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German Pages 65 [73] Year 1990
H E R A U S G E B E R R A I N E R
GUS
Kl
GEROLD MIKULA AMÉLIE MUMMENDEY BERNHARD ORTH
B A N D 20 1989 H EFT 1
V E R L A G HANS HUBER BERN STUTTGART
TORONTO
Zeitschrift für Sozialpsychologie Gegründet von: Hubert Feger Klaus Holzkamp Carl Friedrich Graumann Martin Irle Wissenschaftlicher Beirat: Günter Albrecht Hans-Werner Bierhoff Mario von Cranach Helmut Crott Dieter Frey Volker Gadenne Franz Urban Pappi Peter Petzold John Rijsman Peter Schönbach Wolfgang Stroebe Arnold Upmeyer Rolf Ziegler
Copyright 1989 Verlag Hans Huber Bern Stuttgart Toronto Herstellung: Lang Druck AG, Liebefeld Printed in Switzerland Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Library of Congress Catalog Card Number 78-126626 Die Zeitschrift für Sozialpsychologie wird in Social Sciences Citation Index (SSCI) und Current Contents / Social and Behavioral Sciences erfaßt
Zeitschrift für Sozialpsychologie 1989, Band 20 Heft 1 INHALT Editorial
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Theorie und Methoden MÜLLER, G. F.: Ansätze organisationspsychologischer Forschung: Kritik und Versuch einer Integration KLAUER, K . C.: Untersuchungen zur Robustheit von Zuschreibungs-mal-BewertungsModellen: Die Bedeutng von Halo-Effekten und Dominanz
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Empirie Analoge Funktionen offener Informationsverarbeitung in menschlichen selbstaktiven Systemen ABELE, A . : Wir haben gewonnen. Zur Kommentierung von Ergebnissen der Bundestagswahl 1987 durch die betreffenden Parteien OCHSENBEIN, G . :
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Literatur Neuerscheinungen Titel und Abstracta
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Nachrichten und Mitteilungen
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Autoren
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Verlag Hans Huber, Bern Stuttgart Toronto
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Zeitschrift für Sozialpsychologie 1989, 1
Editorial H U B E R T F E G E R und KLAUS H O L Z K A M P sind mit dem 31.12.1988 aus dem Herausgebergremium ausgeschieden. Beide sind neben CARL FRIEDRICH
GRAUMANN
und
MARTIN
IRLE
die
Gründer dieser Zeitschrift. Was auch immer diese Vier dazu bewegt haben mag, eine Gruppe zu bilden; dem außenstehenden Betrachter heute muß diese Konfiguration im Hinblick auf das Ziel, eine Zeitschrift für Sozialpsychologie für den vornehmlich deutschen Sprachraum zu gestalten, als bestechend erscheinen. Gemeinsam zählen alle Vier zum Kreis der Renommiertesten unseres Faches. Jeder einzelne jedoch trug mit der für ihn kennzeichnenden wissenschaftlichen Perspektive zu einer bemerkenswerten Orientierung der Zeitschrift bei, nämlich Forum zu sein für die sehr diversen Facetten einer Sozialpsychologie, die mehr zu bieten hat als die theoretischen und empirischen Erscheinungsformen der jeweiligen «mainstreams». So ist die gleich mit dem Erscheinungsbeginn von H O L Z K A M P ausgelöste, neben anderen von A L B E R T oder von M Ü N C H & SCHMID geführte Kontroverse um die wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen der (Sozial-)Psychologie ein mittlerweile klassisches Beispiel für die Wirkung dieses Forums, die sich
ungeachtet der Barriere einer Veröffentlichung in deutscher Sprache bald international ausbreitete. Die Gründer haben ihre Zeitschrift (fast) zwanzig Jahre lang herausgegeben, sie haben sie während einer Generation geprägt. In seinem Editorial zu Heft 1, Band 19,1988, legte das letzte Herausgebergremium, zusammengesetzt aus «Alten» und «Neuen» ausführlich dar, wo weiterhin Kontinuität und wo Veränderungen in der Zeitschrift zu erwarten sein werden. Nun ist R A I N E R G U S K I folgt KLAUS H O L Z K A M P nach - die Zeitschrift auf eine zweite Generation übergegangen. Aus dem Spannungsfeld zwischen «Konstanz und Wandel» erhofft sie sich Dynamik für eine gute weitere Entwicklung dieser Zeitschrift. Sie dankt den Gründern und hofft, daß sie der Zeitschrift für Sozialpsychologie mit ihrem Rat, mit ihrem kritischen Urteil, vor allem aber mit eigenen Beiträgen verbunden bleiben werden. AMELIE MUMMENDEY
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Müller: Integration organisationspsychologischer Forschung
Theorie und Methoden Ansätze organisationspsychologischer Forschung: Kritik und Versuch einer Integration1 G Ü N T E R F. M Ü L L E R Universität Oldenburg Der Artikel stellt einige wichtige Ansätze organisationspsychologischer Forschung vor, beleuchtet sie kritisch und versucht, eine integrative Forschungsperspektive herauszuarbeiten. Im einzelnen werden vier Ansätze behandelt: (1) Der Ansatz organisationspsychologischer Basisbeziehungen, (2) der Ansatz kognitiver Vermittlung organisierter Zusammenarbeit, (3) der handlungstheoretische Ansatz und (4) der Ansatz interpersonaler Kommunikation. Unzulänglichkeiten der vier Einzelansätze legen einen Mehr-Ebenen-Ansatz nahe, der dargestellt und diskutiert wird.
The article deals with describing and evaluating some basic concepts of research within organizational psychology. Additionally it developes a literal perspective of organizational psychology as a scientific discipline. Four approaches are outlined: (1) The concept of organizational man-environmentrelations, (2) the concept of organizational cognition, (4) the approach of action theory, and (4) the concept of interpersonal communication. From insufficiencies of these concpets a multi-level-approach is derived, which is presented and discussed.
Vorbemerkung
Organisationspsychologische Basisbeziehungen
Im folgenden wird dargestellt, welche inhaltlichen und methodischen Leitvorstellungen organisationspsychologische Forschung derzeit beherrschen. Dabei interessieren vor allem solche Leitvorstellungen, die auch ein konkretes Forschungskonzept explizieren. Leitvorstellungen die lediglich gegenstandsorientiert sind (z.B. «Verhalten in Organisationen», vgl. R E I T Z , 1 9 7 7 ; A R N O L D & FELDMAN, 1 9 8 6 ) werden ebenso ausgeklammert wie Leitvorstellungen, die lediglich das Angebot einer akademischen Disziplin benennen («problemlösend-theoretisierend-forschend», vgl. D U N N E T T E , 1 9 7 6 ) oder empirisch uneinlösbare Ansprüche artikulieren (Erforschung «psychologischer Arbeitsprobleme der Organisation selbst», vgl. W E I N E R T , 1 9 8 1 ) . Es verbleiben so insgesamt vier Forschungskonzepte, die nun kritisch beleuchtet werden sollen.
Von G E B E R T ( 1 9 7 8 ) wurde ein Konzept vorgeschlagen, das die Forschungsperspektive einer Psychologie (formal) organisierter Arbeitsumwelten abstecken soll. Es definiert drei Basisbeziehungen, die zwischen dem arbeitenden Individuum einerseits und seinem physikalisch-sozialen Tätigkeitskontext andererseits angenommen werden können: Das Individuum steht danach in Beziehung zu Aufgabenanforderungen, die eine bestimmte Erwerbstätigkeit mit sich bringen, es hat Beziehungen zu (wenigstens) einer Arbeitsgruppe, die sich aus unmittelbar übergeordneten, untergebene und/oder gleichgestellte Personen zusammensetzt, und es steht in Beziehung zur Organisation als Ganzes, ihrer Aufgliederung, Funktionsweise und Zweckbestimmung, ihren Regeln, Zielen und Werten. Obwohl der Beziehungsbegriff analytisch offen ist, wird er später durch VON ROSENSTIEL ( 1 9 8 0 ) explizit auf linearkausale Wenn-Dann-Relationen eingeschränkt. Für organisationspsychologische Forschung fordert derselbe Autor außerdem, daß empirische Untersuchungen wenigstens zwei Arten von Variablen enthalten sollten: Konstitutive Merkmale formaler Organisation und Merkmale indivi-
1 Für Diskussionen, Kritik und wertvolle Hinweise möchte ich vor allem O. NEUBERGER danken.
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duellen Erlebens und/oder Verhaltens in Arbeitssituationen. Diese Forderung wird durch GEBERT & VON ROSENSTIEL (1981) relativiert, indem auch differentielle (Personen)Merkmale Berücksichtigung finden. Wenn-Dann-Relationen gelten nun als personenspezifisch vermittelt, wobei dispositionelle Merkmale die Wenn-Komponente des Erklärungsschemas spezifizieren. Das Konzept organisationspsychologischer Basisbeziehungen leitet die Forschung an, Ursachen bestimmter Erlebens-/Verhaltensvariationen zu erhellen (im Sinne eines kausalanalytischen S-O-R-Schemas), und außerdem, diese Ursachen in charakteristischen Wechselwirkungen von Person-/UmweItvariablen zu suchen (im Sinne eines V=f(P,U)Schemas). Konzeptuell verwandte Zugänge, wie sich organisationspsychologische Forschungsfelder analytisch erschließen ließen, finden sich auch bei englischsprachigen Autoren. LUTHANS (1977) etwa versucht, die Vielzahl exogener und psychischer Determinanten und Erscheinungsformen organisationalen Verhaltens in ein um Verhaltenskonsequenzen erweitertes S-O-RSchema einzuordnen, PORTER et al. (1975) favorisieren zum gleichen Zweck ein mehr interaktionistisches Forschungsparadigma. Bei einer kritischen Bewertung der genannten Positionen dürfen fachthematische Ansprüche ihrer Autoren nicht übersehen werden. Diese sind ganz offensichtlich zunächst einmal darauf gerichtet, möglichst allgemeine und elastische analytische Schemata zu finden, um möglichst große inhaltliche Integrationseffekte zu erzielen. Dadurch gelingt es in der Tat auch, zahlreiche klassische und neuere Problembereiche der Arbeitsund Betriebspsychologie unter einem Dach zu vereinigen. Bei genauerer Betrachtung wird hiermit jedoch wenig mehr als ein neues Etikett vergeben und wenig mehr als eine halbherzige Übertragung allgemeinpsychologischer Forschungsprinzipien geleistet. So stellen sich weder Basisbeziehungen zwischen Individuum und Organisation, die nach GEBERT ( 1 9 7 8 ) eigentlicher Gegenstandsbereich der Organisationspsychologie sein sollte, als besonders innovativ heraus (vgl. BLUM & NAYLOR, 1 9 6 8 , Kap. 1 6 ) , noch ist bislang empirisch gesichert, ob das bloße Vorhandensein formal organisierter Zusammenarbeit ausreicht, vorliegende Untersuchungsbefunde zu verallgemeinern. Über das Erleben und Verhalten von Personen in Behörden, Parteien, Haftanstalten,
Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitswesens, kirchlichen oder militärischen Einrichtungen liegen vorerst nur kursorische Erkenntnisse vor. Eine über Strukturmerkmale definierte Organisationspsychologie reicht daher kaum nennenswert über industrielle Kontexte hinaus. Hinzu kommt jedoch noch folgendes: Werden Implikationen eines linear-kausalen Forschungsansatzes ernst genommen, dürften nur solche Erkenntnisse als methodisch adäquat gewonnen und inhaltlich relevant betrachtet werden, die mit experimentellen oder kausalanalytischen Untersuchungsverfahren und unter Einbezug organisationaler U-/P-Variablen gewonnen wurden. Nach diesen Kriterien wären viele der in den zitierten Werken behandelten Themen aber entweder nur unzureichend erforscht oder im engeren Sinne organisationspsychologisch irrelevant. Bereiche etwa, die überwiegend diagnostisch akzentuiert sind (Arbeitsplatz-, Tätigkeits-, Eignungsanalyse), von korrelativen Feldstudien beherrscht werden (Arbeitszufriedenheit) oder nur punktuell mit empirischen Ergebnissen aufwarten können (Organisationsentwicklung), müßten ebenso ausgeklammert werden wie Bereiche, die, wiewohl experimentell fundiert, explizite Bezüge zu Merkmalen formal organisierter Zusammenarbeit vermissen lassen (psychische Beanspruchung, Gruppenprozesse). Der Aspekt nicht gesicherter Relevanz wiegt dabei möglicherweise schwerer als der Aspekt nicht gesicherter Erklärungshypothesen. Zumindenst dürfte es die Organisationspsychologie im ersten Fall schwerer haben zu begründen, weshalb gerade sie die Erforschung bestimmter Erlebens-/Verhaltensphänomene «besetzt». So überrascht es auch wenig, wenn sie in dieser Form selbst von designierten Fachvertretern kritisiert wird (H. F R A N K E , 1978; GREIF, 1983), oder wenn man sich fragen kann, ob die Erforschung tätigkeitsrelevanter MenschUmwelt-Beziehungen nicht eher durch konzeptuell offenere, z.B. ökopsychologische oder sozialwissenschaftliche Ansätze anzuleiten sei (VOLPERT, 1986; MORGAN, 1986).
Kognitive Vermittlung organisierter Zusammenarbeit Ein notwendiger Bestandteil von Aufgaben organisierter Zusammenarbeit ist Information. Der
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Umgang mit ihr, ihre Aufnahme, Verarbeitung und Abgabe stellt für Autoren wie M A R C H & OLSON ( 1 9 7 6 ) , WEICK ( 1 9 7 9 , 1 9 8 4 ) oder SIMS & GIOIA ( 1 9 8 6 ) einen zentralen Steuerungsmechanismus kooperativen Verhaltens dar. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses dieser Autoren stehen vor allem Beeinträchtigungen «rationaler» Informationsverarbeitung. Untersuchungen rekurrieren hier zumeist auf kognitions- und sozialpsychologische Erkenntnisse, um Faktoren bedingt rationaler oder «irrationaler» Informationsverarbeitung herauszuarbeiten. Prominente Themen sind kognitive Überlastung (Entscheidungsfälle als «Mülltonnen» für zu viele Probleme und Problemlösungen), inadäquate Denkstile (Antizipieren linear-kausaler Entscheidungsfolgen) oder übergroße Denkökonomie (Bevorzugung einfacher Entscheidungsdevisen und konventioneller Problemlösungen). Aus grundwissenschaftlichen Erkenntnissen werden sehr oft auch praktische Konsequenzen abgeleitet, wie z.B. das Rationalitätsprinzip durch Prinzipien des psychischen Wohlempfindens zu ersetzen, dem Entscheidungsprozeß in Organisationen verstärkt symbolische Funktion zuzuschreiben oder Handlungsergebnisse in zirkulär-kausalen Wirkungszusammenhängen zu bewerten (WESTERLUND & SJÖSTRAND, 1 9 8 1 ; WEICK, 1 9 8 4 ) .
Eine im engeren Sinne kognitionspsychologische Analyse organisationalen Verhaltens weist derzeit starke Defizite in der empirischen Fundierung auf. Anwendungsimplikationen dieses Ansatzes sind noch weitgehend offen; Feldexperimente haben eher explorativen Charakter oder thematisieren Probleme, die sehr spezifische Formen organisierter Zusammenarbeit mit sich bringen (vgl. WEICK et al., 1973; W E I C K , 1977). Zu den Handicaps eines kognitionspsychologischen Ansatzes zählen vor allem folgende Erschwernisse: Forschungsergebnisse werden überwiegend laborexperimentell und «objektivistisch» gewonnen. Wichtige Daten, um Theorien der Informationsverarbeitung zu prüfen, sind Latenzen und Fehler, mit denen Personen auf artifizielle Stimulusvorgaben reagieren. Reaktionen auf bedeutungsvolle, etwa kooperationsrelevante Reize werden durch entsprechende Theorien nicht automatisch miterklärt. Selbst wenn Forscher zusätzlich subjektive Daten erheben, bleibt das Korrespondenzproblem bestehen. Weder sind Personen in der Lage, ihre eigenen Denk-
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vorgänge vollständig zu reflektieren, noch können sie «reines» Denken zu Protokoll geben (vgl. NEISSER, 1 9 7 6 ) . Kognitive Prozesse «drücken» sich nicht phänomenadäquater aus, wenn sie geäußert werden, daran ändern auch Verfahren zur Objektivierung von Verbaldaten wenig (vgl. ERICSSON & SIMON, 1 9 8 0 ) . Werden Denkvorgänge von vorne herein bei bedeutungsvollen und komplexen Aufgaben untersucht (DÖRNER et al., 1 9 8 3 ; WEICK, 1 9 7 7 ) , nehmen methodische Probleme eher noch zu. «Kognitive Blaupausen» realer Probleme enthalten unzählige Vernetzungen, deren singulare, zirkuläre und kumulative Effekte durch derzeit bekannte psychologische Meß- und Untersuchungstechniken nicht zu erhellen sind. Der empirische Gehalt holistischer Denktheorien ist gering. Auch wenn diese Theorien Bausteine enthalten, deren (isolierte) Effekte grundwissenschaftlich erforscht sind (vgl. DÖRNER, 1 9 8 4 ) , läßt sich hieraus nicht auf integrierte Wirkungsweisen verallgemeinern. Theorien, wie die der kognitiven Blaupause oder des heuristischen Systems mögen eingängig erscheinen; ob menschliches Denken tatsächlich so funktioniert, ist bislang jedoch ungeklärt. Formal organisierte Zusammenarbeit weist auch mehr oder weniger ausgeprägte interpersonale Komponenten auf, so daß zahlreiche Autoren vor allem die Bedeutung sozialer Kognitionen herausstellen. Dort, wo Tätigkeiten wechselseitig abgestimmt werden müssen, können individuelle Sichtweisen und Problemperspektiven für ein verändertes Aufgabenverständnis sorgen (vgl. WEICK, 1 9 8 4 ) . Das «Aushandeln» innerer Abbilder einer Aufgabe vermag nicht selten zu völlig neuen Anforderungs- und Bewältigungsinterpretationen führen (vgl. JANIS, 1 9 7 2 ; BOUGHON et al., 1 9 7 7 ) . In welcher Weise die durch soziale Interaktion erzeugten Informationen spezifische Tätigkeitsanforderungen verändern und deren «Sachzwänge» sozial relativieren, ist ein klassisches Thema sozialpsychologisch fundierter Organisationspsychologie (vgl. SCHEIN, 1 9 6 5 ; ROSENSTIEL e t a l . , 1 9 7 2 , 1 9 8 6 ; BACHARACH & LAWLER, 1 9 8 0 ; J . FRANKE, 1 9 8 0 ; BERKEL, 1 9 8 4 ) . So läßt sich mit Theorien sozialer Wahrnehmung, Attribution oder kognitiver Konsistenz u.a. erklären, weshalb der soziale Kontext individuelle Tätigkeitsvollzüge beschleunigt, zu riskanteren Wegen der Aufgabenbewältigung verleitet, Gruppenleistungen forciert oder die Lösung gemeinsamer Probleme
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behindert (vgl. CROTT & MÜLLER, 1 9 7 8 ) . Bei allem Gewinn für die Organisationspsychologie sind jedoch auch Forschungsimpulse der Sozialpsychologie kritisierbar. So ist die Reichweite theoretischer Aussagen relativ gering. Experimentelle Untersuchungen geben zu erkennen, daß (kognitive) Theorien der Sozialpsychologie auch bei definierten Anfangsbedingungen nur geringe Vorhersagekraft für Prozesse sozialer Interaktion besitzen (vgl. MÜLLER, 1 9 8 5 ; MÜLLER & AUTENRIETH, 1 9 8 5 ) . Dies läßt sich z.T. auf das vorherrschende Forschungsparadigma zurückführen. Es ist reduktionistisch und um den Nachweis allgemeingültiger Wenn-Dann-Aussagen bemüht. Gesicherte Erklärungen können auf diese Weise bestenfalls für meß- oder beobachtbare Einzeleffekte gegeben werden. Soziale Interaktion entfaltet sich jedoch in der Zeit und generiert hierbei eigene Effekte. Da eine saubere Trennung von unabhängigen und abhängigen Variablen nicht mehr möglich ist, greift ein linear-kausaler Erklärungsansatz zwangsläufig zu kurz (s.o.). Eine weitere Einschränkung bringt die Domäne sozialpsychologischer Forschungsergebnisse mit sich. Formal organisierte Zusammenarbeit wird durch bestimmte Aufgaben oder Tätigkeitsanforderungen vermittelt. Diese mögen sozial überformt werden, sind trotzdem jedoch als «beziehungsstiftende» Gegebenheiten stets gegenwärtig. Entsprechend wäre ihr Einbezug auch für organisationspsychologische Anwendungsbezüge zu fordern. Hier zeigt sich nun jedoch, daß Erkenntnisinteressen der Sozialpsychologie zunehmend auf immer subtilere Vorgänge sozialer Reizverarbeitung gerichtet sind und Aufgabenmerkmale daher allzu oft der experimentellen Kontrolle zum Opfer fallen. Sobald solche Merkmale sozial dimensionierte Effekte zu überlagern drohen, wäre ihre Ausblendung sogar angezeigt, um die Entfaltung kognitiver Vorgänge nicht zu stören. Sozialpsychologische (Klein)Gruppenforschung, die Aufgabenmerkmale traditionell stark beachtet (vgl. MCGRATH, 1 9 8 4 ) ist dem kognitiven Trend nur sporadisch gefolgt und wird daher mitunter schon als randständiges Untersuchungsgebiet der Sozialpsychologie betrachtet (vgl. BRANDSTÄTTER, 1 9 8 3 ; BIERHOFF, 1 9 8 4 ) . Für ein besseres Verständnis kooperativer Tätigkeitsvollzüge kann organisationspsychologische Forschung derzeit nur mehr bedingt von sozialpsychologi-
schen Impulsen profitieren; bestenfalls sind Mechanismen des Reflektierens formal organisierter Zusammenarbeit ein wenig transparenter geworden, seit hierfür (neben der Kognitionspsychologie) auch die Sozialpsychologie eine Reihe von Theorien anzubieten vermag.
Handlungstheorie Ein handlungsorientiertes Forschungskonzept suggeriert zunächst, als würde es in der Lage sein, gewisse Unzulänglichkeiten zu überwinden, die den diskutierten Ansätzen anhaften. So zielt der Handlungsbegriff von vorne herein auf ganz konkrete Äußerungsformen (zusammenarbeitender Menschen ab. «Handlung» integriert offenes Verhalten, besitzt komplexe psychische «Verweisungszusammenhänge» (LAUCKEN, 1987) und hebt sich hierin deutlich von nur elementaren Aktivitäten und singulären Reaktionen des Individuums ab. «Handlung» impliziert zudem prozessuale und dynamische Qualitäten, die ein analytisch offeneres Forschungskonzept nahelegen, als dies die bisherigen Ansätze zu erkennen geben. Bausteine von Handlungen sind in charakteristischer Weise zeitlich geordnet, folgen sequentiell auf- und auseinander und werden eher durch subjektive Zielvorstellungen strukturiert als durch objektive Kontextbedingungen ausgelöst. Dadurch unterliegt ihre Steuerung auch eher person-internen Regulationsmechanismen als person-externen Wirkursachen (vgl. GRAUMANN, 1 9 8 0 ) . Mit dem Handlungskonzept wird expressis verbis versucht, eine Brücke zwischen psychologischer Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung zu schlagen (vgl. WERBIK, 1 9 7 8 ) , weshalb es sich auch als Ansatz für organisationspsychologische Forschung empfiehlt. Perspektiven eines entsprechenden Ansatzes hat vor allem GREIF ( 1 9 8 3 ) entwickelt und durch zahlreiche, empirisch prüfbare Hypothesen präzisiert. Unter dem Gesichtspunkt einer sich in und über Handlungen konkretisierenden Auseinandersetzung des Menschen mit Arbeitsinhalten und -anforderungen entwirft GREIF (S. 262ff.) differenzierte Wirkungs- und Wechselwirkungsmodelle, um die Herausbildung beruflicher Orientierungen nachzuzeichnen, den Entstehungsprozeß kollektiver Widerstände und Leistungsanstrengungen zu er-
6 klären oder Wege zur Persönlichkeitsentwicklung durch Arbeit aufzuzeigen. Eigene empirische Untersuchungen hierzu legt G R E I F nicht vor, stattdessen zieht er vorwiegend arbeitspsychologische Untersuchungen heran, deren Befunde er auf den Bereich formal organisierter Zusammenarbeit überträgt. In diesem Punkt ist der Ansatz zu kritisieren. Referenzautoren wie H A C K E R ( 1 9 8 0 ) , U L I C H ( 1 9 7 4 ) oder VOLPERT ( 1 9 7 4 ) erforschen im allgemeinen weit weniger komplexe, mehrdeutige und unsicherheitsbehaftete Handlungen, wie sie soziale Interaktion am Arbeitsplatz mit sich bringen kann. Die untersuchten Handlungen haben vielmehr den Charakter überschaubarer Verrichtungen, sind an eindeutigen Zielzuständen objektivierbar und müssen relativ klaren Anforderungskriterien genügen (Umgang mit Werkzeugen, Maschinen, Fertigungsteilen, Steuer- und Kontrollfunktionen). Zudem sind die eingesetzten Forschungsmethoden alles andere als innovativ. Zwar wird versucht, dem molaren Charakter von Handlungen durch Kombination verschiedenartiger Untersuchungstechniken gerecht zu werden; im Einzelfall sind es dann aber wiederum altbekannte Strategien, nach denen vorgegangen wird (z.B. Beobachtungen und Befragungen im Rahmen feldexperimenteller Untersuchungspläne, vgl. N E U B E R G & TOMCZYK, 1 9 8 6 ) . Ob ein arbeitspsychologischer Untersuchungsansatz als Vorbild für organisationspsychologische Forschung dienen kann, ist auch aus einem anderen Grund zweifelhaft. Erscheinungsformen sozialer Interaktion und kooperativer Tätigkeitsvollzüge wurden in handlungstheoretischen Studien bislang weitgehend ausgeklammert. Selbst Arbeiten, die vom Titel entsprechende Anwendungen erwarten lassen (vgl. SEMMER & PFÄFFIN, 1 9 7 9 ) , reichen über individuumszentrierte Betrachtungen letztlich nicht hinaus. Dies verweist auf eine generelle Schwäche psychologischer Handlungstheorie. Ihr Makel ist, daß sie soziale Bedeutungen und Vernetzungen des individuellen Handelns weitgehend unberücksichtigt läßt. Autoren wie G R A U M A N N ( 1 9 8 0 ) trauen ihr deshalb auch nicht zu, traditionelle Konzepte und Methoden psychologischer Forschung in überzeugender Manier zu überwinden. Nach G R A U M A N N sollte seit Arbeiten von W E B E R ( 1 9 2 2 ) , S C H Ü T Z ( 1 9 3 2 ) oder PARSONS ( 1 9 5 9 ) - eine rein psychologische Handlungstheorie eigentlich nicht mehr möglich
Müller: Integration organisationspsychologischer Forschung
sein. Trotzdem werden sozialwissenschaftliche Handlungstheorien von Psychologen praktisch ignoriert und fehlen somit auch für organisationspsychologische Anwendungen. Dabei muß die stärkere Berücksichtigung des sozialen Moments von Handlungen noch nicht einmal mit dem Verzicht auf experimentelle Methodik erkauft werden. Wie G R A U M A N N (1980, S.28) meint, ist es möglich, Untersuchungspläne so zu modifizieren, daß Versuchspersonen gleichberechtigte Partner im Forschungsprozeß werden und über ihr Situations- und Rollenverständnis berichten können. Dies würde die subjektiven Beweggründe des Untersuchungshandelns zu erkennen geben und zu einem besseren Verständnis ihrer Mittlerfunktion zwischen objektiver Situation und beobachtbarem Verhalten beitragen. Es bleibt abzuwarten, ob die Anregungen G R A U MANNS in konkrete Untersuchungsvorhaben umgesetzt werden. Für organisationspsychologische Forschung ist die Handlungstheorie den (empirischen) Nachweis ihrer Nützlichkeit bisher jedenfalls schuldig geblieben.
Interpersonale Kommunikation Anders als der handlungstheoretische Ansatz setzt ein kommunikationstheoretisches Forschungskonzept von vorne herein bei Erscheinungsformen und Prozessen kooperativer Tätigkeitsvollzüge an. Durch Studien von BATESON ausgelöst ( B A T E S O N , 1951; BATESON et al., 1956), wurde mit diesem Konzept zunächst im psychiatrischen Bereich gearbeitet ( J A C K S O N & YALOM, 1965). Später erwies es sich auch als nützlich, «Pathologien» formal organisierter Zusammenarbeit aufzudecken und eingehende'r zu untersuchen (WATZLAWIK, 1979; PALAZZOLI et al., 1984; K E T S D E VRIES & M I L L E R , 1984; vgl. auch N E U BERGER, 1986; WAHREN, 1986). Vom analytischen
Zugang her gesehen ist der Ansatz systemtheoretisch verankert. Er sucht deshalb weder nach deterministischen noch intentionalistischen Deutungen zwischenmenschlichen Verhaltens. Soziale Gebilde (Familien, Arbeitsgruppen, Institutionen) gelten stattdessen als offene Systeme, die in jedem Augenblick ihres Bestehens sozusagen die beste Erklärung ihrer selbst darstellen. Mit dem Äquifinalitätsprinzip wird begründet, weshalb die Suche nach den Ursachen
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eines bestimmten Systemzustands ebenso in die Irre führen kann wie die Suche nach den Zielen, die einem bestimmten Systemzustand (subjektiven) Sinn verleihen. In offenen Systemen, so dieses Prinzip können gleiche Ursachen mit unterschiedlichen Endzuständen und unterschiedliche Ursachen mit gleichen Endzuständen assoziiert sein. Analytisch relevant seien daher Gegenwartszustände des Systems, analytische Einheiten entsprechend verbale, paraverbale, und/oder motorische Äußerungsformen in aktuellen zwischenmenschlichen Situationen. Soziale Gebilde werden darüber hinaus als selbstregulierend und gleichgewichtssuchend betrachtet. Eine bestimmte «Systemhomöostase», die durch gewachsene und/oder auferlegte Beziehungsregeln definierbar ist, löst dabei ganz bestimmte, «redundante» Kommunikationsmuster aus. Auch kooperative Tätigkeitsvollzüge werden durch Beziehungsregeln gesteuert, die sich - aus welchen Gründen, mit welchen Ergebnissen und in welche Erscheinungsformen auch immer - als funktional (stabilisierend) für gemeinsame Aufgabensituationen erwiesen haben. Eine kommunikationstheoretisch ausgerichtete Organisationspsychologie hätte in erster Linie zu erforschen, welche Beziehungsmuster oder «Spiel»-Regeln für Organisationen typisch sind und welche produktiven oder destruktiven Begleiterscheinungen und Wirkungszusammenhänge diese Regeln aufweisen. Solch ein Forschungsansatz erfordert eine besondere Methodik. Da der Untersuchungsgegenstand Geschichte hat, ist Laborforschung nicht auf ihn anwendbar. Auch klassische Verfahren der Feldforschung (Befragung, Experiment, Interview) sind nur bedingt geeignet uns aussagefähig, insbesondere, wenn sie wenig mehr als Momentaufnahmen des Systemzustands liefern. Die adäquate Methodik läßt sich - im weitesten Sinne als «Aktionsforschung» bezeichnen. Da «Spiele» in Organisationen immer schon in Gang sind und deren Regeln von den Beteiligten allzu oft nicht mehr reflektiert und hinterfragt werden, muß der Forscher selbst Teil des Systems werden, das er untersuchen will. Indem er sich den Systemkräften aussetzt, kann er die (tatsächlichen) Beziehungsregeln aufdecken und verändern. Seine Instrumente hierbei sind vor allem die teilnehmende Beobachtung, die gezielte kommunikative Intervention und das Evaluieren von
7 Interventionseffekten in einem externen Supervisionsteam. Das Supervisionsteam soll dem Forscher vor allem helfen, seine Beobachtungen diagnostisch auszuwerten und eventuelle Vereinnahmungstendenzen des sozialen Systems (z.B. «Koalitionen gegen . . . » einzugehen) zu erkennen. Der Ansatz interpersonaler Kommunikation ist in zweierlei Hinsicht kritisierbar: Die geringe inhaltliche Substanz ist der eine Kritikpunkt, die unzulängliche methodische Fundierung der andere. So tragen systemtheoretische Betrachtungen für sich gesehen noch nichts zur inhaltlichen Entfaltung einer bestimmten Fachdisziplin bei. Systemtheoretisch vorzugehen bedeutet zunächst nur, Phänomenen gegenüber eine bestimmte analytische Perspektive einzunehmen und deren Erforschung an Prinzipien zirkulärer Wirkungsdynamik auszurichten. Ob soziale Realität hierdurch auch psychologisch adäquater abgebildet werden kann, ist nicht automatisch mitimpliziert. Manche Autoren äußern sich diesbezüglich sogar ausgesprochen skeptisch (z.B. ZIEGLER, 1977). Zum einen wird der Behaviorismus des Ansatzes bemängelt, da dieser dazu tendiert, psychische Vorgänge auf Versuch-und-Irrtum-Lernen zu verkürzen. Zum anderen erscheint der analytische Vorteil des Ansatzes empirisch wenig abgesichert. In einschlägigen Publikationen (vgl. WATZLAWIK et al., 1969, 1974) wird die Überlegenheit systemtheoretischer Betrachtungen bevorzugt anektotisch und kasuistisch begründet oder dadurch belegt, daß Erkenntnisse und Befunde anderer Wissenschaftsdisziplinen (Philosophie, Ethologie, Physik, Mathematik) reinterpretiert und verallgemeinert werden. Auf theoriegeleitete Forschung im herkömmlichen Sinn kann der Ansatz nicht zurückgreifen. Auch therapeutisches Datenmaterial ist letztlich ohne Beweiskraft. Was wann wie stark und in welche Richtung wirkt, bleibt unbestimmt. Selbst Vergleichsstudien mit individualtherapeutischen Verfahren sagen wenig aus, da Effekte durch unterschiedliche Analyse-Ebenen (Gruppe vs. Person) nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden können. Das Problem unzureichender methodischer Fundierung ist auch durch Aktionsforschung nur unter Vorbehalt zu lösen. Aktionsforschung darf erst dann als wissenschaftlich probates Vorgehen angesehen werden, wenn Interventionen zumindest teilweise auf empirisch bewährten Wirkungshy-
Müller: Integration organisationspsychologischer Forschung
pothesen beruhen (vgl. M C C L I N T O C K , 1 9 8 4 ) . Solche Wirkungshypothesen müßten jedoch erst noch formuliert und überprüft werden. Damit läuft der Ansatz aber Gefahr, Aktionsforschung für ein Vorgehen zu «besetzen», das oft selbst noch auf Versuch und Irrtum angewiesen ist, um gewünschte Wirkungen zu erzielen. Was die empirische Fundierung betrifft sind hier also ähnliche Defizite feststellbar, wie sie auch der handlungstheoretische Ansatz zu erkennen gibt.
Mehr-Ebenen-Ansatz als integrative Perspektive organisationspsychologischer Forschung Die beschriebenen Ansätze sind nach Meinung dieses Autors nur bedingt geeignet, der Organisationspsychologie ein eigenständiges wissenschaftliches Profil zu verleihen. Auch neuere Publikationen (CUMMINGS, 1 9 8 2 ; STAW, 1 9 8 4 ; KORMAN &
VREDENBURGH,
1984;
SCHNEIDER,
sind diesbezüglich kaum ergiebiger. Konzeptuelle Bemühungen erschöpfen sich zumeist darin, die verschiedenartigsten Problembereiche des Arbeitslebens in Organisationen nach mehr oder weniger pragmatischen Gesichtspunkten zu klassifizieren und die hierzu vorliegenden Untersuchungsbefunde wiederzugeben. Arbeiten mit etwas anspruchsvolleren Zielsetzungen haben eher Seltenheitswert (H. FRANKE, 1 9 7 8 ; GREIF, 1 9 8 3 ; W E I C K , 1 9 8 4 ; NEUBERGER, 1 9 8 7 ) , so daß weitergehende Überlegungen in dieser Richtung lohnend erscheinen. Der im folgenden skizzierte MehrEbenen-Ansatz geht auf konzeptuelle Anregungen von H. FRANKE zurück. Er versucht den Rahmen organisationspsychologischer Forschung etwas genauer abzustecken und deren Gegenstandsbereich zu definieren. Er besitzt im Kern vorerst noch den Status eines Ordnungsversuchs, 1 9 8 5 ; HOUSE & SINGH, 1 9 8 7 )
BEDINGUNGEN
•
UMWELT
•
ORGANISMUS
dessen inhaltliche und methodische Implikationen gleichwohl beispielhaft verdeutlicht werden können.
Grundkonzept H. FRANKES (1978) Überlegungen beruhen auf der Verknüpfung (theoretischer) Vorstellungen von «Organisation» mit individuellem Verhalten und sozialer Interaktion. Auf einer sehr allgemeinen Ebene wird «Organisation» als Einklammerungsprinzip offenen Verhaltens betrachtet, bei dem entsprechend auch organisations/wyc/io/ogische Forschung ansetzen sollte. Abbildung 1 verdeutlicht die Komponenten eines so ausgelegten Grundkonzepts. Mit Ausnahme der Forderung, Verhalten als geordnete Sequenz oder kontingente Abfolge von (Einzel)Aktivitäten zu betrachten, mag das Grundkonzept eher klassisch anmuten. «Bedingungen» und «Auswirkungen» gelten jedoch nicht als notwendige Bestimmungsgrößen eines spezifischen, z.B. linear-kausalen Erklärungsschemas, sondern als frei wähl- und kombinierbare Forschungsparameter. Der Forschungsprozeß selbst ist rekursiv und verläuft quer durch analytisch unterschiedliche Phänomenebenen. Nach FRANKE ist der Aggregierungszustand jeweils interessierender Phänomene nicht per se gegeben, sondern muß im Rahmen empirischer Studien immer erst operational definiert und einem theoretisch übergeordneten Einklammerungsprinzip zugeordnet werden. Diesem Prinzip kommt sodann Erklärungswert für die unter ihm subsumierten Phänomene zu. Physikalische Reize wären z.B. erklärbar durch ihre Organisation als Wahrnehmungsgestalten, Wahrnehmungsgestalten durch ihre Organisation als kognitive Strukturen, kognitive Strukturen durch
ERSCHEINUNGSFORMEN
A
• PSYCHE Abb. 1: Analytisches Grundkonzept
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3
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AUSWIRKUNGEN
• UMWELT • ORGANISMUS • PSYCHE
9
Zeitschrift für Sozialpsychologie 1989, 2-13
ihre Organisation als motivationale Zustände,
dung
motivationale Zustände durch ihre Organisation
rungsprinzipien. Nach empirisch
«innerer»
und
«äußerer»
als sinnvoll interpunktierte Verhaltenssequenzen
Ansicht dieses Autors (vgl. MÜLLER, 1985) ist es
oder Handlungen. A u f welchen Ebenen auch im-
möglich, solch eine Verbindung
mer geforscht wird, stets wäre zu beachten, daß
wenn man annimmt, daß psychische Struktur(ie-
das mit « O r g a n i s a t i o n » Bezeichnete nichts mehr
rungs)mechanismen mit individuellen und ge-
über die Phänomene an sich aussagt, sondern
meinsamen
über die zwischen diesen Phänomenen vermutete
sind und daher - über Gedächtnisspuren und la-
Verhaltensweisen
Einklammebegründeter herzustellen,
rückgekoppelt
« R e l a t i o n » ist gleichzeitig mehr und
tente Sinngebungsvorgänge - mit Regelhaftigkei-
weniger als die Summe von Einzelphänomenen.
ten des interaktiven Geschehens in Wechselwir-
Sie ist mehr, weil sie das M o m e n t nicht-zufälliger
kung stehen (vgl. Abb. 2).
Relation.
Kovariation enthält, sie ist weniger, weil sie das Spezifische einzelner Phänomene nicht mehr zu reproduzieren erlaubt. Bringt man typenlogische
°A(P])
°i(P
r
P
2
)
Besonderheiten analytischer Ebenen durcheinander, können Forschungsanliegen trivial oder uneinlösbar werden. WITTMANN (1985) hat dies für Fragestellungen aus der differentiellen Psychologie sehr eindrucksvoll belegt; es ist zu vermuten, daß auch (organisations)psychologische Handlungsforschung
ein Handicap
in dieser
Richtung besitzt 2 . Bei der sozialen Verhaltens-
Abb. 2: Erweitertes Grundkonzept
organisation erstrecken sich Einklammerungen auf « I n t e r a k t e » oder wechselseitig bedingte A k tivitäten mehrerer Personen. Die Organisation von Interakten drückt sich in Regelhaftigkeiten des
Kommunizierens
aus
(Synchronisations-
modi, «switching pauses», Alternierungsrhythmen). Werden Interakte zum Forschungsgegenstand gemacht, können sie wegen ihres Aggregierungszustands - und dies ist besonders für psychologische Untersuchungen wichtig - nicht in Termini
individuellen
Verhaltens
beschrieben
werden.
Interakte würden danach wenigstens zwei psychisch relevante Klassen von Ereignissen besitzen: Ereignisse der ersten A r t wären die jeweils selbst produzierten Aktivitäten. Diese sind entweder bereits organisiert, wenn sie zu gewohnten oder « b e w ä h r t e n » Verhaltenssequenzen
gehö-
ren, oder müssen erst noch organisiert werden, wenn sie anders verlaufen als geplant oder unvermutet «Fehlleistungen»
aufweisen.
Ereignisse
der zweiten A r t sind die Reaktionen des Partners. Neben ihrem Informationswert für individuelle Handlungsziele besitzen sie als zusätzlichen In-
Konzeptuelle Erweiterung Die hier vorgenommene Erweiterung betrifft die von H . FRANKE selbst nicht explizierte Verbin2 Anhand von Strategien zur Kriterienvalidierung eines Persönlichkeitstests zeigt WITTMANN (p. 61 ff.), daß Prädiktorund Kriteriumsmessungen oft auf unterschiedlichen Konstruktebenen angesiedelt sind (molar versus molekular) und daher zu Ergebnissen führen, die keine faire Prüfung der wahren Güte eines Testinstruments zulassen. Dieses auch empirisch fundierte Argument unterstreicht, was die Theorie logischer Typen zur Unmöglichkeit einer Isomorphic von «Klasse» (molares Konstrukt) und «Element» (molekulares Konstrukt) postuliert. Konzeptuelle Analogien zwischen Phänomenen unterschiedlicher Konstruktebenen (Kognition - Handlung - Kommunikation, z.B. bei v. CRANACH et al., 1986) müssen danach als äußerst problematisch eingestuft werden.
formationsgehalt die wahrgenommene Kontingenz oder nicht-zufälligen Bedingtheit wechselseitiger Aktivitäten (i[Pi,P2]). Wahrgenommene Kontingenzen wären, wenn man so will, als Vorstellungen über « r i t u e l l e » M o m e n t e gemeinsamer Situationen organisiert. Ihnen lägen subjektiv interpunktierte Sequenzen von Interakten zugrunde, welche die von außen beobachtbaren Umgangsformen im allgemeinen jedoch nur unvollständig widerspiegeln. A l s innere Abbilder sozialer Kopplung können sie gleichwohl konsensfähig sein und dazu beitragen, daß produktive Formen der Zusammenarbeit entstehen oder aufrecht erhalten werden. I m Entwurf einer sozialen Handlungstheorie hat NEUBERGER (1987) kürzlich herausgearbeitet,
10 welche Komponenten sozialer Kopplung für formal organisierte Zusammenarbeit berücksichtigt werden müßten. Es sind dies auf individueller Ebene Subjekt- oder selbstspezifische Merkmale (Verwirklichungsmerkmale), Merkmale kognitiver sozialer Typisierung (Erwartungsmerkmale) und Merkmale aufgaben- oder projektbezogener Reflexion (Anforderungsmerkmale). Auf interaktiver Ebene kommen die jeweiligen Aushandlungs-«Räume» der Kooperierenden hinzu (gemeinsame Interessenssphären und Problemansichten), auf institutionelle Ebene alle Prozeduren und Steuerungsmechanismen, die ein «Gleichzeitighandeln» vieler Personen möglich machen. Obwohl alle Ebenen im Prinzip organisationspsychologisch beforscht werden können, würden nach Meinung dieses Autors nur die ersten beiden Ebenen zum eigentlichen Gegenstandsbereich der Organisationspsychologie gehören.
Implikationen Der skizzierte Ansatz eröffnet drei Schwerpunktbereiche organiationspsychologischer Forschung. Grundwissenschaftliche Forschung hätte in erster Linie Regelhaftigkeiten kommunikativer Ausgestaltung sozialer (Aufgaben)Situationen zu erkunden und psychologisch zu erklären. Ausgangspunkt hierfür könnte es sein, isolierte Wissensbestände über psychische Funktionen (Wahrnehmung, Motivation/Emotion, Kognition) zu verbinden und plausible Modelle des Einklammerns und Ausgrenzens von Reizen sozialdimensionierter Tätigkeitsanforderungen zu entwerfen. Bei Fragen sozialer Verhaltensorganisation ginge es im weiteren darum, fundamentale Interaktionsroutinen aufzudecken und in adäquate Begrifflichkeiten zu fassen. Angewandte Forschung müßte sodann eingehender erkunden, welche kommunikativen Besonderheiten verschiedene Aufgabenkontexte besitzen und wie die Zusammenarbeit in unterschiedlichen Kontexten formaler Organisation geregelt ist und psychisch erfahren wird. Praxeologische Forschung schließlich hätte Interaktionsroutinen noch differenzierter aufzuschlüsseln, in Interventionstechniken (Trainings, Kontextgestaltung) umzusetzen und deren Effekte empirisch zu kontrollieren.
Müller: Integration organisationspsychologischer Forschung
Dazu ein Beispiel: Mit spektralanalytischen Methoden konnte u.a. nachgewiesen werden, daß Kommunikationsakte (Sprechen/Schweigen, vgl. HAYS & COBB, 1976, prosoziale Gesten, vgl.
typische Alternierungsrhythmen aufweisen. Der hierbei festgestellte Grundrhythmus, «cyclicity», wäre den obigen Überlegungen zufolge als allgemeines Organisationsprinzip sozialer Interaktion interpretierbar. Konkrete Ausformungen dieses Prinzips sollten spezifische Kontextbezüge aufweisen. Im betrieblichen Bereich etwa tritt es u.a. so in Erscheinung, daß sich zwischen Führungskräften und einzelnen Mitarbeitern ganz bestimmte Kommunikationsmuster einschleifen. Wie GRAEN & SCHIEMAN (1978) in diesem Zusammenhang feststellten, sind Interaktionen mit einem Teil der Mitarbeiter eher durch Formen aktiver Zuwendung (wechselseitige Unterstützung), mit einem anderen Teil eher durch Formen selektiver Kontakte (Berichten, Kontrollieren) strukturiert. Für praxeologische Forschungsanliegen wären hier weitere Differenzierungen erforderlich. Sollen Interaktionen durch psychologische Maßnahmen effektiviert werden, müssen sie bis hin zu einzelbetrieblichen Besonderheiten aufgeschlüsselt und durch alltägliche Kommunikationsmuster beschrieben werden. Entsprechend problemnah müßten dann auch empirische Wirkungsanalysen ausgelegt sein (vgl. MÜLLER et al., GOTTMAN, 1979)
1987).
Das Beispiel enthält bereits Hinweise auf ein angemessenes Forschungsinstrumentarium. Da Untersuchungen am Verhalten in sozialen Aufgabensituationen ansetzen, gibt es zunächst natürliche Prioritäten für systematische Beobachtungsverfahren und längsschnitthafte Datenerhebungen und Auswertungsmethoden. Interaktionsanalytische Verfahren, wie sie DUNCAN & FISKE (1977) vorschlagen oder von GOTTMAN (1981) diskutiert werden, stellen eine Konsequenz des Ansatzes dar. Eine zweite Konsequenz kann als Mehr-Ebenen-Analyse bezeichnet werden. Da es organisationspsychologische Untersuchungen mit unterschiedlichen Aggregationsebenen zu tun haben (interpersonal-individuellintrapersonal), müssen deren Variablen theoretisch, operational und statistisch entsprechend sensitiv gehandhabt werden. Geeignete Methoden hierfür haben u.a. DANSEREAU et al. (1984) entwickelt und auch zur Analyse von Erschei-
11
Zeitschrift für Sozialpsychologie 1989, 2-13
nungsformen formal organisierter Zusammenarbeit (Führung, Austausch) eingesetzt. Eine dritte Konsequenz des Ansatzes ist die Aufdeckung latenter Sinnstrukturen kooperativer Verhaltensweisen und Aufgabensituationen sowie deren Stabilität und Veränderung. Untersuchungen ließen sich hier am ehesten noch durch die von G R A U M A N N (1980) vorgeschlagene Kombination aus bedingungsanalytischen (experimentellem) und verweisungsanalytischem (qualitativ-diagnostischem) Vorgehen anleiten. Aussagefähige Daten können dabei von Befragungsreaktionen über «stehende Redewendungen» und wiederkehrende Kommunikationsinhalte bis hin zu logographisch ausgewerteten Äußerungesformen reichen.
Konzeptuelle Einbettung
Abschließend soll kurz beleuchtet werden, wie der Mehr-Ebenen-Ansatz einzuordnen ist. Vom Konzept organisationspsychologischer Basisbeziehung hebt er sich dadurch ab, daß er zur eigenen Legitimierung nicht so tun muß, als wäre «Organisation» ein quasi objektivierbarer Zustand, der über physikalische und soziale Gegebenheiten betrieblicher Zusammenarbeit hinausreicht. Beide Ansätze treffen sich bei Forschungsthemen wie «Führung», «Kommunikation» oder «Gruppenleistung», zur empirischen Untersuchung solcher Themen gibt es jedoch wiederum Unterschiede. Da «Organisation» auch als etwas betrachtet wird, das sich in und durch soziale Interaktion ausdrückt, bleibt der Gegenstandsbereich organisationspsychologischer Forschung nicht auf betriebliche Zusammenarbeit beschränkt. Er kann in letzter Konsequenz überall dort gefunden werden, wo mehrere Personen über längere Zeit hinweg gemeinsame Aufgaben bewältigen oder Arbeitsprojekte durchführen. Dem kognitionstheoretischen Konzept stellt der skizzierte Ansatz eine explizit verhaltensorientierte Forschungsperspektive gegenüber. Sein Gegenstandsbereich umfaßt soziale Aufgabenkontexte und deren kognitionspsychologische Besonderheiten. Er läuft auf das von W E I C K ( 1 9 8 4 ) postulierte Aushandeln innerer Aufgaben-Abbilder hinaus, engt dieses jedoch nicht auf sachthematische Vorstellungen ein. So kann sich ein Aushandeln z.B. auch auf
sozialtypologische Vorstellungen oder Abbilder interaktiver Kopplung erstrecken. Zum handlungstheoretischen Ansatz bestehen Parallelen insofern, als angenommen wird, daß individuelles (Arbeits)Verhalten subjektiv organisiert bzw. sinnhaft strukturiert ist oder wird. Für kooperatives Verhalten legt der Ansatz jedoch gewisse Erweiterungen nahe. Insbesondere verweist er auf typenlogische Besonderheiten verschiedener Ebenen der Handlungsregulation und warnt vor verkürzten Isomorphismen bei der Erklärung latenter Prozesse und offener (Re)Aktionen. Das Verhältnis zum kommunikationstheoretischen Ansatz gleicht dem Verhältnis von subjektivistischen zu behavioristischen Ansätzen sozialer Interaktion. Daß sich Formen sozialer Verhaltensorganisation relativ autonom entwickeln und einschleifen, muß nicht bedeuten, daß Personen nun auch Opfer eines nicht mehr kontrollier- und veränderbaren Regelautomatismus sind. Der Mehr-Ebenen-Ansatz deutet Möglichkeiten an, intra- und interpersonale Betrachtungsebenen zu verknüpfen und Untersuchungsanliegen gegebenenfalls bis ins Individuum hinein zu verlängern. Er bestimmt hierdurch auch die Grenzen organisationspsychologischer Forschung, indem er solche Formen organisierter Zusammenarbeit akzentuiert, die sich Personen durch konkretes Handeln erschließen können.
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Klauer: Halo und Dominanz
Untersuchungen zur Robustheit von Zuschreibungs-mal-BewertungsModellen: Die Bedeutung von Halo-Effekten und Dominanz1 KARL CHRISTOPH KLAUER Freie Universität Berlin
Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modelle werden in vielen Varianten zur Beschreibung von Präferenz- und Verhaltensabsichtsurteilen mit im allgemeinen befriedigendem Beschreibungserfolg eingesetzt. Es ist aber wahrscheinlich, daß Faktoren wie Halo-Fehler und der Dominanz-Aspekt zu überhöhten Anpassungsgüten der Modelle führen können unabhängig davon, ob die zugrundeliegenden Urteilsprozesse durch ein Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modell korrekt beschrieben sind. Der vorliegende Beitrag erläutert die Schwierigkeiten, die die empirische Prüfung dieser an sich naheliegenden Annahme bereiten und präsentiert Analysen auf der Grundlage eigener und fremder Daten, die diese Schwierigkeiten umgehen und die Bedeutung von Halo-Effekten und des Dominanz-Aspekts für die Robustheit von Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modellen zu bewerten gestatten.
Attribution x evaluation models are used in several versions and with satisfactory results in order to describe judgments of preference and behavioral intentions. It is likely, however, that factors such as halo bias and dominance can give rise to inflated goodness-of-fit independently of whether an attribution x evaluation model correctly describes the processes underlying the judgments. The paper discusses the difficulties encountered in testing this simple assumption and presents analyses that avoid such difficulties and permit one to evaluate empirically the importance of halo bias and dominance for the robustness of attribution x evaluation models.
Unter dem Halo-Fehler versteht man traditionell das Phänomen, daß Ratingurteile einer Person zu verschiedenen Dimensionen oft höher interkorrelieren als aufgrund objektiver Richtlinien zu erwarten gewesen wäre (THORNDIKE, 1920; KOLTUV, 1962; COOPER, 1981). Allgemeiner läßt sich der Halo-Effekt fassen als Urteilstendenz, nach der positiv bewerteten Objekten positiv bewertete Eigenschaften unter sonst gleichen Bedingungen stärker zugeschrieben werden als negative Eigenschaften, und nach der negativ bewerteten Objekten negativ bewertete Eigenschaften unter sonst gleichen Bedingungen stärker zugeschrieben werden als positive Eigenschaften (KOLTUV, 1962; NISBETT & WILSON, 1977). Erklärungen für den Halo-Effekt lassen sich aus konsistenztheoretischen Ansätzen ableiten, ergeben sich aber auch aus der kognitiv orientierten «systematic distortion» Hypothese (SHWEDER und D'ANDRADE, 1980) oder der Hypothese geänderter Wahrnehmungen (NISBETT & WILSON, 1977).
Ein einfaches Informationsverarbeitungsmodell zur Erklärung von Halo-Fehlern wird von KLAUER (1988a) vorgestellt und geprüft. Auf der Grundlage eines formalen Modells für Richtung und Ausmaß des Halo-Fehlers in Urteilen soll die Bedeutung von Halo-Effekten für den Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Ansatz zunächst theoretisch begründet werden. Es zeigt sich, daß Halo-Effekte die Anpassungsgüte von Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Ansätzen in zirkulärer Weise heraufsetzen können. Die empirische Beurteilung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die boebachteten Anpassungsgüten in zirkulärer Weise überhöht sind, ist überraschend schwierig. Zur Beantwortung der Frage ist genauere Information über Form und Beitrag des Halo-Effekts in einzelnen Urteilen einzelner Versuchspersonen vonnöten. Zwar lassen sich HaloEffekte und verwandte Urteilstendenzen mithilfe von Experimenten relativ eindeutig nachweisen, in denen derselbe Stimulus unter verschiedener affektiv valenter, aber deskriptiv undiagnostischer Vor- oder Zusatzinformation zu beurteilen
1 Die vorliegende Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft durch Projekt Fe 75/17-3 gefördert. Ich danke den Herren .Prof. Dr. Hubert FEGER, Dr. Paul DOHMEN und Dr. Jörg DOLL für die freundliche Überlassung von Datensätzen.
i s t (NISBETT & WILSON, 1 9 7 7 ; D I O N , 1 9 7 2 ; DION e t a l . , 1 9 7 2 ; LANDY & SIGALL, 1 9 7 4 ; GOLDMAN e t al.,
1 9 8 3 ; LORD e t a l . ,
1 9 7 9 ; VAN ROOIJEN
&
Zeitschrift für Sozialpsychologie 1989, 14-26
15
et al., 1981). Genauere Informationen über solche Gruppenunterschiede hinaus zu erhalten, ist wegen fehlender Referenzwerte für das «halofreie» Urteil einer Versuchsperson im allgemeinen jedoch nicht möglich. Vorgeschlagene Lösungen sind, wie auszuführen sein wird, durch fragwürdige Annahmen über diese halofreien Referenzwerte belastet, die die einschlägigen empirischen Studien invalidieren (vgl. DOLL, 1 9 8 8 ) . Nach diesen vorbereitenden Bemerkungen sollen verschiedene Analysen auf der Grundlage fremder und eigener Untersuchungen vorgestellt werden, die die angedeuteten Probleme umgehend aus unterschiedlichen Perspektiven die empirische Frage der Bedeutung von Halo-Effekten für Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modelle zu bewerten gestatten. VLAANDER, 1983; WETZEL
1. Halo-Effekte und der Zuschreibungs-malBewertungs-Ansatz
wertungen abhängt, X ist dabei eine Skalenkonstante. Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Ansätze sind in verschiedenen Varianten und unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt (Produktsummenmodelle, multiattributive Modelle, SEU-Modelle, Erwartungs-mal-Wert Modelle). Es gibt Eigenschaften-Varianten (SMITH, 1949; FISHBEIN & HUNTER, 1964) sowie Ergebnis-Varianten (ROSENBERG, 1956; AJZEN & FISHBEIN, 1980). Jenach theoretischer Orientierung können an die Stelle von Zuschreibungsurteilen Urteile zu Instrumentalitäten, subjektiven Wahrscheinlichkeiten, Attributausprägungen und ähnliches treten. Einen Überblick gibt DOLL (1987). Formal besagt der Ansatz, daß die Objektbewertung oder -Präferenz linear oder monoton mit der Produktsumme von Dimensionsbewertungen und Zuschreibungen zusammenhängt: P0~
£
boxex.
2
X
Um die Bedeutung des Halo-Effekts für den Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Ansatz begründen zu können, soll ein Modell für die Form des Halo-Fehlers in Ratingurteilen beschrieben werden, das den Beitrag affektiver Verzerrungen in ersten Prüfungen gut beschreiben konnte und sich gegen verschiedene Alternativmodelle durchsetzte (KLAUER, 1988a). Dafür bezeichne box das von einer Versuchsperson für die Zuschreibung einer Dimension x zu einem Objekt o abgegebene Rating, e x die Bewertung der Dimension x , P 0 die Bewertung oder Präferenz für das Objekt o. Halo-Fehler führen dazu, daß das Urteil box gegenüber hypothetisch «halofreien» Urteilen ßox überhöht ist, wenn Dimension und Objekt vorzeichenkonsistent bewertet werden, e x P 0 > 0, und erniedrigt ist, wenn Dimension und Objekt vom Vorzeichen her in der Bewertung nicht übereinstimmen, e x P 0 < 0. Diese Verzerrung soll umso stärker ausfallen - so das Modell - , je polarisierter die fraglichen Bewertungen sind: box
=
ßox
+
texPo-
1
Die Urteile setzen sich also aus einem halofreien Urteil und einem Halo-Beitrag zusammen, der von Richtung und Stärke der eingehenden Be-
Traditionell gelten Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modelle als Indikatoren für einen Zusammenhang von kognitivem und affektivem System (MCGUIRE, 1985, S. 250). Danach ergibt sich die Gesamtbewertung des Objekts aus dimensionsweise verrechneten Beiträgen, jede Dimension trägt zur Gesamtbewertung in dem Maße bei, in dem sie dem fraglichen Objekt zugeordnet wird. Berücksichtigt man, daß die Zuschreibungsurteile nach dem Halo-Modell selber von der Gesamtbewertung abhängen, so zeigt Einsetzen von Gleichung 1 für die Zuschreibungen in den Produktsummenansatz, daß sich die Halo-Fehler nicht wie unsystematische Fehler gegenseitig eliminieren, sondern sich geradezu akkumulieren: V
boxex = \ \ ( ß
o x
+ \exPQ)ex 3
= ^ßoxex + Danach setzt sich die Produktsumme aus dem halofreien Term l . ß o x e x und einem F e h l e r t e r m zusammen. In diesem sind die Verzerrungen X e x P 0 systematisch akkumuliert; man beachte: Stets ist e2x > 0, der Faktor Le? wird also bei der Summation stets vergrößert. Damit erscheinen Zuschrei-
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Klauer: Halo und Dominanz
bungs-mal-Bewertungs-Modelle besonders anfällig für affektive Einflüsse auf kognitive Urteile. Da der Fehlerterm selber eine lineare Funktion der Objektbewertung ist, kann eine beobachtete hohe Anpassungsgüte in zirkulärer Weise auf Halo-Fehler in den Urteilen zurückgehen.
2. Frühere empirische Studien Es gibt besonders im Bereich der Marktforschung einige Untersuchungen, die das Ausmaß zu bewerten trachten, in dem affektive Verzerrungen die Anpassung von Zuschreibungs-malBewertungs-Modellen erhöhen (HOLBROOK & H U B E R , 1 9 7 9 ; WILKIE e t a l . , 1 9 7 4 ; B E C K W I T H & L E H M A N , 1 9 7 5 ; M O O R E & JAMES, 1 9 7 8 ; JAMES &
Diese Studien wurden von DOLL ( 1 9 8 8 ) im Detail diskutiert, so daß wir uns hier darauf beschränken können, das Grundproblem der Ansätze herauszuarbeiten. CARTER, 1 9 7 8 ; H U B E R & JAMES, 1 9 7 8 ) .
Alle Studien gehen implizit oder explizit von einem Modell für den Halo-Fehler aus, das wie das Modell von Gleichung 1 ein halofreies Urteil und einen Halo-Fehler-Anteil unterscheidet: Uox = ßox + Halo-Fehler
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Unterschiedliche Zusatzannahmen erlauben die Schätzung des halofreien, «wahren»Urteils, ßoxEine Reduktion in der Anpassungsgüte eines Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modells bei Verwendung der geschätzten wahren Urteile wird dann auf den Beitrag des Halo-Fehlers zurückgeführt. Für die interne Validität der Studien ist entscheidend, daß die verwendete Methode der Schätzung der waren Urteile die halofreien Urteile tatsächlich annähert. Andernfalls wäre eine erniedrigte Anpassungsgüte bereits aufgrund der fehlerhaften Schätzmethode zu erwarten und für die Bewertung des Beitrags des Halo-Effekts irrelevant. Gerade in diesem Punkt sind die vorgeschlagenen Schätzungen der wahren Urteile aber angreifbar. In den Untersuchungen von B E C K W I T H &
LEHMAN
(1975),
MOORE
&
JAMES
(1978),
werden als wahre Werte einer Versuchsperson z.B. die über die Versuchspersonen gemittelten Zuschreibungsurteile einJAMES & CARTER ( 1 9 7 8 )
gesetzt. Danach dürften sich Versuchspersonen in ihren halofreien Urteilen nicht unterscheiden, alle Unterschiede in den Ratingurteilen gingen ausschließlich auf Halo-Fehler und unsystematische Zufallsfehler zurück. Im wesentlichen die gleiche Annahme treffen H U B E R & JAMES ( 1 9 7 8 ) , die objektive Dimensionen (Temperatur, Größe, etc.) beurteilen lassen und als wahre Urteile lineare Transformationen der physikalischen Meßwerte einsetzen. Bekanntlich können sich Versuchspersonen aber in ihren Beurteilungen und Wahrnehmungen auch objektiver Sachverhalte aufgrund unterschiedlichen Vorwissens und Erfahrungen anders als nur durch HaloEffekte reliabel unterscheiden. Anders gewendet, «Halo-Fehler ist nicht die Tatsache, daß sich Versuchspersonen in ihren Urteilen unterscheiden» (FEGER, persönliche Mitteilung). Ähnlich problematisch ist der Ansatz von HOLBROOK & H U B E R ( 1 9 7 9 ) , die als wahre Urteile die Residuen ansetzen, die sich ergeben, wenn die Objektpräferenzen aus den Zuschreibungsurteilen herauspartialisiert werden. Das impliziert, daß halofreie Urteile nicht mit der Präferenz korrelieren dürfen, eine ebenfalls unplausible Annahme, denn oft besitzen stark bevorzugte Objekte auch bei der Anlegung streng sachlicher Maßstäbe hohe Ausprägungen oder Zuordnungen von positiven Attributen und wenig präferierte Objekte geringe Ausprägungen bzw. Zuordnungen, so daß Korrelationen zwischen Zuschreibungen und Präferenz keineswegs nur auf Halo-Fehler zurückgehen müssen. Zusammenfassend ist die empirische Bewertung der an und für sich naheliegenden Annahme, daß Halo-Effekte zum Teil für die Anpassungsgüte von Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modellen verantwortlich sind, schwierig. Das Problem besteht darin, daß für die hypothetischen und subjektiven halofreien Urteile im allgemeinen keine verbindlichen Referenzwerte operationalisiert werden können, die den HaloFehler in konkreten Urteilen zu isolieren erlauben. Vorgeschlagene Referenzwerte beruhen wie ausgeführt auf unplausiblen Annahmen, die die Interpretation der erzielten Ergebnisse in Frage stellen.
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Zeitschrift für Sozialpsychologie 1989, 14-26
3. Eigene Analysen Halo-Effekte im Sinne von Gleichung 1 führen zu vereinfachter Struktur der Zuschreibungsurteile. Die Zuschreibungsurteile sind danach durch einen Beitrag, XexP0, überlagert, der eindimensional mit der Objektpräferenz, P0, kovariiert. Im Extrem resultiert eine einfaktorielle Zuschreibungsstruktur mit der Präferenz als Generalfaktor, die auf der ordinalen Beschreibungsebene durch den Dominanzaspekt gekennzeichnet ist. Zwei Objekte stehen in der Dominanzbeziehung, wenn das eine Objekt auf allen positiv bewerteten Dimensionen wenigstens nicht niedrigere Zuschreibungen als das andere besitzt und auf allen negativ bewerteten Dimensionen wenigstens nicht höhere Zuschreibungen als das andere besitzt. Auch unabhängig von Halo-Fehlern kann eine Einstellungsstruktur durch den Dominanzaspekt geprägt sein und damit zu einer vereinfachten, tendenziell eindimensionalen Struktur beitragen. Nach Gleichung 3 ist hohe deskriptive Validität in solchen Strukturen, die durch die Präferenz selber und den Dominanzaspekt gekennzeichnet sind, in zirkulärer Weise für Zuschreibungs-malBewertungs-Modelle wie im übrigen auch für andere Modelle mit ganz anderen inhaltlichen Implikationen zu erwarten. Dieser Analyse entsprechend soll die Fragestellung in drei Unterpunkte aufgelöst werden. Im vierten Abschnitt prüfen wir, 1) ob erhobene Zuschreibungsstrukturen die beschriebene vereinfachte Struktur aufweisen, in der Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modelle trivialerweise hohe Anpassungsgüten erzielen. Danach werden im fünften Abschnitt spezielle Studien reanalysiert, die zu prüfen erlauben, ob solche vereinfachten Strukturen auch durch Halo-Effekte vermittelt sind, d.h., 2) ob deutliche Halo-Effekte im Sinne von Gleichung 1 in konkreten Zuschreibungsstrukturen nachgewiesen werden können. In einem eigenen Experiment im sechsten Abschnitt wird schließlich geprüft, ob der Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Ansatz nicht nur trivialerweise in einfachen Zuschreibungsstrukturen, die durch den Dominanzaspekt geprägt sind, hohe Anpassungsgüten erzielt, sondern
3) ob der Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Ansatz auch in komplizierteren Strukturen, in denen die Dimensionen tendenziell unabhängig beurteilt werden, hohe Anpassungsgüten erzielt. Positive Antworten auf die ersten beiden Fragen würden zeigen, daß Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modelle in der üblichen Untersuchungssituation aufgrund einfacher Zuschreibungsstrukturen trivialerweise hohe Anpassungsgüten erzielen können, ohne eine psychologische Grundlage besitzen zu müssen, und daß HaloEffekte für diese Robustheit eine Rolle spielen. Die dritte Fragestellung widmet sich darüber hinaus der noch offenen Frage, ob Zuschreibungsmal-Bewertungs-Ansätze ausschließlich aufgrund der vereinfachten Zuschreibungsstrukturen, oder aber auch in komplizierteren Strukturen, die eine nichttriviale Prüfung zulassen, hohe Anpassungsgüten erzielen. 4. Reanalysen mit dem Generalfaktormodell Nach dem beschriebenen Modell für den HaloFehler sind die Zuschreibungen durch einen Faktor überlagert, der mit der globalen Präferenz kovariiert. Diese Tendenz kann durch einfach strukturierte Objektmengen noch akzentuiert werden, wenn nämlich viele Objekte in der Dominanzbeziehung stehen. Die Bedeutung beider Aspekte für einen gegebenen Datensatz läßt sich beurteilen, indem geprüft wird, ob und wie stark die varianzstärkste Hauptkomponente der Zuschreibungsstruktur, aus den Interkorrelationen zwischen Komponenten extrahiert, selber mit der globalen Präferenz kovariiert. Zur Reanalyse ziehen wir die Berufsbereichsuntersuchung von FEGER & DOHMEN ( 1 9 8 4 ) heran. In dieser Untersuchung beurteilten Psychologiestudenten mehrere psychologische Tätigkeitsbereiche (z.B. Marktforschung, Erziehungsberatung) hinsichtlich verschiedener Komponenten. Der erste aus den Zuschreibungen einer Versuchsperson extrahierte Faktor erklärt jeweils zwischen 30 und 50 Prozent der Varianz. Tabelle 1 gibt die ^-Korrelationen für ein Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modell der Präferenzen für die Tätigkeitsfelder nach FEGER & DOHMEN und die ^-Korrelationen der Faktorenwerte mit den Präferenzen wieder.
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Klauer: Halo und Dominanz
Tab. 1: Anpassungsgüte ((12) für das Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modell und ein Generalfaktormodell der globalen Präferenz. Versuchsperson
Zuschreibungs-malBewertungs-Modell
Generalfaktor
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
.974 .989 .919 .890 .977 .979 .785 .880 .961 .592 .944
.967 .977 .968 .896 .888 .947 .406 .869 .943 .617 .966
Mittel
.899
.858
Für die Präferenz ergibt sich kein signifikanter Unterschied zwischen Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modell und dem auf der varianzstärksten Hauptkomponente beruhenden Generalfaktormodell (WILCOXON-Text für abhängige Stichproben 7"= 23, p=.201). Mit demselben Verfahren wurden Daten von DOLL (1987) zu Psychologie- und Kunsthochschulveranstaltungen reanalysiert. Das Muster der Ergebnisse ist dem vorliegenden parallel. Das «Generalfaktormodell», nach dem die faktorielle Struktur der Zuschreibungen durch die globale Präferenz selber geprägt ist, beschreibt die Präferenzurteile ebenso gut wie das Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modell und liefert damit eine einfache Erklärung für die deskriptive Validität des Zuschreibungs-mal-Bewertungs-Modells. Ein Generalfaktor, der mit der Präferenz kovariiert, kann bei starken Halo-Effekten und durch Dominanz geprägten Zuschreibungsstrukturen erwartet werden.
5. Reanalysen von Studien mit vorgegebenen Zuschreibungen Der Nachweis von Halo-Fehlern in konkreten Urteilen ist wegen fehlender Referenzwerte zu halofreien Urteilen schwierig. In den Untersuchung e n v o n DOHMEN & DOLL ( 1 9 8 4 ) u n d D O H M E N &
liegt hierfür aber eine günstige Situation vor. Bei diesen Untersuchungen waren die Einstellungsobjekte fiktive Objekte, die vom Versuchsleiter durch vorgegebene Zuordnungen (vorhanden/nicht vorhanden) bestimmter EiFEGER ( 1 9 8 4 )
genschaften, bzw. Komponenten definiert waren. Diese Zuordnungen sollten von den Versuchspersonen gelernt werden. Nach erfolgreichem Lerndurchgang wurden dann unter anderem Zuschreibungsurteile auf einer Skala von 1 = «gar nicht typisch» bis 21 = «ausserordentlich typisch» erhoben. Eine dichotome Zuschreibungsstruktur war demnach vorgegeben, während die Zuschreibungsratings auf einer feiner abgestuften Skala abzugeben waren. Bei der Untersuchung von D O H M E N und FEGER wurden zwei Gruppen von 10 bzw. 11 Studenten untersucht. Einstellungsobjekte waren acht fiktive Länder, die im ersten Durchgang durch Zuordnung von 12 bzw. 10, im zweiten Durchgang von 20 bzw. 15 Komponenten gekennzeichnet waren. Insgesamt ergeben sich vier Versuchsbedingungen Gruppe 1 Gruppe 2
Durchgang Durchgang Durchgang Durchgang
1 2 1 2
Die Zuschreibungen b0x einer Komponente x zu einem Objekt o werden in jeder Bedingung zweimal erhoben. Bei der Untersuchung von DOHMEN und DOLL wurden zwei Gruppen von jeweils 10 Versuchspersonen untersucht. Einstellungsobjekte waren sechs fiktive Personen (Gruppe 1) bzw. Politiker (Gruppe 2), die im ersten Durchgang durch neun, im zweiten Durchgang durch 19 Komponenten charakterisiert waren. Auch hier liegen also vier Bedingungen vor, für die die Zuschreibungen je zweimal erhoben wurden. Diese Replikationen ermöglichen die Prüfung eines Halo-Modells als allgemeines lineares Modell auf Versuchpersonenebene, wie im folgenden dargestellt werden soll. 5.1 Formulierung eines
Halo-Modells
Als erster Faktor soll das vom Versuchsleiter vorgegebene Design, nach dem bestimmte Komponenten einem Objekt zugeordnet waren oder nicht, berücksichtigt werden. Dazu bezeichne k die Replikation, k=1,2, n den Gesamtmittelwert, i/o, di die Effekte für den Designfaktor. Wird in den Ratings lediglich das gelernte Design ausgedrückt, so sollten die Urteile, 60Xk, dem folgenden Modell genügen:
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boxk
=
Ii
i/o
falls Komponente x Objekt o nicht zugeordnet war
d\
falls Komponente x Objekt o zugeordnet war
+
Kompakter schreiben wir: boxk
=
n + di(o,
x>,
wo i(o, x) =
C
0 falls keine Zuordnung o-x
t.
1 falls Zuordnung o-x bestand.
Zusätzlich soll dieses Basismodell komponentenkonditional angelegt werden, um Gewichtungseffekten Rechnung zu tragen, die sich in Abhängigkeit von der Relevanz oder Wichtigkeit einer Komponente in insgesamt weniger oder mehr extremen Urteilen ausdrücken. In der Politikerstudie (DOHMEN & DOLL, 1 9 8 4 ) z.B. fiel der Range von Zuschreibungsurteilen zur Komponente «Erleichterung von Wehrdienstverweigerung» extrem aus, während er für die Komponente «baldige Aufnahme Spaniens in die EG» stark eingeschränkt war. Als Grundmodell dient demnach: boxk = Hx + dxi(o.x)
Modell 1
Für jede Komponente x werden also unterschiedliche Designeffekte dx zugelassen. Zusätzliche Halo-Fehler sollten sich nach dem vorgestellten Halo-Modell mithilfe der globalen Präferenzurteile als Kovariate isolieren lassen: boxk
=
fix
+
dxi(o.x)
+
OixPo-
Der Parameter a x kann und soll von Komponente zu Komponente verschieden ausfallen. Ein technisches Problem zwingt zu einer weiteren Verfeinerung. Innerhalb jeder Komponente verteilen sich die Zuschreibungen auf zwei verschiedenen Niveaus: Einem sehr hohen für designmäßig vorgesehene und gelernte Zuordnungen und einem sehr niedrigen für designmäßig nicht angelegte Zuordnungen. Auf dem ersten Niveau wird ein etwaiger konsistenztheoretischer Bias durch einen Deckeneffekt, auf dem zweiten Niveau durch einen Bodeneffekt abgeschnitten. Das Problem wird beseitigt, indem für jedes Niveau i(o, x) der Parameter a x getrennt angesetzt wird. Das zweite geprüfte Modell lautet demnach:
boxk = iix + dxi(o.x) + oixi(o,x)Po•
Modell 2
Schließlich sind Einflüße darüber hinausgehender impliziter Theorien für den Objektbereich (SHWEDER & D'ANDRADE, 1979) denkbar. Sie sollten sich als Interaktionen, yox, zwischen Komponenten* und Objektfaktor äußern. Das dritte geprüfte Modell, das alle systematische Varianz erfassen muß, lautet also: boxk = Hx +