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German Pages 178 Year 1978
WALTER LEISNER
Wertzuwachshesteuerung und Eigentum
Schriften zum Steuerrecht Band 19
Wertzuwachs besteuerung und Eigentum Zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Leistungst"igentum
Von
Prof. Dr. Walter Leisuer
DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
@ 1978 Duncker &: Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1878 bei Buchdruckerei A. Saytfaerth - E. L. Krohn, Berlin 61
Printed in Germany ISBN 3 428 0010 7
Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung ........................................................
9
A. Geltendes Recht und Reformvorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer ............................................................
17
I. Die Bodenwertzuwachsbesteuerung nach geltendem Recht ......
17
1. Die Besteuerung des Haushaltsvermögens -
die Spekulationsfrist ........................................................ 2. Besteuerung des Betriebsvermögens ........................ 11. Vorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer
..................
1. Vorschläge der politischen Parteien ..........................
17 18 19 19
2. Die überlegungen des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesfinanzministerium - Kritik..... ..... ..... .... .... . ...... 23 a) Notwendigkeit einer Wertzuwachsbesteuerung ........... . b) Besteuerung auch nichtrealisierten Zuwachses ............ 25 c) Ausgestaltungsvorschläge ................................ 27 B. Die Geschichte der (Boden-)Wertzuwachsbesteuerung und ihre Lehren 30 I. Die Entwicklung des Gedankens der Wertzuwachsbesteuerung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts................................ 1. Die physiokratischen Wurzeln
.............................. 2. Die Anfänge der Bodenreformbewegung - Mill, George, Wagner ....................................................
30
30 31
11. Die ersten Abschöpfungssteuern in Deutschland ................ 36 1. Die deutsche Bodenreformbewegung ........................ 36 2. Kiautschou . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 3. Kommunal- und Landessteuern auf den Bodenwertzuwachs bis 1911 .................................................... 38 111. Die Reichsgesetzgebung 1911/1913 ..............................
40
1. Das Reichszuwachssteuergesetz von 1911 ....................
40 2. Das Reichsbesitzsteuergesetz von 1913 und die Entwicklung der Bodenwertzuwachssteuer ................................ 44 IV. Krieg, Inflation und der Niedergang des Abschöpfungsdenkens ..
48
1. Die Abschöpfung der Kriegsgewinne ..........•.............
48
2. Die Zeit nach 1919 - die Inflation und der Niedergang der Abschöpfungssteuem .........•..............................
49
Inhaltsverzeichnis
6
V. Lehren aus der Geschichte des Abschöpfungsgedankens und der Wertzuwachsbesteuerung in Deutschland. ...... ... . ... . ... ... ...
53
1. Auflösung einer Idee ........................................
53
2. Abschöpfungssteuer -
54
kein Eigentumsproblem ..............
3. Keine Tradition "allgemeiner" Abschöpfung unverdienter Wertsteigerungen ....... ... . .... ... ....... ... ... . . ... .. . ...
56
4. Keine Besteuerung des unrealisierten Wertzuwachses. . ... ...
56
5. Das Fazit ..................................................
57
VI. Die bodenpolitische Legitimation - Der Streit um die Baulandsteuer (1961 - 1963) .................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
58
1. "Gemeindliche Bodenreform" (1946)
. . ... .. .... ..... ... .. ...
2. Die Baulandsteuer 1961 - 1963
58 58
3. Der Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Baulandsteuer ..
61
4. Die Lehren aus dem Baulandsteuer-Streit ..... . . . . . . . . . . . . . ..
64
C. Die Rechtfertigug der Zuwachssteuer ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
67
I. "Unverdientes Eigentum", "leistungsloser Gewinn ..............
67
1. Die These vom unverdienten Wertzuwachs
67
2. Bedenken gegen die Begründung aus der Leistungslosigkeit des Gewinnes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Kritik der "allgemeinen Theorie" des leistungslosen Gewinns ................................................ 70 b) Zufalls-, Gesellschafts-, Chancentheorie - Kritik ........ 74 II. Spekulationsbekämpfung als Rechtfertigung der Wertzuwachssteuer ........................................................
78
1. Spekulation und "unverdienter Gewinn" ....................
78
2. Spekulation -
Grundlage der Marktwirtschaft ..............
3. Die "Spekulationsfristen"
. . ... .... ... . .. .... .. . . ........ ...
79 80
4. Zulässige Spekulationsbekämpfung - aber nicht durch Wertzuwachssteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 80 III. Wertzuwachsabgabe Aequivalenz staatlicher (kommunaler) wertsteigernder Aufwendungen ................................
1. Voraussetzung des Aequivalenzprinzips: konkrete,
direkte, bestimmbare Wertsteigerung durch den Staat... . ....... .. ... 2. Der Aequivalenzgedanke im Städtebauförderungsrecht und beim Planungswertausgleich ................................ 3. Das Problem der Berücksichtigung der Eigentümeraufwendungen .................................................... 4. Die Aequivalenzbegründunz - Rückfall in eine überholte Steuerrechtfertigung ........................................
83 83 84 91 92
Inhaltsverzeichnis
7
IV. Steuerliche Leistungsjähigkeitund Wertzuwachsabschöpjung 1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Legitimation der Wertzu-
wachsbesteuerung
..........................................
96
96
2. Bedenken gegen die Steuerrechtfertigung aus der Leistungsfähigkeit .................................................... 97 3. Legitimation der Abschöpfung durch "Leistungsfähigkeit"?
100
V. Besondere Abschöpjungs-Legitimation bei Grund und Boden?
103
1. Die Rechtsprechung des BVerfG zu den Besonderheiten bei Grund und Boden .......................................... 103
2. Die speziellen Legitimationsversuche einer Wertzuwachssteuer bei Grund und Boden ...................................... 106 a) Spezielle Praktikabilität .................................. 106 b) "Dauer-Wertsteigerung" bei Grund und Boden ............ 106 c) "Unvermehrbarkeit" des Bodens -
Folge: "Bodenmonopol" 107
d) Art. 14 GG als "Antimonopol-Bestimmung" .............. 110 e) Zweifelhafte bodenpolitische Wirksamkeit der Wertabschöpfung ................................................ 112 D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum ........ 114 I. Die verjassungsrechtliche und verjassungspolitische Fragestellung 114
H. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung -
Allgemeines ........ 115
1. Die früher herrschende Lehre: Keine Verletzung des Eigentums durch Besteuerung .................................... 115
a) Kein Schutz des Vermögens durch Art. 14 GG ............ 116 b) Kein verfassungsrechtlicher Schutz des Eigentumswertes? .. 118 c) Besteuerung -
als "Geldenteignung" keine Enteignung? .. 120
d) Keine Enteignung durch Abgaben, wegen der fiskalischen Wirkungen derselben? .................................... 122 e) Abgaben als Maßnahme der an die Eigentumsgarantie nicht gebundenen Finanzgewalt? .............................. 123 2. Die h. L. vom Eigentum als Grenze der Besteuerung - ihre Begründung und das Problem der Wertzuwachsbesteuerung .. 125 a) Die herrschende Lehre .................................. 125 b) "Eigentumsschutz des Vermögens" ........................ 126 c) Schutz des Eigentums als Institution gegen Besteuerung und Wertzuwachs ........................................ 127 d) Eigentumsgrenzen für "Steuern als Umgehung der Enteignung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 129 e) Eigentumskontrolle der Steuergewalt und Demokratie .... 131
Inhaltsverzeichnis
8
III. Wertzuwachssteuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie .. 133
1. Die herrschende Lehre: Unzulässigkeit des Eingriffs in die Eigentumssubstanz .......................................... 133
2. Das Schwerekriterium - Verfassungswidrigkeit tiefer Substanzeingriffe - die Rechtsprechung des BVerfG zum Verhältnis Eigentum - Steuer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 134 3. Verfassungswidrigkeit der Wertzuwachsabschöpfung nach diesen Kriterien ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 136 4. Die Besteuerung der Erträge aus dem Eigentum und die Wertzuwachsabgaben ............................................ a) Beschränkung der Besteuerung auf den Ertrag? .......... b) Beschränkung der Steuer auf das Sozialprodukt? .......... c) Einkommen - Ertrag oder Substanz? .................... d) Veräußerungsgewinn als Substanz? ...................... e) Ertrag als Substanz? .................................... f) Wertzuwachs - kein Ertrag, stets Substanz ..............
139 139 139 140 142 144 148
IV. Wertzuwachssteuern und Geldentwertung ...................... 150
1. Die Bedeutung der Inflation für die Wertzuwachsabschöpfung - Fragestellung ............................................ 150
2. Die These von der notwendigen Berücksichtigung der Inflationsrate bei der Besteuerung .............................. 152 3. Untaugliche Begründungen für eine Steuerneutralität der Inflation .................................................... 154 4. Verpflichtung zur Berücksichtigung der Inflation aus der Substanzgarantie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 156 V. Wertzuwachssteuer Verkaufsaruck
als indirekte Eigentumsentziehung durch ................................................ 158
1. Der Begriff der indirekten Eigentumsentziehung ............ 158
2. Zumutbarkeit des "Ausweichens auf andere Eigentumsnutzung"? .................................................... 160 3. Zumutbarkeit des Ausweichens auf andere Anlagen? ........ 161 4. Zulässigkeit der "wirtschaftlichen Orientierung" des Eigentumsgebrauchs durch den Gesetzgeber ...................... 162
Schlußbemerkung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 164
Zusammenfassung der Ergebnisse .................................... 165 Sachregister .......................................................... 175
Vorbemerkung Johannes von Miquel, Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, später preußischer Finanzminister, rief vor einem Jahrhundert den Grundeigentümern zu: "Die Herren sind Hausbesitzer, schreiben Sie den Preis für Ihre Grundstücke an die Tür des Vorsaales und legen Sie sich schlafen, nach 30 Jahren des Friedens wachen Sie wieder auf, und Sie werden finden, der Wert des Grundstückes hat sich verdoppelt. Haben Sie etwas dafür gearbeitet? Haben Sie etwas gezahlt? Nichts haben Sie getan, die Kommune hat die Werterhöhung gemacht1 !" Man hätte damals Miquel entgegnen können, ein solcher Gewinn durch Wertzuwachs sei doch vergleichsweise bescheiden; wer mündelsichere Papiere besitze, könne in dreißig Jahren durch laufende Zinsanlage sein Vermögen nahezu vervierfachen, ohne "gearbeitet" zu haben. Dennoch trifft dieser Einwand nicht den Kern: Es geht nicht um die Probleme "arbeitsloses Einkommen", "Ertrag des Kapitals", "Ausbeutung anderer Bürger"; gefragt wird vielmehr nach der Berechtigung der Wertsteigerung des Besitzes, die unabhängig von Zins und Ertrag eintritt und auf Leistungen der Allgemeinheit oder der öffentlichen Hand zurückgeht. 1. Diese Frage ist eine eigenständige, eine immer wieder sich stellende, eine besonders bedeutsame:
In der Tat handelt es sich um ein eigenständiges Problem, es tritt auch dann auf, wenn man der marxistischen Kritik am Privateigentum an den Produktionsmitteln, am "arbeitslosen Einkommen", am "Kapital" nicht folgt. Man mag nämlich durchaus, in liberal-marktwirtschaftlichem Denken, die "arbeitslose" Kapitalrendite bejahen, weil andernfalls die erforderlichen Produktionsmittel nicht bereit gestellt werden könnten und eine freie Wirtschaft nicht möglich sei. Man mag auch, ausgehend von dieser Wirtschaftsfreiheit, die allgemeine Vertragsfreiheit bejahen, damit aber auch den Einsatz fremder Arbeitskraft für eigennützige Zwecke. Selbst aus einer solchen liberalen Sicht folgt aber nicht ohne weiteres, daß auch die Steigerung des Wertes des Besitzes als solchen legitim wäre, dem Eigentümer belassen werden müsse. Gegen sie könnte vielmehr der Vorwurf erhoben werden, hier komme es zu Ge1
von Nostitz, Th., Wertzuwachssteuer, HdwB d Staatswissensch. VIII,
3. Aufl., S. 774 (776).
10
Vorbemerkung
winnen, die nicht nur mit der "Arbeit des Kapitalisten" nichts mehr zu tun hätten, sondern auch nichts mehr mit der "Arbeit des Kapitals". Ein solches aktionsloses Wachstum aber sei mit den Grundprinzipien einer Kapitalwirtschaft selbst unvereinbar, es könne und müsse wieder entzogen werden, denn hier komme es tatsächlich zu anstößigem "Mehrwert" im engsten Sinne des Wortes. Und dieser Gewinn gebühre der Allgemeinheit, welche ihn hervorgebracht habe. Selbst wenn es noch zulässig sei, andere Bürger für sich arbeiten zu lassen - den Staat und die Allgemeinheit dürften Private nicht ausbeuten. Wir stehen vor einer Dauerfrage einer entwickelten Volkswirtschaft. Seit zwei Jahrhunderten ist sie nicht mehr auf Dauer von der finanzund rechtspolitischen Tagesordnung verschwunden, seit hundert Jahren wird sie, mit nur kurzen Unterbrechungen, laufend intensiv diskutiert. Sie tritt in zwei Konstellationen stets besonders brennend auf: Einerseits auf dem Höhepunkt von wirtschaftlichen Aufschwungphasen, dann, wenn der Verteilungskampf härter wird, was ja meist schon den Abstieg einleitet - deshalb die Wertzuwachsdebatte am Ende der Gründerzeit und im Auslaufen des Wiederaufbaus in der Bundesrepublik, zum anderen nach Zeiten nationaler Krisen und Katastrophen - die "Kriegsgewinnbesteuerung", vor allem nach dem ersten Weltkrieg, ist ein deutlicher Beweis. Die Kritik am Wertzuwachs ist also eine Erscheinung, die zwar mit einem zyklischen Ablauf des Wirtschaftsgeschehens zusammenhängt, jedoch aus Aufschwung wie Abschwung besondere Impulse gewinnen kann - damit aber wird sie erst recht zum Dauerproblem. Das Wertzuwachsproblem ist von besonderer ökonomischer wie politischer Bedeutung. Die Wertsteigerungen, vor allem an Grund und Boden, halten sich nicht etwa in den bescheidenen Grenzen einer Verdoppelung während einer Generation - dann wäre dies nie zum Politicum geworden. Vielmehr hat vor allem die moderne Stadtentwicklung, vor hundert Jahren wie in letzter Zeit, hat aber auch die Industrialisierung als solche zu Preis- und damit Wertsteigerungen geführt, welche manchmal in kurzer Zeit in das Vielhundertfache gingen. Damit aber kam es zu Wertveränderungen in einer Größenordnung, welche auch makro ökonomisch nicht schlechthin ignoriert werden konnte und, vor allem: diese großen Wertschöpfungen riefen nach Abschöpfung. Und zur politischen Frage wurde und wird der Wertzuwachs vor allem in der Demokratie und im Sozialstaat, der stets um Eigentumsstreuung unter möglichst viele Stimmbürger und um Ausgleich großer Besitzunterschiede bemüht sein wird. Zum Politicum wird jedoch der Wertzuwachs nicht zuletzt durch seine staatsethische Dimension: Wenn einzelnen Eigentümern, insbe-
Vorbemerkung
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sondere bei Stadtrandgrundstücken, in vergleichsweise kurzer Zeit ein Vielfaches des Wertes zuwächst, den sie früher besaßen, ohne daß sie eigene Aktivitäten entfalten, so stellt sich für viele hier einfach eine Frage der Gerechtigkeit. Darf es, vor allem in einer hart arbeitenden "Leistungsgesellschaft", den "Millionenbauern" geben, gebührt sein Wertgewinn nicht allen Bürgern? Die Wertzuwachsfrage, welche im folgenden untersucht wird, ist also eine eminent politische; doch sie ist, erfreulicherweise noch nicht in eine reine parteipolitische Polarisierung geraten, und das war, wie der geschichtliche überblick zeigen wird, auch früher nicht der Fall: In allen politischen Richtungen gibt es Befürworter und Gegner einer Abschöpfung des Wertzuwachses, eben weil es hier auch um Sozialmoral, um Gerechtigkeit geht. Und die unbestrittene, stets anerkannte außerordentliche Schwierigkeit einer wie immer gearteten Abschöpfungslösung läßt weithin Ideologie hier zurücktreten, so daß man oft sogar nur mehr technische Probleme zu sehen glaubt. Dies alles aber schafft eine Chance, mit einer wissenschaftlichen Behandlung einen Beitrag zu einem zugleich aktuellen und grundsätzlichen Problem des Steuerrechts und des Eigentums-Verfassungsrechts liefern zu können. 2. Der aktuelle Anlaß dieser Untersuchung ist der jetzige Stand der Abschöpfungsbemühungen. Im Städtebauförderungsgesetz ist 1971 eine Abschöpfungsregelung für einzelne Bereiche, nämlich die Sanierungs- und Entwicklungsgebiete der Städte, geschaffen worden2 : Bodenwertsteigerungen, welche auf öffentlichen Veranstaltungen beruhen sollen, werden bei der Enteignungsentschädigung nicht berücksichtigt (§ 23 Abs. II), bei Abschluß der städtebaulichen Maßnahmen abgeschöpft (§ 4 Abs. IV - IX). Dies ist eine Mischform von Planungswertabschöpfung und Beitrag zur Infrastruktur. Im Bundesbaugesetz 1977 sollte in Form eines Planungswertausgleichs der Wertzuwachs ganz oder zu dem Teil abgeschöpft werden, der auf die Aufstellung, Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen zurückgeführt werden könne. Auch hier ging es also nicht um einen vollständigen, grundsätzlichen Entzug sämtlicher Wertsteigerungen an Grundstücken, sondern nur um die sogenannten planungsbedingten Wertzunahmen. Diese bilden allerdings den wichtigsten, den eigentlich spektakulären Fall eines Wertzuwachses, die Ausgangskategorie der gesamten Wertsteigerungsdiskussion. I Dazu u. a. Gaentzsch, G., Ausgleichsbeträge nach dem StBFG, Neue Wirtschaftsbriefe 1976, S. 613 ff.; Breuer, R., Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, insbes. S. 201 ff., 237 ff.
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Vorbemerkung
Die Novelle war bereits zwischen den Koalitionsparteien SPD und FDP umstritten, der Abschöpfungssatz wurde im Verlauf der Beratungen wesentlich - von 100 Ofo auf 50 Ofo - herabgesetzt. Dennoch wurde der Planungswertausgleich3 vom Bundesrat abgelehnt, die Novelle zum Bundesbaugesetz ist ohne diese Regelung verabschiedet worden, die doch ihr Kernstück werden sollte'. Die Frage der Erfassung der Wertsteigerungen bei Grundstücken, dessen, was vor allem in der politischen Diskussion als "Gewinn ohne Leistung" kritisiert wird, ist damit jedoch noch nicht erledigt. Da seine Abschöpfung durch Maßnahmen der Bodenordnung nun in absehbarer Zeit nicht mehr Gesetz werden dürfte, treten steuerrechtliche Lösungsversuche in den Vordergrund, zu denen schon seit geraumer Zeit Vorschläge gemacht werden5 • Da solche Projekte in allen politisch bedeutsamen Parteien im Gespräch sind, haben sie eine gewisse Aussicht auf Verwirklichung in einer heute allerdings noch nicht abzusehenden Form. Es ist daher an der Zeit, sich wissenschaftlich mit Grundfragen einer Bodenwertzuwachssteuer zu befassen; steuerrechtliche Einzelfragen können erst behandelt werden, wenn ausgearbeitete Entwürfe vorliegen. 3. Eine derartige Untersuchung erscheint um so dringlicher, als das Problem der Wertzuwachsbesteuerung in den vergangenen Jahren meist nur in Einzelaspekten oder am Rande behandelt worden ist 6 • Das Interesse galt eben vor allem dem Planungswertausgleich; dieser aber 3 Aus der umfangreichen und nunmehr weithin überholten Literatur vgl. zu den Einzelheiten der geplanten Regelung vor allem: Bielenberg, W., Das Aus~leichsbetragsrecht, BBauBl. 1976, S. 75 ff.; ders., Das Recht der Ausgleichsbeträge, Gemeinnütziges Wohnungswesen 1976, S. 58 ff.; ders., Erhebung von Ausgleichsbeträgen bei Wertsteigerung von Grundstücken, NJW 1976, S. 1182 ff. sowie die umfangreiche Darstellung bei Janning, H., Bodenwert und Städtebaurecht 1976, S. 162 ff. m. weit. Nachw. , Zum Ende des Planungswertausgleichs vgl. Oestreicher, E., Der Planungswertausgleich und seine Gesetz gewordenen Alternativen als Instrumentarium des Sozialstaates, ZfSH 1977, S. 1 ff. G Vgl. dazu im einzelnen unten A. I von Schalburg, R., Sonderbesteuerung von Bodenwertsteigerungen? BB 1971, S. 695 ff.; Friauf, K. H., Steuergesetzgebung als Instrument der Bodenordnung, DVBl. 1972, S. 652 ff., insbes. S. 657/58; Bielenberg, W., Verhandlungen des 49. DJT 1972, I, B 1 (111); Klein, F., Bodenwertzuwachssteuer und Art. 14 GG, DÖV 1973, S. 433 ff.; Knatz, Th., Britische Steuern auf Grundstücksgewinne, DB 1973, S. 1473; Bär, G., Die Verkehrswertbesteuerung der Liegenschaften als Mittel der Bodenpolitik, 1970, S. 80 f.; Ruck, H., Die Problematik der Besteuerung des Wertzuwachses, FWW 1973, S. 354 ff.; von Heynitz, J., Abschöpfung von Bodenwertsteigerungsgewinnen und Eigentumsgarantie, DVBl. 1975, S. 474 ff. m. Nachw. zu einzelnen weiteren sachnahhen Äußerungen, insbes. FN 4; Winkler, E. G., Probleme einer Bodenwertzuwachsbesteuerung, Versicherungswirtschaft 1976, S. 950 ff., 1062 ff.; Peters, K., Die Bodenreform, 1971, S. 56 ff. m. Nachw.; Bohnsack, G., HiHebrecht, R., Gesellschaft - Raumordnung - Städtebau - Grund und Boden, 1967;
Vorbemerkung
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ist in seiner typisch bodenrechtlichen und gezielten Wirkungsweise mit einer Abschöpfung durch Besteuerung nicht ohne weiteres vergleichbar7, mag sich auch die verfassungsrechtliche Grundsatzproblematik8 zum Teil (etwa zu den Fragen "unverdienter Gewinn", "Abwälzbarkeit" u. ä. m.) berühren. Eine eingehende Untersuchung hat inzwischen immerhin der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen vorgelegt'. Sie bringt zwar keinen im einzelnen ausgearbeiteten Vorschlag, erörtert jedoch zentrale Modellvorstellungen einer solchen Abgabe und läßt immerhin Präferenzen für bestimmte Lösungsansätze erkennen10• In der künftigen Diskussion wird sie sicher eine wichtige Rolle spielen. Gerade dieses Gutachten, das als ein erster kompetenter Beitrag zu begrüßen ist, zeigt jedoch, daß die Diskussion um eine Wertzuwachssteuer nunmehr der Erweiterung und Vertiefung bedarf, soll sie nicht in eine "finanztechnische Richtung" verengt werden. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat sich nämlich - und dies ist bei seiner Zusammensetzung und der eigentlichen Problemstellung des Gutachtens verständlich - in mehrfacher Hinsicht Beschränkungen auferlegt. Zunächst stehen deutlich im Vordergrund finanzwissenschaftZiehe, ja finanzpoZitische Überlegungen über Konstruktionsweise und Wirkungs-
möglichkeiten einer solchen Steuer. Dies ist an sich legitim, setzt jedoch Klarheit über die auch politisch entscheidenden Grundsatzfragen voraus, insbesondere darüber, ob hier überhaupt von "unverdientem Gewinn" gesprochen werden kann, wenn man von den Prinzipien der Marktwirtschaft ausgeht. Hier tritt etwa auch die Frage auf, wie es mit der steuerlichen Leistungsfähigkeit des "Wertzuwachsgewinnlers" steht, ob nicht eine Begründung der Besteuerung mit Wertsteigerungsleistungen der "Gesellschaft" oder gar der Kommunen einen Rückfall in ein Aequivalenzdenken bedeutet, das in der Finanzwissenschaft heute weithin als überholt gilt. Bleibt man hier allein in den Bahnen des Gutachtens, so besteht die Gefahr einer Problemverengung auf Steuer-
technik.
H., Planungswertausgleich und/oder Wertzuwachssteuer, Der Städtetag 1973, S. 124 f.; MeyeT, K., Städtebauförderungsgesetz und Grundgesetz, AöR 97 (1972), S. 12 ff.; Schmitt-Eichstaedt, G., Bodenmarktmonopol für die Gemeinde? Arch. f. Kommunalwiss. 1973, S. 171 (175 f.). 7 Dazu etwa Janning, H. (FN 3), S. 162/3. 8 Für den Planungswertausgleich dargestellt etwa von Engelken, K., Zum Planungswertausgleich, DÖV 1974, S. 361 ff., 403 ff. B Probleme und Lösungsmöglichkeiten einer Bodenwertzuwachsbesteuerung, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 22, 1976. 10 Dazu näher unten A II 2.
StemmleT,
14
Vorbemerkung
Ferner beschäftigt sich der Beirat mit der Frage der verfassungsrechtlichen Schranken einer solchen Besteuerung nur in einem kurzen Abschnitt, in dem im wesentlichen die weite Gestaltungsfreiheit betont wird, welche das Bundesverfassungsgericht dem Steuergesetzgeber gewähre l l • Diese Behandlung schöpft die rechtliche, vor allem die verfassungsrechtliche Problematik nicht annähernd aus. In den vergangenen Jahren sind die verfassungsrechtlichen Schranken der Besteuerung in einem umfang- und höchst geistreichen Fachschrifttum12 ausführlich erörtert worden, in verschiedenen Punkten bahnt sich ein Konsens an, welcher gerade einer Wertzuwachssteuer wichtige Grenzen setzen würde. Diese Diskussion, vielleicht die wichtigste über unsere Eigentumsdogmatik in letzter Zeit, darf nicht ignoriert werden; und es geht auch nicht immer nur um scharfe Verfassungswidrigkeit, um "Verfassungsrisiken", sondern recht wesentlich vor allem um Verfassungspolitik, um die Eigentumsordnung als Leitlinie der Gesetzgebung. Auf die Dauer sollte nicht immer nur beschlossen werden, was "gerade noch" im Verfassungsrahmen bleibt, sondern das, was dessen Grundprinzipien am nächsten kommt. Zu vermeiden gilt es also die Gefahr einer Verengung der rechtlichen Problematik auf überholte Vorstellungen vom Verhältnis Abgaben - Eigentum oder gar eine Reduktion auf Probleme etwaiger Verjassungsprozesse. Schließlich verzichtet der Beirat, offenbar bewußt, auf eine wichtige, wenn nicht entscheidende Dimension der Diskussion: auf die historische. Nur am Rande erwähnt er den "Fehlschlag dieser Steuerart" zu Beginn dieses Jahrhunderts13• In Wahrheit ist die Möglichkeit oder gar Notwendigkeit einer Besteuerung des Wertzuwachses, vor allem bei Grund und Boden, seit mehr als einem Jahrhundert eines der bedeutsamsten Themen der Finanzwissenschaft, der Wirtschaftswissenschaften überhaupt. Ein wahrhaft unübersehbares Schrifttum ist darüber am Ende der Kaiserzeit sowie in der Weimarer Epoche entstanden, stets in Zusammenhang mit der "Bodenreform" über die eine der größten sozialen und politischen Diskussionen geführt worden ist, welche dieses Land je gekannt hat. Wer jedoch das Gutachten des Beirates oder die neueren Stellungnahmen liest, gewinnt geradezu den Eindruck, als sei das Problem "mit uns geboren", als könne es ohne irgendeinen Rückgriff auf früheres Denken und Streben gelöst werden. Davon kann keine Rede sein. Wenn überhaupt irgendwo Bemühungen der Vergangenheit von Bedeutung sind, dann hier, beim Problem der Wertzu11 Gutachten, S. 92 f.; der Beirat schließt sich hier im wesentlichen den 1973 veröffentlichten Ausführungen seines früheren Mitglieds Friedrich Klein (FN 6) an, formuliert diese jedoch noch um einiges apodiktischer. 12 Dazu näher unten D 11. 13 Gutachten, S. 7.
Vorbemerkung
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wachssteuern. Der Ideenreichtum früherer Erörterungen, die Lehren aus den Mißerfolgen von damals dürfen nicht ignoriert, sie müssen Ausgangspunkt heutiger Diskussion werden, denn diese hat bisher nicht allzuviel hervorgebracht, was im Grundsätzlichen über diese Geschichte hinaus führt. Gerade in einer Zeit, die viele in Unwissenheit für sozialpolitisch einmalig halten, bedarf es der historischen Dimension, es gilt vor allem bei der Besteuerung des Wertzuwachses von der Vergangenheit zu lernen. 4. Dies alles belegt die Notwendigkeit, hier eine Grundsatzdebatte, wenn nicht neu zu eröffnen, so doch vertieft weiterzuführen. Doch sie ergibt sich noch aus einer weiteren Überlegung: Wertzuwachsabschöpfung ist stets in erster Linie ein Bodenproblem gewesen, nur sehr selten sind auch in der Vergangenheit die Fragenkreise "Bodenrecht" und "allgemeine Wertzuwachsbesteuerung" systematisch, im Grundsätzlichen getrennt worden, obwohl die frühere Gesetzgebung dies nahegelegt hätte14• Einerseits war der Bodenwertzuwachs schlechthin der Motor des Abschöpfungsgedankens als solchen; zum anderen führten Überlegungen der Steuergleichheit zunehmend dazu, aus den hier gefundenen Lösungen Schlüsse auf die Zuwachsbesteuerung auch bei anderen Vermögenswerten zu ziehen. Auch heute scheint die Abschöpfungsproblematik auf den Bodenwert beschränkt, jedenfalls beschränkbar; doch wird es dabei auf Dauer nicht bewenden. Die Besonderheiten des Grundeigentums mögen zuzeiten besondere Lösungen der Abschöpfung rechtfertigen. Hat aber einmal der Gedanke Eingang ins Steuerrecht gefunden, daß Wertzuwachs, auch unrealisierter, eine Besteuerungsquelle darstellt, so wird er über kurz oder lange auch zu Ab. schöpfungsversuchen bei mobilem, insbesondere gewerblichem Vermögen führen. Hier steht dann praktisch eine ganz neue Form der Vermögensbesteuerung im weiteren Sinn ins Haus, welche schwer absehbare, aber höchst einschneidende Wirkungen hervorbringen kann.
Bodenwertzuwachssteuer - das mag heute vielen als Randkorrektur in "argen" Fällen erscheinen, in denen in der Tat nicht selten ein elementares Gerechtigkeitsgefühl verletzt scheint. Würde man sich darauf beschränken, so bedürfte es der Grundsatzüberlegungen, auch der folgenden Untersuchung, sicher nicht. Doch der Gedanke des Entzugs "unverdienten" Gewinns ist von solcher sozialer und politischer Sprengkraft, er kann, systematisch eingesetzt, so schwer begrenzt werden, daß aus ihm letztlich ein ganz neues Steuerdenken entstehen könnte, das unser heutiges Wirtschaftssystem tiefgreifend umgestaltet. Als Steueridee ist er letztlich sogar der Progression vergleichbar, 14 Eine deutliche Trennung findet sich etwa in der grdl. Abhandlung von Theodor Pistorius im Handbuch der Finanzwissenschaften II, 1927, (S. 159 ff., 324 ff.).
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Vorbemerkung
welche ja auch unsere wirtschaftliche und soziale Welt zutiefst verändert hat. Deshalb gilt es, noch einmal im Prinzipiellen nachzudenken, bevor dieser Weg beschritten wird, mit großen Schritten oder mit kleinen. Dies kann heute - noch - sine ira et studio geschehen, "großen politischen Frage" kommt. Und hier stellt sich, sehr prinzipiell wieder einmal das Problem von Staat und mehr noch: Einzelner und Staat vor den Abgaben Kaisers ...?
bevor es zur im Grunde, Gesellschaft, was ist des
A. Geltendes Recht und Reformvorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer Das Problem des Wertzuwachses und seiner steuerlichen Behandlung ist an sich nicht auf Grund und Boden beschränkt; es stellt sich bei allen langlebigen Wirtschaftsgütern als das der sogenannten capital gains 15 • Es wird jedoch, im Gegensatz zur Vergangenheit1 6 , in letzter Zeit nur für Bodenwertzuwachs diskutiert. Die erheblichen Preissteigerungen17 sind hier zum Politicum geworden und haben zu vorwiegend politisch motivierten Vorschlägen zur Reform der gegenwärtigen Besteuerung geführt.
I. Die Bodenwertzuwachsbesteuerung nach geltendem Recht Das Steuerrecht kennt zur Zeit keine allgemeine Wertzuwachssteuer im eigentlichen Sinn bei Grund und Boden. Steuerlich erfaßt wird überhaupt nur realisierter Wertzuwachs durch Besteuerung des Veräußerungsgewinnes. Dabei wird zunächst zwischen Haushaltsvermögen und Betriebsvermögen unterschieden. 1. Die Besteuerung des Baushaltsvermögens - die Spekulationsfrist
Bei Veräußerungen aus dem Haushaltsvermögen gilt die sogenannte Spekulationsfrist (§§ 22 Ziff. 2, 23 Abs. I Ziff. 1 a EStG) von 2 Jahren: Bei Weiterveräußerung vor Ablauf dieser Frist wird der Veräußerungsgewinn besteuert, sonst nicht. Dies bedeutet aber die grundsätzliche Ablehnung einer Wertzuwachssteuer bei Haushaltsvermögen, was bisher nicht hinreichend erkannt worden ist: In so kurzer Zeit ist bei Grund und Boden kein Wertzuwachs in einer Höhe zu erwarten, welche eine so starke Steigerung der steuerlichen Leistungsfähigkeit bedeuten und damit eine Einkommenbesteuerung qua Wertzuwachsbesteuerung rechtfertigen würde. Besteuert wird vielmehr in solchen Fällen, wie das Gesetz auch ausdrücklich sagt, der Spekulationsgewinn, das Ergebnis der Spekulationstätigkeit, d. h. ein gewisses besonderes Verhalten des betreffenden Steuerpflichtigen, das einer Gewerbsmäßigkeit jedenfalls Wiss. Beirat BMF, (FN 11), S. 10. Dazu unten B beim geschichtlichen überblick. 17 Der Wiss. Beirat BMF spricht von einer Erhöhung um das Zweieinhalbfache zwischen 1962 und 1972, Gutachten, S. 8. 15
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2 Lelsner
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A. Geltendes Recht und Reformvorschläge
insoweit nahekommt, als damit gezielt durch eigene Veranstaltungen Gewinn erreicht wird. Dies unterscheidet sich gerade vom typischen Fall des Wertzuwachses, der "ohne Zutun", sozusagen "durch Liegenlassen des Gutes von selbst entsteht". Steuersystematisch steht also ein Veräußerungsgewinn aus so kurzfristiger Veräußerung näher bei der Einkommensteuer als bei einer wie immer gearteten Wertzuwachssteuer. Unter diesen Umständen erscheint die gegenwärtige Spekulationsfrist im ESt-Recht als sachgerecht. Aus dieser Feststellung ergibt sich jedoch eine wichtige Folgerung: Eine Aufhebung oder wesentliche Verlängerung der Spekulationsfrist bei Haushalts-, d. h. bei Privatvermögen18 würde nicht etwa die Bodenwertzuwachssteuer vermeiden helfen, sondern selbst eine Form derselben darstellen, denn dann könnte man hier nicht mehr von einer "quasigeschäftlichen", gezielten Tätigkeit zur Gewinnerzielung sprechen, und die steuerliche Leistungsfähigkeit würde in der Tat aus dem in längerer Zeit aufgelaufenen "Mehrwert" des Besitzes abgeleitet werden. Verlängerung oder gar Aufhebung der Spekulationsfrist wirkt insoweit steuerlich systemverändernd. 2. Besteuerung des Betriebsvermögens
Wird Grund und Boden aus dem Betriebsvermögen von Land- und Forstwirten oder Gewerbetreibenden veräußert, so muß der Veräußerungsgewinn grundsätzlich versteuert werden. Doch auch diese Regelung ist letztlich noch eine typisch einkommensteuerlich konzipierte, keine eigentliche Wertabschöpfung. Steuerquelle bleibt die wirtschaftliche Tätigkeit des Pflichtigen, nicht seine tatenlose Besitzwertmehrung. Dieser landwirtschaftlichen oder gewerblichen Berufstätigkeit wird die Veräußerung zugerechnet, und in der Tat wird sie mit ihr in der Regel in engem, wenn nicht untrennbarem Zusammenhang stehen. Als typische "Wertabschöpfung bei realisiertem Gewinn" ist diese Besteuerung schon deshalb nicht konzipiert. Sie ist auch gar nicht grundsätzlich in dieser Weise ausgestaltet: Die hier erzielten Gewinne sind in der Regel nicht auf "tatenlosen Wertanstieg" zurückzuführen, sie stehen im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Pflichtigen; und besteuert werden hier auch Verkaufsgewinne spekulationsähnlicher Art (vgl. oben 1), was, wie dargelegt, als Wertabschöpfung an sich schon nicht in Betracht kommt. Schließlich zeigt sich die enge Zuordnung zum Beruf, nicht zur Vermögenssituation, des Pflichtigen auch darin, daß der Steuergesetzgeber 18 Wie sie gelegentlich vorgeschlagen wird, so von der Steuerreformkommission 1971 sowie etwa von Ruck, FWW 1973, S. 354 (361); vgl. auch Gutachten des Wiss. Beirates beim BMF, Gutachten, a. E.
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den betrieblichen Zusammenhang durch weitreichende Ausnahmeregelungen und Befreiungen berücksichtigt. So können hier etwa stille Reserven auf ein gleiches oder auf ein anderes Wirtschaftsgut übertragen werden (§§ 6 b, 6 c EStG). Überdies wird dieses Einkommen als eine Form außerordentlicher Einkünfte nur zu einem ermäßigtem Steuersatz herangezogen, der jedenfalls 28 Ofo nicht übersteigt. Aus all dem folgt, daß auch die Besteuerung der Verkaufserlöse aus dem Betriebsvermögen einkommensteuerlich konzipiert ist, und einen eigentlichen Abschöpfungscharakter einer reinen Besitzwertmehrung gar nicht hat. Ergebnis: Das geltende Grundsteuerrecht kennt keine eigentliche Wertzuwachsbesteuerung. Es belastet vielmehr die Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen. Bedenken dagegen können grundsätzlich nicht erhoben werden. Eine Wertzuwachssteuer - auf realisierte Steigerungen - würde erst dann entstehen, wenn die Spekulationsfristen wesentlich ausgedehnt oder gänzlich abgeschafft würden.
11. Vorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer Sieht man von den Modellen ab, welche einzelne Autoren entwickelt haben, ohne daß sie bisher wesentlichen Widerhall gefunden hätten19, so stehen im Vordergrund bisher gewisse Vorschläge der politischen Parteien sowie Überlegungen des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesfinanzministerium. 1. Vorschläge der politischen Parteien
a) Die SPD hat sich am intensivsten mit der Bodenwertzuwachssteuer befaßt. Ihr außerordentlicher Parteitag in Bonn hat sich bereits 1971 für eine Bodenwertzuwachssteuer ausgesprochen. Mit einigen kleineren Abweichungen und Ergänzungen wurde dieses Modell von der 18 So etwa Ostendorf, Einführung einer Bodenwertzuwachssteuer Aufhebung der Grunderwerbsteuer und Wegfall der einkommensteuerlichen Erfassung von Bodenwertgewinnen, Finanz-Rundschau 1971, S. 137 ff., vor allem aber Müller, Pfeiffer, Vorschlag zur Besteuerung der Wertsteigerungen bei Grundstücken, Stadtbaurecht 1968, S. 1310, die eine Einkommenbesteuerung der Differenz zwischen Jahresanfangs- und -schlußwerten mit einer Abschöpfung von 30 - 60 % vorschlagen. Es soll Selbstveranschlagung stattfinden, die jedoch durch Gutachterausschüsse überwacht wird. Der selbstveranlagte Wert gilt im Enteignungsfall als Grundlage der Entschädigungsbemessung. Wenn im Verkaufsfalle jemand den vereinbarten Kaufpreis um mehr als 10 % überbietet, so soll ihm kein Vorkaufsrecht zustehen, wohl aber dieser Preis dann als Bemessungsgrundlage der Steuer gelten. Auch die Gemeinde kann hier mitbieten - ohne Risiko, erhält sie doch einen großen Teil eines etwaigen hohen Preises über die dann anfallende Abschöpfungssteuer zurück. Das Modell ist schon deshalb problematisch, weil Bodenwertsteigerungen in so kurzen Abständen kaum ermittelt und abgeschöpft werden können. s. dazu auch Schreiber, F., Vorschläge zur Verbesserung der Sozialfunktion des Bodeneigentums, 1969. Vergleiche übrigens auch die erwähnten Vorschläge von Ruck (FN 18).
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Kommission zur Bodenrechtsreform beim Parteivorstand der SPD in die "Vorschläge zur Reform der Bodenordnung" übernommen. Auf dem Steuerparteitag vom 18. bis 20.11. 1972 wurden dann ein sogenanntes Mehrheits- und ein Minderheitsmodell vorgelegt. -
Das Mehrheitsmode1l 20 sieht eine neue Realsteuer auf unrealisierte Gewinne vor, progressiv nach der Höhe der Wertsteigerung (200/0 bis 60 0/0). Realisierte Gewinne sollen der Einkommensteuer unterworfen werden, auf deren Schuld die früher entrichtete Realsteuer angerechnet wird. Die Bewertung erfolgt jährlich durch Selbstveranlagung; sie ist auch im Enteignungsfall zugrunde zu legen. Bei Abweichungen von mehr als 20 Ofo vom "Kontrollwert" korrigiert das Finanzamt die Bewertung. Bei eigengenutzten Eigenheimen und Eigentumswohnungen bleiben 5 Ofo Wertzuwachs frei, 6 Ofo bei Mietwohngrundstücken und agrarisch genutzten Grundstücken. überdies sind noch Freigrenzen vorgesehen. Bedenken ergeben sich bei diesem Modell 21 vor allem daraus, daß doch keine eigentliche Realsteuer geplant ist, vielmehr Elemente von Real- und Personalsteuern (Freigrenzen) kombiniert werden; daß ferner eine jährliche Bewertung aller Grundstücke kaum möglich erscheint, sondern nur über längere Zeiträume ein größerer Wertzuwachs festzustellen sein wird; daß schließlich bei Selbstveranlagung kaum mit zutreffenden Angaben zu rechnen ist und eine Kontrolle dann eben doch zu kaum zu bewältigendem Arbeitsaufwand führen muß.
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Das Minderheitsmodell unterscheidet sich davon vor allem durch die Art der Bewertung. Durch Rechtsverordnung soll im Abstand von je drei Jahren unter Auswertung der Richtwertkarten festgesetzt werden, in welcher Höhe ein allgemeiner Bodenwertzuwachs eingetreten ist. Daraus soll eine Vorauszahlung der Bodenwertzuwachssteuer errechnet werden, welche dann auf eine nach je 6 Jahren endgültig zu begleichende Steuerschuld angerechnet wird. Diesem Modell stehen zwar nicht die gleichen Einwände entgegen wie dem Mehrheitsvorschlag (zu kurzfristige Festlegung, Selbstveranlagungsproblem); doch das Bewertungsproblem ist ebenfalls nicht überzeugend gelöst, und die Anwendung so allgemeiner Steigerungsindikatoren führt, zumindest für längere Zeitabschnitte, zu einer übermäßig schematischen Besteuerung.
Die SPD-Vorschläge, die einzigen eigentlichen "Modelle", die bisher bekannt geworden sind, unterliegen also wesentlichen Bedenken vor 20 Siehe Troll, Grund und Boden Politik und Steuern, Verlagsgesellschaft Recht und Wirtschaft Heidelberg, 1972, S. 73 ff. 11 Vgl. dazu Ruck (FN 18), S. 354 f.
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allem deshalb, weil sie das Bewertungsproblem nicht überzeugend lösen, und den Verwaltungsaufwand kaum in erträglichen Grenzen halten würden. Darüber hinaus würde damit das bisher im Steuerrecht allgemein geltende Realisationsprinzip (Erfassung des nicht vermuteten, sondern erzielten Preises) weithin aufgegeben und durch die weitgehenden Steuerbefreiungen im Ergebnis doch nur eine bestimmte Kategorie von Grundstücken erfaßt, was gewisse Bedenken aus der Steuergleichheit auslöst. Eine solche Abgabe könnte kaum dem Vorwurf entgehen, hier werde eine Vermutungssteuer und überdies noch eine Sondersteuer erhoben. Die meisten dieser Bedenken treten schon aus rein "steuertechnischer" Sicht auf, selbst wenn man das Prinzip der Wertzuwachsbesteuerung als solcher bejaht, die aber, wie sich im folgenden zeigen wird, gewichtigen Einwendungen unterliegt. b) Die FDP hat auf ihrem Freiburger Parteitag von 1971 in These 6 gefordert, alle Grundveräußerungsgewinne sollten der Einkommensteuer zum halben Steuersatz unterliegen. Darüber hinaus solle zur Verbesserung der Bodenrnobilität der Wertzuwachs bei baureifen Grundstücken jährlich mit dem halben Einkommensteuersatz abgeschöpft werden. Dieser Vorschlag ist insoweit wenig systematisch angelegt und ersichtlich ein Komprorniß, als er einerseits am Realisationsprinzip festhält, bei baureifen Grundstücken dieses jedoch verläßt. Insoweit stehen ihm dann aber schon steuertechnisch die gleichen Bedenken entgegen wie dem Mehrheitsvotum der SPD, vor allem das auch von der FPD nicht gelöste Bewertungsproblem. überdies käme es hier zu einer besonders gezielten Interventionssteuer, gegen die spezielle Einwände aus der Eigentumsgarantie erhoben werden könnten22• Die voll einkommensteuerrechtliche Erfassung des realisierten Wertzuwachses würde immerhin einen Bruch mit der bisherigen Besteuerung der Verkaufsgewinne bedeuten, nicht etwa eine Ausweitung derselben, wird doch bis heute nur - zum geringeren Teil überdies erfaßt, was in einem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht, während es hier zu Vermögensbesteuerung in der Form der Einkommensteuer und damit zu einer steuerlichen Systemveränderung käme. Das schwierige Problem, welche Aufwendungen des Eigentümers dem Ausgangswert hinzuzurechnen wären, bedürfte überdies noch einer sicher nicht leicht zu findenden Lösung. c) Die CDU hat sich, soweit ersichtlich, nicht festgelegt. Für die CSU sprach sich der Parteivorsitzende Strauß zwar auf dem Parteitag vom 22
Vgl. dazu unten D.
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16.117. 10. 1970 in München für eine allgemeine Besteuerung der Gewinne aus Grundstücken zur Förderung der Mobilität des Grundstücksmarktes aus, auf dem CSU-Parteitag vom 26.127. 6. 1972 wendete sich jedoch der Fachausschuß "Bodenmarkt und Bodenrecht" gegen eine Bodenwertzuwachssteuer2S•
Die Finanzressorts der CDU-Länder sprechen sich in ihren im Februar 1973 aufgestellten Grundsätzen über Bodengewinnbesteuerung und Bodenrealwertbesteuerung24 für eine Aktivierung der Grundsteuer aus: Der Wertzuwachs soll durch zeitnahe Einheitsbewertung erfaßbar werden. Die Grundsteuermeßzahlen sollen zwar Konfiskation vermeiden, jedoch "soziale Gesichtspunkte, wirtschaftspolitische Erwägungen, strukturpolitische Zielsetzungen und städtebauliche Notwendigkeiten gebührend berücksichtigen". Überdies soll der Neuerwerb von Eigentum für breite Bevölkerungsschichten begünstigt werden. Hier wird also eine Art von Neuauflage des früheren gemeindlichen Wertzuwachsbesteuerungsrechts25 angestrebt. Der wohl nächstliegende Einwand gegen die im übrigen ja wenig präzisierten Vorstellungen geht dahin, daß damit die Lösung des großen und schwierigen Problems der "zeitnahen Einheitswerte" zur Voraussetzung einer Zuwachsbesteuerung gemacht wird. Es ist mehr als fraglich, ob gerade die Einheitswerte, die ja gerade "schwankungsneutral" festgesetzt werden, sich als Grundlage so fein zu zielender Eingriffe eignen, wie sie bei einer Wertzuwachsabschöpfung erforderlich werden. d) Zu erwähnen sind anhangsweise noch Äußerungen des damaligen Staatssekretärs Karl Ravens 2': Er trat für eine Besteuerung der Grundstücke ein, welche sich nach deren bauplanerischen Nutzbarkeit richten solle, auch wenn diese nicht verwirklicht sei. Der Landwirt also, auf dessen Grundstück nach der Planung ein Hochhaus errichtet werden könnte, wäre so zu besteuern, als habe er ein solches erbaut. Einem solchen steuerlichen Bauzwang, einer so scharf gezielten bodenpolitischen Steuerintervention, die sich in vielen, vielleicht den meisten Fällen als unentrinnbarer Veräußerungszwang auswirken müßte, stehen nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Eigentum entgegen; sie würde darüber hinaus zu einer "Planrealisierungsfiktion" führen und die im Rechtsstaat grundsätzlich indikative Planung zu einer voll imperativen wandeln - eine Konsequenz, die über das Steuerrecht weit hinaus geht und das Planungsrecht tiefgreifend beeinflussen müßte. Schließlich wird nicht klar, wie die Bewer23 !4
t5
11
Vgl. Winkler (FN 6), S. 950. Vgl. Ruck (FN 18), S. 360/61.
Dazu unten B II 3. 'Ober sie berichtet von Schalburg (FN 6), S. 695/6.
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tung der "nicht realisierten", sondern ja nur vermuteten Nutzungen im einzelnen erfolgen soll. Die Ravens'schen Überlegungen waren allerdings wohl weniger Vorstellungen für eine allgemeine Wertzuwachsbesteuerung, die sie ja nur zum Teil gebracht hätten, als vielmehr Vorläufer des später gescheiterten Planungswertausgleichs.
Ergebnis: Bisher sind keine klaren, voll ausgearbeiteten Konzepte zur Verwirklichung einer Bodenwertzuwachssteuer im politischen Raum erarbeitet worden. Es blieb bei mehr oder weniger allgemeinen Programmen, deren steuertechnische Durchführbarkeit nicht gesichert ist. Vor allem aber lassen die bisherigen Vorschläge kaum einen Ansatz zur Auseinandersetzung im Grundsätzlichen über die Berechtigung einer solchen neuen Abgabe erkennen. Selbst die steuersystematische Einordnung bleibt meist offen. 2. Die 'Uberlegungen des Wissenschaftlhben Beirates beim Bundesfinanzministerium - Kritik
a) Notwendigkeit einer Wertzuwachsbesteuerung Der Beirat bejaht Möglichkeit und Notwendigkeit einer besonderen Besteuerung des Bodenwertzuwachses und damit die für diese Untersuchung zentrale Frage. Er geht davon aus, daß die Besteuerung des Wertzuwachses bei Grund und Boden heute unbefriedigend sei!7. Er begründet dies nicht näher, sondern verweist lediglich auf die Kritik in der Öffentlichkeit sowie auf einen Anstieg der Preise für unbebauten Boden, der in den letzten zehn Jahren stärker gewesen sei als bei anderen Gütern. Diese Entwicklung sei auch auf die steuerliche "Privilegierung" des Wertzuwachses zurü'Ckzuführen. Dadurch werde die Effizienz der Bodennutzung beeinträchtigt und die Steuergerechtigkeit verletzt. Verteilungspolitik entsprechend der Leistungsfähigkeit wie auch Bodenpolitik verlangten daher eine Reform, welche zu stärkerer Abschöpfung des Wertzuwachses führen müsse. Diese Prämissen des Beirates geben bereits zu erheblichen Bedenken Anlaß, weil sie nicht hinreichend begründet erscheinen. Die "öffentliche Kritik" an der Entwicklung der Bodenpreise ist, wie die Geschichte seit über einem Jahrhundert zeigt, als solche meist ein recht kontingentes Phänomen; sie wird zwar erfahrungsgemäß immer wieder von gewissen Gruppen in der Gesellschaft, zum Teil kampagneartig, angefacht, doch es kann keine Rede davon sein, daß in diesem Punkt etwa über längere Zeit ein allgemein~r kritischer Konsens in der politischen Landschaft der Bundesrepublik festzustellen wäre. In den letzten beiden Jahren ist denn auch die Kritik in der Öffentlichkeit erheblich zurückgegangen, nicht zuletzt
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Gutachten, S. 8 f.
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infolge der Dämpfung der Steigerungen bei Boden und Mieten. Solche Kritik mag also Reformen auslösen, begründen kann sie sie nicht. Das Jahrzehnt, von welchem der Beirat ausgeht, war die Zeit der "großen Preissteigerung" für unbebauten Grund. Derartige große Zeiten gab es auch, etwa früher, für Aktienwerte, etwas später begannen sie für Antiquitäten und andere Sachwerte. Es ist sehr problematisch, gerade am Ende einer solchen Blütezeit Spezialbesteuerung zu verlangen. Man müßte schon nachweisen können, daß hier eine kontinuierlich weit überproportionale Zunahme über viel längere Zeiträume stattfinde. Andernfalls könnte die "große Preissteigerung" auch nur als eine Art von Deckung eines ökonomischen Nachholbedarfs bei der Wertentwicklung solcher Güter erscheinen, welcher im übrigen vielleicht auch sinkende Erträge gegenüberstehen. Gerade bei dem unbebauten Boden, der weit überwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzt wird, sind solche Überlegungen nicht von der Hand zu weisen. Jedenfalls hätte das Außerordentliche solcher Preisentwicklung doch wohl noch vertiefter Begründung bedurft. Der Stellungnahme des Beirates liegt ein stillschweigendes sozialpolitisches Vorverständnis zugrunde, das diskutabel sein mag, aber offengelegt werden muß: daß nämlich Baugrund für "möglichst viele", ja grundsätzlich "für alle" und noch dazu möglichst überall zur Verfügung stehen sollte, und zwar zu günstigen Preisen. Dies steht doch hinter dem nicht näher erläuterten Ziel der "effizienteren Bodennutzung". Ein solches Verständnis ist aber problematisch: Wenn bei so starker Nachfrage - immerhin erreichte die große Wohlstandswelle eben in diesen Jahren Grund und Boden - finanziell Schwächere in billigere Lagen abgedrängt werden, so ist dies doch weder von vornherein bodenpolitisch unerwünscht, noch verstößt es gegen die Gerechtigkeit. Hier bedürfte es des Nachweises, daß gerade in den Ballungsräumen der teuere Boden billiger werden müsse - heutige Strukturpolitik spricht eher für das Gegenteil. Jedenfalls sind bei solchen bodenpolitischen Erwägungen die Grenzen der eigentlichen Finanzpolitik überschritten. Es ist daher nicht unbedenklich, daß der Beirat, sozusagen im Wege der Grenzüberschreitung, solche Überlegungen zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung macht. Ob es wirklich die steuerliche Behandlung des Wertzuwachses ist, welche für das allzu geringe Bodenangebot verantwortlich ist, und nicht die ungenügende Baulandbereitstellung durch die Gemeinden, wird zwar angedeutet, bleibt aber offen28 • Dies durfte nicht gesche18
Gutachten, S. 9.
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hen: Wenn die Verantwortung in erster Linie den Staat trifft, so ist Besteuerung in höchstem Maße ungerecht - der Staat würde sich hier sozusagen an eigenem Unrecht auch noch bereichern. überdies wäre dann die Mobilitätswirkung einer solchen Steuer von vorneherein zweifelhaft, wenn Mobilitätshemmungen anderswo liegen. Die Notwendigkeit einer Wertabschöpfung kann also erst bejaht werden, wenn in eingehenden Untersuchungen nachgewiesen ist, daß mit Bauplanungsrecht nicht geholfen werden kann. Und wenn notwendig, muß hier auch die Gemeindeautonomie beschränkt werden. Es verletzt doch das Gerechtigkeitsempfinden, den Bürger zu belasten, nur damit die Kompetenz ineffizienter Entscheidungsträger bestehen bleibe. -
Der Beirat anerkennt zutreffend, daß die Preissteigerungen "an sich" in einer Marktwirtschaft "keineswegs ungewöhnlich oder gar verwerflich" sind, er bemängelt nicht eigentlich sie, sondern ihre steuerliche Behandlung, in der er eine Privilegierung sieht. Hier aber kann ihm nicht gefolgt werden. Dem deutschen Steuerrecht liegt zwar der Grundsatz der Vermögens-, nicht aber der der Wertzuwachsbesteuerung zugrunde29 • Die steuerliche Nichterfassung der Wertzuwächse bei Grund und Boden ist also kein Privileg, ihre Abschöpfung wäre vielmehr eine Systemveränderung. Sie mag sich, etwa über die steuerliche Leistungsfähigkeit, rechtfertigen lassen, dies aber bedarf eingehender Prüfung, auch im Hinblick auf die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG). Keinesfalls durfte der Beirat von einem solchen Vorverständnis ausgehen.
Zusammenfassend bleibt kritisch zu bemerken, daß der Beirat die entscheidende Frage nach der Notwendigkeit einer Bodenwertzuwachssteuer ohne hinreichende Begründung bejaht hat. Damit entzieht er sich der weiteren Erörterung von Grundsatzfragen, und es scheint fast, als sei "der Rest Rechtstechnik". Dies aber ist nicht der Fall, wie die folgenden Untersuchungen dartun werden. b) Besteuerung auch nichtrealisierten Zuwachses
Von entscheidender Bedeutung für die Stellungnahme des Beirates ist der Vorschlag, grundsätzlich auch nichtrealisierte Wertzuwächse zu besteuern3o • Der Beirat anerkennt, daß sich hier schwierigste steuertechnische Fragen der Erfaßbarkeit stellen, glaubt eine solche Lösung aber vor allem aus zwei Gründen empfehlen zu müssen: Nur so könne der bodenpolitisch gefährliche "Sperreffekt" einer derartigen Abgabe vermieden werden, d. h. noch geringere Verkaufsbereitschaft der !9 30
Dazu oben I.
Gutachten, S. 11, 18 f.
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Eigentümer, verbunden mit weiterer Verknappung und Preissteigerung; und überdies sei es eine Frage der Steuergerechtigkeit, den nicht Verkaufenden den zwischenzeitlichen Zinsgewinn bei später zu zahlender Steuer nicht zu überlassen. Beide Argumente haben sicher Gewicht, doch sie lassen sich letztlich nur boden-, nicht steuerpolitisch untermauern: Der "Sperreffekt" ist allein aus bodenpolitischer Sicht bedenklich, und bevor zu seiner Vermeidung so große Schwierigkeiten in Kauf genommen werden, wie sie der Beirat selbst befürchtet, müßte doch feststehen, daß die Bodenwertzuwachssteuer wesentlich mobilitätsfördernd wirkt; das aber bleibt im Gutachten letztlich offen, weil das Ausmaß der öffentlichen, insbesondere der kommunalen Verantwortung, nicht genauer bestimmt wird. Auch die Zinsersparnis der Eigentümer bei Belastung allein der realisierten Gewinne ist nur aus bodenpolitischer Sicht schwer erträglich, dann nämlich, wenn man durch die Besteuerung Mobilität fördern will, die Zinsersparnis aber zur Immobilitätsprämie wird. Rein steuer-, vor allem verteilungspolitisch betrachtet, trägt jedoch eine Zuwachssteuer allein auf realisierte Gewinne Züge einer Art von Verkehrsteuer, vergleichbar etwa der Grunderwerbsteuer. Bei solchen Abgaben aber kann der "Zinsersparnis" der Nichtveräußernden keine Bedeutung zukommen, sie gehört ja zum Begriff einer derartigen Steuer, die eben nur Verkehrsvorgänge erfaßt, diese aber nicht mit "NichtVerkehrs-Verhalten" vergleicht. Vor allem aber steht der Erfassung nichtrealisierten Zuwachses, wie der Beirat auch nicht verkennt 31 , der Einwand entgegen, daß der Wertzuwachs sich eben nicht in einer Verstärkung der liquiden Leistungsfähigkeit niederschlägt. Dem begegnet der Beirat mit der Behauptung, der Pflichtige könne ja das im Wert gestiegene Gut entsprechend belasten, veräußern, oder sich die Mittel für die Steuer anderweitig beschaffen (Verkauf anderer Gegenstände, Einsatz sonstigen Einkommens). Dies mag rein steuerpolitisch ein Weg der Legitimation solcher Abgaben sein, doch es stellt sich hier das eigentumsrechtliche Problem, ob der Realisierungsdruck nicht übermlißig stark und ob er nicht derart objektbezogen ist, daß er nichts als eine Umgehung der Enteignung darstellt. Damit aber hat sich der Beirat nicht hinreichend auseinandergesetzt81a• Gutachten, S. 20. Die kurze Bemerkung, die Ausübung eines "gewissen wirtschaftlichen und psychologischen Druckes" auf den Eigentümer zum Verkauf begegne keinen Bedenken, schon weil es stets Steuern gegeben habe, "welche dem Pflichtigen ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten nahelegen sollten", genügt nicht und kann schon deshalb nicht überzeugen, weil die dort angeführte Entscheidung des BVerfG (E 16, S. 161) die Eigentumsproblematik überhaupt nicht betrifft - dort ging es ja um den Werksfernverkehr, um die 11
31a
11.
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Die für das Gutachten wesentliche Entscheidung für eine Belastung auch nichtrealisierten Zuwachses wird denn auch am Ende ganz erheblich abgeschwächt und ihre Durchführung als "eine der schwierigsten steuerpolitischen Aufgaben überhaupt"32 bezeichnet. Damit gerät die Stellungnahme in diesem zentralen Punkt nahezu zu einem non liquet. Dies relativiert ihre Aussagekraft wesentlich. c) Ausgestaltungsvorschläge
Die Behandlung der steuertechnischen Durchführungsmöglichkeiten im einzelnen, der umfangreichste Teil des Gutachtens, verstärkt den Eindruck kaum überwindlicher Schwierigkeiten, einer gewissen Unsicherheit des Beirates, jedenfalls aber einer verständlichen Zurückhaltung. Ein Vorschlag über die anzustrebende Form einer Bodenwertzuwachsbesteuerung wird überhaupt nicht gemacht33 • Das Ergebnis des Gutachtens besteht im übrigen vor allem aus negativen Feststellungen: Eine Ausdehnung der Einkommensbesteuerung auf nichtrealisierten Zuwachs ist auszuschließen, weil im Rahmen des gegenwärtigen EStRechts das Realisationsprinzip nicht durchbrochen werden darf; eine nach subjektiven Merkmalen ausgestaltete selbstän.dige Sondersteuer wird generell abgelehnt; nur eine objektive Sondersteuer auf allen Wertzuwachs erscheint als diskutabel. Es wird jedoch zugleich hinzugefügt, daß sich hier das "unlösbare Problem der Doppelbelastung" (EStSondersteuer) stelle. überdies träten eben hier "die gleichen grundsätzlichen und steuertechnischen Schwierigkeiten ein, wie bei jeder Form des Zugriffs auf nichtrealisierte Gewinne". Dies alles ist überzeugend; es ergibt sich jedoch aus diesen Schlußerwägungen des Beirates, daß nach seiner eigenen Auffassung eine großangelegte Veränderung der jetzigen Besteuerung schlechthin unmöglich ist. Der Vorbehalt, dazu sei eine "allgemeine Reform des gesamten Komplexes der Besteuerung von Wertzuwächsen" erforderlich, führt nicht weiter, weil es ja gerade dem doch finanzpolitisch kompetenten Beirat nicht gelungen ist, die Richtung einer solchen Reform auch nur anzudeuten. Erstaunlich ist allerdings, daß nach diesen klaren Aussagen, welche jede Reform gegenwärtig für unmöglich erklären, noch einige Sätze folgen, nach welchen die Beiratsmehrheit nun doch einkommensteuerNahelegung eines künftigen wirtschaftlichen Verhaltens, das allenfalls die Berufsfreiheit berühren könnte, jedoch nicht bestehende Eigentumsrechte. Vgl. dazu auch unten D V. 31 Gutachten, S. 118. n Gutachten, S. 124.
28
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liche Lösungen vorschlägt. Hier wird die Stellungnahme offen widersprüchlich: - Einerseits war die Besteuerung nur realisierter Gewinne als ungerecht und bodenpolitisch ungünstig verworfen worden34 - nun erscheint doch die Ausdehnung der Besteuerung realisierter Gewinne als Heilmittel, die "Spekulationsfrist" und die Sonderbegünstigungen der §§ 6 b, 6 c EStG sollen gestrichen werden. - Um dann bodenpolitisch unerwünschte Wirkungen zu vermeiden, wird nun wieder einer Belastung der nichtrealisierten Gewinne durch Vorsteuer35 das Wort geredet - obwohl vorher die Aufgabe des Realisierungsprinzipes abgelehnt worden war. Daneben werden dann noch nicht näher begründete Zwischenlösungen angeboten - Ausdehnung des Realisationsbegriffes auf den Fall des Erbüberganges, Besteuerung unrealisierten Zuwachses nur bei unbebauten Grundstücken. Diesem letzteren Vorschlag steht derselbe Einwand des Widerspruches zur vorherigen Beibehaltung des Realisationsprinzips entgegen. Die "Ausdehnung der Realisation" auf den Erbfall ist letztlich ein Spiel mit Worten - hier findet "Realisation" jedenfalls im Sinne der Liquiditätszuführung, um die es doch im wesentlichen geht, gerade nicht statt. So aber läßt sich das Realisationsproblem nicht lösen, daß irgendwelche Vorgänge oder Abläufe einfach als Realisationsfiktion angenommen werden. Ergebnis: Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates zeitigt, aufgrund einer im einzelnen sorgfältigen Untersuchung, letztlich nur ein Ergebnis: Die Schwierigkeiten einer Bodenwertzuwachsbesteuerung erscheinen, im Grundsätzlichen wie im Steuertechnischen, als geradezu unüberwindlich. Einzellösungen können überhaupt nur um den Preis des Widerspruches zu allgemeinen Feststellungen vorgeschlagen werden. Das Gutachten ist insgesamt ein Plädoyer gegen eine Wertzuwachssteuer geworden. Faßt man zusammen, was dieser Abschnitt an Vorschlägen und überlegungen für eine Wertzuwachssteuer aus den vergangenen zehn Jahren bringt, so ist das Fazit eindeutig: Es gibt in neuester Zeit weder überzeugende Einzelvorschläge noch auch nur allgemeine Überlegungen, welche einer solchen Abgabenpolitik den Weg weisen könnten.
Selbst wer sich an ein Grundsatzdefizit in der modernen Steuerdebatte gewöhnt hat, wird hier doch feststellen müssen, daß die prinzipiellen, rechts- und staatsgrundsätzlichen Probleme noch kaum erkannt worden sind, und daß im übrigen doch wohl ein Beweis damit 34 35
Vgl. oben b. Entsprechend etwa dem SPD-Minderheitsmodell, vgl. oben 1 a.
11. Vorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer
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überzeugend geführt worden ist: Der Beruf gerade unserer Zeit für eine Wertzuwachssteuer-Gesetzgebung ist sehr zweifelhaft. Und diese Zweifel verstärken sich, blickt man auf eine Vergangenheit, in der diese Fragen mit weit mehr geistigem Aufwand und Engagement diskutiert worden - und auf die bescheidenen Ergebnisse, welche dabei erzielt worden sind.
B. Die Geschichte der (Boden-) Wertzuwachsbesteuerung und ihre Lehren L Die Entwicklung des Gedankens der Wertzuwachsbesteuerung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts38 1. Die physiokratisdlen Wurzeln
Der Gedanke der Wertzuwachsbesteuerung ist als Bodensteuerforderung entstanden und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts so gut wie ausschließlich im Zusammenhang mit der Wertsteigerung von Grund und Boden diskutiert worden. a) Seine eigentlichen Wurzeln liegen in der Lehre der Physiokraten des 18. Jahrhunderts, deren Wortführer Fran!:ois Quesnay Grund und Boden als alleinige Quelle aller Reichtümer der Nationen ansah. Malthus wies Ende des 18. Jahrhunderts auf die gegenüber der Vermehrung der Bevölkerung unverhältnismäßige Ertragsschwäche von Grund und Boden hin. Schon daraus mußte sich dann mit ökonomischer Gesetzmäßigkeit eine überproportionale Wertsteigerung bei diesem Gut ergeben. Ricardo hat dies in seiner Grundrententheorie zu Beginn des 19. Jahrhunderts entfaltet. Bereits 1782 hatte der Schotte Ogilvie in einem erst später wieder entdeckten Werk Vorschläge für eine Einziehung der Grundrente durch eine hohe Grundsteuer als Alleinsteuer (single tax) gemacht37• b) Praktische Entwicklungen in England und Frankreich hoben zur gleichen Zeit das Bodenwertproblem in das allgemeine Bewußtsein. In England führte der Anstieg der Bevölkerung, verbunden mit den Revolutions- und napoleonischen Kriegen und der Kontinentalsperre, zu erheblichen Preissteigerungen der Bodenerträge (Getreide) und damit des Bodenwertes. Die Eigentümer erzielten als Verpächter weithin ohne Arbeit oder zusätzliche Aufwendungen immer höhere Grundrenten. Die Stadtentwicklung führte, vor allem in London, wo die begehrten Grundflächen in den Händen weniger Eigentümer lagen, zu Riesengewinnen als Folge der rasch wachsenden Bevölkerungsverdichtung. se Ein guter überblick findet sich bei Pistorius (FN 14), S. 324 ff.; vgl. auch Simon, H., Zuwachssteuergesetz, 1911, S. 11 f. 37 Dazu Bräuer, K., Stichwort "Wertzuwachssteuer", in: HdwB d. Staats-
wiss., 4. Aufl., 1928, S. 1018.
I. Die Entwicklung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
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In Frankreich gestattete Napoleon 1807 den Städten, den durch Wertzuwachs erzielten Gewinn an Grundstücken zum Teil für sich heranzuziehen38• c) Neben dem mehr kontingenten Problem der Stadtentwicklung, welches bis heute der Motor des Abschöpfungsgedankens geblieben ist, war es also vor allem physiokratisches Gedankengut, aus dem diese Ideen entstanden sind. Hier liegen auch die heute meist nicht mehr bewußten Grundlagen für eine allgemeine Forderung, gerade Grund und Boden heranzuziehen: Wenn heute dessen besonderer Charakter betont und vor allem in der Unvermehrbarkeit die Rechtfertigung für Sonderbelastungen gesehen wird3D, so führt dies letztlich auf die Physiokraten, auf Malthus und Ricardos Grundrententheorie zurück. Demgegenüber sollte gerade heute immer wieder kritisch gefragt werden, inwieweit in der modernen, dem Merkantilismus doch weit näherstehenden, vom Liberalismus geprägten Marktwirtschaft derartige Reste physiokratischen Denkens noch Berechtigung haben, zumal sie sich nicht selten mit späterer Bodenromantik verbinden40 • Hier könnte leicht ein Vorverständnis sich verfestigen, das weder mit der heutigen ökonomischen Wirklichkeit, noch mit den Grundsätzen der jetzigen liberalen Eigentumsordnung vereinbar ist, welche eben nach überwindung des Physiokratismus errichtet worden ist. 2. Die Anfänge der Bodenreformbewegung - Mill, George, Wagner
a) Die Physiokraten und Malthusianer hatten sozusagen den Bodenwertzuwachs als Steuerquelle entdeckt. Die Rechtfertigung für seine steuerliche Abschöpfung lieferte John Stuart MiU. Aufbauend auf den Arbeiten seines Vaters 41 forderte er42 eine allgemeine Grundsteuer, welche die Wertsteigerungen, die ohne Zutun des Eigentümers, allein durch Bevölkerungssteigerung, und damit wachsende Nachfrage, einträten, wieder der Allgemeinheit zuführen solle. Begründet wird dies vor allem mit dem Monopolcharakter von Grund und Boden. Ist dies noch durchaus physiokratisch gedacht, so kommt nun ein zweites Argument hinzu, welches sich gerade in Merkantilismus und 38
Simon (FN 36), a.a.O.
So für viele BVerfGE 21, S. 78 ff. Ein typisches Beispiel für ein solches Vorverständnis findet sich etwa bei Simon (FN 36), a.a.O., der seine Behandlung der "Zuwachssteuer im allgemeinen" mit dem Satz beginnt: "Erde ist keine Ware, sondern ein Stück der Mutter Natur." 41 James Mill, Elements of political economy, 1821, forderte bereits, daß Wertsteigerungen, welche durch die Allgemeinheit geschaffen worden seien, auch von dieser in Anspruch genommen werden sollten. 42 Vor allem in seinem Hauptwerk "Principles of political economy", 1848. 38
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
Liberalismus, im Zeichen des Leistungsdenkens, als zugkräftiger erweisen sollte: Die Bodenwertsteigerungen kommen nicht nur aus dem Besitz von Gütern, die "eigentlich Nationalcharakter" tragen - diese physiokratische Überlegung konnte sich gegenüber dem neu gestärkten Privateigentumsrecht nicht durchsetzen - die Wertsteigerungen erwachsen überdies dem Eigentümer ohne eigene Leistung, sie stellen "unearned increments" dar. Als solche lassen sie sich nach liberalen Leistungsvorstellungen nicht ohne weiteres mehr rechtfertigen. Es liegt nahe, sie wieder durch Steuer dem Verursacher zuzuführen - wenn nicht dem Staat, so doch der Gesellschaft; und für beides - das ist entscheidend - glaubte man in den Abgaben die geeignete Form zu sehen. Dabei bemühte man sich allerdings nicht etwa um Zurechnung der Grundrente im einzelnen zu Veranstaltungen der Staatsgewalt; sie erschien vielmehr schlechthin als gesellschaftsverursachter Nutzen; eine große ökonomische Theorie ersetzte den Nachweis der Leistungslosigkeit. Obwohl John Stuart Mill seine Ideen selbst in die Praxis umsetzen wollte und 1870 noch eine Land Tenure Reform Association gründete'3, wohl die erste große organisierte Bodenreformbewegung überhaupt, konnten sich diese Ideen gerade in England zunächst gar nicht durchsetzen. Erst spät und nur vorübergehend kam es auch in Großbritannien zu einem Bodenbesteuerungssystem, welches unverdienten Wertzuwachs in Höhe von 20 Ofo abschöpfen wollte44 • Der Gedanke des "unverdienten Wertzuwachses" dagegen ist zur zentralen Grundlegung sämtlicher Abschöpfungsvorstellungen von Wertsteigerungen geworden. Er klingt auch in jener neueren Eigentumsrechtsprechung an, welche das durch eigene Leistung (Kapitaleinsatz und Arbeit) geschaffene Eigentum als besonders schutzwürdig erklärt46 • Dabei verdient jedoch, gerade angesichts der heutigen Bedeutung dieser Überlegungen, besonderer Hervorhebung, daß sie von ihrem Urheber nicht etwa durch Einzelrückjührung gewisser Steigerungen auf bestimmte staatliche und gesellschaftliche Veranstaltungen, sondern insgesamt recht global aus einer Bodenwertsteigerungstheorie erklärt wurde, in deren Gesetzmäßigkeitsvorstellungen physiokratische Auffassungen sichtbar werden. Die äußere Argumentationsjorm ist liberal, "leistungsbezogen" geworden, der Kerninhalt bleibt doch physiokratische Theorie. Vgl. Bräuer (FN 37), S. 1019. " Dazu Köppe, Die englische Bodensteuerreform, Jahrb. d. Bodenreform, Bd. VI, Heft 1, 1910. 45 BVerfGE 14, 288 (294); 16,94 (113); 18,392 (397); 24, 220 (226); 30, 292 (334); 31,229 (239); 32, 111 (141). 4lI
I. Die Entwicklung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
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b) Der Amerikaner Henry George 46 vermochte zwar für die steuertheoretische Grundlegung einer Wertzuwachssteuer kaum eine neue Idee zu liefern47, dennoch ist er der literarische Begründer der Bodenreformbewegung 48 : Die Gesellschaft zahle den Grundeigentümern eine immer höhere Bodenrente, obwohl sie, insbesondere durch die von ihr geschaffenen "Kulturwerte", die Wertsteigerung erst hervorbringe. Dabei würden die Massen in zunehmendem Maße von dem monopolisierten Gute "Boden" ausgesperrt, was die Besitzunterschiede notwendig immer mehr, bis zur Verelendung breiter Schichten, verschärfen müsse. George nimmt also den Mill'schen Monopolgedanken auf und verbindet ihn mit Elementen marxistischer Verelendungstheorie. Die Lösung sieht er in einer Grundsteuer, welche die Grundrente radikal entziehen soll, im Wege einer kurzfristigen Grundstücksbewertung. Diese Grundsteuer werde, so meinte George, so viel einbringen, daß jede andere Steuer entbehrlich werde. Er ist damit zwar nicht der geistige Urheber der single tax-Bewegung, wohl aber ist er zu deren bedeutendstem Verbreiter geworden49 • Mehr noch als die Vorstellungen von Mill waren seine Thesen allgemein-ökonomisch, nicht bodenpolitisch orientiert, es ging weniger um die Abschöpfung gerade der Baulandgewinne, als vielmehr um die der agrarischen Grundrente. George hat besonders stark auf die deutsche Bodenreform-Bewegung der wilhelminischen Zeit gewirkt50 • Seine Thesen zeigen hier aber sehr deutlich: Die ganze Abschöpfungsbewegung des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts war von der Annahme einer gesetzmäßig steigenden Bodenrente bestimmt, Vorstellungen also, welche heute längst und vollständig überwunden sind. Physiokratisches Denken zeigt sich hier in einer eigenartigen Verbindung mit marxistischen Theorien, von der heute kaum noch irgend etwas als wirklichkeitsnah erscheinen kann. Gezielte Bodenordnungsüberlegungen (Baulandfragen) traten, jedenfalls in der theoretischen Grundlegung, damals zurück, während sie heute ersichtlich im Vordergrund stehen. Vor allem aber: Es wurde damals stets in erster Linie ein typisches Bodenrentenproblem, nicht die Frage des "unverdienten" Wertzuwachses überhaupt diskutiert, und die Begründung der Steuer wurde letztlich eben doch aus den Progress and Poverty, 1879. So m. R. Bräu er (FN 37), S. 1019. 48 Vgl. zu seinen Lehren u. a. Erman, H., Art. 155, Bodenrecht, in: Die Grundrechte und Grundpflichten der RV, hrsg. v. H. C. Nipperdey, II, 1930, 48 47
S.287.
49 Zur single tax-Bewegung vgl. noch Schmölders, G., Allgemeine Steuerlehre, 4. Aufl., 1965, S. 44/45. 60 Deren Hauptvertreter Adolf Damaschke bringt deutlich George'sche Begründungen für seine Zuwachssteuer-Ideen, so etwa "unsere steigende Kultur" (Vgl. etwa "Die Bodenreform", 20. Aufl., 1923, S. 108).
3 Leisner
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
Besonderheiten von Grund und Boden gewonnen, nicht daraus, daß der Wertzuwachs unverdient sei. Gerade diese letzteren Gedanken aber stehen heute immer mehr im Vordergrund. Daraus folgt: Eine kontinuierliche geistige Tradition läßt sich im Wertabschöpfungsdenken nicht feststellen. Die allgemeinen Grundrentenüberlegungen jedenfalls, die noch bei George, dem Vater der Bodenreformbewegung, bestimmend waren, spielen heute kaum mehr eine Rolle61 . c) Adolph Wagner ist der eigentliche Begründer der Zuwachssteuertheorie in Deutschland, er ist überhaupt bis auf den heutigen Tag ihr bedeutendster Theoretiker, über seine Lehren sind die Verfechter dieser Auffassung nie eigentlich hinausgekommen. Zwar finden sich Wurzeln der Zuwachssteuertheorie bereits in der Einkommensteuerlehre der deutschen Finanzwissenschaft im 19. Jahrhundert52, doch erst Wagner versuchte ihre systematische Grundlegung, ihre Einordnung in das gesamte Steuersystem. Darin, nicht in der Neuartigkeit einzelner Legitimationsversuche der Abschöpfung, liegt seine eigentliche Bedeutung. Sozialreformerische Ideen hatten den Abschöpfungsgedanken stets getragen, vor allem seit Henry George; bei Wagner werden sie zu einer Grundlage der gesamten Steuertheorie, der "sozialpolitische Steuerzweck steht bei ihm gleichberechtigt neben dem fiskalischen"6s. Die Wertsteigerungssteuer ist aus solcher Sicht nicht mehr ein schwer zu rechtfertigendes Ausnahmephänomen, sie wird zur grundsätzlich legitimen Abgabe. Deshalb sollte sie auch nicht nur für Grund und Boden erhoben werden: Wagner fordert allgemein "Besteuerung der Conjuncturengewinne". Damit scheint er sich grundsätzlich von der physiokratischen Sonderlegitimation aus der Grundrente abzusetzen, ebenso von der single tax-Bewegung, deren Utopie gerade im gewerblich-industriellen Aufschwung Deutschlands nach 1870 eindeutig wurde. Die Erweiterung der Diskussion auf die Abschöpfung aller Conjuncturengewinne brachte überhaupt der Zuwachs besteuerung eine ganz andere Resonanz, sie verstärkte entscheidend die Chancen ihrer politischen Durchsetzbarkeit: Sie wurde zur typischen Gründerzeittheorie, einsichtig all denen, welche die raschen Vermögenszunahmen und -umschichtungen der "Achtziger Jahre" mißbilligten. Diese aber standen, das ist nun für das Verständnis der folgenden Entwicklung ent51 Mögen sich auch gelegentlich in neuester Zeit Ansätze einer neuen "Bodenmonopoltheorie" finden, so etwa bei von Heynitz, J., Abschöpfung von Bodenwertsteigerungsgewinn und Eigentumsgarantie, DVBl. 1975, S. 474 ff. 52 Dazu näher Pistorius (FN 14), S. 164. 58 Schmölders (FN 49), S. 53.
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scheidend - nicht nur im Lager der Linksliberalen und Sozialisten, sie fanden sich auch unter Konservativen und Agrariern, welche Grundstücksspekulation und den Neureichtum der Industriebarone und Kommerzienräte ablehnten. Adolph Wagner, selbst einer der großen Staatsnotabeln der wilhelminischen Zeit, hat die Zuwachsbesteuerung nicht nur wissenschaftlich, sondern auch sozialpolitisch erst hoffähig gemacht; sie war nun nicht mehr das Anliegen einzelner Utopisten oder Sozialrevolutionäre, sondern weiter Kreise in allen Schichten. Betrachtet man allerdings die Begründung Wagners im einzelnen54, so zeigt sich gerade hier deutlich das Problematische einer solchen Abgabe. Wagner geht vom Privateigentum aus, er will es gerade durch solche Zugeständnisse gegen Grundsatzkritik absichern55 • Die "Werthschwankungen des Eigenthumsobjects" dürfen dem Inhaber jedoch nur zugute kommen, wenn "das eigene Thun und Lassen des Eigenthümers das causale Moment" dafür ist56 • Für den Conjuncturengewinn wird dies abgelehnt, hier gebe es kein "individuelles persönliches Verdienen" mehr, damit aber fehle der "Privatbezug" dieses Verdienstes. Infolge von Technik, Oekonomik, Verkehr richte sich in der modernen Volkswirtschaft die Verteilung des Volksvermögens "weniger als früher nach der persönlichen wirthschaftlichen Leistung, nach Fleiss, Tüchtigkeit, Sparsamkeit". Hinzu trete als "neuer Übelstand die Ausbeutung der Conjunctur durch die Speculation". In wenigen Sätzen wird hier die klassische Begründung aller Wertsteigerungsabschöpfung geboten, in einer Apodiktik, ja Axiomatik, welche sie stets gekennzeichnet hat. Die Thematik ist festgelegt und vor allem durch folgendes, auch für die folgenden Jahrzehnte, gekennzeichnet: - Die doch naheliegenden Fragen, ob nicht das "Liegenlassen" eines Gutes auch ein "Lassen" des Eigentümers, ob "Spekulation" nicht gar ein sehr aktives "Tun" sei, wird nicht gestellt. - Das Problem, ob Konjunkturgewinn nicht zum Wesen der Marktwirtschaft gehöre, ob er sich systemkonform überhaupt ganz entziehen lasse, tritt nicht auf. - Grundlage ist eine heute etwas altväterisch-moralisierend anmutende Eigenarbeitsvorstellung, eine "Fleiß- und Sparsamkeitstheorie", deren Wurzeln wohl auch in der deutschen Romantik liegen dürften. - Obwohl die physiokratische Basis verlassen erscheint, ist sie doch unterschwellig noch immer das tragende Fundament: Dem Einwand, 54
55 51
Vgl. etwa Finanzwissenschaft, H. Teil, 1880, S. 463 ff. S.464/5. S.463/4.
B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
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bei Abschöpfung von Gewinnen müßten Staat und Gesellschaft auch die Konjunkturverluste mittragen, entzieht sich Wagner mit dem Hinweis auf die doch "regelmäßig wertsteigernde Richtung" der Entwicklung bei Boden und Gebäuden51 • Auf dieser Grundlage verlangt Wagner eine Gestaltung der Ertragsteuern, der Verkehrsteuern, der Erbschaftsteuer, welche zugleich Wertabschöpfung bewirkt, daneben eine Sondersteuer bei Übergang von Boden in eine wertsteigernde Nutzungsart (Bauland). Wertabschöpfung wäre damit zum allgemeinen Steuerrechtfertigungsprinzip geworden. Es ist höchst beachtlich und bisher zu wenig hervorgehoben worden, daß sich in diesem entscheidenden Punkt Wagners Gedanken nicht durchsetzen konnten: Nicht Abschöpfung von Werten, sondern die Leistungsfähigkeit, damit aber ein ganz anderer Gesichtspunkt, ist zur zentralen Steuerrechtfertigung geworden58 • Damit aber hat die Bewegung den großen steuersystematischen Schwung verloren, den Wagner ihr geben wollte, es ist auf die Dauer zu dem gekommen, was man eine Provinzialisierung des Abschöpfungsdenkens nennen könnte - zu einer Beschränkung auf das Bodenproblem; denn die allgemeine Besitzsteuer, die Wagner ursprünglich, und in richtiger Voraussicht, nicht wollte, ist eben doch Episode geblieben. Und seit Wagner ist der Idee der Abschöpfung des Wertzuwachses kein wesentlicher Wert mehr zugewachsen. 11. Die ersten Abschöpfungssteuern in Deutschland59 1. Die deutsche Bodenreformbewegung
In Deutschland hatte eine Bodenreformbewegung schon vor dem Erscheinen des aufrüttelnden Buches von George namhafte Anhänger gefunden, darunter zeitweise auch Friedrich List 60• Michael Flürscheim gründete den "Bund der deutschen Bodenreformer" . Er und seine Schule empfahlen den Erwerb des Bodens durch den Staat, der ihn dann verpachten und die Einkünfte für allgemeine Zwecke verwenden sollte. 1898 trat der aktive Adolf Damaschke61 an die Spitze des Bundes, der über die Zeitschriften "Bodenreform" (früher "Deutsche Volksstimme") und "Jahrbuch der Bodenreform" eine rege literarische Tä57
S.466.
Vgl. unten C IV. so Lit. z. folg. findet sich zusammengestellt u. a. b. von Nostitz (FN 1), S. 785; Pistorius (FN 14), S. 159. 80 Näheres bei Pistorius (FN 14), S. 327. 11 Bekannt geworden vor allem durch seine in hohen Auflagen erschienene Schrift "Was ist nationalsozial?". 68
11. Die ersten Abschöpfungssteuern in Deutschland
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tigkeit entfaltete. Zu Beginn des Jahrhunderts gelang es diesen Bestrebungen, eine regelrechte Spaltung der deutschen Nationalökonomie hervorzubringen - fast alle bedeutenden Vertreter nahmen für oder gegen eine Wertzuwachssteuer Partei. Die Diskussion nahm jedoch insgesamt rasch einen politischen, nicht selten einen deutlich demagogischen Charakter an62 • Die zentrale Frage nach Privateigentum, nach Leistung und Risiko des Eigentümers, selbst durch zeitweiliges "Liegenlassen" eines Gutes, wurde regelmäßig, ja systematisch, umgangen, physiokratisch begründete "Gesetzmäßigkeiten" der laufenden Bodenwertsteigerung spielten - in popularisierter Form - die entscheidende Rolle. Auch die sich entwickelnde katholische Sozi all ehre wurde mit der Zuwachsfrage befaßt83 • Politisch plausibel wurden die Forderungen der Bodenreformer durch die in der Tat enorme Wertsteigerung bei Eigentum von Stadtgrundstücken6 4, die damals geradezu als revolutionär erscheinen mußten, stellt man die weit höhere Wertstabilitätserwartung und -erfahrung der vorhergehenden Periode in Rechnung. Der "Bund Deutscher Bodenreformer" hat auf solcher Grundlage eine für die damalige Zeit einmalige Bürgerinitiativbewegung hervorgerufen, welche die Gesetzgebung der Vorkriegsjahre entscheidend beeinflußt hat und übrigens manche gängige Vorstellung von der konservativen, obrigkeitsgläubigen Wilhelminischen Zeit widerlegt65 • 2. Kiautsmou
Der erste Durchbruch zu einer Art von Bodenwertzuwachssteuer gelang in Kiautschou88 • § 6 der "Verordnung betreffend den Landerwerb 82 Selbst bei Adolph Wagner, vgl. etwa seine von Damaschke (FN 50), S. 119 zit. Worte vor dem deutschen Bodenreformtag in Stuttgart am 21. 4. 1908. 811 Daß hier nicht immer ein besonders hohes Niveau der Diskussion erreicht wurde, zeigt etwa ein von Damaschke (FN 50), S. 109 f. berichtetes Gespräch zwischen ihm und dem katholischen Sozialethiker Heinrich Pesch SJ über die Frage, ob die Stadt Heidelberg einen "Spekulationsgewinn" besteuern dürfe, der nach Erweiterung des Bahnhofs innerhalb von 4 Jahren eingetreten war. Nach Pesch war die Gemeinde dazu berechtigt, eine Sünde der Verschwendung werde, so meinte dieser, sogar begangen, wenn Bedarf bei Kirchen, Krankenhäusern, Schulen u. ä. m. bestehe, und doch nicht abgeschöpft werde. Neben dem naiven Allgemeinschluß von Bedarf auf Berechtigung fällt hier auf, daß die Frage, warum denn nun die Gemeinde, warum Kirchen oder Krankenhäuser diesen "leistungslosen Gewinn" nicht gemacht, warum sie nicht einmal mitgeboten hätten, nicht gestellt wird. 84 Aufschlußreiche Zahlenangaben für Berlin und andere Großstädte bei von Nostitz (FN 1), S. 774/6 sowie bei Damaschke, (FN 50), S. 116, der Erhebungen der Bayerischen Staatsregierung zitiert. 85 Damaschke berichtet von 800 - 900 Versammlungen, 600000 Flugblättern, 12 000 Kampfbroschüren und einer großen Zahl von Denkschriften, sowie von Massenpetitionen in der Größenordnung von einer Million Bürgern (FN 50, S. 120).
B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
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in dem deutschen Kiautschou-Gebiet" vom 2. 9. 1898 verpflichtete die Grundeigentümer, ein Drittel der Differenz zwischen Erwerbs- und Verkaufspreis, abzüglich der "vorgenommenen Verbesserungen" und 6 % des Verkaufspreises, dem Gouvernement "auszukehren". Alle 25 Jahre sollte eine entsprechende Abgabe nach dem zur Zeit der Abgabeleistung geschätzten Wert des Grundstückes erhoben werden. Zwar handelte es sich nicht um eine Steuer im technischen Sinn, sondern um eine dingliche Belastung des Grundstückes, welche auch im Grundbuch eingetragen wurde. Dennoch hätte sie sich im Ergebnis als Abschöpfung auch der nicht realisierten Wertsteigerungen ausgewirkt. Die Bodenreformbewegung hat sie als Sieg gefeiert, vor allem, weil hier ja zugegeben worden sei, daß der Zuwachs durch Veranstaltungen des Reiches, nicht durch die der Eigentümer bewirkt worden sei. In Wahrheit sollten allerdings in erster Linie die chinesischen Grundbesitzer getroffen werden, welchen hohe Gewinne zuflossen, sowie die ebenfalls meist chinesischen Grundstücksspekulanten. Bevor dann die eigentliche Bewertungsproblematik auftrat, setzte der Weltkrieg dem Experiment ein Ende. 3. Kommunal- und Landessteuern auf den Bodenwertzuwachs bis 191187
In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts setzte eine Gesetzgebungsbewegung ein, welche den Gedanken der Wertzuwachsabgabe in einer doppelten Bewegung sozusagen induktiv durchzusetzen schien - einmal "von unten nach oben", von den Gemeinden über die Länder zur Reichssteuer hin, zum anderen von der Bodensteuer zur allgemeinen Besitzzuwachsabgabe. a) Die ersten Schritte unternahmen die Kommunen. In Sachsen soll schon 1902 eine gemeindliche Wertzuwachssteuer in einigen kleineren Orten eingeführt worden sein; sicher geschah es 1903 im Städtchen Oetzsch. Ein wesentlicher Einbruch aber gelang den Bodenreformern in Frankfurt am Main: 1904 setzte der Oberbürgermeister Adickes auf Grund des preußischen Kommunalabgabengesetzes eine entsprechende Abgabe durch. Dies machte rasch Schule - Ende 1910 zählte man bereits 652 Kommunen mit Bodenwertabgaben, darunter Köln, Essen und Berlin.
e.
Dazu Simon (FN 36), S. 13; von Nostitz (FN 1), S. 781; Conrad, J., Grundriß zum Studium der politischen Ökonomie, III. Teil: Finanzwissenschaft, bearb. v. H. Köppe, 9. Aufl., 1923, S. 286; Bräuer (FN 37), S. 1028; Schrameier, Aus Kiautschous Verwaltung, 1914; vgl. auch MarkuH, W., Das Reichs- und Landesrecht der Zuwachssteuer, 1928, S. 1/2. 17 Vgl. Simon (FN 36), S. 13/4; HdwB d. Preuß. Verw., 2. Aufl. 1911, II, S. 944; PistoTius (FN 14), S. 325; Conrad (FN 66), S. 286; MarkuH (FN 66), S. 2; Bräu er (FN 37), S. 1020, 1029.
11. Die ersten Abschöpfungssteuern in Deutschland
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b) Bald nahm sich auch eine spezielle Landesgesetzgebung der Frage an. Sie begründete oder erweiterte die Besteuerungsrechte der Gemeinden68 oder der Kreise 69 oder führte zu einer Staatsbesteuerung (vor allem in den StadtstaatenFo. Gemeinsam war allen diesen Gesetzen, ebenso wie der zum Teil daneben selbständig bestehenden Kommunalbesteuerung 71 , daß - Abgaben nur von realisiertem Wertzuwachs erhoben wurden. Es handelte sich also um eine nach Mehrwertgrundsätzen erhobene Grundverkehrsabgabe. - die Besteuerung nicht die "mühelose Bereicherung einer Privatperson" abschöpfen, sondern eine Gegenleistung für wertsteigernde Veranstaltungen der Gemeinden darstellen sollte72 . Damit war also nicht dem grundsätzlichen bodenreformerischen Anliegen der Grundrentenabschöpfung entsprochen worden; vielmehr schien die Abgabenlegitimation auf Argumente der Kommunalbodenpolitik reduziert, ja sie erschien geradezu, im Sinn der damals noch weit verbreiteten Aequivalenztheorie bei der Steuerrechtfertigung, als Gegenleistung für gemeindliche Veranstaltungen, nicht als sozialreformerischer Schlag gegen den arbeitslosen Besitz. e) Die Bodenreformer waren daher mit diesem Fortschritt nicht zufrieden, obwohl ihnen das Preußische Oberverwaltungsgericht bereits 1905 bestätigte, daß die kommunale Wertzuwachssteuer rechtmäßig seF3, und obwohl die in den Regelungen vorgesehene Rückwirkung 74 die Erfassung von erheblichen Wertsteigerungen zu ermöglichen schien, ein Vorgehen, welches heute an der Rechtsstaatlichkeit scheitern würde. Vor allem gelang es nämlich den in vielen Gemeinden einflußreichen Grundbesitzern - insbesondere in Preußen über das Dreiklassenwahlrecht - der Steuer "die Giftzähne auszubrechen"75: Freigrenzen wurden erhöht und die Abzüge mit steigender Besitzdauer gesteigert, was 8S So etwa das württembergische Steuerreformgesetz von 1903, das Hess. Gesetz von 1907, das Lippische Gesetz von 1910 usw. et Preuß. Gesetz betreffend die Kommunal- und Kreisabgaben vom 31. 3. 1906. 70 Hamb. Gesetz von 1908; Lübeck 1909. 71 Für welche der Staat alsbald auch Mustersteuerordnungen aufstellte, vgl. etwa Preußen, 18.5. 1909, MBl. S. 148. 72 Wie es das HdwB d. Preuß. Verw. (FN 67) für Preußen treffend formuliert. 73 Vgl. Simon, a.a.O., S. 14. 74 In der Tat gingen die Kommunen teilweise um Generationen in die Vergangenheit zurück, Hamburg grundsätzlich unbegrenzt, Dortmund bis zum Jahre 1860, vgl. Bräuer (FN 37), S. 1026; von Nostitz (FN 1), S. 780, 785. 75 Bräuer, a.a.O., S. 1029.
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
mit der damals bereits populären Spekulationsbekämpfung vereinbar erschien, andererseits aber gerade die Stellung des traditionellen Grundbesitzes stärkte. Die kommunale (staatliche) Wertzuwachssteuer hat vor dem 1. Weltkrieg insgesamt ein nicht ganz unbeträchtliches Aufkommen erreicht76. Dennoch glaubten die Bodenreformer nicht zu Unrecht, daß der Durchbruch zu der mit solcher Grundsätzlichkeit geforderten Wertzuwachssteuer aus dem Wesen ,des unverdienten Gewinnes auf dem kommunalen Weg nicht zu erreichen sei, bei dem die Abgabe stets als eine Form der Grundsteuer, ja des Infrastrukturkostenbeitrages erscheinen und sich aus der kontingenten Baulandproblematik nicht werde lösen lassen. Dies ist also die Lehre aus dieser Periode: Die kommunale Situation, die Baulandfrage mag Wertsteigerungsabgaben zu Zeiten plausibel machen, den allgemeinen großen Abschöpfungsgedanken kann sie allein nicht durchsetzen. Deshalb erhoben die Bodenreformer alsbald mit Nachdruck die Forderung nach einer Reichssteuer, für welche als erster Adolph Wagner im Jahr 1908 entschieden eintrat77 - nur auf diese Weise konnte ja seine systematische Steuerkonzeption verwirklicht, konnte über das allgemeine Wahlrecht im Reichstag der Abbau der "Privilegien" erwartet werden, welche die Grundbesitzer in den Kommunen hatten durchsetzen können. RI. Die Reichsgesetzgebung 1911/1913
Die Zeichen standen günstig, der Durchbruch schien rasch zu gelingen. 1. Das Reicbszuwacbssteuergesetz von 1911
a) Von 1905 an wurden im Reichstag laufend Anträge gestellt, das Reich durch Gesetz an den Bodenwertsteigerungen zu beteiligen78 . Am 1. Mai 1909 wurde im Hauptausschuß des Reichstages der Antrag, es solle eine solche Gesetzesvorlage "ohne Verzug" ausgearbeitet werden, einstimmig angenommen - ein "seltenes Schauspiel"79. In der Vorlage zur Reichsfinanzreform war auch die Erhebung einer Wertzuwachssteuer - neben der Umsatzsteuer - vorgesehen, welche wiederum einstimmig im Ausschuß gebilligt wurde 80 . Nun aber intervenierte die 78 Immerhin kann Conrad (FN 66), S. 289/90, für das Jahr 1913 von über 45 Millionen in den Gemeinden und für 1914 von fast 10 Millionen in den
Kreisen berichten. 77 Vgl. Conrad (FN 66), S. 28617; Bräuer (FN 37), S. 1029. 78 Näheres bei Simon (FN 36), S. 14 f., auch zum folgenden. 79 Damaschke (FN 50), S. 119. 80 Am 21. 5. 1909 - Art. II Abschn. 3.
III. Die Reichsgesetzgebung 1911/1913
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Reichsregierung. Sie legte eine Denkschrift vor, welche zwar die Besteuerung des "unverdienten Wertzuwachses" für "an sich berechtigt" erklärte, jedoch eine Reichssteuer wegen der Unmöglichkeit der gleichmäßigen Heranziehung aller Pflichtigen und der Unwahrscheinlichkeit eines einigermaßen beträchtlichen und gleichmäßigen Aufkommens ablehnte. Außerdem sei die Frage in Praxis und Wissenschaft noch zu wenig geklärt. Obwohl also der Steuer von Anfang an steuertechnische und grundsätzliche steuerrechtliche Gründe entgegenstanden, ging die durch die Bodenbewegung angetriebene Politik darüber hinweg: Als im Juli 1909 dieser Teil der Reichsfinanzreform abgelehnt wurde, verabschiedete der Reichstag auf Antrag des Grafen Westarp einen Zusatz zum Reichsstempelgesetz, welcher die Einführung einer "Reichsabgabe von der unverdienten Wertsteigerung bei Grundstücken (Zuwachssteuer)" bis zum 1. 4.1912 vorsah und inzwischen die Beurkundungsgebühr bei Grundstücksgeschäften sogleich auf das Doppelte erhöhtest. Es ging also gar nicht mehr so sehr um eine gezielte Abschöpfung, es sollte auf jeden Fall sogleich "irgendetwas" zur stärkeren Belastung des Grundbesitzes geschehen, und dazu erschien selbst die Grundstücksverkehrsbeurkundung als ein geeigneter Ansatz, obwohl doch dieser grobe Raster als eigentliches Abschöpfungsinstrument gar nicht in Frage kommen konnte. Hier folgte man ersichtlich den Lehren von Adolph Wagner, der ja schon Jahrzehnte vorher vorgeschlagen hatte, solche "Conjuncturengewinne" durch Kombination verschiedener Abgaben wegzusteuern. b) Unter scharfem politischen und gesetzlichen Zeitdruck wurde nun das Zuwachssteuergesetz im April 1910 vorgelegt, am 1. 2. 1911 bereits verabschiedet. Die Fronten verliefen hier quer durch die meisten Parteien - nur die Sozialdemokraten lehnten geschlossen ab, die Nationalliberalen stimmten dafür s2 . Zum Teil erklärt sich dies aus vertauschten Fronten - die Befürworter wollten "Schlimmeres" verhindern, den Ablehnenden ging die Abschöpfung nicht weit genug - teilweise aber auch daraus, daß die Befürworter ebensowohl im linken wie im rechten Lager standen, wo nicht wenige konservative Agrarier gegen rasche Konjunkturgewinne, gegen Spekulation vorgehen wollten. Beides findet sich übrigens immer wieder, auch in den späteren Auseinandersetzungen - die "vertauschten Fronten" ebenso wie eine gewisse gemeinsame Frontstellung "konservativer" und "progressiver" Kräfte gegen eine "liberal-marktwirtsch:aftliche" Zentrumspositions3 Näheres bei Simon (FN 36), S. 15 f. Gespalten waren insbesondere die Konservativen, das Zentrum, die Fortschrittlichen (vgl. Damaschke [FN 50], S. 120 f.). 83 Wobei diese Bezeichnungen nicht etwa mit heutigen parteipolitischen Positionen ohne weiteres identifiziert werden dürfen. 81
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und damit eine nicht vollständige parteipolitische Polarisierung üblicher Art. Der große politische Schwung bei ungenügender grundsätzlicher und steuertechnischer Durchdringung hat schon damals eine politisch verwirrende Vielfalt der Positionen hervorgebracht - auch daran sollte sich später nur wenig ändern. c) Dieses erste Reichszuwachssteuergesetz ist "für die künftige Gesetzgebung des In- und Auslands richtunggebend geworden"84. Hier sind zum ersten und mit einem Male alle die Schwierigkeiten aufgetreten, welche die Zuwachsbesteuerung belasten können, ihre Grenzen wurden schon damals deutlich. Das Gesetz war ein Komprorniß in jeder Hinsicht, in dem die ursprüngliche Grundidee einer großen Reichssteuer zur Abschöpfung der gesamten Bodenwertrente weitestgehend aufgegeben wurde 85 : Nur der realisierte, nicht jeder Wertzuwachs wurde erfaßt; nicht der Bodenwertzuwachs allein, sondern der gesamte Immobiliarwertzuwachs sollte besteuert werden - was die Ergiebigkeit, infolge der vielen laufenden Gebäudeverbesserungen minderte, welche den Zuwachs herabsetzen; das Reich mußte das Aufkommen mit den Kommunen (40 %) und den Ländern (10 0/0) teilen. In einer eigenartigen Mischung von objektiver und subjektiver Besteuerung konnte, in einer Progression nach der Höhe des Wertzuwachses, bis zu 30 % abgeschöpft werden86 . Doch das Gesetz war "voller Schwächen und Fehler"87, die "höchstkomplizierte und technisch ungemein schwierige Steuerform enttäuschte durch die geradezu verschwindenden Erträge"88. Insgesamt wurde in den Jahren bis 1914 kaum das erzielt, was die Kommunalabgaben in einigen hundert Kommunen bisher schon erbracht hatten81 . Und dabei hatten sich die eigentlichen Probleme, die ja erst bei der Besteuerung des nichtrealisierten Gewinns in der Bewertung aufgetreten wären, noch gar nicht einmal gestellt. d) Die Gründe dafür, und damit letztlich für das Scheitern des großen steuerlichen Abschöpfungsgedankens, lagen vor allem in folgenden Regelungen, welche das Gesetz übermäßig "entschärft" hatten, die zum
Bräuer (FN 37), S. 1030. Zu Einzelheiten vgl. HdwB d. preuß. Verw. 11, 1911, S. 944 f.; Conrad (FN 66), S. 286 f.; Bräu er, a.a.O., S. 1029 f. 86 Und zwar durch die Reichssteuer selbst und einen danben noch von den Kommunen mit Zustimmung ihrer Landesregierungen zu erhebenden Zuschlag von bis zu (nochmals) 40 % der Steuer (= Kommunalanteil), wobei aber insgesamt 30 % des Wertzuwachses höchstens weggesteuert werden durfte. 87 Damaschke (FN 50), S. 121. 88 Bräuer, aaO, S. 1030. 89 Nachw. b. Conrad (FN 36), S. 288. 84
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III. Die Reichsgesetzgebung 1911/1913
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Teil aber bei einer Zuwachssteuer überhaupt nur schwer zu vermeiden sind: - Freigrenzen waren in beträchtlichem Umfang vorgesehen - sie ließen sich schon aus sozialpolitischen Gründen nicht vermeiden. Dabei zeigte sich aber, daß der zuwachsträchtige deutsche Grundbesitz schon in erheblichem Umfang gestreut war. Diese Problematik einer Zuwachssteuer hat sich inzwischen eher noch verschärft. - Die Steuer war als Immobiliarzuwachssteuer einheitlich konzipiert, zwischen Grundstücks- und Gebäudewert wurde nicht unterschieden. Damit aber wurden die Eigentümer zu Verbesserungsaufwendungen ver anlaßt, welche den zu besteuernden Zuwachs minderten. Auch diese Konsequenz ist grundsätzlicher Art. Sie läßt sich nur durch eine reine Grundstückssteuer vermeiden, die aber schwierige Bewertungsfragen aufwirft und überdies den Grundgedanken der allgemeinen Immobiliarabschöpfung aufgibt, damit aber deren Stoßkraft wesentlich abschwächt. - Die Steuer minderte sich bei laufend geringem Ertrag 9o • Damit wurde anerkannt, daß bei ertrags armem Boden eine gewisse Wertsteigerungserwartung häufig bestehe und auch marktwirtschaftlich durchaus legitim sei. Dies war und ist weithin der Grund für die BodenhaItung in der Landwirtschaft. Will man nicht in ideologischen Doktrinarismus verfallen, so muß man auch dem irgend wie stets Rechnung tragen. - Die Zuwachssteuer wurde aber vor allem durch eine bedeutende Regression nach der Besitzzeit91 abgemildert. Dadurch wurde die Abschöpfung gerade bei jenem land- und fortwirtschaftlichen Besitz vereitelt, wo die höchsten Steigerungen eingetreten waren. Sicher muß nun die Regression nicht so weit führen wie im Kompromiß von 1911, doch kann der Regressionsgedanke als solcher nur schwer bei einer steuerlichen Abschöpfung unberücksichtigt bleiben: Diese Besteuerung wendet sich doch vor allem gegen die Bodenspekulation, damit wird sie politisch in erster Linie motiviert. Dann aber ist eine Milderung bei längerer Besitzdauer ein Gebot der Gerechtigkeit. Wird aber der Bodenwertzuwachs ohne Rücksicht auf Spekulation besteuert, so kann es sogar noch zur Verstärkung der Spekulation kommen, die doch immerhin den zu versteuernden Gewinn erhöhen kann. Am Regressionsproblem, an dem letztlich die Steuer gescheitert ist, hat sich also schon damals gezeigt, daß Spekulationsbekämpfung zwar meist politisch zur Legitimation der Wertabschöpfung einge80 Blieb der Ertrag unter 3 Ufo des Erwerbswertes zurück, so konnte dies bis zu 15 Jahren von der steuer abgezogen werden. 81 1 Ufo durfte für jedes Jahr in Abzug gebracht werden.
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung setzt wird, zu dieser in Wahrheit aber sogar in Widerspruch treten kann, indem nämlich durch spekulationsbekämpfende Regression die Abschöpfung vereitelt wird.
Vor allem aber ist es schon damals, beim ersten großen Versuch, nicht gelungen, der Abgabe eine tragfähige Legitimation zu geben. Aequivalenzgedanken (Rückführung der Wertsteigerung auf "Veranstaltungen des Staates") und Leistungsfähigkeitsüberlegungen (Wertzufluß als solcher) lagen in unklarem Gemenge92 - eine überzeugende Begründung für das ständig behauptete "Unverdiente" der Wertsteigerung ist nicht gelungen. So ist denn dieser Zentralbegriff, der im ersten großen Anlauf hätte geklärt werden müssen, im Zwielicht geblieben, auch für die Folgezeit93 • Der große Beginn der Wertzuwachssteuer war zu einem Kreißen der Berge geworden. Dies hat die Bodenreformbewegung an einem zentralen Punkt gebrochen. 2. Das Reimsbesitzsteuergesetz von 191394 und die Entwicklung der Bodenzuwamssteuer
Zunächst aber trug der politische Schwung noch weiter: Noch bevor das finanzpolitische Scheitern der Bodenwertzuwachssteuer offenkundig geworden war, ging das Reich mit einer neuen Gesetzgebung95 zu einer Belastung aller Besitzwertsteigerungen über. a) Der Gedanke einer allgemeinen Vermögenszuwachssteuer entstand bereits in den Finanzreformkämpfen von 1908/9, teilweise als Erweiterung der Bodenreformvorstellungen, zum Teil aber auch als eine selbständige Idee, als ein Versuch, die Reichsfinanzenmisere zu überwinden9'. Der Gedanke, Mobilienwertzuwachs, etwa bei Juwelen oder Antiquitäten, abzuschöpfen, wurde diskutiert, aber meist als allzu kompliziert in der Verwirklichung verworfen97 • Im Jahre 1910 scheiterte ein Versuch zur Einführung einer Zuwachssteuer bei Wertpapieren am Widerstand der Reichsregierung98 , welche ihn als undurchführbar beSiehe dazu HdwB d. Preuß. Verw. (FN 85), S. 945. Vgl. dazu unten er. U Die wohl beste Darstellung über Gestaltung und Hintergründe der Steuer findet sich bei Pistorius (FN 14), S. 159 f., insbes. 163 f., dort Nachw. zum Schrifttum, siehe auch Conrad (FN 66), S. 94 f. 95 Dem sog. Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913 (RGBI. S. 524). 08 Die Vermögenszuwachssteuer, u. a. auch als "Überflußsteuer", "Ersparnissteuer", "Erbzuwachssteuer" diskutiert, wurde vor allem von dem Baudirektor Bendixen, dem Bürgermeister Weißenborn sowie dem Abgeordneten von Dewitz gefordert; vgl. dazu Pistorius (FN 14), S. 163. 97 Vgl. etwa von Nostitz (FN 1), S. 774. 98 HdwB d. Preuß. Verw. II, S. 943. 92
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zeichnete. 1912 forderte eine lex Bassermann-Erzberger eine allgemeine, den verschiedenen Besitzformen gerecht werdende Besitzsteuer. 1913 wurde etwas derartiges Gesetz, zugleich mit dem Wehrbeitrag99• Der Weltkrieg, zu dessen Vorbereitung all dies gehörte, warf seine Schatten voraus. b) Die Besitzsteuer erfaßte den Vermögenszuwachs im weitesten Sinne, einschließlich Erbschaften und Schenkungen. Die Vermögensdifferenz war im Abstand von 3 Jahren festzustellen (§ 18). Grundlage der Berechnung des Zuwachses war der gemeine Wert (Verkaufswert) des Gutes (§ 29), bei Wertpapieren der Kurswert (§ 34). Es waren jedoch verhältnismäßig hohe Freigrenzen vorgesehen100 und, vor allem, die Steuersätze waren bescheiden, verglichen mit denen des Zuwachssteuergesetzes von 1911. Der absolute Spitzensatz lag bei 2,5 Ofo des Zuwachses bei Riesenvermögen und Großzuwächsen, bei einem Vermögen von 350 000 Goldmark, das um 80 000 Goldmark zugenommen hatte, betrug die Steuer jedoch etwa nur 1,2 Ofo des Zuwachses. c) Damit aber fällt das Reichsbesitzsteuergesetz eigentlich aus der hier behandelten Abschöpfungsproblematik heraus. Es stellte eine Art von Vermögensteuer dar und wollte das Reich nur in einem vergleichsweise bescheidenen Maße an der Vermögenssteigerung partizipieren lassen. Fremd sind der Regelung die beiden Grundgedanken der Wertzuwachsabschöpfung: Der Entzug des Zuwachses als solchen oder doch eines großen Teiles desselben, und die Begründung aus dem unverdienten Zuwachs - die Besitzsteuer erfaßt jeden, auch den offensichtlich durch eigene Anstrengung "verdienten" Vermögenszuwachs. Daraus ergibt sich die wichtige Folgerung: Das allgemeine Wertzuwachssteuerrecht ist zwar für die Abschöpfungsproblematik nicht ganz ohne Bedeutung, denn auch hier ist ja Steuerquelle der Wertzuwachs, und vor allem treten die Bewertungsprobleme auch hier auf; damit aber erweist sich, ob eine Zuwachssteuer überhaupt praktikabel ist, auch in diesem Falle. Doch sind Steuerziel und Steuersatz derartig unterschiedlich, daß es sich letztlich doch um zwei völlig getrennte Steuerphänomene handelt. Die Besitzsteuer steht im Raume der Vermögensteuer, die "Abschöpfung durch Steuern" bleibt in der deutschen Entwicklung auf den Grundbesitz beschränkt. Sie hat bisher nie ein "allgemeines Abschöpfungsdenken" hervorgebracht, wie es doch bei einer Entwicklung nahegelegen hätte, in der sich die Vermögensmehrung immer mehr vom agrarischen in den gewerblichen Raum verlagert hatte. Dazu Conrad (FN 66), S. 95. Nur Vermögen von über 20000 Goldmark und nur ein Zuwachs von über 10 000 Goldmark unterlagen der Besteuerung (§§ 13, 12). 99
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
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d) Die Besitzsteuer war kein neuer Sieg der Bodenreformbewegung, sie bedeutet sogar einen entscheidenden Rückschlag für dieselbe: Das Reich gab seinen Anteil am Aufkommen der eben erst geschaffenen Zuwachssteuer wieder auf und überließ deren weitere Ausgestaltung den Ländern, ihr Aufkommen den Ländern und Gemeinden. Deren rasch einsetzende Gesetzgebung hat zu einer Zersplitterung der Bodenwertzuwachsbesteuerung und zu einer Re-Kommunalisierung, zu einer Provinzialisierung geführt101 : Im Grunde war mit dem Rückzug des Reiches aus der Bodenwertzuwachssteuer der Bodenreformbewegung die Spitze abgebrochen. Selbst wenn es nicht zu Krieg und Inflation gekommen wäre, hätte die Abschöpfung nicht mehr intensiviert und systematisiert werden können. Sie fiel in die Kommunalebene mit ihren vielfachen traditionellen Durchbrechungen, Abschwächungen, Privilegierungen zurück, ihre Sätze ließen sich nicht mehr entscheidend anheben. Große Sozialpolitik läßt sich eben nicht mit Kommunalabgaben machen, ein Durchbruch zu einem neuen mit einer Wertzuwachshypothek grundsätzlich belasteten Eigentumsbegriff war mit dieser Entwicklung ausgeschlossen. Seit 1913 steht die Abschöpfungssteuer, nach einem so mächtigen Anlauf, bereits wieder auf dem Aussterbeetat. e) Mit dem Besitzsteuergesetz war überdies ein weiterer Einbruch in das Abschöpfungsdenken verbunden, der damals wohl kaum als solcher bewußt wurde: Das eigentliche Ziel der neuen Abgabe war kein sozialpolitisches mehr, sondern ein fiskalisches, ja ein militärpolitisches: Es ging darum, die bevorstehende kriegerische Auseinandersetzung zu finanzieren: Die Wehrvorlage hatte schon 1912 durch eine allgemeine Besitzsteuer abgedeckt werden sollen, und da die Erbschaftsteuer am Widerstand des Reichstages, die Vermögensteuer an dem des Bundesrates scheiterte, eine Verbrauchsteuer aber nicht gebracht werden sollte, um den sozialen Frieden nicht zu gefährden, blieb nur jene eigenartige Konstruktion der Besitzsteuer, welche im Grunde nichts war als eine Reichsvermögensteuer102 • Es ging also um überwindung der Misere der Reichsfinanzen und die notwendigen Kriegsvorbereitungen, und deshalb ist auch das Besitzsteuergesetz zugleich mit dem Wehrbeitrag verabschiedet worden, die Bewertung wurde, insbesondere bei Grundstücken, mit der Veranlagung für den Wehrbeitrag verbunden (§ 33).
Abschöpfung ist also von Anfang an weder Ziel noch Rechtfertigung dieses Gesetzes gewesen. Seine Legitimation war vielmehr letztlich eine Dazu Näheres bei Conrad (FN 66), S. 288/9. Dazu Pistorius (FN 14), S. 164, der zutreffend darauf hinweist, daß die Vermögensteuer damals ja den Ländern zustand. 101
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wehrpolitische: Wenn man über die allgemeine Wehrpflicht von jedem Bürger die gleichen, schweren Opfer für den Kriegsfall verlangte, so erschien es als eine Forderung der Gerechtigkeit, auch den Besitz in gesteigerter Form für die gemeinsamen Anstrengungen heranzuziehen, und überdies versuchte man darin ein Entgegenkommen gegenüber den besitzlosen Massen, das sozial-, ja staatspolitisch unumgänglich zu sein schien, und durch welches diese in die nationale Solidarität voll eingebunden werden sollten. So ist denn hier, um es überspitzt auszudrücken, die ursprüngliche Sozialpolitik der Abschöpfung in der Nationalpolitik der BesitzwertVermögensteuer untergegangen. Damit aber ist die Abschöpfungsgesetzgebung eine kommunale Steuerprovinz geworden, die gewaltige Bodenbewegung zur Episode, die steuerliche Abschöpfung der Wertzuwächse eine Steuerquelle unter vielen - sie, die einst über die single tax alle anderen Abgaben hatte überflüssig machen sollen! f) Selbst in dieser höchst abgeschwächten Abschöpfungsform hat die Besitzsteuer noch heftige und grundsätzliche Kritik, gerade wegen ihres Abschöpfungseffektes, erfahren 103 : Sie erschien als eine rein politische Konzession, der "die Finanzwissenschaft sicher keinen Ehrenplatz einräumen werde" (Gerloff). Die deutsche Struktur der breit gestreuten Vermögen eigne sich gar nicht für diese Abgabenform. Die Herkunft der Zuwächse sei völlig unterschiedlich, so daß eine einheitliche Steuerlegitimation und Besteuerungsform nicht vertretbar sei, die Veranlagung werde allzu schwierig und teuer werden. Vor allem aber bedeute sie: "Der Verschwender besteht, der Sparer vergeht" (Strutz). Obwohl also diese Steuer gar nicht die Intensität echter Abschöpfung erreichen konnte und sollte, sind doch sogar gegen sie schon alle jene Einwendungen erhoben worden, welche früher und heute gegen die Zuwachsabschöpfungssteuern, und zwar dann a fortiori, geltend gemacht werden können. Die allgemeine Wertzuwachsabgabe hat also auch unter diesem Gesichtspunkt die Abschöpfungsvorstellungen nicht gefestigt, sie hat ihnen neue Kritik gebracht. Es setzt sich eigentlich hier nicht eine Tradition des Abschöpfungsdenkens fort, es entfaltet sich eine Art von AntiTradition, am Kern der Abschöpfungssteuern vorbei - sie werden, allenfalls noch, als gewöhnliche Steuern nach Leistungsfähigkeit verstanden. Der "unverdiente Wertzuwachs" gerät mehr und mehr in Vergessenheit.
103 Pistorius (FN 14), S. 160, 165, berichtet über die scharfe Kritik aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften, vor allem durch Gertoff und Strutz.
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
IV. Krieg, Inflation und der Niedergang des Abschöpfungsdenkens 1. Die Abschöpfung der Kriegsgewinne
Im ersten Weltkrieg und in der ersten Nachkriegszeit kam es zu dem wohl letzten eigentlichen Legitimationsschub für den Abschöpfungsgedanken im engeren Sinne, für den steuerlichen Entzug des "unverdienten Wertzuwachses" in der Besteuerung der Kriegsgewinne. a) Die Diskussion um ihre Abschöpfung begann bereits 1915 104, als die Hoffnungen auf rasches Kriegsende nicht in Erfüllung gingen. Große Gewinne der Heereslieferanten wurden bekannt, kriegsbedingte Preissteigerungen erregten den Argwohn in der Öffentlichkeit, daß sich Produzenten und Handel am Kriege durch Zurückhaltung der Waren bereicherten. Die Rufe nach ihrem Entzug wurden immer lauter. Sie übertönten anfängliche Bedenken über die Zurechnung von Gewinnen zu Kriegsereignissen. Rasch ging man über ursprüngliche Unterscheidungsversuche hinweg - in Deutschland wie in den anderen kriegführenden Ländern nahezu gleichzeitig 105 : Das Kriegssteuergesetz vom 21. 6.1916 belastete die Vermögenssteigerung der Jahre 1914 bis 1916 nach Art und Veranlagung des Wehrbeitrages 106 , aber nunmehr mit Staffelsätzen von 5 -10 Ofo. Weitere Zuschläge wurden auf Grund von Gesetzen vom 9. 4.1917 und 26. 7.1918 erhoben. Der Grundgedanke einer Abschöpfung von Kriegsgewinnen wurde damit völlig preisgegeben. Besteuert wurde nicht nur Vermögenszuwachs aus Heeres- und Flottenlieferungen ("Kriegskonjunkturgewinn"), der etwa auf kriegs bedingte Preissteigerungen zurückzuführen gewesen wäre107 • Erhoben wurde vielmehr eine eigentliche Kriegsopjersteuer, in Form einer außerordentlichen allgemeinen Vermögens abgabe, übrigens bereits verbunden mit eindeutig vermögensteuerlichen Belastungen. Zwar ist also diese Kriegssteuer der erste große Versuch einer Abschöpfung, mit der ursprünglichen Grundidee der Wertzuwachssteuer, dem Entzug "unverdienter Werte", hat sie jedoch nichts mehr zu tun: Besteuert wurde hier ja jeder, auch der verdiente Gewinn, und die Rechtfertigung lag letztlich in der Kriegssituation, in der Notwendigkeit, Verteidigungsopfer zu bringen, nicht aber darin, daß leistungslose Wertsteigerung der Gemeinschaft zugeführt werden sollte. Dieser Op104 Dazu und z. folg. grdl. Strutz, G., Kommentar zum Kriegssteuergesetz v. 21. Juni 1916, 1917, S. 1 f. 105 Näheres dazu bei Conrad (FN 66), S. 98 f. 108 Und damit der Reichsbesitzsteuer, vgl. oben IH, 2. 107 Mit solchen Abgrenzungen hatte sich die Finanzwissenschaft bei Kriegsbeginn noch beschäftigt, vgl. Strutz (FN 104).
IV. Krieg, Inflation und der Niedergang des Abschöpfungsdenkens
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fergedanke trat klar auch darin zutage, daß Abgaben nicht nur bei Gewinn, sondern auch bei nur unwesentlichem Verlust (weniger als 10% der Vermögenssubstanz) erhoben wurde ("Verluststeuer"). b) Diese Kriegsbesteuerung setzte sich fort in der Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs vom 10.9.1919, abgeändert und ergänzt durch Gesetz vom 6. Juli 192p08: Hier sollte der gesamte erhebliche Vermögenszuwachs weggesteuert werden, der während des Krieges entstanden war. Auch diese Abgabe stand unter dem Opfergedanken, nicht unter dem des Entzuges von leistungslosem Gewinn109• c) Die ganzen Kriegssteuern stehen also nicht in der Tradition einer wie immer aufgefaßten Wertzuwachssteuer, welche ja auch weiterhin bei Grundstücken neben ihnen erhoben wurde. Dennoch sind sie für deren Entwicklung - besser: für den Niedergang dieser einst so mächtigen Idee - von großer Bedeutung. In ihnen zeigt sich besonders deutlich, wie sich eine ursprünglich als Wertzuwachsabgabe diskutierte Belastung rasch zu einer Form allgemeiner Vermögensteuer wendet. Vor allem aber erweist sich hier, daß der Gedanke, Wertzuwachs durch Steuern zu entziehen, in sich polyvalent wird: Er kann zu ganz unterschiedlichen Zielen, mit heterogenen Begründungen eingesetzt werden, vor allem aber ganz allgemein zur Überwindung fiskalischer Miseren. Letztlich hat damit die Zuwachssteueridee nur eines gebracht: Nicht eine neue Steuerlegitimation, einen weiteren Abgabenzweck, sondern nichts als die Erschließung einer neuen SteuerqueHe - der Vermögenssteigerung. Damit aber ist sie, verbunden mit dem neuen Leistungsfähigkeitsdenken, letztlich eben - zum Bestandteil der allgemeinen Vermögensteuertheorie geworden. Die Inflation war bald "wirksamer" als all diese Steuern, die mit ihr ins Leere fielen. Doch sie ließ neue Probleme der Zuwachsabschöpfung sichtbar werden. 2. Die Zeit nach 1919 - die Inflation und der Niedergang der Abschöpfungssteuern
Die Weimarer Reichsverfassung bestimmte in Art. 155 Abs. III S. 2: "Die Wertsteigerung des Bodens, die ohne eine Arbeits- oder Kapitalaufwendung auf das Grundstück entsteht, ist für die Gesamtheit nutzbar zu machen." Näheres bei Conrad (FN 66), S. 103/4. Zwar wurde sie auch durch die These von der Illegitimität von Gewinnen in Zeiten schwerer Opfer der Mitbürger und tiefer Not des Staates gerechtfertigt, doch dies läßt sich nicht mit der klassischen Wertzuwachsproblematik vergleichen, welche ja nicht Opferlagen, sondern Leistungen gegenüberstellt. 108 108
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
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Dieser Satz nahm deutlich den Kern des Programmes der Bodenreform auf, er wurde vom damaligen Staatsrecht als Legitimation der Bodenwertzuwachssteuer angesehen und grundsätzlich gebilligtl°9a • Doch wie so viele Programmsätze der Weimarer Verfassung hat er keine wesentlichen Impulse gegeben. a) Zunächst wollte das Reich nach 1919 die Besitzwertzuwachsbesteuerung von 1913 verschärfen llO • Dabei standen jedoch wiederum nicht Vorstellungen der Abschöpfung unverdienten Gewinnes im Vordergrund, sondern die Ausschöpfung der Steuerquelle "neue Leistungsfähigkeit durch Wertzufluß"111. Daneben trat die Legitimation der "überflußsteuer" - das " Nichtverbrauchte", damit aber "Nichtgebrauchte" sollte herangezogen werden112. Demgegenüber spielte der leistungslose Gewinn keine Rolle, es sollte ja auch Leistungsgewinn belastet werden; und an eine eigentliche "Abschöpfung" war zwar vielleicht ursprünglich gedacht, als man einen Tarif von bis zu 30 % vorsah. Es blieb dann jedoch bei wesentlich geringerer Belastung. Das Vermögenszuwachssteuergesetz vom 8. 4. 1922 (RGBl. I, S. 346) sah nur einen Entzug von 1-10 % des Zuwachses vor 113 • Das Gesetz wurde alsbald harter Kritik unterzogen: Eine solche Steuer passe nicht in das System des deutschen Steuerrechts, sie lasse sich weder durch das Aequivalenz-, noch durch das Leistungsfähigkeitsprinzip rechtfertigen114 • Strutz weissagte, "es müßte geradezu mit wunderbaren Dingen zugehen, wenn das Gesetz in seiner gegenwärtigen Fassung brauchbar wäre und bestände"115. Das Wunder trat nicht ein, das Gesetz wurde schon 1925 außer Hebung gesetzt. Festzuhalten bleibt hier: Selbst wenn es nicht zur Inflation gekommen wäre, hätte sich der Wertabschöpfungsgedanke in der Besitzsteuer nicht durchsetzen können. b) Entscheidend wurde aber das Ende der Besitzsteuer, wie auch der Niedergang der Wertzuwachssteuer, durch die Inflation beschleunigt: 108a Vgl. für viele Anschütz, Kommentar zur RV, 14. Aufl., 1933, zu Art. 155 (S. 724); Erman (FN 48), S. 312/3; Frhr. v. Freytagh-Loringhoven, A., Die Weimarer Verf., 1924, S. 369. 110 Dazu insbes. Conrad (FN 66), S. 95/6. 111 Die grundlegende Untersuchung zur Zuwachssteuer aus dieser Zeit von Georg Strotz, Die Vermögenszuwachssteuer, in: Handbuch des Reichssteuerrechts, hrsg. v. Strutz, 2. Aufl., 1924, S. 488 läßt dies deutlich erkennen. 112 So die Rechtfertigung in der Begründung zum VermZuwG (§ 7) zit. bei Strutz, G., a.a.O. (FN 111), vgl. übrigens auch die Parallelversuche zu einer neuen Ergänzungs- und Aufwandsteuer als Ausbau der ESt (Conrad [FN 66],
S.95). 113 114 115
Näheres m. Nachw. zum Schrifttum bei Pistorius (FN 14), S. 166. Zusammengefaßt bei Pistorius (FN 14), S. 168/9. a.a.O., S. 488.
IV. Krieg, Inflation und der Niedergang des Abschöpfungsdenkens
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Sie entzog dieser Abgabe ihre Legitimation in der Öffentlichkeit, indem sie die Steuerquelle wirtschaftlich austrocknete und die Steuer rechtstechnisch ad absurdum führte. Nachdem in den letzten Jahren die Geldentwertung erneut zum Eigentumsproblem geworden ist116, sind die Schwierigkeiten von Bedeutung, welche sich aus ihr bereits früher im Zusammenhang mit der Besteuerung des Wertzuwachses ergeben haben. Das Geldentwertungsproblem hat sich hier schon vor der großen Inflation gestellt. Das Zuwachssteuergesetz verglich stets nicht etwa (wirkliche) wirtschaftliche Werte, sondern die Preisziffern des An- und Verkaufs. So konnte es schon vor der Inflation zu einer Besteuerung kommen, "obgleich der Veräußerer keinen Gewinn, sogar einen Verlust hatte" 117. Nachdem die Rechtsprechung bei der Wertzuwachssteuer auch während der Inflationsperiode den Mark = Mark-Standpunkt durchhielt118, erwies sich die Wertzuwachs abgabe als eine Valutasteuer119, sie führte zu einer Besteuerung von Scheingewinnen, wie übrigens auch die Besitzsteuer12o, nur, infolge der inflationsbedingten sehr großen Differenz zwischen Ausgangs- und Verkaufspreis und der hohen Tarife, in einem ungleich höheren, auf die Dauer schlechthin unerträglichen Maß. In vielen Fällen wäre nicht nur der Wertzuwachs völlig entzogen, sondern auch noch wesentlich in die Ausgangssubstanz eingegriffen worden. Ende 1921 bereits riet der preußische Minister des Innern und der Finanzen den Kommunen, in ihren kommunalen Wertzuwachsordnungen vorzusehen, daß der Erwerbspreis höher angesetzt oder die Steuer nur zum Teil erhoben werden solle1!1. Da das Besitzsteuergesetz von 1922 praktisch für die Inflationszeit nicht zur Anwendung gekommen ist, blieb nur das Inflationsproblem bei den Bodenzuwachsabgaben. Hier half das Finanzausgleichsgesetz von 1923, das eine Berechnung des Wertzuwachses nach der "Kaufkraft der Mark" vorsah122 • Diese damals viel diskutierte und zum Teil kritisierte Bestimmung123 hat, wie immer man diese Kaufkraft nun auch bestimmen mochte124 , die Inflation berücksichtigen wollen. Damit aber Vgl. dazu unten D. So das PrOVG DStZ 1923, Sp. 291 (293), unter Berufung auf PrOVGE 62, S. 11/12; 45, S. 7; 65, S. 26; 69, S. 9. U8 Vgl. zur Rspr. d. PrOVG DStZ 1922, Sp. 818 f., sowie RFHE 6, S. 227: "... kann ... nur der jeweilige Zeitgeldwert am Stichtage zugrundegelegt werden." 118 Dazu Pistorius (FN 14), S. 335. 120 Dazu Pistorius (FN 14), S. 170. 121 MinBl. f. d. Innere Verw., S. 413. 121 RGBI., S. 494, § 16; ursprünglich war von der "inneren" Kaufkraft der Mark die Rede (gestrichen durch § 39 der 3. NotVO v. 14.2. 1924). 123 Vgl. für viele Pappe, E., Wertzuwachssteuer und Geldentwertung, DStZ 1923, Sp. 341 (343 f.); StTutz, G. (FN 111), S. 493 f. tU
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
hat sie die Wertzuwachssteuer entscheidend getroffen: "Da nun die auf Goldmarkpreise reduzierten Inflationspreise in jedem Falle einen Verlust ergaben, wenn man sie etwa mit den Erwerbspreisen der Vorkriegszeit verglich, da die bestehende Wohnungszwangswirtschaft eine Steigerung der Grundstückspreise - gemessen in Goldmark - unmöglich machte, war die Wertzuwachssteuer praktisch ausgeschaltet125 ." Deshalb ermächtigte das Finanzausgleichsgesetz von 1923 bereits die Kommunen, einen Zuschlag von 2 Ofo zur Reichs-Grunderwerbsteuer zu erheben - und so sollte später diese Steuer vollends auslaufen. Die Lehre aus der Inflationserfahrung ist eindeutig: Wertzuwachssteuern sind in Inflationsperioden auf die Dauer unhaltbar. Sie verstoßen nicht nur gegen das Gerechtigkeitsdenken und überstrapazieren das Nominalprinzip - sie verlieren hier ihre eigentliche Legitimationsgrundlage und werden geradezu ein Steuerwiderspruch in sich, der verbal zum Ausdruck kommt: Man zieht aus, um den Wertzuwachs abzuschöpfen - bei seiner Festsetzung aber trägt man dem wirtschaftlichen Wert keine Rechnung mehr. Bei Einkommen- und Vermögensteuer läßt sich der Nominalgrundsatz viel leichter durchhalten - hier werden eben die Opfer der Bürger, inflationsbedingt, um einiges höher. Wird jedoch Inflation nicht berücksichtigt, so fließt gerade jene Steuerquelle nicht, aus der man schöpfen möchte - die Zuwachssteuer ist Scheingewinnbesteuerung auf breiter Front. Als solche aber muß sie auf die Dauer allgemein als illegitim erscheinen, zum Eigentums-Substanzproblem werden und auch immer größere Praktikabilitätsschwierigkeiten hervorrufen. c) So war denn auch nach der Inflation der Wertzuwachsgedanke entscheidend geschwächt. An politischer Brisanz hatte er überdies durch Erbschaftsteuer und Vermögensteuer entscheidend verloren. Einen letzten Anlauf zur Abschöpfung machte das Reich, als es durch das Finanzausgleichsgesetz von 1924 die Länder verpflichtete, Inflationsgewinne durch eine Wertzuwachssteuer abzuschöpfen 126• Doch bereits 1927 bot sich in Deutschland das Bild "einer stark zurückgebildeten, im wesentlichen nur noch auf die Erfassung der Inflations-Grundstücksgewinne gerichteten Steuerform"127.
Die Wertzuwachssteuer ist sang- und klanglos ausgelaufen: Sie wurde noch in der NS-Zeit weiter erhoben, doch von den geistigen Grundlagen der Bodenreform war kaum eine Erinnerung mehr geblieben. Die 124 Vor allem wurde darüber gestritten, ob auch der "Außenwert" der Mark, ihr Verhältnis insbes. zum US-Dollar, Berücksichtigung finden dürfe, vgl. dazu Markull (FN 66), S. 50 f. Auch die Rspr. war hier nicht einheitlich. 125 Bräuer (FN 37), S. 1030. 12. Dazu näher Bräuer (FN 37), S. 1031. 1!7 Bräuer (FN 37), S. 1038.
v. Lehren aus der Geschichte des Abschöpfungsgedankens
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Steuer war zur reinen Verkehrsteuer geworden, die Belastung unrealisierten Zuwachses wurde gar nicht erwogen. Daß der Zuwachs "ohne Zutun" des Eigentümers zustande gekommen sei, war nurmehr eine inhaltslose Reminiszenz "ohne praktische Bedeutung für die Begriffsbestimmung"128. Ihre Legitimation wurde denn in der NS-Zeit auch rein im Bodenrechtlichen gesehen, der Verteuerung des Bodens sollte entgegengewirkt werden, wobei man sich ausdrücklich auf den "nationalsozialistischen Grundsatz" "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" berief129. Damit war dann auch jedes Eigentumsproblem gelöst! Durch die Steuervereinfachungsverordnung vom 14.9.1944 (RGBl. S. 202) wurde die Wertzuwachssteuer bei Grundstücken außer Hebung gesetzt und durch einen 2 Ofoigen Zuschlag zur Grunderwerbsteuer ersetzt 130 • Schon vorher hatte ihr der Preisstop bei Grundstücken vom 17.10.1936 praktisch die Bedeutung genommen. Vom Gedanken der Wertabschöpfung ist in all dem nichts mehr erhalten geblieben. Die allgemeine Besitzsteuer, seit 1925 suspendiert, wurde durch das Steueranpassungsgesetz bereits 1934 beseitigt (Abschn. VIII, § 45, RGBl. 1934, S. 1165).
V. Lehren aus der Geschichte des Abschöpfungsgedankens und der Wertzuwachsbesteuerung in Deutschland 1. Auflösung einer Idee
Es gibt kaum einen Gedanken im öffentlichen Recht, der in den vergangenen Jahrhunderten so mächtig begonnen und doch im Ergebnis so wenig hervorgebracht hätte: Aus einer Abgabe, die alle Steuern hatte ersetzen sollen, sind, nach kaum 40 Jahren, 2 Ofo Zuschlag zur Grunderwerbsteuer geworden ... Gewiß waren die Zeitläufe ungünstig - Kriegsvorbereitung und Weltkrieg bedurften anderer, leichter auszuschöpfender Steuerquellen, die Geldentwertung hat die Legitimation der Steuer gebrochen, der bodenpolitische Interventionismus hat sie verschüttet, die Industrialisierung hat die letzten physiokratischen Reminiszenzen an die einst so umstrittene Bodenrente zurückgedrängt - andere, bessere Steuerquellen taten sich auf. Doch die Wertzuwachssteuer bei Grundstücken ist nicht in erster Linie an kontingenten geschichtlichen Ereignissen gescheitert, diese haben ihrem Gedanken zeitweise sogar einen neuen, wenn auch schnell sich Müthling, H., Wertzuwachssteuerrecht, 4. Aufl., 1943, S. 2. Müthling, H. (FN 128). 130 Siehe dazu Flämig, ehr., HdwB d. Steuerrechts II, 1972, S. 1278/9; Müthling, H., HdB d. Soz. Wiss., 12,1965, "Wertzuwachssteuer". 128
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
wieder verlierenden Aufschwung gegeben (Kriegs-, Inflationsgewinnabschöpfung). Die Abschöpfungsbesteuerer hatten sicher ihre Chance, ihre Vorstellungen wurden immer wieder diskutiert. Doch sie haben die tiefen Schwächen nicht überwinden können, welche in der Idee der Wertzuwachsbesteuerung selbst liegen und immer wieder zutage treten, gerade wenn man sie aus der Sicht des Steuerrechts betrachtet: Diese Steuerart wies die beiden größten Nachteile auf, welche eine Abgabe kritikabel machen können - sie war stets außerordentlich schwer zu praktizieren und, vor allem, sie war nie überzeugend zu legitimieren. Zu einer grundlegenden Theorie des Unverdienten beim Wertzuwachs ist es denn auch nie gekommen. Damit aber mußte diese Steueridee auf Dauer zerfallen. Sie hat letztlich nur eines geleistet: Sie hat auf einen Aspekt der steuerlichen Leistungsfähigkeit aufmerksam gemacht, auf das wachsende Vermögen. Aus dieser Quelle aber schöpften rasch andere Abgaben mit meist anderer und ganz unterschiedlicher Legitimation: Vermögensteuer, Einkommensteuer (als "Überflußsteuer"), Verkehrsteuern, Erbschaftsteuer; am meisten ist bei dieser letzteren noch von der Legitimation der Zuwachssteuern ("unverdienter Vermögenszuwachs") erhalten geblieben. In all diese Steuern sind einzelne Schübe aus dem einst einheitlichen, großen Schwung der Wertzuwachssteuer eingegangen. Von der Abgabe selbst sind nur bescheidene Verkehrsteueransätze und etwas von einer Bodenverbilligungsintention erhalten geblieben, die aber als solche hier bald nicht mehr gezielt verfolgt wurde. Die Entwicklung ist also umgekehrt verlaufen, als sie Adolph Wagner einst vorgezeichnet hatte. Ihm schwebte die Abschöpfung der Conjuncturengewinne als eine zentrale Aufgabe des Steuerrechts, als eine Grundlegitimation der Abgaben überhaupt vor. Sie sollte durch Einsatz verschiedener Instrumentarien (ESt, ErbSt) erreicht werden. Die Conjuncturengewinnabschöpfung hat diese Legitimation nicht geben können, die Steuern haben sich um einen anderen Zentralbegriff entwickelt, dem der "gleichen Opfer", der Leistungsfähigkeit. Die Abschöpfungstheorie hat diese Entwicklung "weg von sich selbst" vorangetrieben - und sich darin erschöpft. In dem vom einfachen Gedanken der Leistungsfähigkeit beherrschten Steuerraum hatte sie bald keinen Platz mehr. Dies war ihre Auflösung: Sie konnte politischer Motor sein, den Anforderungen der rechtsstaatlichen Systematik des modernen Steuerstaates war sie nicht gewachsen. 2. Abscl1öpfung8steuer - kein Eigentumsproblem
In der ganzen, verschlungenen Geschichte der Abschöpfungsgesetzgebung ist diese zwar stets auch, nie aber zentral als ein Rechtsproblem
V. Lehren aus der Geschichte des Abschöpfungsgedankens
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des Eigentums diskutiert worden, obwohl doch schon Adolph Wagner deutlich erkannt hatte, daß hier in das Privateigentum eingegriffen werde l3l • Die Verfassungsfrage mochte sich allerdings deshalb nicht eigentlich stellen, weil es bis 1919 eine Reichsverfassungsverbürgung des Eigentums gar nicht gab, die Weimarer Reichsverfassung jedoch in Art. 155 Abs. III S. 2 als ein ausdrücklicher Vorbehalt für Eingriffe ins Eigentum angesehen werden konnte. Überdies herrschte damals die Auffassung, daß die Auferlegung von Abgaben das Eigentum als solches gar nicht berühren könne132 • Daß also das Eigentum nicht als rechtliche Schranke einer Abschöpfungsteuer verteidigt wurde, ist nicht etwa Ausdruck einer Rechtsüberzeugung und Beginn einer Tradition der einschränkenden Eigentumsbegrifflichkeit: Die Bodenzuwachssteuer war schrittweise, von der kommunalen Ebene aus, eingeführt worden. Dort wirkte sie, schon wegen der weitgehenden Freistellungen, zunächst nicht als eigentlicher Eigentumseingriff. Als aber die Reichsgesetzgebung die neue Steuerart ins allgemeine Bewußtsein hob, warf bereits der Krieg seine Schatten voraus. Der Berufung auf Eigentumspositionen war damit die Spitze abgebrochen, und dies galt noch viel mehr gegenüber der Kriegsteuer sowie den Kriegsfolge- und Inflationsabgaben. Diese außerordentlichen Eingriffe konnten damals ebensowenig am Maßstab einer Eigentumsgarantie gemessen werden wie dies heute möglich wäre133 • Gerade jene konservativen, agrarischen Kreise, die sich sonst auf das Eigentum beriefen, sahen sich dar an, politisch, durch die nationalen Bedürfnisse gehindert. Unter solchen Umständen wurde dann eben auch die Grundstückswertzuwachssteuer mitgetragen. Aber sie war gerade kein Eigentumsproblem, sondern ein solches der nationalen Solidarität. Als dann übrigens durch die Geldentwertung doch eine echte Konfiskation drohte, griff die Gesetzgebung rasch ein und drängte die Besteuerung zurück. Diese entwickelte sich schließlich schon von Anfang an, besonders aber seit der Inflation, immer mehr zu einer Verkehrsteuer134 , ihr Abschöpfungscharakter, ihre Legitimation als Eigentumseingriff traten so weit zurück, daß die Eigentumsproblematik ebensowenig mehr aufkommen konnte wie bei anderen Verkehrsteuern, ganz abgesehen davon, daß es bereits an einer eigentumsgefährdenden Eingriffstiefe fehlte. Finanzwissenschaft 11, 1880, S. 463 f. Dazu näher unten D. 133 ZUr Abgrenzung Enteignung Sozialbindung bei "außerordentlichen Umständen" vgl. Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 54 m. Nachw. 134 Dies ist auch stets weit überwiegend angenommen worden, vgl. etwa Simon (FN 36), S. 13; von Nostitz (FN 1), S. 774; HdwB d. Preuß. Verw. 11, S. 943; Conrad (FN 66), S. 103; Pistorius (FN 14), S. 328 f. 131
132
56
B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
Die Geschichte erklärt also, warum hier die Eigentumsdiskussion eigentlich nur zu Beginn und in der Theorie, nicht aber laufend, in der Praxis, nach geltendem Recht geführt worden ist. über Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Besteuerung lehrt sie vieles, das Problem Eigentum und Wertzuwachssteuer ist als solches, bis in die neueste Zeit, offen geblieben. 3. Keine Tradition "allgemeiner" Abschöpfung unverdienter Wertsteigerungen
Die steuerliche Belastung von Verkaufsgewinnen bei Grundstücken hat eine gewisse, wenn auch, wie sich gezeigt hat, eher bescheidene und problematische Tradition. Eine Tradition der allgemeinen Wertabschöpfung unverdienten Wertzuwachses durch Abgaben aber gibt es überhaupt nicht. Die Besitzsteuern nach den Gesetzen von 1913 und 1922 sind kurze und, im ganzen betrachtet, unbedeutende Episoden geblieben. Vor allem aber waren sie von vorneherein nicht auf Abschöpfung gerichtet und sie betrafen auch nicht nur "Unverdientes", sondern allen Zuwachs. Es handelte sich also um eigenartige Formen einer Vermögensteuer136 , nicht um Abschöpfung. In der deutschen Entwicklung gibt es also eine eigentliche Wertzuwachssteuer doch nur als Grundsteuerform. Dies entspricht zwar den physiokratischen Grundlagen dieses Steuerdenkens, schwächt jedoch die rechtliche und vor allem politische Legitimationskraft solcher Abgabenerhebung entscheidend: Wenn schon "Conjuncturengewinne" entzogen werden sollen, so kann dies doch auf die Dauer nicht nur bei einer Güterart geschehen. Deshalb war man ja in den Anfängen auch konsequent von der Bodenwertzuwachssteuer zur Besitzzuwachssteuer fortgeschritten - dort aber ist der Grundgedanke untergegangen. Eine Verbodenrechtlichung oder gar Agrarisierung .der Zuwachsabschöpfungsidee aber bedeutet ihre Provinzialisierung, ihr Ende als große sozialpolitische Lösung, und diese Entwicklung ist in Deutschland eingetreten. Die Ursprungsidee der Abschöpfung der Conjuncturengewinne war so groß, daß sie alle anderen Steuern potenziert hat, nur nicht eine allgemeine Abschöpfungssteuer hervorbringen konnte. Und weil nun deren Funktion - wenn auch erweitert - von anderen Abgaben übernommen worden ist, sollte es schwer halten, daneben auch noch die alte Abschöpfungssteuer zu entfalten. Hier müßte, das jedenfalls zeigt die Entwicklung, das Rad der Steuergeschichte zurückgedreht werden. 4. Keine Besteuerung des unrealisierten Wertzuwachses
Zu einer Erfassung des unrealisierten Zuwachses ist es im Grundstücksrecht nicht gekommen, beim allgemeinen Besitzsteuerrecht wurde 13a So schon die Begründung des Entwurfs von 1921, RT-Drucks. 2863, S. 8; die Vermögenszuwachssteuer wurde denn auch durch das VermStG vom 10. 8. 1925 (RGm. I, S. 233), § 26, außer Hebung gesetzt.
v. Lehren aus der Geschichte des Abschöpfungsgedankens
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keine eigentliche Abschöpfung durchgeführt. Damit wurde nicht nur der Ertrag der Wertzuwachssteuer entscheidend geschmälertl36 , der Grundgedanke der allgemeinen Wertabschöpfung war überhaupt verlassen, sie wurde eben zur Verkehrsteuer. Die eigentumsrechtlich wesentliche Frage, ob der Leistungsfähigkeitsgrundsatz nicht doch, wenigstens bei schwerwiegendem Zugriff, die Beachtung des Realisationsprinzips fordert, ist nicht geklärt worden. Damit aber bleibt die "Tradition" der Wertzuwachsbesteuerung in einem gerade für zukünftige Überlegungen zentralen Punkt ohne Aussagekraft. Auch zum Bewertungsproblem konnten daher überzeugende Erfahrungen nicht gesammelt werden. Nur für wenige Jahre, nach 1913,zur Erhebung der Besitzsteuern, sind überhaupt allgemeine Wertzuwachsbewertungen durchgeführt worden. Sie erfolgten, in der Ausnahmesituation der Kriegs- und Nachkriegszeit, notwendig summarisch. Man hat seinerzeit die Besitzsteuer einen "Sprung ins Dunkle" genannt. Auf eine neue allgemeine Wertzuwachssteuer, welche auch den unrealisierten Gewinn erfaßte, träfe dies nach einer solchen Vergangenheit ebenfalls zu, welche das Kardinalproblem offengelassen hat Rechtfertigung und Praktikabilität einer Belastung unrealisierter Steigerungen. 5. Das Fazit
Die vierzigjährige Geschichte der Wertzuwachsbesteuerung zeigt: -
-
Eine solche Abgabe bringt keinen bedeutsamen Ertrag. Sie stößt auf wesentliche praktische Schwierigkeiten. Als allgemeine Wertsteigerungssteuer und Abschöpfung "unverdienten" Gewinnes läßt sie sich - jedenfalls auf Dauer - kaum rechtfertigen. Sie zeigt vielmehr die Tendenz, andere Steuern zu potenzieren und sich darin zu erschöpfen. Die Eigentumsproblematik ist in der früheren Entwicklung nicht geklärt worden. Diese Steuer ruft einen unverhältnismäßig starken politischen Widerstand hervor; sie kann leicht zu etwas werden, "in dessen Namen das Volk uneins ist".
Nach all dem kann das historische Gesamturteil über eine solche Steuer in Deutschland kaum positiv sein. Im Praktischen wie, vor allem, im Grundsätzlichen ist die Frage früher keineswegs ausdiskutiert worden, hier würde alles· von vorne beginnen müssen. Denn schon zu Beginn der NS-Zeit war der Gedanke der Wertzuwachsbesteuerung als solcher, verteilungspolitisch, tot. 138 Darauf weist vor allem Bräuer in seiner krit. Analyse des Standes der Wertzuwachssteuer 1927 hin (FN 37), S. 1037.
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
Was noch lebendig blieb in diesem ganzen Komplex, war nur eine Zielrichtung und Legitimation: Die spezifisch bodenrechtliche, die Herstellung eines "funktionsfähigen Bodenmarktes", vor allem die Bereitstellung von Bauland zu mäßigen Preisen. Dies hat nach der Liberalisierung des Bodenmarktes in der zweiten Nachkriegszeit nicht nur beim Planungswertausgleich, sondern schon vorher zu einer großen Auseinandersetzung geführt, die zum ersten Mal auch das Eigentum in die überlegung einbezog und damit für die hier erörterte Problematik von grundlegender Bedeutung ist. VI. Die bodenpolitische Legitimation Der Streit um die Baulandsteuer (1961 - 1963) 1. "Gemeindliche Bodenreform" (1946)
Nach 1945 blieb Grund und Boden zunächst in der NS-Zwangsbewirtschaftung verfangen, welche größeren Wertzuwachs weitestgehend ausschloß. Schon bald nach dem Zusammenbruch setzten jedoch, nicht zuletzt angesichts der großen Probleme der Eingliederung der Vertriebenen, Überlegungen ein, wie Bauboden billig bereitgestellt werden könne. Sie führten zu einem Gesetzesbeschluß des Länderrats der amerikanischen Zone vom 2.7.1946, welcher sich an Vorschläge zu einer "gemeindlichen Bodenreform" anlehnte197 • Die Renten aller Grundstücke im Bebauungsbereich sollten zugunsten der Gemeinden abgeschöpft werden, soweit sie Grundrenten zu einem bestimmten Stichtag (etwa dem des Preisstops vom 17.10.1936) überstiegen. Die Eigentümer würden dann, so glaubte man, keinen Preis mehr fordern, der die kapitalisierte Rente überstiege, die Käufer einen solchen nicht mehr bezahlen können. Die Besatzungsmacht genehmigte jedoch das Gesetz nicht, da solche Regelungen nur einheitlich für ganz Deutschland getroffen werden könnten. 2. Die Baulandsteuer 1961 - 1963
a) Nach der Liberalisierung in den 50er Jahren wurde Bauboden knapp und teuer138 • Durch eine Novelle vom 23.6.1960 wurden daher durch einen neuen § 172 BBauG in das Grundsteuergesetz die §§ 12 a 12 c eingefügt (BGBl. I, S. 341), welche eine als "Baulandsteuer" bekanntgewordene, progressiv gestaffelte "Grundsteuer C" brachten; sie war für "baureife Grundstücke" an Stelle der normalen Grundsteuer zu erheben. Insbesondere bei länger bestehender Baureife konnte 137 Er geht vor allem zurück auf J. Lubahn, der 1947 solche Vorstellungen in einer Schrift "Gemeindliche Bodenreform" näher erläutert hat. 138 Dazu Rössler, R., Erhöhte Grundsteuer für baureife Grundstücke,
DWW 1960, S. 267 f.
VI. Der Streit um die Baulandsteuer (1961 - 1963)
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ein Vielfaches der bisherigen Grundsteuer anfallen, und zwar bis über das Zwanzigfache138• Die Baulandsteuer ging nicht auf eine Regierungsvorlage, sondern auf parlamentarische Initiative zurück140• Mit ihr wurde ganz eindeutig nicht primär ein Einnahmezweck verfolgt141 - größere Erträge schloß schon die globale Freistellung der Land- und Forstwirtschaft aus142 vielmehr war das Ziel ein rein bodenpolitisches: Durch einen steuerlichen Verkaufsdruck auf die Eigentümer sollten diese veranlaßt werden, entweder selbst baulich zu nutzen oder an Bauwillige zu verkaufen u3 • b) Die Baulandsteuer war von Anfang an heftig umstritten 14'. Neben grundsätzlichen verfassungs rechtlichen Bedenken145 wurde die unverhältnismäßig große Verwaltungsbelastung gerügt1", vor allem aber die bodenpolitische Wirksamkeit der Steuer, welche einen eigentlichen Verkaufsdruck schon infolge der niederen Einheitswerte nicht erzeugen könne 147• Die Gegner der Steuer bildeten alsbald eine mächtige Front. Neben den Spitzenverbänden der Deutschen Wohnungswirtschaft setzte sich vor allem der Bund der Steuerzahler mit großem Engagement für die Abschaffung der Steuer, ja für deren rückwirkende Aufhebung ein148 • Ferner wendeten sich die freien und gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, die Makler und die Bausparer energisch gegen die Abgabe. tat Zu einem solchen Fall vgl. VG Frankfurt, DWW 1963, S. 325; zum Inhalt der Baulandsteuerregelung vgl. im einzelnen Troll, Die Baulandsteuer, BB 1960, S. 771 ff.; Rössler, R., a.a.O., S. 268 f.; Diedenhafen, H., Förderung der Bereitstellung von Bauland durch Erhebung der Baulandsteuer, DB 1960, S. 825 ff.; Oswald, F., Die neue Baulandsteuer, JR 1961, S. 497 ff.; R. Z., Fragen einer Veranlagung der Baulandsteuer, BayBgm 1962, S. 299 ff.; Korff, e., Baulandsteuerfragen in der Praxis, DWW 1962, S. 173 f. 140 Zur Geschichte vgl. Loberg, H., Vielschichtige verfassungsrechtliche Probleme der Restbaulandsteuer, BB 1968, S. 1322. lU Vgl. Rössler (FN 138), S. 268. Das Aufkommen war ursprünglich mit 60 - 70 Millionen angenommen worden, sank dann aber durch Freistellungen sogar auf die haushaltsmäßig völlig unbedeutende Summe von 10 Millionen ab (Oswald (FN 139), S. 498). 14! Näher Rössler (FN 138), S. 270, 272. 143 In der gesamten Diskussion ist dies von keiner Seite je in Zweifel gezogen worden, vgl. dazu u. a. noch Schupp, R., Die Baulandsteuer, JR 1964, S. 41 f.; Friauf, K. H., Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966, S. 43. 144 Dazu u. a. Rössler (FN 138), S. 272; Oswald (FN 139), S. 498; Korff (FN 139), S. 381; Troll, Grundsteuer, Kommentar, 2. Aufl., 1966, S. 152 f. 14S Vgl. unten 3. us Rössler (138), a.a.O. 147 Oswald, a.a.O.; Rössler, a.a.O. 148 Näher Schupp (FN 143), S. 42/43.
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
Diese Bestrebungen wurden von der FDP nachdrücklich unterstützt, welche damals in der Regierungskoalition stand. Sie hatten rasch Erfolg: Einstimmig billigten Bundestag und Bundesrat den Antrag auf Aufhebung der Baulandsteuer, den die FDP bereits Anfang 1963 gestellt hatte149 - nach nur zweijähriger Geltung wurde die Baulandsteuer wieder abgeschafft150; dies ist allgemein begrüßt worden151 . c) Damit aber war der Kampf um die Baulandsteuer noch nicht beendet. Die im folgenden darzustellenden verfassungsrechtlichen Beden-
ken hatten zu zahllosen Rechtsmitteln, zu Verfassungsbeschwerden152 und zu Vorlagebeschlüssen von Gerichten zum BVerfG geführt153. Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerden jedoch nicht zur Entscheidung an, es verlangte Erschöpfung des Rechtsweges. Dazu kam es erst nach Aufhebung der Steuer, als es um die Abwicklung der Steuerforderungen für 1961 und 1962 ging. Der Finanzverwaltung waren die Verfassungsbeschwerden und Rechtsmittel sichtlich lästig, sie versuchte, die Restproblematik dadurch aufzulösen, daß sie die Rücknahme empfahP54. Es gelang nicht. Vom Mai 1964 an gingen die Länder nacheinander zur Aussetzung der Steuervollziehung im Entschließungswege über, durch Gerichtsurteile wurde die Erhebung der Steuer vorläufig, vor allem wegen der erheblichen Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit, ausgesetzt1 55 . Nach solchen Vorentscheidungen des H. und VI. Senats des BFH bejahte dieser jedoch mit Urteil seines II. Senats die Verfassungsmäßigkeit der Steuerl56 • Das BVerwG schloß sich ihm an, ohne jedoch eine vergleichbar eingehende Begründung zu geben157. Daraufhin weigerte sich das BVerfG erneut, über die Verfassungsbeschwerden zu entscheideni58, da die Klärung einer weiterhin bedeutsamen verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten sei. Zu der großen Verfassungsentscheidung, welche auch diese Untersuchung hätte orientieren können, kam es nicht mehr. BT-Drucks. IV/924. Gesetz zur Änderung grundsteuerIicher Vorschriften vom 10. Juni 1964 (BGBI. I, S. 347). 151 Vgl. dazu aus dem Schrifttum Mühlhause, G., Das Ende der Baulandsteuer, DWW 1964, S. 230 f.; Diedenhofen, H., Zur Aufhebung der Baulandsteuer, DB 1964, S. 712; Ostendorf, B., Schlußstrich unter die Baulandsteuer, Kommunale Steuerzeitschrift 1969, S. 379 f. 152 Siehe Loberg (FN 140), a.a.O. 153 Vgl. etwa die Entsch. d. FG Kassel, EFG 1963, S. 417/8. 154 Dazu krit. Lob erg, a.a.O; Oswald, F., Irreführende Zuschriften der Finanzämter in Baulandsteuersachen, BayVBl. 1967, S. 17 f. 155 FG Düsseldorf, DB 1963, S. 609; BFH BStBl. 1966, In, S. 132; BFH DB 1967, S. 713 f. 156 BFHE 92 (1968), S, 495 ff. vgl. näher unten 3. 157 BVerwG ZMR 1969, S. 296 f. 158 Mitteilung im BB 1969, S. 438. U8
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VI. Der Streit um die Baulandsteuer (1961 - 1963)
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3. Der Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Baulandsteuer
a) Gegen die Baulandsteuer wurden von Anfang an erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. Rechtsprechung und Schrifttum hielten sie insgesamt überwiegend für verfassungswidrig 15D/ 6o . Geltend gemacht wurde, neben einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, der Steuergleichheit und der Sozialstaatlichkeit, auch ein Verstoß gegen das Grundrecht des Eigentums (Art. 14 GG)161. Dies allein ist im folgenden näher zu untersuchen. Es ging hier nämlich nicht allgemein um "Eigentum als Grenze der Besteuerung"162, sondern um den spezifischen Aspekt der Vereinbarkeit des Eigentums mit einer objektgebundenen Grundstücksteuer, welche Verkaufsdruck erzeugen soll. Genau dieses Problem würde sich aber auch bei Formen der Wertsteigerungsabschöpfung der Steuer wieder stellen, wie sie der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen untersucht hat, sei diese nun mehr boden-, oder überwiegend verteilungspolitisch motiviert. Insoweit war also die Baulanddiskussion ein erstes Gefecht auf dem hier untersuchten Verfassungsterrain. Dabei darf allerdings ein wesentlicher Unters,chied der Baulandsteuerproblematik zur Abschöpfung unverdienter Wertsteigerungen bei Grundstücken nicht übersehen werden: Bei der Baulandsteuer ging es weder um die Wertsteigerung als Steuerquelle, noch sollte eine Abschöpfung erfolgen, weil sie unverdient sei. Insoweit ist also das hier untersuchte Problem damals offengeblieben. b) Die Einwendungen aus Art. 14 GG lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen: Die Steuer verletze das Eigentumsrecht, weil sie durch Verkaufsdruck dessen ungestörte Innehabung wesentlich beeinträchtigel63 . Der Eigentümer könne das Grundstück in einer Vielzahl von Fällen, welche bei typisierender, steuerrechtlicher Betrachtung ohne weiteres vorauszusehen gewesen seien, nur unter Opfern halten. Staatsverursachte Unwirtschaftlichkeit aber bedeute Aufgabezwang l64 . Damit würden die Enteignungsvorschriften und die durch dieselben gebotenen 159/80 übersicht über den Meinungsstand in BFHE 92, S. 495 (499/500). Vgl. aus späterer Zeit krit. noch Selmer, P., Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 338 f., 342 f., 346 f.; für Verfassungsmäßigkeit spricht sich Rüfner aus (Die Eigentumsgarantie als Grenze der Besteuerung), DVBl. 1970, S. 881 (883).
181 Zusammenfassung der Gründe für eine Verfassungswidrigkeit in BFHE 92, S. 495 (497 f.) sowie bei Köhler, J., Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Baulandsteuer, DStR 1962, S. 92 ff.; ders., Vielschichtige verfassungsrechtliche Probleme der Restbaulandsteuer 1961/62, BB 1968, S. 1322/23.
182 Dazu unten D. 183 So etwa FG Kassel, DWW 1963, S. 358, ähnlich Selmer (FN 159/60). 184 Selmer (FN 159/60), unter Berufung auf Judikatur des BVerfG.
B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
62
Sicherungen ausgeschaltet1 65 , es komme zu einer indirekten Expropriation. Die Steuerbelastung sei auch so schwer, daß sie, eigentumsrechtlich betrachtet, die Zumutbarkeitsgrenze überschreite 166 • Schließlich werde der Verkaufsdruck vor allem für die sozial Schwächeren fühlbar, gerade sie müßten verkaufen. Damit werde das Ziel der breiteren Grundeigentumsstreuung in innerer Widersprüchlichkeit des Gesetzes verfehlt1G7• c) Eine Widerlegung dieser Einwände ist, soweit ersichtlich, damals im Schrifttum nicht vertieft gegeben worden. Die Argumente tür die Verfassungskonformität hat am besten der BFH dargestellt168• Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Steuern berührten grundsätzlich das Eigentum nicht; im übrigen liege hier kein rechtlicher, sondern nur ein zulässiger "mittelbarer und nur wirtschaftlicher" Zwang zur Veräußerung oder Nutzungsänderung vor. - Die Steuerschuldner stünden besser, als wenn sie enteignet worden wären; sie könnten sich dem "Zwang" durch Geldzahlung, bauliche Nutzung, Hingabe in Pacht oder Erbpacht oder durch Antrag auf Stundung oder Erlaß der Steuer in Härtefällen entziehen. Im übrigen würden sie durch Erschließungsbeiträge u. U. stärker belastet als durch diese Grundsteuer. - Eine Konfiskation oder Erdrosselung liege schließlich schon deshalb nicht vor, weil der "Zwang" zur Aufgabe, der durch die Steuer ausgeübt werden solle, gar nicht bestanden habe. Angesichts der niedrigen Einheitspreise habe diese Belastung 10f0 bis 1,25 0J0 des Verkehrswertes nicht überstiegen. Dies aber habe sich, wenigstens zum Teil, noch aus den Erträgen, im übrigen auch, in den beiden Veranlagungsjahren, aus dem Einkommen der Kläger unter Wahrung von deren Existenzminimum entrichten lassen. d) Der BFH hat den richtigen Ansatz gewählt: Er untersucht den "Zwang" zur Aufgabe oder Nutzungsänderung im einzelnen - dieser gerade ist aus eigentumsrechtlicher Sicht problematisch. Daß der BFH dies grundsätzlich anerkannt hat, ist ein wesentlicher Fortschritt und eine feste Grundlage für eine künftige Wertzuwachssteuerdiskussion. 1M
Köhler, (FN 161), S. 92.
VG Frankfurt, DWW 1963, S. 325. FG Kassel, DWW 1963, S. 358; Schupp (FN 143), S. 43; Selmer (FN 159/ 60), S. 343. Dieses Argument greift zwar vor allem auf die Sozialstaatlichkeit zurück, stützt sich jedoch insoweit auf Art. 14 GG, als breite Eigentumsstreuung eben auch eine aus der Sozialbindung des Eigentums abzuleitende Begründung sein kann, der hier aber gerade entgegengewirkt wurde. 1118 BFHE 92, S. 495 (505 f.). 166
167
VI. Der Streit um die Baulandsteuer (1961 - 1963)
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Im einzelnen sind seine nicht gleichgewichtigen Argumente wie folgt zu beurteilen: - Daß Steuern grundsätzlich das Eigentum unangetastet lassen, schließt heute eine Eigentumsverletzung nicht mehr in allen Fällen aus 189• Der BFH hat denn auch zu Recht den hier beabsichtigten Zwang näher untersucht. Aber auch die anschließende Feststellung, ein lediglich wirtschaftlicher, nichtrechtlicher Zwang verletze das Eigentum nicht, läßt sich in solcher Allgemeinheit nicht halten. Es gibt sicher einen Punkt, wo dieser Druck wirtschaftlich eben so stark wird, daß er in einen rechtlichen Aufgabezwang umschlägt und dies gerade war bei der Baulandsteuer, wird auch bei jeder Wertzuwachssteuer zweifelhaft und die im Grunde entscheidende Frage sein170• Der BFH gibt dies übrigens selbst zu, wenn er anschließend die Schwere dieses wirtschaftlichen Drucks eingehend untersucht; dessen hätte es gar nicht mehr bedurft, könnte wirtschaftlicher Druck nie enteignend wirken. - Der Vergleich zwischen einem mit der Grundsteuer belasteten und einem etwa enteigneten Eigentümer geht grundsätzlich wie in den Einzelheiten fehl. Im Enteignungsfalle bekäme ja der Betroffene Entschädigung für den Wertverlust, bei steuerlicher Belastung nicht - damit aber steht er im letzteren Fall entscheidend schlechter. Die Erschließungsbeiträge sind zur Steuer nicht analogiefähig, denn für sie erhält der Eigentümer eine Gegenleistung der Kommune, für die Steuer nicht. Daß sich der Steuerpflichtige durch Nutzungsänderung der Belastung entziehen kann, macht diese nicht generell eigentumsunschädlich: Erzwungen wird ja eine radikale Nutzungsänderung, und diese könnte eben, würde sie nicht über Steuern erreicht, sehr wohl die Enteignungsschwelle überschreiten. Erzwingung von Pacht oder Erbpacht würde sicher eine enteignende Belastung darstellen. Die Bitte um Härtestundung oder -erlaß bedeutet schon deshalb keine Kompensation für den Eigentümer, weil hier die Finanzverwaltung zu weite Entscheidungsfreiheit hat. - Dagegen stellte in der Tat die Restbaulandsteuer in den entschiedenen Fällen mit insgesamt höchstens 2,5 Ofo Wertbelastung der Grundstücke wohl keinen so schweren Eingriff dar, daß die Annahme eines Enteignungseffektes gerechtfertigt gewesen wäre. Eine solche Belastung hat in dem zu entscheidenden Fall und in anderen, typisch vergleichbar gelagerten Fällen einen Abgabedruck nicht erzeugen können. Wenn es ferner überhaupt zu einem Substanzeingriff gekommen wäre, so nur einmal und in einem insgesamt zu vernach188 170
Dazu unten D. Vgl. hierzu unten D.
64
B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung lässigenden Umfang. Selbst wenn man also die Substanz eigentumsrechtlich schützt, so kann, schon nach allgemeinen Enteignungsgrundsätzen, eben nur ein laufender, typischer und insgesamt einigermaßen bedeutsamer Substanzeingriff durch Steuern das Eigentum verletzen l7l • Daran aber fehlte es im Falle der Restbaulandsteuer. Dies ist der eigentlich tragende Grund des Urteils, der es im Ergebnis rechtfertigt.
Die Verteidiger des Eigentums hatten hier keinen für eine Grundsatzentscheidung tragfähigen Fall gewählt. Seine Erledigung hat daher das Problem des speziell belastenden Steuereingriffs in Liegenschaftseigentum nicht präjudiziert. Immerhin ist das Urteil des BFH auch für diese Problematik höchst bedeutsam: Es zeigt, daß es auf die Schwere des Eingriffs wesentlich ankommt und, vor allem, daß allgemeine Argumente gegen die grundsätzliche Annahme von enteignenden Wirkungen der Abgaben in solchen Fällen bisher nicht vorgebracht worden sind. 4. Die Lehren aus dem Baulandsteuer-Streit
Die Erörterungen um die Baulandsteuer sind in mehrfacher Hinsicht für diese Untersuchung von orientierender Bedeutung. Sie zeigen insbesondere: a) In neuerer Zeit steht das Bodenordnungsziel bei Abschöpfungsregelungen im Vordergrund, das verteilungspolitische, früher beherrschend, tritt heute weit zurück. Die Untersuchungen des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium der Finanzen bestätigen dies 172 • Es entspricht übrigens auch der gesamten bisherigen Entwicklung: Die Legitimation der Abschöpfung mit Argumenten der Bodenordnung ist das einzige, was nach den Erfahrungen immer wieder einige Tragfähigkeit bewahrt hat. Damit aber geht es gar nicht mehr in erster Linie um Abschöpfung von Wertsteigerungen. b) Diese Wendung zur Bodenordnung müßte es eigentlich erleichtern, brauchbare Maßstäbe für einen Schutz des Eigentums gegen Steuerbelastungen zu entwickeln; denn hier ist die Vergleichbarkeit mit eindeutigen Eigentumseingriffen, die ja ein Zentralproblem des Bodenrechts darstellen, weit größer als bei anderen Steuerbelastungen, etwa 171 Dies entspricht auch der neueren Rechtsprechung, die "erheblichen" (BFHE 89, S. 422 (441» oder "wiederholten" Substanzeingriff (BVerwG 6, S. 247 (297» verlangt, geringfügige (Mehr-)Belastungen als unschädlich erklärt (BFHE 112, S. 567 (568); vgl. auch BVerfGE 10, S. 141 (177» und bei "besonders gelagerten Fällen" Härteklauseln genügen läßt (BVerfGE WPM 1975, S. 1179). 172 Vgl. dazu oben A II 2.
VI. Der Streit um die Baulandsteuer (1961 - 1963)
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durch Einkommensteuer. Zugleich wird damit die hier erörterte Problematik eingegrenzt, sie kann nicht sogleich als eine Infragestellung der staatlichen Besteuerungsgewalt überhaupt mißverstanden werden. c) Die Eigentumssensibilität gegenüber derartigem Druck ist erwacht, bei der Abschöpfungsproblematik rückt Art. 14 GG ins Zentrum. Wenn dies bereits bei einer "Drucksteuer" wie der Baulandsteuer so eindrucksvoll der Fall war, so ist es erst recht bei einer sehr viel mehr und systematisch belastenden Abgaberegelung zu erwarten. d) Die Argumentationssituation zeigt im Falle der Baulandsteuer weit überwiegende und im Ergebnis nicht ausgeräumte Verfassungsbedenken. Das "Verfasungsrisiko" bereits dieser Steuer war erheblich, obwohl sie noch nicht allzu schwer belastete, und die gesamte Problematik des "Entzugs des Unverdienten" sich noch gar nicht gestellt hatte. e) Der juristische und, vor aHem, auch politische Widerstand hat sich rasch formiert, er war erstaunlich hart und er erinnert an die Kämpfe um die Abschöpfungsgesetze des Jahrhundertbeginns. Der Ablauf des gesamten Gesetzgebungsversuches - denn kaum mehr ist es im Ergebnis gewesen - zeigt die geradezu schon typische Abfolge, in der solche Entwicklungen sich in einer Art von Gesetzmäßigkeit zu vollziehen scheinen: Ein zunächst beachtlicher Schwung wird bald durch Gegenkräfte abgefangen; das Gesetzeswerk wird weitgehend entschärft; nicht zuletzt dadurch werden rasch Wirkung und Praktikabilität problematisch; und es versandet. Nicht anders ist der Versuch ja auch im Falle des Planungswertausgleichs abgelaufen - nur noch mit einem verfrühten Ende173 • f) Schließlich haben sich damit, nach einer langen Reihe von Mißerfolgen, auch die ersten primär bodenpolitisch motivierten Belastungsund Abschöpfungsabgaben als Fehlschläge erwiesen - und zwar sind sie, wie vorher schon die Wertsteigerungsabschöpfungen, sowohl an grundsätzlichen Einwendungen wie, vor allem, an Effektivitäts- und Praktikabilitätsschwierigkei ten gescheitert.
Faßt man die gesamte Entwicklung ,der Abschöpfungsabgabe zusammen, so bleibt eines festzusteHen: Sie ist eine Serie von Mißerfolgen. In vielen Jahrzehnten intensiver Diskussion, in zahlreichen Gesetzgebungen hat sich weder eine überzeugende Rechtfertigung für solche Belastungen finden, noch haben sie sich erfolgreich praktizieren lassen. Wenn es überhaupt einen Fall gibt, in dem die Vergangenheit zur Zurückhaltung mahnt, so ist es dieser. 178
Vgl. dazu Vorbemerkung 2.
5 Leisner
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B. Die Geschichte der Bodenwertzuwachsbesteuerung
Die Lehren der Geschichte sind sicher für jeden weiteren solchen Versuch von großer Bedeutung, gerade weil er ja notwendig stets ein "Sprung ins Dunkle" sein muß. Dennoch entheben sie nicht der Notwendigkeit, nach heutigen rechtsdogmatischen, insbesondere verfassungsrechtlichen Vorstellungen Legitimation und Grenzen einer möglichen Wertabschöpfungssteuer zu untersuchen. Dies soll in den folgenden Teilen C und D geschehen.
C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer Die Wertzuwachssteuer ist eine Sonderabgabe zur Abschöpfung "unverdienter Wertsteigerung". Als eine Sondersteuer ist sie von Anfang an, über ein Jahrhundert hinweg, konstruiert und gefordert worden174• Der allgemeine Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit wird ja, bei der Wertsteigerung wie auch in allen anderen Fällen, bereits durch die Vermögensteuer gleichmäßig erfaßt. Als eine Vermögensondersteuer bedarf jedoch die Wertzuwachsabgabe einer speziellen Rechtfertigung, politisch wie steuer(-verfassungs-)rechtlich174a ; andernfalls würde der Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung verletzt. Dies ist auch stets anerkannt worden und hat zu Legitimationsbemühungen bei dieser Steuerart geführt, welche in ihrer Intensität über sonstige Steuerrechtfertigung hinausgehen.
I. "Unverdientes Eigentum", "leistungsloser Gewinn" Zentrale Begründung der Sonderbesteuerung ist allgemein, im besonderen aber bei Grundstücken, die Behauptung, hier liege unverdienter Gewinn vor, den die Gemeinschaft schon deshalb entziehen dürfe, weil er vom Grundrecht des Eigentums nicht oder nur in abgeschwächter Form geschützt werde. 1. Die These vom unverdienten Wertzuwadls
a) Daß dem Eigentümer hier Unverdientes zufließe, war Ausgangspunkt dieser ganzen Steuer- wie der Bodenreformbewegung überhaupt176 ; es ist noch heute das Hauptargument für diese Abgabe, auch zur Legitimation von Abschöpfungswirkungen bei einem Planungswertausgleich wurde es eingesetzt17e • 174 Von Adolph Wagner, Finanzwiss. II, 1880, insbes. S. 472 f., bis zum Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium, 1976, S. 25 f., 122. 174a Der Aufsatz von Pauliek, H., Zur verfassungsrechtlichen Problematik einer Bodenwertzuwachssteuer, in: Gedächtnisschr. f. F. Klein, 1977, S. 384404, konnte leider nicht mehr berücksichtigt werden. 176 Für England vgl. Simon (FN 36), S. 12, zur deutschen Entwicklung v. Nostitz (FN 1), S. 774; Wagner (FN 174), S. 463 ff.; Pistorius (FN 14), S. 334; Strutz (FN 111), S. 490; siehe auch Damaschke (FN 50), S. 108 ff. sowie näher obenB. 171 Zu diesen neueren Versionen der Rechtfertigung siehe von Heynitz (FN 51), S. 477 f.; Engetken, K., Zum Planungswertausgleich, DÖV 1974, S. 361 ff., 403 ff. (404); Diettein, M., Verfassungsrechtliche Probleme der Enteignungsentschädigung, DÖV 1973, S. 258 (260); Gaentzsch, G., Die Bodenwertabschöpfung im Städtebauförderungsrecht, 1975, S. 52 f. m. weit. Hinw.
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c. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
Der Gedankengang ist einfach und daher auch rechtspolitisch wirksam: Der Eigentümer "tut nichts", sein Gut steigt dennoch im Wert. Dieser Gewinn wächst, buchstäblich, "einem Untätigen" leistungslos zu. In einer "Leistungsgesellschaft", in einem Staat, der das Leistungsprinzip, jedenfalls für gewisse Bereiche, sogar ausdrücklich in der Verfassung verankert177, scheint es gar keiner näheren Begründung zu bedürfen, daß dem Staat auf diese besondere Quelle zusätzlicher Leistungsfähigkeit der steuerliche Zugriff offen steht. Er könnte geradezu als ein Gebot der Steuergleichheit, ja der elementaren Gerechtigkeit erscheinen: Wenn der Staat schon am Ergebnis der Leistung seiner Bürger teilnimmt (Art. 14 Abs. I S. 2 GG), es durch Abgaben belastet, so muß dies erst recht bei leistungslosem Gewinn geschehen. b) Doch die These vom unverdienten Gewinn beschränkt sich meist nicht darauf, die Eigentumslegitimation des Innehabenden zu bestreiten oder doch zu relativieren; sie bemüht sich darüber hinaus um eine nähere Zurechnung dieses Wertzuwachses. Hierbei sind drei Ansätze zu unterscheiden, die nicht selten unausgesprochen bleiben, jedoch deutlich ins Bewußtsein gehoben werden sollten: - Eine "Zufallstheorie" : Die Wertsteigerung wird als eine Form des Konjunkturgewinns betrachtet. Der Eigentümer habe nicht nur in der Regel - auf diese Konjunkturentwicklung keinen wesentlichen Einfluß, könne daher insoweit gar nicht Früchte eigener Arbeit ernten; diese fielen ihm geradezu als ein Geschenk des Zufalls in den SchOßI78. Zufallsgewinne, so muß diese Auffassung weiter argumentieren, stehen jedoch nicht dem Eigentümer zu, sondern der Gemeinschaft, jedenfalls genießen sie gegenüber deren Zugriff nur einen wesentlich abgeschwächten Eigentumsschutz. - Eine "Gesellschaftstheorie": Der Wertzuwachs entstehe nicht durch Zutun des Eigentümers, sondern durch Leistungen der "Gesellschaft"179. Deren wirtschaftliche, kulturelle, soziale Entwicklungsstufe bestimme bereits im allgemeinen das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, den Preis - den Wert. Besonders deutlich zeige sich dies in vielen konkreten Fällen, vor allem bei der Wertsteigerung von Grundstücken: Hier lasse sich der Wertzuwachs nur zum geringsten Teil auf Leistungen des Eigentümers zurückführen, ursächlich sei vielmehr die enorm gestiegene Baulandnachfrage, das Anwach177 So jedenfalls für den "Zugang zu den öffentlichen Ämtern" (Art. 33 Abs. II GG) - und damit übrigens allgemein für das Beamtenrecht; siehe dazu Leisner, W., Grundlagen des Berufsbeamtentums, 1971, S. 62 f. m. Nachw. 178 So etwa Wagner (FN 174), S. 473. l7t Damaschke (FN 175); Wagner (FN 174), S. 473.
I.
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sen der Bevölkerung, ihre Ballung in immer größeren Zentren. Was aber von der Gesellschaft an Werten hervorgebracht worden sei, gebühre auch dieser und müsse ihr daher über eine Abschöpfungssteuer zugeführt werden. Diese Auffassung begründet, konsequent durchdacht, nicht nur die Möglichkeit, sondern geradezu eine Verpflichtung zur Abschöpfungsbesteuerung: Die Gesellschaft darf "ihr Gut" nicht an die Eigentümer verschleudern. Die Verfechter dieser Vorstellungen unterscheiden übrigens nicht immer klar zwischen "gesellschaftsverursachten" und "staatsverursachten" Gewinnen. Die Einführung der Wertzuwachssteuer in Deutsch-China18o wurde u. a. damit legitimiert, daß die Wertsteigerungen doch maßgeblich auf Präsenz und Veranstaltungen des Deutschen Reichs zurückzuführen seien. Diese Theorie entfaltet also, in gewissem Sinn, einen Aequivalenzgedanken: Die Gemeinschaft fordert zurück, was sie gegeben hat. Doch diese Begründung unterscheidet sich immerhin von der eigentlichen Aequivalenztheorie, welche die Abschöpfung über die dem Eigentümer erbrachten Leistungen der öffentlichen Hand, insbesondere der Kommunen, rechtfertigen Will 181 • Die Gesellschaftstheorie behauptet eine höchst globale Zurechnung zur Gesellschaft (oder dem diese repräsentierenden Staat), weil eben letztlich nur die Gemeinschaft für die Konjunktur und die aus ihr fließenden Gewinne verantwortlich sei. Eine "Chancentheorie" schließlich182 weist darauf hin, daß Art. 14 GG sich auf einen "erst entstehenden Vermögenszuwachs" nicht erstrecke: Beim Wertzuwachs handle es sich nicht um eine "Rechtsposition", sondern um eine "Chance und Verdienstmöglichkeit", die von der Verfassung nicht geschützt sei. Der Gesetzgeber könne also den Inhalt des Eigentums nach Art. 14 GG so bestimmen, daß eben künftige Wertsteigerungen nicht mehr dem Eigentümer, sondern, über Steuern, der Gemeinschaft zukämen. Hier wird also der Steuergegenstand nicht der Gemeinschaft zugeschrieben, sondern in etwas gesehen, das noch nicht appropriiert sei, damit aber vom Staat beansprucht werden könne. Insoweit berührt sich diese Theorie mit der des Zufalls, als sie beide dem Staate größere Appropriationsrechte auf den leistungslosen Gewinn zusprechen als dem Eigentümer.
Die Lehre vom "unverdienten Gewinn" läßt sich also dahin zusammenfassen, daß der Eigentumsschutz relativiert erscheint oder ganz Vgl. oben B II 2. Dazu im folg. Ill. 18! Vgl. etwa Gaentzsch, G. (FN 176) unter Hinw. auf BVerfGE 30, S. 292 (334 m. Nachw.); 31, S. 212 (221). 180
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entfallen soll, weil einerseits eine Leistung des Eigentümers nicht vorliegt, zum anderen die Wertsteigerung der Gemeinschaft zuzurechnen sei, oder doch von dieser eher appropriiert werden dürfe als vom Eigentümer. 2. Bedenken gegen die Begründung aus der Leistungslosigkeit des Gewinnes
Diese Theorien sind bereits vielfach kritisiert worden183, doch steht, soweit ersichtlich, eine eingehende, grundsätzliche Auseinandersetzung mit ihnen noch aus; denn der häufige Hinweis auf die praktischen Schwierigkeiten, "verdiente" und "unverdiente" Wertzuwachsbestandteile zu unterscheiden, ist zwar voll berechtigt, es wird so jedoch die prinzipielle Problematik ausgeklammert und der Fragenkomplex rasch ins Rechtstechnische verlagert. Gegen die Leistungslosigkeitstheorie bestehen jedoch, allgemein wie in ihren besonderen Ausprägungen, entscheidende Bedenken. Dabei geht es hier - und dies sei klar herausgestellt - nicht um die Frage, ob der Wertzuwachs an sich eine Steuerquelle, etwa für die Vermögensteuer, darstellt, sondern allein um die Möglichkeit, aus seiner Leistungslosigkeit eine Legitimation für eine Abschöpfungs-Sondersteuer zu gewinnen.
a) Kritik der "allgemeinen Theorie" des leistungslosen Gewinns Ganz allgemein wird behauptet, "der Eigentümer habe nichts für sein Gut getan", nichts wertsteigend investiert, er habe es gekauft und gebe es nun wieder ab, oder sei doch dazu jederzeit in der Lage, dabei entstehe ihm leistungsloser Gewinn. Dies widerspricht jedoch Grundprinzipien des Wirtschaftsrechts und ,der Wirtschaftsordnung: aal Der Gewinn entsteht durch Kauf - Abwarten - Verkauf. Dies aber ist die Quelle eines jeden Handelsgewinnes. Wer hier Leistungslosigkeit annimmt, müßte jeden Handelserfolg als unverdient bezeichnen, dem Staat grundsätzlich das Recht zu einem Sonderzugriff, bis hin zur vollen Abschöpfung, geben. Daß dies abwegig ist und das Ende der Wirtschaftsordnung bedeuten würde, liegt auf der Hand. Einer solchen These liegen auch im Grunde nur naive physiokratische Vorstellungen über die Höherwertigkeit der "produzierenden Arbeit" gegenüber der kommerziellen Tätigkeit zugrunde. "Leistung" liegt vielmehr in allen drei Gliedern der Kette: Im Kaufentschluß, im Nichtrealisieren des investierten Kapitals während einer bestimmten Zeit, schließlich in der Verkaufsentscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt. 183 Vgl. etwa HdwB d. Preuß. Verw. II, 1911, S. 943; von Schalburg (FN 6), S. 695; PistoTius (FN 14), S. 332; Bräuer (FN 37), S. 1036.
I. "Unverdientes Eigentum", "leistungsloser Gewinn"
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Hängen diese drei Glieder zeitlich eng zusammen, so erscheinen sie, schon rein äußerlich, als ein einheitlicher Tätigkeits-Vorgang. Ihm kann man den Charakter der "Leistung" nicht absprechen, weder im rechtlichen, noch im ökonomischen Sinn: Hier wird eine bestimmte eigentumsordnende Verteilungslage geschaffen und aufrechterhalten, auf diese Weise kommt es über Eigentümerrisiko zu Wertsteigerung, Wertschöpfung. Wie immer man "Leistung" definiert - hier ist nichts "Leistungsloses", es sei denn, man verstehe unter Arbeit allein das ununterbrochene robotende Tätigsein. Daß dies völlig wirklichkeitsfremd ist, bedarf keiner Begründung. Selbst wenn aber die Wartezeit lang ist, ändert sich daran nichts. Man kann die Leistungsintensität nicht nach der Warte- oder Lagerhaltungszeit abstufen. Der Gewinn eines Händlers, der ein Gut über Jahre bei sich hält, bis er einen günstigen Verkaufsmoment sieht, ist nicht weniger schutzwürdig, als wenn er am nächsten Tag verkaufte. Volkswirtschaftlich mag es zweckmäßig sein, die Umsatzgeschwindigkeit zu steigern oder zu verlangsamen, Anreize sind hier sicher zulässig. Das hat aber nichts mit einem Unwerturteil der Leistungslosigkeit über längeres Abwarten zu tun. Und selbst bei generationenlangem Warten ändert sich daran grundsätzlich nichts - der Erbe setzt die Person des Erblassers fort. Die allgemeine Leistungslosigkeitsthese verkennt also das Wesen des Handelsgewinns, sie geht von einem unhaltbaren Leistungsbegriff aus und sie bewertet einseitig und übermäßig das "reine Abwarten", ohne An- und Verkauf und die hinter dem Abwarten liegenden (negativen) Entscheidungen zu berücksichktigen. bb) Der Eigentümer zieht seinen Wertsteigerungsgewinn in erster Linie aus dem Einsatz eigenen Kapitals. Dieses jedoch ist das Ergebnis eigener oder dem Eigentümer zurechenbarer Leistung (etwa des Erblassers). Was durch Einsatz eigenen Kapitals gechaffen worden ist, ist aber nach h. L. ebenso "Eigentum" wie die Früchte der eigenen Arbeit, es ist dieser gegenüber keineswegs minderwertig1S&. Wirtschaftlich ist dann aber nicht einzusehen und rechtlich nicht zu begründen, daß lediglich der Ertrag im steuerrechtlichen Sinn Ergebnis "eigener Leistung durch eigenes Kapital" sein und damit den Vollschutz des Eigentums genießen soll, nicht aber die Wertsteigerung, die doch ebenfalls ein Ergebnis der Investitionsentscheidung darstellt. Wer die Wertsteigerung als leistungslos abschöpfen will, muß auch den Kapitalertrag entsprechend und ganz anders belasten als andere Gewinne, er muß ihn grundsätzlich dem Eigentumsschutz entziehen. Dies wäre nur nach radikal184 Daß Kapital und Arbeit insoweit gleichbehandelt werden müssen, ist seit langem anerkannt, vgl. etwa BVerfGE 1, S. 264 (277/8); BSG JZ 1958, S. 20/21.
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marxistischen Grundsätzen möglich, welche Wertsteigerung und Ertrag, damit aber den gesamten "Mehrwert" des Kapitals entziehen wollen. Es müßte die Möglichkeit geleugnet werden, daß "Kapital arbeiten" könne. Damit brächen die Grundlagen des gesamten ökonomischen Systems zusammen, das auf das Zusammenspiel von "früherer" und "heutiger" Leistung gegründet ist, auf "Kapital und Arbeit". Man würde weiter gehen als selbst das kanonische Zinsverbot, das doch die Wertsteigerung dem Eigentümer beließ. Das Urteil des "unverdienten Gewinns" läßt sich also in seinen logischen Konsequenzen gar nicht mehr begrenzen, wird es über die Wertsteigerung grundsätzlich gesprochen; in einer Kettenreaktion muß es mit Notwendigkeit die Grundlagen der gesamten Wirtschaftsordnung zerstören. Dies ist nur deshalb nicht geschehen, weil man es eben letztlich doch nicht ernst genommen hat. Systematisch jedenfalls kann man es nicht einsetzen; dann aber verliert es seine eigentliche, vor allem aber seine rechtsethische Stoßkraft. . ce) "Leistung" steckt in der Kette Kauf - Abwarten - Verkauf aber selbst dann, wenn man einen übermäßig engen Leistungsbegriff zugrundelegt, den der "eigenen Arbeit". Der Ankauf größerer Vermögensgüter, um den es sich hier in der Regel handeln wird, ist mit erheblichen Anstrengungen verbunden: Der Markt muß beobachtet, die günstige Gelegenheit ausfindig gemacht werden. Sodann sind Verhandlungen zu führen, Kapital ist bereitzustellen, die Finanzierung muß gesichert und abgewickelt werden. Nicht selten und gerade bei den abschöpfungsträchtigen Grundstücken sind dazu Spezialkenntnisse erforderlich, oder es müssen Beauftragte eingesetzt werden, deren Leistung sich der Käufer jedoch eigentumsrechtlich zurechnen lassen darf.
Abwarten ist wiederum in sehr vielen Fällen, und gerade bei Grundstücken typisch, mit Arbeit verbunden: Der Markt muß laufend beobachtet werden, gerade wenn es sich um mehrwertträchtige Güter handelt, denn dann vor allem gilt es, den günstigen Verkaufstermin zu wählen. Wer erhebliche Wertsteigerung erreichen will, kann in der Regel nicht "liegen und besitzen", von ihm wird ein aufmerksames, jederzeit reaktionsbereites, ein wirklich "aktives Warten" verlangt; es kostet Zeit und Anstrengung, es bringt Sorgen und Aufregungen es ist: Arbeit. Für den Verkauf gilt wieder das oben zu den Verkaufsanstrengungen Ausgeführte. Vor allem verstärkt sich hier bei großen, zuwachsträchtigen Gütern die Verhandlungslast. Nimmt man alle diese Arbeit zusammen, berücksichtigt man, daß auch das Tragen der u. U. großen Risiken als solches schon Belastung, Anstrengung, Arbeit bedeutet, und
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ja auch beim Unternehmer als solche angesehen und honoriert wird, so kann heute nicht mehr das Bild vom untätigen Rentier des vergangenen Jahrhunderts entstehen, das aber die Leistungslosigkeitstheorie trägt: In einer völlig gewandelten sozialpolitischen und ökonomischen Wirklichkeit mit ihren raschen Entwicklungen, Instabilitäten und unabsehbaren Risiken, bedeutet Eigentumserwerb, Eigentumshaltung von einiger Größenordnung schlechthin - Arbeit, jedenfalls aber Leistung. dd) Die Verwaltung größerer, abschöpfungsträchtiger Güter ist als solche schon mit meist nicht unerheblicher "Arbeit" verbunden, so etwa im Falle zu vermietender Grundstücke. Auf ihnen liegen auch zahlreiche öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, deren Erfüllung gleichfalls mit zum Teil erheblicher Arbeit verbunden ist. Darüber hinaus ist auch die laufende Bewirtschaftung eines an sich ertragsarmen Gutes eben in der Hoffnung auf Wertsteigerung - als eine erhebliche Verwaltungs-, besser: Haltungslast zu betrachten. Sie liegt vor allem auf der Landwirtschaft, und zwar eben dort, wo u. U. später erhebliche Wertsteigerungen zu verzeichnen sind, etwa in stadtnahen agrarischen Gebieten. Solche Haltungslasten sind letztlich nichts anderes als Arbeit, jedenfalls Leistung, die auf Wertsteigerung hin erbracht wird. Sie muß um so höher bewertet werden, als sie ja mit einem erheblichen Risiko belastet ist. Nimmt man all dies zusammen, so gelangt man schon über solche Einsätze zu einer erheblichen Leistungsquote bei der angeblich "unverdienten" Wertsteigerung. Die Theorie des Unverdienten dagegen geht, zu Unrecht, davon aus, daß es "Eigentümer als Beruf"185 überhaupt nicht gibt. Die "Haltungslasten" erschöpfen sich in all dem übrigens nicht; jenseits der Verwaltung i. w. S. tritt dann die schwierige Problematik der Anrechenbarkeit von Leistungen des Eigentümers zur Erhaltung und Wertsteigerung des Gutes auf18S - eine herkömmliche und schwer zu beseitigende Praktikabilitätsbelastung für jede Wertzuwachsabgabe. ee) Die Rechtsprechung des BVerfG zu dem, was man das Leistungseigentum nennen könnte, trägt schließlich nicht bis zu einer allgemeinen Relativierung des Eigentumsschutzes bei angeblich "unverdienten" Wertsteigerungen. Den vollen Schutz des Art. 14 GG gewährt das Gericht nur solchen Rechtspositionen, welche die "konstituierenden Merkmale des Eigentumsbegriffes tragen"187. Dies ist lediglich bei "eigener Leistung" der Fal}188. 185 LeisneT, W., Eigentümer als Beruf, JZ 1972, S. 33 ff. 188 Dazu unten 111. 187 BVerfGE 24, S. 220 (226).
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Diese Eigenleistung ist jedoch nicht auf die "Arbeit" beschränkt1 81, wie, schon terminologisch, auch neuere Urteile zeigen, in denen von "Arbeit und Leistung" die Rede ist190 Es ergibt sich ferner daraus, daß die Eigentumsgarantie Ausfluß und Ergänzung der Handlungs- und Gestaltungsfreiheit des Einzelnen ist l9l • Diese allgemeine Freiheit, wie sie sich etwa aus Art. 2 Abs. I GG ergibt, kann jedoch nicht auf eine "Arbeitsfreiheit" beschränkt werden, sie schließt vielmehr jedes andere zulässige Verhalten in ihren Schutz ein, insbesondere jegliche kommerzielle Tätigkeit, jede Vermögensanlage. Ebensowenig kann daher der Schutz der Ergebnisse einer so generellen Freiheit auf die Resultate engverstandener "Arbeitsleistung" reduziert bleiben. Was das BVerfG unter "eigener Leistung" verstehen wollte, läßt sich schließlich aus deren "Gegenbegriff" bestimmen, bei dessen Zutreffen Eigentumsschutz ausscheidet: Einseitige Gewährung, Erfüllung einer Fürsorgepflicht seitens des Staates. Was der Staat gibt, das soll er auch entziehen, nicht weiter bieten dürfen, so etwa Fürsorgeleistungen, Rentenzuschüsse. Dies aber trifft bei den Wertsteigerungen nicht zu, jedenfalls nicht in einer Allgemeinheit, welche steuerliche Abschöpfung rechtfertigen würde 192 • Das BVerfG schließt nur diejenigen Positionen aus dem Eigentumsschutz aus, bei denen eine konkrete, summenmäßige Rückführung auf den leistenden Staat möglich ist. Alle anderen bezieht sie in die Garantie des Art. 14 GG ein - also auch die Wertsteigerungen, welche allenfalls in einer höchst generischen Weise als "staatsverursacht" angesehen werden könnten. Für eine Abstufung gar des Eigentumsschutzes, je nach der Intensität eigener Leistung, ergibt die bisherige Judikatur des BVerfG auch nicht einen Ansatz.
Ergebnis: Ein allgemeines Prinzip abgeschwächter Schutzwürdigkeit von Wertsteigerungen wegen "Leistungslosigkeit" gibt es nicht. Seine Anerkennung würde die Grundlagen der Wirtschaftsordnung zerstören. b) Zufalls-, Gesellschafts-, Chancentheorie -
Kritik
Auch die Einzelausprägungen der Theorie vom "unverdienten Wertzuwachs" halten bei näherer überprüfung der Kritik nicht Stand. 188 BVerfGE 1, S. 264 (277/8); 2, S. 380 (402); 16, S. 94 (113); 18, S. 392 (397); 24, S. 220 (226); 30, S. 292 (334); 31, S. 229 (239), std. Rspr. 189 Vgl. oben FN 184. 190 BVerfGE 30, S. 292 (334); 31, S. 229 (239). 181 So gerade im vorliegenden Zusammenhang ausdrücklich BVerfGE 30, S. 292 (334), wo übrigens wohl auch ausdrücklich der Verfassungsschutz des Gesamtvermögens anerkannt wird ("in dem sie dem Einzelnen vor allem den durch eigene Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an vermögenswerten Gütern anerkennt"). 192 Dazu noch näher unten b, bb.
I. "Unverdientes Eigentum", "leistungsloser Gewinn"
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aa) Die Zufallstheorie stellt die Wertsteigerung als Folge von Entwicklungen dar, welche für den Eigentümer unbeeinflußbar, kasuell seien. Dabei wird zunächst übersehen, daß sich ja der Eigentümer durch seine Kaufentscheidung in diesen Zufallsfluß hineingestellt hat, durch den realisierenden Verkaufsentschluß ebenso entschieden aus ihm wieder heraustritt. Während der Haltungs-Periode mag er auf die Entwicklung wenig oder gar keinen Einfluß haben - er nimmt an ihr absichtlich und gezielt teil. "Der Gewinn als solcher" kommt vielleicht wirklich teilweise "vom Zufall" - sein Gewinn kommt aus seiner Entscheidung, nur aus dieser. Die Zufallstheorie beruht eben auf einem grundlegenden Denkfehler: Sie verwechselt "Verursachung" und "Verantwortung", "Zurechenbarkeit". Verursacht worden sein mag der Gewinn, näher oder ferner, durch unabschätzbare Einflüsse, die insoweit für den einzelnen Eigentümer wirklich eine Art von Zufall sind. Doch tragen darf und muß - er allein ihre Folgen, sie werden ihm zugerechnet, durch Erwerb und Halten seines Eigentums ist er, unter Ausschluß anderer (§ 903 BGB), für sie verantwortlich geworden und geblieben. Seine Rechte am Wertzuwachs sind daher vielleicht zufallsverursacht, nicht aber zufalls begründet. Es gibt keinen Grundsatz, daß dem Staat alle Zufallsgewinne gehörten, vielmehr trifft das Gegenteil zu, nach dem allgemeinen Re.chtsgrundsatz casum sentit dominus. Da aber der Eigentümer den Zufall mit seinen belastenden Folgen zu tragen hat, kann auch niemand im Namen des Zufalls von ihm etwas verlangen, zufallsverursachte Gewinne bei ihm vom Eigentum abschöpfen wollen. Dem Zufall steht der Eigentümer näher als der Staat. Wenn schließlich eine Abschöpfungssteuer mit der Zufallstheorie begründet werden soll, so müßte der Staat auch durch das "Konjunkturroulette" im umgekehrten Sinne hervorgerufene Folgen tragen, nämlich die Konjunkturverluste dem Eigentümer ersetzen1tl3 • Denn wenn das Ergebnis des Zufalles "des Kaisers ist", weil unverdient, nicht des Eigentümers, dann gibt es keinen Grund für eine Partizipation nur bei Erfolg. Anders mag dies bei einer Steuerlegitimation aus der Leistungsfähigkeit liegen; diese kann immerhin gegen staatliche Verlustversicherung einwenden, es sei der Steuer wesentlich, daß sie sich begrifflich nur auf Gewinn beziehe, "reine Verluste" aber nicht mitzutragen brauche. Wird jedoch die Steuer mit dem Vorliegen des leistungslosen Gewinnes begründet, der ein Werk des Zufalls sei, so muß sich der Staat den Zufall auch im Verlust ebenso weit anrechnen lassen, wie er Gewinne als eigenes Gut dann abschöpfen will. Die Zufallstheorie ist daher als Steuerbegründung nicht geeignet. 118
Mit diesem Einwand müht sich die Abschöpfungstheorie seit Adolph
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bb) Die Gesellschaftstheorie begeht denselben Denkfehler: Auch sie will Wertzuwachs als "unverdient" entziehen, weil er von der Gesellschaft, oder gar vom Staat, global verursacht seP94. Aber auch hier wieder würde die Wertverursachung - selbst wenn sie anzunehmen wäre - grundsätzlich noch nichts an den Eigentumsverhältnissen und am Eigentumsschutz ändern. Denn hier liegt ein grundlegender Irrtum der Theorie des Unverdienten: Aus der "Verursachung" einer Wertschöpfung ergeben sich noch keine Eigentumsrechte, Forderungsrechte in Bezug auf das so Hervorgebrachte. Andernfalls bräche die Ordnung der Vermögensrechte sogleich zusammen: Ein Großbetrieb könnte die Gewinne der nahegelegenen Gaststätten abschöpfen, wenn er nachzuweisen vermöchte, sie seien durch die Bewirtung seiner Mitarbeiter oder Gäste entstanden; der Ingenieur könnte den Lohn des Arbeiters an sich ziehen, der seine Erfindungen herstellen hilft. Und die Gesellschaft oder der Staat könnten dann jedem alles nehmen, denn ohne sie würde ja kein Wert hervorgebracht und bestehen können. Diese Theorie arbeitet überdies mit einer Zurechnung, welche allgemeinen Rechtsgrundsätzen widerspricht: Dem Prinzip der notwendigen Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung bei der Geltendmachung ungerechtfertigter Bereicherung. Der Kläger muß dort nachweisen, daß aus seinem Vermögen ein Vermögenswert direkt in das des Beklagten geflossen sei und dort zu Mehrwert geführt habe. Selbst bei weitester Auslegung der Unmittelbarkeit könnte eine solche zwischen konkretem Wertzuwachs beim Eigentümer auf der einen, "Weben und Wirken der Gesellschaft" oder "Existenz des Staates" auf der anderen Seite nicht angenommen werden. Hier werden Rahmenbedingungen gesetzt, die Gesamtentwicklung wird getragen oder doch gesteuert. Doch der Weg von dort bis zum konkreten Wertzuwachs, den der Staat abschöpfen will, läßt sich nicht mehr nachvollziehen; und der Nachweis, daß hier konkrete Leistungen aus dem Vermögen von Staat oder Gesellschaft - wenn es etwas derartiges überhaupt gibt in das des Eigentümers geflossen sind, läßt sich nicht erbringen, es sei denn bei bestimmten Veranstaltungen, etwa der Kommunen, welche gewissen Eigentümern nachweislich wertsteigernd zugute kommen. Doch dann wird nicht mehr die Theorie des Unverdienten an sich, sondern die der Aequivalenz der konkreten Staatleistung eingesetzt. Wer auf solche Weise eine Steuer begründen wollte, müßte sich überdies entgegenhalten lassen, daß nach h. L. eine solche Abgabe gar nicht über Wagner erfolglos ab (vgl. FN 174, S. 463 f.); dieser will es über Versicherungen lösen - deren Kosten aber eben auch der Eigentümer tragen müßte. 184 Vgl. etwa HdwB d. Preuß. Verw. II, 1911, S. 945; siehe auch Pistorius (FN 14), S. 333 f.
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Aequivalenz, sondern nur durch Leistungsfähigkeit begründet werden kann195• Die Konsequenz der Gesellschaftstheorie wäre nicht nur das Ende des bürgerlichen Vermögensrechts, sondern auch das virtuelle Ende jeder Freiheit. Wenn der Staat den Eigentumszuwachs mit der Begründung abschöpfen darf, er sei durch Staat und Gesellschaft verursacht, so muß dies auch für die Freiheit gelten, die es ja auch ohne Gesellschaft und Staat nicht geben könnte. Zumindest jede Steigerung der Freiheit, jeder Fortschritt der Rechtsstaatlichkeit "gebührte" dann dem Staat, könnte von diesem jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Diese Folgerung ist angesichts des vom BVerfG stets betonten Komplementärverhältnisse von Eigentum und Freiheit zwingend. Die Gesellschaftstheorie ist um so bedrohlicher, als sie, grundsätzlich jedenfalls, die volle Abschöpfung all dieser angeblich unverdienten Gewinne fordern muß. Sind diese nämlich gesellschafts- oder staatsverursacht, so beginge Verschleuderung von Staatsgeldern, wer hier nicht alles beitriebe, was des Staates ist. Eine Abgrenzung aber zwischen dem, was nun doch dem Eigentümer wegen einer gewissen eigenen Leistung belassen werden muß, und was der Gemeinschaft zusteht, ist bisher nie gelungen, bei einer so allgemeinen Inanspruchnahme des Wertzuwachses als staatsverursacht ist sie praktisch auch nicht vorstellbar. Vor allem kann hier eines nicht befriedigen: Eine Abschöpfung irgendwelcher Prozentsätze, wie dies etwa in der letzten Phase des Planungswertausgleichs mit 50 %. beabsichtigt war. Wer so grundsätzlich argumentiert, daß er dem Eigentümer den Schutz der Verfassung wegen fehlender Leistung abspricht, kann dann nicht bei irgendeiner Prozentgrenze stehen bleiben, die notwendigerweise willkürlich gewählt sein muß. Wenn der Wertzuwachs gemeinschaftsverursacht ist, dann steht er auch der Gesellschaft zu oder dem Staat. Wem übrigens von beiden? Die Gesellschaftstheorie muß stillschweigend von der vollen Identität von Staat und Gesellschaft ausgehen. Es ist hier nicht der Ort, diese schwierige und keineswegs so glatt zu lösende Frage zu vertiefen. Erhebliche Bedenken bestehen jedenfalls dagegen, das, was der Markt durch sein Spiel von Angebot und Nachfrage an Wertsteigerung hervorgerufen hat, einfach und vollständig dem Staat zu übergeben. Es käme dabei zu einer eigentümlichen Intervention: Gerade das, was der eine Bürger bereit ist, dem anderen (mehr) zu bezahlen, würde der Staat sogleich beim Empfänger, grundsätzlich voll, abkassieren, mit der Begründung, es sei von ihm, nicht vom Anbieter, verursacht worden. 115
Dazu im folg. IV.
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Ergebnis: Die "Gesellschaftstheorie" arbeitet mit unbeweisbaren Annahmen, sie ist nicht durchdacht und würde zu unannehmbaren Konsequenzen führen. Sie mag politischen, vielleicht auch nur demagogischen Wert haben, als juristische Legitimation für eine Abschöpfungssteuer ist sie unbrauchbar. cc) Die Chancentheorie nimmt den Wertzuwachs als reine Zukunftserwartung von der Eigentumsgarantie aus. Dabei wird jedoch übersehen, daß die Chancen eben nur insoweit ungeschützt sind, als sie im Augenblick des staatlichen Eingriffs in der Zukunft liegen, der Wert also nicht realisierbar ist. Die Wertzuwachssteuer geht jedoch vom Gegenteil aus: Sie will abschöpfen, was der Eigentümer im Augenbli'Ck: der steuerlichen Belastung bereits in Händen hat. Eine reine Chancenbesteuerung wäre mit dem Steuerbegriff jedenfalls dann unvereinbar, wenn man von der Leistungsfähigkeit als Steuerlegitimation ausgeht: Der Steuerbürger ist hic et nunc nicht leistungsfähig, wenn er irgendwann einmal irgendetwas verdienen kann. Schließlich ist es auch mit dem Chancenbegriff, der ja notwendig etwas Unbestimmtes hat, schlechthin unvereinbar, feste Wertsteigerungen zugrundezulegen und diese zu belasten. Die Chancentheorie ist also in sich widersprüchlich und mit dem Steuerbegriff unvereinbar.
IL Spekulationsbekämpfung als Rechtfertigung der Wertzuwachssteuer 1. Spekulation und "unverdienter Gewinn"
Der Kampf gegen die Spekulation allgemein, vor allem aber die Bodenspekulation, gehört seit Beginn der Abschöpfungs-, insbesondere der Bodenreformbewegung zu den Begründungsversuchen für solche Abgaben. Vor allem hat er, seit der Gründerzeit, immer wieder politisch stark gewirkt. In seinem Namen waren sich National-Konservative und Sozialisten einig, in der Ablehnung einer Art kommerzieller Geschicklichkeit, welche sie als Entartungserscheinung des Liberalismus, ja als unmoralisch verwarfen1". Selbst bei wissenschaftlicher Betrachtung erschien dies so selbstverständlich, daß man das Unwerturteil über "die Spekulation" und die Bekämpfung derselben überhaupt nicht begründen zu müssen glaubte197• Eine eigentliche Theorie der Spekulation ist also, wenigstens 198
Typisch hierfür etwa der "Nationalsoziale" Adolf Damaschke, vgI. FN
50, S. 111 f.
187 Bezeichnend etwa Adolph Wagner, der 1880 schreibt: "Eine Menge tiefer wirthschaftlicher, sittlicher und socialer Schäden sind die Folgen dieser
II. Spekulationsbekämpfung als Rechtfertigung der Wertzuwachssteuer 79
in diesem Zusammenhang, soweit ersichtlich, niemals auch nur versucht worden. Die Spekulationsbekämpfung erscheint als eine Art von reserve power der Theorie des Unverdienten; sie ist nicht näher definiert, gerade deshalb aber politisch höchst wirkungsvoll, weil sie unbestimmte Ängste zu wecken geeignet ist. 2. Spekulation - Grundlage der Marktwirtschaft
Eine Spekulationstheorie kann hier nicht geboten werden. Weder kann in diesem Zusammenhang "Spekulation" als solche oder in ihren einzelnen Entscheidungsformen näher definiert, noch kann das Ausmaß ihrer Schädlichkeit und die damit verbundene Berechtigung zu staatlichem Eingreifen systematisch dargestellt werden. Selbst wenn man aber unterstellen wollte, daß die Wertzuwachssteuer ein geeignetes Mittel der "Spekulationsbekämpfung" sei, so bleibt doch aus juristischer Sicht ein Doppeltes festzustellen: Es läßt sich nicht allgemein begründen, daß Spekulationsgewinn "unverdient" sei, und es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem "Spekulation" allgemein, in welcher Form immer sie aufträte, zu verurteilen wäre. Das Gegenteil ist der Fall: Die gegenwärtige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung beruht weitestgehend auf spekulativem Verhalten der Bürger. Der Spekulant, vor allem der Grundstücksspekulant, erzielt Gewinn, der die "konstituierenden Merkmale des Eigentumsbegriffes" trägt: Er setzt eigenes Kapital und eigene Arbeit ein, letztere meist in ganz erheblichem Maße. Schon deshalb kann sein Gewinn nur dann als "unverdient" bezeichnet werden, wenn man von einem Unwerturteil über diesen Kapital- oder Arbeitseinsatz ausgeht. Dies aber läßt sich ebenso wenig begründen. Jedes kommerzielle Verhalten hat, ganz wesentlich, etwas von Spekulation an sich, solange die Marktwirtschaft besteht. Es wird produziert und gekauft - und dann gewartet, auf günstigen Absatz "spekuliert" oder auf erfolgreichen Einkauf. Letztlich läßt sich Spekulation nur durch staatliches Eingreifen ausschalten. überspitzt könnte man definieren: Jede Intervention ist wesentlich Spekulationsbekämpfung, von der indikativen Planung bis zum totalen Preisstop. Und die Zentralverwaltungswirtschaft läßt sich als Endsieg über die private Spekulation bestimmen. Einer Marktwirtschaft dagegen ist es eigen, daß dort jedermann dauernd spekuliert. In dieser Wirtschaftsordnung grundsätzlicher, notwendiger Spekulation kann es daher ein allgemeines Unwerturteil über Spekulation nicht geben; allenfalls können gewisse Auswüchse, wie bei jedem anderen Verhalten, beschnitten werden. Dann aber taugt Verhältnisse (d. h. der Nichtabschöpfung des Konjunkturgewinns; der Verf.) , namentlich der Ausdehnung des Speculationsmoments" (Finanzwissenschaft, II, S. 464).
C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
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die generelle Spekulationsbekämpfung nicht als Begründung für allgemeine Wertzuwachsabschöpfung. 3. Die "Spekulationsfristen"
Auch die sogenannten "Spekulationsfristen" des Einkommensteuerrechts1gS sind nicht etwa Ausdruck eines speziellen Unwerturteils über die Spekulation und noch weniger eine Begründung für die These vom "unverdienten" Wertzuwachs: In ihrem Fall des rasch aufeinanderfolgenden An- und Verkaufs von Grundstücken unterstellt der Gesetzgeber zulässigerweise eine gewisse Einbettung des Vorgangs in den Betrie.b, damit aber das Vorliegen von Betriebsgewinn, der nach allgemeinen Grundsätzen zu versteuern ist - oder eine davon unabhängige, sozusagen "selbständige Spekulation", die aber gleichfalls berufsähnlich gewertet, deren Ergebnis daher besteuert wird. In beiden Fällen geht der Vorgang über das "typische Eigentümerverhalten" des "Liegenlassens" eines Gutes hinaus. Es kann aber doch Spekulationsgewinn dann erst recht nicht als "unverdient" abgeschöpft werden, wenn sogar eine doch durch typisch passives Eigentümerverhalten hervorgerufene Wertsteigerung nicht im eigentlichen Sinne unverdient ist199•
Spekulation ist kein "Eigentümerverhalten par excellence", sondern ein berufs ähnliches aliud. Sie kann daher zur Begründung der Abschöpfung oder gar als Argument für die Leistungslosigkeit begrifflich nicht verwendet werden. 4. Zulässige Spekulationsbekimpfung aber niebt durcb Wertzuwachssteuem
Damit steht andererseits nicht schon allgemein fest, daß jede Spekulationsbekämpfung illegitim wäre; sie läßt sich anders begründen als über "Abschöpfung unverdienten Wertzuwachses": a) Gewisse Spekulationspraktiken mögen zu unseriösem Geschäftsgebaren, ja zu Unlauterkeit führen. Anreiz dazu können im Einzelfall besonders hohe so zu erzielende Gewinne sein. Gegen solche Auswüchse muß der Staat - schon nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip - zunächst über die Kontrolle nach dem Kartellrecht, der Konkurrent, seine Berufs- und die Verbraucherverbände müssen über UW-Klagen vorgehen. Steuerbelastung ist gar nicht das geeignete Mittel, weil es zu allgemein, zu wenig gezielt wirkt. Eine allgemeine Vermutung, daß sich der Verkehr bei kleinen Gewinnen lauter, bei größeren unlauter verhalten werde, kann es jedoch nicht geben; eine UW-Kontrolle nach Gewinnhöhe ist unserem Recht fremd. Damit scheidet die BegrünleS 18D
Dazu oben All. Dazu oben I 2 a.
II. Spekulationsbekämpfung als Rechtfertigung der Wertzuwachssteuer 81
dung der Wertzuwachsabgabe als "Moralisierungssteuer" von vornherein aus; sie würde unabsehbare logische Konsequenzen haben: steuerliche Leistungsfähigkeit würde mit einem Unwerturteil belegt, radikaler Verteilungszwang wäre moralische Forderung. b) Ähnliches gilt von der Bekämpfung der Wucher-Spekulation, welche Gewinn aus der gezielten Ausnutzung der Notlage anderer Bürger zieht20o • Das Strafrecht ist hier von jeher das richtige Instrument, seine Wirkungen mögen durch Verwaltungsmaßnahmen oder durch spezialgesetzliche Regelungen für einzelne Sektoren (Mietrecht) flankiert werden. Eine allgemeine Wertzuwachssteuer aber hätte vielleicht gelegentlich wucher bekämpfende Wirkungen, doch sie könnte daraus nicht generell legitimiert werden, weil in den weitaus meisten Fällen der Gewinn nicht mit der gewollten Schädigung bestimmter Mitbürger verbunden ist. Wucher gegenüber unbestimmten Personen, gegenüber der Gesellschaft, kennt jedoch das Recht nicht, er ist schon begrifflich nicht vollziehbar. Damit scheidet Spekulationsbekämpfung durch Wertzuwachssteuer aus. c) Die Erzielung besonders hoher Gewinne durch "Spekulation", vor allem im Grundstücksverkehr, mag sowohl bodenpolitisch unerwünscht, als auch volkswirtschaftlich schädlich sein. Deswegen ist auch eine gewisse Sperre bei der Enteignungsentschädigung vorgesehen, welche immerhin nur Werte berücksichtigen darf, die in einem "gesunden Grundstücksverkehr" erzielbar sind201 • Wollte man jedoch solche Grundsätze zur Steuerlegitimation heranziehen, so ergäben sich erhebliche Bedenken gegen eine allgemeine Wertzuwachssteuer: - Welche Gewinnhöhe einem "gesunden Grundstücksverkehr" entspricht, läßt sich nur im Einzelfall feststellen. Eine allgemeine Wertsteigerungsgrenze, wie sie mit rechtlichen Regelungen notwendig verbunden sein muß, kann den hier entscheidenden Besonderheiten des Einzelfalles gar nicht Rechnung tragen und wirkt schon deshalb enteignend. -
Die Verhinderung nur des "übermäßigen", volkswirtschaftlich schädlichen" Gewinnes würde die Möglichkeiten einer Wertzuwachsbesteuerung ganz wesentlich reduzieren. Nur Gewinnspitzen dürften abgebrochen werden, die Steuer verlöre damit nicht nur den Charakter einer allgemeinen Belastung und die politische Zugkraft einer solchen Legitimation, sie würde, sogleich oder doch sehr rasch, so wenig an Aufkommen erbringen, daß sie als solche,
200 Schönke-Schröder, StGB, 19. Aufl. (1978), Rdnr. 2 ff. zu § 302 a; Dreher, StGB, 37. Aufl. (1977), Rdnr. 3 ff. zu § 302 a; Lackner, StGB, 11. Aufl. (1977), Anm. 11 ff. zu § 302 a - jeweils m. Nachw. 201 BGHZ 60, S. 126; 30, S. 269; 23, S. 30; BVerfGE 24, S. 367 (420 f.).
6 Lelsner
c. Die Rechtfertigung der Zuwachs steuer
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gerade für den erhebenden Staat, inattraktiv würde. Damit aber wäre, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, auch ihr Schicksal besiegelt202 . Denn Gewinnerzielung mag, rechtlich, nicht das einzige legitime Steuerziel sein, Sozialgestaltungseffekte aHein aber können auf Dauer auch nicht genügen. Der Erhebungsaufwand, die Einbettung in eine aufkommensorientierte Finanzverwaltung, die Steuerbegrifflichkeit als solche, führen erfahrungsgemäß bald das Ende derart aufkommensschwacher Abgaben herbei. Eine Spekulationsbekämpfung durch Wertzuwachssteuer würde also entweder durch Aufkommenslosigkeit oder durch Übermaß - gemessen am Ziel problematisch werden. Man könnte gegen sie sogar den Einwand erheben, hier widerspreche nun einmal eine Abgabe evident dem Steuerbegriff, da sie allein auf Austrocknung der Steuerquelle (Spekulation) gerichtet sei und dieses Ziel auch voraussichtlich rasch erreichen werde. Vor allem aber würde bei einer Wertzuwachssteuer zur Herstellung eines "gesunden" Marktes anerkannt, daß diese nur soweit zulässig ist, wie die Eigentumsgarantie nicht beeinträchtigt wird. Der "gesunde Markt" ist ja ein Begriff des Eigentumsrechts, er steht in Spannung zur Enteignung 203. Damit wären einer Wertzuwachssteuer von vornherein grundsätzliche und im Ergebnis wohl enge Grenzen gesetzt, denn beim "gesunden Markt" verhindert die Rechtsprechung allenfalls Sonderbewegungen, ist es doch "in einer marktwirtschaftlichen Ordnung keineswegs ungewöhnlich oder gar verwerflich, daß die Preise einzelner Güter oder Leistungen wesentlich rascher steigen als das allgemeine Preisniveau''204. Es ginge jedoch nicht an, eigentumsrechtliche Kategorien, wie den "gesunden Markt", zur Steuerlegitimation heranzuziehen, die damit verbundenen Grenzen dann aber für diese Steuern nicht gelten zu lassen.
Ergebnis: Das so viel berufene, politisch wirksame Ziel der Spekulationsbekämpfung vermag eine Wertzuwachssteuer allgemein nicht zu legitimieren. Allenfalls könnten hier Spitzenabschöpfungen in Betracht kommen, doch würde eine so begründete Steuer, zwischen Aufkommensschwäche und Übermaßgefahr eingeklemmt, kaum Entwicklungsmöglichkeiten finden.
Siehe oben B IV 2 und V. Dies zeigen deutlich die in FN 201 zit. Urteile. 204 Wiss. Beirat beim BMF (FN 11 u. 17), S. 9.
202
203
111. Wertzuwachsabgabe - Aequivalent staatlicher Aufwendungen
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III. Wertzuwachsabgabe - Aequivalent staatlicher (kommunaler) wertsteigender Aufwendungen 1. Voraussetzung des Aequivalenzprinzips: konkrete, direkte, bestimmbare Wertsteigerung durch den Staat
a) Die "Existenz des Staates" allein, seine Garantenstellung gegenüber dem Eigentum, vermag eine Wertzuwachssteuer, wie dargelegt205 , ebenso wenig zu begründen wie allgemeine konjunkturfördernde Staatstätigkeit. Hier fehlt es bereits an der Unmittelbarkeit des Austausches, der Vermögensverschiebung. Ein anderes gilt jedoch dann, wenn eine bestimmte Wertsteigerung bei einem Eigentumsgegenstand, etwa einem Grundstück, durch eine ebenfalls bestimmbare, öffentliche Veranstaltung hervorgerufen wird, und zwar in der Weise einer direkten Vermögensverschiebung vom öffentlichen in den privaten Haushalt. Da es sich hier um eine Anwendung des allgemeinen Rechtsprinzips des Ausgleichs ungerechtfertigter Bereicherung handelt, muß Leistung, Bereicherung und Unmittelbarkeit der Verschiebung nachgewiesen werden. Auf eine gesetzliche Regelung können jedoch die Beweislastnormen des Zivilprozeßrechts nicht angewendet werden; der Abgabengesetzgeber ist nicht im prozeßrechtlichen Sinne beweis-, wohl aber ist er im Rechtsstaat legitimationspflichtig, wobei ihm ein Typisierungsermessen zusteht. Er kann bestimmte öffentliche Leistungen als typisch wertsteigernd annehmen und die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung in typischen Fallgruppen als vorliegend unterstellen. Selbst der Verwaltung steht, gerade im Steuerrecht, ein Typisierungsrecht zu, ebenso der Gerichtsbarkeit206 • All dies ist, soweit ersichtlich, auch im Eigentumsrecht bisher nie grundsätzlich bestritten worden. b) Es bedeutet jedoch nicht, daß Aequivalenz vermutet werden darf. Nicht alles, was der Staat für eine gewerbliche Entwicklung, in einem bestimmten Gebiet, veranstaltet, schlägt werterhöhend auf einzelne Eigentumsobjekte durch. Werterhöhungsvermutungen können allenfalls dort Platz greifen, wo eine deutliche Zielrichtung der Staatsleistungen auf gewisse Eigentumsobjekte an sich ersichtlich ist, wie etwa bei Strukturverbesserungen in bestimmten Bereichen (vgl. im folg. 2.). M. a. W.: Bei der Kausalität ist das Typisierungsermessen des Gesetzgebers sicher stärker als bei der Bestimmbarkeit von (Staats-) Leistung und beim Werterhöhungserfolg im Bereich des Eigentümers: Dort müssen schon im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte gegeben sein. 205
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Siehe oben I 2 b. Dazu allgemein lsensee, J., Die typisierende Verwaltung, 1976.
c. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
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c) Dies aber schließt von vorneherein die Steuer als Instrument einer solchen Aequivalenz-Realisierung aus. Ihr Raster ist viel zu grob, als daß er die Bestimmtheit der Leistungen und Wirkungen berücksichtigen könnte. Hier würde einerseits entzogen, was gar nicht derart konkret staatsverursacht ist, zum anderen belassen, was sich auf konkrete Leistungen, etwa der Kommunen, eindeutig zurückführen läßt, eben weil u. U. die Belastungsgrenze aus sozialpolitischen Gründen erst bei allzu hohen Wertzuwächsen gezogen werden würde. Sicher steht auch die Aequivalenz unter dem sozialstaatlichen Gebot der Berücksichtigung der sozialen Belastbarkeit; doch ist nicht zu verkennen, daß im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, dem ja diese Legitimation zuzuordnen ist, die Leistungsfähigkeit des Begünstigten grundsätzlich keine Rolle spielt. Eine über Aequivalenz gerechtfertigte Abgabe kann daher sozialen Belangen nicht in gleicher Weise Rechnung tragen wie eine allgemeine Steuer. Bereits hier zeigt sich also, daß eine Aequivalenz-Belastung nicht über Steuer, sondern durch Gebühren und Beiträge realisiert werden muß207. d) Der geringere Wertersatz bei Vorwirkungen der Enteignung208 belegt übrigens keine Erweiterung des Aequivalenzprinzips auf einen lediglich vermuteten Gegenwert oder in dem Sinne, daß eine konkrete Staatsleistung nicht vorliegen müßte. Hier wird vielmehr bei der Entschädigung das an Wert nicht berücksichtigt und damit im Ergebnis "abgeschöpft", was durch eben den Eingriff des Staates an Wertsteigerung hervorgebracht ist. Es ist dies zwar nicht Aequivalent einer konkreten Staatsleistung; wohl aber würde es dem Begriff der Enteignung selbst widersprechen, gerade durch solche Vorwirkungen Verursachtes eigentumsrechtlich zu schützen - die Enteignung ist Eigentumsentzug, nicht Eigentumsverstärkung. Bei der Vorwirkung der Enteignung liegt übrigens gerade jene konkrete Zielrichtung auf ein einzelnes Eigentumsgut vor, welche bei einer Aequivalenzlegitimation stets zu verlangen ist. Schon nach allgemeinen Grundsätzen kann also eine Wertzuwachssteuer nicht über Aequivalenz gerechtfertigt werden. 2. Der Aequivalenzgedanke im Städtebauförderungsrecht und beim Planungswertausgleich
Die Anwendungsmöglichkeiten des Aequivalenzprinzips zeigen sich im Städtebauförderungsrecht, seine Problematik, insbesondere in einer Verwässerung des Begriffs der "Staatsleistung" hat sich beim Planungswertausgleich herausgestell t. Dazu näher unten 4. BGHZ 64, 382 (384); 63, 240 (242); BGHZ in WPM 70, 73 (74); 69, 274 (275) und 964 (966); BGHZ in NJW 68, 892 f. 207
208
III. Wertzuwachs abgabe - Aequivalent staatlicher Aufwendungen
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a) Das Städtebauförderungsgesetz sieht eine Abschöpfung des Wertzuwachses bei Grundstücken vor209. Nach dem Grundprinzip, das § 23 Abs. II aufstellt, sollen jedoch nur Werterhöhungen entzogen werden, die lediglich durch die Aussicht auf die Sanierung, durch ihre Vorbereitung oder ihre Durchführung eingetreten sind, wobei Gebäudewerte außer Betracht bleiben (§ 41 Abs. V S. 2). Diese Abschöpfung ist also nichts als eine Verbindung zweier seit langem anerkannter Formen der Nichtberücksichtigung von Werterhöhungen bei Grundstücken: Des Vorwirkungsgrundsatzes bei der Enteignung (§ 95 Abs. II Nr. 1 BBauG) und des Prinzips der Vorteilsausgleichung bei Umlegung und Enteignung (§§ 57 S. 4, 93 Abs. III BBauG)21o. Beides ist schon deshalb zulässig, weil es sich aus dem Wesen der (gezielten) Enteignungsmaßnahme ergibt, die nicht bereichernd wirken darf (vgl. oben 1 a. E.). Die Konkretheit und Bestimmtheit sind gewahrt, wie die Anwendung des Aequivalenzprinzips es erfordert: Der Kausalnexus zwischen Sanierungsmaßnahmen und Wertsteigerung kann als typisch unterstellt werden, wenn nachweisliche gleichzeitige Aufwendungen des Eigentümers zu dessen Gunsten berücksichtigt werden. Allgemeine Wertsteigerungen, welche sich nicht auf Leistungen der öffentlichen Hand zurückführen lassen, dürfen also nicht abgeschöpft werden. Es gilt hier das beitrags rechtliche Vorteilsausgleichungsprinzip21l. Dies ist nur folgerichtig, denn dieser Wertentzug ist ein Beitrag im abgabenrechtlichen Sinn212, damit aber keine eigentliche Abschöpfung. Die bei den Begriffe sind ja letztlich bereits nach ihrer Zielrichtung verschieden: Beim Beitrag wird Empfangenes zurückgewährt, Abschöpfung will - ganz allgemein entziehen. Die Grundgedanken des Städtebauförderungsrechts entsprechen also dem herkömmlichen Enteignungsrecht, sie vollziehen keinen Übergang in allgemeine Abschöpfung. Allerdings ist die starke Pauschalierung der Gegenleistung des Eigentümers für die Staatsleistung und ihre ebenfalls sehr pauschale - Zusammenfassung mit der Berücksichtigung der Vorwirkungen der Enteignung nicht zu verkennen. Im Ergebnis erscheint beides zu einer Wirkung integriert, welche eigentliche Wertabschöpfung darstellt, mag auch die dahinterstehende Legitimation heterogen und eine ganz andere sei. Es ist dann jedoch nicht schwer, 208 in Form von Ausgleichsbetrag (§ 41 Abs. IV), Mehrerlösabführung (§ 25 Abs. VI) und entsprechender Einwurfs- und Zuteilungsbewertung bei Umlegung (§ 16 Abs. II). 210 Vgl. dazu Gaentzsch, G. Neue Wirtschaftsbriefe 1976, S. 613/4 (zu den Ausgleichsbeträgen nach dem StädtBFG). 211 Bielenberg, W., Erhebung von Ausgleichsbeträgen bei Wertsteigerung von Grundstücken, NJW 1976, S. 1182 (1184/5). 212 Dazu BVerfGE 38, S. 281 (311); 14, S. 312 (317); 13, S. 181 (198); 9, S. 291 (297); BVerwGE 39, S. 5 ff. m. Nachw.; Wolff, Verwaltungs recht I, § 42 II a 2.
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C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
die Wertabschöpfung als solche als legitim zu erklären und die Leistungen, für welche sie als Aequivalenz verlangt wird, immer allgemeiner zu bestimmen. Mit einem solchen logischen Kunstgriff kann aber weder eine Tradition legitimer Abschöpfung begründet, noch die Begründungskraft des Aequivalenzprinzips auf weitere Fälle ausgedehnt werden. Das Städtebauförderungsrecht steht noch - gerade noch vielleicht im herkömmlichen System des Eigentumsrechts mit seinem Ausgleichsprinzip, es wirft Probleme einer Abschöpfungsabgabe nicht auf. b) Beim Planungswertausgleich sollte jedoch diese Grenze - unter dem Schutz angeblicher Ausdehnung von Grundgedanken des Städtebauförderungsrechts erstmals auf breiter Front überschritten werden. Vorgesehen war die Abschöpfung von ursprünglich der ganzen, später der Hälfte der Wertsteigerung, welche unter Vergleich der Marktpreise vor und nach der planerischen Feststellung der Bebaubarkeit eines Grundstücks eingetreten wäre213 • Das Ziel war, einen Käufermarkt bereits vor der planerischen Festsetzung zu schaffen, weil ja anzunehmen war, daß Erwerbswillige dann möglichst erst nachher kaufen würden. Damit glaubte man, auch die Abwälzung auf den Erwerber und damit die Verteuerung von Grund und Boden vermeiden zu können214 • Die meist recht pauschalen Begründungsversuche dieser einschneidenden, ja revolutionierenden Abgabe gingen in der Regel vom Städtebauförderungsrecht aus und erklärten den Planungswertausgleich als eine Fortentwicklung und Generalisierung von dessen Grundgedanken. Dabei standen Aequivalenzvorstellungen deutlich im Vordergrund: Der ZIB ZU Einzelheiten vgl. aus dem umfangreichen Schrifttum zum Planungswertausgleich insbesondere Bielenberg, W., Das Recht der Ausgleichsbeträge. Einzelheiten der Novelle zum Bundesbaugesetz, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen 1976, S. 58 - 62; Engelken, K., Ist der Planungswertausgleich verfassungswidrig? Zur Sozialbindung und Wertgarantie des Bodeneigentums, auch zur sog. "Vorteilsausgleichung", in: DÖV 1976, S. 8 - 29; ders., Zur Ermittlung der Endwerte beim Planungswertausgleich. Zugl. zu der Frage, ob Bodenwertzuwächse überhaupt "abgeschöpft" oder gezielt besteuert werden können, in: DÖV 1975, S. 296 - 308; ders., Zum Planungswertausgleich. Zugl. zu dem Zusammenhang zwischen Bodenwert und Stadtplanung und zur Sozialbindung des Eigentums, in: DÖV 1974, S. 361 - 373; 'V. Heynitz, J., Der Grundstücksmarkt bei der Abschöpfung der Bodenwertsteigerungen nach der BBauG-Novelle, in: Bundesbaublatt 1976, S. 9 -15; Janning, H., FN 3; Klein, F., Zum Planungswertausgleich nach der Novelle des Bundesbaugesetzes, in: DB 1974, S. 2143 - 2145; Schauwecker, H. P., Vorschläge für einen Planungswertausgleich im BBauG. Kölner rechtswiss. Diss. 1972; Steiner, J., Der Planungswertausgleich. Zur Änderung des Abgabenrechts im BBauG, zugl. z. Auslegung der §§ 41, 42 StädtebauförderungsG, in: BayVBl. 1975, S. 345 - 354. ZI' Vgl. etwa Bielenberg, W., BBauBl. 1976, S. 75 (77).
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Staat (die Kommunen) nähmen lediglich Gewinne, welche sie verursacht hätten, welche ihnen zuständen, nicht dem Eigentümer. Eine nähere Betrachtung dieser Begründungsversuche zeigt jedoch, daß sie von Aequivalenz, wie immer man eine solche versteht, nicht getragen werden und den Boden des Städtebauförderungsrechts verlassen. Zugleich wird damit das Aequivalenzprinzip als Rechtfertigung einer Abschöpfungsbesteuerung allgemein zweifelhaft: aal Ein Planungswertausgleich könnte damit legitimiert werden, daß die Kommunen erhebliche Aufwendungen gemacht hätten, welche zu Wertsteigerungen geführt hätten. Bei der Städtebauförderung mag dies zutreffen, im Falle der Bereitstellung von Bauboden kann davon nicht die Rede sein. Die reinen Planungskosten fallen gegenüber den größeren Abschöpfungen gar nicht ins Gewicht; etwaige Genehmigungskosten wären über Gebühren einzubringen, eine beitragsähnliche Abgabe wie der Planungswertausgleich wäre dafür generell nicht das angemessene Mittel. Nun könnte man die Abgabe damit zu legitimieren versuchen, daß sie künftige Leistungen der Kommune abgelten solle, welche diese infolge der Bebaubarkeitserklärung möglicherweise einmal werde erbringen müssen (Infrastruktur, sanitäre und Bildungseinrichtungen etc.). Die Preissteigerungen, so müßte man dann argumentieren, seien als eine Vorweg-Honorierung solcher öffentlicher Leistungserwartungen durch den Markt zu verstehen. Die Wertsteigerung gehe daher auf Staatsleistungen zurück. Doch auch eine solche Begründung ist nicht haltbar. Zunächst ist die Bauplanung eben, bei aller Verbindlichkeit, kein unbedingtes Leistungsversprechen; ob sie wirklich voll realisiert wird, überhaupt verwirklicht werden kann, steht in dem Augenblick noch gar nicht fest, in dem aber die Abschöpfung stattfände. Es hängt die Verwirklichung der Planung auch gar nicht allein vom Staat ab. Ebensowenig steht fest, wieviel an Leistungen die öffentliche Hand erbringen muß, und noch weniger ist von vorneherein klar, ob der Markt diese Leistungen dann, wenn sie einmal erbracht sind, auch in dieser Weise honorieren werde. Eine Aequivalenz zu künftigen Leistungen von derartiger Unbestimmtheit gibt es nicht. Ferner werden diese zukünftigen Staatsleistungen derart global bestimmt, daß gar nicht klar wird, ob sie überhaupt als "Leistungen an die Eigentümer" aufzufassen sind. Der Staat kann sich nicht alle oder beliebige Veranstaltungen, die irgendwie Grundeigentümern zugute kommen, von diesen abkaufen lassen. Viele von ihnen bezahlt die Gemeinschaft bereits über allgemeine Steuern, so die Aufwendungen für Volksgesundheit und Bildung. Der Staat kann sie sich nicht nochmals,
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als Gegenleistung für angebliche Wertsteigerungseffekte, von den ortsnahen Grundeigentümern bezahlen lassen. Eine solche Begründung des Planungswertausgleichs scheitert also einerseits an der Unbestimmtheit der staatlichen "Gegenleistung", zum anderen daran, daß gar nicht definiert ist, was denn an Leistung nun gerade von den Eigentümern und nicht der Allgemeinheit erbracht werden muß. Die Aequivalenz, das Austauschverhältnis, zwischen künftiger Staatsleistung und Wertsteigerung scheitert schließlich bei der Bauplanung bereits daran, daß die Kausalität fehlt: Der Markt bietet dem Eigentümer nicht deshalb mehr, weil die Kommune irgendetwas irgendwann investieren wird - dies ist deutlich sekundär und ließe sich auch anders als durch Wertabschöpfung, nämlich durch Infrastrukturlastenbeiträge nach konkreter Leistung ausgleichen. Das Grundstück wird vielmehr nur aus einem Grund "mehr wert" - weil nunmehr gebaut werden darf. Dies aber geht nicht auf staatliche "Leistung" im Sinne des Einsatzes von Kapital und Arbeit zurück. Also kann von einem "Ausgleich" eigentlich überhaupt nicht die Rede sein 215 • bb) Von einer Aequivalenz "Staatsleistung - Wertsteigerung" wie im Fall der Stadtsanierung kann also bei einer Abschöpfung über Planungswertausgleich nicht gesprochen werden. Nur dann könnte man ihn durch Aequivalenz rechtfertigen, wenn man die Gegenleistung darin sähe, daß der Staat durch die generelle Erlaubnis zu bauen auf ein "eigenes Gut" verzichte und dieses durch die Planung "dem Eigentümer übertrüge", der damit sogleich auch Wertsteigerung erhielte. Dieses eigene Gut des Staates könnte aber nur eines sein: Das Recht zu bauen. Nähme man an, der Staat habe durch das bisherige Bauverbot eine Art von öffentlich-rechtlicher Dienstbarkeit auf den betreffenden Grundstü1!ken, so könnte deren Aufhebung durch baugestattende Planung als staatliche Gegenleistung für die dann eintretende Wertsteigerung erscheinen.
Dies widerspricht jedoch ,den Grundvorstellungen des Eigentums und der Grundre,chtsdogmatik überhaupt. Das Grundeigentum umfaßt nach bisher unbestrittener Auffassung grundsätzlich auch das Recht zu bauen216 • Soweit ein Grundstück planerisch nicht zur Bebauung freigegeben ist, unterliegt es einer Sozialbindung im öffentlichen Interesse (Art. 14 Abs. 11 S. 1 GG). Die Freigabe zur Bebauung durch Bauplanung bedeutet nur eines: Ein öffentliches Interesse an der Bausperre besteht nicht mehr, es entspricht sogar (auch) öffentlichen Belangen, daß dort gebaut werde, daher wird der Freiheitsraum des Eigentümers wieder hergestellt. Dafür aber kann der Staat nie mehr verlangen als 215 218
So z. B. Maunz, DÖV 1975, S. 1 (6). BVerwGE 20, 124 ff.; 21, 251 ff.; 40, 258 ff.; BVerfGE 35, 263 (276 f.).
II!. Wertzuwachs abgabe - Aequivalent staatlicher Aufwendungen
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seine Verwaltungsgebühren. Wollte man ihm mehr, oder gar Abschöpfungsrechte, zusprechen, so müßte man ein staatliches Obereigentum an allen Grundstücken annehmen, das im Freigabefall der Eigentümer dem Staat abkaufen müßte. Damit würde ein Staatsfeudalismus geschaffen und die Entwicklung bis hinter die Französische Revolution zurückgedreht, deren große Tat ja die Schaffung freien Eigentums war: Der Staat kann es durch hoheitliche Befehle beschränken, ihre Rücknahme aber muß man ihm nicht über Aequivalenzgeschäfte abkaufen. Die Folgen derartiger Aequivalenzvorstellungen wären unabsehbar für die gesamte Grundrechtsdogmatik, sie würden systemverändernd wirken: Der Bürger müßte bei jeder Wiederherstellung eines Freiheitsraumes, der ihm durch Staatsbefehl (vorübergehend) entzogen wäre, nicht nur Verwaltungskosten bezahlen, sondern dem Staate die Rücknahme seines Einflußbereichs abkaufen. Über jedem privaten Eigentum staatliches Obereigentum - über jeder privaten Freiheit staatliche Ober-Freiheit (= Herrschaft) - dies wäre die unausweichliche Folge - und das Ende der Grundrechte. Deshalb vor allem also läßt sich Abschöpfung von Wertsteigerung bei Bauplanung nicht durch Aequivalenz rechtfertigen, weil die Rücknahme von Sozial bindungen keine Staats leistung ist und dem Staat nicht abgekauft werden muß. Daraus ergibt sich der allgemeine Satz: Eigentümermehrwert als Folge von Veränderungen der staatlichen Gebote gebührt dem Eigentümer, nicht dem Staat im Namen einer angeblichen Aequivalenz. ce) Nur dann könnte man dies bestreiten, wenn man das Aequivalenzprinzip noch mehr erweiterte, es mit Staatsverursachung gleichsetzte. Dies liegt in der Tat wohl manchen Begründungsversuchen des Planungswertausgleichs, wenn auch meist unreflektiert, zu Grunde: Die neue Bauplanung ist die causa des Wertzuwachses - dies ist unbestreitbar - darum gebührt sie dem verursachenden Staat, der Kommune. Darin liegt ein grundsätzlicher Fehler: Die Verursachung eines Gewinnes, einer Wertsteigerung, sagt noch nichts darüber aus, wem er gebührt, wem er zuzurechnen ist217 • Andernfalls würde das gesamte System der Vermögens rechte sogleich zusammenbrechen: Jeder, der bei einem anderen eine Wertsteigerung irgendwie verursacht hätte, könnte diese bei ihm wieder abschöpfen, also etwa auch der Vertragspartner. Wie bereits dargelegt218 , ist es nicht die Verursachung, sondern die Vermögensverschiebung, welche ein Recht auf Rückgewähr gibt. Verursa217 218
Vgl. dazu oben, u. a. zur Zufallstheorie I 2 b. Siehe oben I 2 b aa.
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c. Die Rechtfertigung der Zuwachs steuer
chung als solche ist überhaupt im Rahmen einer Aequivalenzbegründung der falsche Begriff: Aequivalenz bedeutet Wertvergleich, Wertaustausch, die Kausalität allein kann dafür nicht genügen. Selbst wenn man übrigens von dieser Verursachung ausgehen wollte, würde dies nie bis zu einer vollen Abschöpfung tragen: Die staatliche Baugenehmigung ist vielleicht das auslösende, keineswegs aber das allein kausale Moment der Wertsteigerung. Diese wird vielmehr in erster Linie durch den Markt hervorgebracht, durch die sogleich erheblich gesteigerte Nachfrage nach solchem Grund und Boden218• Der Planungswertausgleich ließe sich also nicht in der Weise begründen, wie dies versucht wurde - über eine Ausweitung der Aequivalenz, als Fortsetzung des Städtebauförderungsrechts. Man mag auch diesem gegenüber, vor allem wegen seiner radikalen Pauschalierung, schon Vorbehalte anmelden, beim Planungswertausgleich sollte ein Übergang in völlig andere Kategorien erfolgen - nicht mehr Legitimation über staatliche Leistung, sondern über staatliches Obereigentum, über Staatsverursachung. Die Ablehnung des Planungswertausgleichs war also eine systemkonforme Entscheidung. Sie ist vorwiegend aus steuertechnischen, nicht aus grundsätzlichen Erwägungen erfolgt220 - die Feststellung der Preise überhaupt, früherer Preise im besonderen, erschien als problematisch, man fürchtete Abwälzung und damit Verteuerung des Bodens und scheute schließlich den Verwaltungsaufwand. Auch sie hätten wohl schon genügt, um das höchst problematische Projekt fallen zu lassen, um so mehr, als ähnliche pauschale Schwierigkeiten ja auch schon früher immer wieder bei Abschöpfungsversuchen aufgetreten sind und diese letztlich zum Scheitern verurteilt haben. Bedauerlich ist allerdings, daß die Ablehnung des Planungswertausgleichs nicht grundsätzlicher motiviert worden ist: Hier hat sich doch gezeigt, daß sich Wertabschöpfung überhaupt nicht generell über Aequivalenz begründen läßt - eben weil sie in der Regel nicht Ergebnis staatlicher Leistung darstellt und daher nicht lIdes Staates ist"221. 219 So mit Recht Maunz, DÖV 1975, S. 1 (7). Bezeichnenderweise meinte bereits v. Nostitz, man solle doch lieber von Leistungen der Allgemeinheit als der Gemeinden sprechen (FN 1), S. 776. 220 Dazu näher Ruck, H. (FN 18), S. 358 f.; WinkZer (FN 23), S. 1062 f.; Maunz (FN 219), S. 7/8. 221 Ganz abgesehen von weiteren systematischen Schwierigkeiten, etwa dem Problem, wie man denn bei Anwendung des Aequivalenzprinzips eine Wertzuwachsabgabe als Personalsteuer begründen soll, wie dies ja früher, etwa nach dem Reichsgesetz von 1922, versucht worden war, vgl. Pistorius (FN 14), S. 169.
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3. Das Problem der Berücksichtigung der Eigentümeraufwendungen
Die Begründung einer Wertsteigerungsabschöpfung mit "staatlicher Gegenleistung" stößt, sieht man selbst von all den Einwänden ab, welche vorstehend behandelt worden sind, auf weitere zugleich grundsätzliche und praktische Schwierigkeiten, wenn man der Eigentümerleistung Rechnung tragen will. Dies aber war von Anfang an222 stets ein Prinzip der Abschöpfungsgesetzgebung: Man wollte dem Eigentümer gestatten, seine zwischenzeitlichen Aufwendungen dem Ankaufspreis zuzuschlagen oder sie vom Verkaufspreis abzuziehen, jedenfalls um sie die abzuschöpfende Wertdifferenz zu verringern223 • a) Hier ergeben sich jedoch, geht man von der Aequivalenz-Rechtfertigung aus, kaum überwindliche Schwierigkeiten: Wie sollen die oft sehr zahlreichen und zu verschiedenen Zeiten erbrachten Erhaltungsund Verbesserungsaufwendungen des Eigentümers überhaupt angemessen, d. h. insbesondere mit ihrem "richtigen" Geldwert, berücksichtigt werden? Wenn dies, nach komplizierten Berechnungen oder in zweifelhafter Pauschalierung, gelungen ist - wie soll ihr Einfluß auf die Wertsteigerung festgestellt und, was noch weit problematischer ist, wie kann dieser Einsatz dem des Staates, der Kommune gegenübergestellt, ihm gegenüber abgewogen werden? Hier würde eine genau berechnete Wertsteigerungsaufwendung - die des Eigentümers einer anderen, der des Staates, gegenübergestellt, welche höchst allgemein und unbestimmt gegriffen ist, es müßte Unvergleichbares gegeneinander abgewogen werden. Praktisch blieben nur zwei Wege: Entweder man müßte irgendeinen Teil der wertsteigernden Aufwendungen des Eigentümers nicht berücksichtigen, der übrigens kaum anders als willkürlich bestimmt werden könnte, nur um der "staatlichen Leistung" ein angemessenes Aequivalent über Abschöpfung zu sichern - dies würde allgemein wohl als grobe Ungerechtigkeit empfunden, die Eigentümer von den doch meist dringend gewünschten Verbesserungs aufwendungen abhalten und schon politisch kaum durchsetzbar seien. Oder es müßten alle wertsteigernden Aufwendungen als abzugsfähig, abschöpfungsmindernd anerkannt werden - dann aber entstünde die kaum lösbare Problematik, wie land- und forstwirtschaftliches, gewerbliches "Arbeiten mit dem Eigentum" in seinem Wertsteigerungseffekt anzusetzen sei. Allgemein zu dem Problem Bräuer (FN 37), S. 1023/24. Vgl. v. Nostitz (FN 1), S. 781 sowie § 14 des Reichsgesetzes von 1911; f. d. Gesetz von 1922 (§§ 12 f.) vgl. Pistorius (FN 14), S. 330. 222
223
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C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
b) Die Problematik der Berücksichtigung der Eigentümeraufwendungen führt aber tiefer: Sie zeigt, daß eine Wertsteigerungsabschöpfung im Grunde überhaupt nicht über Aequivalenz gerechtfertigt wird. Soll damit nämlich eine staatliche Leistung abgeglichen werden, so ist ja nicht einzusehen, warum der Eigentümer grundsätzlich seine Aufwendungen dem Staat soll aufrechnen können. Der Staat könnte doch in jedem Fall zunächst "seine Quote" verlangen, wie er dies ja auch in anderen Fällen, etwa im Konkurs, zu tun pflegt. So weit aber ist bisher noch kein Abschöpfungsversuch gegangen. Dies zeigt: Letztlich wird Abschöpfung gar nicht über Aequivalenz gerechtfertigt, sondern eben doch nur mit der "Theorie des Unverdienten" - denn nur wer von ihr ausgeht, muß dann allerdings dem Eigentümer gestatten, all das in Abzug zu bringen, was er zur Wertsteigerung aufgewendet hat - insoweit ist diese ja dann nicht wirklich "unverdient"224. Die Aequivalenzbegründung führt also, zu allen bereits aufgezeigten Schwierigkeiten hinzu, entweder zu einer impraktikablen, über komplizierten Steuergestaltung - oder sie ist nur eine Scheinlegitimation, hinter welcher sich nichts anderes verbirgt, als die bereits widerlegte "Theorie des Unverdienten". Zwischen diesen beiden unklaren Vorstellungen, die überdies noch ständig verbunden und vertauscht werden, schillert die ganze Abschöpfungstheorie - sie hat, wie sich nun gezeigt hat, nirgends einen festen Stand, weil beides nicht hält. 4. Die Aequivalenzbegründung - Rückfall in eine überholte steuerrecbtfertigung
Wird die Abschöpfung der Wertsteigerung durch Steuern damit begründet, daß hier nur entzogen werde, was der Staat oder die Gesellschaft dem Eigentümer an Leistung erbracht hätten, so wird nichts anderes eingesetzt, als jene Steuerrechtfertigung der Aequivalenz, welche in der Abgabengeschichte früher eine große Rolle gespielt hat225, und zwar vor allem dort, wo auch die Abschöpfungsideen entwickelt wurden226 • 224 Wobei übrigens auch dann noch die schwierige Frage bleibt, ob der abzugsfähige Einsatz des Eigentümers wirklich zur Wertsteigerung geführt hat; diese könnte ja doch noch durch andere Faktoren hervorgebracht, insoweit also "unverdient" sein. 225 Vgl. dazu u. a. Schmölders, G., Finanzpolitik, 3. Aufl., 1970, S. 304/5; Conrad, J., Grundriß zum Studium der politischen Ökonomie, III (Finanzwissenschaft), 7. Aufl., 1919, S. 11/12; von Eheberg, "Steuer", HdwB d. Staatswiss., 4. Aufi., 1926, S. 1050; Gerloff, W., Steuerwirtschaftslehre, Hdb. d. Fin. Wiss. 1956, S. 263; Nöll von der Nahmer, R., Lehrb. d. Fin. Wiss. I, 1964, S.218. 221 Nämlich in England, siehe dazu u. a. Schmölders. G., "Steuermoral", HdwB d. Soz. Wiss. 1959, S. 120; ders., (FN 49), S. 42 f.
111. Wertzuwachsabgabe - Aequivalent staatlicher Aufwendungen
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a) Diese Aequivalenztheorie als Steuerrechtfertigung ist im Laufe der Entwicklung in verschiedenen Spielarten aufgetreten: Es wurde auf die Vorteile hingewiesen, die der Einzelne aus Existenz und Veranstaltungen des Staates ziehe (Genußtheorie)227, oder auf die staatlichen Aufwendungen für die Bürger allgemein (Vergeltungs-, Gegenleistungstheorie), oder schließlich auf die Sicherung, welche der Staat dem Vermögen der Bürger gewähre (Assekuranztheorie)228. In a11 diesen Formen erscheint die Aequivalenztheorie der Steuerrechtfertigung stets als Ausdruck eines individualistischen Staats- und Gesellschaftsverständnisses, welches den Austauschgedanken auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat überträgt und sie insoweit auf eine Ebene stellt229 • Ebenso wie die Fiskustheorie im Recht230 geht sie von frühliberalen Vorstellungen aus. Die Aequivalenzgedanken, welche den neueren Abschöpfungsversuchen zugrundeliegen, nehmen diese Ideen, trotz scheinbarer Unterschiede, im Grunde doch als Steuerlegitimation auf: Soweit der Mehrwert-Entzug mit staatlichen Leistungen gerechtfertigt werden soll, wie im modernen Städtebauförderungsrecht und sogar beim Planungswertausgleich, ist dies ganz offensichtlich nur eine Neuauflage der Gegenleistungstheorie. Doch auch die Genuß- und die Assekuranztheorie finden sich, bei näherem Zusehen, in den neueren Abschöpfungsbestrebungen wieder: Hier soll ja dem Staat etwas wie eine Versicherungsprämie dafür zugeführt werden, daß er dem Eigentümer den Genuß des Stammwertes, vielleicht auch eines Teiles des Wertzuwachses, ermöglicht. Entscheidende Gemeinsamkeit ist, jenseits von allen Akzentverschiebungen im einzelnen, das Austauschverhältnis - der Staat darf nehmen, weil er gegeben hat, weil der Wertzuwachs nicht auf den privaten Eigentümer zurückzuführen ist231 • b) Doch gerade jene Aequivalenztheorie, mit welcher die Abschöpfungsvorstellungen so eng zusammenhängen, ist heute in der Finanzwissenschaft ganz allgemein aufgegeben232 . Der eigentliche Grund ist 221 228 229
S.96.
Dazu von Eheberg (FN 225), S. 1051; Schmölders (FN 49), S. 44. Siehe Schmölders (FN 49), S. 43. von Eheberg, a.a.O.; Neumark, F., "Steuer" I, HdwB d. Soz. Wiss., 1959,
230 Welche etwa die Enteignung als Zwangskauf, das Beamtenverhältnis als privaten Dienstvertrag konstruierte. 231 Dabei soll übrigens nicht geleugnet werden, daß die ursprünglich wohlfahrtsstaatlich-physiokratisch inspirierte Wertabschöpfungslehre im Grunde den merkantilistischen Gedanken der Aequivalenz in der Steuerrechtfertigung gegen den Eigentümer soz. umkehrt: Er sollte den staatlichen Zugriff im einzelnen begründungspflichtig machen und in Grenzen halten in der Abschöpfung erschließt die Aequivalenz eine neue, unabsehbare Zugriffsmöglichkeit, ein Beispiel für die systemverändernde Ambivalenz großer Begriffe.
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C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
ihre Unvereinbarkeit mit den neuen Vorstellungen von der organisierten Gemeinschaft, die in der Französischen Revolution geboren und von der deutschen Staatsphilosophie später systematisiert und vertieft worden sind 233 : Die Rechtfertigung der Steuern ergibt sich nicht auf einer privatrechts ähnlichen Gleichordnungsebene von Sozialvertraglichkeit234 , sondern aus der Notwendigkeit der staatlichen Existenz, deren wesentliches Attribut, deren entscheidende Sicherung die Steuer darstellt235 • Ob man dies nun als Opfer - oder als Pflichttheorie bezeichnet 236 , der Grundgedanke ist stets derselbe: Der Staat erlegt seine Lasten einseitig auf237 , ohne Rücksicht auf ein wie immer geartetes Gegenleistungsverhältnis238 ; damit ist der Weg offen zu einer ganz anderen Steuerlegitimation, die aus der steuerlichen Leistungsfähigkeit gewonnen werden so1l239. c) Man mag die Aufgabe der Aequivalenztheorie bedauern, vor allem weil sich hier ein innerer Widerspruch der Demokratie auftut: Einerseits ist die Gegenleistungsvorstellung schwer vereinbar mit der Idee einer organisierten Gemeinschaft, welche mit den Mehrheitsbeschlüssen der volonte generale vorgeht, und man hat daher nicht zu Unrecht den Niedergang der Aequivalenz mit dem Vordringen der Demokratie in Zusammenhang gebracht240 ; zum anderen ist aber gerade die Demokratie gegründet auf eine Genossenstellung des Bürgers im Staat, die diesen zum Vertrag, zum Arrangement, zum Ausgleich mit den Bürgern, zum Verzicht auf "Staatsgewalt-Legitimationen" führen sollte. Die Grundvorstellungen der neueren Grundrechtsdogmatik, vor allem aber !S2 Eine neuere Darstellung findet sich bei HalleT, H., Die Steuern, 1964, S. 12 f.; zum Niedergang der Aequivalenztheorie siehe SchmöldeTs (FN 49), S. 42 f.; NeumaTk, F., Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, 1970, S. 123 m. Nachw. Vgl. auch Gutachten der Steuerreformkommission, Schriftenreihe des BMF, 17,1971, S. 29. 238 Dazu von EhebeTg (FN 225), S. 1051; zur Steuertheorie als Staatstheorie Kerschagl, R., Einführung in die Finanzwissenschaft, 1963, S. 15; SchmöldeTs (FN 225), S. 304. 23' Gutachten der Steuerreformkommission (FN 232). 235 Zur Geschichte dieser Vorstellungen Nöll von deT NahmeT (FN 225); SchmöldeTs (FN 225), S. 304; von EhebeTg (FN 225), S. 1051; GeTloff (FN 225), S.265/6. !So Siehe SchmöldeTs (FN 49), S. 52 f. 237 Paulick, H., Lehrbuch des allgemeinen Steuerrechts, 2. Aufl., 1972, S. 44; SchmöldeTs (FN 225), S. 304. 288 Die Vorstellung, daß der Staat ja dafür die sehr allgemeine Gegenleistung der Garantie der allgemeinen Ordnung den Bürgern erbringe (vgl Haller (FN 232» ist nur mehr ein Rückzugsgefecht. !SI Dazu unten IV. 2'0 Roth, K. E., Die öffentlichen Abgaben und die Eigentumsgarantie des Bonner GG, 1958, S. 81; Bellstedt, Chr., Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung durch Steuern, 1962, S. 123 f.; Klein, F., Eigentumsgarantie und Besteuerung, StuW 1966, S. 480.
111. Wertzuwachsabgabe - Aequivalent staatlicher Aufwendungen
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die Rechtsstaatlichkeit, gehen letztlich eben doch von einer gewissen Gleichordnung zwischen dem Bürger und dem Staat aus, dessen Leistungen, wie die eines Partners, "berechenbar" werden sollen. Es ist also durchaus vorstellbar, daß ein vertieftes Demokratieverständnis eines Tages wieder Aequivalenzvorstellungen bei der Steuerlegitimation in den Vordergrund stellen wird; dies um so mehr, als der Rückgang der Aequivalenz letztlich doch nichts anderes gebracht hat als ;einen Niedergang der Steuerrechtfertigungslehre überhaupt, denn eigentlich verdient sie, nicht aber das Leistungsfähigkeitsprinzip, einen solchen N amen241 • d) Dies alles ändert jedoch nichts daran, daß die Aequivalenz heute als eine überzeugende Abgabenrechtfertigung nicht mehr anerkannt wird. Dann aber können Aequivalenzgedanken auch nicht zur Legitimation eines ganz bedeutsamen und insgesamt neuen Steuerprinzips eingesetzt werden, wie es die Abschöpfung von Wertsteigerungen darstellt. Die Aequivalenz als Begründung wäre hier ein deutlicher Anachronismus und schon deshalb können "Ausgleichsbeträge", wo immer sie erhoben werden, nicht als Vorläufer, als Schrittmacher einer Wertabschöpfung durch Steuern verwendet werden - Steuer und Vorteilsausgleich stehen heute in einem gruThdsätzlichen Gegensatz. Es wäre ein Widerspruch, wollte sich der Steuerstaat von den Fesseln der Aequivalenz befreien, wenn sie ihm eine unangenehme Einzel-Begründungslast auferlegen, sich zugleich jedoch auf Aequivalenz berufen, um Abschöpfungssteuern zu erheben. Die Unbehilflichkeit der Aequivalenz als Steuerrechtfertigung trifft übrigens den Abschöpfungsgedanken tiefer noch und prinzipieller: Irgendwie ist er immer auf eine Art von Leistungsvergleich, auf eine Form der "Leistungsabrechnung" zwischen Staat und Bürger gegründet, ob er nun in reiner Aequivalenz oder in der Theorie des Unverdienten auftritt; auch dann soll ja die Wertsteigerung letztlich deshalb dem Bürger entzogen werden, weil dieser dem fordernden Staat keine Gegenleistung entgegensetzen kann, weil er kein Aequivalent zu bieten hat. Insoweit sind die Grundgedanken der Abschöpfung wesentlich aequivalenzgebunden, sie stellen daher, wie alle Gegenseitigkeit, einen Fremdkörper im heutigen Steuerdenken dar.
141
Vgl. unten IV.
C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
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IV. Steuerliche Leistungsfähigkeit und Wertzuwachsabschöpfung 1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Legitimation der Wertzuwachsbesteuerung
a) Der heute allein242 als Steuerlegitimation geltende Leistungsfähigkeitsgrundsatz wird, nach einer längeren Entwicklung243 , im wesentlichen so verstanden: Gerechte Besteuerung habe die Bürger so zu belasten, daß sie alle "gleich empfindlich" getroffen würden244 • Auf diese Weise kann insbesondere die Steuerprogression gerechtfertigt245 sowie die Freistellung wirtschaftlich Schwächerer246 legitimiert werden. Die steuerliche Leistungsfähigkeit ist das große Redistributionsprinzip des modernen Sozialstaates. b) Die Leistungsfähigkeit legitimiert zwar nicht in besonderer Weise die steuerliche Belastung von Wertzuwachs, sie kann jedoch auch zu ihrer Begründung dienen247 • Leistungsfähigkeit bedeutet ganz allgemein die wirtschaftliche Kapazität zur Bedürfnisbefriedigung. Faßt man sie so weit, so kann auch die Innehabung von Vermögen als solche eine besondere Leistungsfähigkeit indizieren und damit zur Begründung der Vermögensteuer dienen248 - der Inhaber vermag jederzeit, jedenfalls kurzfristig, auch größere Bedürfnisse zu befriedigen. Leistungsfähigkeit ergibt sich, bei solcher Betrachtung, nicht nur allgemein aus "Besitz", sondern auch aus der Innehabung spezieller Objekte249• Nachdem es nun aber der Wert des betreffenden Gegenstandes ist, der die Leistungsfähigkeit begründet - weit mehr als dessen Innehabung als solche, die durchaus nicht immer der Bedürfnisbefriedigung dienen wird - ist es an sich nur folgerichtig, auch den Wertzuwachs als Indikator größerer Leistungsfähigkeit anzusehen. Deshalb wird auch im Namen der Steuergerchtigkeit die besondere steuerliche Erfassung von capital gains u. a. Zuwachs gefordert250 , weil es sich hier gerade um eine moderne Form der Zunahme von Leistungsfähigkeit handle. Dabei kann allerdings der Wertzuwachs nicht anders und schwerer belastet werden als andere Verstärkungen der Leistungsfähigkeit. Ins242 243
244
Neumark (FN 232). Dazu Schmölders (FN 226); ders., (FN 49), S. 38/9, 52/3. So f. viele etwa Strutz (FN 111), S. 489; Pistorius (FN 14), S. 162; Haller 232), S. 8 f.; Wittmann, W., Einführung in die Fin. Wiss. II, Die öffent-
(FN lichen Einnahmen, 1971, S. 82 f. 145 Gutachten der Steuerreformkommission (FN 232), S. 30. 248 Schmölders (FN 49), S. 52; Wittmann (FN 244), S. 86/7. 247 Wobei hier die Frage offenbleiben kann, inwieweit das Leistungsfähigkeitsprinzip Einzelsteuern legitimiert, vgl. dazu etwa Neumark (FN 232), S. 125, 130. 248 248 250
So etwa Neumark (FN 232), Neumark (FN 232), S. 134 f. Neumark (FN 232), S. 13617.
S. 138; vgl. auch Haller (FN 232), S. 41.
IV. Steuerliche Leistungsfähigkeit und Wertzuwachs abschöpfung
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besondere entspricht es diesem Prinzip nicht, den Zuwachs generell schärfer zu besteuern oder ganz durch Steuer zu entziehen, weil er etwas "Gespartes", einen "Luxus", einen "Überschuß" darstelle, der nicht verbraucht worden sei; die Leistungsfähigkeitsbegründung hat heute nichts mehr zu tun mit dem "Entzug des Überflusses"25t, es geht vielmehr lediglich um das proportional gleiche Opfer für jedermann. Die Leistungsfähigkeit ist also eine an sich mögliche, aber eine sehr allgemeine Begründung für eine Wertzuwachsbesteuerung. Eine solche unterliegt jedoch, auch, gerade aus dieser Sicht betrachtet, erheblichen Bedenken. 2. Bedenken gegen die Steuerrechtfertigung aus der Leistungsfähigkeit
Das Prinzip der Leistungsfähigkeit unterliegt ganz allgemein nicht unerheblichen Bedenken. Sie sollen gerade hier nicht unterdrückt werden, wo es um die Legitimation einer neuen Steuerart geht, welche eine unerwartete Entwicklung einleiten könnte. a) Vor allem aus finanzwissenschaftlicher Sicht wird mit Recht auf die Schwierigkeiten der exakten Bestimmung der "Bedürfnisbefriedigung" und des relativ gleichen Opfers bei derselben hingewiesen262 . Exakte Daten fehlen vor allem zum jeweiligen Verhältnis von Einkommenshöhe und Einkommensnutzen253 . Hier bleibt man letztlich auf Spekulationen darüber angewiesen, wieviel man jedem Bürger entziehen müßte, damit ihn die Besteuerung "gleich schwer" treffe. Bei der Einkommensteuer mag dies sogar noch leichter sein als bei Vermögensteuern i. w. Sinn, zu denen ja auch eine Abschöpfungssteuer gehören würde, denn gerade hier steht ja der Zuwachs dem Inhaber keineswegs so unmittelbar zur Verfügung wie bei Einkommen, hat also gar keinen so direkten Bezug zur Bedürfnisbefriedigung wie dort, was übrigens dafür spräche, die Leistungsfähigkeit bei Wertzuwachs nicht allzu hoch anzusetzen. Einigkeit besteht jedenfalls darüber, daß die jeweilige "Opfergrenze" nicht exakt finanzwissenschaftlich, überhaupt nicht ökonomisch, sondern allenfalls politisch bestimmt werden kann254 . Damit aber verliert das Leistungsfähigkeitsprinzip seine eigentliche Steuerrechtfertigungskraft: Wenn es lediglich besagt, daß der Staat jeweils frei festzulegen habe, was er jeder Kategorie von Bürgern nehmen dürfe, damit diese Dazu PistOTius (FN 14), S. 164 f. Vgl. etwa HalleT (FN 232), S. 14/5, 39, 107; KeTschagl (FN 233), S. 15; Wittmann (FN 244), s. 8617. 253 Siehe näher HalleT (FN 232), S. 106 f.; MusgTave, R. A., Finanztheorie, 251
252
1966, S. 84/5. 254
S.88.
HalleT (FN 232), S. 35, 106/7; MusgTave (FN 253); Wittmann (FN 244),
7 Lelsner
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C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
zu "gleichen Opfern" herangezogen würden, so ist er aber in der Bestimmung von Steuer art und Steuerhöhe völlig frei - er nimmt einfach was er braucht und wo er es findet. Schlözer hat eine solche, von Aequivalenzvorstellungen gelöste Besteuerung eine Banditenforderung genannt. Auch wer so weit nicht geht, wird schwerlich bestreiten können, daß eine Festsetzung der Leistungsfähigkeitsgrenze in politischer Entscheidung das Ende der Steuerlegitimation überhaupt ist. Die oft gedankenlose Wiederholung des Wortes "Leistungsfähigkeit" hat dies bisher nicht selten verschleiert. Nun mag man sogar so weit gehen, auf eine Steuerlegitimation ganz zu verzichten, wo die Steuerquelle klar zu Tage liegt, wie beim klassischen Einkommen. Wenn es jedoch darum geht, im Wertzuwachs eine neue Steuerquelle zu erschließen, und zwar mit unbestritten besonderem Aufwand und, was noch schwerer wiegt, mit dem moralischen Anspruch, Steuergerechtigkeit zu verwirklichen, so muß sich solche Reform jedenfalls fragen lassen, ob sie sich dafür auf eine Leistungsfähigkeit überhaupt berufen kann, wenn diese nichts ist - als politische Dezision. b) Das Leistungsfähigkeitsprinzip unterliegt jedoch, darüber hinaus, grundsätzlichen Bedenken, weil es, konsequent angewendet, zu einer völlig anderen Wirtschafts- und damit auch Gesellschaftsordnung führen müßte. Besteuert werden soll in der Weise, daß jeder Bürger "verhältnismäßig gleiche Opfer" erbringt. Verdienst und Besitz soll ihn also nicht vor diesem Zugriff des Staates schützen, ihn nicht "weniger empfindlich" machen. Nun liegt aber die Bedeutung von Gewinn und Eigentum, der Grund, warum es erstrebt wird, vornehmlich gerade darin, Opfer, Einbußen, Gefahren, denen der Bürger im Leben ausgesetzt ist, zu minimisieren. Dies gelingt auch überall dort, wo für ein Gut stets der gleiche Preis verlangt wird, ohne Ansehung des Käufers. Dies ist ein Grundprinzip des Marktes, das dem Eigentum seinen zentralen Sinn als "Schutz vor Bedürfnisbefriedigungs-Belastung" verleiht. Im Falle der Besteuerung soll das alles nun nicht gelten: Auch wenn ein Bürger mehr verdient, einen höheren Eigentums-Schutzwall um sich legt, soll der Zugriff des Staates stets in gleicher Opferintensität auf ihn durchschlagen. Warum gerade dem Staat gegenüber diese Schutzfunktion von Einkommen und Eigentum unwirksam sein soll, warum darin sogar ein Gebot der Gerechtigkeit gesehen wird, sagt das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht; es stellt eine These auf, es gibt keinerlei Begründung. Es ist also, bei Lichte besehen, überhaupt keine Steuerlegitimation, sondern lediglich eine sozialpolitische Dezision. Konsequent durchgeführt müßte es übrigens dazu führen, daß sich die
IV. Steuerliche Leistungsfähigkeit und Wertzuwachsabschöpfung
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Preise für jede, sicher aber für die elementare Bedürfnisbefriedigung, nach der Leistungsfähigkeit des Käufers bemessen müßten - eine solche Folgerung würde jedoch das Ende der Marktwirtschaft bedeuten. Der "Staatspreis" der Steuern kann also nur dann, anders als sonst, nach der "Leistungsfähigkeit" bestimmt werden, wenn man das einzig mögliche hinter dieser stehende Prinzip betont: das der sozialen Umverteilung durch den Staat; nur aus diesem Grund ist die Steuerprogression entstanden, läßt sich eine wie immer geartete "Leistungsfähigkeit" überhaupt verstehen; doch dieser Begriff ist eben vorgeschoben, er erklärt und legitimiert als solcher nichts. Und, vor allem, er verschleiert lediglich das Umverteilungsverlangen des Staates. Dieses mag Steuern generell rechtfertigen, es sagt aber nichts darüber aus, was im einzelnen eine gerechte Steuergestaltung ist, was eine solche erfordert. Die hinter der "Leistungsfähigkeit" stehende Redistributionsidee ist also ihrem Wesen nach keine Legitimation für alte oder neue Steuern, und das "Leistungsfähigkeitsprinzip" ist nur vorgeschoben. Nur in einem Falle könnte "Leistungsfähigkeit" im Sinne der herrschenden Steuerrechtfertigungslehre von Bedeutung sein wenn nämlich rational zu begründen wäre, weshalb eine staatliche Umverteilung nur, gerade in der Weise "gerecht" wäre, daß jedem gleich empfindliche Opfer auferlegt würden. Dies ist aber gerade nicht begründbar - warum sollte zur Umverteilung nicht mehr - oder weniger - entzogen werden dürfen als das, was "verhältnismäßig gleich belastet"? Eine Begründung dafür, daß es zum Wesen des Staa~ tes - im Gegensatz zum Markt - gehöre, alle Bürger-Partner "verhältnismäßig gleich" zu belasten, gibt es nicht, es sei denn als petitio principii, indem man behauptet, der Staat habe auf ihre Leistungsfähigkeit Rücksicht zu nehmen. Dann aber ist der Zirkel perfekt. "Leistungsfähigkeit" begründet also nichts, sie ist nur Ausdruck der Tatsache, daß der Staat dort nimmt, wo er findet, und so viel wie er will. Sie ist ein steuertechnischer, kein steuermoralischer Begriff, sie wirkt steuerbeschreibend, nicht steuerbegründend. Alle diese Einwendungen stehen im besonderen der Begründung einer neuen Wertzuwachsbesteuerung aus Leistungsfähigkeit entgegen. Hier wird ja gerade jenes Eigentum belastet, das vom Besitzer über längere Zeit gehalten worden ist, um sich gegen Gefahren, Zugriffe auf seine Freiheitssphäre abzusichern. Daß gerade hier eine Staatsforderung "nach Leistungsfähigkeit" besonders schwer durchschlagen soll, ist keine Forderung einer wie immer verstandenen Steuergerechtigkeit256 • 7·
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c. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer 3. Legitimation der Abschöpfung durch "Leistungsfähigkeit"?
Selbst wenn man über die vorstehend aufgezeigten Bedenken gegen die Steuerlegitimation aus Leistungsfähigkeit hinweggeht, so ergibt sich aus der Anwendung dieses Begriffes auf die Wertsteigerungen zunächst allenfalls, daß hier eben auch Leistungsfähigkeit, damit aber eine Steuerquelle vorliegt. Doch dies legitimiert keine Abschöpfung, allenfalls eine Belastung im Sinne der allgemeinen Vermögensteuer. a) Gerade wenn man vom Prinzip der Leistungsfähigkeit ausgeht, zeigt sich nämlich sogleich deutlich, daß zwischen "Abschöpfung" und "allgemeiner Besteuerung nach Leistungsfähigkeit" ein wesentlicher Unterschied besteht: Abschöpfung zielt primär darauf, Wert zu entziehen, die allgemeine Besteuerung will dem Staat einen Anteil an der Wertschöpfung durch Private sichern. Bei Wertzuwachs vermehrt sich das Vermögen des Bürgers. Sieht man in der Innehabung von Werten als solcher schon steuerliche Leistungsfähigkeit, wie dies für die Vermögensteuer angenommen wird258 , so ist auch der Wertzuwachs Steuerquelle, vielleicht sogar eine praktisch heute besonders bedeutsame257 - nicht aber eine eigenartige, besondere, und damit auch besonders (schwer) zu belastende. Es mag dann angehen, sie einer Vermögensteuer zu unterwerfen; aus der Leistungsfähigkeit ergibt sich aber keinerlei Legitimation dafür, daß hier mehr entzogen werden soll als im Falle der Innehabung anderer Werte. Die Leistungsfähigkeit knüpft an die Innehabung von Gütern, von Werten an, nicht an deren Herkunft, nicht daran, wie weit sie verdient oder unverdient sind. Nicht aus der Leistungsfähigkeit könnte also spezielle Besteuerung des Wertzuwachses hergeleitet werden, sondern nur aus einem anderen Prinzip - aus der "Theorie des Unverdienten" oder aus der Aequivalenz. Wie bereits dargelegt258 , läßt sich jedoch Abschöpfung damit nicht legitimieren. Leistungsfähigkeit allein aber trägt eben nicht bis zur Abschöpfung, sie ist damit zur Begründung einer Abschöpfungssteuer überhaupt ungeeignet. Die aus Leistungsfähigkeit legitimierte allgemeine Besteuerung dürfte gerade eines nicht bezwecken, was aber für jede Abschöpfung typisch, wesentlich ist: den als illegitim erscheinenden Mehr-Wert, 255 Entsprechen könnte sie dagegen der marxistischen Forderung, Mehrwertbildung beim Eigentum zu verhindern: Faßt man Wertsteigerung als Form des Mehrwerts auf, so entspricht ihr Entzug in besonderer Weise einem radikal sozialisierenden Umverteilungskonzept. Hier allein könnte die sozialpolitisch motivierte Leistungsfähigkeit zu einer speziellen Begründung für eine echte Abschöpfungssteuer werden. 258 Vgl. Haller (FN 232), S. 41; Neumark (FN 232), S. 138. 257 Siehe Neumark (FN 232). 258 Oben I, II, III.
IV. Steuerliche Leistungsfähigkeit und Wertzuwachsabschöpfung
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grundsätzlich vollständig,. zu entziehen. Der prinzipielle Unterschied zwischen Abschöpfung und Leistungsfähigkeits-Besteuerung zeigt sich deutlich darin, daß die Steuer, grundsätzlich, nur einen (mehr oder weniger großen) Teil entzieht, während der Normalfall, das eigentliche Modell der Abschöpfung, gerade umgekehrt liegt: Grundsätzlich soll alles genommen, aus Entgegenkommen, aus sozialpolitischen Gründen kann auch einiges belassen werden. Die Leistungsfähigkeits-Besteuerung wirkt grundsätzlich partizipativ, die Abschöpfung prinzipiell expropriativ. Von der einen zur anderen könnte eine Brücke nur über die Pfeiler anderer Legitimationen geschlagen werden - etwa des "Unverdienten", doch sie sind eben brüchig. b) Will man eine spezielle Wertzuwachsbesteuerung auf die besondere Leistungsfähigkeit stützen, welche mit dem Wertzuwachs eingetreten sei, so ergibt sich eine weitere grundsätzliche, und nicht nur steuertechnische, Schwierigkeit sogleich dann, wenn man auch unrealisierte Steigerungen abschöpfen möchte 259 • Dies ist ja selbst früher in Deutschland nicht versucht worden260 , auch in anderen europäischen Ländern wird es nicht praktiziert261 • Wer Leistungsfähigkeit aus nicht realisierten Wertsteigerungen ableiten will, der hat es zunächst einmal mit einer doch recht unsicheren Steuer quelle zu tun - in einer Marktwirtschaft ist ja keineswegs stets der von irgendwelchen Sachverständigen geschätzte Wert auch tatsächlich realisierbar. Selbst wenn man aber darüber hinweggeht und die Schätzungen, zur Schonung des Steuerbürgers, ohnehin verhältnismäßig niedrig hält, so tritt dennoch das grundsätzliche Problem auf: Der Steuerschuldner "ist" eben (noch) nicht steuerlich leistungsfähig, er hat ja nichts erlöst, er kann sich allenfalls "leistungsfähig machen", etwa indem er sein (angeblich) höherwertiges Gut entsprechend belastet262 , oder es gar verkauft. Dies aber bedeutet, daß die Leistungsfähigkeit überhaupt erst eintritt, wenn der Eigentümer Verfügungen vornimmt, die Enteignungen darstellten, würden sie ihm als solche vom Staat aufgezwungen. Damit erweist sich die Abschöpfungssteuer nicht nur als eine klare Enteignungsumgehung 263 ; es besteht eben gar keine eigentliche Leistungsfähigkeit, welche auf eine spezielle Steuerquelle hinweisen könnte, es liegt nur jene ganz allgemeine Leistungsfähigkeit vor, welche in der Innehabung (größerer) Werte nach h. A. liegen soll. Wie es der Wiss. Beirat beim BMF vorschlägt (FN 9). Vgl. Pistorius (FN 14), S. 329, sieht man von isolierten Fällen, etwa der in Kiautschou beabsichtigten Besteuerung ab, siehe dazu oben B 11 2. 261 Siehe Ruck (FN 18), S. 354. 262 Davon geht etwa auch der Wiss. Beirat aus (FN 9), S. 20; vgl. aber dagegen schon die Bedenken bei von Schalburg, BB 1971, S. 695. 263 Dazu näher unten D. 259
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c. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
Dies aber bedeutet: Mehr als allgemeine Vermögensteuer kann auf solche Mehrwert-Innehabung nicht erhoben werden; es wäre ein Verstoß gegen Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit, das "zugewachsene" Vermögen anders, schwerer zu erfassen als anderes. Im Falle der Realisierung des Mehr-Wertes stellt sich dieses Problem dagegen nicht. Hier hat sich immerhin der Eigentümer selbst, durch eigene Entscheidung, liquide Mittel zugeführt, hier ist er auch im Sinne eines weiten Einkommensbegriffs speziell "leistungsfähiger" geworden. Ein Druck auf die Innehabungs-Garantie des Eigentums findet nicht statt. Es ist also nicht nur eine steuertechnische Frage, ob eine Wertzuwachssteuer nur auf realisierten oder auch auf nichtrealisierten Zuwachs erhoben wird. Im ersteren Fall mag eine "neue Leistungsfähigkeit", vom Eigentümer selbst geschaffen, anzunehmen sein; sie legitimiert zwar sicher nicht volle Abschöpfung, wohl aber mag sie die Schaffung eines besonderen Steuertatbestandes rechtfertigen. Wird aber nicht realisiert, so liegt eben nicht mehr vor als "mehr Vermögen", es widerspräche der Steuergerechtigkeit der Leistungsfähigkeit, hier eine "generelle Sonder-Vermögensteuer" zu schaffen; nichts anderes aber wäre Besteuerung unrealisierter Steigerungen als solcher. c) Eine Wertzuwachssteuer würde in der Bundesrepublik in absehbarer Zeit wohl nur bei Grundstücken in Betracht kommen. Legitimiert man nun eine solche Abgabe aus der speziellen steuerlichen Leistungsfähigkeit der Grundeigentümer, so erhebt sich denn doch die Frage, ob es noch mit der Steuergleichheit vereinbar ist, der das BVerfG besondere Bedeutung zumißt264 , nur den Wertzuwachs bei Grund und Boden, nicht bei anderen Vermögensgütern zu erfassen. Dies letztere ist ja, auch früher schon, immer wieder erwogen, aber wegen Praktikabilitätsschwierigkeiten meist verworfen worden265 • Immerhin wurde ein allgemeiner Versuch bei der Besitzsteuer gemacht, der übrigens nicht deshalb fehlgeschlagen ist, weil auch andere Vermögensgegenstände erfaßt wurden2G8 • Ein Gesetzgeber, der nur Grundstücke belastet, müßte sich also fragen lassen, womit diese Sonderbehandlung gerechtfertigt werden soll. Dies wäre mit Sicherheit ein rechtspolitisches, möglicherweise sogar ein verfassungsrechtliches Problem der Steuergleichheit. Denn zwar steht es dem Gesetzgeber in Grenzen frei, Steuertatbestände zu normieren; es fragt sich aber doch, ob diese nicht durch eine derar114 BVerfGE 38, 61 (97); 37, 38 (52); 36, 321 (341); 35, 324 (335); 33, 106 (113); 31, 119 (130), 26, 302 (310); 25, 101 (109); 21, 309 (312); 19, 64 (68); 18, 224 (232) usw. 186 Vgl. etwa v. Nostitz (FN 1), S. 774; HdwB d. Preuß. Verw. II, 2. Aufl., 1911, S. 943; Pistorius (FN 14), S. 160. I" Dazu oben B III 2.
v. Besondere Abschöpfungs-Legitimation bei Grund und Boden?
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tige Sonderbelastung des Grundbesitzes überschritten würden, welche immerhin zu sehr einschneidender Besteuerung führen müßte, nicht nur zu steuerlichen Randvariationen. Deshalb soll nun noch die Frage behandelt werden, welche besonderen Umstände gerade bei Grund und Boden eine Speziallegitimation für eine Wertzuwachsbesteuerung tragen könnten. Dieser Abschnitt aber hat immerhin eines ergeben: Auch mit steuerlicher Leistungsfähigkeit läßt sich Wertzuwachsabschöpfung nicht rechtfertigen; damit aber steht - allgemein wenigstens - ein steuerlegitimierendes Prinzip überhaupt nicht zur Verfügung. Eine Wertzuwachssteuer ist keine Forderung der Steuergerechtigkeit, sie würde derselben generell widersprechen.
v.
Besondere Abschöpfungs-Legitimation bei Grund und Boden? 1. Die Rechtsprechung des BVerfG zu den Besonderheiten bei Grund und Boden
a) Grundsätzlich gibt es also keine mögliche Begründung für die Abschöpfung von Wertzuwachs durch Steuern. Es fragt sich jedoch, ob eine solche nicht aus dem Wesen von Grund und Boden, insbesondere aus der speziellen Lage des Bodenmarktes, gewonnen werden kann. Nach dem BVerfG gebietet das GG nicht, daß der Grundstücksverkehr so frei sein muß wie der Verkehr mit jedem anderen "Kapital". Da Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich sei, könne seine Nutzung nicht dem unmittelbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig überlassen werden. Eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwinge vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit beim Boden in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern. Grund und Boden sei weder volkswirtschaftlich noch in seiner sozialen Bedeutung anderen Vermögenswerten ohne weiteres gleichzustellen267/268. Daraus könnte nun der Schluß gezogen werden, da Besteuerung auch nur eine Form einer solchen Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. I S. 2)289 sei, könnten auf Grund und Boden ganz andere, weit schwerere Abgaben gelegt werden als auf andere Vermögensgegenstände, und es seien auch an die Steuerlegitimation hier erheblich ge!87/288
BVerfGE 21, 73 (78 f.).
KiTchhof, P., Besteuerungsgewalt und GG, 1973, S. 21, insbes. 24 f.; SeImer, P., Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 309 m. Nachw.; Klein, F. (FN 240), Sp. 471; RüfneT (FN 159/60), S. 881; FTiauf, H., 288
Steuergesetzgebung und Eigentumsgarantie, JurA 1970, S. 299 (318/9) m. Nachw.; BK (Zweitb.), Art. 105, Rdnr. 141; SendleT, H., Die Konkretisierung einer modernen Eigentumsverfassung durch Richterspruch, DÖV 1971, S. 16 (22); KTuse, H. W., Steuerrecht I, Allg. Teil, 3. Auf!. 1973, S. 48.
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c. Die Rechtfertigung der Zuwachs steuer
ringere Anforderungen zu stellen. Eine Zuwachsbesteuerung sei bei Grund und Boden also selbst dann legitim, wenn sich eine ganz allgemeine Begründung für sie nicht finden lasse. b) Das Bodenverkehrsurteil des BVerfG ist von manchen geradezu als ein Freibrief für weitestgehende, wenn nicht beliebige Reglementierung verstanden worden. Nähere Betrachtung zeigt, daß hier ein Mißverständnis vorliegt. Schon allgemein kann zunächst das BVerfG nicht so interpretiert werden, als habe es eine der wichtigsten Güterkategorien mit wenigen Sätzen ganz generell in eine Zone verdünnten Grundrechtsschutzes stellen und damit dem Gesetzgeber zur Umgestaltung der Bodenordnung schlechthin freie Hand geben wollen. Nach der ganzen Judikatur des Gerichts wäre dies nicht mit einer kurzen Begründung, sondern in einem systematisch aufgebauten Grundsatzurteil geschehen, in dem dann auch die Grenzen solcher Gestaltungsfreiheit sorgfältig abgesteckt worden wären. Es handelt sich vielmehr nur um eine Begründung für den dort entschiedenen Fall der Grundverkehrsgenehmigung bei landwirtschaftlich genutztem Boden. Der Blick auf diesen Entscheidungsanlaß und die nähere Betrachtung der Begründung schränken die Tragweite der Aussage über die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers erheblich ein. e) Der Entscheidungsanlaß der Grundverkehrsgenehmigung zeigt deutlich, wo das BVerfG dem Gesetzgeber allenfalls eine größere Entscheidungsfreiheit zubilligen wollte: bei Maßnahmen der Bodenpolitik, des Interventionismus zur Lenkung, zur Veränderung der Bodenstruktur270 • Daraus ergibt sich aber bereits, daß die primär steuerrechtlichen Zielsetzungen, nämlich die fiskalische der staatlichen Einnahmenerzielung und die sozialpolitische der allgemeinen Redistribution, gar nicht Gegenstand des Urteils waren. Daher konnte dieses insoweit dem Gesetzgeber auch gar keine besonders weite Gestaltungsfreiheit eröffnen. Es wäre auch nicht vorstellbar, daß die Steuergleichheit, Ausdruck des ranghöchsten, elementaren Grundsatzes der allgemeinen Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. I GG), durch diese kurzen Bemerkungen in derart weittragender, schwerwiegender, unabsehbarer Weise hätte gebrochen werden sollen. Daraus läßt sich die wichtige Folgerung ableiten, daß für die Erreichung fiskalischer Zwecke oder für die Vermögensverteilung durch Steuern die besondere Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Grund und Boden überhaupt nicht gilt271 • Wenn dieses Gut nicht dem freien 270 Der Gesetzgeber wollte ja über die Verkehrsgenehmigungen ersichtlich Einfluß auf die Agrarstruktur, auf die "Verwendung" von Grund und Boden im technisch-landwirtschaftlichen Sinne nehmen.
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Spiel der Kräfte überlassen werden darf, so bedeutet dies nicht einen Freibrief für den Staat, dafür in der radikalen Weise zu sorgen, daß er sich seinen Wert ganz oder quasi-total über Abgaben appropriiert. Wertzuwachssteuer auf Grund und Boden unterliegt daher denselben Legitimationspflichten wie jede andere Abgabe, soweit sie fiskalisch oder redistributiv angelegt ist; lediglich als Maßnahme der Bodenordnung könnte sie der Gesetzgeber freier ausgestalten. Dann aber müßte das allgemeine Legitimationsdefizit dadurch soz. ausgeglichen werden, daß eine speziell bodenordnende Zielsetzung nachweisbar wäre. Es stehen also vielleicht finanzwissenschaftlich272 , nicht aber staatsrechtlich bodenordnende und verteilungspolitische Effekte einer Wertzuwachssteuer auf einer Ebene. Rechtlich betrachtet besteht der wichtige Unterschied, daß nur bei bodenordnenden Steuermaßnahmen eine spezielle Legitimationslage in Betracht kommen kann. Für redistributive oder fiskalische gezielte Zuwachssteuern versagt dagegen eine spezifisch bodenrechtliche Legitimation von vorneherein. Angesichts der Gemengelage von bodenordnenden und verteilungspolitischen Absich~ ten, die sich in der ganzen Geschichte dieser Abgabenart immer wieder zeigt, bestehen hier also von vorneherein erhebliche Bedenken, eine rein bodenrechtliche Sonderlegitimation genügen zu lassen. d) Das BVerfG beschränkt aber nicht nur die besondere Gestaltungsfreiheit bei Grund und Boden auf Maßnahmen der interventionistischen Bodenpolitik, es zeigt auch klar das konkrete Ziel, auf das sie gerichtet sein müssen: Optimale Nutzung infolge der Knappheit und der Bedeutung des Gutes. Auf dieses Ziel hin kann auch eine sozial~ politisch motivierte Bodenpolitik orientiert sein; denn es ist an sich nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber eine breite Eigentumsstreuung beim Boden als einen Weg zu optimaler Nutzung versteht. Daher sind steuerliche Belastungen speziell bei diesem Gut legitim, welche auf eine generelle Verbilligung hinauslaufen. Der Hinweis des BVerfG auf die "gerechte Gesellschaftsordnung", welche die erweiterte Geltendmachung öffentlicher Belange bei Grund und Boden erfordere, deutet auf eine solche Begründung hin, welche grundsätzlich auch für eine Wertzuwachs abgabe gebracht werden kann. 271 Dies kann auch nicht aus der höchst allgemeinen Erwähnung der "volkswirtschaftlichen Bedeutung" von Grund und Boden gefolgert werden; würde dies genügen, so gäbe es generell eine steuerliche Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die noch über das allgemein sehr weite Abgabenermessen hinausginge, je nach der "volkswirtschaftlichen Bedeutung" eines Gutes d. h. es gäbe überhaupt keine abschätzbaren Grenzen der Besteuerungsgewalt mehr. 272 Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF behandelt den verteilungspolitischen Effekt einigermaßen gleichgewichtig neben dem bodenordnenden.
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Dies ist also der Legitimationsrahmen, der verfassungsrechtlich für jede speziell auf Grund und Boden gelegte Abgabe vorgegeben ist: Sie muß ausschließlich oder doch primär auch bodenpolitisch, sie darf weder fiskalisch noch verteilungspolitisch motiviert sein; und es muß ihr Ziel sein, das bedeutsame und knappe Gut Boden optimaler Nutzung zuzuführen. Daraufhin sollen nun die für eine Wertzuwachssteuer speziell bei Grund und Boden bisher vorgebrachten wichtigsten Begründungen untersucht werden. 2. Die speziellen Legitimationsversume einer Wertzuwamssteuer bei Grund und Boden
a) Spezielle Praktikabilität Man könnte eine spezielle Legitimation darauf stützen, daß die Erhebung einer Wertzuwachssteuer bei Grund und Boden erheblich leichter sei als bei anderen Gütern273 • Die vollständige grundbuchmäßige Erfassung, die Einheitswerte zumindestens als Ansatzpunkt, vor allem aber das bei Grund und Boden weit stärker als in anderen Bereichen ausgebaute Schätzwesen, könnten es in der Tat rechtfertigen, hier mit einer Zuwachssteuer erstmals einzusetzen und sie erst später, vielleicht gar nicht, bei anderem Besitz zu erheben. Doch darin läge keine spezielle Legitimation einer Zuwachssteuer; eine solche kann nie aus einer relativen Leichtigkeit der Erhebung allein, sie muß immer in erster Linie mit anderen Argumenten (Aequivalenz, eventuell Leistungsfähigkeit) gewonnen werden. Praktikabilität ist auch als solche kein Indiz der Leistungsfähigkeit. Sie rechtfertigt es lediglich, eine auf anderem Wege bereits legitimierte Abgabe zunächst oder ausschließlich bei bestimmten Gütern zu erheben. b) "Dauer-Wertsteigerung" bei Grund und Boden
Schon früher wurde angenommen274 , beim Boden wüchsen Wertsteigerungen, im Gegensatz zu anderen Gütern, dauernd zu und in einem unvergleichbar höherem Maß, die Geldentwertungswirkungen träten hier zurück. Deshalb allein dürfe hier Abschöpfung stattfinden275 • Auch dieses Argument hat kein selbständiges Gewicht. Die Größenordnung einer möglichen Steuerquelle wird nur dann zur Steuerlegitimation, wenn die Abgabe im übrigen wegen "Unverdientheit", Aequi278 Dies ist auch früher schon vorgebracht worden, vgl. etwa v. Nostitz (FN 1), S. 779. 174 Dieser Gedanke findet sich bereits bei Adolph Wagner, Finanzwissenschaft II, 1880, S. 466; vgl. auch v. Nostitz (FN 1), S. 774/5; Damaschke (FN 50), S. 116/7. 276 Siehe neuerdings dazu v. SchaZburg (FN 6), S. 695, 697.
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valenz oder Leistungsfähigkeit gerechtfertigt erscheint. Sie mag eine Begründung für Abgabenhöhe bringen, nicht aber gilt dies für die Steuer dem Grunde nach. Für die Zuwachssteuer muß also diese Überlegung ausscheiden. Es ist übrigens für die neueren Steuerrechtfertigungsversuche überhaupt kennzeichnend, daß sie, zumeist zur besseren politischen Wirksamkeit, Argumente vermengen: So wird etwa Aequivalenz oder Leistungsfähigkeit behauptet - und dies letztlich nur damit gerechtfertigt, daß hier eben erhebliche Mittel vorlägen. Exaktes Vorgehen verlangt dagegen, daß zuerst festgestellt werde, ob eine legitime Steuerquelle vorliege, sodann deren Tiefe und Dauerhaftigkeit zu untersuchen. Da also dieses Argument an sich schon unbehilflich ist, braucht auf weitere Einwendungen gar nicht näher eingegangen zu werden, welche ihm entgegenstehen: daß es umfangreicher ökonomischer, ja wirtschaftsgeschichtlicher Untersuchungen bedürfte, um die These von der überproportionalen Wertsteigerung bei Grund und Boden wissenschaftlich exakt zu untermauern, und daß dabei die Belastungen berücksichtigt werden müßten, was zu kaum überwindlichen Schwierigkeiten führen dürfte; daß in einer Marktwirtschaft auf Dauer gar nicht mit erheblich überproportionalen Steigerungen bei einer Güterkategorie gerechnet werden kann, es sei denn im chronischen Verknappungsfa1l 276 ; daß es schließlich in einer marktwirtschaftlichen Ordnung "keineswegs ungewöhnlich oder gar verwerflich ist, daß die Preise einzelner Güter oder Leistungen wesentlich rascher steigen als das allgemeine Preisniveau"277. c) "Unvermehrbarkeit" des Bodens -
Folge: "Bodenmonopol"
Grund und Boden ist seinem Wesen nach unvermehrbar und nicht beweglich zum Standort des jeweiligen Bedarfes; zugleich ist er von besonderer Bedeutung in der Gemeinschaft; daraus ergibt sich eine monopol ähnliche Stellung der Grundeigentümer, welche neuerdings Monopolrenten in Form von Wertsteigerungen kassieren; es ist deshalb legitim, ihnen dieselbe durch eine Besteuerung zu entziehen, welche nur eingreift, wo sich das Monopol an der Wertsteigerung zeigt, und welche Wirkungen durch Bodenverbilligung erzielt. Dies ist die herkömmliche, geradezu klassische Zentralbegründung für eine Wertzuwachssteuer allein auf Grund und Boden!78. Auch das BVerfG hat sie sich zu eigen gemacht278 • Ihrem Wesen nach ist sie 178 Damit aber lenkt die Argumentation über in die im folgenden (e) zu behandelnde Unvermehrbarkeitsproblematik. m Wiss. Beirat b. BMF (FN 9), S. 9. 278 Vgl. etwa Simon (FN 36), S. 11 f.; von Nostitz (FN 1), S. 779; Pistorius (FN 14), S. 334; für die neuere Entwicklung vgl. von Schalburg (FN 6), S. 696. 279 Vgl. oben FN 267/68.
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boden-, nicht verteilungspolitisch orientiert: Es geht nicht darum, die Bodenrenten zu entziehen, weil sie aus Monopolgründen280 unberechtigt wären, sondern das Bodenmonopol durch Verbilligung zu brechen. Das Unvermehrbarkeitsdogma ist ein erstaunliches Relikt eines im übrigen überwundenen physiokratischen Denkens, welches seine Lehre von der ständig steigenden Grundrente gerade auf die Konstanz der zur Verfügung stehenden Fläche aufbaute. Durch die moderne Bodenkultur, durch chemische Meliorationsmöglichkeiten, durch Intensivierung der Nutzung also, ist hier eine völlig neue Lage entstanden; für den agrarischen Bereich läßt sich daher mit dem vorindustriellen Unvermehrbarkeitsdogma als solchem heute nichts mehr begründen. Bei der Wertsteigerung und ihrer Abschöpfung wird es jedoch, schon seit langem, im wesentlichen vor allem beim Bauboden geltend gemacht: Dieser sei nicht beliebig vermehrbar, die großen Wertsteigerungen, die bei seiner Bereitstellung oder später aufträten, müßten daher durch monopolbrechende Verkaufsdruckabgaben entzogen werden. Es ist eigentlich verwunderlich, daß gegen dieses Argument bisher so selten grundsätzlich Front gemacht wurde 281 - es ist unhaltbar. Beim Bauboden geht es in erster Linie um die Relation zwischen umbautem Raum und Grundfläche; sie aber läßt sich schon durch moderne Methoden des Hoch- und Tiefbaus, durch Intensivierung der Bebauung, erheblich im Sinne der Vermehrung des Baubodens verschieben. Damit allein schon wird der Monopolbildung entgegengewirkt; denn wenn auch ein vitales Interesse am Wohn-, Geschäfts-, Industrieraum durchaus zu bejahen ist, so kann doch nicht von einem durchgehenden elementaren Bedürfnis an oberirdisch-einstöckiger Bebauung gesprochen werden. Damit ist aber auch beim Bauboden, schon durch die technische Entwicklung, eine grundlegende Veränderung der Lage, eine technische Vermehrbarkeit eingetreten. In noch viel größerem Maße, praktisch unbegrenzt, läßt sich jedoch der Bauboden durch Maßnahmen eben jenes Staates vermehren, der mit einer Wertzuwachssteuer eingreifen möchte: Durch eine Bereitstellung von Bauboden durch Planung und Erschließung, übergreifend im Rahmen einer sachgerechten Raumplanung. Daß dabei der Gemeinschaft Kosten entstehen, begründet allenfalls ökonomische Schwierigkeiten, nicht jene wesentliche, "physikalische" Unvermehrbarkeit, welche der Wertabschöpfungstheorie aber stets zugrunde liegt. Staat und 280 Wie es ja auch im Wettbewerbsrecht kein allg. Rechtsprinzip gibt, daß Monopolgewinne rechtswidrig wären - sie sollen vielmehr verhindert werden. 281 Es hat v. a. zur Begründung des Planungswertausgleichs dienen sollen, vgl. krit. von Schalburg (FN 6), S. 696.
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Kommunen können übrigens ohne weiteres ihre Aufwendungen über Infrastrukturkosten, gezielt abrechnend, bei den begünstigten Eigentümern wieder einbringen. Das Problem läßt sich also über Aequivalenz legitim und gerecht lösen. Und wenn dieser planerischen Baubodenvermehrung erschließungstechnische Grenzen gesetzt sein sollten, so trägt sie doch unbestreitbar zu jeder Zeit stets so weit, daß der Bauboden "entmonopolisiert", daß so viel von ihm bereitgestellt wird, daß die vitalen Bedürfnisse der Bürger befriedigt werden können. An Häusern in Luxuslagen, an Geschäften und Büros in Cities, in belebten Straßen, an verkehrsgünstig gelegenen Industriegeländen, wird stets gesteigertes Interesse bestehen, damit werden dort u. U. erhebliche Preissteigerungen eintreten. Doch es wäre nun bodenpolitisch wieder nicht zu rechtfertigen, diese zur Monopolbekämpfung abzuschöpfen: Hier fehlt es an dem vitalen Interesse des Bürgers, das solche Eingriffe rechtfertigen würde 281a• Von einer "Unvermehrbarkeit" bei Bauboden kann also überhaupt nicht gesprochen werden. Er ist technisch und planerisch vermehrbar, leichter als die meisten anderen Güter. Damit aber tritt in der Marktwirtschaft auch sogleich eine gewisse Verbilligung ein, sie geht jedenfalls so weit, wie dies in einer "gerechten Staats- und Gesellschaftsordnung" erforderlich ist, die aber eben auch eine freie bleibt, und daher Sonderwertbewegungen und Luxusspitzen durchaus duldet. Der Eingriff durch Wertzuwachssteuern erscheint schon deshalb als illegitim, weil dem Staat ja in der planerischen Vermehrung ein geeignetes und wirkungsvolles Instrument zur Erreichung eines berechtigten Zieles der Bodenverbilligung zur Verfügung steht, während die Steuerwirkungen ja durchaus problematisch sind282 • Es wäre daher ein Verstoß gegen Geeignetheit, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, eine deutliche Verletzung des Übermaßverbotes, wollte der Staat die Vermehrung über Steuern betreiben wollen, welche notwendig weit allgemeiner, damit aber weniger gezielt, gröber wirken. Die Unvermehrbarkeit des Bodens ist ganz allgemein nicht ein physikalisches, sondern allenfalls ein politisches Problem, vor allem der Kommunen. Es wäre jedoch höchst ungerecht, wollte der Staat über eine Belastung des Steuerbürgers ein Versagen seiner eigenen Verwaltungsorganisation ausgleichen; es wäre nichts als eine Berufung auf eigenes Unrecht283• Dies verkennt von Heynitz (FN 51), S. 477, in seiner Polemik gegen DÖV 1975, S. 6. 282 Dazu unten d. 283 Bezeichnenderweise traten übrigens diese Fragen der Vermehrbarkeit des Baubodens in der oben 1 behandelten Rspr. des BVerfG (vgl. FN 267/68) 281 a
Maunz, Th.,
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C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
Die Vermehrungsproblematik bei Grund und Boden spricht also entscheidend gegen, nicht für die Legitimität einer Wertzuwachssteuer auf dieses Gut. d) Art. 14 GG als "Antimonopol"-Bestimmung
Neuerdings wird versucht, gerade für Grund und Boden eine spezielle Legitimation von Wertzuwachssteuern aus Art. 14 GG, aus jener Eigentumsgarantie zu gewinnen, welche gemeinhin gerade umgekehrt als Grenze derartiger Besteuerung aufgefaßt und als solche auch im folgenden behandelt werden S01128'. Die Eigentumsgarantie der Verfassung schütze, so wird behauptet, nicht nur die Eigentümer, sondern auch die Nichteigentümer, denen sie die Möglichkeit erhalten solle, Eigentum zu erwerben: Dem Staat stelle das GG nicht die Aufgabe, die bestehende Eigentumslage zu konservieren, sondern eine sozial gerechte Eigentumslage zu schaffen. Dies habe insbesondere durch Streuung des Eigentums, durch Erleichterung des Zugangs zu unentbehrlichen und unvermehrbaren Eigentumsgegen~ ständen zu geschehen, wie dem Grundeigentum. Hier müsse eine Abwägung stattfinden, zwischen den Innehabungsrechten der Besitzenden und den Zugangsrechten der Besitzlosen. Ein rein eigentumskonservierendes Verständnis der Verfassung trage der Tatsache nicht Rechnung, daß ein laufender Wettbewerb von Eigentümern und Nichteigentümern um das Eigentum stattfinde. Der Eigentümer genieße hier einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, wenn er nicht zu verkaufen brauche. Dieser werde, vor allem bei Grund und Boden, durch die Wertsteigerungen noch entscheidend verstärkt: Während der Eigentümer immer weniger Grund habe zu verkaufen und damit den Wettbewerb um das Eigentum blockiere, müsse der (Noch-)Nichteigentümer immer mehr aufwenden, um sich Zutritt zum Eigentum zu verschaffen. Die Abschöpfung des Wertzuwachses sei daher legitim, um echten Wettbewerb um das Eigentum wieder herzustellen. Diese Auffassung stellt die gesamte herkömmliche Eigentumsdogmatik auf den Kopf, sie macht aus dem Grundrecht des Eigentums ein Grundrecht auf Eigentum, zu dessen Durchsetzung dem Staat, dem geborenen Grundrechtsgegner, Anti-Eigentums-, insbesondere Steuerbefugnisse von grundrechtlichem Rang in einer Begründung von Abgabenbelastungen durch Grundrechte zur Verfügung gestellt werden. gar nicht auf. Hier ging es gerade um die agrarische Unvermehrbarkeit, die wiederum für die Wertzuwachsproblematik kaum bedeutsam ist (landwirtschaftlicher Grundstücksverkehr). Man könnte also die Meinung vertreten, daß sich aus der Judikatur des BVerfG gar nichts Entscheidendes für eine bodenpolitische Begründung der Abschöpfung gewinnen läßt. 184 Die im folg. krit. Auffassung vertritt von Heynitz (FN 51), insbes. S.475f.
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Daß eine solche Grundrechtlichkeit für Freiheit und Eigentum des Bürgers nicht nur nutzlos, sondern eine Gefahr werden müßte, liegt auf der Hand. Es bedürfen in diesem Zusammenhang auch die deutlichen Zusammenhänge solcher Auffassungen mit dem marxistischen Grundrechtsverständnis der "Teilhabe" keiner näheren Untersuchung. Sie sind nach geltendem Recht vor allem aus folgenden Gründen unhaltbar: - Die Verfassung schützt das Recht am Eigentum, nicht auf Eigentum. Wenn schon aus anderen Grundrechten kein Recht auf fremdes Eigentum abgeleitet werden darf285 , wenn bisher die grundrechtliche "Teilhabefreiheit" des Bürgers auf wenige Fälle ausdrücklich in der Verfassung verbürgter Partizipation beschränkt worden ist286 , so ist doch, a fortiori, nicht anzunehmen, daß ein so allgemeines Teilhaberecht gerade aus dem Zentrum des Eigentumsschutzes gewonnen werden solle. Der Staat kann das Eigentum aus sozialpolitischen Gründen streuen, und für eine solche Verpflichtung läßt sich auch verfassungsrechtlich manches anführen287 , doch dies darf immer nur im Rahmen und mit den Mitteln geschehen, welche ihm die Sozialbindung des Eigentums zur Verfügung stellt. - Die Garantie des Eigentums als Institution288 ist Verpflichtung zur Erhaltung - nicht zur Gestaltung - einer Eigentumsordnung. Und es geht hier nicht um eine Eigentumsverteilung, sondern um Konservierung der zentralen, herkömmlichen Eigentumselemente289• Institutsgarantien mögen einen gewissen Raum für dynamische Entwicklungen belassen, sie sind nicht als solche Befehl zu einer Dynamisierung, welche die Institution umfunktionieren würde. Eine Dynamisierung des Eigentums im Namen der Institutsgarantie ein schwererer innerer Widerspruch ist kaum vorstellbar. - Art. 14 GG bringt schließlich keine "Wettbewerbsordnung um das Eigentum". Zwischen Besitzendem und Besitzlosem findet Konkurrenz überhaupt nicht statt. Sämtliche Wettbewerbsvorstellungen sind hier begrifflich unanwendbar. Ein Wettbewerbsvorsprung des Eigentümers ist daher eine begriffliche Ungereimtheit. !85 So etwa aus der Demonstrationsfreiheit BVerfGE 7, 230 ff.; 8, 71 ff.; 13, 290 (296); 17, 232 (248 f.); 19,206 (225); 21, 150 ff.; 30, 292 (335); 42, 263 (265). 288 So etwa im Namen der Ausbildungsfreiheit (Art. 12 GG) das Zugangsrecht zu staatlichen Hochschulen, vgl. BVerfG 33, 303 ff.; 36, 37 ff.; 37, 104 ff.; 39, 258 ff.; 276 ff.; 40, 352 ff. 287 Zusammenfassend dazu etwa Leisner, W., in: Issing, 0., Leisner, W., Kleineres Eigentum - Grundlage der Staats- und Gesellschaftsordnung, 1976. 288 BVerfGE 20, 351 (355); 24, 367 (389); 26, 215 (222); 31, 229 (241); 31, 275 (219). !8t Das BVerfG sagt, das Eigentum werde so von der Verfassung geschützt, wie es vom bürgerlichen Recht und den gesellschaftlichen Anschauungen geformt worden sei, BVerfGE 1,264 (LS 4/275 ff.); 19, 351 (370).
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C. Die Rechtfertigung der Zuwachssteuer
Diese Vorstellungen könnten, träfen sie zu, Wertabschöpfung auch bei anderen Gütern legitimieren. Sie sind speziell bei Grund und Bo" den entwickelt worden, weil dieser unvermehrbar und besonders wich" tig sei. Daß dies unrichtig ist, wurde schon nachgewiesen. Damit ver" liert diese Theorie bereits ihre spezielle bodenpolitische Begründungs" kraft. Sie stellt im Grunde nichts anderes dar, als eine Übersteigerung der an sich durchaus diskutablen Vorstellungen von der "Erweiterungs" offenheit" der grundgesetzlichen Eigentumsordnung290, die auch steuerlegitimierende Akzente setzen kann - aber eben immer nur dort, wo an sich eine Steuerbegründung schon vorliegt291 ; bei der Wertabschöpfungssteuer als solcher ist das nicht der Fall. e) Zweifelhafte bodenpolitische Wirksamkeit
der Wertabschöpfung
Für eine Abschöpfung der Wertsteigerung bei Grund und Boden läßt sich also keine spezielle Legitimation finden - im Gegenteil: Selbst wenn ein besonderes Bedürfnis für sie bestünde, ist ihre bodenpolitische Wirksamkeit, welche allein sie zu legitimieren vermöchte, höchst zweifelhaft, zieht man den praktisch einzigen Beurteilungsmaßstab heran - die bisherigen Erfahrungen. Immer wieder ist schon in der Vergangenheit beklagt worden, solche Steuern könnten nicht nur unschwer umgangen werden292, sie würden sogar das Gegenteil des Beabsichtigten bewirken, durch Überwälzung werde Grund und Boden nur noch teurer werden293 • Ähnliche Einwendungen wurden auch gegen den Planungswertausgleich vorgebrachtm. Auch auf die möglicherweise ungünstigen Auswirkungen auf die Raumordnung wird mit beachtlichen Gründen hingewiesen29s : Würden die Bodenpreise in Ballungsgebieten gesenkt - und gerade dies ist ja der Zweck der Abschöpfung von Wertsteigerungen - so werde es dort zu noch größerer Bevölkerungskonzentration kommen. Dies ist einerseits an sich unerwünscht, zum anderen kann es der Erreichung des Zieles 290 Dazu SeImer, P. (FN 269), S. 315/6 m. Nachw. 291 So ist etwa unbestritten, daß im übrigen legitime Steuern durchaus auch verteilende, also auch eigentumsstreuende Wirkungen haben dürfen. Etwas ganz anderes und von der Verfassung nicht gedeckt wäre eine gezielte Anti-Eigentums- und Umverteilungssteuer, wie sie bei voller Wertabschöpfung unter Umgehung der Enteignung (vgl. unten D.) zustande käme. !92 über frühere Praktiken (Einbringung in Gesellschaften zu hohem Wert) berichtet Bräuer (FN 37), S. 1028. 293 Zu dieser Diskussion siehe u. a. Pistorius (FN 14), S. 332, 335; Bräuer (FN 37), S. 1028/9. 294 Vgl. für viele etwa Risse, K., Hat der Wertausgleich Einfluß auf Bodenrnobilität und Bodenpreise?, FWW 1976, S. 59 ff. 295 'Von Schalburg, BB 1971, S. 696.
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wiederum entgegenwirken, weil gerade von einer Ballung zweifelsfrei preissteigernde Wirkungen ausgehen. Überzeugende bodenpolitische Erfahrungen liegen also nicht vor, eindeutig lassen sie sich heute weder allgemein voraussehen, noch gar im einzelnen abschätzen. Der Gesetzgeber kann sicher Abgaben mit bodenpolitischer Legitimation einführen, auch wenn eine derartige Sicherheit nicht besteht, er hat nicht nur Steuererfindungs-, er hat auch Steuerexperimentierfreiheit. Wenn eine solche Abgabe jedoch, wie im Falle einer Abschöpfungssteuer dargelegt, weder nach allgemeinen, noch speziell unter bodenpolitischen Aspekten legitim ist, so kommt der Unsicherheit der bodenpolitischen Effizienz besondere Bedeutung zu: Ein Schluß von der Wirkung auf die Zulässigkeit, der an sich schon rechtsstaatlich bedenklich ist, scheidet dann eben von vorneherein aus, wenn die Zielerreichung derart problematisch ist.
Faßt man das rechtliche Ergebnis dieses Teiles der Untersuchung zusammen, so ergibt sich, daß eine Wertabschöpfung durch keine Steuerrechtfertigung gedeckt wäre. Es stehen ihr daher erhebliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit, insbesondere der Steuergleichheit (Art. 3 Abs. I GG) entgegen. Rechtspolitisch gesehen spricht nichts für eine Wertabschöpfungssteuer, weder allgemein, noch beschränkt auf Grund und Boden. Sie würde in der Gemeinschaft als illegitime Umverteilung erscheinen und wäre in ihrer Wirksamkeit zweifelhaft.
D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum I. Die verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Fragestellung Im vorstehenden Teil C wurde untersucht, ob sich eine Besteuerung der Wertsteigerungen im Steuer- und Verfassungssystem der Bundesrepublik rechtfertigen lasse; diese Frage wurde verneint. Selbst wenn sie aber zu bejahen wäre, stellt sich das Problem, ob einer solchen Abgabenbelastung nicht durch die Eigentumsgarantie des GG (Art. 14) Schranken gezogen sind. Dies wird im folgenden untersucht, vor allem unter den Gesichtspunkten des Substanzeingriffs, der Geldentwertung und des Verkaufsdrucks (i. folg. 111 - V). Es geht dabei nicht zentral um die allgemeine Frage der Grenzen, welche durch Art. 14 GG der Besteuerungsgewalt gesetzt sind, sondern um den speziellen Aspekt der Abschöpfung eines Teiles des Eigentumswertes durch eine gezielte Steuerbelastung. Hier liegen enteignende Wirkungen von vorneherein weit näher als etwa bei einer Partizipation des Staates an laufendem Einkommen des Bürgers. Dennoch ist Voraussetzung auch für eine Prüfung von Abschöpfungssteuern am Eigentumsartikel der Verfassung, daß dieser grundsätzlich die Abgabengewalt bindet. Daher ist der Stand der umfangreichen Diskussion darüber kurz darzustellen (i. folg. I), stets unter besonderer Berücksichtigung der Untersuchungsfrage. Dies ist eine Verfassungsmäßigkeitsprüfung einer etwaigen derartigen Steuer. Sie kann hier nur allgemein und grundsätzlich erfolgen, weil ein konkreter Prüfungsgegenstand, eine Wertzuwachsbesteuerung, zur Zeit nicht vorliegt. Es läßt sich daher auch im einzelnen keine Aussage darüber treffen, unter welchen Voraussetzungen etwa eine solche Steuer verfassungsmäßig sein könnte oder dem GG widerspräche. Wie groß das Verfassungsrisiko hier ist, wie ernst die Verfassungsfrage jedenfalls gestellt werden würde, zeigte bereits die Diskussion um die Baulandsteuer2ge • Gerade wenn aber, wie hier, Steuern an Grundrechten gemessen werden, sollte man stets zwei Fragestellungen unterscheiden: 181
Dazu oben B VI.
11. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines
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115
die verfassungsrechtZiehe nach der Vereinbarkeit mit dem GG hier muß scharf und eindeutig geantwortet werden, selbst wenn ein gewisses "Verfassungsrisiko" nie ganz auszuschließen sein wird; die Lehre und vor allem das BVerfG sollten sich aber, mehr als bisher, bemühen, es in Grenzen zu halten: Verfassung soll ein Garantie-, nicht ein Risikofaktor im Gemeinschaftsleben sein. die verfassungspolitistChe, ob eine derartige Abgabe den Leitlinien des GG deutlich entspricht oder sich von ihnen entfernt, ob hier ein Ausbau der grundsätzlichen Verfassungskonzeption erfolgt, oder aber eine Lösung eingeführt wird, die vielleicht, unter manchen Vorbehalten und Bedingungen, "gerade noch" mit dem GG vereinbar ist. Eine solche "Gerade-noch-Verfassungsmäßigkeit" ist heute noch kein dogmatischer Begriff des Verfassungsrechts; doch dessen Lehre wird auf Dauer nicht umhin können, eine solche oder ähnliche Begrifflichkeit zu entwickeln, sollen die Verfassungsentscheidungen nicht in "kleinen Schritten" aufgelöst werden. Schon heute sollte sie jedoch als ein Kernbegriff der Verfassungspolitik verstanden werden, welche nicht feststellt, was der Gesetzgeber darf, sondern was er soll. Und selbst wenn eine Wertzuwachssteuer (noch) nicht verfassungswidrig wäre, so ist damit noch nicht ausgemacht, daß sie verfassungspolitisch empfehlenswert ist.
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Unter diesen Gesichtspunkten wird im folgenden die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG als Maßstab sowie als verfassungspolitische Leitlinie einer Wertzuwachsbesteuerung untersucht. II. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines 1. Die früher herrschende Lehre: Keine Verletzung des Eigentums durdl Besteuerung
Bis vor etwa 15 Jahren entsprach es ganz herrschender Lehre und Rechtsprechung 297 , daß Abgaben das Eigentum überhaupt nicht berührten, also schon begrifflich niemals enteignend wirken könnten. Träfe diese Auffassung zu, so müßte die Untersuchung hier abbrechen, denn eine Schranke des Eigentums für Wertabschöpfungssteuern könnte es nicht geben. Läßt sich diese These aber nicht mehr halten, so sind der neueren Begründung für die enteignenden Steuerwirkungen zugleich Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, ob und in welchem Umfang gerade eine Wertzuwachssteuer Grenzen am Eigentum findet. 117 Lehre und Rechtsprechung zu dieser Frage sind bis 1966 sorgfältig zusammengestellt in der eingehenden Untersuchung von Friedrich Klein, Eigentumsgarantie und Besteuerung, Steuer und Wirtschaft 1966, Sp. 433; vgl .im übrigen zu der früheren Auffassung: Bär, G. (FN 6), S. 80 ff.; Selmer, P. (FN 269), insbes. S. 300 f.; vgl. auch Papier, H. J., Eigentumsgarantie und Geldentwertung, AöR 98 (1973), S. 528 (532/3) sowie die im folgenden Unterabschnitt 11 weiter Zitierten.
8-
116
D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
Nur darum geht es hier, nicht um Nachvollzug und Kritik der seit Jahren höchst vielschichtigen und verschlungenen Diskussion über das Verhältnis von Eigentum und Steuern im allgemeinen. Die wichtigsten Begründungen für die These, Abgaben könnten das Eigentum nicht verletzen, werden im folgenden kurz dargestellt und kritisiert. Bei allen Unterschieden im einzelnen ist ihnen eines gemeinsam: Die "Eigentumsberührung durch Steuern" wird überhaupt, grundsätzlich geleugnet und auch nicht für Extrem- oder Sonderfälle bejaht. a) Kein Schutz des Vermögens durch Art. 14
GG2~8
"Enteignung ist ein Eingriff in das Eigentumsrecht ohne Eingriff in das Vermögen, die Steuer ist umgekehrt ein Eingriff in das Vermögen ohne Eingriff in das konkrete Eigentumsrecht"2oo. Die Steuergewalt, so heißt es, begründe hier eine persönliche Forderung gegen einen bestimmten, den derzeitigen Eigentümer, die nicht hypothekenhaft, dinglich auf dem Eigentum laste, "aus diesem" bezahlt werden müsse, "jeden Inhaber" ohne Rücksicht auf seine Person belaste. Sie stelle soz. einen eigenständigen Passivposten in der Vermögensbilanz des Eigentümers dar, sie eliminiere nicht einen Aktivposten aus derselben. Damit werde zwar dieses Vermögen insgesamt verringert; doch Art. 14 GG schütze eben nur die Zuordnung bestimmter Eigentumsgegenstände zur Person des Inhabers, nicht dessen Recht auf einen bestimmten Bestand von Werten - sein Vermögen insgesamt. Daran ändere auch die Ausdehnung des Kreises der verfassungsgeschützten Eigentumsrechte seit der Weimarer ZeitSOO nichts, denn stets sei der Grundsatz gewahrt worden, daß nur einzelne Eigentumsgegenstände, nicht "das Vermögen" dem Inhaber garantiert seien. Selbst wenn man Vermögen als Inbegriff301 von solchen einzelnen Eigentumsrechten sehe und es insoweit global dem Schutz von Art. 14 GG unterstelle, ändere sich nichts daran, daß eben nicht der Inbegriff als solcher, sondern nur seine einzelnen Elemente Eigentum darstellten; sie aber würden nicht entzogen. Eine Begrenzung der Steuergewalt durch das Eigentum läßt sich in der Tat, darin ist dieser Auffassung beizutreten, nicht dadurch rechtfertigen, daß das Vermögen zum Schutzgegenstand von Art. 14 GG er288 Die beste Darstellung gibt, mit umfangreichen Nachweisen, SeZmer (FN 269), S. 302 ff.; vgI. insbes. auch Benda, E., Kreuzer, K., Verfassungsrechtliche Grenzen der Besteuerung, DStZ, A, 1973, S. 49 (56); Rüfner, (FN 159/60), S. 881 u. f.; Friauf, K. H. (FN 269), S. 306 f.; ders., Geldentwertung und sm, StbJb 1971172, S. 432 f. m. weit. Nachweisen. !IHI SO wurde die These schon von Layer, M., Principien des Enteignungsrechts, 1902, S. 63 formuliert. 300 Dazu siehe im einzelnen Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 17 f. mit Nachweisen. 301 Dazu im einzelnen die Kontroverse zwischen SeZmer und Friauf (FN 298).
11. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines
117
klärt wird. Dies wäre eine unbefriedigende, weil rein begriffsjuristische Lösung, und es wäre ganz allgemein bedenklich, wollte man der Erhe~ bung von Forderungen schlechthin enteignende Wirkung zusprechen. Die Eigentumsgarantie hat, nach ihrer ganzen Tradition, das bedarf hier keiner Vertiefung, stets sachenrechtliche oder doch sachenrechtsähnliche Berechtigungen schützen sollen, ihre Innehabung, ihren Wert. Doch damit ist auch nicht, umgekehrt, schon erwiesen, daß Steuern das Eigentum begrifflich gar nicht berühren könnten; dies wäre ebenso eine unzulässige übersteigerung der Begriffsjurisprudenz. Wenn eine Abgabe an die Innehabung eines Objekts, an das Eigentum an ihm, anknüpft, wenn also das Eigentum den Steuertatbestand begründet, liegen die Dinge anders. Hier erscheint die Steuerschuld auf der Passivseite ganz allein deshalb, weil auf der Aktivseite Eigentum steht, weil es schon vor dem Entstehen der Steuerschuld dort stand oder spätestens zugleich mit dem Entstehen der Steuerschuld dort auftritt. Entscheidend ist die enge, wesentliche Verbindung zwischen Steuerforderung und Innehabung des Eigentums. Dieser Konnex Eigentum - Steuer widerlegt die These, die Steuerforderung laufe stets am Eigentum vorbei und treffe nur das Vermögen. "Vermögen" als Steuergegenstand ist also in diesem Zusammenhang ein verwirrender Begriff - hinter seinem Schutz konnte die Steuergewalt generationenlang ungestört enteignend wirken. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Konnexverhältnis zwischen der Steuer und der Innehabung gewisser Güter besteht302 , und ob es eng genug ist, um in der Abgabenwirkung grundsätzlich eine Berührung des Eigentums sehen zu können. Für einen solchen engen Konnex, der eine Eigentumsberührung begründet, spricht nun folgende überlegung: Die Steuer ist nichts anderes, als eine Zahlung an den Staat dafür, daß das Eigentum besessen, das Einkommen bezogen werden, kurz: daß das Grundrecht aus Art. 14 GG hinsichtlich bestimmter Gegenstände ausgeübt werden darf. Steuer ist in diesem Sinn ein Wegezoll des Eigentümers, den dieser zu entrichten hat, um zu seinem Eigentum zu kommen, bei ihm bleiben zu 30! Hier liegt allerdings die Unterscheidung zwischen "objektgebundenen" (Vermögensteuer, auch eine künftige Wertzuwachssteuer) und anderen Abgaben, vor allem der Einkommensteuer nahe. Sie wird auch neuerdings bei der Begründung der Eigentumsberührung durch Abgaben eingesetzt (vgl. näher unten 2 b). Gegen sie und für einen Konnex zwischen Abgaben und Eigentum, etwa auch bei der Einkommensteuer, könnte immerhin angeführt werden: Bei deren Normallfall, dem Geldeinkommen, wird in der Regel ein Betrag dem Begünstigten auf einem Konto gutgeschrieben. Er erhält damit eine entsprechende Forderung gegen das Kreditinstitut. Diese aber ist "Eigentum" im Sinne von Art. 14 GG. Mit ihm hängt nun wesentlich die Einkommensteuerschuld zusammen - also kann hier nichts anderes gelten als etwa bei der Grundsteuer, die an das "klassische" Grundeigentum an~ knüpft.
118
D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
dürfen. Und da Eigentum grundrechtlich geschützt ist, stellt die Steuer einen Grundrechtszoll dar. Der Staat könnte ihn nun auch bei anderen Grundrechten erheben: Er könnte für Wohnsitz- oder Aufenthaltsverlegung, für Zeitungsveröffentlichung, für Berufszulassung jeweils eine Abgabe erheben. Geschähe dies in einer nicht unwesentlichen Höhe, so müßte darin eine Berührung, wenn nicht Verletzung, der Art. 11, 5 Abs. I, 12 Abs. I GG gesehen werden. Niemand würde hier auf den Gedanken kommen, die Grundrechtsberührung mit der Begründung generell abzulehnen, die Abgabenschuld belaste ja nur das grundrechtlich nicht geschützte Vermögen, nicht aber den betreffenden Grundrechtsraum. Nimmt man aber den Grundrechtscharakter von Art. 14 GG ernst, so muß dies auch für das Eigentum gelten, auch sein Freiheitsraum wird durch Abgaben grundsätzlich berührt; denn eine Berührung liegt eben stets dann vor, wenn Hindernisse für die Grundrechtsausübung aufgerichtet werden, dies aber ist beim Grundrechtszoll der Abgaben an sich der Fall. Damit ist allerdings noch nichts über die Zulässigkeit solchen Zolles ausgesagt. Dieser Folgerung könnte man nur durch die Behauptung ausweichen, anders als bei anderen Freiheitsrechten sei eben hier der Abgabendruck begrifflich keine Grundrechtsberührung; dann aber würde der Zirkelschluß offenbar man ginge von dem aus, was zu beweisen ist, daß nämlich Steuer und Eigentum sich grundsätzlich nicht treffen. b) Kein verfassungsrechtlicher Schutz des Eigentumswertes?
Neuerdings wird gelegentlich die Auffassung vertreten, der Eigentumswert werde durch Art. 14 GG nicht geschützt303 • Gesichert sei lediglich die Innehabung von Eigentumsgegenständen, ihr Wert allenfalls für den Fall des Entzuges, der Enteignung im engeren Sinn. Eine solche liege aber im Falle der Besteuerung nicht vor, vielmehr mindere diese nur den Wert des Gesamtvermögens, der keineswegs geschützt sei; berührt werde nur ein wirtschaftliches Interesse an dem steuerlich erfaßten Gegenstand. Ferner müsse bei Enteignung nicht der volle, der Verkehrswert, sondern es könne auch lediglich ein niedererer Wert angesetzt werden; daraus folge, daß lIder Wert" als solcher nicht grundsätzlich geschützt sei. Art. 14 GG sichere schließlich keine Zukunftschancen, sondern nur das gegenwärtig zugeordnete Vermögen; auch dies spreche gegen eine Wertgarantie, da sich der Wert ja in der Regel erst für eine Zukunft realisieren lassen, in welcher seine Höhe jedoch sicher sei. 30a So etwa Leibholz, G., Lincke, D., Denkmalschutz und Eigentumsgarantie, DVBl. 1975, S. 933 (935/6); Selmer (FN 269), S. 308/9; Papier, H.-J., Die Beeinträchtigungen der Eigentums- und Berufsfreiheit durch Steuern vom Eigentum und Vermögen, Der Staat 11 (1972), S. 483 (490/1); Dietlein (FN 176), S.260.
11.
Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines
119
Auch diese Begründung überzeugt nicht, wie sich gerade am Falle der Wertzuwachssteuer nachweisen läßt: Art. 14 GG schützt Innehabung und Wert der Eigentumsgegenstände; wollte man dies nicht annehmen, so wäre sie allerdings - kaum etwas wert. Der Staat könnte dann ja die Eigentumsgegenstände durch beliebige Belastungen entwerten, dies wäre stets zulässig, solange kein Recht entzogen würde. Mit anderen Worten: Durch Entwertung könnte der Staat die Eigentumsobjekte "in der Hand des Eigentümers enteignen", bis herunter zu einem nudum jus. Damit wäre die gesamte Dogmatik des enteignenden Eingriffes erledigt. Wie etwa das Beispiel der Entschädigung für übermäßige Geräuscheinwirkung zeigt, geht sie ja davon aus, daß der Eigentumsgegenstand dem Inhaber verbleibt, in seiner Hand aber weniger wert wird. Dies allein zeigt schon, daß grundsätzlich der Eigentumswert garantiert ist, ebenso wie die Innehabung. Davon geht auch das Deichurteil des BVerfG aus S04, dessen Mißverständnis meist zu der hier kritisierten Auffassung geführt hat. Das BVerfG hat dort nicht ausgesprochen, daß eine Wertgarantie nicht bestehe, oder daß diese der Innehabungsgarantie untergeordnet und damit in irgendeiner Weise relativiert sei. Das Urteil hat überhaupt, was meist übersehen wird, den Eigentumsschutz nicht abschwächen, sondern verstärken wollen: Anders als zur Weimarer Zeit gebe es heute nicht nur Wert-, sondern auch Innehabungsschutz; zuerst sei immer zu fragen, ob ein Gut überhaupt entzogen werden dürfe. Nur wenn dies zu bejahen sei, im "Enteignungsfall" also, greife die Wertgarantie ein. Dieser "Enteignungsfall" betrifft aber auch den enteignenden Eingriff, die Belastung, nicht nur die "Entziehung" von Eigentum; andernfalls gäbe es keine enteignenden Eingriffe. Das BVerfG hat also die Wertgarantie bekräftigt, nicht relativiert. Das Gericht hat zwar dem Gesetzgeber das Recht zugesprochen, die Entschädigung nicht nur nach dem Verkehrswert, sondern auch unter Zugrundelegung höherer oder niederer Werte festzulegen. Daraus aber ergibt sich wiederum nicht eine Relativierung S05 , sondern eine Bestätigung des Wertschutzes: Es geht ja nicht um diesen Grundsatz, sondern um die Berechnung des Wertes, seiner Höhe, der Gesetzgeber ist hier nicht auf eine Methode, auf die Zugrundelegung des Marktwertes, festgelegt. Und im übrigen bedarf es stets einer besonderen gesetzgeberischen Entscheidung, welche der Junctim-Klausel (Art. 14 Abs. UI GG) genügen muß - wenn der Gesetzgeber die Wertbestimmung nicht besonders regelt, ist vom Verkehrswert auszugehen. Bei Steuergesetzen fehlt eine solche Wertbestimmung mit Blick auf eine etwaige Entschädigung - also ist hier der Verkehrswert zugrunde zu legen. 80' 305
BVerfGE 24, S. 367 (397 f.). Wie dies offenbar Dietlein
(FN
303), annehmen will.
120
D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
Der Wert eines Gegenstandes ist nicht nur ein "wirtschaftliches Interesse" des Eigentümers306, er ist Bestandteil, Inhalt seines Eigentumsrechts - was wäre dieses wert, wenn es "nichts wert wäre" ... Es bräuchte dann übrigens für die wertmindernde Beschädigung eines Ge~ genstandes nie Ersatz geleistet zu werden, weil ja "keine Rechtsverlet~ zung" vorläge. Der Wert eines Eigentumsgegenstandes ist schließlich keine "Zukunftschance", er besteht hic et nunc, wie schwierig auch seine Feststellung sein mag; von ihrer grundsätzlichen Möglichkeit geht die Rechtsordnung allenthalben aus - bei der Schätzung durch Sachverständige oder bei der freien Beurteilung durch den Richter. Gerade im Falle einer Wertzuwachsbesteuerung zeigt sich dies deutlich: Entzogen werden soll ja gegenwärtiger Mehr-Wert. Der Staat kann aber nicht zugleich diesen Wertzuwachs schätzen und besteuernund von ihm behaupten, er genieße als Zukunftserwartung keinen Eigentumsschutz. Im übrigen ist die Behauptung der Schutzlosigkeit des Eigentumswertes nur eine Variante der bereits widerlegten Theorie von der angeblichen Schutzlosigkeit des Vermögens: Durch die Besteuerung werde kein Aktivposten entzogen, sondern nur der Gesamtwert durch Verstärkung der Passivseite gemindert. Daß dies aber zur Annahme enteignender Wirkungen grundsätzlich ausreicht, soweit Konnexität vorliegt, wurde bereits (oben a) dargetan. e) Besteuerung -
als "Geldenteignung" keine Enteignung 307 ?
Die Abgaben entzögen, so heißt es, Geld. Geldenteignung aber sei begrifflich ausgeschlossen, weil sie ja dazu führen würde, daß das entzogene Geld - wieder zurückgewährt werden müsse. Ein solches Hinund Herschieben von Geld aber habe Art. 14 Abs. III GG nicht im Auge, der vielmehr einen "Zwangskauf" regle; werde die Besteuerung an der Eigentumsgarantie gemessen und verletze sie dieselbe durch enteignende Wirkung, so müßte ein Teil der so entzogenen Summe dem Eigentümer wieder zurückerstattet werden. Da die Enteignung als solche rechtmäßig sei, wäre es auch die Besteuerung als solche; der Teil, der dem Eigentümer zurückzugewähren sei, wenn sie enteignend wirkte, könne aber nicht als Gegenleistung der Gemeinschaft für die rechtmäßige - Auferlegung der Geldleistungspflicht angesehen werden; diese Summe hätte vielmehr von vorneherein nicht entzogen werVgl. Setmer (FN 269), S. 303. Dazu Setmer (FN 269), S. 303/4 m. Nachw.; Forsthoff, E., Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Investitionshilfe, BB 1953, S. 421 (422); Friauf (FN 143), S. 44; weitere Nachw. bei Rüfner (FN 159/60), S. 881; vgl. auch bereits Schumacher, H., Der Begriff der Enteignung, NJW 1951, S. 53 808
307
(56).
11. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines
121
den dürfen; darin zeige sich, daß Art. 14 Abs. III GG auf Abgaben an sich, begrifflich, nicht anwendbar sei, weil diese vielleicht das Eigentum berührten, nicht aber "enteigneten"308. Auch diese Beweisführung kann nicht überzeugen. Geldenteignung an sich kann es geben, bestimmte Geldsummen können, wie alle anderen Eigentumsgegenstände, Gegenstand der Enteignung sein309 . Ferner trifft es nicht zu, daß die Auferlegung von Geldleistungsverpflichtungen an sich schon das Eigentum gar nicht treffen könne - dies ist eben der Fall, soweit ein Konnexverhältnis zu gewissen Eigentumsrechten besteht (vgl. oben a). Insoweit ist die "Geldenteignungstheorie" nur eine Variante der widerlegten Vermögenstheorie. Darüber hinaus scheitert die Annahme enteignender Wirkungen von Abgaben auch nicht schon begrifflich dar an, daß es damit zu einem sinnlosen Hin- und Herschieben von Geld kommen würde 310 : Da der Enteignete mit seinem Entschädigungsanspruch soz. aufrechnen könnte, dürfte im Falle enteignender Besteuerung vom Staate nichts oder eben nur entsprechend weniger entzogen werden311 • Dies ist keine begriffliche Unmöglichkeit, sondern das Wesen jeder Aufrechnung. Schließlich ist nicht einzusehen, weshalb die Rückerstattung eines Teiles des Steuerbetrages - bzw. eine (teilweise) Nichterhebung infolge der erwähnten Aufrechnungslage - eine dogmatisch-konstruktive Unmöglichkeit darstellen· sollte. Die Besteuerung ist grundsätzlich zulässig, rechtmäßig, sei es, daß sie als Sozialbindung (entschädigungslos) wirkt, oder Entschädigungsfolgen auslöst, wenn sie die Enteignungsschwelle überschreitet. Im ersteren Fall kann sie voll durchgeführt werden, bei enteignender Wirkung insoweit nicht, als ihr ein Entschädigungsanspruch des Eigentümers entgegensteht. Praktisch wirkt sich dies so aus, daß über die Enteignungsschwelle hinweg nicht besteuert werden darf - aber nicht wegen Unzulässigkeit der Besteuerung, sondern wegen der Rückgewähransprüche des entschädigungsberechtigten Eigentümers. Diese Besonderheit der "Entschädigung über Aufrechnung" ist nichts Ungewöhnliches, sie entspricht allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts, wenn sich eben Forderungen gegenüberstehen. Sie ist bisher nur nicht klar erkannt worden, weil diese vermögensrechtlichen Grundsätze im Entschädigungsrecht vernachlässigt worden sind. 108 So Friauf (FN 143), S. 44, gegen Leisner, W., Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 78/9. 100 Darüber besteht jetzt auch Einigkeit, vgl. Selmer und Friauf (FN 143), S. 44. 310 Klein (FN 240), Sp. 471. 811 Angenommen, die Besteuerung liege in gewissem Umfang im Bereich der Sozialbindung, in Spitzen wirke sie enteignend, so dürften nur insoweit die Abgaben nicht erhoben werden.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
Wollte man dem nicht folgen, so käme man notwendig wieder zur unhaltbaren These zurück, daß Geldenteignung überhaupt nicht möglich sei, denn auch bei der Enteignung bestimmter Summen stellen sich dieselben dogmatischen Konstruktionsprobleme; sie sind in der dargelegten Weise zu lösen. Daß dies möglich sein muß, wird ja auch31! anerkannt. Dann aber läßt sich gegen die Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. III GG auf Abgaben grundsätzlich nichts einwenden. d) Keine Enteignung durch Abgaben wegen
der fiskalischen Wirkungen derselben?
Die Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. Irr GG auf Abgaben wird mit der Begründung abgelehnt313 , "Enteignung" setze stets eine Zielsetzung voraus, welche über den reinen Transfer von Vermögenswerten vom Bürger zum Staat hinausgehe, sie dürfe daher nie fiskalisch motiviert sein. Gerade dies aber sei für die Steuern begriffswesentlich; daher könnten hier die Regeln über Enteignung nicht zum Zuge kommen. Damit soll allerdings314 nicht etwa geleugnet werden, daß eine Eigentumsberührung stattfinde, es wird lediglich behauptet, diese könne nur nicht als "Enteignung" qualifiziert werden. Es wäre ja abwegig, wollte man die Eigentumsberührung lediglich deshalb verneinen, weil begrifflich unzulässige Enteignung i. S. von Art. 14 Abs. III GG nicht vorliegen könne. Das Grundrecht des Eigentums wird ja nicht nur durch eine (zulässige) Enteignung, sondern erst recht durch eine unzulässige Maßnahme berührt, ja verletzt, welche, ohne Entschädigung vorzusehen, die Enteignungsschwelle überschreitet. Doch die Steuern können, folgt man dieser Auffassung, durchaus auch eine Enteignung i. S. von Art. 14 GG darstellen - dann nämlich, wenn sie nicht ausschließlich oder deutlich fiskalisch motiviert, auf Einnahmeerzielung gerichtet sind. Dies aber ist nicht nur bei einer etwaigen Vermögenszuwachsabgabe der Fall, welche z. B. bodenordnend wirken soll, sondern bei zahlreichen wirtschaftslenkenden Abgaben, bei denen fiskalische und interventionistische Zwecke im Gemenge liegen. Dies wird heute für zulässig gehalten 316 , Steuern dürfen (zugleich) interventionistische Zwecke verfolgen318• Für alle diese Zwecke wäre dann, auch nach dieser Theorie, eine Eigentumsberührung zu bejahen, 311 So etwa von Selmer und Friauf, wenn sie Geldenteignung als solche für möglich halten. 813 Klein (FN 240), Sp. 468 f. S14 Wie zum Teil übrigens auch bei der vorstehend unter c behandelten Auffassung. 116 Vgl. für viele BVerfG HFR 1965, S. 396. 311 Dazu Klein, F., Art. 14 des Bonner GG als Schranke steuergesetzlicher Intervention?, in: Neumark-Festschrift, 1970, S. 229 (234 f.); Friauf, K. H. (FN 143), S. 42 f. m. Nachw.; Papier (FN 303), S. 500 f.
11. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines
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nicht dagegen bei denjenigen Abgaben, welche keinerlei wirtschaftslenkenden Zwecke, sondern nur den der Einnahmeerzielung verfolgten 317• Es sei allerdings darauf hingewiesen, daß eine solche Abgrenzung nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereitet318 ; dennoch läßt sich gerade mit ihrer Hilfe eine Einkommensteuer vor der Eigentumsgarantie rechtfertigen, welche in Spitzensätzen über die Hälfte entzieht und daher, der Schwere nach, kaum mehr als eine Form der Sozialbindung erklärt werden kann. Für die Wertzuwachsbesteuerung aber dürfte wohl in keinem Fall anzunehmen sein, daß sie allein der Einkommenserzielung diene, wie etwa die Mehrwert- und weitgehend die Lohnsteuer. Dort sind entweder gezielte Interventionsabsichten gegeben, wie etwa bei bodenordnender Zielsetzung, oder es wird doch ein redistributives Ziel der Vermögensstreuung, der Verhinderung "unverdienten Gewinnes", jedenfalls also eine Absicht der Sozialgestaltung verfolgt. Dann aber ist auch jenes "besondere Interesse der Allgemeinheit" gegeben, welches Merkmal der Enteignung nach Art. 14 Abs. TII GG ist. Dies ist auch ein notwendiges Gegengewicht gegen den staatlichen Machtzuwachs, der in "Sozialgestaltung durch Steuern" liegt: Wenn der Staat sie schon betreibt, muß er sich auch an Art. 14 GG messen lassen. Ergebnis: Im Falle einer Wertzuwachsbesteuerung steht die (zugleich) fiskalische Zielsetzung der Abgabe der Möglichkeit einer Enteignung durch Steuern nicht entgegen; diese Steuer ist daher stets an Art. 14 GG zu messen. e) Abgaben als Maßnahme der an die Eigentumsgarantie nicht gebundenen Finanzgewalt
Der allgemeinste Versuch, die Besteuerung generell von den Fesseln des Art. 14 GG zu lösen, ist die These von der "Eigentumsfreiheit der Steuergewalt" : "Der Rechtsstaat als Steuerstaat beruht auf einer spezifischen, in der rechtsstaatlichen Verfassung enthaltenen Voraussetzung: der scharfen Abgrenzung der Steuerhoheit von dem in den Grundrechten gewährleisteten Schutz des Eigentums3111." 317 VgI. etwa Roth (FN 240), S. 83; Klein, F., Die verfassungsrechtlichen Grenzen von Steuerreformen, Sonderausgabe des Organs des Bundesverbandes der Helfer in Steuersachen e. V., "Die Steuerberatung", 1961, S. 12/13; ders. (FN 240), S. 481/2; Friauf (FN 143), S. 43. 818 Darauf weisen u. a. hin Klein (FN 316), S. 238; Meessen, K. M., Vermögensbildung und Eigentumsgarantie, DÖV 1973, S. 812 (816). 81. Forsthoff, E., Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaats, VVdStL 12 (1954), S. 8 (32); ähnlich Hettlage, K. M., Die Finanzverfassung im Rahmen der Staatsverfassung, VVdStL 14 (1956), S. 2 (4/5); Huber, E. R., Wirtschaftsverwaltungsrecht 11, 2. Aufl., 1954, S. 21/22; vgI. auch Rüfner (FN 159/60), S. 881; Kaiser, J. H., Mark ist nicht mehr gleich Mark, Festschrift für E. R. Huber, 1973, S. 237 (241).
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
Dieser Auffassung 320 wird jedoch überwiegend widersprochen321 - zu Recht -, in dieser allgemeinen Form ist sie nicht begründbar und sie würde eine unerträgliche Relativierung der Grundrechte bedeuten. Das Grundgesetz stellt die Grundrechte nicht unter einen allgemeinen Vorbehalt der Abgaben; daß dies für Art. 14 GG geschehen sei, ist gerade nicht nachweisbar; ein allgemeiner Vorbehalt zugunsten der Steuergewalt wäre hier zunächst nichts anderes als ein Zirkelschluß. Die Verfassung bringt eine Kompetenzverteilung der Abgabenerhebung und geht damit von deren grundsätzlicher Zulässigkeit aus. Damit ist aber nicht das Recht verbunden, Grundrechte beliebig zurückzudrängen, denn aus Kompetenznormen lassen sich keine Einschränkungsbefugnisse für Grundfreiheiten ableiten. Derartiges könnte allenfalls aus einem Staatsformbegriff des "Steuerstaates" abgeleitet werden, dem dann zugleich die materielle Wirkung eines allgemeinen Gesetzesvorbehalts für alle Grundrechte zukäme. Nun ist "Steuerstaat" sicher ein wichtiger staatsformbeschreibender, wenn nicht staatsformprägender Begriff322 • Er leistet jedenfalls eine gewisse Systematisierungshilfe für die Ordnung und Perfektionierung des Steuerkompetenzsystems. Ob ihm darüber hinaus materielle grundrechtsbeschränkende Wirkung zukommen kann, ist jedoch sehr zweifelhaft. Wäre dies der Fall, so ließe sich kaum begründen, warum nur das Eigentum einem staatlichen Zugriff so weit geöffnet wäre, der mit derart allgemeiner Legitimation erfolgte, nicht aber andere Grundrechte, etwa die Presse-, die Glaubens- oder die Demonstrationsfreiheit; daß aber spezielle Presse-, Religions- oder Versammlungsabgaben nicht erhoben, daß diese Bereiche nicht "steuerlich geordnet" werden dürfen, bedarf keiner Begründung. Dann aber läßt sich nicht darlegen, weshalb gerade der Freiheitsraum des Eigentums durch Abgaben, etwa redistributiv, geordnet werden dürfte. überdies würde so ein gefährlicher, unabsehbarer Weg beschritten. Die Verbindung irgendeines Begriffes, der staatliche Eingriffe bezeichnet oder zuläßt, mit dem Zusatz ,,-staat", gibt eben an sich keine globale Eingriffsbefugnis in Grundrechte. Für den Sozialstaat entspricht dies h. L.323. Wollte man es für den Steuerstaat zulassen, so könnte es 320 Die soz. die eigentumsrechtliche Version der finanzwissenschaftlichen Theorie von der in der Staatsexistenz begründeten Abgabenhoheit darstellt. 321 Vgl. etwa Weber, W., VVdStL 14 (1956), S. 81 f.; Lerche, P., Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, S. 179; Friauf, K. H., StbJb 1971/2, S. 425 (434); ders. (FN 269), S. 309 f. 812 Dazu neuerdings Isensee, J., Steuerstaat als Staatsform, Ipsen-Festschrift, 1977, S. 409 ff. 828 Vgl. etwa Bettermann, K. A., Grenzen der Grundrechte, 1968, S. 18; Stern, K., Burmeister, J., Die kommunalen Sparkassen, verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme, 1972, S. 132.
11. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung - Allgemeines
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morgen auch für den Kulturstaat, einen Verteidigungsstaat in Anspruch genommen werden - am Ende für den Polizeistaat. Zumindest das Eigentum, vielleicht alle Grundrechte, stünden dann praktisch allen staatlichen Zugriffen schutzlos offen. Schon deshalb ist bei einer Ableitung von Grundrechtsbeschränkungsbefugnissen aus der "Steuerstaatlichkeit" größte Vorsicht geboten. Hinzu kommen entscheidende rechtsstaatliche Bedenken: Die Eingriffsermächtigung in die Grundrechte wäre ganz allgemein, unbegrenzt, für den Bürger in ihren Auswirkungen überhaupt nicht absehbar. Der Vorbehalt des Gesetzes, der doch stets für alle Eingriffe in Freiheit und Eigentum gelten sollten, würde dadurch unterlaufen und im Ergebnis wertlos. Allenfalls könnte aus der Steuerstaatlichkeit eines abgeleitet werden: daß der Staat ohne Rücksicht auf Eigentumsrechte der Bürger das Recht hat, seinen Finanzbedarf zu decken, aus fiskalischen Gründen zuzugreifen, nicht aber sozialordnend. Man könnte versuchen, dies aus dem klassischen Begriff der Steuer zu entnehmen. Dem steht aber der Einwand entgegen (vgl. oben d), daß sozialgestaltende und fiskalische Zwecksetzung heute nahezu bei allen Steuern in kaum auflöslichem Gemenge auftreten, daß dies geradezu dem Wesen der modemen Steuer entspricht, die eben zugleich fiskalisch und sozialordnend konzipiert ist. Dann aber versagt auch bei den in derartiger neuer Zielrichtung eingesetzten klassischen Abgaben, wie etwa der Mehrwertoder der Lohn/Einkommensteuer, der Hinweis auf eine Eigentumsfreiheit der Steuergewalt. Mit Sicherheit greift er gegenüber einer Wertzuwachsbesteuerung nicht durch, die ja in jedem Falle wesentlich sozialgestaltend, bodenordnend oder allgemein redistributiv, angelegt ist.
Ergebnis: Die früher h. L. von der eigentumsfreien Besteuerungsgewalt läßt sich heute mit keiner Begründung mehr aufrechterhalten; dies gilt insbesondere für eine etwaige Wertzuwachssteuer. Derartige Abgaben sind jedenfalls am Grundrecht des Eigentums zu messen. 2. Die b. L. vom Eigentum als Grenze der Besteuerung ihre Begründung und das Problem der Wertzuwachsbesteuerung
a) Die herrschende Lehre Weit überwiegend wird heute angenommen, daß Steuern das Eigentum berühren und auch verletzen können, daß also Art. 14 GG Maßstab der Besteuerung ist324 • Diese Auffassung wird auch von denen vertreten, 3U Dazu für viele Bär (FN 6), S. 80; Pautick, H., Die verfassungsrechtlichen Bindungen des Gesetzgebers beim Erlaß von Steuergesetzen, ZgesStW 109 (1953), S. 483 (492); ders., GG und Besteuerung, StbJb 1957/58, S. 85 (94);
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
welche Steuern als eine Form der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auffassen325 oder sog. "konfiskatorische Steuern" ablehnen326• Dieser Begriff ist allerdings nicht voll geklärtS27 ; er wird teilweise auch in dem Sinn gebraucht, daß derartige Steuern bereits ihrem Wesen nach unzulässig seien, also nicht wegen Verstoßes gegen das Eigentum, sondern gegen den Steuerbegriff828• Diese Auffassungen werden unterschiedlich begründet. Die Argumente zeigen jedoch immer wieder, daß das Eigentumsgrundrecht in besonderer Weise einer Wertzuwachsbesteuerung Schranken zieht, ja daß eine solche mit der Eigentumsgarantie grundsätzlich nicht vereinbar wäre. Unter diesem Gesichtspunkt sind sie im folgenden näher zu erörtern. b) "Eigentumsschutz des Vermögens" So wie die früher h. L. das Eigentum als Maßstab der Besteuerung ausschloß, weil das "Vermögen" durch dieses Grundrecht nicht geschützt werde3211, bejaht die neuere Auffassung umgekehrt Eigentum als Steuerschranke, weil auch das Vermögen unter grundrechtlicher Sicherung stehe830• Gegen diese These sind oben gewisse Bedenken erhoben worden. Einerseits erscheint sie gar nicht erforderlich, um das Eigentum als Grenze der Besteuerung zu erweisen - wenn Steuerforderungen in deutlichem Konnexbezug zur grundrechtlichen Eigentumsausübung stehen, dann "berühren" sie eben das Eigentum, weil sie dessen Innehabung belasten, erschweren. Zum anderen sollte das Eigentumsgrundrecht in der Tat stets die Zuordnung von bestimmten Eigentumsobjekten zu bestimmten Personen, nicht allgemein Vermögenslagen sichern. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß sich mit der Zeit ein neues Eigentumsverständnis entwickeln könnte, welches auch das Vermögen Schumacher (FN 307); Rüfner (FN 159/60), S. 882; Papier (FN 303), S. 489 f. m. Nachw.; Sendler (FN 269), S. 22; Kruse (FN 269), S. 48. 325 So etwa Kirchhof (FN 269), S. 24; Rüfner (FN 159/60), S. 881 i. Anm.; Friauf (FN 269), S. 318/9; Sendler (FN 269), S. 22; Kruse (FN 269), S. 48; dazu auch weitere Nachw. bei Selmer (FN 269), S. 309 i. Anm. 811 Etwa Scheuner, U., Grundlagen und Art der Enteignungsentschädigung, in: Reinhardt / Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 63 (121); Kaiser, J. H., in: Staat und Privateigentum, 1960, S. 21; Hettlage, K. M., VVdStL 14 (1956), S. 81 f.; Klein (FN 240), Sp. 486; siehe auch Rüfner (FN
159/60), S. 882. 827 Darauf weisen hin etwa Meessen (FN 318), S. 815; Kaiser, (FN 326). 828 In diesem Sinne etwa Klein (FN 240), Sp. 471. Siehe oben. 1 a . • 88 Klein (FN 6), S. 435; Meessen (FN 318), S. 315; Kirchhof (FN 269), s. 22/ 23; Benda / Kreuzer (FN 298), S. 45; Martens, W., Grundrechte im Leistungsstaat, VVdStL 30, 1972, S. 7 (15/16); Sendler (FN 269), S. 22, sowie die oben unter 1 a Genannten, insbes. Friauf; dagegen vor allem Selmer (FN 269), S.305/6.
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als ganzes einbezieht. Dies wäre insoweit gerechtfertigt, als ja auch der Steuerbegrüf erweitert worden ist - von der rein fiskalischen zu einer zugleich sozialgestaltenden Zielsetzung. Im übrigen wäre dies nicht die erste grundlegende Erweiterung des Eigentums im verfassungsrechtlichen Sinn, eines Begriffes, der eben von seiner Tradition her eine gewisse Erweiterungsoffenheit aufweist. Geht man nun von einem derartigen Schutz des Vermögens durch die so erweiterte Eigentumsgarantie aus, so muß der Wertzuwachs dadurch in besondere?' Weise gegen den Zugriff der Steuergewalt abgesichert werden. Er liegt ja nicht in den Randzonen einer Vermögensgesamtlage, die sich mehr oder weniger rasch verändert, er tritt im Zentralbereich des traditionell geschützten Eigentums auf, als Wertentwicklung dieser Gegenstände; und hier liegt auch eine gewisse Konstanz des dem Eigentümer zugeordneten Gegenstandes vor, der ja nur für einen solchen Fall relativer Beständigkeit zur Steuerquelle wird. Wenn man also gegen den Eigentumsschutz des Vermögens gegen Besteuerung den naheliegenden Einwand erheben mag, es könne doch nicht jede mehr oder weniger prekäre, laufende, an sich schon in der Veränderung stehende Vermögenslage gegen jeden Steuerzugriff, etwa auch die Einkommensteuer, grundsätzlich abgesichert sein, so steht dies einem Eigentumsschutz gegen Wertzuwachsbesteuerung nicht entgegen, weil diese ja weit stärker verfestigte, im einzelnen und auf Dauer zuzuordnende Positionen erfaßt. Vielmehr ist ein anderer Schluß erlaubt: Wenn sogar das Vermögen als solches gegen die Besteuerungsgewalt grundsätzlich gesichert ist, so gilt dies erst recht für Wertzuwächse einzelner vermögensrechtlicher Positionen, hier muß sich der Schutz wesentlich verstärken. Und Unterscheidungen nach dem "Verdientheitsgrad" bei einzelnen Objekten sind bei einem Globalschutz des Vermögens, wie ihn die heute überwiegende Auffassung fordert, überhaupt nicht vorstellbar. Die neuere Entwicklung der Diskussion Eigentum - Steuern spricht insoweit also für einen intensiven Eigentumsschutz des Wertzuwachses. c) Schutz des nEigentums als Institution"
gegen Besteuerung von Wertzuwachs
Der Ausgangspunkt der heute h. L. vom Eigentumsschutz gegen Besteuerung war dessen Begründung aus der Institutsgarantie des Art. 14 Abs. I GG331. Gerade weil man das "Vermögen" noch nicht als Schutzgegenstand anerkannt hatte, erschien dies als die einzige Mögaal Vgl. z. B. Klein (FN 240), Sp. 458 f., 483; Roth (FN 240), S. 89; Schumacher (FN 307); Huber, E. R., Wirtschaftsverwaltungsrecht I, 1953, S. 647; Rüfner (FN 159/60), S. 882/3; Papier (FN 303), S. 502/3; weit. Literatur bei Friauf (FN 269), S. 314 mit krit. Stellungnahme.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
lichkeit, eine Eigentumsgrenze der Besteuerung aufzurichten, welche dem staatlichen Finanzbedürfnis in hinreichender Flexibilität Rechnung trug. So sollte die Besteuerung insbesondere nicht zu einer grundlegenden Güterumverteilung führen dürfenss2• Angesichts der Redistributionseffekte moderner Besteuerung mag man an der Wirksamkeit solcher Schrankenziehung zweifeln, wie sich ja Institutionsgarantien kaum jemals als praktikables Grenzeninstrumentarium gegenüber staatlichen Eingriffen erwiesen haben. Es müßte ja der Nachweis erbracht werden, das steuerbelastete Eigentum sei eben "nicht mehr das Eigentum", welches Art. 14 GG habe schützen wollen, es verdiene dessen Namen nicht mehr s33• Wann ein solcher Umschlag eintritt, läßt sich nur schwer fixieren, wenn eine traditionelle Steuerbelastung schrittweise verschärft wird, etwa im Falle der Einkommensteuer - obwohl eben für solche Fälle die Institutsgarantie Schutz gewähren sollte. Einer Wertzuwachssteuer sollte allerdings sogar aus der Institutsgarantie heraus entgegenzutreten sein. Hier wird eine qualitativ völlig neuartige und es wird eine nicht nur gezielt auf Vermögen, sondern auf Eigentumsgegenstände bezogene Belastung eingeführt. Vor allem aber würde auf diese Weise eine beträchtliche qualitative Veränderung im Eigentum mit schwer absehbaren Folgen für alle Eigentumsobjekte eintreten: Daß dem Eigentümer der jeweilige Wert des Objekts zustehe, gehört tratidionell zum Kern der Eigentumsbegrifflichkeit. Wird dieses Eigentumsrisiko in einer Richtung - als Gewinnchance - entzogen oder geschmälert, so kommt es zu einer tiefgreifenden Wandlung der Institution: Dem Eigentum wird seine Entwicklungsfähigkeit, seine Potentialität genommen. Dieses blockierte, dieses "Wertstop-Eigentum" "gehört" dem Bürger ganz eigentlich nur im Augenblick des Erwerbes, sein Zuwachs gebührt von da an dem Staat. Wenn der Wertzuwachs weggesteuert werden kann, wird vor allem das Verfügungsrecht weithin zum nudum jus, denn es dient ja der Realisierung des Wertzuwachses. In einer Staats- und Gesellschaftsordnung des Marktes, des Kaufens und Verkaufens, trifft dieser Entzug von SpekulationschancenS34 das Eigentum im Zentrum seiner Institution. Dies gilt grundsätzlich für alle Güter, am meisten aber für solche, welche herkömmlich nicht so sehr ihres Ertrages, als der (erhofften) Wertsteigerung wegen erworben und gehalten werden - von Grund und Boden bis zu "reinen Anlagewerten" wie Gold oder Steinen. Bei derartigen, durchaus abgrenzbaren, Kategorien von Eigentumsobjekten 332 So etwa Flume, W., Steuerwesen und Rechtsordnung, 1952, S. 59 (61/2); Rüfner (FN 159), S. 887 m. Nachw.; Kruse (FN 269), S. 49. 338 BVerfGE 24, 367 (389). 384 Vgl. dazu bereits oben eil.
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ginge durch eine Besteuerung des Wertzuwachses, oder gar durch dessen Abschöpfung, geradezu der Sinn des Eigentums weitgehend verloren. Diese Wandlung eines entwicldungsoffenen zu einem wertmäßigen "Stichtagseigentum" wäre, wenn er allgemein oder für größere Kategorien vollzogen würde, so schwerwiegend, daß dies vielleicht einer der wenigen Fälle sein könnte, in denen eine Besteuerung selbst an einer so weichen Grenze wie der Institutsgarantie des Eigentums scheitern müßte. d) Eigentumsgrenzen für Steuern als "Umgehung der Enteignung"
Die eigentliche, zentrale Begründung der heute h. L. von der Eigentumsgebundenheit der Besteuerung liegt aber in der indirekten Expropriationswirkung der Besteuerung, welche sich als eine Enteignung auf Umwegen darstellt - wenn man sie nicht als Enteignung erkennt und ihr Grenzen aus Art. 14 GG zieht. Schon seit langem ist bewußt, daß "der Steuereingriff der schwerste vermögensrechtliche Eingriff des Staates ist, bedeutend schwererwiegend als der Eingriff der Enteignung und andere Beeinträchtigungen der verfassungsrechtlich so stark geschützten Eigentumssphäre"385. So ist auch das Wort von der Besteuerung als der offenen Flanke des Eigentums zu verstehen. Es trifft in doppeltem Sinne zu: - Die Steuer entzieht Geldmittel, nicht einzelne Eigentumsgegenstände. In einer Marktwirtschaft wird jedoch von der grundsätzlichen Beschaffbarkeit von vergleichbaren Gütern mit Geldmitteln ausgegangen. Dann aber kann auch kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Entzug von Geld durch Abgaben und der Wegnahme von bestimmten Gegenständen angenommen werden: Die Austauschbarkeit des Entzogenen über den Markt begründet die prinzipielle Gleichwertigkeit, wenn auch nicht Gleichartigkeit, von Besteuerung und "klassischer" Enteignung. Die Verfassung selbst geht übrigens von solcher Gleichwertigkeit aus, wenn sie Entschädigung in Geld gewährt und dies damit begründet wird, daß sich der Enteignete Gegenstände gleicher Art, gleichen Wertes so wieder soll beschaffen können. Wenn Geld ein geeignetes Mittel der Restitution, der "Wiederherstellung des früheren Zustandes" ist - und dies ist ein Grundprinzip des Vermögensrechts - dann kann auch sein Entzug nicht völlig anders gewertet werden als die Wegnahme von Gegenständen, welche durch Geld wiederbeschafft werden können. Steuergewalt ist also nichts als die marktkonforme Erscheinung der EnteignungsgewaZt. - Die Besteuerung führt häufig zur Eigentumsaufgabe, sie erzeugt durch Vermögensbelastung einen Abgabedruck, dem sich der Be33G
Wacke, G., Staatsrechtliche Prüfung der Zusatzsteuer, 1957, S.48.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum troffene in vielen, typisierbaren Fällen gar nicht entziehen kann336 • Offenbar wird dies dann, wenn ein bestimmter Vermögensgegenstand, etwa ein Grundstück, zwangsversteigert werden muß, damit Steuerschulden, welche aus seiner Innehabung erwuchsen, bezahlt werden können. In einem solchen Fall wird deutlich, daß Steuer eben potentiell auch Wegnahme von Vermögensgegenständen bedeutet, wobei es für den Eigentümer keinen Unterschied macht, ob der Staat dann sein Gut übernimmt oder sich dessen Wert zuführt. Für ihn bringt die Steuer in vielen Fällen eine allenfalls "abwendbare" Eigentumsbelastung seiner Güter. Da sich übrigens der Staat aus irgendeinem seiner Güter notwendig und zwangsweise befriedigen wird, wenn der Eigentümer nicht freiwillig zahlt337 , so stellt sich die Besteuerung eigentlich dogmatisch als nichts anderes dar, denn als eine Enteignung mit Wahlmöglichkeit der Enteignungsgewalt hinsichtlich des Gegenstandes. Dabei steht der Schuldner einerseits zwar besser als bei der von vorneherein gezielten Enteignung, kann er doch Einfluß auf diese Wahl nehmen. Zum anderen steht er aber insoweit schlechter, als er den auszuwählenden Zugriff der Enteignungsgewalt nicht in allen Fällen vorhersehen kann.
Aus all diesen Gründen geht die h. L. mit Recht von der Gleichwertigkeit von Besteuerung und Enteignung aus und setzt daher der Abgabengewalt die gleichen Schranken aus dem Eigentum wie der Enteignungsgewalt. Dies rechtfertigt sich nicht zuletzt aus einer gesamtstaatlich-politischen Sicht: Die früher so wichtige und viel diskutierte Enteignungsgewalt tritt in der praktischen Politik immer weiter zurück, eben weil der Weg der Besteuerung zum gleichen Ziel führt, aber, gerade in einer Demokratie338, weit leichter gangbar ist. Da aber in Wirklichkeit der Güterentzug durch den Staat nach Gesamtumfang und Einzelintensität laufend zunimmt, gibt es überhaupt nur die eine Möglichkeit des Eigentumsschutzes gegen Steuern; wird er nicht eingesetzt, so ist das Eigentumsgrundrecht bald nurmehr Papier, und ähnliches könnte dann auch für andere Grundrechte gelten. Man müßte dabei aus solchen übergeordneten Gesichtspunkten der normativen Verfassungswirksamkeit selbst über dogmatische Konstruktionsschwierigkeiten im einzelnen hinweggehen und den Eigentumsschutz gegen Steuern allein aus der unbestreitbaren Gleichwertigkeit der Belastung in den beiden Dazu näher unten V. Darin kann aber auch kein Unterschied zur Enteignung gesehen werden, denn der Eigentümer könnte ja auch seinen Gegenstand freiwillig zur Verfügung stellen; zur unrealistischen Vorstellung von der "Steuer als Geben" vgl. kritisch Friauf (FN 269), S. 311/12. 338 Dazu noch näher unten e. 338
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Ir. Art. 14 GG als Schranke der Besteuerung -
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Fällen ableiten. Übrigens kann und muß, wie bereits dargelegt, der Mutation der Steuer von der Geldbeschaffung zur Sozialgestaltung die Mutation des Eigentums vom Schutz gegen Enteignung zur Sicherung gegen die Steuergewalt entsprechen. Diese gegenseitige Ersetzbarkeit von Besteuerung und Enteignung wird bei Wertzuwachsabschöpfung besonders deutlich: Hier soll ja ein Teil des Eigentumswertes, damit aber des konkreten Eigentums, genommen werden, und zwar so gezielt, wie dies über Abgaben überhaupt nicht möglich ist. Es findet eine Art von umgekehrten Zwangskauf statt: Der Eigentümer muß den Weiterbesitz dem Steuerstaat abkaufen. Die Steuer ist nichts als eine Art von Hypothek auf den Gütern ohne Eintragung ins Grundbuch und sie soll ja, gerade bei Grund und Boden, sogar zur Abgabe an den Staat (die Kommunen) führen. Ob man dies über Besteuerung oder als eine Globalenteignung mit Rückkaufsrecht konstruiert, bleibt sich wirtschaftlich gleich. Gerade die wirtschaftliche Betrachtungsweise, welche ja das Steuerrecht beherrscht33D, muß sich aber auch die Steuergewalt entgegenhalten lassen. Sie darf beim Bürger zugreifen, ohne Rücksicht auf dessen rechtsdogmatische Konstruktionen, mit Blick allein auf das ökonomische Ergebnis. Dann aber darf sie sich auch selbst nicht hinter dogmatische Konstruktionen zurückziehen, um einen Steuereingriff, der wirtschaftlich enteignend wirkt, mit dogmatisch-konstruktiven Begründungen der Eigentumskontrolle an der Verfassung zu entziehen. e) EigentumskontroLZe der Steuergewalt und Demokratie
Der eigentliche politische Grund, weshalb früher ein Eigentumsschutz gegen die Besteuerung entbehrlich erschien, wird mit Recht darin gesehen, daß, vor allem im 19. Jahrhundert, die demokratischparlamentarische Absicherung hier als hinreichend erschien340 • Daß sie heute nicht mehr genügen kann34 !, ist nicht nur auf allgemeine Skepsis gegenüber dem Parlament, auf schlechte Erfahrungen mit solchem "politischem" Schutz zurückzuführen342 : Gerade die repräsentative Mehrheits-Demokratie hat erst in diesem Jahrhundert die Gefährdung des Eigentums durch Steuern heraufgeführt, sie kann daher keine wirksame Sicherung gegen diese bieten. Die Wandlung der Steuer von der Mittelbeschaffung zur Sozialgestaltung war praktisch einer der wichtigsten Schritte auf dem Wege zur Parlamentsallmacht, welche der demokratischen Volkssouveränität entasu BVerfGE 19, 38 (48); 21, 12 (43f.);22, 134 (l61f.); 25, 309 (311f.); 26, 327 (335); BFHE 72, 339 f.; 605 ff.; 710 ff.; 78, 184 ff. S40 Vgl. Friauf (FN 269), S. 313 f.; Benda / Kreuzer (FN 298), S.56. 341 Meessen (FN 318), S. 816. m Benda / Kreuzer (FN 298), S. 57. 9·
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
spricht. Die eigentliche klassische Enteignungsgewalt wird stets im Bereich der Exekutive liegen; Sozialbindung durch Steuern ist heute die wohl wichtigste Kompetenz des Parlaments, das nur auf diese Weise voll und laufend in die sozialgestaltende Politik eingebunden wird. Wenn Demokratie am unmittelbarsten über das Parlament wirkt, so ist Eigentumsberührung durch Steuern - Demokratisierung par excellence, sie muß sich daher immer weiter verstärken, die parlamentarische Demokratie wird daraus sogar ihre Lebensberechtigung in erster Linie ableiten. Herrschaft der Mehrheit über das Parlament ist nur dann politisch und rechtlich sinnvoll, wenn es im Parlament etwas zu verteilen gibt; dies aber. geschieht durch eigentumsrelevante Steuern. Da das Parlament also gerade bei der Steuergesetzgebung nicht der Schützer, sondern der natürliche Gegenspieler des Eigentums ist, bedarf dieses heute mehr denn je des Grundrechtsschutzes gegen diese Steuergewalt. Die Steuer ist auch noch in einem anderen Sinne der "typisch demokratische Eigentumseingriff" : Hier erfolgt der Zugriff in einer gewissen abstrakten Gleichmäßigkeit, nicht im Einzelakt der Enteignung. Dies entspricht dem für die Demokratie wesensbestimmenden Gleichheitsgebot. Besteuerung wirkt egalisierend - sie ist zugleich aber auch ein Gebot der Egalität. In einem Spiralvorgang muß sich also der Steuerzugriff auf das Eigentum laufend und systemnotwendig in einer Demokratie verstärken. Nur durch Grundrechtsschutz aus Art. 14 GG kann dem entgegengewirkt werden. Geschieht dies nicht, so wird die Balance zwischen Individualfreiheit und demokratischer Volksgewalt in einem entscheidenden Punkt aufgehoben. Gerade bei einer Wertzuwachssteuer würden diese Gefahren deutlich werden: Die Mehrheit wird stets in die Versuchung geraten, den Besitz einer kleineren Gruppe von Bürgern zu expropriieren. Die Zuwachssteuer stellt hier ein Instrument zur Verfügung, das nicht nur äußerlich demokratische Gesetzeslegitimation in seiner Allgemeinheit aufweist, sondern auch gegen eine beliebig zu bestimmende besitzende Minderheit eingesetzt werden kann - durch Freigrenzen kann der Kreis der Betroffenen nach Gutdünken beschränkt werden. In dieser Verbindung von demokratischer Gleichheit und einer Steuertechnik, welche diese dann wieder relativiert, wäre eine Vermögenszuwachssteuer die wohl gezielteste Form einer Anti-Eigentumssteuer, eine Etappe auf dem Weg einer Mehrheitsdemokratie, welche über den Individualbereich kleinerer Gruppen hinwegginge, mit systemimmanenter Notwendigkeit hinweggehen müßte - wenn nicht eigentumsrechtliche Schranken bestünden. Die Wertzuwachssteuer ist daher, auch bei einer politisch orientierten Betrachtung der modernen Demokratie, ein Beweis für die Notwendig-
UI. Wertzuwachssteuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie
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keit, allgemein Steuern am Grundrecht des Eigentums zu messen und konkret die Zulässigkeit einer Wertzuwachssteuer wegen der Eigentumsfreiheit überhaupt in Frage zu stellen. Nach dieser allgemeinen Betrachtung des Verhältnisses Steuer Eigentum, das bereits erhebliche Verfassungsbedenken gegen eine Wertzuwachssteuer begründet hat, sollen nun jene beiden spezielleren Gesichtspunkte behandelt werden, unter denen derartige Abgaben vor allem als eine Verletzung des Privateigentums erscheinen könnten Substanzgarantie und Abgabedruck.
111. Wertzuwachssteuem und eigentumsrechtliche Substanzgarantie 1. Die herrschende Lehre: Unzulässigkeit des Eingriffs in die Eigentumssubstanz
"Unter Substanzsteuern werden Abgaben verstanden, die nicht aus den Erträgnissen, sondern nur unter Schmälerung der Substanz entrichtet werden können343 ." Derartige Abgaben werden weit überwiegend grundsätzlich für unzulässig,für verfassungswidrig gehalten344, und zwar selbst von Autoren, welche sonst dem Staat ein weitgehendes Gestaltungsermessen gegenüber den Privatpersonen zusprechen345 . Zum Teil wird dies auch bereits aus dem Steuerbegriff abgeleitet346, der es verbiete, eine Steuerquelle durch die Besteuerung zu verschütten. Das BVerfG hat sich dem grundsätzlich angeschlossen und ausgesprochen, Art. 14 GG werde "durch die Auferlegung bestimmter Geldleistungspflichten nicht verletzt, solange die Substanz durch die Besteuerung unangetastet bleibt"347. Geht man von dieser Aussage aus, so müßte jede Form der Wertzuwachsabschöpfung durch Steuern von vorneherein als verfassungsWiss. Beirat b. BMF (FN 9), S. 94. Vgl. f. viele Meessen (FN 318), S. 815; Kirchhof (FN 269), S. 34; Vogel, K., Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972, insbes. S. 41 f.; Klein (FN 240), Sp. 486; Rüfner (FN 159/60), S. 882; Kruse (FN 269), S. 49; von Wallis, H., Geldentwertung und Besteuerung, DStR 1975, S. 271 (275); weit. Lit. bei Selmer (FN 269), S. 325; abwägend Klein (FN 6), S. 438. 345 So meint sogar Ernst Knoll, der hier wohl eine Extremposition eingenommen hat (Eingriffe in das Eigentum im Zuge der Umgestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse, AöR 79 (1953/54), S. 455 (472», daß eine Abgabe, welche "aus der Substanz gezahlt werden muß, also durch Aufgabe eines Teiles des besteuerten Gegenstandes . .. einer Enteignung wirtschaftlich und sozial ziemlich nahe" kommt. 346 Vgl. etwa Rüfner (FN 159/60), S. 886; BK Art. 105 Rdnr. 143, Zweitb. Vogel/ Walter; Kröger, K., Verfassungswidrige Besteuerung von Kapitalzinsen in der Inflation, NJW 74, S. 2305 (2307). 347 BVerfG HFR 1969, S. 347; das Gericht kennt auch den Begriff der (unzulässigen) konfiskatorischen Steuer (BVerfGE 30, S. 250 (272». 343 344
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
widrig erscheinen - hier liegt ja der primäre Steuerzweck im Substanzeingriff, denn der jeweilige Vermögenswert des besteuerten Gutes ist durch Art. 14 GG geschützt und damit ein Teil der Substanz derselben. Nun zeigt sich aber in dieser h. L. vom Substanzschutz nicht unerhebliche Unsicherheit. So war schon von Anfang an nicht immer klar, ob hier die Substanz im wirtschaftlichen oder in einem rechtlichen Sinn zu bestimmen sei, etwa in Anlehnung an Art. 19 Abs. II GG (Wesensgehalt)348; dann aber wäre der Substanzschutz weitgehend entwertet, weil dieser "Wesensgehalt" ganz allgemein schwer faßbar ist und seine Bestimmung im Falle des Eigentums besondere Probleme wegen des Inhaltsbestimmungsrechts des Gesetzgebers aufwirft. Immerhin wird die Substanz nicht als "unbedingt" geschützt angesehen349 ; es scheint fast, als gelte es, erst einmal die "Substanz der Substanz" des Eigentums ausfindig zu machen, die dann endgültig steuerfest sein soll. 2. Das Schwerekriterium - Verfassungswidrigkeit tiefer Substanzeingriffe - die Reclltsprechung des BVerfG zum Verhältnis Eigentum-Steuer
a) Die Rechtsprechung wendet ersichtlich ein Schwerekriterium bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Substanzeingriffen an. Substanzeingriff als solcher mache eine Abgabenregelung noch nicht verfassungswidrig. Es müßte schon "erheblich"360 oder wiederholt 351 in die Substanz eingegriffen werden, wobei allerdings die Anschauungen über die Erträglichkeitsgrenze im einzelnen wechseln können352 • Gelegentlich bleibt sogar offen, ob das Substanzeingriffskriterium als solches genügen kann36S . Jedenfalls kann nur schwerer oder dauernder Substanzeingriff die Verfassungswidrigkeit begründen. Wenn etwa nur in zwei Jahren je 1 oder 2 % der Substanz entzogen würden, so könnte dies nicht genügen354 • Diese Judikatur scheint auf die quantitative Schwere der Belastung abzustellen355 . Dies mag gerade dann als gerechtfertigt erscheinen, wenn man die Steuer als eine Form der Sozialbindung auffaßt, die möglicherweise die Enteignungsschwelle überschreitet, und daher ver348 So offenbar Klein (FN 240), Sp. 486. 348 Vgl. etwa Kirchhof (FN 269), S. 34. 850 BFHE 89, S. 422 (441). 351 BVerwGE 6, S. 247 (297), vgl. auch Wiss. Beirat b. BMF (FN 11), S. 94. 351 BVerwGE, a.a.O. 353 BFHE 107, S. 531 (535). 354 Fall der Baulandsteuer; zur BFH-Rechtsprechung vgl. oben B VI 3 c. 355 Spanner, H., Der Steuerbürger und das BVerfG, 1967, S. 100.
111. Wertzuwachssteuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie
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sucht, diese Enteignungsschwelle nach allgemeinen Kriterien auch hier zu bestimmen356 : Dann ist ja das "Schwere kriterium" anzuwenden357 • Allerdings ist bei einer Abgabenbelastung zu berücksichtigen, die man innerhalb eines gewissen quantitativen Rahmens halten will, daß hier rationale Kriterien kaum zur Verfügung stehen, wenn man von Bagatellbelastungen absieht. Warum sollten 10 % Substanzverlust erträglich sein, nicht aber 15 %? Und auf wie lange Zeit soll die Belastung fortgerechnet werden? Bei Zeiträumen von 30 oder gar 50 Jahren werden auch bescheidene wiederkehrende Eingriffe zur quasi-totalen Aufzehrung der Substanz führen. Bei laufender Steuerbelastung könnten also nur gelegentliche oder minimale Eingriffe in die Substanz hingenommen werden, will man dieses Kriterium überhaupt ernst nehmen: Es wird ja entscheidend entwertet, wenn der an sich klare, feste, jederzeit inhaltlich feststellbare Begriff der ökonomischen Wertsubstanz dann doch nicht zugrunde gelegt wird. Derartig feste Begriffe lassen sich schwer in Randzonen flexibilisieren; wer dies versucht, gibt sie im Grunde auf. b) Derartige überlegungen liegen wohl einer Rechtsprechung zugrunde, welche sich um die Gewinnung qualitativer Kriterien für den Substanzeingriff bemüht. So ist denn auch die vom BVerfG ständig verwendete 358, vom BFH übernommene 359 Formel zu verstehen, eine Eigentumsverletzung komme "allenfalls dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würden". Diese Formel ist mit Recht kritisiert worden360• Einerseits wird Art. 14 GG als Steuermaßstab bejaht, andererseits der Eigentumsschutz hier aber ersichtlich viel weiter als in anderen Fällen zurückgedrängt; eine Begründung fehlt. Auch bleibt unklar, ob nun der einzelne Eigentumsgegenstand oder das Vermögen als ganzes, oder nur das eine im Rahmen des anderen, mit Bezug auf das andere, geschützt sein soll. Derartige salvatorische Klauseln schaffen nur Unsicherheit und sollten nicht dauernd fortgeschleppt werden, sollen die verfas358 Dazu Friauf (FN 269), S. 317 f.; Maunz I Dürig / Herzog, GG, Art. 14, Rdnr.48. 357 BVerwGE 5, 143 (145); 7, 297 (299); DÖV 69, S. 426; BVerwGE 32, 173 f.; Ipsen, H. P., Enteignung und Sozialisierung, VVdStL 10, S. 113; Hamann, A., Dt. Wirtschaftsverfassungsrecht, 1958, S. 169; Köhler, K. H., Fragen des Eigentums im Verwaltungsrecht, DVBl. 1958, S. 191 (194); Bender, B., Sozialbindung des Eigentums u. Enteignung, NJW 1965, S. 1297 (1304). 358 BVerfGE 14, S. 221 (241); 19, s. 119 (128/9); 23, s. 288 (315); 29, S.402 (413); 38, S. 61 (102). 359 BFHE 83, S. 200 (205); 105, s. 269 (270); 105, s. 554 (560); 112, s. 567 (568). 380 Friauf (FN 269), S. 301 f. m. Nachw.; ders. (FN 269), S. 428 f. unter Anführung der wenigen zustimmenden Autoren, S. 431; Martens (FN 330), S. 16; Sendler (FN 269), S. 22; Papier (FN 303), S. 484.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
sungsgerichtlichen Entscheidungen nicht auf die Stufe irrationaler Befehle herabsinken. Zur Zeit läßt sich wohl nur eine Interpretation geben: Die Verfassungsmäßigkeit der Steuer ist nach einem qualitativen Schwerekriterium zu beurteilen. Der Umschlagspunkt in die Verfassungswidrigkeit ist erreicht, wenn sie, unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, als für diesen untragbar erscheint, so daß er sich nicht mehr, so wie vorher, "wirtschaftlich als Eigentümer fühlen kann". Diese überlastung ,des Eigentums durch Steuern kann durch steuerliche Beeinträchtigung all der Befugnisse eintreten, welche aus dem Eigentum fließen - Besitz, Verfügung, Nutzung, VerwaltungS61 - , doch müssen diese stets in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Vermögensverhältnisse des Steuerschuldners insgesamt rückbezogen werden382 • Es besteht kein Zweifel, daß das BVerfG sich einerseits zwar die generelle Prüfungsmöglichkeit erhalten, andererseits aber die Verfassungswidrigkeit auf extreme Fälle beschränkt sehen wollte. Dem entspricht auch die Judikatur der obersten Bundesgerichte38s • 3. Verfassungswldrigkeit derWertzuwachsabsch6pfung naeh diesen Kriterien
Mißt man eine Wertzuwachsbesteuerung, welche nicht nur unwesentliche Prozentsätze des Wertzuwachses entzieht, sondern ihn ganz oder zum Teil abschöpfen wollte, an diesen Kriterien des Substanzschutzes, so wären wohl, wenn überhaupt, in diesem Fall Verfassungsbedenken begründet. a) Zunächst ist hier jedoch eine klarstellende Vorbemerkung zum Begriff der "grundlegenden Veränderung der Vermögensverhältnisse" veranlaßt. Darunter kann nicht zu verstehen sein ein Vergleich zwischen der wirtschaftlichen Gesamtlage jedes konkreten Steuerschuldners vor und nach dem Steuereingriff. Dann nämlich könnte praktisch überhaupt nie ein grundlegender Wandel mit jener Allgemeinheit festgestellt werden, welche zur Annahme der Verfassungswidrigkeit der 8el
Dies wird in dieser Diskussion auch immer wieder betont, vgl. etwa
Kirchhof (FN 269), S. 22, 31; Selmer (FN 269), S. 310. se! Weil diese ja grundlegend verändert werden müssen; dies dürfte es aus-
schließen, eine der Eigentumsausstrahlungen, etwa die Verfügung, zu isolieren und die Schwere des Steuereingriffs nur in dieser Richtung zu beurteilen; entscheidend ist vielmehr ein wirtschaftliches Gesamturteil. su So sind etwa unzulässig Abgaben, welche die "Verlustgrenze überschreiten" (BVerwGE 6, S. 134 (145»; welche den Schuldner zur "Verschleuderung von Vermögenswerten" zwingen (BFHE 77, S. 267 (269»; welche "nachträglich seine (Eigentums-) Position im ganzen entwerten" (BVerwGE 21, S. 98 (102»; welche die "Substanz des Vermögens vernichten" (BAGE 17, S. 211 (215»; welche "jedes Maß übersteigen" (BVerfGE 25, S. 12 (30».
IH. Wertzuwachssteuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie 137
Steuernorm erforderlich wäre. Der eine Schuldner hat etwa viel laufendes Einkommen aus einem Beschäftigungsverhältnis - eine Wertzuwachssteuer verändert sein Budget nur unwesentlich; die Vermögensverhältnisse eines anderen sind besitzintensiver gestaltet - bei ihm würde diese grundlegende Veränderung eintreten. Wie aber sollte dies gerecht, normativerfaßt werden? Man würde doch allenfalls mit Härteklauseln helfen; dies aber ist nicht der Sinn der Rechtsprechung des BVerfG. Diese würde dann auch einem grundlegenden Prinzip des Enteignungsrechts widersprechen: daß es auf die Vermögensverhältnisse des jeweiligen Eigentümers bei der Frage, ob Enteignung anzunehmen und/ oder wie hoch die Entschädigung zu bemessen sei, auf die Vermögensverhältnisse des Eigentümers im übrigen nicht ankommen dürfe. Er darf nicht nur deshalb entschädigungslos enteignet werden, weil er wohlhabend istS84 • Die "grundlegende" Veränderung der Vermögensverhältnisse ist also schon dann zu bejahen, wenn sie hinsichtlich einer Kategorie von Eigentumsgütern eintritt, welche diese eben der neuen Besteuerung unterwirft. Sie liegt also dann vor, wenn ein Steuerschuldner, dessen Vermögensverhältnisse darauf gegründet sind, hier grundlegend anders stünde - oder wenn dies bei jedem beliebigen Steuerschuldner hinsichtlich dieser Eigentumsobjekte jedenfalls anzunehmen wäre. Jedes andere Verständnis müßte zu groben Ungerechtigkeiten, ja zu Willkür führen und wäre überdies impraktikabel. b) Geht man davon aus, so kann die Verfassungswidrigkeit einer Wertzuwachsabschöpfung über Steuern kaum zweifelhaft sein. Der Schuldner sieht sich hinsichtlich seines Eigentums in eine völlig neue vermögensrechtliche Situation versetzt. Jeder Eigentümer hat bislang die Wertsteigerung seiner Güter zentral in seine wirtschaftlichen überlegungen einbezogen, er hat sowohl in aller Regel mit Erträgen als auch mit Wertsteigerung gerechnet. Wenn ihm letztere nun vollständig oder auch nur zum nicht unwesentlichen Teil entzogen werden, so wird er völlig umdisponieren müssen; weil er mit der Realisierung solchen Gewinnes im Verkaufsfall nicht mehr rechnen kann, muß er sich u. U. völlig anders absichern. Seine Güter verlieren darüber hinaus sogleich entscheidend an Wert, weil sie mit solchen Abgaben belastet sind. Dieser Werteinbruch allein wird bereits eine grundlegende Veränderung bringen, betrachtet man die Besitzpositionen isoliert, wie dies (vgl. oben a) erforderlich ist. Die Fähigkeit, Kredite aufzunehmen, sinkt ab, umgekehrt müssen sogar neue Einnahmequellen erschlossen 3M Mit Recht wird darauf hingewiesen, daß sogar Riesenvermögen insoweit nicht außerhalb des Schutzes des Art. 14 GG stehen, vgl. etwa Rüfner (FN 159/60), S. 886.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
werden, um die steuerbelasteten Güter überhaupt noch halten zu können. c) Selbst wenn man aber vom Fall eines Steuerschuldners ausgeht, der neben derart belastetem Besitz noch über vielfältige andere Einkünfte verfügt und diese in die Betrachtung einbezieht (entgegen oben a), läge dennoch hier in aller Regel eine grundlegende Veränderung der Vermögensverhältnisse vor: Umdisponieren muß der Steuerbelastete auch in diesem Falle vollständig, denn er muß ja, nur um den bisherigen Zustand - seine bisherigen "Vermögensverhältnisse", die Streuung seines Besitzes - aufrechterhalten zu können, Geldmittel einsetzen, die er sonst anderweit hätte verwenden können oder versuchen, neue Einnahmequellen zu erschließen. Nicht nur bei land- und forstwirtschaftlichem oder industriellem Besitz, vor allem aber dort, würden dabei grundlegende Veränderungen eintreten, die ganze Betriebspolitik müßte sich ändern, indem etwa steigerungsträchtige Güter abgestoßen, andere angeschafft würden. Eine Wertzuwachssteuer von einigem Gewicht würde die gesamte Kalkulation verändern - ein deutliches Indiz für eine grundlegende Veränderung der Vermögensverhältnisse, die möglicherweise zur Umschichtung des gesamten Vermögens führen würde. Denn bei all dem ist ja nicht von dem konservativen Liebhaber auszugehen, der jedes erdenkliche Opfer bringt, um seinen Besitz unverändert "zu halten", sondern von dem vernünftig wirtschaftenden Durchschnittsbürger, der eben radikal umdisponieren würde - und in einer Marktwirtschaft dazu gezwungen wäre. Es müßte schließlich die in sehr vielen, typisierbaren Fällen große Bedeutung berücksichtigt werden, welche derart belasteter Besitz innerhalb der Gesamtvermögensverhältnisse der Schuldner hätte. Auch mit Blick darauf wäre wohl eine "grundlegende Veränderung" der gesamten Vermögensverhältnisse bei einer nicht unwesentlichen Mehrbelastung eines ihrer wichtigen Bestandteile anzunehmen. Hält man sich vor Augen, wie knapp heute meist Gewinn- und Kalkulationsspannen sind, so kann bereits eine in sich selbst unbedenklich erscheinende Veränderung der Steuerlage zu einer grundlegenden Veränderung der Vermögensverhältnisse führen.
Ergebnis: Wie immer also das Substanzkriterium verstanden wird, ein Substanzeingriff müßte im Falle einer Wertzuwachsbesteuerung angenommen werden, die sich nicht auf ganz unwesentliche Belastungen beschränkte. Dieses Ergebnis soll nun noch durch eine Betrachtung des Prinzips der Ertragsbesteuerung verdeutlicht werden.
UI. Wertzuwachs steuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie
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4. Die Besteuerung der Erträge aus dem Eigentum und die Wertzuwachsabgaben
a) Beschränkung der Besteuerung auf den Ertrag Das Prinzip des Substanzschutzes erfährt zunächst darin eine allgemeine Bestätigung, daß die Besteuerung ganz einhellig auf den Ertrag beschränkt wird365 • Auch die Rechtsprechung ist hier eindeutiger als bei der Bestimmung dessen, was "Substanz" sein soll (vgl. oben 3). Das BVerfG hat zwar nur ausgesprochen, eine Beschränkung der Steuerbelastung auf den Zins sei zulässig 366 , doch es wird immerhin der vollständige Gewinnentzug als ein Indiz der Erdrosselungssteuer genannt S67. Und eine Verfassungswidrigkeit soll nicht vorliegen, wenn Substanzeingriffsteuern (Lastenausgleich) in der Regel noch "aus den Erträgen" bezahlt werden können368, wobei allerdings die Geldentwertungsquote unberücksichtigt bleiben so1l369. Ob die Besteuerung wirklich den gesamten Ertrag auf Dauer entziehen darf, bleibt offen. Feststehen dürfte, daß sie nur in einzelnen Fällen, untypisch oder aber vorübergehend, die Ertragsgrenze überschreiten und in die Substanz eingreifen soll. Dies ist die bisher wohl noch am besten greifbare Konkretisierung des Substanzeingriffs beim Eigentum; sie ist gerade für das Wertzuwachsproblem von entscheidender Bedeutung, weil der Wertzuwachs nicht als Ertrag anzusehen ist (vgl. dazu näher f). Der Grundsatz lautet: Der Ertrag ist nicht alleiniger Steuergegenstand, er ist jedoch Steuergrenze. b) Beschränkung der Steuer auf das Sozialprodukt
Dies scheint einer vor allem früher verbreiteten Auffassung zu entsprechen, welche den Entzug des Anteils der Bürger am Sozialprodukt, nicht aber am Volksvermögen durch Besteuerung für zulässig erklärte 370. Dem gegenüber wird darauf hingewiesen371 , daß dann zumindest die für Ersatzinvestitionen benötigten Erträge sowie alles, was zur Deckung der laufenden Kosten der Lebenshaltung und Wirtschaftsführung er315
388 387
388 389
Nachweise aus dem Schrifttum vgl. unten unter d. BVerfGE 19, S. 119 (129). BVerwGE 6, S. 247 (267). BFHE 77, S. 258 (261); vgl. auch 77, S. 267 (269). Arg. BFHE 89, S. 422 (442); 112, s. 567 (568); 115,
Papier (FN 297), S. 559.
s.
510 (511); vgl. dazu
370 Grdl. Forsthoff, E., Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Rechtsstellungen, NJW 1955, S. 1249 (1250); ders., in: VVdStL 14 (1956), S. 84/5; einschr. Roth (FN 240), S. 90/91. 371 Vgl. zur Kritik m. Nachw. Friauf (FN 269), S. 315 f., allerdings z. T. mit der i. folg. (e) näher zu behandelnden Begründung, daß der Ertrag einen Teil der Substanz darstelle; vgl. bereits Klein (FN 240), Sp. 477 (485) unter Hinweis auf Hamann, BB 1960, S. 1212; Papier (FN 297), S. 509.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
forderlich sei, durch Steuern nicht entzogen werden dürfe. Soweit würde man jedoch den "Anteil am Volksvermögen" nicht ausdehnen können, denn dieses ist in seinem jeweiligen Wertbestand zu erfassen, es muß begrifflich keineswegs über Ersatzinvestitionen ständig konstant gehalten werden372 • Der eigentliche Einwand gegen diese Theorie liegt auf anderer Ebene 373 : Ein Substanzeingriff ist eben nach der Rechtsprechung insoweit verfassungsmäßig, als er noch durch Erträge abgedeckt ist (vgl. oben a). Die Verfassungsgrenze läßt sich also nicht nach dem Eingriffsobjekt (Sozialprodukt - Volksvermögen) ziehen, sondern nur nach der Höhe des Sozialprodukts. c) Einkommen -
Ertrag oder Substanz?
Wenn Einkommen nicht Ertrag, sondern Substanz darstellte, wäre eine Substanzgarantie aus Art. 14 GG kaum vorstellbar, weil ein großer Teil des Einkommens ja durch Besteuerung entzogen und dies auch allgemein als zulässig angesehen wird. Dagegen ist aber auch aus der Eigentumsgarantie heraus nichts einzuwenden. Nur dort nämlich kann die Eigentumsgarantie mit dem Prinzip der Beschränkung auf Ertragsbesteuerung einen Substanzschutz gewähren, wo eine derartige Substanz überhaupt vorhanden ist und daher Schutzobjekt sein kann. Daraus ergibt sich zunächst, daß das Einkommen aus Arbeit begrifflich einen vergleichbaren Substanzschutz überhaupt nicht genießen kann. Es ist nicht Ertrag eines vermögenswerten Gegenstandes, sondern der Arbeitskraft, die als solche kein Vermögensgegenstand ist. Sie ist nicht veräußerlich, im Konkursfalle wird sie nicht berücksichtigt. Nicht für Eingriffe in sie, sondern allenfalls in die Gesundheit oder für entgangenen Gewinn, kann nach Delikts- oder Entschädigungsrecht Ersatz verlangt werden, also wiederum für entgangenen "Ertrag", nicht für Eingriff in irgendeine "Substanz". Eine Unterscheidung zwischen erwerbs- und tätigkeitsbezogenen Steuern, etwa der Einkommensteuer, und objekt- und ertragsbezogenen Steuern hinsichtlich der zulässigen Intensität der Besteuerung, ist also nicht nur zu empfehlen374 • Sie ist von Verfassungs wegen vorgeschrieben und von grundlegender Bedeutung: Bei den Erwerbssteuern gibt es keine Substanz, damit auch keinen Eigentumsschutz; Einkommen kann der Gesetzgeber, aus der Sicht des Eigentums, beliebig hoch be372 Damit stellt sich wieder das Problem, ob Erträge, die zu Ersatzinvestitionen verwendet werden, den Substanzschutz des Eigentums gegenüber der Steuer genießen. Steuerliche Schonung ist hier sicher ein dringendes Gebot der Wirtschaftspolitik, doch eigentumsrechtlich wird es sich aus der Verfassung kaum ableiten lassen. 373 Zutreffend Papier (FN 297), S. 509. 374 So in an sich zutreffendem Ansatz Selmer (FN 269), S. 316/17; vgl. auch Kirchhof (FN 269), S. 36 f.
IH. Wertzuwachssteuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie 141
steuern. Bei den objekt- und ertragsbezogenen Steuern ist er ebenfalls frei, soweit der Ertrag reicht, der eben auch Einkommen darstellt; dann aber werden die Schranken der Substanz, des Eigentums wirksam. Sie ergeben sich aus Art. 14 GG. Die tätigkeitsbezogenen Abgaben dagegen sind nach Art. 12 GG zu beurteilen376, sie betreffen in aller Regel die Ausübung eines Berufes, eines Gewerbes. Unzulässig sind hier sog. Erdrosselungssteuern376 ; diese Schranke läßt jedoch dem Gesetzgeber weiten Gestaltungsspielraum. Dagegen läßt sich nicht vorbringen, daß ja auch das Einkommen aus Arbeit, im Augenblick des Entstehens einer entsprechenden Forderung, "Eigentum" des Arbeitenden sei. Es bleibt eben wesentlich "Ertrag" und ist damit ebensowenig "steuerfest aus der Eigentumsgarantie" wie der Vermögensertrag (vgl. dazu unten e, f.)377. Dieses Ergebnis ist steuerverfassungsrechtlich ganz allgemein, aber auch für die Beurteilung einer Wertzuwachssteuer, von großer Tragweite: Einerseits zeigt es, daß die Steuergewalt keineswegs durch die Eigentumsgarantie völlig lahmgelegt wird, daß diese vielmehr in der Freiheit, Erträge, Einkommen zu besteuern, stets hinreichende Steuerquellen ausschöpfen kann. Zum anderen aber erweist sich dann auch der ganz wesentliche Unterschied zwischen einer Einkommensteuer und einer Wertzuwachsbesteuerung. Aus der freien Zugriffsmöglichkeit der ersteren kann keinerlei Schluß auf die Zulässigkeit der Einführung der letzteren gezogen werden, denn sie würde die Substanz, damit das Eigentum, systematisch verletzen; bei der Einkommensteuer ist das nicht der Fall. Dies ist auch steuerpolitisch von Bedeutung: Wenn bei den direkten Steuern eine gewisse Höhe erreicht ist, so erscheint es plausibel, ja als eine Forderung der Steuergerechtigkeit, nun "überall zuzugreifen, wo 376 Zu Art. 12 als Schranke der Gesetzgebung vgl. u. a. Benda / Kreuzer (FN 293), S. 57; Wiss. Beirat b. FMF (FN 9), S. 96; von Schalburg (FN 6), S.697. 378 Der Begriff der "Erdrosselungssteuer" wird allerdings auch im Zusammenhang mit Art. 14 GG verwendet, wenn etwa das Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb übermäßig beschränkt wird, vgl. z. B. BVerwGE 6, S. 247 (266 f.); vgL auch Klein (FN 316), S. 244, der ihn mit der konfiskatorischen Besteuerung gleichsetzt. Es ist bedauerlich, daß "Erdrosselungssteuer" bisher keine klaren Konturen gewinnen konnte, die sich an Art. 12 GG orientieren müßten. 377 Man sollte also die Einkommensteuer nicht mit der bedenklichen Begründung rechtfertigen, sie liege ja aufd,em Einkommen schon im gedanklichen Moment von dessen Entstehung, mindere dieses also nicht; denn dasselbe könnte ja auch bei der Vermögensteuer behauptet werden, deren Belastung (mit wiederkehrenden Leistungsverpflichtungen an den Staat) das Eigentumsrecht dann bereits bei seiner Entstehung in der Person des Eigentümers unterworfen gewesen wäre. Mit einem derartigen Kunstgriff kann nicht der gesamte Eigentumsschutz illusorisch gemacht werden.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
etwas vorhanden ist". Die Verfassung verbietet dies. Ein Schluß von der Höhe der Einkommensbesteuerung auf die Zulässigkeit einer Wertzuwachsabgabe ist nicht statthaft, denn diese würde in eine speziell verfassungsgeschützte Position, in das Eigentum eingreifen. d) Veräußerungsgewinn als Substanz?
Die Frage, ob die Substanzgarantie auch den Veräußerungsgewinn erfaßt, ist allgemein für die Möglichkeit, eine solche Garantie als wirk.. same Grenze der Besteuerung aufzurichten, wie für die Wertzuwachsbesteuerung im besonderen, von großer Bedeutung: Es fragt sich, ob die Umsatzsteuer auf den Veräußerungsvorgängen oder eine Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinn nicht einen unzulässigen Substanzeingriff darstellen. Wäre dies zu bejahen, so würde die Substanzgrenze zum Problem; wäre es zu verneinen, so könnte auch die Abschöpfung als eine spezielle Form der Umsatzbesteuerung oder der Belastung von Veräußerungserlösen als legitim erscheinen. Wäre die Umsatzsteuer ein Eingriff in die Eigentumssubstanz, damit aber eine Verletzung der Eigentumsgarantie, so könnte die Substanzgrenze kaum eine Schranke der Besteuerung darstellen. Die Umsatzsteuer ist in ihrem Prinzip derart anerkannt, unangefochten, daß sich eine Substanzgrenze ihr gegenüber nicht halten ließe; dann aber müßte sie der Besteuerung insgesamt gegenüber wirkungslos werden. Und bei oberflächlicher Betrachtung mag indirekte Besteuerung durchaus als Substanzeingriff erscheinen: Dem Eigentümer gewährleistet Art. 14 GG die Innehabung von Eigentumsgegenstand und Eigentumswert. Zu diesem Eigentum gehört auch die Verfügungs-, also die Veräußerungsmöglichkeit. Über sie allein kann meist der Wert realisiert werden. Beim Verkauf eines Gutes stellt der erzielte Preis "den Wert" des Gutes dar. Hat der verkaufende Eigentümer die Umsatzsteuer im wirtschaftlichen Ergebnis zu tragen, kann er sie nicht auf den Käufer überwälzen, so mindert sich doch der (Gegen-)Wert, den der Eigentümer erhält, so scheint es, durch Staatseingriff - also doch Substanzeingriff durch Umsatzsteuer? Doch diese Betrachtung wird der Eigentumsgarantie nicht gerecht. Sie sichert das ruhende Eigentum in seiner Substanz, nicht das Eigentum in Bewegung, den Tauschvorgang gegen andere Güter, der vom Inhaber selbst in Gang gesetzt wird378• Wenn der Staat durch Enteignung "das Eigentum aus der Ruhe" wirft, muß er Entschädigung leisten, tut es der Eigentümer selbst, so besteht dazu keine Veranlassung; denn Art. 14 GG sichert begrifflich die frei sich entwickelnde Zuordnung von Gütern zu einer Person. Wird sie in Freiheit aufgehoben, so wird dieser Vorgang nicht auch noch durch die Eigentumsgarantie gegen den 378
So zutreffend auch Kirchhof (FN 269), S. 36 f.
III. Wertzuwachs steuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie 143
Steuerbegriff abgeschirmt. Andernfalls würde das Eigentum zu einer Versteinerungsgarantie des gesamten Wirtschaftsablaufs werden. Dies wäre nicht nur nationalökonomisch unerträglich, es widerspräche auch der Systematik der Verfassung: Güterumsatzvorgänge erfolgen in der Regel nicht im Schutzbereich des Art. 14 GG, sondern in dem des Art. 12 GG. Dieser läßt der Umsatzsteuergewalt, welche in der Regel nur Berufsausübungsregelungen bringt, hinreichenden Spielraum. Wollte man hier allenthalben Art. 14 GG anwenden, so würde der Anwendungsbereich von Art. 12 GG übermäßig eingeengt. Die Richtigkeit der These, daß auf Veräußerungsvorgänge nicht die Substanzgarantie anzuwenden ist, zeigt sich auch bei genauerer dogmatischer Erfassung des Steuertatbestandes: Der Umsatz(vorgang) wird besteuert, nicht aber der Veräußerungsgewinn - oder der vom Käufer gezahlte Preis. Von vorneherein gar nicht klar, mit juristischer Präzision überhaupt nicht festzustellen ist, wessen Wert-Substanz bei einem solchen Tauschvorgang gemindert wird - die des Käufers oder die des Verkäufers; es kommt auf die jeweilige Überwälzbarkeit an. Es könnte also gar nicht festgestellt werden, wer im Einzelfall entschädigungsberechtigt wäre. Deshalb gibt es nur eine Lösung: Weder Käufer noch Verkäufer, weil nicht ihr Eigentum, sondern der Tauschvorgang besteuert wird. Das bedeutet nun nicht etwa, daß Umsatzsteuern überhaupt keine Schranken am Eigentum fänden. Es ist hier aber nicht die scharfe Grenze aus der Substanz wirksam, vielmehr ist es der Besteuerungsgewalt lediglich versagt, die Veräußerungsfreiheit, einen wichtigen Aspekt der Eigentumsfreiheit, durch übermäßige Umsatzbelastung zu weit zurückzudrängen. Hier muß die Enteignungsschwelle, wie auch sonst, etwa bei der Nutzungsbeschränkung, durch Anwendung des Schwerekriteriums ermittelt werden. Umsatzsteuern etwa, die durch prohibitive Sätze jede Veräußerung gewisser Güter wirtschaftlich untragbar machen würden, müßten auch unter eigentumsrechtlichen Gesichtspunkten als verfassungswidrig erscheinen. Doch hat der Gesetzgeber hier eine viel weitere Gestaltungsfreiheit als bei Steuern, welche gezielt Eigentumswerte entziehen wollen. Dies aber wäre gerade der Fall einer Vermögenszuwachssteuer. Sie könnte auch dann nicht über die Zulässigkeit der Umsatzsteuer gerechtfertigt werden, wenn sie lediglich auf realisierte Zuwächse gelegt würde und damit, bei oberflächlicher Betrachtung, als eine Sonderumsatzsteuer erscheinen könnte. In Wahrheit würde sie sich in zwei Punkten von einer solchen wesentlich unterscheiden: Einerseits wäre Steuergegenstand nicht ,der Umsatz, sein Wert, sondern der Gewinn des Eigentümers, die Steuer sollte dann nur ihn treffen; und zum anderen
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
würde dies auch wiederum auf den Wertzuwachs beschränkt. Eine solche Betrachtung ist der Umsatzsteuer fremd; sie legitimiert keine Vermögenszuwachsbelastung, denn diese wäre keine indirekte, sondern eine ertragsunabhängige direkte Steuer. Die E'inkommensbesteuerung von Veräußerungsgewinnen wäre ebenfalls zu einer Wertzuwachssteuer nicht voll analogiefähig. Zwar würde hier gezielt in den dem Eigentümer zufließenden Gegenwert eingegriffen, was eigentumspolitisch sicher höchst bedenklich und grundrechtssystematisch in solcher Allgemeinheit nicht mehr über Art. 12 GG zu rechtfertigen wäre; denn nicht jeder Eigentums-Tauschvorgang kann als Berufs-, Gewerbe-, betriebliche Tätigkeit gewertet werden. Dennoch ist auch hier das Eigentum mit Willen des Eigentümers in Bewegung geraten und insoweit nicht mehr substanzgeschützt; und es besteht ein bedeutsamer begrifflicher Unterschied zwischen einer solchen Einkommensbesteuerung, deren Ausgangspunkt der gesamte zufließende Gewinn ist, und einer Zuwachssteuer, die allein den Mehr-Wert, dann diesen aber auch weitergehend, erfassen will.
Bei der Zuwachsbesteuerung auf unrealisierten Gewinn liegt der Unterschied zu solcher Einkommensbesteuerung auf der Hand; aber auch eine auf realisierten Zuwachs beschränkte derartige Abgabe ist nicht schon deshalb zulässig, weil Verkaufserlöse zur Einkommensteuer herangezogen werden (dürfen). Hier versagt zwar der Eigentumsschutz gegenüber der Besteuerung, weil das Eigentum vom Inhaber freiwillig in Bewegung gebracht wurde; die Steuergewalt darf dies aber nicht beliebig, etwa durch Zuwachssteuern ausnützen; damit würde sie die Bewegung nur zum illegitimen Anlaß nehmen, um eine an sich unzulässige Substanzsteuer zu erheben, und überdies noch gegen die Steuergleichheit verstoßen: Es gäbe keine Begründung für eine besondere Belastung gerade des Zuwachses. Die weitgehende Eigentumsfreiheit der Steuergewalt bei Eigentumsbewegungen legitimiert also keine Wertzuwachssteuer gegenüber Art. 14GG. e) Ertrag als Substanz?
Seit einiger Zeit379 wird in der Lehre weithin die Auffassung vertreten, eine klare Scheidung von Substanz und Ertrag sei gar nicht möglich380 : Auch das Recht auf Ertrag sei "Eigentum", in aller Regel sei es bereits "konsolidiert", zu einer festen Erwartung verdichtet; es handle 879 Ausgehend wohl von Imboden, M., Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privateigentums als Schranke der Besteuerung, ASA 29 (1960),
S.2 (7 f.).
380 Vgl. v. a. Klein (FN 240), Sp. 477/8; ders. (FN 6), S. 437; Meessen (FN 318), S. 815; Rüfner (FN 159/60), S. 882; Friauf (FN 269), S. 316/7; vgl. auch dazu
Selmer (FN 269), S. 325 f.
III. Wertzuwachs steuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie
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sich lediglich um ein in seiner Entstehung fristgebundenes Eigentum; dies aber genieße ebenso den Schutz des Art. 14 GG wie das jeweilige Stammkapital. Hier gehe es nicht um den Schutz unsicherer Zukunftserwartungen, sondern fester Rechtspositionen. Sie würden auch gar nicht mit Wirkung für die Zukunft durch die Steuergewalt entzogen, sondern eben nur in dem Augenblick, in welchem sie als Erträge anfielen; in demselben Moment aber gehörten sie bereits - zur Substanz, dürften also grundsätzlich nicht entzogen werden. Wolle man das nicht zulassen, so entwerte man, das ist ein weiteres Argument, indirekt, aber entscheidend, die Substanz: Bei vielen Gütern, etwa Aktien, hänge der Substanzwert mit dem Ertragswert eng zusammen, werde vielleicht sogar von diesem bestimmt; entziehe die Steuergewalt den Ertrag, so greife sie damit die Substanz anS81 • Daraus wird von einer wohl h. L. geschlossen, eine übermäßige Ertragsbesteuerung, insbesondere eine Entziehung des gesamten Ertrages, sei in aller Regel verfassungswidrig 382 ; zumindest müßten es die Erträge gestatten, die Substanz "in Stand zu halten". Wo hier die Grenze der "Angemessenheit" liege, könne allerdings nur im Einzelfall bestimmt werden. Zugegeben wird immerhin, daß die Nutzungsgarantie schwächer sei als die Substanzgarantie383• Diese Auffassung ist im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zu billigen: Es gibt zwar Grenzen der Ertragsbesteuerung, sie können aber nicht aus der Substanzgarantie des Art. 14 GG bestimmt werden. Dieser geht vielmehr von der unbedingten Trennung von Ertrag und Substanz aus. Die Substanz, das, was im Ergebnis schon einmal den Kanal der Besteuerung passiert hat, bleibt nunmehr grundsätzlich abgabenfrei. Es gibt insoweit etwas wie ein "Verbot der Doppelbesteuerung in der Zeit" gegenüber demselben Vermögensgegenstand. Was aber diese Substanz erbringt, was hinzu kommt, das ist ein ganz selbständiger Vermögensgegenstand, eine neue Forderung; wollte man sie ebenso weitgehend von der Besteuerung freistellen, so gäbe es völlig steuerfreie Güter in größtem Umfang. Das Ergebnis wäre auch entweder völlig abwegig - oder für die Eigentumsgarantie verheerend: Entweder müßte man dann nämlich die Erträge ebenso schonen wie das Eigentum - dann müßte die Substanzgarantie auch für Einkommen gelten, es würde Besteuerung überhaupt unmöglich; oder es käme zu völliger Entwertung der Substanzgarantie gegenüber der Besteuerungsgewalt: Wenn die Substanz dem Zugriff ebensoweit offen steht wie das EinDarauf weist insbes. Imboden (FN 379) hin. Vgl. f. viele Klein, a.a.O.; Rüfner, a.a.O.; Papier (FN 303), S. 500 f.; ders. (FN 297), S. 556 f.; Kruse (FN 269), S. 49; 'Von Wallis (FN 344), S. 275; 'Von Schalburg (FN 6), S. 698; vgl. ferner Selmer (FN 269), S. 325 m. weit. Nachw. 883 Siehe etwa Papier (FN 303), S. 501. 381
381
10 Lelsner
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
kommen, kann über die Hälfte des Vermögens mit einem Schlage entzogen werden. Es scheint, daß in der Lehre diese Folgerungen bisher noch gar nicht durchdacht worden sind, wie es sich eben bei den Grenzen der Ertragsbesteuerung überhaupt mehr um einzelne Äußerungen als um eine ausgebaute Theorie handelt. Der Einwand, die Substanz werde ja durch den Ertrag bestimmt, dieser dürfe also nicht entzogen werden, weil dies substanzmindernd wirke, läßt sich vielleicht, in gewissen Grenzen, wirtschaftlich begründen, eigentumsrechtlich aber führt er nicht zu einem substanzähnlichen Schutz der Erträge. In einem Steuer- und Inflationsstaat hat der Bürger nicht nur Interesse am Ertrag, sondern auch, davon unabhängig, an der Erhaltung seiner Substanz. Wenn er diese über Steuer und Geldentwertung hinweg ungeschmälert retten kann, so ist er bereit, oft weitgehend auf Ertrag zu verzichten. Der Wert eines Eigentums fällt auch durchaus nicht immer, wenn die Erträge zurückgehen; und selbst wo dies eintritt, muß der Eigentümer eine solche "uneigentliche Wertminderung durch Steuern" hinnehmen, denn Ertrag ist eben nicht Substanz, und die Wertminderung wird nicht durch den staatlichen Zugriff bewirkt, sondern in erster Linie durch eine Umbewertung durch den Markt aufgrund der veränderten Besteuerungslage. überdies müßte die Theorie "Ertrag = Substanz" zu einem unerträglichen Ergebnis kommen: Zur Begünstigung der ertragsstarken, zur Benachteiligung der ertragsarmen Güter; wenn stets ein gewisser Teil der Erträge belassen werden müßte, so würde jedermann versuchen, ertragsintensive Güter zu erwerben, weil ihm ja deren Substanz und ein Teil der umfangreichen Erträge bleiben müßte. Dann würde es zu einer großen Entwertung der ertragsschwachen Güter, insbesondere von Grund und Boden, kommen, dies aber würde der gesamten bisherigen Entwicklung widersprechen - diese Gegenstände werden ja gerade wegen ihrer Ertragsunabhängigkeit und damit Wertbeständigkeit gehalten und gesucht (Grund und Boden), während bei anderen, etwa Wertpapieren, ein gewisser Substanzverlust bei höherem Ertrag in Kauf genommen und dadurch auch kompensiert wird. Damit würde das gesamte bisherige System der Anlage schwer gestört. Schließlich läßt sich auch nicht fordern, es müsse zumindest all das an Erträgen steuerfest bleiben, was zur Substanzerhaltung erforderlich sei. Zur Geldentwertung ist noch gesondert Stellung zu nehmen384 • Wollte man aber Substanzerhaltungsaufwendungen von der Besteuerung von Verfassungs wegen ausnehmen, so liefe dies auf eine Verfassungsgarantie nicht der Substanz, sondern des Substanzwertes hinaus. Eine solche aber kann in einer Marktwirtschaft vom Staate nicht ver884
Vgl. unten IV.
III. Wertzuwachssteuern und eigenturnsrechtliche Substanzgarantie 147 langt werden, denn dort bilden und erhalten sich Werte in komplexer Weise in einer konzertierten Aktion von Staat und Gesellschaft. Es wäre dies auch ungerecht gegenüber den vermögensanlegenden Eigentümern, und es müßte zu einer Nivellierung der Substanzerhaltungschancen kommen, die aber in einer Marktwirtschaft systemwidrig wären: Dort gibt es eben Werte, die kaum einer Unterhaltung oder Ergänzung bedürfen, um "ihre Substanz zu erhalten" - etwa gewisse Sachwerte (Kunstwerke, Gold) oder auch unbebaute Grundstücke; sie sind gerade deshalb häufig ertragsarm, quasi-ertragslos, werden aber oft gewählt, eben weil sich die Substanz ohne Ersatz von Erträgen erhalten läßt. Andere Güter wiederum werfen Ertrag ab, bei ihnen besteht aber die Gefahr des Substanzverfalls. Hier können die Erträge von der Steuergewalt zum Zwecke der wirtschaftlichen Substanzerhaltung geschont werden; dies aber ist eine wirtschaftspolitische, nicht eine verfassungsrechtlich vorgegebene Entscheidung. Der Staat kann etwa die Erhaltung der Bausubstanz in gutem Zustand aus volkswirtschaftlichen Gründen anstreben und dafür steuerliche Anreize durch Entlastung der Erträge bieten. Gezwungen ist er dazu nicht aus Eigentumsgründen; denn wer ein Gut erwirbt, trägt die Chance der Werterhöhung wie des Wertverlustes, der Staat kann, er muß ihm aber nicht die letztere abnehmen. Wünscht der Eigentümer größere Substanzwertsicherung, so muß er eben ein anderes Anlagegut wählen. Daß Erträge der Steuer unterliegen, ist bekannt; der Eigentümer weiß also, daß es hier ein Steuerrisiko gibt; die Eigentumsgarantie nimmt es ihm nicht ab. Dennoch ist die h. L., welche den vollen Entzug aller Erträge durch Steuern verbieten will, im Ergebnis gerechtfertigt - aber nicht, weil die Substanz unbedingt erhalten werden müßte, sondern weil es nicht zu völliger Aufhebung der Nutzungsmöglichkeit des Eigentums385 kommen darf; diese stellt eine der wesentlichen Ausstrahlungen des Grundrechts dar und prägt jene Privatnützigkeit, welche zum Wesen der Institution gehört386• Bringt ein Eigentumsgegenstand keinen oder nur unwesentlichen Ertrag, so rechnet sich der Eigentümer eben in der Regel eine gute Chance der Substanzerhaltung, ja der Werterhöhung aus; die von ihm zulässig gewählte Privatnützigkeit liegt dann gerade darin; sie darf der Staat nicht zerstören, auch nicht durch Wertzuwachsentzug. Wirft jedoch ein Gegenstand Ertrag ab, so liegt die vom Eigentümer auch hier zulässig gewählte Privatnützigkeit in erster Linie in diesem Ertrag, dem häufig ein höheres Wertminderungsrisiko entspricht. Der Staat darf diese Nutzungsmöglichkeit zwar durch Steuern ass Darauf weisen die oben FN 380 und 382 genannten Autoren auch zutreffend hin. 38. Vgl. dazu insbes. FTiauf (FN 269), S. 317; Papier (FN 303), S. 501. 10·
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
einschränken, aber nicht völlig und auf Dauer ausschließen, ebenso wie er den Gebrauch im übrigen oder die Verfügung beschränken, aber nicht auf Dauer und vollständig unmöglich machen kann. Mit anderen Worten: Ertragsbesteuerung ist Sozialbindung, sie überschreitet die Enteignungsschwelle nur bei einem bestimmten, andauernden Schweregrad, die Grenzen liegen aber hier nicht eindeutig und unverrückbar fest. Anders beim Substanzeingriff: Hier wird sogleich die verfassungsrechtliche Enteignungsschwelle überschritten. Wenn es sie überhaupt geben soll, muß der Steuerstaat auf den Ertrag zugreifen dürfen; ganz entziehen darf er ihn nicht - aber nicht wegen der Substanzgarantie, sondern allein wegen der Grenze der Sozialbindung aus der Privatnützigkeit des Eigentums. f) Wertzuwachs -
kein Ertrag, stets Substanz
Die Erkenntnis, daß Ertragsbesteuerung grundsätzlich zulässig, Substanzbesteuerung prinzipiell unzulässig ist, hat große Bedeutung für die Frage der Möglichkeit einer Wertzuwachssteuer. Auszugehen ist zunächst, wie dargelegt, von der durchgehenden und klaren Trennung von Substanz und Ertrag. Gäbe es sie nicht, so wäre die Substanzgarantie wertlos. Diese Unterscheidung liegt kraft des Eigentumsgrundrechts fest, sie kann weder durch Steuergesetzgebung, noch durch Verwaltungspraxis verschoben werden. Die Steuergewalt kann also nicht etwas als Ertrag behandeln und besteuern, was in Wahrheit Teil der Substanz ist.
Substanzbesteuerung ist ausgeschlossen, wenn sie gezielt, dauernd und nicht nur in eng begrenzten Randzonen, gelegentlich, auf diesen eigentlichen Eigentumswert übergreifen. Dagegen verstößt auch nicht das Prinzip der Vermögensbesteuerung; denn sie ist so bemessen, daß sie in aller Regel, zusätzlich zur Einkommensteuer, auch aus den Erträgen bezahlt werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt wäre übrigens eine Abzugsjähigkeit der Vermögen- von der Einkommensteuer die systematisch richtige, eigentumskonjorme Lösung; sie würde das Risiko, daß es durch Steuerkumulation zu einem Substanzeingriff kommen könnte, weiter verringern und dem Ertragsbezug der Vermögensteuer entsprechen, der sich aus Art. 14 GG ergibt, wenn auch nicht unmittelbar aus dem Steuergegenstand dieser Abgabe. Zur Substanz gehört der Wertzuwachs eines Gutes, er ist keine Form des Ertrages. Der Wert liegt im Eigentumsgut, er kommt nicht, soz. von außen, zu diesem hinzu, wie der Ertrag. Wert mag nach Ertrag geschätzt werden, daß er selbst Ertrag sei, widerspricht auch den ökonomischen Grundannahmen und der gesamten Systematik des geltenden Steuerrechts. Vor allem aber folgt das Gegenteil aus Art. 14 GG:
III. Wertzuwachs steuern und eigentumsrechtliche Substanzgarantie 149
Dieses Grundrecht ordnet bestimmte Gegenstände gewissen Trägern zu. Damit ist über deren Nutzung, über die Fruchtziehung, nichts ausgesagt, die ja auch nach bürgerlichem Recht gesondert geregelt ist, sondern nur über die Zuordnung des betreffenden Eigentumsgegenstands - aber in dessen jeweiligem Bestand, mit all seinen wesentlichen Eigenschaften und mit seinem jeweiligen Wert. Dieser Wert läßt sich in keiner Weise gedanklich vom Gegenstand isolieren, ganz anders als im Falle des Ertrages. Wenn das Eigentum (auch) Wertgarantie ist387, so wird eben nicht irgendein "Ausgangswert" , sondern der jeweilige Wert garantiert. Wenn das nicht gelten sollte, so gäbe es überhaupt keine Wertgarantie mehr - der Staat könnte den Wert über die Bestimmung des Wertzeitpunkts beliebig manipulieren388. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Eigentümer in der Tat wirtschaftlich häufig die Möglichkeit der Erzielung eines Wertzuwachses als Ertragschance wertet oder sie doch einer solchen gleichsetzt. Im Realisierungsfall mag - eines Tages - das Ergebnis wirtschaftlich gleich oder ähnlich aussehen; dies ändert nichts an der völligen Unterschiedlichkeit von Wertstruktur und Ertragsstruktur der Vermögensgegenstände nach Eigentumsrecht. Diesem Ergebnis widerspricht nicht die Erhebung von ertragsunabhängigen Steuern auf ertragslose Güter, die sich tatsächlich, zeitweise oder auf Dauer, als Substanzminderung durch Abgaben auswirken kann. Das Steuerrecht darf typisierend davon ausgehen, daß Vermögen Ertrag erbringt, wird es nur sachgerecht genutzt. Daß dies vorübergehend nicht möglich ist, schließt das Steuerhebungsrecht nicht aus; daß der Eigentümer nicht sachgerecht nutzen, etwa bebauen oder produzieren will, ist seine Sache; die ertragsunabhängigen Steuern rechtfertigen sich insoweit nicht aus dem Ertrag, sondern aus der Ertragsmöglichkeit. Der Ertragsbegriff darf auch nicht zu eng gefaßt werden - Ertrag liegt auch im Nutzungs-Prestigewert, verbunden mit der Freude an einem besonders wertvollen Besitz, etwa bei Sammlungen, Antiquitäten. Und auch bei Anlagen in Gold oder Steinen läßt sich behaupten, sie seien nicht an sich ertragslos, hier unterlasse eben der Eigentümer willentlich eine an sich ertragbringende Nutzung. Aus der Vermögens-Besteuerung ertragsloser Güter ergibt sich also nicht die Unrichtigkeit des fundamentalen Prinzips, das sich sogar aus Art. 14 GG ableiten läßt: Wertzuwachs ist stets Substanz, nicht Ertrag. 387 BVerfGE 24, S. 367 (397). 388 Gerade das Deichurteil, das dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet,
den Wert abweichend vom Marktwert zu bestimmen, zeigt, daß das richtig ist: Diese abweichende Wertbestimmung ist nur unter der in Art. 14 Abs. III GG vorgesehenen Abwägung zu den Interessen der Allgemeinheit möglich. Könnte der Gesetzgeber frei den "Wertzeitpunkt" bestimmen, so wäre diese Klausel, dieses Procedere sinnlos, weil der Gesetzgeber ohnehin der Herr über den Wert wäre.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
Man könnte ja versucht sein, die Vermögensteuer als eine Art von Wertsteuer aufzufassen - und damit dann auch eine Wertzuwachssteuer als eine spezielle Vermögensteuer zu legitimieren. Die Vermögensteuer belastet aber die Innehabung von Gütern; wie immer sie gerechtfertigt wird, ihre Legitimation trägt nicht bis zu einer speziellen Belastung des Wertzuwachses 389 • Eine solche würde auch in aller Regel viel weiter gehen, Abschöpfungsbesteuerung könnte aus den Erträgen nicht getragen werden - dieses Ergebnis wäre sogar primär gewollt und ihr also wesentlich. Dann aber wäre sie - im Gegensatz zu einer mäßigen Vermögensteuer - wegen Verletzung der Substanzgarantie verfassungswidrig.
Ergebnis: Eine Wertzuwachssteuer, wie immer sie im einzelnen ausgestaltet sein mag, greift gezielt, primär und dauernd in die Eigentumssubstanz ein und ist daher mit Art. 14 GG nicht vereinbar. Aus den Erträgen des Eigentums wird sie in aller Regel nicht zu bezahlen sein; dies widerspricht auch ihrem Wesen, das ja gerade die Erhaltung der Substanz - des Wertes - ausschließt. Weil sie wesentlich Abschöpfungssteuer sein müßte, gerade deshalb wäre sie verfassungswidrig. IV. Wertzuwachssteuem und Geldentwertung 1. Die Bedeutuug der lunatlou für die Wertzuwacbsabschöpfuug - Fragestellung
Schon vor dem 1. Weltkrieg wurde erkannt, daß inflationäre Entwicklungen bei der Diskussion um eine Wertzuwachsbesteuerung nicht unberücksichtigt bleiben könnens9o• Es mag dahinstehen, ob nicht bereits das Zuwachssteuergesetz von 1911 die Geldentwertung berücksichtigen wollteS91 • In der Weimarer Zeit wurde jedenfalls gerade bei den Wertzuwachssteuern der starre Mark = Mark-Standpunkt frühzeitig aufgegeben3D!; eben hier mußte zugegeben werden, daß eine bedenkliche Besteuerung von Scheingewinnen erfolgeSOS . Die Bedeutung der Geldentwertung im Falle einer Wertzuwachsabschöpfung durch Steuern liegt auf der Hand: Wird streng am Nominalprinzip festgehalten, die Inflationsrate gar nicht berücksichtigt, so wird ein Schein-Wertzuwachs besteuert, entzogen. Bei seiner weitergehenDazu näher oben C V 2. vgl. etwa von Nostitz (FN 1), S. 777. 391 Wenn es in § 16 vorsah, daß dem Erwerbspreis bei Grundstücken pro Jahr 11/2 bis 21/2 % hinzuzurechnen seien. an Schon der Erlaß des Preußischen Ministers des Innem und der Finanzen vom 17.12.1921 (MinBl. f. d. Inn. Verw., S. 413) empfahl dies ausdrücklich den Kommunen. an Pistorius (FN 14), S. 170. aSD
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IV. Wertzuwachssteuern und Geldentwertung
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den oder gar vollständigen Abschöpfung durch Abgaben entzieht die Steuergewalt nicht nur realen Mehr-Wert, sie greift sogar in den realen Ausgangswert nicht unwesentlich ein. Daher stellt sich die Frage, ob nicht bei einer Wertabschöpfung stets die Geldentwertung berücksichtigt, ihre Rate von der Wertsteigerung von vorneherein abgezogen werden muß. Für Aufkommen wie Wirksamkeit einer solchen Abgabe ist dies von größtem Gewicht, wenn sich die Geldentwertung nicht in ganz engen Grenzen hält; dies aber ist, trotz zeitweiliger Stabilisierungserscheinungen, auf die Dauer und insgesamt kaum zu erwarten. Andererseits wirft eine solche Berücksichtigung der Inflation aber wiederum eine Frage auf, welche von grundsätzlicher Bedeutung für die Zulässigkeit einer Zuwachsbesteuerung ist, im Hinblick auf den Substanzschutz aus der Eigentumsgarantie: Bedeutet die Rücksichtnahme auf die Geldentwertung hier nicht, daß der Staat den AusgangsWert des Vermögens seiner Bürger garantiert, daß er hier die "Wertschwankung nach unten", welche eine Inflation hervorruft, durch Steuer-Schonung ausgleicht - muß ihm dann aber nicht, umgekehrt, auch das Recht eingeräumt werden, sich die Ergebnisse einer "Wertveränderung nach oben" über Abschöpfungssteuern zuzuführen? Nur um diese verfassungsrechtlichen Fragen der Substanzgarantie geht es hier, nicht um die gesetzgeberische Opportunität einer BerüCksichtigung der Geldentwicklung bei Einführung einer Abschöpfungsgesetzgebung. Für sie sprechen, vom Grundgesetz und seiner Eigentumssubstanzgarantie ganz abgesehen, auf jeden Fall gute rechts- und vor allem wirtschaftspolitische Gründe, von der Erhaltung des Sparwillens der Bürger über die Vermeidung von volkswirtschaftlich bedauerlichen Wertverlusten bis hin zu der überlegung, daß eine Nichtberücksichtigung der Inflationsrate bei Abschöpfung die Inflationierungs-Versuchung des Staates gefährlich verstärken müßte - die Geldentwertung würde ganz unmittelbar und in größtem Umfang die Staatskassen füllen. Politisch schon würde es kaum möglich sein, bei Wertzuwachssteuern auf Dauer die Inflation zu ignorieren; wenn ihre Raten anstiegen, würde sich der Steuerwiderstand gerade hier entscheidend verstärken; die Geldentwertung, ein politisches Damokles-Schwert über einer sol~ chen Abgabe, spricht also rechtspolitisch entscheidend gegen die Einführung solcher Steuern in einer von Inflation immer mehr geprägten Zeit. Hier aber geht es allein darum, ob die Verfassung den Gesetzgeber für einen solchen Fall dazu zwänge, der Geldentwertung voll Rechnung zu tragen.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
2. Die These von der notwendigen Berüdtsicbtigung der Inflationsrate bei der Besteuerung
a) Die Diskussion um diese Frage wird schon seit längerem politisch und rechtlich geführt894 ; vor einigen Jahren hat sie sich, im Zuge der verstärkten Geldentwertung, erheblich verschärft. Ausgangspunkt war die Besteuerung der Kapitalzinsen. Diese deckten Inflationsrate und Besteuerung nicht mehr, es kam also zu einer nicht unwesentlichen Verminderung des wirtschaftlichen Wertes der Vermögenssubstanz, jedenfalls bei höherem Einkommen, und diese Entwicklung hält auch in Zeiten geringerer Geldentwertung bei gleichzeitiger Niederzinspolitik an. Der politisch und wirtschaftlich sicher nicht unberechtigte Unmut darüber führte zu der mit Nachdruck vorgetragenen Forderung, der Staat dürfe jedenfalls nicht mehr an Kapitalertrag durch Steuern entziehen, als dem Eigentümer verbliebe, wenn er vorher die Inflationsrate seinem Stammvermögen zuführe und damit im Ergebnis dessen Wert erhalte. Die gleiche Problematik müßte auch bei einer Wertzuwachsbesteuerung auftreten: Auch hier könnte dann mit den gleichen Argumenten gefordert werden, dem Vermögen dürfe kein Schein-Zuwachs entzogen werden, da dies sogar die Substanz des Ausgangs-Vermögens angreifen müsse; diese dürfe der Eigentümer jedenfalls dadurch erhalten, daß er ihr zunächst einmal den Wertzuwachs in Höhe der jeweiligen Inflationsrate zuführe. Die Begründung stützt sich also in beiden Fällen auf die Substanzgarantie des Art. 14 GG. b) Das Hauptargument für diese These wir·d aus dem Wesen des Ertrages gewonnen. Dieser sei in einer von Geldentwertung geprägten Periode nicht mehr scharf von der Substanz zu trennen. Er sei vielmehr, wenigstens teilweise, in erster Linie dazu bestimmt, die "Substanz des Eigentums", dessen eigentlichen wirtschaftlichen Wert, ungeschmälert zu erhalten8l5 • Dies entspreche auch allein dem Sinn einer Verfassung, welche eben diese, nicht aber eine Nominal-Substanz erhalten wolle. Das Nominalprinzip sei verfassungsrechtlich nicht garantiert398 • Es müsse daher beim Ertrag unterschieden werden zwischen einer Substanz-Erhaltungsrate, dem Ertrags-Zuwachs im uneigentlichen Sinn, und dem nach dessen Abzug verbleibenden eigentlichen 89C Vgl. Friauf (FN 360); ders., Besteuerung von Kapitaleinkünften und Geldentwertung, StuW 1975, S. 260; Papier (FN 297); Kaiser (FN 319); von WaHis (FN 344); Kröger (FN 346); aus zivilrechtlicher Sicht siehe Bettermann, K. A., über Inhalt, Grund und Grenzen des Nominalismus, RdA 1975, S. 2 ff., alle mit weit. Nachw. 395 Siehe in diesem Sinn u. a. Papier (FN 303), S. 505; ders., a.a.O., S. 553 f.; Friauf (FN 360), S. 437 f.; ders., stuw 1975, S. 260 (266). 898 Friauf, a.a.O., S. 265; eingehend begründet vor allem von Bettermann (FN 394).
IV. Wertzuwachssteuern und Geldentwertung
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Ertrag. Nur dieser dürfe besteuert, nur bis zu seiner Grenze dürfe vom Staat Wert entzogen werden. Dieselbe Teilungsformel läßt sich ohne weiteres auch auf etwa zu versteuernden Wertzuwachs anwenden. Über diese im engeren Sinne eigentumsrechtliche Argumentation hinaus wird dann· noch auf die Bedenken hingewiesen, die sich aus der Besteuerung von Scheingewinnen ergeben397 ; und in der Tat können Abgaben, welche mit wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Schuldners legitimiert werden, schwer dort erhoben werden, wo diese in Wahrheit gar nicht vorliegt. Schließlich wird die verfassungsbegründete Stabilitätsverpflichtung des Staates betont398, welche jedenfalls bei gezielter Inflationierung durch den Staat, möglicherweise aber auch schon bei einer Duldung derselben399, denselben Staat zu entsprechender steuerlicher Zurückhaltung zwinge, die wirtschaftliche Substanz zu schonen. Die Rechtsprechung scheint für solche Argumente bereits Verständnis aufzubringen. Der BFH400 gibt zu, daß die Verkehrsauffassung den Kapitalzins als einen Zufluß ansehe, welcher zum Teil der Erhaltung der Kapitalsubstanz diene 401 . Wenn die Inflation erheblich in die Substanz eingreife, d. h. mindestens ihre Raten die Zinssätze für langfristiges Sparkapital überstiegen, dann müsse der Steuergesetzgeber daraus Steuerentlastungsfolgerungen ziehen402 , er dürfe also die Erträge nicht ohne Rücksicht auf die Geldentwertung besteuern. Das BVerfG hat ebenfalls die Geldentwertung grundsätzlich in die Prüfung einbezogen, ob eine bestimmte Steuerbelastung die Substanz verletze 403 • Schließlich sind BAG und BGH in mehreren Entscheidungen bereits 1973404 für wiederkehrende, auf längere Zeit zu gewährende Leistungen vom Nominalprinzip abgegangen und haben die Beteiligten auf eine Neuverhandlung über die Höhe der Bezüge verwiesen. Wenn aber die Geldentwertung für die Höhe solcher vertraglicher Leistungen von Bedeutung ist, so wäre kaum verständlich, warum dies bei dem öffentlichrechtlichen Dauerschuldverhältnis der Besteuerung nicht gelten sollte. Ist hier bereits die große Entscheidung zugunsten der Berücksichtigung der Inflation "dem Grunde nach gefallen"? Dann müßte dies gerade einer Wertzuwachsabschöpfung durch Steuern Grenzen setzen. Papier (FN 303), S. 553 f.; von Wallis (FN 344), S. 272. Friauf, StuW 1975, S. 260 (261); vgl. ders. m. Nachw. (FN 360), S. 440/1. 390 Kaiser (FN 319), S. 248. 400 Überblick über die Rechtsprechung bei von Wallis, a.a.O., S. 273 f.; Friauf (FN 360), S. 437 f.; ders., StuW 1975, S. 264 f. 397 308
BStBl. 111, 1967, S. 690 (695). S.698. 408 BVerfG HFR 1969, S. 347. '404 Dazu Kaiser (FN 319), S. 218, 245/6; Friauf, StuW 1975, S. 261/2; vgl. i. übrigen Bettermann (FN 394). 401
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum 3. Untaugliche Begründungen für eine Steuerneutralitit der Inflation
Die früher ganz h. L. von der Bedeutungslosigkeit der Geldentwertung für die Besteuerung405 ist also, so mag es erscheinen, erschüttert wenn nicht schon überwunden. Ihre zentralen Argumente sind in der Tat nicht überzeugend. a) Nach welchem Index eine steuerrelevante Geldentwertung bestimmt werden soll, ob es hier überhaupt eine überzeugende Lösung gibt, ist bereits vielfach erörtert, es sind hier erhebliche Zweifel angemeldet worden408 • Sie schließen jedoch eine Berücksichtigung der Geldentwertung bei der Besteuerung nicht aus. Dem Staat steht hier sicher ein gewisses Auswahlermessen unter den möglichen Indices zu; so weit weichen sie nun voneinander auch nicht ab, daß sie zur Beschränkung der Besteuerung generell ungeeignet wären. Sollte hier die Ungenauigkeit einmal für einen Zeitraum zu einer gewissen Überlastung der Steuerpflichtigen, zum Substanzeingriff führen, so wäre dies nur eine vorübergehende und unwesentliche, damit aber unbeachtliche Eigentumsverletzung. Schließlich wird der Steuergewalt ganz allgemein ein so weites Schätzungsermessen zugestanden, daß gar nicht begründbar wäre, wieso nun gerade hier die Besteuerung auf einen Inflationsindex von letzter Genauigkeit gestützt werden müßte. An der Feststellbarkeit scheitert also eine Berücksichtigung der Geldentwertung nicht. b) Der allgemeine Hinweis auf die Währungs hoheit des Staates, welcher die Inflation zuzurechnen, welche aber von der Besteuerungsgewalt gänzlich zu trennen wäre 407 , kann ebenfalls nicht überzeugen. Gerade dann, wenn man die Geldentwertung als eine staatliche Hoheitsveranstaltung begreift, läßt sich ja nicht begründen, warum hier ein grundrechtsfreier Raum gegeben sein soll. Diese Anschauung kommt aus derselben Vorstellung von gewissen domaines reserves der Staatsgewalt, welche seinerzeit auch die Steuergewalt von der Eigentumsbindung hatte ausnehmen wollen408 ; sie ist ebensowenig überzeugend wie diese: Währungsstaatlichkeit wie Steuerstaatlichkeit - und also erst recht ihr kombinierter Einsatz - haben die Grundrechtschancen des Eigentums zu beachten. c) Das Nominalprinzip wird weithin als ein Grundsatz von derartig fundamentaler Bedeutung angesehen, daß er unter keinen Umständen durch eine Berücksichtigung der Inflation bei der Besteuerung aufgeNachw. bei Papier (FN 303), S. 530/1. Vgl. dazu u. a. Friauf (FN 360), S. 447; ders., StuW 1975, S. 268; Papier (FN 303), S. 560; Kaiser (FN 319), S. 246. 407 Vgl. etwa Huber, E. R., Wirtschaftsverwaltungsrecht H, 1954, S. 21/2. 408 Vgl. dazu oben H. 40S 408
IV. Wertzuwachs steuern und Geldentwertung
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geben werden dürfe409 • Vor allem das BVerwG hat immer wieder be~ tont, der Nominalismus diene der Stärkung der Staatsautorität und des Ansehens der Währung, es handle sich hier um ein unverzichtbares Prinzip der Rechts- und Wirtschaftsordnung41O • Diese Auffassung ist bereits überzeugend widerlegt worden411 : Der Nominalismus bietet im geltenden Recht allenfalls eine Auslegungsregel, der Gesetzgeber kann von ihm, direkt oder indirekt, beliebig abweichen; dann aber muß dies sogar geschehen, wenn andernfalls die Verfassung, die Grundrechte verletzt würden. Das Nominalprinzip ist als solches aus der Verfassung überhaupt nicht abzuleiten; allenfalls kann aus dieser eine "Währungsverpflichtung" des Staates entnommen werden: Dieser muß eine monetäre Ordnungseinheit zur Verfügung stellen, aufgrund deren Verpflichtungen eingegangen, jederzeit berechnet und beglichen werden können. Eine gewisse, elementare Stabilität verlangt hier die Rechtsstaatlichkeit: Ein totales "wertkonformes Floaten der Währung im Inneren" würde auch die staatlichen Leistungen und Eingriffe unberechenbar machen, abgesehen von der allgemeinen Rechtsunsicherheit, welche ihre Folge sein müßte. Wo hier die Verfassungsgrenzen liegen, wenn sie überhaupt greifbar sind, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben; daß die Zulassung von Wertsicherungsklauseln etwa oder eine inflationskonforme Besteuerung verfassungswidrig wären, wird nicht ernstlich behauptet werden. Es geht hier auch gar nicht um die "klassischen" Streitpunkte in diesem Bereich - ob der Nominalismus vielleicht generell bei starker Inflation verfassungswidrig ist, ob die Gerichte von sich aus, gesetzesfrei, Anpassungen vornehmen dürfen. Die Frage geht hier allein dahin, ob der Gesetzgeber, welcher doch der Herr der Währung und der Besteuerung ist, diese nicht synchronisieren muß, wenn es andernfalls zu Grundrechtsverletzungen käme. Dem steht aber das Nominalprinzip schon deshalb nicht grundsätzlich entgegen, weil ja doch wohl nicht behauptet werden kann, das Nominalprinzip stehe höher als Steuer~ gleichheit und Eigentum, fundamentale Wertentscheidungen des Grundgesetzes. Geht man nämlich davon aus, daß Inflation und Besteuerung in kombinierter Wirkung die Substanzgarantie des Eigentums verletzen, so muß der Nominalismus dem Art. 14 GG weichen, die Besteuerung ist herabzusetzen. Und wenn inflationsneutrale Besteuerung zur Belastung 401 Dazu FTiauj (FN 360), S. 438 f.; ders., Stuw 1975, S. 265; Kaiser (FN 319), S. 238, alle m. Nachw. 410 Siehe etwa BVerwG NJW 1973, S. 529; zu weit. judikativen Erkenntnissen vgl. Bettermann (FN 394), S. 2 f. 411
Insbes. von Bettermann, a.a.O.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
von Scheingewinnen führt, so könnte das Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt sein, das doch allein diese Besteuerung legitimieren soll, sie würde zum Widerspruch in sich, zur Verletzung der Steuergleichheit (Art. 3 Abs. I GG). So wenig wie der Staat die Werte evident falsch schätzen darf, welche er nachher der Besteuerung unterwirft, ebensowenig kann es ihm dann gestattet sein, die Leistungsfähigkeit seines Schuldners und die Wirksamkeit seiner eigenen Eingriffe ökonomisch evident unrichtig festzusetzen. Der Nominalismus als solcher verbietet es also dem Gesetzgeber jedenfalls nicht, den Steuerdruck einer veränderten wirtschaftlichen Wirklichkeit anzupassen, zu welcher eben auch, und sogar vornehmlich, der Geldwert gehört. Eine solche Adaptierung der Steuergesetzgebung geschieht laufend; es ist überhaupt keine Norm ersichtlich, welche sie hier verbieten und dem Staat damit ein wichtiges Instrument der Wirtschaftspolitik nehmen könnte. 4. Verpßidltung zur Berücltsichtigung der Inflation aus der Substanzgarantie?
Eine ganz andere Frage aber ist es, ob der Staat zur Berücksichtigung der Geldentwertung verpflichtet ist. Dies würde, wie bereits dargelegt, voraussetzen, daß Geldentwertung begrifflich in die Eigentumssubstanz eingreifen kann. Und auch eine unzulässige Scheinbesteuerung kann nur dann angenommen werden, wenn die Erträge (großenteils) nicht wirklich Zuflüsse neuer Leistungsfähigkeit darstellen, weil eben vorweg abzuziehen ist, was zur Erhaltung des Wertes der Substanz erforderlich erscheint. Damit aber spitzt sich das Problem nach der Berücksichtigungsnotwendigkeit der Inflation auf eine Frage zu, welche bisher, soweit ersichtlich, zu wenig vertieft worden ist: Wenn der Staat dem Eigentümer soz. vorweg belassen muß, was dieser zur Erhaltung des bisherigen Wertes seiner Substanz benötigt - übernimmt er insoweit nicht eine Substanzwertgarantie? Und, das ist nun für die Zulässigkeit der Wertzuwachsabschöpfung die entscheidende Frage: Wenn der Staat durch Berücksichtigung der Inflation dem Eigentümer das Wertrisiko im Negativen weitgehend abnimmt, darf, muß er dann nicht die Ergebnisse positiver Wertentwicklung durch Abschöpfung an sich ziehen? Diese Fragen sind zu bejahen. In einer Marktwirtschaft ist davon auszugehen, daß die Entwicklung aller Werte, auch des Geldwertes, sich nicht allein über staatliche Entscheidung, sondern primär über inund ausländische Märkte vollzieht. Der Staat kann zwar auf die Kaufkraft des Geldes mannigfaltigen Einfluß nehmen, wie er dies auch bei fast allen anderen Gütern, etwa bei Grund und Boden, vermag. Nur wenn dieser Einfluß zu weit geht, wenn er die Enteignungsschwelle überschreitet, so greift Art. 14 GG ein. Beim Geldwert wird sich dies
IV. Wertzuwachssteuern und Geldentwertung
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kaum nachweisen lassen; der Staat wird in der Regel mit Erfolg einwenden, mit seinen Währungsentscheidungen folge er nur den Marktentwicklungen oder kanalisiere dies, ohne das Eigentum zu verletzen.
Grundsätzlich kann also vom Staat nicht verlangt werden, daß er den Wert von Eigentumsgegenständen garantiere, weil er diesen ja auch gar nicht schafft. Man kann der Staatsgewalt, insbesondere dem Steuerstaat, nicht einerseits verbieten, den Wert von Eigentumsgütern zu vermindern, andererseits aber von ihm verlangen, er müsse, dürfe nicht nur, dem Eigentümer dabei helfen, den Wert seines Gutes zu erhalten. Nichts anderes aber wäre die Folge einer Besteuerung, welche es aus Verfassungsgründen dem Eigentümer gestattete, die Geldentwertungsrate vor Besteuerung abzuziehen, um sie dem Kapital werterhaltend hinzuzufügen - und erst den Rest des Ertrages zu versteuern. Das Kapital hat, infolge der Inflation, an Wert verloren; warum soll der Staat hier den Ausgleich durch Steuerbefreiung ermöglichen, nicht aber bei anderen Gütern? Die unannehmbare Folgerung eines Zwanges, Inflation steuerlich zu berücksichtigen, wäre eine Verpflichtung des Staates, bei Wertverlust aller Güter deren Erträge soweit abgabefrei zu belassen, bis der Ausgangswert der Substanz wieder erreicht sei. Das aber wäre steuertechnisch gar nicht durchführbar, man denke nur an die Mammutbewertungen, die dann jährlich bei Grund und Boden erforderlich würden. Eine Berücksichtigung der Geldentwertungsrate allein aber wäre eigentumsrechtlich eben allenfalls nur gegenüber den Geld-Eigentümern, nicht gegenüber den Inhabern anderer Werte zu rechtfertigen. Wenn diese gestiegen wären, so wäre die unausweichliche Folge, daß dann auch diese jeweiligen Erträge stärker zu besteuern wären - die Ertragsbesteuerung würde zur Funktion der Wertentwicklung der Substanz; damit aber wäre Wertzuwachssteuer nicht nur gerechtfertigt, sie könnte als steuersystematische Notwendigkeit erscheinen. Mit anderen Worten: Zur Berücksichtigung :der Geldentwertung ist die Steuergewalt deshalb nicht verpflichtet, weil kein Geld-Eigentümer ein Recht darauf hat, daß der Tauschwert, die Kaufkraft seiner Mittel ungeschmälert erhalten bleibt. Er hat in Geld angelegt, andere Bürger in anderen Werten - jeder trägt sein Wertrisiko, der Staat nimmt es keinem ab, er besteuert gleichmäßig, nach Nominalprinzip; darin liegt kein Verfassungsverstoß. Wer dem entgehen will, der möge inflationssichere Güter kaufen. Daß er dann u. U. weniger Ertrag erhält, ist wiederum nicht Sache des Staates, der dies nicht ergänzen muß, wenn er es auch darf: Der Staat ist weder eine Wert-, noch eine Ertragsversicherung durch Steuern. Die traditionelle Auffassung412 ist also zu billigen, sie wird auch vom BVerfG ausdrücklich geteilt: Die Eigentumsgarantie bedeutet weder
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
eine staatliche Wertgarantie, noch das währungs- und wirtschaftspolitische Leitbild, die Vorstellung eines stabilen Geldwertes zu verwirklichen4l3 • Wollte man anders entscheiden, so wäre eine Steuerrevolution nicht aufzuhalten: die Besteuerung nach Wertentwicklung. Sie wäre nicht nur schwer praktikabel, sie würde eine völlige Umwertung der Eigentums-Substanz-Garantie bedeuten: Wert und Ertrag würden synchronisiert, der Wertzuwachs dürfte ebenso entzogen werden, wie der Staat verpflichtet wäre, Wertminderung bei der Besteuerung zu berücksichtigen. Wer dem Eigentümer das Wertrisiko über Steuern abnimmt, entzieht ihm mit systematischer Notwendigkeit auch die Chance der Wertsteigerung. Diese These mag Inflationsgeschädigten hart erscheinen - geht man von ihr ab, so zerstört man die tiefste Rechtfertigung des Eigentums: daß es, wie die Freiheit, zugleich Gefahr und Chance ist. Und eine derart wertversteinernde Obhut des Staates würde ohnehin nicht lange anhalten, gar nicht andauern können. Verfassungsrechtlich korrekt und wirtschaftspolitisch realistisch ist daher nur eine Position: Der Steuerstaat muß die Inflation nicht berücksichtigen, weil er ja nicht Garant der Werte ist; deshalb darf es dann aber auch Wertzuwachssteuern nicht geben. Und umgekehrt: Würde Wertzuwachs abgeschöpft, so müßte die Geldentwertung unbedingt berücksichtigt werden. Diese Steuer brächte den Staat also in einen verhängnisvollen systematischen Zugzwang: Er kann nicht zugleich mit seiner Besteuerung an der Wertentwicklung nach oben partizipieren, die Wertentwicklung nach unten ignorieren. Dies ist wohl das politisch stärkste Argument gegen jede Wertzuwachsbesteuerung. Daß der Staat die Inflation, aus sozial- oder wirtschaftspolitischen Gründen, berücksichtigen darf, ist unbestritten. Nur ergibt sich daraus keine Begründung für Wertabschöpfung.
V. Wertzuwachssteuer als indirekte Eigentumsentziehung durch Verkaufsdruck 1. Der Begriff der indirekten Eigentumsentziehnng
a) Eine Wertzuwachssteuer entzieht nicht Eigentumsgegenstände, sie mindert Eigentumswerte. Darin liegt Enteignung schon deshalb, weil ja nicht nur die Innehabung von Gegenständen, sondern auch deren Wert durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG gegen den Zugriff der Steuergewalt gesichert ist. Nachw. dazu bei Friauf (FN 394), S. 260. m BVerfG HFR 1969, S. 347. 412
V. Eigentumsentziehung durch Verkaufsdruck
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Es fragt sich jedoch, ob eine solche Belastung nicht noch in einer anderen Weise, und diesmal durchaus "klassisch", enteignet, indem sie nämlich den Inhaber zur Aufgabe des Gutes, zum Verkauf zwingt. Dann läge ja der eindeutige Enteignungsfall des (indirekten) RechteEntzuges vor. Diese Frage mag nach den bisherigen Feststellungen müßig erscheinen: Wenn bereits die Wertminderung durch eine mit der Innehabung des Gutes konnexen Steuerforderung enteignend wirkt, so bedarf es doch einer solchen zweiten Stütze gar nicht, um die Enteignungswirkung der Wertzuwachssteuer zu begründen.
Die folgende Untersuchung ist dennoch als Ergänzung wichtig: Einerseits trägt eine Begründung aus "indirektem Eigentumsentzug durch Verkaufsdruck" auch dann, wenn die Theorie von der Eigentumsbelastung durch konnexe Steuerforderungen nicht akzeptiert würde; zum anderen, und dies ist vielleicht noch bedeutsamer, ist es nur im vorliegenden Zusammenhang möglich, einen Einwand zu entkräften, der sich gegen jeden Enteignungseffekt von Abgaben vorbringen läßt: Der Eigentümer kenne ja diese Wirkungen im voraus, es stehe ihm frei, sich von dem betreffenden, betroffenen Gegenstand zu trennen, auf ein anderes Gut auszuweichen. Hier wird dann der Verkaufsdruck nicht als Eigentumsentziehung, als Enteignung gewertet, sondern geradezu umgekehrt als Gegenargument wider steuerliche Konfiskationswirkung eingesetzt - der Staat orientiere ja den Eigentümer durch Verkaufsdruck zu anderen Gütern; wenn er an den bisherigen festhalte, so dürfe er sich nicht mehr auf Art. 14 GG berufen; dieser verlange eben vom Eigentümer eine gewisse Flexibilität in seiner Eigentumspolitik. b) Daß die Wertzuwachssteuern einen Verkaufsdruck häufig erzeugen, kann nicht zweifelhaft sein. Man kann die Eigentümer demgegenüber nicht generell darauf verweisen, sie sollten doch andere, weitere Mittel einsetzen, wenn sie ihr Gut behalten wollten. Das gesamte Steuerrecht, die Rechtsordnung überhaupt, geht vom wirtschaftlich vernünftig handelnden Bürger aus. Dieser aber wird nicht auf Dauer einzelne Positionen halten, die ihm laufende Verluste bringen, ihn zu anderen Verdiensten zwingen, diese aufzehren. Damit träte ja sogar in vielen, typisierbaren Fällen jene grundlegende Veränderung der Vermögensverhältnisse des Steuerschuldners ein, bei welcher das BVerfG die Enteignungsgrenze zieht414 • Bei großen Güterkategorien, vor allem bei Grund und Boden sowie bei Sachwerten (Sammlungen), wäre also der Verkaufsdruck durch Wertzuwachssteuern höchst wirksam. Im Falle der Bodenwertzuwachssteuern wäre dies ausdrücklich vom Gesetzgeber gewollt, über solche bodenpolitische Effekte würde ja diese 414
Vgl. oben III 2.
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D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
Abgabe primär gerechtfertigt. Daß hier also erheblicher Verkaufsdruck bestünde, läßt sich nicht bestreiten. Dies träfe vor allem dort zu, wo es über neue Baulandqualität zu wesentlicher Wertsteigerung käme. c) Verkaufsdruck kann auch nicht generell als eigentumsneutral angesehen werden, weil ja nicht der Staat Güter entziehe, sondern der Eigentümer sich "freiwillig" von ihnen trenne. Auch eine derartige "Selbstenteignung" ist Expropriation, wenn sie unter staatlichem Zwang geschieht. Daß dieser nicht hoheitlich wirken, sondern auch wirtschaftlicher Natur sein kann, bedarf hier keiner näheren Begründung: Wollte der Staat den Berufszugang in einem Bereich von der Stellung riesiger Kautionen abhängig machen, so würde dies nicht mehr als eine subjektive Zulassungsschranke, es würde überhaupt nicht als sachgerecht anerkannt werden; es könnte ebenfalls nicht mit der Begründung legitimiert werden, der Zugang sei ja frei für diejenigen, die zahlten. Für den gesamten Grundrechtsbereich gilt: Wenn der Staat auf den Bürger Druck ausübt, Freiheit selbst aufzugeben, so steht dies dem Entzug des Freiheitsraumes durch den Staat gleich. Dasselbe muß grundsätzlich für das Eigentum gelten. Es bleibt also nur die Frage: Wäre bei Wertzuwachsbesteuerung der Verkaufsdruck scharf genug, oder wäre er sogar generell zulässig, weil das "Ausweichen auf anderes Eigentum" oder "auf andere Nutzung" zumutbar ist? Diese Probleme sind, soweit ersichtlich, vertieft noch nicht behandelt worden; es liegen vereinzelte Äußerungen vor, bei denen aber die Folgerungen meist nicht hinreichend bedacht werden. 2. Zumutbarkeit des "Ausweidlens auf andere Eigentumsnutzung"?
a) Gelegentlich wird recht allgemein behauptet, dem Eigentümer sei zuzumuten, den Ertrag anderer Vermögensgegenstände zur Erhaltung bestimmter Güter einzusetzen415, d. h. aber, einen Eigentumsgegenstand zur Erhaltung des anderen zu nutzen. Daß diese Auffassung unzutreffend ist, wurde bereits dargelegt (vgl. oben 1); sie geht davon aus, daß "das Vermögen" als solches Gegenstand des Eigentumsschutzes wie der Besteuerung sei, was aber418 nicht zutrifft. Hier zeigt sich übrigens, daß diese Vermögenstheorie für das Eigentum erhebliche Gefahren mit sich bringt; nach ihr wird der Eigentümer solange nicht enteignet, wie er unter Einsatz seines übrigen Vermögens noch irgendwie dem Verkaufsdruck des Steuerstaates Widerstand leisten kann. Eine solche "Enteignungsschwelle nach Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners" gibt es aber nicht. 415
411
Vgl. etwa Bär (FN 6), S. 81. Vgl. oben II 2 b.
V. Eigentumsentziehung durch Verkaufsdruck
161
b) Allgemein wird betont, daß der Steuerpflichtige eben das Eigentum sachgerecht nutzen muß417; genügt er dieser Verpflichtung gegen sich selbst nicht und kommt es deshalb zu einer steuerlichen Überlastung und, in ihrem Gefolge, zu einer Substanzminderung, so ist diese nicht als Staatseingriff anzusehen, weil der Steuerstaat von einem wirtschaftlichen Verhalten seiner Bürger ausgehen darf. Unter Berufung darauf kann der Staat aber nicht Wertzuwachssteuern erheben. Zwar könnte er diese damit zu begründen versuchen, daß der Eigentümer ja nur ein bestimmtes, staatlicherseits gewünschtes Nutzungsverhalten an den Tag zu legen brauche; dann würden ihm Erträge zufließen, aus denen er diese Steuern bezahlen könne. Wenn er etwa baue, werde er eben entsprechend wirtschaftlich leistungsfähig sein. Eine derartige Argumentation läßt sich nicht zugunsten der Wertzuwachssteuer allgemein einsetzen. Wer einem solchen Nutzungs-, etwa dem Bauzwang nachkäme, müßte ja dennoch die Steuer entrichten, würde also in der Substanz getroffen; denn aus den Erträgen könnte sie kaum entrichtet werden. Wollte man sie aber als reine Verhaltenszwangs-Abgabe ausgestalten, sie etwa nur für den Fall der Nichtbebauung erheben, so würde sie wiederum in den meisten Fällen enteignenden Verkaufszwang entfalten: Der Eigentümer würde zu einer neuen Nutzung gezwungen, welche aber den Einsatz anderweitiger Mittel verlangt; stehen ihm diese nicht zur Verfügung, so müßte er verkaufen, der Einsatz dieser anderen Mittel zur Erhaltung des Gutes darf aber nicht vom Staat erzwungen werden (vgl. oben). Auch der Zwang zu einer Fremdfinanzierung solchen Umfangs wirkt enteignend - was bleibt denn dem Eigentümer hier von seiner früheren Eigentums-Freiheit? Er wird in einen Zwangszusammenschluß mit dem Kreditgeber gedrängt, sein Gut wird völlig verwandelt, dies aber bedeutet erneut Verkaufsdruck, Selbstenteignung. Die Verpflichtung optimaler Nutzung setzt also stets voraus, daß es dasselbe Eigentum ist, welches genutzt wird, der Eigentümer kann nicht gezwungen werden, tiefgreifende Veränderungen vorzunehmen und dann dieses derart umgestaltete Eigentum zu nutzen. Ein solcher Umgestaltungsdruck ist ebenso unzulässig wie der hinter ihm stehende Verkaufsdruck. Hier wirkt die Eigentumsgarantie in ihrem Aspekt der Nutzungsfreiheit. 3. Zumutbarkeit des Ausweichens auf andere Anlagen?
Kann dem Eigentümer entgegengehalten werden, er brauche sich ja nur, wenn ihm in einem Falle die steuerliche Belastung zu schwer 417
Für viele Rüjner (FN 159/60), S. 883; Papier (FN 303), S. 509 m. Nachw.
11 Lelsner
D. Grenzen einer Wertzuwachsbesteuerung aus dem Eigentum
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werde, von dem betreffenden Gegenstand zu trennen und eine andere Anlage zu wählen; scheue er etwa die Wertzuwachssteuer bei Grund und Boden, so möge er diesen verkaufen und Wertpapiere erwerbendies gerade ist ja das Ziel der Bodenwertzuwachssteuer. Der BFH rät solches den Eigentümern418 ; gelegentlich wird ihnen zugemutet, "mit Hilfe wirtschaftlicher Manipulationen einen anderen, nicht so hoch mit Steuern belasteten wirtschaftlichen Tatbestand zu schaffen"419. Allerdings dürfe mit der Umschichtung kein Substanzverlust verbunden sein42o . Diese Auffassung kann nicht überzeugen, sie würde den Verkaufsdruck: allgemein legitimieren, Selbstenteignung generell für zulässig erklären. Sie verkennt, daß das Eigentum in erster Linie die - auch wirtschaftlich - ungestörte Innehabung der Güter garantiert. Ein Steuerdruck: auf die Eigentumsposition421 darf also auch als Zwang zu anderer Anlage nicht ausgeübt werden, mag sie nun lukrativer sein oder nicht422, andernfalls liegt ein unzulässiger impöt prohibitif vor 423 . Der Staat darf wirtschaftliches Verhalten seiner Bürger erwarten, aber stets innerhalb einer bestimmten, legal bestehenden Eigentumsposition, nicht durch Aufgabe derselben. . Die Steuer mag zwar gelegentlich, in Verbindung mit anderen wirtschaftlichen Entwicklungen, einen vernünftig wirtschaftenden Eigentümer zur Aufgabe eines Gutes zwingen. Dies ist dann nicht zu beanstanden, wenn es sich um im übrigen zulässige, nicht substanzentziehende Abgaben handelt. Der großangelegte Substanzentzug aber, welcher etwa durch Wertzuwachssteuer bewirkt wird, kann nicht umgekehrt dadurch legitimiert werden, daß der Eigentümer ja verkaufen könne. 4. Zulässigkeit der" wirtschaftlichen Orientierung" des Eigentumsgebrauchs durch den Gesetzgeber
Der Steuergesetzgeber will häufig dem Bürger ein gewisses wirtschaftliches Verhalten nahelegen, ja ein solches erzwingen. Darin wirkt gerade die Sozialgestaltungsfunktion der Steuer, des Steuerinterventionismus des Staates424 • Daraus wird nun gefolgert425 , der Gesetzgeber
4U
Vgl. BFHE 112, S. 546 (566); dazu krit. Kröger (FN 346), S. 2305 (2307). Roth (FN 240), S. 91; vgl. auch Rüjner (FN 159/60), S. 883. Selmer (FN 269), S. 327/8. Vgl. Papier (FN 303), S. 502. Zutr. Friauj (FN 6), S. 657 f.; ders. (FN 360), S. 449. Zum Begr. Bär (FN 6), S. 80. Vgl. dazu Friauj (FN 143), S. 44/5; ders. (FN 360), S. 449; Klein (FN 316),
425
Vom Wiss. Beirat b. BMF (FN 9), S. 94.
418 419 420
421
4!! 423
S.236.
V. Eigentumsentziehung durch Verkaufsdruck
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dürfe über Wertzuwachssteuern eben auch eine bestimmte Nutzung der Grundstücke - oder deren Verkauf - "nahelegen"; um mehr aber gehe es nicht. Auch diese Begründung versagt, sie ist nichts als eine Variante der bereits vorstehend wiederlegten Argumente: Der Verkaufsdruck ist zu bejahen, ihm kann man nur durch eine völlig andere Nutzung des Eigentums - oder durch dessen Verkauf - entgehen, beides wirkt enteignend, das letztere ist indirekte Eigentumsentziehung. Die Berufung auf die Rechtsprechung des BVerfG schließlich426 versagt: Dort ging es um künftiges wirtschaftliches Verhalten, also primär um den Bereich der Berufs-, nicht der Eigentumsfreiheit; und die "nahegelegte" Neuorientierung hatte weder eine völlig andere Eigentumsnutzung, noch eine Aufgabe von Eigentumsgütern zur notwendigen Folge. Ergebnis: Ein durch eine Wertzuwachsbesteuerung etwa ausgelöster wirtschaftlicher Verkaufsdruck oder ein entsprechender Zwang zu einer völlig anderen Eigentumsnutzung wirkt als indirekte Eigentumsentziehung expropriativ. Der Eigentümer ist nicht verpflichtet, auf andere Anlagen oder auf völlig andere Nutzungen auszuweichen.
426
(137).
Vgl. etwa BVerfG FR 1965, S. 396; BVerfGE 10, S. 354 (371); 17, S. 135
Schlu&bemerkung Eine Wertzuwachsbesteuerung würde, allgemein wie in der besonderen aktuellen Form der Bodenwertzuwachssteuer, die Substanzgarantie des Eigentums (Art. 14 GG) verletzen. Gerade dann würde dies eintreten, wenn mit ihr bodenpolitische Ziele verfolgt würden. Verfassungswidrigkeit wäre auch dann unvermeidbar, wenn über eine solche Abgabe Verteilungspolitik in nennenswertem Ausmaß betrieben werden sollte - dann nämlich wäre eine Belastung erforderlich, welche aus den Erträgen mit Sicherheit nicht bezahlt werden könnte - wiederum würde in die Substanz eingegriffen. Es sind also keine steuerlichen Zwecke ersichtlich, welche mit einer solchen Abgabe in verfassungskonformer Weise verfolgt werden könnte, ganz abgesehen davon, daß es für sie eine überzeugende Legitimation auch im übrigen, nach allgemeinem Steuerverfassungsrecht, nicht gibt. Deshalb sollte die Diskussion über die steuerliche Abschöpfung von Wertsteigerungen nach einem Jahrhundert der Mißerfolge geschlossen werden. Mit der Wertsteigerung nimmt der Bürger Anteil an der Leistung der gesamten Gemeinschaft. Sein "Verdienst" ist hier von anderer Art als im Falle des Arbeitseinkommens, doch nicht weniger legitim als dieses, für einen Staat, der aus Bürgern besteht, besonders bedeutsam: Das Eigentum wirkt hier solidarisierend - über die Güter, ihren Wertzuwachs, ihren Wertverlust, erscheint die Gemeinschaft als Einheit in Freiheit, in der individuellen Nutzung der Werte. Ein Staat, der sich alle Wertsteigerungen über Steuern zuführt, pflegt immobiles, gemeinschaftsfeindliches Besitzbürgertum. Bleibt dagegen mehr oder weniger an Wert jeweils dem Bürger, so wird dieser überzeugter in einer Gemeinschaft stehen, mit der zusammen er Werte schafft, vermehrt, erhält. Und dann erst wird Eigentum voll zur Integration: Im Namen des Eigentums sind die Bürger dann einig, in einer gemeinsamen Anstrengung für einen dynamischen Wert. Schon heute zeigt sich, daß es wohl nur eine Güterordnung der politischen Freiheit geben kann: Eben dieses lebende, bewegte, bewegende Eigentum in Einigkeit.
Zusammenfassung der Ergebnisse 1. Die Frage, ob Wertsteigerungen teilweise oder ganz vom Staat entzogen werden dürfen oder dem Eigentümer verbleiben sollen, stellt sich in Aufschwung wie Rezession; der Ruf nach Abschöpfung wird nach großen Wertschöpfungen ebenso laut wie im härteren Verteilungskampf. Die Wertzuwachsfrage ist eine eminent politische, sie hat zugleich eine staatsethische Dimension - sind Wertsteigerungen "verdient", verdienen sie Schutz als "Leistungseigentum"? Nach dem Scheitern des Planungswertausgleichs wird verstärkt die Forderung nach Abschöpfung von Wertzuwachs durch Abgaben laut, im Vordergrund steht, wie stets bei diesem Problem, der Bodenwertzuwachs; denn nach geltendem Recht wird Wertzuwachs als solcher überhaupt nicht, indirekt nur in Grenzen und im Realisierungsfall, als Teil des Veräußerungserlöses, besteuert. 2. Vorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer kommen vor allem von der SPD, welche auch unrealisierten Zuwachs einer nach Wertsteigerungshöhe progressiven Realabgabe unterwerfen will. Die FDP denkt dagegen an eine jährliche Abschöpfungsbelastung mit dem halben Einkommensteuersatz. eDU-Experten wollen den Zuwachs mit einer zeitnahen Einheitsbewertung erfassen. Klare, voll ausgearbeitete Konzepte sind jedoch bisher im politischen Raum nicht erarbeitet worden. Es blieb bei allgemeinen Programmen, deren steuertechnische Durchführbarkeit zweifelhaft ist. Die Frage der grundsätzlichen Berechtigung einer solchen neuen Abgabe ist bisher kaum ansatzweise erörtert worden. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hält eine Besteuerung realisierter wie nicht realisierter Wertzuwächse bei Grund und Boden für zulässig und, in gewissen Grenzen, für empfehlenswert. Seine vorwiegend finanzwissenschaftliche Stellungnahme vertieft jedoch die verfassungsrechtliche Eigentumsproblematik nicht und klammert die hier besonders aufschlußreiche historische Betrachtung aus. Die Notwendigkeit einer Bodenwertzuwachssteuer wird vom Beirat ohne überzeugende Begründung bejaht, und seine steuertechnische Einzeluntersuchung zeigt die großen Gestaltungsschwierigkeiten, die
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Zusammenfassung der Ergebnisse
bei einer derartigen Abgabe auftreten (Doppelbelastung zur Einkommensteuer, Aufgabe des Realisationsprinzips). 3. Die geistigen Wurzeln der Wertzuwachsbesteuerung liegen im physiokratischen Denken des 18. Jahrhunderts, bei Malthus und der Grundrententheorie Ricardos; noch heute liefert die damals zentrale These von der Unvermehrbarkeit von Grund und Boden die Hauptbegründung für die angebliche Notwendigkeit dauernder und starker Wertsteigerungen, obwohl die heutige liberal geprägte Wirtschaftsund Grundrechtsordnung dem Merkantilismus weit näher steht. Hinzu kam - vor allem durch John Stuart Mill - die Behauptung, der Zuwachs müsse abgeschöpft werden, da er "unverdient" sei; sie ist bis heute die wichtigste Begründung aller Abschöpfungsforderungen geblieben. Der Amerikaner Henry George schließlich sah die Massen in zunehmendem Maße von dem monopolisierten Boden ausgesperrt und verband dies mit Elementen der marxistischen Verelendungstheorie; nach ihm sollte eine Steuer, welche Wertsteigerung wie Grundrente entzöge, alle anderen Abgaben entbehrlich machen. Eine kontinuierliche geistige Tradition läßt sich im Wertabschöpfungsdenken früherer Zeit jedoch nicht feststellen. 4. Der eigentliche Begründer der Zuwachssteuertheorie ist Adolph Wagner; er forderte allgemein Besteuerung der "Conjuncturengewinne" und machte dies zur Grundlage einer ganzen Steuertheorie. Bei diesen Conjuncturengewinnen fehle es an der individuellen Leistung des Eigentümers; die Frage, ob sie nicht zum Wesen einer Marktwirtschaft gehörten, wird nicht vertieft. Als ein großes, allgemeines Steuerrechtfertigungsprinzip hat sich jedoch, wie Wagner es wollte, die Wertabschöpfung nicht durchgesetzt; mit dem Sieg des Leistungsfähigkeitsprinzips hat das Abschöpfungsdenken entscheidend an Schwungkraft verloren. 5. Die deutsche Bodenreformbewegung popularisierte Ende des 19. Jahrhunderts diese Gedanken, indem sie insbesondere auf die enormen Bodenpreissteigerungen seit der Gründerzeit hinwies. In Kiautschou wurde 1898 eine allgemeine Bodenwertzuwachssteuer eingeführt. Seit 1903 wurde sie in einer rasch steigenden Zahl von Kommunen erhoben, allerdings nur auf realisierten Wertzuwachs und unter Hinweis auf die Leistungen der Gemeinden. Da dies dem großen Abschöpfungsgedanken nicht genügte, forderten die Bodenreformer nachdrücklich eine Reichssteuer. Das Reichszuwachssteuergesetz 'Von 1911 versuchte zwar eine teilweise Abschöpfung der realisierten Wertsteigerungen bei allem Immobiliarbesitz, doch wurde diese wesentlich abgeschwächt, vor
Zusammenfassung der Ergebnisse
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allem durch Freigrenzen und Regression nach Besitzzeit. Insgesamt war das Gesetz ein Fehlschlag. Noch bevor dies offenkundig wurde, ging die Reformbewegung noch einen Schritt weiter: Das Reichsbesitzsteuergesetz von 1913 erfaßte allen Vermögenszuwachs - doch wieder lagen die Freigrenzen hoch, der Steuersatz war bescheiden; das Gesetz brachte eine Art von Reichsvermögensteuer, keine eigentliche Wertzuwachsabschöpfung. Mit dieser Gesetzgebung brach sich sogar der Schwung der Bodenreformbewegung: Das Reich gab das Aufkommen der eben erst geschaffenen Bodenwertzuwachssteuer an Länder und Gemeinden zurück; dort provinzialisierte die große Abschöpfungsidee. Die eigentliche Rechtfertigung der Besitzzuwachssteuer lag überdies nicht mehr in der Abschöpfung des Unverdienten, sondern es sollte der Besitz für die Wehranstrengungen des 1. Weltkrieges herangezogen werden. Die allgemeine Wertzuwachssteuer, bereits damals in der Finanzwissenschaft überwiegend heftig kritisiert, leitet bereits die Auflösung des Abschöpfungsdenkens ein. 6. Im 1. Weltkrieg und nach seinem Ende kam es bei allen Kriegführenden zu Abschöpfungsversuchen der "Kriegsgewinne", später zu allgemeinen lastenausgleichsähnlichen Vermögensabgaben, doch diese wurden nunmehr ganz anders, nämlich über die nationale Solidarität im Unglück legitimiert. Die Weimarer Reichsverfassung brachte das Programm einer Bodenwertzuwachsabgabe; doch ein allgemeines Vermögenszuwachssteuergesetz von 1922 scheiterte vollständig. Die Inflation entzog solchen Abgaben Praktikabilität und Legitimation - gerade hier mußte das Nominalprinzip rasch gelockert werden; diese Erfahrungen zeigen, daß sich Abschöpfungssteuern in Perioden der Geldentwertung kaum halten lassen. Die Wertzuwachssteuern sind nahezu unbewußt ausgelaufen; ihre letzten Reste, ein Zuschlag zur gemeindlichen Grunderwerbsteuer, wurde 1944 aufgehoben.
7. Diese Entwicklung zeigt: Der Abschöpfungsgedanke hat sich infolge seiner eigenen inneren Schwäche aufgelöst: Solche Steuern erwie-
sen sich immer wieder als kaum praktikabel und sie konnten nicht legitimiert werden - zu einer "Theorie des unverdienten Wertzuwachses" ist es nie gekommen. Geblieben ist nur der Hinweis auf einzelne Quellen der Leistungsfähigkeit, die aber durch andere Abgaben, insbesondere die Vermögensteuer, ausgeschöpft wurden. Als Eigentumsproblem ist die Wertabschöpfungssteuer zwar gelegentlich erkannt, aber nie vertieft worden, vor allem, weil sie bald als Kriegs-Lastenausgleich erschien und sich daher Konservative und Li-
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Zusammenfassung der Ergebnisse
berale hier nicht auf das Eigentum beriefen. Eine traditionelle Überzeugung der Eigentumskonformität solcher Abgaben gibt es nicht, ebensowenig eine Tradition dahin, daß "unverdiente Wertsteigerungen" allgemein abgeschöpft werden müßten; die Agrarisierung der Idee hat diese vielmehr rasch provinzialisiert. Der unrealisierte Wertzuwachs wurde als solcher nie abgeschöpft, nur in sehr engen Grenzen besteuert. Die Wertzuwachsabgaben haben nie wirklich bedeutsamen Ertrag gebracht und stets unverhältnismäßig starken politischen Widerstand hervorgerufen. 8. Nur die bodenpolitische Zielrichtung und Legitimation blieb einigermaßen lebendig. Sie wurde in der Baulandsteuer (1961 - 63) wieder aufgenommen, einer Spezial-Grundsteuer für baureifen Boden, welche Bebauungs- (oder Verkaufs-)Druck erzeugen sollte. Die Baulandsteuer, von Anfang an heftig umstritten, wurde aber nach zwei Jahren wieder aufgehoben. In der Rechtsprechung traten erhebliche Verfassungsbedenken wegen Verletzung der Eigentumsgarantie auf, der BFH rechtfertigte schließlich die Abgabe nur unter Hinweis auf den geringen, vorübergehenden Substanzeingriff. Zum ersten Mal zeigte sich hier eine unerwartet starke Eigentumssensibilität und, wie schon früher, heftiger politischer Widerstand gegen Abschöpfungsversuche, die sich hier auch in bodenpolitischer Motivation als Fehlschläge erwiesen. Die Entwicklung der Abschöpfungsabgaben ist eine Serie von Mißerfolgen. 9. Als Vermögensondersteuer bedarf eine Wertzuwachsabgabe einer speziellen Rechtfertigung. Sie wird vor allem in dem "unver,dienten Gewinn" gesehen, der dem Eigentümer hier ohne Leistung zufließe: Er entstehe durch Konjunkturzufall oder durch Leistungen von Staat oder Gesellschaft. Art. 14 GG soll überdies die Wertzuwachschance nicht schützen. Diese Theorie des leistungslosen Gewinnes ist unhaltbar: Kauf Abwarten - Verkauf bedeutet in einer Marktwirtschaft an sich schon "Leistung", sonst wäre jeder Handelsgewinn unberechtigt. Der Wertsteigerungsgewinn kommt ferner aus Einsatz eigenen Kapitals; dieses aber bedeutet eigene Leistung des Eigentümers. An- und Verkauf, vor allem aber auch Verwaltung von Gütern, insbesondere von Grund und Boden, macht schließlich heute den Einsatz von Arbeitskraft erforderlich. Das BVerfG nimmt aus dem Leistungseigentum auch nur das "Staatsgeschenk" , nicht die staatsverursachten Gewinne aus. Die Wertsteigerung mag - für den Eigentümer - "zufällig" entstehen, dennoch ist sie ihm zuzurechnen, weil ja auch gilt: casum sentit
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dominus. Dies muß selbst dann zutreffen, wenn Staat oder Gesellschaft den Zuwachs "verursacht" haben; eine direkte Vermögensverschiebung im Sinne der ungerechtfertigten Bereicherung läßt sich hier in der Regel nicht nachweisen. Eine Abschöpfung von Gewinnen durch den Verursacher aber widerspräche allgemeinen Rechtsgrundsätzen und würde die geltende Vermögensordnung zerstören. Dann müßte auch die Steigerung voll abgeschöpft werden, denn der Staat hat nichts zu verschenken - oder die Gesellschaft, wer übrigens von beiden? Wertzuwachs ist auch keine Zukunftschance, sondern gegenwärtiges Eigentum.
10. Spekulationsbekämpfung legitimiert Wertzuwachsbesteuerung nicht. Politisch hat zwar dieses Ziel stets stark gewirkt, Konservative und Sozialisten zusammengeführt; doch eine Theorie der Spekulation ist dabei nicht entwickelt worden. Ein generelles Unwerturteil über jede "Spekulation" ist unmöglich; auf ihr beruht die Marktwirtschaft. Allenfalls können und müssen hier Auswüchse beschnitten werden. Dazu aber eignet sich eine Wertzuwachssteuer nicht; sie könnte nicht auf die Besonderheiten der unseriösen, verwerflichen Spekulation gezielt werden, sie erbrächte dann auch zu wenig, wenn sie nur "ungesunde Wertbewegungen" verhindern sollte. 11. Wertzuwachsabgaben sollen über Aequivalenz gerechtfertigt werden, als Gegenleistung für wertsteigernde Aufwendungen von Staat oder Kommunen. Solche konkrete, direkte, bestimmbare Wertsteigerungen lassen sich aber kaum feststellen, eine allgemeine Abgabe könnte sie auch gar nicht sachgerecht kompensieren. Das Städtebauförderungsrecht sieht eine gewisse Abschöpfung von Wertzuwachs im Namen der Aequivalenz vor. Die Abgaben sind hier eine stark pauschalierte Abgeltung der kommunalen Sanierungs aufwendungen und der wertsteigernden Vorwirkungen der Enteignung. Immerhin sind hier aber noch konkrete Staatsleistungen feststellbar. Beim Planungswertausgleich wäre dies nicht mehr der Fall gewesen, er konnte durch Analogie zur Städtebauförderung nicht legitimiert werden: Eine Ablösung künftiger Kommunalleistungen kommt nicht in Frage, da sie zuwenig sicher und bestimmt wären; die Freigabe zur Bebauung ist nicht als solche eine "wertsteigernde Leistung an den Eigentümer", das Angebot des Marktes läßt vielmehr die Preise steigen. Nur dann könnte Planungswertausgleich über Aequivalenz gerechtfertigt werden, wenn der Staat in der Freigabe zur Bebauung ein staatliches Obereigentum am Grundstück aufgäbe; dies ist jedoch ebensowenig der Fall, wie die "Verursachung" der Wertsteigerung durch die Baureifeerklärung genügen kann.
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Der Planungswertausgleich zeigt, daß sich Wertabschöpfung über Aequivalenz überhaupt nicht generell begründen läßt. 12. Die Aequivalenzbegründung bedeutet einen Rückfall in eine überholte Steuerrechtfertigung: Heute werden die Abgaben unmittelbar aus Existenz und Notwendigkeiten des Staates legitimiert. Mag dies auch in einer Demokratie nicht unbedenklich sein, die eine gewisse Gleichordnung von Bürger und Staatsgewalt anstrebt - Steuer und Vorteilsausgleich stehen heute in einem grundsätzlichen Gegensatz.
13. "Leistungsfähigkeit" soll heute eine Besteuerung legitimieren, die allen Bürgern verhältnismäßig gleiche Opfer für die Gemeinschaft auferlegt. Wertzuwachs bedeutet zwar erhöhte Leistungsfähigkeit, dies aber rechtfertigt es nicht, den Zuwachs höher als anderes Vermögen zu belasten. Abschöpfung ist auch etwas völlig anderes als sonstige Besteuerung, sie wirkt expropriativ, nicht, wie diese, partizipativ. Ferner ist unrealisierter Gewinn ein zweifelhaftes Indiz für eine besondere Leistungsfähigkeit - der Eigentümer ist nicht "besonders leistungsfähig", er kann sich allenfalls durch eigene Verfügungen dazu machen; zunächst liegt nicht mehr vor, als eine über allgemeine Vermögensteuer zu erfassende Innehabung größerer Werte. Nur bei Grundstücken käme schließlich Abschöpfung in nächster Zeit wohl in Betracht; es wäre aber schwer zu begründen, daß allein die Grundeigentümer erhöht leistungsfähig sind. 14. Gegen die Leistungsfähigkeit als Steuerrechtfertigung bestehen überdies prinzipielle Bedenken: Was "Bedürfnisbefriedigung" und "verhältnismäßig gleiches Opfer" bedeuten, läßt sich nicht exakt bestimmen, sondern nur durch politische Dezision: über die Steuerhöhe sagt das Prinzip nichts aus. Es ist auch nicht ersichtlich, warum das Eigentum den Inhaber gerade dem staatlichen Zugriff gegenüber ebenso abdecken sollte, wie bei anderer Bedarfsbefriedigung, wo der Markt ja die Preise auch nicht nach der Leistungsfähigkeit des Käufers bestimmt. Eine konsequente Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips würde die Marktwirtschaft zerstören. 15. Der Boden unterliegt verstärkter Sozialbindung, darf also auch speziell besteuert werden; dies gilt jedoch nach der Rechtsprechung nur zur Erreichung bodenpolitischer, nicht fiskalischer oder redistributiver Zwecke. Bei einer Wertzuwachssteuer könnte sich also der Gesetzgeber auf diese Gestaltungsfreiheit nur berufen, wenn sie bodenordnend wirken soll. Die speziell für Abschöpfung bei Grund und Boden vorgebrachten Gründe überzeugen jedoch nicht: Leichtere Praktikabilität könnte, selbst
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wenn sie hier vorliegen sollte, allein nicht genügen. Dasselbe gilt für eine Dauer-Wert-Steigerung, die sich überdies kaum überzeugend feststellen lassen würde. Das immer wieder vorgebrachte Argument der Unvermehrbarkeit des Bodens ist heute weithin überholt: Der hier vor allem interessierende Bauboden ist sowohl technisch (Hochbau) wie planerisch hinreichend vermehrbar, stärker als viele andere Güter. Der Staat kann Abschöpfung nicht über eigene Planungsfehler legitimieren.
16. Art. 14 GG ergibt keine Begründung für eine Wertzuwachssteuer, welche etwa gleiche Chancen im Wettbewerb um das Eigentum herstellen sollte. Nicht solche Konkurrenzgleichheit schützt die Verfassung, sondern die Innehabung von Gütern, das Recht am Eigentum, nicht auf Eigentum; und "Wettbewerb um Eigentum" findet zwischen Besitzenden und Besitzlosen nicht statt. 17. Die bodenpolitische Wirksamkeit von Wertzuwachssteuern ist zweifelhaft, die Erfahrungen der Vergangenheit sprechen nicht für sie. Insbesondere läßt sich eine Bodenverteuerung durch Überwälzung kaum mit Sicherheit ausschließen. 18. Wertabschöpfung ist durch keine Steuerrechtfertigung gedeckt, sie unterliegt schon deshalb erheblichen Bedenken aus der Steuergleichheit. Rechtspolitisch spricht kaum etwas für sie, weder allgemein, noch beschränkt auf Grund und Boden.
19. Es fragt sich nun, ob eine Wertzuwachsbesteuerung mit der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) vereinbar wäre. Dies ist eine verfassungsrechtliche, aber auch eine verfassungspolitische Frage: Eine "gerade noch verfassungsmäßige" Abgabe wäre nicht zu empfehlen. Von wesentlicher Bedeutung ist für die Entscheidung, wie das Verhältnis "Steuergewalt - Eigentumsgrundrecht" zu bestimmen ist. 20. Bis vor einiger Zeit entsprach es h. L., daß Abgaben das Eigentum überhaupt nicht verletzen könnten; dann wäre daraus auch kein Maßstab einer Wertzuwachsbesteuerung zu entnehmen. Die Argumente dieser Lehre sind jedoch in den letzten Jahren überzeugend widerlegt worden: Heute wird überwiegend angenommen, auch das "Vermögen" sei durch Art. 14 GG geschützt, dieses aber wird durch Steuern berührt. Selbst wer dem nicht folgt, wird die Eigentumsgarantie gegenüber Abgaben zum Tragen bringen müssen, deren Tatbestand die Innehabung eines Eigentumsgegenstandes ist. Bei solchem Konnexverhältnis zwischen Eigentum und Steuer erscheint letztere als "Grundrechtszoll", der nicht unbeschränkt zulässig sein kann. Eine Wertzuwachssteuer würde einen solchen Zoll darstellen.
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Der Eigentumswert ist ebenso geschützt wie die Innehabung; andernfalls gäbe es keinen enteignenden Eingriff. Der Staat kann nicht den Wertzuwachs besteuern und zugleich ihn als reine Zukunftserwartung bezeichnen.
"Geldenteignung" gibt es grundsätzlich. Im Fall der Besteuerung kann es auch zu einer Legalenteignung im Sinn von Art. 14 Abs. II GG kommen; die Abgabenerhebung ist dann insoweit unzulässig, als ihr eine aufrechenbare Entschädigungs-Gegenforderung des belasteten Eigentümers gegenübersteht. Enteignungen zu rein fiskalischen Zwecken sind unzulässig. Dennoch können Steuern enteignen - wenn sie zu tief eingreifen oder zugleich sozialgestaltende Zwecke verfolgen; im Fall einer Wertzuwachsabgabe wäre dies anzunehmen. Wenn sich die Steuer wandelt - von reiner Einnahmenerzielung zur Sozialgestaltung - so muß sie auch den neuen Maßstab des Eigentums gelten lassen. Abgaben können auch nicht als Maßnahmen einer an die Eigentumsgarantie generell nicht gebundenen Finanzgewalt verstanden werden. Die Grundrechte können nicht allgemein unter einen Steuervorbehalt gestellt werden; der Weg vom. grundrechtsfreien "Steuerstaat" würde beim "Polizeistaat" enden. 21. Nach heute h. L. berühren Steuern die Eigentumsgarantie, sie können diese auch verletzen. Ihre Argumente zeigen, daß Art. 14 GG insbesondere einer Wertzuwachs steuer entgegensteht. Wenn das Vermögen grundrechtlich gesichert ist, so schließt dies eine Abschöpfung des Wertzuwachses aus, welche in einen Zentralbereich so verstandenen Eigentums eindränge. Bietet das "Eigentum als Institution" Schutz gegen Besteuerung, so müßte auch dadurch eine Abschöpfung des Mehr-Wertes scheitern - ein "Stichtagseigentum" hätte nichts mehr mit der Institution gemein, welche aufrechterhalten bleiben muß. Vor allem aber können Steuern eine Umgehung der Enteignung darstellen. Da man sich die Güter grundsätzlich mit Geld beschaffen kann, ist die Begründung von Steuerforderungen nichts als die marktkonforme Erscheinung der Enteignungsgewalt. Überdies wird durch Besteuerung häufig ein unentrinnbarer Druck zur Aufgabe von Eigentum erzeugt. Dies alles gilt vor allem für eine steuerliche Wertzuwachsabschöpfung. Hier muß, in einer Art von umgekehrten Zwangskauf, der Eigentümer den Weiterbesitz vom Staat erkaufen. 22. Früher galt das demokratische Steuerbewilligungsrecht der Volksvertretung als hinreichender Schutz des Eigentums gegen Abgaben. In der modernen Demokratie genügt dies nicht mehr; diese ega-
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Iitäre und egalisierende Staatsform unterliegt besonders der Versuchung, Eigentum von Minderheiten zu expropriieren, etwa durch eine Wertzuwachssteuer. Gerade deshalb muß es hier Grundrechtsschranken des Eigentums geben. 23. Nach h. L. ist der Eingriff in die Eigentumssubstanz unzulässig, wenn er nicht unwesentlich oder nur vorübergehend ist. Quantitative Kriterien sind hier allerdings schwer festzulegen, nach dem BVerfG wird jedenfalls die Eigentumsgarantie durch eine Steuer verletzt, wenn der Pflichtige übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt werden. Dies ist schon dann der Fall, wenn eine solche Veränderung hinsichtlich einzelner Eigentumsobjekte eintritt, weil dies stets die Vermögensverhältnisse insgesamt grundlegend modifizieren wird. Bei einer Wertzuwachssteuer würde dies in der Regel zutreffen: der Eigentümer müßte auf die Dauer verkaufen oder sein Vermögen, seine Einkünfteverwendung umschichten, um die belasteten Güter zu halten. Wertzuwachsbesteuerung müßte daher die Substanzgarantie des Eigentums verletzen. 24. Nach herrschender Auffassung hat sich die Besteuerung auf den Ertrag zu beschränken. Einkommen ist dabei nicht als Substanz, sondern als Ertrag zu verstehen, sonst müßte, angesichts der Einkommensteuer, das Substanzkriterium aufgegeben werden. 25. Auch der Veräußerungsgewinn kann nicht ohne weiteres als Substanz angesehen und damit im Namen des Eigentums dem Steuerzugriff völlig entzogen werden. Art. 14GG sichert das ruhende Eigentum, nicht das Eigentum in Bewegung. Die Erhebung von Umsatzsteuern ist daher, ohne Rücksicht auf die Substanzgrenze, möglich, solange sie nicht die Verfügungsfreiheit übermäßig einschränkt; auch aus der Möglichkeit, Veräußerungserlös, in Grenzen, einer Einkommensteuer zu unterwerfen, kann eine Wertzuwachssteuer nicht gerechtfertigt werden.
26. Ertrag ist nicht Substanz. Es mag gesunder Wirtschaftspolitik entsprechen, Erträge nicht völlig wegzusteuern, aus der Substanzgarantie läßt es sich nicht ableiten. Ertragsinteresse und Substanzerhaltungsinteresse fallen nicht zusammen; ertragsstärkere Güter dürfen nicht dergestalt gegenüber ertragsärmeren, aber substanzsicheren bevorzugt werden; der Staat garantiert dem Eigentümer nicht die Erhaltung eines bestimmten Wertes durch steuerfreie Zuführung einesTeils der Erträge zur Substanz. Ein Verbot des Entzugs aller Erträge läßt sich jedoch damit rechtfertigen, daß nicht jede Nutzungsmöglichkeit aufgehoben werden darf.
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Zusammenfassung der Ergebnisse
27. Zur Substanz gehört aber der Wertzuwachs eines Gutes, er darf nicht gezielt durch Steuern entzogen werden. Eine Wertzuwachssteuer, wie immer sie im einzelnen ausgestaltet sein mag, greift gezielt, primär und dauernd in die Eigentumssubstanz ein und ist daher mit Art. 14 GG unvereinbar. 28. Eine Berücksichtigung der Inflation bei der Besteuerung, insbesondere der Kapitalerträge, wird heute gefordert, weil es sonst, durch die kombinierte Wirkung von Steuern und Geldentwertung, zu laufendem Substanzverlust komme. Bei Erhebung von Wertzuwachssteuer würde dies eine wesentliche Entlastung der Pflichtigen bedeuten, Wirkung und Aufkommen dieser Abgabe begrenzen. Der Gesetzgeber ist zu solcher Rücksicht berechtigt, wirtschafts- und sozialpolitische Gründe sprechen für sie; Art. 14 GG verpflichtet ihn jedoch nicht dazu, denn der Staat ist ebensowenig Garant des Geldwertes wie des Wertes anderer Güter. Müßte der Staat den inflationsbedingten Wertverlust durch Steuerentlastung ausgleichen, so wäre er auch berechtigt, ja verpflichtet, am Wertzuwachs steuerlich zu partizipieren; beides ist aber nicht der Fall, weil der Staat die Werte weder schafft, noch eine Stabilitätsversicherung für sie darstellt. Wer allerdings, umgekehrt, Wertzuwachs besteuern will, muß die Geldentwertung bei der Besteuerung berücksichtigen. 29. Wertzuwachssteuern erzeugen, vor allem bei Grund und Boden, Verkaufsdruck oder Nutzungsänderungsdruck; dies ist in der Regel auch gewollt. Solcher Druck stellt eine indirekte Eigentumsentziehung dar, wenn sich ein vernünftig wirtschaftender Eigentümer ihm beugen würde. Solche Selbstenteignung steht expropriierendem Eingriff gleich, im Falle einer Bodenwertzuwachssteuer würde sie in der Regel vorliegen. Der Eigentümer kann dem gegenüber weder darauf verwiesen werden, anderweite eigene Mittel einzusetzen - nur der wirtschaftlich Schwächere würde enteignet - noch darauf, andere Anlagen zu wählen, denn darin läge ja die Selbstenteignung. Auch eine völlig andere Nutzung (Bebauung) kann von ihm nicht verlangt werden, wenn sie umfangreiche anderweite Mittel erfordert. Die Nutzungsfreiheit würde hier verletzt. 30. Nach einem Jahrhundert der Fehlschläge sollte die Diskussion über Wertzuwachsbesteuerung geschlossen werden. Wertchance wie Wertrisiko muß dem Eigentümer bleiben, denn nur so wirkt Eigentum solidarisierend, es bindet den Eigentümer ein in eine Gemeinschaft, in der die Werte entstehen und vergehen - dieses lebende, bewegte, bewegende Eigentum in Einigkeit der Bürger.
Sachregister Abgabedruck, Besteuerung als 130 Abgabenpolitik 28 Abschöpfung 10, 100 ff. - Legitimation, besondere 103 ff. - Steuern in Deutschland 36 ff. - und Städtebauförderungsgesetz 11 Aequivalenzprinzip, Voraussetzungen -
83
f.
84
ff.
als Steuerrechtfertigung 92 f. und Städtebauförderungsrecht
- und Planungswertausgleich 84 ff. - Theorie 13, 39, 44, 50, 100 Assekuranztheorie 93 Aufgabezwang, Eigentum und 61 ff. Aufrechnung 121 Ausgestaltungsvorschläge für eine Bodenwertzuwachssteuer 27 ff. Baulandbereitstellung 24 Baulandsteuer 58 ff. - Verfassungsmäßigkeit der 61 Bauzwang, steuerlicher 22 Besitzsteuer 50 f., 57 vgl. auch Reichsbesitzsteuergesetz Besitzwertzuwachsbesteuerung 50 Betriebsvermögen 17 ff. Bodenmarkt 58 Bodenmonopol 107 - und Art. 14 GG 110 f. Bodennutzung, effizientere 24 Bodenreform 14, 33, 50 - gemeindliche 58 Bodenreformbewegung 31 ff. - deutsche 36 ff., 46 Bodenverkehrsurteil d. BVerfG 104 - Auseinandersetzung mit 104 ff. Bodenwertsteigerungen 11, 37 Bodenwertzuwachs 43 - abgaben 51 Bodenwertzuwachssteuer 12, 17 ff., 19 ff., 43 ff. - Ausgestaltungsvorschläge 27 ff. - Geschichte 30 ff. Bund der Steuerzahler 59
Bund Deutscher Bodenreformer 36 f. Bundesbaugesetz 11 Capital gains 96 CDU/CSU, Reformvorschläge für Bodenwertzuwachssteuer 21 f. Chancentheorie 69 - Kritik 78 Conjuncturengewinne, Besteuerung der 34 f., 41 - Abschöpfung der 54 Damaschke, Adolf 36 Demokratie und Eigentumskontrolle 131
ff.
Egalität und Besteuerung 132 Eigentum - Baulandsteuer und 61 - Besteuerung und (allg.) 115 f., -
125 ff.
Grenze einer Wertzuwachsbesteuerung 114 ff. Institutsgarantie 25, 55, 111, 127 f., 129,157 ff.
- Recht am 111 - ruhendes 142 - Steuern und 63, 123 - und Vermögen 126 f. - kein Wettbewerb um das 111 f. Eigentumsentziehung, indirekte 158 Eigentumsgebrauch, wirtschaftliche Orientierung durch den Gesetzgeber 162 ff. Eigentumskontrolle 131 ff. Eigentumsnutzung, Ausweichen auf andere 165 ff. Eigentumssubstanz 52, vgl. Substanz Eigentumswert und Art. 14 GG 118 ff. Eigentümeraufwendungen 91 f. Einheitswert 59 Einkommen, arbeitsloses 9 - Ertrag oder Substanz 140 ff. - Steuer 17, 18
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Sachregister
Enteignung durch Abgaben 122 f. - und Baulandsteuer 61 f. - Umgehung der Enteignung 26, 120 ff., 129 ff. - Entschädigung 11, 121 Enteignungsdruck, siehe Abgabedruck Erschließungsbeiträge 63 Ertrag 43 - Beschränkung der Besteuerung auf 139 - und Kapital 9 - als Substanz 144 ff. FDP-Vorschläge - Baulandsteuer 60 - Bodenwertzuwachssteuer 21 Finanzreformkämpfe 44 Flürscheim, Michael 36 Freigrenzen 39, 43 Gegenleistungstheorie 93 Geldenteignung 120 ff. - Theorie der 121 Geldentwertung vgl. Inflation Gemeinnutz geht vor Eigennutz 53 Genußtheorie 93 George, Henry 33 f. Gerloff 47 Geschichte der Bodenwertzuwachssteuer 30 ff. Gesellschaftstheorie 68 - Kritik 76 f. Gewinn, unverdienter vgl. unverdienter Gewinn Gleiches Opfer vgl. Opfer Gleichwertigkeit von Besteuerung und Enteignung 130 Grund und Boden - spezielle Abschöpfungslegitimation bei 103 ff. - Dauerwertsteigerung 106 f. Grundlegende Veränderung der Vermögensverhältnisse 136 ff. Grundrententheorie 30 Grundsteuer 58 Grundstücke, baureife 58 Härtestundung 63 Haushaltsvermögen 17 f. Immobiliarzuwachssteuer 43 Inflation 49 f. - Besteuerung und 152 ff.
-
Wertzuwachsabschöpfung und 150 ff.
Jahrbuch der Bodenreform 36 f. Kapitalwirtschaft 10 Kiautschou 37 f. Kommunalabgabengesetz, preuß. 38 Kommunalsteuern 38 ff. Konfiskation 55 - Baulandsteuer und 62 Kriegsgewinnbesteuerung 10 Kriegsgewinne, Abschöpfung 48 f. Kriegskonjunkturgewinn 48 Kriegsopfersteuer 48 Kriegssteuergesetz 48 Kritik, öffentl. und Bodenpreise 23 f. Leistung 32, 72 f. Leistungseigentum 73 f. Leistungsgesellschaft 11 Leistungsfähigkeit 17, 26, 44, 50, 54 f., 96, 97 ff., 156, 160 Leistungslosigkeit 32, 49, 70 ff. lex Bassermann-Erzberger 45 List, Friedrich 36 Malthus 31 Mark = Mark-Standpunkt 51, 150 Marktwirtschaft 13, 31 - Spekulation und 79 Mill, John Stuart 31 f. Monopolcharakter von Grund und Boden 31 Nominalprinzip 52, 154 f. Ogilvie 30 Opfer, proportional gleiches 54, 97 - Grenze 97 Physiokraten 30 ff. Planung 22 Planungswertabschöpfung 11 - -ausgleich 11, 12, 84 ff., 112 Politische Parteien, Vorschläge für Bodenwertzuwachssteuer 19 ff. Preissteigerungen 17, 25 f., 30 Preisstop 53, 58 Preußisches OVG 39 Progression 15, 42 Quesnay,
Fran~ois
30
Ravens, Kar! 22 Realisationsprinzip 27 f.
Sachregister Rechtsstaatsprinzip 39, 61 Rechtfertigung der Zuwachssteuer 67
ff.
Redistribution 128 Reform der Bodenordnung, Vorschläge 19 ff. Regression 43 f. Reichsbesitzsteuergesetz 44 Reichsfinanzreform 40 Reichsvermögensteuer 46 Reichszuwachssteuergesetz 40 ff. Ricardo 30 Rückwirkung 39 Scheingewinne, Besteuerung der 51 Schwerekriterium 134 ff. Selbstenteignung 160 Single-ta x-Bewegung 33 f., 47 Sondersteuer 27 Sozialmoral 11 Sozialgestaltung und Steuern 131 f., 162 SPD, Vorschläge für Bodenzuwachssteuer 19 ff. Spekulation 43 f. - Grundlage der Marktwirtschaft 79 f. - und unverdienter Gewinn 78 f. Spekulationsbekämpfung 40, 80 ff. Spekulationsfrist 17, 18, 28, 79 Spekulationsgewinn 17 f. Sperreffekt 25 Städtebauförderungsgesetz 11, 84 ff. Steueranpassungsgesetz 53 Steuergewalt und Enteignung 129 Steuergleichheit 61 Steuerinterventionismus 162 Steuerstaat 124, 158 Steuervereinfachungsverordnung 53 Steuerzweck, sozialpolitischer 34 Substanz - Eingriff in die 63 f., 134 f. - Erhaltung der 147 - Garantie, eigentumsrechtliche -
133
ff.
Inflation und 156 ff. Veräußerungsgewinn und 142 f.
Vbermaßverbot 109 Umgehung der Enteignung 129 ff. Umsatzsteuer 143 f. unearned increments 32
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unverdienter Gewinn 15, 32 f., 41, 44 f., 47 f., 54, 56, 67 ff. Unvermehrbarkeitstheorie bei Grund und Boden 107 f. Valutasteuer, Wertzuwachsabgabe als 51 Veräußerungsgewinn 18 - und Einkommensbesteuerung 144 Veräußerungsvorgänge und Substanzgarantie 143 Vergeltungstheorie Verkaufsbereitschaft der Eigentümer 25 f.
Verkaufsdruck 59 - Wertzuwachssteuern und 159 f., 163 Verluststeuer 49 Vermögen - Art. 14 GG und 116 ff. - Eigentumsschutz und 126 f. - Streuung des 123 - Vermögensteuer 102 - Vermögenszuwachssteuer, allgemeine 44 - Vermögenszuwachssteuergesetz 50 Wagner, Adolph 34, 35, 40 f., 54 f. Währungshoheit des Staates 154 Wehrbeitrag 45 f., 48 Weimarer Reichsverfassung 49 f., 55 Wertabschöpfung 18, 25, 36, 43, 131 Wertsteigerung 9, 48 f. Wertzuwachs als Substanz 148 ff. Wertzuwachsabgabe 47, 51 - Steuer, kommunale 39 f. Wettbewerb und Eigentum 110 f. Wissenschaftlicher Beirat beim BMF 13, 23 ff., 61, 64 Zins - Inflation und 153 Zinsersparnis 26 - Besteuerung und 139 Zufallstheorie 68 - Kritik 75 Zumutbarkeitsgrenze 62 Zuwachs, nichtrealisierter 25 f. Zuwachssteuer, Rechtfertigung 67 ff. Zuwachssteuertheorie 34, 35 Zwangsbewirtschaftung 58