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German Pages 339 [340] Year 1985
Linguistische Arbeiten
165
Herausgegeben von Hans Altmann, Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner
Zweitsprache Deutsch ungesteuerter Erwerb Interaktionsorientierte Analysen des Projekts Gastarbeiterkommunikation Herausgegeben von Stefan Kutsch und Ilka Desgranges
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1985
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Zweitsprache Deutsch - ungesteuerter Erwerb : interaktionsorientierte Analysen d. Projekts Gastarbeiterkommunikation / hrsg. von Stefan Kutsch u. Ilka Desgranges. - Tübingen : Niemeyer, 1985. (Linguistische Arbeiten ; 165) NE: Kutsch, Stefan [Hrsg.]; Deutsche Forschungsgemeinschaft / Projekt Gastarbeiterkommunikation; GT ISBN 3-484-30165-1
ISSN 0344-6727
© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1985 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt.
v INHALTSVERZEICHNIS
Stefan Kutsch/Ilka Desgranges: Projektskizze Synopse
l 6
Ilka Desgranges: Aspekte der sprachlichen und schulischen Situation ausländischer Kinder und Jugendlicher im Saarland
20
Stefan Kutsch: Methoden, Daten und Verfahren: Probleme der Beschreibung von Interimsprachen und ihrer Entwicklung
27
Ilka Desgranges: "Was sollen wir denn heute machen?" Gespräche zwischen Kindern und Erwachsenen
48
Stefan Kutsch: Die Funktionen kommunikativer und semantischer Partikeln als Probleme des ungesteuerten Zweitspracherwerbs ausländischer Kinder
88
Berthold Reuter: Die pragmatische Funktion von Formeln im Spracherwerb von Kindern in der Phase der Mittleren Kindheit
165
Klaus Müller: Deixis und Interim spräche
182
Karin Tantow: Bedingungen für das Gelingen und Mißlingen der Erzählung in der Kommunikation mit Kindern
211
Josef Schu: "Wä:sche was passiert is?" Wie Kinder Erzählungen anfangen und wie Erwachsene zu deren Durchführung beitragen
231
Gerd Antos: Mit "weil" Begründen lernen Zur Ontogenese argumentativer Strukturen im natürlichen L2-Erwerb
273
Ikbal Berber: Soziales Sprach verhalten bei türkischen Kindern: Kodewechsel
321
Projektbibliographie
333
Projektekizze Alle Autoren dieses Buches sind Mitarbeiter im DFG-Projekt GASTARBEITERKOMMUNIKATION an der Universität des Saarlandes. Sie befassen sich seit März 1982 mit der Untersuchung des Zweitspracherwerbs türkischer und italienischer Kinder ( 8 - 1 6 Jahre) im Saarland. Ihr Hauptinteresse liegt in der Beschreibung des Deutscherwerbs in natürlichen Gesprächen, das Sprachmaterial wurde als Längsschnitt erhoben. Diese Perspektive gilt mit einem Blick auf die aktuelle Forschung nicht als neu, im Prinzip folgt dieser Ansatz den Anregungen, die von Seiten früherer Projekte zum Zweitspracherwerb für künftige Arbeiten erfolgten (etwa HPD 1977). Bei Langzeituntersuchungen natürlicher Gespräche tauchen eine Reihe ungelöster Probleme auf, die vom Forschenden interdisziplinäres Arbeiten verlangen. Diese methodischen und praktischen Probleme werden in den verschiedenen Beiträgen angesprochen, wobei die vorgeschlagenen, oft pragmatischen Lösungen anhand sogenannter Pilot- oder Einzelfallstudien diskutiert werden. Mit ihren Arbeiten wagen sich die Autoren auf ein Gebiet, dessen theoretischer Rahmen vielfach abgesteckt erscheint und an dessen Bearbeitung in den letzten Jahren mannigfaltig methodische Postulate herangetragen wurden. Was jedoch die forschungspraktische Seite angeht, so ist bisher kein Projekt bekannt, welches sich mit ähnlich großer Probandenzahl (20 Zweitsprachenlerner, 10 Muttersprachler) auf gleicher Materialbasis (Sprachaufnahmen von 1982 - 1984) mit dem ungesteuerten Zweitspracherwerb von Kindern befaßt. Das Analyseinstrument, ein Kompendium kommunikativer und grammatischer Fähigkeiten der Lerner, nennen wir Sprachbzw. Probandenprofil, es spiegelt die Schwierigkeiten der interaktionsorientierten Analyse des L2-Erwerbsprozesses wider. Forschungsschwerpunkt ist der Versuch, von der grammatischsyntaktische Beschreibung der Lernervarietäten etwas abzurücken, hin zu einer umfassenderen Bestimmung des Sprach Vermögens von Lernern durch die Berücksichtigung von Komunikationsfähigkeiten. Ob das von uns vertretene, integrative Konzept sprachlicher Fertigkeiten und interaktiver Kategorien einen instrumentellen Wert zeigt, kann erst nach seiner Anwendung auf das Gesamtmaterial entschieden werden. In diesem Sinne handelt es sich bei den Beiträgen dieses Sammelbandes um explorative Studien. Die "Projektskizze" umreißt zunächst den theoretischen Rahmen der Beiträge dieses Buches, diese wiederum sollen einen Einblick in die Vorgehensweise der verschiedenen Arbeitsgruppen geben. Repräsentiert sind Longitudinal- und Querschnittstudien einzelner und mehrerer Probanden. Praktische Probleme der Projektarbeit werden in der "Synopse" angesprochen; im Detail dargestellt und diskutiert werden sie in den Einzelbeiträgen. Zweifellos wurde in der Spracherwerbsforschung in den letzten Jahren eine interaktionelle Wende vollzogen, die Arbeiten von BRUNER (1975; 1978; 1983), DITTMAR/THIELICKE (1979), HATCH (1978) und MARTENS (Hg.1979) seien stellvertretend genannt. Aber bisher steht kein interaktiv erhobenes Korpus Kindersprache (Ll und L2 Deutsch) zur Verfügung, welches überprüfbare Analysen ermöglicht. Die Autoren, die sich mit Erstspracherwerb befassen, beschränken sich auf Einzelbeispiele oder nicht leicht nachvollziehbare Einzelfallstudien, diejenigen, welche sich auf Zweitspracherwerb konzentrieren, befassen sich in der Hauptsache mit erwachsenen Lernern, wobei die Beobachtungszeitraume longitudinaler Ansätze (PIENEMANN 1981:11,15) 14 Monate nicht überschreiten. Die Aufgabe des Projekts bestand zunächst darin (1982-1984). ein Korpus zur Kindersprache (L2) zu erstellen, d.h. von einer festen Anzahl von Probanden (10 türkische und 10 italienische Kinder) wurden longitudinal über zwei Jahre hinweg Sprachaufnahmen erhoben und
verschriftet.1 Probeaufnahmen zur Korpuserstellung wurden in einer Pilotphase des Projektes (1979-1982), regelmäßige Aufnahmen von März 1982 an einmal monatlich erstellt. Bis zur Fertigstellung dieses Buchs lagen von den Probanden insgesamt über 400 Tonbandkassetten auszugsweise verschriftet vor. Zur Zeit erfolgt die Archivierung des erhobenen Materials mit digitaler Speichertechnik auf Videokassetten (PCM-Adapter). Ein aktuelles und zentrales Problem stellt im Analysebereich die Entwicklung eines interaktionell/dialogischen Untersuchungsansatzes dar, der die Auseinandersetzung mit dem natürlichen Material ermöglicht. Dieser Ansatz soll eine interpretative Bestimmung ontogenetischer Prozesse des Spracherwerbs an Sprachmaterial aus alltäglichen Interaktionssituationen gestatten, wobei im Gegensatz zu bisherigen Forschungen außer der grammatisch-syntaktischen auch noch die kommunikative Angemessenheit von Äußerungen als Maßstab herangezogen wird. Die Untersuchungen werden dadurch erschwert, daß sich versteckte Sprachaufnahmen alltäglicher Situationen jeder Festlegung situationeller, kontextueller oder gar lokaler bzw. zeitlicher Variablen entziehen. Das so gewonnene Material läßt sich durch hohe Heterogenität kennzeichnen, die Methode der Datenerhebung läßt eine Vergleichbarkeit in Form einer Standardisierung nicht ohne weiteres zu. Ziel des Projektes ist mittelbar die Analyse von Interaktionen, von direktem Interesse ist jedoch deren sprachliche Ausgestaltung. Generelles Ziel der Untersuchungen ist die Beschreibung, wie die Gastarbeiterkinder im Laufe der Zeit Deutsch lernen und wie sie kommunikative Fähigkeiten erwerben; im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Sprach- und Verhaltensstrategien in fremder Umgebung (Gastland). Die Probanden befanden sich zu Beginn der Erhebungsphase mindestens vier Jahre in Deutschland, vorher größtenteils im Heimatland. Sie sind nicht bilingual aufgewachsen, so daß von "Zweitspracherwerb des Kindes" gesprochen werden muß.2 Der Aufenthaltsdauer im Gastland entsprechend befinden sich unsere Probanden im Stadium des" fortgeschrittenen" bzw. späten Zweitspracherwerbs (vgl. den Beitrag von ANTOS in diesem Buch). D.h. sie sind bereits in der Lage, grammatisch vollkommen richtige Äußerungen zu bilden, was jedoch nach KLEIN (1984:16) keinesfalls besagt, daß die Zweitsprache auch richtig erworben ist. Er meint damit, daß der grammatisch richtige Satz in der Zweitsprache des Gastarbeiterkindes nicht immer das ausdrückt, was beispielsweise ein Zielsprachensprecher damit intendiert. Da es sich bei unseren Probanden um Kinder handelt, müssen die kognitive Entwicklung und die Herausbildung sozialer Identität in Verbindung mit dem Zweitspracherwerb berücksichtigt werden. In der Literatur wird davon ausgegangen, daß die in den Sprachen auf unterschiedliche Weise realisierten kognitiven Kategorien (Konzept der Zeit, Deixis, Kontextabhängigkeit), bei erwachsenen Lernern ausgebildet sind und nur der Übertragung in die Zweitsprache bedürfen (KLEIN 1984:17). Diese kognitiven Kategorien repräsentieren jedoch nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtbereich kognitiver Fähigkeiten, zu denen beispielsweise auch noch die Perspektivenübernahme oder rekursives Denken gehören, die noch in der späten Kindheit (Adoleszens) nicht vollständig entwickelt sind (FLAVELL et. al. 1975:124ff.). Daher kann die erwähnte Ausgangsposition nur in abgeschwächter Form für die Konzepte Zeit, Deixis und Kontext gelten und in der entwicklungspsychologischen Literatur wird auch darauf hingewiesen, daß Erstspracherwerb und Zweitspracherwerb wesentlich von der kognitven Entwicklung des Kindes geprägt sind (FLAVELL 1979; SHATZ/GELMAN 1973). FLAVELL betont, daß folgende sich entwickelnde Fähigkeiten Produkte der sozial-kognitiven Entwicklung zu sein Zur Einfuhrung in Projektfragestellungen vgl. RATH (Hg.) 1983. Zur Terminologie vgl. KLEIN (1984:27).
scheinen: "(1) Sensibilität für die Unterschiede zwischen dem Bezugsobjekt, das der Sprecher vermitteln will, und anderen Nicht-Bezugsobjekten, die der Zuhörer ebenfalls wahrnimmt; (2) Sensibilität für den Zuhörer und seine kommunikative Situation; (3) Sensibilität für die Rückmeldungen (feedback) vom Zuhörer in bezug auf die Angemessenheit der Mitteilung; (4) auf Seiten des Zuhörers, Sensibilität für die möglichen Unzulänglichkeiten und die Zweideutigkeiten der Mitteilungen und das Wissen, wie man den Sprecher dazu bringt, sie zu klären." (FLAVELL 1979: 222) Er bezeichnet mit sozialer Kognition alle Varianten von Kognition, die sich auf menschliche Objekte, im Gegensatz zu nichtmenschlichen Objekten bezieht. Die Entwicklung sozialer Kognition und die Entwicklung sozialer Identität verlaufen synchron mit dem Zweitspracherwerb unserer Probanden. Dies gilt natürlich nicht in gleichem Maße für Erwachsene (KLEIN 1984:18). Den Zusammenhang zwischen sozialer Identität und sprachlicher Entwicklung sah bereits STÖLTING (1980) im Problem der "doppelseitigen Halbsprachlichkeit", d.h. weder die Erstsprache noch die Zweitsprache werden adäquat erworben (zu dieser Fragestellung vgl. den Beitrag von BERBER). Eine Untersuchung von kommunikativen Prozessen der Verständigung in Alltagssituationen, wie sie das Saarbrücker Projekt zu leisten versucht, hat daher auch den sozial-kognitiven, sozial-identifikatorischen und interaktionellen Charakter des Kommunizieren- und SprechenLernens besonders zu beachten. Sprechen erfordert die Sicherung der Verständigung und die Übermittlung der Bedeutung des Gemeinten. Dies sind Aufgaben, die von den Kindern immer wieder gelöst werden (müssen) und die zentrale Punkte der von FLAVELL beschriebenen Kommunikationsfähigkeiten bilden. Eine Beschreibung dieser Fähigkeiten und ihrer Entwicklung in alltäglicher Kommunikation geht somit weit über eine Beschreibung grammatischer Mittel hinaus: These claims have led to a redefinition of the notion of competence which includes the acquisition of strategies of social interaction (cf. Dittmar &, Thielicke, 1979), conversational maxims, context-dependent speech act rules, discourse organization principles - besides the acquisition of the explicit linguistic means. In analyzing L2 data in the context of its multifaceted functions, one is faced with the problem that the proven methodology in that field, that is, structural analysis of utterances on the sentence level, is no longer the appropriate tool to cope with the new aspects in question. A new methodological framework needs to be developed which allows for a systematic categorization of the factors in play and which therefore can be used as a basic of comparative studies across languages and across learners varieties within one language. " (DITTMAR/V. STUTTERHEIM 1985:195f.) Durch Beobachtung unserer Probanden und durch Betrachtung des Sprachmaterials konnten wir feststellen, daß die persönliche Entwicklung im Bereich der Mittleren Kindheit Auswirkungen im sprachlichen bzw. im thematischen Bereich der aufgenommenen Gespräche zeigt. Die Interaktionen vollziehen sieh innerhalb von Konzepten (Rahmen), die wir vorerst mit Alltagsorganisation, Perspektivenübernahme, Verständigungssicherung, Ego- Alter-Darstellung (Geschlecht, Image, Rolle) und Kontaktfunktion (phatische Funktion) umschreiben. In der Beachtung dieser interaktiven Rahmen analysieren wir die Fähigkeit eines Zweitsprachenlerners zum Gebrauch von Sprache, die dem speziellen Kontext angemessen erscheint (vgl. HATCH/LONG 1980:6, zit. in DITTMAR/V. STUTTERHEIM). Die sprachliche Ausgestaltung von Interaktionssi-
tuationen durch unsere Probanden, in Verbindung mit-der Analyse des spezifischen Verhaltens der deutschen Lnteragierenden, bildet unseren Zugang zur Bestimmung der kommunikativen Kompetenz der Gastarbeiterkinder, wobei der Kompetenzbegriff durch die Beachtung interaktiver Kategorien die geforderte Erweiterung beinhaltet (DITTMAR/V. STUTTERHEIM a.a.O.:195). Das von uns vertretene integrative Konzept beruft sich in seiner Umschreibung von Kommunikationsfähigkeiten in der Hauptsache auf entwicklungspsychologische und im methodischen Bereich auf interpretative Verfahren gesellschaftswissenschaftlicher Ansätze. Im Unterschied zu diesen Ansätzen und unter Einbezug von Gesprochener-Sprache/Dialogforschung betonen wir jedoch den expliziten und impliziten Bezug unserer Analysen auf sprachliche Daten. Sprachentwicklung, sozial-kognitive Entwicklung und die Gesamtentwicklung der Persönlichkeit sind untrennbar miteinander verbunden. Soziologie, Sozialpsychologie, Denkpsychologie und Entwicklungspsychologie haben sich bereits um ein Analysekonzept mit dem zentralen Konstrukt "Kommunikation" bemüht und mit FLAVELL et. al. (1975) in den Traditionen von MEAD, WYGOTSKY und PIAGET ein Modell von Kommunikationsiähigkeiten entwickelt, welches sich primär auf Fähigkeiten sprachlicher Perspektivenübernahme bezieht. Als notwendige Voraussetzungen für angemessenes Kommunikationsverhalten bezeichnet wiederum FLAVELL: "- Fähigkeiten zur Informationsübermittlung unter Berücksichtigung der Informationsbedürfnisse des Zuhörers, - Fähigkeiten zur Vorhersage des Verhaltens anderer, (kognitive Rollenübernahme) oder zur Vorhersage der Kognition anderer, (rekursives Denken), - Fähigkeiten zur Überzeugung anderer, - Fähigkeit zur Darstellung von Rollen, - Fähigkeit zur Übernahme der Wahrnehmungsposition anderer (perzeptive Rollenübernahme)." (FLAVELL et. al. 1975:13) Bereits genannte interaktive Konzepte der Perspektivenübernahme (ECKENSBERGER/SILBEREISEN 1980), Ego- Alter-Darstellung etc. sind diesem Ansatz entnommen bzw. zuzurechnen. An dieser Stelle ist zu betonen, daß dieser psychologische Ansatz seine Daten aus der Analyse sprachlicher Daten bezieht und daß bisherige Untersuchungen durchweg geprägt sind von ihrem experimentellen Charakter (Tests und Rollenspiele). Dies bedeutet auch, daß die Umsetzung bzw. Anwendung des Analysemodells auf alltägliche Interaktionssituationen bisher aussteht. Wir wollen dieses Konzept als modifiziertes Analyseschema auf unser Material übertragen. Wir nehmen an, daß sich Kommunikationsfähigkeiten an sprachlichen Realisationen innerhalb interaktiver Rahmen messen lassen, insofern das Verhalten aller Interagierenden in die Bewertung miteingeht. Die Analyse von Sprachfähigkeiten unter interaktionell/dialogischer Perspektive bedeutet demnach für uns die Untersuchung, wie in natürlicher Interaktion soziale Rollen, fremde und eigene Perspektiven, Verständigung und Alltag, sprachlich verwirklicht, sprachlich vermittelt, sprachlich eingenommen und sprachlich organisiert werden. Mitberücksichtigt werden dabei immer auch interdependente Faktoren der Situation, des Kontexte und der Interagierenden selbst, soweit uns das erhobene Material diesen Zugang gestattet. Das Ziel des Projekts ist die Beschreibung des ungesteuerten Zweitspracherwerbs ausländischer Kinder; berücksichtigt wird hierbei, außer den bereits dargestellten Aspekten des Verhaltens, daß die Probanden sich in der Mittleren Kindheit befinden und verschiedenen Ethnien angehören. Die Entwicklung der zweiten Sprache wird auf empirischer Basis (longitudinale Sprachaufnahmen) untersucht, zur Kontrolle dient ein mit identischer Methodik erhobenes Korpus deutscher Kinder. Zentral analysiert werden dialogische Sequenzen aus natürlichen Interaktionen, die Beiträge aller Interagierenden werden beachtet und im Hinblick auf ihren Einfluß auf den Erwerbsprozeß bewertet.
In einer SYNOPSE (Glossar) haben wir die, wie wir meinen, wichtigsten Stichpunkte zur Arbeitsweise des Projektes GASTARBEITERKOMMUNIKATION zusammengefaßt. Sie soll einen Überblick vermitteln und gleichzeitig sich ständig wiederholende Angaben zu Probanden und Daten in den Einzelbeiträgen vermeiden. Gleichzeitig dient sie der Leserin bzw. dem Leser als Orientierungshilfe beim Aufsuchen immer wieder verwendeter Begriffe (Redundanzkatalog). Die Ordnung der Stichpunkte folgt nicht alphabetischen Prinzipien, wie bei Glossaren sonst üblich, sondern entspricht einer thematischen Reihung: von allgemeinen theoretischen Problemkreisen zu speziellen Fragen der praktischen Arbeit.
SYNOPSE (GLOSSAR) GASTARBEITERDEUTSCH Bisher lagen die Hauptinteressen linguistischer Forschungen zum Gastarbeiterdeutsch bei grammatischen, morphologischen oder phonologischen Fragestellungen (MEYER-INGWERSEN/NEUMANN/KUMMER 1977; HEIDELBERGER FORSCHUNGSPROJEKT " PIDGIN-DEUTSCH" 1977; MEISEL 1975; STÖLTING 1980; MEISEL/ CLAHSEN/PIENEMANN 1983). Untersucht wurde die Sprache von erwachsenen und kindlichen Lernern (MEYER-INGWERSEN et. al.; STÖLTING; PIENEMANN 1981), wobei Erwerbsreihenfolgen bzw. Lernervarietäten und deren Abhängigkeit von biographischen bzw. soziokulturellen Gegebenheiten festgestellt wurden. Die Sprachvariante Gastarbeiterdeutsch ist gekennzeichnet durch beschränkten Wortschatz, Weglassen von Artikeln, Präpositionen, Konjunktionen, Verbflexion (Tilgungen) und durch parataktische Satzmuster (vgl. MEISEL/CLAHSEN/PIENEMANN1983; BUSSMANN 1983). Seit einiger Zeit erfährt der grammatisch- syntaktische Ansatz eine Erweiterung über die strukturelle Betrachtung des expliziten Lernerwissens hinaus auf die Analyse des Spracherwerbs im pragmatisch - interaktionelleri Kontext (SCHMIDT/RICHARDS 1979; DITTMAR/THIELICKE 1979; DITTMAR/V.STUTTERHE1M 1985; AUER 1983; AUER/DI LUZIO (Hg.) 1985). Hier anschließend versucht das Saarbrücker Projekt GASTARBEITERKOMMUNIKATION in der Untersuchung des ungesteuerten Zweitspracherwerbs türkischer und italienischer Kinder in natürlichen Interaktionssituationen einen weiteren Beitrag zur Forschung zu leisten. UNGESTEUERTER ZWEITSPRACHERWERB
In der Terminologie von KLEIN (1984) ist der Zweitspracherwerb von Gastarbeiterkindern als ungesteuert zu bezeichnen, da er sich in alltäglichen Kommunikationssituationen vollzieht, ohne daß Sprachunterricht zur Steuerung des Erwerbs stattfindet. Wir haben bei Besuchen und Datenerhebungen in Grund- und Hauptschulen unserer Probanden festgestellt, daß der Deutschunterricht (gemeinsam mit deutschen Schülern) den Spracherwerbsprozeß nicht wesentlich steuern kann (keine geeigneten Unterrichtsmaterialien, Überforderung der Lehrer). Wir halten es daher für legitim, den Steuerungsprozeß der Schule weitgehend zu vernachlässigen. Es wäre bestenfalls möglich, von einer Vermischung zwischen gesteuertem - schulischen - und ungesteuertem Spracherwerb zu sprechen. Methodische Bedenken bezüglich der Vermischung dürften sich als akademisch erweisen. Im übrigen gilt auch für diesen Bereich, daß sich relevante sozialwissenschaftliche Forschung nach den faktischen Problemen und weniger nach methodischen Idealen zu richten hat. Die Bedingungen der Vermischung von gesteuertem und ungesteuertem Spracherwerb gelten auch für die deutsche Kontrollgruppe (s.u.), so daß sich bei unserer kontrastierenden Analyse die gesteuerten Anteile quasi wieder aufheben. (Zur gleichen Fragestellung vgl. den Beitrag von MÜLLER: Interaktionsstrategien... in RATH (Hg.) 1983).
THEORIEN DES ZWEITSPRACHERWERBS ·
Die Forschungslage zum Zweitspracherwerb erscheint unübersichtlich und ist im wesentlichen ungeklärt, die wissenschaftliche Diskussion ist offen. Ein guter Überblick zu "Möglichkeiten und Grenzen der großen Hypothesen" findet sich in BAUSCH/KASPER (1979), umfassender geht KLEIN (1984) auch auf die "Monitortheorie" von KRASHEN, die "Theorie der Lernervarietäten" (HPD) und auf die " Pidginisierungstheorie" (SCHUMANN) ein. An dieser Stelle soll auf diese Theorien nicht näher eingegangen werden, wir verweisen auf die einschlägigen Darstellungen. Im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion steht die Betrachtung der Lernersprache als "Interimsprache", i.e. ein zusammenhängendes Ganzes, welches weder interpersonal noch intrapersonal ein stabiles System spezieller syntaktischer oder lexikalischer Formen darstellt. Es ist davon auszugehen, daß innerhalb von Lernergruppen sich einzelne Sprecher im Erwerb einer Zweitsprache relativ nahe an die Zielsprachennorm angleichen, wohingegen andere Sprecher auf einer "niedrigen" Stufe mit simplifiziertem Register stehenbleiben (fossilieren). (vgl. DITTMAR/V.STUTTERHEIM 1985:196 und den Beitrag von MÜLLER in diesem Buch). Den unterschiedlichen grammatiktheoretischen Ansätzen bzw. Hypothesen wollen wir keine neue Theorie gegenüberstellen, vielmehr verstehen auch wir den Prozeß des Erwerbs einer Zweitsprache dynamisch, als Sprachhandlungserwerb. D.h. das Kind erwirbt in alltäglicher Interaktion mit Deutschen sprachhandelnd in immer stärkerem Maße Realisierungsmöglichkeiten seiner kommunikativen Absichten. Diese Realisierungsmöglichkeiten analysieren wir im Hinblick auf ihre Funktionalität in Verstehens- und Verständigungsprozessen, forschungsleitend ist dabei die Frage, mit welchen (auch abweichenden) sprachlichen Mitteln werden bestimmte interaktive Ziele erreicht? NATÜRLICHE INTERAKTION ·
Wie bereits mehrfach erwähnt, liegt der Forschungsschwerpunkt des Projekts in der Beachtung des gesamten Interaktionsverhaltens sowohl der Zweitsprachlerner, als auch der am Gespräch beteiligten Muttersprachler. Unter Bezug auf die aktuelle Forschung gehen wir davon aus, daß sich der Erwerb nicht isoliert, sondern auf der Basis natürlicher Interaktionen vollzieht. Die "triviale" Ausgangshypothese lautet, daß der Erwerb aller sozialer Aktivitäten, zu denen auch Sprechen- und Kommuni zieren lernen gehören, in sich wechselseitig beeinflussenden Handlungszügen geschieht. Daher betrachten wir den Erwerb von Sprachfertigkeiten vorrangig unter dieser Perspektive. Diese "interaktioneile" Wende wurde zunächst in der Erstspracherwerbsforschung vollzogen (BRUNER 1978; RAMGE 1980), erste Ansätze im Bereich der Erforschung des Zweitspracherwerbs lassen sich bei HATCH (1978), MCLAUGHLIN (1978), SHATZ/GELMAN (1977) und FAERCH/KASPER (1983) auffinden.
KONVERSATIONSANALYSE · GESPROCHENE-SPRACHE-PORSCHUNG · DIALOGFORSCHUNG ·
Methodisch bauen unsere Detailanalysen der Interaktionen auf der Grundlage der Konversationsanalyse bzw. der Gesprochenen-Sprache-Forschung, oder etwas allgemeiner auf der Dialogforschung (SCHRÖDER/STEGER (Hg.) 1981) auf. Da wir den dynamischen Sprachlernprozeß zum zentralen Punkt unserer Untersuchung erklärt haben, richtet sich unser Hauptaugenmerk auf die wechselseitigen Verständigungsprozesse, die in der Interaktion von Gastarbeiterkindern mit Deutschen ablaufen. Der Lerner erwirbt im interaktiven Austausch sprachhandelnd die Strukturen und Gesetzmäßigkeiten der Zielsprache, wobei die volle oder teilweise sprachliche und kommunikative Kompetenz des deutschen Interaktionspartners in ihrer Komplementär!tat eine bisher unterschätzte Funktion innehat (vgl. MÜLLER 1983:57f.). Die Konversationsanalyse bietet einen Untersuchungskanon in bezug auf die Struktur solcher Gesprächsabläufe (Gesprächsorganisation, Beginn und Beendigung von Gesprächen, Sprecherwechsel), mit dieser werden Sequenzen von Turns und Außerungstypen beschreibbar, ebenso Erzählungen (diskursive und narrative Schemata) und generell die Konstituierung von Handlungsschemata können analysiert werden (KALLMEYER/SCHÜTZE 1976; SACKS/SCHEGLOFF/JEFFERSON 1974; BERGMANN 1981). Unter rein linguistischen Fragestellungen bietet die Gesprochene-SpracheForschung (BETTEN 1977/78) einen Zugang zur Analyse charakteristischer Merkmale gesprochener Sprache, diese sind kurze, unvollständige Sätze (Ellipsen), Mischung von Satzstrukturen (Anakoluthe, Kontaminationen), Ausklammerungen, Korrekturen und Modalpartikeln (vgl. BUSSMANN 1983). Konversationssanalyse und Gesprochene-Sprache-Forschung werden komplementär angewendet; ihre Untersuchungsbereiche überschneiden sich partiell, z.B. in der Analyse von Selbstkorrekturen (vgl. SCHANK/SCHOENTHAL 1976; RATH 1979; DITTMANN (Hg.) 1979). AUSWAHL DER PROBANDEN ·
Neben dem Alter waren für die Auswahl der Probenden folgende Kriterien maßgebend: Um Variationen in den Deutschkenntnissen und im Deutschspracherwerb nicht von vorneherein durch eine eingeschränkte Probandenauswahl zu beschneiden, gingen wir von zwei ethnienspezifischen Probandengruppen aus: Italiener und Türken. Die Auswahl dieser beiden Ethnien eröffnet zudem eine sozialpolitisch und soziolinguistisch wichtige Fragestellung über das künftige Sozial- und Sprachverhalten von Ausländern. Da die Italiener als erste ausländische Einwanderungsgruppe nach dem Zweiten Weltkrieg als weitgehend integriert gelten können (vgL DESGRANGES: Aspekte..., in diesem Buch), ist interessant, ob und welche sprachlichen und kommunikativen Unterschiede die italienischen Probanden gegenüber der deutschen bzw. türkischen Probandengruppe aufweisen. Daraus läßt sich folgende Arbeitsleitlinie entwickeln: Besteht ein Zusammenhang und wenn ja welcher, zwischen der objektiven Bleibeabsicht (Einwanderung) einer bestimmten Ethnie (Italiener) und dem
verbalen Verhalten der betreffenden zweiten Generation? Kann dieses Integrationsverhalten der Italiener als Modell auch fur andere Ethnien, insbesondere für die kulturell weiter entfernten Türken Verwendung finden? Neben den weitgehend integrierten Italienern wird demnach auch eine Randgruppe innerhalb der verschiedenen Migrantenethnien untersucht. Ferner sollten die Probanden derselben Schicht angehören und zur Festlegung soziologischer Einflußfaktoren wurden Sozialdaten erhoben, die Variablen der Wohnsituation, des Kontaktes mit Deutschen, der Arbeitssituation der Eltern, des Einreisealters und der subjektiven Einschätzung des Wertes der deutschen Sprache erfassen (vgl. IMMESBERGER 1983:48f.). Die einzelnen Beiträge dieses Buches enthalten Untersuchungen bzw. Teiluntersuchungen zu folgenden Probanden: TÜRKEN:
Aynur Hasan Nurgül Songül Murat
weibl. männl. weibl. weibl. männl.
10.-l 2. Lebens jähr 8.-l O.Lebens jähr 8.-l O.Lebensjahr 8.-l O.Lebens jähr 9.-l I.Lebens jähr
6.-8./9.Erwerbsjahr 3.-4./S.Erwerbsjahr 3.-4./5.Erwerbsjahr 3.-4./S.Erwerbs jähr 3.-4/5.Erwerbsjahr
Maria Domenico Silvia
weibl. männl. weibl.
9.-l 2. Lebens jähr 3. -4. /S.Erwerbs jähr 10.-l 3. Lebens jähr 3.-4. / 5. Erwerbsjahr 9.-l 2. Lebens jähr 3.-4./S.Erwerbs jähr
DEUTSCHE: Thorsten Christine
männl. weibl.
8.-l I.Lebens jähr 9.-l 2. Lebens jähr
ITALIENER:
ALTER DER PROBANDEN · Die Feststellung des Lebensalters der türkischen Probanden bildete eine nicht unerhebliche Schwierigkeit zu Beginn der Feldarbeit. Offensichtlich stimmen die in offiziellen Dokumenten angegebenen Geburtstermine nicht mit den tatsächlichen Terminen überein. Auffällig ist, daß türkische Kinder meist zum ersten eines Monats geboren wurden, bei einigen Familien sind Kinder unterschiedlichen Lebensalters sogar zu gleichen Terminen in Pässen eingetragen. Dies resultiert nach Angaben unserer türkischen Kollegin Ikbal Berber daraus, daß in ländlichen Gebieten geborene Kinder meist erst spät nach ihrer Geburt in die Register eingetragen werden. Der Eintrag in diese Register erfordert gemeinhin eine größere Reise in eine weiter entfernte Stadt, die im Laufe eines Jahres nicht oft unternommen wird. So ist es durchaus alltäglich, daß mit solchen Reisen längere Zeit gewartet wird, bis genügend Gründe für ihre Duchführung vorliegen. Dann werden unter Umständen gleich mehrere Geburten angemeldet und das Datum der Anmeldung ist für den Eintrag entscheidend. Wir mußten uns bei Altersfestlegungen daher auf die vagen Angaben der Eltern verlassen. Bei italienischen oder deutschen Probanden ist die Altersfestlegung etwas einfacher.
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Zu Beginn der Erhebungsphase legten wir großen Wert darauf, Probanden auszuwählen, die mit dem Erstspracherwerb (Türkisch) im Heimatland begonnen haben und nach einigen Jahren von den Eltern nach Deutschland geholt wurden. Wir vertraten dabei die Ansicht, daß Säuglinge oder in Deutschland geborene Kinder bilingual aufwachsen. Nach einiger Zeit beobachteten wir jedoch, daß bei diesen Kindern keinesfalls von Bilingualismus gesprochen werden kann, denn sie wachsen im Elternhaus und größtenteils in Wohnvierteln auf, in denen ausschließlich türkisch gesprochen wird. Der Kontakt zur deutschen Sprache beginnt gewöhnlich mit der Einschulung der Kinder in die deutsche Grundschule (zu diesem Zeitpunkt datieren wir den Erwerbsbeginn der Zweitsprache), so daß auch bei in Deutschland geborenen türkischen Kindern von Zweitspracherwerb gesprochen werden muß. Zu diesen Kindern gehören die Probanden Nurgül, Songül und Murat. DATENERHEBUNG ·
Die Dokumentation alltäglicher Kommunikationssituationen erfordert das Aufsuchen zu untersuchender Phänomene in ihrer authentischen Umgebung. Dies wird in der soziologischen Literatur mit "Feldeintritt" (CORSARO 1978), in der soziolinguistischen mit "teilnehmender Beobachtung" (LABOV 1978) bezeichnet. Unter den üblichen Schwierigkeiten ist es den Mitarbeitern des Projektes gelungen, Kontakte zu ausländischen Familien zu knüpfen und eine Basis gegenseitigen Vertrauens herzustellen, auf welcher schließlich mit Wissen der Eltern versteckte Sprachaufnahmen von den Kindern erhoben werden konnten (vgl. IMMESBERGER 1983:42f.). Trotz versteckter Tonbandgeräte sind wir uns jedoch der Problematik des "Beobachterparadoxons" bewußt und stehen in der "double-bind"-Situation des Forschers, der sich selbst in der Hinsicht kontrolliert, kein Elizitierverhalten zu zeigen, andererseits jedoch weiß, daß gerade diese Kontrolle wiederum Auswirkungen auf Kommunikationssituationen hat. Die "Bewußtseinslage" des Beobachters hinsichtlich der Sprach- und Sozialsituation fuhrt offensichtlich auch zu einer "toleranteren Einstellung" gegenüber dem Sprachverhalten der Probanden, die bei Analysen mit in Betracht gezogen werden muß. Die Verwendung videotechnischer Anlagen zur Datenerhebung erscheint bei interaktioneller Orientierung des Forschungsansatzes wünschenswert, erweist sich jedoch als undurchführbar, da versteckte Aufnahmen in Alltagssituationen einen immensen technischen Aufwand erfordern, der die Natürlichkeit erhobener Daten eher gefährdet. AUFNAHMESITUATION · VERHÄLTNIS PROBAND - BETREUER ·
Zunächst wurden von den Mitarbeitern des Projekts (in der Mehrzahl Studenten), durch zahlreiche Besuche in Familiensituation persönliche Kontakte zu den Kindern hergestellt. Dies geschah über Hausaufgabenhilfe und gemeinsame Spiele in Anwesenheit der Eltern. Meist bildete sich schnell eine Vertrauensbasis heraus, so daß danach die Kontakte auch in außerfamilialen Situationen stattfinden konnten (Zoobesuche, Schwimmbad, Eisdiele, Kino, Fußball, gemeinsame Ausflüge, Volksfeste). In diesem Stadium begannen
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die Studenten, die auf diese Art eine "Betreuerrolle" (im Gegensatz zu "Interviewer") übernahmen, mit ersten versteckten Sprachaufnahmen mit kleinen Bandgeräten (SONY TCM- 600B). Mit der Zeit entwickelten sich zwischen Betreuer und Probanden verschieden stabile, soziale Beziehungen, deren Ausprägung mit "Kind-ältere Geschwister-Beziehung" annähernd beschrieben werden kann, es werden aber auch " distanziertere Umgangsformen" gepflegt. Die Mehrzahl unserer Betreuer besucht die Familien jetzt schon über drei Jahre, das Verhältnis zu Eltern und Kindern kann daher nicht mehr bloß mit Bekanntschaft bezeichnet werden. Das gleiche gilt im übrigen auch für die Betreuer der Kinder der deutschen Kontrollgruppe, auf die wir noch eingehen wollen. TRANSKRIPTION
Die Verschriftung der aufgenommenen Daten stellte und stellt heute noch den aufwendigsten Schritt bei der Aufbereitung des Materials für spätere Analysen dar: Die Verschriftung muß - im Prinzip jedenfalls - den Umriß einer Rekonstruktion des interaktioneilen Prozesses ermöglichen, das aber bedeutet auch: Interpretation der Interaktion durch den Verschrifter. Es ist schon ein Unterschied im Schwierigkeitsgrad bei der Interpretation der Daten (und damit auch in der Zuverlässigkeit der Ergebnisse), ob eine syntaktische Einheit, etwa eine Nominalgruppe, markiert werden muß, oder ob Intonationsmerkmale, Pausen (mit welcher Länge?) oder eine Bewertung des expressiven Gehalts von Äußerungen (etwa "ironisch", "erregt", "ärgerlich") festgehalten werden müssen."(RATH 1982:114). Grundsätzlich werden unsere Aufnahmen zunächst von Betreuern verschriftet, die an der dokumentierten Interaktion auch teilgenommen haben. Vorspann zu jeder Transkription bildet ein Erhebungsbogen, der wesentliche Daten zur Aufnahme enthält (Ort, Zeit, Anzahl der Teilnehmer, Anzahl der bisherigen Kontakte, Nr. des Bandes, Nr. der Aufnahme), und ein Themenverlaufsplan, der einen ersten Überblick über den Inhalt der Aufnahme gestattet und eine Kurzbeschreibung der Situation beinhaltet. Hier werden auch die in den Transkriptionen verwendeten Sprechersiglen entschlüsselt. Das von uns auf der Grundlage von SCHAEFFER (1979) erarbeitete Transkriptionssystem im Zeilenblockverfahren berücksichtigt sprachliche und interaktionelle Gesichtspunkte. Ein Zeilenblock sieht so aus: 001
a
Transkriptionszeile l TKZ2 TKZ3 TKZ 1: Nummer des Zeilenblocks (001), Sprechersigle (a), sprachliche Ausserungen TKZ 2: Kommentarzeile: Pausenlänge, Kommentare, Wechsel der Sprechgeschwindigkeit TKZ 3: Freizeile, damit der Text lesbar bleibt.
12 SAARBRÜCKER TRANSKRIPTIONSVORSCHRIFTEN
Nach den Saarbrücker Transkriptionsvorschriften gelten folgende Zeichen mit ihrer Erklärung: Sprachliche Äußerungen werden in der TKZ l in Kleinschreibung wiedergegeben, Zeichensetzung (Komma, Punkt etc.) findet nicht statt. ZEICHEN
ERKLÄRUNG
hm..
Hörersignale werden in der TKZ l in angenäherter Orthographie wiedergegeben, in der Kommentarzeile werden sie zusätzlich qualifiziert (zweifelnd, fragend, ablehnend etc.)
+ ++ +++
kurze Pause mittlere (längere) Pause lange Pause (mit Zeitangabe in TKZ 2), "gefüllte" Pausen werden in angenäherter Orthographie wiedergegeben
GROSSBUCHSTABEN (ironisch)
(lachen) (Geräusche im Hintergrund) XXX
a, b, c..
steigende Intonation (TKZ 1) fallende Intonation (TKZ 1) Feststellung (TKZ 1) Frage (TKZ 1) Aufforderung (TKZ 1) gedehnte Aussprache (TKZ 1) betonte Aussprache (TKZ 1) expressiver Gehalt einer Äußerung (TKZ 2) Zitat (TKZ l, Unterstreichung) nonverbales Verhalten (TKZ 2) Anmerkung (TKZ 2) lexikalisch nicht belegbare Artikulation (TKZ 1) akustisch nicht identifizierbarer Äußerungsteil fremdsprachliche Äußerung; TKZ 2 ggf.(türkisch) Simultanklammer (zeilenübergreifend) Sprechersiglen
·
13
KORPUS Mittlerweile liegen, wie an anderer Stelle bereits gesagt, nach einem Erhebungszeitraum von über zwei Jahren von 30 Probanden insgesamt über 400 Tonbandkassetten auszugsweise verschriftet vor. Von einem Projektprobanden sind im Durchschnitt 24 Kassetten mit ca. je 30 Minuten Sprachaufhahmen vorhanden, davon sind pro Aufnahme mindestens sieben Minuten transkribiert. Der Zeitaufwand für eine solche Transkription beträgt bei gut eingearbeiteten Verschriftern etwa sieben Stunden! Der Themenkanon reicht vom alltäglichen Bereich Schule, Familie, Geschwister, Verwandte, Freunde, Spielen, Basteln bis zu Besuchen von Volksfesten, Schwimmbädern, Kinos und Eisdielen, Gespräche über Aufenthalte im Heimatland, realisiert in verschiedenen Diskursformen des Erzählens, Beschreibens und Berichtens. Eine detaillierte Beschreibung ist an dieser Stelle nicht leistbar. Die Aufnahmen selbst entstanden in familialer Situation, in Abwesenheit der Eltern, im Auto, bei Kinderfesten, während Spaziergängen und bei den Betreuern zuhause. Sowohl dyadische als auch polyadische Gesprächskonstellationen sind repräsentiert, die Formen reichen von 'Small Talk' bis zu eher monologischen Diskursformen (Erzählen). Das in vieler Hinsicht heterogene Material spiegelt unserer Ansicht nach alltägliche Kommunikationssituationen wider.
VERGLEICHSKORPUS
Offensichtlich können keine Aussagen über die Entwicklung oder den Erwerbsverlauf der Zweitsprache getroffen werden, ohne daß Erkenntnisse darüber vorliegen, wie der Spracherwerb bei Zielsprachensprechern der gleichen Altersstufe verläuft. Hier ist das Saarbrücker Projekt auf eine Lücke in der Forschung zum Ll-Erwerb gestoßen, denn bisher liegen keine Untersuchungen in diesem Ausmaß vor, die als Vergleichsgrundlage für interaktionsorientierte Forschungen herangezogen werden können. Daher ergab sich für das Projekt die Notwendigkeit, noch vor entsprechenden Analysen Daten von 10 deutschen Kindern mit gleichem Verfahren zu erheben und eine Kontrollgruppe zu installieren. Nur so kann auf jeder Stufe des Analyseprozesses ein Bezug vom Zweitsprachenlerner auf den Muttersprachler hergestellt werden (vgl. auch den Beitrag von SCHU in diesem Buch). Forschungen zum Ll-Erwerb bestätigen die Plausibilität der Annahme, daß Kinder nicht die erwachsenenspezifischen Strukturen der zu erwerbenden Sprache abbilden (BROWN 1973; BLOOM 1973), sondern eigene Hypothesen über Strukturen entwickeln, diese überprüfen und revidieren. Nach CORDER (1967) wirkt sich dieses Verhalten auch auf den L2-Erwerb von Kindern aus, er spricht von einer " transitional competence" in der Zweitsprache, die eine zwar "abweichende", aber regelhafte Sprache zur Folge hat. Die Konzepte der Lernersprache als "approximative system" (NEMSER 1971) oder als "interlanguage", Interlingua oder Interimsprache (SELINKER 1972) entstanden in der Auseinandersetzung mit den Annahmen der kontrastiven L2-Erwerbsforschung, hauptsächlich während der Revision der Interferenzhypothese behavioristischer Prägung (VALDMANN 1966; JUHASZ 1970). Evidenz für die Inadäquatheit der Interferenzhypothese bei Kindern zeigen die Morphemstudien von DULAY und BURT (1974), bei Erwachsenen BAILEY/ MADDEN/ KRASHEN
14
(1974). Mittlerweile wird in der Forschung von einem instabilen InterlinguaModell ausgegangen (HPD 1976), welches nicht mehr Bezug nimmt auf die Interferenzhypothese, sondern Lernergruppen unterstellt, deren einzelne Sprecher sich unterschiedlich nahe auf die Zielsprachennorm zubewegen, beziehungsweise auf einer niedrigen Stufe sprachlicher Simplifizierung (CORDER 1975) stehenbleiben bzw. fossilieren (vgl. PIENEMANN 1981:13f.). Unter Bezug auf den wissenschaftlichen Kontext halten wir es daher für erforderlich, ein deutsches Vegleichskorpus zu erstellen, welches eine Gegenüberstellung der abgebildeten Strukturen kindlicher Ll -Lerner und kindlicher L2Lerner gestattet, um so die interaktioneilen Prozesse der Hypothesenbildung in Interimsprachen (Ll und L2) beschreiben zu können. PROBANDENPROFIL
Jede Arbeitsgruppe (s.u.) des Projekts hat für ihren Forschungsbereich vorerst konstante Analysekriterien entwickelt, die in ihrer Gesamtheit ein Probandenprofil, d.h. für uns die Sprach-und Kommunikationskompetenz eines Probanden zum Zeitpunkt t, konstituieren. Ein solches Profil stellt ein integratives Konzept zur Bewertung der Entwicklung der Zweitsprachkompetenz dar, mit den Ausgangshypothesen, daß der ungesteuerte Zweitspracberwerb insgesamt eine komplexe Entwicklung darstellt, daß sich unterschiedliche sprachlich-kommunikative Fähigkeiten gleichzeitig entwickeln, daß es keine isolierte Syntaxentwicklung, keine isolierte Wortschatzentwicklung und keine isolierte Entwicklung von Diskurstypen usw. geben kann. Wir unterteilen hierbei den Gesamterhebungszeitraum von zwei Jahren in vier Zeiträume a 6 Monate ( 266,1 Thorsten
a = Thorsten b = Betreuer Situation: Thorsten hatte zuvor behauptet, er könne Karate, denn er habe seinen Freunden (Mitglieder eines Karateclubs) die Techniken abgeschaut. 029
b
»'s dem jreund im karateclub ?+++ (5"; keine Antwort auf die Frage
029
a
heischt Markus + also net de karateclub de rekonstruierbar) (Abbr.)
030
mei jreund ne
031
Beispiel 22: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: wie zuvor
a = Thorsten b = Betreuer Situation: Thorsten erzählt, wie er mit Salzteig bastelt. 052
b
mhm was hasch dann gemach geechter ? (best., leise)
053
a
de Frank is a noch do: ++ ich?
(auch) 054
b
mhm (best.)
055
a
do han ich so wie a bild gemach ne
056
b
mhm (best.)
057
a
un das han ich dann e Schneemann gemalt ah: Schneemann
058
gemach ne
050
b
hm (best.)
060
a
a/50 mti dem: knet mit dem teich also ne han ich e
druff-
110
061
b
mAm
(best.) 062
a
echneemann gema:ch + + +
Beispiel 23: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: «2, 287,1 Thorsten
a = Thorsten b = Betreuer Situation: Filmnacherzählung "Die Riesenameisen". 051
a
un do ufamo + is das tier naher kumm do war lawine
(atmet) 052
ne do is des haus ingekracht + also ufdas tier un u/
053
b
mAm (zust.)
054
a
denne äne marsmensch
055
b
mhm (zust.)
Beispiel 24: PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Datum: wie zuvor
a = Thorsten b = Betreuer Situation: wie zuvor 189
a
190
191
do sin die mensche mit m flugzeuch widder uf die erd
gefloh ne
b
mAm
(zust.) 192
193
a
also gummo von unne is es raumschiffso ne daß e:: e (stellt mit Handbewegungen die Form des wie e loch do ne n das is ujgang do sin die Raumschiffs dar) (und)
Ill
194
b
195
a
196
197
mhm (zust.)
mhm (zust.)
runnergefloh + tin dann sin se weidergefloh am meer
entlang so ne un dann stn se üwerm echrand strand gewen
b
mhm (zust.)
Beispiel 25: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: t4, 395,1 Thorsten
t = Thorsten j = Betreuer Situation: Thorsten offenbart dem Betreuer ein Geheimnis.
009
j
hm ja (best.)
010
t
011
j
ja (best.)
012
t
und die a gode hat gesaht wenn ich en gutes zeugnis habe (stockt)
013
014
also ich hob ja ein GANZ gutes zeugnis ne
un se hat s gesiehn dann kauft, sie mir ein bmx
j
o: das gibt s doch net ++ mensch das ja toll (erstaunt)
Beispiel 26: PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Datum: wie zuvor
t = Thorsten j = Betreuer Situation: Thorsten erklärt, warum Fahrräder ohne Rücktritt besser sind als Fahrräder mit Rücktritt. Zuvor sprach er von den Gefahren des Wegrutschens und des Sich-Uberschlagens beim Rücktrittbremsen. '
072
™i
awwer bei reck ohne recktritt (Abbr.)
071
j
112
073
t
da kann das da net passieren da rauschte p mit da handbrems
(dir) 074
bremsen ne
075
j
076
t
077
078
(der)
das verstehn ich net
also haschte hinne also wenn de dann ah willsch recktritt (hast du hinten)(Abbr.) mache da hasche leerlaufne
j
ja. (best.)
Im Beispiel 19 präzisiert Christine die Referenz bei denne annere im ZB 056 nach einer Pause (3') mit also manner, also dient hier zur Präzieierung. Im Beispiel 20 korrigiert sie den begonnenen Turn ZB 116, indem sie das Subjekt jack holborn durch o/so der -f- mann ersetzt, also ist demnach hier Korrektursignal. Im Beispiel 21 präzisiert Thorsten die Benennung markus mit dem Turn ZB 029 also net de karateclub de + mei freund ne. Also dient der Präzisierung. Im Beispiel 22 stellt Thorsten die Rückbezüge zu vorher Gesagtem her, indem er im ZB 060 ausdrückt, mit welchem Material er den Schneemann gebastelt hat. Im Beispiel 23 präzisiert Thorsten eine Komplikation einer Nacherzählung ZB 052 also uf das tier un u f denne ane marsmensch. Im Beispiel 24 eröffnet Thorsten eine Handlungssequenz mit also gummo (ZB 192), in der er mit gestischen Mitteln die verbale Darstellung eines Vorgangs unterstützt. Also ist hier Eröffnungssignal, gummo steuert die Aufmerksamkeit des Zuhörers in den Bereich des direkten Wahrnehmungsraums (vgl. SCHU in diesem Buch). Im Beispiel 25 eröffnet Thorsten mit also die Mitteilung, welches Geheimnis er mit seiner Patentante teilt (ZB 010). Im Beispiel 26 gliedert Thorsten sein Erklärung mit, dem Signal also (ZB 076). Das kommunikative Signal also hat folgende Funktionen: (1) Präszisierung der Referenz, (ZB 056) und bei Thorsten (ZB 029), (2) Korrektursignal vor Selbstkorrekturen, (ZB 116), (3) Herstellung von Bezügen zu vorherigen Turns, (ZB 060), (4) Präzisierung von Ereignissen (Komplikation), (ZB 052), (5) Eröffnungssignal für Handlungssequenzen, (ZB 192), (6) Eröffnungssignal für Mitteilungen, (ZB 010), (7) Gliederungssignal (ZB 076). Das kommunikative Signal also ist bei den ausländischen Kindern jeweils nur bei Aynur und Domenico repräsentiert.
113
Beispiel 27: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: tlt 167,1 Domenico
d = Domenico b = Betreuer Situation: Domenico erzählt, wie er einkaufen ging, als er noch nicht so gut Deutsch sprechen konnte. 174
d
erseht kann + ich bin in zebramarkt gang
175
b
ja
176
d
kann ich kann ich dem ding geholl + hann ich kann ich
177
kann gewußt was do + also alles holte + muß und dann
178
hab ich hob ich immer gelesen
Beispiel 28: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: t3, 313,1 Domenico
d = Domenico s = Sylvia b = Betreuer Situation: Sylvia erzählt, wie ihre Familie zu einem Hund kam. Ihr Bruder Domenico unterbricht und erzählt eine eigene Fassung. 007
s
008
das madchen hat der kund mit zu hause geholt und da
hat ihr vater gesagt ich will kein hund da
009
b
mhm
010
d
ah p die geschieht das mach ich so
011
also der hat da mit
dies erschter aus de schul (italienisch)
012
rausgang der ess die die iss mit sei jreundin de hund
013
holte gang
114
014
b
mhm + wo wo
Beispiel 29: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: wie zuvor
d = Domenico b = Betreuer Situation: wie zuvor 021
d
und der hat gesaht sei jreundin hat gesaht mansche
022
hund kann + hat der gesaht jo + da muß isch erseht
023
gucke ob mei voter ein will
024
hmm
025
d
ah + also iss dann der aus der schul gegang da bi
026
da da bi da bi bin ich raus gang hob isch gesaht wo
027
kommtn der hund her da saht se ich kann ne geschenkt
028
«
Beispiel 30: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: t4, 311,2 Aynur
a = Aynur s = Betreuer Situation: Aynur erzählt die Geschichte von "Heino im Sumpf, zuvor hat sie sich daran erinnert, daß sie die Geschichte schon mal erzählt hat. 040
041
042
s
ja + stimmt + s weiß ich noch + ich weiß aber nimmer genau
was du da erzählt hascht da haschtu erzählt von
also ich we: es jctz
115
043
s
044
a
045
a
046
047
nem mode/ten das blauauglein hieß. + das war das xx
ja + blauauglein.
h -t- ehm + do do war ein + ein prim gewesen + sein vater hat
gedacht er ging jeden tag eh jagen +
s
mhm
Beispiel 31: PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Datum: wie zuvor
a = Aynur s = Betreuer Situation: wie zuvor 098
s
n das madchen wollte ihn dann retten oder wie
099
a
ja . + hat gewartet bis es nacht war + und da is se auch
100
»n den sumpf gegangen +
101
s
mhm
102
a
bis es immer tiefer wurde + da is se war so unten gewesen + eh
103
a/50 + ich weiß nicht genau + das sind eh sieben + sieben leute
104
gekommen die haben dort getanzt + ein eh einer sah aus wie heino
Im Beispiel 27 hat Domenico Formulierungsschwierigkeiten (ZB 176) mit seiner Aussage, die in etwa lauten müßte: hann ich gewußt, was ich da alles holte (=kaujen) muß und dann han ich es immer gelesen. Im ZB 177 müßte nach dem Korrektursignal also das Syntagma was ich do nachfolgen, damit eine Verständigung gewährleistet ist. Domenico setzt das Korrektursignal und überläßt die Auffüllung des Gemeinten dem Hörer.
lie Im Beispiel 28 beginnt Domenico seine Darstellung der Geschichte mit dem Eröffnungssignal also (ZB011). Im Beispiel 29 kündigt Domenico die Fortsetzung seiner Erzählung mit dem Gliederungssignal atso an (ZB 025). Im Beispiel 30 eröffnet Aynur ihre Nacherzählung mit dem Signal o/so, beansprucht ausgedehntes Rederecht. Im Beispiel 31 gliedert Aynur mit also und verweist im Anschluß ich weiß nicht genau metakommunikativ auf Erinnerungslücken bezüglich der Geschichte Funktionen von also: (1) Korrektursignal (ohne richtige Selbstkorrektur), (ZB 176), (2) Eröffnungssignal bei narrativem Handlungsschema, (ZB 011) und Aynur (ZB 042), (3) Gliederungssignal in narrativen Strukturen, (ZB 025), (4) Gliederungssignal mit metakommunikativem Anschluß, (ZB 103). 5.1.5. KOMMUNIKATIVE PARTIKELN UND IHR BEZUG ZU INTERAKTIVEN KATEGORIEN
Zentrale interaktioneile Aufgaben, die in Alltagssituationen von den Probanden, unabhängig von ihrer sozial-kognitiven Entwicklung der Persönlichkeit immer wieder gelöst werden (müssen), sind ein Pendant der von FLAVELL (1979) beschriebenen kommunikativen Fähigkeiten (vgl. Synopse). Diese Fähigkeiten und darüber hinausgehende, mit ihnen verwandte, umschreiben wir im Rahmen unserer Analysen mit Verständigungssicherung, Perspektivenübernahme, Rollenverständnis (Geschlechterrolle), Imagearbeit (Selbstdarstellung, Fremdwahrnehmung, Autoritätsbezug) und Kontaktfunktion (phatische Funktion). Deskription und Analyse der sprachlichen Ausgestaltung von Interaktionssituationen durch die Probanden einerseits, und des spezifischen Verhaltens der deutschen Interaktionspartner andererseits bilden für uns den Zugang zur Bestimmung der kommunikativen Kompetenz der Gastarbeiterkinder." (DESGRANGES/KUTSCH/REUTER 1985:4) Die Einführung einer Kategorienklasse der interaktiven Funktionen erwies sich als unumgänglich, da wir zunächst von der Analyse von Äußerungen hinsichtlich ihrer grammatischen Adäquatheit abrücken wollen. Einerseits qualifizieren wir Äußerungen als sprachliche Oberflächenphänomene hinsichtlich ihrer Äußerungsfunktion (z.B. metakommunikativ, evaluativ, affirmativ, Graduierung, Dissens, Konsens), wobei diese Kategorie schwach bis mittelbar interpretative Phänomenklassen beinhaltet. Anderseits benötigen wir einen Maßstab des Standards der Verwendung kommunikativer Äußerungen, eine Kategorienklasse, die ein übergeordnetes Bezugssystem darstellt, eben jene interaktive Funktionen, ausgerichtet an Beobachtungen der Entwicklungspsychologie (vgl. DESGRANGES/KUTSCH/REUTER 1985:7;8). Durch die kontinuierliche Erfahrung des Probandenkontaktes über mehrere Jahre hinweg wurde uns die Stärke der persönlichen Entwicklung im Alter der mittleren Kindheit augenfällig. Als Entsprechung auf der sprachlichen Seite konnten wie große Entwicklung von Teilleistungen feststellen, die so umfassend ist, daß wir durch die Anlegung interaktiver Kategorien sehr viele, an der Oberfläche oft verschieden geformte Äußerungen zusammenfassen können. Der entscheidende methodische Vorteil dieser Vorgehensweise liegt also darin, eine Vielfalt sprachlicher Äußerungen verschiedener Form und Ausprägung in ein übergeordnetes Bezugssystem anhand der Kategorie Interaktion zu stellen, wodurch die Vergleichbarkeit in Richtung auf den Standard der Verwendung kommunikativer Äußerungen herstellbar werden soll (vgl. DESGRANGES/ KUTSCH/ REUTER 1985:9).
117
5.1.5.1. ALLTAGSORGANISATION
Zunächst muß hier auf die Uneinheitlichkeit und Vieldeutigkeit des Alltagsbegriffes hingewiesen werden, die bereits ELIAS (1978:22) kritisiert. Er entwirft eine Liste der "gebräuchlichsten Typen zeitgenössischer Alltagsbegriffe" (1978:26), die "implizierten Gegenbegriffe" werden hier nicht aufgeführt, allerdings wird die Liste von ELIAS (1-8) durch Begriffe von BERGMANN (I981:54f)(9-12) ergänzt: (1) Alltag (2) Alltag = Routine (3) Alltag = Leben der Masse der Völker (4) Alltag = Arbeitstag (besonders der Arbeiter) (5) Alltag = Ereignisbereich des täglichen Lebens (6) Alltag = Privatleben (Familie, Liebe, Kinder) (7) Alltag = Sphäre des natürlichen, spontanen,unreflektierten, wahren Erlebens und Denkens (8) Alltag = Inbegriff des ideologischen, naiven, falschen Erlebens und Denkens (9) Alltag = Sphäre des Handelns und Erlebens, die allen anderen Sphären zugrunde liegt (lO)Alltag = Welt des "Jedermann", in der alle Gesellschaftsmitglieder Handlungskompetenz besitzen (ll)Alltag = Sphäre, die jeweils subjektiv bzw. gruppenspezifisch ausgeprägt ist (l2)Alltag = Alltäglichkeit im Sinne einer in allen Sonderwelten anzutreffenden Handlungs- und Wissensform Aus diesem umgreifenden soziologischen Konzept leiten wir ein Konzept der Alltagsorganisation ab, welches sich unter anderem zunächst auf drei quantitativ unterschiedliche Planungsräume bezieht: "a) Organisation kleinerer Handlungszüge: 0-3 Stunden z.B.: Band 390,055: mach mo die deck drunner, dann gehts wenigstens nit durch (unter den nicht stubenreinen Hund soll eine Decke gelegt werden) b) Organisation eines Tagesablaufes: z.B.: Band 390;453: p heil awend bischt du dran ne (die Probandin bestimmt ihren Bruder, den Hund auszuführen) c) Organisation von auf Jahresablauf bezogenen Zeiträumen: hier erweist sich die Schule als gewichtiger Erwerbsfaktor." (DESGRANGES/KUTSCH/REUTER 1985:31 f.) Diese Planungsräume beziehen sich auf Punkt (5) der Liste, in Erweiterung des temporalen Konzepts beziehen wir die Konzepte des gemeinsamen Alltagswissens (Punkt 12) und der gemeinsamen Handlungskompetenz (Punkt 10) mit ein. Im Rahmen diese Konzepte stehen die Beispielsanalysen l und 2 von Christine und 3 von Aynur. Interaktiv verfolgt Christine die Durchsetzung ihrer Wünsche (das macht doch nix) und biete Handlungsalternativen hinsichtlich der Organisation des gemeinsamen Nachmittags an (holte se doch ihr ganz wasch unn alles hierher). Aynur rekursiert bei der Wegbeschreibung auf gemeinsames Alltagswissen (ei mo kann doch nicht die tür offtn lassen) und bezieht sich in Beschreibungen und Erzählungen auf gemeinsames Alltagswissen (so weiße Kleider Bsp.lSa), indem sie lexikalische Defizite in ihrer Zweitsprache paraphrasiert.
118
5.1.5.2. PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Wie schon vorher gesagt, betrifft diese Kategorie die Übernahme der Perspektiven anderer (Interaktionsbeteiligter) und dritter (Unbeteiligter) durch die Probanden. Sie betrifft folgende Bereiche: "- Vorbeugen von Interaktionsproblemen, Lösung von Interaktionsproblemen, z.B. Sicherung der Kooperation bei Spielen, - Verstehen der Gefühle von ALTER, ("Emphatic") - Persuasion, - Argumentieren, moralisches Urteil." (DESGRANGES/KUTSCH/REUTER 1985:27; nach SELMAN in GEULEN 1982:227). Diese Fähigkeit entwickelt sich bei Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren, ein für das Projekt relevanter Zeitraum. Perspektivenübernahme durch die Probanden geschieht in den Beispielen 3 (Aynur) - Versicherung über gemeinsam bekannte Punkte einer Wegbeschreibung, durch Übernahme der Perspektive des Betreuers, 7 (Thorsten) - Übernahme der Perspektive eines Unbeteiligten, 8 (Thorsten) - Übernahme der Perspektive eine Handlungsträgers in einer Erzählung, 14 (Domenico) - Übernahme der Perspektive des Betreuers (Deixis), 15 (Domenico) - Übernahme der Perspektive des Betreuers (Bastelanleitung), 24 (Thorsten) -Steuerung der Aufmerksamkeit des Betreuers (Deixis), 26 (Thorsten) - Steuerung der Aufmerksamkeit des Betreuers (Argumentation bzw. Persuasion), 31 (Aynur) - Perspektivenübernahme zur Vorbeugung von Interaktionsproblemen (in der Erzählung fehlen für das Verständnis wichtige Teile, Aynur argumentiert metakognitiv also + ich weiß nicht genau).
Beispiele für Rollenübernahme sind 12 (Maria), die Probandin versetzt sich in die Rolle ihres Bruders (ei ja wenn du jo jede moment fa:se muß), und 5 (Aynur), hier versetzt sich Aynur in die Rolle des Handlungsträgers der Erzählung. 5.1.5.3. VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG Das Konzept der Verständigungssicherung betrifft die laufende Verständigung der Gesprächsteilnehmer über das vom anderen jeweils Gemeinte. Zur Herstellung und zur Sicherung von Verständigung werden eine Reihe spezifischer Prozeduren eingesetzt. Beispiele für solche Prozeduren finden sich bei: (9) Thorsten
- Verständigung über ein schwieriges Lexem (Reagenzglas), (19) Christine - vorbeugende Verständnissicherung durch Präzisierung, semantische Korrektur, (21) Thorsten - Verständigungssicherung durch semantische Korrektur, (27) Domenico
119
- Verständigungssicherung durch Korrektursignal ohne grammatische Korrektur, die Korrektur und Erschließung des Gemeinten bleibt dem Gesprächspartner überlassen. Auf Prozeduren der Verständigungssicherung geht auch DESGRANGES: "Was sollen wir denn heute machen?" in diesem Buch ein. 5.1.5.4. SELBSTDARSTELLUNG UND FREMDWAHRNEHMUNG Imagearbeit ist in drei Hauptkomponenten zu zerlegen: a) Notwendigkeit der Selbstbehauptung (Selbstdarstellung) b) Erfordernisse des Respekts gegenüber dem Anderen (Fremdwahrnehmung) c) Sorge um den Erhalt der Gesamtinteraktion, Offenbar gefährdet nämlich die Vernachlässigungen von b) wie auch von a) (= Selbstschädigung) die Interaktion (vgl. u.a. HOLLY 197ft42f)." (DESGRANGES/KUTSCH/ REUTER 1985:30f.) Beispiele (6) Thorsten - stellt sich selbst dar im Betonen einer Handlung, die er bereits ausgeführt hat (ich han jo geschter schon a was gemach), (17) Thorsten - stellt seine Erlebnisfähigkeit dar in der Realisierung eine komplexen Sachverhalts in einer Nacherzählung, (23) Thorsten - wie zuvor, verdeutlicht hier expansiv Vorgänge bzw. Komplikationen in einer Nacherzählung, (25) Thorsten - offenbart ein ihn persönlich stark betreffendes Geheimnis, erzählt von seinem guten Schulzeugnis, (28) Domenico - unterbricht seine Schwester bei einer Erzählung und liefert seine eigene Fassung (ah jo die geschieht das mach ich so also...). 5.1.5.5. WERTUNG Die zitierten Beispiele wurden aus dem speziellen Bereich Partikelanalyse gewählt, um einen Zusammenhang zwischen der sprachlichen Oberflächenform und den beschriebenen interaktiven Kategorien aufzuzeigen. Dabei wird zunächst vor allem deutlich, daß die Mehrzahl der Belege von deutschen Kindern stammt. Obleich sich die ausländischen Probanden in der gleichen Phase der Persönlichkeitsentwicklung befinden, in der sich die interaktiven Kategorien auch und vor allem sprachlich auszuprägen beginnen, gelingt es ihnen offenbar nicht in gleichem Maß, ihre Äußerungen interaktionsspezifisch kommunikativ zu gestalten. WEBER (1983:310) deutet Partikelmangel in Äußerungen von muttersprachliehen Kindern der gleichen Altersstufe als "egozentrisches" Sprechen, wobei ihr vor allem dann in bezug auf Zweitsprachenlerner zugestimmt werden muß, wenn man die Erklärung Domenicos, wie man einen Fisch bastelt (Beispiel 15), mit der Instruktion " Lähmgackers" von Thorsten (Beispiel 55) vergleicht. M.E. kann dieser Partikelmangel vor allem mit fehlender pragmatischer Äquivalenz der Erstsprachen (Türkisch und Italienisch) zur Zweitsprache (Deutsch) begründet werden. Zunächst beschränke ich mich in dieser Wertung auf den Gebrauch kommunikativer Partikeln und Signale. Die Unterschiede zwischen den Sprachen werden in einem späteren Kapitel dargestellt (5.3.3. und 5.3.4.).
120
5.2. SEMANTISCHE PARTIKELN UND IHRE FUNKTIONEN 5.2.1. DIE SEMANTISCHE PARTIKEL "NOCH" (KÖNIG 1976, IWASAKI 1977) Beispiel 32: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: (tj, 266,1) Thorsten
a = Thorsten Situation: Thorsten erklärt, mit Bezug auf den unmittelbaren Wahrnehmungsraum, daß er mit dem Crossrad über einen schmalen Pfad mit sprungschanzenähnlichen Unebenheiten gefahren ist. 071
a
072
do bin ich mo voll wollt durch + ne + war noch so hoch
so hoch war das + ne + bin ich VORBEI
Beispiel 33: PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Datum: (i2, 278,1) Thorsten
a = Thorsten b = Betreuer Situation: Filmnacherzählung " Die Riesenameisen". 062
b
oso un die annere ? »5 das net (uneindeutig) (Abbr.) die annere die hat mo no net gesiehn (noch)
063
064
ne Aon jo garnix gewußt + ne ufamo + sin se (uneindeutig)
065
widdr an das ah auto gang ne bei ujm mars wo se (Abbr.)
066
bei s raumschiff kumm sin ne
Beispiel 34: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: wie zuvor
a = Thorsten Situation: wie zuvor 097
a
un do is die umgefall die war awer no net dod + ne +
Beispiel 35: PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Datum: wie zuvor
a = Thorsten Situation: wie zuvor 102
103
a
awa ah
bevor die schrank noch zugang war + ne + vom + also gummo
121
Beispiel 36: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: wie zuvor
a = Thorsten
109
a die war dann seh -l· zugang un die ameis hat sich kunne
110
noch ins raumschiff bewehe + ne (bewegen)
Beispiel 37: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: wie zuvor
a = Thorsten 182
a
183
b
184
a
ja + na die is nur umgejall + awa no me + ew (noch mehr) v.
ah no b f + fünf minute is se dann dodgang + ne
Beispiel 38: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: wie zuvor
a = Thorsten
199
a
das raumschiff+
ne + das war p noch üwerm meeir + ne +
Beispiel 39: PERSPEKTIVENÜBERNAHME
Datum: wie zuvor
a = Thorsten 231
a
do: -/- weil do noch zwei stroße sin
Beispiel 40: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: (t a , 266,1) Thorsten
a = Thorsten
Situation: Thorsten erzählt vom "herrenlosen" Fahrrad. 024
a
un dann bin ich no mo hie her gejahr wars weg + + (noch mal)
Beispiel 41: ROLLENÜBERNAHME
Datum: wie zuvor
a = Thorsten Situation: Thorsten erzählt von einem Freund, der sich ein neues Rad kaufen will. 067
a
dem fahle nämlich noch genau siebzig mark + dann kann er sich e (fehlen)
068
neies ka:je
122
Beispiel 42: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: (t 3> 353,1) Thorsten
t = Thorsten Situation: Thorsten erzählt, wie er auf dem Spielplatz die Rutschbahn hinunterrutschte. Unten stand Regenwasser in hohen Pfützen. 218
t
m ++ un do is noch e rutschbahn (Antwortcharakter nicht rekonstruier bar)
219
genau ine wasser rinn oh do bin ich aweil runner gerutscht (jetzt)
220
platsch war ich ganz nass bin jetzt immer noch nass +
Beispiel 43: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: (t 4) 395,1) Thorsten
t = Thorsten j = Betreuer Situation: Thorsten erklärt die Vorteile von Fahrrädern ohne Rücktritt. 061
t
also es gibtVJELE Möglichkeiten + ne + erschiene + es gibt +
062
ich sä jetzt nur drei + ne + awer es gibt noch viel mehr +
063
erschtens gummo wenn de übber ne sprungschanz fahrschd + ne +
064
j
ja
Beispiel 44: AUSHANDLUNG
Datum: wie zuvor
t = Thorsten j = Betreuer Situation: Thorsten und sein Betreuer wollten ins Hallenbad, sind aber spät dran. 144
j
ei soll ma noch fahren + gut
145
t
hat das noch off
123
Beispiel 45: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: (t4, 402,2) Thorsten
t = Thorsten Situation: Unterhaltung über Lieblingsspeisen während einer Zwischenmahlzeit.
135
136
t
+ + i- GRAUwuracht schmeckt mit immer noch am beachte + + +
von alle wurschtarte + ne
Im Beispiel 32 steigert Thorsten mit noch und Gesten die Höhe der Unebenheiten, die er mit dem Fahrrad überwunden hat (ZB 071). Im Beispiel 33 schränkt Thorsten einen Vorgang einer Erzählung mit noch + Negation ein. Im Beispiel 34 bezeichnet Thorsten mit nocA einen Vorgang als nicht abgeschlossen (ZB 097), ebenso in Beispiel 35 und 37 (ZB 182 no). Im Beispiel 35 wird ein vager Zeitraum mit noch eingegrenzt (ZB 110). Im Beispiel 38 wird die Lokalität von Ereignissen eingeschränkt (ZB 199). Im Beispiel 39 wird eine Anzahl hinzufugend bestimmt (ZB 231). Im Beispiel 40 wird die Wiederholung eines Vorgangs ausgedrückt (ZB 024). Im Beispiel 41 wird eine Größe bzw. Menge qualifiziert (ZB 067). Im Beispiel 42 wird ein Zustand temporal qualifiziert als andauernd (ZB 220). Im Beispiel 43 werden Möglichkeiten steigernd hinzugefügt (ZB 062). Im Beispiel 44 graduiert Thorsten mit Bezug auf die Öffnungszeiten des Hallenbades (ZB 145). Im Beispiel 45 erfolgt eine Graduierung von einer Lieblingsspeise (ZB 135) im Vergleich zu anderen Speisen. Die Partikel erfüllt folgende Funktionen: (1) Steigernde, hinzufügende Funktion, (2) Einschränung von Vorgängen (+ Negation), (3) Bezeichnung von Vorgängen als Nicht-Abgeschlossen, (4) Eingrenzung vager Zeiträume, (5) Einschränung lokaler Gegebenheiten, (6) hinzufügende Bestimmung einer Anzahl, (7) Wiederholung von Vorgängen, (8) Qualifizierung von Gröflen und Mengen, (9) temporale Qualifizierung von Zuständen, (10) temporale Graduierung von Zeiten bzw. einer Dauer, (11) Graduierung im Vergleich.
124
Beispiel 46: ROLLENUBERNAHME bzw. PERSPEKTIVENÜBERNAHME Datum: (*i, 101,1) Maria b = Maria 089
b
+ awwc do muß ee annerer noch helfe + ne
Beispiel 47: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: (^,107,1) Maria
b = Maria 026
b
kann ich noch niemals +
Beispiel 48: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: wie zuvor
b = Maria a = Gaetano Situation: Gespräch über die Nachmittagsschule r 042 b vunn zwei bis um sechs dort + unn noch die schul jede da noch
043
044
p + unn die meckert immer nur
b
m die schul noch
Beispiel 49: SELBSTDARSTELLUNG durch eine Personenbeschreibung Datum: wie zuvor b = Maria Situation: Gespräch über die Lehrerin 066
b
die hollt sich schuh mit + die sin noch heher wie die annere+ (die Lehrerin beim Wandertag)
Beispiel 50: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: wie zuvor
b = Maria Situation: Klassensprecherwahl (Bericht) 077
b
unn + + da: kann ich es antonella gewählt +
078
noch emo: es mono + ne +
079
awer die made kann ja nimmt gezahlt +
080
weil de bub Vertreter muß genn
125
Beispiel 51: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: (t 2) 125,1,) Maria
b = Maria d = Betreuerin Situation: Nacherzählung " Die Schneekönigin". 065
d
hats den kai wiedergefunden oder wie?
066
hats zwischedurch noch was gehatt ah gemacht +
hmh
067
b
zwischedurch hannse noch was gemacht + das was ich awer
068
nimme: + do: hann se ne gejunn -l- do sinn se gang +
069
Zauberwort hätt er misse mache das heischt + freundschajt ne
Beispiel 52: SELBSTDARSTELLUNG
Datum: ^b, 230,1) Maria
m = Maria h = Betreuerin Situation: Gespräch über die Mutter einer Freundin Marias. 046
m
047
t'cA Aann se nämlich + eh heit gesi:n hann gejro:t ob sie
noch schaßt -l· hat se gesa:t na + hat e dicker bauch
048
h
7 das is so wenn mer schwanger is + eh hann die tele fon f
049
m
ja
Beispiel 53: VERSTÄNDIGUNGSSICHERUNG
Datum: (t 3) 253,1) Maria
m = Maria h = Betreuerin b = Betreuerin Situation: Maria erzählt vom Schullandheim und den Ausflügen. 019
h
unn was hann ihr noch gemacht ?
126
020
m
et mtr st'n + ins + eh + tiergehege gang ++
021
h
hm ++
022
m
was han ma noch gemacht ? ++ un ++ wie heischt der ? xxx
023
wie heischt der noch das ding ++ berg ++ wie heischt der
024
berg noch + wa:s ich nimme:
025
b
wo wart ihr denn ?
Beispiel 46: steigernde Hinzufügung mit noch (ZB 089). Beispiel 47: temporale Einschränkung bzw. Verstärkung (ZB 026). Beispiel 48: steigernde Hinzufügung mit temporalem Charakter (ZB 042, 044). Beispiel 49: Graduierung im Vergleich (ZB 006). Beispiel 50: Wiederholung einer Handlung bzw. eines Vorgangs (ZB 077). Beispiel 51: Verständigungssicherung, indem mit noch auf fehlende Erzählteile hingewiesen wird, die wegen Erinnerungslücken nicht ergänzt werden können (metakommunikative Funktion). Beispiel 52: Einschränkung eines Zeitraums (ZB o47). Beispiel 53: Rhetorische Fragen zur Aufrechterhaltung der Sprecherrolle, Maria verweist metakommunikativ auf kognitive Prozesse des "Sich-Erinnerns". Noch erfüllt die Funktionen: (1) steigernde, hinzufugende Funktion, auch mit Temporalcharakter, (2) temporale Einschränkung und Verstärkung, (3) Graduierung im Vergleich, (4) Wiederholung von Vorgängen, (5) metakommunikative Funktion (a): Verständnissicherung metakommunikative Funktion (b): Aufrechterhaltung der Sprecherrolle Hier muß besonders darauf hingewiesen werden, daß die Partikel im Türkischen keine direkte Entsprechung hat (vgl. REITER in WEYDT 1981). 5.3. WEITERE KOMMUNIKATIVE UND SEMANTISCHE PARTIKELN
Auf der Grundlage des gleichen Korpus der sechs Probanden wurden die kommunikativen Partikeln aber, mal, ne, ei, no, schon, denn und die semantischen Partikeln auch, nur immer, ganz, grad, zu, so, überhaupt, genau, gar, sofort, fast, sehr, normal und halt untersucht. Da eine Darstellung ihrer Funktionen im Korpus im Grunde die Gesamtrepräsentation des Datenmaterials (jedes 10. Token ist eine Partikel) an dieser Stelle erfordert, wird im folgenden auf Beispiele verzichtet, lediglich aufgefundene Funktionen werden beschrieben.
127
5.3.1 KOMMUNIKATIVE PARTIKELN
aber Bezeichnet in Gegenüberstellung zur eigenen Aussage oder der Aussage des Vorredners etwas Nicht-Erwartbares, beinhaltet insofern ein adversatives Element (vgl. WEYDT et.al. 1983:160). (Abkürzung im folgenden Text: GgU.)
mal Modifiziert die Dlokution von Aufforderungssätzen durch Abschwächung. Nimmt Bezug auf Vorgänge: Hilf mir mal!. (Auf. bzw. Vorg.) ne (dial.) Kontaktsignal, meist am Ende von Äußerungen, getrennt durch kurze Pause. Sichert die Verständigung und kennzeichnet übergangsrelevante Stellen. (TRP) ei (dial.) Eröffnungssignal, meist am Anfang von Erzählungen oder längeren Sprecherbeiträgen. (Eröff.) no (dial.) Dialektales Phänomen (nur bei Christine), Gliederungssignal in Erzählungen, substituierbar durch und da bzw. da, etym. möglicherweise von nachher. (Glied.) schon Räumt Gegenposition anderer Sprecher ein: du hast schon recht. (Einr.) denn Hauptsächlich in Fragen, organisiert den Sprecherwechsel, ermöglicht dann thematische Expansion bestimmter Sachverhalte wie war denn das?. (Konn.) 5.3.2. SEMANTISCHE PARTIKELN
auch (1) hinzufügend (Hinz.) (2) verallgemeinernd (Verallg.) (3) Kennzeichnung gleicher Tätigkeiten (K.gl.T.) (4) bekräftigend (Bekr.) (5) bestätigend (Best.) (6) Turnübernahmestrategie in Vorfeldstellung (RES)
nur (1) Einschränkung (Ein.) (2) Einschränkung von Mengen (Ein.M.) (3) Einschränkung der Art und Weise (Ein.AuW) (4) Topikalisiert: verstärkte Einschränkung (Ein.Top.) immer (l)Kennzeichnet die temporale Regelmäßigkeit bzw. Alltäglichkeit von Vorgängen: ich gehe immer in die Schule (TRV) (2) verallgemeinernd (Verallg.) ganz (1) graduiert Mengen:0an2 viel Geld (Grad.M.) (2) graduiert Vorgänge: ganz langsam laufen (Grad.V.) (3) graduiert temporale Abläufe: ganz früh aufstehen (Grad.t. V.) (4) graduiert lokale Gegebenheiten: ganz nah an der Straße (Grad.l.)
128
grad (1) intensiviert: da kam er grad richtig (Int.) (2) trägt zur Identifikation bei:grad du muß das sagen (Ident.)
zu bezeichnet die Überschreitung einer Norm: das war zu viel (Norm) so (l) kennzeichnet Modalität: so hoch, so gelb (AuW) ( ) graduiert im Vergleich (Grad. V.)
überhaupt thematisiert einen allgemeineren Gesichtspunkt (vgL WEYDT et. al. 1983:170): und überhaupt was soll denn das genau intensiviert im Sinn von grad: du kommst genau recht.
gar präzisiert die Negation:gor nicht. (Präz.) sogar intensiviert und begrenzt gleichzeitig: damit ist sogar der Lehrer zufrieden (HELBIG/BUSCHA 3 1975:443; und dies. 81984:484). jast schränkt ein Bezugs wort ein (Ein.) sehr intensiviert und verstärkt ein Bezugswort normal schwächt die Bezugsäußerung ab: du hast normal recht halt stellt Sachverhalte als unabänderlich dar (WEYDT et. al. 1983:166). Nach HINRICHS (1983) hat halt metakommunikative Funktion, da es von einem performativen Sprechakt ich halte dajur abgeleitet werden kann. 5.3.3. PARTIKELN UND IHRE ENTSPRECHUNGEN IM ITALIENISCHEN
STAMMERJOHANN (1980:36) kommt nach einer Untersuchung der Abtönungspartikeln im Italienischen zu dem vorläufigen Schluß: " Abtonungspartikeln gelten als eine Spezialität des Deutschen. Tatsächlich entsprechen ihre italienischen Übersetzungen - auch Übersetzungen in einem einzigen Wort - der Definition, wie sie Weydt von deutschen Abtönungspartikeln gegeben hat (...), in syntaktischer hinsieht nicht, und insofern mag das Italienische dem Französischen näher sein als dem Deutschen (vgl. Weydt 1969). Das heißt nicht, daß das Italienische - oder andere Sprachen - nicht abzutönen vermöchten: So wenig der vorstehende Vergleich geeignet ist, Aussagen über System und Häufigkeit von Abtönungen im Italienischen zu machen, um so deutlicher zeigt er, bei aller Vorläufigkeit, wie viele Mittel dem Italienischen zum Ausdruck bestimmter Abtönungen zur Verfugung stehen und wie nahe manche dieser Mittel den deutschen Abtönungen kommen." STAMMERJOHANN sortiert folgende Partikeln und ihre Übersetzung:
120
Das ist ja schön!
Uh, ehe bello! (Eröffnungssignal) Sai come e bello! (Eröffnungsform) E' davvero bello. (Adverb)
Du kommst ja spät!
Vieni tardi, sai! (Schlußsignal)
Das war ja ein Fest!
Era una festa sul serio. (Adverbiale)
Ist das doch schön!
Vero ehe e bello! (Eröffnungsform)
War das doch ein Fest!
Era proprio una festa, quella. (Adverb)
Wie kommst du doch spät!
Come mai arrivi tardi! (Adverbiale)
Kommst du aber spät!
Insomma, a quest'ora! (Eröffnungssignal) Ma sai ehe sei in ritardo! (Eröffnungsform) Ma guarda come sei arrivato tardi! (Eröffnungsform)
Das ist aber schön!
Questo si ehe e bello! (Topikalisiertes Verb)
Das Essen ist ja kalt.
Ma il mangiare e freddo.
Das Tuch ist ja rot.
Ah, e rosso.
Er lügt ja.
Ma egli mente proprio. Ma guarda come mente
Das kannst du ja ausprobieren.
Puoi anche provarlo. Eh, provaci.
Arbeite doch!
Lavora, ailora.
- Eh, lavora! - Lavora, no? Das kannst du doch probieren
Dai, provalo.
Das Essen ist doch kalt.
Ma il mangiare e proprio freddo.
Sei doch ruhig!
Stai un po' tranquillo. -Sta' pure tranquillo.
Arbeite doch!
Ma perche non lavori! - Ti prego lavora!
Das Tuch ist doch rot!
Ma se ti dico ehe e rosso il foulard.
Er lügt doch.
Si vede ehe mente!
ISO
Non senti ehe mente! Arbeite mal!
Lavora ogni tanto! Oh prova un po' a lavorare!
Das kannst du mal probieren!
Provaci un po'.
Sei mal ruhig!
Ma stai tranquillo una buono volta.
Kannst du denn lesen?
Oh, ma sai leggere? Sai poi leggere? Sai proprio leggere? Sai leggere veramente? Che sai leggere? Mai vuoi dire ehe sai leggere?
Wo kommst du denn her?
Da dove vieni mai?
Wie ist das denn?
Com'e poi questo?
Wo kommst du denn her?
E da dove vieni tu?
Was liegt auch daran?
Ma ehe importa poi?
Ist das Essen auch kalt?
Ma e freddo, eh?
Kannst du auch lesen?
Sai an ehe leggere?
Arbeite nur!
Dai, lavora!
Was ist das nur?
Oh, come sara?
Parallelen zeigen sich bei der Funktionsvielfalt einzelner Types, wie etwa beim Deutschen ja und beim Italienischen ma. Es soll jedoch festgehalten werden, daß im Italienischen ein Abtönungssystem vorhanden ist, welches zwar syntaktisch nicht dem Deutschen entspricht, aber dessen Funktionen lexikalisch realisiert werden. 5.3.4. PARTIKELN UND IHRE ENTSPRECHUNGEN IM TÜRKISCHEN
Da für das Türkische keine äquivalente Untersuchung vorliegt (eine Ausnahme bildet REITER, der sich jedoch leider auf die Übersetzung eines schriftsprachlichen deutschen Textes: " Der grüne Heinrich", in das Türkische bezieht), habe ich meine türkische Kollegin Ikbal Berber gebeten, folgende Äußerungen aus dem Saarbrücker Korpus mit den jeweiligen Partikeln ins Türkische zu übersetzen: Ich habs ja nicht gewußt.
Die kommunikative Partikel ja hat im Türkischen keine Entsprechung, die Funktion
131
Ich bin ja in der Schule schon.
wird intonatorisch zum Ausdruck gebracht. 7 als Gesprächseinleitung ist möglich.
Ei da» mache mir, ne.
Bunu yapariz degilim.
Laß mal gucken!
Birak bir bakayim.
Mach doch mal mit!
Bir likte yapsana. (Imperativ)
Du läufst doch nicht!
Kosmuyorsun ya. - ya (doch) wird an einem Satz angehängt, steht stellungsfest am Schluß. Bezeichnet auch Erinnertes in narrativen Texten.
Also, da ixt passiert.
(Sonra) oradu aldu. Das direkte Äquivalent für also ist peki, peki steht meist in Erklärungen.
Wohin gehst du denn?
Nereye gidiyorsun ki? Ki ist Partikel in Fragen, stellungsfest am Ende einer Äußerung (auch Konjunktion).
Der ist auch der Kleinste.
Bu da en kücügü.
Die geht auch in die Türkei.
O da Türkiye'ye gidiyor.
Jetzt muß ich aber laufin.
Ama simdi kosmak zorundayim.
Der hat so ein Ding auf dem Kopf.
Onun basinin üstünde öyle bir sey var.
Ich hob nur gemeint.
Ben yalniz dedim ki.
Nach Ansicht von Ikbal Berber gehören eine Reihe von Partikeln im Türkischen zu einem höheren Standard bezüglich des Sprachniveaus, ähnlich wie im Deutschen zwar, 'überaus, recht, wohl, weitaus, nahezu, geradezu, durchaus (eher schriftsprachlich). Diese sind peki, da, ki, -ya, bir. In unserem Fall ist daher die Annahme berechtigt, daß die Gastarbeiterkinder, die vorwiegend der Landbevölkerung angehören, diese " elaborierten" Formen nicht beherrschen. Die Mehrzahl der Funktionen, die durch Abtönungspartikeln dargestellt werden können, werden in der türkischen Umgangssprache intonatorisch zum Ausdruck gebracht.
132
6. AUSWERTUNG DER QUALITATIVEN ANALYSEN 6.1.
DIE PRAGMATISCHE KATEGORIE
Zur pragmatischen Kategorie zähle ich die kommunikativen Partikeln doch, ja, so, also mit folgenden Funktionen bei Zielsprachensprechern: doch (1) Antwortpartikel (2) Aufforderungspartikel (3) Konsenspartikel (4) Intensifikator (5) Widerspruchsfunktion im Korpus realisiert von Christine und Thorsten. Von den L2-Lernern wurden folgende Funktionen realisiert: (1) Antwortpartikel: Aynur (t 2), Domenico (t 1). (3) Konsenspartikel: Aynur (t 2), Domenico (t 4), Hasan (t 2), Maria (t 1). (4) Intensifikator: Aynur (t 2), Domenico (t 1), Hasan (t 3), Maria (t2). (1) Antizipation (2) Intensifikator (3) Konsenspartikel (4) Antwortpartikel (5) Turnübernahmestrategie im Korpus realisiert von Christine und Thorsten. Realisiert von den L2-Lernern: (1) (2) (3) (4) (5)
Antizipation: Intensifiktator: Konsenspartikeln: Antwortpartikeln: Turnübernahmestrategie:
Aynur (t 2) Aynur (t 1) Aynur (t 1) Aynur (t 1)
Domenico (t 1) Hasan Domenico (t 1) Hasan Hasan Domenico (t 1) Hasan Domenico (t 1)
(t (t (t (t
1) 4) 3) 2)
Maria (t 1) Maria (t 1) Maria (t 1)
so Vagheitsmarkierung: Von allen Probanden zu allen t realisiert. also (1) Präzisierung (Referenz) (2) Korrektursignal (Selbstkorrektur) (3) Re-Konnektiv (Rückbezug) (4) Präzisierung (Ereignisse) (5) Eröffnungssignal (6) Gliederungssignal Realisiert wurden von den L2-Lernern: (2) Korrektursignal: Aynur (t 2), Domenico (t 1), (5) Eröffnungssignal: Aynur (t 2), Domenico (t 3), (6) Gliederungssignal: Domenico (t 3). Von fünf möglichen Funktionen von doch realisierten Aynur und Domenico jeweils drei, Maria und Hasan jeweils zwei zu verschiedenen Zeitpunkten, die Anzahl der Tokens wird hier nicht
133
berücksichtigt. Die Partikel ja erfüllt bei allen ausländischen Probanden relativ früh, bezogen auf das Erwerbsjahr (L2), gleich viele Funktionen. Die Vagheitsmarkierung so ist bei allen Probanden gleichmäßig repräsentiert, allerdings erscheint die Vagheit "überdehnt". Evident ist der Unterschied im Gebrauch von also, die Partikel ist nur bei Aynur (Korrektursignal und Eröffnungseignal) und Domenico (zusätzlich Gliederungssignal) auffindbar. 6.1.1. PERSPEKTIVE ERWERBSJAHR Offensichtlich wird die Partikel ja bereits früh von allen Probanden erworben, so ist sie bei - Aynur im 5. Erwerbsjahr nahezu vollständig in allen Funktionen vorhanden, - Domenico im 3. Erwerbsjahr realisiert, - Hasan im 3. bzw. 4. Erwerbsjahr repräsentiert, - Maria im 3. Erwerbsjahr bereits erworben. Ebenso früh ist die Vagheitsmarkierung so vorhanden. 6.1.2. PERSPEKTIVE LEBENSALTER Die Partikel doch erfüllt die beschriebene Funktionen bei Christine im Alter von 11/12 Jahren, bei Thorsten im Alter von 8 Jahren. Bei den L2-Lernern ist sie bei - Aynur im Alter von 10/11 Jahren, - Domenico im Alter von 10 Jahren, - Maria im Alter von 9 bzw. 9/10 Jahren und bei - Hasan im Alter von 8/9 bzw. 9 Jahren repräsentiert. Die Partikel also ist bei - Christine in 4 Funktionen im Alter von 10/11 Jahren, - Thorsten in 5 Funktionen im Alter von 8 Jahren, - Aynur in 2 Funktionen im Alter von 10/11 Jahren, - Domenico in 3 Funktionen im Alter von 11 Jahren auffindbar. Bei Maria und Hasan ist die Partikel zu t 4 (10/11 Jahre und 9/10 Jahre) noch nicht im Material repräsentiert. 6.1.3. BEDINGUNGEN DES INPUT UND KOGNITIVE VORAUSSETZUNGEN
Untersuchungen der Erwachsenensprache in bezug auf Partikelgebrauch und Häufigkeit der Tokens ergaben eine Rangreihenfolge der Tokens ja, doch, mal, eben und auch (HENTSCHEL 1980:144). Die Häufigkeit des Input von ja deutet auf frühen Erwerb bei den ausländischen Probanden. KLEIN (1984:78f.) spricht von strukturellen Eigenschaften der Eingabe, besonders von der Häufigkeit der einzelnen Wörter und ihrer Stellung in der gesamten Äußerung, die den Erwerb von Wörtern mitbestimmen. Wie gezeigt, ist die Position von ja häufig am Anfang der Äußerung bzw. am Ende, ja steht in vielen Fällen auch vor oder nach deutlichen Pausen, ist also perzeptuell auffälliger als turninterne kommunikative Signale. Demmnach wird die Funktion Antwortpartikel als erstes erworben. Es ist anzunehmen, daß dem L2-Lerner die übrigen Funktionen von ja innerhalb von Turns dann perzeptuell auffallen, wenn er bereits ein Konzept von der Partikel außerhalb des Turns hat, also bereits auf zusätzliche Anhaltspunkte in seiner Analyse zurückgreifen kann. Obgleich bei den Partikeln doch und also ähnliche Inputbedingungen vorliegen, kann nicht von
134
gleichen Voraussetzungen ausgegangen werden. Die Funktioneanalyse zeigt, daß die Funktionen von doch beispielsweise vollständig von der Partikel ja übernommen werden können. Doch ist demnach voll substituierbar und für den Erwerb besteht zunächst kein Bedarf unter pragmatischen Gesichtspunkten. Also hingegen ist ein wichtiges Korrektur- und Präzisierungssignal, welches allerdings von hoher Komplexität hinsichtlich seiner kommunikativen Funktionen zu sein scheint, und dessen Verwendung gemeinhin auf ein höheres Niveau des Sprachetands hindeutet. Der Gebrauch von beiden Partikeln zeigt einen auffälligen Zusammenhang zum Lebensalter der Probanden, sowohl bei Ll-Sprechern als auch bei L2-Lernern. Von daher ist der Schluß zulässig, daß die kognitive Entwicklung der Kinder hier beim Erwerb eine Rolle spielt. Die Funktionen von also und doch realisieren neben anderen sprachlichen Mitteln kognitive Fähigkeiten der Probanden, die schon in der Projektskizze als sozial-kognitive Fähigkeiten beschrieben wurden: "(l) Sensibilität für Unterschiede zwischen dem Bezugsobjekt, das der Sprecher vermitteln will, und anderen Bezugsobjekten, die der Zuhörer ebenfalls wahrnimmt; (Intensifikator und Konsenspartikel) (2) Sensibilität für den Zuhörer und seine kommunikative Situation; (Korrektursignal, Präzisierung·, Gliederungssignal; Eröffnungssignal)."(FLAVELL 1979:22)'· Die sozial-kognitive Fähigkeit der Perspektiven'ubernahme entwickelt sich nach SELMAN in GEULEN (1982:240f.) im Alter von 10-12 Jahren, d.h. das Kind kann wechselseitige Perspektiven einnehmen, indem es aus der Zwei-Personeninteraktion heraustreten und die Perspektive eines Dritten einnehmen kann. Vorphase ist die Phase der Selbstreflexie (8-10 Jahre), in der sich das Kind bereits an die Stelle eines anderen versetzen kann und auch koordinierte Ketten von Perspektiven bildet. Jedoch kann es hier noch keinen von sich und anderen unabhängigen Standpunkt einnehmen. Der Gebrauch und Erwerb der bezeichneten Partikeln in den analysierten Interaktionssituationen steht demnach wohl in engem Zusammenhang mit der Entwicklung sozial-kognitiver Fähigkeiten bei den Kindern, die sich vom Alter her gesehen in der entsprechenden Entwicklungsphase befinden. Die Analyse der semantischen Partikeln erfolgt durch Quantifizierung. 7. QUANTITATIVE ANALYSE
Infolge der Untersuchung natürlicher Gesprächssituationen ergeben sich transkribierte Texte von unterschiedlicher Länge (zwischen 666 und 2704 Wörter): Ein möglicher Zusammenhang zwischen Gesprächslänge und Häufigkeit des Partikelgebrauchs könnte im Vergleich verschieden langer Gespräche zu verschiedenen Zeitpunkten zu Fehlinterpretationen fuhren. Nach HENTSCHEL (1980:143) gibt es jedoch keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Samplegröße und Partikelgebrauch des Sprechers. Die Berechnung einer einfachen Rangkorrelation (SPEARMAN) in einem Korpus mit Texten unterschiedlicher Länge (293 bis 3498 Wörter; Freiburger Korpus: Alltagsgespräche) ergab einen Rangkorrelationskoeffizienten von r, = -0,03. Die anfangs bereits beschriebene Quantifizierung dient der Herstellung von Vergleichbarkeit unterschiedlich langer Gespräche, die Vergleichszahl 100 dient als rein rechnerische Basis. Möglich wird so die Erfassung aller Partikeln der Zweitsprachenlerner, ebenso die deutscher Kinder. Die Anwendung des konversationsanalytischen Verfahrens soll folgende methodische Schwächen der Quantifzierung ausgleichen: Die Erläuterungen in Klammern wurden von mir eingefügt.
136
"(1) Quantifizierung ist ein selektives Vorgehen, das den Gesamtzusammenhang eines Inhalts zerstört und daher die Zuverlässigkeit der Analyse herabsetzt. (2) Bedeutungstragende Indikatoren verändern ihre Bedeutung unter dem Einfluß unterschiedlicher kultureller oder situationeller Kontexte. (3) Quantifizierende Analyse sucht nach häufig auftretenden Schlüsselbegriffen oder Assoziationen und kann daher relevante, aber singular auftretende Variablen allenfalls als residal behandeln. "(MERTEN 1983:49) In diesem Fall heißt dies, daß eine quantifizierende Analyse die jeweilige Bedeutung einer Partikel, oder besser deren semantische oder kommunikative Funktion, in Beziehung zum Kontext des Gebrauchs vernachlässigt, und keine Aussagen über adäquate oder unspezifische Verwendung in Gesprächen zuläßt. Zusammengefaßt bedeutet eine Quantifizierung dieser Merkmale ein Außerachtlassen der pragmatischen Ebene von Gesprächen, und das ist genau die Ebene, auf der semantische und kommunikative Partikeln ihre Wirkung entfalten. Die Anwendung des interpretativen Verfahrens der ethnomethodologischen Konversationsanalyse soll diesen Nachteil ausgleichen, d.h. qualitative Vorgehensweise ergänzt sinnvoll das quantitative Verfahren. Bereits FRANCK (1980) hat die Konversationsanalyse erfolgreich zur Bestimmung von pragmatischen Partikelfunktionen auf Interaktionsebenen angewendet. Die Diskussion um die Kompatibilität qualitativer und quantitativer Verfahren kann hier nicht wiedergegeben werden, jedoch hat in der soziologischen Theoriediskussion eine Annäherung der Standpunkte stattgefunden, wobei die Komplementär!tat der Verfahren nicht länger geleugnet wird (vgl. auch KUTSCH: Methoden, Daten, und Verfahren in diesem Buch). Erst der Verbund beider ermöglicht in dieser Analyse de'n Vergleich eines Zweitsprachenlerners mit einem Muttersprachler, der Aussagen zuläßt über Adäquatheit des Gebrauchs beim Lerner, zum einen über die kommunikativen Funktionen einzelner Gesprächswörter, zum anderen über die Häufigkeit der Verwendung im gleichen oder ähnlichen Kontext. Aus Gründen der platzsparenden Darstellung werden hier nur kommunikative und semantische Types, deren Erwerb im Mittelpunkt des Untersuchungsinteresses steht, in standardsprachlicher Orthographie aufgeführt (die Abweichungen im Dialekt sind minimal). Zwei Problemkreise ergeben sich aus der Untersuchungsperspektive "später Zweitspracherwerb" und dem Material "natürliche Gesprächssituationen": - die Erwerbs jähre eins und zwei sind im Material nicht repräsentiert, d.h. Partikeln sind unter Umständen früher erworben worden;5 - das Nichtvorhandensein von Types zu bestimmten Zeitpunkten erlaubt keinesfalls die Annahme, sie seien noch nicht gelernt. Zunächst erscheinen diese Probleme als unauflösbarer Widerspruch, als pragmatische Lösung soll jedoch eine Arbeitshypothese formuliert werden: Das Vorhandensein einer Partikel zu tt gilt als Repräsentation für den Erwerb. Das Fehlen zu einem späteren Zeitpunkt kann keinesfalls als "Retardierung", schlimmstenfalls als "backsliding" bezeichnet werden, dies zeigt nach KLEIN (1984:62) lediglich, daß beim Spracherwerb ältere Lernervariotäten in einem gewissen Sinne immer noch vorhanden sind. Die fortgeschrittenen Varietäten ersetzen nicht die anderen, sie legen sich 5
In einem Erwerbskorpus untersucht von PIENEMANN (1981:122f.) gebraucht die L2Lernerin Concetta die Abtönungspartikeln ja (mehrfach), auch (5), noch (3),nur (1) und aber ( l ) . Der untersuchte Zeitraum der Longitudinalstudie beträgt 60 Wochen (ab 0).
13
wie Jahresringe um sie, mit der Endvarietät als letzter und umfassendster." Der longitudinale Zugriff auf spätere Zeitpunkte mindert den Einfluß des Zufallfaktors "gelernt, aber nicht repräsentiert" in dem Maße, in dem sich stabile und labile Partikelverwendung an einzelnen Types zu verschiedenen Zeitpunkten vor allem qualitativ bestimmen lassen. Das heißt nichts anderes, als daß ein stabiler, funktionsgerechter Gebrauch einer Partikel in der erstmaligen Repräsentation im Material ein Hinweis dafür ist, daß sie bereits erworben wurde, wohingegen eine labile, unangemessene oder falsche Verwendung im Sinne von Übergeneralisierungen auf Lernerstrategien hindeutet. 7.1. ERWORBENE FORM UND FUNKTION
Diese Darstellung der funktionalen Entwicklung kommunikativer und semantischer Types beschränkt sich auf eine einfache tabellarische Wiedergabe, dabei wird auf die verschiedenen Aufnahmezeitpunkte (t) bezug genommen. Die Kürzel zur Erklärung der Funktionen (f) wurden bereits in den Kapiteln 5.3.1. und 5.3.2. aufgeführt. Mit * gekennzeichnete Types sind zu den angegebenen Zeitpunkten nicht im Material belegt.
1ST
kommunikativ
Christine
t1
t2
t3
Type
(f)
Type
(0
doch
Int.
doch* doch
Kons.
ja Ja ja ja ja ja
RESs RES Int. Ant. Best. Meta.
ja ja ja ja* ja ja
RES RES Int. Best. Eröffn.
t4
Type
(t)
Type
doch* doch doch doch
Kons. Best. Aut
doch* doch* doch doch*
ja ja ja ja ja
RESs RES Int. Ant. Best.
ja
(0
Best.
RESs RES Int.
Kons.
ja ja ja ja* ja ja* ja
Best. Kons.
so
Vagh
80
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber aber
GgÜ. Replik
aber aber* aber
GgÜ.
also also* also* also
Eröffn.
also also also also
ne
Eröffn. Korr. Glied. Präs.
TRP
also also* also* also also
Eröffn.
Pr'az. Riickb.
also also* also* also* also*
Eröffn.
schon
Einr.·
schon*
Vorg.
mal mal
mal
Vorg.
mal
ne*
TRP
ne*
RES
Glied. Präs.
Vorg. Auf.
ne* denn
Meta
ei
Eröffn.
ei
Eröffn.
ei
Eröffn.
ei
Eröffn.
no
Glied.
no
Glied.
no
Glied.
no
Glied.
138
Christine
Semantisch
tl
t3
t2
Type
(f)
Type
(f)
Type
noch noch noch noch noch noch
Hinz. St. t. St.h. Grad. V. Ein.+Neg. Meta
noch noch* noch* noch* noch noch* noch
Hinz.
noch* noch noch noch* noch noch* noch* noch
auch auch auch auch
nur
Hinz. RES VeralL K.gl.T.
Ein.M.
Ein.+Neg. Ein.G.
auch auch* auch* auch auch
K.gLT. Bekr.
nur nur
Ein.M. Ein.
immer immer
TRV Verallg.
immer immer
ganz ganz ganz ganz
Grad.M. Grad.Vorg. Grad. t. V. Int.
grad
Hinz.
t4 (f)
St. t. St. h.
Ein.+Neg.
Ein.T.
auch auch auch auch* auch*
Hinz. RES Verall.
nur nur nur
Ein. M. Ein. Ein. Top.
TRV Verallg.
immer immer*
TRV
ganz* ganz* ganz* ganz
Grad.M. Grad.Vorg.
Int.
ganz ganz ganz* ganz
Int.
grad grad
Int. Ident.
AuW
so
Präz.
gar
Type
(f)
noch noch* noch* noch* noch* noch* noch noch noch noch
Hinz.
auch auch* auch* auch* auch auch auch nur* nur nur nur
Ein.G. Ein.T. Grad.T. Wdh.Vorg Hinz.
Bekr. VgL Meta+Neg
Ein. Ein.AuW.
immer immer*
TRV
Int.
ganz ganz ganz
Int. Abschw. Grad.G.
grad grad*
Int.
grad grad*
Int.
AuW
so
AuW
Präz.
gar
Präz.
zu so
AuW
überhaupt genau gar sogar
gar
Praz
ISO
kommunikativ
Thorsten t1
Type
t2
(f)
ja ja
RES Int.
ja
Best.
t3
t4
Type
(0
Type
(f)
Type
doch doch doch
Int. Kons. Ant.
doch* doch doch
Kons. Best.
doch* doch* doch*
ja ja ja ja ja ja
RES Int. Ant. Best. Meta Kons.
ja* ja ja ja ja ja*
Int. Ant. Best. Meta
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
ao
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber*
ja* ja ja ja ja* ja
(f)
Int. Ant. Best. Kons.
so
Vagh
aber
GgÜ.
also also* also also also*
Eröff.
v
also also
Präz. Rückb.
also also also also also
Eröff. Korr. Glied. Präz. Rückb.
also also also also also
schon
Einr.
schon*
Eröff. Korr. Glied. Präz. Rückb.
Glied. Präz.
schon
Einr.
mal mal
Vorg. Auf.
mal mal
Vorg. Auf.
mal* mal
Auf.
mal mal
Vorg. Auf.
ne
TRP
ne
TRP
ne
TRP
ne
TRP
denn
Meta
denn* denn
Konn.
denn denn
Meta Konn.
denn* denn
Konn.
gummo
Aufm.
gummo
Aufm.
gummo
Aufm.
gummo
Aufm.
140 Thorsten
semantisch
t1
t3
t2
t4
Type
(0
Type
(f)
Type
(f)
Type
(0
noch
Hinz.
Hinz. St. t.
St.h.
St.h. Grad. V. Ein.+Neg. Meta Ein.G. Ein.T. Wdh.Vorg.
noch noch* noch* noch* noch* noch* noch* noch* noch*
Hinz.
noch
noch noch noch noch noch noch noch noch noch
noch noch noch noch* noch* noch* noch noch noch*
Hinz. St. t. St.h.
auch auch auch auch auch
Hinz. Verall. K.gl.T. Bekr. Best.
auch auch auch* auch* auch*
Hinz. Verall.
auch auch
Hinz. Verall.
auch auch
Bekr. Best.
nur nur nur* nur*
Ein. M. Ein.
immer immer
TRV Verall.
auch
Hinz.
nur nur
Ein. Ein.Meta
nur nur nur nur
Ein. M. Ein. Ein.Top. Ein.AuW.
nur* nur* nur* nur*
immer immer
TRV Verall.
immer immer
TRV Verall.
immer immer
ganz
Grad. M.
ganz*
Int.
ganz
grad grad
so so
gar
Abschw.
Int. Ident.
AuW Grad. V.
Präz.
TRV Verall.
ganz ganz* ganz
Grad.G.
ganz* ganz ganz ganz* ganz*
grad grad
Int. Ident.
grad* grad*
grad* grad*
zu
Norm
zu*
zu'
so so
AuW Grad. V.
so so
überhaupt
Verallg.
überhaupt*
gar
Präz.
gar
Grad. t. V. Int.
AuW Grad. V.
ganz* ganz ganz ganz* ganz*
so Auw so
Ein.G. Ein.T.
Grad. t. V. Int.
Grad. V.
überhaupt* Präz.
gar
Präz.
141
Hasan
kommunikativ
tl Type
t3
t2 (f)
t4
Type
(f)
Type
(0
Type
(0
doch
Kons.
doch
Kons.
doch
Kons.
ja
Ant.
ja ja
Ant. Best.
ja ja ja
Ant. Best. Kons.
ja ja ja ja
Ant. Best. Kons. Int.
so
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber*
schon
Einr.
schon
Einr.
schon*
mal
Auf.Zitat
mal
Auf.
mal*
denn
Konn.(F)
denn*
also
ne
Hasan noch noch noch
Meta
semantisch
H in z. Ein.G. St. h.
noch noch* noch noch
Hinz.
St.h. Ein.T.
noch noch* noch* noch* noch noch
Hinz.
Hinz. Verallg.
auch
Hinz.
auch
Hinz.
auch auch
nur
Ein.Zitat
nur
Ein.AuW.
nur*
immer
TRV
immer immer
TRV Verallg.
immer immer*
ganz
Grad.Vorg.
ganz* ganz ganz
Grad. L Grad.L.
ganz* ganz* ganz*
so
denn* denn
AuW
so
AuW
so
Ein.Z. Meta
noch noch* noch noch* noch* noch noch auch auch*
Hinz.
St.h.
Meta Grad.L Hinz.
nur*
TRV
AuW
immer immer
TRV Verallg.
ganz* ganz* ganz* ganz
Grad.M.
so
AuW
sehr
Grad.
142
kommunikativ
Aynur t1
t4
t3
t2
Type
(f)
Type
(f)
Type
(f)
Type
(f)
doch
Kons.
doch doch
Kons. Meta
doch doch*
Kons.
doch doch
Kons. Best.
ja ja ja
Best. Kons. Int.
ja ja ja ja
Ant. Best. Kons. Int.
ja ja ja ja
Ant. Best. Kons. Int.
ja ja ja ja
Ant. Best. Kons. Int.
so
Vag h
so
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
also alao
Eröff. Korr.
also also
Eröff. Korr.
also also
Eröff. Korr.
schon
Einr.
schon
Einr.
also
Präz.
mal
Auf.
mal
Auf.
schon
Einr.
denn
Meta
ei
Eröff.
ei
Eröff.
ei
Eröff. denn
Konn.
143
Aynur
semantisch
t1
t4
t3
t2
Type
(f)
Type
(0
Type
(f)
Type
(0
noch noch
Hinz. Ein.G.
noch noch
Hinz. Ein.G.
noch noch
Hinz. Ein.G.
Hinz.
noch
Ein.T.
noch
Ein.T.
noch
Ein.T.
noch noch* noch noch noch
auch auch
Hinz. Verall.
auch auch
Hinz. Verall.
auch auch
Hinz. Verall.
auch auch
Hinz. Verall.
nur nur
Ein. Ein. Top.
nur nur
Ein. Ein. Top.
nur nur
Ein. Ein.Top.
nur* nur*
immer
TRV
immer immer
TRV Verall.
ganz
Grad.Vorg. ganz
Grad.G.
ganz
Grad.Vorg.
ganz
so
Grad.Vorg.
AuW
so
AuW
so
AuW
sehr
Grad.
sehr
Grad.
viel
Grad
viel
Grad.
sehr
Grad.
sehr*
viel
Grad.
viel
eben
Bekr.
eben*
eben*
zu
Norm
zu*
zu
Norm
fast
Norm
Grad.
St. h. Ein.T. Meta
eben* zu*
144
Maria
kommunikativ
t1
12
t4
t3
Type
(0
Type
(f)
Type
(0
Type
doch
Kons.
doch doch
Kons. Int.
doch* doch
Int.
doch* doch*
ja ja ja ja
RES RES Int. Korr.
ja* ja ja ja* ja
RES RES Int.
Best.
ja ja ja ja* ja
Best.
ja* ja ja ja* ja
RES Int.
(0
RES Int.
Best.
so
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
aber
GgÜ.
Einr.
schon
Einr.
schon*
also schon
mal
Auf.
mal
denn
Auf.
Konn.
schon*
schon
Int.
schon*
mal* mal
Vorg.
mal mal
Auf. Vorg.
denn* denn
denn
Konn.
Int.(F)
ne
TRP
ne
TRP
ne
TRP
ne
TRP
ei
Eröff.
ei
Eröff.
ei
Eröff.
ei
Eröff.
145
Domen ico
kommunikativ
t1
t3
t2
Type
(0
Type
doch doch
Int. Best.
doch* doch doch
(f)
Type
Best. Auf.
doch* doch* doch* doch
t4 (f)
Type
(f)
Kons. Int.
GgÜ.
doch doch doch* doch doch*
RES Int. Best.
Vagh
Auf.
ja ja ja ja
RES Int. Best. Ant.
ja ja ja ja*
RES Int. Best.
ja ja* ja ja*
RES
Best.
ja ja ja ja*
so
Vagh
so
Vagh
so
Vagh
so
schon
Einr.
schon*
mal
Auf.
mal
aber
GgÜ.
aber*
also* also also
Eröff. Glied.
also* also also*
Eröff.
mal
also
Auf.
Korr.
mal
Auf.
also*
Auf.
ei
Eröff.
ei
Eröff.
ei
Eröff.
also
Adv.Konse
denn
Kon n.
denn
Kon n.
denn
Kon n.
denn
Konn.
ei
Eröff.
ne
146 Maria
semantisch
t1
t2
t4
t3
Type
(0
Type
(f)
Type
(0
Type
(*)
noch noch noch noch
Hinz. St. t. St. h.
noch noch* noch* noch* noch
Hinz.
noch noch* noch noch* noch noch
Hinz.
noch noch noch noch* noch*
Hinz. St. t. St.h.
noch noch
Ant. S WO
auch
G. V.
Bekr.
Ein. T.
St. h.
Ein. L. Meta
Hinz. Verall.
auch auch auch
Bekr. Hinz. Verall.
auch auch auch
Bekr. Hinz. Verall.
auch
Verall.
auch* auch auch
nur nur
Ein. Ein. V.
nur* nur
nur nur*
Ein.
Ein. V.
nur nur nur nur
Ein. Ein. V. Grad.E. Int.
immer immer
TRV Verall.
immer immer
TRV Verall.
immer immer
TRV Verall.
immer immer
TRV Verall.
ganz
Int.
ganz*
ganz
Int.
ganz ganz ganz ganz
Int. Grad. V. M. Grad. V. V. Grad.V.K.
erst
Ein.V.
viel
Int.
grad
Went.
grad
Ident.
grad
Ident.
grad*
zu
so
Grad. V.
Grad. V.
schon schon
Best. Int.
so
Grad.V.
gar
Präz.
sogar
Int.
sehr
Int.
überhaupt genau
gar
Präz.
gar'
fast
147
Domenico
semantiech
t1
t2
t3
t4
Type
(0
Type
(f)
Type
(f)
Type
(f)
noch
Hinz.
noch noch
Hinz. St.h.
Hinz.
Init.
noch*
Bnew.
noch noch noch* noch* noch*
Hinz. St. h.
noch
noch noch* noch noch* noch auch auch auch
Bekr. Hinz. VeralL
auch auch auch
Bekr. Hinz. Verall.
nur nur* nur nur
Ein.
nur*
Grad.E. Int.
nur* nur*
auch auch
Bekr. Hinz.
auch auch
Bekr. Hinz.
nur
Ein.
nur* nur nur*
Ein. V.
Ein.M.
nur
Grad.E.
immer immer immer
TRV Allt. Vagh
immer immer immer immer
TRV Allt. Vagh Int.
immer* immer* immer* immer*
ganz
Int.
ganz ganz
Int. Grad.V.
ganz* ganz
Grad. V. K.
erst* erst
Ein. V.
erst
Temp.
erst*
grad
Ident.
grad*
Int. Temp.
schon* schon* schon*
erst* erst*
zu
schon schon schon
Best. Int. Temp.
schon* schon schon
so
Grad.V.
80*
so
gar
Präz.
gar*
gar
normal
Int.
normal*
normal*
schon
Best.
Grad. V.
so
Grad. V.
Präz.
gar*
überhaupt genau sogar
normal* halt
Abschw.
148
7.2. HÄUFIGKEITEN (BEREINIGTE ZAHLEN)
Christine
tl
t2
t3
t4
Redezeichen Partikeln Kommunikativ Semantisch 100 RZ : Partikeln 100 RZ : Kommunikative 100RZ : Semantische Types kommunikativ Types semantisch
2177 135 83 52 100:6 100:4 100:2 8 8
742 50 23 27 100:7 100:3 100:4 8 9
850 87 47 40
100:5 100:4 9
906 121 44 77 100:13 100: 5 100: 8 9
8
8
Thorsten
tl
t2
t3
t4
Redezeichen Partikeln Kommunikativ Semantisch 100 RZ : Partikeln 100 RZ : Kommunikative 100 RZ : Semantische Types kommunikativ Types semantisch
741 99 73 26 100:13 100:10 100: 3 8 8
2704 275 189 86 100:10 100: 7 100: 3 10 11
783 79 48 31 100:10 100: 6 100: 4 8 6
1192 166 94 72 100:13 100: 8 100: 5 10 9
tl
t2
t3
t4
1341
760
649
1274
59 25 34 100:4
87 47 40 100:10
99 32 67 100:15
96 46 50 100:8
100:2 100:2 5 8
100: 6 100: 4
100: 5
8 6
8 10
100:4 100:4 9
Redezeichen Partikeln Kommunikativ Semantisch 100 RZ : Partikeln 100 RZ : Kommunikative 100 RZ : Semantische Types kommunikativ Types semantische
6
100:9
100:10
Das untersuchte Korpus weicht geringfügig ab von KUTSCH (1985).
7
149
Hasan
t l
t2
t3
t4
Redezeichen Partikeln Kommunikativ Semantisch 100 RZ : Partikeln 100 RZ : Kommunikative 100 RZ : Semantische Types kommunikativ Types semantisch
1007 36 18 18 100:4 100:2 100:2 2 6
869 51 31 20 100:6 100:4 100:2 7 6
666 42 22 20 100:7 100:4 100:3 6 4
819 35 16 19 100:5 100:2 100:3 4 6
Maria
t l
t2
t3
t4
Redezeichen Partikeln Kommunikativ Semantisch 100 RZ : Partikeln 100 RZ : Kommunikative 100 RZ : Semantische Types kommunikativ Types semantisch
748 84 49 35 100:11 100: 7 100: 4 8 7
840 61 35 26 100:6 100:4 100:2 9 6
849 71 32 39 100:8 100:4 100:4 9 7
912 86 38 48 100:10 100:4 100:6 8 12
Domenico
t l
t2
t3
t4
Redezeichen Partikeln Kommunikativ Semantisch 100 RZ : Partikeln 100 RZ : Kommunikative 100 RZ : Semantische Types kommunikativ Types semantisch
684 95 39 56 100:14 100: 6 100: 7 7 10
890 37 16 21 100:5 100:2 100:3 6 6
866 83 42 41 100:10 100: 5 100: 5 9 7
798 79 42 27 100:10 100: 7 100: 3 8 6
150
7.3. TYPE/TOKEN-RATIO Christine tl t2
t3
t4
Thorsten tl t2
ja
13
13
19
17
2
doch
1
1
6
1
also
20
3
2
5
1 1
denn mal
t3
t4
Aynur tl t2
t3
t
, /