen Recht steht bei beweglichen Sachen der Kompensationsgedanke und damit das Wertinteresse an der Sache im Vordergrund. Gemäß s. 3 Torts (Interference with Goods) Act 1977 kann aber auch bei conversion oder trespass to goods nach richterlichem Ermessen als Rechtsfolge die Rückgabe der Sache angeordnet werden. Andererseits erkennt das englische Recht, sofern es überhaupt einen Schaden voraussetzt, einen nominellen 22 23 24

Zweiter Teil, § 8 D. V. Zweiter Teil, § 8 D. VI. Dritter Teil, § 12 C. I. 1.

362

4. Teil: Zusammenfassung

Schaden an (sog. nominal damages), um das Feststellungsinteresse des Anspruchstellers zu befriedigen.25

B. Vergleich des Besitzschutzes durch die einzelnen Anspruchsgrundlagen Der possessorische Besitzschutz des deutschen Rechts ist aufgrund seiner Funktion auf Einräumung oder Erhaltung des Besitzes bzw. auf die Beendigung von Besitzstörungen gerichtet. Allerdings gewähren §§ 823 Abs. 2 i. V. m. 858 BGB die Möglichkeit des Schadensersatzes wegen Begehung verbotener Eigenmacht.26 Durch § 863 BGB ist die Berufung auf die bessere Berechtigung eines Dritten im Sinne eines ius tertii gerade nicht möglich, wie dies auch bei s. 8 Torts (Interference with Goods) Act 1977 für den Anspruch aus trespass to goods und conversion der Fall ist.27 Bei Anspruchsberechtigung durch possession ohne immediate right to possession ähnelt der Anspruch aus conversion dem Anspruch aus § 861 BGB. Unterschiede existieren im Rahmen der Verletzungshandlung, die bei der conversion weiter gefasst ist, sowie in funktioneller Hinsicht, bedingt durch die vorläufige Natur des possessorischen Besitzschutzes im deutschen Recht. Zudem ist der Anspruch aus conversion nicht ausschließlich auf Herausgabe der Sache, sondern – abhängig vom Ermessen des Gerichts – gleichfalls auch auf Gewährung von Schadensersatz gerichtet.28 Wie § 862 BGB befassen sich auch die Ansprüche aus trespass to land, trespass to goods sowie private und public nuisance mit unberechtigten Besitzbeeinträchtigungen. Ein wichtiger Unterschied liegt jedoch darin, dass § 862 BGB auf einen vorläufigen Schutz angelegt ist, trespass und nuisance hingegen auf einen endgültigen. Deshalb ist bei Ansprüchen aus trespass und nuisance Rechtsfolge nicht die Beendigung der Beeinträchtigung, sondern die Gewährung von Schadensersatz. Der Anspruch aus trespass to goods weist weiterhin petitorische Elemente auf, da sich der Anspruchsgegner auf ein right to possession an der Sache berufen oder den Einwand der besseren Berechtigung eines Dritten an der Sache (ius tertii) geltend machen kann. Der Anspruch aus private nuisance entspricht unter funktionellen Gesichtspunkten im Wesentlichen den Ansprüchen aus §§ 1004, 1053, 1134 und 1192 Abs. 1 BGB.29 Dagegen normiert public nuisance eine von 25 26 27 28 29

Dritter Teil, § 12 A. Näheres zum Schutzgesetzcharakter von § 858 BGB im Dritten Teil, § 10 F. II. Dritter Teil, § 12 B. I. Dritter Teil, § 12 B. I. 1. Dritter Teil, § 12 B. I. 2.

§ 15 Besitzschutz im englischen und im deutschen Recht

363

der Besitzlage unabhängige Gefährdungshaftung, die auf Sonderfälle zugeschnitten ist. Die Gewaltrechte des Besitzers nach §§ 859, 860 BGB existieren in vergleichbarer Form auch im englischen Recht. Die re-entry on land und die recaption of chattels des englischen Rechts sind im Gegensatz zur Besitzwehr und Besitzkehr des deutschen Rechts zeitlich unbegrenzt möglich und kompensieren so die mangelnde Möglichkeit eines vorläufigen Besitzschutzes im englischen Recht.30 Das englische Recht kennt keine Entsprechung zu § 1007 BGB. Abgesehen vom Anspruch aus trespass to land bestehen Ähnlichkeiten zum englischen Tort Law darin, dass auch bei den Ansprüchen aus § 1007 Abs. 1 und 2 BGB auf das jeweils bessere Recht zum Besitz bzw. den zeitlich früheren Besitz des Anspruchstellers gegenüber dem Anspruchsgegner abgestellt wird.31 Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist im Rahmen der negligence weiter als bei § 823 BGB. Während für einen Anspruch aus negligence neben dem right to immediate possession auch possession des Anspruchstellers genügt, erfordert das deutsche Recht rechtmäßigen Besitz oder Besitz, der durch die §§ 987, 988, 990 und 993 Abs. 1 BGB privilegiert ist.32 Dies ist mit dem Feststellungsinteresse des Besitzers an der Besitzverletzung zu erklären, da mangels eines rein possessorischen Besitzschutzes im englischen Recht ansonsten keine Handhabe gegen Besitzverletzungen bestünde, die nicht auf vorsätzliche Handlungen zurückgehen. Rechtsfolge der negligence ist nicht ausschließlich Schadensersatz anhand des Sachwerts, sondern Rückgabe der Sache oder Schadensersatz anhand des wirtschaftlichen Werts der Besitzberechtigung. Dieser kann auch Null betragen.33 Ähnlich normieren im deutschen Recht §§ 249 ff. BGB als Rechtsfolge für deliktische Ansprüche den Grundsatz der Naturalrestitution, nach dem ebenfalls die Sache zurückzugeben ist. Allerdings kann in einigen Ausnahmefällen Schadensersatz anstelle der Rückgabe gefordert werden.34 Der Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 i. V. m. 858 BGB gewährt dem Besitzer Schadensersatz bei verbotener Eigenmacht, jedoch erfordert er nach § 823 Abs. 2 S. 2 BGB Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Hinblick auf die Voraussetzungen der verbotenen Eigenmacht nach § 858 Abs. 1 BGB.35 30 31 32 33 34 35

Dritter Teil, § 12 B. II. Dritter Teil, § 12 B. III. Dritter Teil, § 12 B. IV. Zu den Rechtsfolgen oben (Dritter Teil, § 11 A. V. 1. und 2.). Dritter Teil, § 10 F. III. Dritter Teil, § 12 B. IV.

364

4. Teil: Zusammenfassung

Schließlich weist das Law of Unjust Enrichment viele Parallelen zu den §§ 812 ff. BGB auf. Die Voraussetzungen der Bereicherung als erlangtem Etwas sowie des enrichment stimmen überein. Beide umfassen jeden vermögenswerten Vorteil, ebenso wie sich im Ergebnis die Merkmale at the expense of bzw. auf Kosten von entsprechen. Weiterhin entsprechen sich die Merkmale unjust und ohne Rechtsgrund. Der Besitz erfährt im deutschen Recht nur dann den Schutz des Bereicherungsrechts, wenn ihm auch eine Nutzungsfunktion zugewiesen ist. Vergleichbar hiermit ist im englischen Law of Unjust Enrichment aufgrund des Kriteriums at the expense of eine Bereicherung nur auf Kosten desjenigen zu berücksichtigen, dem auch die Nutzungsfunktion des Besitzes zukommt. Das deutsche Bereicherungsrecht ist nach §§ 812, 818 BGB primär auf Herausgabe der Bereicherung in Natur und erst sekundär auf Wertersatz gerichtet, das Law of Unjust Enrichment richtet sich hingegen von vornherein auf Wertersatz. In beiden Rechtssystemen kann sich der Bereicherungsschuldner auf den Wegfall der Bereicherung berufen.36

C. Schlussbetrachtung Der Besitz ist im deutschen und im englischen Recht sehr ähnlich ausgestaltet. Im Bereich des Eigentums gibt es durch den LRA 2002 und die Einführung eines obligatorischen Grundbuchsystems in England Annäherungen zum deutschen Recht. Hinsichtlich des Besitzschutzes bestehen Unterschiede zwischen englischem und deutschem Recht vor allem deshalb, weil die Ansprüche aus conversion sowie aus trespass die Funktion eines ansonsten nicht vorhandenen Vindikationsanspruchs übernehmen.37 Im deutschen Recht erfordert der Vindikationsanspruch bei beweglichen Sachen gerade, dass der Eigentümer als Anspruchsteller die für den Besitzer als Anspruchsgegner streitenden Eigentumsvermutungen des § 1006 Abs. 1 und 2 BGB widerlegt. Ein besseres Recht zum Besitz ist über die Einwendung des § 986 BGB beachtlich. Damit ist der Besitzschutz eng mit dem Schutz des Eigentums verknüpft. Das deutsche Recht schützt in erster Linie den Eigentümer, sofern sich nicht der Besitzer auf ein besseres Recht zum Besitz berufen kann. Der Besitzer wird zudem nach §§ 858 ff. BGB vorläufig geschützt. Das englische Recht hingegen geht historisch bedingt durch den Grundsatz der relativity of title von vornherein vom Schutz des Besitzers mit dem besten Besitzrecht aus.38 36

Dritter Teil, § 12 B. VI. Zum Vergleich von conversion und § 985 BGB ausführlich oben, Dritter Teil, § 12 V. 38 Dritter Teil, § 12 C. I. 2. und II. 37

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Stichwortverzeichnis 1925 Property Legislation 52 (Fn. 173), 104 Abatement (of public nuisance) 326 Animus possidendi 209 ff. Ankaufsrecht 33 ff., 79, 357 Anwartschaftsrecht 40 ff., 74, 80, 111, 121, 265 Ausschlussfunktion 63, 273 Äußerliche Erkennbarkeit 147 f. Bailment 66 f., 212, 223 ff., 235, 241 ff., 315, 318 f. – fictious 202 Bankschließfach 234 f., 245 Beneficiary 62, 86 (Fn. 370), 87, 90 ff., 121, 226 Besitzdiener 151, 161 ff., 182 ff., 243 ff., 254 f., 259, 262, 267, 339, 343 f., 360 f. Besitzkehr 257 ff., 343, 363 Besitzmittlungsverhältnis 139, 153, 155 ff., 177 ff., 185, 241 f., 260, 360 Besitzvermutung 204 f., 216, 232 f., 238, 244, 353 Besitzwehr 257, 261, 343, 363 Besitzwille 137 f., 148 ff., 176, 185, 197 f., 207, 210 ff., 222, 231, 240 ff., 359 – genereller 150 ff., 210, 240 Bona fide purchaser 82 (Fn. 342), 94 Chattel lease 92 f., 119, 191, 318 Chattels real 78 Clean hands doctrine 82, 84 Common land 102 Commonhold 101 f., 124 ff., 358

compensation principle 56 Conditional ownership 79 ff. Constructive possession 223 ff., 235 f., 241 ff., 288, 305 f., 315, 318, 358 ff. Contingent ownership 80, 121 Conversion 73, 89, 93, 201 f., 212, 224, 232, 297, 302 f., 306 f., 309, 310 ff., 321, 324, 334, 337 ff., 346 ff., 352, 361 ff. curtain principle 56 Dauerhaftigkeit 146 f. Dauernutzungsrecht 36, 112 Dauerwohnrecht 36, 46, 50, 114 (Fn. 511) Detentio 133 Determinable fee 80 f., 86, 116, 357 Detinue 284, 302 f., 309 ff. Directness (Unmittelbarkeit) 291, 321 (Fn. 475) Distress damage feasant 296 Document of title 227 ff., 243, 360 Duldungspflichten 26 f., 252 Eigentumsvermutung 57, 137, 158, 179, 187, 202 f., 238, 315, 336, 346, 350, 353, 364 Eingriffskondiktion 271 ff., 333 (Fn. 549), 348 Ejectment 77, 281, 294 f. Equities darling 82 (Fn. 342) Erbbaurecht 29 ff., 114 ff., 357 Erbenbesitz 128 f., 169 ff., 205, 236, 245 f., 358 ff. Ersitzung 55, 83, 97, 113, 137, 143, 149, 158, 189, 195 ff. Erwerbsvermutung 140

Stichwortverzeichnis estate pur autre vie 74 extinction of title 199, 201 fee simple 54, 74 ff., 85, 97, 112, 116, 199 fee tail 62 (Fn. 219), 74 Finding (Fund) 195, 201 ff. Friedenstheorie 133 ff., 237 Future interest 74 f., 80, 121 General intention to control 212 ff. Gesamthandseigentum 43 f., 122, 357 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 44 (Fn. 120), 45, 183 ff. Gewaltrechte 134 f., 254, 257 ff., 342 f., 350, 363 Gewaltverbot 133 f., 194, 248, 250, 275, 308, 335, 338, 354 Good root of title 54, 74 Grundstücksregistrierung 59 f. Heimfall 31 ff., 116 Immediate right to possession 23, 59, 93, 110, 195, 199, 203, 224, 226, 232, 233, 237, 246, 288, 305 f., 312, 315 ff., 324, 334 f., 340 ff., 354, 362 indivisibility (of ownership) 65 interest in possession 77, 80 ius ad rem 39 f. ius tertii 59 (Fn. 202), 93, 192, 288, 307 f., 319 ff., 338, 342, 345, 349 ff., 362 joint ownership 94 ff., 122 ff., 231, 357 Kontinuitätstheorie 133, 135, 136 ff., 195, 354 Lagerhalter-Fälle 177 f. Leasehold 54 f., 61, 65, 74 f., 76 ff., 93, 97, 101, 103, 107, 114 f., 119,

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125, 199 f., 215, 231, 287, 294, 299, 318, 356 f. Leistungskondiktion 270 ff., 333 (Fn. 549), 348 licence 76, 92, 197, 288, 295, 300 Life estate 74 Long low-rent lease 78 f., 114 f. Mesne profits 295 f., 337, 341, 347 mirror principle 56 Mitbesitz 44, 153, 175 ff., 245, 255, 267, 279 f., 309, 339 Miteigentum 43 ff., 122 ff., 176, 358 Mittelbarer Besitz 153 ff., 169, 176, 241 ff., 343, 359 Nebenbesitz 177 ff. negative obligation 63 Negligence 283 f., 290 f., 300, 302, 320 ff., 335 f., 344 f., 363 New Property 53 (Fn. 179), 60 f. Nuisance, private 297 ff., 342, 362 – public 297, 301 f., 326, 342, 362 Nutzungsfunktion 272 f., 344, 348, 364 Organbesitz 165, 181 ff., 244 Ownership in common 94 ff., 123, 357 f. Personal Property 51 ff., 66 ff., 72 ff., 91 ff., 104 ff., 109 f., 119, 126, 187, 196, 302, 311, 316, 353 f. Possession, actual 207 ff., 240 f. – adverse 195 ff., 83, 97, 113, 189 – symbolic 224 (Fn. 532), 227 ff., 243, 360 Possessorischer Besitzschutz 247 ff., 338 ff. Probatio diabolica 238, 336, 353 Property right 53 (Fn. 179), 61, 64, 66 ff., 72, 83, 92 f., 119, 190 f., 229 (Fn. 560), 331, 335

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Stichwortverzeichnis

Publizität 37, 56, 59, 104, 106, 138 ff., 142, 148, 158, 166 f., 171, 187, 202 ff., 237 ff., 336, 359

Specific performance 84 f., 92, 191, 324 Supermarktfall 143 (Fn. 95), 150, 240

Quia emptores 77

Timesharing-Eigentum 50, 125 f. Traditionsfunktion 139 ff., 205 Trespass ab initio 292 f. Trespass to goods 93, 289, 292, 297, 302, 303 ff., 335, 337 ff., 351, 361 f. Trinität 49 Trust 73, 75, 85, 86 ff., 103, 106, 111, 121, 225 f., 231, 241, 355 f. Typusbegriff 164 f.

Räumliches Näheverhältnis 145, 183 (Fn. 302) Real Property 51 ff., 70 ff., 104 ff., 281 ff., 355 Realty 72, 106 Recaption of chattels 325 f., 343, 363 Recht zum Besitz 25, 59, 65, 77, 91, 93, 109 ff., 118 ff., 131, 136, 143, 153, 188, 193, 195, 236 ff., 244, 247 f., 266 ff., 295, 305 ff., 331, 334, 336, 339, 344, 346, 349, 351, 353, 360, 361, 363, 364 Rechtebündel 63 f., 109, 356 Recovery 294 ff., 336 f. Re-entry on land 325, 343, 363 Right of survivorship 95, 98 ff., 123 f. Right to possession 23, 59, 62, 91, 93, 110, 119, 188, 191, 195, 199, 203, 223 ff., 232 f., 237, 246, 288, 295, 305 f., 308, 312, 315 ff., 334 f., 340 ff., 354, 362 Schutzfunktion 132 ff., 167, 192 ff., 237, 358 Schutzgesetz 27, 76, 277 ff., 338, 345, 362 Self-help 293 f., 325 (Fn. 496), 340, 343 Sicherungsübereignung 23 f., 37 f., 106, 111, 121, 141 f., 156 f., 177, 356 Sondereigentum 46 ff., 101, 124, 358 Soziale Weisungsabhängigkeit 162 ff.

Unauflöslichkeitsgebot 47 Unities (four) 97 f., 122, 124 Unjust enrichment 326 ff., 332 Unreasonableness 298 Unwirksamkeit, relative 37 ff. Use 85 (Fn. 365), 87 f. Veräußerungsverbot, relatives 37 ff. Verbotene Eigenmacht 143, 172 ff., 251 ff., 338, 347 Verfolgungsrecht 150 f., 256, 296, 340 Vergeistigte Sachherrschaft 154 f., 170, 262 Verkehrsanschauung 143 ff., 168 ff., 182, 185, 208, 222, 228, 239 ff. Verwaltungstreuhand 38, 121 Wesensähnlichkeit 42 f. Widerklage, petitorische 249 ff. Wohnungseigentum 43, 46 ff., 358 Writ of right 93 (Fn. 416), 281 Wrongful interference with goods 284, 302