Ehegatten- und Kindesunterhalt im deutschen und polnischen Recht: Eine rechtsvergleichende Analyse [1 ed.] 9783428559367, 9783428159369

Im Zentrum der rechtvergleichend angelegten Arbeit steht die Frage, ob das deutsche Recht Impulse für eine mögliche Refo

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German Pages 204 Year 2020

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Ehegatten- und Kindesunterhalt im deutschen und polnischen Recht: Eine rechtsvergleichende Analyse [1 ed.]
 9783428559367, 9783428159369

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Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 11

Ehegatten- und Kindesunterhalt im deutschen und polnischen Recht Eine rechtsvergleichende Analyse

Von

Patrycja Hirsch

Duncker & Humblot · Berlin

PATRYCJA HIRSCH

Ehegatten- und Kindesunterhalt im deutschen und polnischen Recht

Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 11

Ehegatten- und Kindesunterhalt im deutschen und polnischen Recht Eine rechtsvergleichende Analyse

Von

Patrycja Hirsch

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 2567-5427 ISBN 978-3-428-15936-9 (Print) ISBN 978-3-428-55936-7 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinem Lebensgefährten Maciej

Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) als Dissertation angenommen. Die Disputation fand am 4. November 2019 statt. Für die Drucklegung wurden die Änderungen von Gesetzgebung und Literatur bis einschließlich Januar 2020 berücksichtigt. Für die Erstellung des Erstgutachtens danke ich Frau Professor Dr. Ursula Gläßer. Zudem bedanke ich mich bei Frau Professor Dr. Christine Budzikiewicz, die die Thematik dieser Dissertation angeregt und mich stets unterstützt hat. Frau Professor Dr. Budzikiewicz danke ich auch für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Ich bedanke mich darüber hinaus bei der Hanns-Seidel-Stiftung für die Unterstützung in Form eines Promotionsstipendiums im Rahmen des am Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) angesiedelten Graduiertenkollegs „Interdisziplinäre Polenstudien“. Danken möchte ich schließlich den Mitarbeitern des Verlages Duncker & Humblot für die reibungslose Zusammenarbeit sowie der Europa-Universität Viadrina für den gewährten Druckkostenzuschuss. Katowice, im Juli 2020

Patrycja Hirsch

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 C. Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 § 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Die Trennung als Vorbedingung des Trennungsunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Voraussetzungen der Trennung in Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Gerichtliche und faktische Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Gerichtliche Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 bb) Faktische Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Die völlige Ehezerrüttung als Voraussetzung der gerichtlichen Trennung 31 aa) Allgemeine Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 bb) Emotionale Zerrüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 cc) Wirtschaftliche Zerrüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 dd) Geschlechtliche Zerrüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Voraussetzungen der Trennung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Das Getrenntleben innerhalb einer Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Gestaltungsspielraum der Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Unterhaltsleistungen als Rechtsfolge der Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Verschuldensprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Anspruch auf Trennungsunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 aa) Unterhaltsanspruch während faktischer Trennung . . . . . . . . . . . . . . 38

10

Inhaltsverzeichnis bb) Unterhaltsanspruch nach gerichtlicher Trennung . . . . . . . . . . . . . . . 39 (1) Das Verhältnis zwischen der Hilfe- und Unterstützungspflicht und Unterhaltspflicht der Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 (2) Entsprechende Anwendung der Regelungen über die nacheheliche Unterhaltspflicht auf den Trennungsunterhalt . . . . . . . . . . . 41 (a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 (b) Einfache Unterhaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (aa) Mitverschulden oder Schuldlosigkeit beider Ehegatten

43

(bb) Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten . . . 43 (c) Erweiterte Unterhaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (aa) Alleinschuld des einen Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (bb) Die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (cc) Kausalzusammenhang zwischen gerichtlicher Trennung (Scheidung) und wesentlicher Verschlechterung der materiellen Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 IV. Maßstäbe für die Höhe des Trennungsunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Bedürftigkeit und die begründeten Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Kein eigenes Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 bb) Kein ausreichendes eigenes Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 cc) Erwerbsobliegenheit und fiktive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 dd) Verwertung des Vermögensstamms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 ee) Privilegierte Unterhaltsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Die Erwerbsmöglichkeiten und die Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 bb) Einkünfte aus Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 cc) Verwertung des Vermögensstamms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 dd) Selbstbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 ee) Fiktive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (1) Freiwillige Vermögensminderung i.S.v. Art. 136 FVGB . . . . . . 62 (2) Wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (3) Dreijahresfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Inhaltsverzeichnis

11

2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Bedürftigkeit und Bedarf des Unterhaltsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Zumutbarkeit eigener Erwerbstätigkeit des bedürftigen getrenntlebenden Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (1) Erwerbsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (a) Während des Trennungsjahres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (b) Nach Ablauf des Trennungsjahres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (c) Erwerbsobliegenheit bei gleichzeitiger Kinderbetreuung . . . 65 (2) Unzumutbare Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (1) Vermögensverwertung des bedürftigen Ehegatten . . . . . . . . . . . 65 (2) Vermögenseinkünfte des bedürftigen Ehegatten . . . . . . . . . . . . . 66 cc) Der Bedarf nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten . . . . . . . . . 66 (1) Nach den Einkommensverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (a) Die bedarfsprägenden Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (b) Hausfrauen-, Hausmann- und Doppelverdienerehe . . . . . . . . 67 (aa) Hausfrauenehe/Hausmannehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (bb) Doppelverdienerehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (c) Einfluss sonstiger Einkünfte auf die Bedürftigkeit . . . . . . . . 68 (aa) Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (bb) Wohnvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (cc) Trennungsbedingter Mehrbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (2) Nach den Vermögensverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (a) Einkommen aus Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (b) Verwertung des Vermögensstamms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (3) Fiktive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten . . . . . . . . . . . 70 aa) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (1) Arbeitseinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (2) Einkommen aus selbstständiger Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Vermögenserträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 cc) Selbstbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 dd) Fiktive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 V. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Das Beweisverfahren in Trennungssachen (Scheidungssachen) . . . . . . . 75 b) Bindung des Gerichts an die Anträge der Verfahrensparteien . . . . . . . . . 76 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

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Inhaltsverzeichnis VI. Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) in der gerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Im Hinblick auf die Lebensstandardgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Im Hinblick auf den Selbstbehalt des unterhaltsverpflichteten Ehegatten 79 c) Im Hinblick auf die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen und unterhaltsberechtigten Ehegatten . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) in einer Hausfrauenehe

80

bb) Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) in einer Doppelverdienerehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 d) Im Hinblick auf die Unterhaltshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Gleiche Unterhaltshöhe bei unterschiedlicher Ausgangslage . . . . . . 82 (1) Unterhalt in Höhe von 400 Zloty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (a) Unterhalt i.H.v. 400 Zloty in einer Hausfrauenehe . . . . . . . . 82 (b) Unterhalt i.H.v. 400 Zloty in einer Doppelverdienerehe . . . . 82 (2) Unterhalt in Höhe von 1.000 Zloty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (a) Unterhalt i.H.v. 1.000 Zloty in einer Hausfrauenehe . . . . . . 83 (b) Unterhalt i.H.v. 1.000 Zloty in einer Doppelverdienerehe

83

bb) Unterschiedliche Unterhaltshöhe bei ähnlicher Ausgangslage . . . . . 83 (1) Höhe des nachehelichen Unterhalts bei Arbeitsunfähigkeit des Unterhaltsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Unterschiedliche Unterhaltshöhen bei gleichgelagerten Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Düsseldorfer Tabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Mindestbedarfssätze des unterhaltsberechtigten Ehegatten . . . . . . . . . . . 86 c) Selbstbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 d) Berechnungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Differenzmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 bb) Anrechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 I. Voraussetzungen der Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Völlige Zerrüttung der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Dauerhafte Zerrüttung der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Allgemeiner Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Höchstrichterliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 cc) Auslegung durch ordentliche Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Das Scheitern der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

Inhaltsverzeichnis

13

b) Unwiderlegliche Zerrüttungsvermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Einjahresfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 bb) Dreijahresfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 cc) Eine Scheidung aufgrund des Zerrüttungstatbestands . . . . . . . . . . . . 94 (1) Allgemeiner Zerrüttungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (2) Der Istzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (3) Die Zukunftsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 dd) Vorzeitige Scheidung im Härtefall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 II. Unterhaltsrechtliche Folgen der Scheidung einer Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Der nacheheliche Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 a) Das Verhältnis des Trennungsunterhalts zum nachehelichen Unterhalt

98

b) Grundsatz der Eigenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Erwerbsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Angemessene Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Grundsatz der Mitverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Enumerationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Einsatzzeitpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Die nachehelichen Unterhaltstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 aa) Besondere Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (1) Rechtmäßige Pflege- oder Erziehungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . 102 (2) Gemeinsame Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Unterhaltsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Basisunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (2) Verlängerung des Unterhalts aus Billigkeitsgründen . . . . . . . . . 105 (a) Kindbezogene Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (aa) Betreuungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (bb) Belange des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (b) Elternbezogene Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Unterhalt wegen Alters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Einsatzzeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 c) Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Einsatzzeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Eine Krankheit, ein Gebrechen oder eine Schwäche . . . . . . . . . . . . 111 d) Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 aa) Erwerbsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 bb) Ausschluss anderer Unterhaltsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 cc) Erwerbslosigkeit trotz ausreichender Arbeitsbemühungen . . . . . . . . 114 dd) Einsatzzeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

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Inhaltsverzeichnis ee) Angemessene Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 e) Aufstockungsunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Erwerbsfähigkeit und Ausschluss anderer Unterhaltstatbestände . . . 117 bb) Unzureichende Einkünfte aus eigener angemessener Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 f) Ausbildungsunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Eine in Erwartung oder während der Ehe nicht aufgenommene oder abgebrochene Schul- oder Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Die Notwendigkeit der Aufnahme einer Ausbildung . . . . . . . . . . . . 119 cc) Die Obliegenheit eines erfolgreichen Abschlusses der Schul- oder Berufsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 g) Unterhalt aus Billigkeitsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 h) Zusammenfallen mehrerer Unterhaltstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 III. Unterhaltsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Die Bedürftigkeit und der Bedarf des Unterhaltsberechtigten . . . . . . . . . . . 121 a) Bedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 aa) Anrechenbare Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (1) Vermögenserträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (2) Wohnvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (3) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (4) Versorgungsleistungen für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Nichtanrechnung von Einkünften aus überobligationsmäßiger Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 cc) Verwertung des Vermögensstamms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 dd) Fiktives Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 aa) Eheliche Lebensverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 bb) Bedarfsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (1) Laufender Lebensbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (2) Mehrbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (3) Sonderbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Die Leistungsfähigkeit sowie die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse des Verpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Der Selbstbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Unterhaltspflichtiges Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (1) Das Arbeitseinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (2) Einkommen aus selbstständiger Arbeit und Privatentnahmen . . 131 (3) Entgelt für zusätzliche Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Einkünfte aus Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (1) Vermögenserträgnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Inhaltsverzeichnis

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(2) Vermögensverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 cc) Fiktive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 IV. Der nacheheliche Unterhalt in der gerichtlichen Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Unterhaltsbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Quoten zur Bestimmung des Ehegattenunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) 3/7-Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Die Erhöhungen oder Ermäßigungen der Tabellensätze . . . . . . . . . . . . . 134 D. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Unterhaltsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 § 2 Exkurs: Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 B. Voraussetzungen des Kindesunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Privilegierter Unterhaltsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Einfacher Unterhaltsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Unterhaltsberechtigung minderjähriger Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Unterhaltsberechtigung volljähriger unverheirateter Kinder . . . . . . . . . . . . 142 C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Begründete Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Kindes . . . . . . . . . . . . . 144 2. Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Erwerbsobliegenheit des unterhaltsverpflichteten Elternteils . . . . . . . . . 146 b) Fiktive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Bedürftigkeit und Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes . . . . . . . . . . . . 148 a) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 aa) Minderjährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Volljährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Einkünfte aus Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Minderjährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Volljährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

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Inhaltsverzeichnis 2. Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Einkommen aus Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 aa) Verschärfter Mitteleinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Verschärfte Erwerbsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Einsatz des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 c) Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Minderjährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Volljährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 D. Kindesunterhalt in der gerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 I. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Bedeutung von Tabellen und Leitlinien für die gerichtliche Praxis . . . . . . . 155 2. Beachtung des Alters der unterhaltsberechtigten Kinder . . . . . . . . . . . . . . . 157 a) Unterhaltsbeträge nach Altersgruppen in verschiedenen Verfahren . . . . 157 aa) Unterhaltshöhe in der Altersgruppe 0 – 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Unterhaltshöhe in der Altersgruppe 6 – 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 cc) Unterhaltshöhe in der Altersgruppe 12 – 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Unterhaltsbeträge für mehrere unterhaltsberechtigte Kinder in einem Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3. Gleichwertigkeit des Natural- und Barunterhalts der Eltern des unterhaltsberechtigten Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Mindestunterhalt für minderjährige Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Anwendung der Düsseldorfer Tabelle bei der Unterhaltsberechnung . . . . . 161 E. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips und des Prinzips der gesellschaftlichen Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 I. Das Unterhaltsrecht in der bisherigen Rechtsprechung des polnischen Verfassungsgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 II. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 III. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Das Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 B. Das Rechtsstaatsprinzip als Gebot der Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 I. Rechtssicherheit durch Normenklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Gebot der Rechtsklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Inhaltsverzeichnis

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2. Gebot der ordentlichen Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Grundsatz der ordentlichen Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Grundsätze der Gesetzgebungstechnik (Zasady techniki prawodawczej) 173 II. Rechtssicherheit durch den Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 C. Der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Gerechtigkeit bei Gesetzgebung und Rechtsanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit als Willkürverbot . . . . . . 176 D. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Die Voraussetzungen der Unterhaltstatbestände mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Die unterhaltsrechtlichen Folgen der gerichtlichen Trennung und Scheidung der Ehe mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 § 4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 A. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 B. Vorschläge de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 I. Voraussetzungen der Unterhaltstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Unterhaltsbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Rechtsquellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Abkürzungsverzeichnis AG AppG. Art. Az. Bd. BEEG BErzGG BG BGB BGBl. BGH Biul. SN BVerfG BWNotZ bzw. ders. d.h. Drucks. Dz. U. EFVGB EP EStG f. FamFR FamRZ ff. Fn. FPR FS FVGB GBl. GG ggf. GGT GVG Hrsg. IPR IPRax i.S.v. i.V.m.

Amtsgericht Appellationsgericht Artikel Aktenzeichen Band Gesetz zum Elterngeld und Elternzeit Bundeserziehungsgeldgesetz Bezirksgericht Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Biuletyn Sa˛du Najwyz˙ szego Bundesverfassungsgericht Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg beziehungsweise derselbe das heißt Drucksache Dziennik Ustaw Einführungsgesetz zum Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch Edukacja Prawnicza Einkommensteuergesetz folgende Familienrecht und Familienverfahrensrecht Zeitschrift für das gesamte Familienrecht fortfolgende Fußnote Familie Partnerschaft Recht Festschrift Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch Gesetzblatt Grundgesetz gegebenenfalls Grundsätze der Gesetzgebungstechnik Gerichtsverfassungsgesetz Herausgeber Internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne von in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis Jh. JuS KPpryw. KPpubl. KRiO KSP lat. Lit. MittBayNot

19

Jahrhundert Juristische Schulung Kwartalnik Prawa Prywatnego Kwartalnik Prawa Publicznego Kodeks rodzinny i opiekun´czy Krakowskie Studia Prawnicze lateinisch Litera Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern MittRhNotK Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer MoP Monitor Prawniczy MP Monitor Prawniczy n.F. neue Fassung NJ Neue Justiz NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport NJW-Spezial Neue Juristische Wochenschrift-Spezial NP Nowe Prawo Nr. Nummer NZFam Neue Zeitschrift für Familienrecht OG Oberstes Gericht og. oben genannte OLG Oberlandesgericht OLGR Rechtsprechung der Oberlandesgerichte OSNC Orzecznictwo Sa˛du Najwyz˙ szego Izby Cywilnej OSNCK Orzecznictwo Sa˛du Najwyz˙ szego Izby Cywilnej i Izby Karnej OSNCP Orzecznictwo Sa˛du Najwyz˙ szego Izby Cywilnej, Pracy i Ubezpieczen´ Społecznych OSPiKA Orzecznictwo Sa˛dów Polskich i Komisji Arbitraz˙ owych OTK ZU Orzecznictwo Trybunału Konstytucyjnego Zbiór Urze˛ dowy PiP Pan´stwo i Prawo Pkt. Punkt Pos. Position r. rok RFN Republika Federalna Niemiec Rn. Randnummer S. Seite SA Sa˛d Apelacyjny SGB Sozialgesetzbuch T. Teil u. a. unter anderem Unt-VO Unterhalts-Verordnung v. vom VGH Verfassungsgerichtshof vgl. vergleiche VRP Verfassung der Republik Polen WG Woiewodschaftsgericht

20 WiRO Wok. ZEuP ZGB Ziff. ZN UJ

Abkürzungsverzeichnis Wirtschaft und Recht in Osteuropa Wokanda Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zivilgesetzbuch Ziffer Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellon´skiego

Einleitung A. Problemstellung Diese Bearbeitung befasst sich mit dem Unterhaltsrecht. Das polnische Recht wählt in wesentlichen Bereichen einen anderen Ansatz als das deutsche Recht. Dies zeigt sich nicht zuletzt bei der Unterhaltsbemessung. Während sich die Praxis in Deutschland an obergerichtlichen Leitlinien orientiert, bleibt das Verfahren in Polen weitgehend intransparent. Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, ob das deutsche Recht Impulse für eine mögliche Reform des polnischen Unterhaltsrechts setzen kann. Das grundlegende Ziel eines Unterhaltsverfahrens ist es, einen Unterhaltsanspruch erfolgreich durchsetzen zu können. Damit dieser Anspruch anhand objektiver Faktoren bemessen und die einem Unterhaltsberechtigten zustehenden Unterhaltsleistungen richtig berechnet werden können, sollten dem Gericht maßgebende Anhaltspunkte zur Verfügung stehen. In der vorliegenden Arbeit wird in erster Linie der Ehegattenunterhalt nach der Ehezerrüttung rechtsvergleichend – im deutschen und polnischen Recht – thematisiert. Im System des Ehegattenunterhalts unterscheidet man zwischen FamilienTrennungs- und nachehelichem Unterhalt. Mit dem Begriff Familienunterhalt wird der Ehegattenunterhalt in einer intakten Ehe bezeichnet. In einer intakten Ehe werden Unterhaltsleistungen freiwillig geleistet. Durch die Eheschließung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden und verpflichten sich zugleich, das Wohl dieser Gemeinschaft zu wahren. Jedes Familienmitglied handelt im Interesse der Familie. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht bedeutet dies, dass die gerechtfertigten Bedürfnisse aller Familienmitglieder erfüllt werden. Die Ehegatten sorgen gemeinsam, jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. Jeder Ehegatte ist gegenüber dem anderen zugleich Unterhaltsberechtigter als auch Unterhaltsverpflichteter. An dieser Stelle handelt es sich sowohl um Bar- als auch Naturalunterhalt. Unter Unterhaltsleistungen fallen nämlich sowohl Geldzahlungen als auch Führung des Haushalts und Betreuung der Kinder. Beide Leistungen werden im gleichen Maße als Unterhaltsleistungen angesehen. Aus dem Familienunterhalt ergeben sich dementsprechend kaum Probleme. Als neuralgischer erweisen sich der Trennungs- und Scheidungsunterhalt, die in dieser Bearbeitung im Vordergrund stehen. Zwar liegt der Fokus der Arbeit auf dem Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt, als Exkurs wird aber auch der Kindesunterhalt mitdiskutiert. Der Kindes-

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Einleitung

unterhalt wird allerdings nur insoweit berücksichtigt, als er für die Berechnung des Ehegattenunterhalts von Bedeutung sein kann. Das grundlegende Ziel der Arbeit besteht darin, die Unterschiede zwischen dem deutschen und polnischen Recht aufzuzeigen, und die betreffenden polnischen Regelungen mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip einer kritischen Analyse zu unterziehen. Ausgehend von einer rechtsdogmatischen Analyse der deutschen und polnischen unterhaltsrechtlichen Regelungen wird der Frage nachgegangen, ob die polnischen Regelungen des Unterhaltsrechts, wie auch ihre Umsetzung in der Rechtsprechung, verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen. Die Ausgestaltung des Unterhaltsrechts und die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen, denen in der polnischen Rechtsprechung keine einheitlichen Konturen verliehen werden, rufen mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtssicherheit nämlich verfassungsrechtliche Bedenken hervor. In dieser Arbeit wird vor allem untersucht, ob die unterhaltsrechtlichen Regelungen gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot verstoßen. Die dogmatischen Analysen werden durch eine Aktenauswertung bei der XVIII. Familienabteilung des Bezirksgerichts in Katowice in Polen (XVIII Wydział Cywilny Rodzinny Sa˛du Okre˛ gowego) begleitet. Da die Analyse nur bei einem Gericht durchgeführt wurde, handelt es sich an dieser Stelle um keine repräsentative Umfrage. Die Aktenauswertung erfüllte in dieser Hinsicht eine exemplarische Funktion. Das Ziel der Umfrage bestand darin, Beispiele aus der polnischen Rechtsprechung zur Belegung der rechtsdogmatischen Erkenntnisse darzustellen. In der vorliegenden Arbeit wird vor allem der Frage nachgegangen, ob die Art der von deutschen Gerichten vorgenommenen Auslegung der grundlegenden Begriffe des Unterhaltsrecht auch im Bereich des polnischen Unterhaltsrecht eine Rolle spielen könnte.

B. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zum einen mit der Frage, ob die unterhaltsrechtlichen Regelungen und ihre Umsetzung in der Rechtsprechung den verfassungsrechtlichen, aus dem Rechtsstaatsprinzip hervorgehenden Vorgaben genügen. Zum anderen wird untersucht, ob das deutsche Unterhaltsrecht Impulse bei einer möglichen Reform der polnischen unterhaltsrechtlichen Regelungen setzen kann. Die Untersuchung gliedert sich in vier Teile. Die jeweiligen Kapitel sind so aufgebaut, dass die Länderteile parallel besprochen werden. Die Darstellung erfolgt problemorientiert und erlaubt dem Leser damit einen unmittelbaren Vergleich der spezifischen Materien. Die Analyse beginnt mit einer umfangreichen Darstellung des Ehegattenunterhalts nach der Zerrüttung der Ehe. Die Arbeit geht dabei detailliert auf die unter-

C. Methoden

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haltsrechtlichen Folgen der Trennung und der Scheidung ein, wobei das polnische und das deutsche Recht einander gegenübergestellt werden. Das erste Kapitel befasst sich dementsprechend mit der Trennung und dem Trennungsunterhalt, sowie der Scheidung und dem nachehelichen Unterhalt jeweils im polnischen und deutschen Recht. Als nächstes wird im zweiten Kapitel als Exkurs der Kindesunterhalt untersucht. Im dritten Kapitel erfolgt die verfassungsrechtliche Analyse mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit. Behandelt werden an dieser Stelle im Hinblick auf Maß und Berechnung des Unterhalts die allgemeinen Vorraussetzugen der Unterhaltspflicht und Methoden der Unterhaltsberechnung. Es soll insbesondere geprüft werden, ob die rechtliche Festlegung des Unterhalts und die Methoden der Unterhaltsberechnung gegen das Willkürverbot und den Vertrauensschutz verstoßen. Im letzten Teil der Arbeit werden in Bezug auf das Unterhaltsecht Anpassungsvorschläge erarbeitet, die dazu beitragen könnten, das Unterhaltsrecht verfassungskonform und effektiver zu gestalten.

C. Methoden In der vorliegenden Arbeit wird in erster Linie die rechtsvergleichende Methode angewendet. Rechtsvergleichung spielt heutzutage eine wesentliche Rolle in allen Staaten der modernen Welt.1 In Polen kam die rechtsvergleichende Methode sensu stricte erst nach der Unifizierung des polnischen Rechts nach dem 2. Weltkrieg zur Anwendung.2 Obwohl deutlich wird, dass der Rechtsvergleichung in Polen seit dem Jahr 1989 eine immer größere Bedeutung zukommt,3 besteht weiterhin Untersuchungsbedarf im Hinblick auf rechtsvergleichende Analysen, die die polnischen Normen in einen internationalen Kontext stellen und bewerten. Im Rahmen dieser rechtsvergleichenden Arbeit werden nicht nur Rechtsvorschriften, sondern auch Rechtsprechung und die im Schrifttum geäußerten Meinungen der Lehre verglichen.4 Das hauptsächliche Ziel der Rechtsvergleichung und somit der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den zu vergleichenden Rechtsordnungen aufzuzeigen.5 In der vorliegenden 1

Tokarczyk, Komparatystyka prawnicza, S. 9. Tokarczyk, Komparatystyka prawnicza, S. 9. 3 Oplustil, Wpływ badan´ komparatystycznych na rozwój polskiego prawa spółek – na przykładzie projektowanej reformy struktury maja˛tkowej spółki z ograniczona˛ opowiedzialnos´cia˛ oraz prawa holdingowego, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 90; Tokarczyk, Komparatystyka prawnicza, S. 13. 4 Tokarczyk, Komparatystyka prawnicza, S. 32. 5 Ma˛czyn´ski, Polskie i unijne prawo prywatne mie˛ dzynarodowe w perspektywie komparatystycznej, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 63; Long2

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Einleitung

Arbeit werden sowohl die Voraussetzungen als auch die unterhaltsrechtlichen Folgen der Trennung und Scheidung der Ehe analysiert. Als Exkurs wird der Kindesunterhalt mitberücksichtigt. Diese Dissertation befasst sich mit dem polnischen und dem deutschen Recht, wobei das polnische Recht den Ausgangspunkt des Rechtsvergleichs darstellt und das deutsche Recht als Vergleichsrechtsordnung herangezogen wird. Für die Auswahl der Rechtsordnungen dieser Länder sprechen insbesondere die engen geschichtlichen, geografischen und wirtschafltichen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland. Polen ist das zweitgrößte Nachbarland Deutschlands. Die zwischen diesen beiden Ländern existierenden Wirtschaftsbeziehungen unterliegen einer ständigen Entwicklung, welche dazu beiträgt, dass sich die Bürger beider Länder immer näherkommen. Dieses Näherkommen kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass immer mehr deutsch-polnische Ehen geschlossen werden6 und im Endeffekt vor Gericht auch immer häufiger über grenzüberschreitende – deutschpolnische – Fälle zu entscheiden ist. Bei familienrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Ehegatten und/oder deren Kindern spielt das Verständnis der Rechtsvorschriften in der eigenen Rechtsordnung und der Rechtsordnung des anderen Ehegatten eine enorme Rolle, zum einen wegen der hohen praktischen Relevanz dieser Auseinandersetzungen, die beim Unterhalt insbesondere die finanziellen Angelegenheiten beider Ehegatten und/oder der Kinder berühren, und zum anderen weil abhängig von den konkreten Umständen in einer deutsch-polnischen Ehe entweder das deutsche oder das polnische Recht anwendbar sein wird. Die Frage, welches Recht bei grenzüberschreitenden Unterhaltsfällen anzuwenden ist, regelt für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (weiter: „Unterhalts-VO“ genannt). Der Art. 15 der Unterhalts-VO enthält die Bestimmung des anwendbaren Rechts. In dieser Vorschrift selbst sind aber keine Kolissionsnormen geregelt. Gemäß Art.15 der Unterhalts-VO bestimmt sich das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht für die Mitgliedstaaten, die durch das Protokoll vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (nachstehend „Haager Protokoll“ genannt) gebunden sind, nach jenem Protokoll. Art 15 Unterhalts-VO verweist dementsprechend insoweit auf das Haager Protokoll.7 Das Haager Protokoll ist sowohl auf Ehegattenunterhalt als auch auf Kindesunterhalt anwendbar.8 Das Haager Protokoll enthält sowohl eine allgemeine

champs de Berier, Z uwag do metodologii nauki prawa prywatnego: argumenty historyczny, dogmatyczny i prawnoporównawczy na przykładzie darowizny na wypadek s´mierci oraz zapisu windykacyjnego, in: Wudarski, Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 288. 6 Loew, in: Bingen, Loew, Wóycicki, (Hrsg.), Die Destruktion des Dialogs. Zur innenpolitischen Instrumentalisierung negativer Fremdbilder und Feindbilder, S. 420 – 421. 7 Jauernig/Budzikiewicz, EG-UntVO Rn. 1. 8 Jauernig/Budzikiewicz, EG UntVO Rn. 4.

C. Methoden

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Regel als auch eine besondere Regelung für die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen. Nach der allgemeinen Regel des Art. 3 I des Haager Protokolls ist auf Unterhaltspflichten das Recht des Staates anwendbar, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.9 Für den Fall, dass die unterhaltsberechtigte Person ihren gewo¨ hnlichen Aufenthalt wechselt, so ist nach Art. 3 II des Haager Protokolls vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an das Recht des Staates des neuen gewo¨ hnlichen Aufenthalts anzuwenden.10 In Art. 4 des Haager Protokolls wurden besondere Regeln zugunsten bestimmter Unterhaltsberechtigter vorgesehen. Gemäß Art. 4 des Haager Protokolls gilt für die Unterhaltspflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern, anderer Personen als der Eltern gegenüber Personen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben – unter Ausschluss des Ehegattenunterhalts – und der Kinder gegenüber ihren Eltern, in dem Fall, in dem die unterhaltsberechtigte Person nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von Art. 3 des Haager Protokolls keinen Unterhalt erhalten kann, das am Ort des angerufenen Gerichts geltende Recht. Eine besondere Regelung mit Blick auf Unterhaltspflichten von Ehegatten und ehemaligen Ehegatten enthält der Art. 5 des Haager Protokolls.11 Gemäß Art. 5 des Haager Protokolls findet auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, ehemaligen Ehegatten oder Personen, deren Ehe für ungültig erklärt wurde Art. 3 des Haager Protokolls keine Anwendung, wenn eine der Parteien sich dagegen wendet und das Recht eines anderen Staates, insbesondere des Staates ihres letzten gemeinsamen Aufenthalts, zu der betreffenden Ehe eine engere Verbindung aufweist. In einem solchen Fall ist das Recht dieses anderen Staates anwendbar. Neben diesen Regelungen steht die Möglichkeit der Parteien, das anzuwendende Recht nach Art. 7 und Art. 8 des Haager Protokolls zu wählen. Nach Art. 7 des Haager Protokolls kann das anwendbare Recht für die Zwecke eines einzelnen Verfahrens von den Unterhaltsberechtigten gewählt werden. Diese Wahl hat ausdrücklich zu erfolgen.12 Unabhängig von der Wahl des anwendbaren Rechts für die Zwecke eines einzelnen Verfahrens nach Art. 7 des Haager Protokolls können die Parteien eines Unterhaltsverfahrens das Unterhaltsstatut nach Art. 8 des Haager Protokolls wählen.13 Die einzelnen Rechtswahloptionen, die dem Ehegatten zur Verfügung stehen, wurden in Art. 8 I des Haager Protokolls aufgeführt. Kollisionsrechtliche Fragen liegen aber außerhalb der Zielsetzung dieser Arbeit und werden deswegen im weiteren Teil dieser Bearbeitung außer Acht gelassen.

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Jauernig/Budzikiewicz, EG-UntVO Rn. 5. Jauernig/Budzikiewicz, EG-UntVO Rn. 5. 11 Jauernig/Budzikiewicz, EG-UntVO Rn. 6. 12 Jauernig/Budzikiewicz, EG-UntVO Rn. 7. 13 Jauernig/Budzikiewicz, EG-UntVO Rn. 7

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Einleitung

Die Heranziehung des deutschen Rechts als einer Vergleichsrechtsordnung für die Analyse des polnischen Unterhaltsrechts ist darüber hinaus besonders begründet, weil in der deutschen Rechtsordnung das Unterhaltsrecht durch die 2008 durchgeführte Reform wesentliche Änderungen erfahren hat. Auch mit der Verfassungskonformität des deutschen Unterhaltsrechts hatte sich das BVerfG bereits mehrmals auseinandergesetzt. Im Hinblick auf die Thematik dieser Arbeit ist vor allem der Beschlus des Ersten Senats des BVerfG vom 25. Januar 201114 zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts nach der Dreiteilungsmethode von Bedeutung. Nach dieser Entscheidung überschreitet die Form der gerichtlichen Anwendung der Dreiteilungsmethode die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung und verletzt Art. 2 I GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Dementsprechend wurde in diesem Beschluss, so wie es auch in der vorliegenden Arbeit der Fall ist, die Regelung zur Unterhaltsberechnung auf Verfassungskonformität geprüft und mit dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung gebracht. Eine rechtsvergleichende Perspektive ermöglicht eine vollständigere Analyse sowohl der nationalen als auch der ausländischen Regelungen, der Ergebnisse ihrer Anwendung sowie der von dem jeweiligen Rechtsinstitut erfüllten Funktion und ist imstande, diese kritisch zu bewerten.15 Diese kritische Bewertung ist die Folge einer funktionalen Rechtsvergleichung, die in der vorliegenden Arbeit angewendet wird. Aus einer derartigen kritischen Betrachtung nationaler Normen kann sich zweierlei ergeben. Es kann festgestellt werden, dass das nationale Recht reformbedürftig ist, oder aber, dass es im Vergleich die moderneren Lösungen beinhaltet.16 Wird dem nationalen Recht Reformbedürftigkeit bescheinigt, trägt somit die Rechtsvergleichung zur Optimierung des nationalen Rechts bei, worin eine traditionelle Funktion der Rechtsvergleichung besteht.17 Durch rechtsvergleichende Forschungsarbeiten kann nicht nur gezeigt werden, wie ein bestimmtes gesellschaftliches Problem in fremden Rechtsordnungen gelöst wird, sondern auch, welche Funktionen ein Rechtsinstitut als gesellschaftliches Phänomen in den Rechtsordnungen erfüllt.18 In der vorliegenden Arbeit wird das polnische Unterhaltsrecht in einem Rechtsvergleich zum deutschen Recht auf den Prüfstand gestellt. Analysiert wird vor allem die Überschaubarkeit und Transparenz, sowohl der Voraussetzungen der Unterhalts14

BVerfGE 128, 193. Oplustil: Wpływ badan´ komparatystycznych na rozwój polskiego prawa spółek – na przykładzie projektowanej reformy struktury maja˛tkowej spółki z ograniczona˛ odpowiedzialnos´cia˛ oraz prawa holdingowego, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 92; Tokarczyk, Komparatystyka prawnicza, S. 19. 16 Habdas, Słuszne odszkodowanie za wywłaszczenie nieruchomos´ci. Polskie regulacje na tle rozwia˛zan´ pan´stw obcych i standardów mie˛ dzynarodowych, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 204. 17 Graziano, Rechtsvergleichung lehren und lernen. Ein Vorschlag aus Genf, in: ZEuP 2014 Nr. 1, S. 208. 18 Kulesza, Konsensualizm karnoprocesowy w s´wietle gwarancji rzetelnego procesu – perspektywa komparatystyczna, in: Wudarski, Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 432. 15

C. Methoden

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tatbestände als auch der Unterhaltsvoraussetzungen und der Unterhaltsbemessung. Da sich bei der funktionalen Rechtsvergleichung eine Analyse des law in action anbietet,19 werden in der vorliegenden Arbeit zahlreiche Beispiele aus der polnischen Rechtsprechung ordentlicher Gerichte dargestellt. Die Ergebnisse rechtsvergleichender Forschungen können sowohl für die Auslegung geltender Vorschriften als auch bei der Formulierung von Verbesserungsvorschlägen de lege ferenda fruchtbar gemacht werden.20 Rechtsvergleichende Untersuchungen können insbesondere bei der Festlegung, ob die polnischen gesetzgeberischen Lösungen verbessert sowie effektiver, transparenter und für die Bürger überschaubarer gestaltet werden können, hilfreich sein.21 Im polnischen Schrifftum wird sogar die Auffasssung geäußert, dass bei der Schaffung eines axiologisch und systematisch kohärenten Rechtssystems die diesen gesetzgeberischen Tätigkeiten vorausgehenden rechtsvergleichenden Untersuchungen vorausgesetzt werden müssen.22 Die vorliegende Arbeit nimmt demnach nicht nur eine dogmatische Analyse vor, sondern enthält auch Verbesserungsvorschläge de lege ferenda für die Optimierung des polnischen Unterhaltsrechts. Es wird nämlich der Frage nachgegangen, ob und inwieweit das polnische Recht von der deutschen Rechtsordnung profitieren kann.

19 Kulesza, Konsensualizm karnoprocesowy w s´wietle gwarancji rzetelnego procesu – perspektywa komparatystyczna, in: Wudarski, Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 432. 20 Ma˛czyn´ski, Polskie i unijne prawo prywatne mie˛ dzynarodowe w perspektywie komparatystycznej, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 64; Oplustil: Wpływ badan´ komparatystycznych na rozwój polskiego prawa spółek – na przykładzie projektowanej reformy struktury maja˛tkowej spółki z ograniczona˛odpowiedzialnos´cia˛oraz prawa holdingowego, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 92. 21 Habdas, Słuszne odszkodowanie za wywłaszczenie nieruchomos´ci. Polskie regulacje na tle rozwia˛zan´ pan´stw obcych i standardów mie˛ dzynarodowych, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 204. 22 Bieranowski, Dokumenty legitymacyjne w sprawach spadkowych z perspektywy komparatystycznej – uwagi na tle europejskiego pos´wiadczenia spadkowego, in: Wudarski (Hrsg.), Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 260; Kulesza, Konsensualizm karnoprocesowy w s´wietle gwarancji rzetelnego procesu – perspektywa komparatystyczna, in: Wudarski, Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 432; Małolepszy, Czy badania prawnoporównawcze w zakresie prawa karnego sa˛potrzebne?, in: Wudarski, Prawo obce w doktrynie prawa polskiego, S. 468.

§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe A. Einleitende Bemerkungen Eine Ehe wird grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen, aber manchmal scheitert eine bereits geschlossene Ehe. In dem Fall, in dem Eheleute sich voneinander trennen und ggf. scheiden lassen, kommt Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt in Frage. Die Trennung wird im polnischen und deutschen Recht in unterschiedlicher Weise geregelt. In Deutschland stellt die Trennung nach § 1567 BGB grundsätzlich ein Zwischenstadium zwischen ehelicher Gemeinschaft und Scheidung dar, indem die Trennung der Ehegatten eine Voraussetzung der Scheidung bildet. Im polnischen Recht weist der Art. 612 § 1 FVGB ausdrücklich darauf hin, dass die gerichtliche Trennung keine Scheidungsvoraussetzung darstellt.1 In Polen wurde das Rechtsinstitut der gerichtlichen Trennung den Ehegatten nämlich erst im Jahre 1999 in Folge einer Novellierung des FVGB2 neben der Scheidung zur Verfügung gestellt,3 wobei die Trennungs- und Scheidungsvoraussetzungen einander ähneln4 und gleiche vermögensrechtliche sowie weitgehend ähnliche unterhaltrechtliche Wirkungen5 entfalten. Die Ehescheidung beweist sowohl im polnischen als auch im deutschen Recht die Auflösung der Ehe durch gerichtliche Entscheidung mit Wirkung für die Zukunft.6 Während in Deutschland eine gescheiterte Ehe nach den in § 1566 BGB gesetzlich festgelegten Trennungsfristen der Ehegatten geschieden werden kann, entscheiden die Ehegatten in Polen selbstständig, ob ihre zerrüttete Ehe gerichtlich getrennt oder geschieden werden soll. Zwar setzt die Ehescheidung im Vergleich zu der gerichtlichen Trennung zusätzlich die Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung voraus, aber es werden gesetzlich keine Trennungsfristen festgelegt, nach deren Ablauf die Ehezerrüttung als dauerhaft zu bezeichnen wäre. Dies führt dazu, dass die Gerichte die 1

Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekunczy. Komentarz, Art. 612 Rn. 1. 2 Gesetz über die Änderung des FVBG, ZBG, der ZPO (P) sowie mancher anderer Gesetze vom 21. Mai 1999 (Dz. U. Nr. 52, Pos. 532). 3 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekunczy. Komentarz, Art. 612 Rn. 1. 4 Eine solche Ausgestaltung der Trennung wird auch in Frankreich, Belgien, der Schweiz sowie in den Niederlanden vorgesehen: Kasprzyk, Separacja prawna małz˙ onków, S. 32. 5 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekunczy. Komentarz, Art. 614 Rn. 3 und 5; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 1 – 2. 6 Dethloff, Familienrecht, § 6 Rn. 6; Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 2.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung unterschiedlich auslegen können. Aus der Scheidung und der Trennung der Ehe können sich unter Umständen Unterhaltsansprüche der Ehegatten ergeben. Während der Anspruch auf Trennungsunterhalt in Polen weitgehend ähnlich wie der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ausgestaltet ist, und dies sowohl hinsichtlich seiner Voraussetzungen als auch im Hinblick auf die Unterhaltsbemessung, unterscheiden sich die Ansprüche auf Trennungs- und nachehelichen Unterhalt in Deutschland erheblich voneinander. Im nachehelichen Unterhaltsrecht unterscheidet man verschiedene Modelle der Regelung von Unterhaltstatbeständen nach der Scheidung der Ehe. Bei den unterhaltsrechtlichen Regelungen kann es sich entweder um einen einheitlichen Unterhaltstatbestand handeln, der in der Rechtsprechung konkretisiert wird, oder um mehrere Unterhaltstatbestände, die alle denkbaren Bedürfnislagen des Unterhaltsberechtigten abdecken. Bei der Regelung des nachehelichen Unterhalts jeweils in Polen und Deutschland kommt diese Differenz besonders zum Ausdruck. Während in Polen nur ein einheitlicher Unterhaltstatbestand vorgesehen ist, gibt es in Deutschland mehrere unterschiedliche Unterhaltsvoraussetzungen, welche gesetzlich festgelegt sind. Unabhängig von den zahlreichen Bedürfnislagen, die unter Umständen einen Unterhaltsanspruch begründen können, handelt es sich auch in Deutschland um einen einheitlichen Unterhaltsanspruch.7 Im Folgenden werden die Voraussetzungen der Trennung und der Scheidung sowie die Angelegenheiten der gerichtlichen Bemessung des Trennungs- und nachehelichen Unterhalts jeweils im deutschen und polnischen Recht dargestellt.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt I. Die Trennung als Vorbedingung des Trennungsunterhalts Während einer intakten Ehe sind die Ehegatten sowohl nach § 1360 BGB als auch nach Art. 27 FVGB zum Familienunterhalt verpflichtet. Unterhaltspflichten der Ehegatten werden jedoch nicht nur in einer intakten Ehe vorgesehen. Gemäß § 1361 BGB und Art. 611 FVGB stehen den Ehegatten auch während des Getrenntlebens Unterhaltsansprüche zu. Die Trennung der Ehegatten stellt demnach sowohl in Polen als auch in Deutschland eine unabdingbare Voraussetzung des Trennungsunterhalts dar. Während in Deutschland ein bloßes Getrenntleben der Ehegatten für die Gewährung des Trennungsunterhalts genügt, muss in Polen die Trennung gerichtlich ausgesprochen werden. Damit eine Ehe in Polen gerichtlich getrennt werden und Trennungsunterhalt in Frage kommen kann, müssen zunächst die Voraussetzungen der gerichtlichen Trennung vorliegen. 7

BGH FamRZ 1984, 354.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

1. Voraussetzungen der Trennung in Polen a) Gerichtliche und faktische Trennung Im polnischen Schrifttum wird grundsätzlich zwischen einer faktischen und einer gerichtlichen Trennung unterschieden.8 Gesetzlich geregelt wird in Art. 611 FVGB ausschließlich die gerichtliche Trennung sowie die sich daraus ergebende Unterhaltspflicht. Beim polnischen Trennungsunterhalt wird dementsprechend in erster Linie eine gerichtliche Trennung der Ehegatten vorausgesetzt. aa) Gerichtliche Trennung Die gerichtliche Trennung stellt in der polnischen Rechtsordnung keine Voraussetzung der künftigen Scheidung der Ehegatten dar.9 Sie wird den Ehegatten neben der Scheidung zur Verfügung gestellt, wobei die unterhaltsrechtlichen Folgen der gerichtlichen Trennung mit den Folgen der Scheidung weitgehend identisch sind.10 Der einzige Unterschied besteht darin, dass gemäß Art. 644 FVGB bei der gerichtlichen Trennung der Art. 60 § 3 FVGB nicht angewendet wird. Dies führt dazu, dass die Regelung über die besondere Unterhaltsverpflichtung des ausschließlich schuldigen Ehegatten bei der gerichtlichen Trennung keine Anwendung findet. Die gerichtliche Trennung wird als eine Alternative zur Scheidung denjenigen Ehegatten zur Verfügung gestellt, die sich aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen nicht scheiden lassen wollen.11 Da das Eheband durch die gerichtliche Trennung nicht berührt wird, kann sie auch der Versöhnung der Ehegatten dienen.12 bb) Faktische Trennung Unter dem Begriff der faktischen Trennung versteht man das bloße Getrenntleben der Ehegatten, welches gesetzlich nicht geregelt wird. Die faktische Trennung tritt ein, wenn die Ehegatten nicht mehr in einem Haushalt wohnen, und stellt im gerichtlichen Trennungsverfahren eine Voraussetzung der gerichtlich ausgesprochenen Trennung dar.13 Grundsätzlich dauern während der faktischen Trennung die sich aus

8 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 611 Rn. 17; Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 487; Kasprzyk, Separacja małz˙ onków – instytucja funkcjonuja˛ca w polskim prawie rodzinnym i w prawie kanonicznym, Ius Matrimoniale 2003 Nr. 8 (14), S. 90. 9 Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 488. 10 Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 487. 11 Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 487. 12 Appelationsgericht (AppG) in Poznan´ v. 09. 09. 2009, Az. I Aca 565/09, Legalis Nr. 270928. 13 Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 487.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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der Eheschließung ergebenden Rechtsfolgen an, darunter auch die Unterhaltspflicht während einer intakten Ehe.14 b) Die völlige Ehezerrüttung als Voraussetzung der gerichtlichen Trennung aa) Allgemeine Regel Gemäß Art. 611 § 1 FVGB kann jeder der Ehegatten im Falle einer völligen Ehezerrüttung vor Gericht auf gerichtliche Trennung klagen. Haben die Ehegatten keine gemeinsamen minderjährigen Kinder, so kann das Gericht gemäß Art. 611 § 3 FVGB ohne Weiteres eine einvernehmliche Trennung aussprechen. Die völlige Zerrüttung der Ehe tritt ein, wenn zwischen den Ehegatten keine wirtschaftliche, emotionale und geschlechtliche Gemeinschaft mehr besteht.15 Obwohl sich aus der Zerrüttung jedes einzelnen Elements der ehelichen Gemeinschaft eine Ehezerrüttung ergibt,16 müssen die emotionale, wirtschaftliche und geschlechtliche Ehezerrüttung gleichzeitig gegeben sein, damit eine völlige Ehezerrüttung in Frage kommt.17 bb) Emotionale Zerrüttung Die emotionale Zerrüttung setzt voraus, dass zwischen den Ehegatten keine inneren Bindungen mehr bestehen. Die Ehegatten müssen nicht miteinander verfeindet sein, damit festgestellt werden kann, dass zwischen ihnen keine inneren Bindungen mehr bestehen. Obwohl bei der wirtschaftlichen Ehezerrüttung unter Umständen Ausnahmen zugelassen werden, zeugt eine emotionale Zerrüttung immer von der Ehezerrüttung.18 cc) Wirtschaftliche Zerrüttung Von der wirtschaftlichen Zerrüttung ist dann die Rede, wenn die Ehegatten keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen. Ausgenommen sind zwangsläufige Trennungen, in denen der Umstand, dass die Ehegatten nicht zusammenwohnen, nicht auf ihrer eigenen Entscheidung beruht. Wenn ein Ehegatte arbeitsbedingt in einer anderen Stadt oder sogar in einem anderen Staat wohnt oder sich krankheitsbedingt in einem Krankenhaus in einer anderen Stadt aufhält, muss dies nicht unbedingt von 14 15

Rn. 5.

OG v. 07. 08. 1974, Az. III CZP 46/74, Legalis Nr. 18205. Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 56

16 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 17 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 18 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

einer wirtschaftlichen Zerrüttung der Ehe zeugen.19 Die Ehe ist völlig zerrüttet, wenn sie sowohl emotional, als auch geschlechtlich und wirtschaftlich zerrüttet ist. In außerordentlichen Umständen kann eine Ehe selbst dann völlig zerrüttet sein, wenn die Ehegatten noch zusammenwohnen.20 dd) Geschlechtliche Zerrüttung Die geschlechtliche Zerrüttung setzt voraus, dass die Ehegatten keinen Geschlechtsverkehr mehr haben. Während kurze Versöhnungsversuche die Trennungszeit der Ehegatten nicht unterbrechen, wird davon ausgegangen, dass in dem Fall, in dem Geschlechtsverkehr auch nur vereinzelt unternommen wird, die Ehe in der Regel nicht völlig zerrüttet ist.21 Auch bei einer krankheitsbedingten sexuellen Enthaltsamkeit ist davon auszugehen, dass die Ehe nicht zerrüttet ist.22 Die obigen Prinzipien werden in der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte jedoch nicht immer beachtet. Obwohl die Parteien in einzelnen Verfahren zugegeben haben, dass sie im Zeitpunkt des Trennungs- bzw. Scheidungsverfahrens miteinander wirtschafteten und/oder verkehrten, wurde die Ehe vom Gericht getrennt (geschieden).23 2. Voraussetzungen der Trennung in Deutschland Das deutsche Gesetz regelt den Unterhalt während des Getrenntlebens der Ehegatten in § 1361 BGB. Nach dieser Vorschrift stellt das Getrenntleben der Ehegatten die primäre Voraussetzung für den Trennungsunterhalt dar. Die Trennung zieht eine Umgestaltung der ehelichen Unterhaltspflicht nach sich. An die Stelle des gegenseitigen Anspruchs auf Familienunterhalt tritt ein einseitiger Anspruch des bedürftigen Ehegatten aus § 1361 BGB gegen den leistungsfähigen Ehegatten.24

19 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, S. 6. Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 20 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, S. 6. Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 21 Vgl. OG v. 6. 10. 1951, Az. C. 188/51, Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt I 1952, S. 301. 22 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, S. 6. Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 23 BG in Katowice v. 29. 01. 2015, Az. XVIII RC 6/15; BG in Katowice v. 17. 02. 2010 Az. XVIII RC 320/09. 24 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 1; Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 393; Wellenhofer, Familienrecht, § 21 Rn. 5.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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a) Grundsätzliches Das Getrenntleben ist ein typisches Durchgangsstadium zwischen ehelicher Gemeinschaft und Scheidung.25 Die Legaldefinition des Getrenntlebens enthält § 1567 I 1 BGB. Von einem Getrenntleben spricht man gemäß § 1567 I 1 BGB, wenn zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und mindestens ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er sie ablehnt.26 Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Ehegatten das Zusammenleben an einem gemeinsamen Wohnort aufgegeben oder überhaupt nicht begründet haben.27 Es handelt sich an dieser Stelle dementsprechend um ein objektives und ein subjektives Element, und zwar zum einen um das Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft, zum anderen um den Willen eines Ehegatten, nicht in einer häuslichen Gemeinschaft mit dem anderen Ehegatten leben zu wollen und somit um ein Motiv in Form der Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft.28 Spezielle Rechtsfolgen werden gesetzlich nur bei einem dauernden Getrenntleben vorgesehen, und zwar nur dann, wenn das Getrenntleben von dem Willen zumindest eines Ehegatten getragen ist, nicht in einer Lebensgemeinschaft zu leben.29 Dieser Wille kann in unterschiedlichen Formen geäußert werden. Es handelt sich an dieser Stelle nicht nur um ausdrückliche Äußerungen, sondern auch um schlüssiges und mehrdeutiges Verhalten, welches eindeutig ausgelegt werden kann.30 Auch die bloße Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft kann als Äußerung dieses Willens interpretiert werden, und zwar vor allem in dem Fall, in dem keine anderen Gründe der Trennung der Ehegatten erkennbar sind.31 Eine häusliche Trennung der Ehegatten liegt erst dann vor, wenn die Ehegatten überhaupt keinen „gemeinschaftlichen örtlichen Lebensmittelpunkt“ mehr haben. Einschränkungen der häuslichen Gemeinschaft sind ungenügend, wenn die Ehegatten mehr verbindet als es für die Ausübung elterlicher Sorge erforderlich ist.32 Das Gericht hat allerdings den Grad der bestehenden Ehezerrüttung nicht festzustellen.33 Das objektive und das subjektive Element müssen kumulativ vorliegen, denn die eheliche Lebensgemeinschaft kann auch bei einer intakten Ehe abgelehnt werden, und zwar, wenn beispielsweise ein Ehegatte von Einflüssen Dritter – zum Beispiel 25

Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 385; Wellenhofer, Familienrecht, § 21. Rn. 1; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 23 Rn. 1 – 3. 26 Wellenhofer, Familienrecht, § 21 Rn. 2. 27 vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 77. 28 Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 386; Wellenhofer, Familienrecht, § 21. Rn. 2; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 76. 29 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 23 Rn. 1 – 3, 75; MüKoBGB/Weber-Monecke, § 1361 Rn. 5. 30 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 77. 31 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 78. 32 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 79. 33 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 76.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

der Eltern oder der Freunde des anderen Ehegatten – Abstand nehmen will, während der andere Ehegatte an der Gemeinschaft mit Dritten Personen festhält.34 Der Wille, weiterhin getrennt zu leben kann entweder zu Beginn der häuslichen Trennung vorliegen, oder er kann erst später hinzutreten.35 b) Das Getrenntleben innerhalb einer Wohnung Das Getrenntleben kann nach § 1567 I 2 BGB auch innerhalb einer Wohnung stattfinden. Die Fälle des Getrenntlebens innerhalb der Ehewohnung sind insbesondere auf ökonomische36 Gründe und Gründe des Kindeswohls37 zurückzuführen, obwohl die Gründe, weshalb die Ehegatten eine Trennung innerhalb einer gemeinsamen Wohnung in den Blick genommen haben, irrelevant sind.38 Zu verhindern sind jedenfalls Situationen, in denen die Ehegatten – um künftig schnell geschieden zu werden – angeben, dass eine einjährige Trennungsfrist in einer gemeinsamen Wohnung bereits abgelaufen ist, obwohl dies nicht der Fall ist.39 Fälle des Getrenntlebens innerhalb einer Wohnung werden von den Gerichten streng beurteilt,40 weil das Tatgericht auf die gegen das Getrennleben sprechende Tatsachen von Amts wegen Rücksicht zu nehmen hat.41

II. Gestaltungsspielraum der Ehegatten 1. Polen Gemäß Art. 321 ZPO (P) darf das Gericht in Polen über einen Gegenstand, welcher von der Klage nicht umfasst war, sowie über den Antrag hinaus nicht urteilen. In dem Fall, in dem beide Ehegatten zwar auf gerichtliche Trennung klagen, aber nicht nur die Trennungsvoraussetzung der völligen Ehezerrüttung, sondern auch die Scheidungsvoraussetzung der dauerhaften Ehezerrüttung erfüllt ist, darf das Gericht dementsprechend die Scheidung der Ehe vom Amts wegen und entgegen dem Begehren der Verfahrensparteien nicht aussprechen. Es ist für das Gericht

34

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 76. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 77; vgl. OLG Bamberg FamRZ 1981, 52 zum Begriff des Getrenntlebens, wenn einer der Ehegatten sich in einer Strafhaft befindet; OLG Dresden MDR 2002, 762 zur Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nach einer Inhaftierung eines Ehegatten. 36 Jauernig/Budzikiewicz, § 1567 Rn. 3 – 4. 37 Wellenhofer, Familienrecht, § 21. Rn. 4. 38 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 80. 39 Wellenhofer, Familienrecht, § 21. Rn. 4. 40 Wellenhofer, Familienrecht, § 21. Rn. 4. 41 Jauernig/Budzikiewicz, § 1567 Rn. 3. 35

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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unzulässig, eine Ehe zu scheiden, wenn zwar beide Scheidungsvoraussetzungen vorliegen, aber die Verfahrensparteien eine gerichtliche Trennung begehren.42 Es kann aber auch vorkommen, dass ein Ehegatte auf Trennung, der andere Ehegatte auf Scheidung klagt. In dem Fall, in dem ein Ehegatte auf Trennung, der andere Ehegatte auf Scheidung klagt und dieses Scheidungsbegehren begründet ist, wird die Ehe gemäß Art. 612 § 1 FVGB geschieden. Wenn das Scheidungsbegehren jedoch unzulässig ist, während das Trennungsbegehren begründet ist, wird die Ehe gerichtlich getrennt. Die Unzulässigkeit der Scheidung kann darauf zurückzuführen sein, dass entweder die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung nicht erfüllt ist, die Scheidung das Wohl der minderjährigen Kinder der Ehegatten verletzt oder der ausschließlich schuldige Ehegatte die Scheidung begehrt.43 2. Deutschland In Ehesachen gilt in Deutschland nicht der Verhandlungs-, sondern der Untersuchungsgrundsatz. Dies bedeutet, dass das Gericht nach § 127 FamFG verpflichtet ist, alle Ermittlungen durchzuführen, die zur Festlegung der entscheidungsrelevanten Tatsachen erforderlich sind.44 Dieser Amtsermittlungsgrundsatz wird im Scheidungsverfahren jedoch durch § 127 II FamFG beschränkt, indem nur die der Aufrechterhaltung der Ehe dienenden Tatsachen, die vom Gericht entweder ermittelt wurden oder in einer anderen Weise bekannt geworden sind, vom Amts wegen berücksichtigt werden können. Ehefeindliche Tatsachen dürfen gegen den Widerspruch des antragstellenden Ehegatten nicht beachtet werden.45 Indes muss die Ehe vom Gericht geschieden werden, wenn alle Voraussetzungen für die Scheidung einer Ehe erfüllt sind. Ein Ermessensspielraum des Gerichts ist an dieser Stelle nicht gegeben.46 In dem Fall jedoch, in dem Zweifel verbleiben, darf keine Scheidung der Ehe ausgesprochen werden.47 Eine Ehe kann in Deutschland entweder aufgrund von Zerrüttungsvermutungen oder über den Zerrüttungstatbestand geschieden werden. Wenn sich der Antragsteller bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz auf eine Zerrüttungsvermutung beruft, darf der Richter keine Untersuchungen vornehmen, ob die Ehe nach dem Zerrüttungstatbestand gescheitert ist.48 In dem Fall, in dem die Ehegatten eine Scheidung über den Zerrüttungstatbestand beantragt haben, darf das 42 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 611 Rn. 1; Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 488. 43 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 612 Rn. 1. 44 Schwab, Familienrecht, § 36 Rn. 360. 45 MüKoBGB/Weber, § 1564, Rn. 79; Schwab, Familienrecht, § 36 Rn. 360. 46 MüKoBGB/Weber § 1565 Rn. 72; Jauernig/Budzikiewicz, § 1565 Rn. 1. 47 Jauernig/Budzikiewicz, § 1565 Rn. 4. 48 NK-BGB/Bisping, § 1566 Rn. 2.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Gericht die Ehe nicht vom Amts wegen wegen Unzumutbarkeit scheiden.49 Wenn der Antragsteller nämlich die Voraussetzungen einer Scheidung über den Zerrüttungstatbestand nicht schlüssig darlegt oder beweist, ist der Scheidungsantrag abzuweisen,50 weil das Gericht nur eheaufrechterhaltende Tatsachen vom Amts wegen zu berücksichtigen hat. Das Gericht ist hierbei nicht an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden. Gemäß § 127 I FamFG soll das Gericht, wie bereits erwähnt, von Amts wegen die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Tatsachen ermitteln. Nach Anhörung der Beteiligten können auch von ihnen nicht vorgebrachte Tatsachen in der gerichtlichen Entscheidung Berücksichtigung finden.51

III. Unterhaltsleistungen als Rechtsfolge der Trennung Während des Getrenntlebens stehen den Ehegatten sowohl nach deutschen als auch nach polnischen unterhaltsrechtlichen Regelungen Unterhaltsansprüche zu.52 Nach § 1361 BGB kann ein Ehegatte in dem Fall, in dem die Ehegatten voneinander getrennt leben, von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Gemäß Art. 611 § 4 FVGB i.V.m. Art. 60 FVGB kann in Polen nach der gerichtlichen Trennung ein Ehegatte von dem anderen einen verschuldensabhängigen Unterhalt verlangen.53 Die Unterhaltspflichten der Ehegatten während des Getrenntlebens und nach der gerichtlichen Trennung werden im Folgenden rechtsvergleichend diskutiert. 1. Polen a) Verschuldensprinzip Das Verschuldensprinzip ist ein Grundsatz des Scheidungsrechts, welcher zur Folge hat, dass während des Trennungsverfahrens (Scheidungsverfahrens) das Gericht mit der Aufgabe betraut wird, festzustellen, welcher Ehegatte die Schuld an der Zerrüttung der Ehe trägt. Unter dem Begriff der Schuld an der Ehezerrüttung wird ein Verstoß gegen die ehelichen Pflichten aus Art. 23, 24, 27 FVGB verstanden,54 wobei die Ehezerrüttung nicht zwingend vorsätzlich herbeigeführt werden muss. Genügend 49

MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 70. Jauernig/Budzikiewicz, § 1565 Rn. 8. 51 MüKoBGB/Weber, § 1564 Rn. 78. 52 Palandt/Brudermüller, § 1361 Rn 1; Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Art. 614 Rn. 5. 53 Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 59. 54 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 114, 118. 50

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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ist eine Vorhersehbarkeit der Bedeutung und der Folgen dieses Verstoßes.55 Dieser Grundsatz des Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts wird in Polen auch bei der gerichtlichen Trennung der Ehegatten angewendet. Nach Art. 613 § 1 FVGB finden die Vorschriften der Art. 57 und 58 FVGB bei der gerichtlichen Trennung der Ehegatten nämlich direkte Anwendung.56 Eine direkte Anwendung zieht nach sich, dass sich die Auslegung dieser Vorschriften sowohl auf eine Scheidung als auch auf eine gerichtliche Trennung der Ehe bezieht.57 Im Schrifttum wird die Meinung geäußert, dass das Verschulden der Ehegatten aus unterhaltsrechtlicher Sicht sogar eine zusätzliche Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs darstellt,58 wobei diese Meinung vereinzelt ist. Gemäß Art. 57 § 1 FVGB entscheidet das Gericht in dem Scheidungsurteil, ob und welcher der Ehegatten die Schuld an der Ehezerrüttung trägt.59 Nach Art. 613 § 1 FVGB entscheidet das Gericht auch bei der gerichtlichen Trennung, ob und welcher der Ehegatten die Schuld an der Ehezerrüttung trägt. In zwei Fällen erfolgt bei der gerichtlichen Trennung der Ehegatten kein Schuldausspruch. Gemäß § 2 dieser Vorschrift unterlässt das Gericht bei der gerichtlichen Trennung der Ehegatten den Schuldausspruch auf einvernehmlichen Antrag beider Ehegatten. In diesem Fall treten dieselben Folgen ein, wie wenn keinem der Ehegatten die Schuld für die Ehezerrüttung zugewiesen wäre.60 Gemäß Art. 58 § 1 FVGB entscheidet das Gericht in dem Scheidungsurteil darüber hinaus auch über die Höhe der nachehelichen Unterhaltspflicht jedes Ehegatten. Die obigen Vorschriften über das Verschuldensprinzip im Scheidungsverfahren finden, wie bereits erwähnt, auch direkte Anwendung bei der gerichtlichen Trennung. Der Schuldausspruch hat im Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) eine wesentliche Bedeutung für die Unterhaltspflicht der Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehegatten.61 Die grundlegende und unmittelbare Folge eines Schuldausspruchs im Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) ist die Möglichkeit des einen Ehegatten, von dem anderen Ehegatten Unterhalt zu verlangen.62 Je nachdem, ob beiden Ehegatten oder nur einem Ehegatten die Schuld an der Ehezerrüttung zur Last gelegt werden kann, variieren die Voraussetzungen der 55 56 57

Rn. 1. 58

Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 45. Piasecki, Prawo małz˙ en´skie, S. 204. Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, Art. 613

Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 20; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 969. 59 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 95. 60 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 96. 61 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 99; de Vries, FPR 2013, 65. 62 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 99.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Unterhaltspflicht voneinander.63 Das Verschulden wirkt sich auch auf die Höhe des Unterhalts aus. Der Unterhaltsanspruch kann nämlich entsprechend dem Verschulden an der Ehezerrüttung höher oder geringer ausfallen.64 Obwohl nur die gerichtliche Trennung der Ehegatten gesetzlich geregelt wird,65 kommt in der gerichtlichen Praxis auch die faktische Trennung vor.66 Sowohl während der faktischen als auch nach der gerichtlichen Trennung können die Ehegatten gegenseitig Unterhaltsansprüche geltend machen. b) Anspruch auf Trennungsunterhalt Die faktische Trennung stellt lediglich einen tatsächlichen Umstand dar.67 Auch die Unterhaltspflicht der Ehegatten während der faktischen Trennung wird gesetzlich nicht geregelt. Die Unterhaltspflicht der Ehegatten während faktischer Trennung leitet sich ausschließlich aus der Rechtsprechung her. Die Unterhaltspflicht der Ehegatten nach gerichtlicher Trennung wird dagegen in Art. 611 § 4 FVGB i.V.m. Art. 60 FVGB gesetzlich geregelt. Die Unterhaltspflicht während der faktischen Trennung und die Unterhaltspflicht nach der gerichtlichen Trennung der Ehegatten unterscheiden sich erheblich voneinander. aa) Unterhaltsanspruch während faktischer Trennung Nach dem Urteil des Obersten Gerichts (OG) vom 7. Juni 1972 (Az. III CZP 43/ 72)68 besteht der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß Art. 27 FVGB während der faktischen Trennung fort.69 Wesentlich ist an dieser Stelle jedoch, welcher der Ehegatten die faktische Trennung verschuldet hat. Unterhaltsberechtigt ist während der faktischen Trennung nämlich nur der unschuldige Ehegatte. Der Anspruch auf Familienunterhalt, der während faktischer Trennung der Ehegatten geltend gemacht wird, zielt darauf ab, allen Familienmitgliedern nach dem Prinzip der gleichen Teilhabe den gleichen Lebensstandard zu ermöglichen. Gemäß Art. 27 FVGB sind während einer intakten Ehe beide Ehegatten verpflichtet, die Familie, welche sie gegründet haben, angemessen zu unterhalten, und zwar jeder nach seinen Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnissen. Während einer faktischen Trennung der Ehegatten wird angenommen, dass die Familie fortbesteht.70 Aus diesem 63

Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 96. de Vries, FPR 2013, 66. 65 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 126 f. 66 Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 51. 67 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 22. 68 OSNCP 1972, Nr 11, Pos. 198. 69 Vgl. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 97 – 99; de Vries, FPR 2013, 65. 70 de Vries, FPR 2013, 66. 64

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Grunde dauert auch die Verpflichtung zum Familienunterhalt an. Auch eine während intakter Ehe erlassene Anordnung zur direkten Auszahlung des Familienunterhalts bleibt für den Fall der faktischen Trennung der Ehegatten unberührt.71 Andererseits kann nach dem Urteil des OG vom 28. Januar 1998 (Az. II CKN 585/ 97)72 eine faktische Trennung die Abweisung einer Klage auf Familienunterhalt aus Art. 27 FVGB rechtfertigen.73 In der Begründung dieser Entscheidung wird argumentiert, dass zwischen den getrenntlebenden Ehegatten de facto keine Familienbindungen mehr bestehen, die einen Anspruch auf Familienunterhalt nach Art. 27 FVGB begründen könnten. Jedenfalls wird das während intakter Ehe geltende Prinzip der gleichen Teilhabe der Familienmitglieder nach faktischer Trennung der Ehegatten wesentlich eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen.74 Der während der faktischen Trennung bestehende Anspruch auf Familienunterhalt erlischt mit der gerichtlichen Trennung75 oder Scheidung76 der Ehegatten. Da der Familienunterhalt in der vorliegenden Arbeit nicht thematisiert wird, wird auch die Frage der Unterhaltsansprüche der Ehegatten während der faktischen Trennung nicht weiter diskutiert. bb) Unterhaltsanspruch nach gerichtlicher Trennung Nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe gilt zwischen den Ehegatten das Prinzip der Lebensstandardgarantie grundsätzlich nicht mehr.77 Die Ehegatten können keine Herstellung des gleichen Lebensstandards durch Unterhaltsleistungen mehr verlangen.78 Jedenfalls haben die Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) Anspruch auf Trennungsunterhalt nach den Vorschriften zum nachehelichen Un-

71

Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, § 9 Rn. 303. 72 OSNCP 1999, Nr. 2, Pos. 29. 73 de Vries, FPR 2013, 66. 74 Górecki, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy małz˙ onkami, ZN UJ Nr 1957 Nr. 12, S. 201; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 102. 75 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 6. 76 OG v. 13. 07. 2011, Az. III CZP 39/11, OSNC Nr. 3, 2012; OG v. 28. 11. 2012, Az. I Aca 1091/12, Legalis Nr, 721942. 77 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 133. 78 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 17.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

terhalt, d. h. nach Art. 60 FVGB.79 Die ausführliche Analyse der Unterhaltspflicht der Ehegatten nach Art. 60 FVGB wird im weiteren Teil der Arbeit durchgeführt. (1) Das Verhältnis zwischen der Hilfe- und Unterstützungspflicht und Unterhaltspflicht der Ehegatten Die Folgen der gerichtlichen Trennung werden in Art. 614 FVGB geregelt. Die gerichtliche Trennung der Ehe zieht gemäß Art. 614 § 1 grundsätzlich die gleichen Folgen nach sich, wie eine Auflösung der Ehe durch Scheidung.80 Nach der gerichtlichen Trennung besteht zwischen den Ehegatten gemäß Art. 614 § 3 FVGB jedoch eine Pflicht zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung (nachstehend „Unterstützungspflicht“ genannt), soweit eine solche Verpflichtung der Billigkeit entspricht.81 Diese Unterstützungspflicht der Ehegatten stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz der Identität von Scheidungs- und Trennungsfolgen dar.82 Die Rechtsgrundlage der Pflicht zur gegenseitigen Hilfe der Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung ist der Art. 23 FVGB. Gemäß dieser Vorschrift sind die Ehegatten zum gemeinsamen Leben, zur gegenseitigen Hilfe und Treue sowie zum gemeinsamen Wirken für das Wohl der Familie, die sie gegründet haben, verpflichtet.83 Die Unterstützungspflicht nach der gerichtlichen Trennung der Ehegatten aus Art. 614 § 3 FVGB stellt eine Fortsetzung der Unterstützungspflicht der Ehegatten während intakter Ehe aus Art. 23 FVGB dar. Diese Verpflichtung erstreckt sich sowohl auf materielle als auch immaterielle Bedürfnisse der Ehegatten.84 Zwischen der Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten nach gerichtlicher Trennung (Scheidung) und der Unterstützungspflicht aus Art. 614 § 3 FVGB besteht keine Identität.85 Die Unter-

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Panowicz-Lipska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 49 Rn. 80. 80 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 15; Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 56; Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 1; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 1 – 2; Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, Art. 614 Rn. 1; Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 65. 81 Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 43; Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 151. 82 Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 84. 83 Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 43. 84 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 17; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekunczy. Komentarz, Art. 614 Rn. 7; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 126; Je˛ drejek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, Rn. 7. 85 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 100; Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 17; Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 84; Anders: Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 7; Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, Rn. 8.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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stützungspflicht nach der gerichtlichen Trennung und die Unterhaltspflicht nach gerichtlicher Trennung (Scheidung) der Ehegatten bestehen nebeneinander.86 In erster Linie ist darauf hinzuweisen, dass sich die Unterhaltspflicht der getrenntlebenden Ehegatten nur auf materielle Unterstützung bezieht, wobei die Hilfeverpflichtung der Ehegatten aus Art. 614 § 3 FVGB breiter ausgestaltet ist und außer der materiellen auch eine immaterielle Unterstützung umfasst, soweit dies der Billigkeit entspricht.87 Darüber hinaus besteht die Unterstützungspflicht aus Art. 614 § 3 FVGB unabhängig von den Voraussetzungen einer nachehelichen Unterhaltspflicht aus Art. 60 FVGB, und somit auch einer Unterhaltspflicht nach gerichtlicher Trennung; dies ist unabhängig von der Bedürftigkeit und einer wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des Unterhaltsberechtigten. Bei der Unterstützungspflicht aus Art. 614 § 3 FVGB kann es sich, im Gegensatz zu einer Unterhaltspflicht nach gerichtlicher Trennung (Scheidung) der Ehe, auch um einmalige Hilfeleistungen handeln.88 In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Unterstützungspflicht der Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung aus Art. 614 § 3 FVGB und die Unterhaltspflicht der Ehegatten nach gerichtlicher Trennung aus Art. 614 § 4 FVGB i.V.m. Art. 60 FVGB völlig voneinander unabhängige Rechtsinstitute darstellen, welche auch unterschiedliche Funktionen erfüllen. (2) Entsprechende Anwendung der Regelungen über die nacheheliche Unterhaltspflicht auf den Trennungsunterhalt (a) Allgemeines Gemäß Art. 614 § 4 FVGB werden bei der Unterhaltspflicht eines getrenntlebenden Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten die Vorschriften des Art. 60 FVGB über den nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme des § 3 entsprechend angewendet.89 Die Rechtsgrundlage des Trennungsunterhalts stellt dementsprechend der Art. 60 FVGB dar.90 Dies hat zur Folge, dass aus unterhaltsrechtlicher Per-

86

Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 157. Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 100. 88 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 100; Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 17; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 126. 89 Gajda, in Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 5; Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małzen´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, Art. 614 Rn. 9; Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 43. 90 Gajda, in Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614, Rn. 5. 87

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

spektive die gerichtliche Trennung der Ehe grundsätzlich die gleichen Rechtsfolgen wie die Ehescheidung nach sich zieht.91 Gemäß Art. 60 § 1 FVGB kann der geschiedene Ehegatte, der an der Zerrüttung des ehelichen Zusammenlebens nicht allein schuldig und zudem bedürftig ist, von dem anderen Ehegatten Unterhalt in einem Umfang verlangen, der seinen gerechtfertigten Bedürfnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen des verpflichteten Ehegatten entspricht. In dem Fall, in dem einer der Ehegatten an der Zerrüttung des ehelichen Zusammenlebens allein schuldig gesprochen wurde und durch die Scheidung sich die Lage des anderen Ehegatten wesentlich verschlechtert, kann das Gericht gemäß Art. 60 § 2 FVGB auf Antrag des unschuldigen Ehegatten entscheiden, dass der schuldige Ehegatte verpflichtet ist, einen entsprechenden Beitrag zur Sicherung der gerechtfertigten Bedürfnisse des nicht schuldigen Ehegatten zu leisten, und zwar auch dann, wenn dieser nicht bedürftig sein sollte.92 Im Hinblick auf das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe sind daher zwei Fallgestaltungen denkbar: (1) Der unschuldige Ehegatte verlangt Unterhalt vom unschuldigen Ehegatten oder der schuldige Ehegatte vom schuldigen Ehegatten nach Art. 60 § 1 FVGB. In diesem Fall sind die Positionen der Ehegatten gleich. Beide Ehegatten sind potentiell unterhaltsberechtigt; (2) Der unschuldige Ehegatte verlangt Unterhalt vom ausschließlich schuldigen Ehegatten nach Art. 60 § 2 FVGB. Dem ausschließlich schuldigen Ehegatten wird gemäß Art. 60 § 1 FVGB ein Unterhaltsanspruch versagt.93 Der unschuldige Ehegatte kann dem ausschließlich schuldigen Ehegatten gegenüber keineswegs unterhaltspflichtig werden. In dem Fall, in dem beide Ehegatten entweder schuldig oder unschuldig sind, kommt die einfache Unterhaltspflicht in Frage. Wenn dagegen ein Ehegatte die ausschließliche Schuld an der Ehezerrüttung trägt, kann der unschuldige Ehegatte den Anspruch auf eine erweiterte Unterhaltspflicht geltend machen. Aus Art. 60 FVGB ergeben sich dementsprechend zwei unterschiedliche Formen des Unterhaltsanspruchs nach gerichtlicher Trennung (Scheidung) der Ehe.94 Es handelt sich an dieser Stelle einerseits um eine einfache Unterhaltspflicht, bei der Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit vorausgesetzt werden, andererseits aber um eine erweiterte Unterhaltspflicht, die lediglich eine wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten voraussetzt.

91

Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 1; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 614 Rn. 1; Piasecki, Prawo małz˙ en´skie, S. 211. 92 Piasecki, Prawo małz˙ en´skie, S. 211. 93 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 122; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 970; Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP 1964 Nr. 9 (219), S. 829, 832. 94 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 851.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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(b) Einfache Unterhaltspflicht Die einfache (auch: gewöhnliche95) Unterhaltspflicht der Ehegatten ist die regelmäßige Unterhaltspflicht der Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe.96 Die einfache Unterhaltspflicht der getrenntlebenden (geschiedenen) Ehegatten ist geregelt in Art. 60 § 1 FVGB. Gemäß dieser Vorschrift kann der getrenntlebende (geschiedene) Ehegatte, der an der Zerrüttung des ehelichen Zusammenlebens nicht allein schuldig und bedürftig ist, von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, und zwar nach seinen gerechtfertigten Bedürfnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen des verpflichteten Ehegatten. Bei der einfachen Unterhaltspflicht ist dementsprechend derjenige Ehegatte unterhaltsberechtigt, der keine Alleinschuld für die Ehezerrüttung trägt und bedürftig ist.97 Vorausgesetzt werden keine Alleinschuld eines Ehegatten, Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten und Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten.98 (aa) Mitverschulden oder Schuldlosigkeit beider Ehegatten Unterhaltsberechtigt ist derjenige Ehegatte, der keine Schuld an der Ehezerrüttung trägt, soweit den anderen Ehegatten auch keine Schuld für die Ehezerrüttung trifft. Dies ist insbesondere der Fall bei der Unterlassung des Schuldausspruchs.99 Wechselseitige Unterhaltsansprüche bestehen allerdings auch dann, wenn beide Ehegatten vom Gericht für schuldig an der Ehezerrüttung erklärt wurden.100 (bb) Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten Bei der einfachen Unterhaltspflicht ist nur ein bedürftiger Ehegatte unterhaltsberechtigt. Das FVGB enthält jedoch keine Legaldefinition der Bedürftigkeit. Dies führt dazu, dass die Bedürftigkeit einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt101 und 95

de Vries, FPR 2013, 66. Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 16; de Vries, FPR 2013, 66. 97 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 362; Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005 S. 851; Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 164; Winiarz, Prawo rodzinne, S. 137. 98 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 112; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 970; Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 366. 99 Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, Art. 613 Rn. 1. 100 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 1. 101 Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 59; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 78; Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 18. 96

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

unpräzise ist.102 Es wird davon ausgegangen, dass die Bedürftigkeit mit der Unmöglichkeit der Befriedigung eigener begründeter Bedürfnisse gleichgesetzt werden kann.103 Dementsprechend ist derjenige Ehegatte bedürftig, der seine begründeten Bedürfnisse mit eigenen Kräften weder vollständig noch teilweise befriedigen kann.104 Die Bedürftigkeit wird im Zusammenhang mit den begründeten Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten im weiteren Teil dieser Arbeit thematisiert. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen (siehe § 1 B. IV. 1. a)). (c) Erweiterte Unterhaltspflicht Die erweiterte (auch: privilegierte105) Unterhaltspflicht stellt die Ausnahme von der grundsätzlichen, einfachen Unterhaltspflicht der Ehegatten dar.106 Sie ist geregelt in Art. 60 § 2 FVGB. Gemäß dieser Vorschrift kann das Gericht in dem Fall, in dem einer der Ehegatten an der Ehezerrüttung allein schuldig gesprochen wurde und sich die materielle Lage des unschuldigen Ehegatten wesentlich verschlechtert, auf Verlangen des unschuldigen Ehegatten entscheiden, dass der alleinschuldige Ehegatte verpflichtet ist, einen entsprechenden Beitrag zur Sicherung der gerechtfertigten Bedürfnisse des unschuldigen Ehegatten zu leisten, und zwar auch dann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht bedürftig sein sollte.107 Vorausgesetzt werden Alleinschuld des einen Ehegatten, eine wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des Unterhaltsberechtigten und ein Kausalzusammenhang zwischen der Trennung (Scheidung) der Ehe und der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage.108 In Art. 60 § 2 FVGB ist keine Rede von der Voraussetzung der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten.109 In dem Fall, in dem die Alleinschuld des einen Ehegatten vorliegt, wird davon ausgegangen, dass auch die Voraussetzung der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des un-

102 Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 18; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze Bd. 12, § 53 Rn. 23 – 24. 103 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 1. 104 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 18. 105 de Vries, FPR 2013, 66. 106 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 16. 107 Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 970; Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 853; Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 168; Winiarz, Prawo rodzinne, S. 139. 108 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 23; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 115 – 116. 109 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 379.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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schuldigen Ehegatten erfüllt ist, und regelmäßig Unterhalt für den unschuldigen Ehegatten zugesprochen.110 (aa) Alleinschuld des einen Ehegatten Die Regelung des Art. 60 § 2 FVGB kommt immer dann zum Tragen, wenn nur ein Ehegatte die Schuld an der Ehezerrüttung trägt.111 Eingegangen wird auf zwei Entscheidungen des OG, denen die Bedeutung eines Rechtsgrundsatzes zugeschrieben wurde. Die höchstrichterliche Auslegung der Alleinschuld des einen Ehegatten wurde im Schrifttum bereits von Zgódka dargestellt.112 Nach der Entscheidung des OG vom 10. März 1951113 trägt derjenige Ehegatte die Alleinschuld an der Ehezerrüttung, dem alle verschuldeten Gründe der Ehezerrüttung zur Last zu legen sind. Dem anderen, unschuldigen Ehegatten sollten hingegen weder verschuldete noch unverschuldete Gründe der Ehezerrüttung zur Last zu legen sein. Eine andere Variante der Auslegung der Alleinschuld des einen Ehegatten ergibt sich aus der Entscheidung des OG vom 8. Juli 1959.114 Nach dieser Entscheidung liegt in dem Fall keine Alleinschuld vor, in welchem dem Kläger nicht nur verschuldete Gründe, sondern auch solche unverschuldeten Gründe der Ehezerrüttung, welche auch selbstständig eine Scheidung der Ehe begründen könnten, zur Last gelegt werden könnten. Diese höchstrichterliche Auffassung hat sowohl Anhänger als auch Gegner.115 Nach Gwiazdomorski116 liegt die Alleinschuld des einen Ehegatten auch dann vor, wenn diesem Ehegatten verschuldete Gründe der Ehezerrüttung zur Last gelegt werden können, wobei dem anderen Ehegatten zwar keine verschuldeten, aber unverschuldete Gründe zur Last gelegt werden können. In diese Richtung ging demnächst auch die höchstrichterliche Rechtsprechung, was in der Entscheidung vom 7. Januar 1969 zum Ausdruck gekommen ist.117 Die Annahme der Alleinschuld nach 110

Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 100. Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 852. 112 Zgódka, Małz˙ onek wyła˛cznie winny – zakres poje˛ cia i zastosowanie, Palestra 1989 Nr. 4, S. 19 – 25. 113 C 48/51, PiP 1951 Nr. 12 S. 972. Die nächsten Entscheidungen, denen diese Bestimmung der Alleinschuld zugrunde gelegt wurde: OG v. 18. 09. 1952, Az. II C 83/52, OSNCP 1953 Nr. 3 Pos. 84; OG v. 11. 11. 1954, Az. II C 1492/53 OSNCP 1955 Nr. 3, Pos. 62; OG v. 07. 01. 1969, Az. II CR 528/68, OSNCP 1969 Nr. 10, Pos. 179; OG v. 19. 08. 1983, Az. III CZP 38/83, OSNCP 1984 Nr. 2 – 3, Pos. 27. 114 OG v. 08. 07. 1959, Az. I CO 16/59, Legalis Nr. 506778. 115 Zgódka, Małz˙ onek wyła˛cznie winny – zakres poje˛ cia i zastosowanie, Palestra 1989 Nr. 4, S. 21 mit den dort angegebenen Literaturhinweisen. 116 Gwiazdomorski, Małz˙ onek wyła˛cznie winny rozkładu wspólnos´ci, PiP 1978 Nr. 3, S. 22. 117 OG v. 07. 01. 1969, Az. II CR 528/68, OSNCP 1969 Nr. 4, Pos. 179, S. 39; OG v. 22. 03. 1973, Az. I CR 1958/73, NP 1975 Nr. 3. S. 430. 111

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Gwiazdomorski entspricht auch der gegenwärtigen Auslegung dieser Voraussetzung in der Rechtsprechung.118 Unterhaltsberechtigt ist jedenfalls derjenige Ehegatte, den keine Schuld an der Ehezerrüttung trifft.119 (bb) Die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten Die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten stellt nach Art. 60 § 2 FVGB neben der Alleinschuld eines Ehegatten und der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten eine Voraussetzung der erweiterten Unterhaltspflicht dar. Da bei einer erweiterten Form des nachehelichen Unterhaltsanspruchs keine Bedürftigkeit vorausgesetzt wird, stellt diese Regelung eine Ausnahme von den regelmäßigen Unterhaltspflichten dar.120 Auch die Benennung dieser Unterhaltspflicht als einer erweiterten Unterhaltspflicht bezieht sich vor allem auf die hier erforderliche Voraussetzung der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten121 und deutet auf einen unregelmäßigen Charakter der erweiterten Unterhaltspflicht nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehegatten hin. Bei dem erweiterten Unterhaltsanspruch ist nach Art. 60 § 2 FVGB der unschuldige Ehegatte, dessen materielle Lage sich infolge der Scheidung wesentlich verschlechtert hat, unterhaltsberechtigt. Es muss nachgewiesen werden, dass zum einen der Unterhaltsberechtigte eine schlechtere materielle Position haben wird als während der intakten Ehe,122 zum anderen diese Verschlechterung für ihn wesentlich i.S.v. spürbar ist.123 Die Bewertung, ob eine wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unterhaltsberechtigten Ehegatten eingetreten ist, sollte nach Gwiazdomorski unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der intakten Ehe erfolgen.124 Die materielle Lage des unschuldigen Ehegatten i.S.v. Art. 60 § 2 FVGB wird in der Literatur unter dem Gesichtspunkt der ihm für die Befriedigung seiner begründeten Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel diskutiert.125 Die materielle 118

BG in Katowice v. 23. 6. 2010, Az. XVIII RC 526/08. Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 2. 120 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 854. 121 OG v. 10. 05. 1966, Az. III CR 65/66, Legalis Nr. 12663. 122 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 23. 123 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 2. 124 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 158. 125 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 856. 119

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Lage des unterhaltsberechtigten Ehegatten wird im Schrifttum zum einen ausschließlich als die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel aufgefasst, zum anderen aber wird eine komplexere Auffassung vertreten, nach der sich auch der Verlust von Hilfeleistungen des anderen Ehegatten und der mit dem anderen Ehegatten zusammenhängenden Sozialleistungen, der Wohnung und die Vergrößerung des Erziehungsaufwands für die Kinder der Ehegatten auf die materielle Lage des unschuldigen Ehegatten auswirken.126 Im Schrifttum wird auch davon ausgegangen, dass die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unterhaltsberechtigten Ehegatten entweder mit einer Verminderung der ihm zur Verfügung stehenden Mittel oder einer Vergrößerung seiner begründeten Bedürfnisse zusammenhängen kann.127 Die Verminderung der dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel kann weiter unterteilt werden in einerseits die Verminderung seiner Aktiva, andererseits in die Vergrößerung seiner Passiva. Die Vergrößerung seiner Bedürfnisse kann sowohl seine gegenwärtigen als auch seine künftigen Bedürfnisse betreffen.128 Die Feststellung, ob eine wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unterhaltsberechtigten Ehegatten eingetreten ist, erweist sich als wesentlich für die Unterhaltsbemessung. Eine solche Feststellung erfordert jedoch die Durchführung einer vergleichenden Analyse. Die Vergleichswerte, die bei dieser Analyse heranzuziehen sind, bestehen in der materiellen Lage des unschuldigen und zugleich unterhaltsberechtigten Ehegatten vor und nach der wesentlichen Verschlechterung seiner Lage.129 Die Methoden der Feststellung einer wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage werden anhand der im juristischen Schrifttum dazu geäußerten Meinungen und der Rechtsprechung polnischer Gerichte ausführlich von Sylwestrzak dargestellt.130 Aus der von Sylwestrzak unternommenen Zusammenführung der Literatur und Rechtsprechung zur Voraussetzung der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten ergeben sich erhebliche Divergenzen bei der Feststellung der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten.131 Wie bereits oben dargestellt, folgen die meisten Unterschiede aus der Auslegung des Merkmals der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten und aus der Festlegung des Zeitpunkts, zu dem diese materielle Lage 126 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 856. 127 Gwiazdomorski, in: Pia˛towski (Hrsg.), System prawa rodzinnego i opiekun´czego, S. 618. 128 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 856; Sylwestrzak, Skutki prawne separacji małz˙ onków, S. 172. 129 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 858. 130 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 858 – 862. 131 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 862.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

zu beurteilen ist. Einerseits wird vertreten, dass die materielle Lage des unschuldigen Ehegatten jederzeit zum Zeitpunkt, zu dem die Bedürftigkeit als Unterhaltsvoraussetzung gegeben ist, zu beurteilen ist. Nach einer anderen Ansicht ist die materielle Lage jeweils im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen. (cc) Kausalzusammenhang zwischen gerichtlicher Trennung (Scheidung) und wesentlicher Verschlechterung der materiellen Lage Zwischen der gerichtlichen Trennung (Scheidung) und der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist für die Gewährung von Trennungsunterhalt (Nachscheidungsunterhalt) ein Kausalzusammenhang erforderlich.132 Die Alleinschuld des einen Ehegatten, die Ehezerrüttung, Scheidung und wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten sind miteinander zusammenhängende Ereignisse. Zwischen diesen miteinander zusammenhängen Ereignissen sind folgende Kausalzusammenhänge erforderlich. Der erste erforderliche Kausalzusammenhang besteht zwischen der schuldhaften Eheverfehlung des einen Ehegatten und der Ehezerrüttung.133 Dieser Kausalzusammenhang wird im Unterhaltsverfahren jedoch nicht weiter untersucht. Verbindlich ist in dieser Hinsicht der Schuldausspruch des Scheidungsgerichts.134 Der zweite Kausalzusammenhang, der im Gegensatz zum ersten Kausalzusammenhang im Unterhaltsverfahren nachzuweisen ist, ist derjenige zwischen der gerichtlichen Trennung (Scheidung) und der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten.135 Der Zusammenhang zwischen der gerichtlichen Trennung (Scheidung) und der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten kann sich sowohl als ein mittelbarer als auch unmittelbarer Zusammenhang erweisen. Als Beispiel für einen unmittelbaren Zusammenhang wird im Schrifttum der Verlust des Wohnraums infolge der Zuweisung im Trennungsverfahren (Schei-

132 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 855. 133 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 856. 134 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 123; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 100; Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 857. 135 OG v. 07. 01. 1969, Az. II CR 528/68, OSNCP 1969 Nr. 10 Pos. 179; OG v. 28. 10. 1980, Az. III CRN 222/80, OSNCP 1981 Nr. 5. Pos. 90; OG v. 13. 01. 2000, Az. II CKN 673/98, Legalis Nr. 354572; Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 101; Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 59; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 116 – 117; Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005 S. 857.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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dungsverfahren) an den anderen Ehegatten angesehen.136 Die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten kann sich aber auch aus den unmittelbaren Folgen der gerichtlichen Trennung (Scheidung) ergeben.137 In diesem Fall wäre die Rede von einem mittelbaren Zusammenhang, der beispielsweise in der selbständigen Rückzahlung eines mit dem anderen Ehegatten gemeinsam aufgenommenen Kredits bestehen würde.138 Szle˛ zak ist jedoch der Meinung, dass zwischen der materiellen Lage des einen Ehegatten und der Alleinschuld des anderen Ehegatten kein Kausalzusammenhang bestehen kann, weil die materielle Lage jedes Ehegatten regelmäßig nur davon abhängt, ob die Ehe aufrechterhalten oder aufgelöst wird.139 Der Auffassung von Stojanowska zufolge, gibt es keine Hindernisse dafür, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte in dem Fall, in dem er nicht im Stande ist, nach Art. 60 § 2 FVGB die wesentliche Verschlechterung seiner materiellen Lage bzw. den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Scheidung der Ehe und der wesentlichen Verschlechterung seiner materiellen Lage zu beweisen, einfachen Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) nach Art 60 § 1 FVGB geltend macht.140 Sie argumentiert, dass die Regelung des Art. 60 § 2 FVGB als ein Privileg für den unschuldigen und zugleich unterhaltsberechtigten Ehegatten anzusehen ist, ohne dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte verpflichtet ist, dieses Privileg zu nutzen. Er kann alternativ – nach Art. 60 § 1 FVGB – seine Bedürftigkeit beweisen und statt privilegierten Unterhalt nach Art. 60 § 2 FVGB einfachen Unterhalt nach Art. 60 § 1 FVGB zugesprochen bekommen. Der Meinung von Szle˛ zak, dass zwischen der materiellen Lage des einen Ehegatten und der Alleinschuld des anderen Ehegatten kein Kausalzusammenhang bestehen kann, ist zuzustimmen. Ein direkter Kausalzusammenhang kann in diesem Zusammenhang nämlich nur zwischen der Alleinschuld des einen Ehegatten und der Trennung (Scheidung) der Ehe bestehen. Daraufhin kann sich aber ein nächster Kausalzusammenhang – zwischen der Trennung (Scheidung) der Ehe und der materiellen Lage der Ehegatten – ergeben. Überzeugend ist auch die Ansicht von Stojanowska, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte in dem Fall, in dem er nicht im Stande ist, nach Art. 60 § 2 FVGB die wesentliche Verschlechterung seiner materiellen Lage bzw. den erforderlichen 136

Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 857. 137 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 857. 138 Sylwestrzak, Obowia˛zek alimentacyjny rozwiedzionego małz˙ onka ponosza˛cego wyła˛czna˛ wine˛ rozkładu poz˙ ycia, Gdan´skie Studia Prawnicze Bd. XIV 2005, S. 857. 139 Szle˛ zak, Alimenty po rozwodzie a wina w wywołaniu rozkładu poz˙ ycia, PiP 1989 Nr. 7, S. 107 – 108. 140 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Tom 11, § 45 Rn. 377.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Kausalzusammenhang zwischen der Trennung (Scheidung) der Ehe und der wesentlichen Verschlechterung seiner materiellen Lage zu beweisen, einfachen Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) nach Art. 60 § 1 FVGB geltend machen kann, weil der Kausalzusammenhang zwischen der gerichtlichen Trennung (Scheidung) und der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten aus Art. 60 § 2 FVGB keine Voraussetzung für den Trennungsunterhalt (Nachscheidungsunterhalt) an sich darstellt, sondern als Beweiserleichterung für den unschuldigen Ehegatten anzusehen ist. Allerdings ist davon auszugehen, dass die gerichtliche Trennung (Scheidung) der Ehe regelmäßig zu einer wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten führen wird, so dass der Kausalzusammenhang zwischen der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe und der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten unkompliziert dargelegt werden kann.

2. Deutschland Wenn die Ehegatten i.S.v. § 1567 I BGB getrennt leben, kann der eine Ehegatte von dem anderen gemäß § 1361 I 1 BGB während des Getrenntlebens einen nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.141 Der bisher nicht berufstätige Ehegatte hat nach der Trennung nämlich nicht sofort eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.142 Nach § 1361 II BGB kann derjenige Ehegatte, der bisher nicht erwerbstätig war, nur in dem Fall darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbsmöglichkeiten selbst zu bestreiten, in dem dies nach seinen persönlichen Eigenschaften von ihm erwartet werden kann, und zwar vor allem auf Grund seiner früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Ehedauer sowie der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten während des Familienlebens.143 Zu diesen persönlichen Verhältnissen gehören insbesondere die Dauer der Ehe, die Dauer der Trennung, eine frühere Erwerbstätigkeit, die Hinnahme der Nichterwerbstätigkeit, die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten, die Kinderbetreuung sowie allgemeine Faktoren, wie beispielsweise das Alter sowie der Gesundheitszustand.144 Durch die Regelung des § 1361 II BGB sollen die Ehegatten nicht zu einer sofortigen Umgestaltung ihrer Lebensverhältnisse gezwungen werden.145 Ferner sollen Frauen geschützt werden, die in ihren Ehen die Rolle einer Hausfrau übernommen haben, und nach der Trennung nicht umittelbar gezwungen werden sollten, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.146 141 142 143 144 145 146

Wellenhofer, Familienrecht, § 21 Rn. 5; Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 392. Wellenhofer, Familienrecht, § 21 Rn. 6. Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 392. Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 455. Wellenhofer, Familienrecht, § 21 Rn. 6. Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 392.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

51

Der Unterhaltspflicht nach einer Trennung der Ehegatten kann weder durch Haushaltsführung147 noch durch eheliche Zusammenarbeit148 nachgekommen werden. Der Trennungsunterhalt ist nach § 1361 IV BGB eine monatlich im Voraus zahlbare Geldrente.149

IV. Maßstäbe für die Höhe des Trennungsunterhalts 1. Polen Gemäß Art. 61 FVGB finden in Polen auf die Unterhaltspflicht zwischen getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten im Hinblick auf die Unterhaltsbemessung, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit die allgemeinen Vorschriften zum Verwandtenunterhalt entsprechende Anwendung.150 Es handelt sich an dieser Stelle um die Vorschriften der Art. 128 – 143 FVGB.151 Der gesetzliche Umfang der Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und zwischen Ehegatten nach gerichtlicher Trennung (Scheidung) ist demnach identisch.152 Es fehlt nämlich an gesonderten Vorschriften, welche auf den Trennungs- und nachehelichen Unterhalt anwendbar wären. Demensprechend orientiert sich der zu gewährende Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) nach Art. 60 FVGB an den in Art. 135 § 1 FVGB genannten berechtigten Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten und den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten.153 Es kann insbesondere angenommen werden, dass die Bedürftigkeit als Voraussetzung der Unterhaltspflicht aus Art. 135 § 2 FVGB der Bedürftigkeit aus Art. 60 § 1 FVGB gleichwertig ist. Diese Gleichwertigkeit bezieht sich auch auf die Maßstäbe für die Höhe der Unterhaltspflicht.154

147

Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 393. Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 107. 149 Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 107. 150 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 124 – 125; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 124. 151 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 147. 152 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 132; Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP 1964 Nr. 9 (219), S. 830; de Vries, FPR 2013, S. 66. 153 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 18; Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 99; Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd 11, § 45 Rn. 376, Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski, System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd 12, § 53 Rn. 22; Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP Nr. 9 (219) 1964, S. 835. 154 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd 11, § 45 Rn. 327. 148

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

a) Bedürftigkeit und die begründeten Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten Bedürftig ist derjenige, der nach Art. 135 § 1 FVGB seine begründeten Bedürfnisse nicht mit eigenen Kräften befriedigen kann. Was genau darunter zu verstehen ist, definieren die Gerichte für sich selbst, ohne dass einheitliche Leitlinien entwickelt werden. Allerdings ist jedes Tatgericht verpflichtet, sowohl die begründeten Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten festzulegen, als auch die Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten eingehend zu prüfen.155 Soweit der Lebensstandard beider Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) ähnlich ist, kann nach dem Urteil des OG vom 16. Mai 2000 (Az. IV CKN 1222/00) allerdings keine Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten bestehen. Maßgeblich sind an dieser Stelle die tatsächliche finanzielle Lage des unterhaltsberechtigten und des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, wobei ohne Bedeutung ist, ob die Ehegatten mit ihrer finanziellen Lage zufrieden sind. Die Bedürftigkeit im Unterhaltsrecht wird gesetzlich nicht definiert.156 Den einzigen Hinweis, wie die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten auszulegen ist, enthält der Art. 133 § 2 FVGB.157 Gemäß Art. 133 § 2 FVGB ist nur derjenige unterhaltsberechtigt, der bedürftig ist. Die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten stellt die grundlegende Voraussetzung einer einfachen Unterhaltspflicht nach der Ehezerrüttung dar.158 Unter dem Begriff der Bedürftigkeit versteht man vor allem die Unmöglichkeit der Befriedigung aller Bedürfnisse des jeweiligen Unterhaltsberechtigten sowohl teilweise als auch vollständig mit eigenen Mitteln und Kräften.159 Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist schon dann von einer Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten auszugehen, wenn er weder Erwerbsmöglichkeiten noch ein Vermögen hat, welche ihm die vollständige Befriedigung seiner begründeten Bedürfnisse ermöglichen würden.160 Fraglich ist, ob die Bedürftigkeit beim Zeitpunkt der Rechtskraft des Trennungsurteils (Scheidungsurteils) maßgeblich ist, oder auch die Bedürftigkeit, welche einige Zeit nach der Trennung (Scheidung) der Ehe entstanden ist, berücksichtigt

155

Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 35. Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.) System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze Bd. 11, § 45 Rn. 326; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 953. 157 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 79. 158 Strzebinczyk, Prawo rodzinne, S. 188, 370. 159 OG v. 07. 09. 2000, Az. I CKN 872/00, Legalis Nr. 54668; Strzebinczyk, Prawo rodzinne, S. 370; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 18. 160 OG v. 19. 05. 1975, Az. III CRN 55/75, OSNC 1976, Nr. 6. Pos. 133. 156

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

53

werden kann.161 In der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Literatur wird angenommen, dass die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten als Voraussetzung einer Unterhaltspflicht nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe nicht unbedingt bereits bei der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe vorliegen muss. Die Voraussetzung der Bedürftigkeit ist auch in dem Fall erfüllt, in dem sie zwar zum Zeitpunkt der gerichtlichen Trennung oder Scheidung noch nicht gegeben ist, aber später erfüllt wird.162 In einem solchen Fall ist allerdings festzustellen, dass diese Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten sich aus der Trennung (Scheidung) der Ehe ergeben hat.163 Einer anderen Meinung ist Gwiazdomorski, demzufolge die Bedürftigkeit entweder im Zeitpunkt des Trennungsverfahrens (Scheidungsverfahrens) oder der Rechtskrafterlangung des Trennungsurteils (Scheidungsurteils) gegeben sein muss.164 Das Argument, dass die Voraussetzung der Bedürftigkeit auch in dem Fall erfüllt ist, in dem sie zwar zum Zeitpunkt der gerichtlichen Trennung oder Scheidung noch nicht gegeben ist, aber später erfüllt wird, kann nicht überzeugen, weil dies zu Rechtsmissbräuchen führen könnte, indem die Bedürftigkeit von Unterhaltsberechtigten nach der Trennung (Scheidung) mutwillig herbeigeführt werden könnte. Gegen diese Argumentation spricht vor allem die Ausgestaltung des Unterhaltsverfahrens in Polen, in dem das Gericht an die Anträge der Parteien gebunden ist und keine Möglichkeit hat, den Unterhalt bei Vorliegen von Härtegründen auszuschließen oder zu begrenzen. Überzeugend ist die Auffassung, nach der die Bedürftigkeit entweder im Zeitpunkt des Trennungsverfahrens (Scheidungsverfahrens) oder der Rechtskrafterlangung des Trennungsurteils (Scheidungsurteils) – also im Zeitpunkt der Unterhaltsgewährung – gegeben sein muss, weil in einem solchen Fall die Möglichkeit eines rechtsmissbräuchlichen Handelns der Verfahrensparteien minimiert wird. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist in dem Fall, in dem der bedürftige Ehegatte nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe eine nichteheliche Lebensgemeinschaft gründet, die Möglichkeit der Befriedigung seiner begründeten Bedürfnisse mit eigenen Mitteln und Kräften auch unter Berücksichtigung der Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse seines Lebensgefährten oder Lebensgefährtin zu bewerten.165 Der Begriff der Bedürftigkeit ist zu relativieren, und zwar je nachdem, ob der Unterhaltsberechtigte über ein eigenes Einkommen, welches zur Befriedigung seiner 161

Winiarz, Prawo rodzinne, S. 138. OG v. 15. 07. 1999, Az. I CKN 356/99, Legalis Nr. 60010; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 17. 163 OG v. 15. 07. 1999, Az. I CKN 356/99, Legalis Nr. 60010. 164 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 127. 165 OG v. 11. 07. 2000, Az. II CKN 1015/00, Legalis Nr. 55374; Anders: OG v. 10. 07. 1998, Az. I CKN 788/97, Legalis Nr. 43713. 162

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Bedürfnisse nicht ausreichend ist, verfügt oder über gar kein eigenes Einkommen verfügt. aa) Kein eigenes Einkommen Bedürftig ist in erster Linie derjenige Ehegatte, der über kein eigenes Einkommen verfügt,166 insbesondere kein Arbeitseinkommen und keine Einkünfte aus Renten erzielt.167 Nach Szpunar ist jedoch derjenige, der arbeitsfähig ist und dennoch keine Erwerbstätigkeit aufnimmt, nicht bedürftig. Zu berücksichtigen sind jedenfalls die Umstände des Einzelfalls, dies sind vor allem: die Tatsache, ob die Ehegatten vor der Trennung (Scheidung) der Ehe eine Doppelverdiener- oder Hausfrauenehe geführt haben, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich ausreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat oder die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Ehegatten betreute.168 Den Einkünften aus Erwerbstätigkeit in diesem Sinne sind die Einkünfte aus Sozialleistungen gleichzusetzen.169 bb) Kein ausreichendes eigenes Einkommen Die Literatur geht davon aus, dass auch derjenige bedürftig ist, der zwar über ein eigenes Einkommen verfügt, aber seine begründeten Bedürfnisse nicht vollständig befriedigen kann.170 Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird angenommen, dass auch in dem Fall, in dem der Unterhaltsberechtigte seine begründeten Bedürfnisse nur teilweise nicht befriedigen kann, seine Bedürftigkeit gegeben ist.171 cc) Erwerbsobliegenheit und fiktive Einkünfte Die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Ehegatten wird zwar gesetzlich nicht geregelt, aber sie ergibt sich aus der Rechtsprechung. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte bei der Befriedigung seiner begründeten Bedürfnisse in erster Linie seine eigenen Erwerbsmöglichkeiten und sein eigenes Vermögen auszuschöpfen.172 Dies hat zur 166

Rzonca, Z problematyki dostarczania s´rodków utrzymania, ZN UJ 1981 Nr. 98, S. 98. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 79. 168 Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP Nr. 9 (219)1964, S. 834. 169 Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP Nr. 9 (219)1964, S. 834. 170 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 79; Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 21. 171 OG v. 20. 02. 1974, Az. III CRN 388/73, Legalis Nr. 17770; OG v. 19. 05. 1975, Az. III CRN 55/75, Legalis Nr. 18770; OG v. 03. 03. 1998, Az. III CKN 826/98, Legalis Nr. 188135. 172 OG. v. 14. 02. 2001, Az. I CKN 1341/00, Legalis Nr. 277315. 167

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Folge, dass er erst in dem Fall, in dem er mit seinen eigenen Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnissen nicht im Stande ist, seine begründeten Bedürfnisse zu befriedigen, Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) geltend machen kann.173 Auch das Schrifttum geht von einer Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Ehegatten aus.174 dd) Verwertung des Vermögensstamms Die Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms des unterhaltsberechtigten Ehegatten wird gesetzlich nicht geregelt. Die Literatur und die Rechtsprechung sind sich in Sachen der Obliegenheit des bedürftigen Ehegatten zur Verwertung seines Vermögensstamms nicht einig. Einerseits wird angenommen, dass der bedürftige Ehegatte seine Vermögensbestandteile, soweit vorhanden, für seinen Unterhalt aufzuwenden hat.175 Dies betrifft vor allem Luxusgüter, deren Besitz nicht notwendig ist.176 Andererseits wird davon ausgegangen, dass der bedürftige Ehegatte seinen Vermögensstamm in dem Fall nicht zu verwerten hat, in dem der andere Ehegatte im Hinblick auf seine Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse im Stande ist, durch Zahlung von Unterhaltsleistungen für den Unterhalt des anderen Ehegatten aufzukommen.177 Nach Auffassung von Gromek besteht im Verhältnis zwischen den getrenntlebenden (geschiedenen) Ehegatten grundsätzlich eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms, wenn diese Vermögensverwertung zur Befriedigung der Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten beitragen könnte. Die Entscheidung über die Obliegenheit zur Vermögensverwertung ist jedoch einzelfallabhängig zu treffen.178 Ein beispielhafter Umstand, der für den Ausschluss der Obliegenheit zur Vermögensverwertung sprechen könnte, ist derjenige, dass der bedürftige Ehegatte das zu verwertende Vermögen infolge der Verteilung des gemeinschaftlichen Vermögens der Ehegatten während der Scheidung erlangt hat.179 173

AppG. Poznan´ v. 10. 02. 2004, Az. I ACa 1422/03, Wok. 2005, Nr. 2. Pos. 46; AppG. Białystok v. 26. 06. 2014, Az. I ACa 177/14, Legalis Nr. 1213558. 174 Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 20; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 12, § 53 Rn. 26. 175 WG in Katowice v. 17. 11. 1961, PiP 10/1962; Rzonca, Z problematyki dostarczania ´srodków utrzymania, ZN UJ Nr. 98 1981, S. 101; Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 21; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 12, § 53 Rn. 26; Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP Nr. 9 (219) 1964, S. 835. 176 Strzebinczyk, Prawo rodzinne, S. 371. 177 OG v. 25. 09. 1978, Az. III CRN 161/78, Legalis Nr. 21080; Anders: OG v. 12. 12. 1975, Az. III CRN 338/75, OSP 1977, Nr. 3, Pos. 54. 178 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 31. 179 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 31.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Nach Ignaczewski besteht eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms des getrenntlebenden (geschiedenen) Ehegatten nur in dem Fall, in dem die Einkünfte aus dieser Vermögensverwertung die Kosten des gebührenden Unterhalts für einen längeren Zeitraum decken könnten.180 Die Meinung, dass zwischen den getrenntlebenden (geschiedenen) Ehegatten grundsätzlich eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms besteht, kann nicht überzeugen. Überzeugend ist jedoch die Ansicht, dass der bedürftige Ehegatte Luxusgüter, deren Besitz nicht notwendig ist, für seinen Unterhalt aufzuwenden hat. Ebenso wird vertreten, dass eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms des getrenntlebenden (geschiedenen) Ehegatten nur in dem Fall besteht, in dem die Einkünfte aus dieser Vermögensverwertung die Kosten des gebührenden Unterhalts für einen längeren Zeitraum decken könnten. Unabhängig davon, welcher dieser Auffassungen gefolgt wird, spricht gegen die Annahme einer absoluten Pflicht des Unterhaltsberechtigten zur Verwertung seines Vermögensstamms die Tatsache, dass sich weder aus den polnischen Vorschriften noch aus der Rechtsprechung ergibt, wie die Bedürftigkeit und die Leistungsfähigkeit der Parteien eines Unterhaltsverfahrens und schließlich der Unterhalt vom Gericht beziffert werden. Am überzeugendsten ist die Auslegungsvariante, nach der über die Pflicht des Unterhaltsberechtigten, seinen Vermögensstamm zu verwerten, im Einzelfall der Richter erfahrungsgemäß und nach billigen Ermessen zu entscheiden hat, weil der Richter zum einen über das notwendige Fachwissen verfügt und zum anderen ausreichende Erfahrung in unterhaltsrechtlichen Auseinandersetzungen hat, die es ihm ermöglichen, eine den Rechtsnormen und Moralnormen entsprechende Entscheidung zu treffen. ee) Privilegierte Unterhaltsansprüche Von der Voraussetzung der Bedürftigkeit hat der polnische Gesetzgeber zwei Ausnahmen gemacht. Die Ausnahmen betreffen zum einen den Kindesunterhalt nach Art. 133 FVGB,181 welcher im nächsten Kapitel dieser Arbeit als Exkurs behandelt wird, und zum anderen die nacheheliche Unterhaltspflicht bei Alleinschuld eines Ehegatten nach Art. 60 § 2 FVGB. Privilegiert in diesem Sinne bedeutet, dass im Hinblick auf die gesetzlich normierten Unterhaltsvoraussetzungen Ausnahmen gemacht werden, indem die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten für die Gewährung von Unterhalt nicht vorausgesetzt wird.182

180

Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 79. Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 1; de Vries, FPR 2013, 65. 182 Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 953; Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP 1964 Nr. 9 (219), S. 837. 181

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Beim Kindesunterhalt nach Art. 133 I FVGB wird statt der Bedürftigkeit eine Unselbstständigkeit des Kindes vorausgesetzt.183 Bei einer gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe und unter Annahme der Alleinschuld eines Ehegatten ist der alleinschuldige Ehegatte unterhaltspflichtig, unabhängig davon, ob der unschuldige Ehegatte bedürftig ist. Statt der Bedürftigkeit wird an dieser Stelle eine durch die Scheidung oder Trennung der Ehe verursachte wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten vorausgesetzt. Der Trennungs- und Scheidungsunterhalt, der infolge der Anwendung dieser Vorschrift zugesprochen wird, ist auch in dem Sinne privilegiert, dass er zwar nicht zur Erhaltung des gleichen Lebensstandards der Ehegatten während einer intakten Ehe berechtigt,184 aber mehr Bedürfnisse, als nur die begründeten Bedürfnisse, welche von einfachen Unterhaltsleistungen gedeckt werden, befriedigen soll.185 Da weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung eine Annäherung an den Begriff der begründeten Bedürfnisse vorgenommen wurde, bleibt unklar, was tatsächlich verlangt werden kann. Es gibt nämlich keine abstrakte Ausführung, aus welchen Bedürfnissen sich die begründeten Bedürfnisse zusammensetzen. Die erweiterte Unterhaltspflicht des alleinschuldigen Ehegatten berechtigt den unschuldigen und somit unterhaltsberechtigten Ehegatten auch nicht zur Erhaltung des Lebensstandards des schuldigen und somit unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) für den Fall, dass der Lebensstandard des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) höher sein sollte, als der Lebensstandard des unterhaltsberechtigten Ehegatten.186 b) Die Erwerbsmöglichkeiten und die Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Ehegatten Damit die Unterhaltspflicht der Ehegatten bemessen werden kann, sind zwei Orientierungsgrößen zu berücksichtigen; dies sind zum einen die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten, welche bereits oben analysiert wurde, und zum anderen die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten. Unter dem Terminus der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten versteht man seine Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse.187 Der Begriff der Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten bezeichnet seinen materiellen Status, der in dem Fall erreicht werden kann, in dem der Unterhaltsverpflichtete alle Kenntnisse und Fähigkeiten, die er besitzt, bei der 183

Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 74. Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 375. 185 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 25; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 2. 186 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 60 Rn. 13. 187 Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne § 38 Rn. 954. 184

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausschöpft.188 Nur derjenige, der überhaupt keine Erwerbsmöglichkeiten und kein Vermögen hat, ist von der Unterhaltspflicht befreit.189 Bei der Festlegung der Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Ehegatten werden jedenfalls die Unterhaltspflichten gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten berücksichtigt,190 wobei keiner der Unterhaltsberechtigten Vorrang vor anderen Unterhaltsberechtigten genießt.191 Die Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsberechtigten stellen die Obergrenze der künftigen Unterhaltsleistungen dar.192 aa) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit Aus unterhaltsrechtlicher Perspektive ist jegliches Einkommen relevant.193 Bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten wird in erster Linie sein Arbeitseinkommen i.S.v. Art. 771 – 775 und 78 AGB samt Prämien und anderer Vergütungsbestandteile berücksichtigt.194 Beim Arbeitseinkommen handelt es sich nicht nur um Arbeitsverträge, sondern insbesondere auch um zivilrechtliche Verträge.195 In dem Fall, in dem die Höhe des Arbeitseinkommens in den jeweiligen Monaten unterschiedlich ist, wird die Höhe des Arbeitseinkommens während eines längeren Zeitraums, meistens eines Jahres, berücksichtigt.196 Wenn der unterhaltsverpflichtete Ehegatte außer dem Arbeitseinkommen noch Einkünfte aus anderen Quellen, beispielsweise zivilrechtlichen Verträgen, erzielt, werden diese anderen Einkünfte auch als unterhaltspflichtiges Einkommen be-

188

Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 4; Nazar/ Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 954. 189 Rzonca, Z problematyki dostarczania s´rodków utrzymania, ZN UJ 1981 Nr. 98, S. 109. 190 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 5. 191 Gwiazdomorski, in: Pia˛towski (Hrsg.), System prawa rodzinnego i opiekun´czego, S. 1010. 192 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 380, Strzebinczyk, Prawo rodzinne S. 373. 193 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 140; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 954. 194 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 12. 195 Gwiazdomorski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 28. 196 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 12.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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rücksichtigt.197 Dem Arbeitseinkommen gleichwertig sind insbesondere Renten, Stipendien und jegliche Sozialleistungen.198 bb) Einkünfte aus Vermögen Bei der Bewertung der Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten sind vor allem die Einkünfte, die aus seinem Vermögen unter Anwendung der Grundsätze des ordentlichen Wirtschaftens erzielt werden können, zu berücksichtigen.199 Dies gilt auch dann, wenn die Einkünfte tatsächlich nicht erzielt werden.200 Es handelt sich an dieser Stelle insbesondere um Sachfrüchte, Rechtsfrüchte und Nutzungen nach den Art. 53 – 54 ZGB.201 cc) Verwertung des Vermögensstamms Die Frage nach der Obliegenheit des Unterhaltsverpflichteten zur Verwertung seines Vermögensstamms ist in der polnischen Literatur umstritten. Jedenfalls sind bei der Bewertung dieser Obliegenheit sowohl alle Umstände des Einzelfalls als auch die Art des zu veräußernden Vermögens zu berücksichtigen.202 Somit kann nicht verlangt werden, dass der Unterhaltsverpflichtete seinen Handwerksbetrieb, seinen Bauernhof oder einen anderen Betrieb, der für ihn eine Einkommensquelle darstellt, veräußert, damit er seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommen kann.203 Als begründet kann hingegen die Veräußerung wertvoller Gegenstände, beispielsweise eines Gemäldes oder Schmucks, angesehen werden.204

197 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 12. 198 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 14. 199 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 16. 200 Siehe beispielsweise: OG v. 24. 03. 2000, Az. I CKN 1538/99, Legalis Nr.: 56351; AG in Pruszków v. 08. 09. 2014, Az. III RC 377/14, Legalis Nr. 1062153; BG Wrocław-Krzyki v. 18. 04. 2013, Az. III RC 94/13. 201 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 140. 202 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 17. 203 Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 31. 204 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 17; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 12, § 53 Rn. 28; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 954.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Zu berücksichtigen ist jedenfalls der Umstand, ob zwischen dem unterhaltsverpflichteten und dem unterhaltsberechtigten Ehegatten der Grundsatz der Lebensstandardgarantie gilt.205 dd) Selbstbehalt Der Selbstbehalt des unterhaltsverpflichteten Ehegatten wird weder gesetzlich definiert noch durch Rechtsprechung präzisiert. Bei der Bewertung seiner Leistungsfähigkeit sind allerdings seine eigenen begründeten Bedürfnisse zu berücksichtigen.206 In der Literatur wird jedenfalls davon ausgegangen, dass die Unterhaltspflicht der Ehegatten so zu bemessen ist, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte durch die Befriedigung der begründeten Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten selbst nicht bedürftig wird.207 Eine vereinzelte Meinung vertritt Gwiazdomorski, demzufolge in dieser Hinsicht danach zu differenzieren ist, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte andere ihm gegenüber potentiell unterhaltsverpflichtete Verwandte hat. In dem Fall, in dem andere unterhaltsverpflichtete und begüterte Verwandte vorhanden sind, kann der Selbstbehalt bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt werden. Wenn dagegen der Ehegatte der einzige dem anderen Ehegatten gegenüber Unterhaltsverpflichtete ist, hat er sogar seine geringsten Einkünfte mit dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zu teilen.208 Der Ansicht, dass der Unterhaltsverpflichtete, in dem Fall, in dem er der einzige dem anderen Ehegatten gegenüber Unterhaltsverpflichtete ist, sogar seine geringsten Einkünfte mit dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zu teilen hat, ist nicht zuzustimmen, weil die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten durch den Selbstbehalt begrenzt wird, um solche Situationen vermeiden zu können, dass der Unterhaltsverpflichtete durch die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht selbst bedürftig wird. Zuzustimmen ist der herrschenden Meinung, nach der die Unterhaltspflicht der Ehegatten so zu bemessen ist, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte durch die Befriedigung der begründeten Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten selbst nicht bedürftig wird.

205 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 17. 206 OG v. 28. 11. 1975, Az. III CRN 330/75, Legalis Nr: 19132; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 18. 207 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 3; Rzonca, Z problematyki dostarczania s´rodków utrzymania, ZN UJ Nr. 98 1981, S. 110. 208 Gwiazdomorski, „Alimentacyjny“ obowia˛zek mie˛ dzy małz˙ onkami, S. 134 – 135.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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ee) Fiktive Einkünfte Gemäß Art. 136 I FVGB sind dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten fiktive Einkünfte anzurechnen, wenn dieser innerhalb der letzten drei Jahre vor der gerichtlichen Geltendmachung des Trennungsunterhalts (nachehelichen Unterhalts) ohne wichtigen Grund auf ein Vermögensrecht verzichtet, auf eine andere Art einen derartigen Verlust herbeigeführt hat, oder auf seine Beschäftigung verzichtet bzw. diese gegen eine andere, die schlechter vergütet wird, gewechselt hat. Es handelt sich dementsprechend um solche Änderungen in den Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnissen des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, die er, ohne wichtige Gründe zu haben, selbst herbeigeführt hat, was dazu beigetragen hat, dass er aus freiem Willen seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit gemindert hat.209 Die gesetzliche Regelung der fiktiven Einkünfte aus Art. 136 FVGB setzt daher eine freiwillige Vermögensminderung des Unterhaltsverpflichteten ohne wichtigem Grund und eine Frist von drei Jahren voraus. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass dem Unterhaltsverpflichteten bei der Bewertung seiner Leistungsfähigkeit in dem Fall fiktive Einkünfte anzurechnen sind, in dem er seine Arbeitskräfte, Qualifikationen und Fähigkeiten nicht völlig ausschöpft, um seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommen zu können.210 Nach der immer noch aktuellen Entscheidung des OG vom 9. Januar 1959 (Az. III CR 212/58)211 wird die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten für den Fall, dass er aus Gründen, die ihm zur Last zu legen sind, keine seinen Qualifikationen, Fähigkeiten und seinem Alter und Gesundheitszustand entsprechende Erwerbstätigkeit aufnimmt, so bewertet, als hätte er eine solche Tätigkeit aufgenommen. Dementsprechend werden ihm fiktive Einkünfte angerechnet. Dies ist auch der Fall, wenn der Unterhaltsverpflichtete zwar eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, aber angenommen wird, dass er eine besser vergütete Arbeit ausüben kann.

209 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 1; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz Art. 136 Rn. 1; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 140 – 141. 210 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 135 Rn. 15; Nazar/Ignatowicz, Prawo rodzinne, § 38 Rn. 954; OG v. 04. 05. 1951, Az. C. 225/51, OSN I 1952, S. 91; OG v. 09. 01. 1959, Az. 3 CR 212/58, OSN 1960 Nr. 2. Pos. 48; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 140; Szpunar, Obowia˛zek alimentacyjny mie˛ dzy rozwiedzionymi małz˙ onkami, NP Nr. 9 (219) 1964, S. 836; Sos´niak, Alimentacja jako zjawisko społeczne, in: Grzybowski (Hrsg.), Zagadnienia prawa alimentacyjnego, ZN UJ Nr. 12 1957, S. 74. 211 OG v. 09. 01. 1959, Az. III CR 212/58, OSN 1960, Nr. 2, Pos. 48; so auch: OG v. 16. 05. 1975, Az. III CRN 48/75, Legalis Nr. 18769.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

(1) Freiwillige Vermögensminderung i.S.v. Art. 136 FVGB Bei einer freiwilligen Vermögensminderung handelt es sich entweder um den Verlust eines Vermögensrechts oder um die von dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten herbeigeführte Änderung seiner Erwerbsverhältnisse. Dies sind sowohl rechtliche als auch faktische Handlungen, welche dazu beitragen, dass sich die Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten verschlechtern.212 Der Verzicht auf ein Vermögensrecht bedeutet nicht nur den Verzicht sensu stricte, sondern auch einen Verzicht durch die Befreiung eines Schuldners von einer Schuld oder durch eine unentgeltliche Veräußerung eines Vermögensgegenstands, beispielsweise durch eine Schenkung.213 Unter dem Begriff des Verlusts eines Vermögensrechts wird vor allem die bewusste Herbeiführung der Verjährung eines materiellen Anspruchs verstanden.214 Bei einem von dem Unterhaltsverpflichteten herbeigeführten Wegfall eines Erwerbsverhältnisses handelt es sich nicht nur um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch um die Herbeiführung einer Kündigung des Arbeitgebers wegen einer verschuldeten Verhaltensweise des Arbeitnehmers.215 Auch eine Änderung der Erwerbstätigkeit, infolge derer der unterhaltsverpflichtete Ehegatte schlechter vergütet wird, fällt unter den Art. 136 FVGB. Es handelt sich sowohl um eine Änderung innerhalb eines Arbeitsbetriebs als auch um einen Wechsel des Arbeitsbetriebs.216 (2) Wichtiger Grund Der Verzicht auf ein Vermögensrecht oder der Verlust eines Vermögensrechts müssen ohne wichtigen Grund erfolgen, damit die Regelung des Art. 136 FVGB eingreift. Bei einem wichtigen Grund handelt es sich um Ereignisse, die unabhängig von dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten sind, wie beispielsweise der partielle oder vollständige Verlust der Arbeitskraft oder -fähigkeit, der Amtsfähigkeit, fehlende Qualifikationen usw.217

212

Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 153 – 154. Dobrzan´ski, in: Dobrzan´ski/Ignatowicz (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, S. 798; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 4. 214 Dobrzan´ski, in: Dobrzan´ski/Ignatowicz (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, S. 798; Gwiazdomorski, Tres´c´ i zakres obowia˛zku alimentacyjnego, KSP 1975, S. 17. 215 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 7; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 154. 216 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 8. 217 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 9. 213

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Die Bewertung des wichtigen Grundes hängt davon ab, ob dieser Grund der Unterlassung oder ungünstigen Änderung der Erwerbstätigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten alleine oder zusammen mit anderen Gründen die Verringerung der Erwerbsmöglichkeiten und des Vermögens rechtfertigt.218 (3) Dreijahresfrist Die Regelung aus Art. 136 FVGB findet in dem Fall Anwendung, in dem der unterhaltspflichtige Ehegatte innerhalb von drei Jahren vor der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche eine ungünstige Änderung in seinen Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnissen herbeigeführt hat, und zwar dann, wenn er entweder dem unterhaltsberechtigten Ehegatten bereits unterhaltsverpflichtet war219 oder auch von seiner (künftigen) Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem ungeborenen Kind bereits Kenntnis erlangt hat, obwohl er noch nicht konkret unterhaltsverpflichtet war.220 Die Dreijahresfrist wird rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung von Unterhalt berechnet.221 Es handelt sich an dieser Stelle um ein konkretes, bereits bestehendes Unterhaltsverhältnis.222 Ereignisse, die mehr als drei Jahre zurückliegen, werden bei der Bewertung der Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach Art. 136 FVGB nicht berücksichtigt.223 2. Deutschland a) Bedürftigkeit und Bedarf des Unterhaltsberechtigten Den allgemeinen Grundsätzen des Unterhaltsrechts zufolge kann nur ein bedürftiger Ehegatte Unterhalt verlangen. Im Hinblick auf den Trennungsunterhalt ist nur derjenige bedürftig, der nicht in der Lage ist, durch eigene Einkünfte und eigenes Vermögen seinen bisherigen Lebensstandard in der Ehe aufrechtzuerhalten.224 Gemäß § 1361 I BGB bestimmt sich die Bedürftigkeit der Ehegatten nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten.225 Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt in dem Fall entfällt, in dem sich ein Ehegatte durch seine Erwerbstätigkeit selbst unterhalten kann.226 Der Vermögensstamm des be218

OG v. 09. 01. 1959, Az. III CR 212/58, OSNCK 1960, Nr. 2, Pos. 48, S. 72 f. Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 2. 220 Dobrzan´ski, in: Dobrzan´ski/Ignatowicz (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, S. 798. 221 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 136 Rn. 3; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 155. 222 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 155. 223 OG v. 26. 05. 1995, Az. III CZP 178/94, OSNC 1995 Nr. 10, Pos. 136, S. 18. 224 Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 108. 225 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 3. 226 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 3. 219

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

dürftigen Ehegatten wird nur soweit angegriffen, als seine Verwertung nach § 1577 III BGB nicht unwirtschaftlich ist.227 Für die Bedürftigkeit des Ehegatten ist allerdings seine Erwerbspflicht entscheidend.228 aa) Zumutbarkeit eigener Erwerbstätigkeit des bedürftigen getrenntlebenden Ehegatten (1) Erwerbsobliegenheit Die Erwerbsobliegenheit eines getrennten Ehegatten ist im Lichte der Lebensstandardgarantie zu betrachten. Beim Trennungsunterhalt trifft den bedürftigen Ehegatten gemäß § 1361 II BGB nur eingeschränkt eine Erwerbsobliegenheit. Während der Trennung ist nämlich noch zu hoffen, dass die Ehegatten sich versöhnen. Die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft soll dementsprechend nicht durch eine zusätzliche Erwerbsobliegenheit des bedürftigen Ehegatten erschwert werden. Dadurch sind die Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit während des Getrenntlebens regelmäßig großzügiger. Während eine sehr lange Trennungsdauer der Ehegatten einen Trennungsunterhaltsanspruch regelmäßig nicht ausschließt, übt sie einen wesentlichen Einfluss auf die Frage der Erwerbsobliegenheit der unterhaltsberechtigten Ehegatten aus.229 (a) Während des Trennungsjahres Im ersten Trennungsjahr besteht grundsätzlich keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.230 Die Erwerbsobliegenheit des getrenntlebenden Ehegatten nimmt jedoch mit zunehmender Dauer der Trennung zu.231 Je länger die Trennung dauert, desto weitgehender gleichen sich die Erwerbsobliegenheiten an diejenigen an, die beim nachehelichen Unterhalt gelten.232 Als Auslegungshilfe haben dann die Vorschriften der §§ 1570 ff. BGB über die nacheheliche Unterhaltspflicht zu dienen,233 welche im nächsten Unterkapitel in Bezug auf die nacheheliche Unterhaltspflicht der Ehegatten thematisiert werden. (b) Nach Ablauf des Trennungsjahres Grundsätzlich wird nach einem zweijährigen Getrenntleben eine intensive Arbeitssuche erwartet, und zwar für den Fall, dass die sonstigen Voraussetzungen einer 227

BGH NJW 1985, 907; FamRZ 2005, 97, 99. Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 108. 229 MüKo/Weber-Monecke, § 1361 Rn. 5. 230 BGH NJW 2001, 973 (auch zu den Voraussetzungen der Ausnahmen); BGH NJW 2001, 974; BGH FamRZ 1990, 283=NJW-RR 1990, 323; OLG Koblenz NJW 2003, 1816; OLG Bremen NJWE-FER 2000, 76. 231 BGH FamRZ 2008, 963. 232 BGH NJW-RR 1990, 323; BGH NJW 2001, 974. 233 Dethloff, Familienrecht, § 4. Rn. 108. 228

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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Erwerbsobliegenheit erfüllt sind.234 Bei einer längeren Ehe wird eine längere Übergangszeit akzeptiert.235 Bei der Hinnahme der Nichterwerbstätigkeit ist entscheidend, ob die Unterhaltszahlung freiwillig oder nach Aufforderung erfolgt. Freiwillige Unterhaltszahlungen begründen nämlich einen Vertrauenstatbestand, der den Beginn der Arbeitssuche verzögern kann.236 (c) Erwerbsobliegenheit bei gleichzeitiger Kinderbetreuung Die Erwerbsobliegenheit eines getrenntlebenden Ehegatten wird bei gleichzeitiger Kinderbetreuung eingeschränkt.237 Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, und zwar vor allem die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes.238 Das Entfallen einer Erwerbsobliegenheit kann auf die Betreuung sowohl gemeinschaftlicher als auch nicht gemeinschaftlicher Kinder der Ehegatten zurückgeführt werden.239 (2) Unzumutbare Erwerbstätigkeit In dem Fall, in dem der bedürftige Ehegatte eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, ohne dass ihn eine Erwerbsobliegenheit trifft, wird seine Bedürftigkeit regelmäßig nicht entfallen. Seine Einkünfte können aber zum Teil auf seine Bedürftigkeit angerechnet werden.240 Dies wird vor allem der Fall sein, wenn der bedürftige Ehegatte schon während des Zusammenlebens der Ehegatten unzumutbar erwerbstätig war, weil die Anrechnung des Einkommens bei der Bedürftigkeit durch die Erwerbsverhältnisse während des Zusammenlebens gerechtfertigt wird.241 bb) Vermögen (1) Vermögensverwertung des bedürftigen Ehegatten Gemäß § 1577 III BGB braucht der unterhaltsberechtigte Ehegatte den Stamm des Vermögens für den Fall nicht zu verwerten, dass die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

234

BGH, NJW 2001, 973; NJW-RR 1990, 323; NJW 1985, 1695; OLG Koblenz FamRZ 1993, 199; zu Verzögerungen im Scheidungsverfahren vgl. OLG Brandenburg FamRZ 1996, 751. 235 BGH NJW 2006, 1967; OLG Schleswig NJW-RR 1993, 391. 236 BGH NJW 2006, 1967; OLG Köln NJWE-FER 1999, 201; OLG Hamm FamRZ 1995, 1580. 237 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 4. 238 BGH FamRZ 2006, 847. 239 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 4. 240 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 5. 241 BGH NJW 1998, 2822.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Während einer Trennungszeit der Ehegatten werden an die Verwertung des Vermögensstamms höhere Voraussetzungen gestellt, als es nach § 1581 S. 2 BGB bei dem nachehelichen Unterhalt der Fall ist.242 (2) Vermögenseinkünfte des bedürftigen Ehegatten Die Einkünfte aus dem Vermögen des bedürftigen Ehegatten werden bei der Bewertung der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten berücksichtigt. Sie können die Bedürftigkeit sogar völlig entfallen lassen.243 cc) Der Bedarf nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten Gemäß § 1361 I BGB soll es den Unterhaltsberechtigten ermöglicht werden, durch die Gewährung des Trennungsunterhalts den bisherigen Lebensstandard zu erhalten.244 Der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten orientiert sich grundsätzlich an den individuell festzustellenden Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, die den ehelichen Lebensstandard nach § 1361 I 1 BGB geprägt haben.245 An dieser Stelle sind alle Umstände zu berücksichtigen, die in irgendeiner Form zur Gestaltung der Ehe aus wirtschaftlicher Perspektive beigetragen haben und somit die ehelichen Lebensverhältnisse konkret geprägt haben.246 In Betracht kommen können finanzielle, berufliche, gesundheitliche oder familiäre Faktoren.247 Die individuelle Bedarfsermittlung wird jedoch bei einer außergewöhnlich sparsamen oder verschwenderischen Lebensführung dadurch eingegrenzt, dass bei der Bedarfsermittlung ein objektivierter Maßstab einer vernünftigen Lebensführung berücksichtigt wird.248 Der Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse aus § 1361 I BGB entspricht dem Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse aus § 1360a I BGB. Gemäß § 1361 I BGB kann jeder Ehegatte regelmäßig die Beibehaltung des vor der Trennung erreichten Lebensstandards verlangen.249

242

BGH FamRZ 2012, 514. Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 6. 244 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 7. 245 Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 110; Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 8. 246 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 8. 247 BGH FamRZ 2001, 986, 989. 248 BGH FamRZ 1997, 281, 284; Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 7; Nomos/KathZurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 8. 249 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 9. 243

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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(1) Nach den Einkommensverhältnissen (a) Die bedarfsprägenden Einkünfte Die Lebensverhältnisse der Ehegatten orientieren sich in erster Linie an dem einem Ehegatten bis zur Trennung zur Verfügung stehenden Nettogesamteinkommen beider Ehegatten.250 Eine entscheidende Bedeutung für die Bestimmung des angemessenen Unterhaltsbedarfs kommt denjenigen Einkünften der Ehegatten zu, welche die ehelichen Lebensverhältnisse dauerhaft oder nachhaltig geprägt haben.251 Entscheidend bei der angemessenen Bedarfsbemessung sind jedoch nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Trennung der Ehegatten.252 Berücksichtigt werden auch Änderungen des verfügbaren Einkommens in der Trennungszeit.253 Aus unterhaltsrechtlicher Sicht umfasst der Einkommensbegriff jegliche Art von Einkommen, unabhängig von der Herkunft oder dem Verwendungszweck dieses Einkommens. Dementsprechend gehören zum Einkommen Einkünfte sowohl aus Erwerbstätigkeit als auch aus selbstständiger Tätigkeit.254 Einkommen aus unselbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit ist nur insoweit eheprägend, als es de facto für die Lebensführung der Familie zur Verfügung stand.255 (b) Hausfrauen-, Hausmann- und Doppelverdienerehe Abhängig von der bestehenden Rollenverteilung in einer Ehe ist zwischen einer Doppelverdienerehe, in welcher beide Ehegatten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, und einer Hausfrauenehe oder Hausmannehe, in der nur ein Ehegatte erwerbstätig ist, zu differenzieren. (aa) Hausfrauenehe/Hausmannehe In dem Fall, in dem die Ehegatten einen gemeinsamen Lebensplan vereinbart haben, nach dem einer von ihnen den Haushalt führt, die gemeinsamen Kinder betreut und dadurch nicht erwerbstätig ist, sind die ehelichen Lebensverhältnisse durch diese Haushaltsführung und Kinderbetreuung mitgeprägt worden.256 Seit der Entscheidung des BGH vom 13. 6. 2001 hat die Haushaltsführung einen ebenso prägenden Einfluss auf die ehelichen Verhältnisse wie das Einkommen des erwerbstätigen Ehegatten. Seitdem ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die 250 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 8; Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 110; Nomos/ Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 9. 251 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 9. 252 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 9. 253 Vgl. MüKo/Weber Monecke § 1361 Rn. 11; BGH NJW 1999, 717; FamRZ 2012, 281, 283; FPR 2003, 330. 254 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 12. 255 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 12. 256 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 10.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Haushaltsführung und Kinderbetreuung der Erwerbstätigkeit im wirtschaftlichen Sinne gleichwertig.257 In dem Fall, in dem ein Ehegatte in der Ehe den Haushalt führt und die Kinder betreut, tritt gemäß dem Surrogationsprinzip nach der Trennung der Ehe an die Stelle dieser haushaltsführenden Tätigkeiten ein eheprägendes Einkommen.258 Dieser Grundsatz – der auch als Surrogationsprinzip bezeichnet wird – gilt auch in dem Fall, in dem der haushaltsführende Ehegatte seine Erwerbstätigkeit nach der Trennung erweitert.259 (bb) Doppelverdienerehe Bei einer Doppelverdienerehe wird der zu berücksichtigende Lebensstandard regelmäßig durch das Einkommen beider Ehegatten bestimmt, wobei irrelevant bleibt, in welchem Maße sich jeder Ehegatte am gemeinsamen Wirtschaften beteiligt.260 Nach dem Prinzip der gleichen Teilhabe beider Ehegatten am in der Ehe erreichten Lebensstandard261 gilt dies auch für den Fall, dass die jeweiligen Einkommen der Ehegatten unterschiedlich hoch sind.262 (c) Einfluss sonstiger Einkünfte auf die Bedürftigkeit (aa) Sozialleistungen Sozialleistungen sind in dem Fall kein Einkommen, in dem sie subsidiär erbracht werden und nicht darauf abzielen, den unterhaltsverpflichteten Ehegatten zu entlasten. Dementsprechend wird die Bedürftigkeit weder durch Sozialhilfe noch durch Arbeitslosengeld II gemindert.263 Auch das an eine Pflegeperson weitergeleitetes Pflegegeld wird nach § 13 VI 1 SGB XI nicht berücksichtigt.264 (bb) Wohnvorteil Dem für die ehelichen Lebensverhältnisse bedeutsamen Einkommen wird auch der Wohnvorteil hinzugerechnet.265 Der Wohnvorteil bedeutet einen Vorteil, der mit dem mietfreien Wohnen des Unterhaltsberechtigten im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung zusammenhängt.266 Die Berechnung des Wohnvorteils erfolgt durch Abzug der Hauslasten vom objektiven Mietwert.267 In dem Fall, in dem das Haus bzw. 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267

Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 10. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 13. OLG Düsseldorf FamRZ 2002, 1628. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 13. BGH FamRZ 2012, 281, 285. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 13. Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 6. BGH NJW 2006, 2182. Jauernig/Budzikiewicz, § 1578 Rn. 4. BGH NJW 2000, 2349. Jauernig/Budzikiewicz, § 1578 Rn. 4.

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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die Wohnung nach dem Auszug des einen Ehegatten wegen ihrer Größe nicht mehr komplett bewohnt ist, ist nur derjenige Betrag als Wohnvorteil zu berücksichtigen, welcher der tatsächlich genutzten Fläche entspricht.268 Der sonstige – darüber hinausgehende – Betrag ist als allgemeiner Vermögenswert möglichst ertragreich zu nutzen bzw. zu verwerten.269 (cc) Trennungsbedingter Mehrbedarf Nach der Trennung wird die Lebenshaltung eines jeden Ehegatten regelmäßig teurer.270 Dies führt zu der Entstehung eines Mehrbedarfs auf beiden Seiten des Unterhaltsverhältnisses. Der durch die Trennung anfallende Mehrbedarf stellt beim Unterhaltsberechtigten einen unselbstständigen Teil des Bedarfs dar, beim Unterhaltsverpflichteten kann dieser Mehrbedarf die Leistungsfähigkeit einschränken271 und sich dadurch auf die Höhe der Unterhaltsleistungen auswirken. Von einem Mehrbedarf ist dann die Rede, wenn die Kosten den laufenden Bedarf in so einem Maße übersteigen, dass sie nicht in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind. Außerdem müssen zwei andere Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden, damit Mehrbedarf in Frage kommt. Die Kosten müssen regelmäßig und während eines längeren Zeitraums auftreten und berechenbar sein, damit sie bei der Bemessung des laufenden Bedarfs berücksichtigt werden können.272 Die durch den Mehrbedarf verursachten und von dem Unterhaltsverpflichteten zu tragenden Aufwendungen müssen dem Unterhaltsverpflichteten wirtschaftlich zumutbar sein und sich in den Grenzen seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit bewegen.273 (2) Nach den Vermögensverhältnissen (a) Einkommen aus Vermögen Die Erträge aus dem Vermögen der Ehegatten beeinflussen den eheangemessenen Bedarf für den Fall, dass sie während des Zusammenlebens der Ehegatten nachhaltig erzielt wurden.274 Die Herkunft dieser Erträgnisse aus Vermögen ist irrelevant.275 Hierzu zählen insbesondere Zinsen aus Kapitalvermögen, welche nach Abzug der

268

Jauernig/Budzikiewicz, § 1578 Rn. 4. Jauernig/Budzikiewicz, § 1578 Rn. 4. 270 Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 110. 271 Schürmann, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 1 Rn. 1165 – 1166; BGH FamRZ 1990, 979. 272 Bömelburg, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 4 Rn. 72. 273 BGH NJW 2008, 2337. 274 Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 19. 275 BGH FamRZ 1985, 357, 359. 269

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

entstandenen Kosten wie beispielsweise Depotgebühren, Steuern und Schließfachgebühren als Bedarfsgröße dienen.276 (b) Verwertung des Vermögensstamms Aus § 1361 I 2 BGB kann sich eine Pflicht zur Verwertung des Vermögensstamms ergeben,277 und zwar in dem Fall, in dem der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten zwar nicht aus den Vermögenseinkünften, aber aus dem Stamm seines Vermögens bestritten werden kann.278 (3) Fiktive Einkünfte Während der Unterhaltsbemessung kann sich ein Gericht fiktiver Einkünfte bedienen, indem dem Unterhaltsberechtigten oder -verpflichteten Einkünfte angerechnet werden, die tatsächlich nicht erzielt wurden, aber hätten erzielt werden können.279 Es handelt sich an dieser Stelle insbesondere um Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder um Vermögenseinkünfte.280 Fiktive Einkünfte kommen beispielsweise in Frage, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte seine Berufstätigkeit, die er während des ehelichen Zusammenlebens ausgeübt hat, nach der Trennung aufgibt281 oder wenn er nach der Trennung gegen seine Erwerbsobliegenheit verstößt,282 in dem er keine angemessene Erwerbstätigkeit aufnimmt.283 In einem solchen Fall wird der Bedarf des getrenntlebenden Ehegatten rechnerisch um ein fiktives Einkommen gemindert.284 Durch die Regelung der fiktiven Einkünfte sind die Parteien eines Unterhaltsverfahrens daran gehindert, die Unterhaltshöhe durch eigenes Handeln zu beeinflussen.285 b) Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten Gemäß § 1581 BGB braucht der unterhaltsverpflichtete Ehegatte in dem Fall, in dem er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts außer Stande ist, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten Unterhalt zu gewähren, nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksichtnahme auf die 276

Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 19. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 19. 278 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rn. 614; BGH NJW-RR 2009, 289. 279 Poppen, in: Büte/Poppen/Menne, Vor § 1361 Rn. 15. 280 Poppen, in: Büte/Poppen/Menne, Vor § 1361 Rn. 15. 281 Vgl. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 17. 282 BGH FamRZ 2008, 968, 972. 283 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 5. 284 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 5. 285 Poppen, in: Büte/Poppen/Menne, Vor § 1361 Rn. 15. 277

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Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse des geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Seinen Vermögensstamm hat er in dem Fall nicht zu verwerten, in dem die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Der Unterhaltsverpflichtete muss dementsprechend leistungsfähig sein, um seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen zu können.286 aa) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit Grundsätzlich sind jegliche Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten unterhaltsrelevant.287 Die Zweckbestimmung der unterhaltsrelevanten Mittel ist in Deutschland unterhaltsrechtlich gesehen grundsätzlich unbeachtlich.288 Nur bei einigen Sozialleistungen ist die Beachtung der Zweckbestimmung gesetzlich vorgeschrieben. Zu diesen Sozialleistungen gehören insbesondere der Sockelbetrag des Elterngeldes nach § 11 S. 4 BEEG und das Pflegegeld nach § 13 VI SGB IX.289 Sie sind nur ausnahmsweise für unterhaltsrechtliche Zwecke zu verwenden.290 Gesetzlich geregelt wird in § 1610a BGB auch die Frage der Renten, die wegen eines Körper- oder Gesundheitsschadens gezahlt werden. Demnach wird vermutet, dass die durch die Schädigung verursachten Aufwendungen nicht geringer sind als die Höhe der Rentenleistungen, was nach sich zieht, dass diese Leistungen unterhaltsrechtlich gesehen irrelevant bleiben. Auch freiwillige Leistungen von dritten Personen sind unterhaltsrechtlich bedeutungslos. Bei steuerlichen Fragen gehen die Gerichte davon aus, dass die steuerlichen Vorteile, welche der Gesetzgeber der bestehenden Ehe zugedacht hat, ihr nicht über die unterhaltsrechtliche Rechtsprechung wieder entzogen werden dürfen.291 Da das unterhaltspflichtige Einkommen um unterhaltsrelevante Abzüge und Aufwendungen vermindert wird, gelten als Einkommen lediglich die dem Unterhaltsverpflichteten tatsächlich zufließenden und verfügbaren Mittel.292 (1) Arbeitseinkommen In erster Linie gehört zu den unterhaltspflichtigen Einkünften das Arbeitseinkommen des Unterhaltsverpflichteten. Das unterhaltspflichtige Arbeitseinkommen besteht aus dem Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung 286

Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 113. Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 14. 288 BGH NJW 1980, 2081. 289 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 784. 290 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 784. 291 BVerfG FamRZ 2003, 1821 ff.; NJW 2003, 3466 f., für den Fall der Dreiteilung des Einkommens bei Unterhaltspflichten gegenüber zwei Berechtigten: BGH FamRZ 2008, 1911 = FPR 2008, 566. 292 BGH NJW 1980, 2081; NJW 2012, 2190; Born, NJW 2012, 2193; BG in Białystok v. 16. 10. 2009, Az. II Ca 670/09, S. 2. 287

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gesetzlicher Abzüge, und zwar von Steuern und Sozialabgaben.293 Als Bruttoeinkommen aus Arbeit gelten alle Leistungen, die dem Schuldner aus dem Arbeits- und Dienstverhältnis zufließen.294 Es wird angenommen, dass ein Monatslohn aus 41/3 Wochengehältern besteht.295 Die Grundlage für die Berechnung von Unterhaltsleistungen stellt im Prinzip das Durchschnittseinkommen des letzten Kalenderjahres dar.296 Diese Berechnungsgrundlage kann in dem Fall modifiziert werden, in dem eine künftige Änderung der Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen auf Dauer feststeht.297 Zu den unterhaltsrechtlichen und damit unterhaltspflichtigen Bestandteilen des Lohnes gehören folgende Elemente, die entweder im Gesetz oder durch die Rechtsprechung festgelegt wurden: Weihnachtsgeld, Zusatzgehälter, Prämien, Leistungszulagen, Jubiläumszuwendungen, Trinkgeld, Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers, Familienzuschläge, Urlaubsgeld, Ministerialzulagen, Auslandszulagen, Auslandszuschläge, Auslandsverpflichtungsprämien, Sachzuwendungen, Sachentnahmen, Einkaufsvorteile, Betreuungsentgelt, Taschengeld des nicht erwerbstätigen oder zuverdienenden Partners von dem erwerbstätigen Partner, Erschwerniszulagen, Gewinnbeteiligung, vermögenswirksame Leistungen, Sparzulagen. Eine ausführliche Behandlung dieser Angelegenheiten würde an dieser Stelle jedoch zu weit führen, deswegen beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf ihre Benennung als Bestandteile des unterhaltspflichtigen Einkommens.298 Bei der Festlegung des Einkommens stellt sich die Frage, ob das Entgelt für zusätzliche Arbeit, insbesondere Überstunden, zu dem unterhaltspflichtigen Einkommen zählt. Da zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich299 alle Einkünfte heranzuziehen sind, ist das tatsächlich erzielte Einkommen aus Mehrarbeit zu berücksichtigen.300 Der Unterhaltsverpflichtete kann jedoch Umstände darlegen, aus denen hervorgeht, dass dieses Einkommen nicht oder nicht in voller Höhe dem unterhaltspflichtigen Einkommen anzurechnen ist.301

293

Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 785. BGH FamRZ 2004, 186; 2012, 1201. 295 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 786. 296 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 786. 297 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 786. 298 Ausführlicher dazu: Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 791 – 820. 299 Die diesbezüglichen Ausnahmen und ausführliche Informationen werden in anderen Veröffentlichungen dargestellt; beispielsweise Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 821 – 835. 300 BGH FamRZ 2004, 186. 301 BGH FamRZ 2004, 186. 294

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(2) Einkommen aus selbstständiger Arbeit Einkommen aus selbstständiger Arbeit sowie die Privatentnahmen führen zu Spezialfragen, für die andere Regeln gelten. Bei dem Einkommen aus selbstständiger Arbeit besteht die Berechnungsgrundlage am besten aus drei aufeinanderfolgenden Jahren.302 Anstelle der gesetzlichen Sozialabgaben, die zu berücksichtigen sind, treten Beiträge für private Alters- und Krankenvorsorge.303 Privatentnahmen eines Unternehmers sind kein unterhaltspflichtiges Einkommen, wobei sie bei der Unterhaltsberechnung eine Rolle als Orientierungsmaßstab spielen können.304 bb) Vermögenserträge Zur Not muss der Unterhaltsverpflichtete ebenso wie der Unterhaltsberechtigte auf seinen Vermögensstamm zurückgreifen.305 Neben den Erwerbsmöglichkeiten werden bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit die Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten in Betracht gezogen. Für Einkommen aus Vermögen gilt der Grundsatz, dass Erträge jeglicher Art aus Vermögen jeglicher Art dem unterhaltspflichtigen Einkommen zuzuordnen sind.306 In der deutschen Rechtsprechung kommen insbesondere folgende Einkünfte aus Vermögen vor: Zinsen, und zwar auch aus einer kapitalisierten Schmerzensgeldrente, Dividenden, Miete, Pacht, Spekulationsgewinne.307 cc) Selbstbehalt Die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten wird durch den Selbstbehalt beschränkt.308 Den Unterhaltsbedarf des bedürftigen Ehegatten hat der Unterhaltsverpflichtete nämlich nur insoweit zu decken, als er durch Zahlung von Trennungsunterhalt seinen eigenen Unterhalt nicht gefährdet.309 Dieser Grundsatz des nachehelichen Unterhalts gilt auch für den Trennungsunterhalt.310 Nicht unterhaltspflichtig ist nach § 1603 I BGB derjenige, der bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Mit dem Ausdruck „seines angemessenen Unterhalts“ ist der Eigenbedarf des Verpflichteten gemeint. Der 302

Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 787. Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 787. 304 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 788. 305 Näher dazu: BGH NJW-RR 1986, 685 (Teilverwertung zumutbar). 306 BGH FamRZ 1985, 354; OLG Koblenz FamRZ 2000, 610. 307 Ausführlicher dazu: Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 847 ff. 308 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 16. 309 Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 111. 310 Vgl. hierzu BVerfG FamRZ 2002, 1397. 303

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Selbstbehalt umfasst lediglich diejenigen Mittel, die der Unterhaltspflichtige zur Deckung seines allgemeinen Bedarfs benötigt, und zwar eines Bedarfs, der seiner Lebensstellung entspricht.311 Dieser Eigenbedarf wird in Form des Selbstbehaltes, der das umfasst, was der Unterhaltsverpflichtete zu seinem eigenen notwendigen Unterhalt braucht, pauschaliert. Der Eigenbedarf richtet sich nämlich in der unterhaltsrechtlichen Praxis fast ausschließlich nach Tabellensätzen, welche auf durchschnittlichen Erfahrungswerten beruhen.312 Die Festlegung des Selbstbehalts in einem festen Betrag dient somit der Erleichterung der Berechnung von Unterhaltsansprüchen. Hervorzuheben ist jedoch, dass diese Tabellensätze unverbindlich sind und von den Gerichten lediglich als Orientierungsmaßstab herangezogen werden können. dd) Fiktive Einkünfte Die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten orientiert sich nicht nur an seinen tatsächlichen Einkünften, sondern auch an den Einkünften, die der unterhaltsverpflichtete Ehegatte bei gutem Willen durch zumutbare Arbeitsleistung und bei vermögenswirksamem Verhalten voraussichtlich erzielt hätte.313 Auch bei bestehenden Möglichkeiten der Erhöhung seines Einkommens werden ihm diese Einkünfte fiktiv zugerechnet.314 Bei der fiktiven Zurechnung des eigenen Erwerbseinkommens wird eine reale Beschäftigungschance bei ausreichenden Bemühungen vorausgesetzt. In dem Fall, in dem es an ausreichenden Bemühungen des unterhaltspflichtigen Ehegatten fehlt, ist dies nur unter der Voraussetzung, dass er tatsächlich eine reale Chance hätte, nachteilig für den unterhaltspflichtigen Ehegatten.315

V. Prozessuales 1. Polen Die prozessualen Regelungen bezüglich des Trennungsverfahrens sind ähnlich wie die prozessualen Regelungen für das Scheidungsverfahren. Sowohl das Trennungs- als auch das Scheidungsverfahren werden in den Art. 436 – 446 ZPO (P) geregelt. Für die Unterhaltsbemessung sind vor allem die Vorschriften zur Beweisermittlung im Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) und zur Bindung des Gerichts an die Anträge der Parteien relevant. 311 312 313 314 315

Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 33. Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 977. BVerfG FamRZ 2008, 1145. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 66. Nomos/Kath-Zurhorst/Reuter, § 1361 Rn. 66.

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a) Das Beweisverfahren in Trennungssachen (Scheidungssachen) Der Art. 441 ZPO (P) bezeichnet die Ziele des Beweisverfahrens. Gemäß Art. 441 ZPO (P) bezweckt die Beweisaufnahme vor allem die Feststellung der Umstände betreffend die Zerrüttung des ehelichen Zusammenlebens sowie der Umstände betreffend die Kinder der Parteien und ihre Situation, und im Falle des Klageanerkenntnisses auch die Gründe, die die beklagte Partei dazu bewogen haben.316 Im Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) gilt grundsätzlich der Beibringungsgrundsatz.317 Gemäß Art. 432 ZPO (P) sind die Parteien eines Trennungsverfahrens (Scheidungsverfahrens) verpflichtet, die Beweismittel für die Feststellung der Tatsachen, aus welchen sie die Rechtsfolgen herleiten, zu nennen. Das Gericht kann ein durch die Partei nicht genanntes Beweismittel zwar zulassen, aber grundsätzlich gilt der Amtsermittlungsgrundsatz im Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) nicht.318 Die Zulassung eines Beweises liegt allerdings im freien Ermessensspielraum des Gerichts.319 Das Gericht ordnet in jedem Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) bei der Beweisermittlung nach Art. 432 ZPO (P) grundsätzlich die Vernehmung der Verfahrensparteien an. Da gemäß Art. 299 ZPO (P) das Gericht erst in dem Fall, in dem nach der Ausschöpfung der Beweismittel oder im Falle ihres Fehlens die für die Entscheidung der Sache wesentlichen Tatsachen nicht aufgeklärt wurden, den Beweis durch die Vernehmung der Parteien zum Zwecke der Aufklärung dieser Tatsachen subsidiär anordnet, stellt die obligatorische Vernehmung der Parteien in einem Trennungsverfahren (Scheidungsverfahren) eine Ausnahme dar.320 Die Vernehmung der Verfahrensparteien ermöglicht dem Gericht vor allem die Aufklärung der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten sowie der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten.321 In Unterhaltsverfahren lassen sich nämlich nicht alle entscheidungserheblichen Tatsachen durch Zeugenvernehmung oder Urkundenbeweis ermitteln.322 Die gerichtliche Praxis ist im Hinblick auf die Beweisinitiative des Gerichts, wenn die Verfahrensparteien rechtsanwaltlich vertreten sind, uneinheitlich. In manchen Unterhaltsverfahren wird die Beweisinitiative des Gerichts ausgeschlossen, während in anderen Unterhaltsverfahren die Beweisinitiative des Gerichts ausnahmsweise zugelassen wird.323 Ignaczewski geht jedoch davon aus, dass die Tatgerichte zwar

316 317 318 319 320 321 322 323

Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 60. Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje, S. 18. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg), Alimenty. Komentarz, S. 52. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg), Alimenty. Komentarz, S. 53. Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 58. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 54. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 54. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 54 f.

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keine Beweispflicht trifft, aber dass jedes Tatgericht von Amts wegen die Beweisinitiative ergreifen darf.324 Im Hinblick auf die obligatorische Vernehmung der Verfahrensparteien hat der Art. 433 ZPO (P) eine wesentliche Bedeutung. Gemäß Art. 433 ZPO (P) hat das Protokoll einer mündlichen Verhandlung die Erklärungen der Ehegatten über die Anzahl, das Alter und das Geschlecht der lebenden Kinder, über die Vermögens- und Verdienstverhältnisse beider Ehegatten und über Unterhaltspflichten gegenüber Personen, die nicht ihre gemeinsamen Kinder sind, sowie über den Inhalt eines Ehevertrages, soweit die Ehegatten einen solchen Ehevertrag abgeschlossen haben, zu enthalten.325 b) Bindung des Gerichts an die Anträge der Verfahrensparteien Gemäß Art. 321 ZPO (P) ist das Gericht im Unterhaltsverfahren nicht befugt, dem Unterhaltsberechtigten etwas zuzusprechen, was nicht beantragt wurde. Gemäß Art. 321 ZPO (P) darf das Gericht ein Urteil in Bezug auf den Gegenstand, der durch den Klageantrag nicht umfasst war, sowie über den Antrag hinaus, nicht sprechen. Dies bedeutet aus unterhaltsrechtlicher Sicht, dass die gerichtlich zugesprochene Höhe des Unterhalts die Höhe des Unterhalts aus der Unterhaltsklage nicht übersteigen darf. Diese Regelung bezieht sich auch auf das Berufungsverfahren. Das angefochtene Urteil darf nur insoweit geändert werden, als eine Änderung beantragt wurde. Im polnischen Unterhaltsverfahren gilt dementsprechend das Verbot der Besserstellung des Unterhaltsberechtigten über die Unterhaltsklage hinaus.326 Möglich ist nur eine Schlechterstellung des Unterhaltsberechtigten. Der Grundsatz der Bindung des Gerichts an die Anträge der Verfahrensparteien und das daraus hervorgehende Verbot der Besserstellung des Unterhaltsberechtigten über die Unterhaltsklage hinaus wird im Schrifttum kritisiert. Es wird hervorgehoben, dass Unterhaltsberechtigte, die am Verfahren in den meisten Fällen ohne rechtsanwaltliche Vertretung beteiligt sind, Schwierigkeiten damit haben, die Erfüllung der Unterhaltsvoraussetzungen zu beweisen.327 Die im Schriftum geäußerte Kritik an dem Grundsatz der Bindung des Gerichts an die Anträge der Verfahrensparteien und an dem daraus hervorgehenden Verbot der Besserstellung des Unterhaltsberechtigten über die Unterhaltsklage hinaus ist überzeugend. Da die Unterhaltspflicht ein vielschichtiges Thema darstellt und in dem Unterhaltsverfahren kein Anwaltszwang besteht, kann es vorkommen, dass der 324

Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 53 f. Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 58. 326 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 52. 327 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 339. 325

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Unterhaltsberechtigte seinen Unterhalt in der Unterhaltsklage nicht richtig beziffert. Zu betonen ist an dieser Stelle, dass dem Unterhaltsberechtigten bei der Festlegung der geforderten Unterhaltshöhe auch keine Orientierungshilfen zur Verfügung gestellt werden. Unter diesen Umständen wäre eine Regelung zu befürworten, nach der über die Unterhaltspflicht und vor allem über die Unterhaltshöhe der Richter nach billigem Ermessen entscheiden würde. Alternativ sind den Verfahrensparteien Orientierungsmaßstäbe – zum Beispiel in Form von Tabellen oder Leitlinien – zur Verfügung zu stellen, aufgrund deren sie sich eine Vorstellung über die durchsetzbare Unterhaltshöhe verschaffen könnten. 2. Deutschland Gemäß Art. 113 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) gelten in Ehesachen und Familienstreitsachen die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 1 – 252 ZPO) und die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten (§§ 235 – 347 ZPO) entsprechend. Nach § 231 FamFG sind Verfahren, die eine durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht betreffen, Unterhaltssachen. Das Gericht ist an die Anträge der Verfahrensparteien gebunden. Gemäß § 308 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt wurde. Aus unterhaltsrechtlicher Perspektive bedeutet dies, dass der in dem Antrag genannte Unterhaltsbetrag die Höchstgrenze des zuzusprechenden Unterhalts darstellt. Damit alle entscheidungserheblichen Gründe geklärt werden können, sieht das FamFG verfahrensrechtliche Auskunftspflichten der Verfahrensbeteiligten und Dritter vor. Gemäß § 235 I FamFG kann das Gericht anordnen, dass der Antragsteller und der Antragsgegner Auskunft über ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen. Diese persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind entsprechend zu belegen, soweit dies für die Unterhaltsbemessung relevant ist. Darüber hinaus kann das Gericht anordnen, dass der Antragsteller und der Antragsgegner die Richtigkeit und die Vollständigkeit ihrer Auskünfte schriftlich versichern. Gemäß § 235 III FamFG sind sowohl der Antragsteller als auch der Antragsgegner dazu verpflichtet, dem Gericht alle Änderungen der Umstände, die Gegenstand der Anordnung nach Absatz I waren, mitzuteilen, ohne dazu aufgefordert zu werden. In dem Fall, in dem der Auskunftsverpflichtete seiner Verpflichtung nach § 235 FamFG nicht oder nicht vollständig nachkommt, kann das Gericht gemäß § 236 FamFG entsprechende Belege insbesondere von Arbeitgebern, Sozialleistungsträ-

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gern, der Künstlersozialkasse, Finanzämtern und Versicherungsunternehmen anfordern, wenn dies für die richtige Unterhaltsbemessung erforderlich ist.

VI. Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) in der gerichtlichen Rechtsprechung Die Methoden der Bemessung von Unterhaltsleistungen für getrenntlebende (geschiedene) Ehegatten sind in Polen und Deutschland durchaus unterschiedlich. Das Unterhaltsverfahren in Polen wurde verschuldensabhängig ausgestaltet. Dies hat zur Folge, dass je nachdem, ob beide Ehegatten oder nur einer der Ehegatten schuldig gesprochen wurde, entweder eine einfache oder eine erweiterte Unterhaltspflicht der Ehegatten in Betracht kommt. Obwohl sich das Maß des Unterhalts in beiden Fällen an den begründeten Bedürfnissen des unterhaltsberechtigten Ehegatten und den Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnissen des unterhaltsverpflichteten Ehegatten orientiert, werden bei der erweiterten Unterhaltspflicht mehr Bedürfnisse als begründet angesehen. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hat allerdings keinen Anspruch auf vollen Ausgleich des ehelichen Lebensstandards.328 In Deutschland gilt im Scheidungsverfahren das Zerrüttungsprinzip. Dies bedeutet, dass im Scheidungsverfahren und somit auch bei der Unterhaltsgewährung die größte Bedeutung nicht dem Verschulden, sondern der Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit der Ehegatten zukommt. Obwohl das Verschulden der Ehegatten bei der Unterhaltspflicht nicht maßgeblich ist, spielt es bei der Gewährung von Unterhalt ausnahmsweise doch eine Rolle. Unter Umständen kann nämlich die Leistung von Unterhalt wegen des Verschuldens des unterhaltsberechtigten Ehegatten als grob unbillig angesehen werden und aus diesem Grunde ausgeschlossen oder herabgesetzt werden. Der Ausschluss oder Herabsetzung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit des Unterhaltsberechtigten wurde in § 1579 BGB geregelt. Diese Vorschrift nennt ausdrücklich sieben Tatbestände der groben Unbilligkeit. Ergänzt werden diese Tatbestände durch einen generalklauselartigen Auffangtatbestand.329 Das Verschulden des unterhaltsberechtigten Ehegatten wurde als Tatbestand der groben Unbilligkeit in § 1579 Nr. 7 BGB geregelt. Nach § 1579 Nr. 7 BGB ist ein Unterhaltsanspruch für den Fall zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, dass die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt. In besonderen Fällen ist es darüber hinaus möglich Verschuldenselemente nach der in § 1568 BGB vorgesehenen Härteklausel zu berücksichtigen.330 Gemäß § 1568 328 329 330

Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 101. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 34. MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 1.

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BGB soll die Ehe nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Die Gerichte in Polen bedienen sich bei der Unterhaltsbemessung darüber hinaus, im Gegensatz zu Deutschland, keinerlei Schemata und Muster, welche das Unterhaltsverfahren verobjektivieren könnten. Während der Unterhalt in Deutschland auch in Quoten und Bruchteilen ausgedrückt werden kann, wird der Unterhalt in Polen nur in festen Beträgen zugesprochen.331 1. Polen a) Im Hinblick auf die Lebensstandardgarantie Das Prinzip der gleichen Teilhabe der Familienmitglieder gilt regelmäßig zwischen Ehegatten in intakter Ehe. Nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe gilt das Prinzip der gleichen Teilhabe nicht mehr. Die Ehegatten haben demnach nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe keinen Anspruch mehr auf gleichen Lebensstandard. Grundsätzlich wird dies in der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte berücksichtigt,332 aber es kommt auch zu vereinzelten Fällen, in denen darauf abgestellt wird, den gleichen Lebensstandard der Ehegatten durch die Unterhaltspflicht nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe herzustellen. Dem Urteil des BG Katowice vom 22. Dezember 2009 (Az. XVIII RC 1067/08) zufolge war das Prinzip der Lebensstandardgarantie der Ehegatten der Ausgangspunkt des Gerichtes bei der Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt. b) Im Hinblick auf den Selbstbehalt des unterhaltsverpflichteten Ehegatten Die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten stellt eine Voraussetzung der Unterhaltspflicht dar. Um diese Leistungsfähigkeit und somit das Bestehen sowie die Höhe der Unterhaltspflicht festlegen zu können, muss die Höhe des Selbstbehalts des unterhaltsverpflichteten Ehegatten bekannt sein. Entscheidend sind in dieser Hinsicht die Erklärungen der unterhaltsverpflichteten Ehegatten, welche von Fall zu Fall stark voneinander abweichen. Zur Veranschaulichung dieses

331

Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 91 f. BG in Katowice v. 22. 12. 2009, Az. XVIII RC 1067/08; BG in Katowice v. 18. 06. 2009, Az. XVIII RC 1014/08; BG in Katowice v. 23. 12. 2010, Az. XVIII RC 80/09. 332

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Problems dienen drei beispielhafte Fälle, in denen Männer im Alter von 30 bis 35 Jahren unterhaltsverpflichtet waren. In den Urteilen wurden als Ausgangspunkt der Festlegung der Leistungsfähigkeit der unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach seinen Erklärungen Beträge von 300 Zloty,333 800 Zloty334 und 2.879 Zloty335 zugrunde gelegt. Die Unterhaltsverplichteten haben nicht angegeben, woraus sich ihr Eigenbedarf zusammensetzt. Auch das Gericht hat die Höhe der Beträge des Eigenbedarfs nicht nachgeprüft. Da die Urteile nicht begründet wurden, ist nicht nachvollziehbar, warum sich der Eigenbedarf des Unterhaltsverpflichteten in gleichgelagerten Sachverhalten auf gravierend unterschiedliche Beträge beläuft. c) Im Hinblick auf die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen und unterhaltsberechtigten Ehegatten Nach Art. 60 § 2 FVGB entscheidet das Tatsachengericht über eine erweiterte Unterhaltspflicht des alleinschuldigen Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten, soweit die gerichtliche Trennung (Scheidung) der Ehe zu einer wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten beigetragen hat. Die Bewertung, ob eine wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten eingetreten ist, bedarf einer vergleichenden Analyse der materiellen Lage des unterhaltsberechtigten Ehegatten vor und nach der gerichtlichen Trennung (Scheidung) der Ehe. In dem Fall, in dem sich aus dieser Analyse ergibt, dass die gerichtliche Trennung (Scheidung) der Ehe zu einer wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten geführt hat, kann das Gericht den schuldigen Ehegatten dazu verpflichten, einen entsprechenden Beitrag zur Befriedigung der begründeten Bedürfnisse des unschuldigen Ehegatten durch erweiterten Unterhalt zu leisten, und zwar unabhängig von der Bedürftigkeit des unschuldigen Ehegatten. Die Bewertung der durch die gerichtliche Trennung (Scheidung) der Ehe verursachten wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten wird im Folgenden anhand von zwei Beispielen aus der Rechtsprechung veranschaulicht. In beiden Fällen wurde angenommen, dass die Voraussetzung der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten erfüllt ist. aa) Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) in einer Hausfrauenehe In dem ersten Fall handelt es sich um eine Hausfrauenehe mit zwei Kindern. Der Mann ist erwerbstätig, die Frau kümmert sich um den Haushalt und betreut die zwei 333 334 335

BG in Katowice von 25. 08. 2009, Az. XVIII RC 1087/08. BG in Katowice von 02. 09. 2015, Az. XVIII RC 1319/15. BG in Katowice von 03. 02. 2009, Az. XVIII RC 135/08.

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gemeinsamen Töchter der Ehegatten im Alter von drei Jahren. Der Mann erzielt aus seiner Erwerbstätigkeit etwa 3300 Zloty. Seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen minderjährigen Kindern beträgt 600 Zloty für jedes Kind. Nach dem Urteil des BG in Katowice vom 23. März 2011 (Az. XVIII RC 691/10) hat das Gericht den alleinschuldigen Mann zu Unterhaltleistungen in Höhe von 200 Zloty monatlich verpflichtet. Das Gericht hat der Begründung seiner Entscheidung zufolge berücksichtigt, dass in dem Fall, in dem die Ehe gut funktionieren würde, die Klägerin sich weiterhin mit der Haushaltsführung und Kinderbetreuung, ohne Erwerbsobliegenheit, beschäftigen könnte sowie den Umstand, dass die Klägerin die gemeinsamen Kinder der Ehegatten praktisch alleine betreut und erzieht, ohne dass ihr Mann ihr bei der Kinderbetreuung hilft, und dadurch ihren Unterhalt nicht selbst durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten kann. Die unterhaltsberechtigte Frau hat sich um eine Berufstätigkeit bemüht und Versuche unternommen, einer Erwerbstätigkeit nachzukommen, war aber, angesichts der Alleinerziehung zweier minderjähriger Töchter, zeitlich nicht flexibel genug, um längerfristig arbeiten zu können. Obwohl sie ihre begründeten Bedürfnisse mit einem Betrag in Höhe von 1.700 Zloty beziffert hat, wurde der unterhaltsverpflichtete Mann ihr gegenüber zu Unterhaltsleistungen in Höhe von 200 Zloty verpflichtet. bb) Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) in einer Doppelverdienerehe In dem zweiten Fall handelt es sich um eine Doppelverdienerehe, wobei die Ehegatten eine Fern-Ehe führten. Die Ehefrau wohnte mit dem gemeinsamen Kind der Ehegatten in Polen, der Mann in Dänemark. In dem Urteil vom 23. Dezember 2010 (Az. XVIII RC 80/09) stellte das Gericht fest, dass die Scheidung der Ehe und somit die Einstellung der Zahlungen des Mannes in Höhe von 3.000 Zloty monatlich eine wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage der Frau verursacht haben. Das Gericht hat bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt, dass der Mann in Dänemark wohnt und seine Lebenshaltungskosten regelmäßig höher sind. Darüber hinaus braucht der in Dänemark wohnende Mann zusätzlich Mittel, um seinen minderjährigen Sohn in Polen besuchen zu können. Das monatliche Einkommen des Klägers beträgt zwar etwa 12.000 Zloty, aber seine Lebenshaltungskosten in Dänemark sind mehr als doppelt so hoch als die Lebenshaltungskosten seiner Frau in Polen. Die Frau erzielt aus eigener Erwerbstätigkeit ein Einkommen in Höhe von 2.295 Zloty monatlich. Für die Befriedigung ihrer begründeten Bedürfnisse benötigt sie, nach eigener Erklärung, einen Betrag in Höhe von 3.000 Zloty monatlich. Ihre begründeten Bedürfnisse umfassen folgendes: eine Stromgebühr i.H.v. 75 Zloty, eine Wassergebühr i.H.v. 60 Zloty, Telefonkosten i.H.v. 150 Zloty, Fernsehgebühren i.H.v. 25 Zloty, Kosten der Ernährung i.H.v. 800 Zloty, Kosten der Kleidung i.H.v. 500 Zloty, Kosten der Reinigungsmittel und Kosmetika i.H.v. 350 Zloty, Kosten des

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Benzins i.H.v. 400 Zloty und 900 Zloty für die Rückzahlung eines nach dem Zerfall der Familie aufgenommenen Kredits. Bei der Unterhaltsgewährung hat das Gericht, der Begründung seiner Entscheidung zufolge, alle die von der Beklagten genannten begründeten Bedürfnisse berücksichtigt, darunter die hohen monatlichen Kosten für ihre Ernährung, Kleidung und sogar der Rückzahlung des Kredits für die Renovierung ihrer Wohnung, obwohl die Beklagte im Laufe des Scheidungsverfahrens angab, dass die Renovierung ihrer Wohnung bereits von ihrem Mann finanziert wurde. Unter Berücksichtigung des Art. 60 § 2 FVGB sowie der eigenen Einkünfte der Beklagten, sprach ihr das Gericht nacheheliche Unterhaltsleistungen i.H.v. 1.000 Zloty zu. d) Im Hinblick auf die Unterhaltshöhe Die Gerichte in Polen wenden keine einheitlichen Grundsätze der Unterhaltsbemessung an. Dies kann möglicherweise zu einer uneinheitlichen Rechtsprechung in Unterhaltssachen führen. Im Folgenden werden Urteile und konkrete Unterhaltshöhen in Fällen mit gleichgelagerten Sachverhalten dargestellt. aa) Gleiche Unterhaltshöhe bei unterschiedlicher Ausgangslage (1) Unterhalt in Höhe von 400 Zloty (a) Unterhalt i.H.v. 400 Zloty in einer Hausfrauenehe Im ersten Fall handelt es sich um eine Hausfrauenehe. Die Frau kümmerte sich um den Haushalt und die Kinderbetreuung, war aber nicht erwerbstätig und hatte daher kein eigenes Einkommen. Der Mann war erwerbstätig und erzielte monatliche Einkünfte i.H.v. etwa 3.300 Zloty. Die Frau bezifferte ihre begründeten Bedürfnisse auf 1.200 Zloty. In dem Scheidungsurteil des BG in Katowice vom 18. Juni 2009 (Az. XVIII RC 1014/08) wurde der unschuldigen Frau ein Scheidungsunterhalt in Höhe von 400 Zloty zugesprochen. Bei der Unterhaltsbemessung hat das Gericht in Betracht gezogen, dass die Klägerin bei ihren Eltern, die ihr finanziell helfen können, zusammenwohnt und dass der alleinschuldige Unterhaltsverpflichtete auch gegenüber ihrem gemeinsamen minderjährigen Sohn zum Unterhalt verpflichtet ist. (b) Unterhalt i.H.v. 400 Zloty in einer Doppelverdienerehe Im zweiten Fall handelt es sich um eine Doppelverdienerehe. Die Frau erzielt monatlich aus einer Erwerbstätigkeit 800 Zloty, der Mann 1.780 Zloty. Das Einkommen des Mannes ist dementsprechend deutlich höher als das Einkommen der Frau. Nach dem Scheidungsurteil des BG in Katowice vom 23. Juni 2010 (Az. XVIII RC 526/08) wurde der alleinschuldige Ehemann der unschuldigen Ehefrau gegen-

B. Die Trennung der Ehe und Trennungsunterhalt

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über unterhaltspflichtig. In der Entscheidung wird keine Begründung für die Unterhaltshöhe gegeben. (2) Unterhalt in Höhe von 1.000 Zloty (a) Unterhalt i.H.v. 1.000 Zloty in einer Hausfrauenehe Im ersten Fall handelt es sich um eine Hausfrauenehe. Die Frau kümmerte sich um den Haushalt und betreute das kranke minderjährige Kind der beiden Ehegatten. Die Erwerbslosigkeit der Frau ist auf die Krankheit und das Erfordernis der persönlichen Kinderbetreuung zurückzuführen. Die Frau bezifferte ihre begründeten Bedürfnisse auf 800 Zloty. Der Mann erzielte Einkünfte aus seiner Geschäftstätigkeit. Seine Einkünfte ermöglichten ihm während intakter Ehe den Erwerb und die Renovierung einer Wohnung. Er plant auch den Bau eines Hauses, was zu der Annahme führt, dass sein Unternehmen Gewinn bringt. In dem Scheidungsurteil des BG in Katowice vom 25. 8. 2009 (Az. XVIII RC 1087/08) wurde der unschuldigen Frau Unterhalt i.H.v. 1.000 Zloty zugesprochen. Bei der Unterhaltsbemessung wurde vor allem berücksichtigt, dass die persönliche Betreuung des Kindes durch die Mutter erforderlich ist und die unterhaltsberechtigte Frau dadurch keine Erwerbstätigkeit aufnehmen kann. Die Unterhaltsleistungen i.H.v. 1.000 Zloty werden der Begründung des Urteils zufolge der Unterhaltsberechtigten die beinahe vollständige Deckung ihrer begründeten Bedürfnisse ermöglichen. (b) Unterhalt i.H.v. 1.000 Zloty in einer Doppelverdienerehe Im zweiten Fall handelt es sich um eine Doppelverdienerehe, wobei die Ehegatten eine Fernehe führten. Die Ehefrau wohnte mit dem gemeinsamen Kind der Ehegatten in Polen, der Mann in Dänemark. Die Frau erzielte aus ihrer Erwerbstätigkeit ein Einkommen i.H.v. 2.295 Zloty, der Mann ein Einkommen i.H.v. 12.000 Zloty. Die Frau bezifferte ihre begründeten Bedürfnisse auf 3.000 Zloty. Im Scheidungsurteil des BG in Katowice vom 23. 12. 2010 (Az. XVIII RC 80/09) wurde der unschuldigen Frau Unterhalt i.H.v. 1.000 Zloty zugesprochen. Bei der Unterhaltsbemessung wurde vor allem berücksichtigt, dass der Mann in Dänemark wohnt und seine Lebenshaltungskosten regelmäßig höher sind. Darüber hinaus braucht der in Dänemark wohnende Mann zusätzlich Mittel, um seinen minderjährigen Sohn in Polen besuchen zu können. bb) Unterschiedliche Unterhaltshöhe bei ähnlicher Ausgangslage Der Anspruch auf erweiterten Unterhalt steht den geschiedenen Ehegatten in dem Fall zu, in dem die Alleinschuld des in Anspruch genommenen Ehegatten feststeht und die sonstigen Voraussetzungen einer Unterhaltspflicht erfüllt werden. Dies sind die wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage des unterhaltsberechtigten

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Ehegatten und die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten. Die erweiterte Unterhaltspflicht hat regelmäßig mehr Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu decken als die einfache Unterhaltspflicht. Welche zusätzlichen Bedürfnisse konkret von der erweiterten Unterhaltspflicht umfasst werden, ergibt sich weder aus dem Gesetz, noch aus der Rechtsprechung, noch aus der Literatur. Aus der Rechtsprechung ordentlicher Gerichte ergibt sich ein eher uneinheitliches Bild. Als Beispiele dienen an dieser Stelle zwei Unterhaltsfälle, die dem Bezirksgericht in Katowice zur Entscheidung vorgelegt wurden. Obwohl die Ausgangslage i.S.v. Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten und Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten ähnlich ist, unterscheiden sich die zugesprochenen Unterhaltsbeträge in beiden Fällen erheblich voneinander. (1) Höhe des nachehelichen Unterhalts bei Arbeitsunfähigkeit des Unterhaltsberechtigten In der Rechtssache, welche beim BG in Katowice unter dem Aktenzeichen XVIII RC 2539/14 geführt wurde (Fall 1), wurden einer kranken Rentnerin, welche als einziges Einkommen 590 Zloty Invaliditätsrente monatlich erhielt, 700 Zloty Unterhalt zugesprochen.336 Der unterhaltsverpflichtete Ehegatte erhielt hingegen 2.600 Zloty Rente, wobei ihm auch fiktive Einkünfte angerechnet wurden. In der Begründung des Urteils wurde argumentiert, dass dem Unterhaltsverpflichteten fiktive Einkünfte angerechnet wurden, weil von ihm die Erzielung eines zusätzlichen Einkommens hätte erwartet werden können, ohne aber dass die Höhe dieser fiktiven Einkünfte angegeben wurde. Gegen diese Entscheidung wurde von dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten Berufung eingelegt. In Folge des Apellationsverfahrens, welches vor dem Appelationsgericht in Katowice unter dem Aktenzeichen I Aca 773/15 geführt wurde, wurde die Unterhaltshöhe endgültig auf 500 Zloty herabgesetzt.337 In der zweiten Rechtssache, welche beim BG in Katowice unter dem Aktenzeichen XVIII RC 1067/08 geführt wurde (Fall 2), wurde einer ebenso kranken Rentnerin, welche als einziges Einkommen 439 Zloty Invaliditätsrente monatlich erhielt, ein nachehelicher Unterhalt in Höhe von 400 Zloty gewährt. Der unterhaltsverpflichtete Ehegatte lebte dagegen seit über zwanzig Jahren in Deutschland und erzielt dort monatlich ein Arbeitseinkommen in Höhe von 1.071 Euro. Bei der Bewertung seiner Leistungsfähigkeit nahm das Tatgericht jedoch darauf Rücksicht, dass die Lebenshaltungskosten in Deutschland höher sind als in Polen. In beiden Fällen sind arbeitsunfähige Rentnerinnen unterhaltsbedürftig. Unterhaltsverpflichtet sind hingegen ihre leistungsfähigen Männer. In erster Linie werden diejenigen Unterhaltsgrößen einander gegenübergestellt, die in der ersten Instanz zugesprochen wurden. Obwohl die Bedürftigkeit und der Bedarf beider unter336 337

BG in Katowice v. 25. 05. 2015, Az. XVIII RC 2539/14. BG in Katowice v. 20. 01. 2016, Az. I Aca 773/15.

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haltsberechtigter Frauen als auch die Leistungsfähigkeit beider unterhaltsverpflichteter Männer338 ähnlich sind, wurde beiden Unterhaltsberechtigten Unterhalt in unterschiedlicher Höhe zugesprochen. In Folge der vom Unterhaltsverpflichteten im ersten genannten Fall eingelegten Berufung wurde die Unterhaltshöhe von 700 Zloty auf 500 Zloty herabgesetzt und somit haben sich die beiden Unterhaltshöhen angeglichen. (2) Unterschiedliche Unterhaltshöhen bei gleichgelagerten Sachverhalten Auch in den nächsten beiden Fällen, in denen sowohl die Bedürftigkeit der unterhaltsberechtigten Ehegatten als auch die Leistungsfähigkeit der unterhaltsverpflichteten Ehegatten ähnlich waren, wurden den Unterhaltsberechtigten sich gravierend voneinander unterscheidende Unterhaltshöhen zugesprochen. In der Rechtssache XVIII RC 89/16 (Fall 1) ist eine kranke, 64-jährige Rentnerin unterhaltsberechtigt. Sie bekommt 1.500 Zloty Rente im Monat. Diese Rente stellt ihr einziges Einkommen dar. Sie ist arbeitsunfähig. Unterhaltsverpflichtet ist ihr ehemaliger Mann, der 4.170,47 Zloty Rente im Monat bekommt und arbeitsfähig ist. Der unterhaltsberechtigten Frau wurde Unterhalt in Höhe von 500 Zloty zugesprochen.339 In der Rechtssache XVIII RC 2234/14 (Fall 2) ist ebenfalls eine kranke, 64jährige Rentnerin unterhaltsberechtigt. Sie bekommt Rente in Höhe von 1.400 Zloty und erzielt monatlich Einkünfte aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.400 Zloty. Unterhaltsverpflichtet ist ihr ehemaliger Mann, der Rente in Höhe von 5.111 Zloty im Monat bekommt und arbeitsfähig ist. Der unterhaltsberechtigten Frau wurde Unterhalt in Höhe von 1.000 Zloty zugesprochen Zwar unterscheidet sich die Bedürftigkeit der beiden unterhaltsberechtigten Frauen, aber auch die Leistungsfähigkeit der unterhaltsverpflichteten Männer ist unterschiedlich. Aus dem Vergleich beider Fälle ergibt sich, dass der Unterhalt, welcher der Unterhaltsberechtigten im Fall 2 zugesprochen wurde etwa doppelt so hoch war wie der Unterhalt, welcher der Unterhaltsberechtigten in Fall 1 gewährt wurde, obwohl die Unterhaltsberechtigte in Fall 1 arbeitsunfähig ist und keine zusätzlichen Einkünfte erzielen könnte. 2. Deutschland a) Düsseldorfer Tabelle Die deutsche Rechtsprechung bedient sich bei der Unterhaltsbemessung weitgehend bestimmter Leitlinien. Die wesentlichste Bedeutung kommt in dieser Hin338 Die Leistungsfähigkeit des in Deutschland lebenden Mannes wird unter Berücksichtigung der höheren Lebenshaltungskosten in Deutschland bewertet. 339 BG in Katowice v. 13. 04. 2016, Az. XVIII RC 89/16.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

sicht der Düsseldorfer Tabelle zu. Die Düsseldorfer Tabelle stellt eine bundesweit anerkannte und gerichtlich angewendete Richtlinie dar, die bei der Unterhaltsbemessung eine wesentliche Rolle spielen kann. Die Tabelle wird vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Familiengerichtstag angefertigt und in der Regel jährlich aktualisiert. Die Entstehung der Düsseldorfer Tabelle ist auf Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jh. zurückzuführen. Seitdem bemühte sich nämlich die deutsche Rechtsprechung darum, um auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts einheitliche Richtlinien zu entwickeln, die in der täglichen gerichtlichen Praxis Anwendung finden könnten.340 Aktuell gilt die Düsseldorfer Tabelle von 1. 1. 2020.341 Sie beruht auf Koordinierungsgesprächen zwischen Richtern der Familiensenate der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Köln, Hamm, der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages sowie einer Umfrage bei den sonstigen Oberlandesgerichten. Die Düsseldorfer Tabelle enthält zum einen eine tabellarische Zahlendarstellung, zum anderen auch Leitlinien für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs von Unterhaltsberechtigten. Die Düsseldorfer Tabelle ist als Richtlinie, aber nicht als Rechtsquelle oder Gewohnheitsrecht zu verstehen.342 Die Gerichte sind nämlich an die in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Tabellensätze nicht gebunden. b) Mindestbedarfssätze des unterhaltsberechtigten Ehegatten Das Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten umfasst den trennungsbedingten Mehrbedarf und beläuft sich bei einem erwerbstätigen Ehegatten auf den Betrag i.H.v. 1.160 Euro, bei einem nicht erwerbstätigen Ehegatten auf den Betrag i.H.v. 960 Euro.343 c) Selbstbehalt Der monatliche Selbstbehalt des getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle für Erwerbstätige 1.280 Euro und für Nichterwerbstätige 1.180 Euro. Dieser Betrag umfasst bis 490 Euro für eine Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung.344

340 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 27. 341 Sowohl die aktuelle Düsseldorfer Tabelle als auch alle früheren Fassungen sind auf der Internetseite des Deutschen Familiengerichtstags e.V. unter https://www.dfgt.de abrufbar. 342 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1610 Rn. 11. 343 Düsseldorfer Tabelle v. 1. 1. 2020, S. 3. 344 Düsseldorfer Tabelle v. 1. 1. 2020, S. 3.

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d) Berechnungsmethoden Je nachdem, ob das unterhaltsrechtlich zur Verfügung stehende Einkommen als eheprägend oder als nicht eheprägend angesehen wird, können bei der Berechnung des Trennungsunterhalts zwei Methoden der Unterhaltsberechnung herangezogen werden. Es handelt sich zum einen um die Differenzmethode, zum anderen um die Anrechnungsmethode.345 aa) Differenzmethode In der Regel wird der Trennungsunterhalt nach der Differenzmethode bemessen. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte kann die Hälfte der Differenz des eheprägenden Nettoeinkommens fordern.346 In dem Fall, in dem es sich um Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit handelt, steht im Ermessen des Tatrichters ein Erwerbstätigenbonus grundsätzlich in Höhe von 1/7347 für den erwerbstätigen Ehegatten. Bei Einkünften aus Erwerbstätigkeit umfasst der Anspruch auf Trennungsunterhalt des bedürftigen Ehegatten daher nur 3/7 der Differenz.348 bb) Anrechnungsmethode Nach der Anrechnungsmethode bestimmten die Gerichte die ehelichen Lebensverhältnisse, welche für die Unterhaltsbemessung maßgeblich sind, nur nach dem Einkommen der Ehegatten, ohne dass die Haushaltstätigkeit des haushaltsführenden Ehegatten berücksichtigt wurde. In dem Fall also, in dem der in einer Hausfrauenoder Hausmannehe haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufnahm, wurde sein Unterhaltsanspruch gemindert.349 Dementsprechend werden die nach der Trennung erlangten Einkünfte, welche nicht als prägend angesehen wurden, nach der Anrechnungsmethode auf die Differenz angerechnet.350 Eine andere Vorgehensweise sieht die modernere Additionsmethode351 vor. Nach der Additionsmethode wird die Höhe des Unterhalts in zwei Schritten berechnet. Im ersten Schritt wird der Unterhaltsbedarf ermittelt, der sich auf die Hälfte der Summe der prägenden Einkünfte beider Ehegatten beläuft. Daraufhin wird die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten berechnet, die durch Abzug aller Einkünfte des Unter-

345

Vgl. Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 10. Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 10. 347 BGH FamRZ 1981, 1166; Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1578 Rn. 40. 348 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 10. 349 Lipp, Solidarität und Status im Unterhaltsrecht, in: Lipp, Volker/Röthel, Anne/Windel, Peter A., Familienrechtlicher Status und Solidarität, S. 74. 350 Jauernig/Budzikiewicz, § 1361 Rn. 11. 351 Gerhard, FamRZ 1993, 261. 346

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

haltsberechtigten vom Unterhaltsbedarf ermittelt wird.352 Jedenfalls, sollte man unter Anwendung der Additionsmethode zu dem gleichen Ergebnis gelangen wie nach der Differenzmethode.353 Nach der Additionsmethode führte die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit in einer Doppelverdienerehe zu keiner Minderung des Unterhaltsanspruchs, wie es bei der Anrechnungsmethode der Fall war.354

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt I. Voraussetzungen der Scheidung Die Scheidung ist Voraussetzung für den Nachscheidungsunterhalt. Dies bedeutet, dass nach der Ehescheidung unter Umständen die Ehegatten sich gegenseitig unterhaltspflichtig sind. Die grundlegende Voraussetzung für die nacheheliche Unterhaltspflicht ist demnach die Scheidung der Ehe. Im Folgenden werden die Voraussetzungen der Scheidung als einer primären Unterhaltsvoraussetzung jeweils im polnischen und deutschen Recht dargestellt. Das polnische Gesetz regelt den nachehelichen Unterhalt in Art. 60 FVGB. Gemäß dieser Vorschrift entsteht die nacheheliche Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten nach der Scheidung ihrer Ehe. Die Ehescheidung stellt dementsprechend die erste Voraussetzung des nachehelichen Unterhalts dar. Im Folgenden werden die Voraussetzungen der Scheidung einer Ehe dargestellt. 1. Polen a) Völlige Zerrüttung der Ehe Ist die Ehe völlig und dauerhaft zerrüttet, kann sie gemäß Art. 56 § 1 FVGB auf Antrag jedes Ehegatten gerichtlich geschieden werden. Vorausgesetzt wird in erster Linie eine völlige Ehezerrüttung. Von der völligen Zerrüttung einer Ehe ist in dem Fall die Rede, in dem die Ehe emotional, wirtschaftlich und geschlechtlich zerrüttet ist.355 Obwohl sich aus der Zerrüttung jedes einzelnen Elements der ehelichen Gemeinschaft eine Ehezerrüttung ergibt,356 müssen die emotionale, wirtschaftliche und

352

Schmidt, Familienrecht, Rn. 321. Schmidt, Familienrecht, Rn. 321. 354 Lipp, Solidarität und Status im Unterhaltsrecht, in: Lipp, Volker/Röthel, Anne/Windel, Peter A., Familienrechtlicher Status und Solidarität, S. 74., S. 74. 355 Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 56 Rn. 5. 356 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, S. 6. Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 353

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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geschlechtliche Ehezerrüttung gleichzeitig gegeben sein, damit eine völlige Ehezerrüttung in Frage kommt.357 Der völligen Ehezerrüttung im Sinne einer emotionalen, wirtschaftlichen und geschlechtlichen Zerrüttung als Voraussetzung bei der Scheidung einer Ehe gemäß Art. 60 FVGB wird in der Rechtsprechung die gleiche Bedeutung zugewiesen wie es bei der völligen Ehezerrüttung als Voraussetzung der Trennung einer Ehe nach Art. 611 FVGB der Fall ist (siehe § 1 B. I. 1. b)). b) Dauerhafte Zerrüttung der Ehe aa) Allgemeiner Grundsatz Dauerhaft zerrüttet bedeutet in der gerichtlichen Praxis, dass erfahrungsgemäß eine Versöhnung der Ehegatten nicht mehr erwartet werden kann.358 Damit der Grad und der Charakter der Ehezerrüttung, insbesondere aus dem Blickwinkel ihrer Dauerhaftigkeit, vom Gericht beurteilt werden kann, muss das Gericht die Gründe, die zur Scheidung geführt haben, eingehend prüfen.359 Das polnische Recht sieht in Bezug auf die Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung keine einheitlichen zeitlichen Mindestvoraussetzungen vor. Die Bewertung, ob die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung erfüllt ist, obliegt in jedem Fall dem Scheidungsgericht, das verpflichtet ist, seine Entscheidung zu begründen, damit die folgenden Instanzen es nachvollziehen können, warum ein Getrenntleben die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit erfüllt oder nicht.360 In der höchstrichterlichen Rechtsprechung werden jedoch Versuche unternommen, die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung zu konkretisieren. Die rechtsprechende Gewalt fällt in Polen gemäß Art. 175 der Verfassung der Republik Polen (VRP) in die Zuständigkeit der Gerichte und Gerichtshöfe. Zu den Gerichten gehören nach Art. 175 VRP das OG, die ordentlichen Gerichte sowie Verwaltungs-, und Militärgerichte, welche der Sondergerichtsbarkeit angehören. Das OG gehört dementsprechend weder zu den ordentlichen Gerichten noch zu den Sondergerichten. Die Struktur und die Zuständigkeiten der jeweiligen Gerichte werden nach Art. 176 VRP gesetzlich geregelt.

357 OG v. 28. 05. 1955, Az. I CO 5/55, S. 6. Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1955, S. 6. 358 Piasecki, Separacja w prawie polskim, S. 232; Gajda, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 56 Rn. 6. 359 OG v. 18. 03. 1968, Az. III CZP 70/66, Legalis Nr. 13450; Je˛ drejek, Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Małz˙ en´stwo. Komentarz do art. 1 – 616, S. 384. 360 OG v. 26. 04. 1952, Az. C PREZ. 798/51, Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1952, S. 14.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Die Funktionsweise des OG ist geregelt im Gesetz vom 8. Dezember 2017 über das Oberste Gericht361 (weiter „OGG“ genannt). Das OG ist nach Art. 1 OGG das Hauptorgan der Rechtspflege, das die judikative Aufsicht über die Einheitlichkeit der Rechtsprechung von ordentlichen Gerichten und Militärgerichten ausübt. Das Hauptziel dieser Aufsicht besteht in der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung.362 In einem Zivilverfahren besteht diese Aufsichtsausübung allerdings vor allem in der Beurteilung der Richtigkeit der Rechtsanwendung und -auslegung.363 Die Ausübung der judikativen Aufsicht sowie die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfüllen eine wesentliche Rolle bei der Realisierung des verfassungsrechlichen Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, denn eine einheitliche Rechtsprechung ist eine Garantie des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit.364 Ein wichtiges Instrument, das dem OG im Zusammenhang mit der Pflicht zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zur Verfügung steht, wurde in Art. 6 OGG geregelt. Nach dieser Vorschrift kann der Erste Präsident des OG den für das jeweilige Rechtsgebiet zuständigen Stellen seine Äußerungen zu den festgestellten Rechtsfehlern und Rechtslücken vorlegen, deren Behebung für die Wahrung der Rechtseinheit in der Republik Polen notwendig ist. Es handelt sich an dieser Stelle insbesondere um unbestimmte, unkohärente, widersprüchliche und lückenhafte Rechtsbegriffe sowie Rechtsformulierungen.365 Ein anderes Mittel, das dem Schutz der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dienen soll, besteht in den Anträgen auf Äußerung zu einer streitigen Rechtsfrage, welche von anderen Gerichten an das OG gestellt werden. In dem Fall, in dem sich aus der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte, der Militärgerichte oder des OG Uneinheitlichkeiten in der Auslegung von Rechtsvorschriften, auf die sich diese 361

Dz. U. 2018, Nr. 5. Wróbel, Wpływ orzecznictwa Sa˛du Najwyz˙ szego na kształtowanie sie˛ poje˛ c´ i instytucji prawnych, in: Ba˛kowski, Tomasz/Grajewski, Krzysztof/Warylewski, Jarosław (Hrsg.), Orzecznictwo w systemie prawa. II Konferencja Naukowa Wydziału Prawa i Administracji Uniwersytetu Gdan´skiego oraz Wolters Kluwer Polska. Gdan´sk 17 – 18 wrzes´nia 2007, S. 75; Zembrzuski, Wpływ uchwał Sa˛du Najwyz˙ szego na orzecznictwo sa˛dów powszechnych, in: Giaro, Tomasz (Hrsg.), Rola orzecznictwa w systemie prawa, S. 201. 363 OG v. 23. 09. 2010, Az. III CSK 288/08, Legalis Nr. 285219. 364 Wróbel, Wpływ orzecznictwa Sa˛du Najwyz˙ szego na kształtowanie sie˛ poje˛ c´ i instytucji prawnych, in: Ba˛kowski, Tomasz/Grajewski, Krzysztof/Warylewski, Jarosław (Hrsg.), Orzecznictwo w systemie prawa. II Konferencja Naukowa Wydziału Prawa i Administracji Uniwersytetu Gdan´skiego oraz Wolters Kluwer Polska. Gdan´sk 17 – 18 wrzes´nia 2007, S. 76; Zembrzuski, Wpływ uchwał Sa˛du Najwyz˙ szego na orzecznictwo sa˛dów powszechnych, in: Giaro, Tomasz (Hrsg.), Rola orzecznictwa w systemie prawa, S. 202. 365 Wróbel, Wpływ orzecznictwa Sa˛du Najwyz˙ szego na kształtowanie sie˛ poje˛ c´ i instytucji prawnych, in: Ba˛kowski, Tomasz/Grajewski, Krzysztof/Warylewski, Jarosław (Hrsg.), Orzecznictwo w systemie prawa. II Konferencja Naukowa Wydziału Prawa i Administracji Uniwersytetu Gdan´skiego oraz Wolters Kluwer Polska. Gdan´sk 17 – 18 wrzes´nia 2007, S. 76 – 77; Zembrzuski, Wpływ uchwał Sa˛du Najwyz˙ szego na orzecznictwo sa˛dów powszechnych, in: Giaro, Tomasz (Hrsg.), Rola orzecznictwa w systemie prawa, S. 208 – 209. 362

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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Gerichte in ihrer Rechtsprechung berufen, ergeben, kann der Erste Präsident des OG oder der Präsident des OG, nach Art. 83 § 1 OGG zwecks Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung, an den OG einen Antrag auf Äüßerung einer zuständigen siebenköpfigen Besetzung zur vorgelegten Rechtsfrage stellen. Wegen ihrer hohen Relevanz für die Rechtspraxis kann die Rechtsfrage nach Art. 86 OGG der ganzen Kammer, zwei oder mehreren Kammern, die gemeinsam über die Rechtsfrage zu entscheiden haben, oder auch der kompletten Besetzung des OG zur Äußerung vorgelegt werden. Eine solche Äußerung zu einer für eine gerichtliche Entscheidung erheblichen Rechtsfrage wird gemäß Art. 87 OGG nach der Beschlussfassung zu einem Rechtsgrundsatz. Diejenige gerichtliche Entscheidung, die als Rechtsgrundsatz anzusehen ist, ist in der vorliegenden Sache für das erkennende Gericht und gemäß Art. 88 OGG auch für das OG und seine Kammern verbindlich, aber außer dem OG und dem erkennnenden Gericht sind die sonstigen Gerichte in Polen nicht daran gebunden.366 bb) Höchstrichterliche Auslegung Die Beantwortung der Frage, wie lange die Ehegatten getrennt leben müssen, damit von einer dauerhaft zerrütteten Ehe die Rede sein kann, hat sich an den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu orientieren, und zwar insbesondere daran, wie lange die Ehe intakt war, am Lebensstil und Alter der Ehegatten. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind zwei Auslegungsoptionen zu entnehmen. Nach dem Beschluss des OG vom 26. 4. 1952 (Az. PREZ. 798/51) erfüllt erfahrungsgemäß ein fünfjähriges Getrenntleben der Ehegatten die Scheidungsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit. Diese Frist ist jedoch nicht absolut und lediglich als Orientierungshilfe anzusehen. Je nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens kann diese Frist verlängert werden. Eine Abkürzung dieser fünfjährigen Frist kann jedoch nur ausnahmsweise erfolgen.367 Im Urteil vom 14. 12. 1948 (Az. III CRN 290/84) hat das polnische OG angenommen, dass ein über zweijähriges Getrenntleben der Ehegatten die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung erfüllt.368 cc) Auslegung durch ordentliche Gerichte In der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte werden unterschiedliche Fristen genannt, welche die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung begründen. Es handelt sich zum einen um außergewöhnlich kurze Fristen, zum anderen um Fristen, welche die höchstrichterlichen Orientierungshilfen berücksichtigen. 366

OG v. 26. 02. 2014, Az. I KZP 26/13, Legalis Nr. 768654. OG v. 26. 04. 1952, Az. C PREZ. 798/51, Zbiór orzeczen´ SN Orzeczenia Izby Cywilnej Zeszyt III 1952, S. 14. 368 OG v. 14. 12. 1948, Az. III CRN 290/84, Legalis Nr. 24521. 367

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Damit von einer zerrütteten Ehe die Rede sein kann, muss die Ehe sowohl emotional und geschlechtlich als auch wirtschaftlich zerrüttet sein. Die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung wird demnach auf diese drei Elemente bezogen. Da sich der Zeitpunkt der emotionalen Ehezerrüttung nicht genau feststellen lässt, sind die geschlechtliche und wirtschaftliche Ehezerrüttung ausschlaggebend. Das Gericht hat sowohl bei einem halbjährigen,369 einjährigen,370 anderthalbjährigen,371 zweijährigen,372 vierjährigen,373 sechsjährigen,374 als auch bei einem einundzwanzig Jahre lang dauernden375 Getrenntleben der Ehegatten eine dauerhafte Ehezerrüttung, die eine Scheidung der Ehe begründet, angenommen. Im Urteil vom 25. August 2009 (Az. XVIII RC 1087/08) hat die XVIII. Familienabteilung des BG in Katowice in der Begründung des Urteils auf die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung Bezug genommen, indem sie festgestellt hat, dass ein zweieinhalbjähriges Getrenntleben der Ehegatten zwar nicht lang ist, aber die Entschlossenheit der Verfahrensparteien, dass die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft unmöglich sei, im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung entscheidend ist. Unterschiede bei der gerichtlichen Beurteilung der Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung ergeben sich, wenn beide Ehegatten auf gerichtliche Trennung klagen, aber das Gericht zu dem Schluss kommt, dass auch die Scheidungsvoraussetzung der dauerhaften Ehezerrüttung erfüllt ist. In einem solchen Fall ist es für das Gericht unzulässig, eine Ehe zu scheiden. So sprach das Gericht bei einem zweifellos langen – sechsjährigen,376 siebenjährigen,377 zwölfjährigen378 und sogar einundzwanzigjährigen379 Getrenntleben, welche ohne Zweifel auch die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung erfüllen, zwangsweise eine gerichtliche Trennung der Ehe aus.

369

BG in Katowice v. 03. 03. 2015, Az. XVIII RC 2003/14. BG in Katowice v. 21. 04. 2015, Az. XVIII RC 2/15; BG in Katowice v. 02. 03. 2015, Az. XVIII RC 2007/14; BG in Katowice v. 27. 04. 2015, Az. XVIII RC 4/15; BG in Katowice v. 18. 03. 2015, Az. XVIII RC 2001/14; BG in Katowice v. 18. 02. 2009, Az. XVIII RC 21/08. 371 BG in Katowice v. 24. 05. 2016, Az. XVIII RC 2003/14; BG in Katowice v. 27. 01. 2016, Az. XVIII RC 2005/14; BG in Katowice v. 18. 06. 2009, Az. XVIII RC 1014/08. 372 BG in Katowice v. 27. 10. 2015, Az. XVIII RC 8/15; BG in Katowice v. 21. 01. 2016, Az. XVIII RC 2234/14; BG in Katowice v. 02. 07. 2009, Az. XVIII RC 1282/08. 373 BG in Katowice v. 27. 06. 2008, Az. XVIII RC 63/08; BG in Katowice v. 21. 09. 2015, Az. XVIII RC 1319/15; BG in Katowice v. 16. 04. 2015, Az. XVIII RC 2008/14. 374 BG in Katowice v. 25. 05. 2015, Az. XVIII RC 2539/14. 375 BG in Katowice v. 22. 12. 2009, Az. XVIII RC 1067/08. 376 BG in Katowice v. 13. 04. 2016, Az. XVIII RC 89/16. 377 BG in Katowice v. 22. 10. 2015, Az. XVIII RC 1515/15. 378 BG in Katowice v. 01. 10. 2008, Az. XVIII RC 154/08. 379 BG in Katowice v. 24. 08. 2015, Az. XVIII RC 197/15. 370

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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2. Deutschland a) Das Scheitern der Ehe Der § 1565 I 1 BGB sieht nur einen Scheidungsgrund vor, und zwar das Scheitern der Ehe. Die Ehe ist gemäß § 1565 I 2 BGB in dem Fall als gescheitert anzusehen, in dem die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht, und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.380 Damit das Scheitern der Ehe festgestellt werden kann, müssen die inneren Bindungen zwischen den Ehegatten definitiv abgerissen sein. In dem Fall, in dem die inneren Bindungen zwischen den Ehegatten nicht mehr bestehen, leben die Ehegatten meistens auch voneinander getrennt.381 In der Regel können Ehen nur nach einem einjährigen Getrenntleben geschieden werden.382 Gemäß § 1566 BGB wird nämlich unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Die Aufgabe der Zerrüttungsprüfung wird dem Familiengericht auferlegt. Die Prüfung der Ehezerrüttung kann allerdings mit Problemen verbunden sein, und zwar vor allem, wenn die Ehegatten in dieser Hinsicht eine unterschiedliche Meinung vertreten. Um eine einfachere, objektive Feststellung des Scheiterns der Ehe zu ermöglichen, sieht das Gesetz sog. Zerrüttungsvermutungen vor.383 b) Unwiderlegliche Zerrüttungsvermutungen aa) Einjahresfrist Um die Zerrüttungsprüfung zu vereinfachen und eine ostentative Zerrüttungsprüfung zu vermeiden, wurde der primäre Scheidungstatbestand um zwei weitere Vorschriften ergänzt. Diese sind sinnvollerweise in erster Linie zu prüfen, damit der allgemeine Zerrüttungstatbestand des § 1565 I 2 BGB erst dann angewendet wird, wenn die Zerrüttungsvermutungen sich als unzutreffend erweisen.384 Im Hinblick auf die Zerrüttungsvermutungen ist die Feststellung der Trennungszeit der Eheleute entscheidend. Das Gesetz unterscheidet in dieser Hinsicht zwei Trennungsfristen. Gemäß § 1566 I BGB wird das Scheitern der Ehe in dem Fall unwiderlegbar vermutet, in dem die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Das Einvernehmen der Ehegatten kann dementsprechend entweder in Scheidungsan380 381 382 383 384

MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 11. Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 8. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 19. Wellenhofer, Familienrecht, § 20. Rn. 8; Dethloff, Familienrecht, § 6 Rn. 12. Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 8.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

trägen beider Ehegatten oder in der Zustimmung des einen Ehegatten zum Scheidungsantrag des anderen Ehegatten zum Ausdruck kommen.385 Diese Jahresfrist beginnt frühestens nach der Eheschließung und sollte grundsätzlich spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung beendet sein.386 Wellenhofer zufolge reicht es dagegen aus, wenn das Trennungsjahr am Tag der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, hat das Gericht nicht mehr zu prüfen, ob die Ehe i.S.v. § 1565 I BGB gescheitert ist.387 Den Ablauf der Einjahresfrist hat der Antragsteller oder haben beide Antragsteller zu beweisen.388 bb) Dreijahresfrist Gemäß § 1566 II BGB wird das Scheitern der Ehe in dem Fall unwiderlegbar vermutet, in dem die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben, und zwar unabhängig davon, ob beide Ehegatten oder nur ein Ehegatte die Scheidung begehrt. Nach einer dreijährigen Trennungszeit kann, unter Vorbehalt der Härteklausel des § 1568 BGB, jede Ehe geschieden werden.389 Das Gesetz fordert an dieser Stelle keine weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen. Ausschlaggebend ist allein der Ablauf einer ununterbrochenen Trennungsfrist.390 Nach Ablauf der Dreijahresfrist darf der Richter nicht mehr prüfen, ob die Ehe gescheitert ist, und zwar auch nicht in dem Fall, in dem einer der Ehegatten dies verlangt.391 cc) Eine Scheidung aufgrund des Zerrüttungstatbestands (1) Allgemeiner Zerrüttungstatbestand In dem Fall, in dem die Zerrüttungsvermutungen keine Anwendung finden, ist der Zerrüttungstatbestand des § 1565 I 2 BGB zu prüfen.392 Gemäß § 1565 I 2 BGB ist die Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Diese Vorschrift verlangt in allen Scheidungsfällen eine sorgfältige materielle Einzelfallprüfung des Scheiterns der Ehe in zwei Schritten. Erstens ist festzustellen, dass die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht. Zweitens ist festzulegen, dass die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden 385

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 33 – 34. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 32; MüKoBGB/Weber, § 1566 Rn. 2; Jauernig/Budzikiewicz, § 1566 Rn. 4. 387 Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 9. 388 MüKoBGB/Weber, § 1566 Rn. 7, m.w.N. 389 Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 10; Dethloff, Familienrecht, § 6 Rn. 16. 390 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 42. 391 MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 69. 392 Dethloff, Familienrecht, § 6 Rn. 17. 386

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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kann.393 Zu prüfen ist dementsprechend die Wahrscheinlichkeit, dass die Ehegatten eine Lebensgemeinschaft, die dem gesetzlich vorgeschriebenen Musterbild entspricht, wiederherstellen.394 Dieser Prüfung ist ein objektiver Maßstab zugrunde zu legen. Der Richter hat bei seiner Prognose „einen objektiven Betrachterstandpunkt“ einzunehmen. Seine Prognose, ob eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Frage kommt, sollte von ihm als „einem außenstehenden Beurteiler“ getroffen werden. Der Richter hat aus dem von den Parteien vorgetragenen Beweismaterial objektive Schlüsse in Bezug auf das Scheitern der Ehe zu ziehen.395 Die Beurteilung durch den Richter ist bei der Zerrüttungsprüfung weder auf eigenen, noch auf allgemeinen Ehevorstellungen zu stützen. Entscheidend sind lediglich subjektive, sich auf die konkrete Ehe beziehende Auffassungen, welche diese prägten.396 Was im Einzelfall als Lebensgemeinschaft zu verstehen ist, bestimmt sich nicht nach dem, wie eine Ehe üblicherweise funktoniert oder nach anderen möglichen Formen der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern danach, ob die Eheleute in einer konkreten Ehe erneut eine für sie mögliche Form der ehelichen Lebensgemeinschaft führen können.397 Die Ehegatten können ihrer Ehe nämlich beispielsweise in Bezug auf ihren Geschlechtsverkehr Verhaltensweisen zugrunde legen, die allgemein missbilligt werden, aber ihrer Ehe nicht schädigen. Demnach muss der Verzicht auf Sexualverkehr sowie die Absprache, Geschlechtsverkehr mit Dritten unternehmen zu können kein Indiz dafür sein, dass die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht (mehr) besteht.398 Für eine negative Prognose genügt schon die Einstellung eines der beiden Ehegatten.399 Allerdings ist eine bloße Feststellung, dass es noch nicht feststeht, ob die Ehegatten es schaffen werden, die Lebensgemeinschaft wiederherzustellen, nicht ausreichend.400 Die Prognose kann auch für den Fall negativ sein, dass zwar beide Ehegatten die Führung einer Lebensgemeinschaft bejahen und anstreben, diese aber die Mindestanforderungen, die an eine Ehe gestellt werden, nicht erfüllt.401 (2) Der Istzustand Im ersten Schritt ist festzustellen, dass „die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht“.402 Unter dem Begriff der Lebensgemeinschaft der Ehegatten 393

Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 11. HK-BGB/Kemper, § 1565 Rn. 4. 395 MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 26. 396 BGH BGHZ 128, 125; NJW 1995, 1082; Dethloff, Familienrecht, § 6 Rn. 10; Jauernig/ Budzikiewicz, § 1565 Rn. 2. 397 MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 25. 398 MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 18. 399 BGH NJW 1995, 1082. 400 BGH NJW 1995, 1082. 401 HK-BGB/Kemper, § 1565 Rn. 4. 402 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 4. 394

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

wird nicht nur die häusliche Gemeinschaft, sondern werden auch sämtliche ehelichen Verhältnisse verstanden. Primär gehört zur Lebensgemeinschaft der Ehegatten die wechselseitige innere Bindung der Ehegatten,403 die in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle spielt. Die eheliche Gemeinschaft besteht nämlich in dem Fall nicht mehr, in dem das innere Verhältnis zwischen den Ehegatten endgültig abgerissen ist. Genügend ist in dieser Hinsicht schon die Abstandnahme nur eines Ehegatten. Zu beachten ist, dass häusliche Gemeinschaft und die Lebensgemeinschaft zwei unterschiedliche Bereiche sind. Möglich ist sogar das Scheitern der Ehe, ohne dass die Ehegatten voneinander getrennt leben. Während die innere Trennung maßgeblich ist, spielt die äußerliche Trennung nur eine Indizfunktion.404 Eine eheliche Lebensgemeinschaft ist auch ohne häusliche Gemeinschaft möglich. Die Ehegatten können nämlich in benachbarten Wohnungen leben.405 Umgekehrt erfüllt das bloße Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft an sich noch nicht die Voraussetzungen des Getrenntlebens. Als Beispiel kann man Künstler nennen, die sich arbeitsbedingt an unterschiedlichen Orten aufhalten und sich jährlich nur anlässlich ihres Urlaubs treffen, aber trotzdem eine eheliche Gemeinschaft haben. Auch in dem Fall, in dem ein Ehegatte auf Dauer in einer Anstalt verwahrt wird und die häusliche Gemeinschaft dadurch nicht besteht, kann die eheliche Lebensgemeinschaft trotzdem bestehen. In solchen Fällen spielen jedoch regelmäßige Besuche, Telefonkontakte oder regelmäßiger Briefwechsel eine wesentliche und entscheidende Rolle.406 Von einer Trennung i.S.d. § 1567 BGB zeugt nicht nur die Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft. Ehegatten ohne häusliche Gemeinschaft leben nur für den Fall voneinander getrennt, dass die subjektiven Elemente in Form des Willens, voneinander getrennt zu leben, gegeben sind.407 Die Trennung hat nämlich in erster Linie eine willentliche Abkehr von der häuslichen Gemeinschaft auszudrücken.408 (3) Die Zukunftsprognose Im zweiten Schritt ist festzustellen, dass die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.409 Die Ehe ist nämlich nur in dem Fall gescheitert, in dem nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten die Lebensgemeinschaft wiederherstellen. Das Gericht hat dementsprechend zu prüfen, ob und inwieweit Chancen auf Versöhnung der Ehegatten bestehen. Das Scheitern der Ehe kann schon angenommen werden, wenn das Gericht zu der Auffassung kommt, dass zumindest bei einem Ehegatten endgültig keine Versöhnungsbereitschaft mehr 403 BGH, FPR 2002, 143 zur ehelichen Verbundenheit und Fürsorge auch bei einer senilen Demenz des eines Ehegatten. 404 BGH, FPR 2002, 144. 405 BGH NJW 2002, 671. 406 BGH NJW 1989, 1988 = FamRZ 1989, 479. 407 MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 19. 408 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 5. 409 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 8.

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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besteht.410 Die Gründe für die Ablehnung der ehelichen Gemeinschaft sind dabei unerheblich.411 dd) Vorzeitige Scheidung im Härtefall Den Scheidungsantrag kann man selbstverständlich auch vor Ablauf der Trennungszeit stellen. In einem solchen Fall wird die Ehe gemäß § 1565 II BGB nur dann geschieden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.412 Grundsätzlich wird also sowohl bei einer Scheidung aufgrund der Zerrüttungsvermutung als auch bei einer Scheidung aufgrund des allgemeinen Zerrüttungstatbestands das einjährige Getrenntleben der Ehegatten vorausgesetzt.413 Eine vorzeitige Scheidung soll nur ausnahmsweise im Härtefall zugelassen werden.414 Im juristischen Schrifttum werden unter dem Begriff der unzumutbaren Härte etwa schwere körperliche Misshandlungen oder sogar grobe Verletzungen der Unterhaltspflicht verstanden.415 Die unzumutbare Härte hat sich auf die Fortsetzung der Ehe als solche zu beziehen.416 Die Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens genügt nicht, weil das Problem des Zusammenlebens schon durch eine Trennung der Ehe gelöst werden kann. Darüber hinaus kann eine Härte nur dann in Frage kommen, wenn das Abwarten des Trennungsjahres unter den gegebenen Umständen wirklich eine Unzumutbarkeit darstellt, deren Grund in der Person des anderen Ehegatten liegt.417 Beantragen beide Ehegatten eine vorzeitige Scheidung im Härtefall, so ist dieser Tatbestand für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen. Vor allem sollte § 1565 II BGB auf beiden Seiten erfüllt sein, wenn beide Ehegatten eine neue Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner begründet haben.418 In dem Fall, in dem sich die Ehegatten nicht einig sind, ist eine vorzeitige Scheidung auch ohne oder gegen den Willen des Antragsgegners möglich. Die Ehe muss i.S.d. § 1565 I BGB gescheitert sein. Dies 410 BGH FamRZ 1979, 285, 287 und 422, 1003; OLG Naumburg FamRZ 2006, 43; OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1210; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 12; MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 32. 411 MüKoBGB/Weber, § 1565 Rn. 33 – 34. 412 Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 13; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 21. 413 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 19. 414 Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 13. 415 Schwab, Familienrecht, § 37 Rn. 373. 416 BGH FamRZ 1981, 127, 129; OLG Saarbrücken FamRZ 2005, 809. 417 Wellenhofer, Familienrecht, § 20 Rn. 13; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 23. 418 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 24.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

kann auch bei einem einseitigen Scheitern der Ehe der Fall sein.419 In keinem Scheidungsverfahren darf jedoch Analyse und Zukunftsprognose des Ehezustands außer Acht gelassen werden.420 Andererseits darf das Verfahren jedoch auch nicht verzögert werden, um nach Ablauf der Einjahresfrist die Ehe über eine Zerrüttungsvermutung scheiden zu können.421

II. Unterhaltsrechtliche Folgen der Scheidung einer Ehe Die Auflösung einer Ehe durch Scheidung führt nicht automatisch zum Wegfall aller aus der früheren Ehe resultierenden Folgen. Vor allem gehört die nacheheliche Unterhaltspflicht zu den ehelichen Pflichten, die trotz der Auflösung der Ehe durch Scheidung fortbestehen. Die rechtliche Ausgestaltung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt jeweils in Polen und Deutschland ist gravierend unterschiedlich. Dies zeigt sich vor allem bei der Unterhaltsbemessung. In Polen besteht zwischen dem Trennungs- und dem nachehelichen Unterhalt im Hinblick auf die gesetzliche Ausgestaltung sowohl der Voraussetzungen einer Unterhaltsberechtigung als auch der Bedarfsbemessung, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit volle Identität. Der Art. 614 FVGB verweist bei der Regelung zum Trennungsunterhalt sogar explizit auf den Art. 60 FVGB, der die nacheheliche Unterhaltspflicht zum Gegenstand hat. Aus diesem Grunde werden die polnischen Regelungen zum nachehelichen Unterhalt im Folgenden außer Acht gelassen. Es wird an dieser Stelle auf die sich im vorherigen Kapitel befindenden Ausführungen zum Trennungsunterhalt in Polen verwiesen (siehe § 1 B.). Die im Folgenden dargestellten Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und die deutsche Rechtsprechung. 1. Der nacheheliche Unterhalt a) Das Verhältnis des Trennungsunterhalts zum nachehelichen Unterhalt Der Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB weist zwar an manchen Stellen Ähnlichkeiten mit dem nachehelichen Unterhalt auf,422 aber es besteht keine Identität zwischen dem Trennungs- und dem nachehelichen Unterhalt.423 Die gesetzlichen Vorschriften zum nachehelichen Unterhalt werden in Deutschland auf den Tren-

419 420

1126. 421

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 13. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 27 Rn. 44 – 45; BayOLG FamRZ 2005,

Jauernig/Budzikiewicz, § 1565 Rn. 8. Dethloff, Familienrecht, § 4 Rn. 107. 423 BGH FamRZ 1981, 242; 1982, 465; Palandt/Brudermüller, § 1569 Rn. 10; Gernhuber/ Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 7. 422

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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nungsunterhalt nicht pauschal angewendet, weil die Lage bei den getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten unterschiedlich ist.424 b) Grundsatz der Eigenverantwortung aa) Erwerbsobliegenheit Grundsätzlich ist nach der Scheidung jeder Ehegatte, gemäß dem in § 1569 BGB geregelten Grundsatz der Eigenverantwortung, für sich selbst verantwortlich. Nur demjenigen Ehegatten der seinen Lebensunterhalt nach der Scheidung nicht selbst bestreiten kann, steht das Recht zu, in den enumerativ aufgezählten Fällen425 unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen der §§ 1570 – 1576 BGB einen Unterhaltsanspruch geltend zu machen. Dieser Regel-Grundsatz der Eigenverantwortung wird auf alle gesetzlichen Vorschriften zum nachehelichen Unterhalt als Auslegungsgrundsatz angewendet.426 bb) Angemessene Erwerbstätigkeit Die Erwerbsobliegenheit nach § 1569 BGB sollte in erster Linie durch die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB erfolgen. In den §§ 1570 – 1576 BGB sind die Ausnahmen von der Erwerbsobliegenheit durch Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit geregelt. Wenn also die Voraussetzungen der §§ 1570 – 1576 BGB erfüllt sind, ist Geschiedenenunterhalt zu zahlen. Wenn diese Ausnahmen nicht eingreifen, wird die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit bei der Beurteilung der Erwerbsobliegenheit vorausgesetzt, wobei die Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit gesetzlich genau geregelt werden. Angemessen ist nach § 1574 BGB eine Erwerbstätigkeit, welche der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, aber nur für den Fall, dass eine solche Tätigkeit nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht unbillig wäre. Zu den ehelichen Verhältnissen, die zu berücksichtigen sind, gehören gemäß § 1574 BGB insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes. c) Grundsatz der Mitverantwortung Der oben genannte Grundsatz der Eigenverantwortung der geschiedenen Ehegatten wird durch den Grundsatz der nachwirkenden Mitverantwortung einge424 425 426

Schwab, Familienrecht, § 38 Rn. 394. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 1; Jauernig/Budzikiewicz, § 1569 Rn. 1. MüKoBGB/Mauer § 1569 Rn. 1; Palandt/Brudermüller, § 1569 Rn. 1.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

schränkt.427 Nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung hat der wirtschaftlich stärkere Partner seine nacheheliche Unterhaltspflicht dem wirtschaftlich schwächeren Partner gegenüber zu erfüllen, und zwar bis zur Grenze des ihm finanziell Zumutbaren.428 Die Grenze der Mitverantwortung geschiedener Ehegatten ist dort zu ziehen, wo der andere Ehegatte seinen Unterhalt selbst sicherstellen kann oder der Verpflichtete nicht leistungsfähig ist.429 Voraussetzung für einen nachehelichen Unterhaltsanspruch ist die Erfüllung eines der in §§ 1570 – 1576 BGB enumerativ aufgezählten Unterhaltstatbestände.430 aa) Enumerationsprinzip Die grundlegende Voraussetzung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs besteht darin, dass ein Unterhaltstatbestand der §§ 1570 – 1576 BGB als Anspruchsgrundlage erfüllt ist.431 Die Aufzählung der nachehelichen Unterhaltstatbestände ist abschließend.432 Das Enumerationsprinzip wird ausdrücklich in § 1569 S. 2 BGB geregelt. Allerdings umfasst das Enumerationsprinzip sensu stricte ausschließlich scharf konturierte Tatbestände. Unter den nachehelichen Unterhaltstatbeständen befindet sich nach § 1576 BGB jedoch auch ein Unterhalt aus Billigkeitsgründen, der im Gegensatz zu den anderen nachehelichen Unterhaltstatbeständen nicht scharf konturiert wird.433 Der Unterhalt aus Billigkeitsgründen betrifft nur Ausnahmefälle und ist gegenüber den anderen Tatbeständen subsidiär.434 bb) Einsatzzeitpunkte Das Ziel der Einsatzzeitpunkte besteht darin, dem Grundsatz der Eigenverantwortung in dem Fall Rechnung zu tragen, in dem die wirtschaftliche Unabhängigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten bereits einmal erreicht wurde. Unter dem Begriff der wirtschaftlichen Selbstständigkeit wird verstanden, dass dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zu diesen Einsatzzeitpunkten mindestens die Mittel zur Verfügung stehen, die seinen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen sichern.435

427 428 429 430 431 432 433 434 435

Palandt/Brudermüller, Einf v § 1569 Rn. 2. Staudinger/Verschraegen, § 1569 Rn. 5. Staudinger/Verschraegen, Vorbem zu § 1569 ff. Rn. 13. Staudinger/Verschraegen, § 1569 Rn. 7. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 2. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 1. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 1. Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 426. Palandt/Brüdermüller, § 1569 Rn. 4.

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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Mit dem Einsatzzeitpunkt bezeichnet man den Zeitpunkt, zu dem die unterhaltsrechtlich erforderliche Bedürftigkeit gegeben sein muss.436 Die nacheheliche Unterhaltsverpflichtung entsteht nämlich erst dann, wenn der Anspruch zu den – in der jeweiligen gesetzlichen Vorschrift – festgelegten Zeitpunkten besteht. Entscheidender Stichtag für den Einsatzzeitpunkt des aus der Sicht des nachehelichen Unterhalts erforderlichen Bedarfs ist der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung.437 In dem Fall, in dem nach § 1569 BGB i.V.m. § 1577 BGB keine Bedürftigkeit vorliegt, entsteht keine Unterhaltsverpflichtung. Das gleiche gilt, wenn der unterhaltsverpflichtete Ehegatte nach § 1581 BGB nicht leistungsfähig ist.438 Im System des nachehelichen Unterhalts gibt es zwei Unterhaltstatbestände, die unabhängig von den Einsatzzeitpunkten sind. Für die Unterhaltsberechtigung nach § 1570 BGB für den Betreuungsunterhalt und nach § 1576 BGB für den Billigkeitsunterhalt ist kein zeitlicher Zusammenhang zwischen Scheidung und Eintritt der Bedürfnislage erforderlich.439 Bei den sonstigen Unterhaltstatbeständen wird regelmäßig ein Einsatzzeitpunkt vorausgesetzt. Allerdings sind die Einsatzzeitpunkte bei den jeweiligen Unterhaltstatbeständen nicht gleich. Die entsprechenden Einsatzzeitpunkte der jeweiligen Unterhaltsanspruchsgrundlagen werden im weiteren Teil dieser Arbeit thematisiert. 2. Die nachehelichen Unterhaltstatbestände a) Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes Gemäß § 1570 I BGB kann ein geschiedener Ehegatte vom anderen Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes Unterhalt fordern. Nach § 1570 II BGB kann die Dauer dieses Unterhaltsanspruchs in dem Fall verlängert werden, in dem dies der Billigkeit entspricht. Bei der Verlängerung des Unterhaltsanspruchs sind die Belange des Kindes sowie die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Darüber hinaus verlängert sich die Dauer des Unterhaltsanspruchs für den Fall, dass dies unter Rücksichtnahme auf die Gestaltung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie die Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.440 Dem Unterhalt wegen Kindesbetreuung kommt im System der nachehelichen Unterhaltstatbestände die größte Bedeutung zu.441 Er wird privilegiert behandelt442 und nimmt eine Sonderstellung ein, die stark mit dem von ihm verfolgten sozial436 437 438 439 440 441 442

Johanssen/Henrich/Hammermann, § 1569 Rn. 8. BGH NJW 1981, 978; BGH NJW 1988, 1137. Staudinger/Verschraegen, § 1569 Rn. 9. Staudinger/Verschraegen, § 1569 Rn. 10. Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 411. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 4. Staudinger/Verschraegen, § 1569 Rn. 25.

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politischen Zweck zusammenhängt.443 Dies kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, dass der Unterhaltsanspruch wegen Kindesbetreuung auch für den Fall beibehalten wird, dass die Unterhaltsgewährung aus anderen Gründen wegfällt444 und dass der Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung nach § 1609 Nr. 2 BGB Vorrang hat vor den Unterhaltsansprüchen anderer Unterhaltsgläubiger. Derjenige Ehegatte, der nach der Scheidung die Betreuung gemeinsamer Kinder übernimmt, kann überhaupt nicht oder nur im eingeschränkten Umfang erwerbstätig sein und ist daher völlig oder zum Teil unterhaltsbedürftig.445 Der Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt muss jedoch nicht unmittelbar an die Zeit der Ehe anknüpfen,446 er kann nämlich auch zu verschiedenen Zeitpunkten beiden Ehegatten zustehen, beispielsweise wegen der Änderung einer Sorgerechtsentscheidung nach den §§ 1671 und 1696 BGB.447 Obwohl der nacheheliche Betreuungsunterhalt als Unterhaltsanspruch von den geschiedenen Ehegatten geltend gemacht werden kann, wird er in erster Linie im Interesse der gemeinsamen Kinder zugesprochen, damit ihre Betreuung und Erziehung sichergestellt wird.448 Die ratio legis der Regelung des Betreuungsunterhalts besteht darin, dass den Kindern der geschiedenen Eltern, ohne Rücksichtnahme auf die Scheidung, die persönliche Betreuung durch einen oder auch beide Elternteile zu ermöglichen ist.449 aa) Besondere Voraussetzungen Für die Geltendmachung des Betreuungsunterhalts wird nach § 1570 I BGB die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder vorausgesetzt. (1) Rechtmäßige Pflege- oder Erziehungsmaßnahmen Die Begriffe der Pflege und Erziehung geben den Inhalt der elterlichen Personensorge wieder und entsprechen somit § 1606 III 2 BGB.450 Die „Oder-Verknüpfung“ von Pflege und Erziehung soll zum Ausdruck bringen, dass auch ein pflegebedürftiges volljähriges Kind an der Erwerbstätigkeit hindern kann.451 Der Begriff Betreuung umfasst tatsächliche Maßnahmen.452 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 25. Schmidt, Familienrecht, Rn. 300. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 4. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 18. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 18. BVerfG FamRZ 2007, 965; Reinken, FPR 2010, 126. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 19. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 4. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 4. Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 4.

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Die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes muss rechtmäßig sein. Unbeachtlich ist dabei, welchem der Elternteile rechtlich die elterliche Sorge zusteht.453 Bei einer gemeinsamen Sorge ist der dauerhafte Aufenthalt des Kindes entscheidend.454 Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt des einen Elternteils hängt bei gemeinsamer elterlicher Sorge vom Umfang der Kinderbetreuung ab.455 In dem Fall, in dem beide Elternteile sich gleichermaßen an der Betreuung der Kinder, für die sie die gemeinsame elterliche Sorge ausüben, beteiligen, sind beide Elternteile im Verhältnis ihres jeweils einzusetzenden Einkommens barunterhaltspflichtig.456 Der Unterhaltsberechnung sind in solchen Fällen die Einkünfte beider Elternteile zugrunde zu legen.457 (2) Gemeinsame Kinder Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt wird auf die Betreuung gemeinschaftlicher Kinder beschränkt, weil die ehebedingte Bedürftigkeit nur auf gemeinschaftliche Kinder der Ehegatten bezogen werden kann.458 Bei gemeinsamen Kindern handelt es sich sowohl um vorehelich gemeinsam gezeugte, in der Ehe gezeugte, aber auch nach der Scheidung geborene Kinder beider Ehegatten, und um gemeinschaftlich adoptierte Kinder.459 Als gemeinschaftliches Kind wird auch ein scheineheliches Kind angesehen, es sei denn die Vaterschaft eines anderen Mannes wird rechtskräftig festgestellt.460 Die Feststellung der Vaterschaft wird in dem §§ 1592 und 1593 BGB geregelt. Gemäß § 1592 BGB ist der Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist. Nach § 1573 BGB gilt § 1592 Nr. 1 BGB entsprechend, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung ein Kind geboren wird. Steht fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, so ist dieser Zeitraum maßgebend. Wird von einer Frau, die eine weitere Ehe geschlossen hat, ein Kind geboren, das wohl nach den Sätzen 1 und 2 Kind des früheren Ehemanns als auch nach § 1592 Nr. 1 BGB Kind des neuen Ehemanns wäre, so ist es nur als Kind des neuen Ehemanns anzusehen. Wird die Vaterschaft jedoch nach § 1593 S. 4 BGB angefochten und wird rechtskräftig festgestellt, dass der neue Ehemann nicht Vater des Kindes ist, so ist es Kind des früheren Ehemanns. 453 454 455 456 457 458 459 460

Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 4. Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 4. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 5. BGH FamRZ 2014, 917; 2015, 236. OLG Düsseldorf FamRZ 2016, 142. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 20. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 20. BGH, NJW 1985, 428.

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Scheineheliche Kinder sind bis zur rechtskräftigen Anfechtung der Vaterschaft auch als gemeinsame Kinder anzusehen,461 denn gemäß § 1599 I BGB finden die §§ 1592 und 1593 BGB keine Anwendung, wenn aufgrund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist. Nicht zu gemeinschaftlichen Kindern beider Ehegatten gehören insbesondere ersteheliche Kinder des neuen Ehegatten462 sowie nichteheliche Kinder und Pflegekinder.463 bb) Unterhaltsdauer (1) Basisunterhalt Wenn die Voraussetzungen des Betreuungsunterhalts erfüllt sind, wird dem kinderbetreuenden Elternteil in jedem Fall ein Basisunterhalt für drei Jahre nach der Geburt des jüngsten Kindes zugesprochen.464 Während der Dauer dieses Basisunterhalts trifft den kinderbetreuenden Elternteil keine Erwerbsobliegenheit,465 damit er sich gänzlich dem Kind widmen kann. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einem eindeutig anders gelebten Lebensplan und bestehender Betreuungsmöglichkeit in Frage.466 Der Anspruch auf Basisunterhalt umfasst grundsätzlich den vollen Unterhalt.467 Während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kann der kinderbetreuende Elternteil also frei entscheiden, ob er das Kind selbst betreut oder eine Fremdbetreuung in Anspruch nehmen will.468 Ab Beginn des 4. Lebensjahres des Kindes, das am 3. Geburtstag des Kindes beginnt, ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, die klären soll, ob und in welchem Umfang von dem kinderbetreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann.469 Ausgegangen wird davon, dass in dem Fall, in dem keine ständige persönliche Betreuung des Kindes mehr erforderlich ist, während der häuslichen Abwesenheit die Kinderbetreuung durch Dritte gewährleistet werden kann.470

461

Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 3. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 20. 463 BGH NJW 1984, 1538. 464 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 4; Palandt/Brudermüller, § 1570, Rn. 10. 465 Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 10; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 23. 466 Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 10. 467 Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 6; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 4. 468 Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 6. 469 Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 10. 470 Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 10. 462

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(2) Verlängerung des Unterhalts aus Billigkeitsgründen Im Anschluss an den Basisunterhalt besteht in der Regel eine Erwerbsobliegenheit, die von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist.471 Nur ausnahmsweise kann der Betreuungsunterhalt verlängert werden. Der Basisunterhalt verlängert sich über das dritte Lebensjahr des Kindes nach § 1570 I 2 BGB, soweit dies der Billigkeit entspricht.472 Ab dem vierten Lebensjahr des Kindes findet bei der Entscheidung über die Verlängerung des nachehelichen Betreuungsunterhalts dementsprechend eine Einzelfallprüfung statt, wobei gewisse Altersgrenzen als Orientierungsmaßstäbe dienen.473 Das Alter des Kindes stellt jedoch nur eines von vielen Kriterien dar, die berücksichtigt werden sollten.474 Bei dieser Billigkeitserwägung kommen sowohl kind- als auch elternbezogene Gründe in Frage. Ob und inwieweit nach der Dauer des Basisunterhalts eine elterliche Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit einander ausschließen, ist einzelfallabhängig zu entscheiden.475 In manchen Fällen, etwa bei Krankheit oder Behinderung des Kindes, kann ein volljähriges Kind noch elterlich betreut werden müssen. Bei einer solchen Betreuungsbedürftigkeit eines volljährigen Kindes ist jeweils die tatsächliche Lage entscheidend.476 Vorhanden ist ein Kriterienkatalog, welcher die Belange des Kindes, die Möglichkeiten der Kinderbetreuung, die Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie die Dauer der Ehe berücksichtigt.477 Obwohl für die Geltendmachung von Betreuungsunterhalt keine Einsatzzeitpunkte geregelt werden und die den Unterhaltsanspruch begründende Betreuungsnotwendigkeit sich jederzeit ergeben kann, kann der Anspruch nach § 1570 II BGB nur unmittelbar im Anschluss an § 1570 I BGB geltend gemacht werden.478 (a) Kindbezogene Gründe Nach § 1570 II BGB kann die Dauer des Betreuungsunterhalts unter Berücksichtigung der Belange des Kindes sowie der bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung verlängert werden. Den kindbezogenen Verlängerungsgründen kommt bei der Abwägung zentrale Bedeutung zu,479 was dazu führt, dass bei der Verlängerungsmöglichkeit sowohl die Belange des Kindes als auch die bestehenden 471

Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 1. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 5. 473 Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 7. 474 Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 11. 475 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 23; Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 414. 476 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 22. 477 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 23. 478 Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 7. 479 Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 415; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 5. 472

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Möglichkeiten der Kinderbetreuung vorrangig berücksichtigt werden. Als Beispiel für eine Verlängerung aus kindbezogenen Gründen kann eine Verlängerung wegen chronischer Krankheiten oder einer Behinderung des Kindes dienen.480 (aa) Betreuungsmöglichkeiten Im Normalfall hat ein dreijähriges Kind einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Nach einer dreijährigen Dauer des Basisunterhalts wird auch erwartet, dass das Kind den Kindergarten besucht und dass seine Mutter wieder erwerbstätig wird.481 Im Hinblick auf das tatsächliche Angebot ergeben sich jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den jeweiligen Regionen. Maßgeblich ist daher die vorgefundene Situation vor Ort.482 Ein Umzug, um dem Kind eine Drittbetreuung zu gewährleisten, kann nur ausnahmsweise verlangt werden.483 Obwohl eine Kindergartenbetreuung von einem dreijährigen Kind beansprucht werden kann, kann es auch passieren, dass nur eine Halbtagsbetreuung im Kindergarten zur Verfügung steht und dass der kinderbetreuende Elternteil dadurch auch nur halbtags erwerbstätig sein kann. In einer solchen Situation kann der kinderbetreuende Elternteil einen anteiligen Unterhaltsanspruch geltend machen.484 Abhängig von den bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung i.S.v. § 1570 I 3 BGB ist je nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Jedenfalls wird auch bei einer ganztägigen Kindergartenbetreuung vom bisher kinderbetreuenden Elternteil nicht automatisch eine Vollzeitbeschäftigung verlangt. Es soll nämlich kein abrupter Wechsel von der elterlichen Kinderbetreuung zu einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit erfolgen.485 Bei der Beurteilung, ob ein ernsthaftes und verlässliches Betreuungsangebot des anderen Elternteils anzunehmen ist, sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.486 Von Bedeutung kann auch die Anzahl der zu betreuenden Kinder sein. Die Anzahl der zu betreuenden Kinder kann das Bedürfnis nach persönlicher Betreuung durch einen Elternteil nämlich steigern. Im Schrifttum wird angenommen, dass bei einem Kind über drei Jahren nur eine Erwerbstätigkeit im Umfang eines Geringverdieners oder einer Teilzeitarbeit in Frage kommt, und zwar insbesondere dann, wenn es mehrere betreuungsbedürftige Kinder gibt.487 Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit dadurch die Aufnahme oder Aufrechterhaltung einer Erwerbstätigkeit dem kinderbetreuenden Elternteil zumutbar ist, und zwar unter Berücksichtigung konkreter und objektiver Gegeben480 481 482 483 484 485 486 487

Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 5. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 5. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 13. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 13. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 5. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 7. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 13. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 11.

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heiten.488 Zu diesen Gegebenheiten gehören beispielsweise die Entfernungen zwischen Wohnung, Schule oder Kindergarten des Kindes und dem potentiellen Arbeitsplatz des kinderbetreuenden Elternteils sowie die Möglichkeiten einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeiten.489 Berücksichtigt wird bei der Beurteilung auch der Zeitaufwand für die Begleitung des Kindes bei außerschulischen Aktivitäten.490 Grundsätzlich wird die Erwerbsobliegenheit des kinderbetreuenden Elternteils ab dem 3. Lebensjahr des Kindes für den Fall vorausgesetzt, dass dem kinderbetreuenden Elternteil eine tatsächliche, verlässliche und zumutbare Drittbetreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht und diese dem Kindeswohl entspricht.491 (bb) Belange des Kindes Außer den Betreuungs- und Erziehungsaufgaben sind bei den kindbezogenen Gründen auch die Belange des Kindes zu berücksichtigen. Die Belange des Kindes sind die in der Person des Kindes liegenden und konkret festzustellenden Gründe, aus denen sich ergibt, dass das Kind betreuungsbedürftig ist und einer persönlichen Betreuung durch einen Elternteil erfordert.492 Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsausmaß sind erheblich von Alter, Gesundheitszustand, schulischer und sonstiger Entwicklung des Kindes abhängig.493 (b) Elternbezogene Gründe Ein Unterhaltsanspruch kann nach § 1570 II BGB auch aus elternbezogenen Gründen verlängert werden, und zwar, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.494 Die Verlängerungsmöglichkeit besteht an dieser Stelle unabhängig vom Kindeswohl und leitet sich aus der nachehelichen Solidarität her.495 Durch diese nacheheliche Solidarität soll das Vertrauen der Ehegatten in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung bei der Kinderbetreuung und haushaltsführenden Tätigkeiten geschützt werden.496 Es kann sich an dieser Stelle entweder um ehebezogene oder auch um elternbezogene Gründe handeln.497 Die Möglichkeiten der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kind- und elternbezogenen Gründen sind nicht isoliert vonein488 489 490 491 492 493 494 495 496 497

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 23. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 23. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 12. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 12 – 13. Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 14. BGH FamRZ 1985, 50, 51. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 6. BT-Drs 16/6980, S. 16 f; BGH, NJW 2012, 3037; Jauernig/Budzikiewicz, § 1570 Rn. 8. BGH FamRZ 2010, 1050; 2012, 1624. Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 413 – 415.

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ander zu prüfen, weil sie sich nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen.498 Die endgültige Entscheidung bezüglich der Unterhaltsverlängerung ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu treffen.499 In dem Fall, in welchem dem kinderbetreuenden Elternteil nach § 1570 BGB eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist und kein Betreuungsunterhalt geltend gemacht werden kann, können die persönlichen Hindernisse aber möglicherweise einen Unterhaltsanspruch aus einem anderen Unterhaltstatbestand rechtfertigen.500 b) Unterhalt wegen Alters Ein geschiedener Ehegatte kann gemäß § 1571 BGB vom anderen Ehegatten in dem Fall Unterhalt verlangen, in dem von ihm im Zeitpunkt der Scheidung, der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen sowie wegen Erwerbslosigkeit und für einen Aufstockungsunterhalt wegen seines Alters keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden kann und er dadurch bedürftig wird.501 Die nacheheliche Verantwortung gilt dementsprechend auch für altersbedingte Bedürfnislagen. Das Alter muss allerdings eine Ursache für die Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit darstellen.502 Vorausgesetzt werden zum einen ein gesetzlich genannter Einsatzzeitpunkt,503 zum anderen ein bestimmtes Alter des bedürftigen Ehegatten. aa) Einsatzzeitpunkt Beim Altersunterhalt werden in § 1571 BGB abschließend Einsatzzeitpunkte aufgeführt, die den zeitlichen Zusammenhang des Altersunterhalts mit der Ehe sicherstellen. Es handelt sich an dieser Stelle um den Zeitpunkt der Scheidung, der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen und wegen Erwerbslosigkeit bzw. einen Aufstockungsunterhalt. Gemäß § 1571 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Ehegatten in dem Fall Unterhalt verlangen, in dem von ihm im Zeitpunkt der Scheidung, der Beendiung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Aufstockungsunterhaltsanspruch, einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen oder einen Unterhaltsanspruch wegen 498

Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 7. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 5. 500 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 23. 501 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 34; Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 417; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 8. 502 Palandt/Brudermüller, § 1571 Rn. 1. 503 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 9. 499

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Erwerbslosigkeit wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Wer in der Zwischenzeit, auch nur ganz kurz, nicht unterhaltsberechtigt war, weil er beispielsweise eine Erwerbstätigkeit aufgenommen und nach einer kurzen Zeit wieder aufgegeben hat, kann nachher keinen Altersunterhalt verlangen.504 bb) Alter Durch die Gewährung vom nachehelichen Altersunterhalt soll der altersbedingt erwerbsunfähige Ehegatte nach der Scheidung nicht auf öffentliche Fürsorge angewiesen sein.505 Hinsichtlich des Unterhalts wegen Alters wird keine feste Altersgrenze vorgesehen.506 In Rechtsprechung und Literatur wird jedoch davon ausgegangen, dass das Tatbestandsmerkmal der Unterhaltspflicht wegen Alters erfüllt ist, wenn ein Unterhaltsberechtigter die zum Bezug der Altersrente berechtigende allgemeine Altersgrenze in der Sozialversicherung bzw. in der Beamtenversorgung erreicht hat.507 Diese Altersgrenze wird schrittweise erhöht508 und gilt nicht für Freiberufler.509 Bei Freiberuflern kann nach den Umständen des Einzelfalls angenommen werden, dass eine Erwerbstätigkeit auch über die normale Altersgrenze hinweg zumutbar wäre.510 Der Unterhaltstatbestand des § 1571 BGB kann aber auch vor dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters erfüllt werden.511 Entschieden wird nach den Umständen des Einzelfalls, wobei vor allem die Art der auszuübenden Berufstätigkeit berücksichtigt wird.512 Das Alter des Ehegatten muss zwar kausal für die Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit sein, die Unterhaltsbedürftigkeit muss aber nicht ehebedingt sein.513 Dies hat zur Folge, dass die Vorschrift des § 1571 BGB auch dann gilt, wenn der Unterhalt begehrende Ehegatte bereits bei der Eheschließung wegen seines Alters keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen konnte.514

504

Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 9; Palandt/Brudermüller, § 1571 Rn. 2. Jauernig/Budzikiewicz, § 1571 Rn. 1. 506 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 35; Jauernig/Budzikiewicz, § 1571 Rn. 2; Palandt/Brudermüller, § 1571 Rn. 3. 507 BGH FamRZ 1999, 708; 2006, 683; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 35. 508 Büte, in: Büte/Poppen/Menne, § 1571 Rn. 7. 509 OLG Hamm FamRZ 1997, 883; Johannsen/Henrich/Hammermann, § 1571 Rn. 11. 510 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 35. 511 BGH NJW 1999, 1547. 512 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 9. 513 Büte, in: Büte/Poppen/Menne, § 1571 Rn 1. 514 Es handelt sich in solchen Fällen um sog. Altersehen; BGH NJW 1983, 683; BGH FamRZ 1982, 28, 29; Palandt/Brudermüller, § 1571 Rn. 1. 505

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c) Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen Ein geschiedener Ehegatte kann gemäß § 1572 BGB vom anderen Ehegatten in dem Fall Unterhalt verlangen, in dem von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung, der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit oder einen Aufstockungsunterhalt an – wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwächen seiner körperlichen oder geistigen Kräfte – eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.515 Diese Regelung drückt die nacheheliche Verantwortung für insbesondere krankheitsbedingte Erwerbsbeschränkungen aus.516 Es handelt sich an dieser Stelle um eine gänzliche oder nur teilweise Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit wegen Krankheit.517 aa) Einsatzzeitpunkt Auch beim Krankheitsunterhalt sind gesetzlich bestimmte Einsatzzeitpunkte vorgesehen.518 Dem geschiedenen Ehegatten steht ein Unterhaltsanspruch zu, wenn von ihm zu genau festgelegten Einsatzzeitpunkten wegen einer Krankheit oder einem anderen gleichgestellten Leiden eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Krankheit muss zu bestimmten Einsatzzeitpunkten bereits vorliegen.519 Zu den relevanten Zeitpunkten des Unterhaltsanspruchs gehört der Zeitpunkt der Scheidung (Nr. 1), der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes (Nr. 2), der Beendigung einer Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung (Nr. 3) sowie des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit beziehungsweise Aufstockungsunterhalt (Nr. 4). Zwischen der Erwerbslosigkeit oder Erwerbsbeschränkung und dem anomalen Gesundheitszustand muss ein Kausalzusammenhang bestehen, wobei dieser nicht ehebedingt sein muss.520 Dementsprechend kann der Krankheitsunterhalt Folgetatbestand zum Betreuungsunterhalt, Ausbildungsunterhalt und zum Erwerbslosenunterhalt sein, aber nur dann, wenn sich der Tatbestand lückenlos anschließt. Der Krankheitsunterhalt kann aber auch als Vortatbestand fungieren, und zwar insbesondere für den Unterhaltsanspruch wegen altersbedingter Erwerbslosigkeit nach § 1571 BGB, aber auch für den Erwerbslosenunterhalt nach § 1573 III BGB.521 515

Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 418. Palandt/Brudermüller, § 1572 Rn. 1. 517 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 40; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 10. 518 Palandt/Brudermüller, § 1572 Rn. 2; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 10. 519 Jauernig/Budzikiewicz, § 1572 Rn. 3. 520 Palandt/Brudermüller, § 1572 Rn. 3; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 40. 521 OLG Stuttgart FamRZ 2007, 2075. 516

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bb) Eine Krankheit, ein Gebrechen oder eine Schwäche Der Anspruch auf Krankheitsunterhalt ist begründet, wenn der Unterhaltsberechtigte wegen einer Krankheit ganz oder teilweise nicht arbeiten kann,522 und dadurch bedürftig wird.523 Der Anspruch ist nicht davon abhängig, ob die Krankheit ehebedingt ist.524 Bedeutungslos ist auch, ob es sich um eine Erbkrankheit handelt und wann sie ausgebrochen ist.525 Unter den Begriff Krankheit fällt ein objektiv erfassbarer regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder ärztlich zu behandeln ist oder/und eine Arbeitsunfähigkeit nach sich zieht.526 Es handelt sich sowohl um während der Ehe eingetretene, bei der Eheschließung bekannte als auch anlagebedingte, angeborene oder erworbene Krankheiten.527 Auch vorübergehende, bereits vor der Eheschließung vorhandene und latente, erst nach der Scheidung ausgebrochene Krankheiten können unter Umständen einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt begründen.528 Gemeint sind auch Zustände, die sich aus einem Fehlverhalten ergeben, und zwar auch dann, wenn sie in irgendeiner Hinsicht eine Relativierung erfordern.529 Als Beispiele werden im Schrifttum insbesondere Alkoholmissbrauch, Übergewicht und Magersucht genannt.530 Diese Fehlhaltungen kämen zwar in Frage beim Krankheitsunterhalt, aber zugleich ist Rücksicht zu nehmen auf die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 Nr. 4 BGB.531 Gesteigerte Alkohol- und Drogensucht sowie Tablettenabhängigkeit werden in dem Fall als Krankheit aufgefasst, in dem der Unterhaltsberechtigte aufgrund der dadurch verursachten Probleme keine geregelte Erwerbstätigkeit ertragen könnte.532 Anhand der verfestigten Rechtsprechung der deutschen Gerichte kann festgestellt werden, welche Krankheiten einen Unterhaltsanspruch begründen. Zu den Krankheiten, die einen Unterhaltsanspruch begründen, gehören beispielsweise folgende Krankheiten: multiple Sklerose533, Aortensyndrom,534 Zuckerkrankheit.535 Ohne 522

Büte, in: Büte/Poppen/Menne, § 1572 Rn. 2. Jauernig/Budzikiewicz, § 1572 Rn. 1. 524 BGH NJW 1982, 40; BGH, FPR 2004, 390; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 10. 525 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 10. 526 OLG Hamburg FamRZ 1982, 702; Palandt/Brudermüller, § 1572 Rn. 5. 527 Jauernig/Budzikiewicz, § 1572 Rn. 2. 528 Palandt/Brudermüller, § 1572 Rn. 3; Jauernig/Budzikiewicz, § 1572 Rn. 3; Gernhuber/ Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 41. 529 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 40. 530 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 40. 531 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 40. 532 OLG Düsseldorf, FamRZ 1987, 1262; OLG Hamm, FamRZ 1989, 631; Büte, in Büte/ Poppen/Menne, § 1572 Rn. 3. 533 BGH NJW 1982, 40. 534 OLG Nürnberg FamRZ 1981, 964. 535 OLG Nürnberg FamRZ 1981, 964. 523

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Bedeutung ist dabei, ob der Unterhaltsverpflichtete bei der Eheschließung sich schon der Krankheit bewusst war,536 es sei denn der Unterhaltsberechtigte hat die Krankheit bei der Eheschließung bewusst verschwiegen.537 Problematisch war bei der gerichtlichen Abwägung dagegen die Handhabung von unterschiedlichen Neurosen, mit denen oft ein Simulationsrisiko verbunden ist.538 Depressionen, die als Folge der ehelichen Auseinandersetzungen bzw. der Trennung anzusehen sind, können allerdings einen Krankheitsunterhalt begründen.539 Entscheidend ist, ob diese echten Krankheitscharakter haben oder nur eine Art Simulation, die bei der Aberkennung des Unterhaltsanspruchs plötzlich überwunden werden können, darstellen.540 Ausgegangen wird allerdings davon, dass für den Fall, dass Willens- und Steuerungsfähigkeit krankheitsbedingt ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt sind, eine Überwindbarkeit grundsätzlich zu verneinen ist.541 Einer Krankheit gleichgestellt sind Gebrechen und Schwächen. Der Begriff der Schwäche umfasst „organische Leiden“ wie psychische Erkrankungen als Folge einer schwierigen Lebenslage sowie ein „starkes Nachlassen der körperlichen Kräfte“.542 Unter § 1572 BGB fällt sowohl eine direkt krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit als auch eine Unzumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit.543 Aus dieser Unterhaltsberechtigung können sich für den Unterhaltsberechtigten auch Pflichten ergeben. Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten obliegt es nämlich, sich einer Behandlung oder einer Therapie zu unterziehen.544 Unter Umständen umfasst die Obliegenheit auch eine Operation.545 d) Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit Ein geschiedener Ehegatte kann gemäß § 1573 I BGB vom anderen Ehegatten in dem Fall Unterhalt verlangen, in dem er nach der Scheidung seinen Unterhalt nicht selbst durch Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit bestreiten kann und weder Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, noch Altersunterhalt nach § 1571 BGB, noch Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB geltend machen kann. Obwohl das Ziel des nachehelichen Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit darin besteht, den be536 537 538 539 540 541 542 543 544 545

OLG Hamburg FamRZ 1981, 160. BGH NJW 1982, 40. Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 495. OLG Hamburg FamRZ 1982, 702; BGH, NJW 1984, 1816. Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 495. BGH NJW 1988, 1147; OLG Hamm NJW-RR 1995, 64. Büte, in: Büte/Poppen/Menne, § 1572 Rn. 2. Jauernig/Budzikiewicz, § 1572 Rn. 4. Büte, in: Büte/Poppen/Menne, § 1572 Rn. 4. BGH NJW 1994, 1593.

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dürftigen Ehegatten im Zeitraum von der Scheidung bis zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit vor dem „sozialen Abstieg“ zu schützen,546 ist der Grundsatz der Selbstverantwortung hierbei vorrangig zu berücksichtigen.547 aa) Erwerbsfähigkeit Die Erwerbsfähigkeit stellt nach § 1573 I BGB eine Voraussetzung des Erwerbslosenunterhalts dar. In dem Fall nämlich, in dem eine Erwerbstätigkeit wegen Erwerbsunfähigkeit nicht zugemutet werden kann, kann von einem auch kein ausreichendes Bemühen um einen Arbeitsplatz erwartet werden.548 Der Unterhaltstatbestand der Erwerbslosigkeit unterscheidet sich auch von den anderen nachehelichen Unterhaltsansprüchen aus §§ 1570 – 1572 BGB durch das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit. Daher ist er im Verhältnis zu diesen Unterhaltstatbeständen subsidiär.549 bb) Ausschluss anderer Unterhaltsansprüche In dem Fall, in dem die Unterhaltstatbestände der §§ 1570 – 1572 und 1576 BGB nicht erfüllt sind, gilt zwischen den geschiedenen Ehegatten der Grundsatz der Eigenverantwortung. Zwar obliegt es nach diesem Grundsatz jedem Ehegatten, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selber zu bestreiten, aber es kann trotz aller Arbeitsbemühungen dazu kommen, dass kein Arbeitsplatz gefunden wird.550 In einem solchen Fall kann der bedürftige Ehegatte Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 BGB geltend machen. Es kann aber auch sein, dass dem bedürftigen Ehegatten zwar keine volle, aber doch eine teilweise Erwerbstätigkeit zumutbar ist, wobei dem bedürftigen Ehegatten keine Teilzeitstelle zur Verfügung steht.551 In derartigen Fällen sind zwei unterschiedliche Unterhaltstatbestände in Betracht zu ziehen, wobei jeder Tatbestand den Unterhalt nur teilweise rechtfertigt und im Hinblick auf die Bemessung und Dauer eigenen Regelungen unterliegt.552 In dem Fall, in dem sich der Voranspruch nur auf einen Teilunterhalt richtete, kann auch aus Erwerbslosigkeit als Folgetatbestand nur Teilunterhalt eingefordert werden.553 Ein Teilunterhaltsanspruch kann auch dann vorliegen, wenn das Einkommen 546 547 548 549 550 551 552 553

Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 2. BGH NJW 1991, 1049. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 46. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 46. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 11. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 46. BGH FamRZ 1993, 898, 901; 2001, 1291. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 46.

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aus einer angemessenen Berufstätigkeit zur Deckung des vollen Unterhalts nicht ausreichend ist.554 cc) Erwerbslosigkeit trotz ausreichender Arbeitsbemühungen Im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit wird vorausgesetzt, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte im Zeitpunkt der Scheidung überhaupt nicht oder nur teilweise eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübte.555 Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, ob seine Erwerbslosigkeit ehebedingt ist.556 Des Weiteren wird vorausgesetzt, dass den Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit und somit eine Obliegenheit zur Arbeitssuche trifft.557 Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hat sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, indem alle ihm zumutbaren und möglichen Mittel eingesetzt werden.558 Der bedürftige Ehegatte ist auch verpflichtet, nachzuweisen, dass er sich ausreichend um einen Arbeitsplatz bemüht hat.559 Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit werden dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten auch schon vor dem Einsatzzeitpunkt der Unterhaltsberechtigung wegen Erwerbslosigkeit zugemutet, soweit die Notwendigkeit einer eigenen Berufstätigkeit vorhersehbar war.560 Der Anspruch auf Erwerbslosenunterhalt steht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nur in dem Fall zu, in dem er keine angemessene Erwerbstätigkeit finden kann, wobei der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich um reale Beschäftigungschancen intensiv und wirklich bemühen muss.561 Hierbei muss eine reale Arbeitsmarktchance vorhanden sein.562 Nur eine Meldung beim Arbeitsamt genügt nicht.563 Es werden eigene Initiative in Form von Meldungen auf passende Stellenangebote und auch eigene Stellenanzeigen in Form von Initiativbewerbungen verlangt.564

554

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 47. BGH FamRZ 1985, 430. 556 Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 3. 557 Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 4. 558 BGH FamRZ 2011, 1851. 559 BGH NJW 1987, 898. 560 Vgl. OLG Bamberg FamRZ 1997, 819; OLG Köln FamRZ 1998, 1434; OLG Dresden FamRZ 2001, 833 L; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 52 – 55. 561 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 52 – 55. 562 BGH FamRZ 2011, 1851; 2012, 1040. 563 BGH FamRZ 1990, 499; FamRZ 2008, 2104 Rn. 18; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 851, 852. 564 AG Leverkusen FamRZ 1997, 1105; OLG Naumburg FamRZ 1997, 311. 555

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Für den Fall, dass der bedürftige Ehegatte diese Bewerbungsobliegenheit verletzen sollte, wird vermutet, dass diese Verletzung seiner Obliegenheit kausal für seine Erwerbslosigkeit ist.565 In einem derartigen Fall muss er sich insoweit fiktive Einkünfte anrechnen lassen, als er nicht im Stande ist nachzuweisen, dass trotz seiner Arbeitsbemühungen keine reale Beschäftigungschance bestand.566 dd) Einsatzzeitpunkt Der Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit muss nach § 1573 I und III BGB zu bestimmten Einsatzzeitpunkten, also der Scheidung oder einer Unterhaltsberechtigung nach §§ 1570 – 1572 oder 1575 BGB, vorliegen.567 Eine derartige Konstellation, in der Altersunterhalt als Vortatbestand vorkommen würde, ist eher unwahrscheinlich.568 Gemäß § 1573 IV BGB kann der Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit jedoch auch dann geltend gemacht werden, wenn der bedürftige Ehegatte einen Arbeitsplatz gefunden, aber diesen alsbald wieder verloren hat.569 Die Erwerbslosigkeit trotz bestehender Erwerbsfähigkeit kann sowohl Folgetatbestand, Vortatbestand als auch wechselseitig beides sein.570 In der Regel beendet ein erfolgreicher Einstieg in die Berufstätigkeit einen bis dahin bestehenden Unterhaltsanspruch und schneidet somit auch alle Folgetatbestände ab.571 Die Einsatzzeitpunkte für den Erwerbslosenunterhalt gelten auch für den Aufstockungsunterhalt,572 der im Anschluss an den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit besprochen wird. ee) Angemessene Erwerbstätigkeit Gemäß § 1574 I BGB obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, nach der Scheidung eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Angemessen ist nach § 1574 II 1BGB eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht. Angemessen ist hierbei eine solche Tätigkeit, die nach den 565 Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 6; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 52 – 55. 566 BGH FamRZ 1987, 912; 1993, 789; OLG Bamberg FamRZ 1998, 289. 567 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 50. 568 Johannsen/Henrich/Hammermann, § 1573 Rn. 18. 569 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 11. 570 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 48. 571 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 51. 572 Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 16.

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ehelichen Lebensverhältnissen nicht unbillig wäre. Bei den ehelichen Verhältnissen sind gemäß § 1574 II 2 BGB insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 1574 BGB dient der Beurteilung, welche Erwerbstätigkeit für den Unterhaltsberechtigten als eine angemessene Erwerbstätigkeit in Betracht kommt.573 Eine konkrete Beantwortung der Frage, welche Erwerbstätigkeiten dem Ehegatten nach einer Scheidung als angemessene Tätigkeiten zugemutet werden können, ist nicht einfach.574 Das Gericht hat bei seiner Abwägung auf alle Umstände des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen.575 Jedenfalls ist nicht nur eine solche Erwerbstätigkeit angemessen, welche den vollen Unterhalt des unterhaltsbegehrenden Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen sichert.576 Zur Beurteilung der Angemessenheit der Erwerbstätigkeit werden sowohl subjektive als auch objektive Kriterien genannt. Im Gesetz werden die subjektiven Kriterien besonders betont. Diese subjektiven Kriterien sollen in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden.577 Einer objektiven Festlegung bedarf insbesondere der Umstand, ob für eine angemessene Erwerbstätigkeit eine reale Beschäftigungschance besteht.578 Zu den Beurteilungskriterien einer angemessenen Erwerbstätigkeit gehören vor allem: die Ausbildung, die Fähigkeiten, der Gesundheitszustand sowie das Lebensalter der Ehegatten.579 Hinsichtlich der Ausbildung und den Fähigkeiten der Ehegatten kann auch eine solche Erwerbstätigkeit angemessen sein, die nicht der Ausbildung des jeweiligen Ehegatten entspricht.580 Dies ist vor allem in dem Fall anzunehmen, in dem der Beruf noch nie ausgeübt581 oder schon vor der Eheschließung aufgegeben wurde.582 Ein Wiedereinstieg in einen vor der Eheschließung ausgeübten Beruf wird in der Regel als angemessen angesehen, und zwar auch bei gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegatten sowie langer Ehedauer.583 Für den Fall, dass der Ehegatte länger nicht erwerbstätig war, ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass die früher erworbenen beruflichen Qualifikationen verloren gegangen sein können. Im Ex573 574 575 576 577 578 579 580 581 582 583

Palandt/Brudermüller, § 1574 Rn. 2. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 12. Büte, in Büte/Poppen/Menne, § 1574 Rn. 2. BGH FamRZ 1985, 782. Palandt/Brüdermüller, § 1574 Rn. 3. BGH FamRZ 1987, 144 und 912. Palandt/Brudermüller, § 1574 Rn. 4. BGH FamRZ 1991, 416. BGH FamRZ 2005, 23. OLG Stuttgart FamRZ 2009, 785. Palandt/Brudermüller, § 1574 Rn. 4.

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tremfall kann sich sogar ergeben, dass wegen Innovationen in dem früher ausgeübten Beruf keine Chance auf einen Arbeitsplatz mehr existiert.584 Angemessen ist auch die Aufnahme einer früher ausgeübten Erwerbstätigkeit, die besser vergütet wird als die gegenwärtig ausgeübte Erwerbstätigkeit.585 Der bedürftige Ehegatte kann allerdings den Einwand erheben, dass die jeweilige Erwerbstätigkeit nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre, wobei im Endeffekt trotzdem die Gesamtwürdigung entscheidend ist.586 e) Aufstockungsunterhalt Der § 1573 BGB umfasst zwei unterschiedliche Unterhaltstatbestände. Außer dem Erwerbslosenunterhalt, der bereits oben dargestellt wurde, regelt § 1573 BGB noch den Aufstockungsunterhalt, der in dem Fall zur Geltung gelangt, in dem der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der erwerbstätig ist, nicht im Stande ist, mit eigenen Einkünften seinen vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu decken.587 Ein geschiedener Ehegatte kann gemäß § 1573 II BGB von dem anderen Ehegatten in dem Fall Unterhalt verlangen, in dem die Einkünfte aus seiner angemessenen Erwerbstätigkeit zu seinem vollen Unterhalt nicht ausreichen und er zugleich weder Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, noch Altersunterhalt nach § 1571 BGB, noch Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB geltend machen kann.588 Der Aufstockungsunterhalt zielt darauf ab, dem geschiedenen Ehegatten den Unterschiedsbetrag zwischen seinen Einkünften und dem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen auszugleichen, damit der eheliche Lebensstandard des geringer verdienenden Ehegatten beibehalten werden kann. Darüber hinaus soll für den unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Anreiz geschaffen werden, auch eine weniger vergütete Erwerbstätigkeit auszuüben.589 aa) Erwerbsfähigkeit und Ausschluss anderer Unterhaltstatbestände Beim Aufstockungsunterhalt wird vorausgesetzt, dass der Ehegatte, der Unterhalt verlangt, eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben kann und darüber hinaus nicht schon aus einem anderen Unterhaltstatbestand unterhaltsberechtigt ist.590 In dem Fall, in dem der unterhaltsbegehrende Ehegatte beispielsweise wegen der Arbeits584 585 586 587 588 589 590

OLG Stuttgart FamRZ 2009, 785; OLG Schleswig FamRZ 2010, 651. AG Tempelhof-Kreuzberg FamRZ 2010, 125. Palandt/Brudermüller, § 1574 Rn. 5; Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 12. Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 1. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 15. Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 13. Palandt/Brudermüller, § 1573 Rn. 14.

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marktlage nur eine Teilzeitarbeit findet, muss diese aus diesem Grunde noch nicht angemessen sein. Ist diese Erwerbstätigkeit nicht angemessen, hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte keinen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, sondern auf Erwerbslosenunterhalt.591 bb) Unzureichende Einkünfte aus eigener angemessener Erwerbstätigkeit Der unterhaltsberechtigte Ehegatte kann gemäß § 1573 II BGB einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt geltend machen, und zwar, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte zwar einiges zum eigenen Lebensunterhalt beitragen kann, aber das gebotene Maß des nachehelichen Unterhalts, welches sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet, hierdurch nicht erreicht wird.592 f) Ausbildungsunterhalt Ein geschiedener Ehegatte, welcher in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Ausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann gemäß § 1575 I 1 BGB in dem Fall von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, welche den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen, und zusätzlich der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist. Nach § 1575 I 2 BGB besteht dieser Anspruch längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im Allgemeinen abgeschlossen werden kann. Zu berücksichtigen sind an dieser Stelle ehebedingte Verzögerungen.593 Zweck des Ausbildungsunterhalts ist der Ausgleich ehebedingter Ausbildungsnachteile.594 aa) Eine in Erwartung oder während der Ehe nicht aufgenommene oder abgebrochene Schul- oder Berufsausbildung Von ehebedingten Ausbildungsnachteilen ist dann auszugehen, wenn eine Schuloder Berufsausbildung des unterhaltsberechtigten Ehegatten in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Eheschließung oder während Dauer der Ehe abgebrochen wurde.595 Nicht vorausgesetzt wird ein Abbruch der Ausbildung wegen der Ehe.596 Der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der eine Ausbildung abgebrochen hat, hat die

591 592 593 594 595 596

BGH FamRZ 1988, 701; 2011, 192. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 5. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 13. Palandt/Brudermüller, § 1575 Rn. 1. BGH FamRZ 2001, 350. BGH NJW 1980, 393.

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Wahl, ob er die abgebrochene Ausbildung fortsetzt oder eine ganz neue Ausbildung in Anspruch nimmt.597 Einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt haben alle diejenigen Ehegatten, die in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen haben, und zwar auch dann, wenn die Eheschließung nur eines von vielen Motiven für den Abbruch war.598 bb) Die Notwendigkeit der Aufnahme einer Ausbildung Ein Anspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten auf Ausbildungsunterhalt ist nur in dem Fall begründet, in dem die Ausbildung tatsächlich notwendig ist, um eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben zu können.599 cc) Die Obliegenheit eines erfolgreichen Abschlusses der Schul- oder Berufsbildung Der § 1574 III BGB orientiert sich gänzlich an den Interessen des Unterhaltsschuldners. Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, sich auszubilden oder umschulen zu lassen, wenn die Aufnahme einer angemessenen Berufstätigkeit dies erfordert, aber nur dann, wenn ein erfolgreicher Abschluss dieser Ausbildung zu erwarten ist.600 In dem Fall, in dem mehrere Ausbildungsgänge in Frage kommen, muss nicht der preiswerteste Ausbildungsgang gewählt werden, wobei bei der Wahl die Interessen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind.601 g) Unterhalt aus Billigkeitsgründen Ein geschiedener Ehegatte kann gemäß § 1576 I 1 BGB von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Nach § 1576 I 2 BGB dürfen schwerwiegende Gründe nicht nur aus dem Grund Berücksichtigung finden, weil sie zum Scheitern der Ehe beigetragen haben. Der § 1576 BGB stellt eine sog. positive Billigkeitsklausel dar, welche zum Ziel hat, als Auffangvorschrift Härten, welche aus der enumerativen Aufzählung von Unterhaltstatbeständen hervorgehen, zu vermeiden.602 Diese Billigkeitsklausel ist jedoch

597

OLG Köln FamRZ 1996, 867. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 56. 599 Palandt/Brudermüller, § 1575 Rn. 2. 600 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 57. 601 Vgl. BGH FamRZ 1984, 561; Johannsen/Henrich/Hammermann, § 1575 Rn. 14; Schwab/Borth IV Rn. 387. 602 BGH FamRZ 2003, 1734. 598

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nicht als Generalklausel auszulegen und ist restriktiv anzuwenden.603 Für den nachehelichen Unterhalt aus Billigkeitsgründen sind keine Einsatzzeitpunkte vorgesehen.604 In dem Fall, in dem kein anderer Unterhaltstatbestand erfüllt ist, aber aus Billigkeitsgesichtspunkten die Gewährung von Unterhalt erforderlich ist, kann Unterhalt aus Billigkeitsgründen geltend gemacht werden.605 Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Ehefrau nach der Scheidung die Betreuung der Kinder ihres ehemaligen Ehemannes aus erster Ehe oder eines gemeinsam aufgenommenen Pflegekindes übernimmt.606 h) Zusammenfallen mehrerer Unterhaltstatbestände Der nacheheliche Unterhalt eines geschiedenen Ehegatten kann sich aus mehreren Anspruchsgrundlagen zusammensetzen. Er kann nämlich zu verschiedenen Anteilen aus unterschiedlichen Unterhaltstatbeständen hergeleitet werden.607 Zu beachten ist hierbei die mögliche Privilegierung der Unterhaltsansprüche. Ein Elternteil kann nämlich nur teilweise durch die Kinderbetreuung an seiner Erwerbstätigkeit gehindert werden, zu einem anderen Teil können aber beispielsweise Alter und Krankheit ursächlich sein. In solchen Fällen muss nach den unterschiedlichen Unterhaltstatbeständen differenziert werden, wobei die Privilegierung nur auf den Betreuungsunterhalt bezogen wird.608 Mehrere Unterhaltstatbestände können auch kumulativ vorliegen, wobei § 1570 BGB jedenfalls vor allen anderen Unterhaltstatbeständen und § 1571 BGB vor den §§ 1572 ff. BGB Vorrang hat. Die Unterhaltsansprüche aus § 1573 I und II BGB sind den Unterhaltsansprüchen aus §§ 1570 ff. gegenüber subsidiär. In dem Fall, in dem bereits ein vorrangiger Unterhaltsanspruch erfüllt ist, bedürfen die anderen Unterhaltstatbestände keiner Prüfung mehr.609 Da nicht nur die Scheidung der Ehe als Einsatzzeitpunkt für einen nachehelichen Unterhaltstatbestand gilt, sondern auch die Beendigung eines anderen Unterhaltstatbestands,610 können sich die nachehelichen Unterhaltstatbestände auch zeitlich aneinanderreihen.611 In der Literatur wird jedoch darauf hingewiesen, dass derartige Unterhaltsketten in der Praxis eher selten vorkommen.612 603 604 605 606 607 608 609 610 611

Palandt/Brudermüller, § 1576 Rn. 1. Palandt/Brudermüller, § 1576 Rn. 5. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 14. BGH FamRZ 1984, 361, 363. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 16. Schwab, Familienrecht, § 39 Rn. 431 – 432. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 17. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 9. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 17.

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III. Unterhaltsmaß In dem Fall, in dem sich aus dem ersten Schritt ergibt, dass ein Unterhaltstatbestand erfüllt ist, ist im nächsten Schritt festzustellen, wie hoch dieser Unterhaltsanspruch ist.613 Bei einem nachehelichen Unterhaltsanspruch wird geprüft, ob der Unterhaltsberechtigte nach § 1577 BGB bedürftig und der Unterhaltsverpflichtete nach § 1581 BGB leistungsfähig ist. 1. Die Bedürftigkeit und der Bedarf des Unterhaltsberechtigten a) Bedürftigkeit Die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten stellt nach § 1577 I BGB eine Voraussetzung der nachehelichen Unterhaltspflicht dar. Diese Vorschrift regelt die Bedürftigkeit als ein Tatbestandsmerkmal des nachehelichen Unterhalts.614 Gemäß § 1577 I BGB kann ein geschiedener Ehegatte in dem Fall keinen Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 BGB geltend machen, solange und soweit er seinen Unterhalt aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst bestreiten kann. Bedürftig ist dementsprechend derjenige, der seinen Bedarf nicht selbst decken kann. Allerdings berührt eine nur vorübergehend bestehende Möglichkeit der selbständigen Bedarfsdeckung die Bedürftigkeit in der Regel nicht.615 Auch die Sozialhilfeleistungen, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte erhält, lassen die Höhe des Unterhaltsanspruchs unberührt, und zwar sogar dann, wenn die Ansprüche nicht auf den Sozialhilfeträger übergehen.616 Es wird keine Kausalität zwischen der Ehe und der Bedürftigkeit erfordert.617 Gemäß § 1577 I BGB sind die Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten aus Erwerbstätigkeit und Vermögen im Zusammenhang mit der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.618

612

Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 48. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 18. 614 Palandt/Brudermüller, § 1577 Rn. 1; Jauernig/Budzikiewicz, § 1577 Rn. 1; Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 1. 615 Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 1. 616 Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 2. 617 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 3. 618 Jauernig/Budzikiewicz, § 1577 Rn. 1 – 2. 613

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aa) Anrechenbare Einkünfte In der Regel sollen alle Einkünfte, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zur Verfügung stehen, auf den Unterhaltsbedarf angerechnet werden.619 Es ist weder von Bedeutung, ob die anrechenbaren Einkünfte eheprägend sind,620 noch welcher Unterhaltstatbestand erfüllt ist.621 Aus unterhaltsrechtlicher Sicht wird grundsätzlich zwischen dem Erwerbseinkommen, den Einkünften aus Vermögen sowie Einkünften aus der Vermögensverwertung unterschieden. Im Folgenden werden die anrechenbaren Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten analysiert. (1) Vermögenserträge In erster Linie sollen Einkünfte aus Vermögen zur Deckung des Bedarfs eingesetzt werden.622 Maßgeblich sind die Nettoerträge.623 Die Kapitalerträgnisse mindern die Bedürftigkeit insoweit, als sie dem geschiedenen Ehegatten zugeteilt werden.624 Zinseinkünfte tragen von dem Zeitpunkt der Kapitalanlage zur Minderung der Bedürftigkeit bei, und zwar auch dann, wenn die Zinsen dem unterhaltsberechtigten Ehegatten erst nachträglich ausgezahlt werden.625 In dieser Hinsicht sind sowohl die Herkunft des Einkommens626, als auch die Frage, ob die Anrechnung der Billigkeit entspricht,627 unbeachtlich. Bei den Einkünften aus Vermögen sind in erster Linie folgende Unterfälle zu unterscheiden: Wohnvorteile und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.628 (2) Wohnvorteile Zum anrechenbaren Einkommen zählen das mietfreie Wohnen im Eigentumshaus und die Nutzung einer Wohnung im Rahmen eines schuldrechtlichen Wohnrechts, genauso wie es beim Trennungsunterhalt der Fall war.629 Für den Scheidungsunterhalt gelten jedoch einige Besonderheiten. Ausschlaggebend für die Bedürftigkeit beim nachehelichen Unterhalt ist der objektive Mietwert.630 Nach der Scheidung 619 620 621 622 623 624 625 626 627 628 629 630

Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 3. BGH NJW 1999, 2365. BGH NJW 1993, 1920. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 6. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 7. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 7. BGH NJW-RR 1988, 1282. BGH NJW 1985, 909 und 1343. BGH NJW-RR 1988, 1093. Nomos/Schürmann, § 1577 Rn. 31. BGH NJW 1994, 935. BGH NJW 2003, 2306; NJW 2007, 1974.

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besteht regelmäßig eine Obliegenheit zur Verwertung der Wohnung, zumal bei den Ehegatten kein Erhaltungsinteresse mehr besteht,631 es sei denn, aus der Gesamtabwägung geht eine Unzumutbarkeit des Auszuges hervor. Zu mindern ist der Wohnvorteil um Zahlungen auf einen Kredit zur Finanzierung des Eigenheims für den Fall, dass es sich um einen Zinsaufwand handelt.632 Tilgungsraten können bis zu 4 % des Jahresbruttoeinkommens berücksichtigt werden.633 (3) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind als Überschusseinkünfte durch Abschlag der Werbungskosten vom Bruttoeinkommen zu ermitteln.634 Aus unterhaltsrechtlicher Perspektive können werterhöhende Maßnahmen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.635 Die von dem Verbrauch unabhängigen Nebenkosten können allerdings in einem Umfang abgesetzt werden, in dem sie nicht auf den Mieter umgelegt werden können.636 In dem Fall, in dem die Einkünfte aus der Vermietung einer im hälftigen Miteigentum der Ehegatten stehenden Wohnung dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten zugeteilt werden, kann sich der unterhaltsverpflichtete Ehegatte dem unterhaltsberechtigten Ehegatten gegenüber auf die ihm daraus zustehenden Einkünfte nicht berufen.637 (4) Versorgungsleistungen für Dritte Bei den Versorgungsleistungen für Dritte handelt es sich insbesondere um Leistungen für einen neuen Partner. Haushaltsführende Tätigkeiten für den neuen Partner sind bei der Bedarfsberechnung unter Anwendung der Differenzmethode in dem Fall zu berücksichtigen, in dem sie die bisherigen haushaltsführenden Tätigkeiten des Ehegatten ersetzen.638 Die Tätigkeiten müssen tatsächlich ausgeführt werden.639 Bei einer Wohngemeinschaft werden der Bedarfsberechnung fiktive Einkünfte nur in dem Fall zugrunde gelegt, in dem der Mietzins oder die Nebenkosten den neuen Partner belasten.640

631 632 633 634 635 636 637 638 639 640

BGH NJW- RR 1994, 1155; NJW 2000, 2349. BGH NJW 1992, 1044; BGH NJW 1998, 753, BGH NJW 2000, 2349. BGH NJW 2005, 3277; BGH NJW 2007, 1974. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 9. BGH NJW 1997, 735. BGH FamRZ 2000, 351. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1577 Rn. 10, 12. BGH NJW 2001, 3779. BGH NJW 1989, 1083. BGH NJW 1995, 962.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

bb) Nichtanrechnung von Einkünften aus überobligationsmäßiger Tätigkeit Von überobligationsmäßigen Einkünften ist dann die Rede, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erlangt, obwohl ihn keine Erwerbsobliegenheit trifft. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob diese überobligationsmäßig erlangten Einkünfte gemäß § 1577 II BGB nicht zumindest teilweise auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen sind.641 Der § 1577 BGB sieht eine Anrechnung der Einkünfte nach Billigkeit vor.642 Während ein Teil der überobligationsmäßigen Einkünfte anrechnungsfrei bleibt, wird der andere Teil auf den Unterhaltsanspruch angerechnet.643 Die hierbei anzusetzenden Quoten werden nicht schematisiert. Es wird einzelfallabhängig darüber entschieden.644 Die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne Erwerbsobliegenheit kann nämlich ein Indiz für die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit sein.645 cc) Verwertung des Vermögensstamms Gemäß § 1577 III BGB braucht der unterhaltsberechtigte Ehegatte den Stamm seines Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Die Entscheidung, ob der Vermögensstamm des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu Unterhaltszwecken zu verwerten ist, ist vom Gericht nach Billigkeit und nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu treffen. Es wird grundsätzlich angenommen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte zu seiner Bedarfsdeckung nicht nur seine Einkünfte, sondern auch sein Vermögen einzusetzen hat.646 Jedenfalls gilt für die Obliegenheit zur Vermögensverwertung, dass je größer das Vermögen ist, desto eher den unterhaltsberechtigten Ehegatten eine Obliegenheit zur Vermögensverwertung trifft.647 dd) Fiktives Einkommen Grundsätzlich ist jeder, der bedürftig ist, auch unterhaltsberechtigt. Es kann jedoch passieren, dass eine potentiell unterhaltsberechtigte Person ihre Bedürftigkeit selbst verursacht. Die deutsche Rechtsprechung sieht entsprechende Korrektur641

Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 23. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 23. 643 Näher dazu: BGH FamRZ 2005, 1154. 644 Palandt/Brüdermüller, § 1577 Rn. 22. 645 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 23; BGH FamRZ 1981, 1159, 1161; BGH FamRZ 2005, 1154. 646 Haußleiter/Schramm, NJW – Spezial 2014 Heft 2, 36. 647 OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 657. 642

C. Die Scheidung und der nacheheliche Unterhalt

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möglichkeiten des unterhaltsrelevanten Einkommens vor. Bei den fiktiven Einkünften handelt es sich nämlich um nicht erzieltes Einkommen, das tatsächlich erzielbar wäre und deswegen dem unterhaltsrelevanten Einkommen zugerechnet wird.648 In dem Fall, in dem der potentielle Unterhaltsberechtigte den Verlust seines Arbeitsplatzes herbeiführt, seinen Arbeitsplatz freiwillig aufgibt oder einkommenswirksame Vermögensverwaltungsmaßnahmen und zumutbare Arbeitsleistungen unterlässt, kann bei der Betrachtung seiner Bedürftigkeit und der Unterhaltsberechnung eine Einkommensfiktion angenommen werden.649 Als Ausgangspunkt kann in diesen Fällen das Einkommen gelten, welches der Unterhaltsberechtigte hätte erzielen können. b) Bedarf Gemäß § 1578 I 1 BGB richtet sich das Maß des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen.650 Mit dieser Vorschrift wird eine Lebensstandardgarantie für die geschiedenen Ehegatten geschaffen. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte wird dadurch vor dem sozialen Abstieg geschützt.651 aa) Eheliche Lebensverhältnisse Gemäß § 1578 I 2 BGB umfasst der nacheheliche Unterhalt den gesamten Lebensbedarf. Beim gesamten Lebensbedarf handelt es sich um den laufenden Bedarf, den Mehrbedarf und den Sonderbedarf.652 Der Unterhaltsverpflichtete hat dementsprechend unter bestimmten Umständen nicht nur den Regelbedarf, sondern auch den Mehrbedarf und den Sonderbedarf des Unterhaltsberechtigten zu befriedigen. bb) Bedarfsarten (1) Laufender Lebensbedarf Der laufende Lebensbedarf wird gesetzlich nicht definiert. Er orientiert sich an den Normalverhältnissen des jeweiligen Einzelfalls.653 Er wird jedoch nicht konkret mit Rücksichtnahme auf alle im Einzelfall voraussehbaren Bedürfnisse berechnet, sondern anhand objektiver Faktoren, wie Alter, Gesundheitszustand, Ausbildung 648

Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Rn. 724. Seiler, in: Niepmann/Seiler, Rn. 667. 650 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 18; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 30 Rn. 5. 651 Jauernig/Budzikiewicz, § 1578 Rn. 1. 652 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 317, 322. 653 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 321. 649

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schematisiert, und zwar mit Hilfe von Tabellen und Quoten.654 Dieser regelmäßige Bedarf kann durch Geltendmachung eines Anspruchs auf den sog. Quotenunterhalt befriedigt werden. Der Quotenunterhalt orientiert sich an den Einkommensverhältnissen der Ehegatten und führt zu einer pauschalen Unterhaltsbemessung.655 Eine konkrete Bedarfs- und Unterhaltsbemessung ist jedoch in dem Fall möglich, in dem außerordentlich gute Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten vorliegen.656 (2) Mehrbedarf Beim laufenden Bedarf ist darüber hinaus der Mehrbedarf zu berücksichtigen, welcher eine von den Quoten und Tabellensätzen abweichende Unterhaltsberechnung nach sich ziehen kann. Vom Mehrbedarf ist nämlich dann die Rede, wenn die Kosten den laufenden Bedarf in so einem Maße übersteigen, dass sie nicht in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind.657 Außerdem müssen zwei andere Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, damit Mehrbedarf in Frage kommt. Die Kosten müssen regelmäßig und während eines längeren Zeitraums auftreten und berechenbar sein, damit sie bei der Bemessung des laufenden Bedarfs berücksichtigt werden können.658 Die durch den Mehrbedarf verursachten Aufwendungen müssen dem Unterhaltsverpflichteten wirtschaftlich zumutbar sein und sich in den Grenzen seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit bewegen.659 Beim Mehrbedarf kann es sich sowohl um den Mehrbedarf des Unterhaltsberechtigten als auch des Unterhaltsverpflichteten handeln. Beim Ehegattenunterhalt gehören zum Mehrbedarf vor allem die Kosten einer angemessenen Krankenversicherung, einer Versicherung für den Fall der Pflegebedürftigkeit, Kosten der Vorsorge für Alter und Erwerbsfähigkeit und Mehrbedarf wegen Ausbildung.660 Die durch den Mehrbedarf entstandenen Kosten sind vom unterhaltsverpflichteten Ehegatten jedoch nur in dem Fall zu tragen, in dem sie regelmäßig anfallen, begründet und aus unterhaltsrechtlicher Perspektive dem Unterhaltsverpflichteten zumutbar sind.661

654

Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 318. Ebert, NZFam 2016, 440. 656 Finke, FamFR 2013, 295. 657 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 322. 658 Bömelburg, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 4 Rn. 72. 659 BGH NJW 2008, 2337. 660 Zischka/Weber-Monecke, in: Hauß/Schulz (Hrsg.), Familienrecht. Handkommentar, § 1578 Rn. 51. 661 Bömelburg, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 4 Rn. 72. 655

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(3) Sonderbedarf Für den Sonderbedarf wird eine gesetzliche Legaldefinition gegeben.662 Nach der Legaldefinition des Sonderbedarfs in § 1613 II Nr. 1 BGB handelt es sich an dieser Stelle um einen unregelmäßigen, außergewöhnlich hohen Bedarf. Der Begriff des Sonderbedarfs wird dementsprechend durch Anwendung von Generalklauseln definiert. Dies führt dazu, dass eine weitgehende Präzisierung durch die Rechtsprechung notwendig ist. Da es nicht möglich ist und außerdem zu weit führen würde, alle diesbezüglichen Gerichtsentscheidungen darzustellen, beschränke ich mich auf ausgewählte Gerichtsentscheidungen, die als Beispiele dienen und gewisse Tendenzen der deutschen Gerichte aufzeigen.663 So wie es auch beim laufenden Bedarf der Fall war, muss es sich auch beim Sonderbedarf um die Deckung unentbehrlicher Lebensbedürfnisse handeln,664 wobei der Sonderbedarf einmalig oder aber zeitlich begrenzt ist. Das Merkmal der Unentbehrlichkeit ist aus der Sicht eines objektiven Beobachters unter Berücksichtigung konkreter Lebensumstände zu bewerten.665 Als Beispiele für die Notwendigkeit des Sonderbedarfs können an dieser Stelle Fälle dienen, in denen es sich bei außergewöhnlich hohen Handykosten, die durch Telefonsex eines Minderjährigen verursacht wurden, nicht um notwendige Lebensbedürfnisse gehandelt hat.666 In erster Linie gehören zu den Voraussetzungen des Sonderbedarfs Unregelmäßigkeit und außergewöhnliche Höhe. Sodann ist zu prüfen, ob die Inanspruchnahme zu einer angemessenen Lastenverteilung zwischen dem Unterhaltsverpflichteten und dem Unterhaltsberechtigten führt.667 Unregelmäßig ist der Bedarf in dem Fall, in dem er plötzlich auftritt, nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und deswegen bei der Unterhaltsbemessung nicht berücksichtigt werden konnte.668 In der Rechtsprechung wurde übereinstimmend angenommen, dass Kosten, die durch typische Infektionskinderkrankheiten entstanden sind, zum Sonderbedarf gehören.669 Dahingegen begründen beispielsweise Auslandsstudien,670 Kosten einer Konfirmation,671 Kindergartenbeiträge672 keinen Sonderbedarf. In diesen Fällen, in denen zusätzliche Kosten entstehen, die aber voraussehbar sind, handelt es sich meistens um 662

Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 317. Ausführlicher zum Sonderbedarf: Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 325 – 335. 664 OLG Hamm NJW 2011, 1087. 665 OLG Karlsruhe OLGR 1998, 154; OLG Naumburg OLGR 1999, 421. 666 AG Nordenham FamRZ 2003, 629. 667 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 325 – 327. 668 BGH FamRZ 2006, 612; NJW 2006, 1509; FamRZ 2001, 1603, FamRZ 1982, 145. 669 OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 76. 670 OLG Hamm NJW 1994, 2627; OLG Hamm NJW 2011, 1086. 671 BGH JuS 2006, 852. 672 BGH NJW 2008, 2338. 663

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eine voraussehbare, zeitweise Erhöhung des laufenden Bedarfs. In der Praxis wird dementsprechend häufig Mehrbedarf geltend gemacht und die geschätzten Zusatzkosten werden zeitweise auf den laufenden Unterhalt verteilt.673 Manche Tatbestände können jedoch sowohl als laufender Bedarf als auch als Sonderbedarf qualifiziert werden. An dieser Stelle handelt es sich um Nachhilfestunden, je nachdem, ob eine Überbrückung einer plötzlich aufgetretenen Notlage oder auch ein voraussehbarer Dauerzustand in Frage kommt.674 Gleiches gilt für Schulfahrten, die entweder nicht längere Zeit im Voraus feststehen,675 oder aber in einem festen Fahrtenprogramm eingeplant sind.676 Die nächste Voraussetzung des Sonderbedarfs besteht in einer außergewöhnlichen Höhe des Bedarfs. Dem Gesetz ist nicht präzise zu entnehmen, wann ein Sonderbedarf außergewöhnlich hoch ist, wobei dies eher relativ ist. Damit die außergewöhnliche Höhe des Bedarfs festgestellt werden kann, ist das Verhältnis zwischen den Aufwendungen und den Mitteln, die für den laufenden Bedarf zur Verfügung gestellt werden können, zu berücksichtigen.677 Als Orientierungshilfe können die Beträge aus der Düsseldorfer Tabelle dienen. Erfahrungsgemäß reicht der Tabellenunterhalt aus den unteren Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle nur für den Grundbedarf aus.678 Als Letztes setzt der Sonderbedarf eine billige Lastenverteilung zwischen dem Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten voraus.679 Es kann nämlich nicht verlangt werden, dass der Unterhaltspflichtige sich wegen des Sonderbedarfs länger auf den notwendigen Eigenbedarf beschränkt. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung680 betont, dass in solchen Fällen ein angemessenes Verhältnis gewährleistet werden muss. Dies zieht nach sich, dass der Berechtigte seinen Sonderbedarf teilweise selbst bestreiten müsste.681

673

Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 330. OLG Köln NJW 1999, 295. 675 OLG Hamm FamRZ 2003, 1585; OLG Köln FamRZ 1999, 531 = NJW 1999, 295; OLG Hamm FamRZ 2001, 444; OLG Jena FamRZ 1997, 448. 676 OLG Hamm NJW 2011, 1087. 677 BVErfG FamRZ 1999, 1342; BGH FamRZ 1982, 145 = NJW 1982, 328; OLG Hamm FamRZ 1993, 995; OLG Karlsruhe FamRZ 1992, 1317. 678 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 331. 679 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 332. 680 BGH FamRZ 1982, 145 = NJW 1982, 328; OLG Stuttgart FamRZ 1988, 207; OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 202. 681 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 332. 674

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2. Die Leistungsfähigkeit sowie die Erwerbsund Vermögensverhältnisse des Verpflichteten Die Unterhaltspflicht einer konkreten Person entsteht nur in dem Fall, in dem einerseits der Unterhaltsberechtigte bedürftig ist, andererseits aber der Unterhaltspflichtige leistungsfähig ist. Die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten wird in § 1581 BGB geregelt.682 Ob der nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessene Unterhaltsanspruch auch tatsächlich gezahlt werden kann, ist von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten abhängig.683 Die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten wird in erster Linie durch den Selbstbehalt des unterhaltsverpflichteten Ehegatten begrenzt.684 a) Der Selbstbehalt Gemäß § 1581 S. 1 BGB hat der verpflichtete Ehegatte nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen in dem Fall, in dem er außer Stande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Nach § 1581 S. 2 BGB braucht er den Stamm des Vermögens für den Fall nicht zu verwerten, dass die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Der Selbstbehalt bezeichnet das, was jeder Mensch zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse braucht. Der Unterhaltsverpflichtete hat bei der Betrachtung seiner Leistungsfähigkeit in erster Linie nämlich seinen eigenen Lebensunterhalt zu decken.685 Nur diejenigen Mittel, die nach der Deckung des Selbstbehalts verbleiben, sind nach § 1581 S. 1 BGB für Unterhaltszwecke zu verwenden.686 Der Selbstbehalt umfasst lediglich diejenigen Mittel, die der Unterhaltspflichtige zur Deckung seines allgemeinen Bedarfs benötigt, und zwar eines Bedarfs, der seiner Lebensstellung entspricht.687 Dieser Eigenbedarf wird in Form des Selbstbehaltes, der das umfasst, was der Unterhaltsverpflichtete zu seinem eigenen notwendigen Unterhalt braucht, pauschaliert. Der Eigenbedarf richtet sich nämlich in der unterhaltsrechtlichen Praxis 682

Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1581 Rn. 1. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 25. 684 Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1581 Rn. 1. 685 Jauernig/Budzikiewicz, § 1581 Rn. 1; Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 33. 686 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 25. 687 Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 33. 683

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fast ausschließlich nach Tabellenwerten, welche auf durchschnittlichen Erfahrungswerten beruhen.688 Demnach stellt der Selbstbehalt einen festen Betrag dar, der sich nicht an den individuellen Gegebenheiten des einzelnen Unterhaltsverpflichteten orientiert und somit der Erleichterung der Berechnung von Unterhaltsansprüchen dient. b) Unterhaltspflichtiges Einkommen Grundsätzlich sind jegliche Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten unterhaltsrelevant.689 Einen Ausgangspunkt für die Unterhaltsberechnung stellt das monatlich zufließende Einkommen dar.690 Das unterhaltspflichtige Einkommen wird um unterhaltsrelevante Abzüge und Aufwendungen vermindert. Demnach gelten als Einkommen alle dem Unterhaltsverpflichteten tatsächlich zufließenden und verfügbaren Mittel.691 Die Zweckbestimmung der unterhaltsrelevanten Mittel ist in Deutschland unterhaltsrechtlich gesehen grundsätzlich unbeachtlich.692 aa) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit (1) Das Arbeitseinkommen Das unterhaltspflichtige Arbeitseinkommen besteht aus dem Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung gesetzlicher Abzüge. Damit bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts an das Einkommen der Ehegatten angeknüpft werden kann, ist die Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens erforderlich.693 Vom Bruttoeinkommen sind nicht nur Steuern, sondern auch der zu zahlende Kindesunterhalt, berufsbedingte Aufwendungen oder ehebedingte Verbindlichkeiten abzuziehen.694 Bei der Unterhaltsbemessung sind darüber hinaus einige unterhaltsrechtlich relevante Ausgaben des Unterhaltsverpflichteten zu beachten.695 Als Bruttoeinkommen aus Arbeit gelten alle Leistungen, die dem Schuldner aus dem Arbeits- und Dienstverhältnis zufließen.696 Es wird angenommen, dass ein Monatslohn aus 41/3 Wochengehältern besteht.697 Die Grundlage für die 688

Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 977. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1581 Rn. 5. 690 Holzhauer, in: FS Hahne, S. 272. 691 BGH FamRZ 1980, 771=NJW 1980, 2081; BGH FamRZ 2004, 189= NJW 2012, 2190; Born, NJW 2012, 2193. 692 BGH FamRZ 1980, 771 = NJW 1980, 2081; NJW 1997, 919. 693 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 785 – 786. 694 Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 20. 695 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 785. 696 BGH FamRZ 2004, 186; 2012, 1201. 697 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 786. 689

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Berechnung von Unterhaltsleistungen stellt im Prinzip das Durchschnittseinkommen des letzten Kalenderjahres dar. Diese Berechnungsgrundlage kann in dem Fall modifiziert werden, in dem eine künftig einzutretende Änderung der Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen auf Dauer feststeht.698 Bei Einkommensminderungen trägt der Unterhaltsschuldner die Beweislast.699 (2) Einkommen aus selbstständiger Arbeit und Privatentnahmen Beim Arbeitseinkommen stellen sich beim Einkommen aus selbstständiger Arbeit sowie den Privatentnahmen Spezialfragen, für die andere Regeln gelten. Beim Einkommen aus selbstständiger Arbeit besteht die Berechnungsgrundlage aus drei – möglichst aufeinanderfolgenden – Jahren. Anstelle der gesetzlichen Sozialabgaben, die zu berücksichtigen sind, treten Beiträge für private Alters- und Krankenvorsorge.700 Privatentnahmen eines Unternehmers sind kein unterhaltspflichtiges Einkommen, wobei sie bei der Unterhaltsberechnung eine Rolle als Orientierungsmaßstab spielen können.701 Zu den arbeitsrechtlichen und damit unterhaltspflichtigen Bestandteilen des Lohnes gehören folgende Elemente, die entweder im Gesetz oder durch die Rechtsprechung festgelegt wurden: Weihnachtsgeld, Zusatzgehälter, Prämien, Leistungszulagen, Jubiläumszuwendungen, Trinkgeld, Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers, Familienzuschläge, Urlaubsgeld, Ministerialzulagen, Auslandszulagen, Auslandszuschläge, Auslandsverpflichtungsprämien, Sachzuwendungen, Sachentnahmen, Einkaufsvorteile, Betreuungsentgelte, Taschengelder des nicht erwerbstätigen oder zuverdienenden Partners von dem erwerbstätigen Partner, Erschwerniszulagen, Gewinnbeteiligung, vermögenswirksame Leistungen, Sparzulagen. Eine ausführliche Behandlung dieser Problembereiche würde an dieser Stelle jedoch zu weit führen, deswegen beschränkt sich die vorliegende Arbeit an dieser Stelle auf ihre Benennung als Bestandteile des unterhaltspflichtigen Einkommens.702 (3) Entgelt für zusätzliche Arbeit Bei der Festlegung des Einkommens stellt sich die Frage, ob das Entgelt für zusätzliche Arbeit, insbesondere Überstunden, zu dem unterhaltspflichtigen Einkommen zählt. Da zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich703 alle Einkünfte heranzuziehen sind, ist das tatsächlich erzielte 698

Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 786. Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 786. 700 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 787. 701 Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 788. 702 Ausführlicher dazu: Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 791 – 820. 703 Die diesbezüglichen Ausnahmen und ausführliche Informationen werden in anderen Veröffentlichungen dargestellt, beispielsweise: Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 821 – 835. 699

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Einkommen aus Mehrarbeit zu berücksichtigen.704 Der Unterhaltsverpflichtete kann jedoch Umstände darlegen, aus denen hervorgeht, dass dieses Einkommen nicht oder nicht in voller Höhe dem unterhaltspflichtigen Einkommen hinzuzurechnen ist.705 bb) Einkünfte aus Vermögen (1) Vermögenserträgnisse Neben den Erwerbsmöglichkeiten werden bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit die Vermögensmöglichkeiten des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt. Für Einkommen aus Vermögen gilt der Grundsatz, dass Erträge jeglicher Art aus Vermögen jeglicher Art dem unterhaltspflichtigen Einkommen zuzurechnen sind.706 In der deutschen Rechtsprechung kommen insbesondere folgende Einkünfte aus Vermögen vor: Zinsen, und zwar auch aus einer kapitalisierten Schmerzensgeldrente, Dividenden, Miete, Pacht, Spekulationsgewinne.707 (2) Vermögensverwertung Nach § 1581 S. 2 BGB braucht der unterhaltsverpflichtete Ehegatte den Stamm seines Vermögens für den Fall nicht zu verwerten, dass die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Aus dieser Vorschrift ergibt sich die Obliegenheit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, sein Vermögen für Unterhaltszwecke einzusetzen, damit er seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen kann.708 cc) Fiktive Einkünfte Den unterhaltsverpflichteten Ehegatten trifft nach der Ehescheidung genauso wie den unterhaltsberechtigten Ehegatten, eine Erwerbsobliegenheit.709 Im Gesetz wird allerdings nicht geregelt, auf welche Erwerbstätigkeiten der unterhaltsverpflichtete Ehegatte Rücksicht nehmen sollte.710 Die Verletzung der Erwerbsobliegenheit kann zur Annahme fiktiver Einkünfte führen.711 Fiktive Einkünfte sind solche Beträge, die für den Fall hinzuzurechnen sind, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit, ohne einen

704 705 706 707 708 709 710 711

BGH FamRZ 2004, 186. BGH FamRZ 2004, 186. BGH FamRZ 1985, 354; OLG Koblenz FamRZ 2000, 610. Niepmann, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 847. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1581 Rn. 8. Jauernig/Budzikiewicz, § 1581 Rn. 5. Jauernig/Budzikiewicz, § 1581 Rn. 4. Jauernig/Budzikiewicz, § 1581 Rn. 5.

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nachvollziehbaren Grund zu haben, nicht aufnimmt oder sein Vermögen nicht wirtschaftlich anlegt.712

IV. Der nacheheliche Unterhalt in der gerichtlichen Praxis 1. Unterhaltsbemessung Bei der Bestimmung des Unterhalts für die Ehegatten kommt in erster Linie der Halbteilungsgrundsatz in Betracht. Der Halbteilungsgrundsatz wird vom BVerfG aus Art. 6 I GG sowie Art. 3 II GG abgeleitet.713 Nach diesem Grundsatz wird das für den Unterhalt zur Verfügung stehende Einkommen gleichermaßen unter den beiden Ehegatten verteilt. Nach § 1360 S. 2 BGB wird die Haushaltsführung der Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Bei der Aufteilung des Einkommens beider Ehegatten nach dem Halbteilungsprinzip steht regelmäßig jedem Ehegatten die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens zu.714 Im Zusammenhang mit der Bedarfsbemessung ist in dem Fall von dem Halbteilungsgrundsatz abzuweichen, in dem der unterhaltsverpflichtete Ehegatte erwerbstätig ist. In einem solchen Fall wird der mit einer Erwerbstätigkeit zusammenhängende Aufwand dadurch berücksichtigt, dass auf Seiten des unterhaltsverpflichteten Ehegatten ein Abschlag zu machen ist. Dieser Abschlag erfüllt zugleich die Rolle des Anreizes zur Erwerbstätigkeit.715 So wird ein erwerbstätiger Unterhaltsverpflichteter bei der Bemessung des Bedarfs pauschal höherquotiert.716 Diese Vorgehensweise wird als Erwerbstätigenbonus bezeichnet und wird von den deutschen Gerichten als Ausgleich des berufsbedingten Mehrbedarfs sowie als Schaffung eines Arbeitsanreizes wahrgenommen. Je nach Funktion des Erwerbstätigenbonusses werden unterschiedliche Pauschalen angewendet, zum Beispiel eine 5 %-Pauschale mit der Anreizfunktion.717 Der Erwerbstätigenbonus ist anhand des bereinigten Erwerbseinkommens zu berechnen. Vor der Quotenbildung sind solche Beträge wie der berufsbedingte Mehraufwand, Kindesunterhalt und Schulden vom Einkommen abzuziehen. Bei Lohnersatzleistungen, zu denen Arbeitslosen- und Krankengeld gehören, und in den Fällen, in den der Unterhaltsverpflichtete von jeglicher Arbeitstätigkeit freigestellt wird, kommt dieser Bonus unter Berücksichtigung der Funktion des Erwerbstätigenbonusses nicht in Frage.718

712 713 714 715 716 717 718

Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 20. BVerfG FamRZ 2002, 527, 529. BGH NJW-RR 1987, 1218. Volker, in: Büte/Poppen/Menne, § 1578 Rn. 40. BGH FamRZ 1991, 304 = NJW-RR 1991, 132. Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 13. OLG Koblenz NJW-RR 2008, 1030; FamRZ 2008, 2281.

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

2. Quoten zur Bestimmung des Ehegattenunterhalts a) 3/7-Berechnung Die Festsetzung einer bestimmten Quote liegt beim Tatrichter.719 Allerdings hat sich in der gerichtlichen Praxis im Hinblick auf die Berechnung des nachehelichen Unterhalts die 3/7-Berechnungsmethode durchgesetzt. Hintergrund der 3/7-Berechnung ist der bereits diskutierte Halbteilungsgrundsatz. Aus unterhaltsrechtlicher Perspektive würde das Einkommen eigentlich zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten aufgeteilt. Durch die Verringerung des Unterhaltsanspruchs auf 3/7 des Einkommens soll den erwerbstätigen Ehegatten ein Leistungsanreiz gegeben werden.720 Nach der 3/7-Berechnung beträgt ein voller Unterhaltsanspruch 3/7 des gemeinsamen Nettoeinkommens der Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung. Wenn nur einer der Ehegatten ein Einkommen erzielt, hat er 3/7 von diesem Einkommen als Unterhalt an den anderen Ehegatten zu zahlen. In dem Fall, in dem zwar beide Ehegatten ein Einkommen erzielen, aber sich diese Einkommen der Höhe nach unterscheiden, beläuft sich der Unterhaltsanspruch auf 3/7 der Einkommensdifferenz.721 Das mit Hilfe der 3/7-Berechnung bemessene Unterhaltsmaß bildet in der Regel die Obergrenze des nachehelichen Unterhaltsanspruchs, wobei gelegentlich der sog. Vorsorgeunterhalt nach § 1578 III BGB und der unvorhergesehene Sonderbedarf nach § 1585b BGB geltend gemacht werden können.722 b) Die Erhöhungen oder Ermäßigungen der Tabellensätze Alle Tabellen gehen von Standardfällen aus. Seit dem 1. Januar 2010 beruht ein solcher Standardfall darauf, dass der Unterhaltsverpflichtete gegenüber zwei Berechtigten unterhaltspflichtig ist.723 In dem Fall, in dem die Tabelle auf Unterhaltssachen angewendet wird, in denen mehr oder weniger Unterhaltsberechtigte existent sind, werden die Tabellensätze modifiziert.

719 720 721 722 723

BGH FamRZ 2001, 1693; NJW 2001, 3779; FamRZ 1981, 442. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 19. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 19. Wellenhofer, Familienrecht, § 23 Rn. 19. Seiler, in: Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rn. 128.

D. Zwischenfazit

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D. Zwischenfazit I. Voraussetzungen Während in Deutschland die Ehe, sobald sie nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien als gescheitert anzusehen ist, geschieden wird, können die Eheleute in Polen selbstständig entscheiden, ob ihre zerrüttete Ehe gerichtlich getrennt oder geschieden wird. Leben die Eheleute in Deutschland im Zeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags seit mindestens einem oder drei Jahren getrennt, je nachdem ob sich die Eheleute über die Scheidung einig sind, stellt dies für das Gericht einen genügenden Scheidungsgrund dar. Das deutsche Gesetz geht davon aus, dass nach Ablauf bestimmter Trennungsfristen die Ehe gescheitert ist. Stellt das Gericht jedoch fest, dass die Voraussetzungen einer Scheidung nicht erfüllt sind, weist es das Scheidungsbegehren ab. Das deutsche Scheidungsrecht arbeitet mit Trennungsfristen, die unwiderlegbare Vermutungen begründen, sowie mit anderen Indizien. Durch die im deutschen Recht enthaltenen Vermutungen wird eine objektive und transparente Scheidung der Ehe ermöglicht. In Polen steht neben der Scheidung das Institut der gerichtlichen Ehetrennung, obwohl die Voraussetzungen und unterhaltsrechtlichen Folgen dieser Institute praktisch gesehen identisch sind. Auch das Verfahren für eine gerichtliche Ehetrennung ist das gleiche wie bei der Ehescheidung. Der einzige Unterschied besteht in der Aufrechterhaltung des Ehebandes. Bei der gerichtlichen Trennung ist die eheliche Lebensgemeinschaft durch das Getrennleben der Ehegatten zwar aufgehoben, aber das Eheband der Ehe bleibt bestehen. Bei einer Ehescheidung wird sowohl die eheliche Lebensgemeinschaft als auch das Eheband aufgelöst. Das polnische Recht stützt sich bei der Regelung von Voraussetzungen der gerichtlichen Trennung und Scheidung auf Generalklauseln. Die gesetzlichen Regelungen enthalten keine objektiven Trennungsfristen, nach deren Ablauf eine Ehezerrüttung unwiderlegbar vermutet werden könnte. Ein Versuch, die Voraussetzungen der gerichtlichen Trennung und Scheidung der Ehe zu präzisieren, wird in einigen höchstrichterlichen Entscheidungen vorgenommen. Diese Entscheidungen werden in der aktuellen Rechtsprechung ordentlicher Gerichte in unterschiedlichem Umfang beachtet. Es kommt einerseits zu Situationen, in denen eine Ehe nach beispielsweise einer halbjährigen Trennungszeit der Ehegatten geschieden wird, obwohl es zweifelhaft ist, ob die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung bei einem halbjährigen Getrenntleben erfüllt ist. Auf der anderen Seite wird eine Ehe nach einem beispielsweise zwanzigjährigen Getrenntleben der Ehegatten aber nur getrennt, weil das Gericht trotz des Vorliegens aller Scheidungsvoraussetzungen die Ehe in dem Fall nicht scheiden darf, in dem die Verfahrensparteien auf gerichtliche Trennung klagen. Obwohl sich die Voraussetzungen der gerichtlichen

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§ 1 Ehegattenunterhalt nach der Zerrüttung der Ehe

Trennung und der Scheidung im Gesetz unterscheiden, sind in der Rechtsprechung ordentlicher Gerichte keine Unterschiede festzustellen. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung wird dem Richter ein Ermessenspielraum eingeräumt, der mit Blick auf das Erfordernis der Rechtssicherheit fragwürdig sein könnte. Eine Präzisierung der Scheidungsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung erscheint in diesem Zusammenhang dringend erforderlich. Ein denkbarer und zudem einfacher Weg zur Vermeidung von Uneinheitlichkeiten in der Rechtsprechung wäre die Aufnahme in das FVGB eines zeitlichen Kriteriums, nach Ablauf dessen die Gerichte davon ausgehen würden, dass bei der jeweiligen Ehe die Ehe dauerhaft zerrüttet ist. Vorstellbar wäre auch eine einheitliche Prägung des Begriffs der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung durch die Rechtsprechung. Die Judikatur könnte dem Begriff einheitliche Konturen verleihen, ohne dass das FVGB geändert werden müsste.

II. Unterhaltsrechtliche Folgen Das Unterhaltsverfahren ist in Polen verschuldensabhängig. Der Umfang der nachehelichen Unterhaltspflicht hängt davon ab, ob ein einseitiges oder beiderseitiges Verschulden der Ehegatten vorliegt. In Deutschland gilt im Unterhaltsverfahren das Zerrüttungsprinzip, nach dem für die Unterhaltspflicht lediglich die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten entscheidend sind. Die Höhe eines Unterhaltsanspruchs wird zum einen durch die Bedürftigkeit und den Bedarf des Unterhaltsberechtigten zum anderen durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten bestimmt. In Polen enthalten weder das Recht noch die Rechtsprechung Indizien dafür, wie die Bedürftigkeit zu beziffern ist. In Deutschland wird, im Gegensatz zu Polen, versucht, die begründeten Bedürfnisse des Berechtigten unter Berücksichtigung objektiver Kriterien zu schematisieren, damit die Rechtsprechung in Unterhaltssachen bei der Unterhaltsbemessung feste Strukturen anwenden kann. Das Maß des Unterhalts richtet sich in Deutschland gemäß § 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Nach dem polnischen Recht orientiert sich das Maß des Unterhalts an den begründeten Bedürfnissen des Berechtigten sowie den Erwerbsmöglichkeiten und den Vermögenverhältnissen des Verpflichteten. Da es eine Aufgabe der Gerichte ist, den angemessenen Unterhalt genau zu bestimmen, sind diese Generalklauseln durch die Rechtsprechung zu konkretisieren. Die Herangehensweise der Gerichte jeweils in Polen und Deutschland ist durchaus unterschiedlich. Unterschiede ergeben sich schon bei der Ausgestaltung des Unterhaltsverfahrens. Die polnischen Gerichte sind an die Unterhaltsanträge der Parteien gebunden, was dazu führt, dass Unterhalt nur bis zur beantragten Höhe zugesprochen werden darf. Da den Verfahrensparteien jedoch keine Orientierungsmaßstäbe oder

D. Zwischenfazit

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Hilfsmittel zur Verfügung stehen, ist es unmöglich, den verlangten Unterhalt unter Berücksichtigung der gesetzlichen Maßstäbe für die Höhe eines Unterhaltsanspruchs zu beziffern. Darüber hinaus orientiert sich das Beweisverfahren in Unterhaltssachen an der Vernehmung der Parteien. Sowohl die begründeten Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten als auch der Selbstbehalt des unterhaltsverpflichteten Ehegatten werden vor allem anhand der Erklärungen der Parteien festgelegt. Dies führt dazu, dass den zugesprochenen Unterhaltsbeträgen von Fall zu Fall sich gravierend voneinander unterscheidende Bedarfsbeträge zugrunde gelegt werden. In Deutschland können die Gerichte die notwendigen Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Bei den Unterhaltsverhältnissen zwischen Ehegatten kommen vor allem Quoten und Leitlinien zur Anwendung. Die Tabellen, Quoten und Leitlinien sind jedoch unverbindlich und dienen nur als Orientierungshilfe bei der Ermittlung des konkreten Unterhalts im Einzelfall. Sie berücksichtigen typische Sachlagen, die nach Lebenserfahrung entwickelt wurden und lassen jegliche Abweichungen vom Standardfall außer Acht. Aus diesem Grunde dürfen diese Hilfsmittel bei der Berechnung des angemessenen Unterhalts nicht pauschal angewendet werden, sondern bedürfen einer weitgehenden Anpassung an die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls, die von dem Tatgericht vorgenommen wird. Während in Deutschland eine objektive und nachvollziehbare Unterhaltsbemessung möglich ist, sind die Kriterien für die Unterhaltsbemessung in Polen nicht präzise genug, um einen Unterhaltsanspruch objektiv und transparent beziffern und in einem Unterhaltsverfahren durchsetzen zu können. Die oben dargestellte Untersuchung hat gezeigt, dass de lege lata die unbestimmten Rechtsbegriffe wie insbesondere „Bedürftigkeit“, „begründete Bedürfnisse“, „Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse“, „Selbstbehalt“ durch die Gerichte bei der Unterhaltsbemessung unterschiedlich ausgelegt und angewendet werden. Die Rechtsunsicherheit über die Unterhaltsbemessung regt zur Formulierung von Verbesserungsvorschlägen für das eheliche Unterhaltsrecht in Polen an. Auf den Ergebnissen der Rechtsvergleichung aufbauend kann vorgeschlagen werden, auch im polnischen Recht gerichtliche Richtlinien zu entwickeln, die sowohl dem Gericht als auch den Verfahrensparteien im gerichtlichen Verfahren als Orientierungsmaßstab zur Verfügung stehen würden. So könnte im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Selbtsbehalt des Unterhaltsverpflichteten in einem festen Betrag ausgedrückt werden sowie die begründeten Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten katalogisiert werden, indem sich sowohl die Rechtsprechung als auch das Schrifttum diesem Begriff in abstracto annähern würden.

§ 2 Exkurs: Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts A. Einleitende Bemerkungen Bei einer Trennung oder Scheidung der Ehe wird außer über den Trennungs- oder den nachehelichen Unterhalt auch regelmäßig über den Unterhaltsanspruch gemeinsamer Kinder entschieden. Gemäß Art. 58 § 1 FVGB entscheidet das Gericht im Trennungsurteil (Scheidungsurteil) obligatorisch über die Höhe der Unterhaltspflicht jedes Ehegatten gegenüber gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern der Ehegatten.1 Diese Vorschrift betrifft ausschließlich gemeinschaftliche und zugleich minderjährige Kinder.2 Volljährige gemeinsame Kinder, die nach Art. 133 § 1 FVGB nicht in der Lage sind, ihren Unterhalt selbst zu bestreiten und dadurch unterhaltsberechtigt sind, müssen ihren Unterhaltsanspruch selbst in einem gesonderten Verfahren geltend machen.3 Auch im Verfahren vor deutschen Gerichten ist gemäß § 137 I FamFG über die Scheidung und die Folgesachen im Verbund zu verhandeln und zu entscheiden. Nach § 137 II FamFG gehören zu den Folgesachen Unterhaltssachen, welche die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber gemeinsamen Kindern zum Gegenstand haben. Die Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten gegenüber ihrem Kind hat bei der Gewährung und Bemessung des Trennungsunterhalts (nachehelichen Unterhalts) eine wesentliche Bedeutung. Während in Deutschland der Kindesunterhalt bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts nach § 1609 BGB Vorrang genießt, sind in Polen alle Unterhaltspflichten gleichrangig. Im Folgenden werden in erster Linie die entsprechenden polnischen und deutschen Regelungen bezüglich des Kindesunterhalts dargestellt. Als nächstes wird die Bemessung des Kindesunterhalts in der gerichtlichen Praxis, sowie das Verhältnis zwischen Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt nach der Ehezerrüttung analysiert.

1 Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 53; Niemiałtowska, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 325. 2 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 340. 3 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 340.

B. Voraussetzungen des Kindesunterhalts

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B. Voraussetzungen des Kindesunterhalts I. Polen Die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren Kindern regelt der Art. 133 FVGB.4 Aus dieser Regelung ergeben sich zwei unterschiedliche Arten der Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern. Art. 133 § 1 FVGB regelt den privilegierten Unterhaltsanspruch, der auf Seiten des unterhaltsberechtigten Kindes regelmäßig keine Bedürftigkeit voraussetzt.5 Aus Art. 133 § 2 FVGB ergibt sich die einfache Unterhaltspflicht, die in dem Fall relevant wird, in dem die Voraussetzungen für einen privilegierten Unterhaltsanspruch nicht erfüllt sind.6 Im Folgenden werden jeweils der privilegierte und einfache Unterhaltsanspruch dargestellt. 1. Privilegierter Unterhaltsanspruch Gemäß Art. 133 § 1 FVGB sind die Eltern gegenüber einem Kind, das noch nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, zum Unterhalt verpflichtet, es sei denn die Einkünfte aus dem Vermögen des Kindes decken die Kosten für seinen Unterhalt und seine Erziehung.7 Unterhaltsberechtigt sind sowohl eheliche und außerhalb der Ehe geborene Kinder,8 als auch minderjährige und volljährige Kinder, und zwar in dem Fall, in dem sie, unabhängig von ihrem Alter und ihrer Bedürftigkeit, noch keine finanzielle Selbstständigkeit erlangt haben.9 Die Regelung des Art. 133 § 1 FVGB umfasst darüber hinaus auch Adoptivkinder.10 Die einzige Voraussetzung für den Wegfall des Anspruchs auf Kindesunterhalt stellt dementsprechend die Erlangung der finanziellen Selbstständigkeit dar, wobei von einem minderjährigen Kind keine finanzielle

4

Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 65. OG v. 20. 01. 2000, Az. I CKN 1187/99, Legalis Nr. 56352; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 74; de Vries, FPR 2013, 68. 6 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 80. 7 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 294. 8 OG v. 16. 12. 1987, Az. III CZP 91/86, OSNC 1988 Nr. 4, Pos. 42 (nachstehend: „Richtlinien OG“ genannt), These V, S. 10; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 2; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 75; de Vries, FPR 2013, 68. 9 Richtlinien OG, These III, S. 5; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 1; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 2; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 12, § 53 Rn. 29. 10 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 2. 5

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§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

Selbstständigkeit erwartet werden kann.11 Maßgeblich für die finanzielle Selbstständigkeit sind jegliche Einkünfte des Kindes; dies sind vor allem: Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und Einkünfte aus Vermögen.12 Je nachdem, ob es sich um eine einfache oder privilegierte Unterhaltspflicht handelt, trifft das Kind auch eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms. Während das Kind bei einer privilegierten Unterhaltsverpflichtung nicht zur Verwertung seines Vermögensstamms verpflichtet ist, wird bei einer einfachen Unterhaltsverpflichtung regelmäßig von einer Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms des Unterhaltsberechtigten ausgegangen.13 Die Einkünfte haben Einfluss nicht nur auf das bloße Vorhandensein, sondern auch auf den Umfang der Unterhaltsverpflichtung.14 Minderjährige Kinder sind gemäß Art. 133 § 1 FVGB in dem Fall unterhaltsberechtigt, in dem dem Kind nicht zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder Vermögen selbst zu bestreiten. Der privilegierte Unterhaltsanspruch besteht, solange das Kind außer Stande ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.15 Die Unterhaltspflicht gegenüber gemeinsamen minderjährigen Kindern ist in dem Sinne privilegiert, dass auf der Seite des unterhaltsberechtigten Kindes keine Bedürftigkeit vorausgesetzt wird.16 Nach Art. 133 § 1 FVGB können Unterhaltsleistungen sowohl minderjährigen als auch volljährigen Kindern zugesprochen werden. Die Erreichung der Volljährigkeit durch das unterhaltsberechtigte Kind führt nämlich nicht automatisch zum Wegfall der Unterhaltspflicht seiner Eltern.17 Bei volljährigen Kindern kann jedoch unter bestimmten Umständen die einfache Unterhaltspflicht relevant werden. 2. Einfacher Unterhaltsanspruch Der einfache Unterhalt wird in Art. 133 § 2 FVGB geregelt. Gemäß dieser Regelung ist außer dem in § 1 dieser Vorschrift geregelten Fall nur derjenige unterhaltsberechtigt, der bedürftig ist. Während der privilegierte Unterhaltsanspruch

11 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 14; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 96 Rn. 7. 12 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 9 und 22. 13 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 31. 14 Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 39. 15 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 295. 16 OG v. 20. 01. 2000, Az. I CKN 1187/99, Legalis Nr. 56352; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 75; de Vries, FPR 2013, 68. 17 Richtlinien OG, These V, S. 9; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 14; Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 96 Rn. 7 und Art. 133 Rn. 5; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, S. 81.

B. Voraussetzungen des Kindesunterhalts

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keine Bedürftigkeit voraussetzt, wird bei der einfachen Unterhaltsverpflichtung regelmäßig eine Bedürfnislage vorausgesetzt. Einen Anspruch auf einfachen Kindesunterhalt nach Art. 133 § 2 FVGB hat ein Kind, welches bedürftig wird, nachdem es die Fähigkeit, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten, bereits erworben hat.18 Solche volljährigen gemeinsamen Kinder werden aus unterhaltsrechtlicher Perspektive so wie alle anderen Verwandten behandelt.19 Die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren volljährigen Kindern wird zusätzlich abgeschwächt. Die Eltern können sich nach Art. 133 § 3 FVGB von der Unterhaltspflicht gegenüber einem volljährigen Kind befreien, indem sie darlegen, dass die Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber dem volljährigen Kind eine zu große Härte für sie darstellen würde. Alternativ kann dargelegt werden, dass sich das volljährige Kind nicht ausreichend darum bemüht, selber für seinen Lebensunterhalt aufzukommen.20 Die Eltern sind volljährigen Kindern gegenüber regelmäßig unterhaltsverpflichtet, soweit das volljährige Kind sich durch eine Schulausbildung oder ein Studium um die Erlangung beruflicher Qualifikationen bemüht.21 Dies betrifft nach der Entscheidung des OG vom 24. März 2000 (Az. I CKN 1538/99) auch den Fall, dass sich ein volljähriges Kind trotz eines erfolgreichen Hochschulabschlusses weiterbilden möchte und zugleich entsprechende wissenschaftliche Grundlagen zur Weiterbildung hat. Sogar eine schwierige materielle Lage der unterhaltspflichtigen Eltern stellt in diesem Fall keine Grundlage für die Befreiung von der Unterhaltspflicht dar.22 Soweit die Eltern jedoch darlegen, dass das Kind in seiner Ausbildung keine Fortschritte macht oder seine Prüfungen nicht erfolgreich ablegt, können sie sich von dieser Unterhaltspflicht gegenüber einem volljährigen Kind befreien.23 In extremen Situationen kann sogar eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung der Eltern begründet sein. Es handelt sich an dieser Stelle um lebenslange Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern mit angeborenen oder später erworbenen Be18 Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 16; Gralla/Leonhardt, Das Unterhaltsrecht in Osteuropa, S. 143; Gromek, in: Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 39. 19 Stojanowska, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 11, § 45 Rn. 340. 20 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 295; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 17; Gromek, in: Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 5; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 81; de Vries, FPR 2013, 68. 21 OG v. 27. 01. 1999, Az. II CKN 828/97, Legalis Nr. 63701. 22 OG v. 24. 03. 2000, Az. I CKN 1538/99, Legalis Nr. 56351. 23 Richtlinien OG, These V, S. 10; OG v. 10. 12. 1998, Az. I CKN 1104/98, Legalis Nr. 188122; Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 295; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 83.

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§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

hinderungen, geistigen Unterentwicklungen oder auch anderen schweren Krankheiten.24

II. Deutschland Der Kindesunterhalt ist in den §§ 1601 ff. BGB gesetzlich normiert.25 Gemäß § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Diese Vorschrift bezieht sich auf die Unterhaltsverpflichtung zwischen Verwandten, darunter fällt auch der Kindesunterhalt, wobei der Kindesunterhalt innerhalb des Systems des Verwandtenunterhalts besonders geregelt wird.26 In Bezug auf den Kindesunterhalt enthält das Gesetz zahlreiche Besonderheiten, die entweder nur für minderjährige Kinder oder auch für volljährige Kinder gelten.27 Soweit diese Besonderheiten nicht eingreifen, bemisst sich der Unterhaltsanspruch nach den allgemeinen Regeln des Verwandtenunterhalts.28 1. Unterhaltsberechtigung minderjähriger Kinder Gemäß § 1602 I BGB ist nur derjenige unterhaltsberechtigt, der nicht im Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Nach § 1602 II BGB kann ein minderjähriges, unverheiratetes Kind auch in dem Fall, in dem es Vermögen hat, von seinen Eltern die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und das Einkommen aus seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen. 2. Unterhaltsberechtigung volljähriger unverheirateter Kinder Grundsätzlich obliegt es den volljährigen Kindern, alles Zumutbare zu unternehmen, um selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.29 Es wird angenommen, dass die volljährigen Kinder für sich selbst verantwortlich sind. Beim Unterhalt volljähriger Kinder finden bei einer solchen Annahme die Grundsätze des Verwandtenunterhalts Anwendung.30 24

Richtlinien OG, These V, S. 10; Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 295; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 133 Rn. 12; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, S. 80. 25 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 2. 26 Jauernig/Budzikiewicz, §§ 1601 – 1604 Rn. 2; Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1047. 27 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1050. 28 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1050. 29 Jauernig/Budzikiewicz, §§ 1601 – 1604 Rn. 4. 30 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1048.

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts

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Ausnahmsweise kann die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren volljährigen Kindern nach der Vollendung des 18. Lebensjahres fortdauern. Dies ist darauf zurückzuführen, dass volljährige Kinder oft bei Erreichen der Volljährigkeit ökonomisch noch nicht selbstständig sind und sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befinden.31 Bei volljährigen Kindern ist jedoch danach zu differenzieren, ob das Kind bisher schon irgendwann eine ökonomische Selbstständigkeit erreicht hat bzw. hätte erreichen können, und danach wieder bedürftig wird, oder aber eine selbstständige Stellung noch nie erreicht wurde.32 Die volljährigen, noch bei den Eltern lebenden Schulkindern stehen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres in einigen Konstellationen den minderjährigen unverheirateten Kindern sogar gleich.33

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts I. Polen Der gesetzliche Umfang der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren Kindern ist identisch mit dem in Art. 135 § 1 FVGB geregelten gesetzlichen Umfang des Trennungs- und Scheidungsunterhalts.34 Der Art. 135 § 1 FVGB gewährt dem Tatrichter danach einen großen Ermessensspielraum bei der Entscheidung über die Unterhaltshöhe.35 Maßstäbe für die Unterhaltspflicht sind nach Art. 135 § 1 FVGB die begründeten (auch: gerechtfertigten36) Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten.37 Bei Betrachtung dieser Bedürfnisse ist beim privilegierten Kindesunterhalt der Grundsatz der gleichen Teilhabe der Familienmitglieder zu berücksichtigen,38 welcher den Unterhaltsberechtigten zum gleichen Lebensstandard, wie er beim Unterhaltsverpflichteten be31

Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1048. Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1048. 33 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1048. 34 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 99. 35 Wiercin´ski, Potrzeby uprawnionego i moz˙ liwos´ci zobowia˛zanego do s´wiadczen´ alimentacyjnych. Uwagi do art. 135 k.r.o, Rodzina i Prawo Nr. 30 – 31 2014, S. 36. 36 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 296. 37 Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 53; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 132; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski (Hrsg.), System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 12, § 53 Rn. 47. 38 Richtlinien OG, These IV; vgl. Ignatowicz/Nazar, Prawo rodzinne, § 39 Rn. 964; vgl. Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 164; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski, Art. 133 Rn. 3. 32

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§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

steht, berechtigt.39 Der Grundsatz der gleichen Teilhabe gilt insbesondere in den Eltern – Kind – Verhältnissen, und zwar sowohl bei den mit den Eltern zusammenlebenden als auch bei den getrenntlebenden Kindern.40 1. Begründete Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Kindes Die Höhe des Kindesunterhalts orientiert sich in erster Linie an den begründeten Bedürfnissen des unterhaltsberechtigten Kindes.41 Den allgemeinen Umfang der Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrem Kind regelt der Art. 96 FVGB.42 Gemäß Art. 96 FVGB sollte der Kindesunterhalt sowohl die physischen als auch geistigen Bedürfnisse des Kindes umfassen, so dass es in der Zukunft, je nach seinen Begabungen, zum Wohl der Gesellschaft handeln kann. Nach Art. 128 FVGB umfasst die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern sowohl Unterhalts- als auch Erziehungskosten.43 Die begründeten Bedürfnisse eines Kindes können nicht eindeutig definiert werden.44 Allerdings gehören zu den begründeten Bedürfnissen des unterhaltsberechtigten Kindes solche Bedürfnisse, deren Befriedigung dem Kind eine seinem Alter, seinen Fähigkeiten und Begabungen entsprechende sowohl physische als auch geistige Entwicklung ermöglicht.45 Außer dem Alter ist allerdings auch der Wohnort des Kindes zu berücksichtigen.46 Art und Umfang dieser Bedürfnisse hängen auch von der Verkettung unterschiedlicher sozialer und wirtschaftlicher Umstände ab, in denen der Unterhaltsberechtigte zu leben hat.47 Im Schrifttum wird die Meinung geäußert, dass die begründeten Bedürfnisse der Kinder aus armen Familien sich von den begründeten Bedürfnissen der Kinder aus reichen Familien unterscheiden können.48 Zugleich wird jedoch davon ausgegangen, dass die Höhe der Unterhaltsleistungen für Kinder nicht zusammen mit dem Wohlstand der Familien wachsen, weil die begründeten Bedürfnisse insbesondere 39 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 297; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 75, 134. 40 Richtlinien OG, These IV, S. 7; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 25. 41 Wiercin´ski, Potrzeby uprawnionego i moz˙ liwos´ci zobowia˛zanego do s´wiadczen´ alimentacyjnych. Uwagi do art. 135 k.r.o, Rodzina i Prawo 2014 Nr. 30 – 31, S. 34. 42 Richtlinien OG, These IV, S. 7; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 138; Schneider, Rechtsprobleme bei familienrechtlichen Unterhaltszahlungen in Wirtschaftsgebieten mit niedrigem Lebensstandard, S. 93. 43 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 139. 44 Richtlinien OG, These IV, S. 7. 45 Richtlinien OG, These IV, S. 7. 46 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 139. 47 Richtlinien OG, These IV, S. 7. 48 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 165.

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts

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kleiner Kinder regelmäßig konstant und unabhängig von dem Einkommen der Eltern sind. Die Einkommensverhältnisse der Eltern können erst für jugendliche Kinder eine Rolle spielen. Bei jugendlichen Kindern kann es sich nämlich hinsichtlich der begründeten Bedürfnisse beispielsweise um teure Hobbies und Ausflüge ins Ausland handeln.49 Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es unmöglich, die begründeten Bedürfnisse eines Kindes zu katalogisieren, um eine einfachere Abgrenzung der begründeten von den unbegründeten Bedürfnissen zu ermöglichen.50 In jedem Fall hat das Gericht nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Bei der Festlegung der begründeten Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Kindes sind die Lebenslage sowohl des unterhaltsberechtigten Kindes als auch des unterhaltsverpflichteten Elternteils und konkrete gesellschaftlich-wirtschaftliche Bedingungen des Unterhalts zu berücksichtigen.51 Demnach sind beide Eltern, abhängig von ihren Möglichkeiten, verpflichtet, dem Kind Mittel zur Verfügung zu stellen, welche sowohl seine physischen als auch geistigen Bedürfnisse decken werden. Vom Unterhalt sind dementsprechend folgende Posten umfasst: Wohnungs- und Ernährungskosten, Kosten einer den Fähigkeiten des Unterhaltsberechtigten entsprechenden Ausbildung, Kosten von Urlaub und Hobbyausübung.52 Bei jedem Kind müssen die grundlegenden Existenzbedingungen in Form von seinem Alter und seiner Lebensführung entsprechender Ernährung, Kleidung, Grund- und weiterführenden Ausbildung, Krankenversorgung sowie Schutz seiner Person und seines Vermögens durch Unterhalt gesichert werden.53 Die Befriedigung weiterer, über das Existenzminimum hinausgehender, Bedürfnisse kann nur in dem Fall verlangt werden, in dem der Vermögensstand des unterhaltsverpflichteten Elternteils dies ermöglicht.54 In der Regel ändern sich die Bedürfnisse der unterhaltsberechtigten Kinder mit dem Alter der Kinder.55 Je älter das Kind wird, desto mehr Bedürfnisse sind aus unterhaltsrechtlicher Perspektive gerechtfertigt. Gemäß Art. 138 FVGB kann in dem Fall, in dem sich die unterhaltsrelevanten Umstände geändert haben, von jedem Ehegatten eine Änderung der gerichtlichen Entscheidung oder des Vertrages u¨ ber die Unterhaltspflicht verlangt werden. Unter dem Begriff der Änderung der Umstände i.S.v. Art. 138 FVGB wird die Änderung zumindest einer der Voraussetzungen nach Art. 135 § 1 FVGB verstanden, d. h. entweder der begründeten Bedürfnisse des 49

Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 165. Richtlinien OG, These IV, S. 7. 51 Richtlinien OG, These IV, S. 7. 52 Richtlinien OG, These IV, S. 7; vgl. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 133. 53 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 138. 54 Richtlinien OG, These IV, S. 7. 55 Gwiazdomorski, Tres´c´ i zakres obowia˛zku alimentacyjnego, KSP Rok VII – 1975, S. 25 – 26. 50

146

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

unterhaltsberechtigten Kindes oder der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der unterhaltsverpflichteten Eltern.56 2. Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Elternteils a) Erwerbsobliegenheit des unterhaltsverpflichteten Elternteils Bei der Bewertung der Erwerbs- und Vermögensmöglichkeiten des Unterhaltsverpflichteten wird in erster Linie seine feste Vergütung berücksichtigt. Zur festen Vergütung gehören nicht nur das Grundgehalt, sondern insbesondere auch Prämien und Zulagen sowie Sachleistungen.57 Da beim Kindesunterhalt beide Elternteile dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig sind, gehört das Einkommen beider Elternteile zum unterhaltspflichtigen Einkommen.58 Das Gericht hat in jeder Unterhaltssache das Einkommen beider Elternteile zu prüfen. Auch in dem Fall, in dem die Mutter dem Kind gegenüber naturalunterhaltspflichtig ist, ist es unzulässig, von der Prüfung ihres unterhaltspflichtigen Einkommens abzusehen.59 Die Eltern können sich nicht dadurch von der Unterhaltspflicht gegenüber ihrem gemeinsamen Kind befreien, dass die Erfüllung dieser Unterhaltspflicht für sie eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die unterhaltsverpflichteten Eltern sind sogar bei geringsten Erwerbsmöglichkeiten und beim geringsten Vermögen zum Kindesunterhalt verpflichtet.60 Die unterhaltsverpflichteten Eltern trifft in dieser Hinsicht sowohl eine Erwerbsobliegenheit als auch eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms.61 Die Eltern haben überhaupt keine Erwerbsmöglichkeiten und kein Vermögen, wenn sie aufgrund ihres Gesundheitszustands keine Erwerbstätigkeit aufnehmen können und keine Sozialleistungen bekommen sowie über kein Vermögen verfügen.62 Zu beachten ist jedenfalls, dass die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihrem minderjährigen Kind keineswegs zur Bedürftigkeit der Eltern führen darf.63 56

Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 166. Richtlinien OG, These IV, S. 9. 58 Wiercin´ski, Potrzeby uprawnionego i moz˙ liwos´ci zobowia˛zanego do s´wiadczen´ alimentacyjnych. Uwagi do art. 135 k.r.o, Rodzina i Prawo 2014 Nr. 30 – 31, S. 34. 59 OG v. 08. 08. 1980, Az. III CRN 144/80, Legalis Nr. 22183. 60 Richtlinien OG, These IV, S. 7; Gromek, in: Gromek (Hrsg.), Kodeks rodzinny i opiekun´czy. Komentarz, Art. 96 Rn. 5; Pietrzykowski, in: Pietrzykowski, Art. 133 Rn. 3; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 143; de Vries, FPR 2013, 68. 61 OG v. 24. 03. 2000, Az. I CKN 1538/99, Legalis Nr. 56351. 62 Richtlinien OG, These IV, S. 8. 63 Richtlinien OG, These IV, S. 8; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 144. 57

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts

147

In den meisten Fällen sind die Erwerbsmöglichkeiten des unterhaltsverpflichteten Elternteils identisch mit dem von ihm tatsächlich erzielten Einkommen. Dieses Einkommen wird regelmäßig aufgrund von abgegebenen Steuererklärungen festgestellt. Es kann jedoch passieren, dass dem Unterhaltsverpflichteten fiktive Einkünfte angerechnet werden, die das Gericht in dem Fall berücksichtigt, in dem der Unterhaltsberechtigte ein höheres Einkommen hätte erzielen können.64 b) Fiktive Einkünfte Der Begriff der fiktiven Einkünfte umfasst außer den tatsächlich erzielten Einkünften auch diejenigen Einkünfte, die der Unterhaltsverpflichtete hätte erzielen können.65 Es handelt sich an dieser Stelle um solche Fälle, in denen der Unterhaltsverpflichtete trotz einer angemessenen Ausbildung keine Berufstätigkeit in dem erlernten Beruf aufnimmt.66 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang der Art. 136 FVGB. Die Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des unterhaltsverpflichteten Elternteils bezeichnen sowohl die tatsächlich erzielten Einkünfte als auch die fiktiven Einkünfte der Eltern des unterhaltsberechtigten Kindes.67 Gemäß Art. 136 FVGB werden der unterhaltsverpflichteten Person in dem Fall fiktive Einkünfte angerechnet, in dem sie während der letzten drei Jahre vor der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche ohne wichtigen Grund auf ein Vermögensrecht verzichtet oder auf eine andere Art den Verlust eines solchen erlitten hat, oder sie auf ihre Beschäftigung verzichtet bzw. diese gegen eine eingetauscht hat, die schlechter vergütet wird. Grundsätzlich ist die Regelung der fiktiven Einkünfte in Bezug auf den Trennungsunterhalt (Scheidungsunterhalt) und Kindesunterhalt identisch. Aus diesem Grunde wird an dieser Stelle auf die dortigen Ausführungen verwiesen (siehe § 1 B. IV. 1. b) ee)). 3. Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt Gemäß Art. 135 § 2 FVGB kann die Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind, das außer Stande ist, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen oder gegenüber einer behinderten Person auch ganz oder teilweise auf den persönlichen Bemühungen für den Unterhalt und die Erziehung des Berechtigten beruhen.68 Gegenüber einem Kind ist dementsprechend jede Form elterlicher Unterhaltsleis64 Wiercin´ski, Potrzeby uprawnionego i moz˙ liwos´ci zobowia˛zanego do s´wiadczen´ alimentacyjnych. Uwagi do art. 135 k.r.o, Rodzina i Prawo 2014 Nr. 30 – 31, S. 44. 65 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 141. 66 Richtlinien OG, These IV, S. 7 – 8. 67 Richtlinien OG, These IV, S. 8. 68 Wiercin´ski, Potrzeby uprawnionego i moz˙ liwos´ci zobowia˛zanego do s´wiadczen´ alimentacyjnych. Uwagi do art. 135 k.r.o, Rodzina i Prawo 2014 Nr. 30 – 31, S. 47; Białecki, Separacja. Komentarz. Wzory pism, S. 53; Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 157.

148

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

tungen zulässig. Die Erfüllung einer Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern kann entweder in Form von Geldleistungen oder in Form von Erziehungsmaßnahmen erfolgen.69 Grundsätzlich sollten jedoch beide Eltern je zur Hälfte die Unterhaltskosten ihrer Kinder tragen.70 Diese Regelung wird vor allem in solchen Fällen angewendet, in denen ein Elternteil naturalunterhaltspflichtig, der andere Elternteil dagegen barunterhaltspflichtig ist. Wenn kein Wechselmodell vereinbart wurde und das Kind ständig bei einem Elternteil wohnt, ist der andere Elternteil zur Deckung der Unterhaltskosten oder der Erziehungskosten in bar verpflichtet.71 Gemäß Art. 135 § 2 FVGB sind Barund Naturalunterhalt gleichwertig. Im Schrifttum wird angenommen, dass in dem Fall, in dem das Sorgerecht nur einem Ehegatten übertragen wurde, derjenige Ehegatte, der kein Sorgerecht über das Kind ausübt, durch in Geld ausgedrückte Unterhaltsleistungen einzelfallabhängig mindestens 60 % der begründeten Bedürfnisse des Kindes zu decken hat. Derjenige Elternteil, bei dem das Kind wohnt, und der das Sorgerecht über das Kind ausübt, sollte dahingegen nicht verpflichtet werden, konkrete Geldleistungen zu erbringen.72 Es wird dementsprechend zwischen Unterhaltskosten im Sinne von Barunterhalt und Erziehungskosten oder sonstigen Unterhaltskosten im Sinne von Naturalunterhalt unterschieden.73 Bei der Wahl der Form der von den Eltern zu erbringenden Unterhaltsleistungen sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.74

II. Deutschland 1. Bedürftigkeit und Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes In § 1602 I BGB ist das Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverantwortung in dem System des Verwandtenunterhalts normiert.75 Gemäß § 1602 I BGB ist nur derjenige unterhaltsberechtigt, der nicht im Stande ist, selbst für seinen Unterhalt aufzukommen. Diese Vorschrift enthält somit die Begriffsbestimmung der Bedürftigkeit.76 69

Richtlinien OG, These IV, S. 8; Smyczyn´ski, in: Smyczyn´ski, System prawa prywatnego. Prawo rodzinne i opiekun´cze. Bd. 12, § 53 Rn. 46; Ignatowicz/Nazar, Prawo rodzinne, § 39 Rn. 964. 70 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 166. 71 Gwiazdomorski, Tres´c´ i zakres obowia˛zku alimentacyjnego, KSP Rok VII – 1975, S. 5; Wiercin´ski, Potrzeby uprawnionego i moz˙ liwos´ci zobowia˛zanego do s´wiadczen´ alimentacyjnych. Uwagi do art. 135 k.r.o, Rodzina i Prawo 2014 Nr. 30 – 31, S. 48. 72 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 166. 73 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 297. 74 Richtlinien OG, These IV, S. 7. 75 BGH NJW 1985, 806. 76 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 1.

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts

149

Das Maß des Kindesunterhalts ist geregelt in der allgemeinen Vorschrift des § 1610 BGB.77 Gemäß § 1610 I BGB orientiert sich das Maß des zu gewährenden angemessenen Unterhalts an der Lebensstellung des Bedürftigen.78 Bei einem Kind, welches sich eine eigene Lebensstellung noch nicht schaffen konnte, richtet sich die Lebensstellung nach der Lebensstellung seiner Eltern.79 Ein Kind kann jedoch durch seine Begabung und Fähigkeiten bereits eine eigene Stellung geschaffen haben.80 Bei volljährigen Kindern kommt es insbesondere darauf an, ob sie bereits eine finanzielle Selbstständigkeit erreicht haben.81 Nach § 1610 II BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf, einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.82 Zum allgemeinen Lebensbedarf zählen darüber hinaus Krankheits- bzw. Krankenversicherungskosten, angemessene Aufwendungen zur Pflege kultureller Bedürfnisse und der sog. Mehrbedarf.83 Zu beachten ist jedenfalls, dass die Bedürfnisse minderjähriger Kinder abhängig von den Entwicklungszielen der Personensorge einschließlich einer begabungs- und neigungsgerechten Ausbildung sind.84 Der Bedarf kann regelmäßig durch Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und Vermögen oder auch durch Verwertung des Vermögensstamms gedeckt werden. Im Folgenden wird erörtert, ob für Kinder zur Deckung ihres Bedarfs eine Erwerbsobliegenheit und eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms besteht. a) Einkünfte aus Erwerbstätigkeit Regelmäßig wird der Unterhaltsbedarf durch Einkünfte aus Erwerbstätigkeit gedeckt. Ob für das unterhaltsberechtigte Kind eine Erwerbsobliegenheit besteht, richtet sich in erster Linie danach, ob es sich um ein minderjähriges oder volljähriges Kind handelt.85

77

Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1059. Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 4. 79 Jauernig/Budzikiewicz, § 1610 Rn. 2; Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1610 Rn. 4. 80 Jauernig/Budzikiewicz, § 1610 Rn. 2. 81 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1610 Rn. 4. 82 Jauernig/Budzikiewicz, § 1610 Rn. 2. 83 Jauernig/Budzikiewicz, § 1610 Rn. 4. 84 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1063. 85 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 3. 78

150

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

aa) Minderjährige Kinder Im Hinblick auf die Einkünfte des Kindes aus Erwerbstätigkeit ist das minderjährige Kind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, durch Erwerbstätigkeit selbst für seinen Unterhalt aufzukommen.86 Minderjährigen Kindern werden im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit volljährige Kinder, die sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befinden (privilegierte Volljährige), gleichgestellt.87 Ein Volljähriger, der sich in einer von der Unterhaltspflicht der Eltern umfassten Schul- oder Berufsausbildung befindet, ist nicht verpflichtet, ausserhalb seines Ausbildungsganges eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.88 bb) Volljährige Kinder Volljährige Kinder müssen grundsätzlich selbst für ihren Unterhalt sorgen.89 Nur ausnahmsweise können sich, je nach den Umständen des Einzelfalls, auch für volljährige Kinder Einschränkungen hinsichtlich ihrer Erwerbsobliegenheit ergeben.90 Eine Einschränkung der Erwerbsobliegenheit eines volljährigen Kindes kann sich vor allem aus einer von den unterhaltsverpflichteten Eltern geschuldeten Schuloder Berufsausbildung ergeben.91 b) Einkünfte aus Vermögen Einkünfte aus Vermögen sind regelmäßig zur Deckung des eigenen Bedarfs einzusetzen. Dabei ist unterhaltsrechtlich gesehen die Herkunft des Vermögens irrelevant.92 Im Hinblick auf die Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms und den bedarfsdeckenden Einsatz dieser Vermögenssubstanz wird auch zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern differenziert.93 aa) Minderjährige Kinder Ein minderjähriges Kind trifft, im Gegensatz zu anderen Unterhaltsberechtigten, keine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms, um für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen zu können.94 Gemäß § 1602 II BGB kann ein minderjähriges 86

Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 4; Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1063. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 7. 88 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 7. 89 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 6. 90 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 6. 91 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 7. 92 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 31. 93 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 32. 94 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 32; Jauernig/Budzikiewicz, § 1601 – 1604 Rn. 8; Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1052. 87

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts

151

Kind nämlich auch in dem Fall, in dem es über ein eigenes Vermögen verfügt, die Gewährung von Unterhalt verlangen, und zwar insoweit als die Einkünfte seines Vermögens und aus seiner Erwerbstätigkeit zur Deckung des eigenen Bedarfs nicht ausreichend sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Eltern nicht leistungsfähig sind bzw. der angemessene Unterhaltsbedarf des unterhaltspflichtigen Elternteils gefährdet wäre, hat das Kind nach § 1603 II 3 BGB auch den Stamm seines Vermögens zu verwerten.95 bb) Volljährige Kinder Volljährige Kinder trifft grundsätzlich eine Obliegenheit zur Verwertung ihres Vermögensstamms. Die Verwertung der Substanz ihres Vermögens kann allerdings ausnahmsweise je nach den Umständen des Einzelfalls unzumutbar sein.96 2. Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten Die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Verwandten ist geregelt in § 1603 BGB. Gemäß § 1603 I BGB ist nur derjenige unterhaltspflichtig, der mit Rücksichtnahme auf seine sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts im Stande ist, den Unterhalt zu gewähren. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit sind sowohl Einkommen als auch Vermögen unterhaltsrelevant.97 a) Einkommen aus Erwerbstätigkeit Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Elternteils in § 1603 II BGB geregelt. Die Vorschrift des § 1603 II BGB stellt eine abschließende gesetzliche Regelung dar. Sie kann nicht um weitere Fallgruppen erweitert werden.98 Durch § 1603 II BGB wird die Unterhaltspflicht gegenüber unverheirateten minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern verschärft.99 Zu berücksichtigen ist zum einen ein verschärfter Mitteleinsatz, zum anderen eine verschärfte Erwerbsobliegenheit der unterhaltspflichtigen Eltern.100

95

Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 32; Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1052. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1602 Rn. 32. 97 Jauernig/Budzikiewicz, § 1601 – 1604 Rn. 12. 98 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 81. 99 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 64. 100 Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 82 – 83.

96

152

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

aa) Verschärfter Mitteleinsatz Es handelt sich an dieser Stelle um eine gesteigerte Unterhaltspflicht.101 Dementsprechend können sich die unterhaltspflichtigen Eltern gegenüber unverheirateten minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern nicht auf ihren angemessenen Unterhalt berufen.102 Gemäß der Regelung des § 1603 II BGB sind die Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber dazu verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für Unterhaltszwecke zu verwenden, und zwar gleichermaßen für ihren eigenen und den Unterhalt ihrer Kinder. Dementsprechend können sich die Eltern ihren minderjährigen Kindern gegenüber nicht darauf berufen, dass durch die Unterhaltsleistungen ihr eigener Unterhalt gefährdet wird. Alle den Eltern zur Verfügung stehenden Mittel sind gleichermaßen für den Kindesunterhalt und für ihren eigenen angemessenen Unterhalt zu verwenden.103 Gleichermaßen bedeutet in gleicher Weise je nach Dringlichkeit der Bedürfnisse.104 Die Eltern sind sogar in einer Notlage zur absoluten Solidarität mit ihren minderjährigen Kindern verpflichtet.105 Der unterhaltspflichtige Elternteil ist im Falle einer gesteigerten Unterhaltspflicht verpflichtet, auch derartige Einkünfte für den Unterhalt des unterhaltsberechtigten Kindes heranzuziehen, die aufgrund ihrer besonderen sozialpolitischen Funktionen normalerweise unterhaltsrechtlich gesehen nicht als Einkommen einzustufen wären.106 bb) Verschärfte Erwerbsobliegenheit Die Verschärfung der Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1603 II 1 BGB zieht außer einem verschärften Mitteleinsatz auch eine verschärfte Erwerbsobliegenheit nach sich. Die unterhaltsverpflichteten Eltern sind ihren minderjährigen Kindern gegenüber dazu verpflichtet, alle ihnen zumutbaren Einkünfte zu erzielen und ihre Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich zu Unterhaltszwecken einzusetzen. In Frage kommen nötigenfalls auch solche Tätigkeiten, die ihrer bisherigen sozialen Stellung nicht entsprechen, und Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten, Arbeitsleistungen am Wochenende oder an Tagesrandzeiten.107

101 102 103 104 105 106 107

Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 75 – 76. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 2. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 2. Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1053. Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1053. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 82. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 83.

C. Maßstäbe für die Höhe des Kindesunterhalts

153

b) Einsatz des Vermögens Die unterhaltspflichtigen Eltern sind dazu verpflichtet, vorrangig die Einkünfte aus ihrem Vermögen heranzuziehen.108 Reichen die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und Vermögen zur Befriedigung des Unterhaltsbedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes nicht aus, sind die unterhaltsverpflichteten Eltern regelmäßig auch dazu verpflichtet, den Stamm ihres Vermögens zu verwerten.109 Nach § 1603 II BGB trifft die Eltern im Bedarfsfall eine Erwerbsobliegenheit sowie notfalls eine Obliegenheit zur Verwertung des Stamms ihres Vermögens, um den Kindesunterhalt sichern zu können.110 Gemäß § 1603 II 3 BGB können sich die Eltern jedoch in dem Fall von der Unterhaltspflicht ihrem minderjährigen Kind gegenüber befreien, in dem ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist oder das Kind die Substanz seines Vermögens verwerten kann.111 Wenn der unterhaltsverpflichtete Elternteil eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit nicht aufnimmt, werden ihm fiktive Einkünfte angerechnet.112 Umgekehrt werden überobligationsmäßige Einkünfte nur begrenzt berücksichtigt.113 c) Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils Der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils ist der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen.114 In der Düsseldorfer Tabelle werden nämlich pauschal feste Sätze des Selbstbehalts festgelegt.115 Bei Unterhaltsverpflichtungen gegenüber volljährigen Kindern beträgt der Selbstbehalt der Eltern etwa 1.400 Euro. Bei Unterhaltsverpflichtungen gegenüber minderjährigen Kindern dürfen die unterhaltsverpflichteten Eltern nach § 1603 II BGB nur den notwendigen Selbstbehalt, der tabellarisch für erwerbstätige Unterhaltspflichtige etwa 1.160 Euro beträgt, absetzen.116 Gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern wird die Unterhaltspflicht nämlich verschärft. Sie findet „erst dort ihre Grenze, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Fortexistenz zu sichern“.117

108 109 110 111 112 113 114 115 116 117

Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 32. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 33. BGH FamRZ 1989, 170. Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1053. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 7. BGH FamRZ 2011, 454. Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1054. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 60. Jauernig/Budzikiewicz, §§ 1601 – 1604 Rn. 17. Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1603 Rn. 64.

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§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

3. Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt a) Minderjährige Kinder Derjenige Elternteil, der das minderjährige Kind betreut, erfüllt nach § 1606 III 2 BGB seine Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich durch seine Pflege- und Erziehungsleistungen118 und schuldet dem unterhaltsberechtigten Kind regelmäßig keinen Barunterhalt.119 Der andere Elternteil ist in diesem Fall nach Maßgabe seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse barunterhaltspflichtig. Gemäß § 1612 I BGB ist der Barunterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Die Eltern können jedoch die Art und zeitlichen Voraussetzungen des Unterhalts für unverheiratete Kinder bestimmen, vor allem den Unterhaltsbedarf des Kindes durch eine Versorgung im eigenen Haushalt decken.120 Gemäß § 1606 III 2 BGB sind der Bar- und Naturalunterhalt gleichwertig,121 solange das unterhaltsberechtigte Kind minderjährig und nicht verheiratet ist.122 Die Regel der Gleichwertigkeit von Betreuungs- und Barunterhalt nach § 1606 III 2 BGB gilt nur im Prinzip. Sie wird nämlich vor allem dadurch eingeschränkt, dass bei dem unterhaltsberechtigten Kind ein erheblicher und anzuerkennender Mehr- oder Sonderbedarf besteht.123 Vom Grundsatz der Gleichwertigkeit von Betreuungs- und Barunterhalt wird auch beim Wechselmodell abgewichen. Wurde zwischen den beiden Elternteilen ein Wechselmodell vereinbart, nach dem das Kind in etwa gleich langen Zeitabschnitten bei dem einen und dem anderen Elternteil wohnt, gilt § 1606 III 2 BGB nicht. In einem solchen Fall haften beide Elternteile anteilig.124 b) Volljährige Kinder Ein volljähriges privilegiertes Kind ist dem minderjährigen Kind nur hinsichtlich des Unterhaltsrangs nach § 1609 Nr. 1 BGB sowie der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung der Eltern nach § 1603 II 1 BGB gleichgestellt. Diese Gleichstellung bezieht sich dahingegen nicht auf die anteilige Unterhaltsverpflichtung beider Elternteile. Dementsprechend werden mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes beide Elternteile nach § 1606 III 1 BGB barunterhaltspflichtig.125 118 119 120 121

Rn. 6. 122 123 124 125

Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1056. Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1606 Rn. 6. Jauernig/Budzikiewicz, § 1612 Rn. 1. Jauernig/Budzikiewicz, § 1612b-1612c Rn. 3; Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1606 Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1606 Rn. 11. Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1606 Rn. 14. Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1606 Rn. 16. Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1606 Rn. 7.

D. Kindesunterhalt in der gerichtlichen Rechtsprechung

155

D. Kindesunterhalt in der gerichtlichen Rechtsprechung I. Polen Bei der Trennung (Scheidung) der Ehegatten wird lediglich über den Unterhalt für minderjährige Kinder entschieden.126 Volljährige Kinder müssen ihren Unterhalt in einem gesonderten Verfahren selbst geltend machen.127 Für jedes Kind ist ein gesonderter Unterhaltsbetrag auszusprechen.128 Der zu zahlende Unterhalt für mehrere Kinder der Ehegatten kann nicht in einem Gesamtbetrag genannt werden.129 Gemäß den polnischen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen hat keiner der Unterhaltsberechtigten Vorrang vor anderen Unterhaltsberechtigten. Alle Unterhaltsberechtigte sind im Rang gleich. In einigen Fällen gewähren die Gerichte jedoch bei Konkurrenz des (geschiedenen) Ehegatten und des Kindes dem Kind Vorrang vor dem unterhaltsberechtigten Ehegatten,130 so dass der Kindesunterhalt die Höhe des Ehegattenunterhalts beeinflusst. Diese Tendenz der Rechtsprechung wird zum einen uneinheitlich praktiziert, zum andern findet sie auch keine Begründung in unterhaltsrechtlichen Regelungen. Da die vorliegende Arbeit ausschließlich den Trennungs- und Scheidungsunterhalt thematisiert, wird im Folgenden nur auf den Unterhalt für minderjährige Kinder eingegangen, und zwar insofern er für den Ehegattenunterhalt relevant ist. 1. Bedeutung von Tabellen und Leitlinien für die gerichtliche Praxis Im Hinblick darauf, ob der Unterhalt in der gerichtlichen Praxis in Polen in festen Beträgen oder in Prozentsätzen ausgedrückt wird, ergibt sich sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung ein uneinheitliches Bild. Während in der polnischen Fachliteratur dargestellt wird, dass der Kindesunterhalt regelmäßig in festen Beträgen zugesprochen wird,131 ergibt sich aus dem deutschen Schrifttum, dass der Kindesunterhalt in Polen in bestimmten Sätzen oder in Prozentsätzen des Einkommens des Unterhaltsverpflichteten festgesetzt wird.132 Nach Dose tendieren die polnischen Gerichte sogar dazu, einem Kind bis zu 25 % des

126

Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 132. Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 133. 128 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 133. 129 OG v. 30. 01. 1957, Az. 4 CR 924/55, OSNCP 1958 Nr. 1, Pos. 22, S. 66. 130 BG in Katowice v. 23. 03. 2011, Az. XVIII RC 876/10; v. 18. 06. 2009, Az. XVIII RC 1012/08; v. 24. 05. 2016, Az. XVIII RC 2620/14. 131 So auch: Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 165. 132 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 297. 127

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§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

unterhaltspflichtigen Einkommens zuzusprechen.133 Möglicherweise wird in vereinzelten Fällen der Kindesunterhalt in Polen in bestimmten Sätzen oder Prozentsätzen festgelegt, aber dies ist kein allgemein anerkannter Grundsatz. In seltenen Fällen bestimmen die Gerichte neben dem festen Unterhaltsbetrag den Prozentsatz, der dem festen Unterhaltsbetrag entspricht.134 Eine Bestätigung für eine solche Verfahrensweise der Gerichte hat sich keineswegs aus der durchgeführten Aktenauswertung ergeben. Dem polnischen Schrifttum ist zu entnehmen, dass der Unterhalt nur in dem Fall als Prozentsatz des Einkommens des Unterhaltsverpflichteten zugesprochen werden kann, in dem der Unterhaltsberechtigte zum gleichen Lebensstandard wie er bei dem Unterhaltsverpflichteten besteht, berechtigt ist, oder wenn dies zweckmäßiger ist als die Festlegung des Unterhalts in festen Beträgen.135 Darüber hinaus ist es auch zulässig, den Unterhalt in einem Prozentsatz des Einkommens des Unterhaltspflichtigen auszudrücken, und zwar bei gleichzeitiger Benennung des Mindestunterhalts in einem festen Betrag. Eine solche doppelte Bezifferung des Unterhalts hätte zur Folge, dass für den Fall, dass sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ändern sollte, das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten trotzdem gesichert wäre.136 Das polnische OG hat sich zu dieser Angelegenheit mehrmals geäußert. Nach der Entscheidung des OG v. 20. 4. 1950137 (Az. Ł. C. 318/50) war eine Zuerkennung von Unterhalt in Prozentsätzen unzulässig. Diese Entscheidung bezieht sich zwar direkt auf ein Unterhaltsverhältnis zwischen getrenntlebenden Ehegatten, aber Dobrzan´ski geht davon aus, dass diese Entscheidung auch auf alle anderen Unterhaltsverhältnisse, darunter auch eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren Kindern, bezogen werden kann.138 Dobrzan´ski hat auch zu diesem Urteil eine kritische Glosse verfasst und zahlreiche Argumente genannt, die für die Zuerkennung von Unterhalt in Prozentsätzen sprechen.139 Diese Argumente wurden daraufhin von Pawłowski bestritten.140

133 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 297. 134 BG in Ostrołe˛ ka v. 26. 11. 2013, Az. I Ca 406/13, Legalis Nr. 1532875. 135 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 159. 136 Ignaczewski, in: Ignaczewski (Hrsg.), Alimenty. Komentarz, S. 160. 137 OG v. 20. 04. 1950, Az. Ł. C. 318/50, PiP 1951, Nr. 5/6, S. 1004. 138 Dobrzan´ski, Glosa. Zagadnienie dopuszczalnos´ci zasa˛dzania s´wiadczen´ alimentacyjnych w wysokos´ci okres´lonej procentowo (ułamkowo) w stosunku do sumy wynagrodzenia za prace˛ , PiP Nr. 5 – 6, S. 1006. 139 Dobrzan´ski, O dopuszczalnos´ci zasa˛dzania alimentów na rzecz dzieci w wysokos´ci okres´lonej procentowo, NP 1953 Nr. 5 S. 31. 140 Pawłowski, W kwestii ustalania wysokos´ci zobowia˛zan´ alimentacyjnych, PiP 1951 Nr. 12, S. 924; derselbe, O sposobie oznaczania obowia˛zku alimentacyjnego, NP 1953, Nr. 12, S. 49.

D. Kindesunterhalt in der gerichtlichen Rechtsprechung

157

Nach einiger Zeit hat sich auch die Einstellung des OG geändert. Aus der Entscheidung des OG v. 22. September 1979, Az. III CZP 16/79 ergibt sich, dass der Kindesunterhalt in dem Fall in Prozentsätzen festgelegt werden kann, in dem das unterhaltsberechtigte Kind zum gleichen Lebensstandard, wie er bei dem Unterhaltsverpflichteten besteht, berechtigt ist und der Unterhaltsverpflichtete zugleich über ein stabiles Einkommen verfügt.141 Nach Gwiazdomorski kann und sollte sogar der Unterhalt in Bruchteilen zugesprochen werden.142 Trotzdem erfolgt die Zuerkennung von Unterhalt gegenwärtig nur ausnahmsweise in Prozentsätzen bzw. Bruchteilen.143 Für den Fall, dass deutsche Gerichte in polnischen Unterhaltsfällen entscheiden müssen, wird der Unterhalt laut Dose nach den Bedarfssätzen der Düsseldorfer Tabelle ermittelt und sodann auf der Grundlage von Kaufkraftunterschieden an die wirtschaftlichen Verhältnisse Polens angeglichen.144 Die nähere Auseinandersetzung mit dieser Thematik würde an dieser Stelle zu weit führen, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen und Beispiele aus der deutschen Rechtsprechung von Dose145 verwiesen wird. 2. Beachtung des Alters der unterhaltsberechtigten Kinder a) Unterhaltsbeträge nach Altersgruppen in verschiedenen Verfahren Die begründeten Bedürfnisse eines Kindes sind von vielen Faktoren abhängig. In erster Linie ist jedoch das Alter des Kindes, welches objektiv festgestellt werden kann, maßgeblich. Je älter das Kind wird, desto mehr Bedürfnisse sind durch den Unterhalt zu befriedigen.146 In der Begründung des Urteils vom 23. Dezember 2010 (Az. XVIII RC 80/09) hat das BG in Katowice ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Bedürfnisse des Kindes innerhalb eines Zeitraums von sogar nur zwei Jahren ändern können. Auch in den Urteilen vom 11. März 2011 (Az. XVIII RC 317/09) (Fall 1) und vom 17. Juli 2013 (Az. IACa 380/13) (Fall 2) hat das Gericht ausdrücklich betont, dass die Bedürfnisse eines zehnjährigen Mädchens erheblich von den Bedürfnissen eines achtzehnjährigen (Fall 1) und sechszehnjährigen Jungens (Fall 2) abweichen, wodurch die Differenzierung der für die beiden Kinder angemessenen Unterhaltsquoten erforderlich ist. 141

OG v. 22. 09. 1979, Az. III CZP 16/79, OSNCP 1980 Nr. 7 – 8, Pos. 129, S. 1 – 4. Gwiazdomorski, Tres´c´ i zakres obowia˛zku alimentacyjnego, KSP Rok VII – 1975, S. 35. 143 Bedełek, in: Ignaczewski (Hrsg.), Komentarz do spraw o separacje˛ , S. 91. 144 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 297. 145 Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 9 Rn. 294 – 302. 146 BG in Katowice v. 11. 3. 2011, Az. XVIII RC 317/09; BG in Katowice v. 23. 3. 2011, Az. XVIII RC 691/10; AG in Katowice v. 17. 7. 2013, Az. I ACa 380/13. 142

158

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

Obwohl die Tatgerichte in ihren Unterhaltsurteilen direkt darauf eingehen, dass sich die Bedürfnisse des Kindes mit der Zeit ändern,147 wird das Alter des Kindes bei der Unterhaltsbemessung in der polnischen Rechtsprechung ordentlicher Gerichte regelmäßig außer Acht gelassen. Im Folgenden werden Unterhaltsbeträge für Kinder aus der Rechtsprechung des BG in Katowice dargestellt. Die gerichtlichen Entscheidungen werden in drei dem Alter des unterhaltsberechtigten Kindes entsprechende Gruppen eingeteilt. aa) Unterhaltshöhe in der Altersgruppe 0 – 5 Den Kindern, die bis zu fünf Jahre alt sind, wurde Kindesunterhalt in folgenden Höhen zugesprochen: 1.000 Zloty für ein eineinhalbjähriges Kind,148 800 Zloty für ein zweijähriges Kind,149 500 Zloty für ein dreijähriges Kind,150 600 Zloty für ein dreijähriges Kind,151 1.200 Zloty für ein dreijähriges Kind,152 400 Zloty für ein vierjähriges Kind,153 600 Zloty für ein vierjähriges Kind.154 bb) Unterhaltshöhe in der Altersgruppe 6 – 11 Kindern, die von sechs bis zu elf Jahre alt sind, wurde Kindesunterhalt in folgenden Höhen zugesprochen: 1.000 Zloty für ein achtjähriges Kind,155 300 Zloty für ein achtjähriges Kind,156 800 Zloty für ein zehnjähriges Kind,157 250 Zloty für ein zehnjähriges Kind,158 400 Zloty für ein elfjähriges Kind,159 400 Zloty für ein elfjähriges Kind.160

147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160

BG in Katowice v. 23. 12. 2010, Az. XVIII RC 80/09. BG in Katowice v. 03. 02. 2009, Az. XVIII RC 135/08. BG in Katowice v. 25. 08. 2009, Az. XVIII RC 1087/08. BG in Katowice v. 11. 08. 2009, Az. XVIII RC 95/09. BG in Katowice v. 23. 03. 2011, Az. XVIII RC 691/10. BG in Katowice v. 23. 12. 2010, Az. XVIII RC 80/09. BG in Katowice v. 02. 07. 2009, Az. XVIII RC 1282/08. BG in Katowice v. 31. 05. 2011, Az. XVIII RC 876/10. BG in Katowice v. 05. 05. 2010, Az. XVIII RC 287/09. BG in Katowice v. 17. 02. 2010, Az. XVIII RC 320/09. BG in Katowice v. 27. 04. 2010, Az. XVIII RC 32/10. BG in Katowice v. 18. 02. 2009, Az. XVIII RC 21/08. BG in Katowice v. 20. 12. 2012, Az. XVIII RC 547/10. BG in Katowice v. 14. 12. 2009, Az. XVIII RC 151/09.

D. Kindesunterhalt in der gerichtlichen Rechtsprechung

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cc) Unterhaltshöhe in der Altersgruppe 12 – 17 Kindern, die von zwölf bis zu siebzehn Jahre alt sind, wurde Kindesunterhalt in folgenden Höhen zugesprochen:1.000 Zloty für ein vierzehnjähriges Kind,161 450 Zloty für ein fünfzehnjähriges Kind,162 400 Zloty für ein fünfzehnjähriges Kind,163 450 Zloty für ein siebzehnjähriges Kind.164 b) Unterhaltsbeträge für mehrere unterhaltsberechtigte Kinder in einem Verfahren Die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung zum Kindesunterhalt wird vor allem in solchen Fällen deutlich, in denen mehreren unterhaltsberechtigten Kindern in gravierend unterschiedlichem Alter in einem und demselben Verfahren die gleichen Unterhaltsbeträge zugesprochen werden. Nach dem Urteil des BG in Katowice vom 20. Dezember 2012 (Az. XVIII RC 547/10) wurde zwei unterhaltsberechtigten Kindern, die jeweils zehn und fünfzehn Jahre alt waren, der gleiche Unterhaltsbetrag in Höhe von 400 Zloty zugesprochen. Nach dem Urteil des BG in Katowice vom 2. Juli 2009 (Az. XVIII RC 1282/08) wurde zwei unterhaltsberechtigten Kindern, die jeweils vier und sieben Jahre alt waren, der gleiche Unterhaltsbetrag in Höhe von 400 Zloty zugesprochen. Nach dem Urteil des BG in Katowice vom 17. Februar 2010 (Az. XVIII RC 320/09) wurde drei unterhaltsberechtigten Kindern, die jeweils acht, zehn und elf Jahre alt waren, der gleiche Unterhaltsbetrag in Höhe von 300 Zloty zugesprochen. Nach dem Urteil des BG in Katowice vom 29. Oktober 2009 (Az. XVIII RC 308/09) wurde zwei unterhaltsberechtigten Kindern, die jeweils fünfzehn und siebzehn Jahre alt waren, der gleiche Unterhaltsbetrag in Höhe von 450 Zloty zugesprochen. Nach dem Urteil des BG in Katowice vom 20. Dezember 2012 (Az. XVIII RC 547/10) wurde zwei unterhaltsberechtigten Kindern, die jeweils zehn und fünfzehn Jahre alt waren, der gleiche Unterhaltsbetrag in Höhe von 400 Zloty zugesprochen.

161 162 163 164

BG in Katowice v. 05. 05. 2010, Az. XVIII RC 287/09. BG in Katowice v. 29. 10. 2009, Az. XVIII RC 308/09. BG in Katowice v. 20. 12. 2012, Az. XVIII RC 547/10. BG in Katowice v. 29. 10. 2009, Az. XVIII RC 308/09.

160

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

3. Gleichwertigkeit des Natural- und Barunterhalts der Eltern des unterhaltsberechtigten Kindes Die Unterhaltspflicht gegenüber gemeinsamen minderjährigen Kindern kann entweder als Bar- oder als Naturalunterhalt erfüllt werden. Grundsätzlich wird der Naturalunterhalt von demjenigen Elternteil geleistet, bei dem das Kind wohnt. Der andere Elternteil wird in diesem Fall zu Barunterhalt verpflichtet. Aus der gerichtlichen Praxis ergibt sich diesbezüglich ein uneinheitliches Bild. In einigen Fällen wird der obige Grundsatz beachtet, in dem der eine Elternteil ausschließlich zu Naturalunterhalt, der andere ausschließlich zu Barunterhalt verpflichtet wird.165 In vereinzelten Fällen werden jedoch beide Elternteile zu Barunterhalt verpflichtet, obwohl das Kind nur bei einem Elternteil wohnt. Nach dem Urteil vom 20. 12. 2012 (Az. XVIII RC 547/10) war ein Elternteil sowohl bar-, als auch naturalunterhaltspflichtig, während der andere Elternteil nur barunterhaltspflichtig war. Gegen dieses Urteil wurde eine erfolgreiche Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil166 entschieden, dass in dem Fall, in dem das Kind bei einem Elternteil wohnt und dieser Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung hauptsächlich durch Naturalunterhalt nachkommt, nur der andere Elternteil barunterhaltspflichtig sein sollte.167

II. Deutschland Gemäß § 1609 BGB haben minderjährige unverheiratete Kinder und volljährige unverheiratete Kinder bis zum 21. Lebensjahr, solange sie im Haushalt eines oder beider Elternteile leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden (privilegierte Volljährige168), absoluten Vorrang vor allen anderen Unterhaltsberechtigten.169 Dies bedeutet, dass der Kindesunterhalt bei der Berechnung des Trennungs- und Scheidungsunterhalts vorrangig berücksichtigt wird und die Höhe dieses Unterhalts wesentlich beeinflusst. Die im Gesetz enthaltene Rangordnung geht davon aus, dass in erster Linie der Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes zu

165 BG in Katowice v. 27. 01. 2016, Az. XVIII RC 2005/14; BG in Katowice v. 27. 04. 2010, Az. XVIII RC 32/10. 166 AppG in Katowice v. 17. 07. 2013, Az. I ACa 380/13. 167 AppG in Katowice v. 17. 07. 2013, Az. I ACa 380/13. 168 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 6. 169 Jauernig/Budzikiewicz, § 1609 Rn. 2; Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1609 Rn. 4; Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 19.

D. Kindesunterhalt in der gerichtlichen Rechtsprechung

161

erfüllen ist, bevor ein unterhaltsberechtigter Ehegatte zum Zuge kommt,170 wodurch die Höhe des Unterhalts für den Ehegatten von der Höhe des Kindesunterhalts abhängig ist. Im Folgenden werden die Grundsätze der Berechnung des Kindesunterhalts in der deutschen Praxis dargestellt. 1. Mindestunterhalt für minderjährige Kinder Der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder besteht in einem Mindestbetrag, der dem minderjährigen Kind vom unterhaltsverpflichteten Elternteil zu leisten ist, und zwar unter der Voraussetzung, dass dieser unterhaltsverpflichtete Elternteil leistungsfähig ist.171 Der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder wird gesetzlich normiert.172 Gemäß § 1612a I 1 BGB kann ein minderjähriges Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt wohnt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts beanspruchen.173 Er orientiert sich an dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (§ 1612a I 2 BGB).174 Alternativ kann das Kind den Unterhaltsanspruch als einen Geldbetrag verlangen.175 Da Kinder im unterschiedlichen Alter einen unterschiedlich hohen Bedarf haben,176 ist der Mindestunterhalt nach § 1612 a I 3 BGB abhängig vom Alter des Kindes und beträgt in der ersten Altersstufe für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 87 %, in der zweiten Altersstufe für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres 100 % und in der dritten Altersstufe für die Zeit von dem 13. Lebensjahr an 117 % eines zwölften Teils des doppelten Kinderfreibetrags. Der Mindestunterhalt ist für ganz Deutschland einheitlich geregelt worden.177 2. Anwendung der Düsseldorfer Tabelle bei der Unterhaltsberechnung Der gesetzlich normierte Mindestunterhalt für minderjährige Kinder stellt auch die Grundlage für die in der gerichtlichen Praxis angewendeten Düsseldorfer Tabelle dar. Die Düsseldorfer Tabelle geht nämlich von den Beträgen des Mindestunterhalts 170

Vgl. Menne, in: Büte/Poppen/Menne, § 1609 Rn. 2. Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1060. 172 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 16; Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1060. 173 Jauernig/Budzikiewicz, § 1612 Rn. 1. 174 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1060. 175 Jauernig/Budzikiewicz, § 1612a Rn. 1. 176 Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1060. 177 Riegner, FPR 2009, 76. 171

162

§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

aus, steigert sie abhängig vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils178 und ist somit von zentraler Bedeutung für die Berechnung des Kindesunterhalts.179 Die in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Richtsätze stellen Erfahrungswerte dar, welche den Lebensbedarf eines Kindes anhand der Einkommensverhältnisse der Eltern und des Alters des Kindes typisieren.180 In der Düsseldorfer Tabelle ist der Maßstab für die Bemessung des Kindesunterhalts enthalten. Somit dient diese Tabelle also vor allem der Festsetzung des Kindesunterhalts.181 Der dynamische Kindesunterhalt wird abhängig von der Altersstufe in Prozentsätzen bestimmt. Die volljährigen Kinder werden in der Düsseldorfer Tabelle in zwei Gruppen aufgeteilt, je nachdem, ob das jeweilige volljährige Kind noch im Haushalt der Eltern wohnt oder bereits einen eigenen Haushalt führt. Der Kindesunterhalt beruht hauptsächlich auf einer Ermittlung des Mindestbedarfs, insbesondere auf einer Auswertung statistischer Daten sowie Warenkörben. Für die Einordnung des Unterhaltspflichtigen in die einzelnen Einkommensgruppen ist das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils oder beider Elternteile, wenn beide Elternteile dem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, maßgeblich. Entscheidend ist das Nettoeinkommen.182 In der Tabelle Kindesunterhalt wird angenommen, dass dem Kind gegenüber ein Elternteil naturalunterhaltspflichtig ist, wobei der andere Elternteil barunterhaltspflichtig ist. Wenn jedoch beide Eltern einem Kind gegenüber barunterhaltspflichtig sind, ist das zusammengerechnete Einkommen der Eltern als Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen. In dem Fall, in dem das Einkommen der Eltern das höchste in der Tabelle enthaltene Einkommen übersteigt, hat das Kind seinen Lebensbedarf konkret darzulegen, soweit es einen die Höchstbeträge der Tabelle übersteigenden Unterhalt beansprucht.183 Das Einkommen des Barunterhaltsverpflichteten ist in zehn Einkommensgruppen erfasst.184 Die erste Gruppe umfasst das Einkommen bis 1.900 Euro, die letzte Gruppe reicht bis 5.500 Euro. Bei höheren Einkünften, die in der Tabelle nicht 178

Schwab, Familienrecht, § 85 Rn. 1061. Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 22. 180 BGH NJW 2000, 954. 181 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 23. 182 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 69. 183 BGH FamRZ 2000, 358; Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1610 Rn. 22. 184 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 70. 179

E. Zwischenfazit

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berücksichtigt wurden, orientiert sich der Unterhalt nach den Umständen des Einzelfalls. Diesen Einkommensgruppen wurden – gestaffelt nach vier Altersstufen – bestimmte Unterhaltsbeträge zugeordnet.185 In jeder höheren Einkommensgruppe steigt der Unterhalt in allen Altersstufen um denselben Prozentsatz. Der Tabellenunterhalt ist jedoch nicht immer der Zahlbetrag. Das auf ein unterhaltsberechtigtes Kind entfallende Kindergeld wird bedarfsdeckend eingesetzt. Dies bedeutet, dass das Kindergeld von dem Unterhaltsbedarf des Kindes vorweg abgezogen wird.186 Der sich aus der Tabelle ergebende Betrag wird nämlich nach § 1612b I BGB im Prinzip um die Hälfte des Kindergeldes gekürzt. Gemäß § 1612b BGB wird das Kindergeld in dem Fall bedarfsdeckend angerechnet, in dem ein Elternteil seinen Unterhalt durch die Betreuung des Kindes erfüllt. In den sonstigen Fällen erfolgt eine volle Anrechnung des Kindergeldes. In diesem Umfang mindert es den Barbedarf des Kindes. Gemäß § 1612c BGB gilt die Regelung bezüglich der Anrechnung von Kindesunterhalt entsprechend für regelmäßig wiederkehrenden kindbezogenen Leistungen, soweit sie den Anspruch auf Kindergeld ausschließen. Zu beachten ist eine Ausnahme, die darin besteht, dass gemäß § 1612b V BGB Kindergeld auf den Unterhalt der ersten Einkommensgruppe nicht angerechnet wird. Detaillierte Hinweise der Kindergeldverrechnung werden in der zehnten Anmerkung zu Abschnitt A und in einer besonderen Kindergeldanrechnungstabelle angegeben. Insgesamt wird die Tabelle Kindesunterhalt durch zehn Anmerkungen ergänzt, die an dieser Stelle jedoch nicht näher erläutert werden. Unterhaltsberechtigte und Unterhaltsverpflichtete können darüber hinaus konkrete, unterhaltsrelevante Umstände vortragen, damit eine von den Tabellenwerten abweichende Unterhaltsquote erreicht werden kann.187

E. Zwischenfazit Die Höhe des Barunterhalts für Kinder berechnen die deutschen Gerichte grundsätzlich nach der Düsseldorfer Tabelle. Entscheidend sind hierbei objektive Faktoren wie das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie das Alter des Kindes. Die Düsseldorfer Tabelle dient den Gerichten als Orientierung bei der Berechnung des Unterhalts. Die Anwendung der Tabelle führt jedoch nicht zu einer automatischen Berücksichtigung der Tabellensätze. Je nach den Umständen des

185

Botur, in: Büte/Poppen/Menne, § 1610 Rn. 16. Jauernig/Budzikiewicz, § 1612b-1612c Rn. 2. 187 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 26. 186

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§ 2 Einfluss des Kindesunterhalts auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts

Einzelfalls kann der tatsächlich zugesprochene Unterhalt von den Tabellensätzen abweichen. Der Kindesunterhalt hat absoluten Vorrang. Dies bedeutet, dass bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts der Kindesunterhalt vorrangig berücksichtigt wird. In Polen werden der Bedarf des Kindes und die Unterhaltshöhe in jeder Unterhaltssache je nach den Umständen des Einzelfalls festgelegt. Wie die durchgeführte Aktenauswertung zeigt, führt dies dazu, dass die Unterhaltshöhe in gleichgelagerten Sachverhalten stark voneinander abweicht. Die Gerichte berücksichtigen bei der Bedarfsbemessung das Alter des Kindes nur in einem beschränkten Umfang. Aus den polnischen Vorschriften ergibt sich kein Vorrang des Kindesunterhalts. Alle Unterhaltsarten werden gleichrangig in Betracht gezogen. Trotzdem ergibt sich aus den ausgewerteten Urteilen, dass der Unterhalt für minderjährige Kinder regelmäßig vorrangig berücksichtigt wird und sich dadurch auf die Höhe des Trennungs- und Scheidungsunterhalts auswirkt. Die in Deutschland angewendeten Methoden der Bedarfsbemessung ermöglichen eine für die Verfahrensparteien transparente und nachvollziehbare Unterhaltsberechnung. Die Düsseldorfer Tabelle hat zwar keine Gesetzeskraft und dient nur als Orientierungshilfe, aber sie ermöglicht eine einheitliche Bedarfsbemessung in gleichgelagerten Sachverhalten. In der Düsseldorfer Tabelle wird der laufende Bedarf nämlich nach Altersstufen des Kindes und dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt. Einige deutsche Lösungen könnten auch in der polnischen gerichtlichen Praxis fruchtbar gemacht werden, damit das Unterhaltsverfahren vor polnischen Gerichten objektiviert und dadurch transparenter ausgestaltet werden kann. Im Moment ergibt sich in Polen weder aus dem Schrifttum noch aus der Rechtsprechung ein einheitliches Bild, was im Rahmen der begründeten Bedürfnisse eines Kindes verlangt werden kann. Obwohl die Bedürfnisse von Kindern wiederholbar sind und sich leicht katalogisieren lassen würden, liegt den Gerichten in Polen keine abstrakte Ausführung vor, aus welcher ersichtlich wäre, welche Bedürfnisse von Kindern in bestimmten Altersgruppen im Rahmen des Kindesunterhalts zu befriedigen sind. Eine solche abstrakte Zusammenstellung der Bedürfnisse von Kindern könnte einen ersten Schritt zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung zum Kindesunterhalt darstellen. Dementsprechend sollte die Rechtsprechung de lege ferenda für jede Altersgruppe einheitlich festlegen, welche Bedürfnisse als begründet anzusehen sind und wie diese begründeten Bedürfnisse zu beziffern sind, damit sich die polnischen Gerichte dieser Richtlinien bedienen können, um einheitlich über den Kindesunterhalt zu entscheiden. Alternativ kann de lege ferenda vorgeschlagen werden, im FVGB für bestimmte Altersgruppen einen Prozentsatz des unterhaltspflichtigen Einkommens zu definieren, um eine einheitliche Berechnung des Kindesunterhalts zu ermöglichen.

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips und des Prinzips der gesellschaftlichen Gerechtigkeit A. Einleitende Bemerkungen I. Das Unterhaltsrecht in der bisherigen Rechtsprechung des polnischen Verfassungsgerichtshofs Der nacheheliche Unterhalt war in den letzten Jahren bereits Gegenstand verfassungsrechtlicher Auseinandersetzungen des Verfassungsgerichtshofs (VGH) in Polen.1 Im Urteil vom 11. April 2006 (Az. SK 57/04) wurde geprüft, ob die unbefristete Unterhaltsverpflichtung des schuldigen Ehegatten nach der Scheidung der Ehe gemäß Art. 60 § 3 FVGB mit dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art. 64 VRP i.V.m. Art. 31 III VRP sowie dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit vereinbar ist. Es wurde entschieden, dass die unbefristete Unterhaltsverpflichtung des schuldigen Ehegatten nach der Scheidung der Ehe gemäß Art. 60 § 3 FVGB mit Art. 64 VRP i.V.m. Art. 31 III VRP und dem Gebot der gesellschaftlichen Gerechtigkeit nach Art. 2 VRP vereinbar ist. Im Urteil des VGH vom 25. Oktober 2012 (Az. SK 27/12) wurde geprüft, ob die erweiterte Unterhaltsverpflichtung nach der Scheidung der Ehe gemäß Art. 60 § 2 FVGB und die unbefristete nacheheliche Unterhaltsverpflichtung nach Art. 60 § 3 FVGB mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 2 VRP und dem Gleichheitsgebot nach Art. 32 VRP i.V.m. dem Eigentumsschutz nach Art. 64 I und II VRP sowie der Berufsfreiheit nach Art. 65 VRF vereinbar ist. In Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip wird der erweiterten Unterhaltsverpflichtung nach Art. 60 § 2 FVGB vorgeworfen, dass die Voraussetzung der erheblichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten bei der erweiterten Unterhaltsverpflichtung nicht präzise genug ist. Außer Acht geblieben sind die Voraussetzungen der einfachen Unterhaltspflicht nach Scheidung der Ehe gemäß Art. 60 § 1 FVGB. Es wurde entschieden, dass die erweiterte Unterhaltsverpflichtung nach Scheidung der Ehe gemäß Art.60 § 2 FVGB mit Art. 64 I und II VRP i.V.m. Art. 31 III VRP vereinbar und nicht unvereinbar mit Art. 65 I VRP ist. Darüber hinaus wurde auch entschieden, dass die unbefristete Unterhaltsverpflichtung des schuldigen Ehegatten nach Scheidung der Ehe gemäß Art. 60 § 3 FVGB mit Art. 64 I und II i.V.m. Art. 31 III VRP vereinbar ist. 1 VGH v. 11. 04. 2006, OTK ZU Nr. 4/A/2006, Pos. 43; VGH v. 25. 10. 2012, OTK ZU Nr. 9/A/2012, Pos. 109.

166

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

Im Übrigen wurde das Verfahren eingestellt. Das Verfahren wurde demnach im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Gleichheitsgebot eingestellt, weil die verfassungsrechtlichen Rügen in der Verfassungsklage nicht deutlich genug formuliert wurden. Aus der Normenkontrolle ergab sich, dass die Regelungen des nachehelichen Unterhalts in dem Umfang, in dem sie verfassungsrechtlich geprüft wurden, verfassungskonform sind.

II. Problemstellung Das polnische Unterhaltsrecht wurde unter den Gesichtspunkten, die in dieser Arbeit angesprochen werden, verfassungsrechtlich nicht geprüft. Das Urteil des VGH vom 25. Oktober 2012 (Az. SK 27/12) stellt lediglich die Voraussetzung der erweiterten Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten nach Scheidung der Ehe – der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen Ehegatten – auf den Prüfstand. Die Klarheit der Voraussetzung des Unterhaltstatbestands der Scheidung – die Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung – unterlag keiner verfassungsrechtlichen Kontrolle. Auch die Klarheit der Voraussetzungen einer einfachen Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten nach Trennung (Scheidung) der Ehe gemäß Art. 60 § 1 FVGB – der Bedürftigkeit – wurde außer Acht gelassen. Unberücksichtigt geblieben sind auch die Problembereiche der Bemessung der Unterhaltsleistungen. Im Folgenden werden das Rechtsstaatsprinzip und das Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit, welche in Art. 2 VRP normiert sind, als mögliche verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstäbe für die Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung als einer Voraussetzung der Scheidung der Ehe, der Bedürftigkeit als einer Voraussetzung der einfachen Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten nach Trennung (Scheidung) der Ehe sowie für die Problematik der Unterhaltsbemessung dargestellt.

III. Begriffsbestimmungen 1. Das Rechtsstaatsprinzip Das Rechtsstaatsprinzip wurde in Polen zum ersten Mal im Dezember 1989 in Art. 1 der Verfassung der Volksrepublik Polen vom 22. Juli 1952 verfassungsrechtlich verankert.2 Definiert wurde der Begriff jedoch nicht. Der Verfassungsgeber 2 Dziewulska-Gaj, Spojrzenie na zasade˛ okres´lonos´ci w konteks´cie jej z´ródeł, in: Studia prawa publicznego 2014 Nr. 2(6), S. 135, 142; Kordela, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 117; Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/ Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 106; Tuleja, in:

A. Einleitende Bemerkungen

167

berief sich bei der Auslegung des Rechtsstaatsprinzips auf die bestehenden Definitionen anderer Staaten,3 insbesondere auf die deutsche Auffassung des Rechtsstaates.4 Gegenwärtig ist das Rechtsstaatsprinzip in Art. 2 der polnischen Verfassung (VRP) vom 2. April 1997 geregelt und stellt einen grundlegenden Verfassungsgrundsatz dar.5 Gemäß Art. 2 VRP ist Polen ein demokratischer Rechtsstaat, welcher die Grundsätze der gesellschaftlichen Gerechtigkeit verwirklicht.6 Die Normierung des Rechtsstaatsprinzips der alten Verfassung wurde in der neuen Verfassung wörtlich wiederholt. Nach der Rechtsprechung des VGH drückt diese wörtliche Wiederholung den Willen des Verfassungsgebers aus, auch die gerichtliche Auslegung des Rechtsstaatsprinzips in den Jahren 1990 – 1997 zu übernehmen.7 Aus diesem Grunde werden im vorliegenden Kapitel zum Teil auch Entscheidungen des VGH, die noch vor dem Inkrafttreten der neuen Verfassung erlassen wurden, zitiert. Der Grundsatz des Rechtsstaatsprinzips bedeutet nicht nur die Aufstellung einer Rechtsordnung, sondern auch die Garantie bestimmter historisch entwickelter rechtsstaatlicher Grundsätze, die sich entweder ausdrücklich aus der Verfassung ergeben8 oder auch durch die Verfassungsgerichtsbarkeit vom allgemeinen Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit abgeleitet werden.9 Die Aufzählung der vom Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsätze hat keinen abschließenden Charakter und kann

Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 52; Zakrzewska, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 251; Zmierczak, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 187. 3 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 1. 4 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 6; Kordela, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 117; Tuleja, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 37; Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 106; Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 9. 5 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 1; Dziewulska-Gaj, Spojrzenie na zasade˛ okres´lonos´ci w konteks´cie jej z´ródeł, in: Studia prawa publicznego 2014 Nr. 2(6), S. 132 f. 6 Olszewski, Der demokratische Rechtsstaat in Polen und Deutschland, in: FS Braunder, S. 443. 7 VGH v. 13. 04. 1999, Az. K 36/98, ZU OTK 1999 Nr. 3(25) Pos. 40, S. 240; VGH v. 25. 11. 1997, Az. K 26/97, OTK 1997, Nr. 5 – 6, Pos. 64, S. 445. 8 Tuleja, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 37. 9 VGH v. 25. 11. 1997, Az. K 26/97, ZU OTK 1997 Nr. 5 – 6(14 – 15) Pos. 64, S. 445; VGH v. 13. 04. 1999, Az. K 36/98, OTK ZU Nr. 3(25)/99, Pos. 40, S. 240 f.; Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 106; Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 19.

168

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

daher durch weitere Grundsätze ergänzt werden.10 Die von der Rechtsstaatlichkeit abgeleiteten Grundsätze lassen sich in formelle und materielle Grundsätze einteilen.11 Während die Grundsätze des formellen Rechtsstaats sich auf die Schaffung und Anwendung des geltenden Rechts beziehen, stellen die Grundsätze des materiellen Rechtsstaats bestimmte inhaltliche Anforderungen an das in Polen geltende Recht,12 vor allem mit Blick auf die Gerechtigkeit.13 Demnach ist die formelle Rechtsstaatlichkeit mit formellen Werten und die materielle Rechtsstaatlichkeit mit materiellen Werten verbunden.14 Die Besprechung aller dieser Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips würde an dieser Stelle zu weit führen, deswegen beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die für diesen Arbeitsgegenstand wesentlichen Grundsätze, und zwar die Grundsätze des materiellen Rechtsstaatsprinzips, die aus Art. 2 VRP abgeleitet werden, und sich vor allem auf die ordentliche Gesetzgebungstechnik beziehen;15 dies sind die folgenden Grundsätze: der Grundsatz der Rechtssicherheit, der Rechtsbestimmtheit und des Vertrauensschutzes. Diese Grundsätze zählen zu den wichtigsten Bestandteilen des Rechtsstaatsprinzips.16 Das Rechtsstaatsprinzip taucht in unterschiedlichsten Zusammenhängen auf.17 In dieser Arbeit werden ausgewählte Strukturmerkmale des materiellen Rechtsstaatsprinzips auf das polnische Unterhaltsrecht bezogen. Die polnische Verfassung verbindet das Rechtsstaatsprinzip mit dem Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit.18 In Art. 2 VRP wird nämlich sowohl das Rechtsstaatsprinzip als auch das Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit gere10 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 19. 11 Lityn´ski, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 200; Pietrzykowski, Ujarzmianie Lewiatana. Szkice o idei rza˛dów prawa, S. 175; Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 2, 20. 12 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 9; Nowacki, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S.88. 13 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 2. 14 Lityn´ski, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 200 f. Morawski, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 125. 15 VGH v. 25. 11. 1997, Az. K 26/97, ZU OTK 1997 Nr. 5 – 6(14 – 15), S. 445; Markiewicz, in: FS Białocerkiewicz, S. 248; Kania, Koncepcja adresata prawa i zasada ochrony zaufania obywateli do pan´stwa – dwa uzasadnienia wymogów poprawnej legislacji?, in: Przegla˛d Prawniczy Uniwersytetu Warszawskiego 2014 Nr. 4, S. 77. 16 Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 166; Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 106. 17 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 1; Bosiacki, Robert von Mohl i pocza˛tki koncepcji pan´stwa prawnego, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 164. 18 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art.2, Rn. 12.

B. Das Rechtsstaatsprinzip als Gebot der Rechtssicherheit

169

gelt.19 Diese beiden Grundsätze sind sowohl inhaltlich als auch funktional miteinander verbunden.20 Nach Art. 2 VRP stellt die Verwirklichung der gesellschaftlichen Gerechtigkeit eine notwendige Voraussetzung jedes Rechtsstaates dar.21 2. Der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit Die gesellschaftliche Gerechtigkeit stellt das grundlegende Ziel jedes Rechtsstaates dar.22 Ein Staat, der die Idee der sozialen Gerechtigkeit nicht verfolgt, kann nicht als demokratischer Rechtsstaat angesehen werden.23 Die polnische Verfassung enthält sogar als politische Zielvorgabe eines demokratischen Rechtsstaates24 Gerechtigkeit,25 und zwar gesellschaftliche Gerechtigkeit im Sinne von einer Gleichbehandlung wesentlich Gleicher. Der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit wurde zusammen mit dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 2 VRP an den Anfang der Verfassung gestellt und wird vom VGH zusammen mit dem Rechtsstaatsprinzip zum Ausdruck gebracht.26

B. Das Rechtsstaatsprinzip als Gebot der Rechtssicherheit Die Rechtssicherheit stellt den wichtigsten Wert in einem Rechtsstaat dar27 und die Gewährleistung von Rechtssicherheit ist das eigentliche Ziel jedes Rechtsstaates.28 Der Begriff der Rechtssicherheit umfasst zahlreiche Eigenschaften, durch

19

Rn. 1. 20

Rn. 1. 21

Rn. 1. 22

Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2,

VGH v. 17. 06. 2003, Az. P 24/02, OTK ZU- A 2003 Nr. 6, Pos. 55, S. 715. VGH v. 12. 04. 2000, Az. K 8/98, OTK ZU 2000, Nr. 3(33), Pos. 87, S. 411; VGH v. 19. 12. 2012, Az. K 9/12, OTK-A 2012, Nr. 11, Pos. 136, S. 1828 f.; Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 1. 24 VGH v. 12. 12. 2001, Az. SK 26/01, OTK ZU 2001 Nr. 8(46), Pos. 258, S. 1365. 25 VGH v. 12. 04. 2000, Az. K 8/98, OTK ZU 2000, Nr. 3(33), Pos. 87, S. 411; VGH v. 17. 06. 2003, Az. P 24/02, OTK-A 2003, Nr. 6, Pos. 55, S. 715. 26 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 12. 27 Kordela, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 88; Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 113. 28 Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 107. 23

170

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

welche sich das geltende Recht auszeichnen sollte, damit Rechtssicherheit gewährleistet werden kann.29 Zwei von der Rechtsstaatlichkeit30 und somit der Rechtssicherheit31 abgeleiteten Elementen kommt in Bezug auf das polnische Unterhaltsrecht besondere Bedeutung zu, und zwar zum einen dem Gebot der Rechtsklarheit und zum anderen dem Vertrauensschutz. Rechtsklarheit bedeutet Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit32 des geltenden Rechts und ist Bestandteil des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes.33

I. Rechtssicherheit durch Normenklarheit Der Bestimmtheitsgrundsatz stellt eine der wichtigsten Prinzipien eines Rechtsstaats dar.34 Er hängt funktional eng mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zusammen.35 Normenklarheit wird durch Präzision, Bestimmtheit und Klarheit von Rechtsvorschriften hergestellt. Diese Begriffe werden sowohl in der Rechtsprechung des VGH als auch im Schrifttum36 synonym verwendet. Der Bestimmtheitsgrundsatz ist ein grundlegendes Kriterium der ordentlichen Gesetzgebung, denn er wirkt sich unmittelbar auf die Gewährleistung von Gerechtigkeit aus.37 Wo der Grundsatz der Rechtsklarheit sich unmittelbar auf die Rechtsanwendung auswirkt,38 hat für den Gesetzgeber und die Gesetzgebungstechnik vor allem der Grundsatz der ordentlichen Gesetzgebung39 eine sehr wesentliche Bedeutung.40 Die Grundsätze der Rechtsklarheit und der ordentlichen Gesetzgebung dienen nämlich der Gewährleistung von Rechtssicherheit.41

29 Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 109. 30 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 35. 31 VGH v. 12. 04. 2000, Az. K 8/98, OTK ZU 2000 Nr. 3(33), Pos. 87, S. 410. 32 VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 416. 33 VGH v. 11. 05. 2004, Az. K 4/03, OTK ZU Nr. 5/A/2004, Pos. 41, S. 582. 34 Dziewulska-Gaj, in: Dolnicki (Hrsg.), Sa˛dowe stosowanie prawa, S. 75. 35 VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 415. 36 Dziewulska-Gaj, in: Dolnicki (Hrsg.), Sa˛dowe stosowanie prawa, S. 79. 37 Dziewulska-Gaj, Spojrzenie na zasade˛ okres´lonos´ci w konteks´cie jej z´ródeł, in: Studia Prawa Publicznego 2014 Nr. 2 (6), S. 131. 38 Dziewulska-Gaj, in: Dolnicki (Hrsg.), Sa˛dowe stosowanie prawa, S. 76. 39 VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 402. 40 Pietrzykowski, Ujarzmianie Lewiatana. Szkice o idei rza˛dów prawa, S. 171. 41 Dziewulska-Gaj, in: Dolnicki (Hrsg.), Sa˛dowe stosowanie prawa, S. 75.

B. Das Rechtsstaatsprinzip als Gebot der Rechtssicherheit

171

1. Gebot der Rechtsklarheit Der polnische Gesetzgeber wird verfassungsrechtlich verpflichtet, das Gebot der Rechtsbestimmtheit zu befolgen.42 Nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsklarheit sollen Rechtsvorschriften so präzise und klar formuliert werden43, dass eine eindeutige und kohärente Auslegung sowie Anwendung möglich ist.44 Die Präzision der Rechtsnormen soll vor allem dadurch zum Ausdruck kommen, dass keine Zweifel daran bestehen, welche Pflichten und Rechte unter welchen Voraussetzungen dem Normadressaten zuerkannt werden können.45 Nach dem Gebot der Rechtsbestimmtheit sollte der Gesetzgeber darauf verzichten, die Rechtsvorschriften unpräzise oder mehrdeutig zu formulieren, so dass wesentliche rechtliche Zweifel ausgeschlossen werden können.46 Auch auf Regelungen, welche unbestimmte Begriffe oder einen unverständlichen Inhalt haben, ist zu verzichten.47 Zugleich schließt aber der VGH die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen bei der Gesetzgebung nicht aus. Nach der Rechtsprechung des VGH steht das Gebot der Normenklarheit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nämlich in dem Fall nicht im Wege, in dem die Feststellung ihrer Bedeutung möglich ist.48 Gemäß dem Grundsatz der Rechtsklarheit sind die Gesetzesnormen in einem solchen Maße bestimmt zu formulieren, dass der Normadressat die Folgen der Anwendung einer Regelung vorhersehen und sein Verhalten danach ausrichten kann.49 Die Entscheidungen der Staatsorgane sollen für den Bürger nicht überraschend und unvorhersehbar sein.50 Unpräzise Rechtsvorschriften verringern nämlich die Vorhersehbarkeit dieser Entscheidungen, und somit der Rechtssicherheit, und führen zur uneinheitlichen Rechtsprechung. In der Rechtsprechung des VGH wird Rechtsklarheit der Präzision und Bestimmtheit von Rechtsnormen gleichgesetzt.51

42 Dziewulska-Gaj, Spojrzenie na zasade˛ okres´lonos´ci w konteks´cie jej z´ródeł, in: Studia prawa publicznego 2014 Nr. 2(6), S. 135. 43 Markiewicz, in: FS Białocerkiewicz, S. 249. 44 VGH v. 17. 05. 2005, Az. P 6/04, OTK ZU Nr. 5/A/2005, Pos. 50, S. 699; Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 9. 45 VGH v. 23. 10. 2007, Az. P 28/07, OTK-A 2007, Nr. 9, Pos. 106, S. 1322. 46 VGH v. 17. 12. 2002, Az. U 3/02, OTK-A 2002, Nr. 7, Pos. 95, S. 1275 f. 47 VGH v. 17. 12. 2002, Az. U 3/02, OTK-A 2002, Nr. 7, Pos. 95, S. 1276. 48 VGH v. 12. 09. 2005, SK 13/05, OTK-A 2005, Nr. 8, Pos. 91, S. 1082. 49 VGH v. 07. 11. 2006, OTK ZU Nr. 10/A/2006, Pos. 148, S. 1562; Markiewicz, in: FS Białocerkiewicz, S. 247; Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2 Rn. 9; Pietrzykowski, Ujarzmianie Lewiatana. Szkice o idei rza˛dów prawa, S. 24, 26 und 29. 50 VGH v. 12. 04. 2000, Az. K 8/98, OTK ZU 2000 Nr. 3(33), Pos. 87, S. 409; Łazarska, Rzetelny proces cywilny, S. 165. 51 VGH v. 28. 10. 2009, Az. KP 3/09, OTK – A 2009, Nr. 9, Pos. 138, S. 1500 f.

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§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

Das Gebot der Rechtsbestimmtheit wird dadurch realisiert, dass eine einheitliche Anwendung der entsprechenden Vorschriften gewährleistet ist.52 2. Gebot der ordentlichen Gesetzgebung a) Grundsatz der ordentlichen Gesetzgebung Der Grundsatz der ordentlichen Gesetzgebung wird vom Rechtsstaatsprinzip abgeleitet53 und ist funktional mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz verbunden.54 Aus dem Grundsatz der ordentlichen Gesetzgebung ergibt sich vor allem das Erfordernis der Rechtsbestimmtheit.55 Der Gesetzgeber hat die aus dem Gebot der Rechtsklarheit hervorgehenden Erfordernisse möglichst effektiv in seiner Gesetzgebung umzusetzen.56 Die fehlende Präzision von Rechtsnormen zieht nach sich, dass für den Rechtsanwender ein zu großer Ermessensspielraum entsteht. Dies führt dahingegen dazu, dass die rechtsanwendenden Gerichte den Gesetzgeber, in denjenigen Angelegenheiten, die unpräzise geregelt wurden, ergänzen müssen.57 Dieses Gebot erfordert einen gewissen Grad an Präzision von Rechtsnormen. Es handelt sich um Richtigkeit, Präzision und Klarheit der Gesetzesnormen,58 und zwar nicht nur bei der Gesetzesauslegung, sondern auch bei der Rechtsanwendung.59 Das Gebot der ordentlichen Gesetzgebung legt verfassungsrechtliche Standards einer ordnungsgemäßen Gesetzgebung fest.60 Bei der Beurteilung, ob die jeweiligen Regelungen den Anforderungen des Grundsatzes der ordentlichen Gesetzgebung genügen, ist vor allem relevant, ob eine einheitliche Auslegung und Anwendung dieser Regelungen möglich ist.61 52

Dziewulska-Gaj, Spojrzenie na zasade˛ okres´lonos´ci w konteks´cie jej z´ródeł, in: Studia prawa publicznego 2014 Nr. 2(6), S. 148. 53 Dziewulska-Gaj, Spojrzenie na zasade˛ okres´lonos´ci w konteks´cie jej z´ródeł, in: Studia prawa publicznego 2014 Nr. 2(6), S. 139. 54 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 27. 55 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 43. 56 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 35. 57 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 27. 58 VGH v. 17. 05. 2005, Az. P 6/04, OTK ZU Nr. 5/A/2005, Pos. 50, S. 702; VGH v. 11. 01. 2000, Az. K 7/99, OTK 2000, Nr. 1. Pos. 2, S. 20. 59 VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 416. 60 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 9. 61 Bogucki/Chodun´, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 52.

B. Das Rechtsstaatsprinzip als Gebot der Rechtssicherheit

173

b) Grundsätze der Gesetzgebungstechnik (Zasady techniki prawodawczej) Am 20. Juni 2002 wurde vom Premierminister der Republik Polen eine Verordnung über die Grundsätze der Gesetzgebungstechnik62 (GGT) erlassen. Diese Grundsätze sind zwar rechtlich gesehen unverbindlich, allerdings sind sie nach der Rechtsprechung des VGH vom Gesetzgeber eines demokratischen Rechtsstaates zu beachten.63 Diese Auffassung des VGH geht sogar so weit, dass ein Verstoß gegen diese GGT zu einem verfassungsrechtlichen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führen kann.64 Eine unklare oder unpräzise Formulierung der Gesetzesnormen stellt eine Verletzung der in den GGT enthaltenden Erfordernisse dar,65 weil sie für den Bürger Rechtsunsicherheit bezüglich seiner Rechte und Pflichten und das Risiko staatlicher Willkür nach sich zieht.66 Dem VGH zufolge ist die Schaffung unklarer und mehrdeutiger Rechtsnormen verfassungswidrig.67 Allerdings ist zu betonen, dass nicht jeder Verstoß gegen die GGT einen Verstoß gegen die Verfassung darstellt. Nur qualifizierte Verstöße gegen die GGT sind verfassungswidrig.68 Die Verordnung besteht insgesamt aus 163 Paragraphen. Von diesen Regelungen sind vor allem drei Paragraphen für das polnische Unterhaltsrecht relevant. Nach § 6 GGT sind die Regelungen eines Gesetzes so zu redigieren, dass sie genau und verständlich für den Normadressaten die Intentionen des Gesetzgebers wiedergeben. Gemäß § 25 I GGT hat eine Regelung des materiellen Rechts möglichst unmittelbar und ausdrücklich zu bestimmen, wer und unter welchen Umständen sich entsprechend zu verhalten hat. Nach § 29 I GGT können dem Gesetz Anhänge beigefügt werden. Auf derartige Anhänge ist im Gesetz zu verweisen. Gemäß § 29 II GGT gelten als Anhänge insbesondere Formeln und Tabellen.

62 Rozporza˛dzenie Prezesa Rady Ministrów z dnia 20. 6. 2002 w sprawie „Zasad techniki prawodawczej“ (Dz. U. 2002 Nr. 100 Pos. 908 mit nachträglichen Änderungen) – Verordnung des Vorsitzenden des Ministerrats v. 20. 6. 2002 über die Grundsätze der Gesetzgebungstechnik (Dz. U. 2002 Nr. 100, Pos. 908). 63 VGH v. 21. 03. 2001, Az. K 24/00, OTK 2001, Nr. 3, Pos. 51, S. 313; VGH v. 11. 01. 2000, Az. K 7/99, OTK 2000, Nr. 1, Pos. 2, S. 20. 64 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2. Rn. 9. 65 VGH v. 03. 11. 2004, Az. K 18/03, OTK ZU Nr. 10/A/2004, Pos. 103, S. 1214; VGH v. 12. 09. 2005, OTK ZU Nr. 8/A/2005, Pos. 92, S. 1106; VGH v. 07. 11. 2006, OTK ZU Nr. 10/ A/2006, Pos. 148, S. 1562. 66 VGH v. 12. 09. 2005, OTK ZU Nr. 8/A/2005, Pos. 91, S. 1078. 67 VGH v. 03. 11. 2004, Az. K 18/03, OTK ZU Nr. 10/A/2004, Pos. 103, S. 1214. 68 Bogucki/Chodun´, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 51.

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§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

II. Rechtssicherheit durch den Vertrauensschutz Zu den wichtigsten Grundsätzen des materiellen Rechtsstaates69 gehört, außer der Normenklarheit, das Vertrauen der Bürger in den Staat und seine Gesetzgebung (Vertrauensschutz).70 Im Schrifttum wird das Prinzip des Vertrauensschutzes sogar als ein Fundament jedes Rechtsstaates und die Grundlage für die Geltung anderer verfassungsrechtlicher Grundsätze angesehen.71 Allerdings stellt der Vertrauensschutz nicht nur eine Grundlage für andere verfassungsrechtliche Grundsätze dar, sondern hat auch einen eigenen normativen Inhalt und ist eng mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtssicherheit verbunden.72 Die Rechtssicherheit wird nämlich von dem Grad des Vertrauensschutzes bedingt.73 Eine notwendige Voraussetzung für die Realisierung des Vertrauensschutzes ist nämlich die Gewährleistung von Rechtssicherheit.74 Rechtssicherheit hat in diesem Zusammenhang nicht nur die Stabilität von Rechtsvorschriften, sondern auch die Sicherheit, dass man im Vertrauen auf das geltende Recht seine Lebensverhältnisse gestalten kann, zu bedeuten.75 Nach der Rechtsprechung des VGH beruht der Vertrauensschutz auf dem Erfordernis der Rechtssicherheit. Rechtsnormen, welche den Erfordernissen der Rechtssicherheit entsprechen, ermöglichen dem Bürger nämlich eine selbstständige Ausrichtung seines Lebens aufgrund voller Kenntnis aller Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Entscheidungen staatlicher Organe.76 Der Vertrauensschutz bezieht sich jedoch nicht nur auf die Gesetzgebung, sondern auch auf die gerichtliche Auslegung geltender Vorschriften, welche bei der Rechtsanwendung vorgenommen wird.77 Im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz können die Normadressaten darauf vertrauen, dass der Inhalt der geltenden Rechtsnormen der Auslegung dieser Rechtsnormen in der Gerichts69

Pietrzykowski, Ujarzmianie Lewiatana, Szkice o idei rza˛dów prawa, S. 175. VGH v. 13. 04. 1999, Az. K 36/98, OTK ZU Nr. 3 (25)/99, Pos. 40, S. 241; Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 9; Łazarska, Rzetelny proces cywilny, S. 363; Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 22. 71 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 24. 72 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 25. 73 Potrzeszcz, in: Aleksandrowicz/Jamróz/Jamróz (Hrsg.), Demokratyczne pan´stwo prawa. Zagadnienia wybrane, S. 108. 74 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 25. 75 Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 25. 76 VGH v. 14. 06. 2000 Az. P 3/00, OTK 2000, Nr. 5, Pos. 138, S. 690. 77 VGH v. 09. 10. 2001, SK 8/00, PTK 2001, Nr. 7, Pos. 211, S. 1035; VGH v. 06. 03. 2007, SK 54/06, OTK 2007, Nr. 3 A, Pos. 23, S. 196. 70

B. Das Rechtsstaatsprinzip als Gebot der Rechtssicherheit

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praxis entspricht. Dieser Grundsatz bezieht sich vor allem auf die vom OG vorgenommene Auslegung.78 Verfassungsrechtlich geschützt wird daher nicht nur der Vertrauensschutz in Bezug auf den Gesetzeswortlaut, sondern auch die Auslegung der entsprechenden Vorschriften, die angewendet werden.79 Diese allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip gewonnenen Grundsätze werden durch die Verfassungsgerichte besonders streng gehandhabt, wenn erlassene Rechtsnormen die verfassungsrechtlich gesicherten Freiheiten und Rechte der Bürger betreffen.80 In dem Fall, in dem die geltenden Rechtsnormen dem Bürger bestimmte Pflichten auferlegen, sind die Voraussetzungen dieser Pflichten so zu formulieren, dass Mehrdeutigkeiten ausgeschlossen werden.81 Somit sind die unklaren und mehrdeutigen Vorschriften, welche dem Bürger keine Möglichkeit geben, die rechtlichen Konsequenzen seines Handelns vorauszusehen, verfassungswidrig.82 Der verfassungsrechtlich geschütze Vertrauensschutz bezieht sich nach Łazarska auch auf die Erforderlichkeit der Begründung von gerichtlichen Entscheidungen,83 denn diese Begründungen gewährleisten Transparenz des gerichtlichen Verfahrens und sind somit ein Bestandteil des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes.84 Die Intransparenz von gerichtlichen Handlungen führt dagegen zur Unsicherheit.85 Das hauptsächliche Ziel dieser Begründungen besteht in der Eliminierung von Willkür.86 Nach der Entscheidung des OG vom 26. Juli 2007 (V CSK 115/07)87 stellt das Recht der Verfahrenspartei auf eine redliche Begründung der gerichtlichen Entscheidung einen Bestandteil des demokratischen Rechtsstaats dar. Das Fehlen einer solchen Begründung führt zu einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes.

78 VGH v. 13. 04. 1999, Az. K 36/98, OTK 1999, Nr. 3, Pos. 40, S. 242; VGH v. 09. 10. 2001, Az. SK 8/00, OTK 2001, Nr. 7, Pos. 211, S. 1035; VGH v. 06. 03. 2007, Az. SK 54/06, OTK 2007, Nr. 3 A, Pos. 23, S. 196. 79 VGH v. 09. 10. 2001, SK 8/00, OTK 2001, Nr. 7, Pos. 211, S. 1035; VGH v. 06. 03. 2007, SK 54/06, OTK 2007, Nr. 3 A, Pos. 23, S. 196. 80 VGH v. 19. 06. 1992, Az. U 6/92, OTK ZU 1992, Nr. 1, Pos. 13, S. 203; VGH v. 11. 01. 2000, Az. K 7/99, OTK ZU Nr. 1/2000, Pos. 2, S. 20; VGH v. 12. 06. 2002, OTK ZU Nr. 4/A/ 2002, Pos. 42; Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 9. 81 VGH v. 13. 03. 2007, Az. K 8/07, OTK-A 2007, Nr. 3, Pos. 26, S. 257 f. 82 VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 416. 83 Łazarska, Rzetelny proces cywilny, S. 363. 84 Łazarska, Rzetelny proces cywilny, S. 364. 85 Łazarska, Rzetelny proces cywilny, S. 363. 86 Łazarska, Rzetelny proces cywilny, S. 364. 87 MP 2007, Nr. 17, S. 930.

176

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

C. Der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit I. Gerechtigkeit bei Gesetzgebung und Rechtsanwendung Der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit stellt eine verfassungsrechtliche Generalklausel dar,88 die viele Strukturmerkmale beinhaltet. Er drückt mehrere Werte aus, die vom Staat realisiert und geschützt werden müssen. Das Recht auf Gerechtigkeit steht in einem engen Zusammenhang mit der Pflicht des Staates, die darin besteht, die soziale Gerechtigkeit zu achten und zu schützen, und zwar dadurch, dass willkürliche Handlungen unterlassen und eliminiert werden.89 An dieser Stelle handelt es sich sowohl um die Gesetzgebung als auch um die Rechtsanwendung.90 Aus dem Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit kann daher zum einen ein Recht auf eine gerechte Abwägung im Prozess hergeleitet werden, und zwar dann, wenn dieses Recht auf ein anderes verfassungsrechtlich geschütztes Recht bezogen wird,91 zum anderen aber auch die Pflicht des Staates zur gesellschaftlich gerechten Gesetzgebung.92 Gerechtigkeit stellt nämlich eine Antithese der Willkür dar.93

II. Der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit als Willkürverbot Da der verfassungsrechtliche Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit einen allgemeinen Charakter hat, wird er mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot in Verbindung gebracht,94 so dass der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit den Inhalt des Gleichheitsgrundsatzes beeinflusst.95 Dies spiegelt sich in der Rechtsprechung des polnischen Verfassungsgerichtshofes wieder, indem der Bezug auf allgemeine verfassungsrechtliche Grundsätze als Prüfungsmaßstäbe nur in dem Fall begründet ist, in dem keine speziellen verfassungsrechtlichen Grundsätze vorhanden sind.96 In 88 VGH v. 12. 12. 2001, Az. SK 26/01, OTK ZU 2001 Nr. 8(46), Pos. 258, S. 1365; VGH v. 24. 05. 2012 OTK ZU A 2012 Nr. 5, Pos. 52, S. 547. 89 VGH v. 12. 04. 2000, Az. K 8/98, OTK ZU 2000 Nr. 3(33), Pos. 87, S. 411; VGH v. 19. 02. 2001, Az. SK 14/00, OTK ZU Nr. 2(40), Pos. 31, S. 190; VGH v. 12. 12. 2001, Az. SK 26/01, OTK ZU 2001 Nr. 8(46), Pos. 258, S. 1365. 90 VGH v. 12. 12. 2001, Az. SK 26/01, OTK ZU 2001, Nr. 8(46), Pos. 258, S. 1365; VGH v. 24. 05. 2012 OTK ZU A 2012 Nr. 5, Pos. 52, S. 547; Nowacki, in: Kowalski (Hrsg.), Pan´stwo prawa. Demokratyczne pan´stwo prawne. Antologia, S. 78. 91 VGH v. 12. 12. 2001, Az. SK 26/01, OTK ZU 2001 Nr. 8(46), Pos. 258, S. 1365. 92 VGH v. 19. 12. 2012, Az. K 9/12, OTK ZU A 2012 Nr. 11, Pos. 136, S.1813. 93 VGH v. 19. 12. 2012, Az. K 9/12, OTK ZU A 2012 Nr. 11, Pos. 136, S.1814; VGH v. 22. 08. 1990, Az. K 7/90, OTK 1990, Nr. 1, Pos. 5, S. 53 f. 94 VGH v. 14. 04. 2003, Az. K 34/02, OTK ZU A 2003, Nr. 4, Pos. 30, S. 418; VGH v. 22. 08. 1990, Az. K 7/90, OTK 1990, Nr. 1, Pos. 5, S. 53 f. 95 Banaszak, Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Art. 2, Rn. 12. 96 VGH v. 18. 04. 2000, Az. K 23/99, OTK ZU 2000 Nr. 3(33), Pos. 89, S. 450.

C. Der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit

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solchen Fällen stellt das Gleichheitsgebot daher einen speziellen Grundsatz dar, der im Zusammenhang mit dem allgemeinen Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit bei der Normenkontrolle als Prüfungsmaßstab herangezogen wird.97 Der Gleichheitssatz stellt eine verfassungsrechtliche Fundamentalnorm dar, nach dem wesentlich Gleiches gleich zu behandeln ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des polnischen Verfassungsgerichtshofes kann aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot ein Gebot der Gleichbehandlung von Menschen innerhalb einer Klasse bzw. Kategorie abgeleitet werden.98 An dieser Stelle handelt es sich nicht nur um gesetzliche Differenzierungen. Das allgemeine Gleichheitsgebot fordert nämlich auch Rechtsanwendungsgleichheit, was dazu führt, dass in gerichtlichen Verfahren aus dem Gleichheitssatz ein Willkürverbot abgeleitet werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte erfordert der verfassungsrechtlich garantierte allgemeine Gleichheitsgrundsatz die Gleichbehandlung aller Normadressaten, die sich in der gleichen oder einer ähnlichen rechtlich wesentlichen Lage befinden. Aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot ergibt sich also sowohl ein Diskriminierungsverbot99 als auch ein Privilegierungsverbot im Hinblick auf Normadressaten in einer rechtlich gesehen ähnlichen Lage. Die Festlegung, ob der Gleichheitsgrundsatz in einem gegebenen Fall verletzt wurde, bedarf der Bestimmung der Normadressaten, an welche die jeweilige Rechtsvorschrift gerichtet ist sowie der Bestimmung der gemeinsamen entscheidenden Merkmale dieser Normadressaten.100 Das Gleichheitsgebot bezieht sich auf die Gleichbehandlung aller Rechtsakteure, die sich in einem gleichen Maße durch das wesentliche Merkmal auszeichnen101 und zu einer gleichen Kategorie gehören.102 Im Falle des Unterhaltsrechts sind die Normadressaten einerseits die bedürftigen Unterhaltsberechtigten, andererseits die leistungsfähigen Unterhaltsverpflichteten, die gleich zu behandeln sind. Demnach sind die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten unter Anwendung gleicher Maßstäbe zu beurteilen, damit die Rechtsanwendungsgleichheit gewährleistet ist. Obwohl der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit und der Gleichheitssatz in einem engen Zusammenhang zueinanderstehen, ist der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit unabhängig vom Gleichheitssatz in dem Sinne, dass sich aus der 97

VGH v. 19. 02. 2001, Az. SK 14/00, OTK ZU Nr. 2(40), Pos. 31, S. 190; VGH v. 14. 04. 2003, Az. K 34/02, OTK ZU – A 2003 Nr. 4, Pos. 30, S. 418. 98 VGH v. 18. 04. 2000, Az. K 23/99, OTK ZU 2000 Nr. 3(33), Pos. 89, S. 450; VGH v. 14. 03. 2006, Az. SK 4/05, OTK ZU –A 2006, Nr. 3, Pos. 29, S. 293; VGH v. 08. 06. 2010, OTK ZU A 2010 Nr. 5, Pos. 48, S. 696; VGH v. 25. 06. 2013, Az. P 11/12, OTK ZU A 2013 Nr. 5, Pos. 62, S. 766. 99 VGH v. 13. 04. 1999, OTK ZU Nr. 3(25)/99, Pos. 40, S. 243. 100 VGH v. 03. 01. 2004, OTK ZU Nr. 10/A/2004, Pos. 103, S. 1226; VGH v. 15. 11. 2006, Az. P 23/05, OTK ZU Nr. 10/A/2006, Pos. 151, S. 1621. 101 VGH v. 07. 02. 2006, OTK ZU Nr. 2/A/2006, Pos. 15, S. 174. 102 VGH v. 15. 11. 2006, Az. P 23/05, OTK ZU Nr. 10/A/2006, Pos. 151, S.1623.

178

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

Verletzung eines Grundsatzes nicht unbedingt eine Verletzung des anderen Grundsatzes ergeben muss. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass beide Grundsätze gleichzeitig verletzt werden können.103

D. Zwischenfazit Die Verwirklichung der gesellschaftlichen Gerechtigkeit und die Gewährleistung von Rechtssicherheit zählen zu den wichtigsten Werten in einem Rechtsstaat. Damit Rechtssicherheit gewährleistet wird, muss das geltende Recht bestimmte Anforderungen erfüllen. Es stellt sich die Frage, ob das polnische Unterhaltsrecht diese aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit hervorgehenden Anforderungen erfüllt. Das in Art. 2 VRP normierte Rechtsstaatsprinzip stellt nämlich eine Grundlage dafür dar, aus diesem Prinzip einen ganzen Katalog von Rechtsgrundsätzen, die in der VRP nicht ausdrücklich geregelt werden, abzuleiten. Diese Grundsätze beziehen sich insbesondere auf die Rechtssetzung.104 Verfassungsrechtlich problematisch sind sowohl die Voraussetzungen der jeweiligen Unterhaltstatbestände, als auch die sich aus einer gerichtlichen Trennung und Scheidung der Ehe ergebenden unterhaltsrechtlichen Folgen. Im Folgenden werden jeweils die Voraussetzungen sowie die Bemessung des Unterhalts nach Trennung und Scheidung der Ehe im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit analysiert, indem die Gebote der Rechtsklarheit, des Vertrauensschutzes, der ordentlichen Gesetzgebung sowie der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit jeweils auf die polnischen unterhaltsrechtlichen Regelungen bezogen werden.

I. Die Voraussetzungen der Unterhaltstatbestände mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip Die polnischen Regelungen des Trennungsunterhalts nennen keine objektiven Kriterien für den Ausspruch der Trennung. In dem Fall nämlich, in dem die Ehe völlig zerrüttet ist, können die Ehegatten gerichtlich getrennt werden. Wenn die Ehe aber nicht nur völlig, sondern auch dauerhaft zerrüttet ist, kommt die Scheidung in Frage. Da die Rechtsvoraussetzungen der Trennung und Scheidung einander ähneln und keine objektiven gesetzlichen Kriterien für die Bewertung, welches Getrenntleben noch als Trennung zu qualifizieren ist und ab wann die Scheidung der Ehe ausgesprochen werden kann, vorliegen, trifft das Gericht die Entscheidung im Rahmen des richterlichen Ermessens. In Bezug auf das Unterhaltsrecht hat dies eine enorme 103

VGH v. 19. 12. 2012, Az. K 9/12, OTK ZU A 2012 Nr. 11, Pos. 136, S. 1811. Tuleja, in: Safjan/Bosek (Hrsg.), Konstytucja RP. Tom I. Komentarz do art. 1 – 86, Art. 2, Rn. 47. 104

D. Zwischenfazit

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Bedeutung. Die Trennung hat nämlich nicht immer Einfluss auf den bereits zugesprochenen Familienunterhalt, wobei die Scheidung diese Unterhaltspflicht stark beeinflusst. Mit der Scheidung endet nämlich endgültig die Verpflichtung, Familienunterhalt zu leisten. Die Rechtsfolgen, die sich aus der Anwendung dieser Vorschriften ergeben, sind nicht eindeutig. Gemäß den aktuell geltenden Rechtsvorschriften bezüglich der Trennung und Scheidung ist unsicher, ob das zuständige Gericht den gegebenen Fall unter den Tatbestand der Trennung oder der Scheidung subsumieren wird. Es werden keine objektiven zeitlichen Voraussetzungen genannt, die präzise bestimmen würden, ob es sich in dem jeweiligen Fall um ein Getrenntleben handelt, oder ob schon die Scheidungsvoraussetzungen erfüllt sind. Daraus folgt, dass der Normadressat die Folgen der Regelung, also in dem Fall die Entscheidung des Gerichts, nicht vorhersehen und sein Verhalten nicht danach ausrichten kann. Er kann auch nicht darauf vertrauen, dass er aufgrund des geltenden Rechts seine Lebensverhältnisse für die Zukunft gestalten kann. So kann beispielsweise eine Frau, die Familienunterhalt bekommt, nicht auf ihre Erwerbstätigkeit verzichten und sich stattdessen der Kinderbetreuung widmen, weil sie sich nicht sicher sein kann, ob nur die Trennung oder doch schon die Scheidung ausgesprochen wird, und somit, ob der Familienunterhalt ihr weiterhin zustehen wird. Vorschriften, die keine Voraussetzungen der Anwendung einer Rechtsvorschrift enthalten, wurden bereits vor dem VGH wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der ordentlichen Gesetzgebung sowie den Vertrauensschutz gerügt.105 In manchen Fällen wird die Ergänzung der unvollständigen Rechtsvorschrift mit entsprechenden Voraussetzungen ihrer Anwendung als legislatorische Lösung angesehen, die dazu führt, dass hinsichtlich der gerügten Vorschrift keine von dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten verfassungsrechtlichen Einwände mehr bestehen.106 Zwar ist dafür, ob vom Gericht die Trennung oder Scheidung der Ehe ausgesprochen wird, der Antrag der Verfahrensparteien entscheidend, aber es liegt im Ermessenspielraum des Richters, ob diesem Antrag der Ehegatten stattgegeben wird. Bei der Regelung der gerichtlichen Trennung und des Trennungsunterhalts wird ausdrücklich auf die Vorschriften zur Scheidung und zum nachehelichen Unterhalt verwiesen. Der VGH ist in seinen Entscheidungen bereits darauf aufmerksam geworden, dass Verweise in Gesetzesvorschriften einen negativen Einfluss auf die Rechtssicherheit und auf den mit ihr zusammenhängen Vertrauensschutz ausüben können.107 Der Rechtsprechung des VGH ist zu entnehmen, dass vor allem bei neuen Rechtsinstituten, zu denen das 1999 eingeführte Rechtsinstitut der gerichtlichen Trennung ohne Zweifel gehört, eine Regelung in Form von Verweisen auf andere

105 VGH v. 17. 05. 2006, Az. K 33/05, OTK ZU Nr. 5/A/2006, Pos. 57, S. 568; VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 408 und 411. 106 VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 410. 107 VGH v. 13. 09. 2005, Az. K 38/04, OTK ZU Nr. 8/A/2005, Pos. 92, S. 1106.

180

§ 3 Das polnische Unterhaltsrecht im Lichte des Rechtsstaatsprinzips

Vorschriften den Erfordernissen der ordentlichen Gesetzgebung nicht genügt108 und in manchen Fällen sogar als legislatorischer Mangel angesehen wurde.109 Der Trennungsunterhalt wird lediglich durch einen Verweis auf die Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt geregelt. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Bestimmtheit ist dann nicht verletzt, wenn der Staatsbürger erkennen kann, welche Rechtsfigur unter welchen rechtlichen Voraussetzungen zulässig ist. Für den Fall, dass sogar die Rechtsprechung nicht in der Lage sein sollte, die Rechtsnormen so zu konkretisieren, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Anwendung einer Rechtsfigur für den Rechtssuchenden erkennbar sind, so wie es bei den Regelungen des Trennungsunterhalts der Fall ist, entstehen Bedenken verfassungsrechtlicher Natur. Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle vor allem der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz. Im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz können die Normadressaten vertrauen, dass der Inhalt der geltenden Rechtsnormen der Auslegung dieser Rechtsnormen in der gerichtlichen Praxis entspricht. Dieser Grundsatz bezieht sich vor allem auf die vom OG vorgenommene Auslegung. Verfassungsrechtlich geschützt wird demnach nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch die gerichtliche Auslegung von Rechtsvorschriften. Obwohl das OG in seinen Entscheidungen die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit ausgelegt und präzisiert hat, zeigte die durchgeführte Aktenauswertung, dass die diesbezügliche Auslegung ordentlicher Gerichte stark von der höchstrichterlichen Auslegung abweicht. Der Rechtsprechung des OG ist zu entnehmen, dass eine Trennungsfrist von zwei (OG v. 14. 12. 1948, Az. III CRN 290/84) und fünf Jahren (OG v. 26. 4. 1952, Az. PREZ 798/51) das Kriterium der Dauerhaftigkeit erfüllt. Trotzdem werden Ehen nach einem kürzeren Getrenntleben geschieden, obwohl das Kriterium der Dauerhaftigkeit, aus der Perspektive der höchstrichterlichen Auslegung, nicht erfüllt ist.

II. Die unterhaltsrechtlichen Folgen der gerichtlichen Trennung und Scheidung der Ehe mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit Zu den erforderlichen Bestandteilen jedes Rechtsstaats gehört sowohl das Gebot der Rechtsklarheit als auch die Verwirklichung der gesellschaftlichen Gerechtigkeit. Nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsklarheit sind Vorschriften so präzise und klar zu formulieren, dass ihre eindeutige Auslegung möglich ist. Es sollen nämlich keine Zweifel daran bestehen, welche Rechte und Pflichten dem Bürger entstehen und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht. Die Folgen der

108 109

VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 404. VGH v. 18. 03. 2010, Az. K 8/08, OTK ZU Nr. 3/A/2010, Pos. 23, S. 413.

D. Zwischenfazit

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Anwendung einer Regelung sollen vorhersehbar sein, damit jeder Bürger sein Verhalten danach ausrichten kann. Der Grundsatz der gesellschaftlichen Gerechtigkeit steht im engen Zusammenhang mit der Pflicht des Staates, die gesellschaftliche Gerechtigkeit zu achten und zu schützen, und zwar dadurch, dass willkürliche Handlungen unterlassen und eliminiert werden. Im Hinblick auf das Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit, welches zum Ziel hat, staatliche Willkür zu eliminieren, ruft die polnische Praxis zur Unterhaltsbemessung Bedenken verfassungsrechtlicher Natur hervor. Es stellt sich die Frage, ob die Entscheidungen der polnischen Gerichte in Unterhaltssachen den oben genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen. Den polnischen Gerichten stehen bei der Unterhaltsbemessung keine maßgeblichen Anhaltspunkte in Form von Formeln und Schemata zur Verfügung. Dies wirkt sich negativ auf die Unterhaltsbemessung aus. Die in dieser Arbeit dargestellten Beispiele aus der Rechtsprechung ordentlicher Gerichte haben gezeigt, dass die zugesprochenen Unterhaltsbeträge in gleichgelagerten oder ähnlichen Fällen von Fall zu Fall sehr stark voneinander abweichen und somit gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot i.S.d. Grundsatzes der gesellschaftlichen Gerechtigkeit verstoßen.

§ 4 Ergebnisse A. Bewertung §1 Das Thema des Trennungs- und des nachehelichen Unterhalts betrifft einmal die Voraussetzungen der Trennung (Scheidung) der Ehe und zum anderen die Rechtsfolgen der Trennung (Scheidung), zu denen auch unterhaltsrechtliche Folgen gehören. Die Trennung stellt in Deutschland ein Zwischenstadium zwischen ehelicher Gemeinschaft und Scheidung dar. Das Getrenntleben ist zugleich eine Voraussetzung für die Scheidung der Ehe. Je nach Länge der Trennungszeit kommen unterschiedliche unwiderlegbare und gesetzlich normierte Zerrüttungsvermutungen in Betracht. In Polen wird die gerichtliche Trennung dahingegen als Rechtsinstitut geregelt und den Ehegatten neben der Scheidung zur Verfügung gestellt. Dementsprechend können die Ehegatten entweder auf eine gerichtliche Trennung oder auf Scheidung der Ehe klagen. Bei einer gerichtlichen Trennung wird eine völlige Ehezerrütung vorausgesetzt, bei einer Scheidung der Ehe nicht nur eine völlige, sondern auch dauerhafte Ehezerrüttung. Wenn die Ehe also nicht nur völlig, sondern auch dauerhaft zerrüttet ist, liegen die Voraussetzungen für eine Scheidung der Ehe vor. Das Trennungs- und Scheidungsverfahren stellt in Polen ein Parteiverfahren dar. In dem Fall nämlich, in dem beide Ehegatten auf gerichtliche Trennung klagen, obwohl die Voraussetzungen einer Scheidung der Ehe erfüllt sind, wird die Ehe nur gerichtlich getrennt. Die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung ist allerdings in zwei Konstellationen vom Tatgericht auszulegen, und zwar, wenn beide Ehegatten auf Scheidung klagen, oder wenn ein Ehegatte die Scheidung und der andere die gerichtliche Trennung begehrt. In Polen werden gesetzlich keine zeitlichen Kriterien für die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung geregelt. Älteren Entscheidungen des polnischen OG sind zeitliche Indizien dafür zu entnehmen, welche Trennungsfristen das Kriterium der Dauerhaftigkeit erfüllen. Es handelt sich an dieser Stelle um ein Getrenntleben, welches länger als zwei und fünf Jahre dauert. Diese höchstrichterlichen Entscheidungen sind jedoch unverbindlich und werden in der Rechtsprechung ordentlicher Gerichte regelmäßig missachtet. Sowohl nach der Trennung als auch nach der Scheidung der Ehe sind in Polen und Deutschland Unterhaltsansprüche vorgesehen. In der polnischen Rechtsordnung besteht zwischen der Unterhaltspflicht nach der gerichtlichen Trennung und nach

A. Bewertung

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Scheidung der Ehe allerdings weitgehende Identität. Diese Unterhaltsverpflichtung ist verschuldensabhängig. Entscheidend ist, ob eine Alleinschuld des einen Ehegatten oder das Mitverschulden beider Ehegatten vorliegt. In dem Fall, in dem entweder beide Ehegatten schuldig sind oder auch keiner der Ehegatten die Schuld für die Ehezerrüttung trägt, also die Positionen der Ehegatten gleich sind, hängt die Unterhaltspflicht regelmäßig von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten ab. Wenn aber nur ein Ehegatte die Schuld an der Ehezerrüttung trägt, bestimmt sich die nacheheliche Unterhaltspflicht nach der wesentlichen Verschlechterung der materiellen Lage des unschuldigen und zugleich unterhaltsberechtigten Ehegatten. In Deutschland steht dem Unterhaltsberechtigten ab der Trennung der Ehegatten bis zur Rechtskraft der Scheidung der Ehe ein nach den ehelichen Lebens- und Vermögensverhältnissen berechneter Trennungsunterhalt zu. Im Scheidungs- und zugleich Unterhaltsverfahren gilt das Zerrüttungsprinzip, nach dem für den nachehelichen Unterhalt zwischen den Ehegatten lediglich die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten vorausgesetzt werden. Die Maßstäbe für die Höhe des Unterhalts bestehen in beiden Rechtsordnungen grundsätzlich im Bedarf des Unterhaltsberechtigten sowie den Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten. Wo die Erwerbsmöglichkeiten und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich problemlos anhand steuerrechtlichen Unterlagen, Grundbüchern und anderen Registern festgestellt werden können, zieht die Festsetzung des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten Probleme nach sich. Bei der Bemessung des Unterhalts ergeben sich die meisten Schwierigkeiten aus der Festlegung dieser begründeten Bedürfnisse des Berechtigten, weil diese Bedürfnisse von Person zu Person variieren.1 Im polnischen Schrifttum wird angenommen, dass zu den begründeten Bedürfnissen jeder Person sowohl materielle als auch kulturelle Bedürfnisse gehören.2 Weder das polnische Recht noch die polnische Rechtsprechung enthalten jedoch Indizien dafür, wie die Bedürftigkeit genauer zu definieren ist. Bedürftig ist gemäß Art. 135 § 1 FVGB derjenige, der seine begründeten Bedürfnisse nicht mit eigenen Kräften befriedigen kann. Was genau darunter zu verstehen ist, definieren die Gerichte für sich selbst, ohne dass einheitliche Leitlinien entwickelt werden. Bei der Unterhaltsberechnung sind die polnischen Gerichte an die Unterhaltsanträge der Parteien gebunden, was dazu führt, dass Unterhalt nur bis zur beantragten Höhe zugesprochen werden kann. Da den Parteien jedoch keine Orientierungsmaßstäbe zur Verfügung stehen, ist es für die Parteien schwierig, den Unterhalt in der Klage richtig zu beziffern und im Unterhaltsverfahren durchzusetzen. Dies führt 1

Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 18. 2 Smyczyn´ski, Alimentacja członków rodziny w s´wietle systemu zabezpieczenia społecznego, S. 23.

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§ 4 Ergebnisse

dazu, dass die zugesprochenen Unterhaltsbeträge in gleichgelagerten Sachverhalten stark voneinander abweichen. Auch den Gerichten stehen bei der Unterhaltsberechnung keine Hilfsmittel zur Verfügung. Weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung sind nämlich maßgebliche Indizien dafür zu entnehmen, wie die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten zu beziffern sind. In Deutschland wird im Gegensatz zu Polen versucht, den Bedarf des Unterhaltsberechtigten zu schematisieren, damit in der gerichtlichen Praxis bei der Unterhaltsberechnung feste Strukturen und Formeln angewendet werden können. Die Gerichte können die notwendigen Bedarfssätze sowie die Methode der Unterhaltsberechnung der Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Diese Tabelle ist zwar unverbindlich, aber wird in der gerichtlichen Praxis grundsätzlich berücksichtigt. Wo in Polen die Kriterien für die Unterhaltsbemessung nicht präzise genug sind, um einen Unterhaltsanspruch objektiv und transparent beziffern zu können, ist in Deutschland eine objektive und nachvollziehbare Unterhaltsbemessung möglich. §2 Der Kindesunterhalt kann die Pflicht zur Leistung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt zwischen den Ehegatten stark beeinflussen. In Deutschland genießt der Kindesunterhalt absoluten Vorrang. In Polen sind zwar alle Unterhaltspflichten gleichrangig, aber die durchgeführte Aktenauswertung hat gezeigt, dass in einem Scheidungsverfahren (Trennungsverfahren) der Kindesunterhalt regelmäßig vorrangig berücksichtigt wird und sich dadurch auf die Unterhaltsverpflichtung zwischen den Ehegatten auswirkt. Der Kindesunterhalt wird in Deutschland durch die Anwendung von Tabellen ermittelt, wobei der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder seit 1. 1. 2008 nach § 1612a BGB gesetzlich geregelt wird. Ein minderjähriges Kind kann von dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt wohnt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Dieser Unterhalt richtet sich dabei gemäß § 1612a BGB nach dem Alter des Kindes. In der gerichtlichen Praxis in Deutschland wird der laufende Bedarf eines Kindes anhand der Düsseldorfer Tabelle festgelegt. Die Düsseldorfer Tabelle hat zwar keine Gesetzeskraft und dient nur als Orientierungshilfe, aber sie ermöglicht eine einheitliche Bedarfsbemessung in gleichgelagerten Sachverhalten. In der Düsseldorfer Tabelle wird der laufende Bedarf nach Altersstufen des Kindes und dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt. Es handelt sich an dieser Stelle um objektive Kriterien, deren Anwendung eine weitgehende Gleichbehandlung ermöglicht. Obwohl die Düsseldorfer Tabelle keine Bindungswirkung hat, wird sie von allen Gerichten angewendet.3

3 Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne (Hrsg.), Der Unterhaltsprozess. Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen, Kap. 2 Rn. 24.

A. Bewertung

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Die Tendenz bei der Berechnung des Kindesunterhalts geht auch in Polen in die richtige Richtung. Sowohl in der Lehre als auch in der gerichtlichen Praxis werden immer wieder Vorschläge gemacht, den Kindesbedarf tabellarisch zu objektivieren.4 Nichtdestotrotz werden gegenwärtig in der gerichtlichen Praxis noch keine Tabellen bzw. Formeln angewendet, welche die Höhe von Kindesunterhalt von objektiven Faktoren abhängig machen würden, was nach sich zieht, dass in weitgehend gleichgelagerten Sachverhalten in unterschiedlicher Weise über den Kindesunterhalt entschieden wird. Zudem wird das Alter des Kindes regelmäßig missachtet. Dies zeigt sich vor allem in Verfahren, in welchen gegenüber mehreren Kindern derselben Eltern in einem sich gravierend voneinander unterscheidenden Alter in gleicher Weise über den ihnen zustehenden Unterhalt entschieden wird. §3 Polen ist seit dem Jahr 1989 ein demokratischer Rechtsstaat, der die gesellschaftliche Gerechtigkeit verwirklicht. In der vorliegenden Arbeit wird das polnische Unterhaltsrecht im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips und der gesellschaftlichen Gerechtigkeit analysiert. Die polnischen unterhaltsrechtlichen Regelungen rufen im Hinblick auf die oben genannten Grundsätze Bedenken verfassungsrechtlicher Natur hervor. Die durchgeführte Analyse hat gezeigt, dass das polnische Unterhaltsrecht gegen das Rechtsstaatsprinzip im Sinne des Grundsatzes der Normenklarheit und des Vertrauensschutzes sowie des Willkürverbots verstößt. Verfassungsrechtlich problematisch sind sowohl die Voraussetzungen der gerichtlichen Trennung und Scheidung sowie die Bemessung der Unterhaltsleistungen. Die Unbestimmtheit der Voraussetzungen der Scheidung, vor allem das fehlende Zeitkriterium für die Betrachtung der Scheidungsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung, verletzen die Grundsätze der ordentlichen Gesetzgebung und das verfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip dadurch, dass der Staatsbürger die Folgen der Anwendung dieser Vorschriften nicht voraussehen und seine Lebensplanung nicht danach ausrichten kann. Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit von Rechtsfolgen der Anwendung bestimmter Vorschriften erfordern das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und der Grundsatz der Rechtssicherheit, die an dieser Stelle ebenso verletzt werden. Auch die unterhaltsrechtlichen Vorschriften zur Unterhaltsbemessung verstoßen gegen Art. 2 VRP. Diese Verfassungswidrigkeit ist auf die fehlende Präzision und fehlende Eindeutigkeit dieser Regelungen zurückzuführen. Unterhaltsleistungen dienen der Absicherung der laufenden menschlichen Bedürfnisse. Diese menschli4

Siehe: Dobrzan´ski, O dopuszczalnos´ci zasa˛dzania alimentów na rzecz dzieci w wysokos´ci okres´lonej procentowo, Nowe Prawo (NP) 1953 Nr. 5, S. 31 – 45; Antwort auf eine parlamentarische Anfrage Nr. 3025 bezüglich eines Vorschlags des Familienrichtervereins zur Einführung von Unterhaltstabellen vom 7. 6. 2016: http://www.sejm.gov.pl/sejm8.nsf/Interpel acjaTresc.xsp?key=5729EB85 (Stand: 23. 10. 2016).

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§ 4 Ergebnisse

chen Bedürfnisse könnten anhand objektiver Faktoren konkretisiert werden. An dieser Stelle handelt es sich in erster Linie um das Alter, anhand dessen ein Musterbedarf festgestellt werden kann. In Deutschland ist dies dadurch der Fall, dass die Unterhaltshöhe anhand unterhaltsrechtlicher Tabellen, Leitlinien und Quoten festgestellt wird. Die deutsche Weise der Unterhaltsberechnung ist dadurch für die Verfahrensbeteiligten transparent und verfassungskonform. In Polen werden dahingegen bei der Unterhaltsberechnung keinerlei überschaubaren Methoden angewendet. Dies führt dazu, dass das polnische Unterhaltsrecht gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot verstößt. Die vorliegende Arbeit stellt keine ausführliche verfassungsrechtliche Analyse dar. Es werden lediglich ausgewählte Probleme des polnischen Unterhaltsrechts einer Analyse unterzogen. Eine Untersuchung des Unterhaltsrechts aus einer verfassungsrechtlichen Perspektive böte zwar Potential zu einer tiefergreifenden Analyse, allerdings liegt dieser Problembereich außerhalb der hauptsächlichen Thematik dieser Arbeit. Es werden jedoch ohne Zweifel Perspektiven für weitere Forschungsarbeiten dargestellt sowie Anregungen zu einer weiteren wissenschaftlichen Beschäftigung mit dieser Problematik gegeben.

B. Vorschläge de lege ferenda Nach der Einleitung zu der vorliegenden Arbeit bestand das Ziel dieser rechtsvergleichenden Analyse zum einen darin, zu untersuchen, ob die polnischen unterhaltsrechtlichen Regelungen im Vergleich zum deutschen Unterhaltsrecht reformbedürftig sind. Zum anderen stellte sich die Frage, ob und inwieweit das deutsche Recht Impulse für eine mögliche Reform des polnischen Unterhaltsrechts setzen kann. Aus der rechtsvergleichenden Untersuchung geht hervor, dass sowohl die Voraussetzungen der Trennung und Scheidung der Ehe als auch die Unterhaltsbemessung verfassungsrechtlich problematisch sind. Durch eine lückenlose Analyse der betreffenden Regelungen beider Rechtsordnungen konnten für das polnische Unterhaltsrecht folgende Reformvorschläge entwickelt werden.

I. Voraussetzungen der Unterhaltstatbestände De lege ferenda wird postuliert, im polnischen Recht die Scheidungsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehezerrüttung zu präzisieren, indem, so wie es beispielsweise im deutschen Recht der Fall ist, konkrete Trennnungsfristen normiert werden, nach deren Ablauf die Scheidung auszusprechen ist. Eine solche Präzisierung der Scheidungsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit würde sich nicht nur positiv auf die Normenklarheit auswirken, sondern auch das Vertrauen der Bürger in den Staat und seine Gesetzgebung stärken, weil die an einem Scheidungsverfahren

B. Vorschläge de lege ferenda

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(Trennungsverfahren) beteiligten Bürger sich darauf verlasssen könnten, dass ihre gescheiterte Ehe nach einer gewissen, gesetzlich normierten Trennungsfrist absolut geschieden wird, ohne dass diese Entscheidung im Ermessensspielraum des Tatrichters liegt.

II. Unterhaltsbemessung Die Unterhaltsbemessung bereitet Probleme sowohl beim Ehegatten- als auch beim Kindesunterhalt. In Polen werden nämlich bei der Unterhaltsbemessung keinerlei überschaubaren Methoden angewendet. Obwohl die Grundsätze der Berechnung von Ehegattenunterhalt und die Grundsätze der Berechnung von Kindesunterhalt sich erheblich voneinander unterscheiden, wird de lege ferenda postuliert, beide Verfahren zu objektivieren, damit die Unterhaltsbemessung für die Verfahrensparteien transparent und nachvollziehbar wird. Die menschlichen Bedürfnisse, vor allem die Bedürfnisse von Kindern, können anhand objektiver Faktoren konkretisiert werden. In erster Linie handelt es sich um solche objektiven Faktoren wie das Alter des unterhaltsberechtigten Kindes und das Einkommen des unterhaltsverpflichteten Elternteils. Kinder in gewissen Altersgruppen haben einen ähnlichen Bedarf, was dazu führt, dass ihre Bedürfnisse in der Rechtsprechung polnischer Gerichte katalogisiert werden könnten, damit ein Musterbedarf festgelegt werden könnte und eine wiederholbare Unterhaltsbemessung möglich wäre. Beim Ehegattenunterhalt ist dagegen de lege ferenda eine Formel zu entwickeln, die das Einkommen beider Ehegatten während der Ehe berücksichtigen würde. Da nach den polnischen Regelungen die Haushaltsführung der Erwerbstätigkeit gleichwertig ist, ist die Führung des Haushalts des nicht erwerbstätigen Ehegatten bei der Unterhaltsberechnung ebenso zu berücksichtigen. Bei der Präzisierung des rechtlichen Begriffs des Bedarfs und bei der Unterhaltsberechnung können in Polen auch andere Fachdisziplinen, wie die Wirtschaftswissenschaften und die Soziologie, behilflich sein. Diese Fachdisziplinen beschäftigen sich nämlich auch weitgehend mit dem menschlichen Bedarf aus der Sicht des wirtschaftswissenschaftlichen Warenkorbmodells sowie des Existenzminimums. Durch solche interdisziplinären Untersuchungen kann die Bedürftigkeit als Voraussetzung der rechtlichen Unterhaltspflicht präzisiert und konkretisiert werden. Dies kann eine für die Verfahrensbeteiligten überschaubarere Unterhaltsberechnung zur Folge haben. Eine einheitliche unterhaltsrechtliche Tabelle mit festgesetzten Prozentsätzen, die beispielsweise bei der Unterhaltsberechnung in Deutschland Anwendung findet, ermöglicht eine gleichmäßige Behandlung von gleichgelagerten Sachverhalten. Selbstverständlich können bei der objektiven Festsetzung dieser Prozentsätze nicht alle möglichen Lebenssituationen berücksichtigt werden, weshalb die in einer solchen unterhaltsrechtlichen Tabelle enthaltenen Werte nicht absolut

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§ 4 Ergebnisse

sind. Je nach Umständen des Einzelfalls kann von den Tabellensätzen abgewichen werden, indem Unterhaltsberechtigte und Unterhaltsverpflichtete unterhaltsrelevante Tatsachen darlegen, die sich auf die festen Prozentsätzen auswirken können. Die Anwendung von Tabellen zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten und die Vereinheitlichung der Rechtsprechung für den Fall, in dem es schon zur einer Rechtsstreitigkeit gekommen ist, hat sich in Polen schon in einigen Rechtsgebieten durchsetzen können. Es handelt sich an dieser Stelle um das geodätische und kartographische Recht, Arbeitsrecht sowie das Urheberrecht. In dem geodätischen und kartographischen Recht finden die Tabellen bei der Schätzung von Grundstücken Anwendung, im Arbeits- und Urheberrecht handelt es sich um Vergütungstabellen. In dem Fall, in dem die zugesprochene Vergütung in einer dem Berechtigten benachteiligenden Weise von dem Tabellenwert abweicht, ist der Tabellenwert auszuzahlen. In manchen Rechtszweigen ist offensichtlich eine Tendenz zur Vereinheitlichung und pauschalen Konkretisierung von unterschiedlichen Werten erkennbar. Diese Tendenz sollte auch auf das polnische Unterhaltsrecht übertragen werden, damit das Unterhaltsrecht verfassungskonform ausgestaltet werden kann. Eine derartige Einführung von gewissen Formeln und Tabellen, die in Unterhaltsssachen Anwendung finden könnten, bietet sich vor allem deswegen an, weil das polnische OG am 16. 12. 1987 bereits Richtlinien über die Auslegung des geltenden Unterhaltsrechts erlassen hat. Die Richtlinien enthielten allerdings ganz allgemeine Aussagen, sowohl über den Ehegatten- als auch den Kindesunterhalt, die bei der Konkretisierung der Generalklauseln des polnischen Unterhaltsrechts keine große Hilfe darstellten. Diese Richtlinien sind zwar heute nicht mehr verbindlich,5 aber es könnte überlegt werden, ob die Rechtsprechung die Richtlinien nicht aktualisieren, überarbeiten und ergänzen könnte, so dass sie als Auslegungs- und Orientierungshilfe in gegenwärtigen Unterhaltsverfahren herangezogen werden könnten. Die oben vorgeschlagenen Reformen des Unterhaltsrechts würden zu einer Transparenz des Unterhaltsverfahrens beitragen und das verfassungsrechtlich geschütze Vertrauen der Bürger in den Staat und seine Gesetzgebung stärken.

5 Schneider, Rechtsprobleme bei familienrechtlichen Unterhaltszahlungen in Wirtschaftsgebieten mit niedrigem Lebensstandard, S. 92.

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Stichwortverzeichnis Additionsmethode 87 – 88 Adoptivkinder 139 Aktenauswertung 22, 156, 164, 180, 184 Alleinschuld 43 – 46, 48 – 49, 56 – 57, 83, 183 Alter 50, 61, 76, 80 – 81, 91, 105, 107 – 109, 120, 125 – 126, 139, 144 – 145, 157 – 159, 161 – 164, 184 – 187 – siehe auch Lebensalter 99, 115 – 116 Altersgruppen 157 – 159, 164, 187 Altersstufe 161 – 164, 184 Altersunterhalt 108 – 109, 112, 115, 117 Altersvorsorge 73, 126, 131 Amtsermittlungsgrundsatz 35, 75 Anfechtung der Vaterschaft 103 – 104 Angemessene Erwerbstätigkeit 70, 99, 110, -119 Anrechnungsmethode 87 – 88 Anspruch – auf Familienunterhalt 32, 38 – auf Kindesunterhalt 139, 141 – auf nachehelichen Unterhalt 29, 98, 100, 102, 121 – auf Trennungsunterhalt 29, 38 – 39, 63 – 64, 87 Anwaltszwang 76 Aortensyndrom 111 Arbeitgeber 72, 77, 131. Arbeitsanreiz 133 Arbeitsbemühungen 113 – 115 Arbeitsbetrieb 62 Arbeitseinkommen 54, 58 – 59, 71, 84, 130 – 131 Arbeitsfähigkeit 54, 85, 152 Arbeitslosengeld 68, 133 Arbeitsverhältnis 62 Arbeitsvertrag 58 Arbeitsunfähigkeit 84 – 85, 111 Aufenthaltswechsel 25 Auffangtatbestand 78 Auffangvorschrift 119

Auflösung der Ehe 28, 40, 98 Aufrechterhaltung der Ehe 35, 79, 135 Aufstockungsunterhalt 108, 110, 115, 117 – 118 Aufwendungen 69, 71, 126, 128, 130, 149 Ausbildung 99, 110, 115 – 116, 118 – 119, 125 – 126, 141, 143, 145, 147, 149 – 150, 160 Ausbildungsnachteile 118 Ausbildungsunterhalt 110, 118 – 119 Auskunftspflicht 77 Auslandsstudien 127 Auslandsverpflichtungsprämien 72, 131 Auslandszulagen 72, 131 Auslandszuschläge 72, 131 Auslegung 167, 171 – 172, 174 – 175, 180, 188 Ausschöpfung 75 Außenstehender Beurteiler 95 Barbedarf 163 Barunterhalt 148, 154, 160, 163 Basisunterhalt 104 – 106 Bauernhof 59 Bedarf 63, 121 – 122, 125 – 126, 128 – 129, 133, 136, 148 – 151, 164, 183 – 187 Bedarfsbemessung 133, 164, 184 Bedarfsdeckung 121, 124 Bedarfssätze 137, 157, 184 Bedürfnislagen 29, 101, 108, 141 Bedürfnisse 47, 52, 54 – 55, 57, 71, 78, 84, 129, 143 – 145, 149, 152, 157 – 158, 164, 183 – 184, 187 – begründete 44, 46 – 47, 52 – 55, 57, 60, 78, 80 – 83, 136 – 137, 143 – 145, 148, 157, 164, 183 – eigene 129 – geistige 144 – 145 – gerechtfertigte 21, 42 – 44, 143 – kulturelle 149, 183 – künftige 47

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Stichwortverzeichnis

– materielle 40 – menschliche 185 – 187 – notwendige 127 – physische 145 – voraussehbaren 125 – unbegründete 145 – unentbehrliche Lebensbedürfnisse 127 – zusätzliche 84 Behinderung 105 – 106 Beibringungsgrundsatz 75 Belange des Kindes 101, 105, 107 Berechnungsgrundlage 72 – 73, 131, 162 Berechnungsmethoden 87, 134 Berufsausbildung 118 – 119, 143, 150 Berufsfreiheit 165 Berufstätigkeit 70, 81, 109, 114 – 115, 119, 147 Berufungsverfahren 76 Besserstellung 76 Bestimmtheitsgrundsatz 170 Betreuungsbedürftigkeit 65, 105, 107 Betreuungsentgelt 72, 131 Betreuungsmöglichkeit 104, 106 Beweisaufnahme 75 Beweiserleichterung 50 Beweisermittlung 74 – 75 Beweisinitiative 75 – 76 Beweislast 131 Beweispflicht 76 Beweisverfahren 75, 137 Bewerbungsobliegenheit 115 Billiges Ermessen 56, 77 Billigkeitsklausel 119 Billigkeitsunterhalt 101 Bindung 31, 74, 76, 93, 96 Bindungswirkung 184 Bruchteile 79, 157 Bruttoeinkommen 71 – 72, 123, 130 Depotgebühren 70 Depressionen 112 Deutscher Familiengerichtstag 86 Dienstverhältnis 72, 130 Differenzmethode 87 – 88, 123 Diskriminierungsverbot 177 Dividende 73, 132 Doppelverdienerehe 54, 67 – 68, 81 – 83, 88 Dreijahresfrist 63, 94

Dreiteilungsmethode 26 Drittbetreuung 106 – 107 Durchgangsstadium 33 Durchschnittseinkommen 72, 131 Düsseldorfer Tabelle 69, 85 – 86, 126, 128, 137, 153, 157, 161 – 164, 184 Eheaufrechterhaltende Tatsachen 36 Eheband 30, 135 Eheschließung 21, 31, 94, 109, 111 – 112, 116, 118 – 119 Ehevertrag 76 Eigenbedarf 73 – 74, 80, 128 – 129 Eigentumsschutz 165 Einheitlichkeit 90, 137 Einjahresfrist 93 – 94, 98 Einkaufsvorteile 72, 131 Einkommensbegriff 67 Einkommensdifferenz 134 Einkommensgruppen 128, 162 – 163 Einkommensquelle 59 Einkommensverhältnisse 67, 72, 126, 131, 145, 162 Einsatzzeitpunkt 100 – 101, 105, 108, 110, 114 – 115, 120 Einvernehmliche Trennung 31 Elternbezogene Gründe 105, 107 Elternteil 102 – 104, 106 – 108, 120, 145 – 148, 154, 160 – 164, 184, 187 Enumerationsprinzip 100 Ermessensspielraum 35, 75, 143, 172, 187 Ermittlungen 35 Erschwerniszulagen 72, 131 Erwerbsfähigkeit 113, 115, 117, 126 Erwerbslosenunterhalt 110, 113 – 115, 117 – 118 Erwerbspflicht 64 Erwerbstätigenbonus 87, 133 Erwerbsverhältnis 62, 65 Erziehungsaufwand 47 Erziehungsmaßnahme 102, 148 Europäische Union 24 Existenzminimum 86, 145, 156, 161, 187 Fahrtkostenzuschuss 72, 131 Familienbindung 39 Familienunterhalt 21, 29, 32, 38 – 39, 179 Familienzuschlag 72, 131

Stichwortverzeichnis Fehlverhalten 78, 111 Feststellung der Vaterschaft 103 Fiktive Einkünfte 54, 61, 70, 74, 84, 115, 123, 125, 132, 147, 153 Finanzamt 78 Folgesache 138 Folgetatbestand 110, 113, 115 Freibetrag 161 Freiwillige Vermögensminderung 61 – 62 Frühere Erwerbstätigkeit 50, 99, 115 Funktionale Rechtsvergleichung 26 – 27

Gebot der Gleichbehandlung 169, 177, 184 Gebot der Rechtssicherheit 22, 169, 174 Gebrechen 108, 110 – 112 Geldzahlung 21 Gemälde 59 Gemeinsame Kinder 31, 54, 67, 76, 81, 83, 102 – 104, 138, 140 – 141, 146, 160 Gemeinsames Wirtschaften 68 Generalklausel 120, 127, 135 – 136, 176, 188 Gerechtigkeit 23, 165 – 170, 176 – 178, 180 – 181, 185 Gesamtbetrag 155 Geschiedenenunterhalt 99 Geschlechtsverkehr 32, 95 Gesetzeskraft 164, 184 Gesetzgebung 170 – 172, 174, 176, 178 – 180, 185 – 186, 188 Gesetzgebungstechnik 168, 170, 173 Gesundheitsschaden 71 Gesundheitszustand 50, 61, 99, 107, 110, 115 – 116, 125, 146 Getrenntleben 29 – 30, 32 – 34, 36, 50, 64, 89, 91 – 93, 96 – 97, 135, 178 – 180, 182 Gewinnbeteiligung 72, 131 Gewohnheitsrecht 86 Gleichheitsgebot 165 – 166, 176 – 177 Gleichheitssatz 177 Gleichstellung 154 Gleichwertigkeit 51, 147, 154, 160 Grenzüberschreitende Unterhaltsfälle 24 – 25 Grundbedarf 128 Grundsatz der Eigenverantwortung 99 – 100, 113, 148

199

Grundsatz der gleichen Teilhabe 38 – 39, 68, 79, 143 – 144 Grundsatz der Mitverantwortung 99 Grundsatz der Selbstverantwortung 113 Grundsatz des ordentlichen Wirtschaftens 59 Haager Protokoll 24 – 25 Halbteilungsgrundsatz 133 – 134 Handwerksbetrieb 59 Härtefall 97 Härteklausel 78, 94 Hausfrau 50 Hausfrauenehe 54, 67, 80, 82 – 83, 87 Haushalt 21, 30 – 31, 67 – 68, 80, 82 – 83, 154, 160 – 162, 184 Haushaltsführung 51, 67, 81, 133, 187 Hauslasten 68 Hausmannehe 67, 87 Hilfeleistungen 41, 47, 121 Hilfeverpflichtung 41 Hobby 145 Hochschulabschluss 141 Höchstbetrag 162 Höchstrichterliche Auslegung 45, 91, 180 Höchstrichterliche Rechtsprechung 45, 52 – 54, 67, 89, 91, 135, 145, 182 Infektionskinderkrankheiten 127 Initiativbewerbung 114 Innere Bindungen 31, 93, 96 Intakte Ehe 21, 29, 31, 33, 38 – 40, 46, 57, 79, 83 Intransparenz 175 Istzustand 95 Jubiläumszuwendungen 72, 131 Judikative Aufsicht 90 Kalenderjahr 72, 131 Kapitalvermögen 69 Kaufkraftunterschied 157 Kausalzusammenhang 44, 48 – 50, 110 Kindbezogene Gründe 105 Kinder 21, 24 – 25, 47, 75 – 76, 80, 103, 106, 143 – 144, 148 – 149, 156 – 159, 161, 163, 185, 187 – adoptierte 103

200

Stichwortverzeichnis

– – – –

außerhalb der Ehe geborene 139 betreuungsbedürftige 106 ersteheliche 104 gemeinsame 31, 54, 67, 76, 81 – 83, 102 – 104, 138, 140 – 141, 146, 160 – gemeinschaftliche 65, 78, 99, 101, 103 – 104, 108, 110, 116, 138 – jugendliche 145 – minderjährige 31, 35, 54, 79, 81 – 83, 138 – 140, 142 – 144, 146, 149 – 155, 160 – 161, 164, 184 – nichteheliche 104 – scheineheliche 103 – 104 – volljährige 138 – 143, 149 – 155, 160, 162 Kinderbetreuendes Elternteil 104, 106 Kinderbetreuung 21, 50, 65, 67, 81 – 83, 101 – 107, 120, 179 Kinderfreibetrag 161 Kindergartenbeitrag 127 Kindergartenbetreuung 106 Kindergeld 163 Kindesunterhalt 21, 23 – 24, 56 – 57, 130, 133, 138 – 139, 141 – 144, 146 – 147, 149, 151 – 153, 155 – 164, 184 – 185, 187 – 188 Klageanerkenntnis 75 Klageantrag 76 Klarheit 166, 170, 172 Kollisionsnorm 24 Konfirmation 127 Krankenvorsorge 73, 131 Krankheit 83, 105 – 106, 108, 110 – 112, 120, 142 Krankheitsunterhalt 110 – 112, 117 Kündigung 62 Künstlersozialkasse 78

Lastenverteilung 127 – 128 Laufender Lebensbedarf 125, 128 Lebenserfahrung 137 Lebensgefährte 53 Lebenshaltungskosten 81, 83 – 85 Lebensplan 67, 104, 185 Lebensstandard 38 – 39, 52, 57, 63, 66, 68, 78 – 79, 143, 156 Lebensstandardgarantie 39, 60, 64, 79, 125 Lebensstellung 74, 129, 149

Lebensverhältnisse 36, 46, 50, 66 – 68, 87, 99 – 100, 116 – 118, 125, 129, 136, 174, 179 Legislatorischer Mangel 180 Leistungsanreiz 134 Leistungsfähigkeit 42 – 44, 46, 51, 56 – 58, 60 – 61, 69 – 70, 72 – 75, 78 – 80, 84 – 85, 98, 126, 129, 131 – 132, 136, 143, 151, 177, 183. Leistungszulagen 72, 131 Leitlinien 21, 52, 77, 85 – 86, 137, 155, 183, 186 Luxusgüter 55 – 56 Materieller Status 57 Mehrarbeit 72, 132 Mehrbedarf 69, 86, 125 – 126, 128, 133, 149 Miete 73, 132 Mietfreies Wohnen 68, 122 Mietwert 68, 122 Mindestbedarf 86, 162 Mindestunterhalt 156, 161, 184 Ministerialzulage 72, 131 Mitgliedstaat 24 Mitverschulden 43, 183 Monatslohn 72, 130 Multiple Sklerose 111 Nachhilfestunde 128 Naturalunterhalt 21, 147 – 148, 154, 160 Nebenkosten 86, 123 Nettoeinkommen 87, 130, 134, 162 Nettogesamteinkommen 67 Neurosen 112 Nichteheliche Lebensgemeinschaft 53 Nichterwerbstätigkeit 50, 65 Normenklarheit 170 – 171, 174, 185 – 186 Normenkontrolle 166, 177 Nutzungen 59 Oberlandesgericht 86 Oberstes Gericht 38 – 39, 45, 52, 89, 91, 156 – 157, 175 Objektiver Betrachterstandpunkt 95 Ordentliche Gerichte 27, 32, 79, 84, 89 – 91, 135 – 136, 158, 180 – 182 Orientierungshilfe 77, 91, 128, 137, 164, 184, 188

Stichwortverzeichnis Pacht 73, 122 – 123, 132 Parteiverfahren 182 Pflegegeld 68, 71 Pflegekind 104, 120 Pflegeperson 68 Prämie 58, 72, 131, 146 Präzision 170 – 172, 185 Prinzip der gesellschaftlichen Gerechtigkeit 23, 165 – 169, 176 – 178, 180 – 181 Prinzip der gleichen Teilhabe 38 – 39, 68, 79, 143 – 144 Privatentnahme 73, 131 Protokoll 24 – 25, 76 Prozentsatz 155 – 157, 161 – 164, 184, 187 – 188 Quoten 79, 124, 126, 134, 137, 157, 186 Quotenbildung 133 Quotenunterhalt 126 Rangordnung 160 Rechtsanwendung 90, 170, 172, 174, 176 Rechtsanwendungsgleichheit 177 Rechtsfortbildung 26 Rechtsfrüchte 59 Rechtsgrundsatz 45, 91, 178 Rechtsmissbräuchliches Handeln 53 Rechtsprechende Gewalt 89 Rechtssicherheit 22, 90, 136, 168 – 172, 174, 178 – 179, 185 Rechtsstaat 167 – 170, 173 – 175, 178, 180, 185 Rechtsstaatlichkeit 167 – 168, 170 Rechtsstaatsprinzip 22 – 23, 26, 165 – 169, 172, 175, 178, 180, 185 Rechtsvergleichung 23, 26 – 27, 137 Rechtswahloption 25 Reformbedürftigkeit 26, 186 Rollenverteilung 67, 107 Sachentnahmen 72, 131 Sachfrüchte 59 Sachzuwendung 72, 131 Schädigung 71 Scheidungsantrag 36, 94, 97, 135 Scheidungsgrund 93, 135 Scheidungsunterhalt 21, 48 – 51, 55, 57, 78, 80 – 82, 122, 143, 147, 155, 160, 164

201

Scheidungsurteil 37, 52 – 53, 82 – 83, 138 Scheidungsverfahren 32, 35 – 37, 53, 74 – 75, 78, 82, 98, 182, 184, 186 Scheidungsvoraussetzung 28, 34 – 35, 91 – 92, 135 – 136, 179, 185 – 186 Scheitern der Ehe 93 – 96, 98, 119 Schenkung 62 Schlechterstellung 76 Schließfachgebühr 70 Schmerzensgeldrente 73, 132 Schmuck 59 Schulausbildung 141, 160 Schuldlosigkeit 43 Schulfahrt 128 Schulkind 143 Schwäche 110 – 112 Selbstbehalt 60, 73 – 74, 79, 86, 129 – 130, 137, 153 Selbstverantwortung 113 Sexuelle Enthaltsamkeit 32 Simulationsrisiko 112 Sockelbetrag des Elterngeldes 71 Solidarität 107, 152 Sonderbedarf 125, 127 – 128, 134, 154 Sondergerichte 89 Sorgerecht 102, 148 Sozialabgaben 72 – 73, 131 Soziale Gerechtigkeit 169, 176 – 177 Sozialhilfe 47, 54, 59, 68, 71, 121, 146 Soziologie 187 Sparzulagen 72, 131 Spekulationsgewinn 73, 132 Standardfall 134, 137 Statistische Daten 162 Steuererklärung 147 Steuern 70, 72, 130 Stipendien 59 Surrogationsprinzip 68

Tabellensätze 69, 74, 86, 126, 134, 163 – 164, 188 Taschengeld 72, 131 Tatgericht 34, 52, 75 – 76, 84, 87, 134, 137, 143, 158, 182, 187 Teilunterhalt 113 Transparenz 26, 175, 188 Trennungsdauer 64

202

Stichwortverzeichnis

Trennungsfrist 28, 34, 93, 135, 180, 182, 187 Trennungsjahr 64, 94, 97 Trennungsurteil 52 – 53, 138 Trennungsverfahren 30, 36 – 37, 48, 53, 74 – 75, 184, 187 Trennungszeit 32, 66 – 67, 93 – 94, 97, 135, 182 Trinkgeld 72, 131

Unterhaltsvoraussetzung 27, 29, 48, 56, 76, 88 Untersuchungsgrundsatz 35 Unzumutbare Erwerbstätigkeit 65 Unzumutbare Härte 97, 146 Unzumutbarkeit 36, 97, 108 – 110, 112, 123 Unzureichende Einkünfte 118 Urkundenbeweis 75 Urlaubsgeld 72, 131

Überstunde 72, 131 Unbestimmte Rechtsbegriffe 22, 43, 90, 136 – 137, 171 Unselbständigkeit 57 Unsicherheit 137, 173 Unterhalt – angemessener 36, 50, 73, 129, 136 – 137, 149, 151 – 152 – notwendiger 74, 129 – verschuldensabhängiger 36, 136, 183 – voller 104, 114, 116 – 117, 134 Unterhaltsanspruch (während faktischer Trennung), privilegierter 44, 49, 56 – 57, 139 – 140, 143 Unterhaltsanspruchsgrundlagen 101 Unterhaltsbedürftigkeit 84, 102, 109, 114 Unterhaltsbemessung 158, 166, 181, 184 – 187 Unterhaltsberechtigter 21, 25, 109 Unterhaltsberechtigung 98, 101, 112, 114 – 115, 142 Unterhaltsdauer 104 Unterhaltsgewährung 53, 78, 82, 102 Unterhaltsgröße 84 Unterhaltshöhe 70, 77, 82 – 85, 143, 158 – 159, 164, 186 Unterhaltsklage 76 – 77 Unterhaltskommission 86 Unterhaltsmaß 23, 78, 118, 121, 125, 134, 136, 143, 149 Unterhaltsrang 154 Unterhaltsstatut 25 Unterhaltstatbestand 29, 100 – 101, 108 – 109, 113, 117, 119 – 122, 166, 178, 186 Unterhaltsurteil 158 Unterhaltsverfahren 21, 25, 48, 53, 56, 70, 75 – 76, 78 – 79, 136 – 137, 164, 183, 188 Unterhaltsverhältnis 63, 69, 137, 156

Verbot 22 – 23, 76, 176 – 177, 181, 185 – 186 Verdienstverhältnis 76 Verfassungsgerichte 167, 175, 177 Verfassungsgrundsatz 167 Verfassungsklage 166 Verfassungskonformität 23, 26, 166 Verfassungswidrigkeit 185 Vergütungsbestandteile 58 Verhandlungsgrundsatz 35 Verjährung 62 Vermietung 122 – 123 Vermögensbestandteile 55 Vermögenseinkünfte 56, 59, 66, 70, 73, 139, 151, 153 Vermögenserträge 73, 122, 132 Vermögensminderung 61 – 62 Vermögensrecht 61 – 62, 147 Vermögenssubstanz 150 Vermögensstamm 55 – 56, 59, 63, 66, 70 – 71, 73, 124, 140, 149 – 151 Vermögensverwertung 55 – 56, 65 – 66, 70, 122, 124, 132, 140, 146, 149 – 150, 153 Vermögensverhältnisse 36, 38, 42 – 43, 50 – 53, 55, 57, 59, 62 – 63, 66, 69 – 71, 73, 78, 126, 129, 137, 146, 154, 183 Vermögenswert 69 Vermögenswirksame Leistungen 72, 131 Vernehmung 75 – 76, 137 Verordnung 24, 173 Verschärfte Erwerbsobliegenheit 151 – 152 Verschärfter Mitteleinsatz 151 – 152 Verschuldensprinzip 36 – 37 Versicherungsunternehmen 78 Versöhnung 30, 89, 96 Versöhnungsbereitschaft 96 Versöhnungsversuche 32 Versorgungsleistungen 123

Stichwortverzeichnis Vertrauensschutz 23, 90, 168, 170, 172, 174 – 175, 178 – 180, 185 Vertrauenstatbestand 65 Verwandte 51, 60, 141 – 142, 151, 153 Verwandtenunterhalt 51, 142, 148 Volljährigkeit 140, 143, 154 Voranspruch 113 Vorrang 58, 102, 120, 138, 155, 160, 164, 184 Vortatbestand 110, 115 Vorzeitige Scheidung 97 Warenkorb 162 Warenkorbmodell 187 Wechselmodell 148, 154 Weihnachtsgeld 72, 131 Weiterbildung 141 Wertvolle Gegenstände 59 Wesentliche Verschlechterung der materiellen Lage 41 – 42, 44, 46 – 50, 57, 80 – 81, 83, 166, 183 Wichtiger Grund 61 – 63, 147 Wiederherstellung 64, 92, 94 – 96

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Willkür 173, 175 – 176 – staatliche 173, 181 Willkürliche Handlungen 176, 181 Willkürverbot 22 – 23, 176 – 177, 181, 185 – 186 Wirtschaftswissenschaften 187 Wochengehalt 72, 130 Wohnvorteil 68 – 69, 122 – 123 Zerrüttungsprinzip 78, 136, 183 Zerrüttungsprüfung 93, 95 Zerrüttungstatbestand 35 – 36, 93 – 94, 97 Zerrüttungsvermutung 35, 93 – 94, 97 – 98, 182 Zeugenvernehmung 75 Zinsen 69, 73, 122, 132 Zivilrechtliche Verträge 58 Zivilverfahren 90 Zuckerkrankheit 111 Zukunftsprognose 96, 98 Zusatzgehälter 72, 131 Zwischenstadium 28, 182